Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik [2 ed.]
 9783642129216

Table of contents :
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Inhaltsverzeichnis
Hinweise zur Benutzung des Lexikons
Autorenverzeichnis
MedizinischeLaboratoriumsdiagnostikvon A bis Z
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Periodensystem

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Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik 2. Auflage

Axel M. Gressner Torsten Arndt (Hrsg.)

Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik 2., überarbeitete und erweiterte Auflage

Mit Beiträgen von T. Arndt, H. Baum, O. Colhoun, J. Diekmann, J. Dreier, R. Driesch, H. Fiedler, J. Frank, B. Gierten, C. Götting, A.M. Gressner, O.A. Gressner, W.G. Guder, B. Güssregen, H.-D. Haubeck, N. Heussen, R.-D. Hilgers, G.F. Hoffmann, S. Holdenrieder, W. Hubl, J. Jacobeit, P. Kiefer†, K. Kleesiek, T.O. Kleine, J. Knecht, C. Krüger, W.-R. Külpmann, K.J. Lackner, C.-D. Langhans, D. Meißner, O. Müller-Plathe, D. Peetz, H. Perschel, H. Renz, K. Ritter, W. Schlumberger, M. Schmidt, H.M. Schulte, A. Schulze, G. Schumann, A.C. Sewell, S. Stanzel, S. Steinhorst, P. Stieber, T. Stief, W. Stöcker, R. Tauber, G. Töpfer, C. Vidal, R. Weiskirchen, R. Westermeier, U. Zimmermann

Mit 766 Abbildungen (davon 419 Farbabbildungen) und 434 Tabellen

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Herausgeber Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h.c. (RCH) Axel M. Gressner laboratoriumsmedizin köln Dres. med. Wisplinghoff und Kollegen Classen-Kappelmann-Straße 24 50931 Köln Prof. Dr. rer. nat. Torsten Arndt Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH Konrad-Adenauer-Straße 17 55218 Ingelheim Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik Standort Marburg Baldingerstraße 35043 Marburg

ISBN 978-3-642-12920-9 ISBN 978-3-642-12921-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-12921-6 2. Auflage 2013 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. SpringerMedizin © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007, 2013 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Dr. Sabine Ehlenbeck, Dr. Klaus Richter, Heidelberg Projektmanagement: Hiltrud Wilbertz, Heidelberg Lektorat: typoscriptum medicinae - Cornelia Funke M.A., Mainz Coverabbildung rechts: © fotolia / danielschoenen Umschlaggestaltung: deblik Berlin Satz: wiskom e.K., Friedrichshafen Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier SpringerMedizin ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media springer.com

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Vorwort zur 2. Auflage Fünf Jahre nach dem Erscheinen der überaus positiv aufgenommenen, schon bald nachgedruckten und dennoch seit einiger Zeit vergriffenen 1. Auflage des Lexikons der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik wurde eine Neuauflage dringend erforderlich. Die rasante Entwicklung der Laboratoriumsmedizin konnte nur in einer überarbeiteten Neuauflage adäquat berücksichtigt werden. Die vorliegende 2. Auflage unterscheidet sich deshalb von der Erstauflage nicht nur durch die notwendig gewordenen und z. T. sehr umfangreichen Aktualisierungen vorhandener Beiträge und die Aufnahme neuer Einträge zu den in der 1. Auflage behandelten Teildisziplinen, sondern auch durch neue Einträge zu den bisher nicht berücksichtigten Bereichen der Infektions- und Blutgruppenserologie. Insgesamt ist der Umfang von über 7800 Einträgen in der 1. Auflage auf jetzt mehr als 8200 Einträge angewachsen. Die Aufnahme von wichtigen Einträgen aus diesen beiden Fachgebieten verschärfte den Zielkonflikt einer möglichst lückenlosen Darstellung aller Teilbereiche der Labormedizin bei Erhalt eines handlichen Buchformats. Das Lexikon konzentriert sich deshalb auf gesichertes Wissen, d. h. auf die für die Routine- und Speziallabormedizin etablierten, häufig evidenzbasierten Kenngrößen und Analysenverfahren und auf die mit der täglichen Laborarbeit verbundenen Begriffe. In die Zukunft weisende Entwicklungen ebenso wie auch manche Rückblicke auf heute historische Kenngrößen werden nicht ausgelassen, in ihrem Umfang jedoch entsprechend der aktuellen Bedeutung in der Labormedizin beschränkt. Eine wichtige Änderung betrifft die Behandlung der Einträge zu Autoantikörpern, d. h. zu Antikörpern gegen körpereigene Epitope. Diese sind in der vorliegende Auflage konsequent unter „Autoantikörper gegen …“ nachzuschlagen. Diese Systematik soll das Auffinden der Beiträge zu den labordiagnostisch wichtigen autoimmunologischen Kenngrößen erleichtern. Mit der vorliegenden 2.Auflage des Lexikons ergibt sich eine aktuelle, den neuesten Wissensstand der Laboratoriumsmedizin repräsentierende Informationsquelle für Ärztinnen/Ärzte, Naturwissenschaftlerinnen/Naturwissenschaftler, Studierende, medizinisch-technisches Personal, Praxispersonal und die/den mit dem Themengebiet konfrontierte(n) Verwaltungsangestellte(n). Wir möchten allen an diesem Projekt Beteiligten für die jahrelange Zusammenarbeit und Unterstützung herzlich danken. Es würde uns freuen, wenn dieses Gemeinschaftswerk erneut zu einem besseren Verständnis des so beeindruckend breiten Fachgebiets der Laboratoriumsmedizin und damit zu einer weiteren Optimierung der Patientenversorgung beitragen könnte. In diesem Sinne wünschen alle Beteiligten diesem Nachschlagewerk eine erneut positive Aufnahme. Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h.c. (RCH) Axel M. Gressner, Köln/Berlin Prof. Dr. rer. nat. Torsten Arndt, Ingelheim/Marburg November 2012

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Vorwort zur 1. Auflage Die den facettenreichen Begriff der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik gestaltenden Fachgebiete Klinische Chemie, Mikrobiologie und Virologie, Transfusionsmedizin, Pathologie u. a., tragen bedeutsam zur Qualität und Effizienz der unmittelbaren Patientenversorgung im stationären und ambulanten Bereich bei. Der von ihnen geleistete medizinische Beitrag beschränkt sich nicht nur auf die Diagnostik, sondern zunehmend auch auf die Erkennung von Krankheitsprädispositionen und Krankheitsprävention, auf Risikobeurteilungen und prognostische Aussagen sowie auf therapeutische Effizienzkontrollen und Festlegungen individualisierter Therapiestrategien. Während der zurückliegenden Dekaden lässt sich eine nahezu exponentielle Ausweitung des Analysenspektrums und der Leistungsfähigkeit moderner labormedizinischer Verfahren feststellen, die es mit sich bringt, dass ärztliche Fachdisziplinen, obwohl Leistungen der Laboratoriumsdiagnostik permanent nutzend, zunehmend die Übersicht über diesen expandierenden Bereich labormedizinischer Optionen und Organisationsabläufe verlieren. Diese Entwicklung trifft in besonderem Maße für die Klinische Chemie zu, die aufgrund deutlich verbesserter sowie zahlreicher innovativer Methoden und analytischer Instrumente ihren Beitrag zur effizienten und kostenbewussten Krankenversorgung erheblich steigern konnte. Die geschilderte Entwicklung veranlasste uns, das breit gefächerte Fach der Klinischen Chemie mit allen wichtigen Kern-und Randbegriffen lexikalisch darzustellen, um nicht nur dem Spezialisten der Labordiagnostik, sondern auch und vor allem den praktisch tätigen Ärzten aller Fachdisziplinen, den mit der Laboratoriumsdiagnostik befassten Naturwissenschaftlern, den Verwaltungsfachleuten im Gesundheitssystem, den (labor)medizinischen Assistenzberufen und nicht zuletzt als studienbegleitendes Nachschlagewerk auch den Studierenden der Medizin eine schnelle, fachlich fundierte und prägnante Informationsquelle anzubieten. Dabei legten die Herausgeber besonderen Wert auf eine systematische Struktur der 7800 Einträge und, soweit wie möglich, auf einprägsame Tabellen und überwiegend farbige Abbildungen und Schemata. Die Einträge beziehen sich nicht nur auf aktuelle und teilweise historische krankheitsbezogene Parameter (Kenngrößen) von Stoffwechselstörungen und Organerkrankungen, sondern auch auf Präanalytik, Analytik, Befundinterpretation, Labororganisation, EDV, laborrelevante Statistik, Qualitätsmanagement, gesetzliche Vorschriften und Berufsorganisationen, deren Zusammenwirken integraler Bestandteil einer effizienten medizinischen Laboratoriumsdiagnostik ist. Neben hoher Informationsdichte wurde besonderer Wert auf Verständlichkeit für den Nicht-Spezialisten gelegt. Diese Aufgabe konnten wir nur durch die Zusammenarbeit mit 42 Fachkollegen aus allen Gebieten der Klinischen Chemie vollbringen, für die die Herausgeber sehr dankbar sind. Darüber hinaus gilt unser Dank auch der Unterstützung des Springer-Verlages, besonders den Herren Dr. Lange, Dr. Mager und Dr. Reuß sowie Herrn Spencer, die uns bei der Erstellung des Buches nach Kräften unterstützt haben. Weiterhin gilt die besondere Wertschätzung unserer Sekretärin, Frau Karin Buchwald sowie Frau Vera Lothmann, für deren Hilfe bei der Erstellung der Manuskripte und Korrekturen. Schließlich möchten wir auch den inserierenden Firmen für die materielle Unterstützung des Buchprojektes danken, die wir als Beleg partnerschaftlicher Kooperation zu würdigen wissen.

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Vorwort zur 1. Auflage

Wir hoffen, dass das vorliegende Lexikon seine ehrgeizigen Zielsetzungen erfüllen wird, indem es das Fach Klinische Chemie einem breiten Nutzerkreis verständlich(er) macht und dabei hilft, dessen Potential für eine optimale Patientenversorgung noch besser als bisher auszuschöpfen. September 2006 A. M. Gressner Aachen

T. Arndt Ingelheim

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Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Hinweise zur Benutzung des Lexikons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Medizinische Laboratoriumsdiagnostik von A bis Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Periodensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1452 Hintere Umschlaginnenseite: Faltkarte „Autoimmunkrankheiten und assoziierte Autoantikörper“

XI

Hinweise zur Benutzung des Lexikons Alle Einträge des Lexikons sind alphabetisch gelistet entsprechend der Reihenfolge der Buchstaben im Beitragstitel; Ziffern und griechische Buchstaben wurden dabei nicht berücksichtigt. So ist z.B. 13C-Harnstoff-Atemtest

unter CHAR β-Aminoisobuttersäure unter AMIN α2-Makroglobulin unter MAKR

eingeordnet. Darüber hinaus führen auch die Synonyme, die als Verweisstichwörter einsortiert sind, zur gewünschten Information. Die Daten zu Autoantikörpern gegen körpereigene Strukturen sind unter Buchstabe A zusammengefasst unter dem jeweiligen Beitragstitel „Autoantikörper gegen...“. Antikörper gegen körperfremde Antigene sind ebenfalls unter Buchstabe A („Antikörper gegen...“) behandelt – mit Ausnahme der Antikörper und Antigene der Hepatitis-Serologie, die unter Buchstabe H einsortiert sind. Eine Zusammenstellung von Autoimmunkrankheiten und assoziierten Autoantikörpern ist als Faltkarte auf der hinteren Umschlaginnenseite eingeklebt. Ein Periodensystem der Elemente findet sich auf S. 1452.

XIII

Autorenverzeichnis Arndt, Torsten, Prof. Dr. rer. nat.

Driesch, Reinhard, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem.

Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH Konrad-Adenauer-Straße 17 55218 Ingelheim [email protected]

Raphaelshöfe 24 52070 Aachen [email protected]

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik Standort Marburg Baldingerstraße 35043 Marburg

Baum, Hannsjörg, Prof. Dr. med. Zentrum für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, Blutdepot und Krankenhaushygiene Regionale Kliniken Holding RKH GmbH Posilipostraße 4 71640 Ludwigsburg [email protected]

Colhoun, Oliver, Dr. med. Institut für Laboratoriumsmedizin Klinikum Frankfurt Höchst Gotenstraße 68 65929 Frankfurt [email protected]

Diekmann, Jürgen Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen

Dreier, Jens, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen

Fiedler, Heinz, Prof. Dr. med. habil. Dr. rer. nat. Pachelbelstraße 18a 99096 Erfurt hmfi[email protected]

Frank, Jorge, Prof. Dr med. Hautklinik Universitätsklinikum Düsseldorf Moorenstraße 5 40225 Düsseldorf [email protected]

Gierten, Birgit, Dr. med. Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH Immunologie Konrad-Adenauer-Straße 17 55218 Ingelheim [email protected]

Götting, Christian, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen

Gressner, Axel M., Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h.c. (RCH) laboratoriumsmedizin köln Dres. med. Wisplinghoff und Kollegen Classen-Kappelmann-Straße 24 50931 Köln a.gressner@wisplinghoff.de; [email protected]; [email protected]

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Autorenverzeichnis

Gressner, Olav A., Priv.-Doz. Dr. med.

Holdenrieder, Stefan, Priv.-Doz. Dr. med.

laboratoriumsmedizin köln Dres. med. Wisplinghoff und Kollegen Classen-Kappelmann-Straße 24 50931 Köln o.gressner@wisplinghoff.de

Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie Universitätsklinikum Bonn Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn [email protected]

Guder, Walter G., Prof. Dr. med. Marianne-Plehn-Straße 4 81825 München [email protected]

Güssregen, Brunhilde, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. Bioscientia Institut für medizinische Diagnostik GmbH Konrad-Adenauer-Straße 17 55218 Ingelheim [email protected]

Haubeck, Hans-Dieter, Prof. Dr. med. Ernst-Ludwig-Straße 71 55435 Gau-Algesheim [email protected]

Heussen, Nicole, Dr. rer. medic. Institut für Medizinische Statistik Universitätsklinikum der RWTH Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen [email protected]

Hilgers, Ralf-Dieter, Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Institut für Medizinische Statistik Universitätsklinikum der RWTH Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen [email protected]

Hoffmann, Georg F., Univ.-Prof. Dr. med. Prof. h.c. (RCH) Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Heidelberg Klinik I (Schwerpunkte: Allgemeine Kinderheilkunde, Neuropädiatrie, Stoffwechsel, Gastroenterologie, Nephrologie) Im Neuenheimer Feld 430 69120 Heidelberg georg.hoff[email protected]

Hubl, Walter, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Tauernstraße 54 01279 Dresden [email protected]

Jacobeit, Jens, Dipl. Med. Endokrinologikum Hamburg Zentrum für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, Reproduktionsmedizin und Pränatale Medizin Lornsenstraße 6 22767 Hamburg [email protected]

Kiefer, Paul, Prof. Dr. med.† MVZ Dr. Eberhard & Partner Brauhausstraße 4 44137 Dortmund

Kleesiek, Knut, Prof. em. Dr. med. Ehem. Direktor des Instituts für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen [email protected]

Kleine, Tilmann O., Prof. Dr. med. UKGM Universitätsklinikum Gießen und Marburg Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik Standort Marburg Referenzlabor für Liquordiagnostik Baldingerstraße 35043 Marburg kleine@staff.uni-marburg.de

Autorenverzeichnis

XV

Knecht, Josef, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem.

Peetz, Dirk, Prof. Dr. med.

FB Chemie der Universität Marburg Hans-Meerwein-Straße 35032 Marburg knechtj@staff.uni-marburg.de

HELIOS Klinikum Berlin-Buch Institut für Labormedizin Schwanebecker Chaussee 50 13125 Berlin [email protected]

Krüger, Christian, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG Seekamp 31 23560 Lübeck [email protected]

Külpmann, Wolf-Rüdiger, Prof. Dr. med. ehem. Leiter der Abteilung Klinische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover Oderstraße 10a 30559 Hannover [email protected]

Lackner, Karl J., Univ.-Prof. Dr. med. Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin Universitätsmedizin Mainz Langenbeckstraße 1 55131 Mainz [email protected]

Langhans, Claus-Dieter, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Heidelberg Stoffwechsellabor – GCMS Im Neuenheimer Feld 430 69120 Heidelberg [email protected]

Perschel, Frank Holger, Dr. med. Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Pathobiochemie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin [email protected]

Renz, Harald, Prof. Dr. med. Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik Baldingerstraße 35043 Marburg [email protected]

Ritter, Klaus, Univ.-Prof. Dr. med. Institut für Medizinische Mikrobiologie/Virologie Universitätsklinikum Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen [email protected]

Schlumberger, Wolfgang, Dr. rer. nat. Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG Seekamp 31 23560 Lübeck [email protected]

Meißner, Dieter, Prof. Dr. rer. nat. Sadisdorfer Weg 2 01189 Dresden [email protected]

Müller-Plathe, Oswald, Prof. Dr. med. Klein Flottbeker Weg 51 22605 Hamburg [email protected]

Schmidt, Michael, Dr. rer.nat. Dipl.-Biol. Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Georgstraße 11 32545 Bad Oeynhausen

XVI

Autorenverzeichnis

Schulte, Heinrich M., Prof. Dr. med.

Stieber, Petra, Dr. med.

Endokrinologikum Hamburg Zentrum für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen, Reproduktionsmedizin und Pränatale Medizin Lornsenstraße 4-6 22767 Hamburg [email protected]

Institut für Klinische Chemie Forschungsbereich „Onkologische Labordiagnostik“ Klinikum der Universität München (LMU) – Großhadern Marchioninistraße 15 81366 München [email protected]

Schulze, Andreas, Prof. Dr. med. Clinical and Metabolic Genetics The Hospital for Sick Children University of Toronto 555 University Avenue Toronto, ON. M5G 1X8 Canada [email protected]

Stief, Thomas, Priv.-Doz. Dr. med. Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie Krankenhaus der Philipps-Universität 35043 Marburg [email protected]

Stöcker, Winfried, Prof. Dr. med. Schumann, Gerhard, Prof. Dr. rer. nat. Institut für Klinische Chemie Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected]

Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG Seekamp 31 23560 Lübeck [email protected]

Tauber, Rudolf, Prof. Dr. med. Sewell, Adrian C., Dr. rer. nat. Dipl.-Biochem. Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Theodor-Stern-Kai 7 60590 Frankfurt/Main [email protected]

Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Pathobiochemie Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Virchow-Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin [email protected]

Stanzel, Sven, Dr. rer. nat.

Töpfer, Gottfried, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem.

Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg [email protected]

Med Lab Görlitz GmbH Girbigsdorfer Straße 1-3 02828 Görlitz [email protected]

Steinhorst, Andreas, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem.

Vidal, Christian, Dr. rer. nat. Dipl.-Chem.

Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) Standort Berlin Spittelmarkt 10 10117 Berlin [email protected]

Dezernat 53 “Chemie” Landeskriminalamt Niedersachsen Schützenstraße 25 30161 Hannover [email protected]

Autorenverzeichnis

XVII

Weiskirchen, Ralf, Univ.-Prof. Dr. rer. nat.

Zimmermann, Uwe, Dipl.-Biol.

Universitätsklinikum Aachen Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie Pauwelsstraße 30 52074 Aachen [email protected]

Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) Abteilung 3 - Gesundheit | Forensik Standort Frankfurt am Main Gartenstraße 6 60594 Frankfurt/Main [email protected]

Westermeier, Reiner, Dr.-Ing. SERVA Electrophoresis GmbH Carl-Benz-Straße 7 69115 Heidelberg [email protected]

1

Medizinische Laboratoriumsdiagnostik von A bis Z

A A T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Amphetamin (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine)

Aβ42 7 β-Amyloidpeptid

α2AP 7 α2-Antiplasmin β-A4-Amyloid-Protein 7 β-Amyloidpeptid

A-Antigen K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). A-Substanz; Blutgruppen-Antigen A Englischer Begriff. A antigen; blood group A antigen Definition. Kohlenhydratstruktur auf 7 Erythrozyten, die als terminalen Zucker ein N-Acetylgalaktosamin aufweist und mit Anti-AIsoagglutininen reagiert i Das A-Antigen ist eine Zuckerstruktur von 7 Glykoproteinen

und Glykolipiden auf der Oberfläche von Erythrozyten, die als endständigen Zuckerrest ein α-1,3-glykosidisch verknüpftes N-Acetylgalaktosamin aufweist. Die Synthese des A-Antigens erfolgt durch die A-Transferase, eine Glykosyltransferase (7 Glykosyltransferasen A und B), die den Transfer von N-Acetylgalaktosamin auf die 7 HSubstanz Fukose-α-1,2-Galaktose-β1-Rest katalysiert. Die A-Transferase wird von Trägern der Blutgruppen A und AB synthetisiert, die mindestens ein A-Allel des AB0-Gens in ihrem Genom aufweisen. Personen mit Blutgruppe B oder 0, die kein A-Antigen auf den eigenen Erythrozyten tragen, bilden in den ersten Lebensmonaten als immunologische Reaktion auf A-Antigen-ähnliche Strukturen, wie sie zum Beispiel auf Gram-negativen Bakterien (7 Gram-Färbung) des Gastrointestinaltrakts vorkommen, Anti-A-Antikörper (AntiA-7 Isoagglutinine) aus. Diese Anti-A-Isoagglutinine gehören zu den komplementaktivierenden IgM-Antikörpern und reagieren mit hämolysierender Wirkung mit Erythrozyten der Blutgruppe A. Es existieren bei der Blutgruppe A Untergruppen, die sich in der Stärke der Antigenausprägung sowie in der Struktur des A-Antigens unterscheiden. Gemeinsam für alle A-Untergruppen ist das in der Regel fehlende korrespondierende Isoagglutinin, selbst bei nur geringer Antigendichte auf den Erythrozyten. Bei der Untergruppe A1 wird zusätzlich zum A-Antigen das A1-Antigen synthetisiert, welches sich strukturell leicht vom A-Antigen unterscheidet und mittels einer Agglutinationsreaktion mit dem Lektin aus Dolichos biflorus identifiziert werden kann. Bei der Untergruppe A2 ist die Antigendichte, also die Zahl der A2-Glykostrukturen auf der Erythrozytenoberfläche, deutlich geringer als bei der Blutgruppe A1. Dies führt dazu, dass A2-Erythrozyten sowohl mit dem A1-Lektin aus Dolichos biflorus wie auch mit dem Lektin aus Ulex europaeus, welches die H-Substanz erkennt, reagieren. Diese Reaktivität nutzt man im blutgruppenserologischen Laboratorium zur Differenzierung der A-Untergruppen A1 und A2. Allerdings reagiert Anti-H auch mit Erythrozyten der Blutgruppen 0, B, sowie weiterer Untergruppen der Blutgruppe A mit schwacher Antigenexpression. Dieser Test ist folglich nicht geeignet, um eine Differenzierung der A-Untergruppe A2 und weiteren A-Untergruppen

mit einer sehr schwachen Antigenexpression durchzuführen. Diese weiteren A-Untergruppen wie A3, Aend, Ax und Ael treten allerdings sehr selten auf und sind zumeist schon in der initialen Reaktion mit Anti-A-7 Isoagglutininen bei der Blutgruppenbestimmung auffällig, da sie nur abgeschwächt mit Anti-A-Isoagglutininen reagieren. Alle A-Untergruppen mit sehr schwacher Antigenausprägung werden unter dem Oberbegriff „aweak“ zusammengefasst und ihre genaue Differenzierung ist in der immunhämatologischen Routinediagnostik von untergeordneter Bedeutung. In Europa gehören etwa 80 % der Träger der Blutgruppe A zur Untergruppe A1 und 20 % zur Untergruppe A2. Die anderen A-Untergruppen treten deutlich seltener auf, sie sind in der Summe bei weniger als 0,1 % der europäischen Bevölkerung nachweisbar. Die Verteilung der A-Untergruppen weist allerdings wie die generelle Verteilung der Blutgruppen große Unterschiede in Bezug auf die untersuchten Populationen auf. Als Beispiel seien asiatische Populationen genannt, bei denen teilweise die A-Untergruppe A2 nicht auftritt, während bei der Gruppe der Lappen eine große Anzahl von A2-Trägern gefunden wird. (s. a. 7 AB0-Blutgruppensystem).

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Deutsches Ärzteblatt 98: B267– B272 Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

AAS 7 Atomabsorptionsspektrometrie

AAT 7 Aminopyrinatemtest

AB0-Blutgruppen 7 AB0-Blutgruppensystem

AB0-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). AB0-Blutgruppen Englischer Begriff. AB0 blood group system; AB0 blood group Definition. Wichtiges Blutgruppensystem, welches aus den Kohlenhydrat-Antigenen A, B und H besteht, die für die Ausprägung der Blutgruppen A, B, AB und 0 verantwortlich sind. i Das AB0-System ist das wichtigste 7 Blutgruppensystem, bei

dem die Antigene A, B und H die phänotypischen Blutgruppen A, B, AB und 0 definieren. Die ABH-Antigene sind im Gegensatz zu vielen anderen Blutgruppenantigenen keine primären Genprodukte, sondern als Kohlenhydratstrukturen Produkte der enzymatischen Reaktion von Glykosyltransferasen (7 Glykosyltransferasen A und B). Das AB0-System ist eine Folge von Polymorphismen komplexer Kohlenhydratstrukturen von 7 Glykoproteinen und Glykolipiden auf der Oberfläche von 7 Erythrozyten, anderen Zellen oder auch in gelöster Form in Sekreten. Variationen (Mutationen, Polymorphismen) in den Genen, die für die am Aufbau dieser Kohlenhydratstrukturen beteiligten Glykosyltransferasen kodieren, führen zur Synthese von divergenten immunodominanten Saccharidstrukturen, die die Antigene des AB0-Systems bilden. Grundlage für die Entstehung dieser Blutgruppenantigene ist die Modifikation des 7 H-Antigens, Fukose-α-1,2-Galaktose-β1-Rest, durch die A- und B-Transferasen

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

4

AB0-Identitätstest

bei den Blutgruppen A, B und AB, während es bei der Blutgruppe 0 aufgrund des Fehlens von funktionsfähigen A- und B-Transferasen nicht zu einer Veränderung des H-Antigens kommt. Das von der HTransferase oder der Se-Transferase synthetisierte H-Antigen ist das Akzeptorsubstrat für die Blutgruppen-Glykosyltransferasen A und B (A-, B-Transferase), die jeweils zur Blutgruppe A, B oder AB führen (7 Abb. 1; 7 Tab. 1). Die A-Transferase ist eine α1,3-N-Acetyl-DGalaktosaminyltransferase, die den Transfer von N-Acetylgalaktosamin auf das H-Antigen katalysiert, während die B-Transferase die Addition von Galaktose auf das H-Antigen vermittelt. Die A- und BTransferasen werden von unterschiedlichen Allelen (A-Allel, B-Allel) eines einzigen AB0-Gens, welches auf dem langen Arm des Chromosoms 9 lokalisiert ist, kodiert. Die Kenntnis der molekularen Basis der AB0-Blutgruppenantigene erklärt auch ihren Vererbungsmodus. Während die Blutgruppen A und B kodominant vererbt werden, dominieren sowohl A als auch B über die nichtfunktionalen 7 Allele der Blutgruppe 0. Das AB0-System weist die vier antigenen Merkmale A1, A2, B und H auf, wobei das H-Antigen das Antigen von Personen mit Blutgruppe 0 ist. Da sich die A1- und A2-Antigene primär in der Antigendichte auf der Erythrozytenoberfläche unterscheiden und weniger Unterschiede in der molekularen Struktur der Antigene vorliegen, bilden Träger der Blutgruppen A1 und A2 wechselseitig keine 7 Isoagglutinine gegen die andere Blutgruppensubstanz. Daher ist die Unterscheidung der Blutgruppen A1 und A2 in der transfusionsmedizinischen Praxis in der Regel irrelevant, so dass häufig nur die Blutgruppen A, B, AB und 0 unterschieden werden. Das AB0-Blut-

gruppensystem spielt bei notwendigen Transfusionen eine sehr große Rolle, da im AB0-System wegen der regelhaften, blutgruppenkonträren Präsenz von Anti-A- und Anti-B-Isoagglutininen streng blutgruppenkompatibel transfundiert werden muss. Bei inkompatibler Transfusion kommt es sofort zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion zwischen den im Empfänger vorhandenen Isoagglutininen und den transfundierten Erythrozyten mit Zelllyse und der massiven Freisetzung von 7 Histamin und histaminähnlichen Substanzen. Die folgenden Transfusionsreaktionen können zu Volumenmangelschock, massiver Nierenschädigung und einer Aktivierung der intravasalen Gerinnung führen, die mit vital bedrohlichen Zuständen einhergeht.

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Deutsches Ärzteblatt 98: B267– B272 Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

AB0-Identitätstest K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. ABO identity; bedside test Definition. Der AB0-Identitätstest dient vor Transfusion von Erythrozytenkonzentraten der Bestätigung der zuvor bestimmten AB0Blutgruppenmerkmale des Empfängers direkt am Krankenbett.

AB0-Blutgruppensystem. Tab. 1. Eigenschaften der AB0-Blutgruppen und deren Verteilung in Europa Blutgruppe

Antigene auf den Erythrozyten

Isoagglutinine im Serum

Mögliche Genotypen

Häufigkeit in Europa (%)

A

A

Anti-B

AA, A0

44

B

B

Anti-A

BB, B0

10

AB

A, B

Keine

AB

5

0

Keine/HSubstanz

Anti-A, Anti-B

00

41

i Der AB0-Identitätstest wird unmittelbar vor der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten vom transfundierenden Arzt oder unter seiner direkten Aufsicht am Empfänger durchgeführt. Der AB0-Identitätstest ist gemäß Transfusionsgesetz vorgeschrieben. Die Durchführung des AB0-Identitätstests erfolgt mit Reagenzien, die für den Einsatz am Krankenbett geeignet sind (z. B. geeignete Testkarten). Der AB0-Identitätstest wird nicht mit dem zur Transfusion bereitgestellten Blutprodukt (Fertigarzneimittel) durchgeführt. Das Ergebnis des AB0-Identitätstests muss schriftlich dokumentiert werden. Bei Unstimmigkeiten ist das Laboratorium bzw. die transfusionsmedizinische Einrichtung umgehend zu benachrichtigen. Ausnahme: Bei Empfängern von Eigenblutprodukten wird der AB0Identitätstest mit dem Blut des Empfängers und im Fall von erythrozytenhaltigen Präparaten auch mit dem autologen Blutprodukt vorgenommen. Die serologische Verträglichkeitsprobe (7 Kreuzreaktivität) kann in diesen Fällen entfallen.

AB0-Blutgruppensystem. Abb. 1. Synthese der Blutgruppenantigene A und B durch die Glykosyltransferasen A- bzw. B-Transferase, die ausgehend von einem aktivierten UDP-Zucker ein N-Acetylgalaktosamin oder eine Galaktose auf die H-Substanz transferieren. Die H-Substanz bleibt bei der Blutgruppe 0 unverändert. Fuc Fukose; Gal Galaktose; GalNAc N-Acetylgalaktosamin; UDP Uridindiphoshat; R Rest

ABC-Transporter

Literatur. Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-EhrlichInstitut, Gesamtnovelle 2005, Deutscher Ärzteverlag, Köln

AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

5

AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität. Tab. 2. Kompatibles/inkompatibles gefrorenes Frischplasma (GFP) für einen Empfänger Empfänger (Proband)

Kompatibles (minorkompatibel) GFP

Inkompatibles (minorinkompatibel) GFP

A

A oder AB

B oder 0

B

B oder AB

A oder 0

AB

AB

A, B oder 0

0

0, A, B oder AB

Englischer Begriff. AB0 compatibility; AB0 incompatibility Definition. Die AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität beschreibt die

Verträglichkeit/Unverträglichkeit dieser 7 Blutgruppen untereinander

i Das 7 AB0-Blutgruppensystem ist insbesondere für die Trans-

fusionsmedizin von erheblicher Bedeutung. Der wesentliche Grund besteht darin, dass in diesem 7 Blutgruppensystem die Möglichkeit zur blutgruppenungleichen, aber kompatiblen Transfusion besteht. Eine blutgruppenungleiche inkompatible Transfusion muss stets ausgeschlossen werden. Die Besonderheit des AB0-Blutgruppensystems liegt darin, dass natürlicherweise 7 Alloantikörper, sog. 7 Isoagglutinine, gegen 7 Alloantigene des Systems gebildet werden, die auf den Erythrozyten des Individuums fehlen (7 Landsteiner-Regel). Aus diesem Grund ist eine AB0-inkompatible Transfusion von Erythrozyten bereits bei einem ersten Kontakt lebensgefährlich (hohe Wahrscheinlichkeit einer intravasalen 7 Hämolyse). Bei anderen 7 Blutgruppensystemen kann es erst nach Kontakt zu allogenem Blut im Rahmen von Schwangerschaften oder Transfusionen zu einer Alloimmunisierung (7 Alloantikörperbildung) kommen. Die Wahrscheinlichkeit für eine Alloantikörperbildung ist bei den verschiedenen Blutgruppensystemen unterschiedlich hoch. Die höchste Wahrscheinlichkeit einer Alloantikörperbildung (Immunisierung) besteht bei Kontakt eines RhD-Merkmal (7 Rhesusfaktor) negativen Empfängers mit RhD positiven Erythrozyten. Die starke Immunogenität dieses DMerkmals findet besondere Berücksichtigung in den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie) sowie in der Schwangerschaftsvorsorge. Die AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität ist sowohl für die Transfusionsmedizin, als auch für die Schwangerschaft bedeutsam. Transfusionsmedizin In der 7 Transfusionsmedizin ist die AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität abhängig vom verwendeten Blutpräparat: Erythrozytenkonzentrat (EK), Gefrorenes Frischplasma (GFP), Thrombozytenkonzentrat (TK) und Granulozytenkonzentrat. Erythrozytenkonzentrat 7 Tab. 1 AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität. Tab. 1. Kompatibles/inkompatibles Erythrozytenkonzentrat (EK) für einen Empfänger Empfänger (Proband)

Kompatibles (majorkompatibel) EK

Inkompatibles (majorinkompatibel) EK

5 Granulozytenkonzentrat Die Transfusion von Granulozytenkonzentraten muss majorkompatibel (7 Tab. 1) erfolgen. Da Granulyztenpräparate herstellungsbedingt eine erhebliche Beimischung von Erythrozyten aufweisen, müssen zusätzlich die blutgruppenspezifischen Vorsichtsmaßnahmen wie bei einer Erythrozytentransfusion beachtet werden. Schwangerschaft Die AB0-Inkompatibilität kann unter bestimmten Umständen in der Schwangerschaft zu einer AB0-Erythroblastose mit der Folge eines 7 Morbus haemolyticus neonatorum (Mhn) führen. Ein Mhn bei AB0-Inkompatibilität in der Schwangerschaft tritt vorwiegend bei Müttern mit Blutgruppe 0 auf, die Kinder mit der Blutgruppe A1 oder B tragen. Die 0/A-Inkompatibilität ist dabei weitaus häufiger als die 0/B-Inkompatibilität. Die Konstellationen A/B, A/AB, B/A1 und B/ A1B führen selten zum Mhn. Noch seltener oder nicht bekannt sind Erythroblastosen bei der Konstellation 0/A2, B/A2, B/A2B.

Literatur. Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz) – TFG (2007) Bundesgesetzblatt I S. 2169 Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie), Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut, Gesamtnovelle 2005, Deutscher Ärzteverlag, Köln Vorstand und Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer (2003) (Hrsg) Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten. 3. Aufl. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Metaxas-Bühler M (1995) Blutgruppen und Transfusion. 2. Aufl. Verlag Hans Huber, Bern Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2004) (Hrsg) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s. 11th ed. Blood Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th editition written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M. Blackwell Publishing, London

Abblocken 7 Blockieren

A

A oder 0

B oder AB

B

B oder 0

A oder AB

AB

AB, A, B oder 0

0

0

A, B oder AB

Abbruchcodon 7 Stop-Codon

ABC-Transporter K.J. Lackner, D. Peetz

Gefrorenes Frischplasma 7 Tab. 2 5 Thrombozytenkonzentrat Die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten sind in der Regel majorkompatibel (7 Tab. 1) zu übertragen. Das Rhesus-D-Merkmal soll wegen der Möglichkeit einer Immunisierung berücksichtigt werden. Bei Kindern mit einem Körpergewicht unter 25 kg sollte die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten minorkompatibel (7 Tab. 2) erfolgen.

Synonym(e). ATP-binding-cassette Transporter Englischer Begriff. ATP-binding-cassette transporter Definition. ABC-Transporter sind eine Familie von Transmembranproteinen, die verschiedene Substanzen einschließlich Medikamenten über zelluläre Membranen transportieren können. i Alle ABC-Transporter besitzen eine Nukleotidbindungstasche (NBF) mit sog. Walker-A- und -B-Motiven. Funktionelle Transpor-

A

6

Abdampfen

ter enthalten zwei NBFs und zwei Transmembrandomänen mit je 6–11 transmembranen α-Helices. Die ABC-Transporter-Superfamilie hat derzeit ~50 Mitglieder in sieben Unterfamilien (A–G). Die Funktion und das transportierte Substrat einiger ABC-Transporter konnten inzwischen geklärt werden. Genetische Defekte von ABC-Transportern führen zu verschiedenen Erkrankungen (7 Tab. 1).

Abdampfrückstand T. Arndt

Synonym(e). Trockenrückstand; Eindampfrückstand Englischer Begriff. evaporation residue Definition. Jene Bestandteile einer Analysenprobe, die unter den Be-

dingungen des 7 Abdampfens durch Wärme und/oder Druckerniedrigung nicht verdampfbar sind.

ABC-Transporter. Tab. 1. Genetische Defekte Transporter

Substrat

Genetische Erkrankung

ABCA1

Cholesterin

Tangier-Erkrankung

ABCA3

?

Surfactant-Mangel

ABCA4

N-Retinylidene-PE

Stargardt-Maculadystrophie

ABCC7 (CFTR)

Chloride ion channel

Zystische Fibrose

i In der klinisch-chemischen Analytik ist es gewöhnlich der analythaltige Rückstand, der nach einer 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion und Eindampfen der nicht mit Wasser mischbaren organischen Phase zurückbleibt, anschließend durch ein geeignetes, mit Wasser mischbares, Lösungsmittel aufgelöst und schließlich der Analyse zugeführt wird.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1989) Römpp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Abell-Kendall-Verfahren K.J. Lackner, D. Peetz

Daneben sind zahlreiche ABC-Transporter in den Efflux von Medikamenten und anderen 7 Xenobiotika involviert. Dazu gehören der Multidrug-resistance(MDR)-Transporter (ABCB1) sowie die MDRrelated-Proteine (MRP) 1–3 (ABCC1–3). Sie haben deshalb in der Pharmakogenetik eine Bedeutung.

Literatur. Dean M (2002) The human ATP-binding cassette (ABC) transporter superfamily. NVBI publications http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/bokkres.fcgi

Abdampfen T. Arndt

Synonym(e). Eindampfen; Eineingen; Einengen bis zur Trockne Englischer Begriff. evaporation Definition. Die Begriffe beschreiben die vollständige (Eindampfen, Abdampfen) oder teilweise (Einengen) Entfernung eines Lösungsmittels (oder mehrerer Lösungsmittel) durch Erwärmen der Probe (z. B. im Wasserbad) und/oder Druckerniedrigung. i Beim Arbeiten im offenen System, häufig zusätzlich unter Verwendung eines Druckluft- oder Stickstoffstroms zum Austreiben der Lösungsmitteldämpfe, geht das Lösungsmittel verloren. Im geschlossenen System wird das Lösungsmittel in einer gekühlten Einheit kondensiert und somit zurück gewonnen (Destillation). Beim Eindampfen bis zur Trockne bleiben die ehemals gelösten Bestandteile der Probe, also auch die zu analysierende Substanz (Analyt), als fester (trockener) Rückstand zurück. Unter sauerstoffhaltiger Atmosphäre und/oder bei zu hohen Temperaturen kann der Analyt teilweise oder auch vollständig chemisch oder strukturell verändert werden. Die dabei entstehenden Produkte werden gewöhnlich nicht im Analysengang erfasst, was zu falsch niedrigen Analysenergebnissen führen kann. Der Wahl von Temperatur und Atmosphäre beim Eindampfen kommt deshalb eine große Bedeutung für die Richtigkeit der Analysenergebnisse zu. Es wird deshalb z. B. oft unter der chemisch inerten Stickstoffatmosphäre eingeengt. Im klinisch-chemischen Labor beschränkt sich die Anwendung des Eindampfens auf den Prozess der Probenvorbereitung. So engt man die aus einer 7 Flüssig-FlüssigExtraktion gewonnene, analythaltige organische Phase gewöhnlich bis zur Trockne ein. Dadurch wird einerseits das im Analyseprozess störende nicht mit Wasser mischbare organische Lösungsmittel entfernt. Durch Wiederaufnahme des analythaltigen Rückstandes in einem geringeren Volumen von mit Wasser mischbarem Lösungsmittel wird die Probe andererseits aufkonzentriert. Oft wird durch diesen Prozess die Analyse überhaupt erst ermöglicht. Beispiele hierfür sind Vitamin- und insbesondere Medikamentenbestimmungen mit chromatographischen Analysemethoden (7 Chromatographie).

Synonym(e). Abell-Kendall-Methode Englischer Begriff. Abell-Kendall procedure Definition. Referenzmethode der quantitativen Cholesterinbestimmung i Diese Modifikation der von W.M. Sperry und F.C. Brand beschrie-

benen Cholesterinbestimmung gilt als Referenzmethode (7 Referenzmethodenwert). Sie basiert auf der Hydrolyse der Cholesterinester in der Probe mit nachfolgender Extraktion. 7 Cholesterin wird dann mit einem Liebermann-Burchard-Reagenz quantifiziert. Das Verfahren weist einen deutlichen systematischen Fehler auf, wie mittels GC-MS gezeigt wurde. Das Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB) der DGKL (Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.) lehnt es deshalb als Referenzmessverfahren ab.

Literatur. Abell LL, Levy BB, Brodie BB et al (1951) Simplified methods for the estimation of total cholesterol in serum and demonstration of its specificity. J Biol Chem 195:3573–3566

Abfrage O. Colhoun

Synonym(e). Befundabfrage; Auftragsquery Englischer Begriff. query Definition. Selektion von Daten der Labor-EDV i Eine Abfrage ermöglicht die Darstellung selektierter Daten, welche im 7 Labor-EDV-System abgespeichert sind, aus einem definierten Zeitraum. Hierfür stehen unterschiedliche Auswahlbedingungen zur Verfügung, welche sich z. B. auf Einsender, Patienten, Materialien, Ergebnisse, Laborbereiche oder/und Auftragseigenschaften beziehen können. Angezeigt werden je nach Wunsch der gesamte Auftrag, auf den die definierten Bedingungen zutreffen, oder nur die gewünschten Analysen.

Abgeleitete Einheit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. derived unit Definition. 7 Maßeinheit für eine abgeleitete Einheit [VIM 2010]. Für Beispiele s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010). Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Ablehnbereich

Abgeleitete Einheit, kohärente W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. coherent derived unit Definition. Abgeleitete Einheit, die für ein Größensystem (7 Größe, messbare) und eine ausgewählte Menge von 7 Basiseinheiten ein Produkt von Potenzen von Basiseinheiten nur mit dem Proportionalitätsfaktor eins ist [VIM 2010]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010). Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Abgeleitete Größe W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. derived quantity

7

stehung von Tumoren beteiligt. In über 90 % aller chronisch-myeloischer Leukämie-Fälle (CML) bzw. 5 % der Kinder und 20–25 % der Erwachsenen mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL) besteht eine reziproke Translokation zwischen den langen Armen von 7 Chromosom 22 (22q11) und Chromosom 9 (9q34), die dazu führt, dass das ABL-Gen in eine sogenannte „breakpoint cluster region“ (BCR) des Chromosoms 22 übertragen wird (7 Abb. 1). Das resultierende hybride Chromosom 22 wird als 7 Philadelphia-Chromosom (oder Ph1) bezeichnet. Auf DNA-Ebene sind die Bruchpunkte innerhalb von ABL über einen weiten Bereich verstreut. Es entstehen in Abhängigkeit von der Integrationsstelle bei der Mehrheit der Ph1-positiven CML-Patienten bzw. bei 70 % der Ph1-positiven ALL-Fälle drei verschiedene Chimären: entweder Fusionen zwischen 7 Exon b2 von BCR und Exon a2 von ABL (b2a2), Exon b3 von BCR und Exon a2 von ABL (b3a2) oder Exon e1 von BCR und Exon a2 von ABL (e1a2). Die verschiedenen Fusionstranskripte können mittels RT-PCR (7 Polymerase-Kettenreaktion) nachgewiesen und als molekulare Marker (7 Tumormarker) verwendet werden.

Definition. Größe in einem Größensystem (7 Größe, messbare), die

als Funktion der 7 Basisgrößen dieses Systems definiert ist [VIM 2010]. Für Beispiele s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010). Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

ABH-Antigene 7 ABH-Substanz

ABH-Substanz K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). ABH-Antigene Englischer Begriff. ABH substance; ABH antigens Definition. Oberbegriff für die Antigene des 7 AB0-Blutgruppensystems i Die ABH-Substanz ist eine Oligosaccharidstruktur auf der Eryth-

rozytenoberfläche, welche die Grundlage der AB0-Blutgruppen darstellt und deren molekulare Struktur durch die Glykosyltransferasen H-Transferase (Fukosyltransferase 1), A-Transferase (N-Acetylgalaktosaminyltransferase) und B-Transferase (Galaktosyltransferase) bestimmt wird. Personen mit Blutgruppe A können H- und A-Transferase synthetisieren, während bei Personen mit Blutgruppe B H- und B-Transferase exprimiert wird. Die Blutgruppe 0 entsteht hingegen, wenn nur die H-Transferase in enzymatisch aktiver Form vorliegt. Personen der Blutgruppe AB sind in der Lage, alle drei Enzyme zu bilden. Das Profil der gebildeten Glykosyltransferasen (7 Glykosyltransferasen A und B) bestimmt somit die synthetisierte Kohlenhydratstruktur der ABH-Substanz und folglich die AB0-Blutgruppe (7 AB0-Blutgruppensystem).

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Deutsches Ärzteblatt 98: B267– B272 Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

ABL-Gen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. ABL gene Definition. Gen auf Chromosom 9; kodiert für ein Protein mit Tyrosin-Kinaseaktivität und sequenzspezifischer DNA-Bindungsaktivität i In spezifisch veränderter Form ist das ABL-7 Gen an der Ent-

ABL-Gen. Abb. 1. Übertragung des ABL-Gens in die „breakpoint cluster region (BCR)" des Chromosoms 22 durch reziproke Translokation

Literatur. Rowley JD (1973) Letter: A New Consistent Chromosomal Abnormality in Chronic Myelogenous Leukaemia Identified by Quinacrine Fluorescence and Giemsa Staining. Nature 243:290–293 Bartram CR, de Klein A, Hagemeijer A et al (1983) Translocation of c-abl Oncogene Correlates with the Presence of a Philadelphia Chromosome in Chronic Myelocytic Leukaemia. Nature 306:277–280

Ablehnbereich R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Bereich, kritischer; Verwerfungsbereich Englischer Begriff. rejection region Definition. Als Ablehnbereich eines statistischen Tests (7 Test, statistischer) wird der Bereich für die beobachteten Werte der 7 Prüfgröße bezeichnet, für den unter der Gültigkeit der 7 Nullhypothese die 7 Alternativhypothese angenommen wird. i Fällt die Realisation der Prüfgröße in den Ablehnbereich, so ist ein Ereignis eingetreten, dem bei Zutreffen der Nullhypothese nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zukommt. In diesem Fall wird man sich dafür entscheiden, die Nullhypothese zu verwerfen und die Alternativhypothese anzunehmen. Komplementär zum Ablehnbereich ist der 7 Annahmebereich. Realisiert sich die Prüfgröße im Annahmebereich, ist ein Ereignis eingetreten, dem bei Zutreffen der Nullhypothese eine hohe Wahrscheinlichkeit zukommt. Somit hat das Experiment keine gewichtigen statistischen Gründe geliefert, die Nullhypothese anzuzweifeln und die Nullhypothese wird nicht verworfen.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

A

8

Abnahmezeitpunkt

Abnahmezeitpunkt O. Colhoun

Englischer Begriff. sampling time Definition. Zeitpunkt der Gewinnung eines Spezimens bzw. einer 7 Probe

i Der Abnahmezeitpunkt bezeichnet Datum und Uhrzeit der Ge-

winnung einer Probe bzw. eines 7 Spezimens des Patienten in der 7 Labor-EDV. Diese sind nur dem entnehmenden Arzt bekannt und werden von ihm auf dem 7 Laborauftrag vermerkt. Idealerweise bietet der Markierungsbogen des Laboratoriums für die Auftragsanforderung entsprechende Ankreuzfelder. Die angegebenen Daten werden bei der Auftragserfassung in der Labor-EDV für den Auftrag eingelesen.

Abrechnung O. Colhoun

Synonym(e). Rechnungsstellung Englischer Begriff. accounting Definition. Gesamtheit aller Funktionen zur Rechnungsstellung in

der 7 Labor-EDV: Erfassung der Kostenträger für Patientenaufträge, Zuordnung eines 7 Laborauftrags zu einer Gebührenordnung oder krankenhausinternen Leistungsverrechnung, Erstellung entsprechender Rechnungen für den Patienten oder Verrechnungsaufstellungen für krankenhausinterne Einsender, Zusammenfassung aller Laboraufträge eines oder mehrerer Aufenthalte zu einer Rechnung, Kontrolle der Vollständigkeit und Abrechnungsrelevanz, Regelwerke zur Rechnungsstellung, Rechnungsdruck, Buchung, Mahnwesen, Stornierung.

i

Abrechnung für den Patienten/Kostenträger Die Abrechnung erfolgt zusammengefasst für den gesamten Aufenthalt oder bis zu einem definierten Stichtag an den Patienten. Hierfür müssen das entsprechende aktuelle Tarifwerk (7 Gebührenordnung für Ärzte) mit evtl. spezifisch ausgehandelten Faktoren im System hinterlegt und alle Analysenstammdaten der 7 Labor-EDV mit der korrespondierenden Abrechnungsziffer versehen sein. Weiterhin muss im entsprechenden Abrechnungsmodul des Labor-EDV-Systems ein Regelwerk mit sämtlichen gültigen Höchstwerten und Pauschalen (etwa der Intensivpauschale) hinterlegt sein. Die Rechnungsstellung kann als Einzelrechnung für einen Patienten oder Sammelrechnung für einen Einsender oder Kostenträger für spezifizierte Zeiträume ausgeführt werden. Der Ausdruck erfolgt mit Aufführung des Aufenthaltszeitraums, Angabe von Datum und Material der einzelnen Aufträge, Aufführung der Leistungsziffern nebst Beschreibung der durchgeführten Analysen. Berücksichtigung von Faktoren und vorgeschriebener Abschläge für den Rechnungsbetrag (z. B. 25-%-Abschlag für stationäre Laborleistungen). Wegen der Komplexität der Rechnungsstellung hat es sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, Rechnungen auf Wunsch zunächst testweise außerhalb der offiziellen Rechnungsnummern erstellen und bei Fehlern dann problemlos löschen zu können. Benötigt werden leistungsfähige Funktionen für die Übersicht bezahlter Rechnungen und das Mahnwesen. Bei der Stornierung einer Rechnung wird diese gelöscht und aus dem Mahnwesen entfernt. Krankenhausinterne Leistungsverrechnung Sämtliche Analysenstammdaten können für die krankenhausinterne Leistungsverrechnung zusätzlich zur GOÄ/EBM-Abrechnung mit hausinternen Leistungsziffern hinterlegt werden, um die angeforderten Leistungen mit den spezifizierten Einsendern (Station, Abteilung, Klinik, Ambulanz) zu verrechnen.

Abrechnungstest O. Colhoun

Synonym(e). Proberechnungsstellung

Definition. Testweise Erstellung der Abrechnung eines bestimmten Auftrags im Labor-EDV-System. i Nach Änderungen in der 7 Stammdatenhinterlegung oder Ab-

rechnungslogik ist eine Funktion im 7 Labor-EDV-System zur testweisen 7 Abrechnung eines einzelnen Auftrags, welche alle Regelungen (z. B. Höchstwerte und Pauschalen der 7 Gebührenordnung für Ärzte [GOÄ]) berücksichtigt, essentiell. Die verwendete Gebührenordnung wird im Auftrag vorgegeben oder kann beim Testen manuell überschrieben werden.

Abschlussbericht O. Colhoun

Synonym(e). Schlussbericht Englischer Begriff. final report Definition. Druck eines vollständigen Berichts aller durchgeführten Laboruntersuchungen eines Patienten zu einem spezifizierten Aufenthalt im 7 Labor-EDV-System. i Für den Abschlussbericht werden die Ergebnisse aller Bereiche des Labors (etwa Klinische Chemie, Hämatologie, Gerinnung, Serologie, Bakteriologie, Immunhämatologie, extern durchgeführte Analytik) für den aktuellen – oder spezifizierten vorherigen – Aufenthalt eines Patienten aufgezeigt. Der Bericht soll auch auf bestimmte Bereiche einzuschränken sein oder – bei Verwendung einer 7 Lebensnummer für den Patienten – auf Wunsch die 7 Befunde vorhergehender Aufenthalte einschließen.

Absinth T. Arndt

Synonym(e). Grüne Fee Englischer Begriff. absinth Definition. Alkoholisches Getränk (50–75 Vol% 7 Ethanol), zu dessen Herstellung u. a. ein Extrakt aus Wermutkraut (Artemisia absinthum) verwendet wird. i Aufgrund des hohen Ethanolgehalts wird Absinth gewöhnlich verdünnt und mit Zuckerbeimengung (auch flambiert) konsumiert. Bei Verdünnung mit Wasser wechselt die smaragd-grüne Farbe zu einer opaleszierenden Weißfärbung (Dispersion der ätherischen Öle in Wasser). Hauptwirkstoff des Absinths ist neben dem Alkohol das erregend wirkende Thujon. Dessen Wirkmechanismus ist jedoch noch unklar. Ein Großteil der (toxischen) Wirkungen wird dem hohen Alkoholgehalt des Absinths zugeschrieben. Dieser führt, wie auch der Wirkstoff Thujon (7 Abb. 1), bei Dauerkonsum von Absinth zu Sucht, Übererregbarkeit und Halluzinationen (Grüne Fee, 7 Abb. 2). Der Konsum von Absinth und Wermutöl (stark toxisch) war deshalb lange Zeit verboten. Seit dem Jahr 1991 ist ein Thujonanteil von 5–35 mg/kg Spirituose in Abhängigkeit von deren Alkoholgehalt wieder zugelassen.

Absinth. Abb. 1. Strukturformel von Thujon

Literatur. Giebelmann R (2001) Kulturgeschichtliches zum Thujon. Toxichem Krimtech 48:43–46

Absolutglied 7 Achsenabschnitt

Acarboxyproteine

9

Wundabstrich zur mikrobiologischen Abklärung nichtheilender Wunden sowie Hautabstriche bei allen Formen der Hautinfektion. Durchführung: Ohne vorherige Desinfektion der Abstrichfläche wird mit einem kräftigen Abstrich mit Hilfe des sterilen Abstrichtupfers der Inhalt auf den Tupfer übertragen und anschließend in ein Universaltransportmedium eingebracht und innerhalb von 6 h ins Labor weitergeleitet. Spezielle Abstrich- und Transportbehälter und -medien ermöglichen Stabilität und Anzüchtung bestimmter Erreger für Anaerobier, Mykoplasmen oder Chlamydien.

Abundanz R. Weiskirchen

Synonym(e). Häufigkeit Englischer Begriff. abundance Absinth. Abb. 2. „Der Absinthtrinker“ Victor Oliva (1905), Cafe Slavia, Prag (Foto: C. und T. Arndt)

Absorbanz 7 Lambert-Beer-Gesetz

Absorption 7 Lambert-Beer-Gesetz

Absorptionskoeffizient T. Arndt

Englischer Begriff. absorption coefficient Definition. Bezeichnung für den Bruchteil, um den die Intensität einer Strahlung (z. B. Lichtstrahlung, Röntgenstrahlung) beim Durchgang durch Materie (Messküvette eines Photometers oder Gewebe) abnimmt. i Je größer der Absorptionskoeffizient, desto stärker ist die Strah-

lungsabsorption (Details 7 Lambert-Beer-Gesetz).

Literatur. Kortüm G (1962) Kolorimetrie, Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

Absorptionsmaß, spektrales 7 Lambert-Beer-Gesetz

Absorptionsspektrometrie/-skopie

Definition. Bezeichnung für die durchschnittliche Anzahl von Molekülen einer spezifischen mRNA-Spezies pro Zelle. i Typischerweise werden drei Häufigkeitsklassen unterschieden: mehr als 3500 Kopien pro Zelle (Klasse I); zwischen 20 und 3500 Kopien pro Zelle (Klasse II), bis zu 20 Kopien pro Zelle (Klasse III). Experimentell kann die Abundanz einer mRNA-Spezies mit Hilfe der Reassoziationskinetik-Analyse bestimmt werden, bei der die Rückbildung eines Doppelstranges aus zwei einzelsträngigen Nukleinsäuremolekülen in Abhängigkeit von der Hybridisierungszeit verfolgt wird. In der Evolutionsbiologie bezeichnet die Abundanz die Gesamtzahl der Individuen einer Art bezogen auf eine bestimmte Fläche oder einen bestimmten Raum (Populationsdichte). Sie wird begrenzt durch dichteabhängige Faktoren (z. B. Konkurrenz zwischen den Individuen einer Art, Parasiten, Infektionskrankheiten) und dichteunabhängige Faktoren (z. B. Konkurrenz zwischen den Arten, Feinde, Klimaeinflüsse).

Abusus W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. abuse Definition. Die Zufuhr von Stoffen mit einer Zielsetzung, in einer Dosis oder einer Bezugsweise, die nach allgemeiner Meinung nicht akzeptiert werden kann. i Abusus findet sich häufig bei Stoffen, die eine Abhängigkeit erzeugen, d. h. bei Entzug der betreffenden, regelmäßig verwendeten Substanz ergeben sich psychische und häufig auch physische Funktionsstörungen, die sich bei erneuter Zufuhr der Substanz zurückbilden. Die psychische Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch ein zwanghaftes, auf Beschaffung und Zufuhr des Pharmakons gerichtetes Verhalten.

7 Spektrometrie/Spektroskopie

Abstrich

Abweichung 7 Messabweichung

W.G. Guder

Englischer Begriff. smear Definition. Entnahme von Untersuchungsmaterial (7 Untersuchungsgut, biologisches) von Schleimhäuten, Wunden oder anderen Oberflächen des Körpers mit dem Ziel der mikrobiologischen, zytologischen und/oder mikroskopischen Untersuchung. i Bei Verdacht auf Infektion mit Bakterien, Parasiten oder Pilzen

kann durch Gewinnung eines Abstrichs die Lokalisation und Art des Erregers festgestellt werden. Je nach Symptomatik und Fragestellung unterscheidet man folgende Abstriche: Rachen- und Tonsillenabstrich (bei Verdacht auf eitrige Angina, Angina Plaut-Vincent, Diphtherie, Syphilis u. a.), Urethralabstrich und/oder Vaginalabstrich bei Verdacht auf Gonorrhoe, Chlamydieninfektion, Mykoplasmen- oder Trichomonadeninfektion sowie genitaler Herpes-simplex-Infektion,

ACA 7 Autoantikörper gegen Zentromere; 7 Autoantikörper gegen Cardiolipin

Acapulco-Gold T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Acarboxyproteine 7 Proteine, induziert durch Vitamin-K-Mangel; 7 Prothrombin

A

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ACAT

Literatur. Bowman HS (1963) Red Cell Preservation in Citrate-Phosphate-Dextrose and Acid-Citrate Dextrose. Transfusion 3:364–367 Högman C F, Akerblom O, Hedlund K, Rosen I, Wiklund L (1983) Red cell suspensions in SAGM medium. Vox Sang 45:217–223

ACAT 7 Acyl-CoA-Cholesterin Acyltransferase

Accuracy, diagnostische

Ace

R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

T. Arndt

Synonym(e). diagnostische Richtigkeit

Definition. Straßenname/Deckname für LSD (7 Straßennamen von

Englischer Begriff. accuracy of a diagnostic test

Drogen: LSD)

Definition. Beschreibt die Fähigkeit eines diagnostischen Testverfahrens, zwischen zwei alternativen Gesundheitszuständen zu unterscheiden. i Diagnostische Accuracy ist die grundlegende Eigenschaft eines diagnostischen Tests (7 Test, diagnostischer). Zweig (1993) definiert „diagnostische Accuracy“ als die Fähigkeit, zwischen zwei Subklassen von Individuen unterscheiden zu können, wenn dies klinisch notwendig erscheint. Diese Definition zielt auf die Qualität der Information ab und ist zu unterscheiden vom Aspekt des praktischen Nutzens der Information (7 Usefulness). Beides sind Aspekte zur Bewertung der Leistungsfähigkeit des Tests, wobei am Anfang die Bewertung der diagnostischen Accuracy steht. Vielfach wird die diagnostische Accuracy (Richtigkeit) durch den relativen Anteil korrekter Testentscheidungen beschrieben. Die diagnostische Accuracy wird üblicherweise geschätzt durch den Quotienten (a + d) / (a + b + c + d) (Bezeichnungen s. Tab. 2 im Stichwort 7 Vierfeldertafel).

Literatur. Zweig MH, Campbell G (1993) Receiver-operating characteristic (ROC) Plots: A fundamental evaluation tool in clinical medicine. Clin Chem 39:561–577

ACD-Mischungen W.G. Guder

Synonym(e). ACD-Lösung; ACD A, B Englischer Begriff. acid-citrate-dextrose solution; ACD-solution Definition. Stabilisierende Lösung aus Natriumcitrat, Citronensäure und Glukose („acid citrate dextrose“, ACD) zur Konservierung von Blutzellen, die in zwei Formen (A und B) angewendet wird (7 Tab. 1). ACD-Mischungen. Tab. 1. A

B

Natriumcitrat

2,2 g

1,32 g

Citronensäure, wasserfrei

0,73 g

0,44 g

Glukose

2,45 g

1,47 g

H2O ad

100 mL

100 mL

pH

5,05

5,1

Volumenanteil am Blutgemisch

15 %

25 %

i Die im Jahr 1963 von H.S. Bowman beschriebene Mischung aus Citratpuffer und Glukose (Dextrose) zur Stabilisierung von Blut (7 Erythrozyten) wird in zwei Formen A und B beschrieben, die sich in ihrer Zusammensetzung und ihrem Verhältnis zum Blut unterscheiden. Bei der ACD-A-Formel beträgt das Verhältnis von Zusatz zu Blut 1:5,67, bei der Formel B 1:3. Damit werden Erythrozyten über mindestens 21 Tage bei 1–6 °C Lagerung konserviert. Bei der Blutspende weitgehend ersetzt durch die zusätzlich Adenin enthaltende Lösung SAGM (Sodium, Adenin, Glucose, Mannitol), die von Lovric und Högmann entwickelt wurde. Sie erweitert die Stabilität auf 5–6 Wochen.

ACE/ACE-Gen 7 Angiotensin-konvertierendes Enzym

Acetacetat 7 Acetoacetat

Acetaldehyd A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Ethanal; Ethylaldehyd; Essigsäurealdehyd Englischer Begriff. acetaldehyde Definition. Hochreaktiver Metabolit des oxidativen Ethanolabbaus, dessen ausgeprägte und längerzeitige Konzentrationserhöhung in Gewebe und Serum bei chronischer Alkoholbelastung zu alkoholbedingten Organschäden führen kann.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Alle bekannten oxidativen Abbauwege des 7 Ethanols erzeugen Acetaldehyd (AAD) (Molmasse 44,04 g) (CH3-CHO), der physiologisch durch NAD+-abhängige mitochondriale 7 Acetaldehyddehydrogenase (ALDH-2) sehr effektiv oxidativ in 7 Acetat überführt wird. Die stationären AAD-Konzentrationen in der Leber sind deshalb sehr gering. Im peripheren Blut nicht alkoholisierter Probanden sind nur sehr geringe bis nicht messbare AAD-Konzentrationen vorhanden. Am AAD-Abbau beteiligen sich außer der Leber in geringem Umfange auch periphere Gewebe, wie Mukosazellen des Magen-Darm-Trakts sowie Blut- und Knochenmarkszellen. Funktion und Pathophysiologie. Erhöhte AAD-Konzentrationen im peripheren Blut treten bei chronischen Alkoholikern auf. Pathobiochemisch ist AAD angesichts seiner großen chemischen Reaktivität bedeutsam durch Stimulation der Bindegewebssynthese in den hepatischen Sternzellen (Ito-Zellen, Vitamin A-Speicherzellen) der Leber (Fibrose), Membranschädigung von Zellen und Mitochondrien (Nekrose), Verminderung protektiver Mechanismen (7 GlutathionErniedrigung) und Bildung stabiler (kovalenter) intra- und extrazellulärer Proteinaddukte, z. B. mit Tubulin, 7 Hämoglobin, 7 Albumin, 7 Kollagen. Diese Addukte können als Neoantigene zur Autoantikörperinduktion führen, die pathogenetische Relevanz für alkoholbedingte Lebererkrankungen haben (s. Abb. 4 im Eintrag 7 Ethanol).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum,

heparinisiertes Plasma, Enteiweißung mit eiskalter Perchlorsäure im Verhältnis 1:1, Zentrifugation und Neutralisation des Überstandes mit KOH.

Probenstabilität. Acetaldehyd ist flüchtig, deshalb ist die Bestimmung innerhalb von 3 h durchzuführen. In abgeschlossenen Röhrchen bei 4 °C ist der Analyt 2 Tage stabil. Analytik. Für die quantitative Bestimmung stehen grundsätzlich zwei Verfahren zur Verfügung: Enzymatische Methoden: 5 Reduktion von Acetaldehyd durch Alkoholdehydrogenase in Anwesenheit von NADH zu Ethanol. Der NADH-Verbrauch ist der Menge an umgesetzten Acetaldehyd proportional und kann durch Absorptionsabnahme bei 334 oder 366 nm photometrisch gemessen werden. 5 Konversion von Acetaldehyd zu Acetat in Anwesenheit von NAD+

Acetat

und Aldehyddehydrogenase (aus Leber) gemäß folgender Reaktion: Acetaldehyd + NAD+ + H2O

ALDH

Acetat + NADH + H+

Gebildetes NADH wird durch Zunahme der Absorption bei 334 oder 366 nm gemessen und ist der Menge des umgesetzten Acetaldehyds proportional. Die Nachweisgrenze beträgt ca. 3,2 μmol/L, die Präzision hat einen VK von ca. 3 %. Neben Acetaldehyd werden auch manche andere Aldehyde (z. B. Benzaldehyd, Glykolaldehyd), jedoch mit wesentlich geringerer Reaktionsgeschwindigkeit, umgesetzt. Head-Space-Gaschromatographie Sie stellt ein spezifisches Verfahren zur quantitativen AAD-Bestimmung in Blutproben dar (7 Gaschromatographie).

Referenzbereich — Erwachsene. < 2 μmol/L (Serum)

11

„Flush-Syndrom“ als Ausdruck einer durch Acetaldehydakkumulation vermittelten Freisetzung von 7 Katecholaminen und von vasoaktiven Substanzen aus Mastzellen (Symptome: akute Gesichtsrötung, Schwindel, Tachykardie, Kopfschmerzen, Übelkeit). Die ALDH2Mutation kann z. B. durch Haarwurzelanalyse (7 Haare als Probe) diagnostiziert werden. Acetaldehyddehydrogenase. Tab. 1. Hauptformen der menschlichen Acetaldehyddehydrogenasen (ALDH) ALDHTyp

subzelluläre Lokalisation

Km

Beteiligung am Ethanolabbau

ALDH1

Zytosol

30 μmol/L

(+)

ALDH2

Mitochondrien

< 3 μmol/L

++

ALDH22

Mitochondrien



Katalytisch inaktive, mutierte Form, führt zu Flush-Syndrom

Indikation. Diagnose des Flush-Syndroms bei Verdacht auf 7 Acetaldehyddehydrogenase-2-Defizienz.

Interpretation. Im Blut Gesunder ist die AAD-Konzentration im nüchternen Zustand sehr gering (an der 7 Nachweisgrenze). Auch nach Alkoholzufuhr bleibt die Konzentration sehr niedrig (0–2 μmol/L). Signifikante Konzentrationsanstiege werden beobachtet bei Probanden mit einem Acetaldehyddehydrogenase-2defizienten Phänotyp (ALDH22), bei dem nach Alkoholzufuhr ein Flush-Syndrom auftritt und bei etwa 50 % der Japaner und Chinesen vorkommt. Diesem Phänotyp liegt eine Punktmutation des ALDH-2Gens zugrunde, die zu einem Austausch von Glutamat durch Lysin in Position 487 führt. AAD-Konzentrationen von 10–50 μmol/L werden aufgrund dieses katalytisch inaktiven mitochondrialen ALDH-2Isoenzyms gemessen.

Literatur. Ferguson RA, Goldberg DM (1997) Genetic markers of alcohol abuse. Clin Chim Acta 257:199–250

Acetaminophen 7 Paracetamol

Acetat A.M. Gressner, O.A. Gressner

Diagnostische Wertigkeit. Eine Bestimmung von Acetaldehyd im

Synonym(e). Essigsäuresalz; Ethansäuresalz

Blut des ALDH-defizienten Personenkreises nach Alkoholbelastung kann die Diagnose sichern, die durch Mutationsanalyse der Aldehyddehydrogenase-2 zu bestätigen ist (Haarwurzelanalyse).

Englischer Begriff. acetate; ethanoic acid

Literatur. Ferguson RA, Goldberg DM (1997) Genetic markers of al-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Der beim oxidativen Abbau des 7 Ethanols entstehende 7 Acetaldehyd wird von der Aldehyddehydrogenase NAD+-abhängig in den Mitochondrien zu Acetat oxidiert, das teilweise in den Intermediärstoffwechsel der Hepatozyten eingeschleust und letztlich zu CO2 und Wasser oxidiert wird. Der größere Anteil dieses Stoffwechsels erfolgt im peripheren Gewebe (z. B. Muskel), sodass während der Ethanoloxidation erhöhte Blut-AcetatKonzentrationen feststellbar sind. Die periphere Aufnahme von Acetat in das Gewebe ist konzentrationsabhängig.

cohol abuse. Clin Chim Acta 257:199–250 Gressner AM, Gressner OA (2006) Alkoholabusus – Mittels Ethanol-abhängiger Metabolite erkennen und kontrollieren. Med Welt 57:262–270

Acetaldehyd(-Amin-Addukte) 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Acetaldehyddehydrogenase

Definition. Salz der Essigsäure (CH3COOH)

Funktion und Pathophysiologie. Es besteht eine hochsignifikante po-

Englischer Begriff. aldehyde dehydrogenases

sitive Korrelation zwischen der Blut-Acetat-Konzentration und der Rate der Ethanolelimination bei chronischen Alkoholikern. Bedingt durch einen beschleunigten Ethanolabbau durch Induktion des 7 mikrosomalen Ethanol-oxidierenden Systems (MEOS) bei chronischem Alkoholabusus treten im Blut bei diesen Probanden nach Alkoholzufuhr signifikant erhöhte Konzentrationen auf.

Definition. ALDH gehören zu einer im Körper weit verbreiteten, mit

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum,

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). ALDH

höchster Aktivität in der Leber vorkommenden Gruppe von Aldehyddehydrogenasen, die breite Substratspezifität aufweisen und NAD+ als Koenzym benötigen. i Die in zahlreichen Geweben vorkommenden ALDH oxidieren Aldehyde endo- und exogener Herkunft unter Verwendung von NAD+ als Koenzym. In der Leber werden zwei Formen (ALDH1, ALDH2) des tetrameren, aus Untereinheiten der Molmassen 54,8 und 54,2 kDa bestehenden Enzyms nach subzellulärer Lokalisation, Km-Wert und katalytischen Eigenschaften unterschieden (7 Tab. 1). Die mitochondrial lokalisierte ALDH2 übernimmt den Abbau des aus dem Ethanolstoffwechsel (7 Ethanol) entstehenden 7 Acetaldehyds, von dem über 90 % zu 7 Acetat abgebaut werden. Polymorphismus der ALDH2 kann mit dem Verlust der katalytischen Aktivität einhergehen (ALDH2-defizienter Phänotyp), der das Ergebnis einer Punktmutation mit einem Austausch von Glutamat in Position 487 durch Lysin ist (ALDH22) und bei etwa 50 % der Japaner und Chinesen auftritt. Bei diesem Phänotyp kommt es nach Ethanolzufuhr zum

heparini-

siertes Plasma.

Probenstabilität. Acetat ist stabil und kann längere Zeit bei –20 °C aufbewahrt werden. Präanalytik. Enteiweißung mit Perchlorsäure und Entfernung von NAD+, NADH und Pyruvat im KOH-neutralisierten Überstand.

Analytik. Für die Bestimmung von Acetat steht ein zusammengesetzter enzymatisch-optischer Test über Acetyl-Coenzym A und Oxalacetat mit Bildung von NADH + H+ gemäß folgender Bilanzreaktion zur Verfügung: Acetat + ATP + H2O + NAD+ + Malat

Citrat + ADP + NADH + H+ + Pi

Es besteht eine lineare Proportionalität zwischen der Menge des umgesetzten Acetats und dem Anstieg der Absorption bei 334 oder 366 nm, die auf die Bildung von NADH zurückzuführen ist.

A

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Acetat bei Alkoholmissbrauch

Die enzymatische Methode ist spezifisch für Acetat, weist eine 7 Nachweisgrenze von ~0,005 mmol/L und einen VK von ca. 2 % auf. Gaschromatographische Methoden sind sehr aufwendig, haben jedoch eine höhere analytische Sensitivität (7 Sensitivität, analytische).

Referenzbereich — Erwachsene. Sehr variabel, ca. 0,03–0,1 mmol/L Serum

Indikation. Diagnose des chronischen Alkoholabusus Interpretation. Die im Vergleich zu alkoholabstinenten Personen bei chronischen Alkoholikern nach Alkoholbelastung deutlich erhöhten Acetatkonzentrationen im Blut werden als frühe Kenngröße (0,5–6 h) des Alkoholaufnahme (7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen) bzw. der metabolischen Toleranz gegenüber Alkohol mit einer Sensitivität von 65 % (7 Sensitivität, diagnostische), Spezifität von 92 % (7 Spezifität, diagnostische) und einem 7 Vorhersagewert von 84 % empfohlen.

Literatur. Korri UM, Nuutinen H, Salaspuro M (1985) Increased Blood Acetate: A New Laboratory Marker of Alcoholism and Heavy Drinking. Alcoholism: Clin Exp Res 9:468–471 Gressner AM, Gressner OA (2006) Alkoholsabusus-mittels Ethanolabhängiger Metabolite erkennen und kontrollieren. Med Welt 57: 262–270

Acetat bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Acetessigsäure 7 Acetoacetat

Acetoacetat K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Acetacetat; Acetessigsäure; β-Ketonbuttersäure Englischer Begriff. acetoacetate Definition. Keton (C-Atom 3) der Buttersäure (7 Abb. 1)

Literatur. Kruse-Jarres JD, Reinauer H, Witt I (1995) Kohlenhydratstoffwechsel. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York Löffler G, Petrides PE (1997) Biochemie und Pathobiochemie. 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Acetylameisensäure 7 Pyruvat

Acetylcarnitin A.C. Sewell

Englischer Begriff. acetylcarnitine Definition. Produkt der enzymatisch-katalysierten Reaktion von LCarnitin und Acetyl-CoA mittels Carnitin-Acetyltransferase. i Das nach der reversiblen Übertragung von aktivierten Acetylgruppen zwischen Carnitin und CoA mittels Carnitin-Acetyltransferase entstandene Produkt wurde 1955 von Friedman und Fraenkel beschrieben.

L-Carnitin + Acetyl-CoA ← → L-Acetylcarnitin + CoA 7 Carnitin ist ein essenzieller und integrierter Bestandteil der Prozesse des Fettsäurenabbaus in den Mitochondrien und steht in enger Beziehung zum Acetyl-CoA. Acetylcarnitin kann als Acetylpuffer oder als Speicher von Acetylgruppen betrachtet werden. Acetylcarnitin als Produkt oben beschriebener Reaktion wird in beinahe allen Körperflüssigkeiten gefunden und wird über die Niere ausgeschieden. Im Hungerzustand ist Acetylcarnitin der Hauptbestandteil aller Plasma-Acylcarnitine. In der Frühphase der Ischämie kommt es zur Erhöhung des Acetylcarnitingehaltes im Herzmuskel und mittels In-vitro-Untersuchungen konnte eine protektive Wirkung auf die Ischämie nachgewiesen werden. Diese wurde allerdings von Propionylcarnitin deutlich übertroffen. Aus diesem Grunde fand Acetylcarnitin keinen Einsatz in der Therapie.

Literatur. Friedman S, Fraenkel G (1955) Reversible Enzymatic Acetylation of Carnitine. Arch Biochem Biophys 51:491–501 Gürtler AK, Löster H (1996) Carnitin und seine Bedeutung bei der Pathogenese und Therapie von Herz- und Kreislauferkrankungen. Ponte Press, Bochum Acetoacetat. Abb. 1. Strukturformel i Acetoacetat wird zu den Ketonkörpern gerechnet. Diagnostisch

wird es gemeinsam mit Aceton semiquantitativ im Urin als 7 Ketonkörper erfasst. Molmasse: 101,09 g

Aceton K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). 2-Propanon; Dimethylketon; Azeton Englischer Begriff. acetone, 2-propanone, dimethylketone Definition. Einfachstes Keton mit drei Kohlenstoffatomen (CH3–

CO–CH3; 7 Abb. 1)

Acetylcholinesterase 7 Pseudocholinesterase

Acetylcholinrezeptor-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptor

Acetyl-CoA:α-Glukosaminid-N-Acetyl-transferase 7 Mukopolysaccharide

Acetyl-Coenzym A 7 Pantothensäure

Acetylmorphin 7 Morphin(derivate)

Acetylsalicylsäure Aceton. Abb. 1. Strukturformel

7 Salicylate

i Entsteht im Stoffwechsel aus Acetyl-CoA. Gehört mit 7 Acetoacetat und β-Hydroxybuttersäure zu den sog. 7 Ketonkörpern, die im Urin z. B. bei einer diabetischen Stoffwechsellage auftreten.

7 Yt-Blutgruppensystem

ACHE

Acidose, respiratorische

AChR-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Acetylcholinrezeptor

Achsenabschnitt R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Absolutglied; Intercept Englischer Begriff. intercept Definition. Der Achsenabschnitt beschreibt den Schnittpunkt der

7 Regressionsgeraden einer linearen Regression (7 Regression. lineare) mit der Y-Achse.

i Die 7 Schätzer für den Achsenabschnitt und den 7 Regressionskoeffizienten werden so bestimmt, dass die Summe der vertikalen quadratischen Abweichungen der beobachteten Messwerte von den durch die Regressionsgerade vorhergesagten Werten minimal wird (Methode der kleinsten Quadrate). Damit wird die 7 Residualquadratsumme minimiert.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Acid T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für LSD (7 Straßennamen von Drogen: LSD).

Acidose, metabolische O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. metabolic acidosis Definition. Die metabolische Acidose ist die durch Zunahme von fixen (nicht-flüchtigen) Säuren oder Verlust von Bicarbonat entstehende Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts. i Allen metabolischen Acidosen gemeinsam sind eine negativ tendierende 7 Basenabweichung, eine Verminderung von cHCO3– sowie eine pH-Wert-Senkung, deren Ausmaß vom Grad der Kompensation abhängt. Die Kompensation erfolgt durch Hyperventilation zur Senkung von pCO2. Sie ist bereits nach wenigen Stunden feststellbar, wenn nämlich die pH-Wert-Senkung die Strukturen des Atemzentrums erreicht hat. Die Entscheidung, ob die Störung in normaler Weise kompensiert ist oder nicht, kann mit Hilfe des Diagramms in Abb. 2 im Stichwort 7 Säure-Basen-Stoffwechsel getroffen werden. Es können drei Gruppen der metabolischen Acidose unterschieden werden. Additionsacidosen durch eine gesteigerte Säureproduktion, die die Eliminationsrate übertrifft: 5 Ketoacidose: Diabetes mellitus, Hunger, Thyreotoxikose 5 Laktatacidose Typ A durch Hypoxie infolge Schock, Herzversagen, respiratorischer Insuffizienz, schwere Anämie, Ischämie und extreme muskuläre Aktivität (z. B. Krampfanfälle) 5 Laktatacidose Typ B durch folgende Ursachen: Stoffwechselstörungen: Glykogenose Typ I, Fruktose-1,6-Biphosphatasemangel, Fruktoseintoleranz, Thiaminmangel, dekompensierter Diabetes mellitus, Leberversagen Gewebsuntergang: Malignome, Leukämie, Verbrennungskrankheit, Massentransfusion Vergiftungen: Cyanid, Methämoglobinämie, CO, Ethanol Iatrogen: Biguanide (Metformin), Isoniazid, Fruktose-, Sorbit- und Xylitinfusionen, Propofolinfusion, D-Laktatresorption nach ausgedehnter Darmresektion. 5 Hyperchlorämische Acidose: Ureteroenterostomie, sigmoidale Neoblase, KCl-Substitution, Medikation mit NH4Cl und Arginin- oder Lysinhydrochlorid 5 Weitere Intoxikationen: Salizylate, Methanol (Formiatacidose), Paraldehyd, Ethylenglykol.

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Subtraktionsacidosen durch Verlust bicarbonatreicher Sekrete: 5 Verlust von Duodenalsaft durch Drainage, Diarrhoe, Pankreasfistel. Retentionsacidosen durch Beeinträchtigung der Nierenfunktion: 5 Global-renale Acidose bei akutem Nierenversagen, Niereninsuffizienz, Schrumpfniere (Kreatinin, Kalium, und Phosphat im Plasma erhöht, Chlorid meistens normal) 5 Proximale renal-tubuläre Acidose (RTA Typ II) durch Störung der HCO3–-Reabsorption 5 Distale renal-tubuläre Acidose (RTA Typ I) durch Störung der H+Ausscheidung und der HCO3–-Bildung 5 RTA Typ III wird von einigen Autoren die gemischt proximal-distale RTA genannt. Die RTA-Typen I–III sind immer hyperchlorämisch und treten auf bei: Hereditären Erkrankungen, z. B. M. Wilson, Cystinose, Marfan-Syndrom, Lowe-Syndrom, Sichelzellanämie Proteinstoffwechselstörungen, z. B. Myelom, Amyloidose, Nephrotisches Syndrom Immunologische Erkrankungen, z. B. Lupus erythematodes, SjögrenSyndrom, chronisch-aktive Hepatitis, Nierentransplantation Spezielle Nierenkrankheiten, z. B. interstitielle Nephritis, obstruktive Uropathie, Markschwammniere Calciumstoffwechselstörungen, z. B. Nephrokalzinose, Vit.D-Intoxikation, Hyperparathyreoidismus Vergiftungen mit Blei, Cadmium, Quecksilber, Toluol Unerwünschte Wirkungen durch Therapie mit Acetazolamid, einigen Antibiotika, Chemotherapeutika Analgetika, Narkotika (Methoxyfluran), Antikonvulsiva (Topiramat), Lithium u. a. 5 Hyperkaliämische renal-tubuläre Acidose (RTA Typ IV): Hyperkaliämie durch Insulinmangel, Hämolyse, Katabolismus Mangelnde Aldosteronwirkung: Primärer Aldosteronmangel, z. B. bei M. Addison, 21-Hydroxylasemangel. Sekundärer Aldosteronmangel durch Hyporeninämie bei diabetischer Nephropathie, obstruktiver und interstitieller Nephropathie, Nephrosklerose und extrazellulärer Volumenzunahme. Aldosteronresistenz Medikamentös: Spironolacton, Amilorid, Triamteren, Diclofenac, Tacrolimus. Befunde bei renal-tubulären Acidosen 7 Tab. 1 Auswirkungen Bei akuten metabolischen Acidosen werden die Auswirkungen im Wesentlichen vom auslösenden Grundleiden bestimmt. Bei längerem Bestehen kann es zu negativer Calcium- und Phosphatbilanz mit Osteoporose kommen.

Literatur. Kurtzman NA (2000) Renal Tubular Acidosis Syndromes. Southern Medical J 93:1042–1052 Swenson ER (2001) Metabolic Acidosis. Respiratory Care 46:342–353

Acidose, respiratorische O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. respiratory acidosis Definition. Die respiratorische Acidose ist die durch Anreicherung von Kohlendioxid (Hyperkapnie) infolge alveolärer Hypoventilation entstehende Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts. i Allen respiratorischen Acidosen gemeinsam sind die Zunahme von pCO2 und die Tendenz zur pH-Wert-Senkung, die je nach Grad der Kompensation unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Im Falle der akuten respiratorischen Acidose steht lediglich die Pufferung durch die Nicht-Bicarbonatpuffer zur Verfügung, bei der Bicarbonat im Wesentlichen auf Kosten von Hb– gebildet wird. Laborkonstellation: 5 pCO2 mäßig bis stark erhöht, cHCO3– mäßig erhöht (≤ 32 mmol/L) 5 7 Basenabweichung normal, pH relativ stark gesenkt (≥ 7,1).

Bei der chronischen respiratorischen Acidose tritt im Verlauf mehrerer

A

14

Acquired-B-Antigen

Acidose, metabolische. Tab. 1. Befunde bei renal-tubulären Acidosen Proximale RTA (Typ II)

Distale RTA (Typ I)

Hyperkaliämische RTA (Typ IV)

Hypercalciurie, Nephrolithiasis, Nephrocalcinose, Osteomalazie

selten

oft

selten

Diabetes renalis, Phosphatdiabetes und andere tubuläre Störungen

oft

selten

selten

Anionenlücke im Plasma

normal

normal

normal

cCl–

im Plasma





meistens ↑

cK+

im Plasma

↓ oder normal





> 15 mmol/L

< 15 mmol/L

> 15 mmol/L

Minimaler Urin-pH während Acidämie

< 5,5

> 5,5

> 5,5

Urin-pH im Säurebelastungstest

< 5,5

> 5,5

< 5,5

Einfluss von Bicarbonatgabe

unwirksam

wirksam

wirksam

cHCO3–

im Plasma

RTA renal-tubuläre Acidose

Tage die renale Bicarbonatbildung als Kompensationsvorgang hinzu (7 Säureausscheidung, renale). Laborkonstellation: 5 pCO2 mäßig bis stark erhöht, cHCO3– stark erhöht (bis ca. 50 mmol/L) 5 Basenabweichung deutlich erhöht (bis ca. 15 mmol/L), pH nur mäßig gesenkt (≥ 7,25). Die Entscheidung, ob die Störung in normaler Weise kompensiert ist oder nicht, kann mit Hilfe des Diagramms in Abb. 2 im Stichwort 7 Säure-Basen-Stoffwechsel getroffen werden. Vorkommen bei folgenden Störungen: 5 Atemzentrum: Tumor, Hirnblutung, Enzephalitis, Ischämie, Narkotika, Pickwick-Syndrom 5 Peripheres Nervensystem: Hohe Querschnittsläsion, doppelseitige Phrenicusparese, Polyneuropathie 5 Muskulatur: Myasthenie, Botulismus, Myositis, Muskeldystrophie, Hypokaliämische Lähmung, Muskelrelaxantien, Operationstrauma 5 Thorax: Deformitäten, Rippenserienfraktur, Pneumothorax 5 Atemwege: Fremdkörper, Aspiration, Verschleimung, Tumor, bronchostenotisches Emphysem, Status asthmaticus im Ermüdungsstadium 5 Lunge: Pneumonie, Lungenödem, Zystenlunge, Schocklunge, ARDS 5 Mechanische Beatmung: Hypoventilation, zu hoher Totraumanteil. Auswirkungen Die respiratorische Acidose, die in der akuten Form mit heftiger Dyspnoe verbunden ist, stellt durch den gleichzeitig bestehenden Sauerstoffmangel stets einen lebensbedrohenden Zustand dar, der sofortiges Handeln erfordert. Es kann zu Tachykardie, Herzrhythmusstörungen und Blutdrucksteigerungen kommen. Weitere Auswirkungen sind Verwirrtheit, Tremor und Steigerung des Liquordrucks, Tendenz zur Hyperkaliämie und Hypochlorämie.

Literatur. Epstein SK, Singh N (2001) Respiratory Acidosis. Respiratory Care 46 (4):366–383

Acquired-B-Antigen K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). B-ähnliches Antigen; erworbenes B-Antigen Englischer Begriff. acquired B antigen

Definition. Durch Deacetylierung des A-Antigens entstehendes Bähnliches Antigen, das Reaktivität mit Anti-B-Seren zeigt. i Eine durch Deacetylasen katalysierte Modifikation des A-Blut-

gruppenantigens (7 A-Antigen) auf 7 Erythrozyten führt zu einer 7 B-Antigen ähnlichen Kohlenhydratstruktur, die von poly- und einigen monoklonalen Anti-B-Testseren erkannt wird. Diese Deacetylasen sind Enzyme aus Gram-negativen Bakterien, die bei verschiedenen Infekten des Magen-Darm-Trakts und kolorektalen Tumoren im Serum auftreten und so passager diesen Acquired-B-Phänotyp erzeugen können. Die Enzyme katalysieren die Umwandlung des terminalen N-Acetylgalaktosamins der Kohlenhydratstruktur der Blutgruppe A in α-Galaktosamin, welches eine hohe strukturelle Ähnlichkeit mit dem terminalen Galaktoserest bei der Blutgruppe B aufweist. Aufgrund dieser strukturelle Ähnlichkeit des α-Galaktosaminrests mit der antigenen Struktur der Blutgruppe B kommt es bei polyklonalen Anti-B-Seren zur Agglutination von Erythrozyten, die genetisch der Blutgruppe A angehören und durch eine Deacetylierung den Acquired-B-Phänotyp aufweisen. Dies kann zur Fehlbestimmung der Blutgruppe des Probanden in blutgruppenserologischen Tests führen, da eine Blutgruppe A in diesem Fall fälschlicherweise als Blutgruppe AB identifiziert werden würde. Dieser transfusionsmedizinisch äußerst schwerwiegende Fehler kann durch die Verwendung von monoklonalen Anti-B-Seren, die das Acquired-B-Antigen nicht erkennen, vermieden werden.

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

Acrosomal serine protease inhibitor 7 Protein-C-Inhibitor

ACT 7 α1-Antichymotrypsin; 7 Gerinnungszeit, aktivierte

ACTH 7 Adrenokortikotropes Hormon

ACTH-/Kortisol-Stimulation 7 Insulin-Hypoglykämie-Test

Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

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das Kortisol steigt nach ACTH-Gabe nicht oder nur geringfügig (< 200 % bzw. auf < 550 nmol/L) an. 5 Bei der heterozygoten Form des adrenogenitalen Syndroms (AGS) steigt das 17-Hydroxyprogesteron auf 7–30 nmol an. 5 Bei der nichtklassischen Form des adrenogenitalen Syndroms steigt das 17-Hydroxyprogesteron auf > 30 nmol/L an.

ACTH-Stimulation 7 Metopiron-Test

ACTH-Test W. Hubl

Synonym(e). Synacthen-Test Englischer Begriff. ACTH stimulation test Definition. Mit einer ACTH-Applikation (7 Adrenokortikotropes Hormon) wird die Stimulierbarkeit der Nebennierenrinde über einen Kortisolanstieg spezifisch getestet.

Durchführung.

5 Blutentnahme: 6–10 Uhr für die Bestimmung von Kortisol bzw. 17-Hydroxyprogesteron 5 1 Ampulle 250 μg ACTH 1-24 (Synacthen) i.v. als Bolus (Kinder 250 μg/m2 Körperoberfläche) 5 Blutabnahme nach 60 min zur Bestimmung von Kortisol bzw. 17-Hydroxyprogesteron

Funktion und Pathophysiologie. Bei einer primären Nebennierenrinden(NNR)-Insuffizienz werden die restlichen noch funktionstüchtigen Zellen bereits maximal durch ACTH stimuliert, sodass die Applikation von exogen zugeführtem ACTH keine weitere Steigerung der Kortisolsekretion mit sich bringt. Bei einer Atrophie der NNR infolge einer sekundären bzw. hypophysären NNR-Insuffizienz kann der Kortisolanstieg ebenfalls vermindert oder ganz aufgehoben sein. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Probenstabilität. 7 Kortisol, 7 17-Hydroxyprogesteron. Präanalytik. Vermeidung von Stress-Situationen, keine Östrogenbzw. Glukokortikoid-Applikation.

Analytik. 7 Immunoassay für 7 Kortisol und 7 17-Hydroxyprogesteron

Literatur. Oelkers W (1996) Dose-Response Aspects in the Clinical Assessment of the Hypothalamo-Pituitary-Adrenal Axis, and the Low-Dose Adrenocorticotropin Test. Eur J Endocrin 135:27–33

Actin-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen glatte Muskeln

Activated protein C binding protein 7 Apolipoprotein H

ACT-PSA 7 Prostataspezifisches Antigen, komplexiertes

Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Elektrospray-Ionisation-Tandem-Massenspektrometrie Englischer Begriff. acylcarnitine profiling in dried blood spot specimen

Definition. Simultane quantitative Bestimmung zahlreicher Acylcarnitine (Carnitinester von Acyl-CoA-Verbindungen, die aus dem Fettsäurestoffwechsel, dem Stoffwechsel organischer Säuren oder verzweigtkettiger Aminosäuren stammen) mittels Elektrospray-Ionisations-Tandem-7 Massenspektrometrie (ESI-MS/MS) im Trockenblut zur Früherkennung angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenen-Screening und zur selektiven Stoffwechseldiagnostik und Therapieverlaufskontrolle (7 Acetylcarnitin).

5 Verdacht auf Nebennierenrinden-Insuffizienz 5 Differenzialdiagnostik des adrenogenitalen Syndroms (AGS): 5 homozygotes, klassisches AGS 5 heterozygote Form des AGS 5 nichtklassische Form des adrenogenitalen Syndroms („late onset AGS“)

Physikalisch-chemisches Prinzip. Aus der Trockenblutprobe werden die Analyte mit Methanol extrahiert, zu Butylestern derivatisiert und in Gasform durch ein Elektrospray ionisiert. Die Ionen gelangen über elektrische Linsensysteme in das 7 Tandemmassenspektrometer. Die Quantifizierung erfolgt über interne stabile Isotopenstandards und externe Kalibration (7 Abb. 1). Bei der Quadrupol-Technologie erfolgt die Massenselektion durch Hochfrequenzfelder. Zur Fragmentierung wird eine mit Stickstoff gefüllte Kollisionseinheit verwendet. Durch spezifische Eltern- und Tochterionen-Experimente können die einzelnen Analyte identifiziert werden (s. a. Abb. 2 im Stichwort 7 17-HydroxyprogesteronBestimmung aus Trockenblut). Acylcarnitine bilden bei der Fragmentierung ein geladenes Fragment der Masse m/z = 85. Für die Messung der Acylcarnitine wird deshalb die MS/MS im Precursor-Ionen-Scan-Modus (m/z 85) durchgeführt (MS 1 scannt 200–500 D – MS 2 bleibt fix auf m/z 85). Das resultierende Acylcarnitinprofil umfasst freies Carnitin und Acylcarnitine der Kettenlänge C2 bis C18, deren β-Kohlenstoffatom des Acylrests gesättigt, ein- oder zweifach ungesättigt, mono- oder dicarboxyliert und hydroxyliert sein kann.

Kontraindikation(en). Überempfindlichkeit gegenüber ACTH

Einsatzgebiet. Neugeborenen-Screening, Stoffwechseldiagnostik

Referenzbereich. 7 Tab. 1 ACTH-Test. Tab. 1. Referenzbereiche Substanz

Referenzbereich

Kortisol

Anstieg auf > 200 % des Basalwerts bzw. > 550 nmol/L

17-Hydroxyprogesteron

Anstieg auf ≤ 7,0 nmol/L

Indikation.

Nebenwirkung(en). Seltene allergische Reaktionen Interpretation.

Untersuchungsmaterial. Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut)

1. Verdacht auf Nebennierenrinden-Insuffizienz: 5 Kortisolanstieg auf > 550 nmol/L 60 min nach ACTH-Injektion schließt eine Nebennierenrinden(NNR)-Insuffizienz aus. 5 Geringerer Kortisolanstieg deutet auf eine NNR-Insuffizienz hin.

Instrumentierung. Elektrospray-Tandemmassenspektrometer (7Massenspektrometrie), Autosampler, HPLC-Pumpe, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Umluftrockenschrank, Abblasstationen, Pipetten, Computer

2. Verdacht auf adrenogenitales Syndrom (AGS) infolge eines 21-Hydroxylasemangels (CYP21-Gendefekt): 5 Beim homozygoten, klassischen AGS ist der Basalwert des 17-Hydroxyprogesterons bereits deutlich erhöht (> 30 nmol/L) und

Spezifität. Diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) im Screening ~99 % Analytische Spezifität: unterschiedlich für die einzelnen AcylcarnitinSpecies

A

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Acyl-CoA-Cholesterin Acyltransferase

Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut. Abb. 1. Schematische Darstellung des physikalisch-chemischen Funktionsprinzips

Sensitivität. Diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) im Screening für die meisten Zielkrankheiten > 99 % Analytische Sensitivität: 0,05–2 μmol/L

7 Fettsäuren

Fehlermöglichkeit. Freies Carnitin wird durch Butylierung und Erhitzen falsch zu hoch bestimmt. Carnitinmangel führt zu falsch-niedrigen Werten der Acylcarnitine.

7 Adenosin-Desaminase

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Praktikabilität: sehr gut Automatisierung: insbesondere bezüglich der Interpretation der Ergebnisse nur bedingt möglich Kosten: ca. 0,60–3,50 €/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien), Gesamtkosten hängen von der Probenzahl ab.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Bestimmung der Acylcarnitine mittels ESI-MS/MS stellt ein zuverlässiges, äußerst spezifisches und sensitives Verfahren zur Früherkennung einer ganzen Reihe angeborener Stoffwechselkrankheiten im NeugeborenenScreening dar. Die Bestimmung ist außerdem von Wert für die selektive Stoffwechseldiagnostik und zur Therapieverlaufskontrolle von Stoffwechselkrankheiten.

Literatur. Schulze A, Lindner M, Kohlmueller D et al (2003) Expanded newborn screening for inborn errors of metabolism by electrospray ionization-tandem mass spectrometry: results, outcome, and implications. Pediatrics 111:1399–1406

Acyl-CoA-Cholesterin Acyltransferase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). ACAT Englischer Begriff. acyl-CoA-cholesteryl acyltransferase Definition. Intrazelluläres Enzym der Cholesterinveresterung i Zwei Enzyme sind für die Veresterung von 7 Cholesterin mit langkettigen Fettsäuren in der Zelle verantwortlich: ACAT1 und ACAT2. Die beiden zeigen Sequenzhomologien am Carboxylende. Das 7 Gen für ACAT1 ist auf Chromosom 1 sowie ein hoch-homologes Gen auf Chromosom 7 lokalisiert. Die Veresterung von Cholesterin trägt zur zellulären Cholesterinhomöostase bei, indem überschüssiges freies Cholesterin als Fettsäureester gespeichert wird. Dieser Prozess ist vor allem in 7 Makrophagen von Bedeutung, die große Mengen Cholesterin aufnehmen müssen. ACAT gilt als therapeutisches Target in der Atheroskleroseprävention.

Acyl-CoA-Synthetase ADA ADAM 7 Disintegrin-Metalloproteinasen

Adam T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für MDMA (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

ADAMTS 7 Disintegrin-Metalloproteinasen; 7 Aggrecanase

ADAMTS-13 7 VWF-Cleaving Proteinase

Adaptation 7 Adaption

Adaption R. Weiskirchen

Synonym(e). Anpassung; Adaptation Englischer Begriff. adaptation i In der Evolution beschreibt die Adaption einen durch Selektion erworbenen Funktionswechsel einer Zelle, eines Gewebeverbandes oder eines Organs. In der Zellbiologie beschreibt die Adaption eine durch Amplitudenverringerung des Rezeptorpotenzials ausgelöste Verminderung der Empfindlichkeit einer Sinneszelle, auf die ein Reiz über längere Zeit und mit gleich bleibender Intensität einwirkt. In der Ophthalmologie (Augenheilkunde) bezeichnet Adaption eine

Adenosin-Desaminase

durch Lidverengung, Pupillenreflex oder durch Auf- und Abbau des Sehfarbstoffes erwirkte Anpassung von Lichtsinneszellen an unterschiedliche Lichtstärken.

Adaptor R. Weiskirchen

Synonym(e). Schnittstellenwandler Englischer Begriff. adaptor; linker Definition. Ein durch chemische DNA-Synthese erhaltener kurzer DNA-Doppelstrang (7 Oligonukleotid) mit welchem die Enden zweier DNA-Moleküle miteinander verknüpft werden können. i Ein Adaptor wird so konstruiert, dass er z. B. das betreffende

DNA-Ende zu einem Ende mit einem überstehenden DNA-Einzelstrang (7 sticky end) ergänzt, der sich mit dem zu verknüpfenden anderen DNA-Ende zu einer stabilen Verbindung zusammenschließt (s. a. 7 Linker).

Addis-Count W.G. Guder

Synonym(e). Ausscheidungsrate von Leukozyten und Erythrozyten im Urin

Englischer Begriff. Addis-Count

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schreibung in Form einer kurzen Anmerkung in der Londoner „Medical Gazette“. Weiterhin berichtete er seit 1843 in kleineren Vorträgen und 1849 bei der South London Medical Society über die perniziöse Anämie, genannt Addisons Anämie, publizierte über diese Erkrankung nicht selbst. Addison litt seit vielen Jahren an Episoden schwerer Depressionen. Anfang 1860 zog er sich wegen dieser Depressionen zurück und unterrichtete auch nicht mehr, drei Monate später beging er Selbstmord.

Literatur. Sutherland FM (1960) Nova et Vetera. Thomas Addison 1793–1860. Br Med J 5194:304–305

Additiv T. Arndt

Englischer Begriff. additive Definition. Sammelbezeichnung für alle Stoffe, die in geringen Mengen anderen Stoffen zugesetzt werden, um deren Eigenschaften in gewünschter Art und Weise zu verändern. i Beispiele für Additive in der Klinischen Chemie sind 7 Antikoagulanzien (z. B. EDTA, Citrat, Heparin), Probenstabilisatoren (z. B. EGTA, Glutathion, HCldil, NaF) und Reagenzienstabilisatoren (z. B. NaN3).

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1989) Römpp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Definition. Methode zur Quantifizierung von Blutzellen im Urin. Dabei werden Aliquots von Sammelurin in der Zählkammer quantifiziert und die Anzahl der ausgeschiedenen Zellen pro Stunde angegeben. i Bei der von Thomas Addis (1881–1949) 1926 beschriebenen Methode wird der Sammelurin nach Mischen ohne Zentrifugation in eine 7 Zählkammer gegeben und die 7 Erythrozyten und 7 Leukozyten durch Zählung quantifiziert. Durch Definition der Zählkammervolumina und des Sammelvolumens wird die Ausscheidungsrate pro Stunde berechnet (Addis-Count). Addis fand eine normale Ausscheidungsrate von 0–35500 Erythrozyten pro Stunde und 2700– 152917 Leukozyten pro Stunde als Normalbereiche. Darüber hinaus schätzte er mit dieser Methode die Ausscheidungsrate von Zylindern (7 Zylinder im Urin) mit 0–355 pro Stunde ab. Die Methode wurde im nephrologischen, insbesondere im pädiatrischen Bereich weltweit als Standardmethode gepflegt, ist aber wegen des Aufwands und der großen biologischen und methodischen Streuung als halbquantitative Methode anzusehen. Sie ist heute weitgehend verdrängt durch 7 Teststreifenergebnisse und Quantifizierungen mit der 7 Durchflusszytometrie und/oder digitalen Bilderfassung (7 Harnsediment; 7 Leukozyten im Urin).

Literatur. Addis T (1926) The Number of Formed Elements in the Urinary Sediment of Normal Individuals. J Clin Invest 2:409–421

Addison, Sir Thomas H.M. Schulte, J. Jacobeit

Lebensdaten. Englischer Arzt, geboren am 11. Oktober 1795 bei Newcastle; gestorben am 29. Juni 1860 in Wellington Villas, Brighton.

Verdienste. Addison begann im Jahr 1812 an der Universität von Edinburgh als medizinischer Kursteilnehmer. Er graduierte 1815 und publizierte am ersten August als Doktor der Medizin mit der „Dissertatio medica inauguralis quaedam de syphilide et hydrargyro complectens“ über die Therapie der Syphilis mit Quecksilber. Von 1815 an arbeitete er in der eigenen Praxis in London, gleichzeitig war er Arzt an einer öffentlichen Ambulanz. Sein besonderes Interesse betraf Hautkrankheiten und führte zur Erstbeschreibung der Hautpigmentveränderungen, die typisch für die nach ihm benannte Addison’s Krankheit sind. Ab Januar 1824 arbeitet Addison als Assistenzarzt am Guy’s Hospital in London, ab 1837 als „full physician“. Die Geschichte des Morbus Addison begann mit Addisons erster Be-

Additive Eigenschaften 7 Kolligative Eigenschaften

Adenin-Phosphoribosyltransferase H.D. Haubeck

Synonym(e). APRT Englischer Begriff. adenine phosphoribosyltransferase Definition. Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT) ist ein wichtiges Enzym des Purin-Metabolismus, das die Wiederverwertung von Purinbasen aus dem Abbau von DNA und RNA ermöglicht (salvage pathway). i Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT, EC 2.4.2.7) katalysiert die Bildung von Adenylat (AMP) aus Adenin und 5-Phosphoribosyl1-Pyrophosphat (PRPP). Dadurch wird die Wiederverwertung von Adenin, das beim Abbau von DNA und RNA entsteht, ermöglicht. Beim sehr seltenen angeborenen Fehlen des Enzyms APRT wird Adenin durch die 7 Xanthin-Oxidase zu 2,8-Dihydroxyadenin abgebaut und renal ausgeschieden. Da 2,8-Dihydroxyadenin schlecht wasserlöslich ist, kommt es schon früh zur Bildung von Nierensteinen und in der Folge zu Harnwegsinfekten und Niereninsuffizienz. Die Identifizierung der Steine erfolgt infrarotspektroskopisch. Der Nachweis des Enzymdefekts kann im Erythrozytenlysat mit radiochemischen Methoden oder über HPLC erfolgen. Darüber hinaus wurde ein Neugeborenen-Screening im Urin über 7 Isotopenverdünnung und Gaschromatographie/Massenspektrometrie (7 GC-MS) beschrieben.

Literatur. Kuhara T (2002) Diagnosis and monitoring of inborn errors of metabolism using urease-pretreatment of urine, isotope dilution, and gas chromatography mass spectrometry. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci 781:497–517

Adenosin-Desaminase H.D. Haubeck

Synonym(e). ADA Englischer Begriff. adenosine deaminase Definition. Adenosin-Desaminase (ADA) ist ein Enzym des Purin-

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Adenosindiphosphat-Rezeptoren der Thrombozyten

metabolismus, durch das Adenosin zu Inosin und weiter zu Harnstoff abgebaut wird. Der angeborene ADA-Mangel ist eine wichtige Ursache der schweren kombinierten Immunmangelkrankheit („severe combined immunodeficiency disease“, SCID). i Adenosin-Desaminase (ADA, EC 3.5.4.4) ist ein wichtiges Enzym

des Purinmetabolismus. Durch ADA wird Adenosin zu 7 Inosin desaminiert und über 7 Hypoxanthin und 7 Xanthin weiter zu 7 Harnsäure abgebaut. Bei einem angeborenen ADA-Mangel kommt es zur Anhäufung von Adenosin und Desoxyadenosin und durch Phosphorylierung zu ca. 50-fach erhöhten dATP-Konzentrationen. Der schwere kombinierte Immundefekt (SCID), der bei ca. 20 % der Patienten durch einen angeborenen ADA-Mangel ausgelöst wird, betrifft neben den 7 T-Lymphozyten auch 7 B-Lymphozyten und NK-Zellen (7 Natural-Killer-Lymphozyt). Ohne eine geeignete Therapie (z. B. intramuskuläre ADA-Injektionen, Knochenmarks-Transplantation oder Gentherapie) versterben die Patienten in den ersten Lebensmonaten an schweren, nicht beherrschbaren opportunistischen Infektionen. Der molekulare Mechanismus, durch den ein ADA-Mangel zu dem Immundefekt führt, konnte bisher nur teilweise aufgeklärt werden. Beschrieben wurde die Hemmung der Ribonukleotid-Reduktase, die zur Synthese-Hemmung der anderen dNTPs und dadurch der DNASynthese und Zellproliferation führt. Daneben wurde ein Einfluss von Adenosin auf die Signaltransduktion über Adenosinrezeptoren auf den betroffenen Zellen und eine 7 Apoptose-Induktion im Thymus beschrieben. Der Nachweis des Enzymdefekts kann im Erythrozytenlysat mit radiochemischen Methoden oder über 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) erfolgen. Darüber hinaus wurde eine 7 Kapillarelektrophorese-Methode zum Nachweis der Metabolite und der Enzymaktivität im Urin und Erythrozyten beschrieben.

Literatur. Apasov SG, Blackburn MR, Kellems RE et al (2001) Adenosine deaminase deficiency increases thymic apoptosis and causes defective T cell receptor signalling. J Clin Invest 108:131–141 Hershfield MS, Mitchell BS (1995) Immunodeficiency diseases caused by adenosine deaminase deficiency and purine phosphorylase deficiency. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The molecular and metabolic basis of inherited disease. McGraw-Hill, NewYork, pp 1725–1768 Carlucci F, Tabucchi A, Aiuti A et al (2003) Capillary electrophoresis in diagnosis and monitoring of adenosine deaminase deficiency. Clin Chem 49:1830–1838

Adenosindiphosphat-Rezeptoren der Thrombozyten P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). ADP-Rezeptoren der Blutplättchen Englischer Begriff. platelet ADP receptors Definition. Rezeptoren für extrazelluläre Nukleotide gehören zu der P2-Familie, die wiederum aus zwei Klassen von Rezeptoren, den P2X („ligand-gated-cation channels“, Kationenkanäle) und den G-Proteingekoppelten P2Y-Rezeptoren bestehen. 7 Thrombozyten exprimieren den P2X1-Kationenkanal, der durch ATP (Adenosintriphosphat) reguliert wird, und die ADP-aktivierbaren P2Y1- und P2Y12-Rezeptoren. i ADP ist selbst nur ein schwacher Induktor der Thrombozytenaggregation (7 Thrombozytenaggregation und -aktivierung). Da ADP in großen Mengen aus den Dense Granula der Thrombozyten freigesetzt werden kann, amplifiziert ADP als sekundärer Agonist die Reaktion der Thrombozyten nach Stimulation mit anderen Agonisten der Thrombozytenaggregation. Damit trägt ADP wesentlich zur Stabilisierung der Thrombozytenaggregate bei. Über den P2Y1Rezeptor, der über das G-Protein αq das ADP-Signal intrazellulär vermittelt, mobilisiert ADP intrazelluläres Calcium, was letztlich zur morphologischen Aktivierung („shape change“) der Thrombozyten und zu einer schwachen reversiblen Aggregation führt. Erstaunlicherweise führt die Blockierung dieses Rezeptors jedoch zum kompletten Verlust der Aggregabilität der Thrombozyten und zum Ausbleiben des shape change. Der P2Y12-Rezeptor vermittelt die ADP

induzierte Hemmung der Adenylatcyclase (AC) durch Kopplung an Protein Gαi2. P2Y12 ist das pharmakologische Ziel der irreversiblen Thrombozyteninhibitoren Clopidogrel und Prasugrel, als auch der kompetitiven Antagonisten Cangrelor und AZD6140. Blockade des P2Y12-Rezeptors führt zu einer starken Inhibition der Aggregation mit schwachen oder mittelstarken Induktoren durch Hemmung der Produktion an zyklischem Adenosinmonophosphat (AMP), Dephosphorylierung von Vasodilator-stimulated-Phosphoprotein (VASP) und Aktivierung der Phosphoinoside-3-Kinase (PI 3-K) und der small GTPase Rap1B. Da die Hemmung jedes einzelnen der beiden Rezeptoren zu einem Verlust der Aggregabilität der Thrombozyten führt, ist die Funktionalität beider Rezeptoren notwendig, um eine normale ADP-vermittelte Stimulation der Thrombozyten zu erhalten. Aktivierung von P2Y12 führt auch zu einer Exposition von Phosphatidylserin an die Thrombozytenoberfläche und schafft damit eine prokoagulatorische Oberfläche, an der die plasmatische Gerinnung ablaufen kann.

Literatur. Gachet C (2008) P2 receptors, platelet function and pharmacological implications. Thromb Haemost 99: 466–472

5’-Adenosylcobalamin 7 Vitamin B12

Adenoviren W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. adenovirus Beschreibung des Erregers. Familie: Adenoviridae, Gattung: Mastadenovirus, Spezies: Humanes Adenovirus Spezies A bis G (53 Serotypen). Es handelt sich um ein weltweit verbreitetes, umweltresistentes, unbehülltes, humanpathogenes Doppelstrang-DNA-Virus von 70–90 nm Durchmesser. Erkrankungen. Pharyngokonjunktivales Fieber, epidemische Keratokonjunktivitis, Gastroenteritis, Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) Übertragung: Direkter Kontakt, Tröpfchen- oder Schmierinfektion, Organtransplantation (Hornhaut, Leber) Klinik: Im Vordergrund stehen Erkrankungen der Atemwege (Grippe, Bronchitis, Pneumonie: Serotypen 1–39). Bei geschwächtem Immunsystem Anfälligkeit für Komplikationen, wie etwa ARDS, vital bedrohliche Pneumonie, Hepatitis, Harnwegsinfektion. Manche Serotypen verursachen Gastroenteritis, vor allem bei Kindern: Serotypen 40, 41; epidemische Konjunktivitis: Serotypen 8, 19, 37; hämorrhagische Zystitis: Serotypen 11, 21; Rhinitis oder Pharyngitis. Als Spätkomplikationen werden diskutiert: persistierende Bronchiolitis, dilatative Kardiomyopathie, Typ-I-Diabetes. Einige Virustypen können jahrelang in den regionalen Lymphknoten und Tonsillen persistieren. Prävention durch Desinfektionsmaßnahmen (Chlorierung von Schwimmbadwasser, Hände- und Instrumentendesinfektion, vor allem in Augenarztpraxen). Es gibt keinen Impfstoff und keine spezifischen Therapeutika, nur die Symptome werden behandelt.

Analytik. Direktnachweis des Virus in Körperflüssigkeiten oder Stuhl durch Zellkulturanzucht, 7 Elektronenmikroskopie, direkte 7 Immunfluoreszenz und 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Des Weiteren werden Antigenschnelltests zum immunologischen Nachweis von Adenoviren im Stuhl eingesetzt. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper vorwiegend der Klasse IgA im Serum durch indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte), Enzymimmuntests, Komplementbindungsreaktion und Neutralisationstest. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis: Untersucht werden Körperflüssigkeiten, Stuhl, Abstriche von Nasenschleimhaut und Rachenraum, Auge, Rektum. Die Patientenproben sollten bis zur Weiterverarbeitung bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren.

Adipinsäure

Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Aufgrund der unspezifischen klinischen Symptomatik kommt der Labordiagnostik besondere Bedeutung zu. Elektronenmikroskopie und direkte Immunfluoreszenz sind wenig sensitiv. Dagegen sind PCR-Methoden sehr empfindlich und auch zur Serotypisierung geeignet. Die quantitative PCR ermöglicht die Bestimmung der Viruslast. Antigen-Schnelltests besitzen meist nur geringe Sensitivität oder Spezifität. Der 7 Neutralisationstest kann zur Serotypisierung genutzt werden. Indirekte Immunfluoreszenz und Enzymimmuntechniken ermöglichen eine schnelle und exakte Diagnostik. Aufgrund der hohen allgemeinen Seroprävalenz kann eine serologische Diagnose nur aufgrund eines deutlichen Titeranstiegs im IgG innerhalb 1–3 Wochen gestellt werden. Es bestehen 7 Kreuzreaktivitäten zwischen den verschiedenen Adenovirus-Serotypen. Literatur. Langley JM (2005) Adenoviruses. Pediatr Rev 26(7):244– 249 Handermann M (2009) Adenoviren. In: Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen, 3. Aufl. Springer-Verlag, Heidelberg Berlin New York S. 6–11 Hoffman JA (2009) Adenovirus infections in solid organ transplant recipients. Curr Opin Organ Transplant 14(6):625–633

Adermin 7 Vitamin B6

ADH 7 Alkoholdehydrogenase; 7 Antidiuretisches Hormon

Adhäsionsmoleküle W. Stöcker

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mit denselben oder anderen Mitgliedern der Immunglobulinfamilie; außerdem können sie als Rezeptor für Integrine und extrazelluläre Matrixproteine dienen. Zur Immunglobulinfamilie zählen u. a. neurale Zelladhäsionsmoleküle wie NCAM und ALCAM, das endotheliale Zelladhäsionsmolekül MUC18/MCAM und Adhäsionsmoleküle wie LFA-3 und ICAM-1, die eine Interaktion mit Leukozyten vermitteln.

Pathophysiologie. Adhäsionsmoleküle spielen eine wichtige Rolle bei Entzündungen: Endothelzellen in entzündetem Gewebe exprimieren verstärkt Adhäsionsmoleküle, wie z. B. P-Selektin, E-Selektin, VCAM1 oder ICAM-1. Darüber hinaus sezernieren aktivierte Endothelzellen geringe Mengen ICAM-1, das als serologischer Marker für Entzündungsprozesse dienen kann. Leukozyten tragen auf ihrer Oberfläche die Adhäsionsmoleküle LFA-1, Mac-1 oder CR4, mit denen sie sich an die entsprechenden Adhäsionsmoleküle der Endothelzellen binden. Anschließend treten die Leukozyten durch das Endothel hindurch und wandern in das umliegende Gewebe aus (Leukozytenmigration). Adhäsionsmoleküle sind auch für die Organogenese, das Remodeling und die Organisation von Geweben sowie für die Migration von Leukozyten im Körper von Bedeutung. Außerdem spielen sie bei der Progression von malignen Tumoren sowie der Intra- und Extravasation und der Metastasierung von Tumorzellen eine wesentliche Rolle. Untersuchungsmaterial. Serum Analytik. 7 Enzyme-linked immunosorbent assay Bewertung. Erhöhte Serumkonzentrationen von ICAM-1 deuten auf verschiedene entzündliche Prozesse hin, z. B. einen SLE. Auch bei Präeklampsie finden sich oft erhöhte Serumkonzentrationen verschiedener Adhäsionsmoleküle, ebenso bei Malignomen.

Literatur. Johnson JP (1999) Cell adhesion molecules in the development and progression of malignant melanoma. Cancer Metast Rev 18:345–357

Adipinsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Zell-Adhäsionsmoleküle

Englischer Begriff. Adipic acid

Englischer Begriff. (cell) adhesion molecules (CAM)

Definition. Die mittelkettige Dicarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit bei einer Reihe von Fettsäureoxidations-Störungen.

Definition. Moleküle auf der Zelloberfläche, die sich an Adhäsionsmoleküle anderer Zellen oder an Proteine der extrazellulären Matrix binden können. Adhäsionsmoleküle lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen: 5 Integrine, z. B. LFA-1 (Leukozyten-Funktionsantigen 1), Mac-1 (CD11b/CD18), CR4 (Komplement-Rezeptor 4) 5 Selektine, z. B. P-Selektin, E-Selektin 5 Mitglieder der Ig-Superfamilie, z. B. ICAM-1 (interzelluläres Adhäsionsmolekül 1), ICAM-2, VCAM-1 (vaskuläres Zelladhäsionsmolekül 1), N-CAM (neuronales Zelladhäsionsmolekül), CD31. Man unterscheidet zwischen heterotypischen Adhäsionsmolekülen (Bindungspartner sind verschiedene Moleküle, z. B. ICAM-1 und LFA-1) und homotypischen Adhäsionsmolekülen (Bindungspartner sind identische Moleküle, z. B. N-CAM).

Struktur. Integrine sind heterodimere Zelloberflächenrezeptoren, die durch eine nicht-kovalente Bindung einer von 20 α-Ketten mit einer von 9 β-Ketten gebildet werden. Somit ist eine Vielzahl unterschiedlicher Integrine möglich. Darunter befinden sich u. a. Laminin, Vitronectin, Fibronectin und das endotheliale Zelladhäsionsmolekül VCAM-1. Integrine vermitteln eine Kationen-abhängige Adhäsion an Moleküle der extrazellulären Matrix und an Zelloberflächenliganden. Cadherine konstituieren eine große Familie Calcium-abhängiger Adhäsionsmoleküle, die vorwiegend Interaktionen mit ähnlichen oder identischen Liganden auf anderen Zellen vermitteln. Die klassischen Cadherine, so z. B. das E- (epitheliale), P- (plazentare) und N- (neurale) Cadherin, bestehen aus fünf extrazellulären Cadherin-Domänen und einer konservierten zytoplasmatischen Region, die im AktinZytoskelett verankert ist. Immunglobuline vermitteln eine Kationen-unabhängige Adhäsion

Struktur. C6H10O4 (7 Abb. 1)

Adipinsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 146,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die im Verlauf der mitochondrialen β-Oxidation aus dem trifunktionellen Protein freigesetzten mittelkettigen Fettsäuren werden durch die mittelkettige Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) weiter verkürzt und im weiteren Verlauf zu Acetyl-CoA (geradzahlige Fettsäuren) bzw. zu PropionylCoA (ungeradzahlige Fettsäuren) abgebaut, welche schließlich in den Citratzyklus einfließen. Bei Defekten der mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) und in geringerem Ausmaß der überlangkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (VLCAD) werden die mittelkettigen Fettsäuren alternativ durch ω-Oxidation zu mittelkettigen Dicarbonsäuren (Adipinsäure, Suberinsäure, Sebacinsäure) abgebaut. Diese werden im Urin ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Adipinsäure hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur individuellen Toxizität der durch ω-Oxidation entstandenen Dicarbonsäuren (Adipinsäure, Suberinsäure, Sebacinsäure) liegen erst in Ansätzen vor. In der Summe hemmen diese pathologischen Metabolite und/oder ihre Konjugate den mitochondrialen Energiestoffwechsel. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin

A

20

Adipokine

Analytik.

5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Di-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1510 M+ (m/z): 290 Quant Ion (m/z): 111 Conf. Ion (m/z): 275

Entzündung, Bindegewebsstoffwechsel, Angiogenese, Knochenstoffwechsel, Reproduktionsfunktion u. a. Adipokine sind pathogenetisch wichtig für das metabolische Syndrom, Diabetes mellitus und Adipositas und erlangen zunehmende diagnostische Bedeutung.

Literatur. Meier U, Gressner AM (2004) Endocrine regulation of energy metabolism: review of pathobiochemical and clinical chemical aspects of leptin, ghrelin, adiponectin and resistin. Clin Chem 50:1511–1525

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin)

Adiponectin

Referenzbereich — Kinder. 0–12 mmol/mol Kreatinin

W. Hubl

Pathologischer Bereich: 5 5–5200 mmol/mol Kreatinin (MCAD) 5 0–2000 mmol/mol Kreatinin (VLCAD) 5 0–1600 mmol/mol Kreatinin (Glutaracidurie Typ II) 5 20–320 mmol/mol Kreatinin (MCT angereicherte Ernährung)

Indikation. Hypoketotische Hypoglykämien, rezidivierende Hepatopathien und Enzephalopathien, insbesondere Reye-Syndrom, Myopathien, Rhabdomyolyse

Interpretation. Erhöhte Urinausscheidungen von Adipinsäure werden bei zahlreichen genetischen wie auch sekundären Störungen der Fettsäureoxidation beobachtet. Entscheidend für die Beurteilung ist zuerst die Kenntnis des aktuellen Ernährungsstatus und -modus sowie des Abstandes von der letzten Nahrungsaufnahme. Die Differenzierung erfordert ferner Kenntnisse über die Konzentrationen anderer Fettsäureoxidationsprodukte. Die Adipinsäure findet sich zusammen mit der Suberinsäure als führender Metabolit beim mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) Mangel. Bei Ketosen und Ernährung mit Formula-Nahrung auf der Basis von mittelkettigen Triglyzeriden (Alfaré) tritt vermehrt Adipinsäure auch bei Normalpersonen auf. Diagnostische Wertigkeit. Stark erhöhte Adipinsäure-Ausscheidungen im Urin werden bei einem mittelkettige Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD)-Mangel, beim überlangkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (VLCAD)-Mangel und bei einem multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenase Defekt (Glutaracidurie Typ II) beobachtet. Desweiteren tritt Adipinsäure bei Normalpatienten auf, wenn diese mit Formula-Nahrung auf der Basis von mittelkettigen Triglyzeriden (Alfaré) ernährt wurden oder eine schwere Ketose haben.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Adipokine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Adipozytokine Englischer Begriff. adipokines Definition. Vom Fettgewebe sezernierte, endokrin aktive Proteine mit komplexen regulatorischen Funktionen auf Insulinempfindlichkeit und Glukosehomöostase, Energiestoffwechsel und Gewichtshomöostase. i Zu den Adipokinen gehören die 7 Zytokine und Hormone:

5 5 5 5 5 5 5 5

7 Tumornekrosefaktor α (TNF-α) 7 Interleukin-6 (IL-6) 7 Leptin 7 Adiponectin 7 Resistin 7 Visfatin Apelin Chemerin

IL-6, TNF-α und Resistin erzeugen Insulinresistenz (7 Insulin), Adiponectin ist ein endogener Insulinsensitizer. Leptin ist bedeutsam für die Appetitregulation und Gewichtshomöostase. Adipokine haben darüber hinaus weitere, vielfältige Wirkungen auf das Immunsystem,

Englischer Begriff. adiponectin Definition. Adiponectin stellt ein Gewebshormon dar und beeinflusst den Lipid- und Glukosestoffwechsel. Pathologische Adiponectinkonzentrationen korrelieren mit der Adipositas, der koronaren Herzkrankheit, Typ-II-Diabetes und dem metabolischen Syndrom. i Adiponectin, ein Vertreter der 7 Adipokine, wird als Gewebshormon in den Fettzellen, den Adipozyten, produziert. Es besteht aus 247 Aminosäuren mit einem Molekulargewicht von 28 kDa und wird vom Gen APMI auf dem Chromosom 3q27kodiert. Die Adipozyten werden in zunehmendem Ausmaß als endokrin aktives Organ erkannt, z. B. mit einem kompletten Renin-Angiotensin-AldosteronSystem, mit der Sekretion von 7 Leptin, 7 Resistin etc. Adiponectin steht im Zusammenhang mit der Entwicklung des TypII-Diabetes. Personen mit höheren Adiponectinwerten zeigen ein geringeres Risiko an Typ-II-Diabetes zu erkranken. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass Adiponectin der Insulinresistenz entgegenwirkt, indem es den Triglyzeridgehalt in den Muskel- und Leberzellen reduziert. Adiponectinkonzentrationen stehen auch in inverser Beziehung zur 7 Insulinkonzentration. Möglicherweise stellt Adiponectin zukünftig einen Marker zur Einschätzung des Diabetesrisikos dar (EPIC-Studie, European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Bei der koronaren Herzerkrankung zeichnet sich Adiponectin als ein Prädiktor des kardiovaskuären Risikos ab. Bei Patienten mit neuen kardiovasculären Ereignissen werden niedrigere Adiponectinkonzentrationen beobachtet als bei Patienten ohne kardiovaskuläre Ereignisse. In diesem Zusammenhang korrelieren die Adiponectinkonzentrationen auch mit der HDL-Cholesterinkonzentration (7High-Density-Lipoprotein). Eine pathophysiologische Erklärung liegt in der abschwächenden Wirkung des Adiponectins auf die entzündliche Aktivierung der Endothelzellen. Erhöhte Adiponectinkonzentrationen sind mit einem niedrigeren Herzinfarktrisiko bei Männern assoziiert (EPIC-Studie). Die Adiponectin-Sekretion steht in inverser Beziehung zum 7 Body Mass Index.

Analytik 7 Enzymimmunoassay oder 7 Radioimmunoassay

Literatur. Meier U, Gressner M (2004) Endocrine Regulation of Energy Metabolism: Review of Pathobiochemical and Clinical Chemical Aspects of Leptin, Ghrelin, Adiponectin, and Resistin. Clin Chem 50:1511–1525

Adipozytokine 7 Adipokine

Adiuretin 7 Antidiuretisches Hormon

ADMA 7 Asymmetrisches Dimethylarginin

Administrator O. Colhoun

Englischer Begriff. administrator

Adrenokortikotropes Hormon

21

Definition. Verwalter eines Computersystems, etwa eines Labor-

Präanalytik. Ausgeprägte Tagesrhythmik mit signifikant höheren

EDV-Systems

ACTH-Werten am Morgen im Vergleich zu Abend und zur Nacht. Erhöhte Werte bei Stress.

i Der Administrator hat uneingeschränkten Zugriff auf alle Kom-

ponenten und Rechner des 7 Labor-EDV-Systems. Seine Aufgaben liegen in der Einrichtung und Pflege von Hard- und Software, Vergabe von Zugriffsrechten und Verwaltung der Systemressourcen.

ADP-Ribosyltransferase 4 7 Dombrock(DO)-Blutgruppensystem

Adrenalin 7 Katecholamine

Adrenalin/Noradrenalin-Quotient 7 Katecholamine

Adrenogenitales-Syndrom-Screening 7 17-Hydroxyprogesteron-Bestimmung aus Trockenblut

Adrenokortikotropes Hormon W. Hubl

Synonym(e). ACTH; Kortikotropin Englischer Begriff. adrenocorticotropic hormone; adrenocorticotropin; corticotropin

Definition. Hypophysenvorderlappenhormon zur Aufrechterhaltung der Nebennierenrindenfunktion

Analytik. 7 Immunoassays:

7 Chemilumineszenz-Immunoassays (CLIA, 7 Radioimmunoassay, 7 Immunradiometrischer Assay IRMA) Beim CLIA und IRMA wird das intakte ACTH erfasst, wobei zwei monoklonale Antikörper verwendet werden, einer gegen das aminoterminale Ende (z. B. 1–17) und ein anderer gegen das Carboxy-terminale Ende (z. B. 34–39). Bei ektoper ACTH-Synthese werden auch ACTH-Fragmente und „big“-ACTH gebildet, die bei diesen Immunoassays nicht erfasst werden. Deshalb sind bei grenzwertigen Befunden Funktionsteste mit Dexamethason bzw. CRH empfehlenswert. Nachweisgrenze: 0,2–0,9 pmol/L

Konventionelle Einheit. ng/L Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/L × 0,2202 = pmol/L Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1 Adrenokortikotropes Hormon. Tab. 1. Referenzbereich Frauen EDTA-Plasma

pmol/L

ng/L

6–10 Uhr

2,20–13,2

10–60

20–22 Uhr

1,32–6,60

6–30

Referenzbereich — Männer. 7 Tab. 2

Struktur. ACTH ist ein Polypeptid mit 39 Aminosäuren, wobei die ersten 24 für die biologische Aktivität verantwortlich zeichnen.

Adrenokortikotropes Hormon. Tab. 2. Referenzbereich Männer

Molmasse. ~4,5 kDa

EDTA-Plasma

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. ACTH wird aus einem Glykoprotein-Prohormon (Proopiomelanocortin, POMC) in den kortikotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens durch Aufspaltung in ACTH und β-Lipoprotein gebildet. Die Inaktivierung erfolgt durch Proteasen im Zielgewebe.

pmol/L

ng/L

6–10 Uhr

2,20–13,2

10–60

20–22 Uhr

1,32–6,60

6–30

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 3

Halbwertszeit. 3–7 min Funktion und Pathophysiologie. Das 7 Kortikotropin-ReleasingHormon (CRH) aus dem Hypothalamus stimuliert den Hypophysenvorderlappen zur ACTH-Sekretion, in deren Folge es zur Stimulation der Kortisolbiosynthese (7 Kortisol) in der Nebennierenrinde kommt. Erhöhte Kortisolkonzentrationen hemmen im Rahmen eines physiologischen Regelkreises (negativer Feedback-Mechanismus) die ACTH-Sekretion. Bei Patienten mit einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz kann es zum Ausfall der ACTH-Produktion kommen. Hypophysenadenome können zum Morbus Cushing führen mit einer erhöhten ACTH-Sekretion. Ein aggressiv ACTH-sezernierender Tumor entwickelt sich beim Nelson-Syndrom. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma, Heparinplasma Die Stabilität von ACTH ist im EDTA-Plasma deutlich größer als im Serum. Deshalb sollte generell EDTA-Plasma (bzw. Heparinplasma) verwendet werden. An Glasoberflächen wird ACTH adsorbiert, deshalb sind Plastikgefäße zu verwenden. Nach der Blutentnahme sollte EDTA-Blut umgehend zentrifugiert werden oder gekühlt (nicht einfrieren!) transportiert werden.

Probenstabilität. 5 5 5 5

Blut und Serum: instabil EDTA-Plasma bei + 20 °C: instabil EDTA-Plasma bei + 4 °C: 8 h EDTA-Plasma bei –20 °C: > 3 Monate

Adrenokortikotropes Hormon. Tab. 3. Referenzbereich Kinder EDTA-Plasma

pmol/L

1. Lebenstag

10,4–15,8

2.–5. Lebenstag

8,1–14,1

6.–7. Lebenstag

6,3–9,1

8. Lebenstag–5. Lebensjahr

3,5–4,9

6.–10. Lebensjahr

3,2–3,8

11.–15. Lebensjahr

4,6–6,4

Indikation. Differenzialdiagnose (nach Diagnosestellung): 5 Hyperkortisolismus, Cushing-Syndrom 5 Nebennierenrindeninsuffizienz 5 Ektope ACTH-Sekretion Interpretation. 1) Erniedrigtes ACTH: 5 beim primären Cushing-Syndrom 5 bei sekundärer Nebennierenrinden-Insuffizienz 5 Nebennierenrindentumor 5 Glukokortikoidbehandlung

A

22

Adrenomedullin

2) Erhöhtes ACTH: 5 bei primärer Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) 5 beim sekundären (hypophysären bzw. hypothalamischen) Cushing-Syndrom 5 bei ektoper ACTH-Produktion

Diagnostische Wertigkeit. Die ACTH-Bestimmung dient nicht zur Diagnose, sondern zur Differenzialdiagnose von Nebennierenrinden(NNR)-Über- und -Unterfunktionen: 5 Hypothalamisch-hypophysäres Cushing-Syndrom 5 Autonomer NNR-Tumor 5 Ektopisches ACTH-Syndrom (bei malignen Tumoren, kleinzelligem Bronchialkarzinom) 5 Primäre NNR-Insuffizienz 5 Sekundäre (hypophysäre) bzw. tertiäre (hypothalamische) NNRInsuffizienz. Literatur. Talbot JA, Kane JW, White A (2003) Analytical and clinical aspects of adrenocorticotropin determinations. Ann Clin Biochem 40:453–471

Adrenomedullin W. Hubl

5 Leberzirrhose 5 ACTH-produzierendes Adenom 5 Wegener-Granulomatose

Literatur. Hinson JP, Kapas S, Smith DM (2000) Adrenomedullin, a multifunctional regulatory peptide. Endocrine Reviews 21:138–167 Cuttitta F, Martinez A (1997) Adrenomedullin. IOS Press, The Netherlands

β1-Adrenorezeptor-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen β1-Adrenorezeptor

Adsorbat 7 Adsorption

Adsorbens 7 Adsorption

Adsorption T. Arndt

Englischer Begriff. adrenomedullin

Englischer Begriff. adsorption

Definition. Adrenomedullin wurde im Jahr 1993 erstmalig aus einem

Definition. Physikochemische Anreicherung einer Substanz (Ad-

Phäochromozytom im Nebenierenmark extrahiert. Nach der „adrenal medulla“ wurde diese Substanz Adrenomedullin benannt. Es ist ein Peptid mit 52 Aminosäuren (Molmasse ~6 kDa) und zeigt Ähnlichkeiten zum 7 Calcitonin gene-related peptide (CGRP). Adrenomedullin wird aus Präproadrenomedullin (185 Aminosäuren) über Proadrenomedullin (164 Aminosäuren) durch enzymatische Abspaltung von Aminosäuren gebildet. Als weiteres Spaltprodukt entsteht das Nterminale Proadrenomedullin aus 20 Peptiden (PAMP), das ebenfalls eine biologische Aktivität besitzt.

Halbwertszeit. ~22 min Funktion und Pathophysiologie. Adrenomedullin ist ein Peptid aus 52 Aminosäuren mit zahlreichen Wirkungen auf Herz-Kreislauf-System, Hormonsysteme, Atmung, Salz- und Wasser-Haushalt und auf das autonome Nervensystem. Das kodierende Gen für das Präadrenomedullin ist auf einem einzigen Locus des Chromosoms 11 lokalisiert. Als wichtigste Syntheseorte für das Adrenomedullin kommen neben dem Nebennierenmark die Gefäßendothelzellen in Betracht. Adrenomedullin beeinflusst folgende Systeme: 5 Hormonsekretion: negativer Feedbackmechanismus bei Kreislaufbelastung: Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, 7 Adrenokortikotropes Hormon (ACTH), 7 Vasopressin 5 Herz: positiv-chronotroper Effekt, verringerter Gefäßwiderstand 5 Atmung: Bronchodilatation 5 Diurese und Natriurese 5 Steigerung des Sympathikotonus 5 Vasodilatation und Salzverlust 5 Senkung des peripheren Widerstands und des Blutdrucks. Analytik. 7 Immunoassays Referenzbereich — Erwachsene. Plasma 2–3,5 pmol/L Interpretation. Erhöhte Werte bei folgenden Erkrankungen: 5 Sepsis 5 Herzkreislaufkrankheiten 5 Essenzielle Hypertonie 5 Akuter Myokardinfarkt 5 Herzinsuffizienz 5 Präeklampsie 5 Respiratorische Erkrankungen 5 Endokrine Erkrankungen 5 Primärer Hyperaldosteronismus 5 IgA-Nephropathie 5 Glomerulonephritis

sorbat) an der Oberfläche (Phasengrenze) zu einem anderen Stoff (Adsorbens) zumeist durch 7 Van-der-Waals-Kräfte, also ohne dass dabei eine chemische (kovalente) Bindung eingegangen wird. i Die Phasengrenze kann der Übergang zwischen flüssiger und fester, gasförmiger und fester oder gasförmiger und flüssiger Phase sein. Im klinisch-chemischen Labor werden Adsorptionseffekte u. a. im Rahmen von Arbeitsschutzmaßnahmen zur Luftfilterung (z. B. an Aktivkohle), aber auch bei allen chromatographischen Analysemethoden genutzt. Eine weitere wichtige Nutzung von Adsorptionseffekten ist die Beschichtung von Latexpartikeln und von Kavitäten der 7 Mikrotiterplatte mit Antikörpern (7 coating) im Rahmen immunologischer Analysemethoden. Die hier auftretenden Adsorptionskräfte sind so stark, dass selbst durch Waschen mit Detergenzien die Antikörper gewöhnlich nicht mehr entfernt werden können.

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie-Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Adsorption erythrozytärer Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Differenzialadsorption; allogene Adsorption Englischer Begriff. Allogeneic adsorption Definition. Die Adsorption erythrozytärer Antikörper ist die gezielte Elimination eines Antikörpers an seinem korrespondierenden Antigen. i Die allogene Adsorption erythrozytärer Antikörper ist eine Technik in der immunhämatologischen Diagnostik, die bei dem Vorliegen von freien 7 Autoantikörpern Verwendung findet, wenn die Technik der ersten Wahl, die 7 Autoadsorption, nicht durchgeführt werden kann. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein komplexes Gemisch verschiedener Alloantikörper durch selektive Elimination einzelner Spezifitäten zu entschlüsseln. Im blutgruppenserologischen Alltag kann die Kombination verschiedener 7 Alloantikörper eine Antikörperdifferenzierung erheblich erschweren, wenn die meisten der eingesetzten Testerythrozyten aufgrund der Vielzahl verschiedener Alloantikörper positiv reagieren. Die Differenzialadsorption kann zur gezielten Entfernung einzelner Alloantikörper aus einem Alloantikörper-Gemisch eingesetzt werden. Die nach der Differenzialadsorption verbliebenen Alloantikörper können in der anschließenden Antikörperdifferenzierung eindeutig spezifiziert werden.

Afamin

Bei dem Vorliegen einer Kombination von freien Autoantikörpern und Alloantikörpern besteht das Ziel der allogenen Adsorption darin, den Autoantikörper vollständig zu entfernen und den unbekannten Alloantikörper im Serum/Plasma zu belassen. Die zur Adsorption eingesetzten Erythrozyten müssen für das Antigen negativ sein, gegen das der Alloantikörper reagiert. Da der Alloantikörper unbekannt ist, setzt diese Technik voraus, dass verschiedene Erythrozyten mit bekanntem Antigenmuster parallel zur allogenen Adsorption eingesetzt werden. Alle Testerythrozyten eliminieren mit einem Aliquot der Serum-/Plasmaproben den Autoantikörper. Die Testzellen, die zur allogenen Adsorption eingesetzt werden, sollen in der Antigenverteilung so gewählt werden, dass die häufigsten transfusionsmedizinisch relevanten Antikörper erkannt werden. Folgende Antigene sollten bei der Auswahl der zur allogenen Adsorption eingesetzten Erythrozyten sowohl negativ als auch positiv ausgewählt werden: C-, Cw-, c-, D-, E-, e-, K-, Fy(a)-, Fy(b)-, JK(a)-, Jk(b)-, S-, s-, M-, N-, P1-, Le(a)-, Le(b)-Antigen. Antikörper gegen hochfrequente Antigene werden mit der Methode ‚Adsorption erythrozytärer Antikörper’ nicht erkannt, wenn alle eingesetzten Erythrozyten dieses Antigen tragen (Antigen positiv sind).

Literatur. American Association of Blood Banks (1999) Technical Manual 13th edition, S. Karger, Basel

Adsorptionschromatographie T. Arndt

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Zucker mit Aminogruppen reagieren. Im Ergebnis kommt es zur Bildung von stabilen, kovalenten Addukten, die sich in ihrer Funktion und Struktur z. T. signifikant von ihren nativen Vorläufern unterscheiden. Da der Prozess Tage bis Wochen in Anspruch nimmt, sind vor allem langlebige Moleküle (z. B. Kollagen oder andere Matrixproteine) betroffen. Eine Reihe von immer wieder auftretenden und strukturell aufgeklärten Verbindungen entsteht dabei. Bei Proteinen gehören dazu Pentosidin, Nε-Carboxymethyl-Lysin, die unter oxidativen Bedingungen aus glykierten Proteinen entstehen. Dabei treten intra- und intermolekulare Crosslinks auf. Weitere reaktive Verbindungen bei der Entstehung von AGEs sind Glyoxal, Methylglyoxal und 3-Deoxyglukose, die Dimere mit modifizierten Lysinen bilden können. Man hat spezifische Rezeptoren für AGEs bzw. glykierte Proteine gefunden (RAGE), die relevante Einflüsse auf zelluläre Funktionen haben. Den AGEs wird große Bedeutung in der Pathogenese zahlreicher chronischer Erkrankungen wie der Atherosklerose, neurodegenerativer Erkrankungen, den Komplikationen der Niereninsuffizienz etc. beigemessen. Diagnostisch spielen vor allem glykiertes Hämoglobin und Albumin eine Rolle.

Literatur. Brownlee M (1995) Advanced protein glycosylation in diabetes and aging. Annu Rev Med 46:223–234 Singh R, Barden A, Mori T et al (2001) Advanced glycation end-products: a review. Diabetologia 44:129–146 Löffler G, Petrides PE (1997) Biochemie und Pathobiochemie, 5. Aufl. Springer, Heidelberg Berlin New York

Englischer Begriff. adsorption chromatography

A/D-Wandler

Definition. 7 Chromatographievariante

O. Colhoun

i Die Trennung der Probenbestandteile erfolgt durch deren unterschiedlich starke Adsorption an der stationären Phase, wobei eine starke Adsorption eine lange Elutionszeit des Analyten bewirkt.

Synonym(e). Analog-Digital-Wandler

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leit-

Definition. Bauelement, welches analoge Signale (mit fließenden Übergängen) in digitale Signale, also in solche mit nicht kontinuierlich veränderbaren Werten, umwandelt.

faden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

Englischer Begriff. A/D converter

Advanced glycation end products

i Meist in Form von Chips ausgeführt. Verbreiteter Einsatz z. B. im

K.J. Lackner, D. Peetz

Modem

Synonym(e). AGE-Proteine; AGE Englischer Begriff. advanced glycosylation (glycation) end products Definition. Endprodukte der nicht-enzymatischen Reaktion von reduzierenden Zuckern mit Aminogruppen von Peptiden, Lipiden oder Nukleinsäuren (7 Abb. 1).

AE1 7 Diego(DI)-Blutgruppensystem

AES 7 Atomemissionsspektrometrie

Afamin R. Driesch

Englischer Begriff. afamin Definition. Zur Albumin-Genfamilie gehörendes Plasma-Glykoprotein mit der Funktion eines Vitamin-E-Transportproteins.

Advanced glycation end products. Abb. 1. Bei der Bildung von advanced glycosylation endproducts (AGEs) durch Maillard-Reaktionen erfahren die als Ketoamine gebundenen Zuckerreste auf Proteinen komplizierte Umlagerungen, die zu den dargestellten Endprodukten führen und teilweise mit Quervernetzungen einhergehen, z. B. durch Pentosidin (rot) [aus: Löffler (1998)] i Bereits im Jahr 1912 von L. C. Maillard (1878–1936) beobach-

tete Reaktion von Aminosäuren mit Zuckern. Über eine Serie von Zwischenprodukten (Schiffsche Basen, Amadori-Produkte) können

i Das Glykoprotein (7 Glykoproteine) Afamin (das humane unglykosilierte Precursor-Protein besteht aus 599 Aminosäuren mit einer rechnerischen Molmasse von 69,069 kDa) ist kürzlich als erstes spezifisches Bindungs- und Transportprotein für 7 Vitamin E (α-Tocopherol) beschrieben worden. Es wird gemeinsam mit 7 Albumin, 7 α1-Fetoprotein und 7 Gc-Globulin (Vitamin D-Bindungsprotein) als viertes Mitglied der Albumin-Genfamilie zugeordnet, deren Gene auf Chromosom 4 lokalisiert sind. Da Afamin vier mögliche Bindungsstellen für die N-Glykosilierung aufweist, sind in der Literatur Molmassen zwischen 65 kDa für das unglykolisilierte Protein, bis 87 kDa für das glykosilierte Protein angegeben. Afamin ist teilweise (13 %) an Plasmalipoproteine gebunden. Nachgewiesen wurde Afamin in Plasma (59,8 ± 13,3 mg/L), in Follikelflüssigkeit (34,4 ± 12,7 mg/L) und in Cerebrospinalflüssigkeit (0,28 ± 0,16 mg/L). Sein Vorkommen in den beiden letztgenannten Flüssigkeiten lässt auf eine wichtige Rolle im Rahmen der Fertilität und als Schutzprotein vor neurodegene-

A

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Affinität

rativen Erkrankungen vermuten. Therapeutische und diagnostische Verwendungsmöglichkeiten von Afamin aufgrund seiner Transportfunktion für 7 Vitamin E und seines Vorkommens in den genannten Extrazellulärflüssigkeiten werden zurzeit untersucht.

Affinität T. Arndt

Englischer Begriff. affinity Definition. Bezeichnet diejenige „chemische Triebkraft“, mit der sich die chemischen Elemente und Verbindungen zu neuen Stoffen verbinden. i Bei isotherm-isobarer Reaktionsführung (Temperatur und Druck konstant) ist die Affinität zweier Reaktionspartner zueinander umso größer, je stärker negativ die Reaktionsenthalpie ist (d. h. je mehr Wärme freigesetzt wird) und je stärker positiv die Reaktionsentropie ist (d. h. je mehr Unordnung entsteht). Im klinisch-chemischen Labor wird der Begriff Affinität am häufigsten im Zusammenhang mit der Bindung von Antigenen an Antikörper unter Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen angewandt. Beispiele finden sich in der Blutgruppenserologie sowie bei allen immunologischen Bestimmungs- und Nachweisverfahren. Eine spezielle Anwendung ist die Ausnutzung der Affinität von (Makro)Molekülen zu ihren Liganden oder zu Antikörpern (die auf der analytischen Säule immobilisiert sind) bei der 7 Affinitätschromatographie. Bei der Bindung von multivalenten Antigenen mit Antikörpern kommt es zu Mehrfachbindungen, die in die Gesamtbindungskonstante im Produkt eingehen. Die resultierenden Bindungen sind deshalb, trotz schwacher Wechselwirkungskräfte der Einzelbindung, sehr stabil. Wegen Platzmangels und Überlappung der Bindungsstellen (7 Epitope) kann es zu sterischen Behinderungen kommen, die die Affinität der Bindungspartner zueinander (scheinbar) vermindern kann. Man definiert deshalb auch eine scheinbare Affinität bzw. 7 Avidität.

Affinitätschromatographie T. Arndt

Englischer Begriff. affinity chromatography Definition. Variante der 7 Adsorptionschromatographie, die wiederum eine Form der 7 Chromatographie ist.

i Dieses Verfahren nutzt die reversiblen Wechselwirkungen zwi-

schen einem, für das jeweilige analytische Problem spezifischen, am Trägermaterial der stationären Phase immobilisierten, Liganden und einem dazu komplementären Analyten aus. Die chromatographische Trennung erfolgt durch eine (möglichst) vollständige Bindung des Analyten an den Liganden (an die stationäre Phase) und Desorption (Elution) des Analyten mit einer modifizierten mobilen Phase. Dabei sollte die Bindung möglichst spezifisch, aber auch nicht zu stark und keinesfalls irreversibel sein.

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

lenhydrate, Lektine. Zuweilen wird die Bezeichnung „Affinitätselektrophorese“ als Oberbegriff, auch über Immunelektrophoresen, verwendet: in diesem Fall werden Antikörper als Liganden verwendet. Die häufigsten Anwendungen von Affinitätselektrophorese sind Analysen von Wechselwirkungen zwischen 7 Glykoproteinen und 7 Lektinen; z. B. die organspezifische Differenzierung zwischen alkalischer Phosphatase aus Leber und Knochen in Humanserum. KnochenIsoenzyme bleiben an dem im Gel befindlichem Weizenkeim-Agglutinin gebunden und bilden charakteristische Präzipitatbanden, LeberIsoenzyme wandern ungehindert als normale Bande weiter.

Literatur. Takeo K (1987) Affinity electrophoresis. In: Chrambach A, Dunn MJ, Radola BJ (eds) Advances in Electrophoresis. Vol. 1. VCH, Weinheim

Afipia felis 7 Bartonella

AFP 7 α1-Fetoprotein

AFS 7Atomfluoreszenzspektrometrie; 7Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

Ag 7 Silber

AG/AK-Reaktion 7 Äquivalenzbereich

Agar T. Arndt

Englischer Begriff. agar (-agar) Definition. Hauptsächlich aus den Agarozyten von Algen des Pazifiks, der Indischen und Japanischen See extrahierter Polysaccharidkomplex i Agar ist in kaltem Wasser wenig, in heißem Wasser langsam unter Bildung einer zähen Flüssigkeit, ab einer Konzentration von 1 % (w/v) unter Bildung eines Gels, löslich. Aufgrund dieser Eigenschaft findet Agar vielfältige Anwendungen in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie, aber auch als technischer Werkstoff z. B. als Oberflächenschutzkomponente. Agar kann in einen neutralen, gelierenden Anteil, die 7 Agarose, und eine sulfatierte, nichtgelierende Fraktion das Agaropektin, getrennt werden. Agar(ose) wird in der klinischen Chemie als Träger oder Bestandteil von 7 Elektrophorese-Gelen verwendet, in der Mikrobiologie als Nährboden für Mikroorganismen.

Literatur. The MERCK Index (2006) 15. Aufl. MERCK Co., Inc. Whitehouse Station, NJ, USA

Affinitätselektrophorese

Agarose

R. Westermeier

R. weiskirchen

Englischer Begriff. affinity electrophoresis Definition. Eine Zonenelektrophorese von Proteingemischen in einer Agarose- oder Polyacrylamidgelschicht, welche spezifische Makromoleküle enthält, die mit bestimmten Proteinen aus der Probe in Wechselwirkung treten. Dabei entstehen unlösliche Komplexe, welche als spezifische Präzipitatbanden angefärbt werden können. i Alle in 7 Immunelektrophoresen verwendeten Techniken können prinzipiell auch in der Affinitätselektrophorese angewendet werden. Dabei werden die Antikörper durch Liganden verschiedener Art ersetzt: z. B. Enzymsubstrate, Enzyminhibitoren, Nukleinsäuren, Koh-

Definition. Gelierfähiges Gemisch aus sauren, linearen Polysacchariden i Die abwechselnden Untereinheiten aus β-1,3-verknüpfter D-Ga-

laktopyranose und α-1,4-verknüpfter 3,6 Anhydro-L-Galaktopyranose sind mit Sulfat-, und in unterschiedlichem Ausmaß mit Methoxy-, Pyruvat-, Carboxy-Gruppen substituiert (7 Abb. 1). Die aus den Zellwand-Schleimstoffen verschiedener Rotalgenarten gewonnene Agarose wird für analytische und präparative Zwecke zur Trennung von Proteinen und Nukleinsäuren in der 7 Agarosegelelektrophorese, der Immun-7 Elektrophorese, der Immundiffusion, der 7 isolelektrischen Fokussierung und der Gelchromatographie eingesetzt.

Agarosegelelektrophorese

Agarose. Abb. 1. Strukturformel

Literatur. Shimura K, Kasai K (1987) Affinophoresis in two-dimensional agarose gel electrophoresis: specific separation of biomolecules by a moving affinity ligand. Anal Biochem 116:200–206 Ogden RC, Adams DA (1987) Electrophoresis in agarose and acrylamide gels. Meth Enzymol 152:61–87

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insäuren hingegen ergeben sich häufig Trennzeiten von mehreren Stunden. Weil Agarosegele stets noch Reste von geladenen Sulfat- und Carboxylgruppen enthalten, werden Agarosegele für Nukleinsäurentrennungen mit einer Pufferschicht bedeckt (7 Abb. 1). Dies verhindert das partielle Austrocknen des Gels wegen 7 Elektroendosmose. Der Nachweis von Proteinzonen erfolgt über Amidoschwarz-, Coomassieblau- oder Silberfärbung. Für Lipoproteine gibt es spezielle Farbstoffe wie Sudanschwarz. Nukleinsäuren werden mit Ethidiumbromid oder SYBRGreen nachgewiesen. Die gefärbten Proteinzonen werden mit einem 7 Densitometer optisch vermessen. Damit kann man die Zonen quantifizieren und Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen ziehen.

Einsatzgebiet. 7 Serumproteinelektrophorese (7 Abb. 2)

Agarosegelelektrophorese R. Westermeier

Englischer Begriff. agarose gel electrophoresis; agarose-electrophoresis

Definition. Verfahren zur Auftrennung von geladenen Substanzen, z. B. Proteinen oder Nukleinsäuren, im elektrischen Feld. Dabei verwendet man Agarosegel als stabilisierendes Medium. Wegen der unterschiedlichen Ladungen und /oder Molekülgrößen ergeben sich unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeiten der Probenbestandteile; es bilden sich Zonen der Einzelsubstanzen aus.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Polysaccharid 7 Agarose wird aus roten Meeresalgen gewonnen, wobei geladene Agaropektinanteile so weit wie möglich entfernt werden. Mit abnehmendem Anteil an Sulfat- und Carboxylgruppen steigt die Trennqualität. Die Porengrößen der Gele werden durch den prozentualen Anteil an Agarose in der Gießlösung definiert. Die entsprechende Menge an Agarosepulver (je nachdem 0,5–1 %) wird mit dem – meist basischen – Elektrophoresepuffer aufgekocht und vermischt. Das heiße Sol wird in eine Glaskassette pipettiert oder auf einer Glasplatte ausgegossen. Beim Abkühlen entsteht eine Gelschicht mit guter mechanischer Stabilität. Normalerweise wird ein basischer Puffer um pH 8 verwendet, die Moleküle sind dann negativ geladen und wandern zur Anode. Proteine deren 7 isoelektrische Punkte höher sind als der pH-Wert des Puffers, wandern in Richtung Kathode. Zur Beobachtung der 7 Elektrophorese werden geladene Farbmarker zur Probe hinzugemischt: Bromphenolblau für Proteine, Xylencyanol für Nukleinsäuren. Agarosegele üben auf Proteine fast keine, auf Nukleinsäurefragmente aber hohe Siebwirkung aus. Bei der elektrophoretischen Wanderung von Proteinen ist die Mobilität daher abhängig vom Ladungszustand, bei der Trennung von Nukleinsäuren von der Molekülgröße. Im Allgemeinen werden Agarosegele in Horizontalapparaturen verwendet. Fertige Agarosegele für Proteine sind meist auf eine Trägerfolie aufpolymerisiert und lassen sich auf einfache Weise in die Trennkammer einlegen (7 Abb. 1). Die Proteinproben werden entweder über Lochmasken appliziert, oder man erzeugt beim Gießen der Gele Probenschlitze mit Hilfe eines „Kammes“. Nukleinsäuren werden über Probenschlitze aufgetragen. Die Trennzeiten für Proteine sind aufgrund der nichtrestriktiven Wanderung relativ kurz, meist weniger als eine Stunde. Bei Nukle-

Agarosegelelektrophorese von Proteinen Trennrichtung

Agarosegel auf Trägerfolie

Agarosegelelektrophorese. Abb. 2. Serumproteinelektrophorese in Agarosegel (von Helena Laboratories, Beaumont, Texas, USA)

Mit der differenziellen Elektrophorese von Liquor und Serumproteinen werden oligoklonale IgGs detektiert (7 Liquor-Agarosegelelektrophorese). Mit der Hämoglobinelektrophorese werden abnorme Hämoglobinvarianten detektiert. Bei der Urinproteinelektrophorese werden aufgrund der Proteinmuster 7 Proteinurien in tubuläre, glomeruläre und gemischte klassifiziert (7 Abb. 3). Die Isoenzyme der 7 Kreatinkinase, 7 Laktatdehydrogenase und der alkalischen Phosphatase (7 Phosphatase, alkalische) aus Serum werden in Agarosegelen aufgetrennt und mit spezifischen aktiven Färbungen detektiert. Die Nukleinsäurenelektrophorese wird weniger im Routinelabor, aber vermehrt in Zentrallaboratorien von Kliniken zur DNA Fragmentanalyse, z. B. zur Typisierung von Mikroorganismen, Genetik, Forensik, durchgeführt.

Untersuchungsmaterial. Seren, konzentrierte Liquores und konzentrierte Sammelurine.

Agarosegelelektrophorese von Nukleinsäuren

Probe Puffer

Trennrichtung

Probe

Puffer

Agarosegel

Agarosegelelektrophorese. Abb. 1. Schematische Darstellung von Elektrophoresekammern für Agarosegelelektrophoresen von Proteinen und Nukleinsäuren

A

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AGE-Proteine

Agglutination T. Arndt

Englischer Begriff. agglutination Definition. Verklebung (lat. agglutinare: ankleben) oder Zusammenballung von antigentragenden Teilchen (Erythrozyten, Bakterien, Polystyrolpartikel) durch entsprechende 7 Agglutinine

Glomeruläre Proteine

Alb.

Tubuläre Proteine

Agarosegelelektrophorese. Abb. 3. Beispiel einer Proteinurieanalyse: Elektropherogramm und Densitogramm einer Trennspur (von SEBIA,Issy-les-Moulineaux, Frankreich)

Für Agarosegelelektrophoresen von Nukleinsäuren werden mit PCR® amplifizierte DNA-Fragmente appliziert.

Instrumentierung. Proteinelektrophorese: 5 Elektrophoresekammer 5 Stromversorger 5 Färbeschalen 5 Densitometer Nukleinsäurenelektrophorese: 5 Elektrophoresekammer 5 Stromversorger 5 Färbeschalen 5 UV Leuchttisch 5 Polaroid, Digitalkamera, oder Videoimager

Spezifität. Die mit allgemeinen Proteinfärbetechniken detektierten Banden werden durch ihre Position im typischen Elektrophoresemuster im 7 Elektropherogramm und 7 Densitogramm identifiziert. Dies basiert auf Erfahrungswerten. Höhere Spezifität erreicht man durch immunologische Nachweise oder Enzymnachweise mit Substratlösungen im Gel.

i Führt die Reaktion zwischen antigentragenden Zellen und Antikörpern (Agglutininen) in physiologischer Kochsalzlösung ohne weitere Hilfsmittel zu einer makroskopisch sichtbaren Agglutination, spricht man von kompletter Agglutination. Müssen dagegen zusätzliche Reaktionsbedingungen angewandt werden, um die Agglutination sichtbar zu machen, spricht man von einer inkompletten Agglutination. In der Serodiagnostik ist die makroskopisch sichtbare Agglutination ein Kriterium zur Bestimmung von Blutgruppenantigenen. In der Immunologie werden Agglutinations-Reaktionen in sog. Mikropartikel-verstärkten Immunoassays (z. B. Latexpartikel-verstärkter 7 Immunoassay) zum Nachweis von Proteinen eingesetzt. Die aus der Verklebung der Mikropartikel resultierende Trübung der Reaktionslösung ist der Antikörperkonzentration proportional. Diese kann so durch nephelometrische oder turbidimetrische Messverfahren quantifiziert werden.

Literatur. Müller F (1992) Reaktionen zum Nachweis von Antikörpern und Antigenen. In: Burkhardt F (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 563–568 Berzofsky JA, Epstein SL, Berkower IJ (1989) Antigen-antibody interactions and monoclonal antibodies. In: Paul WA (ed) Fundamental Immunology. 2nd edn. Raven Press, New York

Agglutinationstest K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Direkter Antihumanglobulintest; DC; DAHG; indirekter Antihumanglobulintest; IDC; IHAG

Englischer Begriff. Agglutination test; direct agglutination test (DAT);

Sensitivität. Im Agarosegel liegt die Empfindlichkeit der 7 Amidoschwarz-Färbung bei ~1 μg, der 7 Coomassie-Färbung bei ~100 ng und der 7 Silberfärbung bei ~1 ng pro Bande. Mit Ethidiumbromid kann man ~5 ng DNA nachweisen, SYBRGreen hat etwa die zehnfache Empfindlichkeit.

indirect agglutination test (IAT)

Fehlermöglichkeit. Bei der Selbstherstellung von Agarosegelen bestehen viele Fehlerquellen wie z. B. falsches Einwiegen von Agarosepulver, Verwenden von Agarose mit falscher Elektroendosmose oder zu hohem Wasseranteil, zu kurzes Aufkochen, mechanische Belastung der Agarosemoleküle duch Mischer, ungleichmäßige Gelschicht, falsche Pufferzusammensetzung. Die Elektrophoreseergebnisse können dadurch erheblich in ihrer Qualität eingeschränkt bzw. sogar völlig unbrauchbar sein. Dies kann weitestgehend durch Verwendung von kommerziellen Systemen aus Fertiggelen und Pufferlösungen vermieden werden.

i Das Ergebnis eines positiven Agglutinationstests zeigt 7 Abb. 1.

Definition. Der Agglutinationstest im Kontext immunhämatologischer Untersuchungen beschreibt Reaktionen zwischen dem Antigen auf den Erythrozyten und einem korrespondierenden Antikörper, der zu einer sichtbaren Agglutination führt (Hämagglutination).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Fertiggele, Färbekits und automatisierte Elektrophoresesysteme für die klinisch-chemischen Anwendungen erleichtern den Aufwand bei der Durchführung von Elektrophoresen erheblich. Auch die Densitometer-Steuerungs- und Auswertungsprogramme führen zu einer höheren Qualität und Arbeitsentlastung bei der Gelauswertung.

Literatur. Le Carrer D (1994) Elektrophorese & Immunfixation von Proteinen. Die Interpretation von Versuchsergebnissen mit zahlreichen Trennbeispielen. SA Sebia, Paris Martin R (1996) Elektrophorese von Nucleinsäuren. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

AGE-Proteine 7 Advanced glycation end products

Agglutinationstest. Abb. 1. Mischfeldagglutination von agglutinierten und nichtagglutinierten Erythrozyten

Man sieht eine schwache Agglutinationsreaktion mit agglutinierten 7 Erythrozyten und frei suspendierten Erythrozyten (7 Mischfeldagglutination). Die Anwendung des Agglutinationstests gehört zum Standardverfahren in der immunhämatologischen Diagnostik. Nach dem serologischen Verhalten werden komplette (7 komplette Antikörper) von 7 inkompletten Antikörpern unterschieden. Ganz allgemein führen komplette Antikörper zu sichtbaren Agglutinatio-

Aggrecanase

nen der Erythrozyten im physiologischen Kochsalzmilieu, ohne das zusätzliche Hilfsmittel benötigt werden. Als inkomplett werden Antikörper bezeichnet, wenn ihre Bindung an Erythrozyten primär keine sichtbare Agglutination bewirkt und zusätzliche Reaktionsbedingungen erforderlich sind. Diese zusätzlichen Reaktionsbedingungen sind vielfältig und dienen dem Zweck, optimale Agglutinationsreaktionen zu erzielen (z. B. durch Herstellung von Suspensionen der Erythrozyten in Supplement wie 7 LISS, Albumin, Humanserum, Dextran u. a. oder mittels Vorbehandlung von Erythrozyten mit Proteinasen (Papain, Ficin, Bromelin u. a.). Eine bedeutende zusätzliche Reaktionsbedingung ist der Zusatz eines sekundären Antikörpers (7 Antiglobulinserum), der dann zu einer sichtbaren Agglutinationsreaktion führt (Antihumanglobulintest; 7 Coombs-Test).

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart

Agglutinine T. Arndt

Synonym(e). Phytohämagglutinine Englischer Begriff. agglutinins Definition. Antikörper, die mit bestimmten Strukturen (z. B. Oberflächenantigenen, Membranrezeptoren) korpuskulärer Antigene (Bakterien, Viren, Zellen) reagieren und eine 7 Agglutination hervorrufen. i Den Agglutininen ähneln in Wirkung und Proteinaufbau die aus Tieren und Pflanzen gewonnenen Hämagglutinine und Phytagglutinine, die man unter dem Oberbegriff 7 Lektine (Phytohämagglutinine) zusammenfasst.

Literatur. Berzofsky JA, Epstein SL, Berkower IJ (1989) Antigenantibody interactions and monoclonal antibodies. In: Paul WA (ed) Fundamental Immunology. 2nd edn. Raven Press, New York

Aggrecan H.-D. Haubeck

Synonym(e). Proteoglykan des Knorpels, großes aggregierendes Englischer Begriff. aggrecan; large aggregating proteoglycan of cartilage (PG-LA)

Definition. Aggrecan ist das große Chondroitinsulfat-/KeratansulfatProteoglykan des Knorpels, das mit Hyaluronan umfangreiche Aggregate bildet. i Aggrecan gibt einer Familie von großen modular aufgebauten Chondroitinsulfat-Proteoglykanen den Namen, zu der neben Aggrecan auch Versican, Neurocan und Brevican gehören. Aggrecan wird überwiegend im Knorpel exprimiert, Versican in zahlreichen Geweben (u. a. in der Wand von Blutgefäßen) und Neurocan sowie Brevican fast ausschließlich im Zentralnervensystem. Die Mitglieder der AggrecanFamilie besitzen eine ähnliche Grundstruktur mit einer N-terminalen globulären Domäne (G1-Domäne), einer C-terminalen globulären Domäne (G3-Domäne) und einer zwischen der G1- und G3-Domäne gelegenen stabförmigen Domäne, die zahlreiche 7 Chondroitinsulfat (CS)- 7 Glykosaminoglykanketten (CS-Domäne) trägt. Das Coreprotein des Aggrecans besitzt eine Molmasse von etwa 250 kDa und unterscheidet sich strukturell von den anderen Proteoglykanen durch drei zusätzliche Domänen, die zwischen der G1- und CS-Domäne liegen. Neben der N-terminalen interglobulären Domäne (IGD) sind dies eine zweite globuläre Domäne (G2) und die C-terminale 7 Keratansulfat (KS)-reiche Domäne, die bis zu 60 KS-Ketten tragen kann. Die G1-Domäne ist für die Bindung des Aggrecans an Hyaluronan verantwortlich. Diese Bindung wird durch das mit der G1-Domäne homologe Linkprotein stabilisiert. Damit wird die Ausbildung großer Hyaluronan-Aggrecan-Komplexe ermöglicht, die für die biomechani-

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schen Eigenschaften des Knorpels verantwortlich sind. In der IGD liegen die Hauptangriffspunkte für die proteolytischen Enzyme aus der Familie der 7 Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) und vor allem der 7 Disintegrin-Metalloproteasen (ADAMTS bzw. 7 Aggrecanasen). Die CS-reiche Domäne, in der bis zu 100 CS-Ketten (je ca. 20 kDa) kovalent an das Coreprotein gebunden sind, prägt u. a. durch die hohe Wasserbindungsfähigkeit der CS-Ketten entscheidend die biochemischen und funktionellen Eigenschaften des Aggrecans. Aggrecan und Kollagen-Typ II bilden die wichtigsten Bestandteile des Knorpels und machen zusammen etwa 90 % des Trockengewichts des Knorpels aus. Während das Kollagennetzwerk für die Zugfestigkeit des Knorpels notwendig ist, sind die in dieses Netzwerk eingelagerten Aggrecan-Hyaluronan-Komplexe über ihre extreme Wasserbindungsfähigkeit für die Druckfestigkeit und Elastizität des Knorpels verantwortlich. Im Rahmen von entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen wird Aggrecan durch die Matrix-Metalloproteinasen, vor allem aber durch die Aggrecanasen abgebaut. Die entstehenden Aggrecan-Fragmente werden in die Synovialflüssigkeit und z. T. auch ins Serum freigesetzt. Dementsprechend eignen sich Fragmente des Aggrecans als Marker für das Ausmaß der Knorpelschädigung bzw. der Gelenkdestruktion bei diesen Erkrankungen. Wichtig ist hierbei die Differenzierung gegenüber Fragmenten, die im Rahmen des normalen Turnover aus dem Knorpel entstehen, d. h. nicht aus den betroffenen Gelenken stammen, sondern z. B. aus Trachealknorpel, Rippenknorpel und dem Knorpel der Zwischenwirbelscheiben. Dementsprechend ist Chondroitinsulfat (CS) mit Ausnahme des CS846Epitops der CS-Ketten angesichts seiner weiten Verbreitung (nicht nur im Knorpel; s. o.) hierfür weniger geeignet. Der Knorpelabbau bei Oesteoarthritis führt zu einer verstärkten Aggrecansynthese und insbesondere zu einer gesteigerten Expression des CS846-Epitops im Gelenkknorpel sowie zu erhöhten Konzentrationen in der Synovialflüssigkeit und z. T. auch im Serum. Für die Messung der Konzentration des CS846-Epitops ist ein kommerzieller 7 Immunoassay verfügbar. Keratansulfat kommt fast ausschließlich im Knorpel vor und ist insbesondere beim Einsatz von Antikörpern gegen gelenkspezifische Keratansulfat-Epitope als Marker der Knorpelschädigung geeignet. In der Synovialflüssigkeit betroffener Gelenke und im Serum wurden dementsprechend erhöhte Konzentrationen von Keratansulfat nachgewiesen. Vielversprechend sind außerdem neue Immunoassays mit Antikörpern gegen spezifische Neoepitope, die durch die Spaltung des Aggrecan-Coreproteins durch die Aggrecanasen entstehen. Diese Immunoassays sind momentan noch nicht kommerziell verfügbar.

Literatur. Kiani C, Chen L, Wu Yj et al (2002) Structure and function of aggrecan. Cell Res 12:19–32 Lark MW, Bayne EK, Flanagan J et al (1997) Aggrecan degradation in human cartilage. Evidence for both matrix metalloproteinase and aggrecanase activity in normal, osteoarthrotic, and rheumatoid joints. J Clin Invest 100:93–106 Fischer DC, Kolbe-Busch S, Stöcker G et al (1994) Development of enzyme immuno assays for keratan sulphate- and core-protein epitopes of the large aggregating proteoglycan from human articular cartilage. Eur J Clin Clin Biochem 32:285–291

Aggrecanase H.-D. Haubeck

Synonym(e). ADAMTS-4 Englischer Begriff. aggrecanase-1; aggrecanase-2 Definition. Aggrecanasen sind Metalloproteasen der ADAMTS-Familie, die das Coreprotein des großen aggregierenden Proteoglykans des Knorpels (7 Aggrecan) spalten. i Aggrecanasen sind Metalloproteasen der ADAMTS („a disintegrin-like and metalloprotease with thrombospondin type 1 motif “) Familie mit aktuell 19 Mitgliedern, die mit der Familie der ADAMs (7 Disintegrin-Metalloproteasen) verwandt ist. ADAMTS besitzen jedoch eine zusätzliche Thrombospondin-ähnliche Domäne, keine EGF-ähnliche und keine zytoplasmatische Domäne und sind daher in der Regel nicht Zellmembran-gebunden.

A

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AGNA

Als wichtigste Aggrecanasen, die das Coreprotein des großen aggregierenden Proteoglykans des Knorpels (Aggrecan) spalten, wurden ADAMTS-4 (Aggrecanase-1) und ADAMTS-5 (Aggrecanase-2) identifiziert, geringere Aggrecanase-Aktivität besitzen ADAMTS-1 und ADAMTS-9. Aggrecanasen spielen neben den 7 Matrix-Metalloproteasen (MMPs) eine entscheidende Rolle bei der Zerstörung des Gelenkknorpels bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen. Aggrecan und 7 Kollagen Typ II bilden die wichtigsten Bestandteile des Knorpels und machen zusammen etwa 90 % des Trockengewichts des Knorpels aus. Während das Kollagennetzwerk für die Zugfestigkeit des Knorpels notwendig ist, sind die in dieses Netzwerk eingelagerten Aggrecan-Hyaluronan-Komplexe über ihre extreme Wasserbindungsfähigkeit für die Druckfestigkeit und Elastizität des Knorpels verantwortlich. Im Rahmen von entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen wird durch die Aggrecanasen zunächst Aggrecan abgebaut, das durch seine zahlreichen Chondroitinsulfat- und Keratansulfat-Ketten (wahrscheinlich durch räumliche bzw. sterische Inhibition) Kollagen Typ II vor dem Angriff der MMPs schützt. Dementsprechend lässt sich in experimentellen Modellen die Knorpeldegradation durch spezifische Inhibitoren der ADAMTS hemmen. Dieser neue therapeutische Ansatz für die Osteoarthrose und wahrscheinlich auch für entzündliche Gelenkerkrankungen wird momentan untersucht. Neoepitope des Aggrecan-Coreproteins, die an den spezifischen Aggrecanase-Schnittstellen erzeugt werden, lassen sich mit spezifischen Antikörpern nachweisen und eignen sich damit grundsätzlich als neue spezifische Marker der Knorpelschädigung bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen. ADAMTS-1 und ADAMTS-4 sind an der Degradation von zwei weiteren Mitgliedern der Aggrecan-Genfamilie, d. h. Versican in den Blutgefäßen und Brevican im Zentralnervensystem, beteiligt.

Literatur. Malfait AM, Lui RQ, Ijiri K et al (2002) Inhibition of ADAM-TS4 and ADAM-TS5 prevents aggrecan degradation in osteoarthritic cartilage. J Biol Chem 277:2201–2208 Lark MW, Bayne EK, Flanagan J et al (1997) Aggrecan degradation in human cartilage. Evidence for both matrix metalloproteinase and aggrecanase activity in normal, osteoarthrotic, and rheumatoid joints. J Clin Invest 100:93–106

AGNA 7 Autoantikörper gegen Gliazell-Nuclei

Agrin H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. agrin Definition. Agrin, ein Basalmembran-assoziiertes HeparansulfatProteoglykan, spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation und Funktion der neuromuskulären Endplatte und ist an der Pathogenese der Muskeldystrophien beteiligt. i Agrin ist ein 7 Heparansulfat-Proteoglykan, das eine entscheidende Rolle für die Ausbildung der neuromuskulären Endplatte spielt. Die von Neuronen und Muskelzellen gebildeten unterschiedlichen Splice-Formen des Agrins besitzen verschiedene Funktionen. Muskelspezifische Agrin-Isoformen führen nicht zur AChR-Aggregation, sondern tragen zur Differenzierung der Nervenendigung bei, während das neuronale Agrin eine Aggregation (clustering) der Acetylcholinrezeptoren (AChR) in der Muskelzellmembran bewirkt, an der eine Muskelzell-spezifische Kinase (MUSK) beteiligt ist. Dabei wird MUSK zusammen mit den AChR, Rapsyn, dem Dystrophinassoziierten Glykoprotein-Komplex und weiteren Komponenten zu einem großen multimolekularen Komplex zusammengefügt. Agrin verankert diesen makromolekularen Komplex über die Interaktion mit Laminin 2 fest in der Basalmembran der Synapsen. Agrin bindet andererseits hochaffin α-Dystroglykan und damit über den Dystrophin-assoziierten Proteinkomplex an das Zytoskelett. Die verschiedenen Formen der angeborenen Muskeldystrophie werden durch Mutationen im Dystrophin-Gen oder in Genen der anderen Komponenten dieses makromolekularen Komplexes verursacht, z. B.

im Laminin-2-Gen, das die wichtigste im Muskel exprimierte Laminin-Isoform kodiert. Bei der Myasthenia gravis, einer Autoimmunerkrankung, führen Antikörper gegen die neuromuskuläre Endplatte zu deren Schädigung, einer Verminderung der Zahl der AChR und einer Beeinträchtigung ihrer Funktion und letztlich zur Muskelschwäche. Bei ca. 80 % der Patienten sind die Autoantikörper gegen die AChR gerichtet, bei einem Teil der verbleibenden Patienten gegen MUSK und bei den restlichen Patienten möglicherweise gegen Agrin. Neben der Bedeutung von Agrin für die Bildung der neuromuskulären Endplatte spielt Agrin eine wichtige Rolle in weiteren Basalmembranen und wird u. a. auch in der Basalmembran von Blutgefäßen, der Niere und der Lunge exprimiert. In der glomerulären Basalmembran ist Agrin an der Kontrolle der größen- und ladungsabhängigen Filtrationsfunktion beteiligt. Die Schädigung von Agrin bei Nierenerkrankungen führt zur Proteinurie (7 Proteine im Urin). Ob der Nachweis von Agrin-Fragmenten im Urin für die Differenzialdiagnostik von Nierenerkrankungen Bedeutung besitzt, ist noch nicht geklärt.

Literatur. Moll J, Barzaghi P, Lin S, Bezakova G, Lochmuller H, Engvall E, Muller U, Ruegg MA (2001) An agrin minigene rescues dystrophic symptoms in a mouse model for congenital muscular dystrophy. Nature 413:302–307 Raats CJ, Bakker MA, Hoch W, Tamboer WP, Groffen AJ, van den Heuvel LP, Berden JH, van den Born J (1998) Differential expression of agrin in renal basement membranes as revealed by domain-specific antibodies. J Biol Chem 273:17832–17838

AGS-Screening 7 17-Hydroxyprogesteron-Bestimmung aus Trockenblut

AH 10 und AH 50 7 Komplementsystem, Globaltests

AHG-Test 7 Coombs-Test

Ahonen-Antigen 7 Gerbich-Blutgruppensystem

A(2)HS 7 α2-HS-Glykoprotein

AHSG 7 α2-HS-Glykoprotein

AIDS-Virus 7 HIV-1 und-2

AIHA 7 Autoimmunhämolytische Anämie

AIRE 7 Autoimmun-Regulator

AK 7 Antikörper

Akanthozyten im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Dysmorphe Erythrozyten Englischer Begriff. acanthocytes

Aktionen

Definition. Bezeichnung für eine Erythrozytenform mit zapfenförmigen Ausstülpungen (7 Abb. 1), die für renale Hämaturie typischste Form des 7 dysmorphen Erythrozyten im Urin.

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von einer niedrigen Wertigkeit gesprochen. Dies mag mit der für die Diagnostik notwendigen Erfahrung und dem hohen Zeitaufwand für die mikroskopische Quantifizierung zusammenhängen, die mit einer hohen Streuung belastet ist.

Literatur. Schütz E, Schaefer RM, Heidbreder E et al (1985) Effect of diuresis on urinary erythrocyte morphology in glomerulonephritis. Klin Wchschr 63:575–577 Köhler H, Wandel E, Brunck B (1991) Acanthocyturia – a characteristic marker of glomerular bleeding. Kidney Int 40:115–120

AKBR 7 Ketonkörper-Ratio, arterielle

Akkreditierung A. Steinhorst, U. Zimmermann

Akanthozyten. Abb. 1. Akanthozyten im Harnsediment (Pfeile) a rasterelektronenmikroskopisch, b Phasenkontrastmikroskopie (Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. W. Hofmann, München)

Funktion und Pathophysiologie. Akanthozyten (griech. akantha: Dorn; kythos: Höhlung, Zelle) entstehen bei der tubulären Passage von 7 Erythrozyten durch die Niere. Durch Auflagerung von TammHorsfall-Protein in den dicken aufsteigenden Schenkeln der HenleSchleife werden die Ladung und damit die Form der Erythrozytenmembran in Abhängigkeit von der Osmolalität verändert. So bilden sich bei der Passage durch das Sammelrohr während der Konzentrierung des Urins die typischen Formen mit einzelnen oder mehrfachen Ausstülpungen aus. Gegen die Vorstellung, dass diese Form der Dysmorphie während der Passage von Erythrozyten durch die Glomeruli entsteht, spricht die Beobachtung, dass die Dysmorphie bei der Anwendung von Schleifendiuretika verschwindet. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Spontanurin

am

Vormittag, der als Mittelstrahlurin gewonnen wird.

Probenstabilität. Akanthozyten sind entgegen allgemeiner Lehrmeinung bei hypertonen Urinen über 24 h bei Raumtemperatur und gekühlt, aber nicht eingefroren, stabil. Präanalytik. 10 mL Mittelstrahlurin werden bei 400 g für 5 min zentrifugiert, 95 % des Überstandes dekantiert und der Rest nach Aufschütteln zur Untersuchung verwendet.

Analytik. Akanthozyten werden im 7 Harnsediment mit Phasenkontrastmikroskopie bei 400-facher Vergrößerung gesucht und in % von 100 Erythrozyten (10–20 Gesichtsfelder) quantifiziert. Die Analyse von dysmorphen Erythrozyten mit durchflusszytometrischen (z. B.UF 100 der Fa. Sysmex) und mechanisierter digitaler Bilderfassung (z. B. iQ200 der Fa. Iris) sind noch nicht ausreichend erprobt, um eine zuverlässige Aussage zu erlauben.

Konventionelle Einheit. Die Zahl der im Harnsediment gefundenen Akanthozyten wird halbquantitativ oder in % der Erythrozyten angegeben.

Referenzbereich — Erwachsene. Auch bei Normaler Erythrozyturie werden bis zu 50 % dysmorphe Erythrozyten gefunden. Bei vermehrter Zahl von Erythrozyten spricht ein Anteil von > 10 % Akanthozyten für eine renale Ursache der Hämaturie. Indikation. Abklärung der Ursache einer teststreifenpositiven Hämat-

Englischer Begriff. accreditation (of conformity assessment bodies) Definition. Bestätigung durch eine dritte Stelle, dass eine Konformitätsbewertungsstelle festgelegte Anforderungen erfüllt und kompetent ist, bestimmte 7 Konformitätsbewertungsaufgaben durchzuführen. i Die formale Anerkennung der Kompetenz der 7 Konformitätsbewertungsstelle wird durch eine Akkreditierungsstelle erteilt. Ein Beispiel ist die Akkreditierung von Laboratorien nach der DIN EN ISO/IEC 17025 oder DIN EN ISO 15189. Dabei steht die Anerkennung der technischen (fachlichen) Kompetenz im Mittelpunkt bezogen auf bestimmte Untersuchungen oder Untersuchungsarten.

Literatur. DIN EN ISO/IEC 17000:2005 „Konformitätsbewertung – Begriffe und allgemeine Grundlagen“

Akkreditierungsstelle A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. accreditation body Definition. Bevollmächtigte Stelle, die 7 Akkreditierungen durchführt. i Akkreditierungsstellen bewerten die Kompetenz von 7 Konformitätsbewertungsstellen. Sie können den Handel erleichtern durch Förderung der globalen Anerkennung akkreditierter Konformitätsbewertungsstellen auf der Basis gegenseitiger Anerkennungsvereinbarungen zwischen den Akkreditierungsstellen. Die Anforderungen an Akkreditierungsstellen sind in der DIN EN ISO/IEC 17011 „Allgemeine Anforderungen an Stellen, die begutachten und akkreditieren“ festgelegt. Akkreditierungsstellen, die die gegenseitige Anerkennungsvereinbarung (Mutual Recognition Arrangement) mit ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) unterzeichnet haben, erfüllen nachweislich die Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17011.

Literatur. DIN EN ISO/IEC 17000:2005 „Konformitätsbewertung – Begriffe und allgemeine Grundlagen“ DIN EN ISO/IEC 17011:2005 „Allgemeine Anforderungen an Akkreditierungsstellen, die Konformitätsbewertungsstellen akkreditieren“

Aktionen O. Colhoun

urie, falls diese nicht durch andere Symptome oder Verfahren klärbar ist.

Englischer Begriff. actions

Interpretation. Ein Anteil über 10 % Akanthozyten spricht bei erhöh-

Definition. Logische Operationen aufgrund manuell/online eingegebener oder berechneter Werte in der Labor-EDV.

ter Erythrozytenzahl im Urin für eine renale Ursache der Hämaturie.

Diagnostische Wertigkeit. Die diagnostische Wertigkeit wird von den Autoren verschiedener Studien unterschiedlich beurteilt. Während erfahrene nephrologische Anwender den Wert hoch schätzen (diagnostische Spezifität 99 %, 7 Spezifität, diagnostische; diagnostische Sensitivität 43 %, 7 Sensitivität, diagnostische), wird in urologischen Kreisen wegen des Überwiegens postrenaler Ursachen der Hämaturie

i In der 7 Labor-EDV können aufgrund der Eingabe eines Messwerts bestimmte Kommentare erzeugt, zusätzliche Verfahren generiert bzw. gelöscht oder auch aufgrund der vorhandenen Ergebnisse Werte berechnet werden. Beispiele: 7 Berechnung der KreatininClearance nach Erfassung der Werte für Körpergröße, Gewicht, Urinsammelmenge und -dauer sowie Kreatininkonzentration in Serum

A

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Aktionsgrenze

und Urin; Abrechnung des Höchstwerts für eine GOÄ-Ziffer, obwohl der Auftrag eine höhere Anzahl durchgeführter Analysen enthält.

Aktuelles Bicarbonat 7 Bicarbonat, aktuelles im Plasma

Aktionsgrenze 7 Kontrollgrenze

Akute-Phase-Antwort 7 Akute-Phase-Reaktion

Aktivator R. Weiskirchen

Synonym(e). Aktivatorprotein Englischer Begriff. enhancer protein; activator Definition. Allgemeine Bezeichnung für eine Verbindung, die biologische Prozesse (z. B. Enzymreaktion, Transportprozess, Proteinbiosynthese) beschleunigt. i Aktivatoren spielen eine wichtige Rolle bei der Genregulation. Als Gegenspieler der 7 Repressoren können sie an besondere DNARegion binden (Aktivatorsequenzen) und die 7 Transkription eines benachbarten 7 Gens ermöglichen bzw. verstärken.

Aktivatorprotein 7 Aktivator

Aktivität eines Enzyms 7 Enzymaktivität

Aktivität, molale 7 Elektrolyte

Aktivitätskoeffizient 7 Elektrolyte

Akute-Phase-Proteine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Akute-Phase-Reaktanten; APP Englischer Begriff. acute-phase proteins; acute-phase reactants Definition. APP sind eine Gruppe von in der Leber (Hepatozyten) synthetisierten Plasmaproteinen, deren Konzentrationen um mindestens 25 % ansteigen (positive APP) oder abfallen (negative APP) innerhalb der ersten 7 Tage nach Beginn einer Entzündung oder Gewebeschädigung. i APP sind Ausdruck einer unspezifischen systemischen Reaktion (7 Akute-Phase-Reaktion) des Körpers auf Störungen seiner Homöostase in Form von Entzündungen durch Infektionen, Gewebeschädigungen, Neoplasien und Immunopathien. Die entzündungsauslösenden Ursachen können Infektionserreger (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten etc.), physikalische Ursachen (Wärme, Kälte, energiereiche Strahlung), chemische Noxen, Ischämie, Traumen, Operationen, bakterielle Toxine (z. B. 7 Endotoxine, LPS) oder Autoimmun- bzw. Immunkomplexprozesse sein. Die überwiegend durch MakrophagenAktivierung freigesetzten Mediatoren wie 7 Interleukin-6 (IL-6), 7 Tumornekrosefaktor α (TNF-α) und 7 Interleukin-1 induzieren in Gegenwart von Glukokortikoiden (7 Kortisol, 7 Kortikosteroide) eine transkriptionelle Expressionssteigerung der positiven APP und eine Verminderung der negativen APP (7 Abb. 1). Expressionsstärke, Sekretions- und Eliminationskinetik, funktionelle Bedeutung und diagnostische Wertigkeit der einzelnen APP sind unterschiedlich.

Akute-Phase-Proteine. Abb. 1. Produktion von Akute-Phase-Proteine in Hepatozyten, jak Januskinasen, STAT signal transducers and activators of transcription

Akute-Phase-Reaktion

Einteilung der APP in positive (Anstieg) und negative (Abfall) APP Die Zahl positiver APP ist wesentlich höher als die der negativen APP, deren Konzentration bei Akuter-Phase-Reaktion vermindert ist (7 Tab. 1). Expressionsstärke, Sekretions- und Eliminationskinetik der positiven APP Hinsichtlich des Konzentrationsanstieges und der Reaktionszeit lasAkute-Phase-Proteine. Tab. 1. Einteilung der APP in positive und negative Reaktanten (+) positive APP

(-) negative APP

Komplementfaktoren 5 C3 5 C4 5 C9 5 Faktor B 5 C1-Inhibitor 5 C4b-Bindungsprotein Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren 5 Fibrinogen 5 Plasminogen 5 Tissue-Plasminogen-Aktivator (TPA) 5 Urokinase 5 Protein S 5 Plasminogen-AktivatorInhibitor (PAI) Antiproteinasen 5 α1-Antitrypsin (α1Proteinaseinhibitor) 5 α1-Antichymotrypsin 5 Inter-α-Trypsininhibitor Transportproteine 5 Coeruloplasmin 5 Haptoglobin 5 Hemopexin Entzündungsfaktoren 5 Phospholipase A2 5 Lipopolysaccharid-Bindungsprotein (LPB) 5 Interleukin-1-RezeptorAntagonist 5 Granulozyten-colony-stimulating-Faktor (GCSF) Verschiedene Proteine 5 C-reaktives Protein (CRP) 5 Serum-Amyloid A (SAA) 5 α1-saures Glykoprotein (Orosomukoid) 5 Fibronectin 5 Angiotensinogen 5 Hepcidin

5 5 5 5 5 5 5 5

Albumin Transferrin Transthyretin (Präalbumin) α2-HS-Glykoprotein α1-Fetoprotein Thyroxin-Bindungsglobulin Insulin-like-growth-Faktor I Faktor XII

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sen sich 3 Gruppen von APP (7 Tab. 2) mit unterschiedlicher Kinetik ihres Konzentrationsverlaufs im Plasma unterscheiden (7 Abb. 2). Funktionelle Bedeutung Da die APP unterschiedlichen funktionellen Systemen zugehören, sind ihre spezifischen Aufgaben je nach Protein different. Allgemein dienen sie der Suppression und Begrenzung des entzündlichen Geschehens durch ihre Wirkung als Mediatoren, Proteinaseinhibitoren, Modulatoren und Scavenger (7 Tab. 3). Akute-Phase-Proteine. Tab. 3. Funktionen von Akute-Phase-Proteinen Mediatoren

Modulatoren

C-reaktives Protein Komplementfaktoren Plasminogen Gerinnungsfaktoren

C1-Esterase-Inhibitor Antithrombin III α1-Antiplasmin α1-saures Glykoprotein

Inhibitoren

„Scavenger“

α1-Antitrypsin α1-Antichymotrypsin Plasminogen-AktivatorInhibitor

Haptoglobin C-reaktives Protein Serum-Amyloid A

Klinischer Einsatz/Diagnostische Bedeutung Nur wenige APP werden klinisch zur Diagnostik, Aktivitätsbeurteilung und (therapeutischen) Verlaufskontrolle septischer und aseptischer Entzündungen eingesetzt. Kriterien der klinischen Wertigkeit eines APP sind schneller und starker Anstieg, eine Amplitude, die mit dem Schweregrad korreliert, relativ kurze Halbwertszeit und praktikable Bestimmungsmethoden. Prototyp eines diagnostisch wichtigen APP ist das 7 C-reaktive Protein.

Literatur. Gabay C, Kushner I (1999) Acute-Phase Proteins and other systemic responses to inflammation. N Engl J Med 340:448–454 Gressner AM, Thomas L (1995) Proteinstoffwechsel. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. Schattauer-Verlag, Stuttgart, S 194–246

Akute-Phase-Reaktanten 7 Akute-Phase-Proteine

Akute-Phase-Reaktion A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Akute-Phase-Antwort; Akutphase; APR Englischer Begriff. acute-phase-reaction; acute-phase-response

Akute-Phase-Proteine. Tab. 2. Einteilung der wichtigsten Proteine der Akute-Phase-Reaktion Gruppe (Reaktionsstärke)

Proteine

Konzentrationen (g/L) normal

Relativer Anstieg (x-fach)

Reaktionszeit (h)

I (sehr stark)

C-reaktives Protein Serum-Amyloid-AProtein (SAA)

< 0,005 < 0,03

10–1000 10–1000

6–10 6–10

II (mittel)

α1-Antichymotrypsin α1-Antitrypsin α1-saures Glykoprotein Haptoglobin Fibrinogen

0,3–0,6 1,0–2,0 0,5–1,4 1,0–3,0 3,0–4,5

3–10 2–3 2–3 2–3 2–3

10 24–48 24–48 24–48 24–48

III (schwach)

C3 C4 Coeruloplasmin

0,5–1,2 0,2–0,5 0,15–0,6

7 Tage, im Kühlschrank (2–8 °C) über einen Monat und eingefroren 6 Monate stabil. Präanalytik. Für die Probengewinnung ist dem Patienten ein breithalsiges Gefäß auszuhändigen, aus dem eine Probe von 5–10 mL in ein Urinröhrchen umgegossen werden kann, ohne dass der Urin kontaminiert wird. Beide Gefäße sind darauf zu prüfen, ob sie Albumin binden. Nach Eintreffen der Probe im Labor wird die Urinprobe wie bei der Vorbereitung des 7 Harnsediments zentrifugiert und Albumin in dem Überstand quantifiziert.

Analytik. Albumin im Urin wird mit traditionellen Teststreifen erfasst, die auf dem Prinzip des Proteinfehlers eines Indikators beruhen. Mit Hilfe eines Puffers werden Schwankungen des Urin-pH weitgehend ausgeglichen. Dieses Prinzip wurde mit einer Nachweisgrenze von ca 90–300 mg/L Albumin eingestellt. Neuere 7 Teststreifen für einen Nachweis von Albumin haben eine Nachweisgrenze von 20 mg/L. Zur Quantifizierung von Albumin im Urin sind nephelometrische und turbidimetrische Verfahren auf der Basis des immunchemischen Verfahrens anzuwenden, die ab einer Konzentration von 10 mg/L die Qualitätsstandards erfüllen sollten. Die im Plasma verwendeten kolorimetrischen Verfahren mit 7 Bromkresolgrün(methode) oder 7 Biuret(methode) sind dafür nicht geeignet. Neuerdings wurde mit HPLC eine immunologisch nicht erfassbare Subfraktion von Albumin im Urin nachgewiesen, die durch limitierte Proteolyse entsteht und deren Peptidfragmente durch nichtkovalente Peptidkettenbindungen und durch Disulfidbrücken verbunden sind. Konventionelle Einheit. mg/L mg/24 h mg/g Kreatinin μg/min

Internationale Einheit. mg/L mg/mmol Kreatinin

massam tenerrimo iam coacto ovi albumine persimilem“ („Dichte weiße Substanz wie das Eiweiß eines gekochten Eis“) im erhitzten Urin eines Patienten beschrieben, wurde der Name Albuminurie (Eiweiß) zum Leitsymptom von Nierenerkrankungen. Nach der Identifizierung des Hauptproteins im Urin als das Plasmaprotein 7 Albumin gilt die Albuminurie als Marker gesteigerter glomerulärer Proteinfiltration. Liegt die Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze konventioneller 7 Teststreifen (ca. 200 mg/L) spricht man (sprachlich falsch) von „Mikroalbuminurie“.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit.

Molmasse. 66 kDa

< 20 mg/L < 20 mg/g Kreatinin, < 2,26 mg/mmol Kreatinin < 30 mg/24 h

Funktion und Pathophysiologie. 7 Albumin wird bei einer Plasmakonzentration von ca. 50 g/L entsprechend seiner Molmasse glomerulär nur in Spuren filtriert, so dass im Primärfiltrat ca 10 mg/L erscheinen. Dies würde bei einer Filtrationsrate von 100 mL/min 1,44 g Albumin pro Tag bedeuten. Diese werden zu über 99 % im proximalen Tubulus resorbiert. Die verbleibenden 10 mg/24 h bilden nach Passage des distalen Nephrons und der ableitenden Harnwege gemeinsam mit geringen Beimengungen aus postrenaler Sekretion die normale Ausscheidungsrate von < 30 mg/d. Eine Erhöhung der Albuminausscheidung kann durch Steigerung der glomerulären Filtration (glomeruläre Proteinurie, bis > 5 g/d), der tubulären Rückresorption (tubuläre Proteinurie, bis ~1,5 g/d) und durch postrenale Blutung und Sekretion (postrenale Proteinurie mit Hämaturie) verursacht sein. Eine Differenzierung ist allein durch Bestimmung von Albumin im Urin nicht möglich (7 Proteinuriediagnostik). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Zum qualitativen Nachweis von Albumin im Urin dient erster oder zweiter Morgenurin, der als 7 Mittelstrahlurin gewonnen wird. Zur Quantifizierung dient traditionell der 24-h-Sammelurin als Untersuchungsmaterial. Dies kann ohne Informationsverlust durch Spontanurin am Vormittag

mg/g Kreatinin × 0,11 = mg/mmol Kreatinin mg/mmol Kreatinin × 8,85 = mg/g Kreatinin

Referenzbereich — Erwachsene. < 20 mg/L < 20 mg/g Kreatinin, < 2,26 mg/mmol Kreatinin < 30 mg/24 h

Referenzbereich — Kinder.

Indikation. 7 Teststreifenuntersuchung auf Albumin/Protein gehört zum allgemeinen Screening. Bei Risikopatienten (z. B. Diabetes mellitus, Hypertoniker) sollte zum Ausschluss einer Mikroalbuminurie ein sensitiver Teststreifen verwendet werden, der Albuminurien ab 20 mg/L nachweisen kann. Eine Quantifizierung ist bei jedem positiven Teststreifenergebnis indiziert. Zur Differenzierung eines positiven Proteinteststreifens gemeinsam mit einem tubulären Marker(7 Proteinuriediagnostik) und anderen Teststreifenuntersuchungen (Blut, Leukozyten, Nitrit) und ggf. 7 Harnsediment.

Interpretation. Jede nachgewiesene Erhöhung von Albumin im Urin ist als Leitsymptom einer Nierenfunktionsstörung zu sehen und auf seine Ursache abzuklären. Sog. „Mikroalbuminurie“ liegt vor, wenn Albumin im Urin 20– 200 mg/L oder 20–300 mg/g Kreatinin (2,26–34 mg/mmol Kreatinin). Diese ist als frühes Leitsymptom einer diabetischen Nephropathie Stadium 1a, aber auch einer beginnenden Nephrosklerose und anderer glomerulärer Erkrankungen bekannt. Diese Ursachen sind zu

Aldosteron

unterscheiden von tubulären und postrenalen Formen der Mikroalbuminurie (7 Proteinuriediagnostik). Eine Albuminurie > 300 mg/24 h oder mg/g Kreatinin wurde als „Makroalbuminurie“ bezeichnet. Sie zeichnet das Stadium 1b–3 der diabetischen Nephropathie aus, ist aber auch Leitsymptom aller Glomerulonephritiden. Ab einer Albuminurie von 3 g/24 h liegt eine nephrotische Proteinurie vor, die mit ihren Leitsymptomen Hypoalbuminämie, Hyperlipoproteinämie und Ödemen das nephrotische Syndrom charakterisiert. Bei postrenaler Blutung kommt es ebenfalls zur begleitenden Albuminurie im Rahmen der postrenalen Proteinurie, die im Bereich der Mikro- aber auch der Makroalbuminurie liegen kann. Dies ist durch Analyse der Ursache der Hämaturie zu unterscheiden.

Diagnostische Wertigkeit. Nachdem die Proteinurie als Leitsymptom und Ursache des Nierenversagens erkannt wurde, ist der Nachweis einer Albuminurie das wichtigste Frühsymptom vieler Nierenerkrankungen. Sie stellt neben ihrer diagnostischen Bedeutung auch eine Indikation für präventive Massnahmen zum Schutz der Niere dar (z. B. Behandlung mit ACE-Hemmern). Die nicht-immunreaktive Albuminsubfraktion kann möglicherweise Bedeutung für die Frühdiagnose der diabetischen Nephropathie erlangen.

Literatur. Hasslacher C, Wolf G, Kampe P, Ritz E (2008) Diabetische Nephropathie. In: Praxisleitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. Diabetol 3, Suppl 2:S143–146 Hofmann W, Ehrich JHH, Guder WG, Keller F, Scherberich JE (2011) Diagnostische Pfade bei Nierenerkrankungen. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 40:47–70 Osicka TM, Comper WD (2004) Characterization of Immunochemically Nonreactive Urinary Albumin. Clin Chem 50:2286–2291 Schena FP (1994) Domenico Cotugno and his interest in Proteinuria. Am J Nephrol 14:325–329

Albumin-Liquor/Serum-Quotient 7 QAlbumin

Albuminometer nach Esbach 7 Esbach-Probe

Aldehyddehydrogenase, der Erythrozyten bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Aldehydreaktion, umgekehrte 7 Hoesch-Test

Alder-Granulationsanomalie H. Baum

Synonym(e). Alder-Reilly-Granulationsanomalie Englischer Begriff. Alder’s anomaly Definition. Hereditäre Granulationsanomalie der Leukozyten in Folge einer enzymopathischen Polysaccharidspeicherung i Die Alder-Granulationsanomalie, benannt nach ihrem Erstbeschreiber, dem Schweizer Hämatologen Albert von Alder (1888– 1951), beschreibt das Auftreten von plumpen, azurophilen Granula in den 7 Leukozyten, wobei alle Zelllinien betroffen sind. In den Eosinophilen erscheinen die Granula dabei eher basophil, in den Lymphozyten sind es große, grobe Azurgranula. Sie sind Ausdruck einer Speicherung von 7 Mukopolysacchariden (MPS) und können bei bestimmten hereditären Mukopolysaccharidosen (Dysostosis multiplex, Pfaundler-Hurler-Syndrom, MPS Typ VI und VII) nachgewiesen werden. Funktionell handelt es sich um eine harmlose Anomalie.

39

Literatur. Alder A (1939) Über konstitutionell bedingte Granulationsveränderungen der Leukocyten. Dtsch Arch Klin Med 183:372–378 Löffler H, Rastetter J (1999) Atlas der klinischen Hämatologie. 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 44–46

Alder-Reilly-Granulationsanomalie 7 Alder-Granulationsanomalie

ALDH 7 Acetaldehyddehydrogenase

18-Aldokortikosteron 7 Aldosteron

Aldolase A K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Fruktose-1,6-Diphosphat-Aldolase;

Muskelaldolase;

EC 4.1.2.13

Englischer Begriff. fructose-bisphosphate aldolase; aldolase A Definition. Enzym der Glykolyse. Katalysiert die Reaktion D-Fruktose 1,6-bisphosphat → Glyzerophosphat + D-Glyzeraldehyd-3-Phosphat. Aldolase A ist eine aus vier A-Untereinheiten bestehende Isoform der Aldolase, die vorwiegend in Muskelzellen (Skelett und Herz) sowie fetalen Geweben vorkommt. Das aktive Homotetramer hat eine Molmasse von ca. 159 kDa. i Neben Aldolase A gibt es noch 7 Aldolase B (vorwiegend in der

Leber) und Aldolase C (vorwiegend im Gehirn). Die Bestimmung von Aldolaseaktivität im Serum oder Plasma spielt in der Diagnostik von Muskel- oder Lebererkrankungen wegen ihrer mäßigen Spezifität heute keine Rolle mehr. Genetische Defekte der Aldolase A führen zu einer hämolytischen Anämie.

Aldolase B K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Fruktose-1,6-Diphosphat-Aldolase; Leberaldolase; Fruktaldolase; EC 4.1.2.13 Englischer Begriff. fructose-bisphosphate aldolase; aldolase B; livertype aldolase

Definition. Spezifität wie 7 Aldolase A. Homotetramer aus vier BUntereinheiten, das vorwiegend in der Leber exprimiert wird. Molmasse des Tetramers ca. 159 kDa. i Genetische Defekte der Aldolase B liegen der autosomal rezessiven Fruktoseintoleranz zugrunde. Diagnostisch spielt die enzymatische Bestimmung der Aldolase B keine Rolle. Die Diagnostik der Fruktoseintoleranz ist ebenfalls nicht von der Bestimmung der Aldolase-B-Aktivität in der Leberbiopsie abhängig, da Symptomatik und Ansprechen auf Fruktoserestriktion die Diagnose praktisch sichern. Untersuchung des Aldolase-B-Gens ist möglich.

Literatur. Ali M, Rellos P, Cox TM (1998) Hereditary fructose intolerance. J Med Genet 35:353–365

Aldosteron W. Hubl

Synonym(e). Reichstein X; 18-Aldokortikosteron; Renin-Angiotensin-Aldosteron-System

Englischer Begriff. aldosterone Definition. Nebennierenrindenhormon mit Mineralokortikoidwirkung

A

40

Aldosteron

Struktur. 4-Pregnen-18-al-11β,21-Diol-3,20-Dion-(11-18)-Lactol, C21H28O5

Molmasse. 360,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

5 Synthese (7 Steroidhormone, Abb. 1): Aldosteron wird in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde (NNR) aus dem Cholesterin gebildet. Hierbei sind verschiedene spezifische Enzyme beteiligt: das Cholesterin-Seitenketten-abspaltende Enzym CYP11A1 (P450SCC) führt zum Pregnenolon, die 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase 3β-HSD bildet das 7 Progesteron, mit Hilfe der C-21-Hydroxylase CYP21A2 (P450C21) wird 11-Desoxykortikosteron gebildet und die C-11-Hydroxylase CYP11B1 (P450C11β) synthetisiert schließlich das Kortikosteron. Mit Hilfe der Aldosteronsynthase CYP11B2 (P450AS Typ I: 18-Hydroxylase/Typ II: 18-OH-Dehydrogenase), die ausschließlich in der Zona glomerulosa vorkommt, wird das Endprodukt Aldosteron gebildet. 5 Transport: Im Blut ist Aldosteron zu 60 % mit geringer Affinität an Proteine (vorwiegend 7 Albumin) gebunden. Ein relativ großer Anteil des Aldosterons liegt in freier, biologisch aktiver Form vor.

Halbwertszeit. 30 min Funktion und Pathophysiologie. Die Regulation der Aldosteronsynthese erfolgt über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (7 Abb. 1). Steigt die Aldosteronkonzentration an, bewirkt dies am distalen Tubulus der Nieren eine verstärkte Natrium- und Wasserretention mit einem Blutdruckanstieg, worauf die Reninsekretion der Niere abgesenkt wird. Das Renin spaltet von dem Angiotensinogen aus der Leber vier Aminosäuren ab, wodurch das biologisch inaktive Angiotensin I entsteht. Durch einen weiteren Abbau wird mit Hilfe des AngiotensinConverting-Enzymes (ACE) das Oktapeptid Angiotensin II gebildet. Dieses Peptid hat eine vasopressorische Wirkung auf den Blutdruck. Andererseits stimuliert es über den Angiotensin-II-Rezeptor Typ 1 in der Zona glomerulosa der NNR die Aldosteronsynthese, wodurch der Regelkreis geschlossen wird. Erhöhte Aldosteronkonzentrationen werden durch einen Reninabfall und eine verminderte AngiotensinII-Konzentration in einen physiologisch sinnvollen Bereich abgesenkt. 5 Hyperaldosteronismus 5 Primärer Hyperaldosteronismus (PHA): Aldosteron erhöht, 7 Renin erniedrigt: 5 Conn-Syndrom (60–80 % des PHA): Die Ursache liegt in einem Nebennierenrindenadenom, das autonom vermehrt Aldosteron produziert.

Aldosteron. Abb. 1. Regulation des Renin-Aldosteron-Systems

5 Idiopathischer Hyperaldosteronismus (25 % des PHA): Es handelt sich um eine bilaterale Hyperplasie der Nebennierenrinde, die zur erhöhten Aldosteronproduktion führt. 5 Primäre makronoduläre Hyperplasie der Nebennierenrinden (1–5 % des PHA). 5 Glukukortikoid-supprimierbarer Hyperaldosteronismus (1–3 % des PHA): Autosomal dominant vererbte Form des Hyperaldosteronismus als Folge einer Mutation der Aldosteronsynthetase, bei der ein chimäres Gen aus CYP11B1 und CYP11B2 gebildet wird, in deren Folge das Mineralokortikoid 11-Desoxykortikosteron, neben 18-OH-Kortisol, vermehrt produziert wird. Das 11-Desoxykortikosteron unterliegt der ACTH-Kontrolle, sodass dieser Mineralokortikoidübeschuss mit Glukokortikoiden gehemmt und die Hypertonie geheilt werden kann. 5 Sekundärer Hyperaldosteronismus: Aldosteron und Renin erhöht 5 Nierenarterienstenose (Renovaskuläre Hypertonie): Hierbei liegt entweder eine fibromuskuläre Hyperplasie oder eine Atherosklerose der Nierenarterien vor. 5 Renin-bildende Tumoren mit renalen Tumoren, dem Nephroblastom (Wilms-Tumor) oder extrarenalen Renin-bildenden Tumoren mit Lungenkarzinomen oder Karzinomen des uterogenitalen Trakts. 5 Maligne Hypertonie assoziiert mit Gefäßschädigungen (Netzhautblutungen, Enzephalopathie, Papillenödem). 5 Schwangerschaft: Östrogeninduzierte Erhöhungen des Reninsubstrates sowie die Anti-Aldosteronwirkung des erhöhten Progesterons bewirken eine Renin- und Aldosteronerhöhung. 5 Verminderung des Extrazellulärvolumens infolge Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen, Durchfälle, Diuretika etc. führen gegenregulatorisch zur Erhöhung von Renin und Aldosteron. 5 Pseudohypoaldosteronismus Typ I (PHA I). Ursache: Aldosteronrezeptordefekt (autosomal dominante Form) oder Mutation im epithelialen Natriumtransporter (autosomalrezessive Form). Symptom: Salzverslust in der Kindheit; Therapie: Kochsalzgaben (resistent gegenüber Mineralokortikoidtherapie). Hormondiagnose: Erhöhtes Aldosteron und erhöhtes Renin. 5 Herzinsuffizienz, Leberzirrhose: verminderte metabolische Clearance von Aldosteron. 5 Bartter-Syndrom: fehlende Natrium-Rückresorption durch Mutationen des Furosemid-sensitiven Na+/K+/2Cl-Kotransporters, des apikalen K+-Kanals oder des basolateralen ClKanals.

Aldosteron

5 Gitelman-Syndrom: Mutation im Thiazid-sensitiven Natriumchlorid-Kotransporter mit folgender Hypokaliämie 5 Hypoaldosteronismus: 5 Aldosteronsynthase-Typ-I-Defekt, 18-Hydroxylasemangel (früher Kortikosteron-Methyloxidase (CMO)-Typ-I-Mangel). Ursache: Mutationen im Aldosteron-Synthase-Gen CYP11B2, z. B. E255X und R384P. Neben Aldosteronabfall und Reninanstieg – Erniedrigung des 18-Hydroxykortikosterons. 5 Aldosterosynthase-Typ-II-Defekt, 18-Oxidase-(18-OH-Dehydrogenase)-Mangel [früher: Kortikosteron-Methyl-Oxidase (CMO)-Typ-II-Mangel]. Ursache: Andere Mutationen im gleichen Aldosteron-Synthase-Gen CYP11B2, z. B. R181W und V386A. Neben Aldosteronabfall und Reninanstieg-Erhöhung des 18-Hydroxykortikosterons. 5 Hyporeninämischer Hypoaldosteronismus. Ursache: Verminderte Reninproduktion bei Diabetes mellitus, milder Nierenschädigung, einem Defekt der Umwandlung von Reninvorstufen zum aktiven Renin. Hormondiagnose: Erniedrigtes Renin und erniedrigtes Aldosteron. 5 Hypoaldosteronismus bei schwer kranken Patienten mit erhöhtem Renin. Ursache: Verschiebung der Steroidbiosynthese von den Mineralkortikoiden zu den Glukokortikoiden infolge der langandauernden ACTH-Stimulation. 5 Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison). Ursachen: NNR-Atrophie infolge einer Autoimmunerkrankung mit Antikörpern gegen die Steroid-21-Hydroxylase (P450C21), Tumormetastasen, Tbc. Hormondiagnose: Neben erniedrigtem 7 Kortisol auch erniedrigtes Aldosteron.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin

41

Aldosteron. Tab. 3. Referenzbereiche Erwachsene (Urin) Urin (24-h-Sammelurin) Freies Aldosteron plus Aldosteron-C-18-Glukuronid Freies Aldosteron

Konzentration (nmol/d) 6–45

0,17–0,89

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 4 Aldosteron. Tab. 4. Referenzbereiche Kinder (Serum) Alter

Serumkonzentration (pmol/L)

1. Tag

600–2920

5. Tag

200–2300

6.–30. Tag

190–2250

1–12 Monate

190–1530

1–2 Jahre

170–1370

2–6 Jahre

110–750

6–14 Jahre

85–410

Probenstabilität. 7 Tab. 1 Indikation.

Aldosteron. Tab. 1. Probenstabilität Temperatur ( °C)

20–25

4–8

–25

Probenstabilität Blut

8h

Serum, Plasma

8h

Hypertonie, Nebennierenrinden-Erkrankungen Primärer und sekundärer Hyperaldosteronismus Hypoaldosteronismus Adrenogenitales Syndrom

Interpretation. 24 h

> 3 Monate

Präanalytik.

5 Erhöhungen bei Orthostase (aufrechter Körperhaltung), Einnahme von Diuretika, Spironolaktone, Natriumentzug, natriumarme Kost, Gravidität 5 Erniedrigungen bei Natriumzufuhr, natriumreicher Kost

Analytik.

5 7 Immunoassays, 7 Chemilumineszenz-Immunoassays, ELISA (7 Enzyme-linked immunosorbent assay), 7 Radioimmunoassay. 5 Freies Aldosteron im Urin: Extraktion, 7 Chromatographie, RIA 5 Referenzmethode: 7 Isotopenverdünnung-GaschromatographieMassenspektrometrie (7 GC-MS)

Konventionelle Einheit. ng/L Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit.

5 Serum-Aldosteron: ng/L × 2,77 = pmol/L 5 Harn-Aldosteron-C-18-Glukuronid: μg/24 h × 1,81 = nmol/24 h

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 2; 7 Tab. 3 Aldosteron. Tab. 2. Referenzbereiche Erwachsene (Serum, Plasma) Serum oder Plasma

5 5 5 5

Konzentration (pmol/L)

Liegende Körperhaltung

80–450

Aufrechte Körperhaltung

100–870

Erhöhungen: 5 Sekundärer Hyperaldosteronismus 5 Nierenarterienstenose 5 Flüssigkeitsverluste, Diuretika 5 Herzinsuffizienz, nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose 5 Bartter-Syndrom (ohne Hypertonie) 5 Primärer Hyperaldosteronismus (PHA) 5 Aldosteronproduzierendes Adenom, Conn-Syndrom (60–80 % des hypokaliämischen und 30 % des normokaliämischen PHA) 5 Idiopathischer primärer Hyperaldosteronismus (25 % des hypokaliämischen und ca 60 % des normokaliämischen PHA) 5 Primäre Makronoduläre Hyperpasie der Nebennieren (1–5 % des PHA) 5 Glukokortikoid-Supprimierbarer Hyperaldosteronismus (1–3 % des PHA) 5 Pseudohypoaldosteronismus Erniedrigungen: 5 Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz, Morbus Addison 5 Isolierter Mineralokortikoidmangel: 5 18-Hydroxylasemangel Typ II 5 Aldosteron-Synthetasedefekt, Methyl-Oxidase Typ-II-Defekt 5 Sekundärer hyporeninämischer Hypoaldosteronismus Ergänzende Untersuchungen: 7 Renin, 7 Orthostase-Test, 7 ACTHTest bei Verdacht auf eine NNR-Insuffizienz, 7 Aldosteron-ReninQuotient.

Diagnostische Wertigkeit.

5 Basisdiagnostik des Hyper- bzw. Hypoaldosteronismus 5 Weiterführende Differenzialdiagnostik mit Renin bzw. Funktionstesten (7 Tab. 5)

A

42

Aldosteron-18-Glukuronid

Aldosteron. Tab. 5. Primärer Hyperaldosteronismus vs. essenzieller Hypertonie

Diagnostische Sensitivität (%)

Diagnostische Spezifität (%)

Aldosteron im Serum

89

91

Freies Aldosteron im Urin

87

85

Literatur. Hubl W, Thomas L (2005) Renin-Angiotensin-AldosteronSystem. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1406–1424 Abdelhamid S, Blomer R, Hommel G et al (2003) Urinary tetrahydroaldosterone as a screening method for primary aldosteronism: a comparative study. Am J Hypertens 16:522–530

Aldosteron-18-Glukuronid W. Hubl

Englischer Begriff. aldosterone-18-glucuronide Definition. Aldosteron-18-Glukuronid entsteht durch Konjugierung

von 7 Aldosteron mit Glukuronsäure und wird über die Niere im Harn ausgeschieden.

i Das Aldosteron-18-Glukuronid wird ohne vorherigen Abbau oder Reduktion direkt mit Glukuronsäure konjugiert und im Harn ausgeschieden. Es diente – vor der Etablierung moderner Analysenverfahren für Aldosteron – zur Basisdiagnostik des Hyper- bzw. Hypoaldosteronismus. Angesichts des relativ hohen analytischen Aufwands (Hydrolyse, Extraktion, anschließende 7 Chromatographie bzw. 7 Immunoassay) und der eingeschränkten diagnostischen Sensitivität gilt die Bestimmung des Aldosteron-18-Glukuronids heute als obsolet.

Literatur. Hubl W, Thomas L (2005) Renin-Angiotensin-AldosteronSystem. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1406–1424

Aldosteron-Renin-Quotient

renzbereich des Renins. Die diagnostische Sensitivität des Aldosteron-Renin-Quotienten wird von 66 und 89 % bei einer Spezifität von 67–100 % angegeben, die höheren Werte unter der Berücksichtigung einer Aldosteronkonzentration über 360 pmol/L (oberer Referenzbereich oder höher). Methoden 5 Aldosteron und Renin-Konzentration 5 7 Chemilumineszenz-7 Immunoassays (CLIA), 7 Radioimmunoassay

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma. Probenstabilität. Bei Raumtemperatur 4 h stabil. Nicht kühlen, da es zur Kryoaktivierung des Renins kommen kann! Tiefgefroren 12 Monate stabil. Blutentnahme nach mindestens 2 h aufrechter Körperhaltung (Gehen/Stehen) des Patienten, da die ARQ-Werte bei Untersuchungen nach liegender Körperhaltung signifikant niedriger liegen als nach aufrechter Körperhaltung. Referenzbereich — Erwachsene. Aldosteron-Renin-Quotient: 0,1–71 (pmol/L/mIU/L). Der cutoff-Wert von 71 wurde für Screeningzwecke bei einer Sensitivität von 100 % festgelegt. Die diagnostische Spezifität beträgt hierbei auch 100 %. Cut-off-Wert: Pathologisch (primärer Hyperaldosteronismus): ARQ > 71 mit einer Aldosteronkonzentration über 360 pmol/L Zur Beachtung: Die Cut-off-Werte des ARQ sind abhängig von den angewandten Methoden (z. B. Renin-Aktivität oder -Konzentration) und den verwendeten Dimensionen, deshalb schwanken die Cut-offAngaben in der Literatur von 3–1000. ARQ-Wert [pmol/L/mIU/L] bei Patienten mit essenzieller Hypertonie 0,1–191; bei primärem Hyperaldosteronismus 7–1000 Bei primärem Hyperaldosteronismus beträgt die diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) 84 % und die diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) 100 %.

Indikation.

5 Hypertonie mit spontaner Hypokaliämie 5 Hypertonie und durch Diuretika provozierbare Hypokaliämie 5 Akzelerierte Verlaufsform der Hypertonie und therapieresistente Hypertonie (≥ 3 Antihypertensiva) 5 Nebennierenzufallstumor und Hypertonie.

Definition. Der Aldosteron-Renin-Quotient dient zur Diagnose des

Literatur. Perschel FH, Schemer R, Seiler L et al (2004) Rapid Screening Test for Primary Hyperaldosteronism: Ratio of Plasma Aldosterone to Renin Concentration Determined by Fully Automated Chemiluminescence Immunoassays. Clin Chem 50:1650–1655 Schwartz GL, Chapman AB, Boerwinkle E et al (2002) Screening for primary aldosteronism: Implications of an increased plasma aldosterone/renin ratio. Clin Chem 48:1919–1923

primären Hyperaldosteronismus, insbesondere bei Patienten mit Normokaliämie im Frühstadium der Erkrankung, wobei die 7 Renin- bzw. 7 Aldosteronwerte noch im Referenzbereich bzw. im leicht erhöhten Bereich liegen können.

7 Kochsalz-Belastungstest

W. Hubl

Synonym(e). ARQ Englischer Begriff. aldosterone-renin-ratio

Durchführung. Aldosteron- und Renin-Bestimmungen werden routinemäßig zur Diagnose des primären und sekundären Hyperaldosteronismus eingesetzt. Der primäre Hyperaldosteronismus wird im fortgeschrittenen Stadium durch die charakteristische Laborkonstellation einer supprimierten Reninkonzentration bei erhöhtem Aldosteron – kombiniert mit einer Hypokaliämie und metabolischer Alkalose – angezeigt. Schwieriger gestaltet sich die Labordiagnostik im Frühstadium der Erkrankung. Hier liegt häufig über Jahre noch eine Normokaliämie mit Hormonwerten im Referenzbereich vor. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass der primäre Hyperaldosteronismus – unter Berücksichtigung dieser normokaliämischen, milden Form – wesentlich häufiger vorkommt als vermutet und 2,6– 11 % der Hypertoniker einer Hypertonie-Spezialambulanz betreffen kann, 61 % davon normokaliämisch und 39 % hypokaliämisch. Neben der getrennten Erfassung der Hormone wird nun eine Quotientenbildung aus Aldosteron und Renin als Screeninguntersuchung empfohlen mit dem Vorteil eines pathologischen Ergebnisses bereits im oberen Referenzbereich des Aldosterons bzw. im unteren Refe-

Aldosteron-Suppressionstest Alias 7 Benutzer-Kennung

Alkalidenaturierung H. Baum

Englischer Begriff. alkali denaturation Definition. Bestimmung des Hämoglobin F durch Denaturierung des Hämoglobin A (HbA) im alkalischen Milieu

Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Hämoglobin wird in Cyanhämiglobin überführt. Durch Zugabe von Natronlauge wird HbA denaturiert und anschließend mit Ammonsulfat gefällt. Das in Lösung gebliebene 7 Hämoglobin F (HbF) wird im Überstand photometrisch gemessen. Einsatzgebiet. Bestimmung von HbF im Blut.

Alkaloide

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut Instrumentierung. Handmethode Fehlermöglichkeit.

5 Inkubationszeiten müssen strikt eingehalten werden 5 Hämoglobin Barts wird nicht denaturiert und mitgemessen 5 Ammonsulfatlösung muss gesättigt sein (40 % gesättigte Lösung)

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Aufwändige Handmethode, sie ist nicht automatisierbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Klassische Methode zur HbF-Bestimmung. Sie wird jedoch nur noch selten durchgeführt und ist durch andere Methoden (Elektrophorese, HPLC) ersetzt.

Literatur. Huber H, Pastner D, Gabl F (1972) Laboratoriumsdiagnose hämatologischer und immunologischer Erkrankungen. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 216–218

Alkalireserve O. Müller-Plathe

Synonym(e). CO2-Bindungskapazität Englischer Begriff. CO2-combining power Definition. Gehalt des Plasmas an Gesamt-CO2 (CO2, H2CO3 und HCO3–) nach Äquilibrierung auf pCO2 = 40 mmHg und bei Raumtemperatur i Die Alkalireserve war die erste, noch mangelhaft standardisierte Messgröße, mit der Hinweise auf einen Mangel oder einen Überschuss an 7 Bicarbonat erhalten werden konnten. Dabei wurde die CO2-Bestimmung volumetrisch nach CO2-Absorption durchgeführt. Der Parameter ist obsolet. Er wurde im Jahr 1957 durch 7 Standardbicarbonat ersetzt.

Literatur. Peters JP, van Slyke DD (1932) Quantitative Clinical Chemistry. II. Methods. 1st edn. Williams and Wilkins, Baltimore

Alkalische Leukozytenphosphatase 7 Leukozytenphosphatase, alkalische

Alkalische Neutrophilenphosphatase 7 Leukozytenphosphatase, alkalische

Alkalische Phosphatase(-Isoenzyme) 7 Phosphatase, alkalische

Alkaloide T. Arndt

Englischer Begriff. alkaloids Definition. Basische, zumeist heterozyklische, im Pflanzenreich vorkommende, das Tierreich aber nicht ausschließende, Stickstoffverbindungen. Einige neutrale, biogenetisch von basischen Alkaloiden abstammende Verbindungen können den Alkaloiden zugeordnet werden. Aminosäuren, Peptide, Proteine, Nukleotide, Nukleinsäuren und Aminozucker werden gewöhnlich nicht den Alkaloiden zugeordnet (7 IUPAC-Definition). i Der Begriff Alkaloid wurde im Jahr 1819 vom Apotheker Carl Friedrich Wilhelm Meißner (1792–1853) vorgeschlagen. In seiner Arbeit „Ueber ein neues Pflanzenalkali (Alkaloid)“ beschreibt er ein Extrakt aus dem Samen des Läusekrauts (Sabadill, Schoenocaulon officinale) und schließt seinen Bericht mit folgender Schlussfolgerung: „Wäre es erlaubt diesem Stoff einen eigenen Namen zu geben, so würde ich vor der Hand Sabadillin vorschlagen; sollte er jedoch auch in anderen Arten von der Gattung Veratrum aufgefunden werden, so würde es wohl besser seyn ihn Veratrin zu nennen. Ueberhaupt

43

scheint es mir auch angemessen, die bis jetzt bekannten alkalischen Pflanzenstoffe nicht mit dem Namen Alkalien, sondern Alkaloide zu belegen, da sie doch in manchen Eigenschaften sehr von den Alkalien abweichen; sie würden daher in dem Abschnitt Pflanzenchemie ihre Stelle vor den Pflanzensäuren finden.“ Diese „Urdefinition“ der Alkaloide berücksichtigt also ausschließlich die alkaliähnlichen Eigenschaften der so bezeichneten Pflanzeninhaltsstoffe. Später wurden als Alkaloide basisch reagierende, N-heterozyklische Pflanzeninhaltsstoffe mit pharmakologischer Wirkung bezeichnet. Beide Definitionen sind jedoch nicht mehr tragfähig. So wurden einige nicht basisch reagierende N-Heterozyklen (z. B. Theobromin aus dem Kakaobaum Theobroma cacao), einige basisch reagierende Verbindungen ohne N-Heterozyklus aber mit Stickstoff in der Seitenkette (z. B. Ephedrin aus dem Gewöhnlichen Meerträubel Ephedra distachya und 7 Mescalin aus dem Peyotekaktus Lophophora williamsii), sowie einige nicht basisch reagierende und keinen N-Heterozyklus enthaltende Stoffe (z. B. Colchicin aus der Herbstzeitlosen Colchicum autumnale), den Alkaloiden zugeordnet (7 Abb. 1). Mit der Entdeckung von Alkaloiden im Reich der Tiere (z. B. Bufotenin (7 Abb. 1) aus der Agakröte Bufo marinus), im Reich der Pilze (z. B. 7 Psilocybin aus den Psilocybe-Pilzen) und der Beschreibung einer endogenen Alkaloidsynthese im Menschen (z. B. Tetrahydropapaverolin, Salsolinol, Norlaudanosolin und 7 Morphin), ist auch das Kriterium pflanzlicher Herkunft für eine allgemeingültige Alkaloiddefinition ungeeignet. Auch die pharmakologische Wirkung erscheint als unscharfes Kriterium, da diese mehr oder minder ausgeprägt sein kann und u.U. erst nach enzymatischer oder nichtenzymatischer Umwandlung (Giftung) des Alkaloids nachweisbar wird. Darüber hinaus sind einerseits auch viele Nichtalkaloide pharmakologisch wirksam und werden andererseits wichtige Wirkstoffe trotz Alkaloideigenschaften nicht den Alkaloiden zugeordnet, z. B. einige Antibiotika und Vitamine. Eine Abgrenzung der Alkaloide von anderen stickstoffhaltigen Verbindungen erfolgt auch über die Biogenese. Danach leitet sich das Kohlenstoffskelett bei den echten Alkaloiden ganz oder teilweise aus einer oder mehreren Aminosäuren ab, während z. B. Kohlenstoffgerüst und Stickstoff der Pseudoalkaloide nicht aus Aminosäuren, sondern oft aus isoprenoiden (7 Abb. 2) Verbindungen und späterem Einbau des Stickstoffs aus Ammonium stammen. Eine Untergruppe der Pseudoalkaloide sind z. B. die Terpenalkaloide mit dem hochtoxischen Aconitin aus dem Eisenhut, Aconitum spec. Schließlich sei noch erwähnt, dass Alkaloide ohne N-Heterozyklus aber mit einer stickstoffhaltigen Seitenkette auch als Protoalkaloide bezeichnet werden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass eine allgemeingültige Definition der Alkaloide derzeit nicht vorliegt. Bei der Vielzahl der mehr als Zehntausend Alkaloide ist nicht nur eine allgemeingültige Definition, sondern auch eine einheitliche Klassifizierung problematisch. Letztere erfolgt u. a. anhand der Herkunft, d. h. nach den Gattungen und Familien der Herkunftsorganismen (z. B. Aconitum-, Solanum-, Tabak-, Krötenalkaloide), nach der chemischen Struktur (z. B. Indol- und Isochinolinalkaloide als die quantitativ bedeutendsten Alkaloidgruppen; 7 Abb. 2) oder der pharmakologischen Wirkung (z. B. Halluzinogene wie Psilocybin, Stimulantien wie 7 Coffein, Sedativa wie Morphin). Auch hier sind Mehrfachzuordnungen durchaus möglich. Alkaloide gehören zu den Stoffen des 7 Sekundärstoffwechsels, sind also nicht für das unmittelbare Überleben ihrer Produzenten wichtig. Ihre biologische Funktion wird vor allem im Schutz vor Fressfeinden und mikrobieller Infektion gesehen. Alkaloide unterliegen in ihren Produzenten einem ständigen Turnover. Zum Schutz vor einer Selbstvergiftung sind Synthese- und Speicherorte gewöhnlich getrennt, d. h. hohe Alkaloidkonzentrationen liegen in speziellen, vom primären Stoffwechsel weitgehend getrennten, Speicherzellen oder Säften (Pflanzen) bzw. Drüsen, Nesselzellen und Sekreten (Tiere) vor. So wird z. B. 7 Nikotin in der Wurzel der Tabakpflanze produziert und in den Blättern als Schutz vor Fressfeinden gespeichert. Eigenschutz wird auch durch die Synthese spezieller Transport- und Speicherformen (z. B. N-Oxide) erreicht, die als sog. Prodrug vom „Feind“ aufgenommen und erst in dessen Organismus durch chemische Modifikation in das eigentliche, toxische Alkaloid umgewandelt werden. Für die toxikologische Bewertung einer Alkaloidvergiftung sind deshalb Kenntnisse zu den aufgenommenen Pflanzenteilen sowie zur Phar-

A

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Alkaloide

O

OH

CH3

HN

NH2

H3CO

H N

N

CH3 O

H3CO

CH3

N

N

OCH3

CH3 Theobromin

Ephedrin

Mescalin

O

H3CO N

C

CH3

HO

H

H3CO

N N H

H3CO O Colchicin

H3CO

CH3

H3C

Bufotenin

Alkaloide. Abb. 1. Beispiele für nicht basisch reagierende N-heterozyklische (Theobromin), basisch reagierende nicht heterozyklische (Ephedrin, Mescalin), nicht basisch reagierende und nicht heterozyklische (Colchicin) sowie nicht pflanzliche (Bufotenin) Alkaloide (Erläuterungen s. Text)

Strukturelement

N N

N

Pyridin in 7 Nikon

Chinolin in 7 Chinidin

N N

Isochinolin in 7 Morphin

CH3

N

Strukturelement N

N H

Purin in 7 Coffein

N H Tropan in 7 Kokain

Indol in Mitragynin 7 Kratom

Strukturelement Isopren in Terpen-Pseudoalkaloiden Alkaloide. Abb. 2. Grundstrukturelemente ausgewählter Alkaloidgruppen mit Beispielalkaloiden (Strukturformeln s. unter dem jeweiligen Stichwort)

makodynamik und Pharmakokinetik der jeweiligen Alkaloide von Bedeutung. Viele Alkaloide haben strukturelle Ähnlichkeiten mit 7 Neurotransmittern. Sie wirken wie diese auf prä- und postsynaptische Rezeptoren, auf Enzyme des Neurotransmitterstoffwechsels oder auf die Neurotransmittersynthese und -ausschüttung und lösen dadurch (z. T. konzentrationsabhängig) stimulierende oder inhibierende Effekte am Nervensystem oder der Muskulatur aus. Einige Alkaloide wirken unmittelbar zellulär und können, in dem sie z. B. entsprechende Enzyme aktivieren oder hemmen, zytostatische, zytotoxische, mutagene oder karzinogene Effekte auslösen. Im Rahmen der klinisch-chemischen Laboratoriumsdiagnostik sind Alkaloide als Pharmaka, als Bestandteil missbrauchter 7 Drogen und als Ursache akuter, inzidenteller Intoxikationen bedeutsam. Zum Nachweis einiger Alkaloide sind Schnelltests basierend auf 7 Kolo-

rimetrie und 7 Immunoassay verfügbar. Sie liefern aber oft nur eine grobe Orientierung und unterliegen vielen Fehlerquellen, die zu falsch-positiven und falsch-negativen 7 Testergebnissen führen können. Spezifischer sind Nachweistechniken auf der Basis von 7 Chromatographie und 7 Massenspektrometrie, wobei die Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) trotz zunehmender Bedeutung der 7 Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS und LC-MSMS) noch immer als „Goldstandard“ der klinischen und forensischen Toxikologie gilt. Allerdings erfordern diese Analysentechniken nicht nur eine entsprechende Geräteausstattung des Labors, sondern wegen der Vielfalt der Alkaloide, die zudem oft nicht als Referenzsubstanzen verfügbar sind, auch eine ausgeprägte Expertise zu deren Biologie, Chemie, Pharmakologie und Toxikologie. Eine ausführliche Zusammenstellung zu den Alkaloiden als biogene Gifte findet sich bei Teuscher und Lindequist.

Alkapton

Literatur. Meiſsner* W (1819) Ueber ein neues Pflanzenalkali (Alkaloid). J Chem Phys; XXV:377–381 (*neue Schreibweise Meißner, auch Meissner) Moss GP, Smith PAS, Tavernier D (1995) Glossary of class names of organic compounds and reactivity intermediates based on structure (IUPAC Recommendations 1995) Pure & Appl Chem 67:1313 Teuscher E, Lindequist U (2010) Biogene Gifte. Biologie – Chemie – Pharmakologie – Toxikologie. 3. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart Grobe N (2009) Biosynthesis of Morphins in Mammals. Dissertation, Naturwissenschaftliche Fakultät I, Biowissenschaften, Martin-LutherUniversität Halle (http://digital.bibliothek.uni-halle.de/hs/content/ titleinfo/411034; Stand: 28. September 2011)

Alkalose, metabolische O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. metabolic alkalosis Definition. Die metabolische Alkalose ist die durch Zunahme von Base oder Verlust von fixer (nichtflüchtiger) Säure entstehende Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts. i Allen metabolischen Alkalosen gemeinsam ist eine positiv tendierende Basenabweichung, eine Zunahme von cHCO3– sowie eine pH-Zunahme, deren Ausmaß vom Grad der Kompensation abhängt. Die Kompensation erfolgt durch Hypoventilation zur Steigerung von pCO2 (7 Kohlendioxidpartialdruck), jedoch nur soweit die Notwendigkeit der Sauerstoffversorgung es erlaubt. Die Entscheidung, ob die Störung in normaler Weise kompensiert ist oder nicht, kann mit Hilfe des Diagramms im Stichwort 7 Säure-Basen-Stoffwechsel (7 Abb. 2) getroffen werden. Es werden zwei Gruppen der metabolischen Acidose unterschieden. Additionsalkalosen durch erhöhte Basenzufuhr: 5 Gabe von Bicarbonat („Natron“), basischen Antacida, Citrat, Laktat, Acetat 5 Milch-Alkalisyndrom (Burnett-Syndrom) 5 Posthyperkapnie: vorübergehend weiterbestehende cHCO3–-Erhöhung nach plötzlicher Normalisierung einer kompensierten chronischen Hyperkapnie durch Freimachung der Luftwege

Subtraktionsalkalosen durch Verlust von Säure: 5 Gastrointestinaler Säureverlust: Gastrische Alkalose durch Erbrechen oder Magensaftdrainage, kongenitale Chlorid-Diarrhoe, villöses Adenom 5 Renaler Säureverlust: Exzessive Mineralokortikoidwirkung bei primärem und sekundärem Aldosteronismus, Cushing-Syndrom, Kortikoidmedikation, Bartter-Syndrom, Pseudo-Conn-Syndrom (Glyzyrrhizinsäure in Lakritzen), 11β-Hydroxylasemangel 5 Diuretika, z. B. Thiazide, Etacrynsäure, Furosemid, Bumetanid 5 Kaliummangel durch verminderte K-Zufuhr in der Nahrung, Laxantienabusus, Malabsorption Auswirkungen Leichte, symptomlose Formen von metabolischer Alkalose mit pH bis etwa 7,5 kommen wegen der Häufigkeit von Diuretika- und Kortikoidmedikation sowie Kaliummangelzuständen häufig vor. Schwere Fälle mit pH 7,55 oder darüber können gefährlich werden durch Herzrhythmusstörungen und tetanische Krämpfe (Auswirkung auf ionisiertes7 Calcium), Hypokaliämie und Zunahme der O2-Affinität des Hb mit nachteiligen Folgen für den 7 Sauerstofftransport.

Literatur. Khanna A, Kurtzman NA (2001) Metabolic Alkalosis. Respiratory Care 46:354–365

Alkalose, respiratorische O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. respiratory alkalosis Definition. Die respiratorische Alkalose ist die durch Verminderung von Kohlendioxid (Hypokapnie) infolge alveolärer Hyperventilation entstehende Störung des Säure-Basen-Gleichgewichts.

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i Allen respiratorischen Alkalosen gemeinsam sind die Abnahme von pCO2 (7 Kohlendioxidpartialdruck) und ein pH-Anstieg, der je nach dem Grad der Kompensation unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Bei der akuten respiratorischen Alkalose (z. B. Hyperventilationssyndrom) besteht ein starker pH-Anstieg, denn es findet lediglich Pufferung durch die Nicht-Bicarbonatpuffer statt, wobei Bicarbonat im Wesentlichen auf Kosten von H-Hb zu H2CO3 umgewandelt wird. Es resultiert nur eine geringfügige Abnahme von cHCO3– bei zunächst unveränderter Basenabweichung. Nach einigen Minuten heftiger Hyperventilation kann die Basenabweichung durch vermehrte Laktatproduktion infolge gesteigerter Glykolyse geringfügig abfallen. Bei der chronischen respiratorischen Alkalose (z. B. Höhenatmung) tritt als Kompensation eine vermehrte renale Bicarbonatausscheidung hinzu (7 Säureausscheidung, renale). cHCO3– und Basenabweichung nehmen deutlich ab. pH ändert sich relativ wenig. Die Entscheidung, ob die Störung in normaler Weise kompensiert ist oder nicht, kann mit Hilfe des Diagramms im Stichwort 7 Säure-Basen-Stoffwechsel (7 Abb. 2) getroffen werden. Vorkommen bei folgenden Störungen: 5 Stimulation des Atemzentrums: Hyperventilationssyndrom durch Erregung. Störung des Atemzentrums durch Tumor, Subarachnoidalblutung, Meningitis, Enzephalitis, Hirntrauma. Hormonale Einflüsse (Progesteron, Schwangerschaft). Medikamente (Theophyllin, Salizylate, Katecholamine, Analeptika). Leberzirrhose, septischer Schock (gram-negative Erreger) 5 Reflektorische Stimulation: Höhenatmung, Lungenerkrankungen mit Hypoxämie, Lungenembolie, Atelektasen, Rechts-links-Shunt bei angeborenen Herzfehlern 5 Mechanische Beatmung: artefizielle Hyperventilation.

Auswirkungen Steigerung der neuromuskulären Erregbarkeit durch Abnahme der ionisierten Ca-Fraktion im Plasma (7 Calcium), evtl. mit Krämpfen, Parästhesien, Bronchiolenspasmus, typischen EKG-Veränderungen und Rhythmusstörungen. Abnahme der Hirndurchblutung, ev. mit Schwindel und Bewusstseinsstörung, im Extremfall Enzephalomalazie. Zunahme der Sauerstoffaffinität des Hämoglobins mit Nachteilen für den 7 Sauerstofftransport. Tendenz zur Hypokaliämie und Hyperchlorämie

Literatur. Foster GT, Vaziri ND, Sassoons CS (2001) Respiratory Alkalosis. Respiratory Care 46:384–391

Alkanthiole 7 Mercaptane

Alkapton A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Homogentisinsäurederivate Englischer Begriff. alkapton Definition. Im Urin und im Gewebe durch Oxidation entstehendes schwarz-braunes Abbauprodukt der 7 Homogentisinsäure, welches sich bei Aufbewahrung des Urins unter Luftzutritt bei Patienten mit 7 Alkaptonurie charakteristischerweise bildet. i Das als Alkapton bezeichnete, schwarz-braune Pigment entsteht im Urin und im Körper bei erhöhter Ausscheidung bzw. Konzentration von 7 Homogentisinsäure durch oxidative Umwandlung zum Benzochinon, wenn der Urin unter Luftzutritt aufbewahrt wird oder mit Alkali (Harn + 10-%ige NaOH zu gleichen Teilen) versetzt wird. Bei saurem Harn und durch reduzierende Substanzen bleibt die Färbung aus. Durch Bindung der Homogentisinsäure an Bindegewebe und nachfolgende Oxidation zu einem chinoiden Polymer kommt es zu charakteristischen Braunfärbungen von Knorpel, Sehnen, Skleren, Herzklappen, Gefäßintima, Intervertebralscheiben, Nase, Ohren u. a. mit nachfolgender Degeneration (Ochronose). Eine enzymatische oder massenspektrometrische Bestimmung der Homogentisinsäurekonzentration im Urin ist bei Verdacht auf 7 Alkaptonurie (Fehlen der Homogentisatdioxigenase) zwingend.

A

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Alkaptonurie

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Alkoholdehydrogenasen A.M. Gressner, O.A. Gressner

Alkaptonurie

Synonym(e). ADH

W.G. Guder

Englischer Begriff. alcohol dehydrogenases

Synonym(e). Homogentisinazidurie Englischer Begriff. alkaptonuria Definition. Autosomal-rezessiv erbliche Erkrankung mit Erscheinung der dunklen Verfärbung des Urins und später der Ohrmuscheln (Ochronose) und Augen (griech. aptein: erfassen) durch 7 Alkapton. i Beschreibung: Rezessiv erblicher Defekt des Tyrosinabbaus auf der Ebene der Homogentisinat-1,2-Deoxygenase (Genlokus 3q21q23), der zur erhöhten Ablagerung und Ausscheidung von Homogentisinsäure führt.Tritt 1:250.000 Geburten auf). Diagnostik: Nachweis der erhöhten Homogentisinsäureausscheidung im Urin bei sich rasch dunkel färbendem Urin.

Alkohol 7 Ethanol

Alkohol als Einflussgröße W.G. Guder

Synonym(e). Ethanol als Einflussgröße Englischer Begriff. effects of alcohol ingestion or administration; alcohol as influence factor Definition. Ethanol kann die Konzentration vieler Analyte im Plasma oder Vollblut verändern. Wenn die Effekte durch physiologische Wirkungen des Alkohols die zu messenden Analyte in Ihrer Konzentration verändern, spricht man von Einflussgröße. Diese kann auch diagnostisch relevant sein, um Alkoholiker zu erkennen oder zu überwachen. i Ethanol kann auf der Basis verschiedener Mechanismen andere

Analyten im Blut verändern. Dabei ist zwischen akuten Effekten nach auch nur einmaliger Alkoholzufuhr und chronischen Effekten bei langfristiger Einnahme von 7 Ethanol zu unterscheiden. Akute Effekte: 5 Senkung von Osteocalcin (bis 50 %), Prolaktin, Vasopressin, Kortisol, Atrialer Natriuretischer Faktor, Glukose 5 Anstieg von Renin, Aldosteron, Triglyzeride, Laktat, pH und Bicarbonat. Chronische Effekte: 5 Verminderung von Osteocalcin, Phosphat, Glutathion, Glukose, Fibrinogen, LDL-Cholesterin, Retinol bindendem Protein, freiem Testosteron 5 Anstieg der γ-Glutamyltransferase (Induktion), Alaninaminotransferase (Leberschaden), Cholesterin, Triglyzeride, Östradiol, Adrenalin, Noradrenalin, Kohlenhydratdefizientes Transferrin, Harnsäure, alkalische Phosphatase, MCV der Erythrozyten. Hiervon sind die toxischen Wirkungen des 7 Methanols abzugrenzen.

Definition. Eine Gruppe von relativ unspezifischen, in Leber und anderen Geweben vorkommenden alkoholabbauenden Enzymen mit breiter Substratspezifität, die auch dem oxidativen Abbau von 7 Ethanol zu 7 Acetaldehyd in Gegenwart von NAD+ als Koenzym dienen. i ADH sind zytosolisch lokalisierte, aus zwei Untereinheiten der Molmassen von je ca. 40 kDa bestehende, 4 Zinkatome pro Molekül enthaltende Enzyme (Molmassen zwischen 79 und 83 kDa) des oxidativen Abbaus von Ethanol, die folgende reversible Reaktion katalysieren:

CH3CH2OH + NAD+

CH3CHO + NADH + H+

Die ADH-Aktivität in der Leber nimmt von der perivenösen Zone 3 zur periportalen Zone 1 des Leberazinus kontinuierlich zu. Neben Ethanol wird eine Vielzahl endo- und exogener Substrate oxidativ in Anwesenheit von NAD+ als Koenzym zu Aldehyden und Ketonen abgebaut, z. B. Glyzerol zu Glyzerolaldehyd, Retinol zu Retinal, Steroidalkohole zu Aldehyden und die Fettsäure-Omega-Oxidation katalysiert. Das pH-Optimum liegt bei 10,8, sodass beim physiologischen pH von 7,4 nur ca. 40 % der max. Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird. Gegenwärtig sind mehr als 20 Isoenzyme, die von sieben Genloci kodiert werden, bekannt. Sie werden hinsichtlich Untereinheitenzusammensetzung, Substratspezifität, Michaelis-Konstante (Km), Inhibitorempfindlichkeit (Pyrazol) und Organverteilung in 5 Klassen eingeteilt (7 Tab. 1). Klasse 1 der ADH-Enzyme haben die höchste Affinität für Ethanol und sind daher die für den Ethanolabbau wichtigste Enzymklasse. Zusätzlich vorhandener, ausgeprägter Enzympolymorphismus wird in Zusammenhang gebracht mit individuellen Unterschieden des Ethanolstoffwechsels, Auftreten von Alkoholabhängigkeit und Manifestation alkoholischer Lebererkrankungen. Alkoholdehydrogenase. Tab. 1. Klassen der menschlichen Alkoholdehydrogenasen (ADH) Klasse

Genlokus

Allele

Untereinheiten

Km

Auftreten

I

ADH1 ADH2

ADH1 ADH2*1 ADH2*2 ADH2*3

α1 β1 β2 β3

0,1–1,0 mmol/L 1,0–4,0 mmol/L

Leber Leber, Lunge

I

ADH3

ADH3*1

γ1

Leber, Magen

I

ADH3

ADH3*2

γ2

Leber, Magen

II

ADH4

ADH4

Π

34 mmol/L

Leber, Cornea, Niere, Lunge, alle Gewebe

III

ADH5

ADH5

Χ

> 1,0 mol/L

Leber, Magen, Haut, Cornea

IV

ADH7

ADΗΔ

Δ

41,0 mmol/L

ADHμ

Μ

ADH6



Literatur. Guder WG, Narayanan S, Wisser H Zawta B (2009) Diagnostic Samples: From the Patient to the Laboratory. 4th ed. WileyBlackwell, Weinheim Young DS (2007) Effects of Preanalytical Variables on Clinical Laboratory Tests. 3rd edn. AACC Press, Washington DC

Alkoholbestimmung nach Widmark 7 Widmark-Verfahren der Alkoholbestimmung

IV

V

ADH6

Leber, Magen 28,0 mmol/L



Allergenkomponente

Literatur. Zintzaras E, Stefanidis I, Santos M, Vidal F (2006) Do Alcohol-Metabolizing Enzyme Gene Polymorphisms Increase the Risk of Alcoholism and Alcoholic Liver Disease? Hepatology 43:352–361

Alkoholismusmarker 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Alkoholmissbrauchskenngrößen T. Arndt

Synonym(e). Alkoholismusmarker; Alkoholmissbrauch, Kenngrößen des Alkoholabusus

Englischer Begriff. alcohol abuse marker; markers of alcohol abuse; parameters of alcohol abuse

Definition. Klinische oder klinisch-chemische Kenngrößen, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit einem akuten oder chronischen Alkoholmissbrauch stehen und diesen anzeigen. i Die hohe Prävalenz des Alkoholmissbrauchs (Alkoholabusus) in der Bevölkerung und die daraus erwachsenden sozialen und ökonomischen Belastungen des Patienten und der Volkswirtschaft begründen die anhaltende Suche nach sensitiven und spezifischen klinischen und klinisch-chemischen Kenngrößen des Alkoholmissbrauchs. Für den Nachweis eines akuten Alkoholmissbrauchs steht mit der Blutalkohol-Konzentration (7 Ethanol) eine analytisch und diagnostisch valide Kenngröße zur Verfügung. Ein wenige Tage zurückliegender Alkoholkonsum ist durch die Ausscheidung von 7 Ethylglukuronid und 7 Ethylsulfat im Urin spezifisch und sensitiv nachweisbar. Für den Nachweis eines chronischen Alkoholmissbrauchs wurde in der Vergangenheit eine Reihe von Parametern vorgeschlagen, von denen sich allerdings nur die 7 γ-Glutamyltransferase-Aktivität im Serum und das 7 Carbohydrate-deficient Transferrin (CDT) als hinreichend aussagekräftig erwiesen (7 Tab. 1). Die Mehrzahl der Parameter zeigte eine zu geringe diagnostische Aussagekraft und/oder war analytisch schwer zugängig und deshalb nicht hinreichend validiert.

Literatur. Arndt T, Gressner AM, Kropf J (1994) Labordiagnostik und Kontrolle des Alkoholabusus – ein Plädoyer für CarbohydrateDeficient-Transferrin (CDT). medwelt 45:247–257 Arndt T (2011) Biomarker des Alkoholkonsums – Eine Übersicht. Toxichem Krimtech 78:419–430

Alkylnitrite 7 Poppers

Alkylphosphate 7 Organophosphate

Allel R. Weiskirchen

Englischer Begriff. allele Definition. Bezeichnung für eine von verschiedenen Zustandsformen

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einfachsten Fall deswegen rezessiv, weil es kein oder ein biologisch inaktives Genprodukt ausbildet. Allele gelten als kodominant, wenn sie zu gleichen Teilen die Ausprägung eines Gens beeinflussen. Typisches Beispiel einer Allelie (Kodominanz) ist die Vererbung des klassischen Blutgruppensystems (7 AB0-Blutgruppensystem). Die Ausbildung der Blutgruppenmerkmale wird durch die drei Gene A, B und 0 gesteuert. Die Gene A und B sind dominant über 0. Im heterozygoten Zustand AB kommen beide Allele nebeneinander gleichwertig zur Ausprägung, sie sind kodominant. Gibt es von einem Allel mehr als zwei Zustandsformen, so spricht man von multiplen Allelen, die in unterschiedlicher Häufigkeit (Allelfrequenz) in einer Population auftreten können. Nach dem 7 Hardy-Weinberg-Gleichgewicht stehen die Genhäufigkeiten in einer idealen Population in einem stabilen Gleichgewicht zueinander. Diese konstante Verteilung der Häufigkeiten wird immer dann Änderungen erfahren, wenn einzelne Bedingungen einer Idealpopulation nicht mehr erfüllt sind (z. B. Verwandtenehen). Weitere Faktoren, die die Allelfrequenz verändern können, sind Selektionen und 7 Mutationen, die auf die Überlebenswahrscheinlichkeit und Fertilität Einfluss haben können. Die genetischen Variabilitäten dienen in der Gerichtsmedizin zur genetischen Personenidentifizierung, wobei typische Allelmuster (Allel-Leitern) nachgewiesen werden können.

Allel-Dropout R. Weiskirchen

Englischer Begriff. allele dropout Definition. Verlust eines allelischen DNA-Fragments nach PCR-Vermehrung eines 7 AMP-FLP-Systems. i Sequenzbereiche mit einer hypervariablen oder variablen Anzahl von Tandemwiederholungen (7 VNTR-Sequenzen) dienen in der Gerichtsmedizin zur genetischen Personenidentifizierung. Diese Bereiche können mittels Restriktionsverdau und anschließender 7 Southern Blot analysiert oder mittels AMP-FLP amplifiziert und in der 7 Gelelektrophorese dargestellt werden. Bei dem Nachweis mittels AMP-FLP steigt die Wahrscheinlichkeit, dass lange Sequenzrepetitionen verloren gehen, wenn zu geringe Mengen an Spuren-DNA („template“) eingesetzt werden oder wenn eine partielle Degradation der hochmolekularen DNA stattgefunden hat.

Allelinstabilitätenanalyse 7 LOH(loss of heterozygosity)-Analysen

Allel-spezifische PCR 7 ARMS-PCR

Allel-spezifisches Oligonukleotid 7 ASO-Sonde

Allelverteilung 7 Allelfrequenz

Allergenkomponente

eines Gens, die eine alternative Realisation desselben Charakters oder 7 Phänotyps erlaubt und die an einem definierten Ort eines 7 Chromosoms, einer DNA- bzw. eines RNA-Genoms liegt.

Englischer Begriff. allergen components

i Allel (griech. allelon: zueinander gehörig) polymorphe (alternative) Ausprägung eines genetischen Merkmals; jede Person besitzt an einem Genort (7 Locus) zwei Allele, je ein Allel stammt von der Mutter und eines vom Vater. Ein Allel kann durch Mutation in ein anderes umgewandelt werden. Bei identischen Allelen eines Gens ist der Organismus für dieses 7 Gen reinerbig (homozygot), bei unterschiedlichen Allelen mischerbig (heterozygot). Ein Allel ist rezessiv, wenn es in einem heterozygoten Organismus nicht in Erscheinung tritt und von dem dominanten Allel verdeckt wird. Ein Allel ist im

Definition. Allergenkomponenten sind molekulare Einzelbestandteile von Allergenen, die spezifisches 7 Immunglobulin E binden und so eine allergische Immunreaktion vom Soforttyp hervorrufen können. Die Bezeichnungen setzen sich aus der Abkürzung des lateinischen Namens der Allergenquelle und einer der Reihenfolge der Entdeckung entsprechenden Nummerierung zusammen. Beispiel: Bet v1 (erstes entdecktes Allergen aus der Birke Betula verrucosa). Die Vergabe dieser Bezeichnungen wird vom „Allergen Nomenclature Subcommittee“ unter der Schirmherrschaft der „International Union

B. Gierten

A

48

Allergenkomponente

Alkoholmissbrauchskenngrößen. Tab. 1. Labordiagnostische Kenngrößen des Alkoholmissbrauchs, die sich aufgrund unzureichender analytischer Validierung und/oder mangelnder diagnostischer Aussagekraft im Allgemeinen nicht durchsetzen konnten und als obsolet gelten Kenngröße Anstieg bei Alkoholmissbrauch

Pathobiochemischer Mechanismus

Bewertung der diagnostischen Aussagekraft

Mittleres Erythrozytenvolumen (MCV)

Anstieg durch Ethanoltoxizität und durch Vitaminmangel (Folsäure, Vitamin B 12)

oft zur Diagnose herangezogen, obwohl vielfältige Zustände zu falsch-positiven Diagnosen führen können, z. B. Vitaminmangel, Retikulozytosen und hämatologische Tumore, nichtalkoholische Lebererkrankungen, Rauchen und Drogenmissbrauch, diagnostische Aussagekraft zusätzlich reduziert durch verzögerte Ansprechzeit aufgrund der Erythrozytenlebensdauer von ca. 120 Tagen

Aspartat-Aminotransaminase (AST)-/Alanin-Aminotransaminase (ALT)-Aktivitäten im Serum und AST/ALT-Quotient

Schädigung der Hepatozyten durch Ethanol und seine Metabolite, Mangel an Pyridoxalphosphat als Coenzym von AST und ALT hemmt ALT stärker als AST, Abnahme der ALT-Aktivität im Ethanol-geschädigten Hepatozyten

Anstiege über den Referenzbereich für die einzelnen Enzyme und AST/ALT-Quotienten > 2, Einzelenzyme zu unempfindlich und unspezifisch, wenn überhaupt, sollte der Quotient betrachtet werden, dennoch zu viele Ursachen für falsch-positive Befunde, z. B. Skelett-und Myocardmuskelerkrankungen, nichtalkoholische Lebererkrankungen,

Glutamatdehydrogenase(GLDH)-Aktivität im Serum

bevorzugte Schädigung der GLDH-reichen Hepatozyten der perivenösen Zone

diagnostische Sensitivität und Spezifität zu gering, stark beeinflusst durch nichtalkoholische Lebererkrankungen

Acetaldehydkonzentration in Serum oder Plasma

Acetaldehyd ist Zwischenprodukt des Ethanlolabbaus, Abnahme der Aldehyddehydrogenase-Aktivität durch Acetaldehyd-induzierte Mitochondrienschädigung und damit Akkumulation von Acetaldehyd im Blutkreislauf

geringe diagnostische Wertigkeit aufgrund der raschen Metabolisierung innerhalb weniger Stunden, verbessert bei Betrachtung der Acetaldehydkonzentration in den Erythrozyten

Acetaldehyd-AminAddukte

Bildung von Kondensationsprodukten von Acetaldehyd mit Katecholaminen (Tetrahydroisochinoline) und Tryptamin/Serotonin (Tetrahydro-β-Carbolin)

geringe diagnostische Spezifität, Acetaldehyd-Amin-Addukte sind Bestandteil vieler Nahrungsmittel

Antikörper gegen Acetaldehyd-Addukte

im Tiermodell wirken die Addukte antigen

unzureichend untersucht, erhöhte Titer bei alkoholischen und nichtalkoholischen Lebererkrankungen

Acetatkonzentration in Serum oder Plasma

verstärkter Anfall durch Ethanolabbau, Induktion der ethanolabbauenden Enzyme durch frequenten Alkoholkonsum mit schnellerem und stärkerem Anstieg des Acetats

nicht erhöht bei Normalkonsum, noch nicht hinreichend klinisch validiert

α-Amino-n-Buttersäure und α-Amino-nButtersäure/LeucinQuotient im Plasma

nutritive und metabolische Einflüsse wirken gleichsinnig auf beide Aminosäuren, während chronischer Alkoholkonsum eher die α-Amino-n-Buttersäure-Konzentration beeinflusst

2- bis 3-fach erhöhte α-Amino-n-Buttersäure-Konzentration bei Alkoholikern, Anstieg des Quotienten unter Alkoholmissbrauch, falsch-positive Befunde bei Ketoazidose und nichtalkoholischen Lebererkrankungen, reagiert schnell auf Abstinenz und Rückfall, deshalb für Verlaufskontrolle und nicht für Screening propagiert, analytisch aufwändig

Apolipoproteine AI und AII und HDL-Cholesterin im Serum

Induktion mikrosomaler Enzyme mit gesteigerter AI-, AII- und HDL-Synthese, erhöhter VLDL-Umsatz durch stimulierte Lipoproteinlipase

können in Kombination mit anderen Kenngrößen diagnostisch wertvoll sein, insgesamt jedoch zu unempfindlich und unspezifisch, Anstieg auch schon bei normalem Alkoholkonsum

Mitochondriales Isoenzym der AST (mAST)

weitgehend selektive Schädigung der Hepatozyten-Mitochondrien durch Ethanol mit Austritt der mAST

vor allem bei Alkoholikern, aber auch bei nicht-alkoholischen Lebererkrankungen erhöht

AldehyddehydrogenaseAktivität der Erythrozyten-Aktivität

Ethanol-induzierte Enzymschädigung

schwache Überschneidung zwischen Alkoholikern und Gesunden, deshalb recht spezifisch, zu träge in Bezug auf Abstinenzund Rückfalldiagnostik

β-HexosaminidaseAktivität im Serum

unbekannt

erhöhte Aktivitäten auch bei Schwangerschaft und nichtalkoholischen Lebererkrankungen, erhöhte Aktivität nach 10-tägigem Ethanolkonsum von 60 g Ethanol/Tag

5-Hydroxytryptophol (5-HTOL) und 5-HTOL/5Hydroxyindolessigsäure (5-HIES)-Quotient im Urin

beides Metabolite des Serotonins, verstärkte Bildung von 5-HTOL durch Ethanol-bedingte Hemmung der Aldehyddehydrogenase bzw. Anstieg des NADH/NAD+-Quotienten

stark von Serotonin-Aufnahme beeinflusst (viele Südfrüchte sind serotininreich), Spezifität des 5-HTOL/5-HIES-Quotienten relativ hoch, gute Ergänzung zum CDT, da kurzfristigerer Alkoholkonsum erkannt wird

Dolichole im Urin

unbekannt

unzureichend

Methanol

Begleitsubstanz vieler Spirituosen, verzögerter Abbau in Gegenwart von Ethanol

wichtig für die sog. Begleitstoffanalytik in forensischen Fragestellungen, wird schnell metabolisiert, für Routineanayltik kaum geeignet

Allergen-Quantifizierung

of Immunological Societies“ (IUIS) und der „World Health Organisation“ (WHO) überprüft.

49

www.meduniwien.ac.at/allergens/allfam/ www.allergome.org

A

i Allergenkomponenten werden entweder aus natürlichen All-

ergenen (nativ) oder synthetisch (z.B. in Bakterien, rekombinante Allergenkomponente) hergestellt. Den synthetischen Komponenten können je nach Produktionsmethode Kohlenhydratseitenketten der nativen Allergenkomponente fehlen. Dies kann die Tertiär- bzw. Quartärstruktur und damit die spezifische 7 Antikörperbindung beeinflussen. Anhand der Proteinsequenz werden sie in Proteinfamilien eingeteilt, womit sich Kreuzallergien (7 Kreuzreaktivität) und ähnliche chemische Eigenschaften wie Temperaturstabilität erklären lassen. Beispielhaft seien hier Proteinfamilien und einige ihrer diagnostisch wichtigsten Mitglieder genannt: PR-10-Proteine (Bet-v1-Familie) Diese Proteine gehören zu den stressinduzierten Zellproteinen. Sie werden in hohen Konzentrationen im Reproduktionsgewebe (Pollen, Samen und Früchte) exprimiert und sind hitzeunbeständig. Die biologische Funktion ist derzeit unklar. PR-10-Proteine rufen in der Regel eher leicht verlaufende allergische Reaktionen und lokale Reaktionen hervor. Zu dieser Familie gehören Allergenkomponenten wie 5 Ara h8 aus Erdnuss 5 Cor a1 aus Haselnuss 5 Gly m4 aus Soja 5 Mal d1 aus Apfel Profiline Profiline höherer Pflanzen stellen eine hoch konservierte Familie mit mindestens 75%iger Sequenzhomologie auch in entfernt verwandten Pflanzen dar. In Pollen, Pflanzenteilen und Latex vorkommende Profiline rufen in der Regel keine schwer verlaufenden allergischen Reaktionen hervor, bedingen jedoch wegen der hohen Sequenzhomologie zahlreiche Kreuzallergien bei Pollenallergikern. Sie können somit als Risikofaktor für eine Sensibilisierung gegen mehrere (Pollen-) Allergene und der pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie gelten. Beispiele: 5 Bet v2 aus Birke 5 Phl p12 aus Lieschgras 5 Gly m3 aus Soja 5 Hev b8 aus Latex 5 Lipidtransferproteine (LTP) LTP sind im Gegensatz zu PR-10-Proteinen relativ hitzebeständig und können schwere Sofortreaktionen beim Verzehr von gekochten und rohen Nahrungsmitteln hervorrufen: 5 Par j2 aus Mauerglaskraut 5 Art v3 aus Beifuß 5 Ara h9 aus Erdnuss 5 Pru p3 aus Pfirsich 5 Cor a8 aus Haselnuss Prolamin-Superfamilie Zur Prolaminfamilie gehören pflanzliche, in Alkohol lösliche prolinund glutaminreiche Speicherproteine. Klinisch relevante allergische Reaktionen wie „wheat dependent exercise induced anaphylaxis“ (WDEIA) werden z.B. von Tria a19, einem Omega-5-Gliadin aus Weizen ausgelöst. Abhängig vom dem Anteil getesteter Individuen einer Bevölkerungspopulation, die spezifische IgE gegen ein bestimmte Allergenkomponente bilden, werden diese in Major- (bei ≥ 50 % der betreffenden Allergiker) und Minorallergene < 50 % der betreffenden Allergiker) eingeteilt. Allergenkomponenten werden wie herkömmliche Allergene in diagnostischen Systemen zum Nachweis spezifischer IgE-AK eingesetzt. Zusätzlich ist denkbar, sie zukünftig nach Standardisierung des Herstellungsprozesses („good manufacturing practice“) im Rahmen der spezifischen Immuntherapie (SIT) einzusetzen.

Allergen-Quantifizierung H. Renz, B. Gierten

Definition. Identifizierung und Quantifizierung von Allergenen in Stäuben

Funktion und Pathophysiologie. Um das Ausmaß einer allergenen Exposition (z. B. in Innenräumen) abschätzen zu können, werden Staubproben der betreffenden Räume gesammelt und auf Major-Allergene untersucht. Major-Allergene sind die Bestandteile eines 7 Antigens, die am häufigsten allergieauslösend sind. Die wichtigsten Major-Allergene können der Referenzwert 7 Tab. 1 entnommen werden. Allergen-Quantifizierung. Tab. 1. Referenzbereiche Allergen

Major-Allergen (Antigen)

Bewertung

Hausstaubmilbe Mehlmilbe

Der p1 Der f1

< 400 ng/g Staub: geringe Belastung 400–2000 ng/g Staub: signifikante Belastung 2000–10000 ng/g Staub: hohe Belastung > 10000 ng/g Staub: sehr hohe Belastung

Katze

Fel d1

< 400 ng/g Staub: geringe Belastung 400–2000 ng/g Staub: signifikante Belastung 2000–8000 ng/g Staub: hohe Belastung > 8000 ng/g Staub: sehr hohe Belastung

Schaben

Bla g1

> 2 units/g Staub: Sensibilisierungsrisiko

Hund

Can f1

> 10 μg/g Staub: Sensibilisierungsrisiko

Hausstaubproben können mittels Staubsauger und einer jeweils neuen Tüte unter standardisierten Bedingungen gewonnen werden. Werden nach Extraktion der Allergene in 7 Immunoassays hohe Konzentrationen gemessen, die über den sogenannten Risikoschwellenwerten liegen (z. B. für Hausstaubmilbe 10 mg Milbenmajorallergen pro Gramm Hausstaub), sind Karenzmaßnahmen in Erwägung zu ziehen, z. B. das Entfernen von Teppichen oder der Bezug von Matratzen mit milbenundurchlässigen Bezügen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Staubproben, z. B. aus Matratzen, Polstermöbeln, Teppichböden

Analytik. Die Untersuchungen werden mit konventionellen ELISA durchgeführt. Entsprechende Tests werden kommerziell angeboten. Eingesetzt werden monoklonale Antikörper gegen entsprechende Allergen-Epitope. Die Allergene müssen in einem vorgeschalteten Schritt aus dem Biomaterialien extrahiert werden. Entsprechende Extraktionsverfahren und Extraktionspuffer sind validiert und in den Kits enthalten. Internationale Standards sind gegenwärtig (noch) nicht verfügbar. Konventionelle Einheit. Beispielhaft für Innenraum-Staubproben:

Literatur. Jörg Kleine-Tebbe, Markus Ollert, Thilo Jakob: Nomenkla-

ng/g Staub

tur, Proteinfamilien, Datenbanken und potenzieller Nutzen; Allergo Journal 2010 Vol 19; S. 390–394 www.allergen.org

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1

50

Allergenspezifisches IgG

Indikation.

5 Bestimmung der Allergenexposition wichtiger Innenraumallergene bei Personen mit ganzjähriger allergischer Rhinitis, Asthma bronchiale und atopischem Ekzem 5 Überprüfung von Maßnahmen nach Allergensanierung 5 Qualitätskontrolle und Standardisierung von Allergenextrakten.

Interpretation. Die in 7 Tab. 1 angegebenen Werte sind als Richtwerte zu interpretieren, die zu einem bestimmten Zeitpunkt die Wahrscheinlichkeit für eine Sensibilisierung widerspiegeln. Zur Vergleichbarkeit verschiedener Untersuchungsergebnisse ist eine standardisierte Materialgewinnung erforderlich. Außerdem ist vor der Extraktion der Allergene das Abwiegen des Untersuchungsmaterials für eine Konzentrationsangabe erforderlich.

Literatur. Thomas L (Hrsg) (2008) Labor und Diagnose. 7. Aufl. Frankfurt/Main, S 1120f

Allergenspezifisches IgG 7 Antikörper, präzipitierende

Allgemeine Suchanalyse B. Güssregen

Englischer Begriff. general unknown; multi target screening (analysis)

Definition. Qualitative Suchanalyse i Bei der allgemeinen Suchanalyse wird bei einer Patientenprobe nach toxischen Substanzen, Medikamenten oder Drogen gesucht. Die häufigsten Anwendungen sind Fälle von akuten Intoxikationen oder Todesfälle mit ungeklärter Ursache. Meist wird die Analyse mit Hilfe der 7 GC-MS durchgeführt.

Alloalbumine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Paraalbumin; genetisches Bisalbumin Englischer Begriff. alloalbumin; paralbumin; bisalbumin Definition. Selten auftretende, durch Einzelpunktmutation bedingte genetische Albuminvarianten mit veränderter elektrophoretischer Mobilität ohne klinische Bedeutung. i Seit der Erstbeschreibung im Jahr 1955 durch P.G. Scheurlen [Klin. Wschr. 33 (1955) 198] sind weltweit mindestens 23 genetische Albuminvarianten beschrieben worden (z. B. 7 Albumin Kashmir, Kartago, Kenitra, Torino u.v. a.), die auf Einzelpunktmutationen zurückzuführen sind. Etwa 25 % der bekannten Mutationen sind in einem Sequenzsegment zwischen Position 354 und 382 lokalisiert. Kumulative Häufigkeiten in Europa und Japan liegen bei ca. 1:3000. Die heterozygote, autosomal kodominant vererbte Alloalbuminämie wird bei Routineuntersuchungen zufällig entdeckt auf Grund unterschiedlicher elektrophoretischer Mobilität der leicht strukturvarianten Albumine, die höhere („fast variant“) oder langsamere („slow variant“) Wanderungsgeschwindigkeit haben können und als Bisalbumin(ämie) imponieren (Doppelgipflichkeit des 7 Albumins). Klinische Bedeutung besitzen Alloalbumine nicht.

Literatur. Somos S (1996) Alloalbuminaemia as a curious laboratory finding. Clin Chim Acta 254:73–76

bei anderen Individuen derselben Spezies vorkommen. Diese Antigene sind meist durch Mutation entstanden und haben keinen Krankheitswert, z. B. 7 Blutgruppenantigene. Gegen Alloantigene können 7 Alloantikörper gebildet werden, die z. B. in der Transfusionsmedizin eine große Rolle spielen.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

Alloantikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. alloantibody Definition. Antikörper, der gegen ein körperfremdes Antigen gerichtet ist, welches von einem anderen Organismus derselben biologischen Spezies stammt. i Alloantikörper sind 7 Antikörper, die sich gegen 7 Antigene, z. B. gegen 7 Blutgruppenantigene, richten, die eine Person nicht trägt, aber die bei anderen Individuen derselben Spezies vorkommen. Diese Antigene (7 Alloantigene) sind meistens durch Mutation entstanden und haben keinen Krankheitswert. Alloantikörper spielen in der Transfusionsmedizin eine große Rolle, da es bei Transfusion von Erythrozyten, die ein Antigen tragen, gegen den ein im Empfänger vorhandener Alloantikörper gerichtet ist, zu schweren hämolytischen Transfusionsreaktionen kommen kann. Zum Nachweis von Alloantikörpern führt man einen Antikörpersuchtest durch. Hierzu verwendet man Suspensionen von zwei oder drei Erythrozyten, deren Antigene bekannt sind und deren Antigenmuster sich ergänzt, um jeweils Antigen-positive und -negative Erythrozyten einzusetzen. Zur Identifizierung und Ermittlung der Spezifität eines Alloantikörpers wird die Reaktivität des Serums mit verschiedenen Erythrozyten, deren Antigenmuster bekannt ist, analysiert und anhand der Reaktionsstärken die Antikörperspezifität identifiziert. Unter der Voraussetzung, dass ein Alloantikörper obligat vorhanden ist, wird er auch als 7 Isoagglutinin bezeichnet (z. B. anti-A, anti-B). Isoagglutinine sind eine Mischung von IgM, IgG und IgA, wobei der IgM-Typ zumeist überwiegt und in Gegenwart von Komplement eine Hämolyse bewirken kann. Autoantikörper sind hingegen Antikörper gegen Antigene, die eine Person selbst trägt.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York

Alloantikörper gegen Spermatozoen 7 Antikörper gegen Spermatozoen

Allogene Adsorption 7 Adsorption erythrozytärer Antikörper

Alloisoleucin A.C. Sewell

Englischer Begriff. alloisoleucine Definition. Marker der Ahorn-Sirup-Krankheit

ganismus derselben biologischen Spezies stammt.

i Alloisoleucin ist in menschlichen Körperflüssigkeiten normalerweise nicht vorhanden. Aufgrund eines 2-Ketosäuren-Dehydrogenase-Komplex-Mangels liegt bei Patienten mit Ahorn-SirupErkrankung („maple syrup urine disease“) Alloisoleucin im Plasma und Urin vor. Es ist Marker für Ahorn-Sirup-Krankheit. Cave! In der Aminosäurenanalytik ist eine Trennung von Alloisoleucin und Methionin (7 Methionin) aufgrund gleicher Retentionszeiten per se nicht gegeben, hierzu bedarf es einer Spezialmethode.

i Alloantigene sind 7 Antigene, die eine Person nicht trägt, aber die

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Distur-

Alloantigene K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. alloantigen Definition. Körperfremdes Antigen, welches von einem anderen Or-

Aluminium

bances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis. Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer, Heidelberg Berlin New York pp 53–90

Allopolyploidie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. allopolyploid, alloploid

51

i Die Alternativhypothese steht der 7 Nullhypothese entgegen. Üblicherweise entspricht sie dem logischen Gegenteil der Nullhypothese und beinhaltet die Aussage, dass ein Unterschied vorliegt. Das Ziel eines statistischen Tests (7 Test, statistischer) besteht darin, die Alternativhypothese zu etablieren. Wird die Nullhypothese durch den statistischen Test abgelehnt und die Alternativhypothese damit angenommen, spricht man von einem statistisch signifikanten Testergebnis.

Literatur. Hilgers RD, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Definition. Genommutation, die auf die Vervielfachung des diploiden Genoms (7 Diploidie) verschiedener Art- oder Gattungszugehörigkeit zurückgeht. i In der 7 Gentechnik entstehen allopolyploide in der Regel durch Kreuzung verschiedener Arten. So besitzen viele unserer heutigen Kulturpflanzen ein Vielfaches des normalen 7 Chromsomensatzes. Solche Formen zeichnen sich oft durch Riesenwuchs, d. h. Vergrößerung der Organe, aus. Natürlich entstandene Polyploide wurden vom Menschen ausgelesen. Heute versucht man mit verschiedenen Methoden Polyploide herzustellen. Eine chemische Methode ist die Anwendung des Colchicins. Die Ausschaltung des Spindelmechanismus bei der Zellteilung durch Colchicin führt zur Verdoppelung des Chromosomensatzes.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

ALLP-Index 7 Leukozytenphosphatase, alkalische

Alsever-Lösung A.M. Gressner

Synonym(e). Alsever-Puffer Englischer Begriff. Alsever’s solution Definition. Antikoagulierende Pufferlösung zur Aufbewahrung von Erythrozyten für Testzwecke, beispielsweise 7 Komplementbindungsreaktion

i Die Alsever-Lösung, benannt nach dem US-amerikanischen Hämatologen John Bellows Alsever (1908–1978), ist ein antikoagulierendes (durch Zusatz von Natrium-Citrat), isotones, gepuffertes (pH 6,1), mit Energielieferanten für die 7 Glykolyse der Erythrozyten (D-Glukose) versetztes Suspensionsmedium definierter Zusammensetzung zur sterilen Konservierung bei 2–8 °C von gewaschenen 7 Erythrozyten aus Schafblut. Frisch entnommenes Blut wird zweimal mit Alsever-Lösung gewaschen (zentrifugiert) und anschließend im Verhältnis 1:5 (Erythrozyten/Pufferlösung) resuspendiert und gelagert. Je nach Verwendungszweck wird eine Haltbarkeit von bis zu 4 Wochen angenommen. Eine Abnahme der Reaktivität einzelner Oberflächenantigene kann nach längerer Lagerung eintreten. Ein Zusatz von 7 Antibiotika kann die Lagerungsdauer verlängern.

Literatur. Hallmann L, Burkhardt F (1974) Klinische Mikrobiologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

ALT 7 Alanin-Aminotransaminase

Altersabhängigkeit 7 Einflussgrößen

Aluminium D. Meissner

Englischer Begriff. aluminium Definition. Aluminium (chemisches Symbol: Al) ist ein ubiquitär vorkommendes Leichtmetall mit der Ordnungszahl 13. Es ist das dritthäufigste Element der Erdkruste. Al gehört zu den für den Menschen nichtessenziellen 7 Ultraspurenelementen. Struktur. Aluminium liegt als dreiwertiges Kation vor. Im Plasma ist es zu 90 % an Proteine (vorwiegend Transferrin) gebunden; 10 % bilden einen citratgebundenen ultrafiltrierbaren Anteil.

Molmasse. Relative Atommasse: 26,9815 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Aufnahme von Al erfolgt hauptsächlich über Nahrungsmittel und Getränke. Die Resorptionsrate liegt unter 1 %. Die inhalative Aufnahme ist nur in der Arbeitsmedizin von Bedeutung. Im Blut verteilt sich Al zu je 50 % im Plasma und in den 7 Erythrozyten. Zu den Speichergeweben zählen Lunge, Knochen, Muskel und ZNS, bei hoher Belastung auch Milz und Leber. Die Ausscheidung erfolgt über den Urin. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 1 mg/kgKG. Halbwertszeit. 4–12 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Wegen des ubiquitären Vorkommens ist eine Exposition des Menschen unvermeidlich. Die Gefährdung beruht hauptsächlich auf der neurotoxischen Wirkung des Al. Orale Belastung in erster Linie durch kontaminierte Brunnen, Alhaltige Zahnpasten, Antazida, Phosphatbinder. Parenterale Belastung durch Impfstoffe, allergene Extrakte, Infusionslösungen, Dialyselösungen. Berufliche Belastung durch Stäube und Dämpfe. Bei Aluminiumintoxikation wird eine niedrigdosierte 7 Deferoxamin-Therapie empfohlen. Im Alter und bei Nierenfunktionsstörungen steigt der Al-Gehalt des ZNS an. Al beeinträchtigt die Hämoglobinsynthese (mikrozytäre, hypochrome Anämie), bei Dauerbelastung den Eisenstoffwechsel (normozytäre, normochrome Anämie), den Stoffwechsel des 7 Parathormons und die Mineralisation des Knochens (Osteopathie) und die Wirkung von Neurotransmittern und Enzymen im Gehirn (Enzephalopathie). Bei beruflicher Belastung lungentoxische Wirkungen (Pneumonie, Metalldampffieber, Fibrose).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma,

Vollblut,

Urin, Knochen, Gehirn, Haare

Alternativhypothese R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). H1 Englischer Begriff. alternative hypothesis Definition. Als Alternativhypothese wird die zur Nullhypothese komplementäre Aussage bezeichnet

Probenstabilität. Vollblut, 20 °C: 7 Tage. Plasma, 20 °C: 7 Tage, 4–8 °C: 14 Tage, –20 °C: 1 Jahr Urin, 20 °C: 3 Tage; 4–8 °C: 7 Tage, –20 °C: 1 Jahr, Gewebe –20 °C: 1 Jahr Präanalytik. Blutabnahme morgens nach 12-stündigem Fasten. Hohe Kontaminationsgefahr durch Wasser, Reagenzien (auch Heparin), Geräte und sonstige Gegenstände, mit Handschuhen arbeiten. Zur

A

52

Alu-Sequenzen

Blutabnahme Spurenelement-Röhrchen (Li-Heparin), zur Aufbewahrung und Bearbeitung speziell gereinigte Gefäße verwenden

Analytik. Elektrothermische (flammenlose) 7 Atomabsorptionsspektrometrie, Neutronenaktivierungsanalyse, „inductively coupled plasma“

Literatur. Kazazian HH Jr (2004) Mobile Elements: Drivers of Genome Evolution. Science 303:1626–1632 Iizuka M, Mashiyama S, Oshimura M et al (1992) Cloning and Polymerase Chain Reation-Single-Strand Conformation Polymorphism Analysis of Anonimous Alu Repeats on Chromosome 11. Genomics 12:139–146

Konventionelle Einheit. μg/L, μg/d, μg/g Internationale Einheit. μmol/L, μmol/d, mmol/kg

AMA 7 Autoantikörper gegen Mitochondrien

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L(d,g) = 0,03706 × μg/L(d,g), μg/L(d,g) = 26,982 × μmol/L(d,g)

Referenzbereich — Erwachsene. Vollblut: < 5 μg/L, Plasma/Serum:

Amadori-Reaktion K.J. Lackner, D. Peetz

< 5 μg/L, Urin: < 25 μg/L, Knochen: < 13 μg/g, Gehirn: < 3,5 μg/g TG, Haare: < 10 μg/g

Synonym(e). Amadori-Umlagerung

Referenzbereich — Kinder. s Erwachsene

Englischer Begriff. Amadori rearrangement

Indikation. Dialysepatienten, beruflich exponierte Personen, Patien-

Definition. Umwandlung von Aldose N-Glykosiden zu Ketose N-Gly-

ten mit unklaren toxikologischen Symptomen bei möglicherweise erhöhter Aluminiumaufnahme, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Der Wert der Al-Bestimmung bei Morbus Alzheimer ist umstritten.

kosiden unter saurer oder alkalischer Katalyse (7 Abb. 1)

Interpretation. Die Gefahr einer Al-Intoxikation bei Nierengesunden ist gering. Zum Nachweis einer Belastung oder Vergiftung eignen sich Plasma (aktuelle Zufuhr), Urin (kurze Zeit zurückliegende Exposition) oder der Nachweis und die Bestimmung von Al im Knochen (Gesamtkörperlast) sowie der 7 Deferoxamin-Test. Werte im Plasma oder Serum bis 40 μg/L gelten als unbedenklich, bei darüber liegenden Werten ist den Ursachen nachzugehen. Werte > 100 μg/L sprechen für eine leichte, > 200 μg/L für eine schwere Intoxikation. Haare sind nur bei hoher Belastung mit Serumwerten > 50 μg/L als Indikator geeignet. Deferoxamin-Test (5 mg/kg KG): Werte > 150 μg Al/L Serum sind pathologisch MAK-Wert: 6 mg Al/m3, BAT-Wert (Urin): 200 μg Al/L bei Schichtende PTWI-Wert: 7mg/kg KG, Grenzwert im Trinkwasser: 200 μg Al/L Diagnostische Wertigkeit. Erkennung einer übermäßigen Al-Aufnahme über Lebensmittel, Gebrauchsgegenstände, Arzneimittel, Therapieverfahren oder aus der Arbeitsumwelt sowie Erkennung einer verminderten Al-Ausscheidung bei Niereninsuffizienz.

Literatur. Elsenhans B (2002) Aluminium. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 227–231

Alu-Sequenzen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. alu sequences; alu repeats Definition. Repetitive DNA-Sequenz im humanen 7 Genom i Bezeichnung für eine Familie von ca. 300 bp langen, sequenzverwandten repetitiven Elementen, die in einer Kopienzahl von bis zu 900.000 über das menschliche Genom verteilt vorliegen und rund 55 % der humanen DNA ausmachen. Ihren Namen tragen die AluSequenzen, weil sie etwa in der Mitte eine Schnittstelle für das 7 Restriktionsenzym Alu I (5’-AG→CT-3’) tragen. Alu-Sequenzen zeichnen sich durch lange poly(dA)-Folgen am 3’-Ende aus und sind meist von kurzen (7–20 bp) direkten Sequenzwiederholungen flankiert. Ihre genaue Funktion ist derzeit noch unbekannt, doch wird spekuliert, dass diese Elemente entscheidende Funktionen bei der Entstehung von evolutionärer Diversität besitzen. Alu-Sequenzen lassen sich experimentell dazu ausnutzen, um menschliche DNA (z. B. in der Gerichtsmedizin) nachzuweisen. Bei der Amplifikation mit Primern, die innerhalb dieser Alu-Sequenzen binden, entstehen charakteristische Bandenmuster, die man als genetischen Fingerabdruck (7 Fingerprint) des untersuchten Individuums bezeichnen kann.

Amadori-Reaktion. Abb. 1. Schematische Darstellung des Reaktionsablaufs [aus Löffler u. Petrides (1997)] i Eine Amadori-Reaktion ist der zweite, langsame Schritt in der nicht-enzymatischen Glykierung von Proteinen, bei dem ein stabiles Ketoamin entsteht, das nicht mehr spontan zerfällt oder abgebaut wird. Spielt eine Rolle bei der Bildung von 7 Hämoglobin A1c (HbA1c) und 7 Fruktosamin.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (1997) Biochemie und Pathobiochemie. 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Amadori-Umlagerung 7 Amadori-Reaktion

AMA-M2 7 Autoantikörpern gegen Mitochondrien

Amanitine W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). Amatoxine Englischer Begriff. amanitins; amatoxins Definition. Amanitine sind die toxikologisch bedeutsamsten Giftstoffe des Knollenblätterpilzes (Amanita phalloides)

Amikacin

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Man unterscheidet α-, β- und γ-Amanitin (7 Abb. 1). Das ebenfalls im Knollenblätterpilz enthaltene 7 Phalloidin ist toxikologisch von geringerer Bedeutung. Die Amanitine werden in die Darmepithelzellen aufgenommen und langsam in das Blut abgegeben, in dem sie schon 48 h nach Ingestion nicht mehr nachweisbar sind. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend mit der Galle. Es besteht ein enterohepatischer Kreislauf. Im Urin sind Amanitine erst nach 6–12 h nachweisbar. R2

53

i Eine Amber-Mutation ist eine Punktmutation, die ein Aminosäure-codierendes Codon in ein 7 Stop-Codon (Unsinn-Mutation, Nonsense-Mutation) überführt. Dadurch kommt es während der 7 Translation der mRNA zu einem Abbruch der Protein-Biosynthese. In der 7 Gentechnik werden Amber-Mutationen gezielt in Klonierungsvektoren (7 Vektoren) eingebracht, da sich entsprechende Vektoren nur in speziellen Wirtszellen vermehren können und so zur biologischen Sicherheit beitragen.

AMH 7 Anti-Müller-Hormon

Amidoschwarz-Färbung R. Westermeier

Englischer Begriff. amido black staining Definition. Die Amidoschwarz-Färbung dient dem Nachweis von elektrophoretisch getrennten Proteinen in 7 Celluloseacetatfolien, Agarosegelen oder auf 7 Blotmembranen.

R1

Amanitine. Abb. 1. Strukurformel α-Amanitin: R1: NH2; R2: H2OH; β-Amanitin: R1: OH; R2: H2OH; γ-Amanitin: R1: NH2; R2: H3

Funktion und Pathophysiologie. Die Amanitine hemmen in Leberund Nierenzellen die DNA-abhängige RNA-Polymerase B und damit die Transkription der Messenger-RNA. Dies führt mit einer Latenz von 48 h zum Untergang von Leber- und Nierenzellen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Serum Analytik. Vorproben:

5 7 Zeitungspapiertest: Rohes Pilzmaterial auf Zeitungsrand auspressen, trocknen und Salzsäure zufließen lassen. 5 Sporenidentifikation

i Nach der 7 Agarosegelelektrophorese werden die Proteine im Gel mit einer Säure oder mit Antikörpern (7 Immunfixation) fixiert. Nach dem mehrmaligen Waschen des Gels wird es vollständig auf seinem Glas- oder Folienträger getrocknet. Anschließend erfolgt eine - wegen der dünnen Schicht - schnelle Färbung der Proteinzonen: 5 min in 0,5 % (g/v) Amidoschwarz in 90 % Methanol/10 % Essigsäure. Entfärbt wird mit 90 % Methanol/10 % Essigsäure. Die weitere Auswertung wird mit einem 7 Densitometer durchgeführt.

Literatur. Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. WileyVCH, Weinheim

Amikacin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. amikacin Definition. Aminoglykosid-Antibiotikum (7 Abb. 1)

Quantitative Bestimmung mittels 7 Radioimmunoassay oder ELISA (7 Enzyme-linked immunosorbent assay), wegen der höheren Konzentration bevorzugt im Urin und nicht im Serum. Außerdem LC-MS oder weniger empfindlich HPLC. Bei Intoxikation finden sich 24 h nach Ingestion > 1,5 μg/L Amatoxine im Urin, überwiegend zwischen 10 und 100 μg/L.

Indikation. Verdacht auf Knollenblätterpilzvergiftung: In Deutschland werden die meisten schweren Pilzvergiftungen durch Knollenblätterpilze verursacht. Die tödliche Amatoxindosis (0,1 mg/kg KG) ist in ~40 g Knollenblätterpilz enthalten.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung von Amanitinen mittels 7 Immunoassay ist eine gute Methode zur Diagnose einer Knollenblätterpilzvergiftung. Zur Verlaufskontrolle werden außerdem ALT (GPT), Bilirubin und Gerinnungsfaktoren bestimmt. Literatur. Degel F (2009) Poisonous mushrooms. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 809–823

Amatoxine 7 Amanitine

Amber-Mutation R. Weiskirchen

Englischer Begriff. amber mutation Definition. 7 Mutation, bei der durch Basenaustausch das 7 Terminationssignal UAG („amber codon“) entsteht.

Amikacin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 585,61 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Amikacin wird parenteral appliziert und weitgehend unverändert renal eliminiert. Halbwertszeit. 2–3 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei akuter Intoxikation finden sich Schwindel, Übelkeit, Nystagmus, zunehmende Schwerhörigkeit, Ertaubung, renale Funktionseinschränkung bis zur Anurie. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum (S) Analytik. 7 Immunoassay, 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 15–25 mg/L (Peakkonzentration), < 5 mg/L (7 Talkonzentration); toxisch: > 30 mg/L; komatös-letal: unbekannt.

A

54

Aminoacidurie(n)

Literatur. Ludewig R (1999) Akute Vergiftungen. Wiss. Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S 100–102

Aminoacidurie(n) 7 Aminosäuren

Aminoacyl-tRNS-Synthetase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Aminoacyl-t-RNS-Synthetase

α-Aminoadipinsäure A.C. Sewell

Englischer Begriff. alpha-aminoadipic acid Definition. Marker der 2-Oxoadipinacidurie i Diese 7 Aminosäure ist im menschlichen Plasma nicht, jedoch im Urin in geringen Mengen nachweisbar. Patienten mit 2-Oxoadipinacidurie zeigen moderat erhöhte Werte im Plasma und eine deutlich erhöhte Urinausscheidung. Leicht erhöhte Urinkonzentrationen kommen bei Saccharopinurie und Hyperlysinurie vor.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Sewell AC, Herwig J, Böhles H et al (1999) Normal kynurenine metabolism in 2-oxoadipic aciduria. J Inher Metab Dis 22: 949–950

α-Aminobenzyl-Penicillin 7 Ampicillin

Aminobernsteinsäure 7 Asparaginsäure

α-Aminobuttersäure A.C. Sewell

Englischer Begriff. alpha-aminobutyric acid Definition. Isomer der Aminobuttersäure i Grundsätzlich in menschlichen Körperflüssigkeiten nachweisbar,

jedoch in niedrigen Konzentrationen. In Plasma beträgt sie ca. 10– 20 % der von 7 Alanin. Erhöht bei generalisierter Hyperaminoacidurie, aber keine spezifische metabolische Störung bisher bekannt.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

das Auftreten von Krampfanfällen beim 7 Vitamin-B6-Mangel. Eine verminderte Synthese von GABA führt zu epileptischen Anfällen. GABA-Analoga (wie z. B. Vigabatrin) werden zur Behandlung von Epilepsie und Bluthochdruck eingesetzt. GABA wird mittels Aminosäurenanalyse in Plasma, Urin und Liquor bestimmt, allerdings ist GABA eine recht instabile Verbindung. Eine spezielle Probenaufbereitung ist daher erforderlich. Bei Verdacht auf eine angeborene Störung der GABA-Synthese, muss eine Therapie mit GABA-Analoga (z. B. Vigabatrin) ausgeschlossen sein. Referenzbereiche: < 1 Jahr: 20–40 nmol/L; > 1 Jahr 40–150 nmol/L (Liquor)

Literatur. Jaeken J, Jakobs C, Wevers R (2000) Disorders of Neurotransmission. In: Fernandes J, Saudubray J-M, van den Berghe G (eds) Inborn Metabolic Diseases: Diagnosis and Treatment. 3rd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, pp 301–311 Roberts E, Frankel S (1950) Gamma-aminobutyric acid in brain: its formation from glutamic acid. J Biol Chem 187:55–63

α-Amino-n-Buttersäure/Leucin-Quotient 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Aminocarbonsäuren 7 Aminosäuren

p-Aminohippursäure-Clearance W.G. Guder

Synonym(e). PAH-Clearance; Renaler Plasmafluss Englischer Begriff. p-Aminohippurate clearance Definition. Messung der Ausscheidungsrate von infundierter PAH als Maß für den renalen Plasmafluss (bei normaler tubulärer Funktion) und durch Subtraktion der filtrierten Rate, der renalen fraktionellen Extraktion und damit der sekretorischen Leistung der Tubuli. Renaler Plasmafluss = PAH-Clearance × Hämatokrit

Durchführung. p-Aminohippuräure (PAH) wird infundiert, so dass eine Konzentration von ca. 10 mg/dL im Plasma erreicht wird. Die ausgeschiedene Menge wird über die gesamte Infusionszeit gemessen und die PAH-Clearance nach dem Fick-Prinzip berechnet: Clearance(mL/min) = (Urinkonzentration × Urinvolumen)/Plasmakonzentration × min Sammelzeit. Funktion und Pathophysiologie. p-Aminohippurat wurde als Modell-

mitter mit inhibitorischen Eigenschaften im zentralen Nervensystem wirkt.

substanz für die tubuläre Sekretion in experimentellen und diagnostischen Studien eingeführt. Da die Summe aus glomerulärer Filtration und der Differenz von Rückresorption und Sekretion, die im Urin gemessen wird, bei normaler Nierenfunktion nahezu ausschließlich von der renalen Durchblutung abhängt, wurde die PAH-Clearance als 7 Messgröße für den renalen Plasmafluss eingesetzt. PAH wird nahezu vollständig während einer Passage durch die Nieren ausgeschieden. Die normale Ausscheidungsrate von über 500 mL/min beinhaltet die glomeruläre Filtrationsrate von ~120 mL/min und die proximal tubuläre Sekretionsrate von ~380 mL/min. Bei Reduktion der tubulären Funktion oder der renalen Durchblutung kommt es zu einer Reduktion der fraktionellen Extraktion von PAH.

i γ-Aminobuttersäure (GABA) ist der wichtigste inhibitorische Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Im Jahr 1950 wurde die Synthese von GABA im Gehirn aus Glutamat mittels GlutamatDecarboxylase von Roberts und Frankel nachgewiesen. Nach Freisetzung in den Synapsen, wird GABA in die benachbarten Gliazellen aufgenommen. Dort wird es durch die GABA-Transaminase zu Glutamin umgewandelt und bei Bedarf wieder in die präsynaptische Zelle gebracht und zu Glutamat umgewandelt (Glutaminzyklus). Danach kann es erneut in GABA umgewandelt werden. Zur Synthese von GABA wird Pyridoxalphosphat als Kofaktor benötigt. Dies erklärt

Diagnostische Wertigkeit. Während die PAH-Clearance seit Ihrer Einführung in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle zur Charakterisierung der Nierenfunktion einnahm und als Referenzmethode zur Erfassung der renalen Plasmaclearance (7 Clearance, totale) und der tubulären Sekretionsfunktion eingesetzt wurde, hat sie heute aus verschiedenen Gründen keine klinische Bedeutung mehr. Die aufwändige Durchführung und die komplexe Interpretation haben gemeinsam mit nuklearmedizinischen Methoden und einfacheren Verfahren diese Methode verdrängt. Dazu trug auch die Tatsache bei, dass eine Fremdsubstanz infundiert werden musste.

γ-Aminobuttersäure als Neurotransmitter A.C. Sewell

Synonym(e). Piperidinsäure; GABA Englischer Begriff. gamma-aminobutyric acid; GABA Definition. Eine nichtproteinogene Aminosäure, die als Neurotrans-

δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase

55

Konventionelle Einheit. mg/24 h

β-Aminoisobuttersäure

Internationale Einheit. μmol/24 h

A.C. Sewell

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit.

Synonym(e). BAIBA

mg DALA × 7,626 = μmol DALA

Englischer Begriff. beta-aminoisobutyric acid

Referenzbereich — Erwachsene. 0,25–6,40 mg/24 h

Definition. Nichtproteogene Aminosäure

2–49 μmol/24 h

i Niedrige Plasmakonzentrationen, jedoch eine hohe Urinausschei-

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene.

dung werden bei normalen Personen, die eine genetische Prädisposition aufweisen (6–10 % Nordeuropäer; > 25 % bei Chinesen und Japaner), gefunden. Vermutlich handelt es sich dabei um eine erniedrigte Aktivität der D-β-Aminoisobutyrat-Aminotransferase. Erhöhte Werte im Urin können auch bei neoplastischen Erkrankungen auftreten.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

5-Aminolävulinsäure 7 δ-Aminolävulinsäure

δ-Aminolävulinsäure J. Frank

Synonym(e). 5-Aminolävulinsäure; DALA; ALA Englischer Begriff. δ-aminolevulinic acid; δ-aminolevulinate; aminolevulinic acid

Definition. Erster spezifischer Metabolit der Häm-Biosynthese Struktur. Summenformel C5H9NO3 (7 Abb. 1) O H3N+

O O

δ-Aminolävulinsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 131,1 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Wird im Mitochondrium durch die Aktivität des Enzyms 7 δ-Aminolävulinsäure-Synthase aus Glyzin und Succinyl-Coenzym A in Gegenwart von Pyridoxalphosphat gebildet. Funktion und Pathophysiologie. Eine Konzentrationserhöhung im

Indikation.

5 akute Porphyrien (akute intermittierende Porphyrie; Porphyria variegata; Hereditäre Koproporphyrie (δ-AminolävulinsäureDehydratase-Defizienzporphyrie) 5 Porphyria cutanea tarda 5 Bleivergiftung und andere Schwermetallintoxikationen; chronische Bleiexposition 5 alkoholinduzierte Leberzirrhose

Interpretation. Interpretation eines Anstiegs stets im Rahmen der Beurteilung eines 7 Porphyrinprofils (Porphyrinvorläufer und Porphyrine). Eine diskrete bis geringgradige Erhöhung weist möglicherweise hin auf: 5 alkoholinduzierte nichtakute Porphyrie (Porphyria cutanea tarda) 5 chronische Bleiintoxikation 5 alkoholinduzierte Leberzirrhose Eine starke Erhöhung (≥ 300 μmol/24 h) weist möglicherweise hin auf: 5 akute intermittierende Porphyrie 5 Porphyria variegata 5 Hereditäre Koproporphyrie 5 δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase-Defizienzporphyrie 5 akute Bleivergiftung

Diagnostische Wertigkeit. Im Zusammenhang mit charakteristischen klinischen Symptomen wie abdominalen Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und ggf. auch Parästhesien, Para- und Tetraplegie ist ein Anstieg der δ-Aminolävulinsäure-Konzentration im Urin auf das 20- bis 50-Fache der Norm beweisend für das Vorliegen einer akuten Porphyrie, zumeist der akuten intermittierenden Porphyrie. Literatur. Mauzerall D, Granick S (1956) The Occurrence and Determination of δ-Aminolevulinic Acid and Porphobilinogen in Urine. J Biol Chem 219:435–446 Doss MO (2000) Porphyrie. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 5. Aufl. TH Books Verlagsgesellschaft mbH, Frankfurt/Main, S 458–474

δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase J. Frank

Urin findet sich bei akuten Porphyrien.

Synonym(e). PBG-Synthase

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 24-h-Sammelurin, möglichst kühl gelagert (bei 4–8 °C). Unter akuter Symptomatik bevorzugt Spontanurin, der 2–3 h nach Einsetzen der Beschwerden aufgefangen wird.

Englischer Begriff. δ-aminolevulinic dehydratase; δ-aminolevulinate dehydratase; porphobilinogen synthase

Probenstabilität. Bei δ-Aminolävulinsäure handelt es sich um eine sehr stabile Substanz. Untersuchungen von Doss zeigten, dass dieser Metabolit im Urin bei pH 5,5–7 im Kühlschrank bei einer Temperatur von 4 °C ca. 10 Tage stabil bleibt, bei Temperaturen von –25 bis –30 °C sogar mehrere Monate.

Präanalytik. Unter akuter Symptomatik sollte Spontanurin, der 2–4 h nach Einsetzen der Beschwerden aufgefangen wird, sonst 24-h-Sammelurin analysiert werden. Analytik. 7 Ionenaustauschchromatographie nach Mauzerall und Granick mittels einer Kombinations-Doppelsäule. Die obere Anionenaustauschersäule adsorbiert Porphobilinogen, die untere Kationenaustauscher-Säule δ-Aminolävulinsäure. Letzteres wird nach Elution mit Azetylazeton zu einem Monopyrrol umgesetzt, das nach Farbkomplexbildung mit Ehrlich-Reagenz bei 553 nm bestimmt wird.

Definition. Zweites Enzym der Häm-Biosynthese Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Enzym ist im Mitochondrium lokalisiert.

Funktion und Pathophysiologie. Das Enzym katalysiert die Bildung von 7 Porphobilinogen aus 7 δ-Aminolävulinsäure. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinisiertes Vollblut

Analytik. Zur Bestimmung der δ-Aminolävulinsäure-DehydrataseAktivität in den 7 Erythrozyten wird ein Erythrozytenhämolysat eingesetzt. Da das Enzym die Bildung von Porphobilinogen aus δ-Aminolävulinsäure katalysiert, wird die Konzentration des Farbstoffs, das Porphobilinogen mit modifiziertem Ehrlich-Reagenz bildet, bei 555 nm photometrisch bestimmt. Konventionelle Einheit. mmol/h/L Erythrozyten

A

56

δ-Aminolävulinsäure-Synthase

Internationale Einheit. s. konventionelle Einheit Indikation. Verdacht auf δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase-Defizienzporphyrie (Synonym: Doss-Porphyrie); weiterhin bei Verdacht auf Bleiintoxikation und Alkohol-Leber-Porphyrie-Syndrom.

Interpretation. Eine hereditäre Reduktion der Enzymaktivität kann sich bei homozygoten oder verbunden heterozygoten Anlageträgern mit δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase-Defizienzporphyrie finden. Auch Personen mit einem heterozygoten Gendefekt weisen eine verminderte δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase-Aktivität auf, erkranken aber in der Regel nicht manifest. Diagnostische Wertigkeit. Eine Reduktion der δ-AminolävulinsäureDehydratase-Aktivität auf Werte ≤ 15 % der normalen Aktivität lässt bei entsprechender klinischer Symptomatik einer akuten Porphyrie auf das Vorliegen einer δ-Aminolävulinsäure-DehydrataseDefizienzporphyrie schließen. Literatur. Bishop DF, Desnick RJ (eds) (1982) Assays of the Heme Biosynthetic Enzymes. Enzyme 28 (2–3):89–232 Doss MO (2000) Porphyrie. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die Medizinische Diagnostik. TH-Books, Frankfurt/Main, S 458–474 Bickers DR, Frank J (2003) The Porphyrias. In: Freedberg IM, Eisen AZ, Wolff K et al (eds) Dermatology in General Medicine. 6th edn. McGraw Hill, New York, pp 1435–1466

dosis von [14C]-Aminopyrin (1–2 μCi) oder 2 mg/kg Körpermasse [13C]-Aminopyrin in 200 mL Tee oral verabreicht und die Atemluft für 2–24 h (üblicherweise 2 h) in ein mit Hyamin-Ethanol gefülltes, Indikatorfarbstoff enthaltendes Szintillationsgefäß geblasen, in dem die Radioaktivität bzw. 13CO2 gemessen und die Menge des CO2 zur Bestimmung der spezifischen 14CO2-Radioaktivität titriert wird. Die kumulative Exhalation während der 2(-24)-Stunden-Periode wird berechnet durch Multiplikation der spezifischen Aktivität mit der endogenen CO2-Bildungsrate von 9 mmol/kg/h und angegeben in Prozent der applizierten Dosis. Die Strahlenbelastung (0,5–2,5 mrem) und das Risiko einer Agranulozytose sind gering.

Halbwertszeit. ca. 11 ±3 h Funktion und Pathophysiologie. Oral verabreichtes, in den N-Methylgruppen [14C]- oder [13C]-markiertes Aminopyrin [4,4-Dimethyl-14C oder -13C-Aminoantipyrin] wird nach rascher Resorption ausschließlich im endoplasmatischen Retikulum der Leber (Hepatozyten) durch eine N-Demethylase (ein Mitglied des mikrosomalen oxidierenden Cytochrom P450 Enzymsystems) demethyliert, wobei zunächst isotop-markierter Formaldehyd entsteht, der weiter zu Formiat und dann zu [14C]O2 bzw. [13C]O2 metabolisiert wird, welches in der Exspirationsluft gemessen wird (7 Abb. 1). Die Menge des exhalierten 14CO bzw. 13CO reflektiert die Metabolisierungsrate des Aminopy2 2 rins und korreliert gut mit der Aminopyrinclearance im Blut.

δ-Aminolävulinsäure-Synthase J. Frank

Synonym(e). DALA-Synthase; ALA-Synthase Englischer Begriff. δ-aminolevulinic acid synthase; δ-aminolevulinate synthase

Definition. Erstes und geschwindigkeitslimitierendes Enzym der Häm-Biosynthese, das durch negative Rückkopplung der regulatorischen Kontrolle des Endproduktes Häm unterliegt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Enzym ist im Mitochondrium lokalisiert.

Funktion und Pathophysiologie. Die δ-Aminolävulinsäure-Synthase

katalysiert die Kondensation von 7 δ-Aminolävulinsäure aus Glyzin und Succinyl-Coenzym A.

Literatur. Bishop DF, Desnick RJ (eds) (1982) Assays of the Heme Biosynthetic Enzymes. Enzyme 28 (2–3):89–232 Doss MO (2000) Porphyrie. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die Medizinische Diagnostik. TH-Books, Frankfurt/Main, S 458–474 Bickers DR, Frank J (2003) The Porphyrias. In: Freedberg IM, Eisen AZ, Wolff K et al (eds) Dermatology in General Medicine. 6th edn. McGraw Hill, New York, pp 1435–1466

Aminopeptidase N 7 Cysteinyl-Glycin-Dipeptidase

Aminopyrinatemtest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). AAT Englischer Begriff. aminopyrine breath test Definition. Nichtinvasiver, quantitativer Leberfunktionstest zur Bestimmung der mikrosomalen Metabolisierungskapazität, die bei verschiedenen Lebererkrankungen frühzeitig vermindert ist, aber auch unter Einfluss induzierender Substrate bzw. Medikamente (z. B. Antikonvulsiva, Alkohol) erhöht sein kann.

Durchführung. Bisher gibt es keine standardisierte Testdurchführung. Üblicherweise wird dem nüchternen Patienten eine Spuren-

Aminopyrinatemtest. Abb. 1. Schematische Darstellung des Reaktionsablaufs

Hypo- und Hyperaktivität (Induktion) der Mikrosomen lassen sich an reduzierter bzw. vermehrter 14CO2 oder 13CO2 Exhalation erkennen. Da die Oxidationsrate von Formiat zu CO2 der geschwindigkeitsbestimmende Stoffwechselschritt ist und von Folsäure-abhängigen Enzymaktivitäten katalysiert wird, wirken sich 7 Folsäure- und 7 Vitamin-B12-Mangelzustände inhibierend und der Redoxstatus der Hepatozyten (z. B. 7 Glutathion) modulierend auf das Testergebnis aus.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Exspirationsluft Präanalytik. Patient sollte 12 h nüchtern sein. Analytik. Messung des isotopmarkierten CO2 Referenzbereich — Erwachsene. Nicht allgemein gültig, da abhängig von der Testvariante. Richtwerte: 4,4–9,6 % der applizierten Dosis.

Referenzbereich — Kinder. siehe Erwachsene Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle der Leberzellinsuffizienz und Prognosebeurteilung akuter und chronischer Lebererkrankungen. Interpretation. AAT ist ein sensitiver Parameter der Leberzellfunktion, speziell des mikrosomalen Biotransformationssystems und bei den in 7 Tab. 1 genannten Lebererkrankungen, nicht jedoch bei unkomplizierter Cholestase, vermindert.

Aminosäuren

Aminosäure

Erkrankung

Citrullin

Citrullinämie

Cystin

Cystinurie

Glyzin

Nichtketotische Hyperglyzinämie

Leucin

MSUD

Methionin

Homocystinämie

Phenylalanin

PKU

Tyrosin

Tyrosinämie

Literatur. Merkel C, Bolognesi M, Bellon S et al (1992) Aminopyrine Breath Test in the Prognostic Evaluation of Patients with Cirrhosis. Gut 33:836–842

Aminosäuren A.C. Sewell

Synonym(e). Aminocarbonsäuren Englischer Begriff. amino acids Definition. Organische Verbindungen aus Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Sie enthalten mindestens eine Carboxylgruppe und mindestens eine Aminogruppe. i Häufig Synonym für proteinogene Aminosäuren. Abhängig von

ihrer chemischen Struktur, d. h. an welchem Kohlenstoffatom, einschließlich des Carboxyl-Kohlenstoffatoms sich die Aminogruppe befindet, werden sie in α-, β- (z. B. 7 β-Alanin) und γ-Aminosäuren (z. B. 7 γ-Aminobuttersäure), unterteilt (7 Abb. 1). Die α-Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. Von jeder α-Aminosäure – mit Ausnahme von Glyzin – existieren zwei Enantiomere, wobei jeweils nur die L-Aminosäure proteinogen ist. Diese Aminosäuren sind über Peptidbindungen in einer bestimmten Reihenfolge, spezifisch für jedes Eiweiß (Di-, Tri-, Oligo-, Polypeptide), miteinander verbunden. Wegen ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaften und ihrer Struktur werden die Aminosäuren in verschiedene Gruppen unterteilt: 5 aliphatische (neutrale, saure, basische und stickstoffhaltige), 5 aromatische (enthalten z. B. einen Phenylring), 5 heterozyklische Aminosäuren. Zu den schwefelhaltigen Aminosäuren gehören 7 Cystein und 7 Methionin; zu den aromatischen Aminosäuren 7 Tyrosin und 7 Phenylalanin und zu den heterozyklischen Aminosäuren 7 Tryptophan, 7 Histidin und 7 Prolin. Neutrale Aminosäuren besitzen keine funktionellen Gruppen in der

Aminosäure

Bedingt essenziell

Aminosäuren. Tab. 2. Beispiele von Aminosäuren unterteilt nach Eigenschaften

Nichtessenziell

Diagnostische Wertigkeit. Die diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) ist der der 7 Gallensäuren im Serum vergleichbar. Der Test erlaubt die Abschätzung des Schweregrads, jedoch keine Aussage über die zugrunde liegende Lebererkrankung. MikrosomenInduktion durch Antikonvulsiva, orale Kontrazeptiva, Allopurinol, Cimetidin, Rifampicin und Alkohol führen zu erhöhtem AAT und können somit organbedingte Einschränkungen teilweise kompensieren (falsch normale Ergebnisse z. B. bei alkoholischer Fettleber und Frühformen alkoholischer Zirrhosen). AAT ist deutlich vermindert bei portokavalem Shunt. In einer Frequenz von 1:10000 bis 1:40000 kann eine durch Aminopyrin ausgelöste Agranulozytose auftreten, was der Verbreitung des Tests entgegen steht.

Aminosäuren. Tab. 1. Beispiele von angeborenen Stoffwechselerkrankungen und die wichtigsten Aminosäuren

Essenziell

Substrat- und Medikamenteninduktion 5 Barbiturate 5 Phenylhydantoin 5 Aminopyrin 5 Phenylbutazon 5 Rifampicin 5 Alkohol (ohne Zirrhose) 5 Tabakrauch

Neutral

Lebererkrankungen 5 Fettleber 5 chronische und akute Hepatitis 5 (alkoholische) Zirrhose 5 primär biliäre Zirrhose 5 Lebertumoren 5 toxische Leberschäden 5 portocavaler Shunt (Umgehungskreislauf ) Nichthepatisch bedingte Hypoaktivität des Biotransformationssystems 5 genetisch 5 nutritiv (z. B. Protein-, VitaminB12- und Folsäuremangel) 5 pharmakologisch 5 Früh- und Neugeborene 5 Hypothyreose

Sauer

Aminopyrinatemtest erhöht

Basisch

Aminopyrinatemtest erniedrigt

Seitenkette, die dissoziieren können. Basische Aminosäuren besitzen eine Aminogruppe in der Seitenkette, die leicht protoniert werden kann. Saure Aminosäuren sind ionisierbar (zweite Carboxylgruppe in den Seitenketten, reagieren in wässriger Lösung sauer). 20 dieser proteinogenen Aminosäuren werden durch Codons des genetischen Materials kodiert. Sie werden daher kanonische- oder Standardaminosäuren genannt. 8 bzw. 10 dieser kanonischen Aminosäuren sind essenziell. Histidin und Arginin sind im Säuglingsalter bzw. für Heranwachsende essenziell. Bei Stoffwechselerkrankungen (7 Tab. 1.) werden auch andere Aminosäuren essenziell: z. B. bei Phenylketonurie wird Tyrosin zu einer essenziellen Aminosäure. Weitere Beispiele sind 7 Arginin, Cystein und 7 Glyzin.

Abkürzung

Aminopyrinatemtest. Tab. 1. Klinische Bedeutung des Aminopyrinatemtests

57

Alanin

Ala

+

Glyzin

Gly

+

+

Leucin

Leu

+

+

Isoleucin

Ile

+

+

Methionin

Met

+

+

Phenylalanin

Phe

+

+

Prolin

Pro

+

Serin

Ser

+

Threonin

Thr

+

+

Tryptophan

Trp

+

+

Tyrosin

Tyr

+

Valin

Val

+

Arginin

Arg

+

+

Cystein

Cys

+

+

Histidin

His

+

Lysin

Lys

+

+

+ +

+ +

+ +

Asparagin

Asn

+

+

Asparaginsäure

Asp

+

+

Glutamin

Gln

+

Glutaminsäure

Glu

+

+ +

A

58

Aminosäuren

Aminosäuren. Abb. 1. Formen von Aminosäuren [aus Löffler u. Petrides (2003)]

Aminosäure-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

Essenzielle Aminosäuren sind lebenswichtige Aminosäuren, die vom Organismus gebraucht, aber durch ihn selbst nicht hergestellt werden können. Sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Der Bedarf an Eiweiß liegt bei etwa 0,8 g/kg KG/Tag für einen gesunden Erwachsenen; bei Kindern und Jugendlichen liegt er bei ca. 1,0–1,2 g/kg KG/Tag. Sportler, ältere Menschen und Patienten während der Genesung haben im Allgemeinen einen höheren Bedarf, der individuell entsprechend angepasst werden muss. Proteine, die über die Nahrung aufgenommen werden, werden bei den Verdauungsprozessen zu L-Aminosäuren abgebaut. 7 Transaminierung, 7 Desaminierung und Decarboxylierung sind dabei die wichtigsten Mechanismen. Die freien Aminosäuren werden über die Dünndarmschleimhaut resorbiert und gelangen über die Blutbahn und Leber in die Zellen. Nichtessenzielle Aminosäuren werden je nach Bedarf vom Organismus synthetisiert. Nichtproteinogene Aminosäuren kommen nicht in Proteinen, jedoch im Organismus natürlich vor und haben unterschiedliche biologische Funktionen. Dazu gehören beispielsweise alle D-Enantiomere der proteinogenen L-Aminosäuren. Zusätzlich zu ihrer Funktion als Bausteine der Proteine, sind Aminosäuren auch Vorläufer für Hormone, Neurotransmitter und weiterer biologisch aktiver Substanzen. Die Aminosäurenanalyse in Körperflüssigkeiten ist eine wichtige Untersuchung zur Diagnose und Überwachung angeborener Stoffwechselerkrankungen und Ernährungszustände. Freie Aminosäuren werden mittels automatischer 7 Ionenaustauschchromatographie (7 Tab. 2) oder 7 LC-MS/MS (7 Massenspektrometrie) bestimmt. Referenzwerte sind alters- und ernährungsabhängig (7 Abb. 2).

59

Löffler G, Petrides PE (2003) Biochemie und Pathobiochemie. 7. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Aminosäuren, Transportsysteme 7 Transportsysteme für Aminosäuren

Aminosäure-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. amino acid profiling in dried blood spot specimen Definition. Simultane quantitative Bestimmung zahlreicher physiologischer 7 Aminosäuren mittels Elektrospray-Ionisations-Tandem7 Massenspektrometrie (ESI-MS/MS) im Trockenblut zur Früherkennung angeborener Stoffwechselkrankheiten im NeugeborenenScreening und zur selektiven Stoffwechseldiagnostik und Therapieverlaufskontrolle. Physikalisch-chemisches Prinzip. Aus der Trockenblutprobe werden die Analyte mit Methanol extrahiert, zu Butylestern derivatisiert und in Gasform durch ein Elektrospray ionisiert. Die Ionen gelangen über elektrische Linsensysteme in das Tandemmassenspektrometer. Die Quantifizierung erfolgt über interne stabile Isotopenstandards und externe Kalibration (7 Abb. 1). Bei der Quadrupol-Technologie erfolgt die Massenselektion durch Hochfrequenzfelder. Zur Fragmentierung wird eine mit Stickstoff gefüllte Kollisionseinheit verwendet. Durch spezifische Eltern- und Tochterionen-Experimente können die einzelnen Analyte identifiziert werden (7 Abb. 2). Die meisten Aminosäuren bilden bei der Fragmentierung ein neutrales Fragment der Masse 102. Deshalb scannen die beiden 7 Massenspektrometer MS1 und MS2 versetzt um 102 simultan, sodass alle Verbindungen, die bei der Fragmentierung einen neutralen Verlust von 102 aufweisen, erfasst werden (Konstanter Neutralverlust-ScanModus). Abweichend von diesen Gruppenreaktionen werden einzelne Aminosäuren entsprechend ihrer spezifischen Fragmentierung im MRM(„multi reaction monitoring“)-Modus bestimmt. Einsatzgebiet. Neugeborenen-Screening, Stoffwechseldiagnostik Untersuchungsmaterial. Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut)

Instrumentierung. Elektrospray-Tandemmassenspektrometer, Autosampler, HPLC-Pumpe, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Umlufttrockenschrank, Abblasstationen, Pipetten, Computer

Spezifität. Diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) im Screening: ca. 99,65 % für die Zielkrankheiten Analytische Spezifität: sehr hoch (Ausnahmen: Methionin, Glutamin/ Glutamat; Asparagin/Aspartat und Leucin/Isoleucin)

Aminosäuren. Abb. 2. Trennung einer Standardlösung physiologischer Aminosäuren mittels Ionenaustauschchromatographie (AminosäurenAnalyser)

Sensitivität. Diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) im Screening: für die meisten Zielkrankheiten im Screening > 99 %, Ausnahmen: Tyrosinämie und Homocystinurie Analytische Sensitivität: 2–30 μmol/L (für die meisten Aminosäuren), ca. 70 μmol/L (Alanin, Valin, Threonin) Fehlermöglichkeit. Aminosäureninfusion, postprandiale Blutentnah-

Referenzwerte für physiologische Aminosäuren in Körperflüssigkeiten (Serum, Liquor und Urin) 7 Tab. 3 und 7 Tab. 4.

me

Literatur. Chernoff R (2004) Protein and older adults. J Am Coll Clin

Automatisierung: insbesondere bezüglich der Interpretation der Ergebnisse nur bedingt möglich Kosten: ca. 0,60–3,50 €/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien), Gesamtkosten hängen von der Probenzahl ab.

Nutr 23: 627S–630S Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer, Berlin Heidelberg New York, pp 53–90 Moore S, Spackman DS, Stein WH (1958) Automatic recording device for use in the chromatography of amino acids. Fed Proc 17: 1107– 1115

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Praktikabilität: sehr gut

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Bestimmung der Aminosäuren mittels ESI-MS/MS stellt ein zuverlässiges, äußerst spezifisches und sensitives Verfahren zur Früherkennung einer ganzen Reihe angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenen-Screening dar.

A

60

Aminosäure-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

Aminosäuren. Tab. 3. Referenzbereiche für Aminosäuren in Serum und Liquor Referenzbereiche für Aminosäuren im Serum und Liquor (μmol/L) Matrix

Serum

Altersgruppe

0–1 Monat

1–24 Monate

2–18 Jahre

> 18 Jahre

> 13 Jahre

Aminosäure

von

von

von

von

von

Phosphoserin (P-SER) Taurin (TAU) Phosphoethanolamin (P-ET-AMIN) Asparaginsäure (ASP)

Liquor

bis

bis

bis

bis

bis

7

47

1

20

1

30

2

14

N.N.

N.N.

46

492

15

143

10

170

54

210

4,4

12,4

< 40

N.N.

N.N.

0,4

5,2

3

27

10–20

> 50

1)

k. A.

k. A.

1–5 (–10)

> 10

> 15

> 30–40

> 50–60

> 7–10

> 10–15

Methohexital

262,3

1–3

Pentobarbital

226,3

20–40

Phenobarbital

232,2

60–130

10–30 (15–40)

Secobarbital

238,3

15–30

1,5–5

Thiopental

242,3

3–8

1)

toxisch (mg/L)

(0,5–) 1–6

1–5

k. A.

> 10–15 2)

2)

k. A. keine Angabe, während der Verteilungsphase, narkotisch wirksame Konzentration

tion mit beschleunigtem Abbau und damit verringerter Wirksamkeit verschiedener Pharmaka. Aus dem gleichen Grund ist die Gabe von Barbituraten bei Porphyrie kontraindiziert. Bei chronischem Abusus entwickelt sich eine Abhängigkeit. Thiopental und Methohexital werden i.v. appliziert zur Aufrechterhaltung eines künstlichen Komas bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma. Hexobarbital wurde früher zur Narkoseeinleitung verwendet. Die Wirkung der drei Substanzen lässt sich auf Grund der kurzen Halbwertzeit gut steuern. Die übrigen Barbiturate spielen therapeutisch und auch toxikologisch kaum noch eine Rolle, seitdem Barbiturate dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen.

den Barcodes bei der Verschlüsselung der Identifikation von Patient, Auftragsnummer, Material, Probengefäßen, Einsender, Qualitätskontrollen, Bearbeiter, Blutkonserven uvm. eingesetzt. Entsprechend vielfältig sind die Typen von Barcodelesegeräten: Integriert in Kartenleser, in Analysengeräten, Stand-alone-Geräte als Distanz-Scanner, Standscanner, Scannerpistolen oder Lesestifte.

Barcodetypen O. Colhoun

Englischer Begriff. barcode types

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin

Definition. Unterschiedliche Verschlüsselungstypen für die Darstellung von Zahlen oder Buchstaben als Barcode.

Analytik. Immunoassays qualitativ (Urin), quantitativ (Serum, Phenobarbital); GC, GCMS, HPLC, LC-MS/MS.

i Der eindimensionale Barcode (7 Abb. 1) stellt binäre Informa-

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, 7 Drogenscreening Interpretation. Der qualitative Nachweis wird meist im Rahmen des Drogenscreening mit Urin durchgeführt. Die analytische Empfindlichkeit der verschiedenen Immunoassays ist für die einzelnen Barbiturate sehr unterschiedlich. Die angegebene Entscheidungsgrenze gilt streng jeweils nur für die Kalibratorsubstanz. Hexobarbital, Methohexital und Thiopental besitzen meist eine geringe Kreuzreaktivität mit dem 7 Antikörper. Da sie zudem nahezu vollständig metabolisiert werden, sind sie im Urin nicht nachweisbar. Die quantitative Serumbestimmung von Phenobarbital erfolgt zum Drug Monitoring dieses Antiepileptikums, die von Methohexital sowie von Thiopental und Pentobarbital zur Steuerung der Gabe dieser Substanzen beim künstlichen Koma. Zur Beurteilung des EEG im Rahmen der Hirntoddiagnostik muss sichergestellt sein, dass Barbiturate nicht oder in nicht relevanter Serum-Konzentration vorliegen, da sie im EEG einen Hirntod vortäuschen. Kurz wirksame Barbiturate sind im Urin etwa 1 Tag, lang wirksame 2–3 Wochen nachweisbar (7 Tab. 1).

tionen in Form eines Strichcodes dar, wobei sowohl Ziffern als auch Buchstaben kodiert sein können. Zum Einlesen wird ein Laserstrahl über den Barcode geführt und an seiner Oberfläche reflektiert. Der lichtempfindliche Sensor nimmt durch die unterschiedlichen Reflektionseigenschaften die Breite der hellen und dunklen Streifen auf. Die Menge der durch den Barcode dargestellten Information ist auf 15–50 Zeichen begrenzt. Der zweidimensionale Barcode (7 Abb. 2) besteht aus einer Kombination von schwarzen und weißen Rechtecken. Jedes Feld (Rechteck) symbolisiert ein Bit. Eingelesen wird der Code mittels eines Laserflächenscans ähnlich einem Bildscanner. Die Speicherkapazität steigt bei dieser Barcode-Variante auf bis zu 2000 Zeichen. Hierdurch lassen sich auf einem Patientenprobenetikett praktisch sämtliche Auftragsdaten (7 Probenidentifikation, Einsender- und Patientenidentifikation) verschlüsseln. Es existiert eine Vielzahl verschiedener Verschlüsselungstypen für Barcodes. Im labormedizinischen Umfeld sind folgende eindimensionale Barcodetypen gebräuchlich: UPC/EAN, Code 39, Interleave 2 aus 5, Code 128, Codabar, EAN 128, Pharma Code.

Literatur. Külpmann WR, Schmoldt A (2009) Hypnotics: Barbiturates. In: Külpmann WR (ed) Clinical Toxicological Analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 339–350

Barcode 7 Barcodetypen

Barcodetypen. Abb. 1. Eindimensionaler Barcode „Interleaved 2 of 5“

Barcodelesung O. Colhoun

Englischer Begriff. barcode reading Definition. Vorgang des Einlesens einer barcodeverschlüsselten Identifikation in die 7 Labor-EDV i Für die Bearbeitung von Aufträgen im Labor-EDV-System wer-

Barcodetypen. Abb. 2. Zweidimensionaler Barcode (PDF417)

B

236

Barr-Körperchen

Barr-Körperchen R. Weiskirchen

Synonym(e). X-Chromatin; Körperchen, heterochromatisches Englischer Begriff. barr body Definition. Zytologisch der im Zellkern gelegene größte Feulgenpositive 7 Chromatinkörper. i Während weibliche Organismen in allen somatischen Zellen

2 X-Chromosomen besitzen, weisen männliche Individuen dort je ein X- und ein 7 Y-Chromosom auf. Bei weiblichen Individuen wird jedoch nur die Erbinformation eines 7 X-Chromosoms genutzt, während das andere inaktiv bleibt. In Epithelzellen der Mundschleimhaut lässt sich das Barr-Körperchen oft lichtmikroskopisch oder auch im Elektronenmikroskop als, oft an die innere Kernmembran des Zellkerns angelagertes Heterochromatin (Durchmesser 1–2 μm) erkennen (7 Abb. 1). Benannt nach der Erstbeschreibung (1949) durch den kanadischen Anatom Murray L. Barr (1908 1995) und seinen Schüler E.G. Bertram. Es wird diskutiert, dass die Inaktivierung eines X-Chromosoms ein Regelmechanismus für die Kompensierung des 7 GenDosis-Effekts für Gene des X-Chromosoms ist (Lyons-Hypothese). Anhand des Vorhandenseins oder Fehlens des Barrkörpers kann man aus den Zellen des Fruchtwassers vorgeburtlich das Geschlecht feststellen sowie das tatsächliche Geschlecht von Personen.

Bartonella quintana ist der Erreger des Fünftage- oder Schützengrabenfiebers (engl. „trench fever“), einer epidemischen Erkrankung, die während des ersten Weltkriegs beobachtet wurde. Sie wird durch den Biss der Kleiderlaus (Pediculus humanus corporis) übertragen. Immungeschwächte Personen entwickeln häufig eine bazilläre Angiomatose. Schlechte hygienische Verhältnisse erhöhen die Übertragungswahrscheinlichkeit: Bei einer Gruppe von Obdachlosen wurde für Bartonella quintana eine Seroprävalenz von 54 % ermittelt (gesunde Blutspender 2 %). Patienten mit abgeschwächter Immunkompetenz zeigen ohne Therapie einen prolongierten Verlauf mit wiederkehrenden, allerdings selbst limitierenden Rückfällen. Bartonella quintana ist hoch empfindlich gegen Antibiotika.

Analytik. Bartonellen werden lichtmikroskopisch durch die 7 Silberfärbung nach Warthin-Starry im Gewebe dargestellt, für den Erregernachweis setzt man molekularbiologische Methoden ein (z. B. PCR). Für die aerobe Anzucht von B. henselae werden zellfreie Spezialkulturmedien verwendet. Der Antikörpernachweis im Serum erfolgt in allen Verlaufsstufen vorwiegend durch indirekte Immunfluoreszenz mit infizierten Kulturzellen als 7 Antigen-Substraten, Enzymimmuntests oder 7 Western Blots. Die Immunfluoreszenz liefert bisher die zuverlässigsten Ergebnisse. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Molekularbiologischer Nachweis und Anzucht des Erregers aus Gewebeproben und Blut. Die Proben werden phosphatgepuffert in steriler Kochsalzlösung kühl gelagert. Sie sollten gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Die Katzenkratzkrankheit muss vor allem

Barr-Körperchen. Abb. 1. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H.M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen.

Bartonella W. Stöcker

Englischer Begriff. Bartonella Beschreibung der Erreger. Bartonella henselae, Bartonella quintana. Bartonella spp. sind gramnegative, aerobe, fakultativ intrazelluläre Bakterien. Bis zum Jahr 1993 war Bartonella bacilliformis die einzige bekannte Spezies der Gattung Bartonella, dann wurden aufgrund ihrer molekulargenetischen Verwandtschaft die Gattungen Rochalimaea und Grahamella eingegliedert. Die Spezies Bartonella henselae ist erst seit 1990 bekannt, besitzt jedoch große medizinische Bedeutung, zumal bei immungeschwächten Patienten.

bei der Differenzialdiagnose der Lymphadenitis des Erwachsenen berücksichtigt werden. Für HIV-Patienten ist bei jedem Fieber unklarer Genese auch eine Bartonella-Infektion in Erwägung zu ziehen. Bartonella-henselae-Infektionen werden viel zu selten erkannt oder oft erst spät im klinischen Verlauf diagnostiziert. IgM- und/oder IgG-Antikörper sind meist schon zum Zeitpunkt der Lymphknotenschwellung nachweisbar. Niedrige Titer kommen allerdings auch bei klinisch unauffälligen Personen vor. Ein Titeranstieg innerhalb weniger Wochen beweist die Infektion.

Literatur. Kempf AJ (2007) Bartonella-Infektionen des Menschen: Neue Erkrankungen durch einen alten Erreger. Mikrobiologie 17: 171–180 Florin TA, Zaoutis TE, Zaoutis LB (2008) Beyond cat scratch disease: widening spectrum of Bartonella henselae infection. Pediatrics 121 Number 5: 1413–1425

Basal acid output R. Tauber, F.H. Perschel

Erkrankungen. Als maßgeblicher Erreger der weltweit verbreiteten Katzenkratzkrankheit (KKK) kommt Bartonella henselae eine besondere Bedeutung zu (diese Krankheit hatte man früher dem Erreger Afipia felis zugeschrieben, der in der Tiermedizin eine Rolle spielt). Die 7 Antikörper-Prävalenz gesunder Blutspender gegen Bartonellen beträgt je nach geographischer Lage zwischen 9 und 28 % (Erkrankte 81 %). Weitere Erreger, die im Zusammenhang mit der KKK diskutiert werden bzw. serologische Kreuzreaktionen mit Bartonella henselae zeigen können, sind Bartonella clarridgeiae, Bartonella quintana und Bartonella bacilliformis. Die Infektion der Katze wird meistens kaum bemerkt. Beim Menschen kommt es häufig zu klinischen Erscheinungen, die Krankheit spielt besonders in der Pädiatrie eine Rolle. Bei einem günstigen Verlauf sind keine 7 Antibiotika erforderlich. Immunsupprimierte Patienten können vaskuloproliferative Krankheitsbilder entwickeln (bazilläre Angiomatose, Peliosis hepatis, z. B. in Zusammenhang mit einer HIV-Infektion), sie bedürfen einer antibiotischen Therapie.

Synonym(e). BAO; Basale Säuresekretion Englischer Begriff. basal acid output Definition. BAO entspricht der unter Ruhebedingungen mit dem Magensaft pro Stunde sezernierten H+-Menge. i Die basale Säuresekretion (BAO) dient, insbesondere im Penta-

gastrintest zusammen mit der maximalen Säuresekretion (MAO), der Diagnostik einer Hyper- (z. B. bei Zollinger-Ellison-Syndrom) oder einer Hyposekretion des Magens (z. B. bei chronisch atrophischer Gastritis). Gemessen wird die in den Magensaft sezernierte H+-Menge durch Titration mit NaOH.

Literatur. Metz DC, Starr JA (2000) A Retrospective Study of the Usefulness of Acid Secretory Testing. Aliment Pharmacol Ther 14:103–111

Basiseinheit

Basale Säuresekretion 7 Basal acid output

Basalmembran-Heparansulfat-Proteoglykan, großes 7 Perlecan

Base R. Weiskirchen

Englischer Begriff. base Definition. Synonymbegriff für Nukleinbasen, die Bausteine der

Funktion und Pathophysiologie. 7 Säure-Basen-Stoffwechsel Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinisiertes Vollblut

Probenstabilität. 7 Blutgasanalyse Analytik. Die Bestimmung erfolgt im Rahmen der Blutgasanalyse durch automatische Berechnung aus pH und Bicarbonatkonzentration nach der Formel BA = (cHCO3– – 24,2) + 14,8 (pH – 7,40). Die Zahl 14,8 entspricht der 7 Pufferkapazität der Nichtbicarbonatpuffer in der Extrazellulärflüssigkeit einschl. der Erythrozyten.

7 Nukleinsäuren (DNA, RNA) sind.

Konventionelle Einheit. mval/L; mEq/L

i Die Basen der Nukleinsäuren sind 7 Purine bzw. 7 Pyrimidine.

Internationale Einheit. mmol/L

Nach den Basenpaarungsregeln (Chargaff-Regeln) liegen in einem doppelsträngigen DNA-Faden jeweils zwei der vier möglichen Bausteine nach festen Regeln gegenüber und bilden komplementäre Basenpaare: Adenin paart sich stets mit Thymin, Zytosin stets mit Guanin. Dadurch legt die Reihenfolge der Basen des einen Strangs die des gegenüberliegenden (7 komplementären) Strangs fest. Infolgedessen liegt das Verhältnis von Adenin zu Thymin und das von Guanin zu Zytosin in allen untersuchten Arten bei etwa 1. Einzelne Basen können durch Methylierung (Basenmethylierung) modifiziert werden. Diese dient bei 7 Prokaryonten u. a. dem Schutz der DNA vor Abbau durch Restriktionsenzyme. Für den MethylGruppentransfer wird S-Adenosyl-Methionin als Kofaktor benötigt. In Eukaryonten stellt die Methylierung von DNA einen wichtigen Regulationsmechanismus dar. Aktive 7 Gene sind häufig untermethyliert, während inaktive DNA-Abschnitte sich häufig durch eine starke Methylierung auszeichnen. Die Basenpaarsubstitution ist die am häufigsten auftretende 7 Mutation innerhalb eines 7 Genoms. Sie muss nicht zwingend zu einer Veränderung eines Genproduktes führen, wenn ein 7 Codon in ein synonymes Codon umgewandelt wird. Andere Basenpaarsubstitutionen ändern dagegen die genetische Information, die Bedeutung des betreffenden Codons ändert sich. Bei einer Transition findet ein Austausch von einer Purin-Base zu einer anderen Purin-Base oder ein Austausch von einer Pyrimidin-Base zu einer anderen PyrimidinBase statt. Findet ein Austausch von einer Purin- zu einer PyrimidinBase statt oder umgekehrt spricht man von einer Transversion.

Umrechnungsfaktor konv. zu int. Einheit. 1

Base T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Morphin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

Base measurement unit 7 Basiseinheit

Base unit 7 Basiseinheit

Basen 7 Nukleotidbasen

Basenabweichung O. Müller-Plathe

Synonym(e). Basenüberschuss; BA; BÜ Englischer Begriff. base excess; (BE) Definition. Die Basenabweichung ist die Konzentration an titrierbarer Base oder Säure, die sich durch Titration auf pH 7,40 unter den Bedingungen pCO2 = 5,33 kPa (40 mmHg) und t = 37 °C ergibt.

237

Referenzbereich — Erwachsene. –2 bis +3 mmol/L Referenzbereich — Kinder. –4 bis +2, Neugeborene –10 bis –2 mmol/L

Indikation. Erkennung und Differenzierung von Säure-Basen-Störungen.

Interpretation. BA wird gemäß IFCC-Empfehlung auf die Extrazellulärflüssigkeit bezogen und dann als BA (ezf), BA(in vivo) oder engl. als standard base excess (SBE) bezeichnet. Der Bezug auf das Vollblut (BA (in vitro)) ist veraltet. Somit ist BA Ausdruck der titrierbaren Azidität der Extrazellulärflüssigkeit. Der Wert 0 ergibt sich bei der Konstellation pH = 7,40, pCO2 = 40 mmHg (5,33 kPa) und cHCO3 = 24,2 mmol/L. 5 Positiv erhöhte Werte bedeuten Zunahme pufferfähiger Basen, primär bei metabolischer Alkalose oder kompensatorisch bei respiratorischer Azidose. 5 Negativ erhöhte Werte bedeuten Abnahme pufferfähiger Basen, primär bei metabolischer Azidose oder kompensatorisch bei respiratorischer Alkalose.

Diagnostische Wertigkeit. Wichtige Größe für die Einordnung von Säure-Basen-Störungen und die Abschätzung des Basenbedarfs.

Literatur. Siggaard-Andersen O (1974) The Acid-Base Status of the Blood. 4th edn. Munksgaard, Copenhagen Müller-Plathe O (1995) Die Basenabweichung: Definitionen und Konventionen. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed 30:34–35

Basensequenz 7 Nukleotidsequenz

Basentriplett 7 Codon

Basenüberschuss 7 Basenabweichung

Basiseinheit W.-R. Külpmann

Synonym(e). base unit Definition. Maßeinheit, die durch Vereinbarung für eine Basisgröße festgelegt ist (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

B

238

Basisgröße

Basisgröße W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. base quantity Definition. Größe in einer durch Vereinbarung ausgewählten Teilmenge eines Größensystems, wobei keine dieser Größen durch die anderen Größen der Teilmenge ausgedrückt werden kann (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Basisuntersuchung im Urin 7 Urinstatus

Basophile 7 Granulozyten, basophile

Basophile Punktierung 7 Basophile Tüpfelung

Basophile Tüpfelung H. Baum

Basislinie

Synonym(e). Basophile Punktierung

T. Arndt

Englischer Begriff. basophilic stippling

Synonym(e). Grundlinie Englischer Begriff. baseline

Definition. Kleine, bläuliche Pünktchen in Erythrozyten in einem nach Pappenheim gefärbten Ausstrichpräparat (7 Abb. 1).

Definition. Teil eines Spektrums oder Chromatogramms, der vom Detektor aufgezeichnet wird, wenn lediglich die analytfreie Probe vermessen wird. i Ein über ein definiertes Maß über die Grundlinie hinausgehendes

Signal bezeichnet man als Messsignal oder Peak. Die Interpolation der Grundlinie zwischen Anfang und Ende des Peaks bezeichnet man als die Basis des Peaks. Unter optimierten Bedingungen ist die Basislinie (im Unterschied zum Grundrauschen) zeitlich konstant. Als Faustregel gilt, dass die Intensität eines valide auswertbaren Messsignals mindestens das 3-Fache der Standardabweichung des Grundrauschens betragen muss.

Basophile Tüpfelung. Abb. 1. Basophile Tüpfelung (Pfeil) in einem Erythrozyten, 1000×, May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Die basophile Tüpfelung entspricht RNA-Resten in Erythrozyten,

die sich in der 7 Pappenheim-Färbung bläulich anfärben. Sie sind ein unspezifisches Merkmal einer gesteigerten, aber gestörten Erythropoese bei Anämien, aber auch bei Bleivergiftung, Alkoholintoxikation und Hämoglobinopathien.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 174–175

Basophilen-Degranulation H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Basophilen-Degranulationstest Englischer Begriff. degranulation of basophilic granulocytes Basislinie. Abb. 1. Chromatogramm mit Basislinie, Lösungsmittelfront, Analytsignal (Levetirazetam) und Signal (Peak) des internen Standards.

Definition. In-vitro-Test mit vitalen Basophilen zur Diagnostik von Typ-I-Allergien

Literatur. Ettre LS (1993) Nomenclature for Chromatography. Pure &

Durchführung. Heparinblut wird mit verschiedenen Konzentrati-

Appl Chem 65:819–872

onen des vermuteten Allergens inkubiert. Durch Aktivierung der Basophilen wird deren Degranulation induziert. Nach Ablauf der Inkubationszeit werden die Proben in Eis gekühlt und so die Mediatorfreisetzung gestoppt. Durch Inkubation mit fluoreszenzmarkierten Antikörpern gegen IgE und gp53 werden die aktivierten Basophilen im Durchflusszytometer identifiziert. Der Prozentsatz der aktivierten Basophilen, die IgE und gp53 exprimieren, wird in Relation zu den nichtaktivierten, IgE-positiven Zellen gesetzt. Als Positivkontrolle wird eine mit einem artefiziellen chemotaktischen Peptid stimulierte Probe mitgeführt.

Basispeak B. Güssregen

Englischer Begriff. base peak Definition. Signal eines Massenspektrums mit der höchsten Intensität (7 Massenspektrometrie).

Bayes, Satz von

Die Probe eines Gesunden sollte als Negativ-Kontrolle und zur Beurteilung der Reaktion des Patienten angesetzt werden. Ein eindeutig pathologisches Ergebnis ergibt sich aus dem Nachweis einer mindestens 10-fach erhöhten Population aktivierter Basophiler des Patienten gegenüber der gesunden Kontrolle.

Funktion und Pathophysiologie. Allergische Reaktionen werden durch Antikörper der Klasse IgE vermittelt, die beim ersten Kontakt mit einem Fremdantigen gebildet werden. Sie binden an den hochaffinen Fcε-I-Rezeptoren auf der Oberfläche basophiler Granulozyten und Mastzellen. Bei Zweitkontakt der nun sensibilisierten Zellen mit demselben Antigen vernetzt das Antigen die spezifischen Antikörper. Dieser Vorgang aktiviert den Basophilen, der daraufhin die in den Granula gespeichterten Mediatoren, z. B. 7 Histamin, Heparin, neutrale Proteinasen, saure Hydrolasen und chemotaktische Faktoren freisetzt. Als Oberflächenmarker exprimieren aktivierte Basophile neben anderen Rezeptoren das Glykoprotein gp53, das als Marker im basophilen Degranulationstest verwendet werden kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut, Probenentnahme in pyrogenfreien Gefäßen, wenn möglich zusammen mit der potenziell allergieauslösenden Substanz einsenden.

Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur Präanalytik. Lagerung bei Raumtemperatur. Die Untersuchung sollte innerhalb von 24 h durchgeführt werden.

Analytik. Durchflusszytometrie Konventionelle Einheit. % Referenzbereich — Erwachsene. < 15 % aktivierte Basophile oder < 10 % der gesunden Kontrolle

239

Definition. Die Bateman-Funktion beschreibt den Konzentrationsverlauf über die Zeit, bei gleichzeitiger Invasion und Elimination einer Substanz, z. B. eines Pharmakons. Literatur. Gladtke E, von Hattinberg HM (1973) Pharmakokinetik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Bathophenanthrolin-Methode 7 Eisen

Batroxobinzeit P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Reptilasezeit Englischer Begriff. reptilase® (clotting) time Definition. Das Reptilase-Reagenz enthält Batroxobin, ein Thrombinähnliches proteolytisches Enzym aus dem Gift der Viper Bothrops atrox. Es reagiert mit 7 Fibrinogen und spaltet das Fibrinopeptid A ab. Die Reptilasezeit ist Heparin-insensitiv und ist bei niedrigem Fibrinogen, Dysfibrinogenämien und hohen Spiegeln an Fibrinabbauprodukten verlängert.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Reptilase® wird dem Patientenplasma zugesetzt und die Zeit bis zur fassbaren Fibrinbildung wird gemessen. Batroxobin spaltet die Arg 16-Gly 17-7 Peptidbindung in der Aα-Kette des Fibrinogens und setzt das Fibrinopeptid A frei. Die 7 Fibrin-I-Monomere aggregieren spontan zu einem Gerinnsel aus Fibrin I. Die Erfassung der Fibrinbildung kann mechanisch (Koagulometer), optisch oder durch Kombination von optischer und mechanischer Messung (Kugelmethode) erfolgen.

Indikation. Typ-I-Allergie auf Antigene, für die kein In-vitro-Test (CAP/RAST) auf spezifisches IgE zur Verfügung steht oder für die ein Prick-Test wegen Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion zu riskant ist

Einsatzgebiet. Zusammen mit der Thrombinzeit zur Diagnose von Dysfibrinogenämien.

Diagnostische Wertigkeit. Der Basophilen-Degranulationstest ist

Instrumentierung. Großgeräte, Vollautomaten, auch Einzelbestim-

nur bei Hypersensitivitätsreaktionen Typ I nach Coombs und Gell aussagefähig. Als präanalytisch und analytisch sehr aufwändiger Test sollte er nur nach sorgfältiger Indikationsstellung angefordert werden, wenn allergische Reaktionen vermutet werden, die durch unkonventionelle Allergene ausgelöst werden. In Frage kommen dabei besonders Medikamente sowie exotische Allergene für die kein kommerzielles IgEDetektionssystem existiert. Von Vorteil ist die Einsendung der symptomauslösenden Präparation zusammen mit der zu analysierenden Patientenprobe. Diese kann u.U. durch bakteriellen Abbau von Histidin stark erhöhte Histaminkonzentrationen enthalten, die die Symptome einer allergischen Reaktion ebenso wie der Wirkstoff selbst auslösen können.

mung

Literatur. Klein J (1990) Immunology. Blackwell Scientific Publications, Oxford, p 610 Kinet JP (1990) The High Affinity Receptor for IgE. Curr Op Immunol 2:499–505

Basophilen-Degranulationstest 7 Basophilen-Degranulation

Bastard 7 Hybridzelle

Bastardwüchsigkeit 7 Heterosiseffekt

Bateman-Funktion W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. Bateman function

Untersuchungsmaterial. Zitratplasma

Spezifität. Die Batroxobinzeit wird nicht durch Antithrombin, Heparin oder Low-molecular-weight-Heparin inhibiert. Batroxobin hat keine Aktivität für andere Thrombinsubstrate der Gerinnungskaskade. Die Batroxobinzeit wird daher in der Regel zusammen mit der Thrombinzeit bestimmt.

Fehlermöglichkeit. Nichteinhaltung der Enzymkonzentrationen, Lagerungsfehler

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Applikationsprotokolle für alle gängigen Gerinnungsautomaten

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Routinetest Literatur. Ove Wik K, Tangen O, McKenzie FN (1972) Blood Clotting Activity of Reptilase and Bovine Thrombin in vitro: A Comparative Study on Seven Different Species. Br J Haematol 23:37–45

BAT-Wert 7 Arbeitsstoff-Toleranzwert, biologischer

Bayes, Satz von R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Bayes Theorem Englischer Begriff. Bayes theorem i Im 18. Jhd. interessierte sich der Geistliche und Mathematiker Thomas Bayes für die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis eintritt, wenn eine bestimmte Bedingung vorliegt. Diese Wahrscheinlichkeit wird heutzutage als bedingte Wahrscheinlichkeit bezeichnet. Ein Ergebnis seiner Forschung besteht in der Formulierung des so genann-

B

240

Bayes-Theorem

ten Bayes-Theorems (Satz von Bayes). Dieses beschreibt, wie man zu einer neuen Bewertung gelangt, wenn man die Beurteilung der Ereignisse eines Experimentes vor Durchführung (A-priori-Annahme) mit den beobachteten Ergebnissen kombiniert. Zu den Standardbeispielen des Bayes-Theorems gehören die Probleme der „probabilistischen Kategorisierung“. Dabei handelt es sich um die Aufgabe der Klassifizierung unter Unsicherheit. Ein solches Problem liegt in typischer Weise im Rahmen diagnostischer Tests vor. Hier beschreibt der Satz von Bayes den Zusammenhang zwischen der Diagnose bevor der Test durchgeführt wurde und der Diagnose bei Vorliegen des Ergebnisses eines diagnostischen Tests.

BDB (Benzodioxazolylbutanamin) 7 Amphetamine

BDL 7 Berufsverband Deutscher Laborärzte e. V.

Bead-Array 7 Mikropartikel-Array

Der Satz von Bayes wird häufig verwendet, um den Zusammenhang zwischen prädikativen Werten, der Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische), der Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) und der 7 Prävalenz zu beschreiben (7 Vorhersagewert, positiver; 7 Vorhersagewert, negativer).

7 Auftragsstatus

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die

R. Weiskirchen

Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Bayes TR (1958) An essay towards soving a problem in the doctrine of chance. (Original 1763). Biometrika 45:293–315

Bayes-Theorem 7 Bayes, Satz von

Bayesian prediction method W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. Bayesian prediction method Definition. Verfahren zur Berechnung des prädiktiven Wertes (Vorhersagewertes) eines negativen/positiven Befundes. i

Das Verfahren berücksichtigt die diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) und diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) einer Messgröße sowie die Prävalenz eines Zustandes (z. B. einer Erkrankung) um abzuschätzen, welchen Vorhersagewert ein positiver bzw. negativer Befund hat (Entscheidungstafel).

Bearbeitungsstatus Beauftragter für die biologische Sicherheit Synonym(e). BBS Definition. Gentechnikrechtlicher Begriff; eine Person oder eine Mehrheit von Personen (Ausschuss für die Biologische Sicherheit), die die Erfüllung der Aufgaben des 7 Projektleiters überprüft und den Betreiber einer gentechnischen Anlage berät. i Die gesetzliche Grundlage ergibt sich aus der Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen (Gentechnik-Sicherheitsverordnung – GenTSV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1995 (BGBl. I S. 297). Als Beauftragte für die Biologische Sicherheit (BBS) darf nur eine Person bestellt werden, die die erforderliche Sachkunde besitzt.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed Temmen, Bremen

Becherzell-Antikörper 7 Autoantikörper gegen intestinale Becherzellen

Literatur. Büttner J, Stamm D (1995) Ärztliche Verwendung von klinisch-chemischen Befunden. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Becquerel, Henri T. Arndt

Lebensdaten. Geb. 15. Dezember 1852 in Paris, gest. 25. August 1908

B-Blutgruppenantigen 7 B-Antigen

BBS 7 Beauftragter für die biologische Sicherheit

B-CAM 7 Lutheran-Blutgruppensystem

in Le Croisic

Verdienste. Professor der Physik in Paris. Entdecker der Radioaktivität, die er 1896 an Uransalzen beobachtete. Das nach ihm benannte Maß der Radioaktivität eines Stoffes ist das Becquerel (Bq), entsprechend 1 radioaktiven Zerfall pro Sekunde. Auf seiner Entdeckung basierend isoliert das Ehepaar Curie aus Pechblende Radium. Nobelpreis für Physik 1903 gemeinsam mit Marie und Pierre Curie.

Bedingungen O. Colhoun

BCKD-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Mitochondrien

bcr Gen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. breakpoint cluster region Definition. Bezeichnung für ein auf dem 7 Chromosom 22 gelegenes Gen, das durch reziproke 7 Translokation mit dem 7 ABL-Gen zu einem hybriden Onkogen führt.

BCR/IFCC/CAP RPPHS 7 CRM-470-Standard

Englischer Begriff. conditions Definition. Bedingungsregel zur automatischen Ausführung von Aktionen oder Berechnungen im Labor-EDV-System. i Die Erfüllung einer Klausel kann Voraussetzung für die Ausfüh-

rung eines 7 Automatismus oder einer Berechnung in der Labor-EDV sein. Bedingungen folgen meist einer einfachen IF-THEN-Syntax (welche freilich leider für jedes 7 Labor-EDV-System in proprietärer Codesprache dargestellt wird): WENN Eingabe eines pathologisch erhöhten Wertes für Gesamt-CK DANN zusätzliche Anforderung der Analyse CK-MB für diesen Auftrag.

Bedside-Diagnostik 7 Patientennahe Sofortdiagnostik

Befunderstellung, Teilschritte

Beer-Gesetz 7 Lambert-Beer-Gesetz

Befund G. Schumann

Englischer Begriff. finding Definition. Das Analysenergebnis angeforderter Messgrößen einschließlich analytischer und medizinischer Beurteilung. i Ein Befund muss neben der Messgröße noch mindestens die An-

gabe eines für das Individuum zutreffenden Referenzintervalls oder einer Entscheidungsgrenze enthalten. Die Bewertung eines Befunds und ggf. weiterer Befunde unter Berücksichtigung von medizinischer Fragestellung, Anamnese, klinischer Symptomatik im Hinblick auf eine ärztliche Handlung wird als Befundinterpretation bezeichnet. Die klassische Übermittlung des Befunds aus der 7 Labor-EDV erfolgt in gedruckter Form. Der Druck erfolgt zentral im Laboratorium oder dezentral auf einem vom Labor-EDV-Server angesteuerten Drucker beim Einsender. Alternativ kann für jeden einzelnen Einsender ein anderer Weg der Befundübermittlung hinterlegt werden, etwa die Ausgabe als Telefax oder per E-Mail. Den Anstoß zum Erzeugen eines Befunds gibt der Druckaufruf im Labor-EDV-System aufgrund der Kriterienerfüllung von Vollständigkeit (Endbefund, alle Analysen haben ein Ergebnis) oder Erreichen des Teilbefundstatus (ein Teil der Analysen hat ein Ergebnis, am aktuellen Tag werden keine neuen Analysen erwartet), nach Änderung von Werten oder durch manuelle Initiierung des Drucks durch einen Nutzer. Die Befundausgabe im HTML-Format durch die Labor-EDV dient der Befunddarstellung auf dem Bildschirm (z. B. Laborauskunftssystem auf klinischen Stationen, Befundauskunft via Internetzugang).

Literatur. Management in der Laboratoriumsmedizin. Teil 1: Grundbegriffe. Beuth-Verlag, Berlin. DIN 58936-1:2000, 3.2.6

Befundabfrage 7 Abfrage

Befundauskunft O. Colhoun

Synonym(e). Laborauskunft

241

Englischer Begriff. report inquiry Definition. Flexible Einsicht in Laborergebnisse eines Patienten mit Selektionsmöglichkeit der Daten aus der 7 Labor-EDV.

i Eine der wichtigsten Funktionen des Laborinformationssystems

(LIS) für die Beratung des Klinikers durch den Laborarzt oder Klinischen Chemiker. Die Befundauskunft dient der Nachschau bestimmter Laborergebnisse eines Patienten durch den Mitarbeiter im medizinischen Labor bei Frage nach bestimmten Werten oder im Rahmen der Beratung des Klinikers. Zudem nimmt sie bei zunehmender Verbreitung von Online-Laborauskunftssystemen eine wichtige Rolle für den Kliniker selbst bei der Suche nach Laborwerten ein. Forderungen an eine gute Auskunfts-Funktion des LIS sind: Flexible, kombinierbare Suchmöglichkeiten (Suche nach Patientenname, Aufnahmenummer, Lebensnummer, Auftragsnummer, Klinik, Station, Zeitraum, Laborbereich, Messgrößen), übersichtliche, kumulierte Darstellung im gleichen Layout wie die gewohnten gedruckten Befunde, Möglichkeit des lokalen Ausdrucks des Suchergebnisses.

Befunderstellung, Teilschritte A.M. Gressner

Synonym(e). Labormedizinische Befunderstellung Englischer Begriff. report generation; report production Definition. Die Erstellung eines klinisch-chemischen/labormedizinischen Befundes ist ein mehrstufiger, aus Präanalytik, Analytik und Postanalytik bestehender Prozess mit einer stets auf den individuellen Patienten ausgerichteten Interpretation klinisch-chemischer/labormedizinischer Analysenergebnisse. i Ein klinisch-chemischer bzw. labormedizinischer Befund ist

nicht das reine Analysenresultat, sondern das Ergebnis eines mehrstufigen Vorgangs, der eine auf die individuelle Situation des Patienten abgestimmte medizinische Interpretation der Analysenergebnisse beinhaltet. Die Teilschritte setzen sich aus Präanalytik, Analytik und Postanalytik zusammen (7 Abb. 1), wobei Prä- und Postanalytik sowohl in den klinischen als auch labormedizinischen Kompetenzbereich fallen (7 Abb. 2).

Literatur. Fiedler GM, Thiery J (2004) Der „fehlerhafte“ Laborbefund Teil 1: Fehlerquellen der prä- und postanalytischen Phase. Der Internist 45:315–332

Befunderstellung, Teilschritte. Abb. 1. Teilschritte der labormedizinischen Befunderstellung

B

242

Befundkommentierung

Befunderstellung, Teilschritte. Abb. 2. Stufen der Laborbefunderstellung

Thiery J, Fiedler GM (2004) Der „fehlerhafte“ Laborbefund Teil 2: Häufige Ursachen von Fehlinterpretationen labormedizinischer Befunde. Der Internist 45:437–454

Befundkommentierung O. Colhoun

Englischer Begriff. report comment Definition. Zusätzliche textliche Erläuterungen zu Messgrößen im Laborbefund. i Ausgabe eines Erläuterungstextes zu einer Messgröße oder einem

Material, der über die Kennzeichnung als außerhalb des Referenzbereichs liegend oder möglicher Störgrößen hinausgeht: z. B. Hinweise auf medizinische Unplausibilitäten, Verdacht auf Probenverwechslung, Störgrößen der Präanalytik oder Matrix, Präzisierung eines Befundmusters oder Empfehlung der Wiederholung einer Untersuchung.

Befundkopie O. Colhoun

Englischer Begriff. report copy Definition. Generierung von Duplikaten eines Laborbefunds. i Fähigkeit der 7 Labor-EDV zur Erzeugung von Befundkopien eines Auftrages für mehrere Empfänger oder des erneuten Ausdrucks eines bereits generierten Befundes durch manuellen Anstoß.

beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die Befunde eines Gesunden alle innerhalb des Referenzintervalls liegen, nur noch 54 %.

Literatur. Büttner J, Stamm D (1995) Ärztliche Verwendung von klinisch-chemischen Befunden. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Befundregelwerk O. Colhoun

Synonym(e). Regelbasis Englischer Begriff. rule base Definition. In Regeln gefasstes medizinisches Expertenwissen als Grundlage der automatisierten Befundkommentierung innerhalb der 7 Labor-EDV sowie der Befundung mit Hilfe wissensbasierter 7 Expertensysteme. i Für die automatische Befundkommentierung innerhalb der

Labor-EDV genügt eine einfache, strukturierte Regelsyntax, um das medizinische Wissen zur Interpretation bestimmter Wertekonstellationen zu hinterlegen. Für die Befundung in (labor)medizinischen Spezialgebieten werden leistungsfähige Expertensystem-Werkzeuge benötigt, welche dem Mediziner selbst die deklarative Notation seines Wissens ermöglichen, ohne dass für Erstellung und Pflege eines wissensbasierten Systems die Hilfe eines Informatikers in Form einer „Übersetzung“ in eine Programmiersprache notwendig wird.

Befundstatus Befundkranker W.-R. Külpmann i Definitionsgemäß entspricht das Referenzintervall dem Bereich zwischen der 2,5 und 97,5 Perzentile einer Referenzpopulation definierter Gesundheit; d. h. 5 % der Werte von „Gesunden“ liegen außerhalb und ergeben einen pathologischen Befund. Je mehr Messgrößen bestimmt werden, umso wahrscheinlicher liegt ein Messwert außerhalb des Referenzintervalls. Bei 12 nicht korrelierten Messgrößen

O. Colhoun

Englischer Begriff. report status Definition. Attribut des Bearbeitungsstands eines Laborauftrags im Laborinformations-System. i Interne Kennzeichnung des Auftrags in der 7 Labor-EDV als

„unvollständig“, „unvollständiger Teilbefund gedruckt“, „vollständig“, „druckbereit in der Druckerwarteschlange“, „gedruckt“.

Bence-Jones-Protein

Befundübermittlung O. Colhoun

Englischer Begriff. report transmission Definition. Form und Weg der Übermittlung eines Laborbefunds aus dem Laborinformationssystem (LIS) an den Einsender. i Die Befundausgabe an den Einsender kann aus dem 7 Labor-

EDV-System heraus in gedruckter Form erfolgen, als Telefax, per E-Mail, an den Befundserver LIS oder als Wertübergabe via OnlineSchnittstelle an das 7 KIS, etwa in eine elektronische Patientenakte.

Befundungssystem 7 Expertensystem

243

7 Anforderungsbeleg) in das 7 Labor-EDV-System einzulesen. Der Belegleser wandelt die Existenz oder Nichtexistenz der Markierung in eine Computerdatei um. In vielen Fällen wird die OMR-Technologie (Optical Marker Reading) zusammen mit Barcodelesung für die Auftrags-, Einsender- und Patientenidentifikation verwendet. Die OMR-Technologie ermöglicht eine Hochgeschwindigkeitslesung von großen Datenmengen und die Übertragung an den Rechner ohne Tastatureingabe; der OMR-Leser scannt das Formular, nimmt Kontrollen vor und leitet die Information an die Labor-EDV zur Weiterverarbeitung.

Bence Jones, Henry A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Geb. am 31. Dezember 1813 in Thorington Hall, Yoxford, Suffolk, England, gest. am 20. April 1873 in London

Behensäure

Verdienste. Nach Beginn eines Theologiestudiums Wechsel zum Me-

A.C. Sewell

dizinstudium in Cambridge und London. Vertiefung der Chemie bei Justus von Liebig (1803–1873) in Gießen, ab 1842 niedergelassener Arzt in London mit Tätigkeit in St. George’s Hospital. Führte nebenher umfangreiche Laboruntersuchungen, z. B. Harnsteinanalytik und zur Gicht durch. Schwerpunkte waren chemisch-experimentelle Untersuchungen des Urins, die u. a. zu einer Nachweisreaktion von monoklonalen Leichtketten der Gamma-Globuline im Urin geführt haben (später als „7 Bence-Jones-Proteine“ bezeichnet). Der Nachweis beruht auf einer bei Erwärmen des Harns sich einstellenden milchigen Trübung mit gallertartigem Niederschlag, der bei weiterem Erhitzen auf 71– 77 °C wieder verschwindet (1847 veröffentlicht).

Synonym(e). Docosansäure Englischer Begriff. behenic acid; docosanoic acid Definition. Gesättigte, ultralangkettige Fettsäure (C22:0). Hauptbestandteil von Ben-Öl, das aus den Samen des Ben-Ölbaumes (Moringa oleifera) gewonnen wird. i Behensäure ist für die Diagnose einer angeborenen peroxisoma-

len Fettsäureoxidationsstörung von besonderer Wichtigkeit.

Literatur. Wanders RJA, Duran M (2008) Very-long-chain fatty acids and phytanic acid. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, pp 221231

Behring, Emil Adolf von A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Geb. am 15. März 1854 in Hansdorf (Westpreußen), gest. am 31. März 1917 in Marburg Verdienste. Medizinstudium an der Militärärztlichen Akademie des Preußischen Staates (Pépinirè), 1880 bis 1889 Militärarzt in Berlin, ab 1888 im Hygieneinstitut und Institut für Infektionskrankheiten als Assistent von Robert Koch (7Koch, Robert, 1843–1910) tätig. Entwicklung und Einführung moderner Methoden der Bakteriologie, Entdecker des Diphtherie- und Tetanus-Antitoxins, Begründer des Prinzips der passiven Immunisierung (Diphtherie- bzw. Tetanus-Heilserum). Ab 1895 Professor und Direktor des Hygieneinstituts in Marburg. 1901 erhielt Behring als erster Arzt der Welt den Nobelpreis für Medizin, 1904 Gründung der nach ihm benannten Behring-Werke in Marburg, die Diphtherie- und Tetanus-Seren in großen Mengen produzierten.

Literatur. Zeiss H, Bieling R (1940) Behring. Gestalt und Werk. Bruno Schultz Verlag, Berlin-Grunewald Engelhardt A von (1940) Emil von Behring. Chronik seiner Forschungsarbeit und seines Institutes für experimentelle Therapie. (Behringwerk-Mitteilungen; H.10). Bruno Schultz Verlag, BerlinGrunewald

Belegleser O. Colhoun

Synonym(e). OMR (Optical Marker Reading) Englischer Begriff. document reader Definition. Spezieller Scanner für die optische Markierungslesung von Laborauftragskarten oder Arbeitskarten. i Optische Markierungslesung ist eine Methode, um Auftragsdaten (Stiftmarkierungen an vordefinierten Positionen auf dem

Literatur. Clamp JR (1967) Some aspects of the first recorded case of multiple myeloma. The Lancet 2:1354–1356

Bence-Jones-Protein W.G. Guder

Synonym(e). Freie (kappa oder lambda) Leichtketten der Immunglobuline

Englischer Begriff. Bence Jones protein; free (kappa, lambda) light chains

Definition. Von Henry Bence Jones beschriebene Proteinurie, die beim Erwärmen zunächst eine Trübung ergab, sich aber bei weiterem Erhitzen wieder auflöste (Bence-Jones-Test). Diese Form der Proteinurie wurde als Ausscheidung von monoklonalen ImmunglobulinLeichtketten vom Typ Kappa oder Lambda charakterisiert. i Bei einer seltenen Form der monoklonalen Gammopathie (Plas-

mozytom) werden freie 7 Leichtketten als Produkt gebildet, die im Plasma erscheinen und wegen ihrer niedrigen Molmasse renal glomerulär ausgeschieden werden. Hier werden Sie zum großen Teil rückresorbiert und können je nach Ladung und Struktur nephrotoxisch wirken und zu einer typischen Form des Nierenversagens führen (Myelomniere). Diagnostik: Der früher verwendete Bence-Jones-Test, bei dem Urin langsam erhitzt und die Bildung einer reversiblen Trübung beobachtet wurde, ist wegen zu geringer analytischer Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) verlassen. Demgegenüber wurde die SDS-Elektrophorese als Methode zur Erkennung freier Leichtketten weitgehend als Suchmethode verbreitet. Auch die Beobachtung, dass Albumin im Urin weniger als 40 % des Gesamtproteins ausmacht, wurde als Indikation zur Untersuchung auf freie Leichtketten empfohlen. Als Referenzmethode zum Nachweis von Bence-Jones-Proteinen gilt die 7 Immunfixation. Durch den Einsatz von Antikörpern gegen freie Kappa- und Lambda-Leichtketten im Plasma wurde eine direkte Messung der Leichtketten ermöglicht, die beim Screening und bei der Therapieüberwachung eingesetzt werden kann. Diese Methode wird vorteilhaft im Plasma angewendet.

Literatur. Boege F, Koehler B, Liebermann F (1999) Identification

B

244

Bence-Jones-Proteinnachweis nach Sandkühler

and quantification of Bence Jones proteinuria by automated nephelometric screening. J Clin Chem Clin Biochem 28:37–42 Hofmann W, Garbrecht M, Bradwell AR et al (2004) A new concept for detection of Bence-Jones-proteinuria in patients with monoclonal nephropathy. Clin Lab 50:181–185 Thomas L (Hrsg) (2008) Labor und Diagnose. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Bence-Jones-Proteinnachweis nach Sandkühler 7 Sandkühler-Ringprobe

Benchmarking A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. benchmarking i Es handelt sich um ein Analyse- und Planungsinstrument, das

einen Vergleich des eigenen Unternehmens mit dem „Klassenbesten“ der Mitbewerber und darüber hinaus auch Vergleiche mit branchenfremden (best practice) Unternehmen erlaubt. Es ist somit ein Prozess, der Produkte, Methoden, Abläufe und Strukturen betrieblicher Funktionen einem oder mehreren anderen Unternehmen gegenüberstellt, um Rationalisierungspotenziale oder Qualitäts- und Leistungssteigerungspotenziale aufzudecken.

Literatur. http://www.steuernetz.de/controllerlex/b3.html

Bengalrosa-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. Bengal rose ¹³¹I-iodine-test Definition. Früher zur Beurteilung der exkretorischen Leberfunktion eingesetzter, heute obsoleter Farbstoffeliminationstest. i Das in den Belastungstest nicht radioaktiv oder radioaktiv mar-

kiert eingesetzte Substrat Bengalrosa wird ohne Metabolisierung ausschließlich von der Leber eliminiert und in die 7 Galle ausgeschieden. Die Eliminationsgeschwindigkeit wird als Kenngröße der exkretorischen 7 Clearance-Leistung der Leber benutzt. Der Test ist heute obsolet.

Bennett-Goodspeed-Antigen K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Bg-Antigen Englischer Begriff. Bennett-Goodspeed antigen Definition. Die Bennett-Goodspeed-Antigene gehören zu den humanen 7 Blutgruppensystemen und stellen 7 HLA-Klasse-I-Alloantigene dar.

i B-G-Antigene sind auf Retikulozyten und reifen Erythrozyten nachweisbar. Es sind drei Antigene nachgewiesen worden, die als B-Ga (HLA-B7), B-Gb (HLA-B17) und B-Gc (HLA-A28) bezeichnet werden. Anti-B-G sind Immunantikörper der IgG-Klasse und kommen vor allem bei polytransfundierten Patienten vor. Die Reaktivität dieser Antikörper mit Erythrozyten ist abhängig von deren Antigendichte. Daher ist die Reaktionsstärke im 7 Antihumanglobulintest mit B-G-Antikörpern variabel. Eine Adsorption von Anti-B-G-Seren an gepoolten Thrombozyten (engl. human platelet concentrate, 7 HLA-Antikörper-Adsorption) und anschließende Testung des Adsorbats im AHG-Test erlaubt den Rückschluss auf Vorliegen von HLA-Antikörpern. Eine Spezifitätsabklärung kann zusätzlich über den 7 lymphozytotoxischen Test erfolgen. Eine hämolytische Transfusionsreaktion durch B-G-Antikörper ist eher selten, wobei jedoch eine Destruktion der Erythrozyten in einigen Fallberichten beobachtet wurde.

Literatur. Nance ST (2003) Do HLA antibodies cause hemolytic transfusion reactions or decreased RBC survival? Transfusion 43:687–690

Metaxas-Bühler M (1995) Blutgruppen und Transfusion. 2. Auflage, Verlag Hans Huber, Bern Daniels G (2002) Human Blood Groups (Concise Guides (American Psychiatric Press).) 2. Auflage, Blackwell Science London

Bennies T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Amphetamine (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Bentiromid-Test 7 PABA-Test

Benutzeranzeige O. Colhoun

Englischer Begriff. usage survey Definition. Übersicht aller aktuell am 7 Labor-EDV-Server angemeldeten User. i Zu jedem eingeloggten Benutzer werden das aktuell ausgeführte

Programm, die Maske und dessen Name angezeigt. Die Benutzeranzeige dient dem Administrator zum Überblick über Systemauslastung sowie zum Auffinden aufgehängter Prozesse als Ursache für Blockierungen und Störungen.

Benutzergruppen O. Colhoun

Englischer Begriff. user groups Definition. Zusammenfassung von einzelnen 7 Labor-EDV-Benutzern zu Gruppen. i Dient dem Administrator zur Strukturierung der Vergabe von Zugriffsrechten innerhalb der Labor-EDV. Nach Definition einer Benutzergruppe und deren Rechten im System erhält ein Benutzer durch Zuordnung zu dieser Gruppe deren Berechtigungen vererbt und muss diese nicht einzeln zugewiesen bekommen. Beispiel: Benutzergruppe „MTA“ erhält Rechte für Auftrags- und Ergebniserfassung, technische Validation und Befunddruck. Benutzergruppe „Ärzte“ erhält Rechte von „MTA“ plus medizinische Validation.

Benutzerkennung O. Colhoun

Synonym(e). Alias Englischer Begriff. user identification Definition. Der eindeutige Name eines Benutzers zur Identifikation im 7 Labor-EDV-System.

i Um Zugang zum System zu erhalten, muss während der Anmel-

dung der Benutzername zusammen mit einem Passwort angegeben werden. Der Administrator vergibt den Benutzernamen und weist Nutzungsrechte für Funktionen des Labor-EDV-Systems zu bzw. schränkt den Zugriff des Nutzers auf bestimmte Programme und Funktionen ein.

Benutzerkonfiguration O. Colhoun

Englischer Begriff. user configuration Definition. Einrichtung und Zuteilung von Zugriffsrechten für Benutzerkonten der 7 Labor-EDV durch den Administrator. i Festlegung des Benutzernamens (Alias) und -passworts sowie Vergabe der Zugriffsrechte auf Funktionen und Masken, Hinterle-

Benzodiazepine

gung des Klarnamens, Festlegung der Gültigkeitsdauer des Benutzerkontos.

Benutzeroberfläche, graphische 7 graphical user interface

Benutzerstammdaten O. Colhoun

Englischer Begriff. user master records Definition. Datei, in welcher der Administrator der 7 Labor-EDV alle Konfigurationsdaten eines Benutzerkontos hinterlegt. i In den Benutzerstammdaten sind Benutzernamen, Zugangspasswort, Zugriffsrechte und -sperrungen, Klarnamen und Festlegung der Gültigkeitsdauer des Benutzerkontos hinterlegt.

Benutzerzugriffsrechte O. Colhoun

Englischer Begriff. user rights Definition. Festlegung der für einen Benutzer zugelassenen Pro-

gramme, Masken und Funktionen in der 7 Labor-EDV.

i Die Rechte zur Ausführung von Funktionen und Einsicht in Datenbestände werden in den 7 Benutzerstammdaten individuell festgelegt.

Benzidinprobe R. Tauber, F.H. Perschel

245

Falsch-positive Reaktionen resultieren aus Beimengungen oxidierender Stoffe und von 7 Myoglobin (ebenfalls Peroxidaseaktivität). Wegen häufig falsch-positiver Ergebnisse wird die Benzidinprobe nicht für den Nachweis von okkultem Blut im Stuhl empfohlen. Als spezifische Kenngröße steht der 7 Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl zur Verfügung.

Literatur. Adler O, Adler R (1904) Hoppe-Seylers Z Physiol Chem 41:59 Allison JE, Tekawa IS, Ransom LJ, Adrian AL (1996) A Comparison of Fecal Occult-Blood Tests for Colorectal Cancer Screening. N Engl J Med 334:155–159 Makarem A (1974) Hemoglobins, Myoglobins and Haptaglobins. In: Henry RJ, Cannon DC, Winkelmann JW (eds) Clinical Chemistry Principles and Techniques. 2nd edn. Harper Row, New York

Benzidintest 7 Benzidinprobe

Benzodiazepine W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. benzodiazepines Definition. Benzodiazepine sind Pharmaka, die sich von einem gemeinsamen chemischen Grundgerüst ableiten und als Tranquillantien, Sedativa, Hypnotika und vereinzelt auch als Antiepileptika eingesetzt werden. Struktur. Die Gruppe der Benzodiazepine umfasst ca. 50 verschiedene, therapeutisch genutzte Verbindungen, u. a.: Diazepam (7 Abb. 1), Clonazepam (7 Abb. 2), Flunitrazepam, Midazolam (7 Abb. 3), Nordiazepam, Oxazepam (Molmassen 7 Tab. 1)

Synonym(e). Benzidin-Test Englischer Begriff. benzidine test Definition. Test zum Nachweis von okkulten Blutbeimengungen im Stuhl und anderen Körperausscheidungen (z. B. Urin) i Adler und Adler beschrieben im Jahr 1904 erstmals den Nachweis von Blut in Urin und Stuhl mit Benzidin (4,4’-Diaminobiphenyl, Biphenyl-4,4’-diamin). Benzidin (Molmasse 184,23 g) ist ein farbloses, schwach rötliches Pulver. In der forensischen Chemie diente Benzidin zum Nachweis von Blutspuren: Essigsaure Benzidinlösung mit Wasserstoffperoxid als Sauerstofflieferant ergibt mit Blut durch die Pseudoperoxidase-Aktivität des 7 Hämoglobins eine Blaufärbung (Benzidintest, 7 Abb. 1). Das karzinogene Benzidin wurde später durch 3,3’5,5’-Tetramethylbenzidin abgelöst.

Benzodiazepine. Abb. 1. Diazepam

Benzodiazepine. Abb. 2. Clonazepam

Benzidinprobe. Abb. 1.

Der Nachweis von makroskopisch nicht sichtbaren, sog. okkulten Blutbeimengungen im Stuhl und anderen Körperausscheidungen (Urin, Magensaft, Liquor) erfolgt im klinisch-chemischen Labor heute gewöhnlich mit dem Guajak-Test (7 Okkultblut, fäkales). Die Benzidinprobe ist ein sensitiver Hämoglobinnachweis mit einer unteren Nachweisgrenze von ca. 20 mg Hämoglobin/L Urin (entsprechend ca. 10 Erythrozyten/μL Urin) oder 1 g Hämoglobin/kg Stuhl (entsprechend 10 mL Blut/kg Stuhl).

Benzodiazepine. Abb. 3. Midazolam

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Benzodiazepine werden oral oder intravenös appliziert. Sie werden in der Leber metabolisiert, wobei verschiedene Ausgangssubstanzen zu identischen Abbauprodukten führen können. Nur ein geringer Teil der Muttersubstanzen wird renal unverändert ausgeschieden. Es überwiegen die Metabolite in Form von Glukuroniden. Halbwertszeit. Halbwertszeiten im Plasma (7 Tab. 1)

B

246

Benzodioxazolylbutanamin (BDB)

Benzodiazepine. Tab. 1. Molmassen, Plasmahalbwertszeiten und Plasmakonzentrationen von Benzodiazepinen Molmasse (g)

t½ (h)

therapeutisch (mg/L)

toxisch (mg/L)

komatös-letal (mg/L)

Clonazepam

315,7

20–40

0,01–0,08

>0,1

>1

Diazepam

284,7

20–70

0,2–2,0

>3–5

keine Angabe

Flunitrazepam

313,3

10–30

0,005–0,015

>0,05

keine Angabe

Midazolam

325,8

1,5–3

0,04–0,1

>1,0–1,5

keine Angabe

Nordiazepam

270,7

20–80

0,02–0,8

>1,5–2,0

keine Angabe

Oxazepam

286,7

6–20

0,2–1,5

>2,0

>3–5

Temazepam

300,7

6–25

0,02–0,15*

>1,0

>8

* Talkonzentration

Funktion und Pathophysiologie. Benzodiazepine besitzen eine hohe Affinität zu GABA(γ-Aminobuttersäure)-Rezeptoren und bewirken zusätzlich eine Aktivierung des Chloridkanals. Sie wirken sedativ, anxiolytisch, affektlösend, antikonvulsiv und zentral myotonolytisch. Als unerwünschte Wirkungen treten auf: Benommenheit, Abnahme der Reaktionsfähigkeit und Schwindel sowie als paradoxe Wirkung Angst, Ruhelosigkeit, Halluzinationen. Bei längerem Gebrauch entsteht Abhängigkeit. Benzodiazepine werden vielfach von Heroinabhängigen zusätzlich missbräuchlich verwendet. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma, Serum

Analytik. Immunoassay (Urin, qualitativ); HPLC, GC-MS, LC-MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, 7 Drogenscreening, Hirntoddiagnostik

Interpretation Im Rahmen des Urin-Drogenscreening wird mittels Immunoassays auf Benzodiazepine geprüft. Da überwiegend die Glukuronide ausgeschieden werden, ist zum empfindlichen Nachweis vorab ein Hydrolyseschritt erforderlich. Wegen teilweise unzureichender Kreuzreaktivität hochwirksamer Benzodiazepine mit den verwendeten 7 Antikörpern, kann das Vorliegen dieser Substanzen dem Nachweis entgehen. Ein positiver Befund bedarf der Bestätigung durch eine andere, spezifischere Methode (GC, GC-MS, HPLC). Solche Verfahren erlauben auch die quantitative Bestimmung im Plasma. Benzodiazepine können im Urin wenige Tage, Diazepam bei Langzeittherapie 4–6 Wochen nachgewiesen werden.

Literatur. Von Meyer L, Schmoldt A, Külpmann WR (2009) Hypnotics and Sedatives: Benzodiazepines. In: Külpmann WR (ed) Clinical Toxicological Analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 351–365

Benzodioxazolylbutanamin (BDB) 7 Amphetamine

Benzos 7 Benzodiazepine

N-Benzoylaminoessigsäure 7 Hippursäure

Benzoylcholinesterase 7 Pseudocholinesterase

Benzoylecgonin 7 Kokain

N-Benzoylglyzin 7 Hippursäure

N-Benzoyl-L-Tyrosyl-p-Aminobenzoesäuretest 7 PABA-Test

Beobachtung R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Messwert Englischer Begriff. observation Definition. Unter einer Beobachtung versteht man den erhobenen Wert eines 7Merkmals bzw. den gemessenen Wert einer 7Messgröße. Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Beobachtungseinheit R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. observational unit Definition. Die Beobachtungseinheit ist die kleinste Einheit einer statistischen Auswertung, an der Beobachtungen erhoben oder gemessen werden (7 Beobachtung). i Beispiele für Beobachtungseinheiten sind Patient, Versuchstier

oder Präparat.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Beratung, humangenetische R. Weiskirchen

Definition. Aufklärungsgespräch zwischen einem Arzt, der sich auf Humangenetik spezialisiert hat und einem Patienten. i Eine humangenetische Beratung soll helfen, Fragen bei mögli-

chen Problemen im Zusammenhang mit einer eventuell erblich bedingten Erkrankung oder Entwicklungsstörung abzuklären, die bei einem selbst, Kindern oder sonstigen Angehörigen bestehen oder die zu befürchten sind.

Berechnungen O. Colhoun

Englischer Begriff. calculations

Berufsverband Deutscher Laborärzte e. V.

Definition. Automatische Errechnung von Werten in der 7 LaborEDV aufgrund der Eingabe von Messergebnissen. i Berechnungsregeln können Kommentare und Hinweise zusätz-

lich zu oder anstelle von Werten erzeugen, zusätzliche Verfahren generieren und löschen oder auch aufgrund vorhandener Ergebnisse Werte berechnen. Beispiele: Berechnung der Kreatinin-Clearance nach Eingabe der Werte für Körpergröße, Gewicht, Urinsammelmenge und -dauer und Kreatininkonzentration in Serum und Urin.

Bereich, grenzwertiger G. Schumann

Englischer Begriff. borderline range; grey zone Definition. Bereich der Werte einer Messgröße, der zwischen dem Referenz- und dem pathologischen Bereich liegt, in dem keine Bewertung „gesund“ oder „krank“ erfolgt. i Die Verteilung der Messergebnisse einer gesunden Population überlappt sich bei den meisten biologischen Messgrößen mit der von kranken Populationen. In dem Überlappungsbereich besteht eine Zuordnungsunsicherheit, die an dem Punkt am höchsten ist, an dem sich die Verteilungskurven kreuzen.

Literatur. Qualitätsmanagement in der Laboratoriumsmedizin. Teil 2: Begriffe zur Qualität und Anwendung von Untersuchungsverfahren. Beuth-Verlag, Berlin. DIN 58936–2:2001, 6.4

Bereich, kritischer 7 Ablehnbereich

Bereichsbefund O. Colhoun

Englischer Begriff. section report

Englischer Begriff. toning blue Definition. Färbemethode zum Nachweis von Eisen(III)-Verbindungen. Physikalisch-chemisches Prinzip. Eisen(III)-Verbindungen reagieren mit Kaliumhexacyanoferrat(II) in Gegenwart von Salzsäure zu Ferri-Ferrocyanid unter Bildung eines blauen Niederschlags (Berlinerblau). Einsatzgebiet. Nachweis von intrazellulären Eisen(III)-Verbindungen in Gewebeschnitten, Blut- und Knochenmarksausstrichen. Untersuchungsmaterial. Ausstrichpräparat des Knochenmarks oder peripheren Bluts

Instrumentierung. Handmethode Fehlermöglichkeit. Die verwendeten Materialien (Blutentnahmebesteck, Glaswaren) müssen frei von Eisen sein.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Einfach durchzuführende Handmethode; es können auch bereits nach Pappenheim oder Giemsa gefärbte Ausstriche verwendet werden.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Berlinerblau-Reaktion ist die Methode der Wahl zum Nachweis des dreiwertigen intrazellulären Eisens, das in Form von 7Ferritin und 7Hämosiderin intrazellulär in 7Siderozyten, 7Sideroblasten, 7Makrophagen oder Endothelzellen des Knochenmarks gespeichert ist. Die Untersuchung ist indiziert bei Verdacht auf Störungen des Eisenstoffwechsels mit einer vermehrten oder verminderten Speicherung des intrazellulären Eisens. Literatur. Löffler H (1991) Zytochemische Methoden. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 190–191

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg 7 Tropenmedizin-Institut

Definition. Laborbefund, welcher Messergebnisse für einen Patienten nur aus einem ausgewählten Laborbereich aufführt.

Berthelot-Reaktion

i Beispiel: Befunde nur für klinisch-chemische oder gerinnungs-

A.M. Gressner, O.A. Gressner

physiologische Analysen

Berg, Ragnar D. Meissner

Lebensdaten. Geb. am 01. September 1873 in Göteborg, gest. am 31. März 1956 in Borstel

Verdienste. Schwedischer Chemiker, arbeitete als Ernährungsforscher von 1902–1945 in Dresden (Stiftung K.A. Lingner, LahmannSanatorium, Krankenhäuser Dresden-Friedrichstadt und DresdenJohannstadt). Er gilt als Begründer der basenüberschüssigen Ernährung und erwarb sich Verdienste in der Ernährungs-, Stoffwechsel-, Mineralstoff- und Vitaminforschung. Literatur. Rummel C, Lienert M (2000) Ragnar Berg (1873–1956). Internationaler Arbeitskreis für Kulturforschung des Essens (IAKE) – Mitteilungen Heft 7 (Dez. 2000), S 22–32

247

Englischer Begriff. Berthelot-reaction Definition. Methode zur kolorimetrischen quantitativen Messung von Ammonium/Ammoniak und 7 Harnstoff. i Es handelt sich um eine direkte quantitative Bestimmung von 7 Ammonium/Ammoniak, bei der in Gegenwart von Ammonium Phenol durch Natrium-Hypochlorit zu einem blauen Farbstoff (Indophenolderivate) oxidiert wird. Die Farbintensität wird durch Nitroprussid-Natrium als Katalysator stark erhöht. Die Farbstoffkonzentration ist dem Ammonium-/Ammoniakgehalt proportional und wird photometrisch bei 620 nm gemessen. Für die Harnstoffmessung erfolgt vorher durch Urease ein Abbau zu Ammoiumkarbonat, welches wie oben beschrieben mit Phenol und Natrium-Hypochlorit umgesetzt wird.

Berufsverband Deutscher Laborärzte e. V. A.M. Gressner, O.A. Gressner

Beri-Beri-Schutzfaktor 7 Vitamin B1

Berlinerblau-Färbung 7 Eisenfärbung

Berlinerblau-Reaktion H. Baum

Synonym(e). Pariserblau; Preußischblau; Miloriblau; Turnbullsblau; Eisenblau; Stahlblau; Chinablau; Bronceblau

Synonym(e). BDL Definition. Zweck des BDL ist es, alle beruflichen Belange der Ärzte für Laboratoriumsmedizin national und international wahrzunehmen und die gemeinsamen Berufsinteressen der Mitglieder ebenso wie die wirtschaftlichen Interessen besonders betroffener Berufsgruppen zu wahren, zu fördern und zu vertreten. i Der Berufsverband arbeitet eng mit der 7 Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL), mit dem Institut für Standardisierung und Dokumentation in Medizinischen Laboratorien e.V. (7 INSTAND) und der Deutschen Gesellschaft für Qualitätssicherung in Medizinischen Labora-

B

248

Best, Charles Herbert

torien e.V. (DGQML) zusammen. Die Geschäftsstelle untersteht dem geschäftsführenden Vorstand und wird von einem Geschäftsführer geleitet. Sie bearbeitet verbandsinterne Administration, ist Kontaktstelle für die Öffentlichkeitsarbeit und leistet die Zuarbeit für den geschäftsführenden Vorstand. Die Mitgliederversammlung bestimmt den geschäftsführenden Vorstand, bestehend aus Vorsitzendem, Stellvertreter, zwei weiteren Vorstandsmitgliedern sowie den Vorsitzenden der Sektionen. Adresse: Berufsverband Deutscher Laborärzte e.V. Ubierstraße 20 40223 Düsseldorf Tel.: 0211/132363 Fax: 0211/132522 E-Mail: [email protected]

Literatur. http://www.bdlev.de

Best, Charles Herbert W. Hubl

Lebensdaten. Geb. 27. Februar 1899 in West Pembroke (Main, USA); gest. 31. März 1978 in Toronto. Medizinstudium in Toronto ab 1916 mit den Schwerpunkten Physiologie und Biochemie; ab 1921 gemeinsam mit Frederick Banting Isolierung von Pankreasextrakten zur Behandlung von Diabetes mellitus; 1923 industrielle Herstellung von Bauchspeicheldrüsenextrakten von Rindern; 1929 Professur an der Universität von Toronto; 1941 Direktor des Banting-Best-Institutes; Spezialgebiete Muskel- und Sportphysiologie.

Verdienste. Gemeinsam mit Banting Entdecker des Insulins. Als Banting 1923 gemeinsam mit John James Richard MacLeod den Nobelpreis für Medizin für die Entdeckung des Insulins erhielt, teilte er das Preisgeld mit Charles Best.

Literatur. Eckart WU, Gradmann C (2006) Ärzte Lexikon – Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York

Bestätigungsuntersuchungen W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. confirmation analysis Definition. Analyse zur Absicherung eines Analysenresultats, das mit einer anderen, beispielsweise immunchemischen Methode, erhalten wurde. i Die Bestätigungsanalyse besitzt eine große Bedeutung in der to-

xikologischen Analytik, bei der vielfach eingangs rasch durchführbare Screeninguntersuchungen eingesetzt werden, die mehr oder minder unspezifisch sind. Die Bestätigungsanalyse verwendet grundsätzlich eine andere Methode, die zudem spezifischer und empfindlicher sein soll als das Screeningverfahren.

Bestimmung, biologische 7 Bioassay

Bestimmung der akkuraten (exakten) Masse 7 Präzisionsmassenbestimmung

Bestimmungsgrenze G. Schumann

Englischer Begriff. limit of quantification Definition. Die Bestimmungsgrenze ist der Gehalt, bei dem unter Zugrundelegung einer festgelegten Wahrscheinlichkeit α die relative Ergebnisunsicherheit, definiert als der Quotient aus dem halben

zweiseitigen Prognoseintervall und dem zugehörigen Gehalt, einen vorgegebenen Wert annimmt (DIN 32645 1994). i Die Bestimmungsgrenze legt die untere Messbereichsgrenze fest und müsste eigentlich untere Bestimmungsgrenze genannt werden, da auch eine obere Messbereichsgrenze existiert, die z. B. bei Verfahren mit einer linearen Beziehung zwischen Messsignal und Quantität als „Linearitätsgrenze“ bezeichnet wird. In vielen Fällen sind Untersuchungsverfahren so ausgelegt, dass medizinische Entscheidungen nicht am unteren Ende des Messbereichs erfolgen (z. B. Bestimmung der Glukosekonzentration im Blut). Wenn Entscheidungen aber am unteren Ende des Messbereichs erfolgen, muss dieses entweder als 7 Nachweisgrenze oder als Bestimmungsgrenze definiert sein. Die Wahl der Entscheidungsgrenze hängt von der Fragestellung ab. Lautet die Frage „anwesend“ oder „abwesend“ (Entscheidung für die Anwesenheit einer Quantität), ist die Nachweisgrenze adäquat. Hängen die Entscheidungen von Veränderungen der Quantität ab (Monitoring, Verlaufskontrollen), ist die Bestimmungsgrenze relevant (z. B. Ethanol im Blut, Thyreotropin im Plasma).Wird die Nachweisgrenze vereinfacht nach Kaiser bestimmt, ist die relative 7 Standardabweichung (Variationskoeffizient) etwa 33 %. Diese Unpräzision ist für die zweite Fragestellung im Allgemeinen zu hoch. Daher wird in diesen Fällen die Bestimmungsgrenze angewendet, bei der eine bestimmte maximale Unpräzision nicht überschritten werden darf (z. B. 10–20 %). Der β-Fehler ist bei beiden Grenzen 0,5, während der α-Fehler bei der Bestimmungsgrenze wesentlich niedriger liegt als bei der Nachweisgrenze.

Literatur. Chemische Analytik-, Nachweis-, Erfassungs- und Bestimmungsgrenze unter Wiederholungsbedingungen  Begriffe, Verfahren, Auswertung. (2008) DIN 32645 Beuth-Verlag, Berlin

Bestimmungslisten für Medikamente W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. pill identification list i Werden bei einem Patienten Medikamente gefunden, (z. B. lose

Tabletten, Dragees etc.) kann häufig anhand von Pharmazeutika-Bestimmungslisten eine Identifikation vorgenommen werden.

Literatur. Pharmazeutika Bestimmungsliste. IMP Verlagsges, NeuIsenburg Heinisch G., Gerold W. (1987) Arzneimittel-Schnellerkennung. Österr. Apotheker-Verlagsgesellschaft

Beta-Alanin 7 β-Alanin

Betaglykan H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. betaglycan Definition. Betaglykan, ein Heparansulfat-Proteoglykan, bindet Transforming-Growth-Faktor β (TGF-β) und 7 Inhibin mit hoher Affinität und moduliert die Bindung dieser Liganden mit ihren spezifischen Rezeptoren.

i 7 TGF-β spielt bei wichtigen biologischen Prozessen während der Entwicklung, der Wundheilung und bei zahlreichen Krankheiten (z. B. Leberfibrose, Nephrosklerose etc.) eine entscheidende Rolle. Für seine biologische Wirkung bindet TGF-β an die hochaffinen Rezeptoren TGF-β Rezeptor Typ I (TβRI) und Typ II (TβRII). Das Coreprotein des Heparansulfat-Proteoglykans Betaglykan wurde als dritter hochaffiner Transmembranrezeptor für TGF-β (TβRIII) beschrieben, der im Gegensatz zu TβRI und TβRII aber nicht direkt zur Signaltransduktion führt, sondern als Corezeptor für TβRI und TβRII wirkt, durch den die Affinität dieser Rezeptoren für TGF-β erhöht und die TGF-β-Wirkung verstärkt wird. Außerdem können durch Betaglykan Unterschiede in der Wirksamkeit der verschiedenen TGF-β-Isoformen (TGF-β I-III) aufgehoben werden. TGF-β2,

Bethesda-Einheiten

das an die TβRI und TβRII Rezeptoren mit niedriger Affinität bindet und z. B. nur eine geringe Hemmung der Zellproliferation bewirkt, hat in Gegenwart von Betaglykan eine vergleichbare Aktivität wie TGF-β1 und TGF-β3. Durch die Wirkung von 7 Metalloproteasen vom Membrantyp (MTMMP), MT1-MMP und MT3-MMP werden zwei lösliche Formen von Betaglykan (sBG-90 und sBG120) gebildet, die im Gegensatz zur membrangebundenen Form von Betaglykan die Wirkung von TGF-β inhibieren können. Die Bedeutung von Betaglykan während der Entwicklung zeigen Betaglykan-defiziente (Knock-out-)Mäuse, die während der Embryogenese an schweren Herz- und Leberschäden versterben. Die Bedeutung von Betaglykan bei humanen Krankheitsbildern muss noch geklärt werden. Für die Bestimmung von Betaglykan, bzw. der löslichen Form von Betaglykan, steht momentan noch kein kommerzieller Immunoassay zur Verfügung.

Literatur. Esparza-Lopez J, Montiel JL, Vilchis-Landeros MM et al (2001) Ligand binding and functional properties of betaglycan, a co-receptor of the transforming growth factor-ß superfamily. J Biol Chem 276:14588–14596 Stenvers KL, Tursky ML, Harder KW et al (2003) Heart and liver defects and reduced transforming growth factor beta2 sensitivity in transforming growth factor beta type III receptor-deficient embryos. Mol Cell Biol 23:4371–4385

Betäubungsmittelgesetz Chr. Vidal, W.-R. Külpmann

Synonym(e). BtMG; Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmit-

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teten Stoffe ist grundsätzlich eine „Erlaubnis zum Verkehr mit BtM“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, http://www.bfarm.de) erforderlich. Die Kontrolle des BtM-Verkehrs obliegt der Bundesopiumstelle (BOPST) des BfArM; für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte sowie Apotheken, tierärztliche Hausapotheken, Krankenhäuser und Tierkliniken sind Behörden der Bundesländer zuständig. Die in den Anlagen I und II bezeichneten BtM dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden. Die in Anlage III genannten BtM dürfen von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten gemäß den Bestimmungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung verschrieben und verabreicht werden. Für in Anlage I genannte Stoffe darf nicht geworben werden. Dies ist für die in Anlage II und III genannten Stoffe nur in Fachkreisen zulässig. Strikt reglementiert sind Aufbewahrung und Kennzeichnung von BtM, insbesondere die Sicherung gegen unbefugte Entnahme. Inhaber einer Erlaubnis zum Verkehr mit BtM sind zu Aufzeichnungen über Zu- und Abgänge an BtM verpflichtet und müssen dem BfArM über Veränderungen der Mengen einzelner BtM (z. B. durch Herstellung, Vernichtung, Erwerb) Meldung erstatten. Verstöße gegen das BtMG werden als Ordnungswidrigkeit, in schweren Fällen als Straftat mit Freiheitsentzug nicht unter 5 Jahren geahndet.

Literatur. http://bundesrecht.juris.de/ /btmg_1981/index.html

Beta-VLDL K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). β-VLDL

teln

Englischer Begriff. beta-VLDL

Englischer Begriff. law on narcotics

Definition. Abnormes VLDL-Partikel mit einem hohen Anteil von Cholesterin und Cholesterinestern, das typisch für die Typ-III-Hyperlipoproteinämie ist.

Definition. Regelt den Verkehr mit Stoffen oder Zubereitungen von Stoffen, die als Betäubungsmittel (BtM) bzw. zu deren Herstellung eingesetzt werden können oder die nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Abhängigkeit hervorrufen können. i Das „Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln“ (http://

bundesrecht.juris.de/btmg_1981/index.html), im allgemeinen Sprachgebrauch kurz Betäubungsmittelgesetz (BtMG), löste in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1972 das aus der Gesetzgebung des Deutschen Reiches stammende Opiumgesetz aus dem Jahr 1929 ab. Das BtMG (Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994), zuletzt novelliert durch Artikel 1 und 2 der Verordnung vom 18. Februar 2008, regelt den Verkehr mit Stoffen oder Zubereitungen von Stoffen, die als BtM bzw. zu deren Herstellung eingesetzt werden können oder die nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Abhängigkeit hervorrufen können. Die Einstufung als BtM erfolgt auch, wenn dies wegen des Ausmaßes der missbräuchlichen Verwendung und der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Das Gesetz klassifiziert insgesamt ca. 200 Stoffe bzw. Stoffgemische als „nicht verkehrsfähig“ (und damit nicht verschreibungsfähig) (Anlage I, z. B. Heroin, LSD, Phencyclidin) bzw. als „verkehrsfähig, aber nicht verschreibungsfähig“ (Anlage II, z. B. δ9-Tetrahydrocannabinol) oder als „verkehrsfähig und verschreibungsfähig“ (Anlage III, z. B. Methadon sowie zahlreiche Substanzen aus der Gruppe der Barbiturate und Benzodiazepine). Die Liste der Stoffe in den Anlagen I–III wird durch die Bundesregierung nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates fortgeschrieben, wenn die Wirkung von Stoffen neu bewertet wurde oder sie zur Herstellung von BtM geeignet sind. Ergänzt wird die Liste auch, wenn neue Zubereitungen in größerem Ausmaß missbräuchliche Verwendung unter Gesundheitsgefährdung finden. Dennoch sind auf dem illegalen Markt zumindest zeitweise immer wieder Substanzen erhältlich, die (noch) nicht als BtM eingestuft sind, jedoch (wie z. B. 1,4-Butandiol) missbräuchlich eingesetzt werden. Das BtMG wurde zuletzt novelliert durch die 24. BetäubungsmittelrechtsÄnderungsverordnung (24. BtMGÄndV) mit Ergänzungen in den Anlagen I–III des BtMG. Für Anbau, Herstellung, Handel sowie Ein- und Ausfuhr der aufgelis-

i β-VLDL entsteht bei einer kombinierten Störung der Konversion

von VLDL (7 Very Low Density Lipoprotein) zu LDL (7 Low Density Lipoprotein) und der rezeptorabhängigen Clearance von VLDL und IDL. In der Regel beträgt der Cholesterinanteil der β-VLDL mehr als 25 % (auf Basis der Masse), woraus ein Cholesterin/Triglyzeridquotient (jeweils in mg/dL) > 0,3 resultiert. β-VLDL wandern anders als normale VLDL in der β-Region der Lipoproteinelektrophorese, was zu einer typischen breiten β-Bande führt, die eine Unterscheidung zwischen β- und Prä-β-Partikeln unmöglich macht. Nachweis der β-VLDL erfolgt in der Lipoproteinelektrophorese bzw. in der Ultrazentrifuge. Aufgrund des hohen Anteils von Cholesterin kann in der Ultrazentrifuge das Vorliegen von β-VLDL vermutet werden, wenn der Quotient aus VLDL-Cholesterin und Triglyzerid im Serum > 0,3 ist. β-VLDL sind typisch für die familiäre Dysbetalipoproteinämie. Die definitive Diagnose wird durch den Nachweis eines ApoE2/E2 Genotyps gestellt.

Bethesda-Einheiten P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. bethesda units Definition. Zur Erfassung der Menge eines gerinnungsaktiven Hemmkörpers erfolgt die Bestimmung in einem standardisierten Inhibitortest und wird in Bethesda-Einheiten (BE) angegeben. i Im Jahr 1974 einigte man sich auf ein standardisiertes Abarbei-

tungsschema, um die Menge eines Gerinnungsinhibitors (7 Gerinnungsfaktor-VIII-Inhibitor) in einem gegebenen Patientenplasma zu bestimmen. Dabei entspricht 1 BE demnach der Menge eines Hemmkörpers, die nach 2-stündiger Inkubation bei 37 °C mit einem Normalpoolplasma (sollte ~ 100 % Faktoraktivität entsprechen) noch eine Restaktivität von 50 % ergibt (bezogen auf 1 ml Patientenplasma). Die Bestimmung der Bethesda-Einheiten zeigte sich wenig empfindlich bei niedrigen Inhibitorspiegeln und weist auch eine hohe laborabhängige Variationsbreite auf. Verschiedene Modifikationen wurden in das

B

250

Betreiber

Abarbeitungsschema aufgenommen, um dessen Vergleichbarkeit und Spezifität zu verbessern.

Literatur. Verbruggen B, Novakova I, Wessels H et al (1995) The Nijmegen Modification of the Bethesda Assay for Factor VIII:C Inhibitors: Improved Specificity and Reliability.Thromb Haemost 73:247–251 Verbruggen B, van Heerde W, Novakova I et al (2002) A 4 % Solution of Bovine Serum Albumin may be Used in Place of Factor VIII:C Deficient Plasma in the Control Sample in the Nijmegen Modification of the Bethesda Factor VIII:C Inhibitor Assay. Thromb Haemost 88:362–364

Betreiber R. Weiskirchen

Definition. Gentechnikrechtlicher Begriff; natürliche oder juristische Person, die gentechnische Anlagen errichtet oder betreibt, gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt oder Gentechnik-Produkte im Sinne des Gentechnikgesetzes (GenTG) in Verkehr bringt. i Die Begriffsbestimmung ergibt sich nach §3 des Gesetzes zur Re-

gelung der 7 Gentechnik (GenTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066). Der Betreiber haftet, wenn infolge von Eigenschaften eines Organismus, die auf 7 gentechnisches Arbeiten beruhen, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Beurteilung klinisch-chemischer Analysenergebnisse. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 72–95

Beurteilung von klinisch-chemischen Befunden W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. evaluation of clinical chemical findings i Klinisch-chemische Befunde werden beurteilt, um Folgerungen für Diagnose, Krankheitsverlauf, Prognose und Therapie abzuleiten. Bei der Beurteilung ist zu bedenken, dass pathognomonische Befunde selten sind. Vielmehr können einem Befund meist verschiedene Ursachen/Krankheiten zugrunde liegen. Die Ausprägung des Befundes kann unterschiedlich stark und vom Stadium der Erkrankung abhängig sein. Der Einfluss von Pharmaka und anderer Therapiemaßnahmen ist zu berücksichtigen.

Literatur. Büttner J, Stamm D (1995) Ärztliche Verwendung von klinisch-chemischen Befunden. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 96–111

Beutler-Test 7 Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase

Bewertungsgrenzen W.-R. Külpmann

Betriebsanweisung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. operating instructions Definition. Gentechnikrechtlicher Begriff; in Betriebsanweisungen sollen die möglichen Gefahren gentechnischer Vorhaben beschrieben und die Sicherheitsmaßnahmen und Verhaltensregeln in einer für die Beschäftigten allgemein verständlichen Form festgelegt werden. i Die Definition ergibt sich aus §12 der Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen (Gentechnik-Sicherheitsverordnung, GenTSV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1995 (BGBl. I S. 297). Die Betriebsanweisung ist an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekanntzumachen. In der Betriebsanweisung sind auch Anweisungen für das Verhalten im Gefahrfall und für die Erste Hilfe zu geben. Die Betriebsanweisung muss bei Unfällen mit humanpathogenen Organismen sofort greifbar sein.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Beurteilung von Analysenergebnissen W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. evaluation of measurements i Messresultate müssen verschiedene Kriterien erfüllen, bevor sie

als analytisch korrekt bewertet werden können. Die Kriterien umfassen: 5 Qualitätskontrolle (Präzision, Richtigkeit) der zugehörigen Analysenserie 5 Ausschluss der Störung durch analytische Einflussfaktoren 5 Plausibilitätskontrolle (Delta-Check, Konstellations-, Extremwertkontrolle) Es folgen der Vergleich mit dem zugehörigen Referenzintervall, dem therapeutischen Bereich oder mit der Entscheidungsgrenze (Transversalbeurteilung) sowie der Vergleich mit Vorwerten des Patienten (Longitudinalbeurteilung). Mit Abschluss der Vorgänge ist aus dem Analyseergebnis ein klinisch-chemischer Befund geworden.

Definition. Grenzen, die festlegen, ob der Messwert einer Kontrollprobe die Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung erfüllt. i Die Richtlinie definiert individuell für ca. 90 klinisch-chemische Messgrößen anhand der Bewertungsgrenzen den zuverlässigen Bereich für die: 5 prozentuale relative Abweichung eines einzelnen Messergebnisses eines Kontrollmaterials vom Zielwert 5 prozentuale relative Abweichung der Quadratwurzel des quadratischen Mittelwerts der Messabweichung 5 prozentuale relative Abweichung des Messergebnisses vom Zielwert beim Ringversuch (externe Qualitätssicherung)

Literatur. Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen. B1 Quantitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen (2008) Dtsch Ärztebl 105:C307–C315

Bezugswert 7 Sollwert

BFU-E H. Baum

Synonym(e). Burst-forming-unit-Erythrozyt Englischer Begriff. burst forming unit-erythrocyte Definition. Früheste erythropoetische Progenitorzelle, die nach Stimulation die Fähigkeit besitzt, in halbfestem Medium große, erythroide Zellnester zu bilden. i Die BFU-E ist die früheste erythropoetische Vorläuferzelle, die

nach Stimulation durch IL-3 und GM-CSF aus der hämatopoetischen Vorläuferzelle CFU-GEMM (Colony-forming-unit-Granulocyte-Erythroid-Makrophage-Megakaryocyte) hervorgeht. Nach Stimulation durch 7 Erythropoetin erfolgt die Proliferation und Differenzierung zum 7 Proerythroblasten.

Literatur. Gregory CJ, Eaves AC (1977) Human Marrow Cells Ca-

Bicarbonat, aktuelles im Plasma

pable of Erythropoietic Differentiation In Vitro: Definition of Three Erythroid Colony Responses. Blood 49:855–864

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Bial-Probe A.M. Gressner, O.A. Gressner

Bg-Antigen 7 Bennett-Goodspeed-Antigen

BGA-Richtwert 7 Bundesgesundheitsamt-Richtwert

Synonym(e). Orcin-Probe nach Bial Englischer Begriff. orcin test Definition. Heute obsoleter, da unspezifischer, semiquantitativer Nachweis von Pentosen im Urin. i Pentosen gehen bei Einwirkung von konzentrierter Salzsäure un-

β-1B-Globulin, β-1B-Glykoprotein 7 Hämopexin

BGP 7 Glykoprotein, biliäres; 7 Osteocalcin, unterkarboxyliertes

Bhang T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

ter Wasseraustritt in Furfurol über, das sich mit Orcin grün färbt und mit Alkohol oder Amylalkohol extrahierbar ist. Wegen Unspezifität und Unempfindlichkeit nicht mehr im Gebrauch.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Bias der Messung W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurement bias; bias Definition. Schätzwert einer systematischen Messabweichung (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

BH4-Test A.C. Sewell

Englischer Begriff. BH4 (tetrahydrobiopterin) loading test Definition. BH4 ist Kofaktor der Phenylalaninhydroxylase. Neugeborene mit erhöhten Phe-Werten im Blut (> 6,0 mg/dL; 364 μmol/L) im Rahmen des Neugeborenenscreenings müssen zur Differenzialdiagnose einer klassischen Phenylketonurie bzw. Störung der BH4Synthese, einem BH4-Test unterzogen werden.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Bibliotheksuche T. Arndt

Synonym(e). Spektrenbibliothek; Massenspektren-Bibliothek; UV/ VIS-Spektren-Bibliothek

Durchführung. BH4-Tabletten (Dr. Schircks Lab., Switzerland; 10 mg

Englischer Begriff. library search; spectral library

BH4) in Wasser lösen in einer Dosierung von 20 mg/kg KG p.o. Blutentnahme (für Phe und Tyr) vor, nach 4, 8 und 24 h nach Gabe.

Definition. Beschreibt den Vorgang der zumeist computerunterstütz-

Diagnostische Wertigkeit. Bei Kofaktor-Mangel fallen die Phe-Werte nach ca. 8 h nach Gabe auf Werte des normalen Referenzbereiches ab. Klassische PKU-Patienten zeigen keine veränderten Phe-Spiegel, auch nicht nach 24 h (7 Abb. 1).

ten Spektrensuche in sog. Spektrenbibliotheken. i Unter definierten Bedingungen hat jede Substanz ein für sie cha-

rakteristisches Absorptionspsektrum im ultravioletten bis visuellen Wellenlängenbereich. Die Aufzeichnung der Absorption in Abhängigkeit von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts liefert ein sog. UV/VIS-Spektrum (7 UV/VIS-Spektrometrie). Hauptcharakteristikum ist die Wellenlänge bzw. der Wellenlängenbereich maximaler Absorption, λmax, daneben ist der Verlauf der Wellenlängen-Absorptions-Kurve zumeist substanz- oder substanzgruppentypisch. UV/ VIS-Spektren werden in sog. Spektrenbibliotheken dokumentiert. Der Vergleich eines aus einer Probe gewonnenen Spektrums mit den in einer Spektrenbibliothek hinterlegten Spektren wird als Bibliotheksuche bezeichnet. Er dient der Zuordnung des Spektrums eines Probenbestandteils zu einer bestimmten Substanz- oder Substanzgruppe und damit der Identifizierung des Analyten. Analog werden in der Massenspektrometrie Massenspektren aufgezeichnet und in Massenspektren-Bibliotheken (7 Massenspektrometrie) gesammelt.

Literatur. Hübschmann HJ (1996) Handbuch der GC/MS. VCH, Weinheim New York BH4-Test. Abb. 1. BH4-Belastung.

Bicarbonat, aktuelles im Plasma O. Müller-Plathe

Literatur. www.bh4.org Mönch E, Link R (2006) Diagnostik und Therapie bei angeborenen Stoffwechselstörungen. 2 Aufl. SPS Publications, Heilbronn, pp 621– 654

Bi 7 Wismut

Synonym(e). Aktuelles Bikarbonat Englischer Begriff. bicarbonate Definition. Konzentration an Bicarbonat-Ionen im Plasma Struktur. HCO3– Molmasse. 61,0 g

B

252

Bicarbonat im Urin

Funktion und Pathophysiologie. 7 Säure-Basen-Stoffwechsel Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Vollblut, 7 Blutgasanalyse

Heparinisiertes

Probenstabilität. Blutgasanalyse Analytik. Bicarbonat wird im Rahmen der Blutgasanalyse aus pH und pCO2 aufgrund der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (Säure-Basen-Stoffwechsel) berechnet: 1 g cHCO3– = pH – 6,105 + 1 g (pCO2 × 0,0307). Der pK'-Wert (normal 6,105) wird jedoch von der Ionenstärke (7 Elektrolyte), der CO2-Löslichkeitskoeffizient (normal 0,0307) vor allem durch die Lipidkonzentration beeinflusst, wodurch diese Berechnung besonders bei starken Abweichungen der Gesamtelektrolytkonzentration und bei extremer Hyperlipidämie zu verfälschten Werten führen kann. Praktisch wichtige Beispiele: Zu hoch gemessenes Bicarbonat bei erhöhter Elektrolytkonzentration (Hypertonie), zu niedrig gemessenes Bicarbonat bei Hyperlipidämie. Die Bestimmung von 7 Gesamt-CO2 im Serum oder Plasma im Rahmen der klinisch-chemischen Routineanalytik, die manchmal ebenfalls als Bicarbonatbestimmung bezeichnet wird, lässt nur mit besonderen Kautelen Rückschlüsse auf die wahre Bicarbonatkonzentration zu.

Internationale Einheit. mmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 21–26 mmol/L Referenzbereich — Kinder. 19–24 mmol/L, Neugeborene 17–24 mmol/L Indikation. Erkennung und Differenzierung von Säure-Basen-Störungen, Berechnung der 7 Anionenlücke.

Interpretation. Erhöhte Werte primär bei 7 metabolischer Alkalose

Definition. Biglykan, ein kleines Proteoglykan, lässt sich in der perizellulären Matrix vieler Zellen nachweisen und spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung des Knochens und der Extrazellulärmatrix des Bindegewebes. i Biglykan (BGN) gehört zur Familie der kleinen Leucin-reichen Proteoglykane (SLRPs), für die ein Core-Protein von 36–40 kDa mit zentralen Leucin-reichen Motiven und flankierenden ZysteinClustern charakteristisch ist. N-terminal trägt das Core-Protein zwei Chondroitinsulfat-/Dermatansulfatketten, die die biochemischen Eigenschaften von Biglykan prägen. Biglykan und das verwandte Decorin sind die wichtigsten Proteoglykane der Haut und des Knochens. Die Funktion von Biglykan wurde z. T. durch Knock-out-Mäuse, in denen das Biglykan-Gen ausgeschaltet wurde (BGN-KO), aufgeklärt. BGN-KO zeigen eine veränderte Struktur der Kollagen-Typ-I-Fibrillen in Haut, Sehnen und Knochen. Das Fehlen von Biglykan führt in diesen Tieren zu einem verminderten Wachstum, zu einer reduzierten Knochenmasse und zu einer im Alter verstärkten Osteoporose. An der Haut wird eine dünnere Dermis beobachtet. Ob sich die Bestimmung von Biglykan im Serum als Marker für den Knochenstoffwechsel eignet, ist aktuell ungeklärt.

Literatur. Xu T, Bianco P, Fisher LW et al (1998) Targeted disruption of the biglycan gene leads to an osteoporosis-like phenotype in mice. Nature Genet 20:78–82

Bildschirmdruck O. Colhoun

Englischer Begriff. screen print

und kompensatorisch bei 7 respiratorischer Azidose. Erniedrigte Werte primär bei metabolischer Azidose und kompensatorisch bei respiratorischer Alkalose.

Definition. Ausdruck der aktuellen Anzeige des 7 Client-Bildschirms durch einen Benutzer der 7 Labor-EDV.

Diagnostische Wertigkeit. Wichtiger Bestandteil der Säure-Basen-

mentation, Fehleranalyse und Nachverfolgung von Werten in verschiedenen Bereichen der Labor-EDV gerade auch im Dialog mit dem Service des Herstellers.

Diagnostik. Im Gegensatz zum Standardbicarbonat und zur 7 Basenabweichung ist das aktuelle Bicarbonat ein realer Bestandteil des Plasmas und seines Ionogramms.

Literatur. Story DA, Poustie S (2000) Agreement between two plasma bicarbonate assays in critically ill patients. Anaesth Intensive Care 28:399–402

Bicarbonat im Urin 7 Säureausscheidung, renale

i Wichtige und nützliche Funktion für die unkomplizierte Doku-

Bildschirmmaske 7 Maske

Bilialbumin 7 Bilirubin, Delta-

Biliäres Glykoprotein Bidirektional

7 Glykoprotein, biliäres

O. Colhoun

Englischer Begriff. bidirectional Definition. Datenübertragungsverfahren der 7 Labor-EDV, bei dem Daten zwischen zwei Adressen in beide Richtungen ausgetauscht werden können. i Häufigste Anwendung in der Labor-EDV ist der bidirektionale Anschluss von Analysegeräten. Die Daten können in beide Richtungen zum Gerät (Patienten- und Auftragsnummer, angeforderte Verfahren) und zur Labor-EDV (Messwerte, Flags) übermittelt werden.

Big-big-Prolaktin 7 Makroprolaktin

Biglykan H.-D. Haubeck

Synonym(e). DS-PG-1 Englischer Begriff. biglycan (BGN); member of the small leucin-rich proteoglycan family (SLRPs)

Bilimeter 7 Bilirubinometer

Biliprotein 7 Bilirubin, Delta-

δ-Bilirubin 7 Bilirubin, Delta-

Bilirubin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Bilirubin IXα Englischer Begriff. bilirubin Definition. Bilirubin ist ein rot-orange gefärbtes, lineares, apolares, lipophiles, in wässrigem Milieu nur sehr gering lösliches Tetrapyrrol, das zu 80 % aus dem Abbau der Hämkomponente des 7 Hämoglobins degradierter Erythrozyten stammt.

Bilirubin

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bilirubin ist ein aus vier mit Methyl-, Vinyl- und Propionsäuregruppen substituierten Pyrrolringen bestehendes, apolares und lichtempfindliches Molekül (Molmasse 585 g), dessen Pyrrolringe durch drei Methinbrücken (β, γ, δ) verbunden sind. Die tägliche Produktionsrate von 250–400 mg beim Menschen geht zu 80 % auf den Abbau des Häms (Ferroprotoporphyrin IX) des Hämoglobins (1 g Hämoglobin ergibt ca. 35 mg Bilirubin) seneszenter Erythrozyten in den Makrophagen von Milz, Knochenmark und Leber (Kupfferzellen) und zu etwa 20 % auf den Katabolismus Häm-enthaltender Enzyme wie Zytochrome, Katalase, Peroxidase, Tryptophanpyrrolase und 7 Myoglobin zurück. Eine kleine Bilirubinfraktion stammt aus dem Abbau des freien Häms bei ineffektiver Erythropoese mit zwar gebildetem, aber schnell wieder abgebautem Häm (Shunt-Bilirubin, „frühmarkiertes“ Bilirubin). Der Ferroprotoporphyrinring (Häm) wird oxidativ an der α-Methinbrücke unter Freisetzung von Kohlenmonoxid (CO) und Eisen katalytisch durch die mikrosomale Hämoxigenase in Anwesenheit von molekularem Sauerstoff (O2) und NADPH + H+ gespalten (7 Abb. 1). Es entsteht das grün gefärbte Gallepigment 7 Biliverdin, welches durch die NADPH + H+-abhängige 7 Biliverdinreduktase zu Bilirubin IX reduziert wird. Der Bilirubintransport des wasserunlöslichen, unkonjugierten Bilirubins vom Produktions- zum Eliminationsort (Leber) erfolgt durch reversible Bindung an 7 Albumin. Nach Passage des Komplexes aus den Lebersinusoiden durch die Fenestrae der sinusoidalen Endothelzellen erfolgt eine Bindung an Hepatozyten, Bilirubin dissoziiert ab und wird überwiegend durch carrier-freie transmembranöse Diffusion (möglicherweise wirkt der hochaffine Transporter OATP-C mit) zellulär aufgenommen und an das zytosolische Protein Ligandin (Glutathion-S-Transferase, Y-Protein) und in hohen Konzentrationen auch an Z-Protein gebunden. Die Exkretion von Bilirubin verlangt die Konversion in eine polare, hydrophile Struktur, die durch enzymatische Konjugation der Karboxylgruppen der beiden Propionsäurerester mit Glukuronsäure erfolgt. Die im endoplasmatischen Retikulum (ER) lokalisierte, in multiplen Formen auftretende UDP-Glukuronyltransferase katalysiert die Bindung von UDP-Glukuronsäure an das Aglykon-Substrat Bilirubin zum Bilirubindi- und Monoglukuronid. Diese Bilirubinglukuronide werden über die kanalikuläre Membran der Hepatozyten carrier-vermittelt durch MRP-2 (multidrug resistance protein 2) in die 7 Galle ausgeschieden. Der Bilirubinkonjugat-Transporter MRP-2 ist eine multispezifische Pumpe mit Bedeutung für den Gallesalz-unabhängigen Gallefluss. Seine genetische Defizienz führt zum Dubin-Johnson-Syndrom, gekennzeichnet durch konjugierte Hyperbilirubinämie. In den Darm ausgeschiedenes konjugiertes Bilirubin wird im Wesentlichen nicht resorbiert, sondern in den bakterienhaltigen Abschnitten (terminales Ileum, Caecum, Colon) durch bakterielle β-Glukuronidase dekonjugiert mit nachfolgendem oxidoreduktiven Abbau zu 7 Urobilinogen, Urobilin, 7 Sterkobilinogen und Sterkobilin. Im Rahmen eines enterohepatischen Kreislaufs wird das farblose Urobilinogen resorbiert und über Leber und Galle erneut in den Darm exkretiert. Eine kleinere Fraktion des Urobilinogens wird zu dem gelben Urobilin oxidiert und mit dem Urin (täglich ca. 4 mg) und Stuhl (täglich

Bilirubin. Abb. 1

253

40–280 mg) als Sterkobilinogen, welches unter Lufteinwirkung zum Sterkobilin autoxidiert und für das Nachdunkeln des Stuhls verantwortlich ist, ausgeschieden. Uro- bzw. Sterkobilinogen sind die natürlichen Endabbauprodukte des Bilirubins und bei Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs im Urin vermehrt.

Funktion und Pathophysiologie. Störungen des Bilirubinstoffwechsels, die zu Hyperbilirubinämie (als Ikterus erkennbar ab einer Bilirubinkonzentration von ca. 2 mg/dL) führen, sind auf drei Ebenen möglich (7 Abb. 2): Prähepatische Hyperbilirubinämie (= Produktionsikterus) bei übermäßiger Bilirubinbildung, zum Beispiel in Form akuter Hämolyse oder Abbau extravasaler Blutmassen (hämorrhagischer Ikterus). Vorherrschend sind unkonjugiertes Bilirubin und erhöhte Urobilinogenurie bei fehlender Bilirubinurie. Hepatische Hyperbilirubinämie kann als Störung der Bilirubinaufnahme (= Absorptionsikterus), der Bilirubinkonjugation (= Konjugationsikterus) oder der kanalikulären Exkretion (= Exkretionsikterus) auftreten. Je nach Feinlokalisation akkumuliert unkonjugiertes Bilirubin z. B. Gilbert-Syndrom, Meulengracht-Syndrom, Crigler-Najjar-Syndrom (UDP-Glukuronyltransferasemangel) oder konjugiertes Bilirubin (z. B. Dubin-JohnsonSyndrom, Rotor-Syndrom). Posthepatische Hyperbilirubinämie (= Kanalisationsikterus) tritt bei Verschluss extrahepatischer Gallenwege (z. B. Steine, Pankreaskopfkarzinom) auf und bewirkt eine ausgeprägte konjugierte Hyperbilirubinämie, Bilirubinurie mit nahezu fehlender fäkaler Sterkobilinogenausscheidung (acholischer, heller Stuhl). Bilirubin im Blut ist ein wichtiges physiologisches Antioxidanz.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparinoder EDTA-Plasma, Urin

Präanalytik. Lichtexposition führt zu einer raschen Zerstörung von ca. 50 % pro Stunde bei Sonnenexposition. Hämoglobin (Hämolysen) und starke Lipämien führen zu falsch niedrigen Werten. Indikan und Indoxylderivate (urämische Proben) und einige Medikamente erzeugen falsch hohe Messergebnisse. Analytik. Die meisten Methoden basieren auf der von Paul Ehrlich (7 Ehrlich, Paul) 1883 beschriebenen Derivatisierung mit Diazoreagenz, welches Bilirubin in stabile diazotierte Azodipyrrole überführt (Azobilirubin). Van den Bergh und Müller (1916) sowie Jendrassik und Grof (1938), beschrieben bei der Reaktion mit diazotierter Sulfanilsäure (p-Aminobenzolsulfonsäure) zwei Typen: Eine direkte, innerhalb von 30 s zur Farbentwicklung führende Reaktion erfasst konjugiertes („direktes“)Bilirubin, eine indirekte, erst nach Zugabe von Methanol oder Koffein ablaufende Reaktion erfasst die nichtglukuronidierte, proteingebundene („indirekte“) Bilirubinfraktion. Als Akzeleratoren der Reaktion sind neben Methanol und Koffein auch 7 Ethanol, Diphyllin, Natriumbenzoat und -azetat wirksam (häufig Koffein-Natriumbenzoat als Akzelerator). Die 7 Diazo-

B

254

Bilirubin

Bilirubin. Abb. 2

Reaktion wird durch Zugabe von Askorbinsäure gestoppt und nach Zugabe einer stark alkalischen Tartratlösung als blaues Azobilirubin bei 600 nm photometrisch gemessen. Indirekt reagierendes Bilirubin ergibt sich aus der Differenz von Gesamt-Bilirubin (nach Zugabe eines Akzelerators) und direkt reagierendem Bilirubin (ohne Akzelerator). Es handelt sich um einfache, praktikable, gut mechanisierbare Standardmethoden mit einer Unpräzision von weniger als 3 %. Darüber hinaus existieren spektrophotometrische (455/575 mm) und enzymatische (Bilirubinoxidase-abhängige Konversion zu Biliverdin) Methoden.

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Bilirubin. Tab. 1. Erwachsene

(μmol/L)

(mg/dL)

Gesamt

3,4–18,8

0,2–1,1

Unkonjugiert

3,4–13,7

0,2–0,8

Konjugiert

0–5,1

0–0,3

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 und Tab. 3 Bilirubin. Tab. 2. Alter

Frühgeburten (μmol/L)

(mg/dL)

Termingerechte Geburten (μmol/L )

(mg/dL)

24 h

17,1–136,8

1–8

34,2–102,6

2–6

48 h

102,6–205,2

6–12

102,6–171,0

6–10

3–5 Tage

171,0–239,4

10–14

68,4–136,8

4–8

Bilirubin. Tab. 3. Säuglinge > 1 Monat

(μmol/L)

(mg/dL)

Gesamt

3,4–18,8

0,2–1,1

Unkonjugiert

3,4–13,7

0,2–0,8

Konjugiert

0–5,1

0–0,3

Indikation. Objektivierung, Verlaufskontrolle und Differenzialdiagnose des prähepatischen, hepatischen und posthepatischen Ikterus bei gleichzeitiger semiquantitativer Teststreifenbestimmung von Urobilinogen und Bilirubin im Urin. Interpretation. Ein Anteil des konjugierten (direkten) Serumbilirubins von < 20 % am Gesamtbilirubin spricht für eine prähepatische, ein Anteil von > 50 % für eine hepatische oder posthepatische Hyperbilirubinämie (Ikterus) (7 Tab. 4). Die prähepatische Hyperbilirubinämie (= Produktionsikterus) tritt bei übermäßigem Anfall von Bilirubin dann auf, wenn die Bilirubineliminationskapazität der Leber von etwa 1700 μmol/Tag, die unter physiologischen Bedingungen nur zu etwa 25 % ausgelastet ist, überschritten wird. Der reine Produktionsikterus kann somit bei gesunder Leber erst manifest werden, wenn die tägliche Bilirubinbildung mindestens das 4-Fache der Norm übersteigt. Er geht einher mit einer meist erhöhten Urobilinogenurie und fäkalen Sterkobilinogenausscheidung bei fehlender Bilirubinurie. Ursachen und Krankheitsbilder sind 7 Tab. 5 zu entnehmen. Eine hepatische (hepatozelluläre) Hyperbilirubinämie führt zu einer Vermehrung des unkonjugierten Bilirubins, wenn eine Störung der Bilirubinaufnahme und/oder -konjugation vorhanden ist, die hereditär (genetisch) oder erworben sein kann. Eine überwiegend konjugierte Hyperbilirubinämie weist auf eine Störung bei der biliären Exkretion durch Hepatozyten oder auf eine Obstruktion extrahepatischer Gallenwege (Kanalisationsikterus) hin. Dieser posthepatische Ikterus geht mit Bilirubinämie bei gleichzeitig verminderter Urobili-

Bilirubin, Delta-

Bilirubin. Tab. 4. Zusammenstellung typischer Veränderungen der Serumbilirubinzusammensetzung und der Urobilinogenausscheidung zur Differenzialdiagnose der Ikterusformen Ikterusform

Konjugiertes Bilirubin (direktes)/ unkonjugiertes (indirektes) Bilirubin

Urin Bilirubin

prähepatisch

0,50

+

↓ oder normal



Urin Urobilinogen

Fäzes Sterkobilinogen

255

Bilirubin, DeltaA.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Δ-Bilirubin; Biliprotein; Bilialbumin Englischer Begriff. Δ-Bilirubin Definition. Delta-Bilirubin ist eine Fraktion des glukuronidierten

(konjugierten) und damit „direkt“ reagierenden 7 Bilirubins, die kovalent an 7 Albumin gebunden ist und deshalb eine deutlich verlängerte Eliminationskinetik (die des Albumins) aufweist.

nogenausscheidung im Urin und Sterkobilinogenexkretion mit dem Fäzes einher. Bei vollständiger Obstruktion tritt eine Entfärbung des Stuhles aufgrund fehlender fäkaler Sterkobilinogenausscheidung auf (acholischer, heller Stuhl). Auch bei dieser Form der konjugierten Hyperbilirubinämie sind hereditäre, auf Mutationen spezifischer Transporter zurückzuführende Ursachen von erworbenen Erkrankungen zu unterscheiden (Tab. 5). Sowohl bei extra- als auch intrahepatischer Cholestase kann eine als 7 Delta-Bilirubin bezeichnete Fraktion des konjugierten Bilirubins erhöht sein, die kovalent an Albumin gebunden ist und deshalb eine deutlich verlängerte Eliminationskinetik (die des Albumins) aufweist.

Diagnostische Wertigkeit. Gesamtbilirubin und seine Fraktionen gehören zu den Basiskenngrößen der Leberdiagnostik, insbesondere derer mit cholestatischer Komponente. In Verbindung mit der semiquantitativen Bestimmung von Urobilinogen und Bilirubin im Urin gestattet die fraktionierte Messung eine wichtige differenzialdiagnostische Aussage über die Störungsebene des Bilirubinstoffwechsels. Literatur. Bosma PJ (2003) Inherited disorders of bilirubin metabolism. J Hepatol 38:107–117 Fevery J (2008) Bilirubin in clinical practice: a review. Liver Int 28:529–605 Thaler M, Luppa PB, Schlebusch H (2008) Die Bilirubinbestimmung – Eine aktuelle Übersicht. Bilirubin measurement – An updated survey. J Lab Med 32:1–10

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei längerzeitig bestehender konjugierter Hyperbilirubinämie, z. B. bei posthepatischem Ikterus (Cholestase) bindet ein Teil des wasserlöslichen, konjugierten, monooder diglukuronidierten Bilirubins kovalent über Propionsäure der Tetrapyrrolseitenkette mit der ε-Aminogruppe des Lysins an Albumin. Funktion und Pathophysiologie. Die Δ-Fraktion variiert stark von 8–90 % des Gesamtbilirubins bei hepatozellulärem und posthepatischem Ikterus und hat eine gegenüber dem normalen konjugierten Bilirubin wesentlich verlängerte Halbwertszeit in der Größenordnung von Albumin (ca. 20 Tage). Sie wird nicht durch Leber und Niere eliminiert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Probenstabilität. Lichtexposition führt zu einer raschen Zerstörung von ca. 50 % pro Stunde bei Sonnenexposition. Analytik.

5 Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) 5 Berechnung aus der Differenz des chemisch gemessenen Gesamtbilirubins und der Summe aus direktem (konjugierten) und indirektem (unkonjugiertem) Bilirubin.

Referenzbereich — Erwachsene. unterhalb der Nachweisgrenze Indikation. Rekonvaleszenzphase der Cholestase (da länger erhöht als direktes Bilirubin und Gesamtbilirubin) Interpretation. Erhöhte Konzentrationen bei extra-/intrahepatischer Cholestase, physiologischem Neugeborenenikterus und hämolytischen Syndromen. Aufgrund der deutlich geringeren 7 Clearance bleibt Delta-Bilirubin wesentlich länger erhöht als konjugiertes und unkonjugiertes Bilirubin, zum Beispiel in der Rekonvaleszenzphase cholestatischer Erkrankungen. Es kann bis zu 90 % des Gesamtbilirubins ausmachen. Diagnostische Wertigkeit. Nur selten eingesetzte Surrogatkenngröße lang dauernder Cholestasen. Literatur. Weiss JS, Gautam A, Lauff JJ et al (1983) The clinical importance of a protein-bound fraction of serum bilirubin in patients with hyperbilirubinemia. N Engl J Med 309:147–150

Bilirubin. Tab. 5. Einteilung und Ursachen der Hyperbilirubinämien Vorwiegend konjugiertes („direktes“) Bilirubin

Vorwiegend unkonjugiertes („indirektes“) Bilirubin

Einschränkung der biliären Exkretion 5 Dubin-Johnson-Syndrom 5 Rotor-Syndrom 5 Rekurrierender Schwangerschaftsikterus 5 Rekurrierende familiäre Cholestase (polyätiologisch) 5 Leberzellschäden (Hepatitis, Leberverfettung, Zirrhose u. a.) 5 Medikamente (Kontrazeptiva, Methyltestosteron u. a.)

Gesteigerte Bilirubinproduktion 5 Hämolytische Anämie 5 Shunt-Hyperbilirubinämie bei ineffektiver Erythropoese (z. B. perniziöse Anämie, Thalassämie) 5 Abbau extravasaler Blutmassen (hämorrhagischer Ikterus)

Obstruktion extrahepatischer Gallenwege 5 Konkremente 5 Tumoren 5 Strikturen 5 Konnatale Gallengangsatresie

Einschränkung der hepatozellulären Bilirubinaufnahme 5 Gilbert-Syndrom 5 Crigler-Najjar-Syndrom 5 Typ I: vollständiges Fehlen der Glukuronyltransferase 5 Typ II: partieller Mangel der Glukuronyltransferase 5 Icterus neonatorum (mit Hyperhämolyse) 5 Brustmilch-Ikterus 5 Lucey-Driscoll-Syndrom 5 Medikamente (Chloramphenicol, Vitamin K, Novobiocin) 5 Leberzellschäden verschiedener Ursachen

B

256

Bilirubin, direktes

Bilirubin, direktes 7 Bilirubin

Bilirubin, fetales 7 Bilirubin im Fruchtwasser

Bilirubin, gesamt 7 Bilirubin

Bilirubin im Fruchtwasser A.M. Gressner, O.A. Gressner

durch Diffusion über die Haut oder Umbilikalgefäße, über fetalen Urin und Mekonium oder durch tracheobronchiale Sekretion.

Funktion und Pathophysiologie. Fetale Erythroblastosen (Morbus haemolyticus fetalis) treten aufgrund intrauteriner Blutgruppeninkompatibilitäten im Rhesus- oder wesentlich schwächer im AB0System auf. Bei fetomaternalen Transfusionen kommt es zur Immunhämolyse durch mütterliche irreguläre Blutgruppenantikörper (IgG), wobei das Ausmaß des hämolytischen Prozesses beim Fetus anhand der Bilirubinbestimmung im Fruchtwasser abgeschätzt werden kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Zellfreies Fruchtwasser. Sterile Entnahme von 5–10 ml durch Amniozentese. Spezimen wird vor der Analyse 20 min bei 5000 g zentrifugiert und lichtgeschützt aufbewahrt.

Englischer Begriff. bilirubin in amniotic fluid

Probenstabilität. Nach Zentrifugation ist die Probe im Dunkeln wegen der Photosensibilität des Bilirubins aufzubewahren (Abnahme um 50 % bei Sonnenexposition von 15 min).

Definition. Nahezu ausschließlich unkonjugierte (indirekte) Fraktion

Präanalytik. Störfaktoren sind Kontaminationen mit fetalem oder

Synonym(e). Bilirubin, pränatales; Bilirubin, fetales

des Bilirubins im 7 Fruchtwasser, deren normalerweise sehr geringe Konzentration bei feto-maternalen Blutgruppeninkompatibilitäten (fetale Erythroblastose) in Abhängigkeit vom Schweregrad ansteigt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das beim Hämkatabolis-

mus während der Fetalperiode gebildete 7 Bilirubin liegt wegen der geringen Glukuronidierungsfähigkeit der fetalen Leber nahezu ausschließlich in unkonjugierter (indirekt reagierender) Form vor und besitzt aufgrund seiner Lipophilie eine große Permeationsfähigkeit in zentralnervöse Strukturen. Normalerweise findet sich Bilirubin ab der zwölften Schwangerschaftswoche (SSW) im Fruchtwasser und verschwindet bis zur 36. bis 37. SSW. Es gelangt in das Fruchtwasser

maternalem Blut bzw. 7 Hämoglobin und Mekonium (Biliverdin), die zu falsch hohen Werten führen.

Analytik. Direkte Spektrophotometrie des Fruchtwasserüberstandes in einem Wellenlängenbereich von 350–600 nm. Ermittlung der Absorptionsdifferenz bei 450 nm zwischen der Basislinie (Verbindung der spektralen Minima bei 350 und 550 nm) und dem Spektrumverlauf (7 Abb. 1, Einsatz A). Bei 450 nm liegt normalerweise das Absorptionsmaximum bilirubinhaltigen Fruchtwassers. Die Absorptionsdifferenz wird anhand eines empirischen Nomogramms nach Liley (1961), bezogen auf die jeweilige SSW, in eine der drei Risikogruppen (7 Abb. 1, Einsatz B) eingeordnet.

Bilirubin im Fruchtwasser. Abb. 1. Semiquantitative Bilirubinbestimmung im Fruchtwasser durch Messung der Absorption bei 450 nm (A) und Einordnung des Absorptionswerts in Risikogruppen (B) unter Berücksichtigung des Gestationsalters im Nomogramm nach Liley 1961. Gruppe I: keine oder leichte Erkrankung (Hämoglobin meist >150 g/L); Gruppe II: mittelschwere Erkrankung (Hämoglobin meist 90–150 g/L); Gruppe III: schwere Erkrankung mit unmittelbarer Lebensbedrohung (Hämoglobin meist 0,13 weist auf eine schwere fetale Erythroblastose hin. Auch in sehr schweren Fällen werden Bilirubinkonzentrationen von > 17 μmol/L (1 mg/dL) selten überschritten. Rhesusunverträglichkeiten haben einen schwereren Verlauf als AB0-Inkompatibilitäten.

Diagnostische Wertigkeit. Obwohl es sich um ein semiquantitatives Verfahren handelt, liefert die Methode wichtige Informationen über den Gefährdungsgrad des Fetus und der sich daraus ergebenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen. Literatur. Liley AW (1961) Liquor amnii analysis in the management of the pregnancy complicated by Rhesus sensitization. Amer J Obstet Gynec 82:1359–1370

Bilirubin, indirektes 7 Bilirubin

Bilirubin, pränatales 7 Bilirubin im Fruchtwasser

Bilirubin IXα 7 Bilirubin

Bilirubinnachweis nach Fouchet 7 Fouchet-Test

Bilirubinnachweis nach Gmelin

Biliverdin A.M. Gressner

Englischer Begriff. biliverdin Definition. Biliverdin ist ein lineares, wasserlösliches Tetrapyrrol von grüner Farbe, welches im Hämabbau durch oxidative Spaltung der α-Methinbrücke des Porphyrinringsystems entsteht und weiter zum Bilirubin reduziert wird. i Ferroprotoporphyrin IX (Häm) des 7 Hämoglobins sequestrierter Erythrozyten (und einiger Häm enthaltender Enzyme) wird an der α-Methin-Brücke oxidativ zum linearen Tetrapyrrol gespalten, wobei 7 Eisen und CO freigesetzt werden. Die Reaktion wird durch drei Isoformen mikrosomaler Hämoxigenasen in Anwesenheit von NADPH + H+ und molekularem Sauerstoff (O2) katalysiert. CO ist einerseits ein Hämligand mit 200-fach höherer Affinität für Hämoglobin als O2 (1 % des Hämoglobins sind dadurch mit CO blockiert), andererseits ist CO ein potenter Vasodilatator mit Bedeutung für die Lebermikrozirkulation. Biliverdin ist der wichtigste grüne Gallenfarbstoff (7 Gallepigment) und wird weiter zum rot-orangen Bilirubin durch 7 Biliverdinreduktase reduziert. Eine diagnostische Bedeutung hat Biliverdin nicht, jedoch kommt ihm als Vorstufe des wichtigen endogenen Antioxidans 7 Bilirubin eine Funktion bei der Zytoprotektion gegenüber oxidativem Stress zu.

Literatur. Barañano DE, Rao M, Ferris CD et al (2002) Biliverdin reductase: A major physiologic cytoprotectant. Proc Natl Acad Sci 99:16093–16098

Biliverdinreduktase A.M. Gressner

Englischer Begriff. biliverdin reductases Definition. Eine Familie zytosolischer Enzyme, die reduziertes NAD+ bei pH 6,7 oder NADP+ bei pH 8,5 als 7 Koenzym zur Reduktion von 7 Biliverdin zu 7 Bilirubin benötigt. i Biliverdinreduktase(n) ist ein Schlüsselenzym des Hämabbaus,

Synonym(e). Bilimeter

welches die NAD(P)H + H+-abhängige Reduktion von Biliverdin am Pyrrolring C und der γ-Methin-Brücke zum Bilirubin katalysiert. Mehrere gewebespezifische posttranslationale Modifikationen sind nachweisbar. Diagnostische Bedeutung hat das Enzym nicht. Da Bilirubin ein sehr wirksames endogenes Antioxidans ist und somit protektiv gegenüber oxidativem Stress wirkt, hat das Enzym eine wichtige Funktion in der Zytoprotektion durch Bereitstellung von Bilirubin.

Englischer Begriff. bilirubinometer

Literatur. Barañano DE, Rao M, Ferris CD et al (2002) Biliverdin

7 Gmelin-Test

Bilirubinometer A.M. Gressner, O.A. Gressner

Definition. Speziell ausgelegtes Photometer zur Bestimmung des Gesamtbilirubins im Serum/Plasma von Neugeborenen durch sequenzielle bichromatische Messung bei 455 nm und 575 nm. i Das in der Neonatalmedizin zur quantitativen Bestimmung des Gesamtbilirubins im Serum/Plasma Neugeborener eingesetzte Photometer beruht auf der Absorptionsmessung von 7 Bilirubin bei 455 nm (nahe dem Absorptionsmaximum). Da das Serum Neugeborener im Gegensatz zu dem Erwachsener keine Lipochrome wie Karotin, Xanthophyllester und andere Pigmente mit Absorptionseigenschaften bei 455 nm enthält, kann eine quantitative spektrometrische Bestimmung des Bilirubins bei dieser Wellenlänge erfolgen, wenn die spektrale Interferenz von anwesendem 7 Hämoglobin bei 455 nm berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck wird die zusätzlich gemessene Absorption

reductase: A major physiologic cytoprotectant. Proc Natl Acad Sci 99:16093–16098

Bilvalirudin 7 Thrombininhibitoren

Bindungskonstante 7 Assoziationskonstante

Binomialtest 7 Test, statistischer

B

258

Binomialverteilung

Binomialverteilung R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. binomial distribution Definition. Die Binomialverteilung beschreibt einen „BernoulliProzess“ und charakterisiert die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl von Erfolgen in n unabhägigen Experimenten. i Die Binomialverteilung basiert auf einem sogenannten Bernoulli-Experiment, einem Experiment, bei dem nur zwei zueinander komplementäre Versuchsausgänge auftreten können. Beispiele für Bernoulli-Experimente sind der Münzwurf („Kopf “ oder „Zahl“), die Bestimmung des Geschlechts („weiblich“ oder „männlich“) oder die Bestimmung des Rhesusfaktors („positiv“ oder „negativ“). Im Allgemeinen werden diese beiden möglichen Versuchsausgänge als „Erfolg“ oder „Misserfolg“ bezeichnet. Die mehrfache unabhängige Wiederholung desselben Zufallsexperiments wird als „Bernoulli-Prozess“ bezeichnet. Die Binomialverteilung ist durch die beiden 7 Parameter n und p charakterisiert, wobei n die Anzahl der Versuche und p die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg bezeichnet. Diese Erfolgswahrscheinlichkeit ist identisch für jede unabhängige Wiederholung des Experiments. Ist p = 0,5 so nimmt die Binomialverteilung eine um den erwarteten Wert np symmetrische Form an. Ist p < 0,5 so ist die Verteilung rechtsschief, für p > 0,5 entsprechend linksschief. Ist die Anzahl der durchgeführten Versuche „sehr groß“ (np(1 – p) ≥ 10), so kann die Binomialverteilung mit den Parametern n und p durch die 7 Normalverteilung mit den Parametern μ = np und σ² = np(1 – p) approximiert werden.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Bioassay A.M. Gressner

Synonym(e). Nachweis, biologischer; Bestimmung, biologische Definition. Der Bioassay basiert auf der Beobachtung und meistens semiquantitativen Auswertung spezifischer physiologischer Antworten im Tier in vivo oder in inkubierten Geweben und Zellen in vitro nach Zugabe des Untersuchungsmaterials mit dem zu bestimmenden Analyten zum Testsystem. i Der Bioassay weist den zu bestimmenden Analyten aufgrund seiner physiologischen Wirkung auf Zielzellen bzw. Zielgewebe oder in dem zu Testzwecken eingesetzten Gesamttier nach. Es sind zwei Typen zu unterscheiden:

1) In-vivo-Bioassays Hier wird dem zu Testzwecken ausgewählten Tier (z. B. Kröten, Mäuse, Ratten, Kaninchen) das Untersuchungsmaterial mit dem zu bestimmenden Analyten injiziert und die spezifische Wirkung zu einem festgelegten Zeitpunkt gemessen. Beispiele: früher eingesetzte biologische Schwangerschaftsnachweise wie Krötentest und Mäuseversuch, weitere Hormonbestimmungen, z. B. für die Steroidhormone. 2) In-vitro-Bioassays Bei ihnen erfolgt die Zugabe des Untersuchungsmaterials mit dem zu bestimmenden Analyten zu inkubierten Geweben, Membranen, primären Zellkulturen oder permanenten Zelllinien in einem definierten Kulturmedium. Nach einer festgelegten Zeit erfolgt die Messung bestimmter Reaktionen, z. B. Zellproliferation, Freisetzung von Mediatoren, Eintreten des Zelltodes (Apoptose), Expression spezifischer Targetgene, Migrationsverhalten, Zelldifferenzierung. Beispiele: funktionelle Bestimmungen von Wachstumsfaktoren, Zytokinen, Chemokinen, Hormonen u. a. Der theoretische Vorteil der funktionellen Analytbestimmung wird durch zahlreiche Nachteile aufgewogen. So ist der Bioassay schwer zu standardisieren, erlaubt nahezu keine Qualitätskontrolle, zeigt ein hohes Maß an Unspezifität und Interferenzen, hat geringe Sensitivität

(7 Sensitivität, diagnostische) der Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) sowie stark eingeschränkte Praktikabilität bei hohen Kosten und Zeitbedarf. Seine Verwendung stellt daher heute die Ausnahme dar.

Biobanken A.M. Gressner

Synonym(e). standardisiertes Probenarchiv Englischer Begriff. biobanking; enhanced biobanking Definition. Biobanken sind zielgerichtete, populationsgetriebene, den gesetzlichen Vorgaben entsprechende 7 Proben- und Datensammlungen von Patienten mit klar definierten klinischen Fragestellungen (Erkrankungen) zur Identifizierung und Erforschung neuer Biomarker für Diagnose, Prognose und Prädisposition von Erkrankungen. i Biobanken sind eine obligatorische Ressource von nativen Probenmaterialien eines definierten Patientenkollektivs zur Erforschung innovativer Biomarker. Probensammlung, Präanalytik (7 Präanalytische Phase), Probenhandling sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen (z. B. Einverständniserklärung des Probengebers) sind ebenso einzuhalten wie ein effizientes IT-Management der erhobenen Befunde. Diese Vorgaben sind beim „enhanced biobanking“ in einer definierten Sequenz festgelegt: 5 Projektplan, 5 Probengenerierung, 5 juristisch einwandfreie Ethikvoten, 5 IT-gestützte Patientenrekrutierung, 5 projektbezogene Einverständniserklärung des Patienten, 5 Aufwandsentschädigung von Patienten und Ärzten, 5 pseudonymisierte Proben- und Datensammlung/-sicherung, 5 IT-gestützte Probenverwaltung, 5 definiertes und dokumentiertes Prozedere der Probenbereitstellung.

Biobanken sind eine wesentliche organisatorische Voraussetzung der 7 translationalen (Laboratoriums-) Medizin. Einzelheiten sind dem Deutschen Biobanken-Register zu entnehmen.

Literatur. www.biobanken.de www.diagnostiknet.de Ewel C (2011) Enhanced Biobanking – isozertifizierte Grundlage für neue Biomarker. Laborwelt 12:19–21

Biochip 7 Chip; 7 Mikroarray

Bioethik R. Weiskirchen

Englischer Begriff. bioethics Definition. Methodische Untersuchung von Grenzfragen zwischen Biologie und Ethik. i Als wissenschaftliche Teildisziplin der Ethik beschäftigt sie sich

u. a. mit den Folgen und Problematiken, die sich durch einen genetischen oder anatomischen Eingriff in den Körper eines Menschen (wie z. B. einer Organverpflanzung oder durch künstliche Befruchtung, 7 Embryonenforschung, therapeutisches 7 Klonen, 7 Präimplantationsdiagnostik, somatische Gentherapie, Keimbahntherapie, Eizellenspende, Leihmutterschaft) ergeben. Sie setzt sich also damit auseinander, ob und inwieweit durch Verfahrensweisen der 7 Gentechnik und Reproduktionsmedizin die Integrität eines Menschen verletzt wird, welche Auswirkungen dies haben kann, und wie man die Risiken dieser neuen Techniken ethisch bewerten soll und kann.

Bioflavonoide 7 Vitaminoide

Biotechnik

Biogene Amine 7 Katecholamine

Biogenetisches Grundgesetz 7 Grundgesetz, biogenetisches

Biokatalysator 7 Enzym

Biolumineszenz, allgemein T. Arndt

259

Tetrahydrobiopterins führen zu schweren Störungen, vor allem im Bereich des Nervensystems.

Literatur. Friedrich W (1987) Handbuch der Vitamine. 1. Aufl. Urban und Schwarzenberg, München

Bioreaktor 7 Fermenter

Biosensoren W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Sensoren, biologische; Messfühler, biologische

Englischer Begriff. bioluminescence

Englischer Begriff. biosensors; biological sensors

Definition. Biolumineszenz ist von lebenden Organismen erzeugte

Definition. Biosensoren sind Messvorrichtungen, die mittels eines biologischen Erkennungselements einen spezifischen Zustand oder Vorgang aufgrund eines biologischen Wirkprinzips erfassen und mittels eines physikalischen Umwandlungselements das empfangene in ein messbares (optisches, elektrochemisches, thermisches, elektrisches, magnetisches) Signal übersetzen. Die Resultate können qualitativ oder quantitativ dargestellt werden.

Lumineszenz (IUPAC-Definition). i Die Biolumineszenz ist eine Sonderform der 7 Chemolumineszenz und diese eine Form der 7 Lumineszenz.

Literatur. www.iupac.org/goldbook/L03641.pdf

Biolumineszenz im klinisch-chemischen Labor W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Luciferin-System Englischer Begriff. bioluminescence Definition. Die Biolumineszenz spielt als Detektionssystem bei biochemischen und immunologischen Nachweisen eine große Rolle. Ein Luciferin wird in Gegenwart von Sauerstoff und einem artspezifischen Enzym, der Luciferase, unter Energieverbrauch in ein aktiviertes Oxyluciferin umgewandelt, das zur Lichtabgabe befähigt ist. Diese Reaktion findet man z. B. bei Glühwürmchen, Pflanzen und Einzellern der Tiefsee. Die Lichtausbeute beträgt bis zu 90 %. Die Biolumineszenz zeichnet sich durch eine hohe Sensitivität und ein niedriges Hintergrundsignal sowie einen großen Linearitätsbereich aus. i Bekannteste Anwendungsbeispiele für die Biolumineszenz im

klinisch-chemischen Labor sind: 5 „Reportergen-Assays“: Das Luciferase-Gen wird in die Nachbarschaft der Test-7 DNA eingesetzt und mit ihr zusammen abgelesen. Das emittierte Licht ist ein Maß für die Expression des entsprechenden eukaryontischen DNA-Abschnitts. 5 Vitalitätstest: Da Adenosintriphosphat (ATP) als universeller Energieträger für den Ablauf der Luciferase-Reaktion benötigt wird, ist die Lichtemission ein Maß für die ATP-Produktion in lebenden Zellen. 5 Immunoassays: Markierung von 7 Antigenen und 7 Antikörpern, die durch Luciferase-Wirkung eine messbare Lumineszenz erzeugen.

Literatur. http://www.infochembio.ethz.ch/links/biochem_ biolumineszenz.html

i Biosensoren dienen vor allem der spezifischen Registrierung bestimmter Stoffe. Das Erkennungselement für gesuchte Moleküle enthält biologische Komponenten-Proteine, Nukleinsäuren, Zellen oder einen Gewebeverband. Die Natur bietet die unterschiedlichsten Beispiele für in Biosensoren nutzbare Erkennungsmechanismen, manche stammen aus der Enzymologie („Schloss-Schlüssel-Prinzip“ bei Enzymen und deren Substraten), andere aus der Immunologie (spezifische Antigen-Antikörper-Bindung, Biotin/Streptavidin-System), aus der Molekularbiologie (Nukleotidsequenz-Homologie) oder aus der Endokrinologie (Rezeptorbindungen an Zellmembranen). Die Bindungsreaktionen gehen einher mit messbaren Änderungen von Masse, Temperatur, optischen Eigenschaften oder elektrochemischen Größen wie Potential, Strom und Leitfähigkeit. Als physikalische Umwandlungselemente fungieren gravimetrische, thermische, optische oder elektrochemische Signalgeber, wie zum Beispiel ionensensitive Feldeffekttransistoren. Eingesetzt werden Biosensoren u. a. in der klinisch-chemischen, immunologischen und mikrobiologischen Diagnostik sowie in der Toxikologie.

Literatur. Wild D (2001) The Immunoassay Handbook. Nature Publishing Group, New York, S 229–239

BioStoffV 7 Biostoffverordnung

Biostoffverordnung T. Arndt

Synonym(e). Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen; BioStoffV

Biopterin

Definition. Diese Verordnung dient in Verbindung mit dem Arbeits-

Englischer Begriff. biopterin

schutzgesetz der Umsetzung der EG-Richtlinie 90/679/EWG des Rates vom 26. November 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit.

Definition. 2-Amino-4-hydroxy-6-(1’, 2’-dihydroxypropyl)-pteridin;

Literatur. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/biostoffv/

R. Driesch

unkonjugiertes Pteridin; Analogon der Folsäure

www.pr-o.info

i Biopterin ist in seiner biologisch aktiven Form des 5,6,7,8-Tetra-

hydrobiopterin an der Utilisation molekularen Sauerstoffs beteiligt. Es ist der Kofaktor einer Reihe von Enzymen, die molekularen Sauerstoff zum Aufbau von Hydroxylgruppen am aromatischen Ring benutzen. So werden Phenylalanin, Tyrosin, Tryptophan und Steroide hydroxyliert. Während der tierische Organismus die Fähigkeit zur Biosynthese der Folsäure verloren hat, trifft dieses für die Synthese von Tetrahydrobiopterin nicht zu. Anomalien in Biosynthese und Stoffwechsel des

Biotechnik R. Weiskirchen

Synonym(e). Angewandte Mikrobiologie; Technische Biochemie Englischer Begriff. biotechnology; advanced microbiology; technical biochemistry

B

260

Biotin

Definition. Verfahrenstechnologie, bei der Lebewesen für technische Zwecke verwendet werden. i Innerhalb der Biotechnologie werden die natürlicherweise vorhandenen biologischen Syntheseleistungen von selektierten Mikroorganismen, pflanzlichen und tierischen Zellen oder daraus hergestellten Enzymen optimiert und zur Gewinnung oder Modifizierung von Stoffen ausgenutzt (z. B. Einsatz von Hefe zur Bierherstellung). Demnach können prinzipiell alle Prozesse zur Herstellung von Produkten durch lebende Organismen oder isolierten Enzymen als Biotechnologie bezeichnet werden. Es wird eine Optimierung von Biosynthesen ohne die vorhergehende Isolierung und In-vitro-Veränderung von 7 DNA vorgenommen.

Literatur. Glick BR, Pasternak JJ (1995) Molekular Biotechnologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

kommen, der mit Symptomen wie Dermatitis, Glossitis, Anorexie, Haarausfall, brüchigen Nägeln, Anämie und Depressionen einhergehen kann. Neben isolierten, angeborenen Defekten an den vier Karboxylasen betrifft der hereditäre Defekt der Holokarboxylasesynthetase alle Biotin-abhängigen Karboxylasen in Form des neonatalen multiplen Karboxylasemangels gleichermaßen. Der Nachweis ist zu führen über die Bestimmung der Aktivität Biotin-abhängiger Karboxylasen oder die Ausscheidung abnormer organischer Säuren wie 3-Methylorotsäure oder β-Hydroxyisovaleriansäure im Urin. Ein autosomal rezessiv vererbter Stoffwechseldefekt mit Mangel an Biotinidase führt zu Störung der Resorption und Rezyklisierung von Biotin und Ausfall des Enzyms als Kofaktor für die genannten Karboxylasen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Vollblut, Serum, Plasma

Biotin

Präanalytik. Probeentnahme vor einer Vitaminsubstitution; Proben

R. Driesch

vor UV-Licht geschützt aufbewahren.

Synonym(e). Vitamin H Englischer Begriff. biotin Definition. Wasserlösliches Vitamin. Koenzym bei Karboxylasereaktionen.

Molmasse. 244,3 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Biotin ist eine cis-Hexahydro-2-oxo-1H-thieno (3,4-d)-imidazol-4-yl-valeriansäure von der 8 Stereoisomere möglich sind. In der Natur kommt nur das biologisch aktive D(+)-Biotin vor. Die Konzentration von Biotin in Nahrungsmitteln ist sehr gering. Es ist jedoch in der Natur weit verbreitet. In tierischen Geweben ist es hauptsächlich an Proteine gebunden, kommt jedoch auch in freier Form vor. Quellen sind neben Leber, Niere, Milch und Eier, verschiedene Gemüsesorten und Cerealien. Die Resorption erfolgt im proximalen Dünndarm nach Freisetzung aus der Eiweißbindung durch das Enzym Biotinidase sowohl carriervermittelt wie auch nach höheren Dosen durch passive Diffusion. Im Plasma ist Biotin zu 80 % an Protein gebunden, die Konzentration in Erythrozyten beträgt etwa 10 % der Plasmakonzentration. Intrazellulär liegt Biotin kovalent an einen Lysinrest gebunden als Holokarboxylase vor, welche unter der Wirkung der Holokarboxylase-Synthetase entsteht. Beim normalen Zellumsatz werden diese Holokarboxylasen unter Bildung von Biozytin (Biotin gebunden an Lysin oder kurze Lysylpeptidreste) proteolytisch aufgespalten. Aus Biozytin wird Biotin dann durch die Biotinidase wieder freigesetzt. Freies Biotin und zahlreiche Metabolite werden in Urin und Fäzes ausgeschieden. Die mit den Fäzes ausgeschiedene Biotinmenge ist aufgrund der enteralen Biosynthese durch Mikroorganismen im Kolon oft größer als die Biotinaufnahme mit der Nahrung. Ob dieses enterale Biotin resorbiert wird, ist nicht geklärt.

Funktion und Pathophysiologie. Biotin ist beim Menschen Koenzym bei vier Karboxylasereaktionen, die für die Glukoneogenese, die Fettsäuresynthese und den Aminosäurestoffwechsel erforderlich sind. Bei den vier Biotin-abhängigen Karboxylasen handelt es sich um die Pyruvat-, Acetyl-CoA-, die Propionyl- und die Methylcrotonyl-CoAKarboxylase. Bei den Karboxylierungsreaktionen ist Biotin kovalent an die ε-Aminogruppe eines Lysinrestes der Karboxylase gebunden. Die Bindung erfolgt unter Mitwirkung von Holokarboxylasesynthetase. Bei normaler Ernährung ist ein Biotin-Mangel äußerst selten und bei Erwachsenen bisher kaum beobachtet worden. Nur bei Personen mit extremen Ernährungsgewohnheiten (z. B. bei regelmäßigem Verzehr roher Eier) ist die Bedarfsdeckung gefährdet. Im Eiklar roher Eier kommt das basische Glykoprotein Avidin vor, welches über seine tetramere Struktur vier Biotinmoleküle komplex binden kann. Dieser Avidin-Biotin-Komplex kann im Gastrointestinaltrakt proteolytisch nicht aufgespalten werden. Erst durch längeres Erhitzen auf 100 °C denaturiert Avidin und der Komplex zerfällt. Bei Risikogruppen wie Schwangere, voll gestillte Säuglinge, Hämodialysepatienten, nach längerfristiger oraler Einnahme von Antibiotika und Antikonvulsiva sowie beim chronischen Alkoholismus kann es zu einem Biotin-Mangel

Analytik. Neben mikrobiologischen Assays, Liganden-Assays und photometrischer Methode unter Bildung einer roten Schiffʹschen Base ist als empfindlichere analytische Routinemethode die HPLC beschrieben. Als funktioneller Test kommt die Bestimmung Biotinabhängiger Karboxylasen in Frage.

Referenzbereich — Erwachsene. 200–500 ng/L (0,82–2,05 nmol/L) in Vollblut und Serum

Referenzbereich — Kinder. nicht verfügbar Indikation. Nachweis eines Biotinmangels bei

5 5 5 5 5

Fehl- und Mangelernährung Malabsorptionssyndrom Dialysepatienten Alkoholabusus genetischen Defekten wie multipler Karboxylasemangel und Biotinidasemangel

Interpretation. Biotinkonzentrationen im Vollblut oder Serum von < 0,5 nmol/L weisen auf eine Mangelsituation hin. Literatur. Bässler KH., Golly I, Loew D et al (2002) Vitaminlexikon, 3. Aufl. Urban und Fischer, München McCormick DB, Klee GG (2001) Tietz Fundamentals of Clinical Chemistry. 5th edn. WB Saunders, Philadelphia

Biotinidase A.C. Sewell

Englischer Begriff. biotinidase Definition. Eine Amidohydrolase, die Biotin aus biotinylierten Peptiden und Biocytin freisetzt. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Menschliche Biotinidase ist ein monomeres Glykoprotein mit einer Molmasse von 76 kDa. Es wird in der Leber synthetisiert und bisher sind 9 Isoformen bekannt. Biotinidase kommt in allen Geweben vor; die höchste Aktivität wurde in Niere, Leber und Nebennieren sowie im Plasma gefunden.

Pathophysiologie. Biotinidase ist das einzige Enzym, das Biotin freisetzten kann. Biotin ist wiederum ein Kofaktor für verschiedene Karboxylasen. Biotinidasemangel führt zu einer schweren, lebensbedrohlichen Erkrankung im Neugeborenenalter bzw. Entwicklungsretardierung bei älteren Kindern. Biotinidasemangel ist behandelbar und die Bestimmung Bestandteil des Neugeborenenscreenings. Untersuchungsmaterial. Plasma, Serum Probenstabilität. Biotinidase ist sehr instabil. Plasma bzw. Serum muss rasch gewonnen und sofort bei –70 °C tiefgefroren werden. Versand auf Trockeneis.

Biphasische Hämolysine

Präanalytik. Siehe Stabilität! Analytik. Kolorimetrische Methode. Messung von p-Aminobenzoat aus Biotinyl-p-Aminobenzoesäure. Internationale Einheit. nmol/min/mL Kinder. 4,0–11,2 nmol/min/mL Interpretation. Absoluter Mangel ≤ 0,2 Partieller Mangel = 0,6–1,8

Literatur. Suormala T, Baumgartner M, Fowler B (2008) Biotinidase. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer, pp 253–264

Biotinidaseaktivitätsmessung aus Trockenblut G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. biotinidase activity in dried blood spot specimen Definition. Bestimmung der Aktivität der Biotinidase im Trockenblut von Neugeborenen zum Screening auf das Vorliegen eines Biotinidasemangels.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Biotinidase aus der Trocken-

261

nützlichen Werkzeug für die Darstellung von Wechselwirkungen zwischen Biomolekülen in wässriger Lösung. Streptavidin hat vier Bindungsstellen für Biotin. Das kleine Biotinmolekül lässt sich über eine reaktive Karboxylgruppe leicht an ein Biomolekül koppeln, ohne dessen immunologische Reaktionsfähigkeit zu beeinträchtigen. Zum Aufbau von Immunoassays wird z. B. Streptavidin als Fängermolekül an eine Festphase gekoppelt, mit der man die biotinylierten Antigene oder Antikörper spontan reagieren lässt. Man vermeidet den direkten Kontakt der assayrelevanten Reaktanden mit der Röhrchenwand und erhöht dadurch in vielen Fällen Sensitivität und Spezifität eines Immunoassays.

Einsatzgebiet. Kopplung verschiedener Biomoleküle an Oberflächen: Antigene, Antikörper, Nukleotidsequenzen, Proteine, Peptide. Verwendung der beschichteten Oberflächen unter anderem für Festphasenimmuntests, Durchflusszytometrie oder Affinitätschromatographie.

Spezifität. Die Vorteile der Biotin-Streptavidin-Technik liegen in der spezifischen Interaktion zwischen den beiden Molekülen. Im Vergleich zu einer Antigen-Antikörper-Bindung ist die Affinität zwischen Biotin und Streptavidin 10³- bis 10⁶-mal stärker und damit weitaus höher als die der meisten anderen nichtkovalenten Bindungen. Die immunologische Reaktivität des an die Röhrchenwand gekoppelten Reaktionspartners wird nur minimal beeinträchtigt, was in einigen Fällen die Spezifität eines ELISA günstig beeinflusst.

blutprobe setzt p-Aminobenzoesäure aus Biotinyl-p-Aminobenzoesäure frei. Die Konzentration der gebildeten p-Aminobenzoesäure wird durch Messung der Lichtabsorption nach Bildung eines Diazofarbstoffes als Endpunktmethode mit Substratüberschuss spektrophotometrisch bestimmt.

Sensitivität. Da jedes Streptavidin-Molekül mehrere Bindungsstellen

Einsatzgebiet. Neugeborenen-Screening

Literatur. Deshpande SS (1996) Enzyme immunoassays: From concept to product development. Chapman & Hall, New York, S 185–187

Untersuchungsmaterial. Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut)

Instrumentierung. Mikrotiterplattenphotometer, Mikrotiterplattenzentrifuge, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Multipuncher oder Handstanzen, 12-Kanal-Pipette

Spezifität. Diagnostische Spezifität im Screening: > 99,9 % Sensitivität. Diagnostische Sensitivität im Screening: > 99 % Fehlermöglichkeit.

5 Falsch positives Screening: hohe Temperatur 5 Falsch negatives Screening: Bluttransfusion, Sulfonamid-Therapie

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Praktikabilität: sehr gut Kosten: ca. 0,50 €/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien) Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die photometrische Bestimmung der Biotinidaseaktivität aus Trockenblut stellt ein zuverlässiges Verfahren zum Ausschluss eines Biotinidasemangels im Neugeborenen-Screening dar. Literatur. Zabransky S (2001) Biotinidasemangel. In: Zabransky S (Hrsg) Screening auf angeborene endokrine und metabole Störungen. Springer Verlag, Wien New York, S 250–254

für Biotin aufweist, lässt sich ein Verstärkereffekt erzielen, der zur Steigerung der Sensitivität genutzt werden kann.

Bioverfügbarkeit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. bioavailability Definition. Anteil des Pharmakons in Prozent, der im allgemeinen Kreislauf erscheint, bei Applikation eines bestimmten Präparates in einer bestimmten Applikationsform. i Bei oraler Applikation wird das Pharmakon meist über die Pfortader die Leber erreichen und dort vor Abgabe an die Lebervenen und damit an den Körperkreislauf metabolisiert. Dieser First-Pass-Effekt ist Ursache dafür, dass die Konzentration des Arzneistoffs im Pfortaderblut höher sein kann als in den übrigen Blutgefäßen.

Literatur. Wellhöner HH (1997) Pharmakologie und Toxikologie. 6. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 3–5

Biowissenschaften R. Weiskirchen

Englischer Begriff. bioscience, life science Definition. Wissenschaften, die sich mit der biologischen Forschung

Biotin-Streptavidin-Technik

befassen.

W. Stöcker, W. Schlumberger

i Zu den Biowissenschaften gehören z. B. die Medizin, Pharmazie,

Synonym(e). Streptavidin-Biotin-Technologie Englischer Begriff. biotin-streptavidin technology, streptavidin-biotin system

Pharmakologie und die Biologie selbst.

Biozytin 7 Biotin

Definition. Die Biotin-Streptavidin-Technik ist ein universelles System zur indirekten Kopplung von 7 Antigenen oder 7 Antikörpern an Festphasen oder an gelöste Reaktionspartner.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die extrem hohe Affinität des Streptavidins, eines Proteins aus Streptomyces avidinii mit einer Molmasse von 60 kDa, zu dem Vitamin Biotin (Molmasse 240 kDa; Affinitätskonstante 10-¹⁵ mol/L) macht diese Reagenzien zu einem

Biphasische Antikörper 7 Donath-Landsteiner-Antikörper

Biphasische Hämolysine 7 Donath-Landsteiner-Antikörper

B

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Biphasischer Haemolysin-Nachweis

Biphasischer Haemolysin-Nachweis 7 Donath-Landsteiner-Antikörper

BIPM 7 Bureau international des poids et mesures

Bisalbumin 7 Albumin

Bishop, Michael J. R. Weiskirchen

Lebensdaten. Geb. 22. Februar 1936 in York, Pennsylvania; Amerikanischer Mikrobiologe und Mediziner; Forschungstätigkeiten an der Harvard Medical School (Boston) und an der University of California (San Francisco).

Verdienste. 1989 erhielt er zusammen mit Harold E. Varmus den Nobelpreis für Medizin für grundlegende Arbeiten über den Zusammenhang zwischen zellulären und retroviralen 7 Onkogenen. Durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der retroviralen Replikation erhielt man wichtige Erkenntnisse auf den Gebieten des Zellwachstums und der Krebsentstehung (Onkogenese).

Literatur. Bishop JM (2003) How to Win a Nobel Prize. An Unexpected Life in Science. Harvard University Press, London http://www.nobel.se/medicine/laureates/1989/bishop-autobio.html

Bismuth 7 Wismut

Bitherme Antikörper 7 Donath-Landsteiner-Antikörper

Bitterlingstest zum Nachweis einer Schwangerschaft T. Arndt

Synonym(e). Schwangerschaftstest mit dem Bitterling; Schwangerschaftstest nach Glaser und Haempel; Legeröhrentest

Definition. Heute obsoleter Bioassay zum Nachweis einer Schwangerschaft mit lebenden Bitterlingsweibchen (Rhodeus amarus). i Auf Zusatz von 5 mL Schwangerenharn zu 1 L Wasser tritt schon

nach 24 h eine deutlich sichtbare Verlängerung der Legeröhre von zwei- bis viersommerigen Bitterlingsweibchen auf (7 Abb. 1). Rückbildung der Legeröhre in normalem Wasser. Die „Treffsicherheit“ von 80 % lag unter dem damals üblichen Mäusetest nach Aschheim (98 %). Die schnellere Ansprechzeit von 24–48 h im Vergleich zum Mäusetest (Veränderungen in den Mäuseovarien ca. 100 h nach Harninjektion)

Bitterlingstest zum Nachweis einer Schwangerschaft. Abb. 1. Bitterlingsweibchen mit Legeröhre (Foto Andreas Hartl)

und das Überleben der Testtiere und damit deren Wiedereinsetzbarkeit waren Vorteile des Bitterlingstests. Er wurde vor allem Ende der 20er bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts propagiert (Originalliteraturzitate bei Friesen). Heute durch die Bestimmung des humanen 7 Choriongonadotropins im Schwangerenharn ersetzt.

Literatur. Friesen G (1940) Die Legeröhre des Bitterlings als Testobjekt bei der Schwangerschaftsdiagnose. Wschr. f. Aquarien- und Terrarienkunde 37:525–526.

Biuretmethode G. Töpfer

Englischer Begriff. biuret method Definition. Methode zur quantitativen Proteinbestimmung. Kupfer(II)Ionen bilden im alkalischen Reaktionsansatz mit 7 Peptidbindungen von Tri-, Oligo-, 7 Polypeptiden und Proteinen rötlich violette Chelatbindungen. Die Extinktion des Reaktionsansatzes ist der Zahl der Peptidbindungen proportional (Gesamtproteinbestimmung).

i Ein Kupfer-Ion komplexiert mit 4 (6) Peptidbindungen. Im Re-

agens sind Kupfersulfat, Natrium-Kalium-Tartrat, Kaliumiodid und Natronlauge enthalten. Im alkalischen Milieu bildet Cu2+ einen Tartratkomplex, Kaliumiodid verhindert die Autoreduktion von Cu2+. Die Reaktionsmischung besteht bei Serumanalysen in der Regel aus einem Volumenteil Serum und 50 Teilen Reagens. Nach 30 min wird die Absorption bei 546 nm gemessen. Für die Gesamtproteinbestimmung im Serum benutzt man Reagens mit niedrigen NaOH-Konzentrationen von 0,1–0,4 mol/L und hohen Kupfersulfat-Konzentrationen (10–30 mmol/L). Man erreicht damit einen Interassay VK von < 2 %. Proben mit sehr niedriger Proteinkonzentration werden mit einem Reagens mit hoher NaOH-Konzentration von 0,5–0,8 mol/L und niedriger CuSO4-Konzentration (4–6 mmol/L), das einen niedrigen Reagensblindwert erzeugt, analysiert. Um eine niedrige Nachweisgrenze zu erreichen, wird ein höheres Volumen von Prüfflüssigkeit von z. B. 1 Teil Prüfflüssigkeit und 4 Teile Reagens gewählt. So können proteinhaltige Lösungen (aus chromatographischen Trennverfahren) in einem Bereich von 1–150 mg/L Gesamtprotein bestimmt werden. Urin enthält Chromogene, welche die Farbreaktion stören können. Im Liquor sind dies Peptide. Deshalb werden die Proteine von Urin und Liquor vor der Bestimmung von den störenden Substanzen durch Säurefällung mit Perchlorsäure getrennt und dann erst mit BiuretReagens versetzt. Der Konzentrierungseffekt erhöht zusätzlich die Empfindlichkeit (Nachweisgrenze). Störfaktoren und Maßnahmen zu deren Beseitigung im Serum sind: 5 Stark getrübte Proben werden gegen einen Leerwert gemessen, der Biuret-Reagens ohne Kupferionen benutzt. (Dextrangele stören bei Automatenmethoden ab 30 g/L) 5 Proteinhaltige Infusionslösungen mit Gelatine werden als Protein mit erfasst, Hydroxyethylstärke interferiert nicht. Kohlenhydrate stören (Erhöhungen um 10 % sind möglich) 5 Hämoglobin wird als Protein mit gemessen und stört bei Gesamtproteinbestimmungen an einem Analysenautomaten ab 0,4 mmol/L 5 Nur stark lipämische Proben (Triglyzeride > 22,8 mmol/L) müssen geklärt werden (evtl. Zentrifugation bei 15000 × g über 10 min zur Flotation der Triglyzeride) 5 Am Analysenautomaten stören erst Bilirubinkonzentrationen von > 359 μmol/L. (Messung gegen einen Leerwert). im Urin: Fällung der Proteine vor Zugabe von Biuret-Reagenz sowie Messung gegen einen Leerwert, der Biuretreagens ohne Kupferionen enthält, eliminiert Störfaktoren weitgehend. Als Standard wird Rinderserumalbumin verwendet. im Liquor (7 Liquor-Protein) Diagnostische Wertigkeit: Referenzmethode für die Bestimmungen von 7 Protein, gesamt im Serum, da die Einzelproteine sehr gleichmäßig erfasst werden. 7 Albumin weist nahezu den gleichen Extinktionskoeffizienten wie γ-Globulin auf. Für Urin ist die Nachweisgrenze zu hoch, um Proteinkonzentrationen im Normalbereich sicher zu erfassen. Für Urin und Liquor ist der Aufwand für den Fällungsschritt hoch. Farbstoff-

Blasenpunktionsurin

bindungsmethoden wie die Pyrogallolrotmethode weisen die genannten Nachteile nicht auf, dabei kommt die Pyrogallolrot-Methode der Biuretmethode in Bezug auf die gleichmäßige Erfassung der Einzelproteine nahe.

Literatur. Richterich R (1965) Klinische Chemie. Karger, Basel, S 207–213

Bladder tumor antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). BTA Englischer Begriff. bladder tumor antigen Definition. Der Bladder tumor antigen Assay detektiert den Komplementfaktor H (CFH) oder ein dazu ähnliches Protein (Complement factor H related protein = CFHrP). Struktur. Der Komplementfaktor H (CFH) ist ein 155 kDa schweres Protein. Mindestens vier weitere Faktor H-verwandte Proteine sind inzwischen identifiziert, die Produkte eines Genclusters auf Chromosom 1 sind. Einige dieser Proteine besitzen Komplement-regulierende Aktivität, andere nicht.

Molmasse. 155 kDa

263

Bland-Altman-Plot R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. Bland-Altman plot Definition. Der Bland-Altman Plot ist ein grafisches Verfahren zur

Darstellung der 7 Übereinstimmung zweier Messmethoden mit quantitativen Messwerten. i Bei dieser grafischen Methode werden in der Regel die Diffe-

renzen (oder alternativ die Quotienten) der Messwerte der beiden Methoden den arithmetischen Mittelwerten (7 Mittelwert, arithmetischer) der Messwerte beider Methoden in einem Koordinatensystem gegenübergestellt. Auf der Abszisse wird jeweils der Mittelwert der beiden Werte aufgetragen, auf der Ordinate die Differenz dieser beiden Werte. Zusätzlich wird parallel zur x-Achse eine Referenzlinie für den Mittelwert aller beobachteten Differenzen eingezeichnet, zwei weitere Referenzlinien kennzeichnen den Mittelwert aller Differenzen plus 1.96 mal der 7 Standardabweichung der Differenzen bzw. den Mittelwert aller Differenzen minus 1.96 mal der Standardabweichung der Differenzen. Die äußeren Referenzlinien legen damit einen Bereich fest, in dem unter Normalverteilungsannahme (7 Normalverteilung) etwa 95 % der beobachteten Differenzen zu erwarten sind (7 Abb. 1).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In gesunden Zellen spielt der Komplement Faktor H (CFH) eine zentrale Rolle in der Regulation der alternativen Komplementaktivierung und schützt so gesunde Zellen vor Komplement-vermittelten Schädigungen. Außerdem wurde gezeigt, dass der Komplement Faktor H (CFH) in Blasenkarzinomzelllinien synthetisiert wird, vermutlich um Tumorzellen der Immunabwehr zu entziehen.

Funktion und Pathophysiologie. Aufgrund der Expression des Komplement Faktor H und der ihm verwandten Proteine beim Blasenkarzinom ist die Anwendung des BTA-Assays im Urin als sensitiver Test für oberflächliche und invasive Karzinome vom Hersteller vorgesehen. Allerdings können insbesondere Erkrankungen, die mit einer Hämaturie einher gehen, ebenfalls hohe Werte verursachen, was die Spezifität deutlich beeinträchtigt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin Analytik. Enzymimmunoassay (EIA) Konventionelle Einheit. U/mL Referenzbereich — Erwachsene. Urin: Median 2,3 kU/L; 95 %-Perzentile 4,3 kU/L (methodenabhängig) Indikation. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Blasenkarzinom fraglich.

Interpretation. Abhängig vom benutzten Grenzwert können die vom Hersteller angegebenen Sensitivitäten (7 Sensitivität, diagnostische) des BTA-Assays im Urin für das Blasenkarzinom bestätigt werden, allerdings bei einer sehr geringen Spezifität. Benigne urologische Erkrankungen, insbesondere entzündliche Erkrankungen und solche, die mit einer Hämaturie einher gehen, können ebenfalls zu z. T. sehr hohen Werten führen. Da dies jedoch die differenzialdiagnostisch relevanten Patientengruppen sind, ist der Test für Diagnosezwecke nicht geeignet. Inwiefern er für Verlaufsuntersuchungen wertvoll ist, ist derzeit noch nicht absehbar.

Diagnostische Wertigkeit. Blasenkarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung fraglich.

Bland-Altman plot. Abb. 1. Skizze eines Bland-Altman-Plot

Liegen die Differenzen der Messwerte innerhalb des Bereichs, werden sie als klinisch nicht relevant bewertet. Das bedeutet, dass die beiden Messmethoden gegenseitig austauschbar angewendet werden können. Der Bland-Altman Plot kann ebenfalls verwendet werden, um die Präzision wiederholter Messungen einer Methode zu beurteilen. In diesem Fall lässt sich an Hand der grafischen Darstellung prüfen, ob die 7 Variabilität oder Präzision einer Methode im Zusammenhang mit der Größe der gemessenen Werte steht.

Literatur. Bland JM, Altman DG (1986) Statistical method for assessing agreement between two methods of clinical measurement. The Lancet i:307–310. Bland JM, Altman DG (1999) Measuring agreement in method comparison studies. Statistical Methods in Medical Research 8:135–160.

Literatur. Mahnert B et al (2003) Measurements of complement factor H-related protein (BTA-TRAK Assay) and nuclear matrix protein (NMP22 Assay) – useful diagnostic tools in the diagnosis of urinary bladder cancer? Clin Chem Lab Med 41:104–110 Sturgeon CM, Duffy MJ, Hofmann BR et al (2010) National Academy of Clinical Biochemistry Laboratory Medicine Practice Guidelines for use of tumor markers in liver, bladder, cervical, and gastric cancers. Clin Chem 56: e1–48

Blasenpunktionsurin W.G. Guder

Englischer Begriff. (suprapubic) bladder puncture urine; suprapubic aspiration urine

Definition. Durch Punktion der gefüllten Blase oberhalb der Sym-

B

264

Blastenkrise

physe (2–3 Querfinger) gewonnener, steriler Urin für Nachweis oder Ausschluss einer Blaseninfektion, wenn aus anatomischen oder anderen Gründen ein Mittelstrahlurin nicht ausreichend sicher ist.

Halbwertszeit. Blut und Weichgewebe: 20–30 Tage, Knochen: 10–

i Die Blasenpunktion wird durchgeführt, wenn eine Infektion der ableitenden Harnwege sicher erkannt oder ausgeschlossen werden soll. Dabei werden 5–10 mL Urin in ein steriles Gefäß aufgenommen, das zur mikrobiologischen Untersuchung versandt wird. Wenn eine Blasenpunktion nicht ohnehin aus therapeutischen Gründen indiziert ist, stellt diese Methode die sicherste Form der Probengewinnung dar und ist mit geringerem Infektionsrisiko behaftet als die Blasenkatheterisierung.

physiologische Funktion nachgewiesen worden, dagegen hat Blei eine hohe toxikologische Bedeutung. Toxische Dosen beginnen bei 1 mg pro Tag, 3,5 mg/Tag führen nach einigen Monaten zu Vergiftungen. Neben der beruflichen Belastung sind als Bleiquellen Rostschutzmittel (Mennige), Farbpigmente, Lasuren auf Keramiken, sog. Hausmittel in Form von Salben, Tinkturen oder ähnlichen Zubereitungen, Industriechemikalien, seltener falsch verlegte Wasserleitungen, zu finden. Blei verursacht akute und chronische Schädigungen der Hämatopoese (Hemmung der Enzyme der Porphyrinsynthese) und des zentralen Nervensystems sowie in hohen Dosen der Nieren und des Gastrointestinaltrakts. Bei Blutbleigehalten (in μg/L): 5 > 150: Hemmung der d-Aminolävulinsäure-Dehydratase 5 ab 100–200: Einfluss auf Lernfähigkeit und IQ bei Kindern 5 ab 200–600: Erythrozyten-Protoporphyrin erhöht 5 über 400: δ-Aminolävulinsäure und Koproporphyrin im Urin erhöht 5 ab 500–600: chronische Enzephalopathie (Kinder) 5 ab 600–800: periphere Neuropathie 5 > 800: chronische Enzephalopathie (Erwachsene) 5 ab 700–1000: Nierenfunktion eingeschränkt 5 800–3000: akute Bleienzephalopathie.

Literatur. Kouri T, Fogazzi G, Gant V et al (2000) European urinalysis guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60(Suppl)231

Blastenkrise 7 Blastenschub

Blastenschub H. Baum

Synonym(e). Blastenkrise Englischer Begriff. blast crisis

30 Jahre

Funktion und Pathophysiologie. Für den Menschen ist bisher keine

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Blut (Li-Heparin),

Definition. Auschwemmung unreifer, blastärer Zellen im Rahmen ei-

Urin, Haare

ner chronischen Myelose oder eines myelodysplastischen Syndroms.

Probenstabilität. Blut: 20 °C, 4–8 °C: 7 Tage, –20 °C: 1 Jahr, Urin:

i Die Blastenkrise ist die terminale Transformation einer chroni-

20 °C, 4–8 °C: 1 Tag (Adsorption an Gefäßwänden), in Gefäßen aus PE, PET oder Borsilikatglas 6 Tage, –20 °C: 1 Jahr

schen Myelose. Charakteristisch ist eine massive Infiltration des Knochenmarks mit blastären Zellen und deren Ausschwemmung in das periphere Blut. Dabei ähnelt der Blastenschub dem Bild einer akuten Leukämie. Die nachweisbaren Blasten können einen myeloischen, lymphatischen oder gemischten Phänotyp aufweisen. Klinisch geht dieses Bild mit einer raschen Verschlechterung des Allgemeinzustandes und einer progressiven Knochenmarkinsuffizienz einher.

Literatur. Kaboth W (1993) Chronisch myeloische Leukämie. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 564–576

Blei D. Meissner

Englischer Begriff. lead

Präanalytik. Hohe Kontaminationsgefahr durch Wasser, Reagenzien (EDTA), Geräte und Gefäße. Zur Blutabnahme Spurenelementröhrchen verwenden. Im Urin Ausfällung von Bleisalzen beachten. Adsorption von Blei an den Wänden der Abnahme-, Sammel- und Transportgefäße, wenn diese polare Eigenschaften haben, möglich.

Analytik. Flammenlose Atomabsorptionsspektrometrie, Potentiometrische Strippinganalyse, ICP, ICP-MS. Konventionelle Einheit. μg/L, μg/d, μg/g Kreatinin, μg/g Internationale Einheit. nmol/L, nmol/d, nmol/g Kreatinin, nmol/g Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L (d,g) = 4,8263 × μg/L (d,g), μg/L (d,g) = 0,2072 × nmol/L (d,g) Referenzbereich — Frauen. Blut: < 70 μg/L, Urin: < 20 μg/L, Haare:

Definition. Blei (chemisches Symbol: Pb) ist ein ubiquitär vorkom-

< 10 μg /g

mendes, zur Kohlenstoffgruppe gehörendes giftiges Schwermetall mit der Ordnungszahl 82. Es gehört zu den für den Menschen nicht essenziellen 7 Ultraspurenelementen.

Referenzbereich — Männer. Blut: < 90 μg/L, Urin und Haare: siehe Frauen

Struktur. Blei tritt in Verbindungen als 2- oder 4-wertiges Kation auf.

Indikation. Verdacht auf übermäßige Bleiaufnahme oder Vergiftung, gestörte Erythropoese, Differenzialdiagnostik der Porphyrie, Kontrolle der Therapie mit Chelatbildnern.

Etwa 70 (Kinder) bis 90 % (Erwachsene) der Gesamtbleilast befinden sich als tertiäres Bleiphosphat oder an Apatit gebunden im Knochen, der Rest im Weichgewebe (hauptsächlich Leber und Nieren), gebunden an Zellmembranen und Mitochondrien, sowie im Blut. Im Blut sind 99 % des Bleis vorwiegend an Hämoglobin gebunden in den Erythrozyten zu finden und 1 % an Albumin und Globuline gebunden im Plasma.

Molmasse. 207,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Blei wird hauptsächlich über die Nahrung und über Getränke und zu einem geringen Teil über die Atemluft aufgenommen. Die Resorptionsrate liegt bei 10 %, im Fastenzustand und bei Kindern bis zu 50 %. Blei wird in den Erythrozyten angereichert und zum großen Teil über die Nieren (und über den Stuhl) wieder ausgeschieden. Der Rest wird im Skelett und in Organen, besonders in Leber, Niere und Gehirn gespeichert. Blei passiert die Blut-Hirn- und die Plazentaschranke. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 3,5 μg/kg KG.

Referenzbereich — Kinder. Blut: < 50 μg/L, Urin und Haare: siehe Frauen

Interpretation. Erhöhte Bleiwerte bedürfen der Suche nach der Belastungsquelle. Die Bewertung der Bleibelastung erfolgt durch die Bestimmung des Pb im Blut in Verbindung mit 7 δ-Aminolävulinsäure im Urin und 7 Protoporphyrin im Erythrozyten. Weitere Zeichen einer Belastung sind erhöhtes Urinblei, eine basophile Tüpfelung der Erythrozyten, im Spätstadium eine hypochrome Anämie und als Langzeitindikator erhöhtes Blei im Haar. Die Diagnose einer Vergiftung ist nur im Zusammenhang mit dem klinischen Bild zu stellen. Werte bis 150 (Kinder und Frauen unter 45 Jahren bis 100) μg/L Blut, bis 100 μg/L Urin oder 20 μg/g Haare gelten als unauffällig. Eine Belastung wird durch einen 7 Mobilisationstest (1 g Ca-EDTA i.v.) bestätigt, wenn die Ausscheidung im Urin über 1 (Kinder über 0,6) mg Pb/24 h liegt. 5 MAK-Wert: 0,075 mg Pb/m³ (org. Pb), 0,1 mg Pb/m³ (anorg. Pb) 5 BAT-Wert (Blut): Männer, Frauen > 45 Jahre: 400 μg Pb/L, Frauen bis 45 Jahre: 100 μg/L

Blumberg, Baruch S.

265

5 HBM-Wert (Blut): Kinder, Frauen bis 45 Jahre: HBM-I: 100 μg Pb/L, HBM-II: 150 μg Pb/L, Männer, Frauen > 45 Jahre: HBM-I: 150 μg Pb/L, HBM-II: 250 μg Pb/L 5 PTWI-Wert: Erwachsene und Kinder: 25 μg/kg KG; Grenzwert im Trinkwasser 25 μg Pb/L, ab Dezember 2013 10 μg Pb/L.

nem Flüssigkeitstank (Tankblotting) oder in einem System aus Plattenelektroden (Semidry-Blotting) auf die Membran übertragen. Eine spezifische Nukleinsäure wird mit einer markierten, komplementären Sonde nachgewiesen (7 Hybridisierung), ein Protein mit einem spezifischen 7 Antikörper.

Diagnostische Wertigkeit. Diagnose einer übermäßigen Aufnahme,

Einsatzgebiet. Bei den einzelnen Blotting-Verfahren werden die

einer Belastung oder einer Vergiftung durch Blei.

aufgetrennten und zu einem Spot oder einer Bande fokussierten Nukleinsäuren oder Proteine aus der Gelmatrix auf die Membran transferiert, fixiert und unspezifische Bindungsstellen abgesättigt. Die Membranen können in weiteren, vielseitigen Methoden auf das Vorhandensein spezifischer Makromoleküle getestet werden.

Literatur. Elsenhans B, Hunder G (2002) Blei. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe, Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 183–188

Bleicherde 7 Fullererde

Blockieren

Untersuchungsmaterial. Gereinigte Nukleinsäuren, Proteine Instrumentierung. Die Durchführung der verschiedenen BlottingTechniken erfordert zunächst die Durchführung einer Gelelektrophorese und den Transfer der Biomoleküle in speziell konzipierten Blotsystemen. Diese Methoden sind meist arbeitsintensiv.

W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Nachbeschichtung; Abblocken; Absättigen

Spezifität. Die Spezifität wird durch den Einsatz von Gensonden oder spezifischen Antikörpern festgelegt.

Englischer Begriff. blocking

Sensitivität. In Abhängigkeit zu den verwendeten Gerätschaften las-

Definition. Inkubation einer spezifisch beschichteten Festphase mit

sen sich gute Transferraten erreichen. Allgemein ist die Transferrate eines Makromoleküls umgekehrt proportional zu seiner Molmasse.

Blockierungssubstanzen zum Absättigen unspezifischer Bindungsstellen. i Nach spezifischer Bindung von 7 Antigen oder 7 Antikörper an

eine Festphase, z. B. Blotmembran, Mikrotiterplatte oder Röhrchen, können noch freie Bindungsstellen vorliegen, an die sich Probenbestandteile unspezifisch binden und somit zu einem hohen Leerwert beitragen können. Es ist deshalb üblich, diese freien Bindungsstellen mit Proteinen zu blockieren, die keine Kreuzreaktion mit den Reaktanden des Tests, z. B. dem Konjugat, zeigen. Häufig werden zum Blockieren eingesetzt: Rinderserumalbumin, Casein, Gelatine oder fötales Kälberserum (meist 0,5–1 %, w/v, in PBS). Es gibt keinen Standard-Blockadepuffer, unter Umständen ist es notwendig, mehrere Varianten auszuprobieren. Man variiert auch die Salzkonzentration (Zugabe von 50–200 mM NaCl), die Konzentration des Detergens (z. B. Tween 20 oder Triton X-100, jeweils maximal 0,1 %) und die des Fremdproteins (Rinderserumalbumin, Casein, Serum bis 5 %).

Literatur. Peters JH, Baumgarten H (1988) Monoklonale Antikörper – Herstellung und Charakterisierung. 2. Aufl. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 325–326

Fehlermöglichkeit. Unzureichende Blotzeiten oder eine hohe Molmasse des zu transferierenden Moleküls können einen unzureichenden Transfer bedingen. Eine mögliche Probendegradation durch Überhitzung oder fehlerhafte Behandlung während des Probentransfers ist ebenfalls eine mögliche Fehlerquelle. Ein erfolgreicher Proteintransfer kann z. B. durch Anfärbung mit spezifischen proteinaffinen Farbstoffen (Ponceau S, Amidoschwarz) nachgewiesen werden. Nukleinsäuren können auf dem Filter durch eine 7 Ethidiumbromidfärbung dargestellt werden. Ein starker Hintergrund ist oftmals durch eine unzureichende Blockierung unspezifischer Bindungstellen verwendeter Membranen begründet. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Entwicklung bedienerfreundlicher Transferapparaturen hat in der Vergangenheit zu einer weiten Verbreitung der verschiedenen Blotsystem geführt. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Blotting-Techniken sind die

Grundlage für viele Methoden der 7 Molekularbiologie (z. B. Western Blot, Southern Blot).

Literatur. Sambrook J, Fritsch EF, Maniatis T (1989) Molecular Clon-

Blot R. Weiskirchen

Definition. Trägermaterialien auf dem gelelektrophoretisch aufgetrennte Makromoleküle (7 Nukleinsäuren oder Proteine) so angeordnet sind, wie sie ursprünglich nach der Elektrophorese im Gel vorlagen. i Je nach aufgetrenntem Makromolekül werden folgende Blots

unterschieden: 7 Southern Blot (DNA), 7 Northern Blot (RNA), 7 Western Blot (Proteine).

Blotten R. Weiskirchen

Englischer Begriff. blotting Definition. Bezeichnung von Methoden zum Transfer und Immobilisierung von biologischen Makromolekülen auf Nylon- oder Nitrocellulose-Membranen nach Auftrennung in der 7 Gelelektrophorese.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Nach Art der transferierten Mole-

küle werden 7 Southern Blot (DNA), 7 Northern Blot (RNA) oder 7 Western Blot (Protein) unterschieden. Der Transfer der 7 Nukleinsäuren erfolgt über verschiedene Blotting-Techniken, wobei hochkonzentrierte Salzlösungen oder elektrische Felder zum Trnsfer eingestzt werden. Proteine werden i. d. R. über Elektrotransfer in ei-

ing – A Laboratory Manual. Cold Spring Harbor Laboratory Press, New York Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

Blue Bomb T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Triazolam (7 Straßennamen von Drogen: Benzodiazepine).

Blumberg, Baruch S. K. Ritter

Lebensdaten. US-amerikanischer Mediziner, geboren am 28. Juli 1925 in Brooklyn, New York City, gestorben am 5. April 2011 in Mountain View, Kalifornien; Medizinstudium von 1947–1951 an der Columbia University, New York. Verdienste. Nach mehrjähriger klinischer Tätigkeit 1957 Promotion am Institut für Biochemie in Oxford unter der Leitung von Sir Hans Krebs über physikalische und biochemische Eigenschaften von 7 Hyaluronan; in den Jahren 1957 bis 1964 Teilnahme an zahlreichen Feldstudien der Abteilung für Epidemiologie des National Institute of Health zur Erforschung von Erythozytenantigenen und Plasmaproteinen in unterschiedlichen ethnischen Gruppen; von 1964 an Lehr- und

B

266

Blunt end

Forschungstätigkeit als Professor für Medizin und Anthropologie am Institute of Cancer Research und an der University of Pennsylvania; Direktor des Instituts für Astrobiologie der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA von 1999 bis 2002. Im Rahmen populationsgenetischer Untersuchungen über den Polymorphismus von Plasmaproteinen entdeckte Blumberg 1963 im Blut eines australischen Ureinwohners ein unbekanntes Antigen, das er „Australia-Antigen“ (Au-Antigen) nannte. Nachdem er es 1967 auch bei Patienten mit „Serumhepatitis“ nachgewiesen hatte, wurde das Au-Antigen als Hüllprotein der 7 Dane-Partikel (Hepatitis-B-Virus) identifiziert und erhielt die Bezeichnung 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen (HBsAg). Blumberg entwickelte mit dem Mikrobiologen I. Millman ein Nachweissystem für HBsAg und schaffte so eine wichtige Voraussetzung zur Eindämmung der Hepatitis B (Serumhepatitis). Es gelang ihnen, aus dem Plasma von Hepatitis-B-Virus-Trägern HBsAg zu reinigen und für die Produktion eines Impfstoffs zu verwenden. Der Impfstoff kam Ende der 70er Jahre erstmals zum Einsatz und zeigte eine sehr gute Schutzwirkung. Seit Mitte der 80er Jahre wird das HBsAg für Impfstoffe 7 rekombinant in Hefezellen hergestellt. Blumbergs Entdeckung machte es möglich, 5 eine spezifische Diagnostik zu entwickeln, 5 das Übertragungsrisiko von Hepatitis-B-Virus zu reduzieren, 5 die Weiterverbreitung der Infektion einzudämmen, 5 durch die Entwicklung eines Impfstoffs die Hepatitis-B-VirusInfektion zuverlässig zu verhindern.

Dabei ist zunächst zu unterscheiden zwischen echter Blutbeimengung in den Urin und einer Rotfärbung durch Hämoglobin, Myoglobin oder Medikamente. Zusätzlich wird der Arzt fragen oder durch eine Aufforderung zum Harnlassen ermitteln, ob die Rotfärbung in der ersten Portion, dem Mittelstrahl oder in der letzten Portion stärker ist (7 Dreigläserprobe). Daraus lassen sich Schlüsse über Herkunft und Mechanismus der Blutbeimengung ableiten. Mit dem Teststreifen Blut, der auf der Reaktion des Hämoglobins als Pseudoperoxidase beruht, wird festgestellt, ob es sich um eine positive Reaktion von Hämoglobin oder Myoglobin handelt. Mit mikroskopischer Analyse des Sediments wird die Gegenwart von Erythrozyten, mit spezifischen immunchemischen Tests die Gegenwart von Myoglobin nachgewiesen.

Blut, okkultes fäkales 7 Hämoccult-Test; 7 Okkultblut, fäkales

Blutalkohol 7 Ethanol

Blutalkoholkonzentrationsberechnung nach Watson 7 Watson-Formel

Blutalkoholkonzentrationsberechnung nach Widmark

Für die Leistung wurde Blumberg 1976 mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ausgezeichnet.

7 Widmark-Formel

Literatur. Alter HJ, Blumberg BS (1966) Studies on a „new“ human isoprecipitin system (Australia antigen). Blood 27:297–309

Blutausstrich H. Baum

Blunt end R. Weiskirchen

Englischer Begriff. blood smear Definition. Auf einem Objektträger ausgestrichenes Vollblut zur

Definition. Nicht überhängende, einzelsträngige Enden in einem li-

nearen, doppelsträngigen 7 DNA-Molekül.

morphologischen Differenzierung der 7 Leukozyten und Formbeurteilung der Erythrozyten (und Thrombozyten).

i Glatte Enden werden durch die Spaltung von DNA-Molekülen

Physikalisch-chemisches Prinzip. Ausstreichen eines 5–10 μL großen

mit einer Reihe von 7 Restriktionsenzymen hervorgerufen, die in beiden Strängen an derselben Position schneiden, können jedoch auch nachträglich in einem DNA-Molekül erzeugt werden. Andere Restriktionsenzyme führen an den Schnittstellen zu ungepaarten, überhängenden Basen (sog. 7 sticky ends).

Blut 7 Vollblut

Bluttropfens auf einem staubfreien, entfetteten Objektträger mit Hilfe eines geschliffenen Ausstrichglases im Winkel von etwa 40°. Nach Lufttrocknung kann dieser mit verschiedenen Methoden, z. B. nach Pappenheim oder Wright gefärbt werden. Die Differenzierung erfolgt bei 1000facher Vergrößerung mit einem Mikroskop. Es werden 100 Leukozyten ausgezählt und den einzelnen Subpopulationen zugeordnet. Zudem erfolgt eine qualitative Bewertung der Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten (7 Abb. 1).

Blut aus dem Nabelstrang 7 Nabelschnurblut

Blut im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Hämaturie Englischer Begriff. haematuria; blood in urine Definition. Blut im Urin (7 Hämaturie) ist eines der ältesten Krankheitszeichen. Unter diesem Begriff werden sowohl die Anwesenheit von Erythrozyten im Urin wie der Nachweis von 7 Hämoglobin im Urin verstanden. Je nach Menge des Bluts und der Nachweisbarkeit spricht man von 7 Mikrohämaturie, wenn die Anwesenheit von Blut nicht mit dem bloßen Auge erkennbar ist, von 7 Makrohämaturie, wenn sichtbare Rotfärbung des Urins eine Anwesenheit von Blut vermuten lässt. i Die Hämaturie zählt zu den häufigsten Symptomen in der ärztlichen Praxis, da sie vom Patienten selbst beobachtet wird und Anlass ist, den Arzt aufzusuchen.

Blutausstrich. Abb. 1. Ein kleiner Bluttropfen (ca. 4–5 μL) wird am rechten Ende auf einem liegenden Objektträger aufgebracht (1). Mit einem Ausstrichglas wird dann vom linken Ende kommend in diesen Tropfen hineingefahren (2). Das Blut verteilt sich so über die gesamte Breite an der Kante des Ausstrichglases. Dieses wird dann in einem Winkel von ca. 45° nach links geführt, wobei das Blut ausgestrichen wird (3). Je kleiner der Ausstrichwinkel, desto dünner wird der Ausstrich (4)

Blutbildung

Einsatzgebiet. Erkennung von quantitativen und qualitativen Veränderungen der zellulären Bestandteile des peripheren Bluts.

267

Leukozyten und qualitative Beurteilung der Morphologie der Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten.

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut, Kapillarblut

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut, nach Pappenheim gefärbtes

Fehlermöglichkeit. Ausstrich zu dick oder zu dünn

Ausstrichpräparat

5 Färbung ungenügend 5 die Differenzierung erfolgte nicht im geeigneten Bereich des Ausstrichpräparats

Referenzbereich. 7 Tab. 1

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Herstellung eines für

Blutbilds, die morphologische Differenzierung der Leukozyten sowie die Untersuchung auf morphologische Veränderungen der Erythrozyten und Thrombozyten. Es dient dem Screening auf quantitative und qualitative Veränderungen der zellulären Bestandteile und des Hämoglobingehalts des peripheren Bluts sowie Veränderungen der Zusammensetzung der Leukozytensubpopulationen.

die Differenzierung verwendbaren Ausstrichpräparates erfordert einige Übung. Es gibt verschiedene kommerziell erhältliche Geräte, die einen der manuellen Methode gleichen Blutausstrich herstellen können. Zusätzlich wird bei einigen dieser Geräte das Präparat anschließend gefärbt.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der Blutausstrich ist der Goldstandard in der morphologischen Differenzierung der Leukozyten und anderen zellulären Bestandteile im peripheren Blut. Dabei ist weniger die quantitative Verteilung entscheidend, sondern die sichere Erkennung und Zuordnung der Zellen zu den einzelnen Subpopulationen. Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 164

Blutbild, großes

Bewertung. Das große Blutbild umfasst die Parameter des kleinen

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Zelldifferenzierung. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 162–187

Blutbild, kleines H. Baum

Englischer Begriff. blood count Definition. Quantitative Bestimmung der zellulären Bestandteile des Bluts und davon abgeleiteter Kenngrößen. Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut

H. Baum

Englischer Begriff. complete blood count

Analytik. siehe Einzelparameter

Definition. Quantitative Bestimmung der zellulären Bestandteile des Bluts und davon abgeleiteter Kenngrößen sowie Differenzierung der

Referenzbereich. 7 Tab. 1 Blutbild, kleines. Tab. 1. Messgrößen des kleinen Blutbilds und deren Referenzbereiche

Blutbild, großes. Tab. 1. Messgrößen des großen Blutbilds und deren Referenzbereiche Messgröße

Einheit

Referenzbereich (Erwachsene)

Messgröße

Einheit

Referenzbereich (Erwachsene)

Leukozyten

109/L

4,0–9,0

Leukozyten

109/L

4,0–9,0

Erythrozyten

1012/L

4,5–5,9 (m), 4,1–5,1 (w)

Erythrozyten

1012/L

4,5–5,9 (m), 4,1–5,1 (w)

Hämoglobin

g/L

140–175 (m), 123–153 (w)

Hämoglobin

g/L

140–175 (m), 123–153 (w)

Hämatokrit

L/L

0,360–0,482 (m); 0,335–0,431 (w)

Hämatokrit

L/L

0,360–0,482 (m); 0,335–0,431 (w)

MCV



80–96

MCV



80–96

MCH

pg

28–33

MCH

pg

28–33

MCHC

g/L

330–360

Thrombozyten

109/L

150–300

MCHC

g/L

330–360

Thrombozyten

109/L

150–300

stabkernige Granulozyten

%

3–5

segmentkernige Granulozyten

%

50–70

eosinophile Granulozyten

%

2–4

basophile Granulozyten

%

0–1

Monozyten

%

2–8

Lymphozyten

%

25–40

Bewertung. Das kleine Blutbild umfasst die Bestimmung der Gesamtleukozyten-, Erythrozyten- und Thrombozytenzahl sowie die Bestimmung des Hämoglobingehaltes, des Hämatokrits und der daraus abgeleiteten Kenngrößen MCH, MCV, MCHC im peripheren Blut. Es dient dem Screening auf quantitative Veränderungen der zellulären Bestandteile und des Hämoglobingehaltes des peripheren Bluts. Literatur. Stobbe H (1991) Analyte des Kleinen Blutbildes. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzellanalytik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 44–90

Blutbildung H. Baum

Synonym(e). Hämatopoese Englischer Begriff. haematopoiesis

B

268

Blutentnahme

Definition. Im Knochenmark stattfindende Produktion der zellulären Bestandteilen des Bluts aus der hämatopoetischen Stammzelle. i Die im peripheren Blut nachweisbaren zellulären Bestandteile

entstehen im Knochenmark aus den pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen. Diese Zellen besitzen die Kompetenz zur Selbsterneuerung und weiteren Ausdifferenzierung. Nach Stimulation mit spezifischen Wachstumsfaktoren (7 Stem cell factor, Interleukinen etc.) differenzieren sich diese Zellen zu determinierten Stammzellen (CFUGMML). Diese unreifen determinierten Zellen wiederum können durch spezifische Wachstumsfaktoren (z. B. 7 G-CSF, 7 GM-CSF) zur Teilung und Ausdifferenzierung angeregt werden. In Abhängigkeit von der Stimulation entstehen daraus die Vorläuferzellen der Erythropoese, Megakaryopoese, 7 Granulozytopoese, Monopoese und 7 Lymphopoese. Durch spezifische Wachstumsfaktoren werden diese determinierten Progenitorzellen zur Teilung bzw. zur weiteren Reifung angeregt und gelangen nach Ausreifung in das periphere Blut.

Literatur. Clemens MR (2001) Blut. In: Siegenthaler W (Hrsg) Klinische Pathophysiologie 8. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 448–449

Blutentnahme W.G. Guder

Synonym(e). Blutgewinnung; Blutprobennahme Englischer Begriff. sampling of blood; blood sampling (capillary, venous, arterial)

Definition. Die venöse, kapilläre oder arterielle Blutentnahme dient der Gewinnung von Blut und ihren zellulären Bestandteilen, Plasma oder Serum für diagnostische und/oder therapeutische (z. B. Blutspende) Zwecke. i Mit der Indikation für eine laboratoriumsmedizinische Untersuchung wird das dazu notwendige 7 Spezimen (oder Primärprobe) definiert. Sie kann, falls Blut das Untersuchungsmaterial ist, arteriell, venös oder kapillär erfolgen. Die dabei verwendeten Materialien, insbesondere Nadeln, Probengefäße, Desinfektionsmittel und andere Hilfsmittel (z. B. Staubinde) sollten internationalen und/oder nationalen Standards entsprechen. Diese wurden vom 7 Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) und International Standardisation Organization (ISO) beschrieben und sind zum Teil in Europäische Standards umgesetzt worden (EN) (7 Antikoagulanzien, in vitro). Unabhängig von der Art der Blutentnahme sollten folgende Details definiert und dokumentiert sein: 5 Identifizierung der zu untersuchenden Person auf allen Probengefäßen 5 Wahl des Antikoagulans (Plasma oder Serum als Probe) 5 Zeitpunkt der Blutgewinnung. Darüber hinaus sind nach Wahl der Probenart folgende Regeln zu beachten.

Venöse Blutentnahme Nach Wahl des Punktionsortes durch Augenschein und Palpation ist die Körperlage festzulegen und 15 min vor Entnahme einzuhalten. Sitzende oder liegende Körperlage ist zu bevorzugen. Stau mit Staubinde oder Blutdruckmanschette nicht über eine Minute hinausziehen. Nadel in die Vene einführen und nach Fließen von Blut in das Gefäß Staubinde lösen. Bei mehreren verschiedenen Proben ist folgende Reihenfolge der Entnahme empfohlen: 5 Blutkultur 5 Röhrchen ohne Zusatz (Serum, Glas) 5 Zitratplasmaröhrchen 5 Serumröhrchen Plastik mit Gerinnungsaktivator und/oder Trenngel 5 Heparinplasmaröhrchen, 5 EDTA-Blut 5 sonstige Zusätze (Glykolysehemmer, andere Stabilisatoren). Für die Blutgewinnung stehen grundsätzlich 2 Typen von Entnahmeröhrchen zur Verfügung: 5 Vakuum-Blutentnahmeröhrchen (z. B. Vacutainer®, Vacuette®, Venoject®)

Es handelt sich um ein unter Vakuum stehendes Zentrifugenröhrchen aus Glas oder Polypropylen, das mit einem Gummistopfen luftdicht verschlossen und mit einer Punktionsnadel versehen ist, die zunächst nicht in Verbindung mit dem Vakuum ist. Erst nach Punktion eines Gefäßes (Vene oder Arterie) ergibt sich eine Verbindung mit dem Vakuum, welches Blut in das Abnahmegefäß ansaugt. Das Vakuum-Prinzip ist seit Jahrzehnten für die forensische Blutalkohol-Bestimmung in Form evakuierter Glasröhrchen in Anwendung und seit 1957 amtlich vorgeschrieben. 5 Aspirationstechnik (z. B. Monovette®) Bei diesen Röhrchentypen erfolgt die Aspiration des Bluts aus dem punktierten Gefäß durch die Sogwirkung eines rückwärts bewegten Röhrchenstempels. Nach Füllung der Blutröhrchen ist die Probe durch Kippen des Röhrchens zu mischen und Antikoagulanzien, Gerinnungsförderer und andere Zusätze gleichmäßig in der Probe zu verteilen. Nach Beendigung des Blutflusses ist die Punktionsstelle durch Druck mit einem Tupfer für mindestens 15 s zu komprimieren, um ein Nachbluten zu verhindern. Evtl. durch Pflaster mit Tupfer sichern. Nadeln und kontaminierte Materialien der Entnahme sind in einem Sicherheitscontainer zu entsorgen. Kapilläre Blutentnahme Eine kapilläre Blutentnahme ist dann vorzusehen, wenn die benötigte Probenmenge gering, die kapilläre Blutprobe diagnostisch mindestens gleichwertig und die Belastung für den Patienten geringer ist. Bei Erwachsenen können Ohrläppchen und Finderkuppen, bei Neugeborenen und jungen Kindern nur definierte Flächen an der Ferse und am Kopf als Einstichstellen verwendet werden. Dabei ist mit definierten Stichtiefenlanzetten (sog. Sicherheitslanzetten) die Stichtiefe zu definieren, die entweder 2,5, 1,9 oder 1,4 mm beträgt. Nach Desinfektion und erfolgtem Einstich ist der erste Tropfen des austretenden Bluts abzuwischen, da häufig kontaminiert mit Haut und Gewebebestandteilen. Die folgenden Blutstropfen können in entsprechende Kapillargefäße, Kapillaren oder spezielle Aufnahmematerialeien (z. B. Filterpapier beim Neugeborenenscreening) aufgenommen werden. Gefäße, welche Zusätze enthalten, sollten nach Einfließen der Tropfen etwa 5-mal durch 180°-Schwenken gemischt werden. Danach werden die Lanzetten in einen speziellen Sicherheitscontainer entsorgt. Arterielle Blutentnahme Die arterielle Blutentnahme ist dann indiziert, wenn venöse oder kapilläre Blutproben nicht die gewünschte diagnostische Information liefern. Dies ist besonders bei der Erfassung der respiratorischen Komponente der Blutgasanalytik der Fall. Die üblichen Stellen für die arterielle Blutentnahme sind die Femoralarterie, Brachial- und Radialarterien an den Armen. Bei Neugeborenen wird gelegentlich die Schädelarterie und 2 Tage nach der Geburt die Umbilicalarterie als Punktionsort gewählt. Spezielle Entnahmematerialien mit geschlossenen Nadel-Röhrchen-Systemen erlauben eine automatische Füllung durch den arteriellen Druck. Nach der Beendigung ist die Arterie durch Druckverband zu verschließen. Blutgewinnung aus Kathetern 7 Katheterblutentnahme

Literatur. ISO/EN/DIN 6710 Single-use containers for human venous blood specimen collection. (2002) Geneve: International Organization for Standardization Guder WG, Hagemann P, Wisser H, Zawta N (2007) Fokus Patientenprobe: Kompendium Präanalytik (CD-ROM). BD Heidelberg Guder WG et al (2012) Die Qualität diagnostischer Proben. Empfehlungen der Arbeitsgruppe Präanalytik der DGKL, 7. Aufl. BD Heidelberg CLSI (2003). Collection, transport and processing of blood speciments for testing plasma-based coagulation assays. Approved standard, 4th ed., Document H21-A4. Wayne, PA CLSI (2004). Procedures and devices for the collection of diagnostic capillary blood specimens. Approved standard, 5th ed., Document H4A5. Wayne, PA CLSI (2004). Procedures for the collection of arterial blood specimens. Approved standard, 4th ed., Document H11-A4. Wayne, PA CLSI (2007). Procedures for the collection of diagnostic blood speci-

Blutgasanalyse

mens by venipuncture. Approved standard, 6th ed., Document H3-A6. Wayne, PA

Blutfarbstoff, roter 7 Hämoglobin

Blutgasanalyse O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. blood gas analysis Definition. Verfahren zur simultanen Bestimmung der Blutgase und der relevanten Größen des Säure-Basen-Haushalts aus einer Blutprobe. Funktion und Pathophysiologie. 7 Säure-Basen-Stoffwechsel Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinisiertes Blut, überwiegend durch Arterienpunktion oder als „arterialisiertes“ Kapillarblut unter Vermeidung von Luftkontakt gewonnen. In besonderen Fällen auch gemischt-venöses Blut, das durch Herzkatheterisierung gewonnen wird.

Präanalytik. Arterienblut: Probenahme meistens mit handelsüblichen trockenheparinisierten Kunststoffspritzen. Endkonzentration des Heparins um 50 IU/mL Blut. Sofortige Entlüftung und Verschluss der Spritze erforderlich. Analyse innerhalb von 15 min, da Kunststoffe gasdurchlässig sind. In diesem Falle keine Kühlung! Sind Standzeiten über 15 min zu erwarten (z. B. durch lange Transportwege), müssen Glasspritzen verwendet werden, deren Totraum mit Heparinlösung zu füllen ist. Kühlung der Probe erforderlich. In diesem Falle Messung innerhalb 1 h. Arterialisiertes Kapillarblut: Hyperämisierung des betroffenen Hautbezirks durch ein feucht-warmes Tuch (39–42 °C) für 3 min. Hautpunktion und zügige Probenahme aus der Mitte des austretenden Blutstropfens mit Hilfe einer trockenheparinisierten Glas- oder Kunststoffkapillare von etwa 40–100 μL Fassungsvermögen. Nach Einsetzen eines kleinen Drahtstiftes wird die Kapillare beidseitig verschlossen und von außen mit Hilfe eines Magneten durchmischt. Proben in Kunststoffkapillaren sind sofort, in Glaskapillaren innerhalb 1 h zu messen. Wenn die Elektrolyte im gleichen Arbeitsgang analysiert werden sollen, sind elektrolytadaptierte Heparinpräparate zu verwenden, durch die Fehler infolge Dilution, Freisetzung oder Bindung von Ionen (7 Calcium) vermieden werden. Resuspendierung der Erythrozyten: Unmittelbar vor der Analyse muss das Blut erneut gründlich durchmischt werden, anderenfalls besteht die Gefahr erheblicher Fehlbestimmungen des Hb im Rahmen der Oximetrie. Auch die pH-Messung wird durch die Erythrozytenkonzentration beeinflusst. Analytik. Blutgasanalyse im engeren Sinne Gemessen werden in der Messkammer des herkömmlichen Blutgasanalysators bei 37 ± 0,1 °C folgende Messgrößen: 5 pH-Wert potentiometrisch mit einer Glaselektrodenkette (7 Ionenselektive Elektrode). Kalibration mit zwei Pufferlösungen, deren Zusammensetzung auf international anerkannte primäre Standards von NIST zurückführbar ist 5 pCO2, der Partialdruck des Kohlendioxids, potentiometrisch mit einer membranüberzogenen Glaselektrode 5 pO2, der Partialdruck des Sauerstoffs, amperometrisch mit einer membranüberzogenen Platinelektrode (Amperometrie). Die Kalibration der beiden Gaselektroden erfolgt in der Regel mit zwei zertifizierten O2/CO2/N2-Gemischen. Bei einigen Geräten, insbesondere solchen für den patientennahen Einsatz, kommen statt der Elektroden optische Verfahren wie Fluoreszenzmessungen (z. B. OPTI, Fa. Osmetech) oder Phosphoreszenzmessungen, Infrarotspektroskopie und Spektralphotometrie (z. B. NPT7, Fa. Radiometer) zum Einsatz. Berechnet werden: 5 Aktuelles Bicarbonat, cHCO3–, 7 Bicarbonat, aktuelles im Plasma 5 7 Basenabweichung, bevorzugt als BA(in vivo).

269

Die Berechnung der Sauerstoffsättigung aus pO2 und pH sollte nicht mehr vorgenommen werden. Stattdessen sollte die O2-Sättigung im Rahmen der 7 Oximetrie als sinnvolle Erweiterung der Blutgasanalyse gemessen werden. Blutgasanalysatoren Moderne Blutgasanalysatoren führen einen vollautomatischen Funktionszyklus aus: 5 Kalibration einschließlich Luftdruckmessung und Berechnung der Partialdrücke der Kalibriergase 5 Trocknung der Messkammer 5 Einsaugen der Probe 5 Messung von pH, pCO2, pO2; (ggf. auch von Elektrolyten, Glukose und weiteren Substraten sowie von O2-Sättigung und anderen oximetrischen Werten im gleichen Arbeitsgang) 5 Spülung und Trocknung der Messkammer 5 Berechnung der abgeleiteten Größen 5 Ggfs. Umrechnung der Ergebnisse auf die aktuelle Körpertemperatur des Patienten 5 Ausdrucken, Kennzeichnen und Speichern der Qualitätskontrollund Probandenergebnisse. Die Messergebnisse stehen nach 1–2 min zur Verfügung. Etwa der gleiche Zeitraum wird für die Reinigung der Messkammer benötigt. Die Kalibrationsintervalle sind bei den meisten Geräten innerhalb bestimmter Grenzen frei wählbar, ebenso die Kontrollintervalle. Zur Qualitätskontrolle von pH und Partialdrücken werden unter definierten Gasmischungen in Ampullen abgefüllte Materialien verwendet: 5 Gasäquilibrierte rein wässrige Pufferlösungen 5 Gepufferte proteinhaltige Lösungen 5 Suspensionen inaktivierter Erythrozyten in Puffermedien. Vor Gebrauch muss die Flüssigkeit in den Ampullen durch Schütteln mit der Gasphase äquilibriert werden. Eine sehr effiziente interne Qualitätssicherung für pO2 und pCO2 kann mit Vollblut durchgeführt werden, das zuvor in einem Tonometer (7 Partialdruck) mit Mischgas bekannter Zusammensetzung äquilibriert wurde. Nähere Angaben zu den Messmethoden und Qualitätskriterien siehe bei den einzelnen Messgrößen. Die Vielfalt der Blutgasanalysatoren lässt sich unterteilen in: 5 Vollautomaten für zentrale Einrichtungen mit laufender Inanspruchnahme 5 Kassettensysteme für Einrichtungen mit sporadischer Inanspruchnahme, z. B. für 30 oder 50 Messungen innerhalb weniger Wochen 5 Portable („handhold“) Systeme für den patientennahen Einsatz, 7 patientennahe Sofortdiagnostik.

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Blutgasanalyse. Tab. 1. Referenzbereiche Messgröße

Einheit

Männer

Frauen

Kinder

Neugeborene

pH



7,37–7,45

7,37–7,45

7,37–7,45

7,21–7,38*

pCO2

mmHg kPa

35–46 4,7–6,1

32–43 4,3–5,7

27–41 3,6–5,5

27–40 3,6–5,3

pO2

mmHg kPa

80–105 10,6–14,0

80–105 10,6–14,0

80–105 10,6–14,0

31–85* 4,1–11,3*

mmol/L

21–26

21–26

19–24

17–24

–2 bis +3

–2 bis +3

–4 bis +2

–10 bis –2



cHCO3

BA(in vivo) mmol/L * nach ca. 30 min

Literatur. Scott MG, LeGrys VA, Klutts JS (2006) Electrolytes and blood gases. In: Burtis CA, Ashwood ER, Bruns DE (eds) Tietz textbook of clinical chemistry and molecular diagnostics. Elsevier-Saunders pp 983–1018

B

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Blutglukoseassimilationskoeffizient

Boalth NB, Wandrup J, Larsson L et al (2001) Blood gases and oximetry: Calibration-free new dry chemistry and optical technology for near-patient testing. Clin Chim Acta 307:225–233

Blutglukoseassimilationskoeffizient K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose assimilation coefficient Definition. Im Rahmen einer intravenösen Glukosebelastung erhobener Wert, der ein Maß für die Halbwertszeit der i.v. applizierten Glukose ist. i Der Blutglukoseassimilationskoeffizient ist in den letzten Jah-

ren zugunsten anderer Parameter verlassen worden, die entweder mittels intravenöser Glukosebelastung, euglykämischer ClampUntersuchung oder aus basalen Laborwerten berechnet werden und die Stoffwechselsituation besser beschreiben. Aus dem i.v.-Glukosetoleranztest (GTT) werden der Insulinsensitivitätsindex (SI) und die Glukoseeffektivität (SG) über ein entsprechendes Modell berechnet. Auf den basalen Insulin- und Glukosekonzentrationen basieren das Homeostasis-Model-Assessment of Insulin-Resistance (HOMA-IR) und der Quantitative Insulin-Sensitivity Check Index (QUICKI). Schließlich werden noch der Nüchternglukose/Insulin-Quotient und das Nüchterninsulin allein verwendet.

Literatur. Conwell LS, Brown WJ, Trost SG et al (2004) Indexes of insulin resistance and secretion in obese childern and adolescents. Diabetes Care 27:314–319

Blutgruppe K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. blood group; blood type Definition. Eine Blutgruppe wird durch die individuelle Zusammensetzung spezifischer Strukturen auf der Oberfläche der Erythrozyten von höheren Lebewesen definiert, die in ihrer Gesamtheit als 7 erythrozytäre Blutgruppenantigene bezeichnet werden. Bei diesen Antigenen handelt es sich um Makromoleküle wie Proteine, Kohlenhydrate, Glykoproteine oder Glykolipide. i Biochemisch handelt es sich bei den Blutgruppenantigenen meist um kohlenhydratreiche Glykoproteine, bestehend aus einem Heterosaccharid aus Fukose und Galaktose und aus Acetylglukosamin und Galaktosamin sowie aus einem über N-Acetylgalaktosamin daran gebundenen Polypeptid. Der Träger der immunologischen Spezifität dieser an die Zelloberfläche gebundenen Substanzen ist die N-terminale Gruppierung der Polysaccharidkette. Das Zusammentreffen mit korrespondierenden, natürlich im Serum von Personen anderer Blutgruppenzugehörigkeit vorhandenen 7 Antikörpern oder mit Blutgruppenantikörpern als Produkt einer Sensibilisierung führt zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion.

Beim Menschen gibt es eine Vielzahl verschiedener 7 Blutgruppensysteme, davon sind 30 bei der Internationalen Gesellschaft für Bluttransfusion (7 ISBT) anerkannt und beschrieben. Die wichtigsten Blutgruppensysteme sind das 7 AB0-Blutgruppensystem und das 7 Rhesus-Blutgruppensystem. Diese zwei sind wegen ihrer hohen Immunogenität bzw. starken Agglutinationswirkung von besonderer transfusionsmedizinischer Bedeutung.

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York The Bristol Institute for Transfusion Sciences and The International Blood Group Reference Laboratory, http://ibgrl.blood.co.uk/

Blutgruppenantigen A 7 A-Antigen

Blutgruppenantigene, erythrozytäre K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). erythrozytäre Blutgruppenmerkmale Englischer Begriff. blood-group antigene Definition. Blutgruppenantigene sind vererbbare definierte chemische Strukturen von Glykolipiden oder Proteinen auf der Oberfläche von Erythrozyten. Nach Einbringen in einen Organismus, der diese Merkmale nicht besitzt, können sie zu einer Immunreaktion führen. i Die auf der Oberfläche der Erythrozyten befindlichen Blutgrup-

penantigene werden durch die gegen sie gebildeten 7 Antikörper definiert. Die chemische Struktur der Blutgruppenantigene basiert entweder auf Zuckerverbindungen, die durch Kopplung von Zuckern an Proteine (Glykoproteine) und/oder Lipide (Lipoproteine) bedingt ist, oder sie besteht aus Proteinmolekülen. Die kleinste Einheit, die von einem Antikörper erkannt wird, stellt das Epitop dar. Die einzelnen Blutgruppenantigene bestehen aus einem bis zahlreichen Epitopen. Die Vielfalt dieser Epitope und damit der Blutgruppenantigene beruht auf genetisch bedingten Polymorphismen von Proteinen oder auf Polymorphismen von Kohlenhydraten, die wiederum durch Polymorphismen von 7 Glykosyltransferasen verursacht werden, die an deren Synthese beteiligt sind. Basierend auf ihrer bisher bekannten genetischen Grundlage werden die Blutgruppenantigene in verschiedene Klassen eingeteilt: 5 Blutgruppensysteme 5 Kollektionen 5 Serien Blutgruppensysteme setzen sich aus einem oder mehreren Antigenen zusammen, die von einem einzigen Gen oder von mehreren eng verbundenen ähnlichen (homologen) Genen kontrolliert werden. Jedes zu definierende 7 Blutgruppensystem muss genetisch unterschiedlich zu einem bisher bekannten System sein. Antigene werden in Kollektionen zusammengefasst, wenn sie serologisch, biochemisch oder genetisch zusammengehören, jedoch die Kriterien für ein eigenes Blutgruppensystem (z. B. Ausschluss aller bekannten Systeme) nicht erfüllen. Für eine Reihe weiterer erythrozytärer Antigene ist die Beziehung zu Systemen oder Kollektionen völlig unbekannt. Dies kann bedeuten, dass ein Antigen eine von den bekannten Systemen unabhängige, molekulare Basis hat oder dass die Zugehörigkeit zu einem der bekannten Systeme noch nicht nachgewiesen werden konnte. Da die Zuordnung zu Systemen und Kollektionen für Antigene mit mittlerer Häufigkeit recht einfach ist, bleiben meist solche Antigene übrig, die in der Bevölkerung sehr selten oder sehr häufig vorkommen. Diese niedrig- bzw. hochfrequenten Antigene, die nicht zu Systemen oder Kollektionen gehören, werden in mehr oder weniger chronologischer Reihenfolge in Serien aufgelistet. Einige erythrozytäre Antigene werden bisher nicht von der 7 ISBTNomenklatur erfasst. Hierzu gehören z. B. eine ganze Reihe von klinisch relevanten Zielantigenen von Kälteautoantikörpern, obligat vorhandenen Antikörpern (Polyagglutinine) sowie einige HLA-assoziierte Antigene.

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York The Bristol Institute for Transfusion Sciences and The International Blood Group Reference Laboratory, http://ibgrl.blood.co.uk/

Blutgruppenantikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Immunglobuline Englischer Begriff. blood-group antibodies Definition. Blutgruppenantikörper sind 7 Immunglobuline, die in Verbindung mit dem jeweils spezifischen 7 Blutgruppenantigen zur Agglutination bzw. Präzipitation führen. Sie kommen als 7 komplette

Blutgruppensysteme

Antikörper vom IgM-Typ sowie als 7 inkomplette Antikörper vom IgG-Typ vor. i Blutgruppenantikörper definieren die verschiedenen Blutgrup-

penantigene, von denen sich auch ihre Bezeichnung ableitet. Sie spielen als Allo-, Auto-, und Heteroantikörper eine Rolle. 7 Alloantikörper sind Antikörper gegen ein fremdes Blutgruppenantigen, welches das Individuum selbst nicht trägt. Unter der Voraussetzung, dass ein Alloantikörper obligat vorhanden ist, wird er auch als 7 Isoagglutinin bezeichnet, wie z. B. Anti-A-, Anti-B- oder Anti-AB-Antikörper. Isoagglutinine sind eine Mischung von IgM-, IgG- und IgA-Antikörpern, wobei der IgM-Typ meist überwiegt. Sie sind gegen Antigene des AB0-, Hh- bzw. des 7 Globosid-Blutgruppenkollektivs gerichtet und können bei Bluttransfusionen zu verzögerten oder akuten, u.U. lebensbedrohlichen Hämolysereaktionen führen. Erythrozytäre Autoantikörper sind Antikörper gegen ein meist hochfrequentes erythrozytäres Antigen, das ein Individuum selber trägt. In diese Gruppe fallen die Wärme- und Kälteautoantikörper. Bei Wärmeagglutininen liegt das Reaktionsoptimum bei 37 °C. Es handelt sich in der Regel um Antikörper vom IgG-Typ. Falls die Antikörper eine hohe Bindungskonstante besitzen, können sie bevorzugt in Erythrozyten-gebundener Form vorliegen, weshalb freie Antikörper im Serum nicht oder nur in geringer Menge nachweisbar sind. Die Antigenspezifität der Antikörper richtet sich gegen seltene Rh-Phänotypen, einfache Rh-Antigene, andere Blutgruppenantigene oder auch gegen unbekannte Membranantigene der Erythrozyten und kann zur Ausbildung einer 7 autoimmunhämolytischen Anämie führen. Im Gegensatz zu den Wärmeagglutininen binden Kälteagglutinine, meist vom IgM-Typ, an die membranständigen Antigene der Erythrozyten bei Temperaturen, die unterhalb der physiologischen Körpertemperatur an den der Kälte ausgesetzten Körperteilen liegt. Durch diese Antikörper kann es bei Kälteexposition ebenfalls zu hämolytischen Krisen kommen, die sich unter anderem durch Fieber, Ikterus oder Kollaps der Betroffenen äußern kann. Normalerweise haben alle Menschen Kälteantikörper in ihrem Blut. Diese liegen jedoch in der Regel in geringen Mengen vor und weisen eine geringe Temperaturamplitude auf, weshalb die oben geschilderte Reaktion erst bei Temperaturen unter 4 °C abläuft. Beim Kälteagglutinin-Syndrom sind jedoch diese Antikörper in hohem Titer und mit gesteigerter Temperaturamplitude vorhanden, sodass es bereits bei einem Absinken der Temperatur auf 30–25 °C in den äußeren Blutgefäßen zur Agglutination kommen kann und für die betroffenen Menschen Aufenthalte in kaltem Klima nicht möglich sind.

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Blutgruppenbestimmung K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. blood grouping techniques Definition. Die Blutgruppenbestimmung ist die serologische Charakterisierung der Blutgruppenantigene mittels geeigneter Nachweisverfahren. i Die Blutgruppenbestimmung ist zur Vorbereitung einer Bluttransfusion bei Probanden erforderlich. Der Untersuchungsumfang der Blutgruppenbestimmung ist abhängig von der Fragestellung und umfasst mindestens die Bestimmung der AB0-Blutgruppenmerkmale, die korrespondierenden Serum-/Plasmaeigenschaften und das Rhesus-D-Merkmal.

Die Wahl der Untersuchungsmethode für eine Blutgruppenbestimmung ist unter Berücksichtigung des aktuellen Wissenstands zu treffen. Bei manuellen Bestimmungen von blutgruppenserologischen Befunden sind diese im Regelfall durch eine Zweitablesung einer anderen qualifizierten Person zu kontrollieren. Bei maschineller Bestimmung sind vergleichbare Befundabsicherungen durchzuführen. Bei allen unklaren Befunden ist der Verantwortliche für die Blutgruppenserologie heranzuziehen. Die Eignung der durchgeführten Verfahren muss durch entsprechende Qualitätssicherungsmaßnahmen regelmä-

271

ßig dokumentiert werden. Die Qualitätssicherung umfasst regelmäßige interne und externe Qualitätskontrollen gemäß den „Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Immunhämatologie“ in der jeweils gültigen Fassung. Erweiterte Blutgruppenbestimmungen umfassen den kompletten Rhesus-Phänotyp (Rhesus-Merkmale c, C, D, e, E (Rh-Formel)) sowie weiterer Blutgruppenmerkmale und Antigene (7 Blutgruppensysteme). Die AB0-Blutgruppenmerkmale (7 AB0-Blutgruppensystem) sollten mit monoklonalen Testreagenzien Anti-A1 und Anti-B bestimmt und durch den Nachweis der Serumeigenschaften (7 Serumgegenprobe) mit Testerythrozyten der Blutgruppe A1, A2, B und 0 abgesichert werden. Die Bestimmung ist nur vollständig, wenn sowohl die Erythrozytenmerkmale als auch die korrespondierenden Serumeigenschaften untersucht worden sind und sich im Ergebnis entsprechen. Der 7 Antikörpersuchtest ist Bestandteil der Blutgruppenbestimmung. Als Untersuchungsmethoden der Blutgruppenbestimmung sind unterschiedliche Techniken etabliert, von denen die nachfolgend genannten nach dem Stand des Wissens und der Technik den derzeit größten Verbreitungsgrad haben: 7 Festphasenimmunglobulintest 7 Säulenagglutinationstest 7 Röhrchentest 7 Mikrotiterplattentest

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Für blutgruppenserologische Untersuchungen ist eine nur für diesen Zweck bestimmte und geeignete Blutprobe (Vollblut/EDTA-Vollblut) erforderlich. Nach Abschluss der Untersuchungen ist das Probenmaterial (Originalröhrchen) mindestens 10 Tage gekühlt (+4 °C bis +8 °C) aufzubewahren. Für die serologische Diagnostik kann das Untersuchungsmaterial Serum durch EDTA-Plasma ersetzt werden. Probenstabilität. Probandenproben für Blutgruppenbestimmungen können bei +4 °C bis zu 4 Wochen aufbewahrt werden, wenn die Erythrozyten vom Serum/Plasma getrennt sind (z. B. Trenngel, Trennfilter), Eingefrorene Serum/Plasmaproben sind bei < –20 °C über Monate und Jahre hinweg haltbar. Antikoagulierte Erythrozyten können für immunhämatologische Untersuchungen bei +4 °C bis zu 4 Wochen aufbewahrt werden.

Interpretation. Das Ergebnis der Blutgruppenbestimmung wird im fachärztlichen immunhämatologischen Befund formuliert. Der Befund enthält das Ergebnis der AB0-Blutgruppenmerkmale, des 7 Rhesusfaktors (RhD), die Rhesus-Formel und ggf. andere Blutgruppenmerkmale. Darüber hinaus werden die Ergebnisse des Antikörpersuchtests sowie ggf. nachgewiesene irreguläre erythrozytäre Antikörper mit Angabe des Antikörpertiters und Vorgaben zur resultierenden transfusionsmedizinischen Relevanz mitgeteilt. Literatur. Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz) –TFH (1998) Bundesgesetzblatt Teil 1, 42:1752 Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie), Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut, Gesamtnovelle 2005, Deutscher Ärzteverlag, Köln Race RR, Sanger R (1975) Blood groups in man. 6. Auflage, Blackwell Scientific Oxford Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York Eckstein, R. (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart

Blutgruppensysteme K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Blutgruppen Englischer Begriff. blood group systems Definition. Blutgruppensysteme setzen sich aus einem oder mehreren 7 Blutgruppenantigenen zusammen, die von einem einzigen Gen

B

272

Blutgruppentransferasen

oder von mehreren eng verbundenen homologen Genen kontrolliert werden. Jedes Blutgruppensystem ist genetisch einzigartig. Basierend auf ihrer bisher bekannten genetischen Grundlage werden zur Zeit 30 verschiedene Blutgruppensysteme unterschieden. Die beiden wichtigsten davon sind das AB0-Blutgruppensystem und das RhesusBlutgruppensystem. Weitere Blutgruppenmerkmale sind: 7 Bennett-Goodspeed(Bg)-Antigen 7 Chido/Rodgers-Blutgruppensystem 7 Colton-Blutgruppensystem 7 Cromer-Blutgruppensystem 7 Diego(DI)-Blutgruppensystem 7 Dombrock(DO)-Blutgruppensystem 7 Duffy(FY)-Blutgruppensystem 7 Gerbich(GE)-Blutgruppensystem 7 Hh(Nullphänotyp)-Blutgruppensystem 7 Indian(IN)-Blutgruppensystem 7 Kell-Blutgruppensystem 7 Kidd(JK)-Blutgruppensystem 7 Knops-Blutgruppensystem 7 Kx-Blutgruppensystem 7 Landsteiner-Wiener(LW)-Blutgruppensystem 7 Lewis(Le)-Blutgruppensystem 7 Lutheran(LU)-Blutgruppensystem 7 MNS-Blutgruppensystem 7 P-Blutgruppensystem 7 Scienna-Blutgruppensystem 7 Xg-Blutgruppensystem 7 Yt-Blutgruppensystem

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York The Bristol Institute for Transfusion Sciences and The International Blood Group Reference Laboratory, http://ibgrl.blood.co.uk/

Blutgruppentransferasen 7 Glykosyltransferasen A und B

Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste T.O. Kleine

Englischer Begriff. blood-brain barrier (BBB); blood-CSF barrier (BCSFB); blood-nerve barrier (BNB) Definition. Im Zentralnervensystem (ZNS-Schranken) wie BlutHirn-Schranke (BHS), Blut-Liquor-Schranke (BLS), Hirn-LiquorSchranke (HLS), Blut-Nerven-Schranke (BNS). ZNS-Schranken sind weitgehend undurchlässig für Blutzellen, Proteine, Elektrolyte und Metabolite und lokalisiert in BHS mit spezialisierten Hirnkapillaren, in BLS von Chorioid Plexus Epithel und äußere Arachnothel, in BNS von endoneuralen Endothelzellen von Axonen; keine Schrankenfunktion bei HLS von Ependymzellen. Die Durchlässigkeit der ZNS-Schranken wird durch Mechanismen von mindestens fünf Transportwegen zur Versorgung und Sicherstellung von internem Milieu im ZNS kontrolliert: parazellulärer Weg 1: Blut → ZNS und ZNS → Blut interzellulär durch Zonulae occludentes mittels limitierter Diffusion für Wasser und wasserlösliche Substanzen in BHS, BNS; zusätzlich für Proteine, Viren in BLS; transzellulärer Weg 2: Blut → ZNS und ZNS → Blut für lipophile Substanzen, O2, CO2 in BHS, BLS, BNS; carrier-vermittelter Weg 3: Blut → ZNS und ZNS → Blut mittels Proteintransporter in der Zellmembran für Elektrolyte (7 Liquorelektrolyte), für D-Glukose (7 Liquorglukose), Monokarboxylate (7 Laktat), Aminosäuren, Cholin, Purine, Vitamine u. a. in BHS, BLS, BNS; (Weg 3 zum Transport von Medikament-Konjugaten geeignet); vesikulärer Transport-Weg 4: Weg 4a: unspezifischer vesikulärer Transport für Proteine, Viren durch Zellen der BHS, BLS, BNS (normalerweise gering); Weg 4b: rezeptorspezifisch vermittelte Endozytose Blut → ZNS bzw.

CSF für Transferrin (7 Liquor-Transferrin), Insulin, Insulin-like Growth Factor, Vasopressin, Leptin, Pneumokokken, Meningokokken, neurotrope Viren u. a. in BHS, BLS, BNS; Weg 4c: adsorptiv-vermittelte Transzytose Blut → ZNS (CSF) für Histone, kationisiertes Albumin mit Sialinsäure-/Phosphat-Rezeptoren von Zellmembran in BHS, BLS; (Weg 4c zum Transport von Medikament-Konjugaten geeignet); Efflux-Pumpen von Weg 5: ATP-abhängige 7 ABC-Tansporter ZNS → Blut (können multidrug resistance im ZNS hervorrufen): 5 ABCB1 (MDR1, P-Glykoprotein, PgP), luminal im BHS-Endothel und Chorioid Plexus der BLS lokalisiert, transportiert lipophile Moleküle, Steroide, β-Amyloid, Methotrexat, Phenytoin, β-Blocker, Vinblasin, Vincristin ZNS → Blut bzw. Blut → CSF; Cyclosporin A moduliert ABCB1; 5 ABCC1 (multidrug resistance-associated proteins, MRP), abluminal und basolateral im BHS-Endothel und Choroid-Plexus-Epithel lokalisiert (MRP1), transportiert Blut → ZNS bzw. CSF → Blut anionische Konjugate mit Glutathion, Sulfat und Glukuronsäure bzw. an der luminalen BHS-Zellmebran (MRP2) ZNS → Blut; 5 ABCG (BCRP, breast cancer-resistance protein), luminal im BHSEndothel lokalisiert, transportiert ZNS → Blut Steroide, Lipide, Medikamente.

Struktur. Aufbau der ZNS-Schranken beim Menschen:

5 BHS-Endothel mit 2 tight junctions mit dichten Stranggeflechten mit geringer Diskontinuität, hohem transzellulären elektrischen Widerstand (TEW): kein Protein Leakage; 5 BLS-Epithel im Chorioid Plexus mit einer tight junction mit wenigen Strängen, vielen Diskontinuitäten und geringen TEW erlaubt partielles Protein Leakage in umgekehrter Abhängigkeit von Molekülradius der Proteine Albumin (3,74 nm) >> IgG (5,18 nm) > IgA (5,58 nm) >> α2-Makroglobulin (9,35 nm) >> IgM (12,10 nm); 5 BLS im Arachnothel der äußeren Liquorräume mit einer tight junction; relativ hohe TEW, Protein Leakage gering; 5 BNS der Axone mit 1–2 tight junction; relativ hohe TEW, Protein Leakage gering mit Unterschieden; 5 HLS ohne tight junctions: weitgehend unbehinderter Austausch zwischen ZNS-Interstitialraum und CSF. Physiologischerweise verursacht das Fehlen von tight junctions in gefensterten Kapillaren im Rückenmark (in sensorischen Ganglien und dorsalen Nervenwurzeln) den ventrikulären lumbalen Proteingradienten (7 Liquor-Protein), welcher durch pulsative Liquordurchmischung und spinalen CSF Abfluss moduliert wird (7 Liquor cerebrospinalis). Der Proteingehalt im kortikalen Liquor wird durch Diffusion von Plasmaproteinen durch Löcher in der BHS in Hirnstamm (supraoptische und paraventrikuläre Kerne, circumventrikuläre Organe u. a.), Hypothalamus und sensorischen Ganglien bzw. in kortikalen Sulci (Pinozytose in kortikalen Arteriolen) erhöht.

Pathophysiologie. Pathophysiologie bei parazellulärem Weg 1 Protein-Leakage der BHS mit Extravasation von H2O, NaCl und Proteinen in den Extrazellularraum der weißen Substanz verursacht Volumenzunahme zwischen Axonen (vasogenes Hirnödem). In der grauen Substanz der Hirnrinde verursachen Entzündungsvorgänge und Hypoxie neben Protein Leakage irreversible Schädigungen von Neuronen mit Zellnekrose, Gliaschwellung und Apoptose. Pathophysiologie des transzellulären Weges 2 Kapazitätsminderung durch Integritätsverluste von ZNS-Schranken wie bei Weg 1 beschrieben. Pathophysiologie des carrier-vermittelten Weges 3 Kapazitäsminderung durch 5 Verminderung der Energieproduktion der ZNS-Schrankenzellen, 5 Integritätsverluste der ZNS-Schranken durch Pathomechanismen wie bei Weg 1 beschrieben. Pathophysiologie von Weg 4: vesikulärer Transport Normalerweise in BHS sehr gering, in BLS stärker ausgebildet; Kapazitätsminderung durch 5 Verminderung der Energieproduktion der ZNS-Schrankenzellen, 5 Integritätsverluste der ZNS-Schranken durch Pathomechanismen wie bei Weg 1 beschrieben.

Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

Kapazitätssteigerung durch 5 erhöhten vasogenen Druck, 5 proinflammatorische Zytokine (Liquor-Interleukine). Pathophysiologie von Weg 5: Efflux-Pumpen Kapazitätsminderung durch 5 Verminderung der Energieproduktion der ZNS-Schrankenzellen, 5 Integritätsverluste der ZNS-Schranken durch Pathomechanismen wie bei Weg 1 beschrieben, 5 Modulatoren der ABC-Transporter.

Untersuchungsmaterial. für periphere Kenngrößen der BLS und BHS (Liquor-Protein, QAlbumin): 1–2 mL entzellter Lumbal(L)-, Subokzipital(SOP)-, Ventrikel(V)liquor und gleichzeitig gewonnenes hämolysefreies Serum. Lagerung bis zu 8 Tagen bei ca. 5 °C in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol, bis < 1 Jahr bei –20 °C/–80 °C. für zentrale Kenngrößen der BHS und BLS (Liquor-S100-Proteine, Liquor-Transthyretin): Blutserum aus A. carotis unmittelbar vor und nach intraarterieller Infusion von 1,4 mol/L Mannitol und Zytostatikum, 45 s und 4–6 h danach. Analytik. vgl. Einzelparameter für

5 parazellulären Weg 1 Blut → ZNS: Liquor-Protein, QAlbumin, Präalbumin (Liquor-Präalbumin), QIgA, QIgG, QIgM; 5 parazellulären Weg 1 ZNS → Blut: Glial fibrillary acidic protein (GFAP), Neuronen-spezifische Enolase (NSE) (Liquor-Neuronenspezifische Enolase), S100B (Liquor-S100-Proteine), Transthyretin (Liquor-Transthyretin); 5 transzellulären Weg 2: → Blutgas-Analyse, → Pharmakokinetik; 5 carrier-vermittelter Weg 3: Elektrolyte (Liquorelektrolyte), D-Glukose (Liquorglukose), Q-Glukose, Monokarboxylate (Liquorlaktat); 5 vesikulären Transport Weg 4b: Transferrin (Liquortransferrin (Tf)), Weg 4c: QAlbumin; 5 Efflux-Pumpen von Weg 5: Pharmakokinetik

Referenzbereich. vgl. Einzelparameter für

5 parazellulären Weg 1 Blut → ZNS: Liquor-Protein, QAlbumin, Präalbumin, QIgA, QIgG, QIgM; 5 parazellulären Weg 1 ZNS → Blut: Glial fibrillary acidic protein (GFAP), Neuronen-spezifische Enolase (NSE), S100B, Transthyretin für CSF → Blut; 5 transzellulären Weg 2 Blutgas-Analyse, Pharmakokinetik; 5 carrier-vermittelter Weg 3: Elektrolyte, D-Glukose, Q-Glukose, Monokarboxylate; 5 vesikulären Transport Weg 4b: Transferrin, Weg 4c: QAlbumin; 5 Efflux-Pumpen von Weg 5: Pharmakokinetik

Bewertung. Periphere Kenngrößen der BHS/BLS-Funktion wie Liquor-Protein, QAlbumin untersuchen Protein Leakage Blut → ZNS bzw. Blut → CSF; Evaluierung von BLS-Funktionsstörung in SOP-Liquor, keine Differenzierung von BHS- von BLS-Funktionsstörung in Ventrikelliquor möglich; Evaluierung von BLS- (weniger BHS-) Funktionsstörung in Lumballiquor, wenn Protein Leakadge durch spinale Löcher in der BHS bzw. durch spinalen Liquorabfluss berücksichtigt wird. Eine Spezifizierung der BHS/BLS-Funktionsstörung nach Transportwegen 1–5 ist momentan global möglich, da nur bei einzelnen ZNSKrankheiten untersucht. Funktionsstörungen von Transportwegen 3 und 4 interferieren mit solchen von Transportweg 1. Zentrale Kenngrößen der BHS/BLS-Funktion wie S100B, NSE, GFAP bzw. monomeres Transthyretin untersuchen BHS-Funktion ZNS → Blut bzw. BLS-Funktion CSF → Blut; Voraussetzung sind Kenngrößen-Konzentrationen in ZNS → Blut bzw. in CSF → Blut und niedrige Basiswerte im peripheren Blut.

Literatur. Begley DJ, Brightman MW (2003) Structural and functional aspects of the blood-brain barrier. Progress in Drug Res 61:42–78

Blut-Knochenmark-Schranke H. Baum

Englischer Begriff. marrow-blood barrier Definition. Sinusoidalwand im Knochenmark, die das Knochenmarklumen von den Gefäßsinus trennt.

273

i Die Blut-Knochenmark-Schranke trennt das Lumen des Knochen-

marks, in dem die Hämatopoese stattfindet, vom Blutkompartiment. Gleichzeitig ist sie Sitz des molekularen und zellulären Austauschs zwischen Knochenmark und Blutzirkulation. Dabei verhindert sie auch den Übertritt unreifer Zellen der Hämatopoese in das periphere Blut. Erst nach Verlust ihrer Adhäsionsmoleküle können die reifen hämatopoetischen Zellen die Endothelzellen der Blut-KnochenmarkSchranke durchwandern. Eine Ausnahme bilden die Thrombozyten, die direkt von in der Sinusoidalwand integrierten 7 Megakaryozyten abgespalten und ins periphere Blut abgegeben werden.

Literatur. Tavassoli M (1981) Structure and function of sinusoidal endothelium of bone marrow. Prog Clin Biol Res 59B:249–256

Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren H. Fiedler

Synonym(e). Erythrozytensenkungsreaktion (ESR); Blutkörperchensenkungsreaktion (BSR); Westergren-Methode

Englischer Begriff. erythrocyte sedimentation rate, Wintrobe ESR Definition. Messung der Sinkgeschwindigkeit (mm/h) von Erythrozyten in Zitratblut in einer Glas- oder Plastikröhre.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Erythrozyten haben eine höhere Dichte als Plasma. Die Sedimentation der Erythrozyten wird durch das aufsteigende Plasma abgebremst. Durch Dysproteinämien wie bei der 7 Akute-Phase-Reaktion wird die Beladung der Erythrozytenoberfläche verändert, das Zeta-Potenzial (abstoßende Wirkung der negativen Beladung) vermindert und die Aggregation der Zellen (besonders durch 7 Fibrinogen, α2-Makroglobulin, Haptoglobin und Immunglobuline) begünstigt. Sturzsenkung (> 90 mm/h) bei monoklonalen Gammopathien.

Einsatzgebiet. Suchtest bei Verdacht auf akute entzündliche Erkrankungen, Verlaufsbeurteilung bei chronischen Infekten (rheumatisch, maligne) und Autoimmunerkrankungen. Ausschluss chronischer immunologischer und maligner Erkrankungen mit systemischer Reaktion.

Untersuchungsmaterial. Blut und 3,8-%iges Natriumzitrat (4 + 1) werden in vorgefertigten Monovetten gemischt. Instrumentierung. Die Mischung wird spätestens nach 2 h in ein senkrecht stehendes Röhrchen mit Millimetergraduierung (200 mm) gefüllt. Nach 1 h bei Raumtemperatur (20–22 °C) erfolgt die Ablesung visuell oder kontinuierlich und automatisiert mit Einmal-Blutentnahmeröhrchen. Die Registrierung nach 2 h erhöht die Aussage nicht.

Spezifität. Eine normale BSG schließt nichtentzündliche Organerkrankungen oder Malignome nicht aus. Etwa 5 % aller unerwarteten BSG-Erhöhungen werden nicht geklärt, das Risiko späterer Erkrankungen, wie Myokardinfarkt, scheint jedoch erhöht zu sein. Die Referenzintervalle sind abhängig von Alter und Geschlecht. < 20

unter 50 J.

über 50 J.

Frauen

≤ 20 mm/h

≤ 30 mm/h

Männer

≤ 15 mm/h

≤ 20 mm/h

Sensitivität. Die BSG reagiert träge, erst nach 24–48 h kommt es zu einer deutlichen Erhöhung (parallel zur Reaktionszeit des Fibrinogens). Die Halbwertszeit beträgt 4–6 Tage. Sehr starke Erhöhungen (> 100 mm/h) sind typisch für Malignome, besonders Plasmazytome, schwere Infektionen und Bindegewebserkrankungen, wie Polymyalgia rheumatica oder Arteriitis temporalis.

Fehlermöglichkeit. Antiphlogistika (Phenylbutazon, Indomethazin, Azetylsalizylsäure), Dextrane und Kortikoide sowie eine erhöhte Zahl und Strukturänderungen (Sichelzellen, Mikrozytose) der Erythrozyten verzögern die BSG, während sie durch Kontrazeptiva, Schwanger-

B

274

Blutkörperchensenkungsreaktion (BSR)

schaft und in der prämenstruellen Phase sowie durch Anämie und Retikulozytenvermehrung beschleunigt wird. Temperaturerhöhungen und starkes Sonnenlicht verfälschen die Werte.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die BSG hat sich als einfache, billige, unspezifische aber ausreichend sensitive und integrative Suchmethode behauptet. Sie kann an jeder ärztlichen Untersuchungsstelle durchgeführt werden. Die Qualitätskontrolle ist schwierig.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Schnelle Veränderungen werden nicht erfasst, dafür sind 7C-reaktives Protein oder 7SerumAmyloid A besser geeignet. Bei einigen Autoimmunerkrankungen, wie Lupus erythematodes und Dermatomyositis, ist im nichtentzündlichen Stadium bei annähernd normalem CRP die BSG deutlich erhöht. Eine unauffällige BSG findet sich bei vielen Viruserkrankungen. BSG ist kein Suchtest für Malignome. Neben der BSG ist auch die Plasma7Viskosimetrie zur Erkennung von Dysproteinämien geeignet. Literatur. International Committee for Standardization in Haematology (1988) Guidelines on selection of laboratory tests for monitoring the acute phase response. J Clin Pathol 41:1203–1212 International Council for Standardization in Haematology (1993) ICSH recommendations for measurement of erythrocyte sedimentation rate. J Clin Pathol 46:198–203 Westergren A (1921) Studies of the suspension stability of the blood in pulmonary tuberculosis. Acta Med Scand 54:247–282

Blutkörperchensenkungsreaktion (BSR) 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

Blutkulturflasche W.G. Guder

Englischer Begriff. blood culture bottle Definition. Mit Nährmedien vorbeladene Behälter zur Entnahme von Blut zur Anzüchtung bakterieller Krankheitserreger. i Bei Verdacht auf bakterielle Infektionen wird empfohlen, Blut vor

Therapiebeginn unter aseptischen Bedingungen zur Anlegung einer Blutkultur abzunehmen. Die dazu verwendeten Entnahmesysteme enthalten eine fertige Kulturlösung für aerobe oder anaerobe Erreger, in die über eine sterile Nadel maximal 1/10 des Volumens an Blut aufgenommen wird. Daneben sind noch spezielle Kulturflaschen für spezielle Erreger verfügbar. Systeme im Handel von BD (Vacutainer).

Literatur. Einer G, Zawta B (1991) Präanalytikfibel, Kooperation von Arzt und Labor. 2. Aufl. JA Barth, Leipzig

Blutplasma 7 Plasma

Blutplättchen 7 Thrombozyten

Blutprobenentnahme 7 Blutentnahme

Blutserum 7 Serum

Blutstillung, primäre 7 Blutungszeit

Englischer Begriff. bleeding time Definition. Orientierende Untersuchungen zur Erkennung von Störungen der primären Blutungszeit. i Blutungen durch kleinere Verletzungen werden vor allem durch

Thrombozytenaggregation gestillt. Die Blutungszeit kann deshalb eine erste Aussage bei Verdacht auf Thrombozytenmangel (Thrombozytopenie) oder Thrombozytendysfunktion liefern. Die Blutungszeit wird durch verschiedene Prozedere bestimmt. Die wichtigsten sind: 5 Blutungszeit nach Duke (Duce) 5 Lanzettenstich 3 mm tief in den Ohrläppchenrand (oder die Fingerbeere) 5 den ersten austretenden Bluttropfen vorsichtig abwischen 5 austretendes Blut mit Filterpapier alle 15 s ohne Wundrandberührung abtupfen 5 Zeit vom Stich bis zur Blutstillung (Filterpapier bleibt blutfrei) messen 5 Norm 2–4 (5) min 5 Blutungszeit nach Ivy 5 Blutdruckmanschette am Oberarm anlegen (40 mmHg) 5 kleinen Stich 2 mm tief in venenfreie Stelle der Volarseite des Unterarms etwa 2 Finger breit unterhalb der Ellenbeuge setzen 5 mit Fließpapier austretendes Blut alle 10–15 s ohne Wundrandberührung absaugen 5 Zeit messen zwischen Stich und Blutstillung (Papier bleibt blutfrei) 5 Norm bis 3(4) min 5 Blutungszeit nach Marx (subaquale Blutungszeit) 5 4 mm tiefer Lanzettenstich in Fingerbeere 5 beim Austreten des ersten Bluttropfens Zeitnahme starten 5 sofortiges Eintauchen des Fingers in 25 °C warmes Wasser 5 Zeitnahme stoppen, wenn der im Wasser beobachtbare Blutfaden an der Fingerbeere abreißt 5 Norm bis 5 min Eine verlängerte Blutungszeit liegt bei Thrombozytopenie, Thrombasthenie Glanzmann, v.-Willebrand-Jürgens-Syndrom und stärkeren Störungen im exokrinen Gerinnungssystem vor. Weitere Ursachen sind Hyperheparinämie, Hyperfibrinolyse, Verbrauchskoagulopathie, toxische und infektiös-toxische Vasopathien. Eine verkürzte Blutungszeit kann auf Thrombozytosen und abnorme Kapillarkontraktion hinweisen. Die Bestimmung der Blutungszeit ist aufgrund der vielen individuellen Fehlermöglichkeiten schlecht reproduzierbar und wird deshalb heute seltener angewandt. Als schneller Übersichtstest für Störungen in der primären Hämostase ist er aber noch immer hinreichend aussagekräftig und kommt weiter im Klinikalltag zum Einsatz. Zu weiteren Thrombozytenfunktionstests 7 Thrombozytenaggregation und -aktivierung.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. Ausgewählte Untersuchungsmethoden für das medizinisch-klinische Laboratorium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.

Blutversand 7 Versand von Proben, Gesetze

Blutwäsche 7 Dialyse

Blutzucker, nüchtern/postprandial 7 Glukose

Blutzuckerselbstkontrolle K.J. Lackner, D. Peetz

Blutungszeit T. Arndt

Synonym(e). Blutstillung, primäre

Englischer Begriff. self-monitoring of blood glucose Definition. Regelmäßige Bestimmung der Blutglukosekonzentrationen durch den Patienten selbst.

Bohr-Effekt

i Die Blutzuckerselbstkontrolle ist fester Bestandteil insbesondere der intensivierten Insulintherapie bei Typ-I-Diabetikern, die durch sie überhaupt erst möglich wird. Zum Einsatz kommen verschiedene in der Regel mit Teststreifen arbeitende Systeme. Beim Typ-I-Diabetiker werden drei oder mehr Blutzuckerbestimmungen pro Tag empfohlen. Beim Typ-II-Diabetes besteht derzeit kein Konsens über die erforderliche Frequenz.

Literatur. DeWitt DE, Hirsch IB (2003) Outpatient insulin therapy in type 1 and type 2 diabetes mellitus: scientific review. JAMA 289:2254– 2264 Franciosi M, Pellegrini F, De Berardis G et al (2001) QuED Study Group. The impact of blood glucose self-monitoring on metabolic control and quality of life in type 2 diabetic patients. Diabetes Care 24:1870–1877

Blutzuckertagesprofil 7 Glukose

B-Lymphozyt H. Baum

Die Klassifizierung der Körpermasse nach dem Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wird anhand der folgenden Grenzwerte vorgenommen (7 Tab. 1).

B

Body Mass Index. Tab. 1. BMI [kg/m²] < 20

20–24,9

25–29,9

30–39,9

40

Untergewicht

Normalgewicht

Übergewicht

Adipositas

massive Adipositas

Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden nicht gemacht. Obwohl der BMI ein anerkanntes Maß zur generellen Beurteilung der Körpermasse ist, kann er doch zu Fehleinschätzungen führen, zum Beispiel bei Probanden mit sehr hoher Muskelmasse (Bodybuilder, Schwerarbeiter) und älteren Menschen, bei denen eine Abnahme der Körpergröße physiologisch ist. Die Referenzintervalle einiger 7 Adipokine (7 Adiponectin, 7 Ghrelin) sind abhängig vom BMI. Früher galt die Broca-Formel zur Beurteilung des Körpergewichts: Normalgewicht [kg] = Körpergröße [cm] – 100

Synonym(e). B-Zelle Englischer Begriff. B-lymphocyte Definition. Subpopulation der Lymphozyten, die auf ihrer Oberfläche Immunglobuline tragen und nach Stimulation zu Immunglobulin-sezernierenden Plasmazellen oder Memoryzellen ausreifen. i B-Lymphozyten sind morphologisch kaum von anderen Lymphozytensubpopulationen abgrenzbar. Nach Antigenstimulation und Ausreifung kann die Effektorzelle, die 7 Plasmazelle, jedoch angesichts ihrer typischen Morphologie erkannt werden. Immunologisch können die B-Lymphozyten an Hand ihrer Oberflächenantigene identifiziert werden. So exprimieren alle B-Zellen außer der Plasmazelle das linienspezifische Oberflächenantigen CD19 und in Abhängigkeit ihres Reifungsgrads CD5, CD10, CD20, CD21, CD22, CD38 und Oberflächenimmunglobuline vom Typ IgD, IgM, IgA, IgG in unterschiedlicher Konstellation und Ausprägung.

Literatur. Kay NE, Douglas SD (1991) Morphology and antigenic phenotype of human blood lymphocytes. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4th int. edn. McGraw-Hill, New York, S 905–918

BM-40 7 Osteonectin

BMI 7 Body Mass Index

BNP 7 Brain natriuretic peptide

Body Mass Index A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Körpermassenindex; Quetelet-Index; BMI Englischer Begriff. body mass index; BMI Definition. Zur Quantifizierung der Körpermasse benutzter Quotient aus Körpergewicht (kg) und dem Quadrat der Körpergröße (m). i Der BMI wird nach folgender Formel berechnet:

BMI [kg ]= m²

275

Körpergewicht [kg] (Körpergröße [m])²

Das mit dieser Formel errechnete Normalgewicht gilt für erwachsene Männer; für Frauen 10 % weniger. Abweichungen von mehr als 10 % über diesen Wert bedeutet Übergewicht, Abweichung von 15 % und mehr nach unten bedeutet Untergewicht. Der Broca-Index wird gegenüber dem wissenschaftlich besser begründeten BMI heute nur noch ausnahmsweise benutzt.

Body Temperature and Ambient Pressure, Fully Saturated O. Müller-Plathe

Synonym(e). BTPS Englischer Begriff. BTPS Definition. BTPS bedeutet Body Temperature and ambient Pressure, fully Saturated. BTPS ist eine internationale Konvention, nach der Messgrößen der Lungenphysiologie und der Blutgasanalytik unter den normalerweise in der Lunge herrschenden Bedingungen gemessen werden. i Die BTPS-Bedingungen sind:

5 t = 37 °C (310,16 K) 5 Aktueller Umgebungsluftdruck P(amb) 5 Wasserdampfsättigung (pH2O), bei 37 °C mit 47 mmHg (6,25 kPa). Konsequenzen dieser Festlegung sind unter anderem, dass die Partialdrücke höhenabhängig gemessen werden können und dass Blutgasanalysatoren eine exakte Temperaturkontrolle (37 ± 0,1 °C) sowie eine Vorrichtung zur Wasserdampfsättigung der Kalibrationsgase aufweisen müssen. Eine Umrechnung von Blutgaswerten auf die aktuelle Körpertemperatur ist bei den meisten Blutgasanalysatoren problemlos möglich. Ob sie sinnvoll ist oder eher Verwirrung stiftet, ist unter Experten umstritten, da keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorliegen, welche Werte zum Beispiel bei starker Hypothermie physiologisch wünschenswert sind. Zur Umrechnung selbst wird auf das IFCCDokument verwiesen.

Literatur. International Federation of Clinical Chemistry (1995) Approved IFCC Recommendation on Definitions of Quantities and Conventions Related to Blood Gases and pH. Eur J Clin Chem Clin Biochem 33:399–404

Bohr-Effekt 7 Sauerstofftransport

276

Bombay-Phänotyp

Bombay-Phänotyp K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). H-Antigendefizienz Englischer Begriff. Bombay phenotype; H antigen deficiency Definition. Seltene Blutgruppe, die durch das Fehlen des 7 H-Antigens auf der Erythrozytenoberfläche charakterisiert ist i Der Bombay-Phänotyp beschreibt eine seltene Blutgruppe, bei

der das H-Antigen, eine Kohlenhydratstruktur auf der Erythrozytenoberfläche, fehlt (7 Nullphänotyp). Das H-Antigen bildet die Grundstruktur für die Ausbildung der 7 AB0-Blutgruppen und dessen Fehlen führt zur Präsenz von Anti-H-7 Isoagglutininen bei Personen mit Bombay-Phänotyp. Aufgrund des Vorhandenseins von H-Antigen bei Erythrozyten der Blutgruppen A, B, AB und 0 dürfen Personen vom Bombay-Phänotyp bei Transfusionen nur H-Antigen-defiziente Erythrozyten erhalten, was die Bereitstellung von kompatiblen Blutprodukten ausgesprochen verkompliziert (7 Hh-Blutgruppensystem).

Literatur. Dean L (2005) Blood groups and red cell antigens. National Library of Medicine, NCBI. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Bombesin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. bombesin Definition. Ein aus 14 Aminosäuren bestehendes, in Magen, Duodenum und Jejunum vorkommendes Polypeptid mit vielfältigen Stimulationswirkungen, u. a. auf Pankreasenzym- und Hormonsekretion. i Das im Gastrointestinaltrakt vorkommende Peptid aus 14 Aminosäuren gehört zur Gastrin-Releasing-Peptide-Bombesin-Familie und ist mit dem Gastrin-freisetzenden Peptid im C-terminalen Heptapeptidabschnitt identisch. Ursprünglich wurde es aus der Haut der europäischen Frösche Bombina bombina und Bombina variegata isoliert und charakterisiert. Wirkungen: Erhöhung des Plasma von 7 Gastrin, 7 Motilin, 7 Cholezystokinin, 7 pankreatischem Polypeptid, 7 vasoaktivem intestinalem Peptid, 7 Glukagon, 7 Insulin und 7 Trypsin, Kontraktion der glatten Muskulatur, Hypothermie, Veränderungen kardiovaskulärer und renaler Funktionen, Stimulation von FSH- und LH-Sekretion, Hemmung von Prolaktin- und TSH-Sekretion, Kontrolle der Nahrungsaufnahme. Bombesin kann diagnostisch in einem Gastrin-Stimulations-Test oder Pankreas-Trypsin-Stimulations-Test eingesetzt werden, da ein Anstieg der Trypsinsekretion bei exkretorischer Pankreasinsuffizienz ausbleibt.

Literatur. Merali Z, McIntosh J, Anisman H (1999) Role of bombesin-related peptides in the control of food intake. Neuropeptides 33:376–386

Bone gla protein 7 Osteokalzin, unterkarboxyliertes

Bone sialoprotein 7 Knochen-Sialoprotein

Bootstrap R. Weiskirchen

Definition. Spezielle Darstellungsweise phylogenetischer Stammbäume. i Diese Darstellungsweise gibt einen graphischen Eindruck über den Verwandtschaftsgrad verschiedener Arten oder einzelner homo-

loger Proteine aus verschiedenen Arten oder Proteine einer Genfamilie innerhalb einer Art. In ihm werden horizontale Linien verwendet, die sich an gewissen Knotenpunkten hierarchisch verzweigen. Je mehr Verzweigungspunkte zwei Arten (oder Proteine) trennen, desto unverwandter sind sie.

Bordetella pertussis und parapertussis W. Stöcker

Englischer Begriff. Bordetella pertussis and parapertussis Definition. Der Begriff Pertussis (tussis lat.: Husten), im Jahr 1679 von T. Sydenham eingeführt, beschreibt die erstmals im 16. Jh. erwähnte Keuchhustenerkrankung. O. Gengou und J. Bordet, dem zu Ehren der Erreger Bordetella genannt wurde, gelang im Jahr 1906 die Kultivierung der krankheitsauslösenden Bakterien. W. L. Bradford und B. Slavin isolierten 1937 den engverwandten Keim Bordetella parapertussis. i

Beschreibung des Erregers. Die Gattung Bordetella gehört zur Familie Alcaligenaceae. Bordetellen sind anspruchsvolle unbewegliche, aerobe, kokkoide, gramnegative Stäbchenbakterien (0,5–2 μm lang, Durchmesser 0,2–0,5 μm), die von einer Fimbrien-armierten Kapsel umgeben sind. Reservoir für Bordetella pertussis und parapertussis sind die zilientragenden Epithelzellen des menschlichen Respirationstrakts. B. parapertussis wurde aber auch bei Schafen nachgewiesen. Die Verbreitung erfolgt über Tröpfcheninfektion. Bordetellen kommen weltweit vor. Eine Reihe von 7 Toxinen verschlechtert lokal die Abwehrkräfte und verursacht Gewebeschäden. Virulenzfaktoren sind: 5 Adhäsine: 5 Filamentöses 7 Hämagglutinin (FHA), ein Oberflächenprotein mit Bindungsmöglichkeit an 7 Glykoproteine 5 Pertactin, äußeres Membranprotein 5 Fimbrien als Haftorganellen 5 Untereinheit B des Pertussis-Toxins (PT) 5 Exotoxine: 5 Untereinheit A des Pertussis-Toxins (PT): bewirkt enzymatisch (ADP-Ribosyltransferase) eine Signalreduktion und inhibiert dadurch die Immunzellen des Wirts (Bordetella parapertussis enthält das PT-Gen ebenfalls, es kommt aber auf Grund von 7 Mutationen in der Promotorregion nicht zur Expression) 5 Adenylat-Zyklase-Toxin (ACT): hemmt die Effektorfunktion der Zellen 5 Tracheales Zytotoxin (TCT): nekrotisiert die zilientragenden Epithelzellen, dadurch wahrscheinlich für die krampfartigen Hustenanfälle verantwortlich 5 Dermatonekrotisches Toxin (DNT): hitzelabiles Toxin mit vermutlich nekrotisierender Wirkung 5 7 Endotoxine: 5 7 Lipooligosaccharide (LOS): entsprechen den 7 Lipopolysacchariden (LPS) anderer gramnegativer 7 Bakterien Erkrankungen. Die typische Pertussiserkrankung wird in 3 Stadien unterteilt: 5 Nach 14-tägiger Inkubationszeit unspezifisches Stadium catarrhale mit leichter Grippe-ähnlicher Symptomatik, 5 charakteristisches Stadium convulsivum mit anfallsweise auftretenden, krampfartigen Hustenstößen (Stakkatohusten) gefolgt von inspiratorischem Ziehen (Keuchen), 5 Stadium decrementi mit langsam verlaufender, sich manchmal über Monate hinziehender Rekonvaleszenz. Zu den Komplikationen zählen bakterielle Sekundärinfektionen mit Pneumonien oder Otitis media durch Haemophilus spp. oder Pneumokokken. Bordetella parapertussis verursacht mildere Verlaufsformen des Keuchhustens.

Therapie und Prophylaxe. Für die Therapie wird eine frühzeitige Gabe von Erythromycin oder anderen Makroliden empfohlen. Im Stadium convulsivum haben 7 Antibiotika nur noch geringen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Die Pertussis-Impfung, heutzutage als Kombinationsimpfung (u. a. gegen Diphtherie und Tetanus) durchgeführt, wird

Borrelia burgdorferi

für Säuglinge und Kleinkinder empfohlen. Der Grundimmunisierung (4 Impfungen) sollten regelmäßige Auffrischimpfungen alle 10 Jahre folgen. Azelluläre Impfstoffe basieren auf definierten BordetellaAntigenen (FHA, PT, Pertactin, ggf. auch Fimbrienbestandteile) und stehen seit 1995 zur Verfügung.

Analytik. Direktnachweise und Kultur: Für die Labordiagnostik sind die Pertussis-Erregernachweise aus tiefen Nasopharyngeal-Abstrichen am bedeutendsten. Ein Schwerpunkt liegt in der Bakterienanzucht auf Selektivkulturmedien, die im Wesentlichen auf dem von Bordet und Gengou beschriebenen Kartoffelextrakt-Glyzerin-Blut-Agar basieren. Die Zugabe von Selektivsupplement unterdrückt die Begleitflora. Die Anzüchtung von Bordetella pertussis dauert mindestens 3 Tage, Bordetella parapertussis wächst schon in 2 Tagen. Der kulturelle Nachweis ist zu 100 % spezifisch, hat aber eine eingeschränkte Sensitivität und ist zeitaufwändig. Daher werden 7 DNA-Nachweise mittels 7 PCR zunehmend bevorzugt. Schon wenige Erreger ermöglichen einen positiven Direktnachweis. Zudem werden auch bereits abgestorbene Keime noch erfasst. Der mikroskopische Erregernachweis mittels direkter 7 Immunfluoreszenz kann über FITC oder Rhodamin-markierte monoklonale Antikörper gegen Oberflächenstrukturen, z. B. LOS, geführt werden und erfasst ebenfalls sowohl vermehrungsfähige als auch abgestorbene Bakterien. Serologie: Antikörperbestimmungen durch indirekte Immunfluoreszenz oder Enzymimmuntechniken (7 Enzymimmunoassay) haben auf Grund der verzögerten Antikörperbildung keinen Einfluss auf die Wahl der Therapie, sie sind allenfalls für die Aufklärung epidemiologischer Fragestellungen von Bedeutung. Im 7 Immunblot können spezifische Antikörper gegen einzelne Bordetella-Virulenzfaktoren, z. B. FHA, ACT, sowie das nur von Bordetella pertussis gebildete PT separat bestimmt werden.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Nasopharyngealabstriche; Primärkulturen sollten möglichst sofort angelegt werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Literatur. Scholz H, Belohradsky BH, Bialek R, Heininger U, Kreth HW, Roos R (2009) Pertussis. In: DGPI-Handbuch, Thieme, 5. Aufl.: 411–416 Hofmann F (2009) Pertussis. In: Handbuch der Infektionskrankheiten, Hofmann, VIII-1.37, 32. Erg.Lfg. 8/09

Bordet-Gengou-Wassermann-Reaktion 7 Wassermann-Test

Borrelia burgdorferi W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. Borrelia burgdorferi Beschreibung der Erreger. Borrelia burgdorferi sensu lato ist ein Sammelbegriff für die drei humanpathogenen Genospezies Borrelia afzelii, Borrelia burgdorferi sensu stricto und Borrelia garinii. Die 7 Bakterien wurden nach dem Schweizer Bakteriologen Willy Burgdorfer benannt. Taxonomie: Borrelia burgdorferi sensu lato gehören zur Familie Spirochaetaceae, Gattung Borrelia. Morphologie: Borrelien sind korkenzieherartig gewundene, 20–30 μm lange und 0,2–0,3 μm dünne, sehr bewegliche Bakterien. Flagellen im periplasmatischen Raum befähigen sie zu einer Rotationsbewegung, die ihnen das Eindringen in das Umgebungsgewebe ermöglicht. Erkrankungen. Borrelia burgdorferi sensu stricto, Borrelia afzelii und Borrelia garinii sind die Erreger der zeckenübertragenen Lyme-Borreliose (in den USA kommt praktisch nur Borrelia burgdorferi sensu stricto vor). Vektoren sind überwiegend Schildzecken (Ixodidae) jeder Entwicklungsstufe (Larven, Nymphen, Adulte), die man am Waldrand

277

findet oder in hohem Gras, und die von vorbeiziehenden Menschen oder Tieren abgestreift werden. Nach dem Zeckenstich übertragen die Insekten im Laufe der Blutmahlzeit die Borrelien. Natürliches Erregerreservoir sind kleine Säugetiere und Vögel; für die explosionsartige Ausbreitung in den letzten Jahren ist jedoch hierzulande maßgeblich das Rotwild verantwortlich: Ein prächtiger Sechzehnender mit seinem im Vergleich zur Feldmaus viel größeren Aktionsradius kann von hunderten Zecken befallen sein, der ideale Multiplikator für eine schwungvolle Expansion der Borrelien. Neuansteckungen treten saisonal gehäuft im 3. und 4. Quartal eines Jahres auf, sie sind in einigen Bundesländern meldepflichtig: Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die höchste Inzidenz wird bei Kindern und älteren Erwachsenen registriert (6–16 pro 100.000 Einwohner/Jahr). Die Borreliose kann sich mit dermatologischer, neurologischer, ophthalmologischer, rheumatologischer und internistischer Symptomatik manifestieren: 5 Stadium I: Die typische pathognomonische, aber nicht obligatorische Primärmanifestation ist das Erythema migrans, eine Hautrötung, die Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich um die Einstichstelle herum auftritt und sich ringförmig zentrifugal ausbreitet. Das Erythem kann begleitet werden von einer grippeähnlichen Allgemeinsymptomatik. In wenigen Fällen kommt es zu einer Lymphadenosis cutis benigna. 5 Stadium II: Mehrere Wochen bis einige Monate nach dem Zeckenbiss können verschiedenartige Symptome auftreten. Im Vordergrund stehen neurologische Manifestationen (Neuroborreliose): Meningitis, Enzephalitis, asymmetrische Polyneuritis, Hirnnervenparesen, lymphozytäre Meningoradikulitis Bannwarth (Garin-Bujadoux-Bannwarth-Syndrom). Großflächige juckende Dermatosen sowie Arthritiden, insbesondere der Kniegelenke, und Knochen-, Gelenk- und Muskelschmerzen werden ebenfalls häufig beobachtet. Auch kardiologische Manifestationen, wie Myokarditis oder Perikarditis, sind beschrieben. 5 Stadium III: Typische Spätmanifestationen sind chronisch-rezidivierende erosive Arthritiden, Acrodermatitis chronica atrophicans sowie progressive Enzephalomyelitis, die ähnlich einer Multiplen Sklerose verlaufen kann.

Therapie und Prophylaxe. Für die Therapie wird eine 7 Antibiotikagabe, u. a. Tetrazykline, empfohlen. Präventiv ist lediglich die Vermeidung von Zeckenbefall. Analytik. Kultur: Borrelien können in speziellen Medien angezüchtet werden, jedoch ist die Kultur aufgrund der langen Generationszeit (7–20 h) langwierig und nur selten erfolgreich. Direktnachweis: In der Dunkelfeldmikroskopie sind Borrelien nur ausnahmsweise identifizierbar. Die 7 PCR aus Vollblut oder Serum zeigt eine nur geringe Sensitivität, aus Biopsiematerial (Haut) und Synovialflüssigkeit liefert sie dagegen höhere Detektionsraten (70 %). Standardisierte Verfahren zur Probenvorbereitung und Durchführung der Borrelien-PCR sind noch nicht gefunden. Serologie: In den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) für die Diagnostik der Lyme-Borreliose (MiQ 12/2000) wird eine Stufendiagnostik empfohlen: Im ersten Schritt wird ein Suchtest (indirekte Immunfluoreszenz oder 7 ELISA) mit hoher Sensitivität und vertretbarer Spezifität eingesetzt. Positive und grenzwertige Ergebnisse werden in einem zweiten Schritt mit einer spezifischeren Technik verifiziert, etwa mit einem Immunblot, der in seinem Antigenspektrum streng Borrelien-korrelierte Antigene neben solchen ohne Borrelien-Exklusivität aufweist. In Ausnahmefällen erweist sich die „Zweistufenstrategie“ aber als Irrweg, da manche spezifische Immunantwort im Stadium des Erythema migrans durch einen differenzierten Immunblot mit separaten definierten Antigenbanden besser erfasst werden kann als etwa mit einem ELISA, bei dem die reaktive Festphase mit einem Antigengemisch beschichtet ist. Aber gerade in der Frühphase einer Borreliose sollte man jeden einzelnen Patienten identifizieren können, da hier die beste Chance besteht, die Borreliose mit Antibiotika „im Keim zu ersticken“. Nach Beginn der Infektion treten als erstes 7 Antikörper der Klasse IgM gegen das Oberflächenantigen OspC auf. Beim Nachweis der Antikörper der Klasse IgG hat sich das Borrelien-Hauptantigen VlsE

B

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Bouguer-Lambert-Gesetz

aus von verschiedenen Faktoren beeinflusst, z. B. von der BorrelienDurchseuchung der Zecken verschiedener Landstriche. Waldarbeiter zeigen je nach Region Seroprävalenzen um 20 %, städtische Büroangestellte unter 5 %. Differenzialdiagnostisch relevant sind postinfektiöse reaktive Arthritiden (Auslöser: Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Chlamydien, Campylobacter, Mykoplasmen), Autoimmunerkrankungen (7 Autoimmunität) (rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes) und entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems.

Literatur. Wilske B, Zöller L, Brade V, Eiffert H, Göbel UB, Stanek G, Pfister HW (2000) MiQ12 Lyme-Borreliose. In: Qualitätsstandards in der mikrobiologisch infektiologischen Diagnostik. Urban & Fischer Verlag, München Jena Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie (2008), 4. überarb. Aufl., Georg-Thieme-Verlag Stuttgart, S. 654 ff

Bouguer-Lambert-Gesetz 7 Lambert-Beer-Gesetz

Bouillon Borrelia burgdorferi. Abb. 1. Kombination Linienblot (VlsE) mit Western Blot zum Nachweis von Antikörpern gegen Borrelia burgdorferi (positive Reaktion)

7 Nährmedium

Bound/Free-Trennung W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. bound-free separation Definition. Trennung gebundener und freier Liganden in einem Reaktionsansatz. i Zur Reinigung von Substanzen dienen häufig Stoffe, die sich spe-

zifisch an ein gesuchtes Molekül binden. Nach der Kopplung soll ungebundenes, überschüssiges Material von den Komplexen abgetrennt werden. Dazu bieten sich je nach Art des Komplexes unterschiedliche Methoden an: Antigen-Antikörper-Komplexe werden mit einem sekundären Antikörper eingefangen, der an eine feste Phase gekoppelt ist. Auch chromatographische Verfahren zur Trennung von gebundenen und freien Reaktionspartnern sind gebräuchlich. Eine Trennung mit einer Mischung von Dextran und Aktivkohle erlaubt eine Reinigung entsprechend der höheren Masse der gebundenen Komplexe. Borrelia burgdorferi. Abb. 2. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen Borrelia burgdorferi

Boxplot 7 Box-Whisker-Plot

als hochsensitives und spezifisches Antigen erwiesen, ein System austauschbarer und variierbarer Kassetten zur Tarnung der Bakterienoberfläche, das nur in vivo exprimiert wird, wo das Immunsystem des Wirtsorganismus im Gegensatz zu einer Bakterienkultur einen hohen Selektionsdruck erzeugt. Zur Diagnose der Neuroborreliose eignet sich der Nachweis einer intrathekalen Synthese Borrelien-spezifischer Antikörper durch die Bestimmung des spezifischen Liquor/Serum-Quotienten.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Haut oder Synoviabiopsien. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C in steriler Lösung aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Laut Richtlinien der DGHM ist die LymeBorreliose eine klinische Diagnose, nur klinische Kriterien sind entscheidend für die Therapiebedürftigkeit, vor allem ist eine „reaktive“ Serologie allein kein Grund, Antibiotika einzusetzen, insbesondere wenn im IgG kein Titeranstieg festzustellen ist. Die Seroprävalenz in der Bevölkerung ist regional unterschiedlich und wird darüber hin-

Box-Whisker-Plot R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Boxplot Englischer Begriff. box-whisker plot; box plot Definition. Der Box-Whisker-Plot ist ein grafisches Verfahren zur Visualisierung der Verteilung (7 Verteilung, statistische) der Messergebnisse eines untersuchten 7 Merkmals. i Ausgangspunkt des Box-Whisker-Plots (bei vertikaler Orien-

tierung) bildet eine Box, deren untere und obere Begrenzungslinien durch das 7 25 %-Quantil bzw. das 7 75 %-Quantil der Messergebnisse festgelegt sind. Innerhalb dieser Box werden der 7 Median durch eine horizontale Linie und der arithmetische Mittelwert (7 Mittelwert, arithmetischer) durch einen Punkt markiert. Die Whiskers (vertikale Linienstücke) werden unterhalb bzw. oberhalb der Box abgetragen. Die Linienendpunkte sind in der Regel durch den kleinsten (7 Minimum) und den größten (7 Maximum) Messwert definiert. Liegen diese Werte jedoch zu weit entfernt vom oberen bzw. unteren Rand der Box (weiter als das 1,5-Fache des 7 Interquartilsabstands), so enden die Whiskers bereits beim höchsten bzw. niedrigsten Messergebnis, das noch innerhalb dieses Bereichs liegt. Alle noch weiter außerhalb gelegenen Messergebnisse werden durch einzelne Punkte

BRCA1

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dargestellt und können als Ausreißer (7 Ausreißer, statistischer) interpretiert werden.

verursachten Dyspnoe weist BNP einen hohen negativen prädiktiven Wert von > 90–95 % auf.

Der Box-Whisker-Plot eignet sich demnach nicht nur zur Visualisierung der Verteilung von Messergebnissen in der 7 Stichprobe, sondern auch zur Identifikation von Ausreißern. Mit Hilfe von BoxWhisker-Plots können die Verteilungen der Beobachtungen eines Merkmals aus verschiedenen Stichproben grafisch einander gegenübergestellt werden.

Diagnostische Wertigkeit. BNP weist eine hohe Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) für die Diagnose der chronischen Herzinsuffizienz auf. Anhand des BNP-Werts kann auch die Prognose bei chronischer Herzinsuffizienz und eine drohende Verschlechterung des funktionellen Status abgeschätzt werden. Erste Studienergebnisse weisen BNP auch als geeigneten Marker zum Therapiemonitoring bei chronischer, systolischer Herzinsuffizienz aus. Als 7 Screeningmethode für Herzinsuffizienz ist BNP dagegen nicht geeignet.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

bp

Literatur. Apple FS, Panthegini. Ravkilde J et al (2005) Quality specifications for B-type natriuretic peptide assays. Clin Chem 51:486–493

7 Basenpaar

Branched-chain-keto-acid-Dehydrogenase-Antikörper Bradykinin 7 Kallikrein-Kinin-System

Brain natriuretic peptide D. Peetz

Synonym(e). B-Typ-natriuretische Peptide Englischer Begriff. brain natriuretic peptide Definition. Brain natriuretic peptide (BNP) gehört zur Gruppe der

7 natriuretischen Peptide, deren Hauptfunktionen die Reduktion des Plasmavolumens und die Senkung des Blutdrucks sind.

Struktur. Polypeptid bestehend aus 32 Aminosäuren. Molmasse. 3,5 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Natriuretische Peptide Funktion und Pathophysiologie. 7 Natriuretische Peptide Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut oder Plasma in Plastikgefäßen. Die Blutentnahme sollte unter Ruhebedingungen stattfinden, da körperliche Belastung zu einem BNP-Anstieg führen kann. Probenstabilität. 4 h bei Raumtemperatur (bis zu 24 h abhängig vom verwendeten Testsystem), konzentrationsabhängige Stabilität bei –20 und –80 °C: Werte < 100 pg/mL stabil für 1 Jahr, bei Werten ≥ 100 pg/mL durch Degradation 2 % Konzentrationsabfall/Monat.

Analytik. Für die BNP-Bestimmung stehen, neben den klassischen

7 Radioimmunoassays (kompetetiv und nichtkompetetiv, mit und ohne Extraktion ), mittlerweile nicht-radioaktive manuelle Immunoassays und verschiedene automatisierte Fluoreszenz- und Chemilumineszenz-Immunoassays zur Verfügung. Daneben existieren auch Point-of-Care-Methoden. Die Bestimmung ist nicht standardisiert, sodass Ergebnisse der einzelnen Testsysteme nicht direkt miteinander verglichen werden können.

Konventionelle Einheit. pg/mL

7 Autoantikörper gegen Mitochondrien

Brandgase W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. fire gases Bewertung. Je nach Zusammensetzung des brennenden Materials und der Verfügbarkeit von Sauerstoff enthalten die Brandgase ganz unterschiedliche, flüchtige Stoffe, meist jedoch CO und CN–. Die Zusammensetzung der Brandgase kann mit Gasprüfröhrchen (z. B. Dräger-Gasspürsystem) untersucht werden.

Bratton-Marshall-Reaktion A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. Bratton-Marshall-reaction Definition. Empfindliche und technisch einfache, bereits im Jahr 1938 publizierte Methode zur quantitativen Bestimmung von pAminobenzolderivaten (z. B. die vom Sulfanilamid abgeleitete große Gruppe der Sulfonamide). i Die p-Aminobenzole reagieren mit Nitrit in saurer Lösung unter Bildung des entsprechenden Diazonium-Salzes. Das überschüssige Nitrit wird mit Ammoniumsulfamat zerstört. Das Diazonium-Salz wird anschließend mit N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin zu einem stabilen Azofarbstoff gekuppelt, dessen Maximum der Farbintensität bei 550 nm liegt. Die Menge des gebildeten Farbstoffes ist über einen weiten Bereich der p-Aminobenzol-Konzentration proportional. Die Reaktion ist für alle p-Aminobenzol-Derivate mit einer freien Aminogruppe spezifisch (z. B. p-Aminophenol, Sulfanilsäure, Sulfanilamid, p-Aminobenzoesäure, p-Aminosalizylsäure, p-Aminohippursäure). Da die Reaktion stark lichtempfindlich ist, muss Sonnenexposition unbedingt vermieden werden. Im normalen menschlichen Blut kommt nur eine kleine Menge von Substanzen vor, die eine positive Bratton-Marshall-Reaktion ergeben. Deren Konzentration liegt im Allgemeinen zwischen 1 und 5 mg/L.

Literatur. Bratton AC, Marshall EK (1939) A new coupling component for sulfanilamide determination. J Biol Chem 128:537–550

Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. pg/mL × 0,286 = pmol/L Referenzbereich — Erwachsene. Der Referenzbereich ist abhängig von Alter, Geschlecht, Nierenfunktion und vor allem von der verwendeten Methode. Gleiches gilt für die Cutoff-Werte zur Diagnose einer Herzinsuffizienz. Indikation. Differenzialdiagnose der Dyspnoe, Diagnose der linksventrikulären Dysfunktion, Prognose und Therapiemonitoring der chronischen Herzinsuffizienz, Risikostratifikation beim akuten Koronarsyndrom Interpretation. Zur Abgrenzung einer kardial von einer pulmonal

BRCA1 S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. BRCA1 Definition. BRCA1 ist ein Tumorsuppressorgen, welches beim hereditären Mamma- und Ovarialkarzinom häufig mutiert ist. Für Trägerinnen eines mutierten BRCA1-Gens besteht ein erhöhtes Risiko, an einem dieser Karzinome zu erkranken. Funktion und Pathophysiologie. BRCA1 ist auf 7 Chromosom 17q21 lokalisiert und kodiert für ein Protein mit 1863 7 Aminosäuren. Das Gen spielt eine Rolle in der Regulation von Transkriptionsprozessen

B

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BRCA2

und der p53-vermittelten 7 DNA-Reparatur und ist somit wesentlich an der Erhaltung der Gen-Integrität beteiligt. Bei Inaktivierung von BRCA1 durch Mutationen – insbesondere bei Ausschaltung beider BRCA1-Allele – akkumulieren DNA-Schäden und Mutationen in einer Zelle und können zu einer malignen phänotypischen Transformation führen. Trägerinnen eines mutierten BRCA1- oder 7 BRCA2-Gens erkranken häufig früh an einem Mamma- oder Ovarialkarzinom. So treten BRCA1- und -2-Mutationen in 5–10 % der Frauen mit Mammakarzinom unter 35 Jahren und in 12–13 % der Frauen mit Mammakarzinom unter 45 Jahren auf. BRCA1-Mutationen gehen bei prämenopausalen Frauen mit einem erhöhten Risiko für ein kontralaterales, und meist sehr aggressives Mammakarzinom einher, bei postmenopausalen Frauen sinkt es ab. Hingegen steigt das Risiko bei BRCA2Mutationen auch nach der Menopause weiter an. Hinsichtlich der Ovarialkarzinome liegt das Durchschnittsalter bei Trägerinnen eines mutierten BRCA1- oder BRCA2-Gens zum Zeitpunkt der Diagnosestellung um etwa 14 Jahre niedriger als beim sporadischen Ovarialkarzinom.

Indikation. Identifizierung von Frauen mit erhöhtem Risiko für ein Mamma- oder Ovarialkarzinom. Interpretation. Eine Untersuchung des BRCA1- und BRCA2-Status bei Frauen mit einer familiären Belastung hinsichtlich eines Mamma- oder Ovarialkarzinoms kann Anlass für eine engmaschige und intensive Vorsorge sein. Allerdings sind dabei auch ethische und psychologische Aspekte zu berücksichtigen, da möglicherweise gesunde Frauen ohne spezifische Symptome für eine maligne Erkrankung als „krank“ oder „sehr gefährdet“ eingeordnet werden, was auf die weitere Lebensqualität negative Auswirkungen haben kann. Deshalb ist auf eine Einbettung der Untersuchung in eine ausführliche Beratung und ein intensives, multimodales Vorsorgeprogramm zu achten. Literatur. Nicoletto MO, Donach M, De Nicolo A et al (2001) BRCA1 and BRCA2 mutations as prognostic factors in clinical practice and genetic counselling. Cancer Treatment Rev 27:295–304 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

BRCA2 S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. BRCA2 Definition. BRCA2 ist ein Tumorsuppressorgen, welches beim hereditären Mamma- und Ovarialkarzinom häufig mutiert ist. Für Trägerinnen eines mutierten BRCA2-Gens besteht ein erhöhtes Risiko, an einem dieser Karzinome zu erkranken. Funktion und Pathophysiologie. BRCA2 ist auf 7 Chromosom 13q12 lokalisiert und weist strukturelle und funktionelle Ähnlichkeiten mit 7 BRCA1 auf. Es kodiert für ein Protein mit 3418 7 Aminosäuren, welches jedoch keine strukturellen Analogien mit dem BRCA1-Protein hat. Das BRCA2-7 Gen spielt eine Rolle in der Regulation von Transkriptionsprozessen und der p53-vermittelten 7 DNA-Reparatur. Bei Inaktivierung von BRCA2 durch Mutationen akkumulieren DNA-Schäden und Mutationen und können zu einer malignen Transformation führen. Trägerinnen eines mutierten BRCA1- oder BRCA2-Gens erkranken häufig früh an einem Mamma- oder Ovarialkarzinom. So treten BRCA1- und -2-Mutationen in 5–10 % der Frauen mit Mammakarzinom unter 35 Jahren und in 12–13 % der Frauen mit Mammakarzinom unter 45 Jahren auf. BRCA1-Mutationen gehen bei prämenopausalen Frauen mit einem erhöhten Risiko für ein kontralaterales, und meist sehr aggressives Mammakarzinom einher, bei postmenopausalen Frauen sinkt es ab. Hingegen steigt das Risiko bei BRCA2Mutationen auch nach der Menopause weiter an. Hinsichtlich der Ovarialkarzinome liegt das Durchschnittsalter bei Trägerinnen eines mutierten BRCA1- oder BRCA2-Gens zum Zeitpunkt der Diagno-

sestellung um etwa 14 Jahre niedriger als beim sporadischen Ovarialkarzinom.

Indikation. Identifizierung von Frauen mit erhöhtem Risiko für ein Mamma- oder Ovarialkarzinom. Interpretation. Eine Untersuchung des BRCA1- und BRCA2-Status bei Frauen mit einer familiären Belastung hinsichtlich eines Mamma- oder Ovarialkarzinoms kann Anlass für eine engmaschige und intensive Vorsorge sein. Allerdings sind dabei auch ethische und psychologische Aspekte zu berücksichtigen, da möglicherweise gesunde Frauen ohne spezifische Symptome für eine maligne Erkrankung als „krank“ oder „sehr gefährdet“ eingeordnet werden, was auf die weitere Lebensqualität negative Auswirkungen haben kann. Deshalb ist auf eine Einbettung der Untersuchung in eine ausführliche Beratung und ein intensives, multimodales Vorsorgeprogramm zu achten. Literatur. Nicoletto MO, Donach M, De Nicolo A et al (2001) BRCA1 and BRCA2 mutations as prognostic factors in clinical practice and genetic counselling. Cancer Treatment Rev 27:295–304 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Brechung 7 Refraktion

Brechungsgesetz von Snellius 7 Refraktion

Brechungsindex 7 Refraktion

Brechungszahl 7 Refraktion

Brenztraubensäure 7 Pyruvat

Briefkuvert-/Umschlag-förmige Kristalle, sanduhrförmige Kristalle 7 Oxalatkristalle

Brillantkresylblaufärbung H. Baum

Definition. Vitalfärbung der Substantia reticulogranulofilamentosa in Retikulozyten.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Der basische Farbstoff Brillantkresylblau färbt in Retikulozyten (jugendlichen Erythrozyten) die präzipitierten Nukleinsäuren (RNA) an. Dazu wird zu gleichen Teilen Blut und Farbstoff gemischt, mindestens 15 Minuten inkubiert und auf einem Objektträger ausgestrichen. Nach Lufttrocknung erfolgt die Auszählung der gefärbten Retikulozyten unter dem Mikroskop mit 1000facher Vergrößerung.

Einsatzgebiet. Retikulozytenzählung Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut, Kapillarblut Fehlermöglichkeit. Eisenhaltige Granula (Siderosomen) werden ebenfalls angefärbt, sodass bei Vermehrung von 7Siderozyten falsch hohe Retikulozytenwerte resultieren können. Zudem färben sich 7HeinzKörper, 7Howell-Jolly-Körperchen und 7Plasmodien ebenfalls an. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es handelt sich um eine

Bromsulphthaleintest

einfach durchzuführende Handmethode. Sie ist nicht automatisierbar, die Kosten für Reagenzien und andere Materialien sind gering.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Färbung der Erythrozyten mit der Brillantkresylblau-Färbung dient dem Nachweis von Retikulozyten. Auf Grund der hohen Unpräzision dieser Handmethode (intralaboratorieller VK etwa 25 %) und der subjektiven Zuordnung der untersuchten Zellen ist die Methode in ihrer Zuverlässigkeit stark von der Erfahrung des Untersuchers abhängig.

Literatur. Thomas L (1998) Retikulozyten. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 5. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft, Frankfurt, S 496–497

Bröckchenausstrich 7 Knochenmarkausstrich

Bromelintest 7 Enzymtest

Bromid W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. bromide Definition. Bromid (Br–) Halogenid (VII Hauptgruppe) Molmasse. 79,92 g –

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Br wird oral appliziert und renal eliminiert. Aus bromhaltigen Pharmaka wie Bromureiden (z. B. Carbromal) wird im Rahmen des Metabolismus Br– freigesetzt.

Spezifität (andere Proteine sollten keine Bindung mit dem Farbstoff eingehen) und eine gewisse Robustheit der Bindung bei geringen Änderungen von Ionenstärke und pH-Wert. Die Lichtabsorption des Farbkomplexes sollte ausreichend weit von der Absorption des freien Farbstoffes und auch von den Lichtabsorptionen von 7 Bilirubin und 7 Hämoglobin sein. Mit dem oben genannten Verfahren der Albuminbestimmung werden diese Forderungen weitgehend erfüllt. Hämolyse und Hyperbilirubinämie stören den Test nicht. α1- und α2Globuline binden wesentlich langsamer an BCG. Bei der gewählten Messzeit von 30 s nach dem Mischen von Farbstoff und Serum ist dieser Einfluss minimiert. Allerdings ist er nicht ganz zu unterdrücken, so dass bei Konzentrationen im Serum von < 30 g/L die immunchemische Bestimmung des Albumins häufig empfohlen wird. Die Vergleichbarkeit der Albuminbestimmung mit Bromkresolgrün und mit immunchemischen Methoden wurde als sehr gut eingeschätzt, jedoch wurde dabei eine 7 bichromatische Methode benutzt. In den 7 monochromatischen Methoden wird Albumin im Serum dann „über“bestimmt, wenn sich 7 Heparin und 7 Fibrinogen in der Probe befinden, beispielsweise im Heparinplasma. Abhilfe schafft dabei ebenfalls die Benutzung einer bichromatischen Methode. Arzneimittel und Metabolite beeinflussen die Ergebnisse erst bei sehr hohen Konzentrationen (Clofibrate, Phenylbutazon). Im Urin und Liquor ist das Verfahren gestört wegen zu starker pH-Verschiebungen bzw. Peptidanteilen. Bedeutung: Bei bichromatischer Messung ist die Methode im Serum zuverlässig und vergleichbar mit den immunchemischen Verfahren.

Literatur. Hafner G, Endler Th, Oppitz M et al (1995) Effects of Standardization with the New International Reference Preparation for Proteins in Human Serum on Method Comparability and Reference Values. Clin Lab 41:743–748

Halbwertszeit. 300 h im Plasma

Bromsulphthaleintest

Funktion und Pathophysiologie. Hohe Bromidkonzentrationen füh-

A.M. Gressner, O.A. Gressner

ren zu Koordinationsstörungen, Verwirrtheit, Halluzinationen und Lähmung. Sie treten auf bei einmaliger Einnahme von über 20 g Br– sowie bei chronischer Applikation, wenn eine renale Insuffizienz vorliegt. Davon unabhängig gibt es individuelle Überempfindlichkeitsreaktionen (Bromismus).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Urin –

Analytik. Br -sensitive Elektroden oder photometrische Bestimmung (Kisser).

Referenzbereich — Erwachsene. Plasma: therapeutischer Bereich: 10–100 mg/L; toxisch: > 200–500 mg/L; komtös-letal: > 2000 mg/L

Indikation. Verdacht auf Bromidvergiftung oder Abusus von Bromureiden (Schlafmitteln) sowie Überwachung der Epilepsietherapie mit Br–. Interpretation. Wegen der langen 7 Halbwertszeit werden bei chro-

nischem Abusus bromhaltiger Präparate sehr hohe Br–-Konzentrationen im Plasma erreicht. Klinisch-chemische Verfahren zur Chloridbestimmung erfassen in der Regel auch Br–, z. T. stärker als Cl–, was zu falsch hohen „Chloridkonzentrationswerten“ führt und zu einer erniedrigten Anionenlücke.

Literatur. König H, Käferstein H (2009) Hypnotics and Sedatives. In: Külpmann WR (ed) Clinical Toxicological Analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 367–391

Bromkresolgrünmethode G. Töpfer

Englischer Begriff. bromcresol green (BCG) method Definition. 7 Albumin und Bromkresolgrün (BCG) bilden bei pH 4,2 einen Komplex, wobei Albumin als Kation den anionischen Farbstoff bindet. Der Komplex absorbiert Licht mit einem Maximum bei 628 nm. i Die Forderung an eine Farbstoffbindungsmethode ist eine hohe

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Synonym(e). Bromthaleintest; BSP Englischer Begriff. bromsulphthaleintest Definition. Die zu den hepatotropen Farbstoffeliminationstesten gehörende, heute obsolete Funktionsprüfung der Leber, insbesondere ihrer exkretorischen Leistung, basiert auf der 7 Clearance-Messung der intravenös verabreichten Markersubstanz Bromsulphthalein, die spezifisch von der Leberzelle aufgenommen und in die Galle exkretiert wird.

Durchführung. Der schnellen (< 10 s) i.v. Injektion von 5 mg BSP/ kg Körpermasse folgt 45 min später die Bestimmung der verbliebenen BSP-Konzentration im Serum, die in Prozent der initialen BSPKonzentration angegeben wird. Als 100 %-Wert wird eine tatsächlich (meistens 3 min p.i.) gemessene oder eine geschätzte (fiktive) BSPKonzentration zugrunde gelegt. Die Schätzung beruht auf der Annahme, dass sich die Dosis von 5 mg/kg in einem Plasmavolumen von 50 ml/kg homogen verteilt, entsprechend 100 mg/L (= 100 %). Funktion und Pathophysiologie. Das bereits im Jahr 1925 von Rosenthal und White als Testsubstanz eingeführte BSP (tetrabromiertes Phenolphthalein-Dinatriumsulfonat, 7 Abb. 1) wird nach i.v.-Applikation vorwiegend an 7 Albumin gebunden zur Leber transportiert, aktiv in die Leberzellen (Hepatozyten) aufgenommen und an Ligandin und Z-Protein gebunden (7 Abb. 2). Beide Vorgänge sind durch 7 Bilirubin, 7 Indocyaningrün und bestimmte Medikamente wie Rifampicin kompetitiv hemmbar. Vor Exkretion in die 7 Galle wird BSP überwiegend mit 7 Glutathion konjugiert (durch Ligandin = 7 Glutathion-S-Transferase katalysiert), was in geringem Umfange hydrolytisch zum BSP-Zysteinylglyzin und BSP-Zystein gespalten wird. Die aktive Exkretion in die Galle von sowohl konjugiertem als auch freiem BSP stellt den geschwindigkeitsbestimmenden und vulnerabelsten Teilschritt dar. Der teilweise Rückstrom von BSP aus der Zelle in die Zirkulation bewirkt eine komplizierte, biexponentielle BSP-Abstromkinetik aus der Blutbahn. Eine enterohepatische BSPZirkulation liegt nicht vor. Die Farbstoffextraktion aus dem Blut kann

B

282

Bromsulphthaleintest

Serumprobe mit alkalischem Phosphatpuffer unter Zugabe des starken Anions Natrium-p-Toluol-Sulfonat, welches BSP aus der Albuminbindung freisetzt. Die entstandene Rotfärbung wird bei 580 nm gemessen (A1). Nach Ansäuerung wird der nun farblose Zustand der Probe erneut bei 580 nm (Leerwert) photometriert (A2). Die Differenz A1 – A2 ist der Farbstoffkonzentration proportional und kann anhand der Absorption (A3) eines BSP-Standards in alkalischer Lösung (50 mg/L entspricht 50 % Retention) in die prozentuale BSPRetention umgerechnet werden: BSP-Retention [%] =

A1 – A2 × 50 A3

Referenzbereich — Erwachsene. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Blutentnahme gelten als obere Retentionsgrenzen (7 Tab. 1): Bromsulphthaleintest. Tab. 1

Bromsulphthaleintest. Abb. 1.

nicht nur hepatisch sondern auch prä- und posthepatisch gestört sein: Prähepatisch durch reduzierte Leberdurchblutung; mangelhafte Farbstoffbindung an Transportproteine führt in Folge rascher extravasaler Diffusionen und renaler Elimination zu falsch-negativen Ergebnissen. Posthepatisch führen zum Beispiel Gallengangsobstruktionen zu falsch-positiven Ergebnissen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Präanalytik. Patient sollte 12 h nüchtern sein und 30 min vor BSPApplikation liegen.

Analytik. Die Bestimmung des BSP erfolgt durch Verdünnung der

Bromsulphthaleintest. Abb. 2. BSP-Elimination und ihre Störungen

nach 30 min

10 mg/L = 10 %-Retention

nach 45 min

5 mg/L = 5 %-Retention

nach 60 min

2 mg/L = 2 %-Retention

Referenzbereich — Kinder. siehe Erwachsene Indikation. Globale Erfassung von Leberfunktionsstörungen mit cholestatischer Komponente.

Interpretation. Der Test ist heute aufgrund selten beobachteter anaphylaktischer Reaktionen von ca. 1 zu 10⁵ gegen Brom nicht mehr im Gebrauch. Er stellte bis dahin eine einfache und empfindliche, ansonsten mit wenigen Nebenwirkungen belastete Leberzellfunktionsprüfung dar, wenn der Einfluss extrahepatischer Störgrößen der folgenden Art auszuschließen ist: Falsch positive Ergebnisse bei Hyperbilirubinämie > 20 mg/L, cholotropen Röntgenkontrastmitteln, bestimmten Medikamenten

Brucella sp.

Bromsulphthaleintest. Tab. 2. Beurteilung der BSP-Retentionswerte Verzögerte BSP-Elimination

Beschleunigte BSP-Elimination

Parenchymatöse Lebererkrankungen 5 Anikterische akute Hepatitis 5 Chronische Hepatitis 5 Fettleber 5 Toxische Schädigungen (Intoxikationen, Infektionen) 5 Zirrhosen

Hypalbuminämien größeren Ausmaßes 5 Nephrotisches Syndrom Medikamente 5 Phenobarbital 5 Sulfonylharnstoffe 5 Sulfonamide

Funktionelle Lebererkrankungen und -störungen 5 Rotor-Syndrom 5 Dubin-Johnson-Syndrom 5 Panhypopituitarismus 5 Neonatalperiode Extrahepatische Gallenwegsobstruktion 5 Choledocholithiasis 5 Papillenstenose Störungen der Hämozirkulation 5 Herzinsuffizienz (Stauung) 5 Schock 5 Hypovolämie

283

Indikation.

5 Infektionen (einschließlich Pilzerkrankungen) bei immundefizienten Patienten und entzündliche Aktivitäten bei interstitiellen Lungenerkrankungen 5 Allergische Alveolitiden, Sarkoidose, M. Wegener 5 Pneumokoniosen, wie Asbestose, Silikose und Berrylliose (Berufskrankheiten!) 5 Tumorverdacht, wie Bronchialkarzinom, Lymphangiosis carcinomatosa und Leukämie Nachteile der BAL sind die hohe intraindividuelle und analytische Variabilität und Veränderungen der Zellen durch die Prozedur. Die Differenzialzytologie bedarf der sofortigen Zytozentrifugenpräparation (7 Liquor-Zytozentrifugenverfahren). An die BAL kann eine Bürstenzytologie angeschlossen werden. Die Bestimmung löslicher Messgrößen erfordert eine laborinterne Standardisierung (7 Standardarbeitsanweisung) und die Ermittlung eigener 7 Referenzbereiche. Bei Vorliegen von Alveolarproteinosen kann die BAL auch zur Therapie genutzt werden.

Literatur. Costabel U (1994) Atlas der bronchoalveolären Lavage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart-New York Griese M, Tredano M, Nicolai T, Bahuau M (2002) Molekulare Grundlagen und Klinik der pulmonalen Alveolarproteinosen. Dtsch Arztebl 99:A1013–A1023

Brown Sugar T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

Medikamente 5 Anabole Steroide Östrogene (Kontrazeptiva) 5 Rifampicin 5 Gallepflichtige Röntgenkontrastmittel

(7 Tab. 2), starker Adipositas (infolge relativer Überdosierung des BSP) und Orthostase (infolge reduzierter Leberdurchblutung). Falsch negative Ergebnisse infolge starker Hypalbuminämie, bei einigen Medikamenten und starkem Untergewicht. Physiologische Retentionserhöhungen sind bei Neugeborenen in Folge unreifer Exkretionsmechanismen, in der Schwangerschaft als Folge einer Exkretionsstörung durch Hyperöstrogenismus und bei älteren Personen über 70 Jahre zu beobachten.

Diagnostische Wertigkeit. Die klinische Beurteilung der BSP-Retentionswerte ist in Tabelle 2 zusammengefasst. Literatur. Preisig R (1985) Fremdsubstanzen als Indikatoren der Leberfunktion. Schweiz med Wschrift 115:36–42

Bromthaleintest 7 Bromsulphthaleintest

Bronceblau 7 Berlinerblau-Reaktion

Bronchoalveoläre Lavage H. Fiedler

Englischer Begriff. bronchoalveolar lavage, BAL Definition. Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist eine fiberoptische Methode zur Gewinnung von Zellen, Proteinen und Infektionserregern aus der Spülflüssigkeit. i Für differenzialdiagnostische Zwecke hat die BAL weitgehend das Sputum als Untersuchungsmaterial abgelöst.

Brucella sp. W. Stöcker

Englischer Begriff. Brucella Beschreibung des Erregers. Brucellen sind gramnegative, unbewegliche, zierliche, obligat aerob wachsende, kokkoide Stäbchenbakterien (7 Bakterien), die keine Sporen bilden. Ihre äußere Hüllmembran enthält ein 7 Lipopolysaccharid, das in seiner toxischen Wirkung dem 7 Endotoxin der Enterobakterien ähnelt. Durch antileukozytär wirkende Schutzfaktoren wehren sich Brucellen gegen intrazelluläre Bakterizide, was ihnen das Überleben und die Vermehrung in 7 Leukozyten und Makrophagen ermöglicht. Die Gattung Brucella ist taxonomisch derzeit der Alpha-2-Subgruppe der Proteobakterien in der Familie Brucellaceae zugeordnet. Es werden 6 Spezies unterschieden. Humanpathogen sind B. abortus (Hauptwirt Rind), B. suis (Schwein), B. melitensis (Schaf, Ziege) und B. canis (Hund), nicht aber B. ovis (Schaf) und B. neotomae (Wüstenratte). Erkrankungen. Die Brucellose ist eine Anthropozoonose, die in Mitteleuropa dank veterinärmedizinischer Kontrollmaßnahmen nur noch selten auftritt (Deutschland: 24–37 Meldungen/Jahr). Die Übertragung des Erregers auf den Menschen erfolgt vor allem bei Veterinären, Landwirten, Metzgern oder Laborpersonal durch den direkten Kontakt mit infizierten Tieren und deren Ausscheidungen bzw. über Aerosole. Außerdem kann eine Infektion durch den Verzehr kontaminierter Milch- und Fleischerzeugnisse stattfinden. Ansteckungen von Mensch zu Mensch sind selten. Die Manifestationen der Brucellose (B. abortus: Morbus Bang) sind vielfältig. Bis zu 90 % aller Infektionen verlaufen subklinisch. Akute Verlaufsformen beginnen nach einer Inkubationszeit von einer bis mehreren Wochen schleichend mit Fieber, Übelkeit, Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Nachtschweiß sowie Gewichtsverlust. Es folgt, bedingt durch Phasen der passageren Ausschwemmung von Brucella aus den typischen Granulomen, ein charakteristisches undulierendes Fieber, das 7 bis 21 Tage andauert und von mehrtägigen fieberfreien Intervallen unterbrochen sein kann. In unterschiedlicher Ausprägung kommen Lymphknoten-, Milz- und Leberschwellung vor. Bei chronischer Brucellose treten neben unspezifischen Allgemeinsymptomen (Depression und Schlaflosigkeit) verschiedene

B

284

Brushit

Organmanifestationen auf: Hepatosplenomegalie, Orchitis, Pyelonephritis, Endokarditis, Osteomyelitis, Arthritis sowie Meningoenzephalitis.

Therapie und Prophylaxe. Mehrwöchige antibiotische Kombinationstherapie (7Antibiotika) mit z. B. Doxycyclin und Gentamycin, die das intrazelluläre Wachstum von Brucella berücksichtigt. Invitro-Testergebnisse lassen an der klinischen Wirksamkeit zweifeln. Gelegentlich ist chirurgische Intervention indiziert. Prävention: Überwachung der Ställe, Ausrottung infizierter Tierbestände, Kadaver-Vernichtung, Importaufsicht, Pasteurisierung der produzierten Milch. Beruflich exponierte Personen sollten sich durch angemessene Sicherheits- und Hygienemaßnahmen schützen. Ein Impfstoff für den Menschen wurde bislang nicht entwickelt. Laut Infektionsschutzgesetz ist der direkte oder indirekte Nachweis von Brucellen, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich meldepflichtig.

Analytik. Der direkte Erregernachweis erfolgt mittels PolymeraseKettenreaktion (7 PCR). Für den kulturellen Nachweis werden Brucellen in komplexen flüssigen Nährmedien (z. B. Brain-HeartInfusion-, Tryptose-, Albimi-Bouillon oder Blutkulturflaschen) bis zu 4 Wochen angereichert und in regelmäßigen Abständen auf festen Nährböden (Tryptose-Blut-, Tryptose-Soja-, Albimi-Agar) ausgestrichen und bis zu 8 Tage inkubiert. Die Bebrütung erfolgt unter aeroben Bedingungen bei 35 °C. Zur Identifizierung der langsam wachsenden Kolonien werden Morphologie, wie weiche oder raue Kolonieform, negatives Gramverhalten, biochemische Merkmale (Oxidase positiv, Katalase positiv, Urease positiv, 7 Glukose- und Laktosefermentation negativ) sowie positive 7 Agglutination mit Brucella-Antiserum beurteilt. Spezifische 7 Antikörper gegen Brucellen können durch Langsam-Agglutination (Widal-Reaktion), Komplementbindungsreaktion (KBR) oder ELISA bestimmt werden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Blut (7 Voll-

blut), Liquor (7 Liquor cerebrospinalis), 7 Urin, Punktat (Knochenmark, Gelenkpunktat) und Biopsien (Leber, Milz, Lymphknoten). Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Da die klinische Diagnose der Brucellose durch die mannigfaltige Symptomatik erschwert wird, ist neben anamnestischen Angaben der labordiagnostische Nachweis ausschlaggebend. Die PCR gilt als spezifisches und sensitives Verfahren, mit dem die verschiedenen Brucella-Spezies in kurzer Zeit identifiziert werden können. Der kulturelle Erregernachweis ist aufgrund des langsamen In-vitro-Wachstums der Brucellen zeitintensiv und bleibt im chronischen Krankheitsstadium oft erfolglos. In der Serologie werden Agglutinationstests zunehmend durch spezifische Enzymimmuntests ersetzt. Eine Unterscheidung zwischen akuter, subakuter und chronischer Brucellose ist mit Hilfe der Antikörpertiter von Brucella-spezifischem IgA, IgG und IgM möglich. Zu beachten sind Kreuzreaktionen mit den O-Antigenen von z. B. Yersinia enterocolitica, Francisella tularensis, Vibrio cholerae, Escherichia coli sowie Salmonellen.

Literatur. Hahn H, Falke D, Kaufmann SHE, Ullmann U (Hrsg) (2005), Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer-Verlag, 5. Aufl., 319–323 Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) (2009) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. SpringerVerlag, 3. Auflage, 115–118

Brushit 7 Calciumphosphatstein

Brutto/Netto-Statistik O. Colhoun

Englischer Begriff. gross/net-statistics Definition. Mengenerfassung (7 Leistungsstatistik) für analytische und nicht-analytische Leistungen im 7 Labor-EDV-System.

i Die Gesamtzahl der beantragten Untersuchungen abzüglich der vom Laboratorium zurückgewiesenen oder weitergeleiteten Untersuchungen ergibt die Nettostatistik. Sie wird für die interne Leistungsverrechnung, Einsenderstatistiken und die Kostenrechnung benötigt. Die aufgrund der beantragten Untersuchungen durchgeführten Einfach- und Mehrfachuntersuchungen einschließlich aller erforderlichen Zusatzuntersuchungen (z. B. Qualitätskontrollen) ergeben die Bruttostatistik. Sie ist relevant für die Qualitätssicherung, Personalplanung und Betriebsvergleiche.

Literatur. Tiran A, Appel S, Asper R et al (2002) Controlling im Medizinischen Labor. Laboratoriums Medizin 26(5–6):254–266

BSG 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

BSP 7 Bromsulphthaleintest; 7 Knochensialoprotein

B-Substanz 7 B-Antigen

BTA 7 Bladder tumor antigen

BTEX 7 Aromate

BtMG 7 Betäubungsmittelgesetz

BTPS 7 Body Temperature and Ambient Pressure, Fully Saturated

B-Transferase 7 Glykosyltransferasen A und B

BÜ 7 Basenabweichung

Bufo vulgaris 7 Schwangerschaftstest nach Aschheim und Zondek

Bundesanstalt für Sera und Impfstoffe 7 Paul-Ehrlich-Institut

Bundesärztekammer A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). BÄK Definition. Die BÄK vertritt als Arbeitsgemeinschaft der 17 Deutschen Landesärztekammern die berufspolitischen Interessen von etwa 388.000 Ärztinnen und Ärzten in der Bundesrepublik Deutschland, entwickelt Konzepte und Perspektiven für eine Gesundheits-

Bureau international des poids et mesures

und Sozialpolitik und übernimmt dabei mittelbar auch gesetzliche Aufgaben, z. B. im Rahmen der Qualitätssicherung und Transplantationsgesetzgebung.

285

tionstherapie Heroinabhängiger eingesetzt sowie als Analgetikum bei Tumorpatienten und Operationen.

B

i Die BÄK ist aus der im Jahr 1947 gegründeten Arbeitsgemein-

schaft der Westdeutschen Ärztekammern hervorgegangen und stellt heute die Arbeitsgemeinschaft von 17 Landesärztekammern und somit einen organisatorischen Zusammenschluss von Körperschaften öffentlichen Rechts dar. Der einzelne Arzt gehört der BÄK lediglich mittelbar über die Pflichtmitgliedschaft in seiner Ärztekammer an. Die BÄK wirkt aktiv am gesundheitspolitischen Meinungsbildungsprozess der Gesellschaft mit und entwickelt Konzepte und Perspektiven für eine verantwortungsbewusste Gesundheits- und Sozialpolitik. Sie vertritt dabei die berufspolitischen Interessen von gegenwärtig 388.201 Ärztinnen und Ärzte (Stand: 31.12.2003). Die Aufgaben in Gesundheitspolitik, Ethik und Wissenschaft, Fort- und Weiterbildung wird von folgenden Organen der BÄK getragen: Deutscher Ärztetag (Hauptversammlung der BÄK), Vorstand der BÄK, Gremien der BÄK, Ausschüsse und Konferenzen der BÄK. Adresse: Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Platz 1 10623 Berlin Tel: 030/400456-0 Fax: 030/400456-388 E-Mail: [email protected] Internet: www.bundesaerztekammer.de

Buprenorphin. Abb. 1. Struktur

Molmasse. 467,65 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei sublingualer Gabe 30 % Bioverfügbarkeit. Ausscheidung überwiegend nach Metabolisierung über die Galle, aber auch im Urin. Halbwertszeit. 3–5 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Neben der zentral vermittelten Analgesie tritt Sedierung, aber auch Konfusion und Dysphorie auf, sowie Miosis, Bradykardie und Übelkeit, bei Überdosierung Atemdepression oder Atemlähmung. Toleranzentwicklung bei regelmäßiger Zufuhr. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma

Bundesgesundheitsamt-Richtwert D. Meissner

Analytik. 7 Immunoassay (Urin), HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Referenzbereich — Erwachsene. Plasma: therapeutischer Bereich:

Synonym(e). BGA-Richtwert

0,001–0,005 mg/L; toxisch: > 0,2 mg/L; komatös-letal: > 4 mg/L

Englischer Begriff. federal public health office value

Indikation. Überwachung Buprenorphin substituierter Patienten

Definition. Maßzahl zur orientierenden Beurteilung der Belastung mit Schadstoffen, speziell Schwermetallen und Nitrat, durch Lebensmittel. i Vom früheren Bundesgesundheitsamt festgelegter Richtwert für den Gehalt an Schadstoffen in Lebensmitteln. Dieser geht von der aktuellen Belastungssituation aus und hat keinen direkten Bezug zu gesundheitsrelevanten Schwellenwerten. Eine Überschreitung des Richtwertes gibt Hinweise auf zusätzliche Kontaminationsquellen.

Literatur. Hapke HJ (1999) Ableitung von Grenzwerten (Umweltstandards) – Lebensmittel. In: Wichmann HE, Schlipköter HW, Fülgraff G (Hrsg) Handbuch der Umweltmedizin. ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg/Lech, III-1.3.6

Bunsen, Robert Wilhelm T. Arndt

Lebensdaten. Geb. 31. März 1811 in Göttingen, gest. 16. August 1899 in Heidelberg

Verdienste. Professor der Chemie in Kassel, Marburg, Breslau und Heidelberg. Isoliert die Metalle Aluminium, Calcium, Magnesium, Lithium u. a. Erfindet das Kohle-Zink-Element, die Wasserstrahlpumpe, das Eiskalorimeter, das Fettfleckphotometer, die Iodometrie, das Bunsenventil und den Bunsenbrenner. Entwicklung der Spektralanalyse (7 Spektralphotometrie) gemeinsam mit Kirchhoff. Entdeckt mit dieser Methode gemeinsam mit Kirchhoff die Alkalimetalle Rubidium und Cäsium. Namensgeber der „Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Angewandte Physikalische Chemie“.

Buprenorphin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. buprenorphine Definition. Opioid (7 Abb. 1) regional in Deutschland zur Substitu-

sowie Erkennung von Buprenorphin-Missbrauch (aus illegalem Verkauf). Der immunchemische Buprenorphinnachweis im Urin erlaubt keine Unterscheidung, ob der Patient Buprenorphin eingenommen oder aber nachträglich dem Urin zugefügt hat.

Literatur. Külpmann WR (2009) Buprenorphine. In: Külpmann WR (ed) Clinical Toxicological Analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 216–218

Bureau international des poids et mesures A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). BIPM Definition. Von der so genannten „Meter Convention“ gegründete internationale Einrichtung, die ein kohärentes, weltweit akzeptiertes Mess- und Maßsystem entwickelt und verbreitet. i Das BIPM wurde von der „Meter Convention“ in Paris am 20. Mai 1875 von 17 Nationen gegründet und hat seither seinen Sitz in Sèvres, in der Nähe von Paris. Der internationale Prototyp des Kilogramms und des Meters befindet sich im Institut. Seit 1985 ist das BIPM für die französische Atomzeit verantwortlich. Die Aufgabe von BIPM ist, die Basis für ein einziges, kohärentes Messund Maßsystem zu entwickeln, welches auf 7 SI-Einheiten (international system of units) rückführbar ist und weltweit anerkannt wird. Diese Aufgabe reicht von der direkten Verbreitung von Einheiten (z. B. für Masse und Zeit) bis hin zur Koordination von internationalen Vergleichen nationaler Messstandards, z. B. Länge, Elektrizität und ionisierende Strahlung. Das BIPM setzt sich aus 70 internationalen Experten zusammen. Von BIPM wird das internationale Journal „Metrologia“ publiziert.

Adresse: Pavillon de Breteuil F-92312 Sèvres Cedex France www.bipm.org

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Bürette

Bürette 7 Messvorrichtungen, volumetrische

Bürker-Kammer 7 Zählkammer; 7 Erythrozytenzählung

Burst Forming Unit-Erythrozyt 7 BFU-E

1,4-Butandiol 7 γ-Hydroxybutyrat

Molmasse. 375,9 g (Haloperidol) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das wichtigste Pharmakon dieser Gruppe ist Haloperidol. Das oral applizierte Präparat besitzt eine Bioverfügbarkeit von 60 %. Es unterliegt einem ausgeprägten First-Pass-Effekt und wird hepatisch oxidiert und dealkyliert. Nur 3 % der Dosis werden unverändert renal eliminiert.

Halbwertszeit. 10–36 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Haloperidol ist ein Dopaminantagonist. Bei Intoxikation findet sich Dyskinesie, Parkinsonismus, malignes neuroleptisches Syndrom, kardiale Arrhythmien, Tachykardie, Myoglobinurie, Katatonie und Koma mit Atemdepression.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma

Butenandt, Adolf

Analytik. HPLC, GC, GC-MS, LC-MS/MS

W. Hubl

Referenzbereich — Erwachsene. Plasma: therapeutischer Bereich

Lebensdaten. Geb. 24. März 1903 in Lehe bei Bremerhaven; gest. 18. Januar 1995 in München. Chemiestudium in Marburg und Göttingen; Promotion bei Adolf Windaus (Nobelpreis 1928) in Göttingen; 1927–1930 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Chemie in Göttingen; 1931 Habilitation; 1931–1933 Privatdozent und Leiter der organischen und biochemischen Abteilung des Allgemeinen Chemischen Labors; 1933–1936 Ordinarius und ordentlicher Professor an der Technischen Hochschule in Danzig; 1936 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Institutes für Biochemie, das nach 1945 in Max-Planck-Institut für Biochemie umbenannt wurde und zunächst nach Tübingen und später nach München verlegt wurde. 1956 wurde er Professor für Physiologische Chemie an der Universität München und war bis 1960 der Direktor des Instituts. 1960–1971 war er Präsident der Max-Planck-Gesellschaft als Nachfolger des Nobelpreisträgers Otto Hahn.

Haloperidol: 0,005–0,02 mg/L; toxisch: > 0,05 mg/L; komatös-letal: > 0,18 mg/L

Indikation. Verdacht auf Intoxikation Literatur. Degel F, Birkhahn HJ, Demme U, Lampe D et al (2009) Neuroleptic drugs and antidepressants. In: Külpmann WR (ed) Clinical Toxicological Analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 393–453

B-Zell-Differenzierung H. Baum

Englischer Begriff. B-cell differentiation Definition. Differenzierung der B-Zelle aus der lymphatischen 7 Stammzelle zur Plasma- oder Memoryzelle.

Verdienste. Isolierung und Konstitutionsermittlung der weiblichen

i Der Vorgang der Ausreifung des B-Lymphozyten aus der lym-

Literatur. Nobelprize.org: The Nobel Prize in Chemistry 1939 Adolf Butenandt, Leopold Ruzicka: http://nobelprize.org/nobel_prizes/ chemistry/laureates/1939/butenandt.html

phatischen Stammzelle zur Antikörper-sezernierenden Plasmazelle wird als B-Zell-Differenzierung bezeichnet. Dabei ist nur die letzte Entwicklungsstufe antigenabhängig. Den ersten Hinweis auf eine Entwicklung zur B-Zelle gibt der Nachweis des Ig-Rearrangements in der B-Vorläuferzelle. Die weitere Entwicklung läuft über die PräB-Zelle, in welcher erstmals intrazytoplasmatisch μ-Ketten (schwere Ketten) nachweisbar sind zur unreifen B-Zelle, die an ihrer Oberfläche IgM exprimieren. Nach Ausreifung können auf der nächsten Reifungsstufe, der reifen B-Zelle, alle für die B-Zelle typischen Oberflächenantigene und Immunglobuline vom Typ IgM und IgD nachgewiesen werden. Diese reife B-Zelle wandert vom Knochenmark in die peripheren lymphatischen Organe, wo unter Antigeneinfluss die terminale B-Zellreifung zur Antikörper-sezernierenden Plasmazelle oder Memoryzelle stattfindet.

und männlichen Sexualhormone 7 Estron, 7 Androsteron, 7 Testosteron und 7 Progesteron. Für die Identifizierung der Sexualhormone erhielt er im Jahr 1939 gemeinsam mit Leopold Ruzicka (Studien an Polymethyenen und höheren Terpenen) den Nobelpreis für Chemie.

Butterfly-Nadeln 7 Nadeln zur Blutentnahme

Butyrophenone W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. butyrophenones Definition. Neuroleptika (7 Abb. 1, 7 Abb. 2)

Literatur. Sagaert X, De Wolf-Peeters C (2003) Classification of Bcells according to their differentiation status, their micro-anatomical localisation and their development lineage. Immunol Lett 90:179–186

B-Zelle 7 B-Lymphozyt

B-Zellen-Aktivierungsfaktor 7 Interleukin-1 Butyrophenone. Abb. 1. Butyrophenon

B-Zellen-Differenzierungsfaktor (BCDF) 7 Interleukin-6

Butyrophenone. Abb. 2. Haloperidol

C C4A 7 Chido/Rodgers-Blutgruppensystem

CA 7 Carbohydrate antigen

C- und c-Antigen 7 Rhesus-Blutgruppensystem

CAAT-Box R. Weiskirchen

Synonym(e). CCAAT-Box Definition. Teil einer konservierten Sequenz, die stromaufwärts vom Startpunkt eukaryontischer Transkriptionseinheiten liegt. i Die CAAT-Box ist ein Teil des Promotors einiger eukaryon-

tischer und virale Gene. Sie besitzt die konservierte Basenabfolge (GGNCAATCT) und liegt etwa 80–120 7 Basenpaare vor derjenigen Stelle, an der die 7 Transkription eines Gens beginnt. Sie wirkt in beiden Orientierungen und ist Bindungsstelle für einzelne Transkriptionsfaktoren und der 7 RNA-Polymerase. Ihre Empfindlichkeit gegenüber Mutationen lässt darauf schließen, dass sie wesentlich zur Effizienz des Promotors beiträgt. An der Spezifität eines Promotors ist sie offenbar nicht direkt beteiligt, gleichwohl erhöht ihr Vorhandensein die Promotorstärke.

Literatur. Lewin B (2002) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

Cabot-Ringe H. Baum

Synonym(e). Cabot-Schleip-Ringe Englischer Begriff. Cabot's ring bodies Definition. Ringförmige oder schleifenförmige, basophile, fadenartige Gebilde in Erythrozyten. i Cabot-Ringe sind ring- oder schleifenförmige intraerythrozytäre

Einschlusskörper (7 Abb. 1). Die genaue Herkunft der Cabot-Ringe ist nicht sicher geklärt. Es wird diskutiert, ob es sich um Reste der

Kernmembran, der Spindelfasern, toxische Produkte oder lediglich um ein Artefakt handelt. Cabot-Ringe sind häufig bei schweren Anämien nachweisbar und werden als Zeichen einer überstürzten und gestörten Blutregeneration interpretiert.

Literatur. Kaboth W (1993) Anämien. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 243

Cabot-Schleip-Ringe 7 Cabot-Ringe

Cadmium D. Meissner

Synonym(e). Kadmium Englischer Begriff. cadmium Definition. Cadmium (chemisches Symbol Cd) ist ein dem Zink chemisch verwandtes, giftiges 7 Übergangsmetall mit der Ordnungszahl 48. Es gehört zu den für den Menschen nicht essenziellen 7 Ultraspurenelementen. Struktur. Cadmium liegt als zweiwertiges Kation vor. Im Blutplasma ist Cd vorwiegend an 7 Albumin und 7 α₂-Makroglobuline, in Zellen zum großen Teil an 7 Metallothionein (MT) gebunden. In seinem Ionenradius ist Cd dem 7 Calcium ähnlich. Molmasse. Relative Atommasse: 112,41 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Cadmium wird hauptsächlich über die Nahrung, nur zu einem geringen Teil über Trinkwasser und die Atemluft aufgenommen. Die Resorptionsrate beträgt 5 %, sie erhöht sich bei Calcium-, Eisen- und Proteinmangel auf 15–20 %. Im Blut liegt Cd an Erythrozyten und Lymphozyten gebunden vor, der Anteil im Plasma ist gering. In der Leber, die etwa 15 % des Körpercadmiums enthält, induziert Cd die Synthese des MT und wird von diesem gebunden. MT übt neben der Speicher- eine Schutzfunktion aus, indem es freies Cd bindet. Als MT-Komplex gelangt Cd zur Niere als dem Hauptspeicherorgan (50 % der Körperlast). Dort wird Cd-MT glomerulär filtriert, tubulär rückresorbiert und in den Tubuluszellen gespeichert, was zu einer Akkumulation in der Nierenrinde führt. Resorbiertes Cd wird renal, der Rest über den Stuhl ausgeschieden. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 1 μg/kg KG.

Halbwertszeit. Zweiphasige Ausscheidungskinetik: schnell 75– 128 Tage, langsam 10–30 Jahre Funktion und Pathophysiologie. Eine physiologische Funktion des Cadmiums ist für den Menschen nicht bekannt, dagegen hat es als Umweltgift Bedeutung. Cadmiumquellen sind Industrieemissionen, belastete Böden und Nahrungsmittel, Düngemittel, Farben, Glasuren, Akkumulatoren, Batterien, Zusätze zu Kunststoffen, Tabakrauch. In Abhängigkeit vom Aufnahmeweg, der aufgenommenen Menge und der Widerstandsfähigkeit des Organismus treten bei erhöhter Zufuhr akute und/oder chronische Intoxikationen mit verschieden schweren klinischen Symptomen auf, die bei akuter Belastung bis zum Tod führen können. Im Vordergrund stehen Nephrotoxizität (Proteinurie, Reduzierung der glomerulären Filtration), Wirkungen auf das Gefäßsystem (Bluthochdruck) und kanzerogene Wirkungen (Lungenkrebs nach Inhalation). In Japan wurden bei hoher Belastung Störungen des Knochenstoffwechsels (Itai-Itai-Krankheit) beobachtet. Cabot-Ringe. Abb. 1. Cabot Ring, 1000×, May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Blut, Urin, Haare

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_3, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

288

CAF-Elektrophorese

1 Jahr

ist möglich (Saliva-Variante). Die Variante des 13C-Caffein-Atemtests misst nach oraler Aufnahme die Menge des exhalierten 13CO₂.

Präanalytik. Blutabnahme in mit Li-Heparin oder EDTA vorgefüllte

Halbwertszeit. 2–5 h

Probenstabilität. Blut und Urin: 20 °C, 4–8 °C: 28 Tage, –20 °C:

Spurenelementröhrchen. Für Urin keine Glasgefäße verwenden. Längere Aufbewahrung bei –20 °C möglich. Urin kann mit Salpetersäure (suprapur, 1 mL/L Urin) angesäuert werden. Gefäße abdecken (keine Gummistopfen). Kontamination vermeiden.

Analytik. Elektrothermische Atomabsorptionsspektrometrie, Potentiometrische Stripping Analyse

Konventionelle Einheit. μg/L, μg/d, μg/g, μg/g Kreatinin

Funktion und Pathophysiologie. Oral aufgenommenes Caffein (1,3,7-Trimethylxanthin) wird vollständig intestinal resorbiert und zu 97 % in der Leber metabolisiert. Die Proteinbindung ist relativ gering (ca. 40 %). Wie bei Aminopyrin erfolgt durch 7 Cytochrom P450-abhängige mikrosomale Oxigenasen (im Wesentlichen durch CYP1A2) eine N-Demethylierung zu renal eliminiertem Methylxanthin und zu exhaliertem CO₂. Die Caffeinclearance ist verlängert bei Patienten mit ausgeprägter Leberzellinsuffizienz (bis zu 20 h).

Internationale Einheit. nmol/L, nmol/d, nmol/g

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Speichel

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L (d, g) =

(Saliva)

8,896 × μg/L (d, g), μg/L (d, g) = 0,1124 × nmol/L (d, g)

Präanalytik. Patient sollte 12 h nüchtern sein und 30 min vor Caffe-

Referenzbereich — Erwachsene (Nichtraucher). Blut: < 1,0 μg/L,

inapplikation liegen.

Urin: < 0,8 μg/L, Haare: < 0,3 μg/g (Nichtraucher) < 0,3 μg/g

Analytik. Die Caffeinbestimmung kann mit 7 Enzymimmunoassay, 7 Gaschromatographie oder 7 Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) erfolgen.

Indikation. Verdacht auf akute oder chronische Cadmiumbelastung oder -vergiftung

min, altersabhängige Abnahme

Referenzbereich — Kinder. Blut: < 0,5 μg/L, Urin: < 0,5 μg/L, Haare:

Interpretation. Die Cd-Werte sind stark von der geographischen Region und der Umweltbelastung abhängig. Im Alter nehmen die Werte leicht zu. Raucher haben bis zu 5-fach höhere Werte als Nichtraucher. Cadmium im Blut dient der Erfassung der aktuellen (akuten) Belastung, Cadmium im Urin der Beurteilung der Gesamtkörperlast (chronische Belastung). Bei Überschreiten einer Blutkonzentration von 2 μg/L oder der 7 HBM-I-Werte im Urin sind Kontrolluntersuchungen angezeigt. Darüber hinaus sollten im Urin 7 β₂-Mikroglobulin oder 7 Retinol-bindendes Protein und 7 Albumin oder 7 Transferrin bestimmt werden. Cadmium im Haar ist als Belastungsindikator nicht geeignet und nur als Zusatzuntersuchung bei gering erhöhten Blut- und Urinwerten zu empfehlen. Es wird die Cd-Aufnahme während der Wachstumsphase des Haares angezeigt und es bestehen keine Zusammenhänge mit der Konzentration im Blut und Urin. 7 BAT-Wert: 15 μg Cd/L Blut, 15 μg Cd/L Urin HBM-I-Werte (Urin): Kinder und Jugendliche 0,5 μg/L, Erwachsene 1 μg/L; HBM-II-Werte (Urin): Kinder und Jugendliche 2 μg/L, Erwachsene 4 μg/L 7 PTWI-Wert: 7 μg Cd/kg KG, Grenzwert im Trinkwasser: 3 μg Cd/L. Diagnostische Wertigkeit. Diagnose einer übermäßigen Aufnahme, einer Belastung oder einer Vergiftung durch Cadmium.

Literatur. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes (2011) Aktualisierung der Stoffmonographie Cadmium – Referenz- und Human-Biomonitoring(HBM)-Werte. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 54:981–996

CAF-Elektrophorese 7 Celluloseacetatfolien-Elektrophorese

Caffein-Eliminationstest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Koffeinbelastungstest Englischer Begriff. caffeine elimination test, caffeine clearance test Definition. Quantitativer Leberfunktionstest bei dem nach oraler Verabreichung von Caffein (engl. für Coffein) dessen Eliminationsrate aus der Zirkulation, die nahezu ausschließlich von der funktionellen Leberzellmasse bestimmt ist, gemessen wird.

Durchführung. Nach Applikation von 280 mg Caffein oral oder 125 mg Caffein intravenös wird in seriell entnommenen Blutproben die Caffeinkonzentration im Serum zur Berechnung der Caffeinclearance (7 Clearance) gemessen. Eine Messung von Caffein im Speichel

Referenzbereich — Erwachsene. Plasmaclearance: > 2 mL/kg KG/ Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Diagnose, Verlaufskontrolle und Feststellung des Schweregrads einer Leberinsuffizienz im Rahmen fortschreitender chronischer Lebererkrankungen. Interpretation. Die Clearance ist reduziert bei ausgeprägter Leberzellinsuffizienz, jedoch bei milden und frühen Lebererkrankungen noch normal. Ob der Funktionstest eine prognostische Zusatzinformation gegenüber klinischen Parametern (z. B. 7 Child-Turcotte-Pugh-Score) bietet, ist kontrovers. Gegenüber dem vergleichbaren 7 Aminopyrinatemtest hat er den Vorteil der Nichtradioaktivität. Die Caffeinclearance ist vermindert bei fortgeschrittenem Alter und Patienten mit Cimetidin-Medikation. Beschleunigungen der Clearance finden sich bei Rauchern und bei Komedikation mit Rifampin, Carbamazepin, Kontrazeptiva und hohen Dosen von Omeprazol. Diagnostische Wertigkeit. Der klinische Einsatz des Caffeineliminationstests ist begrenzt.

Literatur. Park GJH, Katelaris PH, Jones DB et al (2003) Validity of the 13C-caffeine breath test as a noninvasive, quantitative test of liver function. Hepatology 38:1227–1236

β1C/β1A-Globulin 7 C3-Komplement

CAH (congenital adrenal hyperplasia)-Screening 7 17-Hydroxyprogesteron-Bestimmung aus Trockenblut

Calcidiol 7 Vitamin D

Calcitonin H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Thyreocalcitonin Englischer Begriff. calcitonin; thyrocalcitonin Definition. Calcitonin ist ein durch die C-Zellen der Schilddrüse produziertes Polypeptid aus 32 Aminosäuren.

Struktur. Speciesspezifisches Polypeptidhormon (mit 32 Aminosäureresten)

Calcitonin-Stimulationstest

Molmasse. ca. 305 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Calcitonin wird in den parafollikulären Zellen (C-Zellen) der Schilddrüse gebildet. ↑↑↑ Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom (MEN – multiple endokrine Neoplasie, C-Zell-Hyperplasie; oft über 500 pg/mL) ↑↑↑ unklare Durchfälle (10–30 % der medullären Schilddrüsenkarzinom-Patienten) ↑ Ektope Produktion bei nichtthyreoidalen Tumoren ↑ kleinzelliges Bronchialkarzinom ↑ Mammakarzinom ↑ Prostatakarzinom ↑ neuroendokrine Tumoren ↑ bei benignen Erkrankungen: ↑ perniziöse Anämie mit hohen Gastrinwerten ↑ chronische Niereninsuffizienz Unspezifische erhöhte Werte können gemessen werden bei: 5 letztes Trimenon einer Schwangerschaft 5 orale Kontrazeptiva 5 Calciumbelastung (nach Calciuminfusionen). Calcitonin wird durch eine akute Erhöhung der Calciumkonzentration im Plasma stimuliert. Die Ausschüttung erfolgt proportional zur 7 Calciumkonzentration des Blutplasmas und bewirkt eine schnelle und nur kurz dauernde Senkung der Calcium- und 7 Phosphatkonzentration. Dies entspricht einer antagonistischen Wirkung zum 7 Parathormon. Während des Wachstums hemmt Calcitonin die Osteoklastenaktivität, im Erwachsenenalter fördert es den Calciumeinbau ins Osteoid und reguliert in den Nieren und im Darm eine erhöhte Ausscheidung von Calcium-, Phosphat- und Natriumionen.

Halbwertszeit. Wenige Stunden. Funktion und Pathophysiologie. Calcitoninbestimmungen haben klinische Bedeutung bei medullären Schilddrüsenkarzinomen sowie bei nichtthyreoidalen Tumoren.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum oder Plasma, gefroren

Probenstabilität. Serum oder Plasma muss nach Gewinnung tiefgefroren werden. Calcitonin unterliegt proteolytischem Abau im Plasma, weshalb ein Zusatz von Proteinaseinhibitoren zur Probe empfohlen wird. 1 h stabilisiert (Aprotinin 400 kIU/mL).

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gastrintest sprechen für ein medulläres Schilddrüsenkarzinom/CZell-Hyperplasie, zum Beispiel im Rahmen einer MEN. Die Heilung eines medullären Schilddrüsenkarzinoms wird durch einen negativen Pentagastrintest reflektiert.

Diagnostische Wertigkeit. Gastrointestinale Hormone, wie z. B. Gastrin, können ebenfalls die Calcitoninsekretion akut stimulieren. Literatur. Grauer A, Raue F, Ziegler R (1998) Clinical usefulness of a new chemiluminescent two-site immunoassay for human calcitonin. Exp Clin Endocrinol Diabetes 106:353–359 d’Herbomez M, Leclerc L, Vantyghem MC et al (2001) Clinical evaluation of a new sensitive calcitonin assay: study of specificity. Clin Chim Acta 311:149–155

Calcitonin-gene-related peptide T. Arndt

Synonym(e). CGRP Definition. Ein aus 37 Aminosäuren bestehendes, stark blutgefäßerweiterndes Neuropeptid. i Derzeit sind zwei Isoformen (α- und β-CGRP) bekannt. Sie unterscheiden sich in drei Aminosäuren voneinander. Ihre Genloci auf Chromosom 11 sind identisch mit denen für α- bzw. β-Calcitonin. Beide Gene (α-Calcitonin/CGRP und β-Calcitonin/CGRP) bestehen aus 6 Exons, aus denen durch gewebespezifisches alternatives Splicing im Nervensystem die Calcitonin Gene-Related Peptide und in der Schilddrüse die 7 Calcitonine gebildet werden. CGRP spielt bei der Pathophysiologie der Migräne eine wichtige Rolle. Die blutgefäßerweiternde CGRP-Wirkung beruht auf einer Relaxation der glatten Muskulatur sowie auf Freisetzung von Stickstoffmonoxid aus dem Endothel. CGRP und CGRP-Rezeptor-Agonisten sind als Wirkstoffe zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit, pulmonaler Hypertonie und erektiler Dysfunktionen interessant, sind aber noch nicht im therapeutischen Einsatz. Routinetaugliche Tests zur CGRP-Bestimmung sind noch nicht verfügbar.

Literatur. Wimalawansa SJ (1996). Calcitonin gene-related peptide and its receptors: molecular genetics, physiology, pathophysiology, and therapeutic potentials. Endocrinol Rev 17:533–585

Calcitonin-Stimulationstest H.M. Schulte, J. Jacobeit

Präanalytik. Die Blutprobe soll innerhalb von 30 min nach Abnahme abzentrifugiert und das Serum oder Plasma (je nach Herstellerangaben) tiefgefroren und unter Verwendung einer Spezialverpackung versandt werden.

Synonym(e). Pentagastrintest

Analytik. Immunoradio- oder immunoluminometrischer Assay.

Definition. Anstieg von 7 Calcitonin nach intravenöser Gabe von Pentagastrin

Konventionelle Einheit. pg/mL Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. pg/mL × 0,28 = pmol/L

Englischer Begriff. calcitonin stimulation test

Durchführung. Es erfolgen Blutabnahmen vor der i.v. Gabe von 0,5 μg/kg KG Pentagastrin sowie 2, 5 und 10 min nach dem Testbeginn, idealerweise über eine liegende Venenverweilkanüle. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Jeweils 1 mL Se-

Referenzbereich — Frauen. < 4 pg/mL

rum oder Plasma; liegender Patient

Referenzbereich — Männer. < 8 pg/mL

Probenstabilität. Die Blutproben sollen innerhalb von 30 min nach

Indikation. Bei Verdacht auf ein medulläres Schilddrüsenkarzinom

Abnahme abzentrifugiert und das Serum eingefroren werden.

oder eine ektope Tumorproduktion sollte die Blutentnahme insbesondere im frühen Tumorstadium im Rahmen eines 7 CalcitoninStimulationstests (Pentagastrintest) erfolgen (postoperative Kontrolle einmal jährlich). Bei C-Zell-Karzinomen ist die kombinierte Bestimmung von Calcitonin und 7 CEA sinnvoll. Ausschlussdiagnostik von unklaren bzw. therapierefraktären Durchfällen, ca. 10–30 % der Patienten mit einem medullärem Schilddrüsenkarzinom haben diese Durchfälle.

Präanalytik. Serum oder Plasma muss sofort nach Gewinnung tief-

Interpretation. Erhöhte Basalwerte und/oder ein mehr als ein 10-facher Anstieg des Basalwertes bzw. Werte über 100 pg/mL im Penta-

gefroren werden.

Analytik. 7 Immunoradio- oder 7 immunoluminometrischer Assay. Indikation. Der Calcitoninstimulationstest mit Pentagastrin wird bei Verdacht auf Schilddrüsenkarzinome durchgeführt, auch wenn die basalen Calcitoninwerte unauffällig sind. Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom zeigen einen deutlich stärkeren Calcitoninanstieg als Normalpersonen. Postoperativ (Entfernung der Schilddrüse) fallen die Calcitoninkonzentrationen auf Normalwerte ab.

C

290

Calcitriol

Im Rahmen eines Familienscreening bei Angehörigen von Patienten mit medullärem Schilddrüsenkarzinom ist der Calcitoninstimulationstest heute durch die molekulargenetische Analyse (Ret-Protoonkogen) ersetzt. Eine unauffällige molekulargenetische Diagnostik erübrigt den früher jährlich zu wiederholenden Pentagastrin-Test.

pH

Kontraindikation(en). Allergien gegen Pentagastrin. Nicht eingestellter Hypertonus z. B. bei einem Phäochromozytom im Rahmen einer Multiplen Endokrinen Neoplasie

Nebenwirkung(en). Ca. 20 s nach Injektion tritt bei über zwei Drittel der Patienten eine Flush-Symptomatik auf, die dann ca. 1 min anhält.

Interpretation. Erhöhte Basalwerte und/oder ein mehr als 10-facher Anstieg des Basalwerts bzw. Werte über 100 pg/mL sprechen für ein medulläres Schilddrüsenkarzinom/C-Zell-Hyperplasie, z. B. im Rahmen einer MEN. Die Heilung eines medullären Schilddrüsenkarzinoms wird durch einen negativen Pentagastrintest reflektiert.

Diagnostische Wertigkeit. Goldstandard für die Primärdiagnose eines medullären Schilddrüsenkarzinoms bei suspektem sonografischen Befund und niedrig bis moderat erhöhten Calcitoninwerten. Die molekulargenetische Untersuchungsmöglichkeit zeigt die Grenzen des Tests: sowohl falsch-negative als auch falsch-positive Pentagastrinteste sind nicht ungewöhnlich. Bei falsch-negativen Testen und Nachweis eines RET-Protoonkogens findet sich oft ein Mikrokarzinom. Bei Patienten mit falsch-positiven Testen könnte eine C-ZellHyperplasie zugrunde liegen, die aber nicht Vorstufe eines medullären (C-Zell-) Karzinoms ist.

Literatur. Karges W, Dralle H, Raue F et al. (2004) Calcitonin Measurement to Detect Medullary Thyroid Carcinoma in Nodular Goiter: German Evidence-Based Consensus Recommendation. Exp Clin Endocrinol Diabetes 112:52–58

Calcitriol 7 Vitamin D

Calcium O. MÜLLER-PLATHE

Synonym(e). Calcium Englischer Begriff. calcium Definition. Calcium (chemisches Symbol: Ca) ist als Kation (Ca2+) wichtig für Knochenstoffwechsel und neuromuskuläre Erregungsvorgänge. Molmasse. Relative Atommasse: 40,08 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Tägliche Calciumaufnahme 10–25 mmol (0,4–1,0 g), vorwiegend aus Milch und Milchprodukten, Getreideprodukten und Leitungswasser. Ein Drittel davon wird im Jejunum absorbiert, der Rest wird mit den Fäzes ausgeschieden. Bestand Bei 70 kg Körpergewicht etwa 25000 mmol (1 kg), davon rasch austauschbar 100 mmol. Verteilung Knochen (extrazellulär als kristalliner Hydroxylapatit) 99 %, EZR und IZR 1 % Calciumkonzentration im IZR 0,1–1,0 μmol/L Elimination Mit den Faeces 10–20 mmol/Tag , mit dem Urin etwa 5 mmol/Tag. Calciumfraktionen im Plasma Gesamtcalcium (Catot) mit einer Konzentration von 2,50 mmol/L besteht aus folgenden Fraktionen: An Proteine (vorwiegend Albumin) gebunden (Caprot): 40 % Komplex an Phosphat, Citrat, Laktat und HCO₃– gebunden (Cacomp): 10 % Ionisiertes (freies) Calcium (Ca2+): 50 %

Calcium. Abb. 1. Nomogramm zur Interpretation des ionisierten Calciums

Aktivitätskoeffizient 0,34 (7 Elektrolyte) Die Bindung des Calciums an Protein ist pH-abhängig. Alkalose begünstigt die Bindung und führt zur Abnahme von Ca2+, Azidose hemmt sie und führt zur Zunahme von Ca2+. Bei einer pHVerschiebung um 0,1 ändert sich Ca2+ invers um 0,07 ± 0,03 (s. a. 7Abb. 1). Die absolute Konzentration von Caprot und damit auch diejenige von Catot wird stark von der Albumin- bzw. Gesamteiweißkonzentration im Plasma beeinflusst. Pro g/L Albuminänderung ändert sich Catot gleichsinnig um etwa 0,025 mmol/L (Pseudohypocalciämie bei Hypalbuminämie!). Zur Orientierung kann bei stark abweichenden Albuminwerten mit der Formel nach Payne (1979) auf Albumin = 40 g/L umgerechnet werden: Cakorr [mmol/L] = Cagemessen [mmol/L] – [0,025 × Albumin (g/L)] + 1 Im Gegensatz zum Gesamtcalcium wird das ionisierte Calcium (Ca2+) nicht durch Proteineinflüsse verfälscht. Ca2+ ist die biologisch aktive Fraktion. Sie wird von den Calciumhormonen reguliert und sie beeinflusst die neuromuskuläre Erregbarkeit.

Funktion und Pathophysiologie. Ca2+ und Cacomp, zusammen auch als „ultrafiltrierbares Calcium“ bezeichnet, werden aus dem Primärharn zu 90 % im proximalen Tubulus und in der Henleschen Schleife reabsorbiert. Etwa 9 % werden im distalen Tubulus reabsorbiert. Die Calciumkonzentration im Plasma wird durch folgende Substanzen reguliert: 1) Calcitriol (1,25-[OH]₂-VitD): Es entsteht aus der Vorstufe Calciol (7 Vitamin D) über die Zwischenstufe Calcidiol durch Hydroxylierung in der Niere und fördert die Aufnahme von Calcium im Jejunum durch Bildung eines calciumbindenden Proteins. Die Calcitriolbildung in der Niere wird durch PTH stimuliert, bei Niereninsuffizienz ist sie beeinträchtigt. 2) 7 Parathormon (Parathyrin, PTH) steigert das Plasmacalcium hauptsächlich durch drei Wirkungen: 5 Steigerung der Reabsorption von Ca2+ im distalen Tubulus

Calcium

5 Mobilisierung von Calcium aus den Knochen 5 Stimulierung der renalen Calcitriolbildung. Die PTH-Sekretion wird vermittelt über einen calciumsensitiven Rezeptor an den Hauptzellen der Parathyreoidea, der auf die extrazelluläre Konzentration des ionisierten Calciums anspricht. 3) 7 Calcitonin: Das in den C-Zellen der Schilddrüse gebildete Calcitonin senkt, therapeutisch verabreicht, das Plasmacalcium durch folgende Wirkungen: 5 Hemmung der Osteoklastentätigkeit 5 Hemmung der tubulären Reabsorption von Calcium. Die physiologische Relevanz der körpereigenen Calcitoninsekretion scheint, mindestens für Erwachsene, gering zu sein, da weder Überproduktion beim medullären Schilddrüsenkarzinom noch fehlende Sekretion nach Thyreoidektomie Auswirkungen auf den Calciumhaushalt erkennen lassen. Folgen von Hypo- und Hypercalciämie Hypocalciämie Neurologisch: Tetanische Krämpfe mit Carpopedalspasmen und perioralen sowie distalen Parästhesien. Kardial: EKG-Veränderungen (QT-Verlängerung). Herzglykosidwirkung vermindert Bei chronischer Einwirkung Störung der Knochenmineralisation, Nägelbrüchigkeit, Cataract Verstärkung aller Symptome durch Alkalose, Abschwächung bei Azidose. Hypercalciämie Kardiovaskulär: Hypertonie, EKG-Veränderungen (QT-Verkürzung), verstärkte Herzglykosidwirkung Gastrointestinal: Übelkeit, Erbrechen, Ulzera, Pankreatitis Renal: Polyurie, Konzentrationsschwäche, Exsiccose, Niereninsuffizienz, Nephrocalcinose, Urolithiasis Calcifikationen: An den inneren Organen, Gefäßwänden und der Hornhaut Neurologisch: Psychosen, Somnolenz, Koma.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Gesamtcalcium: Heparinplasma oder Serum Ionisiertes Calcium: Anaerob behandeltes Heparinblut, bevorzugt in „Blutgasspritze“ oder Kapillare, präpariert mit lyophilisiertem, elektrolytbalancierten Heparin. 24-h-Urin: Zur ersten Urinportion 25 mL HCl (6 mol/L) geben und die weiteren Urinportionen hinzumischen.

Probenstabilität. Gesamtcalcium: Plasma bei 25 °C 7 Tage, bei 4–8 °C 21 Tage, bei –20 °C 8 Monate. Ionisiertes Calcium: Heparinblut bei 25 °C 30 min, bei 4–8 °C 2 h 24-h-Urin: Bei 25 °C 2 Tage, bei 4–8 °C 4 Tage. Ggfs. Präzipitate mit HCl lösen (pH < 2). Präanalytik. Gesamtcalcium im Plasma: Blutabnahme möglichst im Liegen, Venenstauung < 2 min Ionisiertes Calcium im Vollblut: Folgende Fehlerquellen sind zu beachten: 1) pH-Einfluss: Alkalisierung (Ca2+↓) durch Luftzutritt zur Probe oder Azidifizierung (Ca2+ ↑) durch Laktatbildung infolge zu lang anhaltender venöser Stauung, Muskelkontraktionen („Pumpen“) während der Stauung oder zu langer Lagerung bei Raumtemperatur (Glykolyse in Erythrozyten). 2) Chelatbildung zwischen Ca2+ und Heparin: Diese tritt ein bei gewöhnlichem Na- oder Li-Heparinat und mindert Ca2+ in einer Größenordnung von etwa 0,07 mmol/L pro 50 IU Heparin pro mL Blut, annähernd die Hälfte des Referenzintervalls. Deshalb ist entweder calciumtitriertes Heparin zur Vorbereitung des Probengefäßes notwendig oder das gewöhnliche Heparin ist auf < 15 IU pro mL Blut zu begrenzen. 3) Dilution durch das Volumen der Heparinlösung: Zu umgehen durch Verwendung von Spritzen mit lyophilisiertem Heparin. Analytik. Molare Konzentration des Gesamtcalciums: 1) 7 Atomabsorptionsspektrometrie (AAS). Grundlage der IFCCReferenzmethode. In geübter Hand auch für Routineanalytik in kleinen Serien, z. B. für Urincalciumbestimmungen, geeignet. Nicht integrierbar in Analysenautomaten

291

2) Photometrische Messung einer Calciumkomplexverbindung mit: 5 o-Kresolphthalein bei 578 nm. Weit verbreitetes, automationsfähiges Routineverfahren 5 Arsenazo III bei 650 nm in einem System mit trägergebundenen Reagenzien. 3) 7 Ionenselektive Elektrode (ISE, indirekt) nach Verdünnung der Probe mit einem maleathaltigen Metallionenpuffer. Das im Gleichgewicht mit dem Pufferkomplex stehende freie Calcium wird durch die ISE gemessen 4) 7 Flammenatomemissionsspektrometrie (FAES), „Flammenphotometrie“: Dieses nicht in Analysenautomaten zu integrierende Verfahren ist für die Calciumbestimmung weitgehend verlassen. Ionisiertes (freies) Calcium: 1) Ionenselektive Elektrode (ISE, direkt) im unverdünnten Heparinblut: Die sehr schnelle Messung der biologisch aktiven Calciumfraktion im Vollblut steht in mehreren Blutgas/Elektrolyt-Geräten vollmechanisiert zur Verfügung. Für die Ca2+-spezifische Elektrodenmembran werden neutrale Ionencarrier (z. B. ETH 1001) oder Ionenaustauscher (Organophosphate) benutzt. Messtechnisch wird die molale Aktivität der freien Calciumionen erfasst. Durch entsprechende Kalibration wird das Messsignal auf ein Plasma mit normalem Lipid- und Proteingehalt bezogen. Es handelt sich also um eine auf Molarität justierte Aktivitätsmessung. Irrtümer durch Pseudohypo- und Pseudohypercalciämie werden im Gegensatz zur Gesamtcalciumbestimmung vermieden. Wegen der pH-Abhängigkeit von Ca2+-Ergebnismitteilung mit drei Angaben: Ca2+ aktuell, Ca2+ bezogen auf pH 7,4 und pH aktuell 2) Die nomographische Bestimmung von Ca2+ aus Gesamtcalcium, Albuminkonzentration und pH (Siggaard-Andersen1) erlaubt eine Abschätzung von Ca2+, berücksichtigt aber nicht den wechselnden Anteil des komplexgebundenen Calciums.

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,25 Referenzbereich — Erwachsene. Plasma- oder Serum-Calcium, gesamt: 2,15–2,55 mmol/L Blut-Calcium, ionisiert: 1,15–1,30 mmol/L Urin-Calcium: 2,50–7,50 mmol/Tag

Referenzbereich — Kinder. Plasma- oder Serum-Calcium, gesamt 1 Tag–4 Wo 1,75–2,70 mmol/L 2 Monate –14 Jahre 2,05–2,70 mmol/L Blut-Calcium, ionisiert: 1. Tag 1,06–1,36 mmol/L 2. Tag 1,10–1,40 mmol/L 3. Tag 1,19–1,47 mmol/L Säugling/Kleinkind 1,15–1,45 mmol/L Indikation. Erkrankungen des Skelettsystems, Knochenschmerzen, Spontanfrakturen, Gewichtsverlust, Nierenkrankheiten, Urolithiasis, peptisches Ulkus, Pankreatitis, Tetanie, Anfallsleiden, Depression, Zustand nach Schilddrüsenoperationen, endokrine Erkrankungen der Schilddrüse, Epithelkörperchen, Nebennierenrinde, maligne Tumoren und Lymphome. Medikation mit Vitamin D, Kortikosteroiden und Thiaziddiuretika. Diese Indikationen gelten für Gesamtcalcium und ionisiertes Calcium. Spezifität und Sensitivität sind bei Ca2+ höher. Spezielle Gründe für die Bestimmung des ionisierten Calciums sind gegeben 5 bei Gesamtprotein < 60 g/L und > 85 g/L bzw. Albumin < 35 g/L und > 50 g/L 5 in der Perinatalmedizin 5 nach Massentransfusion 5 intra- und postoperativ in der Kardiochirurgie 5 bei Komplikationen der Hämodialyse Interpretation. Vorkommen der Hypocalciämie Verminderte enterale Aufnahme 5 Malabsorption: Sprue, Coeliakie, chronische Pankreatitis 5 Verminderte Vitamin-D-Wirkung: Vitamin-D-Mangel alimentär oder durch ungenügende Sonnenlichtexposition; unzureichende

C

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Calcium, ionisiertes

Bildung von Calcitriol bei Niereninsuffizienz sowie bei Leberzirrhose und Alkoholismus Verminderte Parathormonwirkung 5 Hypoparathyreoidismus (idiopathisch, postoperativ, destruktiv) 5 Pseudohypoparathyreoidismus (Rezeptorstörung) 5 Hypomagnesiämie Osteoplastische Metastasen 5 Prostata- und Mammakarzinom, medulläres Schilddrüsen-Carcinom. Medikamentös 5 Schleifendiuretika (Furosemid, Etacrynsäure), Antiepileptika Weitere Zustände 5 Akute nekrotisierende Pankreatitis, Rhabdomyolyse, erhöhte Kortikoideinwirkung 5 Erhöhte Phosphatfreisetzung (z. B. große Verbrennungen, Untergang großer Tumormassen, zytostatische Leukämietherapie) Pseudohypocalciämie bei Hypalbuminämie. Ausschluss durch ionisiertes Calcium. Vorkommen der Hypercalciämie Erhöhte enterale Aufnahme 5 D-Hypervitaminose, Milch-Alkali-Syndrom Vermehrte Parathormonwirkung 5 Primärer Hyperparathyreoidismus (Hyperplasie, Adenom oder Karzinom der Parathyreoidea) 5 Tertiärer Hyperparathyreoidismus (aus dem sekundären, meist renal bedingten Hyperparathyreoidismus hervorgegangene Autonomie der PTH-Produktion) Vermehrte Calciummobilisation aus den Knochen 5 Neoplasien, besonders der Mamma, der Bronchien, der Niere und des Pankreas sowie beim Multiplen Myelom. Hierbei Hypercalciämie sowohl durch metastatische Osteolyse als auch durch PTHähnlich wirkende Substanzen, sog. Parathormon-related Peptides (PTH-rP) 5 Immobilisation 5 Aufenthalt in der Schwerelosigkeit (Weltraumflug) Medikamentös 5 Thiazide, Tamoxifen, Lithium, Vitamin-A-Überdosierung Weitere Zustände 5 Hyperthyreose, M. Addison, Sarkoidose 5 Familiäre hypocalcurische Hypercalciämie (genetisch bedingter Defekt des calciumsensitiven Rezeptors der ParathyreoideaHauptzellen) Unterscheidung von Stoffwechsel- und Aziditätseinflüssen auf das ionisierte Calcium Zur Entscheidung, ob ein gemessener Ca2+-Wert eine Störung der Calciumhomöostase anzeigt oder pH-bedingt ist oder ob beides der Fall ist, dient das Nomogramm (7 Abb. 1). Das eingezeichnete Beispiel (Ca2+ = 1,2 mmol/L) lässt erkennen, dass der gleiche Wert abhängig von pH im Hinblick auf die Calciumhomöostase als erniedrigt, normal oder erhöht einzustufen ist.

Diagnostische Wertigkeit. Auswirkungen der Hypocalciämie zeigen bzw. Ca2+

sich ab Catot < 1,75 mmol/L < 0,9 mmol/L. Auswirkungen der Hypercalciämie zeigen sich ab Catot > 3,3 mmol/L 2+ bzw. Ca > 1,7 mmol/L. Ab Catot > 3,8 mmol/L bzw. Ca2+ > 2,0 mmol/L Entwicklung einer hypercalciämischen Krise mit Somnolenz, Koma, Nierenversagen und der Gefahr der Asystolie. Zur Erkennung drohender Gewebsverkalkungen (7 Calcium-Phosphat-Produkt).

Literatur. Siggaard-Andersen O, Thode J, Fogh-Andersen N (1983) Nomograms for Calculating the Concentration of Ionized Calcium of Human Blood from Total Calcium, Total Protein and/or Albumin, and pH. Scand J Clin Lab Invest 43(Suppl)165:57–63 Müller-Plathe O (1993) Improving the Acceptance of „Ionized Cal-

cium“ for Routine Clinical Practice. Scand J Clin Lab Invest 53(Suppl)214:95–98

Calcium, ionisiertes 7 Calcium

Calcium im Urin 7 Calciumausscheidung

Calciumausscheidung H.-D. HAUBECK

Englischer Begriff. calcium urinary excretion Definition. Die Messung der Calciumausscheidung im 24-h-Sammelurin ist ein Parameter zur Beurteilung des Calciumhaushalts.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Ausscheidung des Calciums erfolgt über die Niere und z. T. über den Darm. In der Niere wird Calcium glomerulär filtriert. Ca. 90 % hiervon werden im proximalen Tubulus und in der Henleschen Schleife und ca. 10 % im distalen Tubulus und z. T. in den Sammelrohren reabsorbiert. Nur der letztere Teil unterliegt der Regulation über 7 Vitamin D3 und 7 Parathormon (PTH). Während PTH die Calciumrückresorption und die Phosphatausscheidung fördert, stimuliert Vitamin D3 die Reabsorption von Calcium und Phosphat. Funktion und Pathophysiologie. Calcium ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil der anorganischen Matrix des Knochens, sondern auch für die Steuerung zahlreicher Zellfunktionen, z. B. der Muskelkontraktion, von entscheidender Bedeutung. Die Regulation der konstanten Calcium-Konzentration im Serum bzw. Plasma (7 Calcium) erfolgt über Parathormon, 7 Calcitonin und Vitamin D3 und deren Wirkung auf die Mobilisierung von Calcium aus dem Knochen, die Resorption im Darm und die Ausscheidung in der Niere. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 24-h-Sammelurin Probenstabilität. Der Urin wird, um die Ausfällung von Calciumsalzen zu vermeiden, im Labor durch Zugabe von 10 mL konz. Salzsäure (6 mol/L) angesäuert. Zur Kontrolle der Urinsammlung ist die Kreatininbestimmung im Urin sinnvoll.

Analytik. Die Bestimmung erfolgt durch Atomabsorptionsspektrometrie. Bei der alternativen Bestimmung durch Flammenphotometrie ist der Einsatz einer Kompensationslösung notwendig, die die gleiche Natriumkonzentration wie der Urin hat. Konventionelle Einheit. mg/24 h Internationale Einheit. mmol/24 h Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/24 h × 0,025 = mmol/24 h

Referenzbereich — Erwachsene. 2,5–7,5 mmol/Tag Referenzbereich — Kinder. < 0,1 mmol/kg KG/Tag Indikation. Störungen des Calciumstoffwechsels. Interpretation. Die Interpretation der Calciumausscheidung in den Urin kann nur im Zusammenhang mit den Serumkonzentrationen von Calcium und Phosphat, Parathormon und Vitamin D3 erfolgen. Sie ist darüber hinaus von der oralen Calcium-Aufnahme abhängig. Eine vermehrte Calcium-Ausscheidung findet sich vor allem beim primären Hyperparathyreoidismus, bei Tumoren, die 7 Parathormon-related peptide (PTHrP) bilden (u. a. Bronchial-, Nieren- und Ovarialkarzinome), bei Plasmozytomen und Tumoren die Knochenmetastasen bilden, bei primär idiopathischer Hypercalciurie, beim Bartter-Syndrom, bei Hyperthyreose, Cushing-Syndrom, renal tubulärer Azidose, Milch-Alkali-Syndrom, aber auch verursacht durch Medikamente (z. B. Schleifendiuretika wie Furosemid). Die Hypercalciurie und insbesondere die idiopathische Hypercalciurie bilden

Calprotectin

die häufigste Ursache der Calcium-Nephrolithiasis. Eine verminderte Calciumausscheidung findet sich u. a. beim Hypoparathyreoidismus, beim Vitamin-D3-Mangel, bei chronischer Niereninsuffizienz, beim nephrotischen Syndrom sowie bei familiärer hypocalciurischer Hypercalciämie. Sie kann aber auch durch Medikamente (z. B. Thiazide, Amilorid) verursacht werden.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung der Calciumausscheidung in den Urin ist ein sinnvoller Zusatzparameter für die Beurteilung von Calciumstoffwechselstörungen. Literatur. Frick KK, and Bushinsky DA (2003) Molecular mechanisms of primary hypercalciuria. J Am Soc Nephrol 14:1082–1095 Hebert SC (2003) Bartter syndrome. Curr Opin Nephrol Hypertens 12:527–532

Calciumhydrogenphosphat 7 Calciumphosphat-Stein

293

pathogenetisch aber als Harnkonkrement oder Harnstein auf, wenn es infolge einer Infektion ableitender Harnwege auf der Basis der Alkalisierung des Harns im Nierenbecken ausfällt, meist gemeinsam mit Oxalat oder Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit) als Mischstein. Dieser kann als Stein abgehen oder als Ausgussstein das gesamte Nierenbecken ausfüllen. Im sauren Harn kann Calciumphosphat als basisches Calciumphosphat/-karbonat (Dahllit) kristallisieren, das im Sediment als eher pseudoamorphes Kristall in Erscheinung tritt.

Literatur. Hesse A, Jahnen A, Klocke K et al (1996) Nachsorge beim Harnstein-Patienten. Gustav-Fischer Verlag, Jena Hesse A, Tiselius HG, Jahnen A (2002) Urinary Stones. Diagnosis, Treatment and Prevention of Recurrence. Karger, Basel

Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle H.-D. Haubeck

Synonym(e). Pyrophosphat-Kristalle; Calciumpyrophosphat-Kristal-

Calciumoxalatkristalle 7 Oxalatkristalle

Calciumoxalatmonohydrat 7 Whewellit

Calciumoxalatsteine 7 Oxalatsteine

Calcium-Phosphat-Produkt O. Müller-Plathe

Synonym(e). [Ca × P] Englischer Begriff. calcium-phosphorus product; calcium-phosphate product

Definition. Produkt aus den Konzentrationen von Gesamtcalcium (auf normale Albuminkonzentration umgerechnet; 7 Calcium) und anorganischem Phosphat im Serum bzw. Plasma.

i Ein Calcium-Phosphat-Produkt über 4,9 mmol2/L2 bzw. 60 mg2/dL2 weist generell auf die Gefahr von Gewebsverkalkungen hin. Bevorzugte Anwendung hat [Ca × P] in der Nephrologie bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz mit sekundärem Hyperparathyreoidismus gefunden, um das Risiko der extraossären Calcifikation mit ihren teilweise lebensverkürzenden Auswirkungen auf Arterien, Herzklappen, Nierenparenchym und Haut (Calciphylaxie) zu begrenzen. Neuere Richtlinien setzen hierfür als therapeutischen Zielwert: < 4,5 mmol2/L2 (< 55 mg2/dL2) Bei Einsatz von ionisiertem Calcium ergibt sich als Zielwert < 2,25 mmol2/L2.

Literatur. Bock A, Keusch G, Kress P, Martin PY (2005) Das KalziumPhosphat-Problem bei chronischer Niereninsuffizienz. Schweiz Med Forum 5:976–982

le; CPPD Kristalle

Englischer Begriff. calcium pyrophosphate dihydrate crystals Definition. Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle werden bei Chondrocalcinose (Pseudogicht) in der Synovialflüssigkeit beobachtet. i Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle lassen sich bei Chon-

drocalcinose in der Synovialflüssigkeit durch Polarisationsmikroskopie nachweisen. Im Gegensatz zu den nadelförmigen, stark doppelbrechenden Harnsäure-Kristallen bei der Gicht sind Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle meist plumper und nur schwach doppelbrechend. Die eindeutige Identifizierung erfolgt durch Infrarot-Spektroskopie.

Literatur. Swan A, Heywood B, Chapman B et al (1995) Evidence for a causal relationship between the structure, size, and load of calcium pyrophosphate dihydrate crystals, and attacks of pseudogout. Ann Rheum Dis 54:825–830

Calciumpyrophosphat-Kristalle 7 Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle

Calciumreaktion nach Sulkowitsch 7 Sulkowitsch-Probe

Calgranulin (A und B) 7 Calprotectin

Calgranulin-C 7 S100A12

Calprotectin T. Arndt

Calciumphosphat-Stein

Synonym(e). L1-Protein; Protein L1; Humanes Leukozytenprotein; Calgranulin (A und B); CFA; S-100a und b

W.G. Guder

Englischer Begriff. L1 protein; protein L1; calprotectin; human leu-

Synonym(e). Karbonatapatit (Dahllit); Calciumhydrogenphosphat (Brushit)

Englischer Begriff. calcium phosphate stones, carbonate-apatite, dahllite stones, brushite stones

Definition. Calciumphosphatsteine treten in zwei Formen auf, als Brushit (Ca-Hydrogenphosphat) monomineralisch im sauren Harn und als Dahllit (Karbonatapatit) im alkalischen Urin, meist in Kombination mit Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit). i Calciumphosphat tritt in Form von Kristallen im Harnsediment,

cocyte protein; calgranulin; MRP-8/14; cystic fibrosis antigen; CFA; S-100a and b (calcium binding proteins)

Definition. Calcium- und Zink-bindendes Protein mit einer Molmasse von ca. 36,5 kDa, mit zwei Schwerketten von ca. 14 kDa und einer Leichtkette von ca. 8 kDa, das zur S-100 Proteingruppe gehört und vorwiegend von Monozyten und neutrophilen Granulozyten freigesetzt wird. i In Gegenwart von EDTA (Calciumentzug) ist Calprotectin anio-

nisch und Bestandteil der α₂-Globulinfraktion der Serumeiweißelektrophorese, unter Beladung mit Calcium ist das Molekül basisch und

C

294

cAMP, CAMP

erscheint in der gamma-Globulinfraktion. Calciumbindung macht das Protein hitze- und proteolysestabil. Calprotectin hat eine ProteinS-100-ähnliche Struktur. Genlokus ist das Chromosom 1, q12-q21. Calprotectin kommt in allen Zellen, Geweben und Flüssigkeiten des menschlichen Organismus vor. In Neutrophilen liegt es im extralysosomalen Zytosol in Konzentration von 5–15 mg/L vor und macht ca. 60 % der löslichen Bestandteile bzw. 5 % des Gesamtproteins von neutrophilen Granulozyten aus. Calprotectin und seine Untereinheiten haben intra- und extrazelluläre regulatorische Funktionen im Entzündungsgeschehen sowie antimikrobielle und antiproliferative Eigenschaften. Die klinische Relevanz der Calprotectinbestimmung im Plasma wird für die Diagnose entzündlicher, einiger mikrobieller und neoplastischer Erkrankungen gesehen. Höchste Anstiege werden bei Zystischer Fibrose, Rheumatoider Arthritis, M. Crohn, Colitis ulcerosa und bakteriellen Infektionen berichtet. Die Plasmakonzentration von Calprotectin korreliert nicht mit jener von 7 CRP, Leukozytenzahl und 7 Blutsenkungsgeschwindigkeit. Da Calprotectin gespeichert in den Neutrophilen vorliegt, können bei akuter Infektion schnell große Mengen ausgeschüttet werden. Die Plasmakonzentration von Calprotectin zeigt deshalb schneller eine Infektion an, als z. B. CRP, das erst von der Leber synthetisiert werden muss. Dieser Anstieg ist bei bakteriellen Infektionen stärker ausgeprägt als bei viralen. Calprotectin könnte deshalb Bedeutung für die (Notfall-)medizinische Differenzialdiagnose dieser beiden Infektionsformen bekommen. Die klinische Relevanz der Calprotectinbestimmung im Stuhl liegt insbesondere in der Differenzialdiagnose von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und dem Reizdarmsyndrom. Bei chemotaktischem Stimulus im Rahmen einer entzündlichen intestinalen Erkrankung, transmigrieren Granulozyten in das Darmlumen und entleeren dabei das antibakteriell wirkende Calprotectin. Dessen Konzentration im Stuhl ist ein Maß für die Anzahl der Granulozyten im Darmlumen und damit für das Ausmaß der entzündlichen Darmerkrankung. Calprotectin ist im Stuhl mehrere Tage bei Raumtemperatur stabil. Die Bestimmung erfolgt aus einer Spontanstuhlprobe (wenige mg) mit einem 7 Enzymimmunoassay (ELISA). Die obere Referenzbereichsgrenze liegt bei 50 mg/kg Stuhl. Calprotectin soll eine außerordentliche Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) (100 %) und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) (97 %) zur Differenzialdiagnose chronischer Darmentzündungen und des Reizdarmsyndroms haben. Eine diagnostische Bedeutung wird auch der Prognose von Schüben chronischer Darmerkrankungen und als Vorsorgeparameter bei Risikopatienten für das kolorektale Karzinom gesehen.

Literatur. Johne B et al (1997) Functional and clinical aspects of the myelomonocyte protein calprotectin. J Clin Pathol Mol Pathol 50:113–123 Carroccio et al (2003) Diagnostic accuracy of fecal calprotectin assay in distinguishing organic causes of chronic diarrhea from irritable bowel syndrome: a prospective study in adults and children. Clin Chem 49:861–867

cAMP, CAMP 7 Cyclisches Adenosinmonophosphat

Campylobacter coli und jejuni

Arthralgien, danach Fieber, abdominelle Krämpfe, wässrig-schleimigblutige Diarrhoe, Erbrechen. Abklingen nach 3–7 Tagen. Mögliche Folgeerkrankungen: Guillain-Barré-Syndrom, reaktive Arthritis. C. coli steht in enger Beziehung zu C. jejuni (von letzterem zu unterscheiden durch den Hippurat-Test) und gilt ebenfalls als bedeutender Nahrungsmittel-übertragener Erreger für eine Enterocolitis. Übertragung: Nicht durchgegarte Nahrungsmittel (Geflügel, Milch), kontaminiertes Trinkwasser, selten fäkal-oral, Infektionsdosis: 103– 104 Bakterien. Inkubationszeit: 2–10 Tage. Therapie: Bei unkompliziertem Verlauf nur symptomatische Behandlung (Elektrolytsubstitution), sonst mit 7 Antibiotika (Makrolide oder Fluorchinolone). Resistenzen werden beobachtet.

Analytik. Direktnachweis/Kultur: (Mikroskopie). Kulturelle Anzüchtung auf Blutplatten oder Selektivmedien (48 h, 37 °C, Wachstumsoptimum 42 °C, mikroaerobes, CO2-angereichertes Milieu). Biochemische Differenzierung durch Nachweis von Oxidase und Katalase, H2S-Bildung, DNAse, Hippurat-Hydrolyse, IndoxylazetatHydrolyse, Nitratreduktion, Fehlen von Glukosespaltung. Ggf. gaschromatographische Bestimmung der Fettsäuren und PCR. Molekularbiologische Typisierung mittels Pulsfeld-Gelelektrophorese. Serologie: Die Bestimmung Erreger-spezifischer 7 Antikörper insbesondere der Klasse IgA durch 7 ELISA oder 7 Western Blot ist nur bei Folgeerkrankungen indiziert: Guillain-Barré-Syndrom, reaktive Arthritis.

Untersuchungsmaterial-Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Stuhl, Nahrungsmittelreste oder Proben verdächtiger Tierbestände. Untersucht werden auch Blutbestandteile, Liquor oder Biopsiematerial. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Dem Erregernachweis mittels Kultur kommt eine wesentliche Bedeutung bei der Diagnose akuter Campylobacter-Infektionen zu. Durch biochemische Differenzierung und Serotypisierung erfolgt die weitere Erregercharakterisierung. Bei direktem Nachweis Darm-pathogener Campylobacter-Spezies besteht Meldepflicht. Die Antikörperdiagnostik ist für die Diagnose der Darminfektion von untergeordneter Bedeutung, persistierende Erreger-spezifische IgAAntikörper werden bei Folgeerkrankungen beobachtet.

Literatur. Kist M (1996) Campylobacter- und Archebacter-Infektionen, In: F. Hofmann (Hrsg)., Infektiologie. Ecomed Verlag, Landsberg Nachamkin I, Blaser MJ (Hrsg) (2000) Campylobacter, ASM Press, Washington

Campylobacter pylori 7 Helicobacter pylori

W. Stöcker

Englischer Begriff. Campylobacter coli and jejuni Beschreibung des Erregers. Spiral- oder S-förmige gramnegative Stäbchen (7 Bakterien), 0,2–0,5 μm dick, 0,5–5 μm lang, je 1 Geißel an beiden Polen. Mikroaerophil. Familie: Campylobacteriaceae. Gattung: Campylobacter. Spezies: C. coli, C. concisus, C. curvus, C. fetus, C. gracilis, C. helveticus, C. hominis, C. hyointestinalis, C. jejuni, C. lanienae, C. lari, C. mucosalis, C. rectus, C. showae, C. sputorum, C. upsaliensis.

Erkrankungen. Krankheitsbilder: Campylobacter coli ist neben Salmonellen und Yersinia sp. (in der kalten Jahreszeit) der häufigste Enterocolitis-Erreger. Prodromalstadium mit Kopfschmerzen, Myalgien,

cANCA 7 Autoantikörper gegen Granulozytenzytoplasma

Cancer antigen 7 Carbohydrate antigen

Cancer-associated serum antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CASA Englischer Begriff. cancer-associated serum antigen

Cannabinoide

Definition. CASA wurde durch einen monoklonalen 7 Antikörper definiert, der ein Epitop eines polymorphen epithelialen Muzins erkannte. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Referenzbereich — Erwachsene. < 4 U/mL (methodenabhängig) Indikation. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Ovarialkarzinom fraglich

Interpretation. Zwar wurde CASA als sensitiver Marker beim Ovarialkarzinom beschrieben, doch konnte dies verglichen mit 7 CA 125 zu keiner nennenswerten Verbesserung der Diagnose führen. Als Anwendungsgebiet kommt eventuell die Verlaufskontrolle vor und nach Therapie beim Ovarialkarzinom in Frage, jedoch konnte auch hier bisher keine wesentliche Verbesserung zu CA 125 gezeigt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Ovarialkarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung fraglich. CASA ist erhöht in Personen höheren Alters, in Rauchern, während der Gravidität im letzten Trimenon sowie in Personen mit malignen Erkrankungen. Insbesondere wird CASA von allen histologischen Arten des Ovarialkarzinoms exprimiert.

Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H et al (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. 1st edn. AACC Press, Washington DC Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Candida W. Stöcker

Englischer Begriff. Candida Beschreibung des Erregers. Polymorpher Hefepilz, der in Abhängigkeit von Kultur- und Umgebungsbedingungen Hyphen, Myzele, Pseudomyzele, Blastokonidien und z. T. Chlamydosporen ausbildet. Ubiquitäres Vorkommen in der Natur (feuchtigkeitsliebend), unter anderem auch im Verdauungstrakt von Warmblütern. Die Vermehrung erfolgt intra- und extrazellulär. Familie: Endomycetaceae Gattung: Candida Spezies: Candida albicans, C. glabrata, C. parapsilosis, C. tropicalis, C. dubliniensis, C. krusei.

295

Analytik. Direktnachweis/Kultur: Gewebeuntersuchung und Pilzanzucht. Biochemische, mikroskopische und Antigenmerkmale ermöglichen die Differenzierung. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper durch 7 Hämagglutinationstest, indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunofluoreszenz, indirekte)und 7 ELISA. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Entnahme von Material aus dem jeweiligen infizierten Bereich, nichtsterile Proben müssen antibakteriell behandelt werden (Antibiotika-Zugabe zum Kulturmedium). Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Dem Erregernachweis mittels Mikroskopie und Kultur kommt eine wesentliche Bedeutung bei der Diagnose superfizieller, systemisch disseminierter und invasiver Candida-Infektionen zu. Durch biochemische Differenzierung und morphologische Analyse ist eine weitere Erregercharakterisierung möglich. Der Einsatz serologischer Verfahren zum Antigen- und zum Antikörpernachweis ist diagnostisch sinnvoll zum Screening von Risikopatienten und zum Monitoring lebensbedrohlicher Candidosen bei immunkompromittierten Patienten. Literatur. Odds FC (1988) Candida and Candidosis, 2nd ed., Balliere Tindall, London Müllensiefen M et al (1991) Labordiagnostik invasiver Candidosen. Lab.Med.15,410–413

Candy T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Kokain (7 Straßennamen von Drogen: Kokain).

Cannabinoide W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). Tetrahydrocannabinol Englischer Begriff. cannabinoids Definition. Psychomimetikum, Halluzinogen

Erkrankungen. Krankheitsbilder: C. albicans (ca. 90 % aller huma-

Molmasse. THC: 314,47 g

nen Candida-Infektionen) und die übrigen Candida-Spezies verursachen opportunistische Infektionen der Haut (intertriginöse, perianale, perineale, genitale, interdigitale Dermatitis) und der Nägel sowie der Schleimhaut (Soor, Oesophagitis, Vulvitis, Kolpitis, Balanitis, Harnwegsinfektionen). Neben superfizieller Besiedlung können bei geschwächter Immunkompetenz systemische Candidosen auftreten (Endophthalmitis, basale Meningitis, Osteomyelitis, interstitielle Nephritis, Perikarditis, Peritonitis usw.). Risikogruppen sind Neugeborene und Kleinkinder (Windelbereich), Personen mit großflächigen Hautverletzungen, Organtransplantierte, Intensivtherapierte, Diabetiker. Übertragung: Endogene Infektion z. B. bei Störungen der Barrierefunktion von Haut und Schleimhaut (kommensales Reservoir). Exogene Infektionen z. B. durch kontaminierte Beatmungssysteme oder Venenkatheter. Therapie: Begünstigende Umstände beseitigen, bei Candidosen der Haut lokale Behandlung mit Nystatin, Clotrimazol und anderen Azolen, systemisch Fluconazol, Itraconazol, bei systemisch disseminierten Candidosen parenterale Gabe von Amphotericin B/Flucytosin oder Caspofungin, Fluconazol oder Itraconazol. Bei Resistenzen Einsatz neuer Glukansynthesehemmer.

THC-OH: 330,47 g THC-COOH: 344,45 g

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Der Wirkstoff Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) (7 Abb. 1) wird meist durch Inhalation beim Rauchen von Haschisch (Cannabis-Harz) bzw. Marihuana (Cannabis-Kraut) aufgenommen, seltener durch intestinale Resorption nach oraler Zufuhr von THC-haltigem Gebäck, Tee oder Haschischöl. Der Abbau zu verschiedenen Metaboliten, u. a. 11-Hydroxy-Δ9THC (7 Abb. 2), 11-Nor-Δ9-THC-9-Karbonsäure (THC-COOH; 7 Abb. 3) erfolgt in der Leber. THC und seine Metabolite lagern sich im Fettgewebe ein, weshalb noch Wochen nach dem letzten Konsum dessen Analyte im Urin nachweisbar sein können (s. Indikation). Halbwertszeit. Δ9-Tetrahydrocannabinol: 50 h (Plasma) Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma, Serum, Haare

Analytik. 7Immunoassay (Urin), GC-MS, LC-MS/MS (7Chromatographie; 7 Massenspektrometrie) Plasmakonzentrationen von Δ9-Tetrahydrocannabinol: (7 Tab. 1).

C

296

Cannabinoide, synthetische

11C H

3

Capping

9 8

OH

R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für den Vorgang, bei dem über eine H 3C O C H3

CH3

Cannabinoide. Abb. 1. Δ9-Tetrahydrocannabinol OH 11 9

OH

8

H 3C O C H3

CH3

Cannabinoide. Abb. 2. 11-Hydroxy-Δ9-Tetrahydrocannabinol

5’-5’-Triphosphat-Bindung ein 7-Methylguanosinrest an das 5’-Ende von eukaryontischer mRNA (7 Ribonukleinsäure) posttranskriptionell angehängt wird. i Diese als 7 CAP-Struktur bezeichnete Modifikation wird dabei stufenweise generiert. Zunächst wird mit Hilfe einer Guanylyltransferase GMP über eine 5’-5’-Triphosphatbrücke an die mRNA angeheftet und in einem zweiten Schritt nachträglich mit einer Guanin-7Methyltransferase methyliert, wobei eine unterschiedliche Anzahl von Methylgruppen eingeführt werden kann. Diese posttranskriptionelle Modifikation der RNA findet im Zytoplasma statt und ist wahrscheinlich allen Eukaryonten gemein.

Caproylglyzin 7 Hexanoylglycin

11 COOH 9 8

CAP-Struktur

OH

R. Weiskirchen H 3C O C H3

CH3

Cannabinoide. Abb. 3. 11-Nor-Δ9-Tetrahydrocannabinol-9-Karbonsäure

Englischer Begriff. cap structure Definition. Modifikation (7 Capping) eukaryontischer mRNA, bei der über eine 5’-5’-Triphosphat-Bindung an das 5’-Ende ein 7-Methylguanosinrest angeknüpft wird. i Die CAP-Struktur ist charakteristisch für 7 Gene, die durch die 7 RNA-Polymerase II transkribiert werden.

Cannabinoide. Tab. 1. Plasmakonzentration (mg/L) Haschischrauchender

0,04–0,2

passive Raucher

0,001–0,007

Indikation. Verdacht auf THC-Konsum 7 Drogenscreening Interpretation. Der Nachweis von THC-Metaboliten im Urin kann in der Regel als Hinweis auf THC-Aufnahme gelten. Eine im Vergleich zu den Metaboliten hohe Konzentration von THC im Plasma ist verdächtig auf aktuelle THC-Zufuhr. THC-COOH ist im Urin bei Probierkonsum 2–3 Tage, bei wiederholtem Konsum je Woche 5–14 Tage und bei Dauerkonsum 2–6 Wochen, mitunter auch länger nachweisbar. Literatur. Von Meyer L, Käferstein H (2009) Cannabinoids. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 470–480

Cannabinoide, synthetische 7 Spice

Cannabis 7 Cannabinoide; 7 Hanf

[Ca × P] 7 Calcium-Phosphat-Produkt

CAP 7 College of American Pathologists

CAPAP 7 Carboxypeptidase-B-Aktivierungspeptid

Capture Assay 7 Sandwich-Assay

Capture test 7 Festphasenimmunglobulin

μ-Capture-assay 7 Antibody-capture-Assay

Carbamate W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. carbamates Definition. Im toxikologischen Sinn Insektizide (7 Kohlenwasserstoffe, chlorierte, insektizide), die sich in der Regel von Estern der Monomethylcarbaminsäure ableiten. Molmasse. Aldicarb 190,3 g, Carbaryl 201,2 g, Propoxur 209,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die insektiziden Carbamate werden eingeatmet (Sprühnebel, Staub) oder über den MagenDarm-Trakt oder die Haut aufgenommen und schnell hydrolysiert. Die Metabolite werden mit dem Urin eliminiert.

Halbwertszeit. Carbaryl 1,3 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Die Carbamate hemmen die Acetylcholinesterase rasch. Im Gegensatz zu den Organophosphaten wird das Enzym jedoch bald funktionell komplett reaktiviert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin Analytik. DC, GC-MS, HPLC, LC-MS/MS (7 Chromatographie; 7 Massenspektrometrie).

Indikation. Verdacht auf Carbamatintoxikation. Interpretation. Erhöhte Konzentrationen von Carbamaten im Blut

Carbohydrate antigen 15-3

R1

O N

R2

OR 3

297

die gleichzeitige Bestimmung des Epoxids (7 Chromatographie; 7 Massenspektrometrie).

Indikation. Therapeutisches Drug-Monitoring

Carbamate. Abb. 1. Carbamatgrundstruktur

Interpretation.

Therapeutischer Bereich: > 10 mg/L, komatös/letal: > 20 mg/L

5–10 mg/L, toxisch:

Literatur. Hannak D, Külpmann WR, Hallbach J (2009) Anticonvulsants. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 287–300 Carbamate. Abb. 2. Aldicarb

Carbohydrate antigen 15-3 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 15-3; Cancer antigen 15-3 Englischer Begriff. carbohydrate antigen 15-3 Carbamate. Abb. 3. Carbaryl

Definition. Carbohydrate antigen 15-3 ist ein 300 kDa schweres muzinöses 7 Glykoprotein.

Struktur. CA 15-3 ist ein hochmolekulares Kohlenhydratantigen der Milchfettkügelchen-Muzin-Familie, das mittels des monoklonalen Antikörpers 115D8, der gegen das MAM-6a-Antigen gerichtet ist, und dem monoklonalen DF3-Antikörper als Tracer detektiert wird.

Molmasse. 300 kDa

Carbamate. Abb. 4. Propoxur

sind Hinweis auf eine Intoxikation. Im Unterschied zur Vergiftung mit insektiziden Organophosphorverbindungen mit ähnlichen Symptomen ist jedoch die Gabe von z. B. Obidoxim kontraindiziert und die (Pseudo-)Cholinesteraseaktivität nur kurzzeitig erniedrigt. Ihre Aktivitätsbestimmung ist nur kurz nach der Carbamataufnahme diagnostisch hilfreich.

Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M (2009) Pesticides. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 559–576

Carbamazepin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. carbamazepine Definition. Antiepileptikum Molmasse. 236,28 g

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immunhistologisch wurde MAM-6 auf epithelialen, normalen duktalen und alveolären Strukturen der Brustdrüse sowie in Mammakarzinomzellen nachgewiesen werden. Außerdem fand es sich in Adenomen und Karzinomen des Kolons sowie bei Adenokarzinomen anderer Genese. Halbwertszeit. 5–7 Tage Funktion und Pathophysiologie. CA 15-3 gilt als sensitiver und spezifischer Marker beim Mammakarzinom und wird vorwiegend zur Therapiekontrolle und zur Nachsorge empfohlen. Daneben hat sich in neueren Untersuchungen auch CEA (7 Carcinoembryonales Antigen) als sensitiver Marker für diese Indikation trotz seiner relativen Organunspezifität heraus kristallisiert. In der Nachsorgesituation weisen beide Marker bei der Entdeckung von Fernmetastasen ein deutliches additives Potenzial auf und ermöglichen – ausgehend von den individuellen Basiswerten – in 70 % der Fälle sichere Früherkennung einer Fernmetastase (100 % Spezifität) (7 Spezifität, diagnostische) mit einer Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) von 70 % ausgehend von den individuellen Basiswerten. Bei der Primärtherapie „negative“ Marker können später dennoch ansteigen und eine Metastasierung frühzeitig anzeigen. Deshalb empfiehlt sich in der Nachsorge des Mammakarzinoms eine kontinuierliche Bestimmung beider Marker. Bei der Primärtherapie des Mammakarzinoms ist der Abfall des präzum postoperativen CA 15-3-Werts darüber hinaus von prognostischer Bedeutung. Innerhalb aller Lymphknotenstadiengruppen war ein stärkerer Abfall (> 33 %) in der multivariaten Analyse ein unabhängiger Prognosemarker – auch wenn diese Dynamik sich im sehr niedrigen Wertebereich abspielte (Ebeling et al 2002). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Li-

Carbamazepin. Abb. 1.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Carbamazepin wird oral appliziert und in der Leber u. a. zu dem ebenfalls wirksamen Carbamazepin-10,11-Epoxid metabolisiert. Halbwertszeit. 12 (–60) h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Unter Carbamazepintherapie findet sich meist ein beschleunigter Abbau anderer Pharmaka, Phenytoin wird jedoch verlangsamt eliminiert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum Analytik. Immunoassay; HPLC GC, GC-MS, LC-MS/MS erlauben

quor, Aszites, Pleurapunktat

Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA)

Konventionelle Einheit. U/mL (kU/L) Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 13,6 kU/L; 95 %-Perzentile 23,1 kU/L (methodenabhängig) Indikation. Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge beim Mammakarzinom (mit CEA). Interpretation. Die meisten CA 15-3-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet.

C

298

Carbohydrate antigen 19-9

Obwohl CA 15-3 beim Mammakarzinom als sensitiver und spezifischer Marker gilt, kann er auch bei anderen Karzinomen, insbesondere bei Adenokarzinomen des Gastrointestinaltrakts, der Lunge, der Ovars, der Zervix, des Endometriums oder der Prostata, vermehrt freigesetzt werden. Außerdem können mäßig erhöhte CA 15-3-Werte bei benignen Erkrankungen der Brust wie Mastopathien und Fibroadenomen, bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, bei HIV-Infektion, bei benignen Leber-, Pankreas-, Lungen- und Rheumaerkrankungen sowie im dritten Trimenon der Gravidität vorgefunden werden.

Diagnostische Wertigkeit. Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CEA), Prognose.

Literatur. Lamerz R (2008) CA 15-3. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1313–1316 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Carbohydrate antigen 19-9 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 19-9 Englischer Begriff. carbohydrate antigen 19-9 Definition. Carbohydrate antigen 19-9 ist ein 36 kDa schweres Glykolipid und entspricht einem Hapten der Lewis-a-Blutgruppendeterminante (7 Lewis-Blutgruppensystem).

Struktur. Carbohydrate antigen 19-9 ist ein Sialyl-Derivat der LaktoN-Fucopentaose II. Es entsteht aus der Vorstufe 7 Carbohydrate antigen 50 nach Fucosylierung in a-1-4-Stellung am N-Acetylglukosamin, wobei die N-Acetylneuraminsäure an einen terminalen Galaktoserest in a-2-3-Stellung gebunden ist.

lich vermehrt freigesetzt werden. In sehr hohen Konzentrationen (> 10000 U/mL) ist CA 19-9 jedoch fast pathognomonisch für ein bereits metastasiertes Pankreas- oder hepatobiliäres Karzinom. Zwar genügt für die Diagnostik eines Kolonkarzinoms in der Regel die CEA-Bestimmung (7 Carcinoembryonales Antigen), doch ist der präoperative CA 19-9 Wert in der multivariaten Analyse neben dem Tumorstadium ein unabhängiger Prädiktor für das Überleben. Auch ist ein Therapiemonitoring durch CA 19-9 bei CEA-negativen Patienten sinnvoll. Verschiedene benigne Erkrankungen insbesondere mit cholestatischer Komponente wie akute und chronisch-aktive Erkrankungen von Leber und Galle sowie die Mukoviszidose führen in Abhängigkeit von Aktivität und Ausmaß der Erkrankung in 10–30 % der Fälle zu einem transitorischen Anstieg der CA 19-9 Konzentrationen (maximal bis 500 U/mL). Ansteigende CA 19-9 Werte bei fehlenden oder gleich bleibenden Entzündungs- oder Cholestasezeichen weisen jedoch auf eine maligne Pankreaserkrankung hin. Patienten, welche die Blutgruppenkonstellation Lewis (a-/b-) haben (etwa 3–7 % der Bevölkerung), können CA 19-9 nicht exprimieren. Während der Menstruation und der Schwangerschaft sind transiente, leichte CA 19-9 Erhöhungen beschrieben.

Diagnostische Wertigkeit.

5 Pankreaskarzinom, hepatobiliäres Karzinom, Magenkarzinom: Differenzialdiagnose, Prognose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung 5 Kolorektales Karzinom: Prognose und Therapiemonitoring bei CEA-negativen Patienten

Literatur. Lamerz R (2008) CA 19-9, GICA. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1302–1305 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

Carbohydrate antigen 27-29 S. Holdenrieder, P. Stieber

Molmasse. 36 kDa

Synonym(e). CA 27-29; Cancer antigen 27-29

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

Englischer Begriff. carbohydrate antigen 27-29

Physiologisch kommt CA 19-9 im fetalen Epithel von Magen, Kolon, Dünndarm, Leber und Pankreas vor, in Spuren auch in normalen adulten Organen des Gastrointestinaltrakts und der Lunge. Daneben ist es Bestandteil vieler Schleimhautzellen und von deren Sekretionsprodukten wie Speichel oder Mekonium. CA 19-9 wird rein biliär ausgeschieden. Eine Cholestase auch geringeren Ausmaßes kann z. T. deutlich erhöhte CA 19-9 Konzentrationen verursachen.

Halbwertszeit. 4–8 Tage Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Aszites, Pleurapunktat

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA) insbesondere unter Verwendung von monoklonalen Antikörpern. Konventionelle Einheit. U/mL (kU/L) Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 3,1 kU/L; 95 %-Perzentile 28,4 kU/L (methodenabhängig) Indikation.

Definition. Carbohydrate antigen 27-29 ist ein 300 kDa schweres muzinöses Glykoprotein namens MUC-1. Das gleiche Muzin wird auch von 7 Carbohydrate antigen 15-3-Assays erkannt.

Struktur. Carbohydrate antigen 27-29 ist ein hochmolekulares Kohlenhydratantigen der Milchfettkügelchen-Muzin-Familie, das mittels des monoklonalen Antikörpers B27-29 detektiert wird. Molmasse. 300 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immunhistologisch wird CA 27-29 von Mammakarzinomen exprimiert, ebenso von normalem Brustdrüsengewebe. Außerdem fand es sich in Adenomen und Karzinomen des Kolons sowie bei Adenokarzinomen anderer Genese. Funktion und Pathophysiologie. CA 27-29 kann wie alle Muzinmarker zur Therapiekontrolle und Nachsorge des Mammakarzinoms eingesetzt werden. Wegen nicht vorhandener Komplementarität zu CA 15-3 und MCA (7 Mucin-like cancer associated antigen) ist eine Kombination nicht sinnvoll. Als Zweitmarker empfiehlt sich CEA (7 Carcinoembryonales Antigen). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Liquor, Aszites, Pleurapunktat

5 Verdacht auf Pankreaskarzinom, hepatobiliäres Karzinom, Magenkarzinom 5 Therapiekontrolle und Nachsorge der genannten Karzinome 5 Prognose beim kolorektalen Karzinom

7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA).

Interpretation. Die meisten CA 19-9-Assays sind für die Anwendung

Konventionelle Einheit. U/mL (kU/L)

im Serum und Plasma ausgetestet. Das CA 19-9 weist weder eine eindeutige Tumor- noch eine Organspezifität auf. Es kann von verschiedenen Karzinomen des Gastrointestinaltrakts und von Adenokarzinomen anderer Genese deut-

Referenzbereich — Erwachsene. < 25 kU/L (methodenabhängig)

Analytik.

Indikation. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Mammakarzinom (mit CEA).

Carbohydrate antigen 72-4

Interpretation. Neben dem Mammakarzinom kann CA 27-29 auch bei anderen Karzinomen des Kolons, des Magens, der Leber, der Lunge, des Kopf-Hals-Bereichs, des Ovars, der Prostata sowie bei NonHodgkin-Lymphomen erhöht sein. Hinsichtlich benigner Erkrankungen sind gutartige Lebererkrankungen herauszuheben. Auch bei Mastopathien, benignen pulmonalen, gastrointestinalen und gynäkologischen Erkrankungen können erhöhte Werte gefunden werden. Diagnostische Wertigkeit. Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CEA).

Literatur. Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Carbohydrate antigen 50 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 50; Cancer antigen 50 Englischer Begriff. carbohydrate antigen 50 Definition. Glykolipid mit klinischer Bedeutung als Tumormarker beim Pankreaskarzinom. Struktur. Carbohydrate antigen 50 ist ein Glykolipid oder Glykoprotein, welches durch die C-50-Antikörper als sialysierte Lewis-aStruktur (7 Lewis-Blutgruppensystem) und eine bisher unbekannte sialylierte Laktotetraosestruktur definiert ist, die in ihrem Vorkommen nicht an Lewis-positive Blutgruppen gebunden ist.

299

Literatur. Lamerz R, Dati F, Feller AC et al (1998) Tumordiagnostik: Tumormarker bei malignen Erkrankungen. Behring Diagnostika, München Duffy MJ, Sturgeon C, Lamerz R et al (2010) Tumor markers in pancreatic cancer: a European Group on Tumor Markers (EGTM) status report. Ann Oncol 21:441–447

Carbohydrate antigen 72-4 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 72-4; Cancer Antigen 72-4 Englischer Begriff. carbohydrate antigen 72-4 Definition. Carbohydrate antigen 72-4 ist ein 400 kDa schweres muzinähnliches Glykoprotein TAG 72.

Struktur. Carbohydrate antigen 72-4 wurde als Sialyl-Tn-Antigen (NeuAca(2-6)GalNAca-0-Ser) identifiziert. Molmasse. 400 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immunhistologisch wurde das TAG 72 auf Adenokarzinomen verschiedener Organe gefunden, z. B. beim Kolonkarzinom, beim Magenkarzinom und beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom; ferner auf verschiedenen fetalen Geweben. Halbwertszeit. 3–7 Tage Funktion und Pathophysiologie. Das TAG 72-Epitop wird mit Hilfe von zwei monoklonalen Antikörpern detektiert: dem an eine feste Phase gebundenen cc 49-Antikörper und dem Detektor/Tracer-Antikörper B72-3.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologischerweise kommt CA 50 in geringen Mengen in Geweben des Gastrointestinaltrakts vor. Es wird insbesondere bei Pankreas- und cholangiozellulären Karzinomen gefunden.

quor, Aszites, Pleurapunktat

Halbwertszeit. 2–5 Tage

7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA).

Funktion und Pathophysiologie. CA 50 kann zur Therapiekontrolle und Nachsorge des Pankreaskarzinoms eingesetzt werden. Allerdings bietet CA 50 keine Vorteile gegenüber dem 7 Carbohydrate antigen 19-9 und sollte wegen nicht vorhandener Komplementarität zu CA 19-9 mit diesem nicht kombiniert werden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Aszites, Pleurapunktat

Analytik. 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA) Konventionelle Einheit. kU/L Referenzbereich — Erwachsene. Empfohlener Referenzbereich im Serum: 23 kU/L (methodenabhängig)

Indikation. Evtl. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Pankreaskarzinom.

Interpretation. Das CA 50 weist weder eindeutige Tumor- noch Organspezifität auf. Es kann von verschiedenen Karzinomen des Gastrointestinaltrakts freigesetzt werden. Am häufigsten finden sich hohe Konzentrationen (> 100 kU/L) Pankreas- und cholangiozellulären Karzinom. Differenzialdiagnostisch ist an benigne Pankreaserkrankungen oder Leberzirrhosen zu denken, die in 16–18 % der Fälle Werte über 100 kU/L hervorrufen können. In den aktuellen Richtlinien der European Group on Tumor Markers (EGTM) zum Gebrauch von Tumormarkern beim Pankreaskarzinom wird CA 19-9 im Vergleich zu CA 50 der Vorzug gegeben. Aufgrund der fehlenden Automatisierung von CA 50-Testen ist dieser Marker eher als historisch zu betrachten. Diagnostische Wertigkeit. Evtl. Pankreaskarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, LiAnalytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA),

Konventionelle Einheit. kU/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 1,5 kU/L; 95 %-Perzentile 5,9 kU/L (methodenabhängig) Indikation.

5 Therapiekontrolle und Nachsorge beim Magenkarzinom als Erstmarker (Zweitmarker CEA oder CA 19-9) (7 Carcinoembryonales Antigen) 5 Zweitmarker beim muzinösen Ovarialkarzinom

Interpretation. Die meisten CA 72-4-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet. Das CA 72-4 weist weder eine eindeutige Tumor- noch eine Organspezifität auf. Sehr hohe Konzentrationen (> 100 kU/L) sind meist mit einem Magenkarzinom oder einem muzinösen Ovarialkarzinomen assoziiert; daneben können CA 72-4-Erhöhungen auch von anderen Karzinomen des Gastrointestinaltrakts, der Lunge oder der Brust sowie anderen gynäkologischen Tumoren hervorgerufen werden. Vereinzelt werden leicht bis moderat erhöhte CA 72-4 Werte bei Patienten mit benignen Erkrankungen insbesondere des Gastrointestinaltrakts und der gynäkologischen Organsysteme beobachtet. Auch klinisch unauffällige Personen können transiente oder persistierende CA 72-4-Erhöhungen aufweisen. Insgesamt ist jedoch im Vergleich zu anderen Markern eine auffallend hohe diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) zur Abgrenzung von benignen Erkrankungen zu betonen.

Diagnostische Wertigkeit.

5 Magenkarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung 5 Muzinöses Ovarialkarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung

C

300

Carbohydrate antigen 125

Literatur. Lamerz R (2008) CA 72-4. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1310–1313 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

Carbohydrate antigen 125 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 125; Cancer Antigen 125

Literatur. Lamerz R (2008) CA 125. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1306–1309 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Carbohydrate antigen 195 S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. carbohydrate antigen 125

Synonym(e). CA 195

Definition. Carbohydrate antigen 125 ist ein 200 kDa schweres Glykoprotein und neben 7 Carbohydrate antigen 19-9 der zweite Hybridom-definierte Tumormarker

Englischer Begriff. carbohydrate antigen 195

Struktur. CA 125 ist vermutlich ein Glykoprotein, bei dem N-Acetylneuraminsäure in a-2-6-Bindung an ein internes N-Acetylglukosamin als Teil des CA 125-Epitops gebunden ist.

Molmasse. 200 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch kommt CA 125 im Fetalgewebe von Zölomepithelderivaten sowie in serösen und anderen nicht-muzinösen Ovarialkarzinomen vor, ferner in Grenzzellen und Mesothelzellen von Peritoneum, Pleura und Perikard.

Definition. Carbohydrate antigen 195 wird diejenige Fraktion der Lewis-Blutgruppendeterminanten (7 Lewis-Blutgruppensystem) bezeichnet, an die der monoklonale IgM-Antikörper CC 3 C 195 spezifisch bindet. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch kommt CA 195 in geringen Mengen in Geweben des Gastrointestinaltrakts vor.

Halbwertszeit. 4–6 Tage

Funktion und Pathophysiologie. CA 195 kann zur Therapiekontrolle und Nachsorge des Pankreaskarzinoms eingesetzt werden. Allerdings bietet CA 195 keine Vorteile gegenüber dem 7 Carbohydrate antigen 19-9 und sollte wegen nicht vorhandener Komplementarität zu CA 19-9 mit diesem nicht kombiniert werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Li-

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

quor

Pleurapunktat

Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA),

Analytik. 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung monoklonaler Antikörper.

Serum,

Aszites,

Konventionelle Einheit. kU/L Referenzbereich — Erwachsene. < 10 kU/L (methodenabhängig)

Konventionelle Einheit. kU/L

Indikation. Evtl. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Pankreas-

Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 13,9 kU/L;

karzinom.

95 %-Perzentile 31,5 kU/L (methodenabhängig)

Interpretation. CA 195 kann zur Therapiekontrolle und Nachsorge

Indikation.

des Pankreaskarzinoms eingesetzt werden. In den aktuellen Richtlinien der European Group on Tumor Markers (EGTM) zum Gebrauch von Tumormarkern beim Pankreaskarzinom wird CA 19-9 im Vergleich zu CA 195 der Vorzug gegeben. Aufgrund der fehlenden Automatisierung von CA 195-Testen ist dieser Marker eher als historisch zu betrachten.

5 Verdacht auf Ovarialkarzinom 5 Therapiekontrolle und Nachsorge beim Ovarialkarzinom

Interpretation. Die meisten CA 125-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet. CA 125 weist weder eine eindeutige Tumor- noch eine Organspezifität auf. Sehr hohe Konzentrationen (> 10000 kU/L) werden zwar meist bei Ovarialkarzinomen beobachtet, doch können Karzinome des Gastrointestinaltrakts, der Lunge oder der Brust z. T. ebenfalls deutlich erhöhte CA-125-Konzentration hervorrufen. Differenzialdiagnostisch relevante benigne Erkrankungen wie gutartige gynäkologische Tumoren und entzündliche Prozesse im Bereich der Adnexe können ebenso Ursache (stark) erhöhter CA 125-Werte sein. Geringfügige CA 125-Erhöhungen finden sich außerdem im ersten Terzial der Gravidität, bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen, Hepatitiden und chronischen Pankreatitiden, Leberzirrhosen, Herz- und Niereninsuffizienz, sowie bei weiteren benignen Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts und der Lunge, die mit einer Reizung des Peritoneums (z. B. durch Aszites) oder der Pleura (z. B. durch Pleuraerguss) einhergehen. Neuere Studien zeigen eine additive Sensitivität von CA 125 mit dem Human Epidydimis 4 (HE4)-Marker für das Ovarialkarzinom. HE4 ist seltener bei differentialdiagnostisch relevanten benignen gynäkologischen Erkrankungen erhöht, was zu einer höheren Spezifität insbesondere bei prämenopausalen Frauen beiträgt. Die Kombination von CA 125 und HE4 ist im Risk of Ovarian Malignancy Algorithm (ROMA) (7 ROMA) als neuer Parameter zusammen gefasst, der für prä- und postmenopausale Frauen mit getrennten Formeln berechnet wird. Diagnostische Wertigkeit. Ovarialkarzinom: Differenzialdiagnose, Prognose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung.

Diagnostische Wertigkeit. Evtl. Pankreaskarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung.

Literatur. Duffy MJ, Sturgeon C, Lamerz R et al. (2010) Tumor markers in pancreatic cancer: a European Group on Tumor Markers (EGTM) status report. Ann Oncol 21:44144–7 Lamerz R, Dati F, Feller AC et al (1998) Tumordiagnostik: Tumormarker bei malignen Erkrankungen. Behring Diagnostika, München

Carbohydrate antigen 242 S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CA 242 Englischer Begriff. carbohydrate antigen 242 Definition. Carbohydrate antigen 242 wurde durch den monoklonalen Antikörper C 242 (7 Antikörper) definiert, der ein Epitop eines polymorphen epithelialen Muzins erkennt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch kommt CA 242 in geringen Mengen in Geweben des Gastrointestinaltrakts vor.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Aszites, Pleurapunktat

Analytik. 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Carbohydrate-deficient transferrin

Konventionelle Einheit. kU/L Referenzbereich — Erwachsene. < 20 kU/L (methodenabhängig) Indikation. Evtl. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Pankreaskarzinom.

Interpretation. CA 242 kann zur Therapiekontrolle und Nachsorge des Pankreaskarzinoms eingesetzt werden. Allerdings bietet CA 242 keine Vorteile gegenüber dem CA 19-9 und sollte wegen nicht vorhandener Komplementarität zu CA 19-9 mit diesem nicht kombiniert werden. In den aktuellen Richtlinien der European Group on Tumor Markers (EGTM) zum Gebrauch von Tumormarkern beim Pankreaskarzinom wird CA 19-9 im Vergleich zu CA 242 der Vorzug gegeben. Aufgrund der fehlenden Automatisierung von CA 242-Testen ist dieser Marker eher als historisch zu betrachten.

Diagnostische Wertigkeit. Evtl. Pankreaskarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung.

Literatur. Duffy MJ, Sturgeon C, Lamerz R et al. (2010) Tumor markers in pancreatic cancer: a European Group on Tumor Markers (EGTM) status report. Ann Oncol 21:441-447 Lamerz R, Dati F, Feller AC et al (1998) Tumordiagnostik: Tumormarker bei malignen Erkrankungen. Behring Diagnostika, München

Carbohydrate antigen 549 S. Holdenrieder, P. Stieber

301

gastrointestinalen und gynäkologischen Erkrankungen können erhöhte Werte gefunden werden. In den aktuellen Richtlinien der National Academy of Clinical Biochemistry (NACB) zum Gebrauch von Tumormarkern beim Mammakarzinom werden lediglich die Muzinmarker CA 15-3 und CA 27.29 aufgeführt und empfohlen. Aufgrund der fehlenden Automatisierung von CA 549-Testen ist dieser Marker eher als historisch zu betrachten.

Diagnostische Wertigkeit. Evtl. Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CEA).

Literatur. Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360 Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Carbohydrate-deficient glycoprotein(s) 7 CDG

Carbohydrate-deficient transferrin T. Arndt

Synonym(e). CDT; Kohlenhydrat-defizientes Transferrin; Sialinsäure-defizientes Transferrin

Englischer Begriff. carbohydrate-deficient transferrin; sialic acid-

Synonym(e). CA 549; Cancer Antigen 549

deficient transferrin; CDT

Englischer Begriff. carbohydrate antigen 549

Definition. CDT ist die Summe der unter chronischem Alkoholmissbrauch in erhöhter Serumkonzentration vorliegenden kohlenhydratdefizienten Transferrin-Isoformen (7 Abb. 1):

Definition. Carbohydrate antigen 549 ist ein 400–500 kDa schweres muzinöses Glykoprotein.

Struktur. CA 549 ist ein hochmolekulares Kohlenhydratantigen der Milchfettkügelchen-Muzin-Familie, das mittels der monoklonalen Antikörper BC4E 549 und BC4N 154 detektiert wird.

Molmasse. 400–500 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immunhistologisch wird CA 549 von Mammakarzinomen exprimiert, ebenso von normalem Brustdrüsengewebe sowie von normalen Geweben in Kolon, Niere, Blase, Leber, Gallengang, Lunge, Pankreas, Ovar, Endometrium, Prostata, Kopf-Nacken-Gewebe und Speicheldrüsen. Halbwertszeit. 2–5 Tage Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Liquor, Aszites, Pleurapunktat

Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Konventionelle Einheit. U/mL Referenzbereich — Erwachsene. Empfohlener Referenzbereich im Serum: 12 U/mL (methodenabhängig)

Indikation. Evtl. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Mammakarzinom (mit CEA) (7 Carcinoembryonales Antigen). Interpretation. CA 549 kann wie alle Muzinmarker zur Therapiekontrolle und Nachsorge des Mammakarzinoms eingesetzt werden. Wegen nicht vorhandener Komplementarität zu 7 Carbohydrate antigen 15-3 und MCA (7 Mucin like cancer associated antigen) ist eine Kombination nicht sinnvoll. Als Zweitmarker empfiehlt sich CEA. Neben dem Mammakarzinom kann CA 549 auch bei anderen Karzinomen des Kolons, des Magens, der Leber, der Lunge, des Kopf-HalsBereichs, des Ovars, der Prostata sowie bei Non-Hodgkin’s Lymphomen erhöht sein. Hinsichtlich benigner Erkrankungen sind gutartige Lebererkrankungen herauszuheben. Auch bei Mastopathien, benignen pulmonalen,

CDT = Asialotransferrin + Monosialotransferrin + Disialotransferrin.

Struktur. Transferrin ist ein Glykoprotein mit einer Polypeptid- und zwei Kohlenhydratketten. Die Polypeptidkette setzt sich aus zwei homologen Einheiten mit 336 (N-terminale Domäne) und 333 (Cterminale Domäne) Aminosäuren zusammen. In diese ist je eine Eisenbindungsstelle integriert. Die Kohlenhydratketten sind über je eine Asparaginsäure-Aminogruppe in der C-terminalen Domäne der Polypeptidkette des Transferrinmoleküls verankert. Das Transferrinmolekül zeigt schon unter physiologischen Bedingungen eine ausgeprägte Mikroheterogenität. Diese beruht auf unterschiedlicher Eisenbeladung (Fe₀-, Fe1N-, Fe1C- und Fe₂-Transferrine), unterschiedlicher Kohlenhydratstruktur (Asialo- bis Octasialotransferrine) und Modifikationen in der Aminosäuresequenz (genetische Transferrin-Varianten). Molmasse. ca. 80 kDa. Sie kann in Abhängigkeit von der Kohlenhydratstruktur des Transferrinmoleküls um ca. 10 % schwanken. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Als kritischer Alkoholkonsum für einen CDT-Anstieg gilt eine minimale Aufnahme von 50– 80 g Ethanol/Tag an wenigstens 7 aufeinanderfolgenden Tagen. Der Anstieg der CDT-Serumkonzentration beruht offenbar auf Ethanol- und/oder Azetaldehyd-induzierten Synthesestörungen der Transferrin-N-Glykane. So wurden verminderte Aktivitäten der an der Kohlenhydratketten-Synthese beteiligten Enzyme auf der Basis erniedrigter mRNA-Konzentrationen und erhöhte Aktivitäten von NGlykan abbauenden Enzymen gefunden. Ethanol-induzierte Veränderungen der CDT-Clearance von Leber und Niere sind als Ursachen für den CDT-Anstieg weitestgehend ausgeschlossen.

Halbwertszeit. ca. 14 Tage Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum.

Venöse

Blutentnahme.

Probenstabilität. Serum-CDT ist bei Raumtemperatur bis zu 30 h, bei 4 C bis zu 7 Tage, bei –22 °C bis Jahre stabil. Ein Anstieg des Serum-CDT um 25 % nach 3 Tagen bei Raumtemperatur (u.U. durch

C

302

Carbohydrate-deficient transferrin

5 In-vitro-Transferrin-Fe3+-Sättigung (Herstellung einer einheitlichen Transferrin-Fe3+-Beladung) 5 CDT- und nicht-CDT-Fraktionierung (zumeist anhand der differenten isoelektrischen Punkte) 5 Quantifizierung der CDT-Isoformen (7 Färbung/7 Densitometrie) HPLC gilt derzeit als Referenzmethode. Ein direkter CDT-Assay auf der Basis von CDT-Antikörpern ist verfügbar.

Carbohydrate-deficient transferrin. Abb. 2. Transferrin-IsoformenVerteilung im Serum bei normalem Alkoholkonsum (A) und bei chronischem Alkoholmissbrauch (B)

Konventionelle Einheit. mg/L, U/L (historisch), CDT/Transferrinquotient in %

Internationale Einheit. mg/L, % des Gesamttransferrins Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. per Definition entspricht 1 U/L = 1 mg/L (historisch)

Referenzbereich — Erwachsene. Die CDT-Referenzbereiche sind Carbohydrate-deficient transferrin. Abb. 1. Wichtige TransferrinIsoformen aufgrund unterschiedlicher Fe3+-Beladung und Kohlenhydratstrukturen. die Wirkung bakterieller Sialidasen) wurde beobachtet. Andere Autoren fanden einen signifikanten Anstieg des CDT in der bei Raumtemperatur gelagerten Vollblutprobe erst nach ca. 6 Tagen. Wiederholtes Einfrieren und Auftauen war ohne signifikanten Einfluss auf das Serum-CDT.

Präanalytik. Das Untersuchungsmaterial ist Serum (0,1–1,0 mL in Abhängigkeit von der Analysenmethode). Eine Patientenvorbereitung ist nicht erforderlich. Plasma ist für einige Testsysteme nicht geeignet (Störung der CDT- und nicht-CDT-Fraktionierung durch die Antikoagulanzien). Analytik. Selektive klassisch-chemische CDT-Nachweisreaktionen sind derzeit nicht verfügbar. Nicht-CDT-Isoformen und Matrixbestandteile müssen deshalb zumeist vor der eigentlichen CDT-Detektion und -Quantifizierung durch elektrophoretische (isoelektrische Fokussierung (7 Abb. 2), Kapillarelektrophorese) oder chromatographische (HPLC, Säulenchromatographie; 7 Chromatographie) Methoden abgetrennt werden. Im Allgemeinen setzt sich die CDTAnalytik deshalb aus 3 Schritten zusammen:

stark von der Analysenmethode abhängig. Als Entscheidungsgrenzen werden gewöhnlich Graubereiche angewandt. Die Angabe als absolute CDT-Konzentration ist unüblich (u. a. wegen fehlender Transferrin-Isoformenstandards). Der Graubereich des CDT/Transferrin-Quotienten ist geschlechtsunabhängig. Er beträgt für die derzeit am häufigsten eingesetzten Tests 2,5–3,0 % (7 Immunoassay) bzw. 1,75–2,50 % (HPLC¸7 Chromatographie). Für die 7 Kapillarelektrophorese z. T. 1,3 %. Eine Umrechnung von Messergebnissen verschiedener Tests auf ein Bezugssystem ist aufgrund der Spezifitätsunterschiede der verfügbaren CDT-Tests nicht möglich.

Referenzbereich — Kinder. Im Alter von < 2–14 Jahren keine Unterschiede zu Erwachsenen.

Indikation. CDT ist kein Screeningparameter. Indikationen sind: 5 Compliance- und Therapiekontrolle bei Alkohol- und/oder Drogenabhängigen 5 Nachweis eines chronischen Alkoholmissbrauchs (in Arbeits-, Rechts- und Verkehrsmedizin, bei internistischen und chirurgischen Fragestellungen) 5 Objektivierung eines Verdachts auf chronischen Alkoholmissbrauch bei negativem Befragungsbefund und/oder normaler 7 γ-Glutamyltransferaseaktivität (GGT)

Carboxypeptidase-B-Aktivierungspeptid

5 Differenzierung Alkohol- und Medikamenten-induzierter Erhöhungen der GGT-Serumaktivität 5 Pränataldiagnostik einer potenziellen Alkoholexposition 5 Präoperative Erkennung von Risikopatienten 5 Post-mortem-Diagnostik eines chronischen Alkoholmissbrauchs

Interpretation. Eine Korrelation zwischen der CDT- und der Transferrin-Serumkonzentration konnte im Allgemeinen nicht nachgewiesen werden. Es wird deshalb zumeist der CDT/Transferrin-Quotient ermittelt. Es besteht keine Korrelation zwischen absoluten oder relativen CDTKonzentrationen und der (häufig zur Detektion eines Alkoholmissbrauchs bestimmten) GGT-Aktivität im Serum. Die Parallelbestimmung von CDT und GGT zum Nachweis eines chronischen Alkoholmissbrauchs ist deshalb sinnvoll. Dabei ist CDT die signifikant spezifischere und die GGT-Aktivität die empfindlichere Kenngröße. Die rechnerische Verknüpfung von CDT und GGT als γ-CDT hat sich nicht durchgesetzt. Positive, mit immunologischen Methoden erhobene CDT-Befunde sollten, in Analogie zur Vorgehensweise bei Drogenuntersuchungen (7 Drogenscreening), durch ein physikochemisches Verfahren, z. B. HPLC, bestätigt werden. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist das CDT unbeeinflusst von Pharmaka. Genetische Transferrin-D-Varianten können falsch-positive, genetische Transferrin-B-Varianten falsch-negative CDT-Befunde verursachen. Eine Ursache für hohe CDT-Konzentrationen ohne Alkoholmissbrauch liegt im Formenkreis des CDG-Syndroms (Carbohydratedeficient-Glykoprotein-Syndrom; neue Nomenklatur: Congenital Disorder of Glycosylation). Es handelt sich hierbei um eine genetisch bedingte, generalisierte Störung der Synthese der Kohlenhydratstruktur der Glykoproteine. Falsch-positive CDT-Befunde auch bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen. Diagnostische Wertigkeit. Die Angaben zur diagnostischen Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) streuen sehr stark. Sie beträgt für Frauen im Mittel 30–50 %, für Männer 50–70 %. Die diagnostische Spezifität liegt im Mittel deutlich über 90 %. CDT ist derzeit der spezifischste Marker eines chronischen Alkoholmissbrauchs. (Wie immer müssen diagnostische Sensitivität und Spezifität sowie die zur Ihrer Ermittlung herangezogenen Entscheidungsgrenzen (Cut-offs) gemeinsam betrachtet werden.) Ein positiver CDT-Befund weist chronischen Alkoholmissbrauch mit hoher Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) nach, ein normaler CDT-Wert schließt diesen nicht aus. Literatur. Arndt T (2001) Carbohydrate-deficient transferrin as a marker of chronic alcohol abuse: a critical review of preanalysis, analysis, and interpretation. Clin Chem 47:13–27

Carbonatapatit (Dahllit) 7 Calciumphosphat-Stein

γ-Carboxyglutamat-Protein 7 Osteocalcin

γ-Carboxyglutaminsäure 7 Vitamin K

Carboxyhämoglobin 7 Kohlenmonoxidhämoglobin

Carboxyhydrate antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Definition. Carboxyhydrate antigene sind in der Regel membranständige Glykoproteine oder -lipide. Von Tumorzellen werden einige

303

dieser Antigene vermehrt exprimiert und zum Teil auch sezerniert. Die Menge und Art der Antigene im Blut oder anderen Körperflüssigkeiten kann einen Hinweis auf den histologischen Gewebstyp, die Größe oder Aktivität des Tumors geben. Allerdings kann die Konzentration verschiedener Antigene auch bei benignen Erkrankungen variieren und je nach Metabolismus z. T. deutlich erhöht sein.

Carboxylesterhydrolase 7 Cholesterinesterase

Carboxypeptidase-B-Aktivierungspeptid A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). CAPAP Englischer Begriff. carboxypeptidase activation peptide Definition. Polypeptid, welches nach Sekretion von Procarboxypeptidase B durch das exokrine Pankreas im Intestinallumen bei der tryptischen Aktivierung abgespalten wird und dessen Serum- und/ oder Urinkonzentration als Kenngröße des Schweregrades der akuten Pankreatitis dient. Molmasse. 9,4 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Carboxypeptidase B (EC 3.4.17.2) ist ein lineares Polypeptid aus 81 Aminosäuren der Molmasse 9,4 kDa. Es wird als Proform (7 Zymogen, Molmasse 47 kDa) von den Azinuszellen des Pankreas sezerniert und intestinal durch limitierte 7 Trypsin-katalysierte Proteolyse in aktive Carboxypeptidase (Molmasse 35 kDa) überführt. Das dabei abgespaltene CAPAP wird intestinal nicht resorbiert und mit den Fäzes ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Während der initialen Phase der akuten Pankreatitis erfolgt eine prämature Aktivierung von Procarboxypeptidase mit Abspaltung von CAPAP bereits im Pankreas. Danach Freisetzung in den interstitiellen Raum und Eintritt in die Zirkulation mit renaler Elimination. 90 % werden tubulär resorbiert und degradiert, 10 % finden sich im Endurin. Konzentrationserhöhungen im Serum und Urin weisen auf Pankreasnekrosen hin, das Ausmaß korreliert mit dem Schweregrad der akuten (hämorrhagischen versus ödematösen) Pankreatitis. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin Probenstabilität. sehr stabil in Serum und Urin Präanalytik. Keine Besonderheiten Analytik. Kompetitiver 7 Radioimmunoassay mit Antikörpern gegen humanes CAPAP.

Referenzbereich — Erwachsene. Serum: ≤ 0,8 nmol/L, Urin: ≤ 2,3 nmol/L

Indikation. Diagnostik des Schweregrads einer akuten Pankreatitis Interpretation. CAPAP-Konzentrationen im Serum und Urin korrelieren mit dem Schweregrad der akuten Pankreatitis: 5 milde Verläufe: Serum und Urin: Keine oder gering erhöhte Konzentrationen 5 moderate Verläufe: Serum: 3–10 nmol/L, Urin: 10–50 nmol/L 5 schwere Verläufe: Serum: > 10 nmol/L, Urin: > 100 nmol/L. Diagnostische Wertigkeit. In Bezug auf die Schweregradbeurteilung der akuten Pankreatitis: 85 % Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische), 59 % Spezifität (7 Spezifität, diagnostische). Literatur. Muller CA, Appelros S, Uhl W et al (2002) Serum levels of procarboxypeptidase B and its activation peptide in patients with acute pancreatitis and non-pancreatic diseases. Gut 51:229–235

C

304

Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid

Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid H.-D. Haubeck

Synonym(e). CTX; ICTP Englischer Begriff. carboxyterminal telopeptide of type I collagen (CTX); cross-linked carboxyterminal telopeptide of type I collagen (ICTP) Definition. Carboxyterminale Typ-I-Kollagen-Telopeptide entstehen durch die Wirkung proteolytischer Enzyme bei der Knochenresorption und eignen sich als Marker des Knochenum- bzw. Knochenabbaus. i Kollagen Typ I ist mit einem Anteil von ca. 90 % der organischen Knochenmatrix das wichtigste Protein des Knochens. Dementsprechend lassen sich die durch proteolytischen Abbau von Kollagen Typ I entstehenden Degradationsprodukte als Marker von Knochenumbau bzw. Knochenresorption nutzen. 7 Neben Desoxypyridinolin (DPD) wurden vor allem Fragmente der carboxyterminalen und aminoterminalen Typ-I-Kollagen-Telopeptide (NTX) im Serum und/oder Urin gemessen. Von den carboxyterminalen Telopeptiden wurden bisher zwei Fragmente isoliert, charakterisiert und für den Aufbau von 7 Immunoassays verwendet: ICTP (cross-linked carboxyterminal telopeptide of collagen type I) und CTX (C-terminal cross-linked telopeptide of collagen type I). Während ICTP ein größeres konformationsabhängiges Epitop bildet, besteht das Spaltprodukt CTX aus 8 Aminosäureresten, die in den α1-Ketten des Kollagens zweimal quervernetzt vorkommen, d. h., das Fragment enthält das CTX-Motiv aus 8 Aminosäuren zweimal (7 Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid, quervernetztes). Die beiden Fragmente CTX (bzw. CrossLaps) und ICTP entstehen durch die proteolytische Aktivität unterschiedlicher Enzyme. Das Fragment CTX wird im Rahmen des normalen Turnover aus Kollagen Typ I durch Kathepsin K (aus den Osteoklasten) freigesetzt. Im Gegensatz hierzu wird das Fragment bzw. ICTP-Epitop durch Kathepsin K zerstört. ICTP entsteht durch die Wirkung verschiedener Matrix-Metalloproteinasen (u. a. MMP-1, -2-, -9, -13, und -14), die nicht bzw. nicht nur von Osteoklasten freigesetzt werden. Dementsprechend eignet sich CTX, im Gegensatz zu ICTP, gut für die Verlaufs- und Therapiekontrolle des Knochenabbaus bei der Osteoporose, während ICTP vor allem Bedeutung für die Verlaufs- und Therapiekontrolle bei Patienten mit osteolytischen Knochenmetastasen, z. B. bei Mamma-, Prostata- und Bronchialkarzinom sowie beim multiplen Myelom, aber auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und reaktiven Arthritiden mit einer Knochenbeteiligung besitzt.

Literatur. Ju H-SJ, Leung S, Brown B et al (1997) Comparison of analytical performance and biological variability of three bone resorption assays. Clin Chem 43:1570–1576 Garnero P, Ferreras M, Karsdal MA et al (2003) The type I collagen fragments ICTP and CTX reveal distinct enzymatic pathways of bone collagen degradation. JBMR 18:859–867

Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid, quervernetztes H.-D. Haubeck

Synonym(e). CTX; β-Crosslaps; β-CTx Englischer Begriff. CrossLaps Definition. CrossLaps sind spezifische Abbauprodukte carboxyterminaler Telopeptide des Typ-I-Kollagens. i Während für die Diagnose der Osteoporose die Messung der Knochendichte von entscheidender Bedeutung ist, erlauben Parameter zur Erfassung der Knochenresorption die Messung des aktuellen Knochenverlusts und eine Therapiekontrolle. Die Knochenresorption kann über den Nachweis von verschiedenen Abbauprodukten des Typ-I-Kollagens gemessen werden. Hierfür wurde bisher vor allem der Nachweis von 7 Desoxypyridinolin (DPD) im Urin eingesetzt, während die 7 Calciumausscheidung und der Nachweis von 7 Hy-

droxyprolin von geringerer Bedeutung waren. Neben der Messung von DPD kann auch der Nachweis von 7 carboxyterminalem TypI-Kollagen-Telopeptid und 7 aminoterminalem Typ-I-Kollagentelopeptid, die im Rahmen der Knochenresorption durch Osteoklasten u. a. durch die Wirkung von Kathepsin K aus Kollagen freigesetzt werden, für diese Zwecke genutzt werden. Mit dem CrossLaps-Immunoassay werden Fragmente des carboxyterminalen Typ-I-Kollagentelopeptids erfasst, die das Oktapeptid EKAHD-β-GGR, in dem der Aspartatsäurerest (D) β-isomerisiert ist, zweifach (cross-linked) enthalten. Ein wesentlicher Vorteil dieses Assays ist, dass er aufgrund der höheren Empfindlichkeit den Nachweis carboxyterminaler Telopeptide im Serum erlaubt und damit die Probleme der Messungen im Urin vermeidet.

Literatur. Rosenquist C, Fledelius C, Christgau S et al (1998) Serum crossLaps one step ELISA. First application of monoclonal antibodies for measurement in serum of bone-related degradation products from C-terminal telopeptides of Type I collagen. Clin Chem 44:2281–2289 Ju H-SJ, Leung S, Brown B et al (1997) Comparison of analytical performance and biological variability of three bone resorption assays. Clin Chem 43:1570–1576

6-Carboxyuracil 7 Orotsäure

Carcinoembryonales Antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). CEA Englischer Begriff. carcino-embryonic antigen Definition. Das carcinoembryonale Antigen ist ein 180 kDa schweres Glykoprotein mit 50–70 % Kohlenhydratanteil und einer Sedimentationskonstanten von 7–8 S. Struktur. Das carcinoembryonale Antigen besteht vermutlich aus einer einzelnen Polypeptidkette mit 668 Aminosäuren, an die eine größere Anzahl von komplexen, verzweigten Oligosaccharidketten über N-Acetylglukosamin-Asparagin-Bindungen verknüpft ist.

Molmasse. 180 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch kommt das CEA im fetalen Gastrointestinaltrakt sowie im fetalen Serum ab der 8. Schwangerschaftswoche (mit einem Maximum um die 22. Schwangerschaftswoche) vor. Beim erwachsenen Menschen werden geringe Mengen von Zellen des Gastrointestinaltrakts, des Pankreas und der Leber produziert.

Halbwertszeit. 2–8 Tage Funktion und Pathophysiologie. Die wesentliche klinische Bedeutung der CEA-Bestimmung liegt in der Entdeckung und Verlaufsbeobachtung des Kolonkarzinoms, in der Differenzialdiagnose von Leberrundherden sowie Therapiemonitoring und frühzeitiger Rezidiverkennung beim Mammakarzinom. Die gesteigerte CEA-Synthese und Freisetzung wird durch die Derepression von für die CEA-Bildung verantwortlichen Genen erklärt, die bei der Geburt reprimiert wurden. Das CEA-kodierende Gen ist Mitglied einer Familie von mindestens 17 transkriptionell aktiven Genen mit hoher struktureller Homologie. Aufgrund der Ähnlichkeit von Produkten der CEA-Genfamilie können mono- und polyklonale 7 Antikörper mit CEA-ähnlichen Antigenen kreuzreagieren [z. B. 7 nonspecific cross reacting antigen (NCA) 1 und 2, biliäres Glykoprotein (7 Glykoprotein, biliäres, BGP) u. a.].

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Pleurapunktat, Aszites, Liquor

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung von monoklonalen Antikörpern.

Cardiolipin

Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 1,0 μg/L; 95 %-Perzentile 2,3 μg/L (methodenabhängig) Indikation.

5 Verdacht auf primäres kolorektales Karzinom 5 Differenzialdiagnose von Leberrundherden (mit 7 AFP) 5 Therapiekontrolle und Nachsorge von kolorektalem Karzinom und Mammakarzinom (mit 7 CA 15-3)

Interpretation. Die meisten CEA-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die CEA-Bestimmung in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden. Das carcinoembryonale Antigen wird in sehr hohen Konzentrationen (> 1000 μg/L) insbesondere vom (hepatisch metastasierten) kolorektalen Karzinom, aber auch vom Bronchial-, Magen- und Ovarialkarzinom freigesetzt. Werte bis 1000 μg/L wurden außerdem beim Pankreas-, Mamma- und Leberzellkarzinom beobachtet. Niedrig pathologische CEA-Werte (bis 10 μg/L) werden auch bei benignen Erkrankungen, vor allem des Darms, des Pankreas, der Leber und der Lunge, so bei Leberzirrhose, chronischer Hepatitis, Pankreatitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Pneumonie, Bronchitis, Tuberkulose, Emphysem, Mukoviszidose sowie bei Autoimmunerkrankungen beobachtet. Bei einigen Assays können Raucher eine permanent erhöhte CEA-Konzentration (bis 10 μg/L) aufweisen. Bei Vorliegen von Leberrundherden kann die gemeinsame Bestimmung von carcinoembryonalem Antigen und AFP differenzialdiagnostisch wegweisend sein: 5 stark erhöhtes AFP bei niedrigem carcinoembryonalen Antigen spricht für ein primäres hepatozelluläres Karzinom 5 stark erhöhtes carcinoembryonales Antigen bei niedrigem AFP spricht für eine Lebermetastase eines kolorektalen Karzinoms oder eines anderen Adenokarzinoms, z. B. der Lunge oder der Brust. Für die Therapiekontrolle und die Rezidiverkennung in der Nachsorge des Mammakarzinoms hat sich CEA neben CA 15-3 als sensitiver und additiver Marker etabliert. Mit beiden Markern gelingt eine sichere Früherkennung einer Fernmetastase (100 % Spezifität) (7 Spezifität, diagnostische) mit einer Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) von 70 % ausgehend von den individuellen Basiswerten. Bei der Primärtherapie „negative“ Marker können im weiteren Verlauf ansteigen und hilfreich für die Erkennung einer Metastasierung sein. Deshalb empfiehlt sich in der Nachsorge des Mammakarzinoms eine kontinuierliche Bestimmung von carcinoembryonalem Antigen und CA 15-3.

Diagnostische Wertigkeit.

5 Primäres kolorektales Karzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung 5 Leberrundherde: Differenzialdiagnose (mit AFP) 5 Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CA 15-3)

305

globulin-ähnlichen Ektodomänen und einer kurzen zytoplasmatischen Domäne. CEACAM-1 assoziiert direkt mit Annexin II, einem mit „Lipid-Raft“ assoziierten Molekül.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CEACAM-1 wird auf der Oberfläche der Epithelien des Gastrointestinaltrakts, von Brust, Niere, Prostata, Leber sowie in aktivierten Endothelzellen, T- und B-Zellen, in dendritischen Zellen und Granulozyten exprimiert. Funktion und Pathophysiologie. Sowohl CEACAM-1 als auch Annexin II sind in vielen soliden Karzinomen, wie z. B. von Kolon und Rektum, Prostata, Brust und Leber herabreguliert. Somit scheinen sie tumorsupprimierende Wirkung zu haben. Daneben spielt CEACAM-1 bei der Signaltransduktion ins Zellinnere, der Reorganisation des Zytoskeletts und der Apoptose eine Rolle. Dazu kontrastierende Ergebnisse lieferte eine Studie über Patienten mit Bronchialkarzinom, bei der eine erhöhte CEACAM-1-Konzentration im Tumorgewebe gefunden wurde, die zusätzlich mit einer ungünstigen Prognose assoziiert war.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Indikation. Prognosemarker bei verschiedenen soliden Tumoren. Interpretation. CEACAM-1 könnte sich als ein neuer Marker für die Prognoseeinschätzung und möglicherweise als Hilfe zur Differenzialdiagnose bei verschiedenen soliden Tumoren etablieren. Bislang liegen noch keine aussagekräftigen Studien vor, die eine eindeutige Empfehlung rechtfertigen würden.

Diagnostische Wertigkeit. Potenzieller Prognosemarker. Literatur. Kirshner J, Schumann D, Shively JE (2003) CEACAM1, a cell-cell adhesion molecule, directly associates with annexin II in a three-dimensional model of mammary morphogenesis. J Biol Chem 50:50338–50345 Sienel W, Dango S, Woelfle U et al (2003) Elevated expression of carcinoembryonic antigen-related cell adhesion molecule 1 promotes progression of non-small cell lung cancer. Clin Cancer Res 9:2260–2266

Cardenolide K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. cardenolides Definition. Substanzklasse bestehend aus einem Sterolgrundgerüst und einem ungesättigten fünfgliedrigen Lactonring. i Zu den Cardenoliden gehören u. a. die positiv inotropen Glykosi-

de 7 Digoxin, 7 Digitoxin und Strophantin sowie deren Derivate.

Literatur. Nollau P, Wagener C (2008) CEA. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1319–1323 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

Carcinoembryonic antigen cell adhesion molecule S. Holdenrieder, P. Stieber

Cardenolide. Abb. 1. Struktur der Cardenolide

Synonym(e). CEACAM-1 Englischer Begriff. carcinoembryonic antigen cell adhesion molecule 1

Definition. Das Carcinoembryonic antigen cell adhesion molecule 1 ist ein Typ-1-transmembranöses Glykoprotein, Mitglied der CEAGen-Familie (7 Carcinoembryonales Antigen) und gleichzeitig ein 7 Adhäsionsmolekül der Immunglobulin-Superfamilie.

Struktur. CEACAM-1 wurde ursprünglich in Leber und Galle als CEA-kreuzreagierendes Antigen entdeckt. Es besteht aus 4 Immun-

Cardiolipin K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Diphosphatidylglycerol Englischer Begriff. cardiolipin Definition. Anionisches Phospholipid mit dimerer Struktur, die über ein Glyzerinmolekül verknüpft ist. Cardiolipin enthält zwei Phosphatgruppen und vier Azylketten.

C

306

Cardiolipin-Antikörper

i Cardiolipin kommt in Bakterienmembranen (7 Bakterien) und

der mitochondrialen Membran von Eukaryonten und Wirbeltieren vor. Der Name bezieht sich auf die ursprüngliche Isolation aus Herzmuskelgewebe, in dem Cardiolipin etwa 10 % der Gesamtphospholipide ausmacht. Bei Säugern sind etwa 80 % der Azylreste Linolsäure, der Rest vorwiegend Ölsäure und Linolensäure. In Mitochondrien interagiert Cardiolipin mit nahezu allen Proteinkomplexen der Atmungskette und ist essentiell für die Funktion dieser Komplexe. Diagnostisch ist Cardiolipin als Antigen der Antiphospholipidantikörper von Bedeutung.

Literatur. Schlame M, Rua D, Greenberg ML (2000) The biosynthesis and functional role of cardiolipin. Prog Lipid Res 39:257–288

Aus der zentralen Stellung im Intermediärstoffwechsel besitzt L-Carnitin Wirkungen auf verschiedene Organsysteme. Normale gesunde Erwachsene haben eine adäquate Carnitinspeicherung und benötigen kein zusätzliches Carnitin. Bedeutung gewinnt die exogene Zufuhr jedoch bei verschiedenen Erkrankungen und bei Carnitinmangelzuständen. Carnitinmangel kann als intrazellulärer Mangel an Carnitin definiert werden. Ein solcher Mangel führt zu einer Akkumulation von AcylCoA-Estern und zu einer Hemmung des Acyltransportes durch die innere Mitochondrienmembran. Dieser Mangel kann in einen primären (mit einem Basisdefekt, Ursache im Carnitinstoffwechsel) und in einen sekundären (als Folge anderer Erkrankungen und Zustände) eingeteilt werden.

Literatur. Gürtler A-K, Löster H (1996) Carnitin und seine Bedeu-

Cardiolipin-Antikörper

tung bei der Pathogenese und Therapie der Herz- und Kreislauferkrankungen. Ponte Press, Bochum McGarry JD, Foster DW (1976) An improved and simplified radioisotopic assay for the determination of free and esterified carnitine. J Lipid Res 17:277–281

7 Autoantikörper gegen Cardiolipin

Carnitin A.C. Sewell

Carnitin-Palmitoyl-Transferase

Englischer Begriff. carnitine Definition. Ein essenzieller und integrierter Bestandteil im Transport langkettiger Fettsäuren durch die Membran der Mitochondrien in die innere Matrix. Dort erfolgt die weitere β-Oxidation. Carnitin hält das Verhältnis Acetyl-CoA/CoA im Gleichgewicht.

Struktur.

(CH₃)₃N+-CH₂-HCOH-CH₂COO–,

Summenformel:

C₇H₁₅NO₃

Molmasse. 161,2 g i Im Jahr 1905 wurde Carnitin fast gleichzeitig von Gulewitsch und

Krimberg in Moskau und von Kutscher in Marburg entdeckt. Carnitin blieb lange Zeit einer der Naturstoffe, deren Funktion nicht bekannt war. Bei Untersuchungen über den Vitaminbedarf des Mehlkäfers Tenebrio molitor stießen Fraenkel und Friedman auf einen für die Metamorphose des Käfers essenziellen Wachstumsfaktor. Im Jahr 1952 wurde die Identität dieses Faktors als L-Carnitin nachgewiesen. 1955 beobachten Friedman und Fraenkel die reversible Übertragung von aktivierten Acetylgruppen zwischen Carnitin und CoA. Im gleichen Jahr beschrieb Fritz die Erhöhung der Oxidationsrate von Palmitat in Rattenleberhomogenat, wenn Muskelextrakt zugefügt wurde. Es zeigte sich, dass das im Muskelextrakt vorliegende Carnitin die Oxidation der langkettigen Fettsäuren stimuliert. Im Jahr 1963 entdeckten Bremer und Fritz das Enzym 7 Carnitin-Palmitoyl-Transferase, das folgende Reaktion katalysiert: → Palmitoyl-L-Carnitin + CoA Palmitoyl-CoA + L-Carnitin ← und postulierten dessen Bedeutung bei der Oxidation von Fettsäuren. Die Hauptrolle zeigt L-Carnitin bei der β-Oxidation von mittel- und langkettigen Fettsäuren in den Mitochondrien. Mit Hilfe von Carnitin, gelangen aktivierte Fettsäuren als Carnitinester aus dem Zytosol durch die innere Mitochondrienmembran in die Mitochondrienmatrix. Die Bestimmung von Carnitin in Körperflüssigkeiten und Gewebextrakten wird traditionell mit der radioenzymatischen Methode von McGarry und Foster durchgeführt. Hier werden Gesamtcarnitin, das freie Carnitin und das Acylcarnitin ermittelt. Heute ist es möglich durch Tandem-7 Massenspektrometrie das freie Carnitin und gleichzeitig die einzelnen Acylcarnitin-Spezies zu bestimmen. Dies ist für die Diagnostik angeborener Stoffwechselerkrankungen im Neugeborenenalter unentbehrlich. Der größte Anteil an Gesamtcarnitin befindet sich beim Menschen in der Skelettmuskulatur. Die Konzentrationen in den verschiedenen Geweben sind bis zu 100-fach höher als die im Plasma. Carnitin wird hauptsächlich über den Urin ausgeschieden. Die renale 7 Clearance beträgt bei gesunden Probanden 1–2 mL/min, die tubuläre Rückresorption liegt dementsprechend weit über 90 %. Folglich wird L-Carnitin von der Niere wie eine essenzielle Aminosäure angesehen.

A.C. Sewell

Synonym(e). CPT Englischer Begriff. carnitine palmitoyl transferase Definition. CPT (EC 2.3.1.21) ist ein mitochondriales Enzym, das den Transport langkettiger Fettsäuren durch die Membran der Mitochondrien mittels Bindung an Carnitin ermöglicht. i Zwei Formen von CPT (CPT I und CPT II) sowie drei Subformen für CPT I sind bekannt. CPT I katalysiert die Reaktion zwischen Carnitin und Palmitoyl-CoA, aus der Palmitoylcarnitin entsteht. CPTI-Mangel führt zur hypoketonischen Hypoglykämie, Hepatomegalie und Erhöhung der Carnitinkonzentration im Plasma. CPT II ist Bestandteil der inneren mitochondrialen Membran und katalysiert die Transesterifikation von Palmitoylcarnitin zu PalmitoylCoA, welches als Substrat der mitochondrialen β-Oxidation zur Verfügung steht; Carnitin wird freigesetzt. CPT-II-Mangel führt ebenfalls zur hypoketonischen Hypoglykämie mit Leber-, Muskel- und Herzbeteiligung.

Literatur. Foster DW (2004) The role of the carnitine system in human metabolism. Ann NY Acad Sci 1033:1–16

Carnosin A.C. Sewell

Synonym(e). anti-aging dipeptide Englischer Begriff. carnosine Definition. Ein aus β-7 Alanin und 7 Histidin zusammengesetztes Dipeptid. Beim Menschen kommt es hauptsächlich in der Skelettmuskulatur und im Gehirn vor. Spielt evtl. eine Rolle als Neurotransmitter. Rolle in Alterungsprozessen vermutet. i Carnosin wurde im Jahr 1900 von Gulewitsch im Muskelextrakt entdeckt. Die Struktur wurde als Dipeptid beschrieben und bis 1953 wurde Carnosin als „uninteressant“ eingestuft. Die genaue Rolle des Carnosins bleibt bis heute unbekannt. Im Muskel dient Carnosin als Puffer (pK 6,9) insbesondere bei den Schnellfasern (fast twitch). Carnosin kann mit Hilfe der quantitativen Aminosäurenanalytik in Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden, allerdings ist Carnosin weder im Plasma noch im Urin eines gesunden Menschen zu finden. Beim Verzehr hoher Mengen von Geflügelfleisch, kann der Carnosinspiegel im Plasma deutlich ansteigen mit einer entsprechenden renalen Ausscheidung. Dies stellt häufig ein Problem bei der Beurteilung von Ergebnissen der Aminosäurenanalyse dar. Ca. 25 Fälle von Carnosinämie wurden weltweit bisher beschrieben. Es handelt sich um eine vermutlich autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Ein Mangel der Serum-Carnosinase liegt zu-

CAS-Nummer

grunde. Das klinische Bild ist sehr variabel, sodass die Carnosinämie als „benigne Erkrankung“ anzusehen ist. Heute werden dem Carnosin neue Funktionen zugeschrieben, so z. B. anti-oxidative Eigenschaften, „anti-aging Dipeptide“ und zusammen mit Antibiotika und Protonen-Pumpenhemmer als Unterstützung bei der Behandlung von Helicobacter-pylori-Infektionen.

Literatur. Hipkiss AR et al (2002) Reaction of carnosine with aged proteins: another protective process? Ann NY Acad Sci 959:285–294 Skulachev VP (2000) Biological role of carnosine in the functioning of excitable tissues. Centenary of Gulewitsch’s discovery. Biochemistry (Mosc) 75:749–750 Scriver CR, Beudet AL, Sly WS et al (1995) The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease, 8th ed McGraw-Hill, New York, pp 1362–1363

307

Atherosklerose und Herz-/Kreislauf-Erkrankungen kann durch Steigerung der Immunabwehr, Hemmung der Zelltransformation und der Mutagenese erklärt werden. Charakteristische β-Carotin-Mangelsymptome sind bislang nicht bekannt, da der Bedarf durch Vitamin A ausgeglichen werden kann. Eine orale Therapie mit β-Carotin zur Beseitigung eines latenten Vitamin-A-Mangels bei Maldigestion oder Malabsorption hat den Vorteil, dass bei sehr hohen β-Carotin-Gaben bisher keine Hypervitaminose A beobachtet wurde. Anerkannt ist die Anwendung von β-Carotin zur symptomatischen Behandlung der Lichtüberempfindlichkeit bei erythropoetischer Protoporphyrie aufgrund seiner photoprotektiven Eigenschaften wie dem Abfangen toxischer Radikale und der Entgiftung von Singulett-Sauerstoff. Auch ist nachgewiesen, dass Probanden mit einem hohen β-Carotin-Gehalt im Serum ein erniedrigtes Risiko für Krebs und kardiovaskuläre Erkrankungen haben.

β-Carotin

Untersuchungsmaterial. Serum

R. Driesch

Präanalytik. Proben lichtgeschützt transportieren und aufbewahren.

Synonym(e). Provitamin A; Carotin

Analytik. Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)

Englischer Begriff. β-carotene; provitamin A

Referenzbereich — Erwachsene. 600–2000 μg/L (1,12–3,72 μmol/L)

Struktur. 7 Abb. 1

Referenzbereich — Kinder. nicht verfügbar

Molmasse. 563,8 g

Indikation. Zusätzlich zur Vitamin-A-Bestimmung bei Maldiges-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. β-Carotin gehört unter den mehr als 600 Carotinoiden in Pflanzen zu den etwa 50, die Provitamin-A-Aktivität aufweisen. Das zu 98 % als stabiles All-trans-Isomer vorliegende β-Carotin ist ein Polypren mit symmetrischer Struktur, bestehend aus einer Isoprenkette mit 11 konjugierten Doppelbindungen und je einem endständigen β-Iononring (7 Abb. 1). Neben β-Carotin sind auch α-Carotin, Lycopin, β-Cryptoxanthin und andere Provitamine A zu finden. Da Pflanzen Carotinoide als Polyenfarbstoffe zum Schutz vor phototoxischen Prozessen über die Funktion als Antioxidantien und Radikalfänger bilden, werden sie vor allem in gelb/orangefarbenen und dunkelgrünen Gemüse- und Obstsorten gefunden. Sie liefern je nach Ernährungsgewohnheiten etwa zwei Drittel des Vitamin-A-Bedarfs für den Menschen, wobei die Aufspaltung zu Retinal in der Darmschleimhaut durch eine 15,15'-Dioxygenase und nachfolgende Reduzierung zu Retinol vom Versorgungszustand mit Vitamin A abhängig ist. Bei von Vitamin A entleerten Speichern wird relativ viel β-Carotin in Vitamin A überführt, bei gefüllten VitaminA-Speichern wird jedoch β-Carotin als solches gespeichert und im Blut transportiert. Speicherorte sind vorwiegend subkutanes Fettgewebe (80–85 %) und die Leber (8–12 %). Die Stoffwechselwege des aus β-Carotin in der Mukosazelle durch Spaltung und Reduzierung gebildeten Retinol sind unter 7 Vitamin A beschrieben. Der nicht gespaltene β-Carotin-Anteil passiert die Darmwand unverändert und gelangt über die Pfortader in die Leber. Der Transport von β-Carotin im Blut erfolgt zu 75–80 % an LDL-, zu 10–25 % an HDL- und zu 5–10 % an VLDL-Lipoproteine gebunden. Eine hohe Serumkonzentration macht sich als Gelbfärbung der Haut (Hypercarotinämie) bemerkbar, da die Speicherung überwiegend im subkutanen Fettgewebe stattfindet. Bei mangelnder Zufuhr von Vitamin A kann β-Carotin nach zentraler oder exzentrischer Spaltung durch Metabolisierung zu Retinol S aus den Speichern freigesetzt werden.

Funktion und Pathophysiologie. Unabhängig von seiner Provitaminfunktion hat β-Carotin wie auch andere Carotinoide eine antioxidative Wirkung durch die Verminderung der Bildung freier Radikale und als sehr wirksames Mittel zur Inaktivierung von Singulett-Sauerstoff. Die Risikoverminderung für bestimmte Krebsformen wie auch für

β-Carotin. Abb. 1. β-Carotin

tion/Malabsorption und bei der Therapie von Lichtdermatosen.

Interpretation. Die in der Literatur angegebenen Referenzbereiche für β-Carotin durch HPLC-Bestimmung streuen über einen weiten Bereich. Sie reichen von Angaben von 100 μg/L als untere Grenze bis zu 3000 μg/L als obere Referenzgrenze.

Literatur. McCormick DB, Klee GG (2001) Tietz Fundamentals of Clinical Chemistry. 5th ed WB Saunders, Philadelphia Bässler KH, Golly I, Loew D et al (2002) Vitaminlexikon. 3. Aufl. Urban und Fischer, München

Carter-Robbins-Test 7 Kochsalzbelastungstest

Cartwright-Gruppe 7 Yt-Blutgruppensystem

CASA 7 Cancer-associated serum antigen

CAS-Nummer W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. chemical abstracts service registry number Definition. System zur Codierung von einzelnen Substanzen. i Die CAS-Nummer wird vom Chemical Abstracts Service der American Chemical Society entsprechend der Reihenfolge, in der die Substanzen in den Chemical Abstracts besprochen werden, vergeben. Für jeden bekannten chemischen Stoff (auch Biosequenzen, Legierungen, Polymere) existiert eine eigene CAS-Nummer. Selbst verschiedene Isomere eines Moleküls erhalten verschiedene CAS-Nummern, die so eine eindeutige Identifikation einer Substanz erlauben.

C

308

Catecholamine

Catecholamine 7 Katecholamine

Catenane R. Weiskirchen

Englischer Begriff. catenate; catenane; concatenate Definition. Ineinandergreifende Ringe zirkulärer DNA-Moleküle. i Diese Strukturen können bei der 7 Replikation zirkulärer DNA-

Moleküle entstehen. Sie erfordern ein beidsträngiges Schneiden zumindest eines der beiden zirkulären DNA-Stränge. Diese Reaktion wird durch spezielle Enzyme (Topoisomerasen) katalysiert.

Cathepsine 7 Kathepsine

CBG 7 Transkortin

C3/C4b-Rezeptor 7 Knops-Blutgruppensystem

CCAAT-Box 7 CAAT-Box

CCK 7 Cholecystokinin

CCP-Antikörper 7 Autoantikörper gegen citrullinierte Peptide

Cd 7 Cadmium

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 CD3. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene CD3+ CD3+ (%)

CD3+ (Zellen/μL)

55–83

700–1200

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 CD3. Tab. 2. Referenzbereich Kinder CD3+ Alter

CD3+ (%)

CD3+ (Zellen/μL)

Neugeborene

28–76

600–5000

1 Woche – 2 Monate

60–85

2300–7000

2–5 Monate

48–75

2300–6500

5–9 Monate

50–77

2400–6900

9–15 Monate

54–76

1600–6700

15–24 Monate

39–73

1400–8000

2–5 Jahre

43–76

900–4500

5–10 Jahre

55–78

700–4200

10–16 Jahre

52–78

800–3500

Indikation. 7 CD4 Literatur. Janeway CA et al (2001) Immunobiology: the Immune System in Health and Disease. 5th edn. Curchill Livingstone, London, p 196 Klein J, Horejsi V (1997) Immunology. 2nd ed Blackwell Sciences, Oxford, pp 193–195

CD4 H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). T4-Lymphozyt; T4-Helfer-Zelle

CD3

Englischer Begriff. T₄-lymphocyte; T₄-helper-cell

H. Renz, B. Gierten

Definition. CD4+-Zellen sind durch den exprimierten Oberflächen-

Synonym(e). T3-Lymphozyt; Komplex aus: CD3δ, CD3γ, CD3ε Englischer Begriff. T3-lymphocyte; T₃-cell Definition. CD3+-Zellen sind durch den exprimierten Oberflächenmarker CD3 charakterisiert.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CD3 ist auf der Oberfläche von T-Lymphozyten in enger Nähe zum T-Zellrezeptor (TCR) nachweisbar. Die Nomenklatur des CD3-TCR-Komplexes baut aufeinander auf: die Proteinketten werden fortlaufend mit α–ε bezeichnet. α- und β-Kette bilden einen extrazellulären Teil des TCR. γ-, δ- und ε-Kette gehören als akzessorische Ketten zu CD3. Die ζ-Kette stellt eine intrazelluläre Komponente des Komplexes dar.

Funktion und Pathophysiologie. Für CD3 kodierende Gene werden auch für Expression und Signaltransduktion des TCR benötigt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 CD4 Analytik. 7 Durchflusszytometrie Konventionelle Einheit. CD3+-Zellen in % und Anzahl der Lymphozyten/μL

marker CD4 charakterisiert.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CD4 wird hauptsächlich von Lymphozyten exprimiert, ist jedoch auch in geringerer Dichte beispielsweise auf Monozyten nachweisbar. CD4+-Lymphozyten werden wie alle Lymphozyten im Knochenmark produziert. Sie reifen im Thymus heran (T-Lymphozyten) und produzieren neben verschiedenen Rezeptoren, die für ihre physiologischen Aufgaben verantwortlich sind, auch zahlreiche Zytokine. Mit den genetischen Informationen für Immunglobuline werden T-Zell-Rezeptoren produziert, die zur Erkennung von Peptidantigenen auf der Zelloberfläche exprimiert werden.

Funktion und Pathophysiologie. Naive CD4+-Lymphozyten reifen nach Antigenkontakt unter dem Einfluss der von antigenpräsentierenden Zellen (APC) freigesetzten Zytokine zu Effektor-T-Helferzellen heran, die sowohl die humorale wie auch die zelluläre Immunreaktion beeinflussen. Diese Reifung findet in Lymphknoten und Milz statt. CD4+-Lymphozyten erkennen vorwiegend auf MHC II-Molekülen präsentierte Peptid-Antigene. Durch verschiedene kostimulatorische Moleküle und Transkriptionsfaktoren der APC differenzieren sie zu Effektor-T-Zellen, die unterschiedliche Zytokinprofile haben: Th₁ und Th₂.

CD8

Th₁-Zellen erkennen vorwiegend von 7 Makrophagen präsentierte Antigene. Ihre Hauptfunktion besteht in der Aktivierung der Makrophagen und damit der Verstärkung der zellvermittelten Immunität durch Produktion von IL-2, Interferon-γ und TNF-α. Die freigesetzten Zytokine fördern Proliferation und Differenzierung von CD8Lymphozyten zu zytotoxischen T-Zellen und NK-Zellen, erhöhen die Zellteilungsrate von CD4+-Zellen, stimulieren die Produktion opsonisierender und komplementaktivierender Immunglobuline durch Plasmazellen und funktionieren als chemotaktische Agenzien (7 Chemotaktische Aktivität) für phagozytierende Zellen. Pathophysiologische Beispiele für Th₁-vermittelte Abwehrreaktionen sind Lepra tuberculosa, lokale Leishmaniose, Sarkoidose, Kontaktdermatitis, Typ-I-Diabetes oder Hashimoto-Thyreoiditis. Th₂-Lymphozyten erkennen 7 Antigene, die von B-Zellen präsentiert werden. Sie produzieren Zytokine wie IL-2, IL-4, IL-5, IL-10 und IL13. Diese Zytokine beeinflussen über Aktivierung und Proliferation von B-Zellen zu immunglobulinproduzierenden Plasmazellen und den Klassenswitch (IgE/IgA) der produzierten Immunglobuline den humoralen Arm des Immunsystems. Andere Effektorzellen sind Eosinophile und Mastzellen. Als Beispiel für überwiegend Th₂-vermittelte Abwehrreaktionen kann neben den klinischen Formen der Typ-IAllergie vor allem die Abwehr von Parasiten angesehen werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut, EDTABlut

Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur Analytik. 7 Durchflusszytometrie Konventionelle Einheit. CD3+-/CD4+-Zellen in % der Gesamtzahl an CD3+-Zellen, Anzahl CD3+-/CD4+-Zellen/μL Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 CD4. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene CD3+/CD4+ CD3+/CD4+ (%)

CD3+/CD4+ (Zellen/μL)

28–57

300–1400

309

5 Diagnostik und Therapiemonitoring von persistierenden Virusinfektionen (v. a. CMV, EBV, HBV, HCV, HHV-6) 5 Monitoring von Patienten unter immunsuppressiver oder immunstimulierender Behandlung (Transplantatempfänger, Tumorpatienten)

Interpretation. Bei der Interpretation der Durchflusszytometrieergebnisse von Lymphozytensubpopulationen müssen sowohl die Prozent- als auch die Absolutzahlen berücksichtigt werden. Wichtig bei einer Diagnosestellung sind auch anamnestische Angaben. Zu bedenken ist außerdem, dass die durchflusszytometrische Analyse keine Auskunft über die Funktionsfähigkeit der verschiedenen Zellpopulationen gibt, da numerisch unauffällige Lymphozytenpopulationen einen funktionellen Immundefekt nicht ausschließen. In bestimmten Fällen sollten zelluläre Funktionsteste durchgeführt werden. Ein Anstieg der CD4+-T-Lymphozyten kann als Frühzeichen einer immunologischen Aktivierung (auch bei Koaktivierung im Rahmen bakterieller Infekte) gewertet werden. Weiterhin wurden erhöhte Werte von CD4+-Zellen bei Sezary-Syndrom und anderen T-ZellLeukämien sowie (nicht obligat) bei Sarkoidose, Multipler Sklerose, Leberzirrhose, rheumatoiden Erkrankungen und Typ-I-Diabetes beobachtet. Erniedrigte Werte findet man in der Spätphase systemischer Virusinfektionen, chronisch-persistierenden Virusinfekten (CMV, EBV u. a.) sowie bei HIV-Infektion, Leukämien, Tumorerkrankungen und nach längerer therapeutischer Immunsuppression. Diagnostische Wertigkeit. Die durchflusszytometrische Analyse von Lymphozytensubpopulationen ist ein inzwischen gut standardisierter Test, der insbesondere gut für Verlaufsbeobachtungen bestimmter Erkrankungen und zur Therapiekontrolle einer Immunsuppression geeignet ist. Literatur. Comans-Bitter WM, de Groot, R, von den Beemd R et al (1997) Immunophenotying of blood lymphocytes in childhood J. Pediatrics 130:388–393 Peter H-H, Pichler WJ (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München, S 242f www.immune-monitoring.de

CD8 H. Renz, B. Gierten

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2

Synonym(e). T8-Lymphozyt; CD8+-Lymphozyt

CD4. Tab. 2. Referenzbereich Kinder CD3+/CD4+ Alter

CD3+/CD4+ (%)

Neugeborene

17–52

400–3500

1 Woche – 2 Monate

41–68

1700–5300

2–5 Monate

33–58

1500–5000

5–9 Monate

33–58

1400–5100

9–15 Monate

31–54

1000–4600

15–24 Monate

25–50

900–5500

2–5 Jahre

23–48

500–2400

5–10 Jahre

27–53

300–2000

10–16 Jahre

25–48

300–1400

Indikation.

CD3+/CD4+ (Zellen/μL)

5 Verdacht auf primäre Immundefekte 5 Diagnose und Verlaufsbeobachtung von sekundären Immundefekten (HIV-Infektion, z. T. Malignom) 5 Lymphozytopenie 5 Lymphozytose (Diagnostik lymphoproliferativer Erkrankungen)

Englischer Begriff. T8-lymphocyte; cytotoxic-T-lymphocyte; CD8+lymphocyte

Definition. CD8+-Zellen sind durch den exprimierten Oberflächenmarker CD8 charakterisiert.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 CD 4 Funktion und Pathophysiologie. Ebenso wie CD4+-Lymphozyten reifen CD8+-Zellen zu CD8+-Effektorzellen unter Einfluss der Zytokine von 7 APC und T-Helferzellen. Die CD8+-Effektorzellen werden bezugnehmend auf ihre physiologischen Effekte als zytotoxische und Suppressor-T-Zellen bezeichnet. Sie sind die Effektorzellen bei der Abwehr von Viren, intrazellulären Bakterien und Tumorzellen. CD8+-Zellen erkennen 7 Antigene, die an MHC-I-Molekülen auf APC gebunden sind und zerstören sie, indem sie deren Apoptose einleiten. Sie exprimieren analog den CD4+-T-Zellen die entsprechenden Zytokinmuster von Th₁- und Th₂-Zellen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 CD4 Probenstabilität. 7 CD4 Analytik. 7 CD4 Konventionelle Einheit. CD3+-/CD8+-Zellen in % der Gesamtzahl an CD3-Zellen, Anzahl CD3+-/CD8+-Zellen/μL

C

310

CD8+-Lymphozyt

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1

on von Oberflächenmolekülen (z. B. Adhäsionsmoleküle) und Freisetzung von Zytokinen (z. B. TNF-α).

CD8. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene CD3+/CD8+ CD3+/CD8+ (%)

CD3+/CD8+ (Zellen/μL)

10–39

200–900

Probenstabilität. Nach Entnahme bei 4 °C (in Eiswasser) lagern, um die In-vitro-Aktivierung der Monozyten zu vermeiden. Referenzbereich — Erwachsene. 7 Monozyten

CD3+/CD8+

Alter

CD3+/CD8+ (%)

CD3+/CD8+ (Zellen/μL)

Neugeborene

10–41

200–1900

9–23

400–1700

1 Woche – 2 Monate

Blut

Analytik. 7 Durchflusszytometrie

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 CD8. Tab. 2. Referenzbereich Kinder

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut, EDTA-

Referenzbereich — Kinder. 7 Monozyten Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD14, lösliches H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). LPS-Rezeptor 2–5 Monate

11–25

500–1600

5–9 Monate

13–26

600–2200

Definition. Lipopolysaccharid(LPS)-Rezeptor

9–15 Monate

12–28

400–2100

Molmasse. ca. 48 kDa

15–24 Monate

11–32

400–2300

2–5 Jahre

14–33

300–1600

5–10 Jahre

19–34

300–1800

Funktion und Pathophysiologie. Der Komplex aus löslichem CD14 und LPS kann Zellen stimulieren, die anders als 7 Monozyten/7 Makrophagen kein membrangebundenes CD14 exprimieren (z. B. Endothelzellen und einige Arten epithelialer Zellen). Die Stimulation führt zu vermehrter Freisetzung von Zytokinen und Adhäsionsmolekülen.

10–16 Jahre

9–35

200–1200

Indikation. 7 CD4 Interpretation. 7 CD4 Erhöhte Zahlen von CD8+-T-Zellen findet man bei akuten systemischen Virusinfektionen, chronisch-aktiven Virusinfektionen (HBV, HCV, CMV, EBV), in der Frühphase einer HIV-Infektion, bei multiplem Myelom, aber auch bei Stress (Blutentnahme, besonders bei Kindern!). Eine verminderte Anzahl von Suppressor- und Helferzellen wird in der Spätphase der HIV-Infektion (CD4/CD8-Ratio!), in Zusammenhang mit verschiedenen Leukämien und Tumoren, sowie nach länger andauernder therapeutischer Immunsuppression und Chemo-/Strahlentherapie nachgewiesen.

Diagnostische Wertigkeit. 7 CD4 Literatur. 7 CD4

CD8+-Lymphozyt 7 CD8

CD14 H. Renz, B. Gierten

Definition. Rezeptor für Lipopolysaccharide (LPS) (7 Endotoxin) Struktur. Membranprotein aus 356 Aminosäuren Molmasse. 53–55 kDa (Monozyten) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Zellständiges CD14 wird vorwiegend auf 7 Monozyten und in geringerem Maße auf neutrophilen Granulozyten und den meisten Gewebsmakrophagen exprimiert. Funktion und Pathophysiologie. CD14 bindet LPS. Der Vorgang wird durch vorherige Bindung von LPS an LBP erleichtert. Die Bindung aktiviert die Monozyten und Neutrophilen zur verstärkten Expressi-

Englischer Begriff. LPS receptor; LPS-R

Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD16/56 H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). CTL; natürliche Killerzellen (CD3-/CD16/56+); NKZellen

Englischer Begriff. cytotoxic T-cells (CD3+/CD16/56+); CTL; natural killer cells (CD3-/CD16/56+); NK-cells

Definition. Zytotoxische T-Zellen sind eine Subpopulation der TZellen, sie tragen den T-Zell-Marker CD3 auf ihrer Zelloberfläche. Natürliche Killerzellen bilden eine Gruppe von 7Lymphozyten, die anhand ihrer Oberflächenmarker nicht in die Gruppe der B- und TLymphozyten eingeordnet werden können. Zytotoxische T-Zellen oder natürliche Killerzellen sind CD16 und/oder CD56 positiv. Funktionell gehören sie zum angeborenen sowie zum erworbenen Immunsystem. Funktion und Pathophysiologie. Zytotoxische T-Zellen: 7 CD8 Natürliche Killerzellen gehören zur Gruppe zytolytischer Lymphozyten. Sie sind Teil des angeborenen sowie des erworbenen Immunsystems. Ihnen fehlen jedoch die für B- oder T-Lymphozyten typischen Oberflächenrezeptoren CD19 und CD3. Für die Lyse virusinfizierter oder maligne transformierter körpereigener Zellen stehen ihnen zwei Mechanismen zur Verfügung: 5 Sie können die Lyse einer Zielzelle über die antikörpervermittelte zelluläre Zytotoxizität (antibody-dependant cellular cytotoxicity; ADCC) auslösen. Voraussetzung hierfür ist die Bindung von Immunglobulinen (Fab-Fragment) an die Zielzelle. NK-Zellen besitzen Fc-Rezeptoren, die die freiliegenden Fc-Teile der gebundenen 7 Antikörper binden. Die NK-Zelle kann so in engen Kontakt mit der Zielzelle treten; die von der NK-Zelle ausgeschütteten Mediatoren (Perforine, proteolytische 7 Enzyme und 7 Chemokine) lösen die Apoptose der Zielzelle aus. 5 Der zweite mögliche Mechanismus wird durch stressinduzierte Expression bestimmter Kombinationen von Oberflächenmolekülen (MICA, MICB) auf der Zielzelle ausgelöst. Einer der NKZellrezeptoren (killer-activation-receptor) erkennt diese Moleküle und versucht Apoptose auszulösen. Exprimiert diese Zelle gleichzeitig einen zweiten, MHC-I-Moleküle erkennenden Rezeptor

CD25

(killer-inhibitory receptor), wird auf der NK-Zelle ein anderer Rezeptor (killer-inhibitor receptor) aktiviert, dessen Signal das des „killer-activation receptors“ überwiegt. Dieser Mechanismus trägt auch zur Erkennung von körperfremd und -eigen bei. Viren und maligne Transformation somatischer Zellen unterdrücken in einigen Fällen die Expression von MHC-I-Molekülen, weshalb diese Zellen von NK-Zellen lysiert werden können.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 CD4 Probenstabilität. 7 CD4 Analytik. 7 Durchflusszytometrie

311

CD19 H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. CD19 Funktion und Pathophysiologie. 7 B-Zelle, 7 APC (follikuläre dendritische Zellen) CD19 ist ein Signaltransduktionsmolekül, das in der B-Zell-Entwicklung von den frühesten Vorstufen, die der B-Zell-Entwicklung zugeordnet werden können, bis zu B-Zell-Blasten exprimiert wird. Bei Reifung zu Plasmazellen geht die Expression verloren. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut

Konventionelle Einheit.

5 (CD3+/CD16/56+) in % der Gesamtlymphozyten 5 (CD3–/CD16/56+) in % der Gesamtlymphozyten

Analytik. 7 Durchflusszytometrie

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1

CD19+-Zellen/μL.

Konventionelle Einheit. CD19 in % der Gesamtlymphozyten, Anzahl

CD16/56. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene CD16/56+ NK-Zellen

Zytotoxische T-Zellen

(CD3–/CD16/56+) (%)

(CD3–/ CD16/56+) (Zellen/μL)

(CD3+/ CD16/56+) (%)

(CD3+/ CD16/56+) (Zellen/μL)

7–31

90–600

2–10

32–360

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 CD19. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene CD19+ CD19+ (%)

CD19+ (Zellen/μL)

6–19

100–500

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 CD19. Tab. 2. Referenzbereich Kinder CD19+

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2

Alter

CD19+ (%)

CD19+ (Zellen/μl)

CD16/56. Tab. 2. Referenzbereich Kinder CD16/56+ Neugeborene

5–22

40–1100

Alter

CD3–/CD16/56+ (%)

CD3–/CD16/56+ (Zellen/μL)

1 Woche – 2 Monate

4–26

600–1900

Neugeborene

6–58

100–1900

2–5 Monate

14–39

600–3000

1 Woche – 2 Monate

3–23

200–1400

5–9 Monate

13–35

700–2500

2–5 Monate

2–14

100–1300

9–15 Monate

15–39

600–2700

5–9 Monate

2–13

100–1000

15–24 Monate

17–41

600–3100

9–15 Monate

3–17

200–1200 2–5 Jahre

14–44

200–2100

15–24 Monate

3–16

100–1400 5–10 Jahre

10–31

200–1600

2–5 Jahre

4–23

100–1000

5–10 Jahre

4–26

90–900

10–16 Jahre

8–24

100–600

10–16 Jahre

6–27

70–1200

Indikation. 7 CD4 Interpretation. 7 CD4 Bei der Interpretation der Durchflusszytometrieergebnisse ist zu bedenken, dass es sich nicht um funktionelle Untersuchungen handelt. Funktionelle Aspekte der NK-Zellen werden in sog. „Killing-Tests“ oder Zytotoxizitätsassays berücksichtigt. Zytotoxische T-Zellen CD3+/CD16/56+ werden bei akuten systemischen Virusinfektionen und HIV-Infektion in erhöhter Anzahl nachgewiesen. Sie können im Rahmen von Malignomen, sekundären Immundefekten, nach Chemo-/Strahlentherapie von Tumoren und bei chronisch persistierenden Virusinfektionen unter den Referenzwert absinken. NK-Zellen (CD3–/CD16/56+) können außer aus den vorgenannten Ursachen auch einer ausgeprägten zirkadianen Rhythmik mit Absenkung in Abend- und Nachtstunden unterliegen.

Literatur. Klein J, Horejsi V (1997) Immunology. 2nd ed Blackwell Sciences, Oxford, pp 484–485 www.immune-monitoring.de

CD25 H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). IL-2-Rezeptor; Tac Antigen Englischer Begriff. CD25; IL-2 receptor (α chain); IL-2R; tac antigen Definition. Oberflächenmarker, der vorwiegend von aktivierten T- und B-Lymphozyten sowie 7 Monozyten/7 Makrophagen exprimiert wird. Struktur. Transmembranrezeptor Molmasse. 55 kDa

Diagnostische Wertigkeit. 7 CD4

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 IL-2-Rezeptor, löslicher

Literatur. 7 CD4

Funktion und Pathophysiologie. 7 IL-2-Rezeptor, löslicher

C

312

CD25, lösliches

Analytik. 7 Durchflusszytometrie Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD25, lösliches 7 Interleukin-2-Rezeptor, löslicher

CD35 7 Knops-Blutgruppensystem

CD44 7 Hyaluronanrezeptor

Lymphknoten, 7 Thrombozyten und epidermalen Langerhans-Zellen nachweisbar.

Funktion und Pathophysiologie. CD69 dient als Rezeptor zur Signaltransmission in vielen Zelltypen (aktivierte Leukozyten wie T-Zellen, Thymozyten, B-Zellen, NK-Zellen, Neutrophile und Eosinophile). Konstitutiv wird CD69 auf bestimmten Subtypen von Thymozyten und B-Zellen sowie von CD4+-Zellen in Lymphknoten, Thrombozyten und epidermalen Langerhans-Zellen exprimiert. Besonders wichtig ist CD69 im Rahmen der frühen Aktivierungsphase vom Lymphozyten, Monozyten und Thrombozyten. In Lymphozyten führt die Expression von CD69 zu erhöhtem Calciumeinstrom, Synthese verschiedener Zytokine und deren Rezeptoren und zur Induktion der Expression von Protoonkogenen. Analytik. 7 Durchflusszytometrie

CD44, ISBT Collection 203 7 Indian(IN)-Blutgruppensystem

CD45 H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. leukocyte common antigen; LCA; EC 3.1.3.4;

Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD71 H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). T9; Transferrinrezeptor

CD45R; CD45RA; CD45RB; CD45RC; CD45RO; T200

Englischer Begriff. T9; transferrin receptor

Definition. CD45 ist eine Tyrosinphosphatase, die als Transmembranmolekül auf der Zelloberfläche von 7 Leukozyten lokalisiert ist.

Definition. Oberflächenbindungsmolekül für Transferrin, das die Aufnahme von Transferrin in die Zelle vermittelt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CD45 wird von allen hämatopoetischen Zellen und Leukozyten in großen Mengen exprimiert („common leukocyte antigen“). Hervorstechend sind hämatopoetische Zellen und 7 Lymphozyten. Als Molekül stellt es eine der Hauptkomponenten der Glykocalyx dar. Durch alternatives Splicing von Exon 4,5 und 6 entstehen verschiedene Isoformen von CD45. CD45RA ist vorwiegend auf naiven T-Zellen und medullären Thymozyten nachweisbar, während die Splice-Variante CD45RB vom Memory-T-Zellen und kortikalen Thymozyten produziert wird. Ein Zellklon exprimiert mehrere Isoformen gleichzeitig und verändert deren Anteil unter Zytokineinfluss.

Struktur. Homodimeres Transmembranmolekül (ca. 760 AS)

Funktion und Pathophysiologie. Die CD45-Moleküle stellen einen wichtigen Anteil bei der rezeptorvermittelten Aktivierung von B- und T-Zellen, aber auch anderer Leukozyten dar.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 CD4 Analytik. 7 Durchflusszytometrie Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD55 7 Cromer-Blutgruppensystem

CD66a 7 Glykoprotein, biliäres

CD69 H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. activation inducer molekule (AIM); EA 1; MLR3; gp34/28; very early activation (VEA) Definition. Homodimeres, durch Disulfidbrücken verbundenes

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Expression auf allen proliferierenden Zellen

Funktion und Pathophysiologie. CD71 wird neben erythropoeti-

schen Zellen und 7 Retikulozyten auch in hoher Dichte von allen anderen proliferierenden Zellen exprimiert. Eisenbeladene Transferrinmoleküle binden bei neutralem pH-Wert (7,4) an CD71, sie werden zusammen in die Zelle transferiert (internalisiert). Bei einem intrazellulären pH≈5 verliert Transferrin die Affinität zum gebundenen Eisen. Das 7 Eisen wird freigesetzt und über noch nicht vollständig verstandene Vorgänge in das Zytoplasma transportiert. Das nun freie Transferrinmolekül wird danach zur Zelloberfläche transportiert und wieder vom CD71 gelöst, sodass es zu erneuter Aufnahme von Eisen zur Verfügung steht.

Analytik. 7 Durchflusszytometrie Literatur. www.ncbi.nlm.nih.gov

CD95 7 Fas-Rezeptor

CD95-Ligand 7 Fas-Ligand

CD95-Rezeptor 7 Fas-Rezeptor

CD142 7 Tissue Factor

Membranprotein.

Molmasse. ca. 22 kDa

CD238

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CD69 wird von aktivierten

7 Kell-Blutgruppensystem

T-Zellen, Thymozyten, B-Zellen, NK-Zellen, Neutrophilen (7 Granulozyt, neutrophiler) und Eosinophilen (7 Granulozyten, eosinophile) exprimiert. Konstitutiv ist CD69 auf der Oberfläche bestimmter Subtypen von Thymozyten und B-Zellen sowie von 7 CD4-Zellen in

7 Dombrock(DO)-Blutgruppensystem

CD297

CDG

C3D-Beladung K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Komplementbeladung Englischer Begriff. C3D on erythrocytes Definition. Nachweis des Komplementprodukts C3D auf 7 Erythrozyten im direkten Antihumanglobulintest (7 Coombs-Test) i Das Komplementsystem ist ein komplexes System unterschiedlicher Proteasen, Rezeptoren und Regulatorproteine, das nach kaskadischer Aktivierung zur Ausbildung des lytischen Komplexes und zur Membranlyse von Zellen führen kann. Auslöser des klassischen Wegs der Komplementaktivierung ist die Bindung des Proteins C1q an Antikörper, die z. B. an Erythrozyten gebunden vorliegen. Dieses führt über eine Reihe von Zwischenstufen zur Ausbildung des lytischen Komplexes, der eine Zerstörung der Zellmembran und folglich eine Hämolyse bewirkt. Stoppt die Komplementaktivierung in einem frühen Stadium (C3, C4 oder höchstens C5), dann spricht man von Komplementbindung, da die Erythrozyten mit Antikörpern und den Komplementprodukten C3, C4 oder C5 bzw. deren Zerfallsprodukten beladen sind. Die Komplementbindung wird nicht nur durch Alloantikörper, sondern auch durch Autoantikörper vermittelt, wobei C3D am häufigsten nachgewiesen wird. Der Nachweis erfolgt mit dem direkten Antihumanglobulintest (direkter Coombs-Test), mit dem Antikörper und Komplementproteine auf den Zellen des Patienten nachgewiesen werden. Mit monospezifischen Antiglobulinseren, die isoliert gegen IgG, IgM, IgA oder Komplement gerichtet sind, kann die Beladung der Patientenerythrozyten charakterisiert werden. Eine isolierte C3D-Beladung der Erythrozyten wird sowohl bei normalen Personen wie auch passager bei Infekten nachgewiesen. So zeigt etwa die Hälfte aller Malaria-infizierten Kinder eine isolierte C3DBeladung im direkten Antihumanglobulintest. Bei 40–45 % der Blutspender mit einem positiven direkten Coombs-Test wird isoliert eine Komplementbeladung der Erythrozyten nachgewiesen, was als eine kontinuierliche geringgradige Komplementaktivierung angesehen wird, ohne dass dieser eine klinische Relevanz oder die Präsenz von Autoantikörpern zugesprochen wird.

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seattle

313

dem zweiten Locus sich die Allele C und c, sowie die Allele E und e wechselseitig vertreten können. Das d-Allel beschreibt hierbei einen Verlust des D-Antigens, welcher durch Deletionen oder Mutationen im RHD-Gen verursacht wird. Aufgrund der direkten Nachbarschaft der beiden Gene wird die jeweilige Allelkombination als ein Haplotyp untrennbar miteinander vererbt. Alternativ existiert noch die Nomenklatur nach Wiener, die sich an einer aus dem ursprünglichen Rhesussysmbol abgeleiteten Schreibweise orientiert. Obwohl sich die CDE-Nomenklatur aufgrund ihrer klareren Darstellungsweise weltweit durchgesetzt hat, wird die Nomenklatur nach Wiener ebenfalls noch vereinzelt verwendet (7 Tab. 1). CDE-Nomenklatur. Tab. 1. Entsprechungen der Allele des Rhesussystems in CDE- und Wiener’scher Nomenklatur CDE-Nomenklatur

Wiener’sche Nomenklatur

cde

r

cdE

r''

cDe

R₀

cDE

R₂

Cde

r'

CdE

ry

CDe

R₁

CDE

Rz

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München. Race RR (1944) An incomplete antibody in human serum. Nature 153:771 Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific, London

CDG G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

CDC-Referenzmethode

Synonym(e). carbohydrate-deficient glycoprotein; congenital disor-

K.J. Lackner, D. Peetz

der of glycosylation

Definition. Die Centers for Disease Control and Prevention der USA beschreiben für zahlreiche Analyte Referenzmethoden und stellen teilweise auch Referenzmaterialien zur Verfügung.

CDE-Nomenklatur K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Fisher-Race-System Englischer Begriff. CDE nomenclature; Fisher’s scheme Definition. Nomenklatur zur Bezeichnung der Allele des Rhesussystems i Die CDE-Nomenklatur ist die am weitesten verbreitete Nomenklatur zur Beschreibung der 7 Allele des 7 Rhesus-Blutgruppensystems und wurde von Ronald Aylmer Fisher und Robert Russell Race in den Jahren 1943/44 entwickelt. Sie basierte auf der – heute korrigierten – Theorie, dass das Rhesussystem aus drei benachbart lokalisierten Genen besteht, welche jeweils die beiden Allele C und c, D und d, sowie E und e beinhalten. Nach dieser Theorie erbt jede Person jeweils ein Set von Allelen der drei Rhesusloci von jedem Elternteil (z. B. cde oder Cde). Heute ist jedoch bekannt, dass das Rhesussystem aus zwei auf dem Chromosom 1 benachbart lokalisierten Genen besteht, wobei auf dem ersten Locus das D-Allel vorhanden ist und auf

Englischer Begriff. carbohydrate-deficient glycoprotein; congenital disorder of glycosylation

Definition. CDG umfassen eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, die durch genetische Defekte in der Synthese von Glykoproteinen verursacht werden. Die biochemische Einteilung des CDG erfolgt nach pathophysiologischen Aspekten in zwei Typen. Während Typ I alle Defekte bei der Bildung der Dolichol-gebundenen Oligosaccharideinheiten und ihren Transfer auf die verschiedenen Proteine umfasst, beinhaltet Typ II Prozessierungsdefekte dieser Protein-gebundenen Oligosaccharideinheiten. Bisher konnten 29 verschiedene Defekte (CDG Ia-Iq und CDG IIa-IIL) identifiziert, lokalisiert und beschrieben werden.

Untersuchungsmaterial. Serum Analytik. Die Primärdiagnose erfolgt durch Auftrennung der Transferrinisoformen mittels 7 isoelektrischer Fokussierung (IEF) oder 7 HPLC. Mit dieser Methode lässt sich eine unvollständige Glykosilierung des Glykoproteins 7 Transferrin gut darstellen. Während die Einteilung der CDG-Typen (7 Tab. 1) in CDG Typ I und II nach der übergeordneten Lokalisation des Defektes in der Synthese erfolgt, geschieht die analytisch-diagnostische Einteilung in Typ 1 und 2. Typ 1 ist durch erhöhte Di- und Asialotransferrinbanden mit gleichzeitiger Erniedrigung der Tetrasialotransferrinbande charakterisiert, Typ 2

C

314

cDNA

hingegen zeigt zusätzlich erhöhte Tri- und Monosialotransferrinbanden.

CDG. Tab. 1. Bisher veröffentlichte CDG-Typen Typ

OMIMZiffer

Defekt

Ia

Phosphomannomutase (PMM2)

212065, 601785

Ib

Phosphomannose-Isomerase (PMI)

154550, 602579

Ic

α1,3-Glucosyltransferase (ALG6)

604566, 604655

Id

α1,3-Mannosyltransferase (ALG3)

601110

Ie

Dolichol-P-Mannose-Synthase (DPM1)

608789

If

Dolichol-P-Mannose-Bereitstellung (MPDU1)

604041

Ig

α1,6-Mannosyltransferase (ALG12)

607143

Bewertung. IEF und HPLC sind sensitive Methoden zur Diagnostik von Glykosilierungsdefekten. Jedoch können auch sekundäre Glykosilierungsstörungen wie Galaktosämie, Fruktoseintoleranz oder Alkoholabusus (7 Alkoholmissbrauchskenngrößen) zu auffälligen Ergebnissen führen. Einige Defekte (CDG-IIb, CDG-IIc) lassen sich hingegen nicht mit diesen Methoden nachweisen.

Literatur. Keir G, Winchester BG, Clayton P (1999) Carbohydratedeficient glycoprotein syndromes: inborn errors of protein glycosylation. Ann Clin Biochem 36:20–36 Schachter H (2001) Congenital disorders involving defective N-glycosylation of proteins. Cell Mol Life Sci 58:1085–1104

cDNA R. Weiskirchen

Synonym(e). DNA, komplementäre; copy DNA Definition. Bezeichnung für eine doppelsträngige DNA-Kopie von mRNA. i In der Molekularbiologie stellt sie ein wichtiges Hilfsmittel zum

Ih

α1,3-Glucosyltransferase (ALG8)

608104

Ii

α1,3-Mannosyltransferase (ALG2)

607906

Ij

Dolichol-P-N-Acetylglucosamin-1-P-Transferase (DPAGT1)

608093

Ik

β1,4-Mannosyltransferase (ALG1)

608540

IL

α1,2-Mannosyltransferase (ALG9)

608776

Studium der 7 Genexpression bei 7 Eukaryonten dar. Der cDNA fehlen im Vergleich zur DNA des Gens die Introns. Mit Hilfe der reversen Transkriptase wird eine mRNA in vitro revers transkribiert, d. h. in DNA umgeschrieben und der komplementäre Strang mit dem sog. Klenow-Fragment der 7 DNA-Polymerase I aus E. coli oder der T4-DNA-Polymerase synthetisiert. Der nach Synthese des zweiten Stranges erzeugte DNA-Doppelstrang kann dann in einem geeigneten Vektor einkloniert und in Bakterien vervielfältig werden. Erste Anwendung dieser Methode war die Klonierung der Gene für Ratten-Insulin.

Im

Dolichol-Kinase (DOLK)

610768

Literatur. Chan SJ, Noyes BE, Agarwal KL, Steiner DF (1979) Con-

In

RFT1-Protein (RFT1)

611908

Io

Dolichol-P-Mannose-Synthase 3 (DPM3)

605951

Ip

α1,2-Mannosyltransferase (ALG11)

20080937 (PMID)

Iq

Steroid 5α-Reduktase Type3 (SRD5A3)

611715

IIa

N-Acetylglucosaminyltransferase

212066

IIb

Glucosidase I

606056

struction and Selection of Recombinant Plasmids Containing FullLength Complementary DNAs Corresponding to Rat Insulins I and II. Proc Natl Acad Sci USA 76:5036–5040

CD-Nomenklatur 7 Cluster-of-differentiation-Nomenklatur; 7 Zelloberflächenmarker

CDT 7 Carbohydrate-deficient transferrin

γ-CDT 7 Carbohydrate-deficient transferrin

IIc

GDP-Fucosetransporter

605881, 266265

IId

β1,4-Galaktosyltransferase

607091

IIe

COG7 = Untereinheit 7 des COG-Komplexes

608779, 606978

IIf

CMP-Sialinsäuretransporter (SLC35A1)

603585

IIg

COG1 = Untereinheit 1 des COG-Komplexes

611209

IIh

COG8 = Untereinheit 8 des COG-Komplexes

611182

H+-ATPase

IIi

ATPase = Untereinheit α2 der (ATP6VOA2)

IIj

COG4 = Untereinheit 4 des COG-Komplexes

gamma-CDT 7 Carbohydrate-deficient transferrin

CD-Zellen im Liquor 7 Liquor-CDx-Lymphozyten

CD14+3–19–-Zellen in CSF 7 Liquor-Monozyten

CE 611716

613489

IIk

COG5 = Untereinheit 5 des COG-Komplexes

606821

IIL

COG6 = Untereinheit 6 des COG-Komplexes

606977

7 Kapillarelektrophorese

CEA 7 Carcinoembryonales Antigen

CEACAM-1 7 Carcinoembryonic antigen cell adhesion molecule

Celluloseacetatfolien-Elektrophorese

CEDIA 7 Cloned Enzyme Donor Immunoassay

Ceiling-Effekt W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. ceiling effect Definition. Beschreibt die sich selbst begrenzende Wirkungsstärke eines Pharmakons. i Die Konzentrations-Wirkung-Kurve eines Pharmakons kann

ein Wirkungsplateau erreichen. Eine weitere Erhöhung der Konzentration, z. B. durch Steigerung der Dosis, verstärkt die gewünschte Wirkung nicht weiter. Es können allerdings vermehrt unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Ursache für den Ceiling-Effekt kann sein, dass ab einer bestimmten Konzentration alle für die Wirkung relevanten Rezeptoren von dem Pharmakon besetzt sind (z. B. Buprenorphin).

315

groß. Deshalb tritt gegenüber den meist analysierten Proben kein Molekularsiebeffekt auf. Bei der elektrophoretischen Wanderung ist die Mobilität daher abhängig vom Ladungszustand. Die milchig-weißen Celluloseacetatfolien sind ca. 120 μm dünn. Sie werden im – meist basischen – Puffer getränkt und mit ihrer Perforierung in die Haltestifte der Elektrophoresekammer eingespannt, sodass die jenseits der Perforierung überstehenden Folienenden in die Pufferkammern eintauchen (7 Abb. 1). Normalerweise wird ein basischer Puffer um pH 8 verwendet, die meisten Moleküle sind negativ geladen und wandern zur (positiv geladenen) Anode. Proteine deren isoelektrischen Punkte höher sind als der pH-Wert des Puffers, wandern in Richtung Kathode. Zur Beobachtung der Elektrophorese werden geladene Farbmarker zur Probe hinzugemischt: Bromphenolblau für Proteine. Die Proteinproben werden mit Auftragestempeln appliziert.

Celluloseacetatfolien-Elektrophorese von Proteinen

Haltestifte

CE-Kennzeichnung

Trennrichtung

Probenstempel

Puffer

Celluloseacetatfolie

7 CE-Label

CE-Label B. Güssregen

Synonym(e). CE-Kennzeichnung Englischer Begriff. CE label Definition. Kennzeichnung nach EU-Recht i Die CE-Kennzeichnung (von franz. Communauté Européenne = „Europäische Gemeinschaft“ oder Conformité Européenne) ist eine Kennzeichnung nach EU-Recht für bestimmte Produkte wie z. B. elektrische Geräte und Medizinprodukte. Mit der CE-Kennzeichnung bestätigt der Hersteller die Konformität des Produkts mit den zutreffenden EG-Richtlinien und die Einhaltung der darin festgelegten „wesentlichen Anforderungen“. Verantwortlich für diese Kennzeichnung ist in der Regel der Hersteller des Produkts. Die CE-Kennzeichnung bestätigt die vollständige Einhaltung der „grundlegenden (Sicherheits-)Anforderungen“, die in EG-Richtlinien konkret festgelegt sind.

Celluloseacetatfolien-Elektrophorese. Abb. 1. Schematische Darstellung einer Trennkammer

Der qualitative und quantitative Nachweis von Proteinzonen erfolgt mit Ponceaurot. Für Lipoproteine gibt es spezielle Farbstoffe wie z. B. Ölrot O. Daraufhin werden die Folien mit Ethanol gewaschen und in einem Transparenzbad durchsichtig gemacht. Die transparenten Folien werden mit einem 7 Densitometer optisch vermessen. Damit kann man die gefärbten Proteinzonen quantifizieren und Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen ziehen. 7 Abb. 2 zeigt ein Beispiel einer Celluloseacetatfolien-Elektrophorese von Humanserumproteinen.

Literatur. http://www.ce-zeichen.de/

Cellano-Antigen 7 Kell-Blutgruppensystem

β-Cell E-box transactivator 2 7 Neurogenic differentiation 1

Celluloseacetatfolien-Elektrophorese Synonym(e). CAF-Elektrophorese

Celluloseacetatfolien-Elektrophorese. Abb. 2. Beispiel einer Trennung von Humanserumproteinen mit Densitogramm. Anfärbung mit Ponceaurot. Von Biomidi, Toulouse, Frankreich.

Englischer Begriff. cellulose acetate membrane electrophoresis

Einsatzgebiet. Celluloseacetatfolien-Elektrophorese wird hauptsäch-

R. westermeier

Definition. Analytisches Verfahren zur Auftrennung von Proteinen im elektrischen Feld. Hierbei verwendet man Celluloseacetatfolien als stabilisierendes Medium. Celluloseacetatfolien haben für Proteine praktisch keine Molekularsiebwirkung. Wegen der unterschiedlichen Ladungen der Proteine beim gewählten Puffer-pH-Wert ergeben sich unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeiten; es bilden sich einzelne Proteinzonen aus.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Celluloseacetatfolien-Elektrophore-

se hat die 7 Papierelektrophorese weitgehend abgelöst, weil die Membranfolien keine Absorption auf die zu trennenden Substanzen (meist Proteine) ausüben. Die Poren sind mit ca. 45 μm Durchmesser relativ

lich zur 7 Serumprotein-Elektrophorese oder PlasmalipoproteinElektrophorese eingesetzt.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Referenzbereiche für Erwachsene und Kinder. 7 Serumproteinelektrophorese

Instrumentierung. 5 5 5 5

Elektrophoresekammer Stromversorger Färbeschalen Densitometer

C

316

CENP-Antikörper

Spezifität. Die mit allgemeinen Proteinfärbetechniken detektierten Banden werden durch ihre Position im typischen Elektrophoresemuster im Elektropherogramm und 7 Densitogramm identifiziert. Dies basiert auf Erfahrungswerten. Höhere Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) erreicht man durch immunologische Nachweise oder Enzymnachweise mit Substratlösungen.

Sensitivität. Mit der meist verwendeten Ponceaurotfärbung kann man bis ca. 1 μg Protein pro Bande nachweisen. Amidoschwarz ist etwas empfindlicher. Fehlermöglichkeit. Die Handhabung der Folien ist relativ einfach. Es ist jedoch darauf zu achten, dass sie gleichmäßig durch Auflegen („Floaten“) der Folien auf die Pufferoberfläche mit Puffer getränkt werden und die Folien nur mit Pinzetten und Gummihandschuhen berührt werden. Kommerzielle Kits mit Folien, Puffern, und Färbelösungen schränken die Fehlermöglichkeiten deutlich ein.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es werden von mehreren Firmen Fertiggele, Färbekits und automatisierte Elektrophoresesysteme für die klinischen Anwendungen angeboten. Auch die Densitometersteuerungs- und Auswertungsprogramme sind bedienerfreundlich entwickelt.

Literatur. Kohn J (1957) A cellulose acetate supporting medium for zone electrophoresis. Clin Chim Acta 2:297 Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. Wiley-VCH, Weinheim

Definition. Ceramide sind eine Familie der Sphingolipide, die als Grundstruktur aus N-acyliertem Sphingosin bestehen. Ceramide sind Bausteine anderer Lipide wie der Glykosphingolipide. i Ceramide kommen in allen Geweben von Wirbeltieren vor. Sie

haben unterschiedlichste Funktionen in der Zelle. Als Bestandteile von Zellmembranen sind sie einerseits wichtige Strukturmoleküle. Andererseits ist klar geworden, dass Ceramide und ihre Derivate wichtige Funktionen in der zellulären Signaltransduktion ausüben.

Literatur. Reynolds CP, Maurer BJ, Kolesnick RN (2004) Ceramide synthesis and metabolism as a target for cancer therapy. Cancer Lett 206:169–180

c-erbB-2 oncoprotein 7 Human epidermal growth factor receptor (HER2/neu oncogen)

Cerebrocuprein D. Meissner

Englischer Begriff. cerebrocuprein Definition. Kupferbindendes Protein im Gehirn i Als Cerebrocuprein wurden in der Vergangenheit alle Proteine, die im Gehirn 7 Kupfer zu binden vermögen und zur Speicherung des Kupfers beitragen, bezeichnet. Der Begriff wird heute nur noch selten verwendet.

CENP-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Zentromere

Cerebroglycan (Glypican-2) 7 Glypicane

Centimorgan R. Weiskirchen

Synonym(e). cM Definition. Maßeinheit für die Entfernung zwischen zwei genetischen Markern auf einem Chromosom. i Diese Maßeinheit spiegelt die Frequenz wieder, mit der es zum

Austausch der genetischen Marker während der 7 Rekombination kommt (s. a. 7 Morganeinheit).

Centriol R. Weiskirchen

Synonym(e). Zentralkörperchen Definition. Zylinderförmiges Zellorganell, das während der Mitose und Meiose den Spindelapparat ausbildet. i Üblicherweise ist das Centriol in den Zellen meist ein paarig

angelegtes Organell mit einem Durchmesser von 150 nm und einer Länge von 300–600 nm, das am Aufbau des Spindelapparates beteiligt ist. Ähnliche Strukturen finden sich an der Basis einer Cilie und eines Flagellums und werden dort als Basalkörper bezeichnet. Jedes Centriol besteht aus neun, im Querschnitt kreisförmig angeordneten Gruppen von je drei dichtgepackten Mikrotubuli. Sie bestehen aus dem Protein Tubulin.

Centriol/Centrosom-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Zentriolen/Zentrosomen

Ceramid K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). N-Acylsphingosin Englischer Begriff. ceramide

Cerebrose 7 Galaktose

Cerebrospinal-Flüssigkeit (CSF) 7 Liquor cerebrospinalis

Cerotinsäure A.C. Sewell

Englischer Begriff. cerotic acid; hexacosanoic acid Definition. Gesättigte, ultralangkettige Fettsäure (C26:0). Bestandteil des Carnauba- und Bienenwachses. i Cerotinsäure ist eine ultralangkettige Fettsäure, die für die Diag-

nose einer angeborenen peroxisomalen Fettsäurenoxidationsstörung unentbehrlich ist. Die Bestimmung erfolgt in Serum mittels GCMS mit Stabilisotopenverdünnung.

Literatur. Wanders RJA, Duran M (2008) Very-long-chain fatty acids and phytanic acid. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer, Heidelberg, pp 221–231

Certified Reference Material 470 7 CRM-470-Standard

Cerucal-Test 7 Metoclopramid-Test

ces 7 V-Antigen

CFA

C1-Esterase H. Renz, B. Gierten

317

C1-Esterase-Inhibitor H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. complement component C1

Synonym(e). C1-INH; C1-Inaktivator

Definition. Katalytischer Anteil der Komplementkomponente C1

Englischer Begriff. C1-inactivator; C1-inhibitor; esterase-inhibitor

Struktur. C1q,r₂s₂ (7 Abb. 1)

Definition. Inhibitor von C1r und damit der klassischen Aktivierung des Komplementsystems

Molmasse. 105 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Der C1-Esterase-Inhibitor ist eine Serinproteinase, die in Hepatozyten synthetisiert wird.

Funktion und Pathophysiologie. Sie bildet einen Komplex mit C1r

C1-Esterase. Abb. 1.

Molmasse. 7 Komplementsystem, klassischer Weg Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das komplexe C1-Molekül setzt sich aus den Komponenten C1q und jeweils zwei Anteilen C1r und C1s zusammen. C1q besteht aus sechs Untereinheiten, die je eine A-, B- und C-Kette enthalten. Disulfidbrückenbindungen verbinden jede α-Kette (22 kDa) mit einer β-Kette (23 kDa) und jede C-Kette (24 kDa) mit einer anderen C-Kette. Strukturell betrachtet, bilden die C-terminalen Enden der Proteinketten globuläre Köpfe, an die sich die N-terminalen Molekülteile wie Stiele anschließen. Die globulären Anteile tragen Bindungsstellen für 7 Immunglobuline und andere Aktivatoren des Komplementsystems. An den linearen N-terminalen Enden des C1q-Moleküls sind die C1r- und C1s-Moleküle gebunden. Kugelförmige Anteile der C1r-Untereinheiten lagern sich innerhalb des Moleküls zu einer katalytischen Einheit zusammen. Unter C1Esterase versteht man den katalytischen Anteil des C1-Moleküls.

Funktion und Pathophysiologie. C1-Esterase initiiert den klassischen Komplementweg, indem sie die Komplementkomponente C4 spaltet. Zunächst wird C1q durch Bindung von Immunglobulinen in Immunkomplexen (zwei aneinander gebundene IgG oder 1 Molekül IgM) oder anderen biologischen Aktivatoren wie CRP, bestimmten Viren und Bakterien, 7 Endotoxin, Natriumuratkristallen u. a. aktiviert. Dadurch entstehende Konformationsänderungen werden auf die C1r-Anteile im Molekül übertragen, wo dadurch eine proteolytische Autoaktivierung stattfindet. Nachfolgend wird im C1s-Molekülanteil eine 7 Peptidbindung gespalten, die die Aktivierung der Komplementkomponenten C2 und C4 ermöglicht.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma (EDTA-, Heparin-)

Präanalytik. 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung Analytik. Immunologische Bestimmung der Einzelkomponenten C1q, C1r, C1s Konventionelle Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. C1q 70 mg/L; C1r 35 mg/L; C1s 30 mg/L

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Komplementaktivierung, klassischer Weg im Rahmen von chronischen Entzündungen, Autoimmunerkrankungen, v. a. Mangelzustände von C1

und C1s. Zusätzlich werden die beiden Komponenten von C1q getrennt und die Aktivierung des klassischen Komplementwegs verhindert. Bei verminderter Konzentration von C1-INH spaltet C1s unkontrolliert die Komplementkomponenten C4 und C2. Dies führt zur Produktion großer Mengen an C2b mit kininähnlicher Aktivität und dem Anaphylatoxin C4a. Außerhalb des Komplementsystems kann der C1-INH auch Gerinnungsfaktoren (FXIIa) und Enzyme der Fibrinolyse (TPA) sowie Bradykinin inaktivieren.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Für Proteinbestimmung: Serum, für funktionelle Bestimmung: EDTA- oder CitratPlasma

Probenstabilität. Gering; 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung

Präanalytik. 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 ELISA Konventionelle Einheit. g/L Referenzbereich — Erwachsene. 0,15–0,35 g/L Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Mangel an C1-Esterase-Inaktivator bei hereditärem Angioödem

Interpretation. Hereditäres Angioödem ist eine autosomal dominant vererbte Erkrankung mit inkompletter Penetranz. Bisher wurden zwei Typen des hereditären Angioödems beschrieben: Typ 1 (ca. 85 % d. F.) zeigt einen C1-INH-Mangel von 15–30 % der Norm sowohl in funktionellen wie auch in immunchemischen Tests; es liegt also eine verminderte Proteinkonzentration vor. Bei Typ 2 werden unauffällige Konzentrationen an C1-INH bei verminderter funktioneller Aktivität nachgewiesen. Die Symptome eines hereditären Angioödems, also Schwellungen im Bereich von Schleimhäuten und Subkutangewebe des Respirationsund Gastrointestinaltrakts, treten bei angeborenem oder erworbenem C1INH-Mangel bei einer funktionellen Aktivität von < 25 % und C1INH-Konzentration < 35 % der Norm auf. Während einer Attacke kann C1-INH-Aktivität und -Funktion bis unter die Nachweisgrenze sinken. Ein erworbener C1INH-Mangel kann auf Autoantikörperbildung gegen C1INH oder auf verstärkte C1-Aktivierung als Folge eines erhöhten Verbrauchs nachweisbar sein.

Literatur. Klein J, Horejsi V (1997) Immunology. 2nd edn. Blackwell Sciences, Oxford, pp 353–356

CETP 7 Cholesterylestertransferprotein

Diagnostische Wertigkeit. Pathophysiologische Bedeutung haben nur Mangelzustände und Proteindysfunktion der Komponente C1q.

Literatur. 7 C1-Esterase-Inhibitor

CFA 7 Calprotectin

C

318

cFABP

cFABP 7 Fettsäurebindungsprotein

CFTR(-Gen) 7 Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator

CFU-C H. Baum

Synonym(e). Kolonienbildende Einheiten Granulozyt/Makrophage; CFU-GM

Englischer Begriff. colony forming unit in culture Definition. Granulopoetisch determinierte Vorläuferzelle mit der Fä-

CH-50-Gesamtkomplement 7 Komplementsystem, Globalteste

Chance 7 Odds; 7 Odds ratio

Channel forming integral protein (CHIP-1) 7 Colton-Blutgruppensystem

Charas T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßenna-

higkeit sich in der Kultur zu Zellen der 7 Granulopoese oder 7 Makrophagen weiter zu differenzieren.

men von Drogen: Cannabinoide).

i Die CFU-C (CFU-GM) ist eine granulopoetisch determinierte Vorläuferzelle der Hämatopoese. Sie entsteht in der Kultur aus der 7 CFU-GEMM und besitzt die Fähigkeit, nach Stimulation mit Wachstumsfaktoren (Il-3, GM-CSF) zu Granulozyten oder Makrophagen auszudifferenzieren.

Charcot-Leyden-Kristalle

CFU-GEMM H. Baum

Englischer Begriff. colony forming unit GEMM Definition. Unreife, multipotente Vorläuferzelle, die nach Stimulation

mit Wachstumsfaktoren zu Zellen der 7 Granulopoese (G), 7 Erythropoese (E), 7 Makrophagen (M) und 7 Megakaryozyten (M) ausreifen kann.

i CFU-GEMM sind unreife, multipotente hämatologische Vorläuferzellen, die in Kultur nach Stimulation mit spezifischen Wachstumsfaktoren Kolonien bilden können, die Zellen der Granulopoese, Erythropoese, Makrophagen und Megakaryozyten enthalten. Sie geht aus der milzkolonienbildenden Stammzelle (CFU-S) nach Stimulation mit IL-3 hervor. Die Selbsterneuerung der CFU-GEMM ist jedoch limitiert. Sie stellt somit eine Zwischenform zwischen der pluripotenten Stammzelle und den unipotenten Progenitorzellen dar.

H. Baum

Englischer Begriff. Charcot-Leyden crystals Definition. Spindelförmige, leicht gelbliche, oktaedrische bis bipyramidale Kristalle als Sekretions- oder Auskristallisationsprodukte eosinophiler Granulozyten. i Charcot-Leyden-Kristalle sind extra-oder intrazytoplasmatisch

lokalisierte kristalline Strukturen. Ihre genaue Herkunft ist nicht geklärt, allerdings haben sie Eigenschaften der membranständigen Lysophospholipase der eosinophilen Granulozyten (7 Granulozyten, eosinophile). Nachweisbar sind die Charcot-Leyden-Kristalle in Organen bei Erkrankungen mit starker eosinophiler Komponente wie allergisches Asthma bronchiale, pulmonalen eosinophilen Infiltraten oder im Stuhl von Patienten mit parasitären Erkrankungen.

CFU-GM 7 CFU-C

CFU-LM H. Baum

Synonym(e). Colony forming unit lymphoid-myeloid Englischer Begriff. CFU-LM Definition. Hämatopoetische Vorläuferzelle, die die Fähigkeit zur Differenzierung in lymphatische oder myeloische Zellen besitzt. i Die CFU-LM ist eine sehr frühe determinierte hämatopoetische Vorläuferzelle. Sie besitzt nach Stimulation durch spezifische Wachstums- und Differenzierungsfaktoren die Fähigkeit zur Differenzierung sowohl zu lymphatischen als auch zu myeloischen Vorläuferzellen.

Literatur. Quesenberry PJ (1991) The concept of the hemopoietic cells, and growth factors. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4th edn. International Edition. McGraw-Hill, New York, S 131

CGRP 7 Calcitonin-gene-related peptide

CH 50, CH 100 7 Komplementsystem, Globalteste

Charcot-Leyden-Kristalle. Abb. 1. Extrazellulär liegende Charcot-Leyden-Kristalle bei einer Eosinophilenleukämie, Knochenmark, 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Zucker-Franklin D (1991) Eosinopenia and eosinophilia. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4th edn. International Edition. McGraw-Hill, New York, S 845–849

Chargenarchivierung O. Colhoun

Definition. Zuordnung der archivierten Chargendaten von Reagenzien zu den damit ermittelten Messwerten und Speicherung der Daten im Laborinformationssystem (LIS, 7 Labor-EDV). i Das LIS soll Suchoptionen nach Chargennummer, Hersteller und Gültigkeitsdatum der gespeicherten Reagenzchargen anbieten. Die Funktion ist unabdingbar z. B. im Zusammenhang mit der Dokumen-

Chemokine

tationspflicht nach Arzneimittelgesetz für medizinische Laboratorien, welche eine Zulassung zur Eigenblutherstellung besitzen, sowie für Zwecke der Laborakkreditierung.

319

Chelate H. Fiedler

Synonym(e). Komplexone, Chelonate

Charley

Englischer Begriff. chelates

T. Arndt

Definition. Chelate sind Durchdringungskomplexe, bei denen ein

Definition. Straßenname/Deckname für Kokain (7 Straßennamen von Drogen: Kokain). 13C-Harnstoff-Atemtest R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff.

13C-Harnstoff-Atemtest

Definition. Der 13C-Harnstoff-Atemtest ist ein nichtinvasives Verfah-

ren zum Nachweis von 7 Helicobacter pylori im oberen Gastrointestinaltrakt, bei dem in einer Tracerdosis oral zugeführter 13C-Harnstoff durch die Urease von Helicobacter pylori abgebaut und das entstehende 13CO2 als 13CO2/12CO2-Verhältnis in der Atemluft bestimmt wird.

Durchführung. Nach Gewinnung einer ersten Atemluftprobe (t0Probe) trinkt der nüchterne Patient 75 mg 13C-Harnstoff in 200 mL einer 0,1 mmol Zitronensäurelösung. Nach 30 min wird eine zweite Atemluftprobe (t30-Probe) gewonnen In den Atemluftproben wird das 13CO2/12CO2-Verhältnis mittels Isotopenverhältnis-7 Massenspektrometrie (IR-MS) oder nicht dispersiver isotopenselektiver 7 Infrarotspektrometrie (NDIRS) gemessen.

zentrales Atom (Metallion) unter Ausbildung mehrerer Bindungen von einem oder mehreren Molekülen ringartig, wie von einer Krebsschere (chele) umgeben ist. i Die an der Komplexbildung beteiligten Gruppen sind funktionell

verschieden, wie beispielsweise die Amino- und Carboxylgruppen von Aminosäuren oder der Ethylendiamintetraessigsäure. Nach Bildung des Durchdringungskomplexes ist der Unterschied zwischen der Bindungsstärke der verschiedenen Gruppen aufgehoben, wodurch die Stabilität des Komplexes deutlich erhöht wird. Beispiele und Anwendungen von Chelaten 5 Hämoglobin, Zytochrome, Vitamin B12 und Calmodulin 5 Matrix-Metalloproteinasen 5 Biuretmethode 5 Photometrische oder titrimetrische Bestimmung (7 Komplexometrie) von Schwermetallen als Chelatkomplexe (jetzt obsolet) 5 EDTA (7 Antikoagulanzien) und ähnliche Komplexbildner für die Plasmagewinnung 5 Natriumcitrat für Gerinnungsanalysen 5 Chelattherapie: Deferoxamin(-Test), Penicillamin, EDTA

Chelatometrie 7 Komplexometrie

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Urease von Helicobacter pylori baut den oral zugeführten 13C-Harnstoff zu NH3 und 13CO2 ab. Entstehendes 13CO2 wird abgeatmet. Hierdurch steigt der Anteil von 13CO in Relation zu 12CO in der ausgeatmeten alveolären Luft an. 2 2

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ausgeatmete alveoläre Atemluft

Analytik. Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IR-MS) oder nicht dispersive isotopenselektive Infrarotspektroskopie (NDIRS)

Referenzbereich — Erwachsene. Bei Besiedelung des oberen Gastrointestinaltrakts durch Helicobacter pylori steigt beim Patienten das 13CO /12CO -Verhältnis in der alveolären Atemluft in der t -Probe 2 2 30 gegenüber der t0-Probe um mehr als 0,5 δ% an. Indikation. Verdacht auf Helicobacter-pylori-Infektion des oberen Gastrointestinaltrakts (bei Gastritis, Ulcus ventriculi, Ulcus duodeni, MALT-Lymphom, Magenkarzinom). Therapiekontrolle der Eradikation einer Helicobacter-pylori-Infektion.

Interpretation. Ein Anstieg des 13CO2/12CO2-Verhältnisses in der alveolären Atemluft zeigt eine Helicobacter-pylori-Infektion zuverlässig an, wobei der Anstieg mit dem Ausmaß der Infektion korreliert. Falsch-negative Ergebnisse können trotz Erregerpersistenz nach Abschluss einer Antibiotika- oder Wismut-Therapie infolge einer vorübergehenden Schädigung des Erregers beobachtet werden.

Diagnostische Wertigkeit. Nichtinvasives Nachweisverfahren einer

ChemG 7 Chemikaliengesetz

Chemikaliengesetz T. Arndt

Synonym(e). Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen; ChemG Definition. Zweck des Chemikaliengesetzes (ChemG) ist es, den Menschen und die Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe und Zubereitungen zu schützen, insbesondere sie erkennbar zu machen, sie abzuwenden und ihrem Entstehen vorzubeugen. Literatur. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/chemg/

Chemokine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. chemokines Definition. Chemokine stellen eine Gruppe niedermolekularer (Molmasse ca. 8–14 kDa, 70–90 Aminosäuren), überwiegend basischer, strukturell verwandter Glykoproteine dar, die die Chemotaxis, Rekrutierung und Aktivierung verschiedener Subtypen von Leukozyten durch Interaktion mit einem Spektrum G-Protein-gekoppelter Rezeptoren bewirken.

Helicobacter-pylori-Infektion im oberen Gastrointestinaltrakt.

i Gegenwärtig sind etwa 40 Chemokine im Humansystem identi-

Literatur. Braden B, Lembcke B (2005) Heliobacter pylori – Diag-

fiziert, die hauptsächlich auf neutrophile (7 Granulozyten, segmentkernige) und eosinophile Granulozyten (7 Granulozyten, eosinophile), 7 Monozyten und 7 Lymphozyten wirken und entscheidende Funktionen bei der Immunabwehr, Entwicklung, Homöostase und Funktion des Immunsystems, Angiogenese und Angiostase sowie bei der Reaktion auf Virusinfektionen ausüben. Sie stimulieren subtypenspezifisch die zielgerichtete Leukozytenbewegung (Chemotaxis), -rekrutierung und -aktivierung (Ca2+-Mobilisierung, oxidativer burst) und sind daher für die Entzündungsregulation von entscheidender Bedeutung. Strukturell sind die niedermolekularen, basischen 7 Glykoproteine durch die charakteristische Anordnung von bis zu vier

nostik. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main., S 665 667 DGVS-Leitlinien (1996) I. Diagnostik und Therapie der Helicobacter pylori-Infektion. Z Gastroenterol 34:392–401

Checkpoint 7 Kontrollpunkt

C

320

Chemolumineszenz

konservierten Cysteinresten ähnlich und werden in vier Subklassen (Beispiele in Klammern) eingeteilt: CXC (IL-8, IP-10, Gro α, β, γ), CC (MIP-1α, RANTES), C (Lymphotactin) und CX3C (Fractalkine). Die Mitglieder der Chemokinfamilie üben die zellulären Effekte über mehr als 20 Rezeptoren großer Komplexität aus, die G-Protein-gekoppelt sind und sieben Membran durchspannende Domänen besitzen (heptahelikale Rezeptoren). Trotz ihrer großen (patho)physiologischen Bedeutung haben Chemokinbestimmungen in der Diagnostik gegenwärtig noch keine Relevanz erlangt

Literatur. Zlotnik A, Yoshie O (2000) Chemokines: A New Classification System and Their Role in Immunity. Immunity 12:121–127

5 Ungeeignete Komplementquelle oder bakterielles Peptid als Chemoattractant 5 Fehler bei Färbung und Zählung der eingewanderten Granulozyten.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten.

Keine

Automatisierung

möglich

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.).

5 schwer zu standardisierender, manueller Test 5 bedarf großer Erfahrung des Untersuchenden

Literatur. Rich R (1996) Clinical Immunology. Principles and Practice. Mosby Inc, St. Louis, p 2135

Chemolumineszenz

Chenodesoxycholsäure

T. Arndt

7 Gallensäuren

Englischer Begriff. chemiluminescence Definition. Emission von Strahlung, die aus einer chemischen Reaktion resultiert. Die emittierende Substanz kann ein Reaktionsprodukt sein oder eine Verbindung, die durch Energieübertragung von einem angeregten Reaktionsprodukt angeregt wird (IUPAC-Definition). i Der Anregungszustand kann Elektronen- sowie Schwingungsund Rotationszustände betreffen. Liegt die Wellenlänge der Strahlung im Bereich des infraroten Lichts, spricht man von Infrarot-Chemolumineszenz. Analysenverfahren auf der Basis von Chemolumineszenzmessungen haben eine wachsende Bedeutung im klinisch-chemischen Laboratorium, z. B. in der Hepatitisserologie und für die Bestimmung von Hormonen und 7 Tumormarkern. Hierzu steht eine relativ breite Auswahl an Analysen auf vollständig mechanisierten Analysensystemen zur Verfügung. Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Techniken zur sensitiven Detektion bzw. Quantifizierung von 7 Nukleinsäuren und 7 Proteinen. Chemolumineszenz durch Reaktionen innerhalb lebender Zellen wird als 7 Biolumineszenz bezeichnet.

Literatur. www.iupac.org/goldbook/L03641.pdf Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie– Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Chemotaktische Aktivität H. Renz, B. Gierten

Physikalisch-chemisches Prinzip. Patienten-7 Granulozyten werden mittels eines Chemoattractant zur Chemotaxis angeregt. Als Testergebnis werden die Absolut- oder Prozentzahlen der zum Chemoattractant gewanderten Granulozyten ermittelt. Untersuchungsmaterial. Heparin-Blut Instrumentierung. Keine Fehlermöglichkeit.

5 Blutprobe mit Gerinnseln

Chido(Cha)-Antigen 7 Chido/Rodgers-Blutgruppensystem

Chido/Rodgers-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Chido: Ch, Cha, Chido, C4A, Rodgers: Rg, Rga, C4B Englischer Begriff. Chido/rodgers blood group system (Ch/Rg) Definition. Die 7 Antigene des Chido/Rogers(Ch/Rg)-Blutgruppensystems stellen zwei Isoforme, C4A (sauer) und C4B (basisch), der vierten Komponente des Komplementsystems des klassischen Aktivierungswegs (7 Komplementsystem, klassische Aktivierung) dar. Sie vermitteln die Interaktion zwischen Antigen-Antikörper-Komplexen und anderen Komplementkomponenten. i C4A und C4B werden als Vorläufer aus 1744 Aminosäuren (MW 200 000) exprimiert, glykosyliert und post-translational proteolytisch in 3 Polypeptidketten gespalten, die über Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Während der Komplementaktivierung wird das Protein in verschiedene Fragmente gespalten, wobei das C4dFragment die Ch/Rg Epitope enthält. Die proteolytischen Spaltungen sind inkomplette Reaktionen, wodurch viele strukturelle Formen des C4 im Plasma vorkommen. Diese Antigene werden aus dem Plasma an die Erythrozytenmembran gebunden. Ch/Rg-Antigene kommen im Plasma vor und werden an Blutzellen (7 Erythrozyten, 7 Makrophagen) adsorbiert. Sie werden primär in verschiedenen Organen synthetisiert. Ein Fehlen der C4-Gene kann ein prädisponierender Faktor für Erkrankungen wie insulinabhängiger Diabetes und 7 Autoimmunhepatitis sein. Spezifische C4-Allotypen oder Fehlen von Genen wurde mit Autoimmunerkrankungen wie Grave’s Disease und rheumatoide Arthritis assoziiert. Fehlen von C4A führt zu einer höheren Suszeptibilität für den systemischen 7 Lupus erythromatodes (SLE) und im Allgemeinen zu einer höheren Infektionsanfälligkeit.

Chido/Rodgers-Blutgruppensystem. Tab. 1. Eigenschaften der Hauptantigene des Chido/Rodgers-Blutgruppensystems Ch/RgAntigen

ISBT-Symbol (Zahl)

Antigenfrequenz (%)*

In-vitro-Charakteristika von Alloantikörpern

Klinische Signifikanz von Alloantikörpern

Immunglobulinklasse

Optimale Nachweistechnik

Komplementbindung

Transfusionsreaktion

MHN

Cha, Chido, Ch1

CH/RG1 (017.001)

96

IgG

IAT

nein

keine

keine

Rga, Rodgers, Rg1

CH/RG11 (017.001)

98

IgG

IAT

nein

keine

keine

* in allen Populationen; IAT indirekter Agglutinationstest; ISBT International Society Blood Transfusion; MHN Morbus haemolyticus neonatorum

Chimäre

Die Ch/Rg-Antigene können zur Bildung von erythrozytären Antikörpern führen, die zur Gruppe der 7 HTLA-Antikörper zählen. Besonderes Charakteristikum ist die Neutralisierbarkeit dieser Antikörper durch Plasma, das diese Antigene enthält (7 Agglutinationsinhibitionstest).

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Auflage, Elsevier New York Blood Group Antigen Gene Mutation Database, NCBI

Chikungunya-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Chikungunya virus Beschreibung des Erregers: Familie: Togaviridae, Gattung: Alphavirus, Art: Chikungunya-Virus. Plusstrang-RNA-Genom, behüllt, 50–70 nm Durchmesser. Erkrankungen. Chikungunya-Fieber Verbreitung: Afrika, indischer Subkontinent, Südostasien, Südeuropa Vektor: Stechmücken (Aedes aegypti, Ae. albopictus und Culex sp.) Wirt: Primaten, Nagetiere, Mensch Übertragung: Durch Insekten, auch transplazentar und durch Bluttransfusion oder Organtransplantation möglich Klinik: Plötzlich auftretendes hohes Fieber und grippales Syndrom, bei 80 % Polyarthritis, die monate- bis jahrelang persistieren kann, Exantheme, Petechien; sehr selten Hämorrhagien, Meningoenzephalitis, Hepatitis Therapie und Prophylaxe: Es gibt keine spezifische Therapie, Behandlung nur symptomatisch. Bislang steht kein Impfstoff zur Verfügung, die Prävention besteht in der Vermeidung von Mückenstichen und in der Bekämpfung der Vektoren.

Analytik. Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert Sicherheitslaboratorien der Klasse 3. Direktnachweis: 7 RT-PCR, direkte Immunfluoreszenz oder Virusanzucht in Kulturzellen. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper (IgG, IgM) im Serum durch indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte), 7 ELISA, 7 Neutralisationstest oder 7 Hämagglutinationshemmtest.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis: Untersucht werden Blut und Blutbestandteile. Die Patientenproben sollten bis zur Weiterverarbeitung bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Screening von Blutkonserven auf virale RNA oder auf spezifische Antikörper. Der Direktnachweis ist nur während der ersten 3–5 Krankheitstage möglich, da die Erreger aus dem Blutkreislauf eliminiert werden, teilweise durch sich etablierende virusneutralisierende Antikörper. Serologie: Spezifische Antikörper (IgG, IgM) findet man etwa vom achten Krankheitstag an im Serum. Antikörper der Klasse IgM oder niedrig-avide Antikörper der Klasse IgG weisen auf eine akute Infektion hin, ebenso ein Titeranstieg des IgG innerhalb von 2 Wochen. Differenzialdiagnosen: Unter anderem: Dengue-Fieber (7 DengueViren), O'nyong-nyong-Fieber in Afrika, Ross-River-Fieber in Australien.

Literatur. Staples JE, Breiman RF, Powers AM (2009) Chikungunya fever: an epidemiological review of a re-emerging infectious disease. Clin Infect Dis 49(6):942–948 Solignat M, Gay B, Higgs S, Briant L, Devaux C (2009) Replication cycle of chikungunya: a re-emerging arbovirus. Virology 393(2):183–197 Her Z, Kam YW, Lin RT, Ng LF (2009) Chikungunya: A bending reality. Microbes Infect 11(14–15):1165–1176

321

Child-Turcotte-Pugh-Klassifikation 7 Child-Turcotte-Pugh-Score

Child-Turcotte-Pugh-Score A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Child-Turcotte-Pugh-Klassifikation; Prognose-Score Englischer Begriff. Child-Turcotte-Pugh-classification; Child-Turcotte-Pugh-scoring system Definition. Kombinierter, aus klinischen und labormedizinischen Parametern zusammengesetzter Prognose-Score chronischer Lebererkrankungen, der u. a. für die Indikationsstellung zur Lebertransplantation herangezogen wird. i Der aus fünf bzw. sechs klinischen und labormedizinischen Kri-

terien bzw. Kenngrößen zusammengesetzte Score klassifiziert chronische Lebererkrankungen (z. B. Zirrhosen) in drei Stadien der Ausprägung (mild = A, mäßig = B, schwer = C; 7 Tab. 1). Einige Kenngrößen zeigen die Schwere der portalen Hypertension an (z. B. Aszites, Enzephalopathie), andere kennzeichnen die metabolische Leberfunktion (z. B. 7 Bilirubin-, 7 Albuminkonzentration, 7 Thromboplastinzeit). Eine Alternative bietet der 7 MELD-Score. Child-Turcotte-Pugh-Score. Tab. 1. Klassifikation chronischer Lebererkrankungen Stadium A (1 Punkt)

Stadium B (2 Punkte)

Stadium C (3 Punkte)

Bilirubin (mg/dL)

< 2,0

2,0–3,0

> 30

Albumin (g/L)

> 35

28–35

< 28

TPZ (% ); INR

> 70; < 1,7

40–70; 1,7–2,3

< 40; > 2,3

Aszites

Ø

leicht zu behandeln

schwer zu behandeln

Enzephalopathie

Ø

Stufen I, II

Stufen III, IV

Ernährungsstatus

gut

mäßig

stark reduziert

Score-Punkte

5–7

8–10

11–15

INR International normalized ratio; TPZ Thromboplastinzeit

Literatur. Child CG III, Turcotte JG (1964) Surgery and portal hypertension. In: Child CG III (ed) The Liver and Portal Hypertension. WB Saunders, Philadelphia, pp 50–64 Pugh RNH, Murray-Lyon IM, Dawson JJ et al (1973) Transection of the oesophagus for bleeding oesophageal varices. Br J Surg 60:646–649

Chimäre R. Weiskirchen

Englischer Begriff. chimera Definition. Bezeichnung für einen Organismus, der aus genetisch unterschiedlichen Zellen oder Geweben besteht. i In der Zoologie können Chimären (griech.: Chimaira = Ziege) künstlich durch Vereinigung von embryonalen Zellen hergestellt werden. In der griechischen Mythologie waren die Chimären feuerspeiende Ungeheuer, deren Körper dem von drei verschiedenen Tieren glich. So sagt man einer Chimäre nach, sie hätte drei Köpfe: den einer Ziege, den eines Löwen und den einer Schlange. Ferner ähnelt ihr Leib dem einer Ziege und ihr Schwanz einer Schlange. Ihr Aussehen trug dazu bei, dass man heute den Begriff in der Biologie oder Medizin generell für Lebewesen oder Organismen verwendet, die genetisch

C

322

Chinablau

gesehen aus unterschiedlichen Teilen oder Lebewesen bestehen, da die 7 Chromosomenstrukturen ihrer Zellen voneinander abweichen; Genetisch ein Organismus, der aus Zellen mit unterschiedlicher genetischer Information besteht.

Chinablau 7 Berlinerblau-Reaktion

China White T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

Chinidin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. quinidine Definition. Antiarrhythmikum (Klasse Ia)

Einzelnachweisen in einer geringen Menge biologischen Probenmaterials ermöglicht wird. i In Abhängigkeit von den aufgebrachten Probenmaterialien lassen sich DNA-, Protein- und Gewebechips unterscheiden. Die DNA-Chips finden zunehmend Anwendung in der Diagnostik (7 Mutationsanalytik) sowie zur Erkennung von differenziellen Genaktivitäten (Genprofiling). Als Sondenmaterial können auf einem solchen Chip entweder 7 cDNAs oder synthetisch hergestellte 7 Oligonukleotide Verwendung finden. Proteinchips tragen entweder gereinigte Proteine (z. B. Antikörper) oder komplexe Gemische verschiedener Proteine (z. B. Serum). Zur Anfertigung von Gewebechips werden zwischen 50 und 200 ausgestanzte Gewebezylinder unterschiedlicher Herkunft in einen Paraffinblock zusammengesetzt. In aus ihnen angefertigten Schnitten kann dann auf einem Objektträger gleichzeitig die Expression eines spezifischen Proteins untersucht werden. Diese Technologie erlaubt beispielsweise vergleichende Expressionsuntersuchungen in Tumorgewebe oder anderen Ausgangsmaterialien (s. a. 7 Mikroarray.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg.

Chlamydia pneumoniae W. Stöcker

Englischer Begriff. Chlamydia pneumoniae

Chinidin. Abb. 1.

Molmasse. 324,43 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Chinidin wird oral appliziert und teilweise hepatisch metabolisiert. Muttersubstanz und Abbauprodukte werden renal eliminiert, bei saurem Urin-pH mehr, bei alkalischem weniger. Halbwertszeit. 4–12 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Chinidin vermindert die Membranpermeabilität für 7 Natrium-, 7 Kalium- und 7 Calciumionen, was zu einer verzögerten Erregungsfortleitung im Herzmuskel führt. Bei Überdosierung treten Blutdruckabfall, sowie Brady-, aber auch Tachykardie auf. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Urin Analytik. 7 Immunoassays, HPLC, GC-MS; (7 Chromatographie), LC-MS/MS (7 Massenspektrometrie) Interpretation. Therapeutischer Bereich: 2–5 mg/L; toxisch: > 5 mg/L; komatös/letal: > 10 mg/L

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Vergiftung.

Literatur. König H, Schmoldt A (2009) Antidysrhythmic agents. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 27–285

Chip R. Weiskirchen

Synonym(e). Microarray; Genchip; Biochip Englischer Begriff. microarray; chip Definition. Sammelbegriff für molekularbiologische Untersuchungssysteme, mit der die parallele Analyse von bis zu mehreren tausend

Beschreibung des Erregers. Der Erreger Chlamydia pneumoniae gehört neben Chlamydia trachomatis und Chlamydia psittaci zu den human-pathogenen Chlamydienarten. Sie sind gramnegativ und zählen zu den kleinsten obligat intrazellulär lebenden Bakterien. Ihr Stoffwechsel nutzt vor allem das Adenosintriphosphat der Wirtszelle. Ihr einzigartiger Entwicklungszyklus spielt in Diagnostik, Therapie und Pathogenese eine wichtige Rolle. Für Chlamydia pneumoniae gilt seit einigen Jahren der Gattungsname Chlamydophila, der sich allerdings noch nicht überall durchgesetzt hat. Erkrankungen. Chlamydia pneumoniae ruft Infektionen des oberen Respirationstrakts und Pneumonien hervor. Es wird über eine Rolle in der Pathogenese der koronaren Herzerkrankung diskutiert. Der Erreger wurde im Jahr 1986 entdeckt. Er kommt weltweit vor, ist ausschließlich humanpathogen und wird durch Aerosole übertragen. Die Serokonversion wird meistens im Alter zwischen 5–15 Jahren beobachtet. Über 50 % aller Erwachsenen haben eine Infektion durchgemacht und sind gegenüber dem Erreger seropositiv. Bis heute gibt es keine Impfung gegen Chlamydien. Nachgewiesene Infektionen werden wirksam mit bestimmten Antibiotika, verabreicht über 7–14 Tage, behandelt.

Analytik. Direktnachweise durch Nukleinsäureamplifikationsverfahren (z. B. 7 PCR) sind für Chlamydia pneumoniae bisher nicht standardisiert. Die Kultur erfordert hohe technische Expertise. Serologie: Nachweis von Antikörpern gegen Chlamydia pneumoniae durch Enzymimmuntechniken (7 Enzymimmunoassay) oder indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte) (Mikroimmunfluoreszenztest: Elementarkörperchen als Substrat, „Goldstandard“, eventuell in Kombination mit Chlamydia-pneumoniae-infizierten Kulturzellen). Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Das Abstrichmaterial (zellhaltiges Sekret aus den tieferen Atemwegen) wird in spezielle Transportmedien eingeimpft. Es sollte gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Da sich Chlamydia-pneumoniae-Infektionen weder klinisch noch röntgenologisch eindeutig nachweisen lassen, fällt der Labordiagnostik eine besondere Rolle zu. Besonders wenn die Ansteckung länger zurückliegt, misslingt der Erregernach-

Chlamydia trachomatis

weis häufig, dann kommt der Diagnostik spezifischer ChlamydienAntikörper eine besondere Bedeutung zu. Kreuzreaktionen mit den übrigen Chlamydien-Spezies sind dabei auszuschließen, vor allem durch die parallele Untersuchung der Antikörper gegen Chlamydia psittaci und Chlamydia trachomatis, ggf. mit BIOCHIP-Mosaiken.

Literatur. Schütt S, Essig A (2004) Diagnostik von Chlamydien-Infektionen. J Lab Med 28 (2):144–153 Burkhardt O, Staube E, Welte T (2003) Klinisches Bild, Diagnostik und Therapie. Pneumologie 57: 449–458

323

parallele Untersuchung der Antikörper gegen Chlamydia psittaci und Chlamydia trachomatis, ggf. mit BIOCHIP-Mosaiken.

Literatur. Schütt S, Essig A (2004) Diagnostik von Chlamydien-Infektionen. J Lab Med 28 (2):144–153 RKI: Infektionen durch Chlamydien (Teil 2): Erkrankungen durch Chlamydia psittaci und Chlamydia pneumoniae. Epid Bull 2001; 14: 95–100

Chlamydia trachomatis W. Stöcker

Chlamydia psittaci

Englischer Begriff. Chlamydia trachomatis

W. Stöcker

Beschreibung des Erregers. Chlamydia trachomatis gehört neben Chlamydia pneumoniae und Chlamydia psittaci zu den human-pathogenen Chlamydienarten. Sie zählen zu den kleinsten intrazellulär lebenden, gramnegativen 7 Bakterien und nutzen für den eigenen Stoffwechsel vor allem das Adenosintriphosphat der Wirtszelle.

Englischer Begriff. Chlamydia psittaci Beschreibung des Erregers. Chlamydia psittaci gehört neben Chlamydia trachomatis und Chlamydia pneumoniae zu den human-pathogenen Chlamydienarten. Sie zählen zu den kleinsten intrazellulär lebenden, gramnegativen Bakterien und nutzen für den eigenen Stoffwechsel vor allem das Adenosintriphosphat der Wirtszelle. Für Chlamydia psittaci gilt seit einigen Jahren der Gattungsname Chlamydophila, der sich allerdings noch nicht überall durchgesetzt hat. Erkrankungen. Chlamydia psittaci ist der Erreger der Psittakose (Papageien-Krankheit, auch Ornithose) – eine Zooanthroponose, die in der Regel von infizierten Zier- oder Zuchtvögeln, insbesondere Papageien, über erregerhaltiges Sekret und Exkremente aerogen auf den Menschen übertragen wird, selten auch durch Bisse. In wenigen Fällen erfolgt die Ansteckung von Mensch zu Mensch. Infektionsgefährdet sind neben Haltern von Zier- und Zuchtvögeln daher vor allem Tierhändler und Beschäftigte in der geflügelverarbeitenden Industrie. Als klinisches Bild resultiert eine subakute oder chronische Pneumonie, beobachtet werden milde Verläufe ebenso wie akute, fulminante Infektionen. In Deutschland ist die Erkrankung selten, im Jahre 2002 wurden nur 40 Fälle gemeldet. Bis heute gibt es keine Impfung gegen Chlamydien. Nachgewiesene Infektionen werden mit Antibiotika über 7–14 Tage behandelt. Analytik. Für den Direktnachweis stehen 7 PCR, die Anzucht in Zellkulturen oder die direkte Immunfluoreszenz unter Verwendung fluoreszeinmarkierter monoklonaler Antikörper gegen äußere Membranproteine von Chlamydia psittaci zur Verfügung. Der direkte Erregernachweis in der Zellkultur kann aufgrund der Kontagiosität des Erregers und der damit verbundenen Risiken nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die über ein Sicherheitslabor der Klassifizierung L3 verfügen. Serologie: Nachweis von Antikörpern gegen Chlamydia psittaci durch Enzymimmuntechniken (7 Enzymimmunoassay) oder indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte) (Mikroimmunfluoreszenztest: Elementarkörperchen als Substrat, „Goldstandard“, eventuell in Kombination mit Chlamydia-psittaci-infizierten Kulturzellen). Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Für die Anzucht und den Gen-Nachweis werden Sputum, Trachealsekret und bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit verwendet (Infektionsgefahr!). Das Material sollte gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Bei der Diagnostik von Chlamydia-psittaci-Infektionen spielen das klinische Bild und die Anamnese (Vogelkontakte) eine große Rolle. Die labordiagnostischen Möglichkeiten zum Nachweis einer Chlamydia-psittaci-Infektion sind limitiert. PCRVerfahren haben sich zum Nachweis akuter Infektionen als nützlich erwiesen, wurden bisher jedoch nicht anhand größerer Fallzahlen evaluiert. Infektionen mit Chlamydia psittaci werden daher im Allgemeinen serologisch diagnostiziert. Kreuzreaktionen mit den übrigen Chlamydien-Spezies sind dabei auszuschließen, vor allem durch die

Erkrankungen. Der Erreger verursacht folgende Erkrankungen: 5 Das Trachom, eine chronische, follikuläre Keratokonjunktivitis (Serotypen A–B1, B2–C). 5 Infektionen des Urogenitaltrakts bei Mann und Frau (Urethritis, Zervizitis, Salpingitis), teilweise mit reaktiver Arthritis (Serotypen D–K). 5 Das Lymphogranuloma venereum, eine vor allem in warmen Ländern vorkommende Geschlechtskrankheit (Serotypen L1–L3). Die Serotypen A–C werden durch infektiöses Augensekret übertragen, die Serotypen D–K sowie L1–L3 durch sexuellen Kontakt oder perinatal. Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir. Bis heute gibt es keine Impfung gegen Chlamydien. ChlamydienInfektionen sind mit Antibiotika über 7–14 Tage gut behandelbar. Bei einer reaktiven Arthritis ist eine längere, differenzierte Behandlung erforderlich, und zwar lokal und systemisch.

Analytik. Direktnachweise durch Nukleinsäureamplifikationsverfahren (z. B. 7 PCR) oder mittels direkter Immunfluoreszenz. Die Kultur erfordert große technische Expertise. Serologie: Nachweis von Antikörpern gegen Chlamydia trachomatis durch Enzymimmuntechniken (7 Enzymimmunoassay) (die reaktiven Oberflächen werden vorwiegend mit Membranproteinen beschichtet) oder indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte) (Mikroimmunfluoreszenztest: Elementarkörperchen als Substrat, „Goldstandard“, eventuell in Kombination mit Chlamydiatrachomatis-infizierten Kulturzellen). Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Bei Genitalinfektionen werden Erststrahlurin oder Zervix-, Vaginal- und Urethral-Abstriche gewonnen (Dacron- oder RayonAbstrichtupfer verwenden!). Ideal zum Nachweis einer spezifischen Zervizitis sind laparoskopisch erhaltene Tubenabstriche oder Punktate des Douglas-Raums. Für die Zellkultur wird das Patientenmaterial in Spezialtransportmedien eingeimpft, es ist gekühlt zu transportieren und innerhalb von 4 h anzusetzen. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Bei akuten urogenitalen Infektionen wird angestrebt, die Erreger durch direkte Nachweisverfahren zu identifizieren. Aufgrund einer Spezifität von nahezu 100 % galt der kulturelle Nachweis von Chlamydia trachomatis bis vor einiger Zeit als der „Goldstandard“ in der Diagnostik urogenitaler Chlamydien-Infektionen, wurde aber wegen des zu großen Aufwands und der zu geringen Sensitivität durch die PCR verdrängt. Bei Chlamydia-trachomatis-assoziierten Folgeerkrankungen wie Tubarsterilität und reaktiver Arthritis ist der direkte Erregernachweis häufig nicht mehr möglich. Zur Sicherung der Diagnose kann der Nachweis spezifischer Antikörper in diesen Fällen hilfreich sein. Kreuzreaktionen mit den übrigen Chlamydien-Spezies sind auszuschließen, vor allem durch die parallele Untersuchung der Antikörper

C

324

Chlorid

gegen Chlamydia psittaci und Chlamydia pneumoniae, gegebenenfalls mit BIOCHIP-Mosaiken. Ein Chlamydia-trachomatis-Screening beider Elternteile vor einer geplanten Schwangerschaft wird empfohlen. Der Direktnachweis von Chlamydia trachomatis an der Portio uteri zu Beginn einer Schwangerschaft gehört heute zum Standardprogramm der Vorsorgeuntersuchungen, da diese Infektion mit dem Risiko von Früh- und Totgeburten assoziiert ist (7 Mutterschaftsvorsorge).

Literatur. Schütt S, Essig A (2004) Diagnostik von Chlamydien-Infektionen. J Lab Med 28 (2):144–153 RKI: Infektionen durch Chlamydien (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis. Epid Bull 2009; 37: 369–373

2.

Chlorid O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. chloride

3.

Definition. Chlorid (chemisches Symbol für Chlor: Cl) ist mengenmäßig das wichtigste Anion des extrazellulären Raumes.

Molmasse. 35,453 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Aufnahme und Bedarf Chlorid wird überwiegend als Kochsalz mit der Nahrung aufgenommen und im Dünndarm resorbiert (s. Tagesbedarf 7 Natrium). Bestand Bei 70 kg Körpergewicht etwa 2300 mmol, davon rasch austauschbar 1600 mmol. Verteilung Extrazellulärer Raum (EZR), ohne Knochen 56 % Knochensubstanz 32 % Intrazellulärer Raum (IZR) 12 % Elimination Mit dem Urin > 90 %, mit dem Stuhl < 10 %. Starke Schweißbildung kann zu erheblichen Cl–-Verlusten führen.

Funktion und Pathophysiologie. Nach glomerulärer Filtration folgt

Cl– in den proximalen Tubuli dem aktiv reabsorbierten Na+. Im dicken aufsteigenden Teil der Henleschen Schleife wird Cl– duch eine Cl–-Pumpe reabsorbiert. Dieser Vorgang wird durch Schleifendiuretika wie Furosemid und Ethacrynsäure inhibiert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Für herkömmliche Messung als Gesamtchlorid: Heparinplasma oder Serum nach venöser Abnahme. Für Messung in Vollblutproben (als „ionisiertes Chlorid“) wird am besten eine mit lyophilisiertem, elektrolytadaptierten 7 Heparin präparierte Plastikspritze verwendet. Urin: Einzelproben oder 24 h-Sammelurin Schweiß: Zur Diagnostik der Zystischen Fibrose Weitere Materialien: Magensaft, Stuhl, Drainageflüssigkeiten zur Erfassung von Elektrolytverlusten. Probenstabilität. Plasma, Serum: Bei 25 °C 4 Tage, bei 4–8 °C 7 Tage, bei –20 °C 1 Jahr. Bei Aufbewahrung über mehr als 4 Tage Abtrennung von Erythrozyten erforderlich. Schutz vor Verdunstung! Heparinblut: Messung innerhalb von 8 h Da Chlorid meistens gemeinsam mit Natrium und Kalium gemessen wird, sind ggfs. die strengeren Entnahme- und Stabilitätsregularien für Kalium zu beachten (7 Kalium). Urin: Wie Serum. Schutz vor Verdunstung.

Präanalytik. Keine Patientenvorbereitung für Cl–-Messung in Vollblut, Plasma, Serum und Urin. Für die Schweißuntersuchung wird auf das NCCLS-Dokument C34A21 verwiesen.

Analytik. 1. Coulometrische Titration (7 Coulometrie): Von der Silberelek-

4.

5.

trode des Chloridtitrators werden mit konstanter Geschwindigkeit Ag+ freigesetzt. Solange Cl– in der Messlösung vorhanden ist, wird unlösliches AgCl gebildet. Sobald durch freies Ag+ ein Stromfluss entsteht, wird sowohl die Ag+-Abgabe als auch ein mit Beginn der Titration gestartetes Zeitmesswerk gestoppt. Einstellung des Zeitmessers mit einer Kalibratorlösung. Bis auf Interferenzen durch Br–, F–, CN–, SCN– und SH-Gruppen, die normalerweise nur in geringsten Mengen vorliegen, ist die Methode spezifisch. Wegen des Messbereichs von 0 bis zu mehreren Hundert mmol/L ist das Verfahren für Plasma, Serum, Urin und für die Schweißuntersuchung geeignet. Impräzision bei bester Elektrodenpflege um 1 % VK. 7 Ionenselektive Elektrode (ISE), indirekt nach Verdünnung der Probe: Trotz gelegentlicher Instabilität verbreitetes Routineverfahren, mechanisierbar und gut in Analysenautomaten zu integrieren. Begrenzter Linearitätsbereich. Impräzision unter Routinebedingungen um 2 %. Komplexometrisch-photometrische Methoden: Umsetzung von Cl– mit einem Quecksilbersalz, z. B. Hg(SCN)₂, zu HgCl. Das freigesetzte Thiozyanat wird zur Bildung eines photometrierbaren Farbkomplexes mit Fe3+ genutzt. Diese und ähnliche Methoden sind erfolgreich in Analysenautomaten integriert worden, sind jedoch durch spezielle Entsorgungsregularien wegen des Hg-Anteils belastet. Enzymatisch-photometrische Methode: Sie beruht auf der Aktivierung der α-Amylase durch Chlorid (Ono et al.) und ist ohne weitere Messeinrichtungen in Analysenautomaten zu integrieren. Ionenselektive Elektrode (ISE), direkt im unverdünnten Heparinblut oder Heparinplasma: Sehr schnelle Messung im Vollblut (< 1 min), ohne den Aufwand der Zentrifugation und der Probendilution. Als Cl–-selektive Elektroden werden Membranelektroden mit neutralen Carriern oder mit Ionenaustauschern (z. B. quaternären Ammoniumsalzen) sowie Silberchlorid-Festkörperelektroden verwendet.

Die Methoden 1–4 erfassen die molare Chloridkonzentration im Plasma, Methode 5 die Aktivität des ionisierten Chlorids im Plasmawasser, also die molale Aktivität (7 Elektrolyte). Durch ein entsprechendes Kalibrationsverfahren wird das Messsignal jedoch auf ein Plasma mit normalem Protein- und Lipidgehalt, also auf ein etwa 7,2 % größeres Verteilungsvolumen bezogen, um die Ergebnisse kompatibel mit denen der konventionellen Chloridbestimmung zu machen. Es handelt sich also um eine „justierte Molalitätmessung“. Eine klinische Relevanz des ionisierten Chlorids gegenüber dem Gesamtchlorid hat sich – anders als beim Natrium – bisher nicht ergeben.

Konventionelle Einheit. mval/L oder mEq/L Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 Referenzbereich — Erwachsene. Plasma/Serum 98–107 mmol/L; 24-h-Urin 100–250 mmol/Tag; Schweiß 5–35 mmol/L Referenzbereich — Kinder.

Plasma/Serum

98–107

mmol/L;

Schweiß 5–35 mmol/L

Indikation. Plasma, Serum: Intensivmedizinische Überwachung, anhaltende Magensaftverluste durch Erbrechen, Säure-Basen-Störungen (Berechnung der 7 Anionenlücke), Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushalts bei Erkrankungen der Nieren und der Nebennieren, intensive diuretische Therapie. Urin: Verdacht auf Bulimie. Kontrolle bei NaCl-armer Diät. Schweiß: Diagnostik der Zystischen Fibrose. Interpretation. Plasma: Fast immer folgt das Plasmachlorid bei Störungen im Wasser- und Salzhaushalt den Veränderungen der Natriumkonzentration. Chloridabweichungen ohne adäquate Natriumveränderungen weisen auf Säure-Basen-Störungen hin. Urin: Die Chloridausscheidung im Urin entspricht der NaCl-Aufnahme. Bei chronischem Erbrechen und Bulimie findet man Werte > 15 mmol/L. Schweiß: Cl– bei zystischer Fibrose > 60 mmol/L.

Cholecystokinin

325

Vorkommen der Hypochlorämie Hyponatriämie: Als begleitendes Symptom Hypochlorämische Alkalose: Durch gastrointestinale Verluste (Erbrechen, Magensaftdrainage, konnatale Chloridorrhoe) oder renale Verluste (Hyperaldosteronismus, M. Cushing, Saluretika) Metabolische Azidose: Verdrängung durch andere Anionen (Azetazetat, Hydroxybutyrat, Laktat, Formiat) Respiratorischen Azidose: Verdrängung durch kompensatorischen Bicarbonatanstieg.

Insbesondere bei Patienten mit Glukose-6-Phosphatdehydrogenasemangel kann sich eine Methämoglobinämie entwickeln.

Vorkommen der Hyperchlorämie Hypernatriämie: Als begleitendes Symptom Hyperchlorämische Azidose: Durch vermehrte Chloridaufnahme (Lysin- oder Argininhydrochlorid, Ureterosigmoideostomie) oder verminderte Chloridausscheidung (renal-tubuläre Azidose, Karboanhydratasehemmer) Ersatz für vermindertes Plasmabicarbonat: Verluste von Pankreasoder Dünndarmsekret.

> 0,5 mg/L; komatös-letal: > 3 mg/L

Diagnostische Wertigkeit. Die Chloridbestimmung im Plasma hat eine geringere klinische Bedeutung als die der anderen Elektrolyte, da abweichende Cl–-Konzentrationen keine eigenständige Gefährdung anzeigen. Cl– im Plasma dient der ergänzenden Diagnostik und kann in Einzelfällen wertvolle Hinweise liefern. Sein Wert als Routinebestandteil eines jeden Elektrolytstatus ist umstritten. Literatur. National Committee for Clinical Laboratory Standards (2000) Sweat Testing: Sample Collection and Quantitative Analysis. Approved guideline. NCCLS Document C34-A2. National Committee for Clinical Laboratory Standards, Wayne, PA, USA Ono T, Taniguchi J, Mitsumaki H et al (1988) A New Enzymatic Assay of Chloride in Serum. Clin Chem 34:552–553

Chlorid, ionisiertes 7 Chlorid

Chloroquin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. chloroquine Definition. Chloroquin wird zur Behandlung von Malaria, Polyarthritis und systemischem Lupus erythematodes eingesetzt.

Chloroquin. Abb. 1.

Molmasse. 319,88 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Chloroquin wird vollständig resorbiert und z. T. unverändert, z. T. in Form verschiedener Metabolite ausgeschieden.

Halbwertszeit. 20 h, zunehmend bis zu 50 d (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei akuter Vergiftung treten vor allem kardiotoxische Effekte auf, begleitet von einer Hypokaliämie.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin Analytik. 7 HPLC, (7 Chromatographie)

7 GC-MS,

Dünnschichtchromatographie

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich: 0,02–0,5 mg/L, toxisch: Literatur. Käferstein H (2009) Chloroquine. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 635–639

Chloroquinelution 7 Elution erythrozytärer Antikörper

Cholecalciferol (D3) 7 Vitamin D

Cholecystokinin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). CCK; Pankreozymin; PZ Englischer Begriff. cholecystokinin; pancreozymin; CCK-PZ Definition. Ein in Dünndarm (Duodenum), Gehirn und Pankreas gebildetes, mit Pankreozymin identisches intestinales Polypeptidhormon mit stimulierender Wirkung auf die Gallenblasenkontraktion und Enzymsekretion des exokrinen Pankreas. i Das als Präpro-CCK gebildete, 33 7 Aminosäuren große, lineare Polypeptid wird in den I-Zellen der Mukosa des oberen Dünndarms (vorwiegend Duodenum), in Hirn und Pankreas synthetisiert. Identisch mit Pankreozymin, große Ähnlichkeit mit 7 Gastrin. Sekretionsstimuli sind intestinale Polypeptide und Aminosäuren (vorwiegend Tryptophan, Phenylalanin) von partiell verdauten Proteinen, Magensäure und längerkettige Fettsäuren (> 9 Kohlenstoffatome, in Form von Mizellen). Kurzfristige postprandiale CCK-Erhöhung in der Zirkulation mit rascher Normalisierung, Halbwertszeit zwischen 2,5 und 5 min. Proteolytische Prozessierung führt zu strukturell heterogenen Formen (CCK-8, -33, -38, -59 Aminosäuren) mit jeweils gleichem C-terminalen Pentapeptid, das mit Gastrin identisch ist. Volle biologische Wirkung ist mit CCK-8 gegeben und abhängig von Tyrosinsulfatierung in Position 7. Über die beiden G-Protein-gekoppelten Rezeptoren CCKA (Molmasse 120 kDa und 80 kDa, vorwiegend Azinuszellen) und CCK-B (Molmasse 55 kDa, Magen-, Hirn- und ZNS-Lokalisation) werden folgende Wirkungen vermittelt: 5 Stimulationen von Gallenblasenkontraktion und Gallesekretion 5 pankreatischer Enzymsekretion und 7 Sekretin-induzierter Wasser- und Bicarbonatsekretion 5 Relaxation von Sphincter Oddi 5 Stimulation der intestinalen Peristaltik 5 Inhibition der Magenentleerung

Im Nüchternplasma sehr niedrige Konzentration von < 80 ng/L (genauer Wert stark methodenabhängig). Analyt sehr instabil (eisgekühltes, Aprotinin-enthaltendes Heparin-Plasma). Konzentrationserhöhungen bei exokriner Pankreasinsuffizienz, Zoeliakie und Leberzirrhose, keine klinisch-diagnostische Relevanz. Pharmakologischer Einsatz von CCK-PZ im 7 Sekretin-Pankreozymin-Test zur Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz.

Literatur. Szelenyi Z, Szekely M, Hummel Z et al (2004) Cholecystokinin: Possible mediator of fever and hypothermia. Frontiers in Bioscience 9:301–308

C

326

Cholestanol

Cholestanol K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Dihydrocholesterol Englischer Begriff. cholestanol Definition. Cholestanol ist ein Sterol, das durch Reduktion von Cholesterin entsteht.

Summenformel. C₂₇H₄₈O

extrahepatische, mechanische (Obstruktion) oder funktionelle (medikamentös toxische, infektiöse) Ursachen erzeugen charakteristische Enzymprofilveränderungen, die in einer Aktivitätserhöhung der oben genannten Enzyme bestehen.

Halbwertszeit. s. Einzelenzyme Pathophysiologie. Die Aktivitätsanstiege sind für die einzelnen Enzyme unterschiedlich und generell auf folgende Mechanismen zurückzuführen: 5 Enzyminduktion in der Leber durch retenierte Gallensäuren 5 partielle Solubilisierung und Freisetzung membrangebundener Enzyme aus der kanalikulären oder sinusoidalen Hepatozytenplasmamembran durch Detergenzwirkung konzentrierter Gallensäuren 5 Regurgitation von Galle durch Lockerung der tight junctions der Gallekapillaren 5 verminderte Clearance der Enzyme aus der Zirkulation durch Veränderungen ihres Glykosylierungsmusters.

Untersuchungsmaterial. Serum Analytik. s. Einzelenzyme Referenzbereich. s. Einzelenzyme Cholestanol. Abb. 1. Strukturformel

Bewertung. s. Einzelenzyme

i Cholestanol ist ein Reduktionsprodukt von Cholesterin. Es findet

Literatur. Trauner M, Meier PJ, Boyer JL (1998) Molecular Pathogenesis of Cholestasis. N Engl J Med 339:1217–1227

sich im Stuhl und in der Galle. Cholestanol ist klinisch im Rahmen der zerebrotendinösen Xanthomatose bedeutsam, bei der es im Serum erhöht ist und diagnostisch genutzt wird. Die Bestimmung erfolgt üblicherweise mittels GC-MS.

Literatur. Moghadasian MH, Salen G, Frohlich JJ et al (2002) Cerebrotendinous xanthomatosis. A rare disease with diverse manifestations. Arch Neurol 59:527–529

Cholesterin K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Cholesterol Englischer Begriff. cholesterol

Cholestase-anzeigende Enzyme

Definition. Wichtigstes Sterol bei Wirbeltieren.

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Summenformel. C₂₇H₄₆O

Synonym(e). Enzymmarker der Cholestase

Molmasse. 386,64 g

Englischer Begriff. enzymatic markers of cholestasis; cholestasis-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Prinzipiell können alle

indicating enzymes

Körperzellen Cholesterin in einem komplexen Prozess synthetisieren. Geschwindigkeitsbestimmendes Enzym der Biosynthese, dessen Synthese und Aktivität u. a. über eine Produktrückkopplung reguliert werden, ist die HMG-CoA-Reduktase. Daneben können alle Körperzellen Cholesterin rezeptorvermittelt aus der Zirkulation aufnehmen. Mit der Nahrung werden pro Tag ca. 0,2–1 g Cholesterin aufgenommen. Ausscheidung erfolgt über die Galle in Form von Cholesterin oder als Gallensäuren. Nicht-hepatische Zellen können keine quantitativ bedeutsamen Mengen von Cholesterin abbauen. Eine Ausnahme bilden die Steroidhormon-produzierenden Gewebe, die Cholesterin in die jeweiligen Hormone (7 Glukokortikoide, 7 Mineralokortikoide und Sexualhormone) umwandeln. Im Blut wird Cholesterin an Lipoproteine gebunden transportiert. Hier ist es zum größeren Teil an der OH-Gruppe des C3 mit einer Fettsäure verestert.

Definition. Es handelt sich um vier Enzymaktivitäten im Blut, die bei Cholestase (Reduktion des Galleflusses der Leber) unterschiedlicher Ätiologie erhöht sind: 5 Alkalische Phosphatase (7 Phosphatase, alkalische; Leberisoenzym) 5 7 γ-Glutamyltransferase 5 7 Leucinarylamidase (eher historischer Parameter) 5 7 5’-Nukleotidase (eher historischer Parameter) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bildung und Exkretion von täglich 500–600 mL Gallenflüssigkeit (Cholerese) stellen fundamentale Funktionen der Leber (Hepatozyten und Gallengangsepithelzellen) dar, die im Rahmen akuter und chronischer Lebererkrankung im unterschiedlichen Ausmaß beeinträchtigt sind (Cholestase). Intra- und

Cholesterin. Abb. 2. Prinzip der enzymatischen Cholesterinbestimmung

Halbwertszeit. Die Halbwertszeit von Cholesterin im Blut korreliert

Cholesterylester-Transferprotein

mit der Halbwertszeit der jeweiligen Lipoproteinpartikel. Das bedeutet, dass mit LDL transportiertes Cholesterin eine andere Halbwertszeit hat als mit HDL transportiertes.

Funktion und Pathophysiologie. Cholesterin (7 Abb. 1) ist das wichtigste Sterol aller Vertebraten. Es ist Bestandteil aller zellulären Membranen, deren Fluidität es beeinflusst. Daneben ist es Ausgangssubstanz für die Synthese von Steroidhormonen, 7 Gallensäuren, 7 Vitamin D u. a. Medizinisch ist Cholesterin als einer der wichtigsten Risikofaktoren der Atherosklerose in den Industrieländern von überragender Bedeutung.

327

in der LDL- und HDL-Fraktion bewertet. Dazu werden die Empfehlungen von Fachgesellschaften (z. B. NECP) hinzugezogen.

Cholesterinester 7 Cholesterin

Cholesterinesterase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Cholesterinesterhydrolase; Carboxylesterhydrolase Englischer Begriff. cholesterol esterase; cholesteryl ester hydrolase Definition. Enzyme, die Cholesterinester hydrolytisch in Cholesterin und freie Fettsäuren spalten.

Literatur. Yeaman SJ (2004) Hormone-sensitive lipase-new roles for an old enzyme. Biochem J 379:11–22

Cholesterinesterhydrolase 7 Cholesterinesterase Cholesterin. Abb. 1. Strukturformel

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Cholesterin wird üblicherweise aus Serum oder Plasma bestimmt. Es existieren aber auch Methoden zur Bestimmung aus Vollblut. Bei der Blutentnahme sollte der Patient 12 h nüchtern sein. Es ist zu berücksichtigen, dass die Cholesterinspiegel aufgrund von Volumeneffekten im Sitzen um bis zu 5 % höher sind als im Liegen. Cholesterin ist außerordentlich stabil. Nach Abtrennung zellulärer Bestandteile, die durch Lyse den Cholesterinspiegel im Serum verändern können, ist die Cholesterinkonzentration bei Raumtemperatur für mindestens 4 Tage stabil. Bei –20 °C kann Serum mindestens 5 Jahre gelagert werden, ohne dass sich die Cholesterinkonzentration wesentlich verändert. Analytik. Als definitive Methode gilt ein auf 7 Isotopenverdünnung basierendes massenspektrometrisches Protokoll. Die Referenzmethode ist eine minimal modifizierte Methode nach Abell und Kendall. In der klinischen Routine wird Cholesterin enzymatisch bestimmt. Am weitesten verbreitet ist die Bestimmung mittels 7 Cholesterinoxidase nach vorheriger Spaltung der Cholesterinester mit einer entsprechenden Cholesterinesterase nach dem Reaktionsschema in 7 Abb. 2. Daneben sind elektrochemische Bestimmung des O₂-Verbrauchs und die UV-spektrometrische Bestimmung von Cholestenone beschrieben. Die enzymatischen Methoden erreichen bei korrekter Handhabung eine Unpräzision < 3 %. Störfaktoren: Bilirubin > 20 mg/dL. Hämolyse und Lipämie stören nur minimal.

Cholesterinoxidase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 1.1.3.6 Englischer Begriff. cholesterol oxidase Definition. Enzyme, die Cholesterin in Gegenwart von O₂ zu Cholestenon oxidieren. i Cholesterinoxidasen werden aus verschiedenen Bakterien oder

Hefen isoliert, z. B. Brevibacterium, Nocardia, Pseudomonas oder Streptomyces sp. Sie werden in der enzymatischen Cholesterinbestimmung eingesetzt.

Literatur. Warnick GR (1986) Enzymatic methods for quantification of lipoprotein lipids. Methods Enzymol 129:101–123

Cholesterol 7 Cholesterin

Cholesterylester-Transferprotein K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). CETP

Konventionelle Einheit. mg/dL

Englischer Begriff. cholesteryl ester transferprotein

Internationale Einheit. mmol/L

Definition. 476 7 Aminosäuren langes Glykoprotein, das den Aus-

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,02586

tausch von Cholesterinestern und Triglyzeriden zwischen HDL und VLDL katalysiert.

Referenzbereich — Frauen. Referenzbereiche im eigentlichen Sinn existieren nicht. Stattdessen werden im Hinblick auf das kardiovaskuläre Risiko in Abhängigkeit vom Alter, Risikofaktoren und Vorerkrankungen Zielwerte für das LDL-Cholesterin angegeben. Die 95. Perzentile liegt in Mitteleuropa in der 3. Lebensdekade bei ca. 220 mg/dL und steigt bis zur 7. Dekade auf ca. 280 mg/dL an.

Molmasse. 74 kDa

Indikation. Jeder Erwachsene jenseits des 25. Lebensjahres sollte mindestens einmal eine Bestimmung von Cholesterin, Triglyzeriden und HDL-Cholesterin erhalten, um ein möglicherweise erhöhtes kardiovaskuläres Risiko zu entdecken.

Struktur. CETP gehört zu einer Lipidtransferproteinfamilie, der u. a. noch Phospholipidtransferprotein, Lipopolysaccharidbindungsprotein (LBP) und das permeabilitätsinduzierende Protein (BPI) angehören. CETP vermittelt den Transfer von Cholesterinestern von HDL nach VLDL im Austausch gegen Triglyzeride. Diese Funktion ist wichtig für den reversen Cholesterintransport. Die Bedeutung von CETP für die Pathogenese der Atherosklerose wird kontrovers diskutiert. In einer klinischen Studie mit dem CETP-Inhibitor Torcetrapib wurde zwar eine starke Erhöhung des HDL-Cholesterins beobachtet, diese ging jedoch nicht mit einem verminderten Herzinfarktrisiko einher. Auch wenn ein CETP-Mangel zu erhöhtem HDL-Cholesterin führt, scheint eine verminderte Transferaktivität mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einherzugehen.

Interpretation. Serumcholesterinspiegel werden zusammen mit den

Analytik. Analytisch können sowohl die CETP-Masse mit konven-

Triglyzeridwerten und insbesondere den Cholesterinkonzentrationen

tionellen Ligandenbindungsassays als auch die Transferaktivität mit

Referenzbereich — Männer. s. o. Das 95. Perzentil liegt bei Männern im höheren Alter mit ca. 270 mg/dL etwas niedriger als bei Frauen. Referenzbereich — Kinder. 95. Perzentile ca. 200 mg/dL

C

328

Cholinesterase (II)

artefiziellen, radioaktiv oder fluoreszent markierten Substraten oder einfach durch die Abnahme von HDL-Cholesterinestern nach Hemmung der Lecithin-Cholesterinacyltransferase erfasst werden. Eine Standardisierung der Methodik existiert nicht. Die Korrelation zwischen Masse und Aktivität liegt bei etwa 0,85. Die Plasmakonzentration beträgt je nach Assay ca. 1–3 mg/dL. Die Transferaktivität hängt stark von den gewählten Assaybedingungen ab.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung von CETP kann bei der Abklärung eines erhöhten HDL-Cholesterins nützlich sein. Literatur. Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

Cholinesterase (II) 7 Pseudocholinesterase

Cholsäure 7 Gallensäuren (GS)

ne in mesenchymalen Geweben, im Nervengewebe und in verschiedenen inneren Organen und dadurch zu Speicherkrankheiten, den sog. Mukopolysaccharidosen (7 Mukopolysaccharide).

Literatur. Jones LL, Margolis RU, Tustynski MH (2003) The chondroitin sulfate proteoglycans neurocan, brevican, phosphacan, and versican are differenzially regulated following spinal cord injury. Exp Neurol 182:399–411 Williams KJ (2001) Arterial wall chondroitin sulfate proteoglycans: diverse molecules with distinct roles in lipoprotein retention and atherogenesis. Curr Opin Lipidol 12:477–487

Chordozentese R. Weiskirchen

Synonym(e). Nabelschnurpunktion Englischer Begriff. chordocentesis Definition. Entnahme von kindlichem Blut über die Nabelschnur. Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei dieser Methode wird unter ört-

Chondroitinsulfat-Dermatansulfat-Proteoglykane H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. chondroitin sulfate/dermatan sulfate proteoglycans

Definition. Chondroitinsulfat-/Dermatansulfat-Proteoglykane sind wichtige Komponenten der Extrazellulärmatrix in zahlreichen Geweben. i Chondroitinsulfat-/Dermatansulfat-Proteoglykane (CS-PG) bilden eine Gruppe von Proteoglykanen, bei denen das Core-Protein jeweils mit einer oder mehreren Chondroitinsulfat- bzw. Dermatansulfatketten substituiert ist. Die Chondroitinsulfat-Glykosaminoglykanketten, durch die die biochemischen Eigenschaften der Proteoglykane entscheidend geprägt werden, sind lineare Polysaccharide aus repetitiven Disaccharideinheiten von Glucuronsäure (GlcA) und N-Acetyl-Galaktosamin (GalNAc) mit der Struktur [-4 GlcAβ1→3 GalNAcβ1→4]n. N-Acetyl-Galaktosamin kann in 4- und 6-Stellung durch spezifische Sulfotransferasen sulfatiert werden. Beim Dermatansulfat wird ein Teil der Glucuronsäurereste in der Glykosaminoglykankette durch die C5-Epimerase zu Iduronsäure epimerisiert. Diese Modifikationen erlauben die spezifische Interaktion der CS-PG mit verschiedenen Liganden, z. B. den Kollagenen vom Typ I, Typ II und Typ VI. Dementsprechend besitzen CS-PG vielfältige Funktionen in der Extrazellulärmatrix zahlreicher Gewebe. Zu den CS-PG gehören neben dem 7 Aggrecan, weitere Mitglieder der Aggrecan-Genfamilie wie Versican, Neurocan, Brevican, das Basalmembran-assoziierte Bamacan, Phosphacan, und die beiden Mitglieder der Familie der kleinen Leucin-reichen Proteoglykane (SLRP, small leucin-rich proteoglycans) 7 Decorin und 7 Biglykan. Decorin und Biglykan sind u. a. für die Regulation der Fibrillogenese der Kollagene verantwortlich. Dementsprechend führen Gendefekte bei den Decorin- und Biglykan-defizienten (Knock-out-)Mäusen zur Bildung abnormer Kollagenfibrillen. Der Phänotyp dieser Mäuse umfasst ein breites Spektrum von Krankheiten des Bewegungsapparates, u. a. Osteoporose, Osteoarthritis sowie Bänder-, Sehnen- und Gelenkinstabilitäten. CS-PG der arteriellen Gefäßwand, d. h. vor allem Versican, Decorin und Biglykan, wird eine Beteiligung an atherosklerotischen Prozessen zugeschrieben. Hierbei spielt die Fähigkeit dieser Proteoglykane, Lipoproteine zu binden und in der Gefäßwand zurückzuhalten, eine wichtige Rolle. CS-PG, vor allem Neurocan, Brevican, Phosphacan und Versican sind nicht nur während der Entwicklung, sondern auch im reifen Zentralnervensystem (ZNS) weit verbreitet. CS-PG können nicht nur das Auswachsen von Neuriten inhibieren, sondern auch die axonale Regeneration nach ZNS-Schädigung. Sie werden darüber hinaus nach einer Schädigung lokal verstärkt exprimiert. Störungen des Abbaus der Chondrotinsulfat-/Dermatansulfat-Glykosaminoglykanketten führen zur Speicherung der Glykosaminoglyka-

licher Betäubung und Ultraschallkontrolle eine dünne Punktionsnadel durch die Bauchdecke in die Nabelschnur gestochen und 1–2 mL kindliches Blut entnommen. Das winzige Loch in der Nabelschnur schließt sich schnell von allein. Der Eingriff kann ambulant durchgeführt werden und ist nur mit geringen Schmerzen verbunden.

Einsatzgebiet. Diese Methodik erlaubt Aussagen über den Chromosomensatz des Kindes, wird aber hauptsächlich zur Infektionsdiagnostik (z. B. Toxoplasmose), zur Untersuchung einer möglichen Blutgruppeninkompatibilität und der Diagnose und Therapiekontrolle des Morbus haemolyticus fetalis vorgenommen. Desweiteren kann das gewonnene fetale Blut zur Bestimmung von 7 Hämatokrit, 7 Retikulozyten, der Erkennung von Hämoglobinopathien und zur Analyse weiterer Parameter genutzt werden.

Untersuchungsmaterial. Die Chordozentese zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken wird ab der 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt.

Instrumentierung. Die Chordozentese wird unter Ultraschallkontrolle bzw. anderer sonographischer Techniken durchgeführt.

Fehlermöglichkeit. Die Chordozentese ist ein invasiver Eingriff und daher mit einem Komplikationsrisiko verbunden (z. B. Verletzung des ungeborenen Lebens, fieberhafte Infektionen).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Chordozentese darf nur von einem Facharzt nach ausführlicher humangenetischer Beratung durchgeführt werden. Die Kosten sind hoch.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Durch die Verbesserung der sonographischen Techniken gewinnt die Nabelschnurpunktion zunehmend an Bedeutung.

Literatur. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1994) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

Choriongonadotropin, humanes S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). hCG; hCGβ Englischer Begriff. human chorionic gonadotropin; human choriogonadotropin

Definition. Das humane Choriongonadotropin ist ein gonadotropes, in der Plazenta produziertes Glykoprotein mit einem Kohlenhydratanteil von ca. 30 % und besitzt Hormoneigenschaften.

Struktur. Das humane Choriongonadotropin besteht aus 237 Aminosäuren und ist aus einer α- und einer β-Kette zusammengesetzt, die nicht kovalent miteinander verbunden sind. Die 92 Aminosäurereste

Choriongonadotropin, humanes

329

Seminome und selten Chorionkarzinome nur die freie β-Kette und kein intaktes hCG sezernieren können.

umfassende α-Kette ist nahezu identisch ist mit der von Follitropin (7Follikelstimulierendes Hormon), Lutropin (7Luteinisierendes Hormon) und 7Thyreotropin. Die 139 Aminosäure lange β-Kette, auch als hCGβ bezeichnete Untereinheit, hingegen ist spezifisch für hCG.

Konventionelle Einheit. U/L

Molmasse. 38 kDa

Referenzbereich — Frauen.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch wird das hu-

Empfohlener Referenzbereich im Serum bis 5 IU/L (Serum, hCG und hCG + hCGβ) vor der Menopause (jedoch nicht bei Schwangeren); bis 10 U/L (Serum, hCG und hCG + hCGβ) nach der Menopause; bis 0,2 IU/L (Serum, freies hCGβ).

mane Choriongonadotropin in Synzytiotrophoblasten der Plazenta gebildet. Bei Keimzelltumoren geht seine Bildung von trophoblastären Strukturen oder auch von synzytiotrophoblastären Riesenzellen (den Seminomen) aus. Die Ausscheidung erfolgt überwiegend renal; desialinisierte Varianten werden vornehmlich hepatisch über die Bindung an den Asialoglykoproteinhormon-Rezeptor der Leber eliminiert. Beeinträchtigungen der Nierenfunktion können zu erhöhten hCG-Werten führen. hCG wird schon früh nach Konzeption in der sich entwickelnden Plazenta in den Synzytiotrophoblasten synthetisiert und steigt zu Beginn der Schwangerschaft rasch im Serum und Urin der Mutter an. Die beiden Ketten werden zunächst getrennt voneinander synthetisiert. Während die α-Kette von einem einzigen Gen kodiert wird, existieren sechs Gene für die β-Untereinheit. Die Sekretion erfolgt erst nach Dimerisierung und Glykosilierung. Die Ausscheidung erfolgt renal; desialinisierte Varianten werden überwiegend hepatisch über eine Bindung an den Asialoglykoprotein-Rezeptor der Leber eliminiert.

Halbwertszeit. Die Halbwertszeit konnte in Patienten nach vollständiger Entfernung eines hCG-bildenen Tumors ermittelt werden. Danach fällt die Serumkonzentration mit einer angenäherten Halbwertszeit von 1–3 Tagen ab. Funktion und Pathophysiologie. Im Vergleich zum Schwangerschaftshormon hCG treten bei Patienten mit Trophoblastentumoren verschiedene definierte molekulare Varianten von hCG auf: Diese Mikroheterogenität des Hormons betrifft u. a. 5 Variationen in der Peptidstruktur und ihrer Verbindungen („nicked hCG“) 5 Veränderungen im terminalen Sialinsäuregehalt („Asialo-hCG“) 5 Fragmentierung des hCG-Moleküls Veränderungen im Kohlenhydratanteil des hCG beeinflussen den hepatischen Metabolismus und somit die physiologische Halbwertszeit. Außerdem ist die biologische Wirkung des Hormons vom Glykosilierungsgrad abhängig. Trotz der hCG-Varianten ist die Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) von hCG als 7 Tumormarker nicht eingeschränkt. Der Nachweis erheblicher Mengen von hCG im Blut oder Urin einer Frau ist ein sehr starker Indikator für eine Schwangerschaft. Physiologisch verhindert dieses Hormon die Monatsblutung nach Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut. In vielen malignen Tumoren lassen sich erhöhte Werte von hCG oder hCGβ nachweisen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum/Plasma oder Urin (Schwangerschaft); Serum/Plasma, Aszites, Pleurapunktat (maligne Tumore).

In der Schwangerschaft [Wochen nach Empfängnis] 5 3. Woche bis 50 U/L 5 4. Woche bis 400 U/L 5 7. Woche 5000–90000 IU/L 5 10. Woche 40000–230000 IU/L 5 13. Woche 40000–140000 IU/L 5 2. Schwangerschaftsdrittel 8000–100000 IU/L 5 3. Schwangerschaftsdrittel 5000–65000 IU/L Mittels käuflicher Schwangerschaftstests wird lediglich ein qualitativer Nachweis von hCG und hCGβ im Harn geführt.

Referenzbereich — Männer. bis 5 IU/L (Serum, hCG und hCG + hCGβ); bis 0,2 IU/L (Serum, freies hCGβ). Referenzbereich — Kinder. s. Männer Indikation. Vorwiegend dient die Bestimmung von hCG und hCGβ zur frühen Erkennung einer Schwangerschaft. Der Test kann aus dem Serum oder aus dem Urin geführt werden. hCG wird aber auch von einigen seltenen Tumoren der Keimdrüsen produziert und dient daher als Tumormarker, insbesondere bei der Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung. Dabei kann zwischen einer absoluten und einer relativen Indikation unterschieden werden. Absolute Indikation 5 Diagnose, Therapiemonitoring und Nachsorge bei Keimzelltumoren 5 Blasenmole und Chorionkarzinom der Frau 5 Hodentumor des Mannes 5 Extragonadale Keimzelltumoren Relative Indikation 5 Überwachung von Patienten mit erhöhtem Risiko eines Keimzelltumors 5 Maldescensus testis 5 Gesunder eineiiger Zwillinge eines Patienten mit Hodentumor 5 Patienten in Vollremission nach Therapie eines Hodentumors 5 Andere Tumoren, die hCG sezernieren; insbesondere Prognose Weitere Indikationen 5 Frühdiagnose der Schwangerschaft 5 Diagnose des Spontanabortes 5 Diagnose chromosomaler Anomalien (Trisomie 21).

Probenstabilität. Im Serum bei Raumtemperatur bis 2 Tagen, bei

Es ist darauf hinzuweisen, dass einige Testhersteller die Diagnose oder Überwachung von Tumorerkrankungen ausdrücklich nicht in die Indikationsliste ihres hCG-Assays aufgenommen haben.

4 °C bis 1 Woche.

Interpretation. Die meisten hCG-Assays sind für die Anwendung im

Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA),

Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die hCG-Bestimmung in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden. Die hCG-Bestimmung ist nicht als Screeningmethode maligner Tumoren geeignet, kann jedoch für die Überwachung von Risikogruppen (s. Indikation) eingesetzt werden. Ist eine Schwangerschaft ausgeschlossen, sprechen Konzentrationen über 10 U/L mit großer Wahrscheinlichkeit für einen malignen Tumor: Für die Diagnostik von Keimzelltumoren ist die Kombination von hCG und 7 AFP angezeigt. Erhöhte hCG-Konzentrationen finden sich bei insbesondere beim testikulären oder plazentaren Chorionkarzinom und der Blasenmole (jeweils bis zu einigen Millionen U/L), außerdem beim Seminom (definitionsgemäß AFP-negativ) und bei nichtseminomatösen Keimzelltumoren des Hodens mit Ausnahme des hCG-negativen (und AFP-positiven)-Dottersack-Tumors. Dabei ist zu beachten, dass

Präanalytik. Keine besonderen Vorkehrungen erforderlich.

7 Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung monoklonaler 7 Antikörper. Es existieren drei verschiedene Immunoassays zur Bestimmung von hCG und/oder seiner β-Untereinheit. Sie erfassen: 5 das intakte dimere hCG-Molekül, bestehend aus einer α- und β-Untereinheit (hCG) 5 nur die freie β-Untereinheit (hCGβ) 5 sowohl intaktes hCG als auch die freie β-Untereinheit (hCG + hCGβ).

Für den Einsatz als Tumormarker muss das Testsystem hCG und hCGβ erfassen, da bestimmte Untergruppen von Hodentumoren, v. a.

C

330

Choriongonadotropintest im Urin

im Verlauf eine Wandlung des Tumortyps erfolgen kann, wodurch sich auch die Markerkonstellation verändern kann. Auch nichttrophoblastische Tumoren wie das kolorektale Karzinom, Magenkarzinom, Pankreaskarzinom, hepatozelluläre Karzinom, Bronchialkarzinom, Ovarialkarzinom, Mammakarzinom und das Nierenzellkarzinom können hCG und insbesondere die freie β-Kette des hCG sezernieren. Aufgrund der geringeren Freisetzung dient hier das hCG weniger der Unterstützung der Diagnose; allerdings hat es bei einigen Tumoren prognostische Bedeutung. Ebenso finden sich bei Metastasen nichtseminomatöser Keimzelltumoren im Vergleich zum Primärtumor seltener Erhöhungen des hCG. Eine Normalisierung des hCG-Spiegels nach Orchiektomie kann in diesen Fällen somit eine Tumorentfernung vortäuschen. Benigne Erkrankungen führen in der Regel nicht zu erhöhten hCGKonzentrationen im Serum. Ausnahme sind Niereninsuffizienzen, bei denen die Elimination von hCG beeinträchtigt ist. Außerdem ist bei der Bewertung der hCG-Konzentration eine potentiell vorliegende Schwangerschaft zu berücksichtigen, die insbesondere im ersten Trimenon mit deutlich erhöhten Werten einhergeht. Eine Erhöhung des hCG ist ein natürlicher Indikator einer Schwangerschaft (insb. Mehrlingsschwangerschaften).

Diagnostische Wertigkeit.

5 Keimzelltumoren (Blasenmole und Chorionkarzinom, Hodentumor): Diagnose, Therapiemonitoring und Rezidiverkennung 5 Extragonadale Keimzelltumoren: Diagnose, Therapiemonitoring und Rezidiverkennung 5 Überwachung von Risikogruppen für die Entwicklung eines Keimzelltumors 5 Nicht-trophoblastische Tumoren: Prognose. Die Zuverlässigkeit der Urin-Schwangerschaftstests ist > 95 %. Diese Tests liefern i. d. R. bei bestehender Schwangerschaft etwa 14 Tage nach der Befruchtung (~1 Tag nach Ausbleiben der Regelblutung) ein positives Ergebnis. Im Blut gelingt der Nachweis von hCG etwas früher als im Harn (~9 Tage nach der Empfängnis, also noch vor Ausbleiben der Menstruation). Falsch negative Ergebnisse im Harn finden sich in der Früh-Schwangerschaft bei starker Diurese und bei Spätovulation. Wenn der Test also negativ ausfällt, ist eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen und sollte bei begründetem Verdacht nach einigen Tagen wiederholt werden. Ein falsch positives Testergebnis kann resultieren, wenn es zur Befruchtung und Einnistung der Eizelle kommt, die zu einem frühen Zeitpunkt aufgrund einer Fehlentwicklung abgestoßen wird.

somenanalyse erstellen. Die endgültige Bestätigung des Testes durch ein 7 Karyogramm erfordert eine Langzeitkultur des Materials, die wiederum 2–3 Wochen in Anspruch nimmt.

Einsatzgebiet. Das bei der Chorionzottenbiopsie gewonnene, unkultivierte Biopsiematerial eignet sich sowohl für Chromosomenanalysen aus sich aktiv teilenden Trophoblastzellen wie auch zur 7 DNAIsolation zur 7 Gendiagnose. Untersuchungsmaterial. Die Chorionzottenbiopsie wird üblicherweise zwischen der 10. und 12. Schwangerschaftswoche vorgenommen. Fehlermöglichkeit. Wichtig ist es, zwischen mütterlichen und kindlichen Zotten zu unterscheiden. Werden irrtümlich mütterliche Zotten entnommen, führt dies zu einem falschen Ergebnis der zytogenetischen Untersuchung. Die Amniozentese ist ein invasiver Eingriff und daher mit einem Komplikationsrisiko verbunden (z. B. Auslösung einer Fehlgeburt in ca. 0,5 %, Induktion der Wehentätigkeit, Fruchtwasserabgang, fieberhafte Infektionen, Verletzung des Kindes durch die Punktion).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Chorionzottenbiopsie ist eine zeitaufwändige Verfahrenstechnik. Sie erfordert zunächst ein ausführliches Aufklärungsgespräch durch einen Arzt, der sich auf Humangenetik spezialisiert hat (Genetischer Berater). Die nachfolgenden Analysen (insb. die Anzüchtung von Zellen aus dem Biopsiematerial) bedürfen eines zytologischen Labors mit entsprechendem Fachpersonal. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Eine frühe pränatale Chromosomendiagnostik mittels Chorionzottenbiopsie ist bereits zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche möglich. Dieser Vorteil der Vorverlegung der Diagnostik ist praktisch von größter Bedeutung, da späte Pränataldiagnostik nach 7 Amniozentese von vielen Frauen nicht akzeptiert wird. Jedoch ist im Vergleich zur Amniozentese sowohl das Abortrisiko als auch die Frequenz der Diagnoseversager etwas höher. Es besteht ein zunehmender Trend zu dieser Untersuchungstechnik, wobei ihr Anteil in einzelnen Zentren bereits 75–80 % beträgt.

Literatur. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1994) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

Literatur. Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) Natio-

Christmas-Faktor

nal Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360 Mann K, Hörmann R (2008) hCG (humanes Choriongonadotropin). In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1328–1334 Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1994) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

7 Gerinnungsfaktor IX

Choriongonadotropintest im Urin 7 Schwangerschaftstest im Urin

Chorionzottenbiopsie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. chorion villi biopsy; chorionic villus sampling; CVS

Definition. Invasive Zellgewinnung aus Plazenta Physikalisch-chemisches Prinzip. Der Eingriff wird ambulant und üblicherweise ohne Betäubung ausgeführt. Die Punktion ist zwar unangenehm, aber nicht schmerzhaft. Aus direkt präparierten Trophoblastzellen kann man innerhalb von ein bis zwei Tagen eine 7 Chromo-

Chrom D. Meissner

Englischer Begriff. chromium Definition. Chrom (chemisches Symbol: Cr) ist ein ubiquitär vorkommendes 7 Übergangsmetall mit der Ordnungszahl 24. Es gehört zu den essenziellen 7 Ultraspurenelementen, zeigt jedoch auch zahlreiche toxische Wirkungen. Struktur. Von Bedeutung sind dreiwertiges Cr als Kation (Cr+++) und sechswertiges Cr als Anion (CrO₄2–). Im Blut liegt Cr(III) an β-Globulin und Transferrin gebunden im Plasma und Cr(VI) an den Globinanteil des Hämoglobins gebunden in den Erythrozyten vor. Molmasse. Relative Atommasse: 51,996 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Über die Nahrung zu-

geführtes Chrom wird an 7 Aminosäuren gebunden und über die Mukosazellen des Dünndarms absorbiert. Mit der Atemluft inhaliertes Chrom wird durch Endozytose in die Lunge aufgenommen. Die Absorption von Cr(VI) ist deutlich höher als die von Cr(III). Die stabile Form im Organismus ist Cr(III), Cr(VI) wird rasch reduziert. Hauptspeicherorte sind Leber, Nieren, Milz, Lunge und Knochen. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich über den Urin (80 %) und den Stuhl. Es bestehen Interaktionen mit einigen organischen Verbindun-

Chromatogramm

gen sowie mit Zink, Eisen und Vanadium. Das radioaktive Isotop 51Cr wird zur Markierung von Erythrozyten bei der Bestimmung der Erythrozytenüberlebenszeit verwendet. Körperbestand: 10–20 mg. Bedarf: < 20 μg/Tag. Empfohlene Zufuhr: 50–200 μg/Tag. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 3,5 μg/kg KG. Chromreich sind Fleisch, Vollkorn, Pflanzenöl, Bierhefe.

Halbwertszeit. 3 Monate Funktion und Pathophysiologie. Eine essenzielle Funktion hat Cr(III), während Cr(VI) toxisch wirkt. Chrommangel tritt bei normaler Mischkost nicht auf, ist aber bei Patienten mit totaler parenteraler Ernährung und bei Älteren mit einseitigen Essgewohnheiten möglich. Cr(III) ist Bestandteil des sog. Glukosetoleranzfaktors (Komplexverbindung mit Nikotinsäure, Glutaminsäure, Cystin und Glyzin), der die Glukosetoleranz verbessert. Bei Chrommangel werden Hyperglykämie und reduzierte Glukosetoleranz beobachtet, welche durch Chromsupplementierung beseitigt werden können. Dieses Verhalten ist zum Nachweis eines Chrommangels geeignet. Chrom soll einen positiven Einfluss auf Herz-Kreislaufkrankheiten und Arteriosklerose haben. Belastungsquellen für Cr: Metallüberzüge, Farbpigmente, Klärschlämme, Zement, in der Galvanik, der Färberei und der Lederbearbeitung. Ein Überschuss an Cr(III) führt zur Hemmung der Superoxiddismutase und dadurch zur Verminderung des Schutzes gegen Sauerstoffradikale. Cr(VI) wirkt toxisch auf Haut (Kontaktallergien, Ekzeme, schwer heilbare Ulzera), Schleimhäute der Atemwege, Lunge (Tumoren) und oral aufgenommen auf Magen-Darm-Trakt, Nieren und Kreislauf. Cr(VI) ist kanzerogen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Blut, Serum, Plasma, Urin

Probenstabilität. Blut 20 °C: 7 Tage, Serum/Plasma 20 °C: 7 d, 4–8 °C: 14 Tage, –20 °C: 1 Jahr; Urin 20 °C: 3 Tage, 4–8 °C: 7 Tage, –20 °C: 1 Jahr

Präanalytik. Hohe Kontaminationsgefahr. Blutabnahme in Spurenelementröhrchen mit stahlfreien oder beschichteten Kanülen, andernfalls sind möglichst mehrfach gebrauchte Kanülen zu verwenden (Cr-Abgabe). Zur Cr-Bestimmung nicht die ersten 1–2 mL Blut einsetzen.

Analytik. Elektrothermische Atomabsorptionsspektrometrie Konventionelle Einheit. μg/L, μg/d Internationale Einheit. nmol/L, nmol/d Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L(d) = 19,232 × μg/L(d), μg/L(d) = 0,051996 × nmol/L(d)

Referenzbereich — Erwachsene. Blut: < 0,7 μg/L, Serum/Plasma: < 0,4 μg/L, Urin: < 1,5 μg/L

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf Chrommangel bei gestörter Glukosetoleranz oder schwer einstellbarem Diabetes mellitus, Verdacht auf übermäßige Aufnahme von Chrom, Chromvergiftung, arbeitsmedizinische Untersuchung.

Interpretation. Die Referenzwerte liegen nahe der 7 Nachweisgrenze, deshalb ist der Nachweis des Chrommangels nur bedingt möglich. Zur Beurteilung des Chromstatus ist Chrom im Plasma an besten geeignet. Erhöhte Werte sollten stets kontrolliert werden. Die Chrombestimmung hat in der Arbeitsmedizin Bedeutung. 7 TRK-Wert: 0,1 mg/m3 (Chromate), TRK-Wert (Urin): 20 μg Cr/L Grenzwert im Trinkwasser: 50 μg Cr/L (als Cr+++ berechnet) Diagnostische Wertigkeit. Diagnose der übermäßigen Aufnahme, Belastung oder Vergiftung durch Chrom.

Literatur. Meißner D (2002) Chrom. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 235–236

331

6-Chromanol 7 Vitamin E

Chromatid R. Weiskirchen

Englischer Begriff. chromatid Definition. Bezeichnung für eine von zwei identischen Kopien eines 7 Chromosoms.

i Die Chromatiden werden während der DNA-Replikation gebildet und sind über das Centromer miteinander verbunden. In der 7 Mitose lösen sich die Chromatiden voneinander und werden zu getrennten Schwesterchromosomen.

Chromatin R. Weiskirchen

Definition. Sammelbezeichnung für den in Eukaryontenzellkernen vorkommenden Komplex aus der eigentlichen Erbsubstanz (7 DNA) und den mit ihr assoziierten Proteinanteil (insb. Histone) des Zellkerns. i Von griech.: chroma = Farbe; Bei dem Proteinanteil handelt es

sich großenteils um Histone, basische Proteine, die durch Koppelung an das saure Phosphat-Skelett der DNA für räumliche Stabilisierung der Zellkernmaterie sorgen. Dabei wechseln auf Eiweiße aufgewickelte mit freiliegenden DNA-Bereichen ab. Die DNA kann dadurch so stark verdichtet werden (Kondensation), dass sie während der Zellteilung (7 Mitose) als 7 Chromosomen sichtbar wird. Aufgrund unterschiedlicher Färbbarkeit unterscheidet man bei Chromatin Domänen starker (Heterochromatin, dicht gepackt, transkriptionell inaktiv) und solche schwacher Anfärbbarkeit (Euchromatin, aufgelockert, transkriptionell aktiv).

Chromatinstruktur H. Baum

Synonym(e). Nukleoproteinstruktur des Zellkerns Englischer Begriff. chromatine structure Definition. Struktur des Histon-DNA-Komplex’ im Zellkern eukaryotischer Zellen. i Als Chromatin bezeichnet man die Gesamtheit der 7 Chromosomen bzw. der DNA des Zellkerns zusammen mit den gebundenen Proteinen. Bei den gebundenen Proteinen handelt es sich hauptsächlich um 5 verschiedene Histone (H1, H2A, H2B, H3, H4). Histone sind basische Proteine, welche viele positiv geladene 7 Aminosäuren (Arginin und Lysin) enthalten. Zwei Histondimere bilden dabei ein Oktamer, wobei ein Dimer immer aus H2A und H2B oder H3 und H4 besteht. Dieses Histonoktamer wird als Nukleosom bezeichnet. Um diese Nukleosomen kann sich die DNS „wickeln“, wobei immer speziesspezifisch eine definierte Zahl Basenpaare an ein Nukleosom binden. Das Histon H1 dient dabei als Brücke zwischen den einzelnen Nukleosomen.

Literatur. Stryer L (1991) Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S 857–881

Chromatogramm T. Arndt

Englischer Begriff. chromatogram Definition. Im häufigsten Fall eine Zeit-Strom- oder Zeit-Spannungskurve. i Die im Chromatogramm enthaltenen Signale (Peaks) sind unter

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332

Chromatograph

Chromatographie. Abb. 1.

führen starke Wechselwirkungen zu einer langsamen, schwach ausgeprägte zu einer schnellen Elution der entsprechenden Substanzen.

Einsatzgebiet. Die Chromatographie ist nahezu universell zur AnalyChromatogramm. Abb. 1. Chromatogramm mit Totzeit (t₀), Retentionszeiten des Analyten Levetirazetam (tR1) und des internen Standards (tR2)

optimierten Bedingungen der Konzentration der Analyte in der mobilen Phase am Säulenausgang proportional. Ein Chromatogramm wird durch den Prozess der 7 Chromatographie auf einer als 7 Chromatograph bezeichneten Apparatur gewonnen. In der 7 Dünnschichtchromatographie kann auch die Abbildung der auf der DC-Platte detektierten Zonen als Chromatogramm verstanden werden.

Literatur. Ettre LS (1993) Nomenclature for Chromatography. Pure Appl Chem 65:819–872

Chromatograph T. Arndt

Synonym(e). Chromatographiegerät Englischer Begriff. chromatograph, chromatographic system Definition. Zusammenstellung von Geräteteilen, mit denen eine chromatographische Analyse durchgeführt wird. i In seiner allgemeinsten Form besteht ein Chromatograph aus ei-

nem Reservoir für die mobile Phase (Eluent), einer Einrichtung zum Transport des Eluenten durch das chromatographische System (im einfachsten Fall durch Kapillarkräfte), einem Probenaufgabemodul, einem analytischen Trennbett (stationäre Phase) und einem Detektor mit Registriereinheit.

Literatur. Ettre LS (1993) Nomenclature for Chromatography. Pure Appl Chem 65:819–872

Chromatographie T. Arndt

Englischer Begriff. chromatography Definition. Physikalisch-chemisches Trennverfahren, bei dem die zu trennenden Substanzen zwischen zwei Phasen verteilt werden. Dabei ist eine Phase fixiert (7 stationäre Phase), während sich die andere in einer bestimmten Richtung bewegt (7 mobile Phase). Physikalisch-chemisches Prinzip. Die chromatographische Trennung der Probenbestandteile beruht auf der, in Abhängigkeit von ihrer physikochemischen Natur unterschiedlich stark ausgeprägten, wiederholten Adsorption und Desorption an der stationären Phase. Dabei

se einfacher und komplexer Stoffgemische einsetzbar. In Abhängigkeit von ihrer Zusammensetzung kann die Probe direkt, das heißt ohne Probenvorbereitung oder nach entsprechender Probenaufbereitung mit 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion oder 7 Festphasen-Extraktion (SPE: solid phase extraction) in den Chromatographen injiziert werden. Im klinisch-chemischen Labor wird die Chromatographie, stets auf die jeweiligen Anforderungen optimiert, zur qualitativen und quantitativen Analyse von niedrig- und hochmolekularen Substanzen, wie Drogen und Medikamente, Vitamine und Hormone, Nahrungsbestandteile und Stoffwechselprodukte, eingesetzt.

Untersuchungsmaterial. Blut und alle aus ihm gewonnenen Materialien wie Serum, Plasma, Zelllysate etc., Urin, Mageninhalt, Extrakte aus Faeces-, Gewebs- und Haarproben, Asservate von Nahrungsmitteln und Pharmaka/Drogen.

Instrumentierung. Die Chromatographie wird mit einem 7 Chromatographen durchgeführt. Dieser besteht in seiner allgemeinsten Form aus einem Reservior für die mobile Phase (Eluent), einer Einrichtung zum Transport des Eluenten, einem Probenaufgabemodul, einem analytischen Trennbett (stationäre Phase) und einem Detektor mit Registriereinheit. Die Vielfalt der Einsatzgebiete und Applikationen führte zu zahlreichen Modifikationen der Chromatographie mit einer auf verschiedenen Einteilungskriterien beruhenden, relativ unübersichtlichen Terminologie. Terminologie und Einteilungskriterien 1. Nach dem Aggregatzustand der mobilen und stationären Phase, Dabei werden nacheinander die Aggregatzustände von mobiler und stationärer Phase genannt: 5 Gas-Flüssig Chromatographie (GLC: gas liquid chromatography) 5 Gas-Fest Chromatographie (GSC: gas solid chromatography) 5 Flüssig-Flüssig-Chromatographie (LLC: liquid liquid chromatography) 5 Flüssig-Fest-Chromatographie (LSC: liquid solid chromatography) Allerdings werden insbesondere die Abkürzungen nicht konsistent angewandt, sodass z. B. die LSC (als derzeit wohl am häufigsten eingesetzte Technologie) gewöhnlich als LC oder in ihrer wichtigsten Sonderform als HPLC bezeichnet wird. 2. Nach der Art des Trägers der stationären Phase: 5 Säulenchromatographie, bei der sich die stationäre Phase in einer Säule befindet, 5 Dünnschichtchromatographie (DC), bei der die stationäre Phase auf einem ebenen Träger fixiert ist. Bei der (heute seltener angewandten) Papierchromatographie sind die planare stationäre Phase und der Träger des Trennbettes identisch.

Chromatographie

3. Polarität der Oberfläche der stationären Phase: 5 Normalphasenchromatographie (NPC), bei der die stationäre Phase (z. B. Kieselgel oder Al₂O₃) polarer als die mobile Phase ist 5 Umkehrphasenchromatographie (RPC: reversed-phase chromatography), bei der die stationäre Phase unpolarer als die mobile Phase ist. Hier werden die polaren Gruppen der stationären Phase durch chemische Modifikation, z. B. mit Alkylgruppen der Kettenlänge C8 oder C18, maskiert. Man spricht dann von einer RP-C8oder RP-C18-Umkehrphase oder -Umkehrsäule. 4. Nach dem Aggregatzustand der mobilen Phase: 5 Flüssigchromatographie (LC: liquid chromatography) sprachlich exakter, aber selten verwandt, Flüssigkeitschromatographie. Untergruppen der LC sind die Säulenchromatographie und Dünnschichtchromatographie. 5 Gaschromatographie (GC). Moderne Formen der Flüssigkeitschromatographie nutzen sehr kleine Teilchen (Durchmesser meist 3 bis10 μm) als stationäre Phase, die dicht gepackt auf einer Säule (2–20 cm Länge) einen hohen Eingangsdruck erzeugen. Der daraus resultierende hohe Druck im System (nicht selten über 100 at) führte zum Begriff Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC: high pressure liquid chromatography). Allerdings ist diese Bezeichnung veraltet. Stattdessen wird heute mit dem Begriff 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC: high performance liquid chromatography) das hohe Trennvermögen dieser Systeme angesprochen. Analog spricht man von HochleistungsDünnschichtchromatographie (HPTLC: high performance thin layer chromatography). Befindet sich die mobile Phase in einem überkritischen flüssigen Zustand wird der Terminus überkritische Fluidchromatographie (SFC: super critical fluid chromatography) benutzt. 5. Nach der zeitlich konstanten oder veränderlichen Zusammensetzung der mobilen Phase: 5 isokratische Chromatographie 5 Gradientenchromatographie. Dabei kann der Gradient kontinuierlich oder stufenweise variiert werden (Chromatographie mit kontinuierlichem Gradienten oder Stufengradienten). 6. Nach den Retentionsmechanismen 5 Adsorptionschromatographie 5 Affinitätschromatographie 5 Ausschlusschromatographie 5 Gelpermeationschromatographie 5 Ionenaustauschchromatographie 5 Verteilungschromatographie, Einzelheiten hierzu unter den einzelnen Stichwörtern. Instrumentierung in Reihenfolge des Flussschemas eines Chromatographen Das Reservoir für die mobile Phase besteht bei der Gaschromatographie aus einem Gasdruckbehälter mit entsprechenden Reduzier- und Regelventilen, die einen kontrollierten Volumenstrom von mobiler Phase (Trägergas, meist Stickstoff) in das Gerät einspeisen. In der Flüssigkeitschromatographie bilden ein Behälter mit der bereits vollständig gemischten mobilen Phase oder 2–4 Behälter mit den nach einem Programm vom System zu mischenden Komponenten das Eluentenreservoir. Der Transport der mobilen Phase wird bei der Gaschromatographie durch den Druck des Trägergases und bei der Flüssigkeitschromatographie durch eine oder mehrere pulsationsfrei arbeitende Pumpen realisiert. Wird die mobile Phase durch die systeminternen Pumpen gemischt, ist diesen eine Mischkammer vor- oder nachgeschaltet. Man spricht dann von Niederdruck- oder Hochdruckmischung. Auch bei isokratischer Arbeitsweise wird dadurch eine stets frische und in der Zusammensetzung reproduzierbare mobile Phase erhalten. Mitunter beinhaltet ein Chromatograph auch einen sog. Degasser zur Entgasung der mobilen Phase. Hierdurch wird verhindert, dass Gase aus der mobilen Phase im chromatographischen System austreten, die Kapillaren blockieren und/oder zu Störungen am Detektor führen. Im Flussschema ist nach Pumpen und Mischkammer das Probenaufgabemodul positioniert. Dies kann im einfachsten Fall eine Pipette (DC), am häufigsten jedoch ein Sechswegeventil, z. B. für die manuelle, einmalige Probeninjektion, oder eine Pipettierstation für die me-

333

chanisierte, sequentielle und ggf. wiederholte Applikation von bis zu mehreren Hundert Proben sein (GC, LC). Bei der sog. Direktinjektion erfolgt die Probenaufgabe unmittelbar in den Strom der mobilen Phase. Bei der indirekten Injektion wird mittels Probenschleifen (sog. bypass injector) die Probe zunächst in eine vom Strom der mobilen Phase durch ein Ventil getrennte Schleife (loop) gefüllt. Durch Umschalten des Ventils wird die mobile Phase durch die Schleife umgeleitet. Dadurch wird die Probe aus der Schleife in die Kapillare, die Probenaufgabemodul und Trennsäule miteinander verbindet, geschoben. Eine Vorsäule schützt die Trennsäule vor Abrieb und starker Verschmutzung. Hierdurch wird die Haltbarkeit der vergleichsweise erheblich teureren Trennsäule verlängert. Die Trennsäule (column) ist ein Rohr mit einem Innendurchmesser von 0,1–1,0 mm (GC) bzw. 2–5 cm (HPLC). Ihre Länge beträgt wenige Zentimeter (LC) bis mehrere Meter (GC). Die Trennsäule fixiert die stationäre Phase. Man unterscheidet gepackte Säulen, die möglichst dicht mit stationärer Phase gefüllt sind und offene Kapillarsäulen, bei denen die innere Wand selbst als stationäre Phase wirkt oder ein dünner Flüssigkeitsfilm bzw. eine dünne Schicht eines Festkörpers als stationäre Phase dienen. Das Packungsmaterial einer Trennsäule (stationäre Phase) ist ein Festkörper, ein mit Trennflüssigkeit imprägniertes Trägermaterial oder ein gequollenes Gel. Der Festkörper kann vollständig porös sein oder aus einem kompakten Kern mit einer dünnen porösen Außenschicht bestehen. Oft wird die Oberfläche der stationären Phase durch geeignete chemische Verfahren modifiziert, weshalb heute eine unüberschaubare Vielfalt an Trennsäulen mit speziellen Oberflächeneigenschaften verfügbar ist. Man unterscheidet zwischen differentiellen und integralen 7 Detektoren. Der zumeist eingesetzte differentiell arbeitende Detektor registriert jede Veränderung der Zusammensetzung der mobilen Phase, die hier gewöhnlich als Eluat bezeichnet wird. Man unterscheidet konzentrationsempfindliche Detektoren, deren Signal der Konzentration des Analyten in der Probe proportional ist, und massenstromempfindliche Detektoren, deren Signal der Stoffmenge, die pro Zeiteinheit den Detektor erreicht, proportional ist. Stoppt man bei einem konzentrationsempfindlichen Detektor den Eluentenstrom, bleibt das Signal erhalten, bei einem massenstromempfindlichen Detektor dagegen nicht. Im Allgemeinen werden in der Chromatographie konzentrationsempfindliche Detektoren eingesetzt. Dabei steht das am Detektorausgang anliegende Signal im Zusammenhang mit der in der Messzelle des Detektors gerade vorhandenen Konzentration der zu bestimmenden Substanz. Im Idealfall ist dieser Zusammenhang linear proportional. Wie die chromatographischen Techniken, werden auch die Detektoren nach verschiedenen Kriterien unterteilt. Dies können u. a. sein die Selektivität (7 Selektivität) oder Spezifität (7 Spezifität, analytische) sowie das physikalische und/oder chemische Prinzip auf dem der Detektor beruht. Wichtige Detektorentypen (mit zumeist einer Vielzahl von Untertypen) sind: 5 Brechungsindex-Detektor 5 Flammenionisations-Detektor 5 Elektrochemischer Detektor 5 Fluoreszenz-Detektor 5 Leitfähigkeits-Detektor 5 Massenspektrometrischer-Detektor 5 UV- und UV/VIS-Detektor Durch Registrierung der Konzentrationsveränderungen in der Messzelle in Abhängigkeit von der Zeit nach Probenaufgabe und deren graphische Darstellung wird ein 7 Chromatogramm gewonnen. Heute erfolgen Auswertung und Integration der Messsignale eines Chromatogramms gewöhnlich Computer unterstützt. Der Anschluss der Trennsäulen an das Probendosiersystem und den Detektor erfolgt zumeist mit Edelstahlkapillaren mit Innendurchmessern im Bereich von 0,10–0,25 mm, um Rückvermischungseffekte zu minimieren.

Spezifität. In Abhängigkeit von der Qualität der chromatographischen Trennung und der Selektivität und Spezifität des Detektors ist die Spezifität der Analyse ausreichend bis außerordentlich hoch. Dies führt dazu, dass chromatographische Verfahren in Kombinati-

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334

Chromatographiegerät

on mit geeigneten Detektoren auch als Referenzverfahren eingesetzt werden können. So wird z. B. die Kombination aus GC oder LC und 7 Massenspektrometrie (MS) als GC-MS, LC-MS oder LC-MS/MS als rechtssicheres Mittel zum Nachweis oder Ausschluss eines Drogenkonsums eingesetzt.

Sensitivität. Die Sensitivität der Methode ist abhängig von der jeweiligen Applikation, das heißt der Probenverdünnung infolge einer Probenaufbereitung, dem injizierten Probenvolumen und insbesondere vom Detektortyp. Heute sind 7 Nachweisgrenzen im ng/L-Bereich erreichbar.

Fehlermöglichkeit. Fehler in der Probenvorbereitung, z. B. durch Analytverluste, können durch Einsatz eines internen Standards oder durch das Prinzip der Standardaddition kompensiert werden. Eine unzureichende Spezifität des Detektors bei ungenügender chromatographischer Trennung von mehreren Probenkomponenten kann zu Fehlbestimmungen des Analyten führen. Dies kann durch eine Veränderung der Eigenschaften der mobilen und/oder stationären Phase, durch eine modifizierte Flussrate der mobilen Phase, durch längere oder dichter gepackte Trennsäulen etc. verhindert werden. Die Spezifität einer chromatographischen Analyse hängt in entscheidendem Maße von der Qualität der chromatographischen Trennung der Probenbestandteile ab.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Heutige LC-Systeme basieren zumeist auf dem Prinzip der HPLC. Hierfür stehen eine Vielzahl von Einzelkomponenten, aber auch Komplettanlagen zur Verfügung. Die Anschaffungspreise betragen mehrere 10.000 Euro. Komplettkits zur Durchführung von HPLC-Analysen sind teurer (oft zwischen 5–10 Euro/Analyse) als Eigenentwicklungen mit oft geringen Materialkosten. Bei letzteren wird die HPLC-Säule mit 250–600 Euro die größten Verbrauchskosten erzeugen. Allerdings sind gewöhnlich mehrere Hundert bis Eintausend (bei sog. Mikrobore-HPLC-Systemen mehrere 10.000) Analysen mit einer Trennsäule durchführbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die GC und HPLC sind ausgereifte Analysenmethoden mit hoher Robustheit im Routinebetrieb und langer Standzeit. Derzeit hält die Kombination aus LC und Massenspektrometrie als LC-MS oder LC-MS/MS einen breiten Einzug in das klinisch-chemische und toxikologische Laboratorium. Anschaffungskosten von mehreren Hunderttausend Euro bremsen diese Entwicklung noch ab. Es scheint jedoch wahrscheinlich, dass massenspektrometrische Detektoren in naher Zukunft einen wesentlichen Anteil der in der Chromatographie eingesetzten Detektoren ausmachen. In der Methodenhierarchie sind chromatographische Methoden bzgl. Spezifität in oberster Reihe einzuordnen. Literatur. Ettre LS (1993) Nomenclature for Chromatography. Pure Appl Chem 65:819–872 Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

Indikation.

5 Therapiekontrolle, Nachsorge und Prognose des kleinzelligen Bronchialkarzinoms (mit NSE und ProGRP) 5 Therapiekontrolle anderer neuroendokriner Tumore (APUDom, Neuroblastom, medulläres Schilddrüsenkarzinom)

Interpretation. Die meisten Chromogranin-A-Assays sind für die Anwendung im Serum ausgetestet. Darüber hinaus kann Chromogranin A auch in anderen Körperflüssigkeiten bestimmt werden. Chromogranin A ist weder tumor- noch organspezifisch. Es wird in hohen Wertlagen jedoch vornehmlich beim kleinzelligem Bronchialkarzinom sowie bei neuroendokrinen Tumoren anderer Lokalisation ins Serum freigesetzt. Zur Therapiekontrolle und Nachsorge des kleinzelligen Bronchialkarzinoms empfiehlt sich die kombinierte Bestimmung mit NSE und ProGRP. Erhöhte Chromogranin-A-Werte finden sich auch bei benignen Lungenerkrankungen, weshalb die differenzialdiagnostische Anwendung vor allem im niedrig pathologischen Wertebereich limitiert ist. Hingegen ist der Einsatz von Chromogranin A für die Therapiekontrolle des kleinzelligen Bronchialkarzinoms sinnvoll, da insuffizientes Therapieansprechen zu ansteigenden Werten führt und etwa 80 % der Patienten erhöhte Werte bei Rezidivierung zeigen. Darüber hinaus wird Chromogranin A zur Unterstützung der Differenzialdiagnose, zur Therapiekontrolle und zur Nachsorge insbesondere bei neuroendokrinen gastrointestinalen Tumoren verwendet. Diagnostische Wertigkeit.

5 Kleinzelliges Bronchialkarzinom: Therapiekontrolle und Nachsorge (mit NSE und ProGRP), Prognose 5 Neuroendokrine Tumore, insbesondere APUDome, auch medulläre Schilddrüsenkarzinome: Therapiekontrolle und Nachsorge

Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H et al (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. 1st edn. AACC Press, Washington DC

Chromomeren R. Weiskirchen

Englischer Begriff. chromomeres Definition. Knotige Verdickungen (Granula) der 7 Chromosomen. i Die Chromomeren sind Orte besonders dichter DNA-Lagerung.

Sie erscheinen insbesondere zu Beginn der 7 Meiose und lassen sich mit verschiedenen Färbetechniken besonders gut darstellen.

Chromosom Englischer Begriff. chromosome Definition. Im engeren Sinne nur bei 7 Eukaryonten vorkommende, nukleäre, lange, fadenartige Strukturen aus DNA und assoziierten Proteinen, welche die Erbinformation beinhalten.

Chromogranin A S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. Chromogranin A, CgA Molmasse. 68 kDa Funktion und Pathophysiologie. Die klinische Bedeutung der Chromogranin-A-Bestimmung liegt im Therapiemonitoring und der Rezidiverkennung von neuroendokrinen Tumoren, unter anderem dem kleinzelligen Bronchialkarzinom. Serum, Körper-

flüssigkeiten

Analytik. 7Enzymimmunoassay (EIA), 7Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Referenzbereich — Erwachsene. 19–98 ng/mL (methoden- und altersabhängig)

R. Weiskirchen

Chromatographiegerät 7 Chromatograph

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Konventionelle Einheit. μg/L = ng/mL

i Der Mensch besitzt 22 homologe Chromosomenpaare, die auch als Autosomen bezeichnet werden, sowie die 7 Geschlechtschromosom (entweder ein X- und ein Y-Chromosom oder zwei X-Chromosomen). Die Benennung der einzelnen menschlichen Chromosomen von 1 bis 22 ist willkürlich gemäß ihrer Größe vorgenommen, Chromosom 1 ist das größte, Chromosom 22 das kleinste Chromosom. In einer ruhenden Zelle gibt es keine Chromosomen, die 7 DNA ist dann ein lockerer hochgradig kondensierter Faden, der sog. Transportform des 7 Chromatins. Ein Chromosom besteht aus zwei 7 Chromatiden. Das sind kondensierte DNA-Doppelstränge, die am Centromer miteinander verbunden sind. Im Lichtmikroskop erscheinen die Chromosomen als gedrungene, oft gewinkelte Stäbchen. Nach Lage ihres Centromers werden metazentrische und telozentrische Chromo-

Chromosomenanalyse

somen (7 Abb. 1) unterschieden. Während der Kernteilung weisen die Chromosomen den größten Verdichtungsgrad auf. Alle Zellen einer Tier- oder Pflanzenart enthalten denselben charakteristischen Satz von Chromosomen. Dabei entsprechen sich in einer normalen Körperzelle je zwei Chromosomen in Form und Größe, homologe Chromosomen mit vergleichbaren genetischen Informationen, je eines von Vater und Mutter. Körperzellen enthalten doppelte (diploide; 7 Diploidie) Chromosomensätze (2n). Im Gegensatz dazu stehen die Geschlechtszellen, deren genetische Ausstattung einfach (haploid; 7 Hapolidie) ist (n).

335

Literatur. Buselmaier W, Tariverdia G (1999) Humangenetik – Chromosomenstörungen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 121–176

Chromosome walking R. Weiskirchen

Synonym(e). Chromosomen-Wanderung Englischer Begriff. hybridization screening; genome walking Definition. Bezeichnung für ein Verfahren zur Kartierung bzw. Isolierung von 7 DNA-Sequenzen aus dem 7 Genom eines Organismus, bei der man sich einem gesuchten Genabschnitt schrittweise von einem Ende her durch Identifizierung einzelner, einander überlappender DNA-Bereiche nähert.

Chromosom. Abb. 1.

Als 7 Chromosomenaberration wird jede Änderung der Struktur oder Zahl der Chromosomen bei einer Spezies bezeichnet. Betrifft die Aberration die Keimzellen, so spricht man von einer genetischen Chromosomenaberration, sind die anderen Körperzellen betroffen, so wird dies als somatische Chromosomenabberation bezeichnet. In Abhängigkeit der Art der Anomalie können dabei numerische (z. B. Monosomie, Trisomie) oder strukturelle Veränderungen (z. B. Deletion, Inversion, Translokation) unterschieden werden (7 Abb. 2). Strukturelle Veränderungen von Chromosomenbereichen sind in speziell angefertigten Chromosomenkarten zu erkennen.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Diese Verfahrenstechnik zur systematischen Analyse des Genomaufbaus erfolgt i. d. R. mit Hilfe rekombinanter Phagen (7 Bakteriophagen) oder 7 Cosmiden. Man kann eine zu einem DNA-Abschnitt benachbarte Sequenz isolieren, indem man sein Insert als Hybridisiersonde zur Isolation weiterer rekombinanter Phagen, die flankierende, teilweise überlappende DNAFragmente enthalten. Diese Prozedur wird solange wiederholt, bis der entsprechende Bereich des Genoms vollständig durch sich überlappende Kone abgedeckt ist. Die Methode ist abzugrenzen von dem sog. Chromosome-Jumping, einer Methode, die erstmalig im Jahr 1984 beschrieben und 1986 verfeinert wurde, bei der große genomische DNA-Fragmente erst zirkularisieren und Bereiche um den Ringschluss kloniert werden. Auf diese Weise kann man DNA-Sequenzen, die in einem Genom weit voneinander entfernt liegen zusammenführen und sequenzieren. Einsatzgebiet. Die universell einsetzbare Methodik dient zur Isolation benachbarter Genabschnitte.

Untersuchungsmaterial. Als Untersuchungsmaterial werden i. d. R. genomische Genbanken eingesetzt. Instrumentierung. Die Durchführung eines Chromosome walking erfordert ein molekularbiologisch eingerichtetes Laboratorium mit der erforderlichen Genehmigung für gentechnisches Arbeiten. Wird dieses Screeningverfahren mittels radioaktiver Gensonden durchgeführt ist, des Weiteren eine Umgangsgenehmigung für Radioisotopen erforderlich. Literatur. Shimizu A, Takahashi N, Yaoita Y, Honjo R (1982) Organization of the Constant Region Gene Family of the Mouse Immunoglobulin Heavy Chain. Cell 28:499–506 Steinmetz M, Winoto A, Minard K, Hood L (1982) Clusters of Genes Encoding Mouse Transplantation Antigens. Cell 28:489–498 Collins FS, Weissmann SM (1984) Directional Cloning of DNA Framgents at a Large Distance from an Inizial Probe: A Circularization Method. Proc Natl Acad Sci USA 81:6812–6816

Chromosomenanalyse R. Weiskirchen

Definition. Mikroskopische Analyse der Gesamtheit aller Chromosomen eines Genoms

Chromosom. Abb. 2.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Zur Analyse eines Karyotyps eines Organismus’ werden gefärbte Metaphasenchromosomen mikroskopisch untersucht und photographiert. Aus den Bildern werden einzelne Chromosomen ausgeschnitten und ihrer Morphologie entsprechend in einem Diagramm geordnet. Die Einordnung der Chromosomen erfolgt zunächst nach der Größe und der Lage des Centromers. Die endgültige Zuordnung ergibt sich aus dem Bandenmuster, das durch verschiedene Färbemethoden (z. B. 7 Giemsa-Bandenfärbung) erzeugt werden kann. Insbesondere numerische und strukturelle Chromosomenabberationen (Deletionen, Translokationen, Insertionen, Duplikationen) können mittels Chromosomenanalyse dargestellt werden. Eine spezielle Form der Chromosomenanalyse ist die 7 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH).

C

336

Chromosomenbänderung

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Diploide Zellen des Menschen enthalten in ihrem Zellkern 46 Chromosomen (22 Autosomenpaare, 2 Gonosomen). Eine weibliche Zelle enthält zwei X-Chromosomen, während eine männliche Zelle eine X- und Y-Chromosom aufweist. Aberrationen oder Chromosomenverluste sind im Chromatogramm ersichtlich (7 Abb. 1, 7 Abb. 2).

Literatur. Kulozik AE, Hentze MW, Hagemeier C, Bartram CR (2000) Molekulare Medizin. Grundlagen-Pathomechanismen-Klinik. W. de Gruyter, Berlin New York

Chromosomenbänderung 7 Querscheibenmuster

Chromosomenmutation 7 Chromosom Chromosomenanalyse. Abb. 1. Gezeigt ist das Resultat einer Translokation, die strukturelle Veränderungen in den Chromosomenpaaren 2 und 3 hervorgerufen hat. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H. M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen.

Einsatzgebiet. Die Chromosomenanalyse dient insb. bei der präna-

Chromosomenstörung 7 Chromosom

Chromosomenwanderung

talen Diagnostik zur Analyse, der durch 7 Amniozentese, 7 Chordozentese oder Chorionzottenbiopsie gewonnen Biopsiematerialien und der aus ihnen gewonnenen Chromosomenpräparationen. Ebenso kann diese Verfahrenstechnik eingesetzt werden, um das Geschlecht eines Individuums zu bestimmen.

7 Chromosome walking

Untersuchungsmaterial. In der Regel werden für diese Analysen kernhaltige, teilungsaktive, kultivierte Zellen eingesetzt, in denen durch Anwendung von Colchizin die Ausschaltung des Spindelmechanismus (Metaphase-Präparation) bei der Zellteilung (7 Mitose) induziert wird. Auf diese Weise bleiben die Chromosomen an der Mitoseplatte liegen, werden nicht auf die Tochterzellen verteilt, und können lichtmikroskopisch dargestellt werden. Zur besseren Differenzierung der Chromosomen können sie durch verschiedene chemische Substanzen angefärbt werden.

Englischer Begriff. chylomicrons

Instrumentierung. Die Analysen finden in speziell ausgestatteten zytologischen Speziallabors statt.

Fehlermöglichkeit. Insbesondere bei der pränatalen Diagnostik können durch Kontamination des Biopsiematerials mit mütterlichem Gewebe Fehldiagnosen resultieren.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Chromosomenanalyse ist eine zeitaufwändige Verfahrenstechnik. Sie erfordert ausführliche Aufklärungsgespräche durch einen Arzt, der sich auf Humangenetik spezialisiert hat. Die Analyse selbst bedarf eines zytologischen Labors mit entsprechendem Fachpersonal.

Chylomikronen K.J. Lackner, D. Peetz

Definition. Triglyzeridreiche Lipoproteine, die im Darm resorbierte Lipide transportieren. i Chylomikronen sind große, triglyzeridreiche Lipoproteine, die

von den Zellen der Dünndarmmukosa gebildet werden. Sie bestehen zu über 97 % aus Lipiden, vorwiegend Triglyzeriden. Ihr Gehalt an Phospholipiden, Cholesterin und Cholesterinestern ist gering. Ihr Hauptapolipoprotein ist ApoB-48. Daneben enthalten sie noch ApoAI, ApoA-IV und verschiedene C-Apolipoproteine. Sie werden in die intestinale Lymphe sezerniert und erreichen die venöse Zirkulation über den Ductus thoracicus. Im Blut geben sie unter Einwirkung der Lipoproteinlipase ihre Triglyzeride ab und werden zu ChylomikronRemnants, die hepatisch aufgenommen werden. Im Nüchternplasma finden sich normalerweise keine Chylomikronen. Defekte der Lipoproteinlipase führen zur familiären Hyperchylomikronämie mit exzessiv erhöhten Serumtriglyzeridwerten.

Chylus 7 Lymphe

Chymosin R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. chymosin Definition. Chymosin (EC 3.4.23.4) ist eine Aspartatproteinase, welche in den Hauptzellen der Magenmukosa als inaktives Prochymosin gebildet und in das Magenlumen sezerniert wird, wo Prochymosin bei saurem pH durch Abspaltung eines N-terminalen Propeptids in das aktive Enzym umgewandelt wird.

Chromosomenanalyse. Abb. 2. Gezeigt ist ein Karyogramm eines Patienten mit einem Verlust eines Chromosoms 14. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H. M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTHUniversitätsklinikum Aachen.

i Die Aspartatproteinase Chymosin katalysiert die Verdauung von Nahrungsproteinen im Gastrointestinaltrakt. Chymosin wird als inaktives Zymogen durch die Hauptzellen der Magenmukosa synthetisiert, gespeichert und bei Aufnahme von Nahrung in das Magenlumen sezerniert. Im sauren Magensaft erfolgt durch Abspaltung eines Nterminalen Propeptids eine autokatalytische Aktivierung zum aktiven Enzym. Prochymosin bildet zusammen mit Pepsinogen A, Pepsinogen B und Progastricsin die Zymogene des Magens. 7 Pepsinogen A, Pepsinogen B und Progastricsin werden im Magen des Erwachsenen, Prochymosin im Magen des Neugeborenen gebildet.

Ciclosporin

Literatur. Richter C, Tanaka T, Yada RY (1998) Mechanism of Activation of the Gastric Aspartic Proteinases: Pepsinogen, Progastricsin and Prochymosin. Biochem J 335:481–490

Chymotrypsin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 3.4.21.1 Englischer Begriff. chymotrypsin Definition. Pankreatogene Serinproteinase mit Bedeutung für die intestinale Proteinverdauung und diagnostischer Relevanz im Blut für die akute Pankreatitis und in Fäzes für die exokrine Pankreasinsuffizienz.

Molmasse. 25 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die in den Azinuszellen synthetisierte Proform (7 Zymogen) Chymotrypsinogen wird wie Trypsinogen sezerniert und im Intestinaltrakt durch N-terminale limitierte Proteolyse mit 7 Trypsin und nachfolgender autokatalytischer Prozessierung durch Chymotrypsin zu einem linearen Peptid von etwa 130 7 Aminosäuren aktiviert. Die Aktivierung durch Trypsin erfolgt zwischen Arginin 15 und Isoleucin 16. Es liegen zwei Isoenzyme vor: 5 anionisches Chymotrypsin(ogen)-1 5 kationisches Chymotrypsin(ogen)-2 (dominierende Form, pHOptimum 8,0) Die Serinproteinase Chymotrypsin hydrolysiert Peptidbindungen, die Carboxylgruppen von Tryptophan, Leucin, Tyrosin oder Phenylalanin enthalten. Daneben besteht hydrolytische Aktivität für andere Bindungstypen: Ester (N-substituierte Tyrosinester) > Amide > Peptide. Dominantes Isoenzym ist kationisches Chymotrypsin-2, das wie anionisches Chymotrypsin-1 im Blut komplexiert mit α₁Proteinaseinhibitor und α₂-Makroglobulin vorliegt.

Funktion und Pathophysiologie. Bei entzündlichen Pankreaserkrankungen (akute Pankreatitis) und Pankreaskarzinom erfolgt die Freisetzung von Chymotrypsin-2 in die Zirkulation. Im aspirierten Duodenalsaft und in Fäzes reduzierte Chymotrypsinkonzentrationen (-aktivitäten) in Abhängigkeit vom Ausmaß der exkretorischen Pankreasinsuffizienz. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTA-Plasma, Fäzes, Duodenalsaft

Probenstabilität. Probenstabilität im Serum ca. 8 Tage bei 4 °C oder langzeitig bei –20 °C, im Stuhl ist das Enzym für 3 Wochen bei Raumtemperatur stabil.

Präanalytik. 4 Tage vor Probennahme (Fäzes) Absetzen von Substitutionspräparaten (Enzyme). Analytik. Sowohl im Serum/Plasma als auch im Duodenalsaft und Fäzes sind folgende Methoden in Anwendung: 1. Immunreaktive Konzentrationsbestimmung im Serum: Immunoassay für Chymotrypsin-2 reagiert auch mit Chymotrypsinogen-2 und Chymotrypsin(ogen)-1, auch im Komplex mit α₁Proteinaseinhibitor; Komplex mit α₂-Makroglobulin wird nicht detektiert. 2. Katalytische Aktivitätsbestimmung im Duodenalsaft und Fäzes: Prinzip 1: Photometrische Methode (7 Photometrie)

N-Succinyl-Ala-Ala-Pro-Phe-p-Nitroanilid + H 2 O Chymotrypsin pH 9,0

N-Succinyl-Ala-Ala-Pro-Phe + p-Nitroanilin (gelb)

Die Bildungsgeschwindigkeit von p-Nitroanilin aus dem substituierten Tetrapeptid wird bei 405 nm kontinuierlich gemessen und ist der Chymotrypsinaktivität proportional.

337

Prinzip 2: Titrimetrische Methode

N-Acetyl-L-Tyrosyl-ethylester (ATEE) Chymotrypsin Acetyltyrosin + Ethanol Die pro Zeiteinheit gebildete Menge Acetyltyrosin wird titrimetrisch (pH-Stat) oder das gebildete Ethanol enzymatisch gemessen, beide Produktkonzentrationen sind der Chymotrypsinaktivität im optimierten Testverfahren proportional.

Referenzbereich — Erwachsene. sehr stark methodenabhängig, Serum: 15–78 μg/L, Fäzes: > 3 U/g Feuchtgewicht (Graubereich 3–6 U/g) Indikation.

5 Adjuvante Diagnostik der akuten Pankreatitis und des Pankreaskarzinoms (Serum) 5 Diagnostik der zystischen Pankreasfibrose (Nabelschnurblut) 5 Diagnostik und Verlaufskontrolle der exokrinen (digestiven) Pankreasinsuffizienz (Fäzes, Duodenalsaft).

Interpretation. Der wesentliche Einsatz der Chymotrypsinbestimmung konzentrierte sich auf Stuhluntersuchungen, um aus der Abnahme der Ausscheidungsmenge des intestinal relativ resistenten Chymotrypsins eine exokrine Pankreasinsuffizienz zu diagnostizieren und zu kontrollieren (chronische Pankreatitis, zystische Pankreasfibrose). Heutzutage ist diese Kenngröße durch die immunologische Bestimmung der fäkalen 7 Pankreaselastase verdrängt worden. Im Serum 2- bis 35-facher Anstieg der immunreaktiven Chymotrypsin-2-Konzentration bei akuter Pankreatitis, etwa 2,5-facher Anstieg bei Pankreaskarzinomen, bis zu 2-facher Anstieg bei hepatobiliären Erkrankungen und signifikanter Anstieg bei Niereninsuffizienz infolge Retention.

Diagnostische Wertigkeit. Gegenüber Trypsin im Stuhl überlegene diagnostische Kriterien. Im Vergleich mit Elastase-1 liegen die Sensitivität mit 64 % und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) mit 89 % für exokrine Pankreasinsuffizienz niedriger. Literatur. Löser C, Möllgaard A, Fölsch UR (1996) Faecal elastase 1: a novel, highly sensitive, and specific tubeless pancreatic function test. Gut 39:580–586

CI 7 Massenspektrometrie

Ciclosporin W.-R. Külpmann

Synonym(e). Cyclosporin A Englischer Begriff. ciclosporine; cyclosporine; cyclosporin A Definition. Immunsuppressivum Molmasse. 1203 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach Inkorporation wird Ciclosporin hepatisch mittels Zytochrom P450 3A zu mehr als 30 verschiedenen, nicht nur inaktiven Metaboliten abgebaut, die über die Galle ausgeschieden werden. Halbwertszeit. 15 h (Erwachsene) (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Als unerwünschte Wirkungen treten auf: Nephrotoxizität, Hepatotoxizität, Muskelschwäche, Übelkeit und Hypertonie. Ciclosporin wirkt diabetogen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Vollblut Analytik. 7 Immunoassay (z. T. Erfassung von Metaboliten); 7 HPLC, LC-MS/MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie)

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring (7 Tab. 1)

C

338

CID

ling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Ciclosporin. Tab. 1. Therapeutischer Bereich für Blut (mg/L)

cis-Element

Transplantat

Initialtherapie*

Erhaltungstherapie

Niere

0,150–0,225

0,100–0,150

Englischer Begriff. cis element

Leber

0,225–0,300

0,100–0,150

Herz

0,250–0,350

0,150–0,250

Definition. Allgemeine Bezeichnung für DNA-Elemente, die die Regulation von Genen, aber auch Replikationsursprüngen auf dem gleichen DNA-Molekül (sog. „cis-Stellung“) beeinflussen.

* bis 3 Monate nach Transplantation

Interpretation. Immunoassays sind unterschiedlich spezifisch und erfassen mehr oder weniger stark auch die Metabolite. Deren Anteil kann bei Störung der Gallenbildung/-ausscheidung ansteigen, wodurch die Beurteilung von Immunoassay-Resultaten zusätzlich erschwert ist.

R. Weiskirchen

i Cis-Elemente beeinflussen z. B. die Aktivität von Promotoren (z. B. 7 Enhancer, 7 Silencer) oder betreffen posttranslationale Prozesse (z. B. 7 Attenuatoren). Ihre Wirkung beruht auf Interaktion mit diffusiblen Transelementen, häufig Proteinen. Die Transkriptionskontrolle beruht auf der Interaktion von Regulatorproteinen mit Genspezifischen cis-Elementen.

Literatur. Lewin B (2002) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

Literatur. Armstrong VW, Schütz E, Oellerich M (1999) Drug monitoring nach Organtransplantation. In: Bruhn HD, Fölsch UR (Hrsg) Lehrbuch der Labormedizin. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 124–131

Cistron R. Weiskirchen

Englischer Begriff. cistron

CID 7 Massenspektrometrie

Definition. Begriff für die kleinste genetische Funktionseinheit der Proteinsynthese.

C1-Inaktivator

i Der ursprünglich im Jahr 1955 von S. Benzer geprägte Begriff

7 C1-Esterase-Inhibitor

C1-INH 7 C1 Esterase Inhibitor funktionell; 7 C1-Esterase-Inhibitor

wird heute nur noch in besonderen Zusammenhängen benutzt. So spricht man bei 7 Prokaryonten von einer polycistronischen mRNA wenn mehrere hintereinanderliegende 7 Gene gemeinsam reguliert und in Form einer langen Vorläufer-RNA transkribiert werden. Bei 7 Eukaryonten sind bisher nur monocistronische Gene bekannt.

Literatur. Benzer S (1955) Fine Structure of a Genetic Region in Bacteriophage. Proc Natl Acad Sci USA 41:344–354

Circadiane Rhythmik W.-R. Külpmann

Cit

Englischer Begriff. circadian rhythm Definition. Änderung von Körperfunktionen in Abhängigkeit von der Tageszeit. i Als Folge circadianer Rhythmik finden sich in Abhängigkeit von

der Tageszeit bestimmte Substanzen in unterschiedlicher Konzentration in Blut oder Urin (Beispiele 7 Tab. 1).

Citrat als Antikoagulans 7 Antikoagulanzien in vitro

Citrat im Urin W.G. Guder

Circadiane Rhythmik. Tab. 1. Plasmakonzentrationmax (Uhrzeit)

7 Citrullin

Plasmakonzentrationmin (Uhrzeit)

Kortisol

6–10

0–4

Kalium

14–16

23–1

Englischer Begriff. citrate in urine; citric acid in urine Definition. Erfassung von Zitronensäure und ihren Salzen im 24 h Urin Struktur. C6H8O7 (Citronensäure) Molmasse. 192,1 g (als Säure) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Citrate und Zitronensäure

Melatonin STH

0–6

7–22

21–23

1–21

Aus diesem Grunde soll beachtet werden: 5 stets Dokumentation der Uhrzeit bei der Probennahme 5 Blutentnahme möglichst immer zur selben Uhrzeit (z. B. 8:00 Uhr) 5 bei Referenzintervallermittlung Einbezug des Zeitpunkts der Probennahme 5 Durchführung der quantitativen Bestimmung im Urin möglichst mit 24-h-Sammelurin

Literatur. Wisser H (1995) Einflussgrößen und Störgrößen. In: Grei-

aus der Nahrung werden im Duodenum resorbiert und in der Niere durch Filtration und Metabolismus im proximalen Tubulus eliminiert. Urin-Citrat kommt im Wesentlichen aus dem sekretorischen und metabolischen Citrat des distalen Tubulus.

Halbwertszeit. Im Blut von kurzer Halbwertszeit (wenige Minuten), da glomerulär frei filtrierbar und mit Resorption im proximalen Tubulus eliminiert.

Funktion und Pathophysiologie. Distal tubuläre Citratsekretion ist wesentliche Ursache für Citratelimination im Urin. Sie wird gesteigert durch diätetisches Ansäuern des Urins. Da Citrat wesentlicher Faktor für die Löslichkeit von Calcium im Urin ist, wird die Citratausscheidung als Teil des 7 Steinmetaphylaxeprogramms zur Quantifizierung empfohlen.

C3-Komplement

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 24-h-Sammelurin, instabil im Nativurin, Ansäuern auf pH < 2 empfohlen. Analytik. Enzymatisch mit Citratlyase

339

CK 7 Kreatinkinase

CK18-Asp396-NE

Konventionelle Einheit. mg/24 h

7 M30-Antigen

Internationale Einheit. mmol/24 h Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. konv. × 0,0052 = intern. bzw. intern. × 191,1 = konvent.

Referenzbereich — Frauen. 2–4 mmol/24 h (382–764 mg/24 h) Referenzbereich — Männer. 2–4 mmol/24 h (382–764 mg/24 h) Referenzbereich — Kinder. 2–4 mmol/24 h (382–764 mg/24 h) Indikation. Teil des Untersuchungsprogramms von Steinträgern Interpretation. Ziel der Therapie ist eine Citratausscheidung

CK-BB 7 Kreatinkinase-Isoformen

CK18-Fragmente 7 M65-Antigen

CK-Isoformen 7 Kreatinkinase-Isoformen

> 2,5 mmoL/24 h (> 481 mg/24 h)

Diagnostische Wertigkeit. Da die Citratausscheidung von vielen diätetischen und renalen Faktoren abhängt, ist seine Messung nicht von der gleichen Bedeutung wie die der steinbildenden Substanzen (Oxalat, Calcium, Harnsäure). Literatur. Hesse A, Jahnen A, Klocke K et al (1994) Nachsorge bei Harnsteinpatienten. Gustav-Fischer-Verlag, Jena Stuttgart

7 Kreatinkinase-Isoformen

A.C. Sewell

CK-MM(1-3)

Synonym(e). Cit

7 Kreatinkinase-Isoformen

Englischer Begriff. citrulline Definition. Citrullin ist eine α-Aminosäure. Von lateinisch Citrullus = Wassermelone, aus der sie im Jahr 1930 auch zuerst isoliert wurde. Citrullin besitzt eine Schlüsselrolle im Harnstoffzyklus.

Struktur. 7 Abb. 1.

CK-MT 7 Kreatinkinase

C3-Komplement

O NH2

CKmi 7 Kreatinkinase

CK-MM

Citrullin

C

CK-MB 7 Kreatinkinase-Isoformen

G. Töpfer

NH

CH2

CH2

CH2

CH

COOH

NH2 Citrullin. Abb. 1.

Molmasse. 175,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Citrullin wird aus Ornithin und Carbamoylphosphat im Harnstoffzyklus synthetisiert. Es entsteht aber auch aus Arginin als Nebenprodukt der durch Stickstoffmonoxid-Synthetase katalysierten Reaktion.

Synonym(e). β1C/β1A-Globulin Englischer Begriff. complement component C3; β1A/β1C Definition. Protein des 7 Komplementsystems, das sowohl durch die klassische Aktivierung als auch durch den alternativen Aktivierungsweg gespalten wird. Die Spaltprodukte sind bedeutungsvoll u. a. für die Opsonierung von Fremdstoffen wie Bakterien und Viren, das Anlocken von Phagozyten (Chemotaxis) und die Einleitung der Bildung des Zell-Angriff-Komplexes, der zur Lyse von Fremdzellen führt. Stellt elektrophoretisch in der Zonenelektrophorese die β2-Fraktion des frischen Serums dar.

Pathophysiologie. Normalerweise ist der Citrullinspiegel im Plasma niedrig und die Urinausscheidung minimal. Stark erhöhte Plasmawerte (10-fach über Norm) und eine erhöhte Urinausscheidung sind wegweisend für eine Citrullinämie. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis finden sich erhöhte Antikörpertiter gegen citrullinierte Proteine (7 Autoantikörper gegen citrullinierte Peptide).

Struktur. Glykoprotein aus zwei Polypeptidketten (α-Kette –110 kDa und β-Kette –75 kDa), die durch 2 Disulfidbrücken zusammengehalten werden. C3 wird durch einen Genabschnitt von > 40 Kb im Chromosom 19 des Menschen kodiert.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin, Liquor, Trockenblut

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Synthese erfolgt in

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereiche. 7 Aminosäuren Indikation. Verdacht auf Hyperammoniämie unterschiedlicher Ursachen. Überwachung von Patienten mit einer angeborenen Harnstoffzyklusstörung. Literatur. Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

Molmasse. 185 kDa der Leber, in 7 Monozyten, 7 Makrophagen, Fibroblasten u. a. Die extrahepatische C3-Synthese scheint die C3-Bereitstellung im Falle des schnellen Bedarfs zu decken, bevor C3 aus den Kapillaren in ausreichender Konzentration in das Gewebe einströmen kann. Lipid A löst die C3-Synthese in Monozyten und Fibroblasten aus. 7 Zytokine lösen die Synthese in Hepatozyten aus (7 Interleukin-1 und Tumornekrosefaktor(TNF)-α zusammen mit Interleukin-6 oder Interleukin-6 allein). Interleukin-4 verstärkt den Synthese steigernden Effekt von TNF. Bei Lebersynthesestörungen verläuft die Synthese verzögert. Bei Erkrankungen mit Bildung von 7 Immunkomplexen und bei alternativer Komplementaktivierung (7 Komplementsystem,

C

340

C3-Komplement

alternative Aktivierung) ist der Abbau stark beschleunigt. Bei Verbrennungen und bei Proteinverlust (Enteropathie) kann es ebenfalls zum schnellen Abfall kommen.

Halbwertszeit. 0,5–1 Tag Funktion und Pathophysiologie. C3 ist im Blutplasma gesunder Erwachsener in einer Konzentration von etwa 1 g/L (0,83–1,60 g/L) vorhanden. Zu einem kleinen Teil findet ständig spontan eine Spaltung in C3b (176 kDa) und C3a (9,1 kDa) statt. Sowohl im Plasma als auch an körpereigene Zellen gebunden werden die C3-Spaltprodukte so wie sie entstehen auch wieder abgebaut. Auf den Körperzellen gebundenes C3b bindet zwar Faktor B, der durch Faktor D zum C3bBbKomplex umgewandelt wird. Körpereigene Zellen binden aber nun Faktor H, der Bb aus der Bindung mit C3b verdrängt und ermöglicht, dass Faktor I C3b inhibiert. Damit ist die Komplementaktivierung im Normalfall blockiert. Anders, wenn die Bindung des C3b (das eine hohe Affinität zu Zellen aufweist) auf Pilzen oder Bakterien erfolgt. In dem Falle ist eine Bindung von Faktor H (aufgrund fehlender Kofaktoren und fehlender Neuraminsäure, die eine Bindung von Faktor H auf Körperzellen begünstigen) erschwert. Damit wird die Bindung von Faktor P (Properdin) an den C3bBb-Komplex möglich, der C3bBb stabilisiert. C3bBb wirkt als C3-„Spaltenzym“ (Konvertase). Die Wirkung der Konvertase löst eine Kettenreaktion mit Produktion größerer Mengen an C3bBb aus. Dieser Aktivierungsweg läuft Antikörper-unabhängig als Sofortreaktion auf das Eindringen eines Pathogens ab (alternative Komplementaktivierung). Sind spezifische Antikörper der Klasse IgG1, IgG2, IgG3 oder IgM schon an das Antigen (Pathogen) gebunden, so wird die klassische Komplementaktivierung (7 Komplementsystem, klassische Aktivierung) eingeleitet. C1q bindet zunächst an den (gebundenen) Antikörper. Über mehrere Enzymaktivierungen wird die C3-Konvertase C4b2a gebildet, die eine gleiche Wirksamkeit wie C3bBb in der alternativen Komplementaktivierung entfaltet, nämlich die Bildung von C3b zu katalysieren. Auch dieser Vorgang läuft auf körperfremden Zellen begünstigt ab. Die C3b-Produktion aktiviert nun wegen der Ansammlung von C3b auf den Zellen die alternative Komplementaktivierung, so dass die C3b-Entstehung aus der klassischen Aktivierung auf dem alternativen Weg eine Verstärkung erfährt (Amplifikation). Die klassische Komplementaktivierung kann auch ohne Antikörper erfolgen. 5 Mannose-bindendes Protein (MBP) (1,5 mg/L im Plasma) bindet an Mannose-haltige Strukturen von Mikroorganismen. Da MBP eine chemische Struktur ähnlich dem C1q aufweist, kann MBP die Rolle des C1q bei der unspezifischen Aktivierung übernehmen. MBP-Mangel führt zu einer Infektgefährdung. 5 Auch CRP kann die klassische Komplementaktivierung nach Bindung an Bakterienstrukturen einleiten, indem dann eine CRPC1q-Bindung entsteht (CRP übernimmt den Part des Antikörpers). Allerdings soll CRP auch die Wirkung von Faktor H verstärken (Hemmeffekt auf die Aktivierung). Hat sich bei der alternativen Komplementaktivierung genügend C3b gebildet, so entsteht aus C3bBb das (C3b)₂Bb durch Bindung eines zweiten C3b-Moleküls, bei dem klassischen Aktivierungsweg bildet sich C3b4b2a. Sowohl (C3b)₂Bb als auch C3b4b2a wirken als C5Konvertase. Die C5-Spaltung in C5a und C5b verlangt eine optimale sterische Anordnung von C3b und C5. Ist diese vorhanden, so wird nunmehr unter Mithilfe von C5b, C6, C7, C8 und C9 der Membranangriffskomplex gebildet, der zur Zelllyse führt. Ob es zur Bildung dieses Komplexes kommt, hängt von sterischen Voraussetzungen ab und davon, wie wirksam die Inhibitoren dieses Vorgangs sind. Häufig steht bei der Komplementaktivierung die Aktivierung der Phagozytose durch C3b (Bindung an den Komplementrezeptor CR-1 der Phagozyten u. a.) sowie die Entzündungsreaktion und Anlockung von Phagozyten u. a. durch C3a mehr im Vordergrund des Geschehens als die Lyse der Zellen durch den Membranangriffskomplex. Funktionen von C3b 5 Erleichtert die Bindung von Bakterien, Viren und Immunkomplexen an Neutrophile, Monozyten, Makrophagen (wirksamstes Opsonin) 5 Löst die Endozytose und die Phagozytose der Phagozyten aus und

aktiviert den „respiratory burst“ durch die C-Rezeptor vermittelte Aktivierung 5 Erleichtert die Bindung an Erythrozyten-Komplement-Rezeptor (CR-1) und damit die Clearance von Immunkomplexen (IK) aus der Zirkulation durch Abbau in der Milz. Funktionen von C3a 5 Kontraktion der glatten Muskelzellen 5 Erhöhung der Gefäßpermeabilität 5 Degranulierung von Mastzellen, Freisetzung von Histamin 5 Chemotaktische Anlockung von 7 Granulozyten 5 Interleukin-1-Freisetzung aus Monozyten – Suppression der Antikörperproduktion.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum oder EDTAPlasma

Präanalytik. Frisch in das Labor! Serum/Plasma sofort bei < –20 °C einfrieren! Oder sofort (innerhalb von 1 h) bestimmen, da Anstieg der Werte bei Lagerung um bis zu 15 %. Trübungen und Lipämie vor Bestimmung durch 10 min Zentrifugation bei 15000 × g entfernen (Sedimentation bzw. Flotation).

Analytik.

5 7 Immunturbidimetrie 5 7 Immunnephelometrie 5 7 Immunodiffusion, radiale Standard: CRM 470 basiert auf C3c Bestimmung innerhalb von 1 h nach der Blutentnahme erforderlich, da Umwandlung des C3-Moleküls zu Veränderungen der Antigenität führt. VK von Tag zu Tag = 3,8–6,4 % (Immunnephelometrie).

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. g/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL:100 = g/L Referenzbereich — Erwachsene. 0,90–1,80 g/L Referenzbereich — Kinder. bis 2 Tage 0,36–1,12 g/L bis 4 Tage 0,45–1,27 g/L bis 10 Tage 0,45–1,50 g/L bis 20 Tage 0,60–1,35 g/L bis 1 Jahr 0,75–1,35 g/L

Indikation.

5 Verdacht auf Immunkomplexkrankheiten 5 Hereditärer Mangel bei Infektabwehrschwäche 5 Verdacht auf hereditäres angioneurotisches Ödem (HANE)

Interpretation.

5 Erhöhungen bei Akute-Phase-Reaktion (bei Entzündungen und Tumoren) 5 Erniedrigungen bei Komplementdefekt (selten) oder Verbrauch durch Ausbildung von Immunkomplexen (mit Ag-IgM oder AgIgG) bei LE, Glomerulonephritis, Polyarthritis, Hämolyse durch antierythrozytäre Antikörper (Autoimmunhämolyse).

Diagnostische Wertigkeit. Verdacht auf folgende Immunkomplexerkrankungen/Verlaufsbeurteilung Korrelation mit Krankheitsaktivität 5 Lupus erythematodes (dabei häufig auch angeborener C4-, C3Mangel und 7 C1-Esterase-Inhibitormangel) 5 Vaskulitis 5 Glomerulonephritis 5 Kryoglobulinämie 5 Autoimmunhämolytische Anämie. Dabei sollte die folgende Parameterkombination gewählt werden: C3, C4, CH-50, zirkulierende Immunkomplexe und CRP 5 Alternative Komplementaktivierung bei Churg Strauss-Vaskulitis (C3 erniedrigt und C4 normal) 5 Verdacht auf hereditären Komplementdefekt 5 Rezidivierende Infektionen. Dabei CH-50 bestimmen sowie C3/ C4-Komplement. Falls nicht vermindert, dann C6, C9 und C5 eventuell im Speziallabor bestimmen lassen 5 C1-Inaktivator-Mangel, dabei auch Bestimmung von C4 sowie

C4-Komplement

CRP. C4 ist vermindert, C3 liegt im Referenzbereich. Mit CRP wird der Einfluss einer Akute-Phase-Reaktion erkannt 5 Verminderung oder Fehlen der β2-Fraktion in der Elektrophorese (Elektrophoreseverfahren mit β2-Globulin-Abtrennung durchzuführen, um damit ein Screening auf C3-Mangel zu ermöglichen).

Literatur. Whicher JT, Chir B (1996) Komplement Component C3 in Serum proteins in clinical medicine. In: Ritchie RF, Navolotskaia O (eds) Serum Proteins in Clinical Medicine. Laboratory section, Vol I.1st edn. Kap 10.01. Foundation for Blood Research, Scarborough ME, pp 1–7

C4-Komplement G. Töpfer

Synonym(e). β1E-Globulin Englischer Begriff. complement component C4 Definition. C4 ist die zweite Komponente des 7 Komplementsystems, die bei der klassischen Komplementaktivierung (7 Komplementsystem, klassische Aktivierung) durch C1s nach dessen Aktivierung in C4a und C4b gespalten wird. C4b bildet mit C2b das C3/C5-aktivierende Enzym. C4-Komplementmangel ist entweder genetisch bedingt (selten) oder ein Verbrauchsphänomen. Bei Autoimmunerkrankungen tritt der C4-Mangel häufig auf. Struktur. C4-Komplement enthält drei Peptid-Ketten (α = 93 kDa, β = 78 kDa, γ = 33 kDa), die über Disulfid-Brücken verbunden sind. Wie bei 7 C3 und 7 α₂-Makroglobulin verbindet in der α-Kette eine intramolekulare Thioester-Bindung Glutamin und Cystein unter Abspaltung von Ammoniak. Die α-Kette enthält außerdem eine Membran-Bindungsstelle und die Bindungsstelle für C4-Bindungs-Protein (ein C4-Inhibitor). Auch die β-Kette ist für die Aktivierung der Bindungsstellen von Bedeutung. Der Sedimentationskoeffizient von C4-Komplement beträgt S20W = 10. Isoelektrischer Punkt 6,0 (6,4) (elektrophoretische Mobilität als β₁-Globulin, ähnlich wie Transferrin), Kohlenhydratgehalt 4 %. Es ist wasserlöslich (Pseudoglobulin) und relativ hitzestabil (im Gegensatz zu anderen Komplementkomponenten). Es gibt 2 Isotypen (C4A und C4B) des C4-Moleküls, die sich in 4 Aminosäuren der α-Kette unterscheiden. Molmasse. 206 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hauptsyntheseort sind die

Hepatozyten, geringe Mengen werden in 7 Makrophagen und Nierenepithelien synthetisiert. Zunächst wird eine Polypeptidkette synthetisiert (Pro-C4). Durch Spaltung an zwei Stellen entstehen die α-, βund γ-Kette, die durch Disulfidbrücken zusammengehalten werden. Vor Abgabe in die Blutbahn erfolgen noch die Glykosylierung und Thioesterbindung. C4-Komplement ist ein 7 Akute-Phase-Protein, das in der akuten Phase nur leicht ansteigt. Die auslösenden Zytokine sind nicht genau bekannt. Bei zum Teil genetischem Mangel (es fehlt der C4A- oder C4B-Isotyp) können Plasmakonzentrationen von C4-Komplement im Referenzbereich erreicht werden. Ständig findet im Normalfall eine geringe Aktivierung des klassischen Weges der Komplementkaskade statt. Über die Bindung an die Rezeptoren von Phagozyten kommt es zur Phagozytose. Ein weiterer Weg des Abbaus ist die Proteolyse durch Enzyme der Gerinnung, der Fibrinolyse und aus Granulozyten. Der Abbau ist stark beschleunigt bei Aktivierung der klassischen Komplementkaskade, beispielsweise bei Fehlen des Hauptinhibitors 7 C1-Esterase-Inhibitor oder bei überschießender Bildung von 7 Immunkomplexen durch Infektionen oder Autoantikörper.

341

gebunden und von C1s zu C2b gespalten unter Ablösung von C2a. Der C4bC2b-Komplex spaltet nun C3, was die Aktivierung von C5–C9 auslöst bzw. zur Opsonisierung des Immunkomplexes führt. Die Konvertase-Aktivität wird von C2b ausgeübt (Umwandlung von C3 → C3a und C3b sowie von C5 → C5a und C5b). Im entstehenden C4bC2bC3b-Komplex (in dem C2b als C5-Konvertase wirkt) kann C3b durch C4b ersetzt sein [(C4b)₂C2b], da die β-Region von C3 und C4 starke Homologien aufweisen. Da C2b sehr schnell aus den Komplexen dissoziiert, limitiert sich die C3- und C5-Umwandlung selbst. Abräumung von Immunkomplexen: Die Bindung des C4b2b-Komplexes verhindert eine Polymerisation der Immunkomplexe und hält sie dadurch in Lösung. ErythrozytenMembran-Rezeptoren binden den Immunkomplex-C4b-Komplex, transportieren ihn in Leber und Milz–Übergabe an den fester bindenden Rezeptor CR3 der Makrophagen und Abbau („Immunkomplex-Shuttle“). Besonders der Isotyp C4A zeigt eine starke Bindung an Immunkomplexe, ein C4A-Mangel könnte somit das Syndrom des klassischen systemischen Lupus Erythematodes (SLE) erklären. Abwehr von Infektionen: In einigen Studien wurde eine Verbindung von C4B-Isotypmangel und Infektionen mit verkapselten Mikroorganismen hergestellt. Größere Arbeiten konnten dies nicht bestätigen. Allerdings scheint die Bedeutung zur Abwehr von Virusinfektionen größer zu sein. Hämolytische Aktivität: Die meisten Allotypen von C4A zeigen nur ein Viertel der in vitro hämolytischen Aktivität im Vergleich zu C4B. C4A6 zeigt überhaupt keine hämolytische Aktivität. Die Ursache hierfür ist die stärkere Bildung von Esterbindungen mit Hydroxylgruppen, beispielsweise von Erythrozytenmembranen (Blutgruppensubstanz) oder Polysacchariden von Bakterien durch den Isotyp C4B. Kontrollmechanismen: 5 7 C1-Esterase-Inhibitor inhibiert die C4-Umwandlung und die Aktivierung von C3 durch C1s 5 In Lösung verliert C4b seine Bindungskapazität 5 C2b dissoziiert vom C4bC2b-Komplex 5 C4b-Bindeprotein bindet kompetitiv an C4b und dient als Kofaktor bei der Spaltung von C4b durch Faktor I. Serum Amyloid P wiederum bindet alternativ 4b-Bindeprotein 5 C4 und C4b werden durch Gewebe-Leukozyten- und BakterienProteasen gespalten, auch durch Plasmin und Kallikrein 5 Thiole wie Captopril verursachen Arzneimittel-induziertes LupusLike-Syndrom. Diese Wirkstoffe zeigen in vitro eine Inhibition der C4b-Bindung.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTA-Plasma Probenstabilität. Frisch in das Labor! Innerhalb 1 h zentrifugieren und bestimmen oder innerhalb 1 h bei < –20 °C einfrieren. Präanalytik. Bei Lagerung > 1 h bei Raumtemperatur Anstieg der Werte um bis zu 20 %. Probe bei Trübung oder Lipämie durch Zentrifugation (10 min bei 15000 × g) klären vor Analytik. Analytik.

5 7 Immunturbidimetrie 5 7 Immunnephelometrie 5 7 Immunodiffusion, radiale Standard: CRM 470

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. g/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL:100 = g/L

Halbwertszeit. 0,5–1 Tag

Referenzbereich — Erwachsene. 0,1–0,4 g/L

Funktion und Pathophysiologie. Bildung der C3/C5-Konvertase:

Anstieg in der Schwangerschaft, dabei vermindertes intaktes C4, aber erhöhtes C4d. Nach der Geburt Abfall innerhalb von 6 Monaten. Neugeborene haben 50–75 % der Werte von Erwachsenen.

C4 wird von C1s aktiviert durch Abspalten eines 77-AminosäurenFragmentes vom N-terminalen Teil der α-Kette (C4a). Der größere Teil ist das C4b (α-, β- und γ-Kette). Die Aktivierung öffnet die Thioesterbindung und aktiviert die Glutaminsäure. Es entsteht eine aktive Membranbindungsstelle. Ein C1s-Molekül kann bis 30 C4-Moleküle enzymatisch aktivieren, ohne dass sich C4b von der Membran ablöst. In Anwesenheit von Mg2+-Ionen wird außerdem C2-Komplement

Referenzbereich — Kinder. 3 Monate: 0,09–0,305 g/L 6 Monate: 0,1–0,355 g/L 9 Monate: 0,115–0,395 g/L

C

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C2-Konzentrationen

12 Monate: 0,12–0,45 g/L 2–10 Jahre: 0,125–0,4255 g/L 12–18 Jahre: 0,14–0,435 g/L

Indikation.

5 SLE oder SLE ähnliche Autoimmunerkrankungen und Immunkomplexerkrankungen (Vaskulitis) 5 Membranoproliferative Glomerulonephritis 5 Verdacht auf hereditäres angioneurotisches Ödem.

Interpretation. Immer 7 C-reaktives Protein (schneller Anstieg)

mitbestimmen und evtl. 7 α1-saures-Glykoprotein (langsamer Anstieg), da Anstieg durch 7 Akute-Phase-Reaktion die Interpretation erschweren kann. Bei klassischer Aktivierung der Komplementkaskade häufig deutlicherer Abfall als bei 7 C3-Komplement. Bei hereditärem angioneurotischem Ödem sind 7 C1-Esterase-Inhibitor (bei 15 % nur die Funktion) und C4-Komplement vermindert, C3Komplement aber im Referenzbereich. Beim SLE ist ein C4-Mangel häufig (> 50 %).

Diagnostische Wertigkeit. Empfindliche Kenngröße der Aktivierung des klassischen Weges der Komplementkaskade (meist empfindlicher als CH50 bzw. CH100). Keine Unterscheidung zum angeborenen Mangel möglich. Dazu sind die schwer verfügbaren Spaltprodukte zu bestimmen. 20 % von Personen mit 7 IgA-Mangel haben auch einen homozygoten C4A-Mangel. Bei Lebererkrankungen ist C4 häufig erniedrigt bei erhöhtem C4d, ohne dass man beim Gesamt-C4 Abweichungen feststellen kann. Literatur. Whicher JT, Chir B (1996) Komplement Component C3 in Serum proteins in clinical medicine. In: Ritchie RF, Navolotskaia O (eds) Serum Proteins in Clinical Medicine. Laboratory section, Vol I.1st edn. Kap 10.02. Foundation for Blood Research, Scarborough ME, pp 1–9

C2-Konzentrationen 7 C2-Monitoring

Clark-Elektrode 7 Sauerstoffpartialdruck

Clearance, glomeruläre W.G. Guder

Synonym(e). Glomeruläre Filtrationsrate; GFR Englischer Begriff. glomerular clearance, glomerular filtration rate (GFR)

Definition. Die glomeruläre Clearance bezeichnet die Menge Plasma, die pro Minute von einer Substanz durch glomeruläre Filtration befreit wird. In Abhängigkeit von der angewandten Methode spricht man von endogener (z. B. 7 Kreatinin, 7 Cystatin C) oder exogener (Inulin, Iohexol, 99Tc-DTPA) Clearance.

Pathophysiologie. Die glomeruläre Clearance einer Substanz hängt ab von ihrer Molmasse, ihrer Ladung und der Bindung an andere größere Blutbestandteile. Eine Reduktion der glomerulären Clearance kann pathophysiologisch prärenale, renale und postrenale Ursachen haben. Prärenale Ursachen der reduzierten glomerulären Clearance liegen vor, wenn es zum Absinken des kapillären Drucks durch Reduktion der renalen Durchblutung bei Abfall des Blutdrucks, durch lokale Verengung der Nierenarterien oder Erhöhung des venösen Drucks kommt. Renale Ursachen stellen alle Formen der glomerulären Erkrankungen dar (Glomerulonephritis, diabetische Nephropathie, Nephrosklerose) die eine Reduktion der glomerulären Filtrationsfläche bewirken. Tubuläre Funktionsstörungen können durch Erhöhung des intratubulären Drucks (z. B. durch Verschluss des Tubulus bei Bildung von Zylindern oder Kristallen, die den Abfluss behindern), durch Rück-

kopplung bei Verminderung der Salzreabsorption (tubuloglomerulärer Feedback) die Clearance vermindern. Bei postrenalen Ursachen der Druckerhöhung durch Tumoren, Steine oder Entzündungen der ableitenden Harnwege kommt es über eine Verminderung der tubulären Funktion zur Reduktion der glomerulären Filtration.

Untersuchungsmaterial. In Abhängigkeit von der angewandten Methode wird Plasma/Serum und über definierte Zeiten gesammelter Urin zur Ermittlung der glomerulären Clearance benötigt.

Analytik. Bezüglich der Analytik endogener Clearancesubstanzen wird auf die Analyte 7 Kreatinin und 7 Cystatin C verwiesen. Die Analytik von Inulin und/oder Iohexol erfolgt spektrophotometrisch.

Referenzbereich. Die glomeruläre Clearance wird in mL/min angegeben. Es besteht eine deutliche Altersabhängigkeit. Bei Kindern und bei großen Unterschieden in der Muskulatur wird eine zusätzliche Korrektur auf die Körperoberfläche empfohlen (7 Tab. 1). Clearance, glomeruläre. Tab. 1. Alter

glomeruläre Clearance (mL/min)

5–7 Tage

38–62

1–2 Monate

54–76

3–12 Monate

64–108

3–13 Jahre

100–145

14–39 Jahre

95–160

40–49 Jahre

> 68

50–59 Jahre

> 58

60–69 Jahre

> 50

> 70 Jahre

> 48

Bewertung. Die glomeruläre Clearance stellt eine wesentliche Messgröße zur Erfassung der renalen Funktion dar. Sie wird bei Erprobungen von Medikamenten, Abschätzung des renalen Risikos und Dosierung nierengängiger Medikamente immer noch als das Maß für Nierenfunktion verwendet. Bezüglich der angewendeten Methodik haben sich zunehmend Erkenntnisse über die Grenzen der angewandten Methoden verbreitet. Nach Messung des Kreatinins mit einer enzymatischen Methode wurde deutlich, dass die endogene 7 Kreatininclearance ca. 20 % höher als die wahre glomeruläre Clearance ist. Da die früher als Goldstandard empfohlene 7 Inulinclearance wegen der Anwendung von zu injizierenden Fremdstoffen und der fehleranfälligen aufwändigen Methodik nicht mehr angewandt wird und Isotopen ebenfalls nur bei strenger Indikation angewandt werden, wurde als alternativer Marker 7 Cystatin C vorgeschlagen, das zunehmend als endogene Kenngröße verwendet wird. Literatur. Coresh J, Auguste P (2008) Reliability of GFR formulas based on serum creatinine, with special reference to MDRD Study equations. Scand J Clin Lab Invest 68, Suppl 241:30–38 Delanghe JR (2008) How to establish glomerular filtration rate in children. Scand J Clin Lab Invest 68, Suppl 241: 46–51 Guder WG, Boesken WH (2009) Glomeruläre Clearance. In: Guder WG, Nolte J (Hrsg): Das Laborbuch für Klinik und Praxis. 2. Aufl. Elsevier, Urban und Fischer. München, S. 779–782

Clearance, totale W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. systemic clearance

Cloned Enzyme Donor Immunoassay

Definition. Die totale Clearance gibt an, wieviel mL Plasma/min von einem Stoff befreit wird. i Die totale Clearance unterscheidet nicht, auf welche Weise der

Stoff aus dem Plasma entfernt wird, d. h. ob es sich um eine renale und/oder hepatische Clearance handelt. Die totale Clearance Cltot kann wie folgt berechnet werden: V Cltot = ln 2 × t½ t½: Halbwertszeit im Plasma (min) V: Verteilungsvolumen (mL)

Literatur. Gladtke E, von Hattingberg HM (1973) Pharmakokinetik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Cleaved cells H. Baum

Englischer Begriff. cleaved cells Definition. Kleine bis mittelgroße Lymphomzelle mit grobscholligem, plumpen Kernchromatin und mehr oder weniger deutlicher, scharfkantiger Einkerbung des Zellkerns.

343

Client-Server-Architektur. In der 7 Labor-EDV sind die Clients alle PC oder Terminals an den Arbeitsplätzen, auf welchen die entsprechende Software für den Zugriff auf den Labor-Server ausgeführt wird.

Client-Server-Architektur O. Colhoun

Englischer Begriff. client-server-concept Definition. Architekturprinzip von 7 Labor-EDV-Systemen. Dabei stehen einem oder mehreren zentralen Rechnern, den Servern, mehrere Arbeitsstationen, die Clients, gegenüber, die von den Servern angebotene Dienste in Anspruch nehmen können. i Ein Labor-EDV-Server speichert seine Datenbestände in einer Datenbank, auf die je nach Zugangsberechtigung verschiedene Clients zugreifen können, und stellt Programme, Speicher, Rechenleistung und Kommunikationsdienste zur Verfügung. Ein Client-Rechner ist auch ohne den Server ein arbeitsfähiges System (z. B. Arbeitsplatz-PC im Labor). Seine Aufgabe besteht darin, dem Benutzer eine Benutzeroberfläche zur Verfügung zu stellen. Der entscheidende Vorteil der Client-Server-Architektur besteht darin, dass sie eine effiziente Verteilung von Ressourcen ermöglicht.

Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI) 7 National Committee for Clinical Laboratory Standards

clogP 7 logP

Cloned Enzyme Donor Immunoassay T. Arndt

Synonym(e). CEDIA Englischer Begriff. cloned enzyme donor immunoassay Definition. Sonderform des homogenen Immunoassays (7 Immunoassay, homogener). Cleaved Cells. Abb. 1. 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung. Mit Pfeilen markiert sind die typischen scharfrandigen Einschnitte in die Zellkerne i Cleaved Cells sind meist kleine bis mittelgroße Zellen mit wenig basophilem Zytoplasmasaum, dichtem, grobscholligem Kernchromatin und einer oder mehrerer scharfkantigen Einkerbung des Zellkernes. Oft sind ein, manchmal auch zwei oder mehrere Nukleolen nachweisbar. Cleaved Cells können bei verschiedenen Non-HodgkinLymphomen im peripheren Blut nachgewiesen werden, wobei differenzialdiagnostisch in erster Linie ein Mantelzell-Lymphom, ein follikuläres Lymphom oder ein Marginalzonen-Lymphom in Frage kommen.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Der Assay beruht auf dem bakteriellen Enzym β-Galaktosidase, das gentechnisch in zwei inaktive Fragmente zerlegt wurde. Diese Bruchstücke können sich unter Bildung des voll aktiven Enzyms spontan wiedervereinigen, welches dann durch Substratspaltung eine spektrometrisch messbare Farbänderung hervorrufen kann.

anfordert.

Prinzip des Assays am Beispiel des Opiatnachweises Opiate der Patientenprobe und opiatmarkierte inaktive Enzymfragmente konkurrieren um eine begrenzte Zahl von Opiat-Antikörperbindungsstellen. In einer opiathaltigen Urin- oder Serumprobe werden (in Abhängigkeit von der Opiatkonzentration) wenige oder viele Opiat-Antikörper-Komplexe gebildet. Es stehen entsprechend viele oder wenige Opiat-Antikörper zur Bindung mit den opiatmarkierten-Enzymfragmenten zur Verfügung. Die durch Opiat-Antikörper gebundenen opiatmarkierten Enzymfragmente können aufgrund einer sterischen Behinderung nicht zu kompletten Enzymen reassoziieren. Freie, nicht-Antikörper-gebundene opiatmarkierte Enzymfragmente können sich dagegen zu voll aktiver β-Galaktosidase vereinigen. Diese spaltet ein chromophores Substrat (o-Nitrophenylβ-D-Galaktopyranosid oder Chlorphenolrot-β-D-Galaktopyranosid) und führt damit zu einer Farbänderung des Reaktionsansatzes. Die Menge des gebildeten Enzyms und die daraus resultierende Änderung der Extinktion der Reaktionslösung sind der Opiatkonzentration in der Probe proportional. Die Quantifizierung erfolgt spektrometrisch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Kalibrationsfunktion.

i Ein Programm, das auf eine Dienstleitung eines Servers zugreifen

Einsatzgebiet. Drogen- und Medikamenten-Analytik

Literatur. Harris NL, Jaffe ES, Stein H, et al (1994) A Revised European-American Classification of Lymphoid Neoplasms: A Proposal From the International Lymphomy Study Group. Blood 84:1361– 1392

Client O. Colhoun

Englischer Begriff. client Definition. Computer, der Dienste von einem anderen Computer

kann, bezeichnet man als Client-Programm. Die einen Dienst anbietende Einheit heißt Server, eine entsprechende Organisationsstruktur

Untersuchungsmaterial. Urin, Serum, Speichel

C

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Clonidin-Stimulationstest; Clonidin-Test

Cloned Enzyme Donor Immunoassay. Abb. 1. Konkurrenz von Analyt- und Enzymdonor-Analyt-Konjugatmolekülen um eine begrenzte Anzahl von Antikörpermolekülen im Cloned Enzyme Donor Immunoassay (mit freundlicher Genehmigung von Microgenics, Passau).

Instrumentierung. Der CEDIA wird gewöhnlich mechanisiert durchgeführt.

Spezifität. Die Spezifität der Methode ist hoch, sodass auch Institute der Rechtsmedizin die CEDIA-Technologie in breitem Maße zum Drogenscreening einsetzen.

Sensitivität. Die Sensitivität ist abhängig vom Analyt bzw. der Analytgruppe. Konzentrationen im μg/L-Bereich können präzise gemessen werden. Fehlermöglichkeit. Die einzelnen Assays wurden umfangreich auf mögliche Quellen für Kreuzreaktionen, die zu falsch-positiven Drogennachweisen führen können, untersucht. Solche sind für die am häufigsten eingesetzten Medikamente und deren Metabolite unwahrscheinlich, insgesamt jedoch nicht völlig auszuschließen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Analyse erfolgt gewöhnlich mechanisiert und aus der Originalprobe (Barcodeleser). Praktikabilität, Probendurchsatz und Reproduzierbarkeit sind entsprechend hoch.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der CEDIA stellt ein qualitativ hochwertiges und (kosten)effizientes Verfahren zum Drogennachweis (7 Drogenscreening) und zur Medikamentenbestimmung (z. B. Immunsuppressiva) dar. Er hat den FPIA zunehmend aus der Drogenanalytik verdrängt. Ein mit dem CEDIA erhobener positiver Drogennachweis bedarf unter forensischen Bedingungen einer Bestätigungsanalyse durch eine physikochemische Analysenmethode (7 Chromatographie und/oder 7 Massenspektrometrie).

Englischer Begriff. clonidine test; clonidine suppression test Definition. Clonidin hemmt als α-adrenerger Agonist die Katecholamin-Sekretion bei gesunden Personen. Bei Vorliegen eines Phäochromozytoms mit autonomer Katecholaminsekretion wird kein Abfall erzielt.

Durchführung.

5 Möglichst mindestens 24 h vor Beginn sollte eine antihypertensive Therapie, außer Calciumantagonisten, abgesetzt werden 5 Legen einer Venenkanüle, Patient 30 min in liegender Körperhaltung 5 Blutentnahme zur Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin (Basiswerte) 5 Gabe von 300 μg Clonidin (Catapresan) oral 5 Nach 180 min 2. Blutentnahme für die Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin 5 Der Test ist unter ständiger Blutdruckkontrolle (in 30-min-Abständen) durchzuführen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 Katecholamine Probenstabilität. 7 Katecholamine Präanalytik. 7 Katecholamine Analytik. 7 Katecholamine Referenzbereich — Erwachsene. Abfall von Adrenalin und/oder Noradrenalin auf mindestens 50 % des Ausgangswerts. Indikation. Verdacht auf eine autonome Adrenalin- oder Noradrena-

Literatur. Henderson DR, Friedman SB, Harris JD et al (1986)

linproduktion (Phäochromozytom)

CEDIATM, a new homogeneous immunoassay system. Clinical Chemistry 32:1637–1641

Kontraindikation(en). Bradykarde Herzrhythmusstörungen. Nebenwirkung(en). Bei Phäochromozytom-Patienten hypertensive

Clonidin-Stimulationstest; Clonidin-Test 7 Clonidin-Wachstumshormon-Stimulationstest

Clonidintest (Suppressionstest) W. Hubl

Synonym(e). Clonidin-Suppressionstest

Krisen, bei Gesunden Hypotonie.

Interpretation. Ein ausbleibender – oder geringerer Abfall von Noradrenalin (bzw. Adrenalin) auf weniger als 50 % des erhöhten Ausgangswerts – deutet auf ein Phäochromozytom hin. Diagnostische Wertigkeit. Diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische): 87 % Diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische): 93 %

Clozapin

Literatur. Veglio F, Morello F, Morra Di Cella S et al (2003) Recent Advances in Diagnosis and Treatment of Pheochromocytoma. Minerva Med 94:267–271 Lenz T, Gossmann J, Schulte KL et al (2002) Diagnosis of Pheochromocytoma. Clin Lab 48:5–18

Clonidin-Wachstumshormon-Stimulationstest W. Hubl

Synonym(e). Clonidin-Test; Clonidin-Stimulationstest Englischer Begriff. clonidine growth hormone stimulation test Definition. Mit einer Clonidin-Applikation wird die Stimulierbarkeit der Wachstumshormon-Sekretion getestet. Der Test dient zur Untersuchung auf einen hypophysären Wachstumshormonmangel im Kindes- und Jugendalter.

Durchführung.

5 Antihypertensive Therapie möglichst 3 Tage vor dem Test absetzen! 5 Nahrungskarenz für 8–12 h 5 Blutdruckmessungen (Clonidin bewirkt einen Blutdruckabfall) vor und während des Tests 5 Blutentnahme am ruhenden, nüchternen Patienten zur Wachstumshormonbestimmung 5 Applikation von 150 μg/kg KG Clonidin oral 5 Weitere Blutentnahmen nach 30, 60, 90 und 120 min zur Wachstumshormonbestimmung (STH, HGH)

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Referenzbereich — Erwachsene. Anstieg des 7 Wachstumshormons auf über 15 μg/L

Indikation. Minderwuchs, Zwergwuchs, Verdacht auf Wachstumshormonmangel, Wachstumsretardierung bei Kindern

Kontraindikation(en). AV-Block 2. Grades und eine schwere arterielle Verschlusskrankheit, Raynaud-Syndrom, schwere Depressionen.

Nebenwirkung(en). Orthostatische Hypotonie Interpretation. Anstieg der Wachstumshormonkonzentration auf über 15 μg/L: Ausschluss des absoluten Wachstumshormonmangels. Subnormaler STH-Anstieg: 5–15 μg/L Pathologisches Ergebnis: kein STH-Anstieg erniedrigter Ausgangswerte Diagnostische Wertigkeit. Diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische): 80 %, Diagnostische Spezifität (7 Spezifität, diagnostische): 80 % Literatur. Obara-Moszyńska M, Kedzia A, Korman E, Niedziela M (2008) Usefulness of growth hormone (GH) stimulation tests and IGF-I concentration measurement in GH deficiency diagnosis. J Pediatr Endocrinol Metab 21:569–579 Cianfarani S, Tondinelli T, Spadoni GL et al (2002) Height velocity and IGF-I assessment in the diagnosis of childhood onset GH insufficiency: do we still need a second GH stimulation test? Clin Endocrinol (Oxf) 57:161–167

345

sind seit längerem im klinischen Gebrauch: Ticlopidine und Clopidogrel. Wegen des höheren Nebenwirkungsrisikos, wie Neutropenie oder thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP), ist Ticlopidine fast komplett durch Clopidogrel ersetzt worden. Beide Medikamente können oral verabreicht werden. Beides sind Prodrugs und werden in der Leber durch 7 Cytochrom P450 in aktive Metaboliten modifiziert, die den P2Y12-Rezeptor irreversibel hemmen. Die aktiven Metaboliten binden kovalent an Cysteinreste des Rezeptors, wodurch die Bindung von ADP an den Rezeptor blockiert ist. Zusätzlich scheint Clopidogrel auch die Oligomerstruktur des Rezeptors aufzubrechen und zur Verteilung des Rezeptors außerhalb von „lipid rafts“ zu führen. Lipid rafts repräsentieren funktionelle Mikrodomänen der Zellmembran, in denen sich Proteine und Lipide dynamisch verteilen. Trotz verbesserter klinischer Protokolle und besserer Standardisierung des Monitorings zeigt sich eine nicht zu vernachlässigende individuelle Variabilität der In-vivo- als auch der In-vitro-Clopidogrelwirkung. Bis zu 30 % der behandelten Patienten zeigen in Tests ähnliche Werte wie unbehandelte Patienten. Klinische Studien zeigen, dass diese Patienten ein deutlich höheres Risiko für rezidivierende ischämische Ereignisse tragen. 5–10 % der Patienten erleiden unter Therapie mit Clopidogrel eine akute oder subakute Thrombose nach dem Einlegen eines Stents wegen eines koronaren Verschlusses. Daraufhin wurde das Konzept einer Clopidogrelresistenz formuliert. Die Ursachen sind vielfältig; die wichtigste ist sicher die fehlende Patientencompliance. Daneben werden die variable Metabolisierung in der Leber, reduzierte enterale Absorption, Interaktion mit anderen Medikamenten (Benzodiazepine, selektive Serotonin-reuptake-Inhibitoren), genetische Polymorphismen für Rezeptor und Cytochrom P450, Unterdosierung von übergewichtigen Patienten (BMI-adaptiert) oder erhöhte Sensibilität der Plättchen (7 Thrombozytenaggregation) für ADP und Kollagen angenommen. Die wahrscheinlich spezifischste Methode zur Therapieüberwachung der Clopidogrelwirkung ist die flowzytometrische Messung der Phosphorylierung des 7 Vasodilator-Stimulated Phosphoproteins (VASP). Alternativ kann die Clopidogreltherapie durch Messung der APD-induzierten Plättchenaggregation mit turbidometrischen oder Impedanzmethoden überwacht werden. Die Bestimmung der Clopidogrelresistenz erfolgt zunehmend häufiger vor bzw. unter Clopidogreltherapie. Neu in der Gruppe der klinisch zugelassenen Thienopyridine ist Prasugrel, das eine schnellere, verlässlichere (geringere individuelle Variation) und stärkere Hemmung der ADP-induzierten Plättchenaggregation als Clopidogrel erlaubt. Strukturbedingt ist seine Aktivierung weniger abhängig von spezifischen Cytochrom P-450-Enzymen. Bei verschiedenen Patientengruppen ist die Anwendung von Prasugrel mit einer höheren Blutungsneigung verbunden.

Literatur. Michelson AD (2008) P2Y12 Antagonism, Promises and Challenges. Arterioscler Thromb Vasc Biol 28:33–38

Clot observation time 7 Patientennahe Sofortdiagnostik

Clozapin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. clozapine Definition. Neuroleptikum

Clopidogrelresistenz P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. clopidogrel resistance Definition. Die Wirkung des P2Y12-Antagonisten Clopidogrel kann mit verschiedenen Methoden in vitro getestet werden. Alle diese Tests zeigen eine individuelle Variabilität der Hemmung des Rezeptors, also eine „Clopidogrelresistenz“. Studien belegen einen positiven Zusammenhang zwischen der mittels In-vitro-Tests erfassten Wirkung und dem klinischen Ansprechen von Clopidogrel.

Clozapin. Abb. 1.

i Zwei Thienopyridine als Antagonisten des ADP-Rezeptors P2Y12

Molmasse. 326,83 g

C

346

Clubdrogen

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Bioverfügbarkeit beträgt ca. 50 %. Wegen eines ausgeprägten „First-Pass-Metabolismus“ wird Clozapin nur in geringem Maße unverändert renal ausgeschieden. Halbwertszeit. 12 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei akuten Vergiftungen wurden beobachtet: Tachykardie, Ataxie, Bewusstseinsstörung, Krampfanfälle und Atemdepression. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin. Keine Gelröhrchen wegen Adsorption am Gel.

Analytik. HPLC, GC, GC-MS, LC-MS/MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie) Indikation. Clozapinintoxikation, therapeutisches Drug Monitoring

Definition. Die Clusteranalyse ist eine multivariate, statistische Methode zur Klassifizierung von Individuen in unbekannte Gruppen. i Im Rahmen der Clusteranalyse werden Beobachtungen zu Grup-

pen bzw. Clustern zusammengefasst, deren Ausprägungen „nahe“ beieinander liegen. Die Clusteranalyse ist eine Form der computergestützten Diagnose, die auch als „unsupervised pattern recognition“ bezeichnet wird, da die Gruppenzuteilung a priori unbekannt ist.

Literatur. Pereira-Maxwell F (1998) A–Z of Medical Statistics. Arnold, London Fisher LD, van Belle G (1993) Biostatistics A Methodology for the Health Sciences. Wiley, New York

Clusterin complement-associated protein SP-40,40 7 Apolipoprotein J

Interpretation. Therapeutischer Bereich: 0,3–0,6 mg/L; toxisch: > 0,8 mg/L; komatös-letal: > 2 mg/L

Literatur. Degel F, Demme U, Birkhahn HJ et al (2009) Neuroleptic drugs and antidepressants. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 393–453

Clubdrogen T. Arndt

cM 7 Centimorgan

C2-Monitoring T. Arndt

Synonym(e). C2-Proben; C2-Werte; C2-Konzentrationen

Synonym(e). Rave-Drogen; Klubdrogen

Englischer Begriff. C2 monitoring; C2 samples; C2 concentrations

Englischer Begriff. club drugs; rave drugs

i Im Unterschied zum konventionellen 7 Therapeutischen Drug

Definition. Oberbegriff für eine nicht näher definierte Gruppe von Drogen, die in Nachtclubs oder bei Langzeittanzveranstaltungen, sog. Rave-Parties, besonders häufig konsumiert werden. i Hierzu gehören Alkohol (7 Ethanol), 7 Amphetamine (Meth-

amphetamin, MDMA, „Ecstasy“), Flunitrazepam (7 Benzodiazepine), 7 γ-Hydroxybuttersäure, 7 Ketamin und 7 LSD. Zu Darreichungsformen, Wirkweisen und Analytik s. dort.

Literatur. Valentine JL, Kerrigan S (2001) „Club“ or „Rave“ Drugs Offer Challenges to Laboratories. AACC/CAP Educational Newsletter for Toxicology, September issue.

Cluster of differentiation 7 Zelloberflächenmarker

Monitoring wird die Pharmakon-Konzentration des Bluts nicht unmittelbar vor der nächsten Gabe, das heißt im sog. Steady-State (7 Fließgleichgewicht), sondern 2 h nach der letzten Gabe des Medikaments zur Therapiekontrolle bestimmt.

Literatur. Juenke JM et al (2004) Specimen dilution for C2 Monitoring with the Abbott TDxFLx Cyclosporine Monoclonal Whole Blood Assay. Clin Chem 50:1430–1432

CM Protein I 7 Histidinreiches Glykoprotein

C-NPU W.-R. Külpmann

Cluster-of-differentiation-Nomenklatur

Synonym(e). Committee on Nomenclature, Properties and Units

H. Renz, B. Gierten

Definition. Das Komitee ist eine ständige Einrichtung von 7 IFCC und 7 IUPAC. Es legt für die gesamte Laboratoriumsmedizin (z. B. Klinische Chemie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Toxikologie) die Bezeichnung der Messgrößen fest und weist ihnen eindeutige Codes (NPU-Codes) für den sicheren elektronischen Datentransfer zu. NPU ist somit die Alternative zu 7 LOINC. Messgrößenart gemäß C-NPU: Eigenschaft eines Phänomens, eines Körpers oder Substanz, die qualitativ beschrieben und quantitativ ermittelt werden kann.

Synonym(e). CD-Nomenklatur Definition. Oberflächenmoleküle auf Leukozyten i Viele Oberflächenmoleküle auf Leukozyten wurden bereits beschrieben bevor deren Molekülstruktur und exakte Funktion bekannt waren. In der Nomenklatur entstand eine gewisse Verwirrung, da unterschiedliche Systeme bezugnehmend auf verschiedene, bereits untersuchte Funktionen bestanden. Um Doppelbezeichnungen zu vermeiden wurde die Cluster-of-differentiation-Nomenklatur eingeführt. Sie erfasst die Oberflächenmoleküle systematisch, berücksichtigt werden funktionelle, biochemische und genetische Aspekte. Die CD-Nomenklatur wird auf regelmäßig stattfindenden Workshops aktualisiert.

Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München, S 16ff www.ncbi.nlm.nih.gov

Clusteranalyse R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. cluster analysis

i Eine Messgröße setzt sich zusammen aus: 5 System 5 Analyt 5 Messgrößenart mit Einheit

Im C-NPU-System wird für diesen Datensatz ein eindeutiger Code vergeben, die NPU-Nummer. Beispiel: Plasma-Urat; Stoffmengenkonzentration (μmol/L); NPU 09356 Das Messverfahren wird nur angegeben soweit erforderlich. Wenn möglich werden SI-Einheiten verwendet.

Literatur. Külpmann WR (2005) Das NPU-System (IFCC, IUPAC) der Meßgrößen und Einheiten in der Laboratoriumsmedizin. J Lab Med 29:2–5

14C- oder 3H-Taurocholat-Absorptionstest

Coagulationsvitamin 7 Vitamin K

CoA-SH 7 Pantothensäure 13CO - Atemtest nach Laktose 2 R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. Definition.

13C-Lactose

13C-Atemtest

breath test

Cobalamin

Durchführung. Nach oraler Applikation von 13C-Laktose wird die

7 Vitamin B12

über 4 h in der Ausatemluft kumulativ gemessen.

13CLaktose zu 13C-Glukose und 13C-Galaktose infolge primären oder sekundären Laktasemangels sowie bei Malabsorption anderer Genese werden 13C-Glukose und 13C-Galaktose vermindert im Dünndarm resorbiert und zu 13CO2 verstoffwechselt. Im Vergleich zum Gesunden ist die 13CO2-Exhalation vermindert.

Funktion und Pathophysiologie. Bei gestörter Spaltung von

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ausatmungsluft Analytik. Isotopenverhältnis-7 Massenspektrometrie (IR-MS) oder nicht dispersive isotopenselektive 7 Infrarot-Spektrometrie.

Indikation. Verdacht auf primären oder sekundären Laktasemangel. Störung der intestinalen Kohlenhydratresorption anderer Genese.

Interpretation. Eine gegenüber Gesunden verminderte 13CO2-Exha-

lation zeigt einen 7 Laktasemangel oder eine Störung der intestinalen Kohlenhydratresorption anderer Genese an.

Diagnostische Wertigkeit. Wegen der hohen Substratkosten ist der 13C-Laktose-Atemtest

dem H2-Atemtest nach Laktose unterlegen.

Literatur. Braden B, Lembcke B, Caspary WF (2003) Nichtinvasive Funktionsdiagnostik aus der Atemluft mit 13C-Atemtests. Dt Ärzteblatt 100, A3376–A3381 14CO -Atemtest nach Laktose 2 R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff.

mit Agenzien (z. B. 7 Antikörpern). Ziel des Coatings sind Oberflächeneigenschaften, die eine spezifische Bindung der Analyte an der modifizierten Oberfläche ermöglichen, sodass beim anschließenden Waschen der Reaktionsgefäße (ungebundene) Matrixbestandteile effizient entfernt werden können. Die möglichst vollständige Beschichtung verhindert einerseits eine unspezifische Bindung von Analyten und Matrixkomponenten an unbeschichtete Oberflächensegmente und erhöht andererseits die analytische Sensitivität angesichts der direkten Proportionalität zwischen Oberflächenkonzentration der Beschichtungsmoleküle (z. B. Antikörper) und Anzahl der gebundenen Analytmoleküle (z. B. 7 Antigene). Ein häufiges Einsatzgebiet „gecoateter“ Mikrotiterplatten sind sog. 7 Sandwich-Assays oder 7 Radioimmunoassays.

für die Diagnostik der Laktosemalabsorp-

tion 13CO -Exhalation 2

347

14C-Lactose

Definition. Obsoleter

breath test

14C-Atemtest

für die Diagnostik der Laktose-

malabsorption

Durchführung. Wegen des Verbots des Einsatzes des radioaktiven Kohlenstoffisotops 14C für klinische Zwecke ist die Durchführung des mit 14C Laktose obsolet.

14CO -Atemtests 2

Literatur. Braden B, Lembke B, Caspary WF (2003) Nichtinvasive Funktionsdiagnostik aus der Atemluft mit 13C-Atemtests. Dt Ärzteblatt 100:A3376–A3381

Cobalt 7 Kobalt

CO₂-Bindungskapazität 7 Alkalireserve

Cocain 7 Kokain

Cockroft-Gault-Formel W.G. Guder

Synonym(e). Kreatinin-Clearance aus Serumkreatinin Englischer Begriff. Cockroft and Gault formula Definition. Formel zur Berechnung der endogenen 7 KreatininClearance auf der Basis einer einzelnen Bestimmung der Kreatininkonzentration im Plasma/Serum. i Cockroft und Gault beschrieben im Jahr 1976 eine Formel, die

es erlaubt, aus der Konzentration des 7 Kreatinins im Plasma die endogene Kreatinin-Clearance zu berechnen. Diese berücksichtigte neben der Muskelmasse (angegeben als Körpermasse) das Alter und den Geschlechtsunterschied von Männern und Frauen hinsichtlich Körpermasse und Muskelmasse. Clearance (mL/min) = [140 – Alter (Jahre)] × Körpergewicht(kg) / 72 × Kreatinin im Plasma/Serum (mg/dL). Bei Frauen wird das Ergebnis mit 0,85 multipliziert. Diese Formel wurde in jüngerer Zeit weitgehend durch die MDRDFormel abgelöst (7 Kreatinin-Clearance).

Literatur. Cockroft DW, Gault MH (1976) Predictive Value of Creatinine Clearance from Serum Creatinine. Nephron 16:31–41

Cocktail T. Arndt

Coating

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin mit Kokain (7 Stra-

T. Arndt

ßennamen von Drogen: Opiate).

Synonym(e). Antikörperbeschichtung von Reaktionsgefäßen Englischer Begriff. coating Definition. In den Natur- und technischen Wissenschaften vielfältig genutzter Begriff. In seiner allgemeinsten Form handelt es sich um die Beschichtung einer Unterlage mit einem dünnen Film eines speziellen Materials. i Im klinisch-chemischen Labor bezeichnet Coating gewöhnlich

die Beschichtung von Reaktionsgefäßen (z. B. 7 Mikrotiterplatten)

Codein 7 Morphin(derivat) 14C- oder 3H-Taurocholat-Absorptionstest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. taurocholate resorption test Definition. Nuklearmedizinischer Funktionstest zur Diagnostik ei-

C

348

Codierende DNA

ner Gallensäuremalabsorption, bei dem nach oraler Applikation der radioaktiv markierten konjugierten Gallensäure Taurocholsäure deren fäkale Ausscheidungsmenge nach 24 h gemessen wird. Die am Cholsäurerest 14C- oder 3H-markierte Taurocholsäure wird oral in Verbindung mit einer Testmahlzeit verabreicht. Es erfolgt im terminalen Ileum eine aktive Resorption und Reexkretion durch die Leber im Rahmen des enterohepatischen Kreislaufes. Die in 24 h fäkal ausgeschiedene Menge der radioaktiven 7 Gallensäure wird bestimmt. Eine fäkale Ausscheidung > 30 % der applizierten Menge spricht für eine Gallensäuremalabsorption.

Literatur. Stein J, Wehrmann T (Hrsg) (2002) Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie. Springer-Verlag, Heidelberg

i Während im zellfreien System (in vitro) beide Polynukleotidstränge der DNA transkribiert werden, wird im lebenden System (in vivo) nur die Nukleotidsequenz eines bestimmten Bereichs des einen Einzelstrangs (codogener Strang) umschrieben. Die Sequenz dieses 7 DNA-Stranges stimmt mit der mRNA überein.

Codominante Allele R. Weiskirchen

Synonym(e). Codominanz Englischer Begriff. codominant alleles, codominance Definition. Beide Allele sind an der Ausprägung des äußerlichen Er-

Codierende DNA

scheinungsbildes (Phänotyp) beteiligt.

R. Weiskirchen

i Eine Codominanz besteht, wenn keines der beiden 7 Allele do-

Englischer Begriff. coding DNA Definition. Der Anteil der DNA eines Individuums, der in 7 Genen angeordnete Erbinformationen zur Herstellung (Biosynthese) von Proteinmolekülen enthält. i Insgesamt nur ca. 5–10 % der menschlichen DNA ist codierende DNA. Sie wird transkribiert und während der 7 Translation wird die 7 Nukleotidsequenz der RNA in die Abfolge von 7 Aminosäuren eines Proteins übertragen. Zu der Fraktion der nicht codogenen DNA gehören z. B. Sequenzrepetitionen oder 7 Pseudogene.

minant über das andere ist und die Genprodukte beider Allele nebeneinander nachweisbar sind. Beispiele sind die Ausbildung einer Sichelzellenanämie bei Individuen mit heterozygoten β-Globingenen oder die Blutgruppe AB.

Codominanz 7 Codominante Allele

Codon R. Weiskirchen

Codierender Strang R. Weiskirchen

Englischer Begriff. coding strand Definition. DNA-Strang, der mit der 7 mRNA übereinstimmt

Synonym(e). Basentriplett Englischer Begriff. codon, coding triplett Definition. Abfolge eines Basentripletts, durch das eine spezifische Aminosäure, ein Start- oder ein Stoppsignal repräsentiert wird.

Codon. Abb. 1. Die Tripletts werden von innen nach außen gelesen und codieren jeweils für eine der biogenen 20 Aminosäuren oder eines der drei Stoppcodons.

Coeruloplasmin

i Aus den vier „genetischen Buchstaben“ der DNA, Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin ergeben sich insgesamt 64 mögliche Codons. 61 davon codieren ein Aminosäureeinbausignal für eine der 20 proteinogenen 7 Aminosäuren (Degeneriertheit des genetischen Codes), die drei anderen determinieren Stoppsignale der 7 Translation (7 Abb. 1). Die meisten Aminosäuren werden durch mehrere verschiedene 7 Tripletts kodiert. Zwischen diesen synonymen Codons ist oft nur das dritte 7 Nukleotid verschieden. In der Evolution hat sich für jede Art eine gewisse Präferenz einzelner Codons herausgebildet. Experimentell sind Kenntnis und Berücksichtigung der optimalen Codon-Nutzung wichtig, wenn Gene einer Art in einem fremden Organismus zur Expression gebracht werden.

Coenzym T. Arndt

Synonym(e). Coferment Englischer Begriff. coenzyme

349

7 Akute-Phase-Reaktion, dessen Zunahme bei akuten Entzündungen zur Grün-Blau-Verfärbung betroffener Seren führen kann. Funktionelle Eigenschaften: 5 Inkorporation von Kupfer während der Cp-Synthese in den Hepatozyten, Sekretion und Transport des Cu2+-Cp zu Geweben des Cu2+-Verbrauchs. Cp ist im Gegensatz zu 7 Albumin kein reversibles Kupfertransportprotein, da die Cu2+-Freisetzung an die Degradation des Cp gebunden ist. Kupfer kann nicht mit dem Cp-Apoprotein in der Zirkulation eine Verbindung eingehen. Dem Kupfertransport dient die dialysierbare Fraktion (s. o.) 5 Katalytische Aktivität als Oxidase (Kupferoxidase, Ferrooxidase), die die Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ vor Bindung an Transferrin, von Polyaminen, Katecholaminen, Polyphenolen und Askorbat katalysiert. 5 Antioxidanzfunktionen 5 Akute-Phase-Protein, jedoch schwächer als 7 Haptoglobin, 7 α1saures Glykoprotein (Orosomukoid) und 7 C-reaktives Protein (CRP).

dermolekulares Molekül (kein Protein), das als Zusatzfaktor zum viel größeren Proteinanteil eines Enzym-Moleküls funktioneller Bestandteil des Enzyms ist (s. a. 7 Apoenzym).

Funktion und Pathophysiologie. Cp-Erniedrigung bei autosomal rezessiv vererbter hepatolentikulärer Degeneration (Morbus Wilson) mit Cu2+-Ablagerungen in Leber, Hirn, Cornea und Niere (Prävalenz 1:50 000–1:100 000).

i Das Coenzym bindet normalerweise reversibel und nicht kova-

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

Definition. Ein Coenzym ist ein organisches, verhältnismäßig nie-

lent an das Apoenzym und bildet zusammen mit ihm das 7 Holoenzym. Das Coenzym geht – im Gegensatz zu einem Cosubstrat – unverändert aus der katalysierten Reaktion hervor. Viele Coenzyme sind phosphorylierte, wasserlösliche 7 Vitamine. Bekannte Coenzyme sind z. B. das Coenzym A oder das Coenzym B12. Während der enzymatischen Reaktion spielen sie eine Übertragungsrolle. Dabei werden sie chemisch verändert, weshalb sie nicht als Cokatalysatoren zu betrachten sind.

Literatur. Falbe J, Regitz M (1999) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Coenzym A 7 Pantothensäure

Coenzym Q 7 Vitaminoide

Coeruloplasmin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Ferroxidase; EC 1.16.3.1; Cp Englischer Begriff. ceruloplasmin; ferrooxidase

Probenstabilität. Analytstabilität bei 4 °C 3 Tage, bei –20 °C 4 Wochen , bei –70 °C unbeschränkt.

Präanalytik. Vermeidung von Lipämie und Hämolyse. Analytik.

5 Immunologische Methoden – 7 Immunnephelometrie und 7 Immunturbidimetrie – Radiale Immundiffusion (RID; 7 Immundiffusion, radiale) – Elektroimmunoassay (7Elektroimmundiffusion) 5 Funktionelle Methode mit Bestimmung der Cp-katalysierten Oxidation von p-Phenylendiamin bei 530 nm (Rotfärbung)

Referenzbereich — Erwachsene. 0,18–0,45 g/L Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1 Coeruloplasmin. Tab. 1. Alter

Coeruloplasmin-Konzentration (g/L)

Neugeborene (bis 3. Monat)

0,05–0,18

Kleinkinder

0,16–0,55

4 bis 7 Jahre

0,24–0,56

Definition. Kupferhaltiges Serumprotein mit enzymatischer Aktivität als Oxidase und diagnostischer Bedeutung für hereditäre Kupferstoffwechselstörungen (z. B. Morbus Wilson).

Molmasse. 150 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Cp ist das entscheiden-

de kupferhaltige, aus einer Polypeptidkette (1050 7 Aminosäuren) bestehende, 8 Atome Cu2+ pro Molekül enthaltende, deshalb blaugefärbte, in der α2-Globulin-Fraktion wandernde 7 Glykoprotein (Kohlenhydratgehalt: 8 %, Molmasse: 150 kDa, pI 4,4) des menschlichen Serums. Der während der Peptidsynthese erfolgende Einbau von 7 Kupfer (Cu2+) ist von einer ATPase 7b abhängig, die bei Morbus Wilson durch Mutation inaktiviert ist. Dadurch wird ein kupferfreies Apo-Cp gebildet, das bereits intrazellulär degradiert wird. Aufgrund des hohen Cu2+-Gehalts (0,34 % der Molmasse) sind ca. 95 % des Serumkupfers in der nichtdialysierbaren, kovalent mit Cp verbundenen Fraktion und 5 % in der dialysierbaren Kupferfraktion, die locker an 7 Albumin und Histidine gebunden ist, vertreten. Die Synthese erfolgt in den Hepatozyten, die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt ca. 96 h. Cp ist ein relativ schwach reagierendes positives Protein der

Indikation.

5 Verdacht auf hereditäre Kupferstoffwechselstörung (Morbus Wilson, Menke-Syndrom) 5 Aktivitätsbeurteilung akuter und chronischer entzündlicher Prozesse (Akute-Phase-Reaktion).

Interpretation. Serumkonzentrations-Veränderungen von Cp finden

sich bei den in 7 Tab. 2 genannten Erkrankungen. Erhöhungen gehen teilweise auf die Funktion von Cp als 7 Akute-Phase-Protein zurück. Diagnostisch dominierend ist der Einsatz bei Morbus Wilson und Menke’s-kinky-hair-Syndrom. Bei Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit durch über 250 Mutationsstellen des ATP-7b-Gens) ist in 80 % eine Konzentration < 0,2 g/L und in 60 % < 0,05 g/L festzustellen, doch sind Erniedrigungen weder 100 % sensitiv noch spezifisch für diese Erkrankung, die durch zusätzliche Untersuchungen der mit und ohne D-Penicillamin gesteigerten renalen Cu2+-Ausscheidung (> 100 μg/24 h), der erhöhten Cu2+-Ablagerung in Geweben, z. B. in Leber (> 250 μg/g Trockengewicht) und in der Corneaperipherie in Form des bräunlichen Kayser-Fleischer’schen Cornealrings und

C

350

Coferment

Coeruloplasmin. Tab. 2. Bewertung der Serum-CoerulosplasminKonzentration

der Coffeindosis unverändert ausscheiden. Theophyllin wird von Neugeborenen teilweise zu Coffein methyliert.

Halbwertszeit. Erwachsene: 2–10 h (Plasma); Neugeborene: 30–200 h Abnahme

Zunahme

hepatolentikuläre Degeneration (Morbus Wilson)

akute und chronische Entzündungen Gewebsnekrosen 5 Infektionen 5 rheumatoide Arthritis 5 Myokardinfarkt

Menke's-kinky-hairSyndrom Proteinverlustsyndrome 5 renal (Nephrose) 5 enteral (exsudative Enteropathie) schwere Leberparenchymerkrankungen (terminale Zirrhose)

Tumoren in Verbindung mit Zellnekrosen 5 akute Leukämien 5 Hodgkin-Lymphom Lebererkrankungen akute Hepatitis floride Zirrhose Cholestase primär biliäre Zirrhose

5 5 5 5

Malnutrition

Östrogene Kontrazeptiva

Malabsorption

Schwangerschaft

durch molekulargenetische Untersuchungen des ATP-7b-Gens nachzuweisen ist. Weitere Ursachen der Erniedrigung sind: 5 renale, enterale und dermale Proteinverlustsyndrome 5 schwere Leberzellinsuffizienz 5 Malnutrition 5 Malabsorption

Diagnostische Wertigkeit. Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) der Cp-Erniedrigung für Morbus Wilson sind aus Gründen erworbener Ursachen weder absolut spezifisch noch sensitiv. Andererseits kann eine erworbene oder genetisch bedingte Erniedrigung teilweise überlagert sein durch eine Konzentrationserhöhung im Rahmen einer Akute-Phase-Reaktion und/oder Östrogenzufuhr. Literatur. Gitlin JD (2003) Wilson disease. Gastroenterology 125: 1868–1877 Roberts EA, Schilsky ML (2003) A practice guideline on Wilson disease. Hepatology 37:1475–1492

Coferment 7 Coenzym

Coffein W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. caffeine Definition. Analeptikum (7 Abb. 1) Molmasse. 194,19 g

Funktion und Pathophysiologie. Die akute Coffeinvergiftung ist gekennzeichnet durch rauschartige Zustände und Schreckhaftigkeit und tritt häufiger bei Kindern auf nach Zufuhr großer Mengen coffeinhaltiger Getränke. Selten finden sich supraventrikuläre Tachyarrhythmien, die zum Tode führen können.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin Analytik. Immunoassay. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie) Diagnostische Wertigkeit. Therapeutisches Drug Monitoring bei Neugeborenen unter Apnoebehandlung mit Coffein. Angesichts des Metabolismus ist neben Coffein- auch die Theophyllinkonzentration zu überwachen.

Interpretation. Therapeutischer Bereich Erwachsene/Neugeborene: 2–15/5–20 mg/L; toxisch: > 15 mg/L; komatös/letal: > 80 mg/L Literatur. Külpmann WR (2009) Bronchodilators. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 313–316

Coffeinbelastungstest 7 Caffeineliminationstest

COHb 7 Kohlenmonoxidhämoglobin

Cohen, Stanley R. Weiskirchen

Lebensdaten. Amerikanischer Biochemiker, geboren am 17. November 1922 in Brooklyn (New York). Nach einer Polio-Erkrankung bleibend beeinträchtigt, entwickelte er starkes wissenschaftliches Interesse und studierte Chemie und Zoologie am Brooklyn College und promovierte 1948 an der University of Michigan (Ann Arbor). Danach arbeitete Cohen vier Jahre am Department für Biochemie der Med. Fakultät der University of Colorado (Denver). Im Jahr 1952 wechselte er an das Radiologische Institut der Universität Washington in St. Louis, wo er ein Jahr später zum außerordentlichen Professor am Zoologischen Institut berufen wurde. 1959 wechselte er an die medizinische Fakultät der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee; 1962 wurde er dort zum außerordentlichen, 1967 zum ordentlichen Professor für Biochemie ernannt. Im Jahr 1976 wurde er zudem zum Forschungsprofessor für Biochemie der American Cancer Research Society berufen. Verdienste. Er entdeckte den „epidermal growth factor“ (7 human epidermal growth factor receptor) und lieferte Beiträge zum Verständnis der Steuerungsmechanismen von Zell- und Gewebewachstum. Für seine Arbeiten wurde ihm im Jahr 1986 zusammen mit Rita Levi-Montalcini der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin zuerkannt. Literatur.

http://www.nobel.se/medicine/Laureates/1986/cohen-

autobio.html 13C-Oktanoat-Atemtest Coffein. Abb 1.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Aufgenommenes Coffein wird in der Leber demethyliert zu Dimethylxanthinen (u. a. Theophyllin) und Monomethylxanthinen, die weiter zu 1,3-Dimethyl- bzw. 1-Methylharnsäure oxidiert werden. Bei Erwachsenen finden sich überwiegend diese Metabolite im Urin, während Neugeborene 85 %

R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. Definition.

13C-Octanoic

13C-Atemtest

acid breath test

für die Diagnostik von Störungen der Ma-

genentleerung

Durchführung. Applikation einer festen Testmahlzeit, bei der 13C-

Colton-Blutgruppensystem

Oktanoat in das Eigelb eines Rühreis eingebacken wird. Nach Entleerung von 13C-Oktanoat mit der Nahrung durch den Pylorus in den Dünndarm wird die mittelkettige Fettsäure resorbiert und zu 13CO2 verstoffwechselt. Zu unterschiedlichen Zeiten nach Applikation der Testnahrung werden Atemluftproben gewonnen und analysiert. Bei einem Untersuchungszeitraum von mehr als 4 h spiegelt die Ausscheidungskinetik von 13CO2 in der Atemluft die Kinetik der Magenentleerung wider.

351

Probenstabilität. Stabilität der Faktoren max. 4 h bei Raumtemperatur

Analytik. Funktionelle Bestimmung der Einzelfaktoren II,V, VII. Referenzbereich — Erwachsene. Einzelfaktoren (7 Tab. 1):

C

Colombi-Index. Tab. 1.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ausatmungsluft

Gerinnungsfaktoren

Anteil der Normalaktivität (%)

Analytik. Isotopenverhältnis-7 Massenspektrometrie (IR-MS) oder nicht dispersive isotopenselektive 7 Infrarotspektroskopie (NDIRS)

II

70–130

Indikation. Verdacht auf Störung der Magenentleerung z.B. bei diabetischer Neuropathie oder funktioneller Dyspepsie

V

70–130

VII

70–150

Diagnostische Wertigkeit. Praktikable, technisch weniger aufwendige Alternative zu nuklearmedizinischen Verfahren zur Untersuchung der Magenentleerung

Literatur. Braden B, Lembcke B, Caspary WF (2003) Nichtinvasive Funktionsdiagnostik aus der Atemluft mit 13C-Atemtests. Dt Ärzteblatt 100:A3376–A3381

Cold insoluble globulin 7 Fibronectin

College of American Pathologists A. Steinhorst, U. Zimmermann

Synonym(e). CAP i CAP ist eine private medizinische Gesellschaft, in der sich Ärz-

te und medizinische Fachgesellschaften in den USA zusammengeschlossen haben. Es ist die größte Gesellschaft von Pathologen und Labormedizinern weltweit. Seit 1964 werden von CAP medizinische Laboratorien auf der Grundlage eigener Regeln akkreditiert. Ein wesentlicher Bestandteil der Regeln ist die verpflichtende Teilnahme an den CAP-Ringversuchen. Neben verschiedenen staatlichen Akkreditierungssystemen ist auch die Laborakkreditierung von CAP durch die US Behörden anerkannt. Die Akkreditierung ist vielfach eine Voraussetzung der behördlichen Registrierung, der alle medizinischen Laboratorien, inkl. der Arztpraxen, unterliegen. Derzeit sind ca. 6000 Laboratorien von CAP akkreditiert.

Literatur. http://www.cap.org

Colombi-Index A.M. Gressner

Englischer Begriff. Colombi’s index Definition. Die Summe der kurzlebigen hepatogenen Gerinnungsfaktoren II, V, VII im Plasma, in Prozent der Normalaktivität angegeben, dient als Kenngröße der Leberzellsyntheseleistung (anabolen Leberfunktion). Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die in Hepatozyten synthe-

tisierten 7 Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin, 2–4 Tage Halbwertszeit), V (Proaccellerin, 12–15 h Halbwertszeit) und VII (Proconvertin, 2–5 h Halbwertszeit) sind aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeiten im Blut sensitive Indikatoren der aktuellen hepatozellulären Proteinsyntheseleistung.

Funktion und Pathophysiologie. Das Ausmaß ihrer Erniedrigung im Plasma zeigt den Schweregrad der Leberinsuffizienz an, wenn extrahepatische Ursachen wie 7 Vitamin K-Mangel bzw. -Antagonisierung und Verbrauch auszuschließen sind. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma

Indikation. Diagnose und Abschätzung des Schweregrades einer Leberzellinsuffizienz, insbesondere der aktuellen Proteinsyntheseleistung. Interpretation. Je niedriger der 1967 von A. Colombi eingeführte Index desto schwerwiegender die Lebererkrankung: Colombi-Index < 150 zeigt eine schwere, ein Index < 80 eine hochgradige Leberinsuffizienz an. Der Index wird aufgrund seiner relativ aufwendigen Analytik nur selten eingesetzt und ist durch die Bestimmung der 7 Thromboplastinzeit (TPZ, Quicktest) ersetzbar, die ein integrales Maß der Gerinnungsfaktoraktivitäten I, II, V, VII und X darstellt. Sowohl bei der Erniedrigung des Colombi-Index als auch bei der Verlängerung des Quick-Wertes sind ursächlich Vitamin K-Mangelzustände und/ oder Verbrauch von 7 Gerinnungsfaktoren (z. B. bei disseminierter intravaskulärer Gerinnung) zu berücksichtigen. Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung eines ursächlichen Vitamin K-Mangels bei Erniedrigung der Vitamin K-abhängigen Faktoren II und VII ist der 7 Koller-Test bzw. die Bestimmung von Vitamin K geeignet.

Colony forming unit lymphoid-myeloid 7 CFU-L-M

Colton-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Colton (Co); Aquaporin 1; AQP1; Channel forming integral protein; CHIP-1

Englischer Begriff. Colton blood group system Definition. Membranprotein u. a. von 7 Erythrozyten, das als Wasserpore fungiert. Es kommt auf der Zelloberfläche von Erythrozyten vor und ist ein erythrozytäres Blugruppenantigen (7 Blutgruppensystem). Colton-Antigene gehören zu der Aquaporin-Proteinfamilie und werden von einem Allel des Gens AQP1 kodiert (Chromosomenlokalisation: 7p14). i Aquaporine haben 6 Transmembrandomänen, die eine Wasser-

pore bilden. Das AQP1-Protein lagert sich zu einem Homotetramer in der Membran zusammen, wobei 1–2 der 4 Untereinheiten N-glykosyliert sind (Molmasse 28 kDa unglykosilierte, 40–60 kDa glykosilierte Form). AQP1 und AQP3 (GIL-Blutgruppensystem) sind die einzigen Aquaporine, die in der Erythrozytenmembran vorkommen. Das AQP1Protein macht 2,4 % der gesamten Membranproteine des Erythrozyten aus. Aquaporine kommen daneben in verschiedenen anderen Geweben vor (u. a. Tubulusmembran der Niere). Das AQP1-Protein wird zur Bestimmung der Blutgruppenmerkmale (7 Blutgruppenbestimmung) genutzt. APQ1 fungiert als Kanal der Zellmembran, um den Durchtritt von Wasser und einigen weiteren Molekülen zu erleichtern (Membrantransport), es dient also zur Regulation von Wasserhomeostase und Urinkonzentrierung. Das APQ1-Protein vermittelt 80 % der Wasserreabsorption in der Niere. Colton-Antigen-negative Personen

352

Colton (Co)

Colton-Blutgruppensystem. Tab. 1. Eigenschaften der Hauptantigene des Colton-Blutgruppensystems ColtonAntigen

ISBTSymbol (Zahl)

Antigenfrequenz (%)*

In-vitro-Charakteristika von Alloantikörpern

Klinische Signifikanz von Alloantikörpern

ImmunglobulinKlasse

Optimale Nachweistechnik

Komplementbindung

Transfusionsreaktion

MHN

Co(a)

CO1 (015.001)

99,9

IgG

IAT

nein

keine bis moderate/verzögert/ hämolytisch

mild bis schwer (selten)

Co(b)

CO2 (015.002)

10

IgG

IAT

selten

keine bis moderate/verzögert hämolytisch

mild

Co3 (Coab)

CO3 (015.003)

100

IgG

IAT

ja

nicht bekannt

schwer

* in allen Populationen ; ISBT International Society Blood Transfusion; IAT indirekter Agglutinationstest

(7 Nullphänotyp) zeigen keine offensichtlichen klinischen Symptome, jedoch weisen ihre Erythrozyten eine kürzere Halbwertszeit auf. Das Colton-Antigen ist wichtig in der Transfusionsmedizin. 99,9 % der Individuen tragen das Co(a)-Allel. Die phänotypische Verteilung in der Population ist Co(a+b-) 90 %, Co(a-b+) 0,5 %, Co(a+b+) 9,5 % und Co(a-b-) < 0,01 %. Individuen mit Co(b)-Allelen oder fehlendem Colton-Antigen tragen ein Risiko für Transfusionsreaktionen wie hämolytische Anämie oder Alloimmunisierung nach Kontakt mit Co(a)-Antigen. Antikörper, die gegen Colton-Antigene gerichtet sind können auch zu einem 7 Morbus haemolyticus neonatorum führen.

Literatur. Preston GM, Agre P (1991) Isolation of the cDNA for erythrocyte integral membrane protein of 28 kDa: member of an ancient channel family. Proc Natl Acad Sci USA. 88:11110–11114 Sui H, Han BG, Lee JK, Walian P, Jap BK (2001). Structural basis of water-specific transport through the AQP1 water channel. Nature 414:872–878 Verkman AS (2002) Aquaporin water channels and endothelial cell function. J Anat. 200:617–627 Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Auflage, Elsevier New York Mathai JC, Mori S, Smith BL, Preston GM, Mohandas N, Collins M, van Zijl PC, Zeidel ML, Agre P (1996) Functional analysis of aquaporin-1 deficient red cells. The Colton-null phenotype. J Biol Chem. 271:1309–1313

Colton (Co) 7 Colton-Blutgruppensystem

Committee on Nomenclature, Properties and Units 7 C-NPU

COMP H.-D. Haubeck

Synonym(e). Thrombospondin-5 Englischer Begriff. COMP; cartilage oligomeric matrix protein Definition. Das oligomere Matrixprotein des Knorpels (COMP) ist ein pentameres 7 Glykoprotein, das im Knorpel, in Sehnen und Bändern exprimiert wird. i

Das Knorpel-spezifische oligomere Matrixprotein (COMP) wurde ursprünglich aus dem Knorpel isoliert und besteht aus fünf über Disulfidbrücken verknüpften Untereinheiten von ca 100 kDa. Die Molmasse von COMP beträgt 524 kDa. Im normalen Knorpel wird COMP überwiegend in den Knorpelhöfen um die Chondrozy-

ten (Territorialmatrix) exprimiert und ist für die Fibrillogenese von Kollagen Typ II notwendig. Es bindet dabei hochaffin an vier spezische Bindungstellen des Prokollagens und wirkt als Katalysator der Fibrillenbildung. Mutationen im COMP-Gen führen zur Pseudoachondroplasie und zur multiplen ephiphysealen Dysplasie, zwei Unterformen der Osteochondrodysplasie. Fragmente von COMP entstehen im Rahmen von Gelenkerkrankungen durch die Wirkung von 7 Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und Disintegrin-Metalloproteasen (ADAM, ADAM-TS). Sie werden aus dem Knorpel freigesetzt und lassen sich bei Patienten mit Gelenktraumata, Osteoarthritis und rheumatoider Arthritis in der Synovialflüssigkeit und im Serum nachweisen. Da COMP außer im Knorpel nur noch in geringer Menge in Sehnen und Bändern exprimiert wird, kann es im Serum als weitgehend knorpelspezifischer Marker angesehen werden, der aber nur die Knorpelschädigung zeigt und keine Krankheitsspezifität besitzt. Allerdings wird COMP bei einer Knorpelschädigung nicht nur durch die Wirkung der MMP und ADAM/ADAM-TS vermehrt aus dem Knorpel freigesetzt, sondern COMP wird, zumindest während früher Stadien der Osteoarthritis im Sinne eines Reparaturversuchs, auch verstärkt synthetisiert. Dies kann sogar zu einer weiteren Schädigung der Extrazellulär-Matrix beitragen, weil durch zu hohe COMP-Konzentrationen das Verhältnis COMP/Prokollagen gestört wird und damit zu einer ungeordneten, mangelhaften Fibrillogenese des Kollagens Typ II führt. Damit ist COMP nicht respektive nicht nur als Parameter der Knorpeldegradation zu bewerten, sondern eher des Knorpelumsatzes. Vor allem entstammt das im Serum gemessene COMP nicht nur dem betroffenen Gelenk, sondern reflektiert den normalen Turnover aller Knorpelgewebe des Körpers. Trotz dieser Einschränkungen korreliert die COMP-Konzentration im Serum bei rheumatoider Arthritis und Osteoarthritis mit der Krankheitsprogression und eignet sich damit für die Therapiekontrolle und als prognostischer Marker. Für die Messung der COMP-Konzentration im Serum und in der Synovialflüssigkeit steht ein 7 Enzymimmunoassay zur Verfügung.

Literatur. Hedbom E, Antonsson P, Hjerpe A et al (1992) Cartilage matrix proteins. J Biol Chem 267:6132–6136 Dickinson SC, Vankemmelbeke MN, Buttle DJ et al (2003) Cleavage of cartilage oligomeric matrix protein (thrombospondin-5) by matrix metalloproteinases and metalloproteinase with thrombospondin motifs. Matrix Biol 22:267–278

Complement receptor type 1 (CR1) 7 Knops-Blutgruppensystem

Complement S-Protein 7 Vitronectin

Consensus Value

Complexed PSA 7 Prostataspezifisches Antigen, komplexiertes

Compliance A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. compliance Definition. Bereitschaft des Patienten (Probanden) zur Mitarbeit bei medizinischen Maßnahmen. i Die Mitarbeit des Patienten (Probanden) bei Laboratoriumsun-

tersuchungen ist auf die 7 präanalytische Phase beschränkt und bezieht sich beispielsweise 5 auf das Absetzen interferierender Medikamente oder Diäten 5 auf die korrekte und regelmäßige Einnahme verschiedener Medikamente 5 die korrekte Sammlung und Verwahrung des 24-h-Sammelurins und des Fäzes 5 auf die Einnahme von Testsubstanzen bei Funktionstesten 5 auf die Einhaltung des Nüchternzustandes und körperlicher Ruhe vor Gewinnung des Untersuchungsmaterials 5 auf die korrekte Identifizierung häuslich gewonnenen Untersuchungsmaterials u.v. a.

353

Definition. Gerät zur Messung der Plättchenadhäsion und -aggregation im Vollblut. i Der Original-CPA testete die Adhäsion und Aggregation von

Blutplättchen (7 Thrombozytenaggregation und 7 Thrombozytenaktivierung) aktiviert durch Scherstress an mit Extrazellulärmatrix (ECM) beschichteten Platten. Im automatisierten Impact® ist die ECM-beschichtete Platte durch eine Polysterolplatte ersetzt worden. Die Erfassung der Adhäsion und Aggregation erfolgt durch ein eingebautes Mikroskop. Die Auswertung geschieht durch eine Imagesoftware. Test zum Monitoring der Therapie mit GPIIb-IIIa-Rezeptorantagonisten und zur Überwachung von Aspirin- und Clopidogreltherapie (7 Clopidogrelresistenz) werden angeboten.

Literatur. Savion N, Varon D (2006) Impact – The cone and plate(let) analyzer: testing platelet function and anti-platelet drug response. Pathophysiol Haemost Thromb 35: 83–88.

Conn, Jerome W. H.M. Schulte, J. Jacobeit

Lebensdaten. Amerikanischer Endokrinologe, geboren am 24. September 1907 in New York, gestorben am 11. Juni 1981. Verdienste. Jerome W. Conn’s Wahl des Berufs wurde vermutlich von

Definition. Zusammengesetzte Antigene, wobei 7 Antikörper gegen

einem Freund der Familie beeinflusst, der ein Arzt war. Er schrieb sich zunächst an der Rutgers Universität für drei Jahre ein, bevor er 1928 die Universität Michigan mit der medizinischen Schule in Ann Arbor betrat. Im Jahr 1932 graduierte er an der Universität der Michigan Ann Arbor. Nach einem Start in der Chirurgie wechselte er rasch in die Innere Medizin. Hier begann er über Adipositas, Diabetes und Stoffwechsel unter Dr. Louis H. Newburgh zu forschen. Zusammen mit seiner Ehefrau führte er Studien über den Zusammenhang zwischen Übergewicht und nichtinsulinpflichtigen Diabetes mellitus durch. 1935 arbeite er in der Abteilung als Fellow und als Professor der internen Medizin ab 1938. 1943 übernahm er die Abteilung für Endokrinologie und Metabolismus. Weil Akklimatisierung bei tropischer Hitze ein Hauptmilitärinteresse im Südpazifik war, unternahm er eine Reihe von Untersuchungen des Salzverlustes im Schweiß bei Personen, die erhöhter Hitze und Feuchtigkeit ausgesetzt wurden. Anschließend stellte er heraus, dass es nach einer Akklimatisierung zu einer schnellen Verminderung der Natriumausscheidung im Urin, Schweiß und Speichel kommt. Durch diese Studien wurden die Grundlagen zum Verständnis des primären Hyperaldosteronismus gelegt. Er verbrachte seine gesamte Karriere an der Universität von Michigan und zog sich erst 1974 zurück.

beide Antigene gerichtet sind. Es handelt sich nicht um ein Antikörpergemisch, d. h. es ist keine Reaktion mit den einzelnen Antigenkomponenten nachweisbar (z. B. RH6 = ce, RH7 = Ce).

Literatur. Daughaday WH (1997) Jerome W. Conn. National Academy of Sciences, Washington

Fehlende Compliance kann eine wesentliche, zu Missinterpretation führende Fehlerquelle bei Laboruntersuchungen, besonders im ambulanten Bereich, sein. Die Compliance kann erhöht werden, wenn die Patienten über Art und Ursache der Erkrankung sowie Notwendigkeit, Nutzen, Nebenwirkungen und Kosten von diagnostischen Methoden in geeigneter Weise aufgeklärt werden.

Compliance, Labor-EDV O. Colhoun

Definition. Im Rahmen der Labor-EDV die Erfüllung der Vorgaben wesentlicher Gesetze, Normen und Richtlinien, die im medizinischen Labor von Wichtigkeit sind, z. B. Rilibäk, DIN EN ISO 15189:2007, Richtlinien des Paul-Ehrlich-Instituts für Blutprodukte oder Eurocode.

Compound antigens K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Concatemer R. Weiskirchen

Englischer Begriff. concatemer Definition. Bezeichnung für lineare DNA-Moleküle, die sich aus hintereinander liegenden, gleichartigen DNA-Abschnitten zusammensetzen. i Concatemere treten z. B. bei 7 Eukaryonten in Genen auf, die die ribosomalen RNAs codieren oder bei der 7 Replikation von 7 Bakteriophagen. Die gleichartige Anordnung der Einzelabschnitte wird auch als Head-to-tail-Orientierung oder Tandemstruktur bezeichnet.

Cone and plate(let) analyzer P. Kiefer; T. Stief

Synonym(e). CPA; Impact® Englischer Begriff. cone and plate(let) analyzer

Connecting Peptide 7 C-Peptid

Consensus-Sequenz R. Weiskirchen

Englischer Begriff. consensus sequence Definition. 7 Nukleotid- oder Proteinsequenz, mit der man eine große Anzahl verwandter, jedoch nicht identischer Sequenzen beschreiben kann. i In einer Consensus-Sequenz repräsentiert jede Position das Nuk-

leotid oder die Aminosäure, die dort in den wirklichen Sequenzen am häufigsten anzutreffen sind.

Consensus Value W.-R. Külpmann

Synonym(e). Konsensuswert

C

354

Coomassie-Färbung

Englischer Begriff. consensus value Definition. Teilnehmermittelwert i Der Konsensuswert wird in manchen Ländern zur Bewertung

von Ringversuchen verwendet. Er wird ermittelt, indem zunächst alle für die Bestimmung einer Messgröße mit einem bestimmten Verfahren eingegangenen Messwerte gemittelt werden (x–) und die Standardabweichung (s) errechnet wird. Werte außerhalb x– ± 3s werden anschließend als Ausreißer eliminiert. Der Konsensuswert ergibt sich als arithmetisches Mittel der verbliebenen Messwerte. Nachteile des Vorgehens: 5 Grundsätzliche Mängel eines bestimmten Verfahrens werden nicht erkannt 5 Allgemeine Nachlässigkeiten bei der Handhabung der Proben werden toleriert (z. B. kein Lichtschutz bei 7 Bilirubinbestimmung)

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Klinisch-chemische Analytik. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der klinischen Chemie und Pathobiochemie. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 6–36

Coomassie-Färbung R. Westermeier

Englischer Begriff. coomassie staining Definition. Die Coomassie-Färbung dient dem Nachweis von elektrophoretisch getrennten Proteinzonen und Immunpräzipitaten in Agarose- oder Polyacrylamidgelen. Diese Färbung ist empfindlicher als Amidoschwarz. i Zwei verschiedene Coomassie-Farbstoffe stehen zur Verfügung: Coomassie Brillant Blau R-250 (R für rötlichen Ton) und Coomassie Brillant Blau G-250 (G für grünlichen Ton). Es gibt verschiedene Varianten der Coomassie-Färbung, die je nach Geltyp und 7 Elektrophoresemethode angewendet werden: 5 Nach der Agarosegelelektrophorese werden die Proteine im Gel mit einer Säure oder mit Antikörpern (Immunfixation) fixiert. Nach dem mehrmaligen Waschen des Gels wird es vollständig auf seinem Glas- oder Folienträger getrocknet Anschließend erfolgt eine - wegen der dünnen Schicht - schnelle Färbung der Proteinzonen: 5 min in 1,5 % (g/v) Coomassie Brillant Blau R-250 in 45 % Methanol /10 % Essigsäure/45 % Wasser. Entfärbt wird mit 25 % Methanol /10 % Essigsäure/65 % Wasser. 5 Bei Polyacrylamidgelen dauert die Färbung wegen der dicken Gelschicht und der kleinen Poren deutlich länger. Um zu vermeiden, dass bei der Entfärbung des Gelhintergrundes auch die Proteinbanden teilweise entfärbt werden, werden alkoholfreie Methoden oder colloidale Coomassie-Färbung empfohlen. 5 Bei Gelen der isoelektrischen Fokussierung ist insbesondere darauf zu achten, dass vor der Färbung die Trägerampholyten ausgewaschen werden, während die Proteine durch Fixierung im Gel gehalten werden.

Literatur. Fazekas de St Groth S, Webster RG, Datyner A (1963) Two new staining procedures for quantitative estimation of proteins in electrophoresis strips. Biochim Biophys Acta 71:377–391 Neuhoff V, Arold N, Taube D et al (1988) Improved staining of proteins in polyacrylamide gels including isoelectric focusing gels with clear backgroud at nanogram sensitivity using Coomassie Brilliant Blue G-250 and R-250. Electrophoresis 9:255–262

Coombs-Test K. Ritter

Synonym(e). Antiglobulintest; Antihumanglobulintest; AHG-Test Englischer Begriff. Coombs' test Definition. Serologische Methode zum Nachweis von Antikörpern gegen Antigene auf Zelloberflächen. i Carlo Moreschi (gestorben 1921) entdeckte im Jahr 1908 im La-

bor von Richard Pfeiffer, einem Schüler Robert Kochs, dass Typhus-

erreger durch ein spezifisches, in Ziegen erzeugtes Antiserum erst dann agglutiniert werden, wenn dem Reaktionsansatz zusätzlich ein Anti-Ziegen-Serum zugesetzt wird. Moreschi erkannte damals nicht den Mechanismus, der diesem Phänomen zugrunde lag. Nachdem das Moreschi-Phänomen 1945 im Zusammenhang mit Blutgruppenserologischen Untersuchungen von Robin R. Coombs (1921–2006) in Cambridge wiederentdeckt worden war, klärte dieser es als Antiglobulinreaktion auf und führte die nach ihm benannte Reaktion als Testprinzip in die medizinische Labordiagnostik ein. Der Coombs-Test dient dem Nachweis von Antikörpern, die an Antigene auf Oberflächen von Zellen binden, aber nicht in der Lage sind, Antigene auf benachbarten Zellen quer zu vernetzen und zu agglutinieren. Coombs nannte daher diese Antikörper „inkomplett“. Streng genommen ist der Ausdruck falsch; denn diese „inkompletten“ Antikörper, die der Immunglobulinklasse G (IgG), seltener A (IgA) angehören, sind voll funktionsfähig. Da die Spannweite der beiden Antigenbindungsstellen auf IgG-Molekülen weniger als 30 nm beträgt, können diese Antikörper aus physikalischen Gründen korpuskuläre Teile wie Erythrozyten oder Mikroorganismen in der Regel nicht durch Vernetzung agglutinieren. Erst nach Zugabe eines Anti-(Immun-)Globulins (Coombs-Serum), das an den Fc-Teil der „inkompletten“ Antikörper bindet, findet eine 7 Agglutination statt. Auch die Vernetzung von Komplementfaktoren (C3/C4) an Zelloberflächen durch spezifische Coombs-Seren führt zur Agglutination der Zellen. Je nach Fragestellung wird der Coombs-Test in zwei Modifikationen durchgeführt: 5 direkter Coombs-Test (7 Abb. 1), 5 indirekter Coombs-Test (7 Abb. 2). Direkter Coombs-Test Er dient dem Nachweis an Zellen gebundener Antikörper (z. B. Autoantikörper). 7 Abb. 1a zeigt bereits in vivo mit Antikörpern (grün) beladene Erythrozyten. Die Struktur der Antikörper verhindert eine Quervernetzung („inkomplette“ Antikörper). Erst nach Reaktion der Coombs-Antikörper (violett, 7 Abb. 1b) mit dem Fc-Teil der „inkompletten“ Antikörper wird durch Vernetzung die Agglutination der Erythrozyten möglich (7 Abb. 1c). Indikation Autoimmunhämolytische Anämie (begleitend auch bei infektiöser Mononukleose, Mykoplasmeninfektion, Lues), 7 Morbus haemolyticus neonatorum, CLL, SLE; medikamenteninduzierte hämolytische Anämie. Indirekter Coombs-Test Der indirekte Coombs-Test dient dem Nachweis zirkulierender (Auto)-Antikörper (7 Abb. 2a). Nach Zugabe geeigneter Testerythrozyten (7 Abb. 2b) binden die „inkompletten“ Antikörper aus dem Blut des Probanden an die Testerythrozyten (7 Abb. 2c). Das Coombs-Serum (7 Abb. 2d) vernetzt die gebundenen, „inkompletten“ Antikörper und führt zu ihrem Nachweis durch Agglutination (7 Abb. 2e). Der indirekte Coombs-Test kann auch zur Identifizierung von Erythrozytenantigenen mit Hilfe spezifischer „inkompletter“ Antikörper eingesetzt werden. Indikation 5 Vorangegangene Transfusionen 5 7 Rhesusfaktor-Inkompatibilität 5 Erythroblastosis fetalis

Literatur. Coombs RRA, Mourant AE, Race RR (1945) A new test for the detection of weak and „incomplete“ Rh agglutinins. Lancet ii:15–16 Mueller-Eberhardt C (Hrsg) (2003) Transfusionsmedizin–Grundlagen, Therapie, Methodik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Copeptin W. Hubl

Englischer Begriff. copeptin

Cori, Gerty Theresa und Carl Ferdinand

355

i Copeptin wird gemeinsam mit dem Vasopressin (Arginin-Vaso-

pressin, 7 Antidiuretisches Hormon, ADH) und dem Neurophysin II aus dem Prohormon Pre-Provasopressin gebildet. Das Glykopeptid Copeptin stammt dabei vom C-terminalen Teil des Prohormons. Im Gegensatz zum Vasopressin, das sehr instabil ist, wodurch die diagnostische Relevanz in der klinischen Routinepraxis eingeschränkt ist, ist Copeptin im Blut über mehrere Tage stabil. Aus diesem Grund wird Copeptin als mögliche Alternative zum Vasopressin (Surrogatmarker) bei zahlreichen Erkrankungen, wie Polyurie, septischer Schock etc. untersucht. Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt deuten die Resultate auf einen unabhängigen prognostischen Marker des Copeptins neben dem 7 BNP bzw. NTproBNP hin, insbesondere zur Risikostratifizierung der Patienten. Bei Herzinsuffizienz wurden erhöhte Copeptinwerte beobachtet. Bei Patienten mit einer akuten Exazerbation der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung lieferte Copeptin ebenfalls prognostische Hinweise insbesondere hinsichtlich einer Hospitalisation. Deutlich ansteigende Copeptinkonzentrationen zeigten den zunehmenden Schweregrad einer Sepsis (7 Sepsiskenngrößen) bei Patienten mit Pneumonie an. Insgesamt deuten die Ergebnisse der Copeptin-Studien darauf hin, dass dieser Parameter auf Intensivstationen eine diagnostische Relevanz erlangt.

Coombs-Test. Abb. 1a–c. Direkter Coombs-Test.

Literatur. Morgenthaler N, Struck J, Alonso Ch, Bergmann A (2006) Assay for the measurement of copeptin, a stable peptide derived from the precursor of Vasopressin. Clin Chem 52:112–119. Khan SQ, Dhillon OS, O’Brien RJ et al (2007) C-terminal provasopressin (Copeptin) as a novel and prognostic marker in acute myocardial infarction. Leicester Acute Myocardial Infarction Peptide (LAMP) Study. Circulation 115: 2103–2110

Coproporphyrin 7 Porphyrine

Coproporphyrinisomere (I und III) 7 Koproporphyrinisomere (I und III)

copy DNA 7 cDNA

Cori, Gerty Theresa und Carl Ferdinand H. Fiedler

Lebensdaten. Gerty Theresa Cori (geb. Radnitz), böhmisch-amerikanische Biochemikerin, geboren am 15. August 1896 in Prag, gestorben am 26. Oktober 1957 in St. Louis/Missouri; Carl Ferdinand Cori, böhmisch-amerikanischer Arzt und Physiologe, geboren am 5. Dezember 1896 in Prag, gestorben am 20. Oktober 1984 in Cambridge/ Massachussetts.

Verdienste. Beide Coris begannen im Jahr 1914 das Medizinstudium

Coombs-Test. Abb. 2a–e. Indirekter Coombs-Test.

Definition. Copeptin ist ein Glykopeptid mit 39 Aminosäuren (Molmasse 5 kDa). Die physiologische Funktion ist noch weitgehend unbekannt. Erhöhte Copeptinwerte wurden bei Patienten mit Sepsis, Herzinsuffifizienz, akutem Myokardinfarkt, chronischer Bronchitis und Pneumonie beobachtet.

an der deutschen Carl-Ferdinand-Universität in Prag und heirateten 1920. Gemeinsame Promotion über Komplementfaktoren. Gerty arbeitete zwei Jahre am Karolinen Kinderhospital in Wien (Temperaturregulation beim kindlichen Myxödem), Carl war Pharmakologe in Wien und Graz. Im Jahr 1922 gingen beide an das New York State Institute for the Study of Malignant Diseases (jetzt Roswell Park Memorial Institute). Eine gemeinschaftliche Forschungsarbeit wurde dort zunächst abgelehnt. Im Jahr 1931 wurde Carl Cori Leiter der Pharmakologischen Abteilung an der Washington University School of Medicine in St. Louis, Gerty durfte jedoch nur als völlig unterbezahlte Forschungsassistentin in der Biochemie arbeiten. Nach dem Wechsel von Carl Cori als Professor in die Biochemie, bekam Gerty endlich eine Professur. Dazu beigetragen hat zweifellos auch die Verleihung des Nobelpreises (1947), den beide Coris zusammen mit Bernardo Alberto Houssay (1887–1971) für die Rolle des Wachstumshormons im Glukosestoffwechsel erhielten. Im selben Jahr erkrankte Gerty Cori an Myelofibrose, setzte aber ihre Arbeit unvermindert bis zu ihrem

C

356

Corpus-luteum-Hormon

Tod im Jahr 1957 fort. Nach seiner Emeritierung 1966 wurde Carl Cori zum Honorarprofessor an der Harvard Medical School berufen und forschte mit einem Genetiker über Mutationen der 7 Glukose-6Phosphatase (Von-Gierke-Glykogenose). Forschungsschwerpunkte: Untersuchungen zu Struktur, Synthese und Abbau von 7 Glykogen. Isolierung, Kristallisation und kinetische Charakterisierung der beteiligten Enzyme. Erstbeschreibung des Glukose-1-Phosphats (sog. Cori-Ester) als Schlüsselmetabolit im Glykogenstoffwechsel. Entdeckung des Cori-Zyklus als Verbindung zwischen Skelettmuskel und Leber: Aus dem Muskel wird 7 Laktat zur Leber transportiert, wo durch anschließende Glukoneogenese wieder Glukose für eine weitere Verwertung und/oder Aufrechterhaltung des Glukosespiegels gebildet wird. Auf Basis des Cori-Zyklus wurde später der wichtige 7 Alanin-7 Pyruvat-Zyklus beschrieben. Weitere gemeinsame Forschungen haben die Pathogenese von Glykogenosen aufgeklärt: Cori- bzw. Forbes-Krankheit durch insuffiziente 7 Amylo1,6-Glukosidase (von den Coris entdecktes Enzym) und Hers-Krankheit mit Insuffizienz der Leberphosphorylase(7 Phosphorylase).

Literatur. Cori CF (1969) The call of science. Ann Rev Biochem 38:1–21

Corpus-luteum-Hormon 7 Progesteron

Corrinoide 7 Vitamin B12

Corticotropin-Releasing-Factor-Test 7 CRH-Test (ACTH-Stimulation)

Corticotropin-Releasing-Hormon-Test 7 CRH-Test (ACTH-Stimulation)

Corynebacterium diphtheriae W. Stöcker

Englischer Begriff. Diphtheria Beschreibung des Erregers. Corynebacterium diphtheriae ist ein grampositives, fakultativ anaerobes, keulenförmiges Stäbchenbakterium aus der Ordnung der Actinomycetales. Es ist unbeweglich und bildet weder Kapsel noch Sporen. Gegenüber Umwelteinflüssen ist C. diphtheriae relativ resistent, kann aber durch Erhitzen und Desinfektionsmittel rasch abgetötet werden. Die Virulenz von C. diphtheriae wird durch das sehr potente, aus zwei Polypeptidketten A und B bestehende Diphtherietoxin (LD50 0,3 μg/kg) verursacht. Da die genetische Information zur Synthese dieses Exotoxins von dem Prophagen β kodiert wird, sind nur solche C.-diphtheriae-Stämme toxigen, die mit diesem infiziert sind. Das Diphtherietoxin bewirkt die Inaktivierung des eukaryontischen Elongationsfaktors EF2. Dies hat die Hemmung der Proteinbiosynthese und den Tod der infizierten Zellen zur Folge. Erkrankungen. Diphtherie ist eine weltweit vorkommende Infektionskrankheit, die in vielen Entwicklungsländern und Russland noch immer endemisch ist und daher nicht aus dem Blick geraten darf, in Mitteleuropa aber nur noch vereinzelt auftritt. Ein Erkrankungsrisiko besteht für Personen mit fehlendem oder ungenügendem Impfschutz (in Deutschland ca. 50 % der Erwachsenen). Der Erreger befällt ausschließlich den Menschen und wird bei pharyngealem Befall durch Tröpfcheninfektion und bei Hautdiphtherie überwiegend durch Schmierinfektion übertragen. Meist beginnt die Erkrankung nach einer Inkubationszeit von 2–5 Tagen mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Fieber, Hals-, Leib- und Gliederschmerzen, es folgen Pharyngitis, Laryngitis und Tonsillitis mit Pseudomembranen aus Fibrin, Leukozyten, Zellresten und Keimen. Charakteristisch sind: 5 süßlicher Mundgeruch, 5 bellender Husten mit Stridor, 5 Heiserkeit,

5 Atemnot, 5 Gaumensegelparese, 5 Lymphknotenschwellungen. Weitere lokale Manifestationsarten sind die Nasen-, Wund-, Hautund Bindehautdiphtherie. Bei allen Formen kann es im weiteren Verlauf zu einer systemischen Intoxikation und damit zu lebensgefährlichen Organschädigungen kommen. Mögliche Spätfolgen sind: 5 Myokarditis, 5 Leber- und Nierenfunktionsstörungen, 5 Lähmungen im Bereich der motorischen Hirnnerven. Im Fall einer klinischen Verdachtsdiagnose wird Personen mit fehlendem oder ungewissem Impfschutz sofort Diphtherie-Antitoxin verabreicht. Unterstützend wirkt eine antibiotische Therapie mit Penicillin oder einem Makrolid. Verläufe mit Komplikationen können weitere Interventionen erfordern, z. B. Intubation oder Entfernung der die Atemwege verlegenden Pseudomembranen. Die Prophylaxe besteht in einer aktiven Immunisierung mit einem Toxoidimpfstoff. Gemäß Infektionsschutzgesetz sind der Krankheitsverdacht, die Erkrankung und der Tod an Diphtherie sowie der direkte oder indirekte Nachweis Toxin bildender Diphtherie-Bakterien meldepflichtig.

Analytik. Mikroskopische Präparate von C. diphtheriae zeigen grampositive, keulenförmige Stäbchen mit charakteristischer V- oder Yförmiger Lagerung. Die endständigen Polkörperchen werden in der Neisser-Färbung als schwarzblaue Granula sichtbar. Die Anzucht von C. diphtheriae erfolgt auf eiweißhaltigen Nährböden (Blutagar, Löffler-Serum-Agar) und tellurithaltigen Selektivmedien (Tindsdale-Agar, Clauberg-III-Agar) unter aeroben Bedingungen mit 5–10-%iger CO₂-Begasung bei 37 °C. Verdächtig sind gräuliche Kolonien mit evtl. schwachem Hämolysehof auf Blutagar sowie schwarze Kolonien mit blauem Hof auf Telluritböden. Zeigen diese das typische Bild im mikroskopischen Präparat, werden Subkulturen angelegt (Blutagar, Löffler-Medium). Die endgültige Identifizierung beruht auf biochemischen Merkmalen (Katalase positiv, Urease negativ, Glukosefermentation positiv, Saccharosefermentation negativ, Nitratreduktion positiv). Die Fähigkeit isolierter Stämme zur Toxinbildung wird mit dem Elek-Ouchterlony-Immundiffusionstest oder durch den Nachweis des Toxin-Gens mittels 7 PCR geprüft. Zur Bestimmung spezifischer Antikörper gegen das Diphtherietoxin setzt man die indirekte 7 Immunfluoreszenz, Enzymimmuntests, Neutralisationstests oder Hämagglutinationstests ein.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Abstriche (von unterhalb der Pseudomembranen) von Rachen, Tonsillen, Nasenschleimhaut. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. C. diphtheriae kann mikroskopisch nicht eindeutig von anderen, apathogenen Corynebakterien unterschieden werden. Vielmehr müssen verdächtige Kolonien in Reinkultur isoliert, identifiziert und auf Toxinproduktion geprüft werden. Für den Beweis einer akuten Diphtherie ist allein der positive Toxinnachweis ausschlaggebend. Die quantitative Bestimmung von Antikörpern gegen das Diphtherietoxin hat seine Priorität bei epidemiologischen Fragestellungen sowie bei der Überprüfung der Immunitätslage bzw. des Impfstatus. In der Differenzialdiagnostik sind unter anderem abzugrenzen: 5 infektiöse Mononukleose, 5 Angina Plaut-Vincenti, 5 Streptokokken-Angina, 5 virusinduzierte Pharyngitis, 5 Mumps. Literatur. Köhler W, Eggers HJ, Fleischer B, Marre R, Pfister H, Pulverer G (Hrsg) (2001) Medizinische Mikrobiologie, Urban & Fischer Verlag, 8. Aufl., 383–387

Coxsackie-Viren

Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) (2009), Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen, SpringerVerlag, 3. Aufl., 189–192

Cosmid R. Weiskirchen

Englischer Begriff. cosmid Definition. 7 Plasmidvektor, der eine sog. COS-Sequenz trägt, wie sie an den Enden des 7 Bakteriophagen-Lambda-7 Genoms auftritt und von der Verpackungsmaschinerie für Phagenköpfe erkannt wird.

i Cosmide sind wichtige Klonierungsvektoren für genomische

Genbanken. Durch die mit ihnen zu erreichende sehr effiziente in vitro Verpackung in Bakteriophagenköpfe wird eine deutliche Erhöhung der 7 Transformationseffizienz (bzw. Transfektionseffizienz) und vor allem eine Größenselektion der klonierten DNA erreicht.

COST3 7 York-Antigen

357

Coulometrie) und die coulometrische Titration (galvanostatische Coulometrie) wobei Anoden- und Kathodenraum, d. h. Gegen- und Arbeitselektroden durch ein 7 Diaphragma getrennt werden. Dieses verhindert, dass die Elektrolyseprodukte an die Gegenelektrode diffundieren. Eine klassische Anwendung der coulometrischen 7 Titration ist die Bestimmung von Cl–-Ionen einer Lösung. Dabei werden durch Elektrolyse, d. h. unter Stromverbrauch, Silberionen (Ag+) aus einer Silberelektrode (Arbeitselektrode, auch als Opferelektrode bezeichnet, da sie „aufgebraucht“ oder „geopfert“ wird) herausgelöst. Diese verbinden sich unmittelbar mit den Cl–-Ionen und fallen als AgCl aus. Sobald überflüssige Silberionen in der Lösung vorliegen, steigt deren Leitfähigkeit an, was über die Gegenelektrode registriert wird und zum Abbruch der Elektrolyse führt. Die bis zu diesem Zeitpunkt verbrauchte Strommenge ist nach o.g. Gesetzen der Silberionen-Menge und über den stöchiometrischen Zusammenhang der AgCl-Fällungsreaktion der Chloridionen-Konzentration proportional. Neben dieser Fällungstitration kommen auch Komplexbildungs-, Säure-Basen-, und Redoxtitrationen zum Einsatz. Die Coulometrie hat im klinischchemischen Labor nur für Spezialanalysen Bedeutung.

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie Chemie-Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Cotinin 7 Nikotin

Coulter, Wallace H. H. Baum

Cot-Werte

Lebensdaten. Amerikanischer Elektroingenieur, Erfinder und Ge-

R. Weiskirchen

schäftsmann, geboren 17. Februar 1913 in Little Rock, Arkansas, gestorben am 07. August 1998 in Fullerton, Californien.

Englischer Begriff. Cot values Definition. Maßeinheit für die Geschwindigkeit, mit der sich denaturierte 7 Nukleinsäureabschnitte wieder in ihre doppelsträngige Form renaturieren (7 Renaturierung) lassen. i Die Cot-Werte sind abhängig von der Konzentration der Nukleinsäure, des Komplementaritätsgrads der renaturierenden Nukleinsäuren, der Konzentration an Kationen, welche negative Ladungen von Phosphaten neutralisieren, sowie der Temperatur. Die Geschwindigkeit der Reassoziation ist dabei als Produkt aus der Nukleinsäurekonzentration (Co) und der Renaturierungszeit (t) definiert.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg.

Verdienste. Wallace H. Coulter entwickelte eine automatische, elektronische Zählmethode für suspendierte mikroskopische Partikel, die auch zur Blutzellzählung verwendet werden kann. Dieses nach ihm benannte 7 Coulter-Prinzip basiert auf der Messung der Widerstandsänderung zwischen zwei Elektroden beim Durchtritt eines Partikels oder Blutzelle durch eine Kapillare im elektrischen Feld. Zusammen mit seinem Bruder Joseph Gründer der Coulter Corporation. Wallace H. Coulter erhielt für seine Entwicklungen auf dem Gebiet der Zellzählung zahlreiche Preise. Literatur. www.whcf.org/

Coulter-Prinzip der Zellzählung H. Baum

Coulometrie

Synonym(e). Widerstandsmessprinzip; Impedanzmessverfahren

T. Arndt

Englischer Begriff. coulometry Definition. Elektrochemische Analysenmethode auf der Basis der Messung von für die Elektrolyse einer Substanz benötigten Ladungsmengen. i Die theoretische Grundlage der Coulometrie sind die Faraday-

schen Gesetze. So besteht bei Elektrolysen, die quantitativ (vollständig) und eindeutig ablaufen, ein einfacher Zusammenhang zwischen der Menge der freigesetzten oder abgeschiedenen Substanz (m) und der dazu benötigten Elektrizitätsmenge [(Q = Stromfluss (I) × Zeit (t)], den das 1. Faradaysche Gesetz beschreibt: m = k × I × t = k × Q. Unter Hinzunahme des 2. Faradayschen Gesetzes, nach dem gleiche Elektrizitätsmengen verschiedene Stoffe mit der molaren Masse (M) im Verhältnis ihrer Äquivalente (der elektrochemischen Wertigkeit z) abscheiden, ergibt sich mit m = M × Q / z × F (F = Faraday-Konstante) ein Zusammenhang, der zur quantitativen Bestimmung von reduzieroder oxidierbaren anorganischen sowie von polarographisch aktiven organischen Substanzen genutzt werden kann. Der Aufbau der Elektrolysezellen muss dem jeweiligen analytischen Problem angepaßt werden. Man unterscheidet Drei- und VierElektrodenzellen für die coulometrische Analyse (potentiostatische

Englischer Begriff. Coulter principle Definition. Automatisierte Zellzählung durch Messung einer Widerstandsänderung beim Durchtritt der Zelle durch eine Kapillare in einer elektrisch leitender Flüssigkeit. i Methode zur Zellzählung in einer Suspension, die in den 1940er

Jahren von Wallace H. Coulter (7 Coulter, Wallace H.) entwickelt wurde. Die zellulären Bestandteile des Bluts sind elektrische Nichtleiter. Werden sie in einer elektrisch leitenden Flüssigkeit verdünnt und diese Suspension durch eine Kapillare geleitet, durch die ein konstanter elektrischer Strom fließt, ändert sich beim Durchtritt einer Zelle der elektrische Widerstand. Die Widerstandsänderung ist dabei gleichzeitig proportional zur Größe der durchtretenden Zelle. Somit können simultan die Konzentration (Zahl) der Zellen in der Lösung und das Volumen der Einzelzellen bestimmt werden.

Literatur. Seeger HT, Poppy U (1991) Zellzähl- und Differenziergeräte. In: Boll I, Heller S. (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 115–161

Coxsackie-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Human coxsackie virus A/B

C

358

CPA

Beschreibung des Erregers. Unbehüllte Einzelstrang-7 RNA-Viren, ikosaedrale Form, Durchmesser ca. 30 nm, hitzelabil, Inaktivierung mit 0,1 N HCl oder 0,3 % Formaldehyd. Hohe Umweltresistenz. Coxsackie-Viren repräsentieren eine Vielzahl verschiedener, keine Kreuzimmunität aufweisender Serotypen des Genus humane Enteroviren. Sie gehören zur Familie der Picornaviridae.

CPA 7 Cone and plate(let) analyzer

C-Peptid H.M. Schulte, J. Jacobeit

Erkrankungen. Die Infektionen verlaufen überwiegend (90–95 %) asymptomatisch. Manifestation als Sommergrippe, Pneumonie, Diarrhoe, Enzephalitis, aseptische Meningitis, Hepatitis, Myokarditis, Perikarditis, Pleurodynie (M. Bornholm), Gingivo-Stomatitis, Exanthem (Hand-Fuß-Mund-Krankheit), Konjunktivitis, fetale Schädigung.

Synonym(e). Connecting peptide

Übertragung. Fäkal-oral, aerogen (Tröpfchen, Mund-zu-Mund-Kon-

Molmasse. ca. 3,6 kDa

takt, kontaminiertes Trinkwasser, kontaminierte Meeresfrüchte) und diaplazentar. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen, Kleinkinder häufiger als Erwachsene. Erhebliche Weiterverbreitung durch Ausscheidungen asymptomatisch Infizierter.

Englischer Begriff. C-peptide Struktur. lineares 31-Aminosäurepeptid

Inkubationszeit. Im Mittel 7–14 Tage, weltweites Vorkommen.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Biosynthese erfolgt aus Präproinsulin (Peptid aus 107 Aminosäuren) daraus entsteht nach posttranslationaler Abspaltung eines N-terminalen Signalpeptids das Proinsulin (81 Aminosäurereste), aus dem das C-Peptid (33 Aminosäurereste) proteolytisch gelöst wird.

Therapie und Prophylaxe. Symptomatisch; antivirale Medikamente

Halbwertszeit. 30–40 min

und Impfstoffe sind noch nicht verfügbar.

Analytik. Kultur: Einige Coxsackie-A-Viren sind nur in neugeborenen Mäusen kultivierbar, andere in primären Affennierenzellen bzw. in RD- oder SKCO-1-Zellen. Die Kultivierung von Coxsackie-B-Viren ist in HEp-2- bzw. HeLa-Zellen sowie in primären Affennierenzellen problemlos möglich. Direktnachweis: In erster Linie mittels PCR (7 PCR, quantitative) und 7 Neutralisationstest, im Forschungsbereich auch mittels cDNASonden. Antigen-ELISA-Tests sind zu insensitiv und erfordern eine vorausgehende Virusanreicherung. Erregertypisierung über definierte 7 Antikörper. Serologie: 7 Indirekte Immunfluoreszenz, Neutralisationstest, 7 ELISA und 7 Komplementbindungsreaktion. Letztere sollte wegen massiver 7 Kreuzreaktivität mit anderen Enteroviren und eingeschränkter Sensitivität nicht mehr zur Serodiagnostik von Enteroviren eingesetzt werden. Bei Verwendung von Antigenlysaten sind auch bei ELISA immunologische Kreuzreaktionen zu beobachten, weshalb hier die Bestimmung gruppenspezifischer Antikörper im Mittelpunkt steht. Kreuzreaktionen werden z. T. auch im Neutralisationstest beobachtet (A3 mit A8, A11 mit A15, A13 mit A18). Zum serologischen Beweis einer frischen Infektion ist ein Anstieg der Konzentration erregerspezifischer IgG-Antikörper um den Faktor 10 innerhalb von 7–14 Tagen oder der Nachweis spezifischer IgM-Antikörper erforderlich.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Stuhl, Rachen-, Rektal- und Konjunktivalabstriche, Blut, Liquor und Bläschensekret oder Biopsien. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühl-Konservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glycerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Wesentliche Bedeutung hat der Erregernachweis mittels PCR oder Kultur. In der Serologie wird dem Nachweis neutralisierender Antikörper ebenfalls Bedeutung beigemessen. Der Nutzen der Serologie ist aufgrund hoher Durchseuchungsraten und massiver Kreuzreaktivitäten zwischen den verschiedenen Serotypen eingeschränkt. Der signifikante Anstieg spezifischer AntikörperTiter innerhalb zweier Wochen beweist eine frische Infektion. Literatur. Zeichhardt H, Grunert HP (2003) Enteroviruses: polioviruses, coxsackieviruses, echoviruses and enteroviruses. In: Cohen I, Powderly WG, Opal SM (eds): Infectious Diseases, 2nd edn. Elsevier Health Sciences London 213,1993–2006 Pallansch M, Roo R (2007) Enteroviruses: polioviruses, coxsackieviruses, echoviruses and newer enteroviruses. In: Knipe DM et al (eds) Fields Virology, 5th edn. Wolters Kluwer Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 1, 2839–2893

Funktion und Pathophysiologie. 7 Insulin wird in den β-Zellen des endokrinen Pankreas in Form des Proinsulins gebildet. Das Proinsulin besteht aus der A- und B-Kette des Insulins und aus dem die beiden Ketten verbindenden C-Peptid. Das C-Peptid wird bei der Sekretion des Insulins vom Proinsulin abgespalten und sezerniert in äquimolaren Mengen zum Insulin.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL gefrorenes EDTA-Plasma oder Serum. Die Blutentnahme erfolgt am nüchternen Patienten. Die Blutprobe soll innerhalb von 30 min nach Abnahme abzentrifugiert und Plasma bzw. Serum eingefroren werden.

Probenstabilität. Vollblut: 6 h bei 20–25 °C Serum/Plasma: 2 Monate bei –20 °C 5 Tage bei 4–8 °C 5 h bei 20–25 °C

Präanalytik. EDTA-Plasma empfohlen. Analytik. 7 Immunometrische Assays ohne 7 Kreuzreaktivität zu Proinsulin und Proinsulin-Spaltprodukten. Konventionelle Einheit. μg/L Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μg/L × 0,28 = nmol/L Referenzbereich — Frauen. 0,9–4,0 μg/L Referenzbereich — Männer. 0,9–4,0 μg/L Indikation. V. a. Diabetes mellitus oder Insulinom Interpretation. 5 5 5 5

↑ Insulinom ↑ Diabetes mellitus 2 ↓ Diabetes mellitus 1 ↓ Insulinabusus

Nach insulininduzierter Hypoglykämie (Hypoglycaemia factitia) kommt die endogene Insulinsekretion und damit auch diejenige vom C-Peptid zum Erliegen. Vor einer geplanten Therapie mit Sulfonylharnstoffen bei einem Diabetes mellitus 2 kann die dafür notwendige noch ausreichende β-Zellfunktion beurteilt werden.

Diagnostische Wertigkeit. C-Peptid ist ein optimaler Marker zur Beurteilung der β-Zell-Reserve des Pankreas.

Literatur. Torn C (2003) C-Peptide and Autoimmune Markers in Diabetes. Clin Lab 49:1–10 Sima AA, Grunberger G, Jornvall H et al (2001) C-Peptide Study Group. Proinsulin C-Peptide–A Consensus Statement. Int J Exp Diabetes Res 2:145–151

C-reaktives Protein

359

wird der Stuhl nach parenteraler Applikation einer Dosis von 25 μCi 51Cr-Albumin über 96 h gesammelt und die Aktivität in Prozent der applizierten Dosis gemessen.

CpG-Inseln R. Weiskirchen

Englischer Begriff. CpG islands Definition. Bezeichnung für eine lokale Anhäufung, der in eukaryontischen DNA relativ selten vorkommenden Dinukleotid-Sequenz 5’-CpG-3’. i Derartige Bereiche können als Markierungspunkte innerhalb sehr langer DNA-Bereiche dienen. Der Zytosinrest innerhalb des Dinukleotids ist häufig Substrat für zellspezifische DNA-Methylasen. Eine Hypermethylierung dieser Bereiche findet sich hauptsächlich in DNA-Bereichen mit geringer transkriptioneller Genaktivität.

CPPD Kristalle

Referenzbereich — Erwachsene. Normal ist eine Ausscheidung von weniger als 0,1–0,7 % der applizierten Dosis.

Indikation. Verdacht auf exsudative Enteropathie Interpretation. Heute weitgehend ersetzt durch die 7 α1-Proteinaseinhibitor-Clearance, fäkale. Literatur. Krejs GJ, Horica C, Benes I, Blum AL (1975) Modified 51Cr-Chromium-Albumin Test for the differential diagnosis of exudative gastropathies and enteropathies. Schweiz Med Wochenschr 105:1135–1137

Crank

7 Calciumpyrophosphat-Dihydrat-Kristalle

T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Methamphetamin (7 Stra-

C2-Proben

ßennamen von Drogen: Amphetamine).

7 C2-Monitoring

C-reaktives Protein

cPSA 7 Potentiometrische Strippinganalyse; 7 Prostataspezifisches Antigen, komplexiertes

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). CRP Englischer Begriff. C-reactive protein

CP-Substanzen

Definition. In den Hepatozyten synthetisiertes 7 Akute-Phase-Protein, dessen Konzentration im Plasma bei bakteriellen und abakteriellen akuten Entzündungen bis zu 2000-fach ansteigt und deshalb für die Entzündungsdiagnostik und Verlaufskontrolle große Bedeutung hat.

7 Spice

CPT 7 Carnitin-Palmitoyl-Transferase

Molmasse. 118 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. C-reaktives Protein (CRP)

C1q-Antikörper 7 Autoantikörper gegen C1q

C1q-Bindungstest 7 Immunkomplexe

Crack

wurde im Jahr 1930 von Tillet und Francis im Serum von Patienten im akuten Stadium der Lobärpneumonie aufgrund seiner Eigenschaft entdeckt, C-Polysaccharide der Kapsel von Streptococcus pneumoniae zu binden und zu präzipitieren, 1941 wurde CRP identifiziert. Strukturell handelt es sich um ein aus fünf identischen Untereinheiten in Form eines fünfgliedrigen Ringes (zyklische pentamere Symmetrie) zusammengesetztes, unglykosyliertes, nahezu ausschließlich in den Hepatozyten synthetisiertes Protein der Molmasse 118 kDa mit phylogenetisch weitgehend konservierter Struktur (7 Abb. 1). Chro-

T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für ein Kokainprodukt (7 Straßennamen von Drogen: Kokain).

Crackers T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für LSD (7 Straßennamen von Drogen: LSD). 51Cr-Albumin-Test R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff.

51Cr

albumin-test

Definition. Funktionstest zum Nachweis eines enteralen Albuminverlustes in den Darm, der wegen der mit seiner Durchführung verbundenen radioaktiven Belastung nur selten durchgeführt wird.

Durchführung. Zahlreiche Dünndarmerkrankungen führen zu einem Verlust von 7 Albumin durch die Darmmukosa in das Darmlumen. Der quantitative Nachweis eines enteralen Albuminverlustes mittels des 51Cr Albumin-Tests beruht auf der Unfähigkeit der Enterozyten, Chromsalze zu resorbieren. Nach parenteraler Applikation von 51Cr-Albumin verbleibt 51Cr, das infolge des enteralen Verlusts von 51Cr Albumin in das Darmlumen gelangt, im Darminhalt und kann durch Aktivitätsmessung im Stuhl quantifiziert werden. Hierzu

C-reaktives Protein. Abb. 1. (T. J. Greenhough, A. K. Shrive, Keele University. Clin Chem, Special edition 2009)

C

360

C-reaktives Protein

C-reaktives Protein. Abb. 2. (Modifiziert nach Sölter und Uhlenbruck 1982)

mosomenlokalisation: 1q 21–23. Starke Homologien zur Serum-Amyloid-P-Komponente (SAP) mit dem es in die Gruppe der Pentraxine gehört. Jede der durch Disulfidbrücken verbundenen Untereinheiten (Molmasse 24 kDa) besitzt zwei funktionelle Regionen: 5 zwischen Aminosäuren 51 und 66 ein Bindungsbereich für Phosphorylcholin 5 zwischen Aminosäuren 133 und 147 ein Bindungsbereich für Ca2+.

Probenstabilität. bei 4 °C bis zu 72 h, bei –20 °C 6 Monate, bei –70 °C unbeschränkt. Lipämie und Hämolyse sind zu vermeiden.

CRP besitzt elektrophoretische γ-Globulin-Mobilität. Etwa 4 % der normalen peripheren Blutlymphozyten haben CRP an ihrer Oberfläche gebunden ohne es zu synthetisieren. Die Funktionen resultieren aus seinen Bindungseigenschaften (7 Abb. 2): 5 Calciumabhängig werden negativ geladene Moleküle wie Phosphorylcholin und zahlreiche Polyanionen (z. B. Nukleinsäuren) gebunden 5 Calciumabhängige Bindung galaktosereicher Glykoproteine (Galaktane) 5 Calciumunabhängige Bindung von Polykationen, z. B. Histone, Chromatin, basische Proteinkomplexe.

Schnellteste zum Nachweis erhöhter CRP-Konzentrationen: 5 Latexagglutinationsteste (7 Agglutinationstest)

Aufgrund dieser multiplen Bindungseigenschaften führt CRP nicht nur zur Präzipitation löslicher Liganden sondern agglutiniert auch partikuläre Liganden, z. B. Bakterien, Viren, Detritus nekrotischer körpereigener Zellen, die somit für die Erkennung und Elimination mittels Phagozytose durch 7 Makrophagen des retikuloendothelialen Systems (Leber, Milz, Knochenmark) vorbereitet werden (Opsoninfunktion). Ergänzt wird die Opsoninwirkung durch die Eigenschaft des CRP, den klassischen Komplementweg am C1q zu aktivieren.

Halbwertszeit. 13–16 h Funktion und Pathophysiologie. CRP gehört zu den am stärksten reagierenden positiven Akute-Phase-Proteinen, dessen Konzentration im Plasma bis zu 2000-fach durch 7 Interleukin-6-vermittelte Expressions- und Sekretionssteigerung in den Hepatozyten ansteigen kann. Anstieg erfolgt innerhalb von 4–6 h nach Eintreten bakterieller oder abakterieller Entzündungen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Synovialflüssigkeit, Liquor, Nabelschnurblut

Analytik. Immunologische Methoden: 5 7 Immunnephelometrie 5 7 Immunturbidimetrie 5 7 Immundiffusion, radiale

Bestimmung des ultrasensitiven CRP 5 Latex-verstärkte Immunnephelometrie

Referenzbereich — Erwachsene. < 10 mg/L Referenzbereich — Kinder. Nabelschnurblut: < 0,35 mg/L Indikation.

5 Screening-Diagnose und Differenzialdiagnose von organischen im Gegensatz zu funktionellen Erkrankungen 5 Bestimmung der Aktivität entzündlicher Erkrankungen 5 Diagnose interkurrenter Infektionen bei systemischem Lupus erythematodes, Leukämien und im postoperativem Verlauf 5 Diagnose der neonatalen Sepsis und Meningitis 5 Bestimmung des Koronarskleroserisikos (ultrasensitives CRP, s. u.) 5 Diagnose intrauteriner Infektionen (unter Verwendung von Nabelschnurblut).

Interpretation. CRP ist der am häufigsten verwendete Parameter der

7 Akute-Phase-Reaktion bei allen Formen der septischen und aseptischen, bakteriellen und abakteriellen Entzündung, Gewebenekrosen, Neoplasien und Traumatisierungen (7 Tab. 1). Aus dem Konzentrationsanstieg lässt sich die Aktivität des entzündlichen Prozesses, aus der Relation zu anderen Akute-Phase-Reaktanten, z. B. Haptoglobin, saures α₁-Glykoprotein, das Entzündungsstadium festlegen. Die kurze Reaktionszeit von 4–6 h wird lediglich durch den Anstieg des Interleukin-6 (Mediator der Akute-Phase-Reaktion) unterboten. Wichtiger Einsatz des CRP in der Differenzialdiagnose funktioneller vs. organischer Erkrankungen. Mit dem „ultrasensitiven CRP“ (s. u.) werden Konzentrationserhö-

CRH-Test

hungen im Referenzbereich (< 10 mg/L) gemessen, die einen unabhängigen Risikoindikator für die entzündliche Pathogenese der Koronarsklerose darstellen. C-reaktives Protein. Tab. 1. CRP-Erhöhungen im Serum (Auswahl)

normal/gering (< 10)

mäßig (10–100)

stark (> 100)

5 starke körperli-

5 5 5 5 5 5

5 akute bakterielle

5 5 5 5 5 5

Myokardinfarkt Malignome Pankreatitis Bronchitis Cystitis Lupus erythematodes (SLE) 5 Colitis ulcerosa 5 Gicht 5 M. Crohn

Creatinkinase 7 Kreatinkinase

Creatinphosphokinase 7 Kreatinkinase

CRP-Erhöhungen im Serum (mg/L)

che Belastung Erkältung Schwangerschaft Angina Asthma Apoplexie zerebrale Krampfanfälle

361

5 5 5 5

Infekte größere Traumata postoperativ systemische Vaskulitis floride rheumatoide Arthritis Sepsis (hyperinflammatorische Phase)

Diagnostische Wertigkeit. Bedeutende Kenngröße zur Diagnose und

CRF 7 Kortikotropin-Releasing-Hormon

CRF-Test 7 CRH-Test (ACTH-Stimulation)

CRH 7 Kortikotropin-Releasing-Hormon

CRH-Test W. Hubl

Verlaufskontrolle (Aktivität) aller, vor allem bakteriell bedingter Akute-Phase-Reaktionen (z. B. Entzündungen) und zur Differenzierung funktioneller und organischer Erkrankungen.

Releasing-Factor-Test; CRF(corticotropin-releasing-factor)-Test

Literatur. Special edition (2009) Clin Chem 55:201–385 (www.

Englischer Begriff. corticotropin-releasing-hormone test

clinchem.org) Sölter J, Uhlenbruck G (1982) Neue Aspekte des C-reaktiven Proteins. Dtsch Med Wochenschr 107:391–394

Synonym(e). Corticotropin-Releasing-Hormon-Test; Corticotropin-

Definition. Der CRH-Test dient zur spezifischen Überprüfung der 7 ACTH-Stimulation in der Adenohypophyse.

Durchführung.

C-reaktives Protein, ultrasensitiv A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). CRP, hochsensitiv Englischer Begriff. C-reactive protein, ultrasensitive, high sensitive Definition. Additiver und unabhängiger Risikoindikator der (entzündlichen) Atherogenese (Koronarsklerose), der auf der Konzentrationsmessung des 7 C-reaktiven Proteins innerhalb des Referenzbereichs mittels einer hoch (ultra-)sensitiven Methode beruht. i Unter einem ultrasensitiven CRP wird ein Test verstanden, der in der Lage ist, sehr niedrige CRP-Konzentrationen (innerhalb des Referenzbereiches) zuverlässig zu messen. Die Empfehlung besteht, dass der hochsensitive CRP-Test bei einer Konzentration von 0,2 mg/L eine Unpräzision < 10 % aufweisen darf. Messverfahren sind latexverstärkte 7 Immunturbidimetrie, 7 Immunnephelometrie und 7 Chemoluminiszenz. Die klinische Bedeutung des ultrasensitiven CRP besteht in der prognostischen Beurteilung von Patienten mit instabiler Angina pectoris als additiver Risikofaktor zu den Hauptrisikoindikatoren 7 Cholesterin, LDL-Cholesterin (7 Low-Density-Lipoprotein), Hypertonie und Nikotinabusus. Patienten mit CRP-Konzentrationen im obersten Quintil (> 3,6 mg/L) haben im Vergleich zu solchen im untersten Quintil (< 0,71 mg/L) ein doppelt so hohes Risiko für ein koronares Ereignis, jedoch ist der prädiktive Wert bei Angina pectoris in neueren Untersuchungen wieder relativiert worden. Pathophysiologisch ist die moderate Konzentrationserhöhung als systemischer Ausdruck der inflammatorischen Komponente der Atherogenese (Koronarsklerose) zu interpretieren, wo CRP möglicherweise direkt am atherothrombotischen Prozess beteiligt ist und in atherosklerotischen Gefäßwänden und an Plasmamembranen geschädigter Zellen lokalisiert ist. Es trägt zur Komplementaktivierung über den klassischen Weg bei.

Literatur. Danseh J et al (2004) C-reactive protein and other circulation markers of inflammation in the prediction of coronary heart disease. N Engl J Med 350:1387–1397

Creatinin 7 Kreatinin

5 18–20 Uhr: Legen eines peripheren venösen Zugangs bei Bettruhe des Patienten 5 Eine Stunde später 1. Blutentnahme (EDTA-Blutröhrchen) zur Bestimmung von ACTH und 7 Kortisol 5 Danach langsame i.v. Injektion von 100 μg CRH (bzw. 1 μg/kg KG) 5 Weitere Blutentnahmen für ACTH und Kortisol nach 15, 30, 45, 60 und 90 min Fehlerquellen: Eine Glukokortikoidbehandlung des Patienten muss mindestens 24 h zuvor abgesetzt werden. Bei Nichtbeachtung einer ausreichend langen Pause kann eine sekundäre NebennierenrindenInsuffizienz vorgetäuscht werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma Probenstabilität. 7 Kortisol und 7 adrenokortikotropes Hormon Präanalytik. 7 Kortisol und 7 adrenokortikotropes Hormon Analytik. 7 Immunoassay, 7 adrenokortikotropes Hormon und

7 Kortisol

Referenzbereich — Erwachsene. Anstieg des ACTH nach CRHStimulation auf mindestens 150 %. Anstieg des Kortisols nach CRH-Stimulation um mindestens 200 nmol/L. Referenzbereich — Kinder. Anstieg des ACTH nach CRH-Stimulation auf mindestens 150 %. Anstieg des Kortisols nach CRH-Stimulation um mindestens 200 nmol/L. Indikation. 1) Prüfung der Adenohypophyse auf eine ausreichende ACTHSekretion. Bei einer Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz bleibt dieser Anstieg aus. 2) Differenzialdiagnose des Cushing-Syndroms: 5 Anstieg eines basal bereits erhöhten ACTH bzw. Kortisols: Hypophysäres Cushing-Syndrom 5 Kein Anstieg des ACTH bzw. Kortisols bei basal erhöhten Werten: Ektopes ACTH-Syndrom, zentrales Cushing-Syndrom (Makroadenom) 5 Kein Anstieg des basal erniedrigten ACTH bzw. Kortisols: Ad-

C

362

Crick, Francis Harry Compton

renales Cushing-Syndrom (Tumor oder bilaterale mikronoduläre oder makronoduläre Nebennierenrinden-Hyperplasie). 3) Differenzierung einer sekundären und tertiären Nebennierenrinden(NNR)-Insuffizienz: 5 Ausreichende ACTH-Stimulation: tertiäre (hypothalamische) NNR-Insuffizienz 5 Kein ACTH-Anstieg: Hypophysenstörung (kortikotrope Zellen der Hypophyse defekt). 4) Beurteilung des Therapieerfolgs nach einer Operation von Hypophysen-bzw. Nebennierenrindentumoren. 5) Einschätzung einer wieder einsetzenden ACTH- und Kortisolsekretion nach iatrogenen Cushing-Syndrom (Glukokortikoidtherapie).

Kontraindikation(en). Überempfindlichkeit gegenüber CRH Nebenwirkung(en). Wärmegefühl (Flush-Symptomatik) mit einem leichten Blutdruckabfall.

Interpretation. 7 Tab. 1. CRH-Test (ACTH-Stimulation). Tab. 1. Basales ACTH bzw. Kortisol

ACTH-Anstieg nach CRF (%)

Diagnose

niedrig

< 150

HypophysenvorderlappenInsuffizienz

erhöht

> 150

Hypophysäres CushingSyndrom

erhöht

< 150

Ektopes ACTH-Syndrom, zentrales Cushing-Syndrom

niedrig

< 150

Adrenales Cushing-Syndrom

niedrig

> 150

Tertiäre, hypothalamische NNR-Insuffizienz

niedrig

< 150

Sekundäre, hypophysäre NNR-Insuffizienz

CRM 7 Referenzmaterial, zertifiziertes

CRM470-Referenzmaterial H. Fiedler

Synonym(e). Certified Reference Material 470; neue Bezeichnung: ERM-DA470

Englischer Begriff. Reference Preparation of Proteins in Human Serum (RPPHS); Lot 91/06/19

Definition. Die Referenzpräparation CRM470 dient zur Kalibration von humanen Plasmaproteinen. i Unter Federführung des Committee of Plasma Protein Standardization der 7 International Federation of Clinical Chemistry (IFCC) wurde in Zusammenarbeit mit European Community Bureau of Reference (BCR) und 7 College of American Pathologists (CAP) eine Referenzpräparation für 14 Plasmaproteine entwickelt. Die Zertifizierung erfolgte 1993 durch BCR und FDA. Ein neues zertifiziertes Referenzmaterial für 12 Serumproteine (ERM-DA470k/IFCC) wurde jetzt aus einem Serumpool von 390 gesunden Spendern hergestellt und für CRP durch ein tiefgefrorenes Material (ERM-AD472k/IFCC) ergänzt.

Literatur. Johnson AM, Whicher JT (2001) Effect of certified reference material 470 (CRM 470) on national quality assurance programs for serum proteins in Europe. Clin Chem Lab Med 39:1123–1128 Zegers I, Keller T, Schreiber W et al (2010) Characterization of the new serum protein reference material ERM-DA470k/IFCC: value assignment by immunoassay. Clin Chem 56:1880–1888

CROM 7 Cromer-Blutgruppensystem

Cromer-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). CROM; DAF; Decay accelerating factor; CD55 Englischer Begriff. Cromer blood group system

Literatur. Lehnert H (Hrsg) (2003) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. 2. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Crick, Francis Harry Compton R. Weiskirchen

Lebensdaten. Britischer Physiker und Biochemiker, geboren. 08. Juni 1916 in Northampton (UK), gestorben am 29. Juli 2004 in San Diego.

Verdienste. Schulausbildung in Northampton Grammar School und Mill Hill School (London), Studium der Physik und der Biologie; Promotion im Jahre 1954. Er arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Molekularbiologie, insbesondere auf dem Gebiet der Strukturaufklärung von Polypeptiden und Proteinen mittels Röntgenstrukturanalyse. Zusammen mit James Dewey Watson (7 Watson, James Dewey) stellte er unter Benutzung der von R. Franklin und Maurice Hugh Frederick Wilkins aus der Röntgenstrukturanalyse erhaltenen Beugungsdaten ein Modell (sog. Watson-Crick-Modell) der räumlichen Spiralstruktur (Doppelhelixstruktur) der 7 DNA her. Für diese Arbeiten erhielt er zusammen mit Watson und Wilkins im Jahr 1962 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Literatur. http://www.nobel.se/medicine/Laureates/1962/crick-bio. html Crick FHC (1988) What Mad Pursuit: A Personal View of Science. Reprint edn (June 1990). Basic Books, New York

Definition. Der Decay accelerating factor (DAF) ist ein Membran-

protein, der das 7 Komplementsystem auf der Zelloberfläche reguliert. Das Protein verhindert die Anlagerung der C3- und C5-Konvertase oder beschleunigt die Auflösung der präformierten Konvertasekomplexe, womit die Bildung des terminalen lytischen Komplexes (Membrane attack complex) verhindert wird. DAF ist die antigene Determinante des Cromer-Blutgruppensystems (7 Blutgruppensystem; 7 Tab. 1).

i Das 70-kDa-Glykoprotein kommt auf verschiedenen hämatopoi-

etischen und nichthämatopoietischen Zellen vor (7 Erythrozyten, 7 Leukozyten, 7 Thrombozyten, Trophoblasten der Plazenta, endotheliale und epitheliale Gewebe). Die lösliche Form des DAF-Proteins ist in Plasma und Urin nachweisbar. Das Cromer-Antigen besteht aus 319 Aminosäuren und ist über einen Glykosylphosphatidylinositol (GPI)-Anker an die Zellmembran gebunden. Das Protein trägt aminoterminal vier Domänen (short consensus repeat domains, SCR 1-4). Das Cromer-Antigen wird auf Erythrozyten von Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie Typ III (PNH III) nicht exprimiert. Dies ist jedoch nicht die Ursache für die PNH-Erkrankung. Die häufigsten DAF-Allele kommen in allen Populationen mit einer Frequenz nahe 100 % vor, wobei einige antithetische Epitope von Antigenen von Cr(a), Tca, Dra, Esa, IFC+, WESb, UMC+, GUTI+ vorkommen. Davon weisen einige Allele eine sehr niedrige Inzidenz auf und kommen z. T. nur in einer Familie vor oder sind regional begrenzt.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Auflage, Elsevier New York Blood Group Antigen Gene Mutation Database, NCBI

CTAD-Röhrchen

363

Cromer-Blutgruppensystem. Tab.1. Eigenschaften der Hauptantigene des Cromer-Blutgruppensystems CROMAntigen

ISBT-Symbol (Zahl)

Antigenfrequenz (%)

In-vitro-Charakteristika von Alloantikörpern

Klinische Signifikanz von Alloantikörpern

Immunglobulin-Klasse

Optimale Nachweistechnik

Komplementbindung

Transfusionsreaktion

MHN

Cra

CROM1 (021.001)

100

IgG

IAT

nein

keine bis milde

keine

Tca

CROM2 (021.002)

100

IgG

IAT

nein

keine bis milde

keine

Tcb

CROM3 (021.003)

< 0,01 (weiße) 6 (schwarze)

IgG

IAT

nein

nicht bekannt

nicht bekannt

Tcc

CROM4 (021.004)

< 0,01

IgG

IAT

nein

keine bis milde

keine

IAT indirekter Agglutinationstest

Crossing-over

Literatur. Glusker JP (1994) Dorothy Crowfoot Hodgkin (1910– 1994). Protein Science 3: 2465–2469

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. crossing over Definition. Bezeichnung für den reziproken Austausch von Erbmaterial zwischen 7 Chromatiden, die nicht den gleichen, aber homologen 7 Chromosomen angehören. i Crossing-over tritt hauptsächlich während der Meiose auf und

ist für die genetische Rekombination verantwortlich. Dabei lagern sich homologe Chromosomen an entsprechenden Stellen aneinander, brechen und tauschen Teile ihrer Erbanlagen aus. Die Austauschhäufigkeit ist umso größer je weiter zwei 7 Gene voneinander entfernt liegen.

β-Crosslaps 7 Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid, quervernetztes

Crowfoot-Hodgkin, Dorothy H. Fiedler

Lebensdaten. Englische Chemikerin, geboren am 12. Mai 1910 in Kairo, gestorben am 30. Juli 1994 in Shipston-on-Stour, England.

Verdienste. Crowfoot-Hodgkin studierte am Somerville College Oxford und an der Universität Cambridge unter Leitung des hervorragenden Kristallographen John Desmond Bernal. Im Jahr 1934 kehrte sie als Research Fellow an das Somerville College zurück und wurde 1960 zur Wolfson Research Professorin der Royal Society ernannt. 1964 erhielt sie als dritte Frau den Nobelpreis für Chemie für die Entschlüsselung des Aufbaus von Vitaminen, Steroiden und Proteinen mittels der Röntgenstrukturanalyse. Sie engagierte sich außerdem für soziale Fragen und in der Friedensbewegung und war von 1976 bis 1988 Präsidentin der Pugwash Conference on Science and World Affairs. Nach ersten Studien mit kristallisiertem Pepsin klärte sie zusammen mit Bernal die Raumstruktur von über 100 Steroiden auf und korrigierte die bis dahin akzeptierten Windaus-Wieland-Formeln (7 Windaus, Adolf Otto Reinhold, 7 Wieland, Heinrich Otto). Sie nutzte (wie Max Ferdinand Perutz beim Hämoglobin) den isomorphen Ersatz von Anionen oder Kationen bei der Strukturaufklärung von Cholesteryliodid und Benzylpenicillin. Weitere Höhepunkte waren die Strukturbestimmungen von 7 Vitamin B12 (1948, nach 8 Jahren) und 7 Insulin (1969, nach 34 Jahren). Bis zu ihrem Tod war sie trotz jahrzehntelanger chronischer Krankheit stets wissenschaftlich tätig.

CRP 7 C-reaktives Protein

CRP, hochsensitiv 7 C-reaktives Protein, ultrasensitiv

Crystal T. Arndt

Definition. Auch Crystal Speed, Meth, N-Methylamphetamin. Straßenname/Deckname für Methamphetamin (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

CS-846-Epitop 7 Aggrecan

CSF/Serum-Quotientendiagramme für IgG, IgA, IgM 7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch (Reiber-Schema)

CSF-Zytokine 7 Liquor-Interleukine (IL)

CTAD als Antikoagulans 7 Antikoagulanzien, in vitro

CTAD-Röhrchen W.G. Guder

Englischer Begriff. CTAD (citrate, theophylline, adenosine, dipyramidol) tube

Definition. Citratplasmaröhrchen (109 mmol/L Citrat) mit zusätzlichen Hemmstoffen der Thrombozytenaktivierung (Theophyllin, Adenosin, Dipyramidol), um diese zu stabilisieren und Störungen bei der Bestimmung von Heparin und Inhibitoren zu vermeiden.

C

364

C-terminales proAVP

Pathophysiologie. Die genannten Cumarine sind Vitamin-K-Antagonisten. 7 Vitamin K ist bedeutsam für die Synthese der 7 Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X. Die Wirkung der Cumarine tritt deshalb zeitlich verzögert ein.

C-terminales proAVP 7 Copeptin

CTL

Untersuchungsmaterial. Plasma, Urin

7 CD 16/56

Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie)

CTX 7 Carboxyterminales Typ-I-Kollagentelopeptid

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Vergiftung Interpretation. Der therapeutische Einsatz von Antikoagulanzi-

β-CTx 7 Carboxyterminales Typ I-Kollagen-Telopeptid, quervernetztes

Cumarine W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. coumarins

en wird grundsätzlich mit entsprechenden hämostaseologischen Verfahren überwacht. Bei Verdacht auf mangelne Compliance oder Münchhausen-Syndrom ist die quantitative Bestimmung der Cumarine selbst indiziert. Dasselbe gilt bei Verdacht auf Intoxikation mit rodentiziden Cumarinderivaten. Dazu zählen neben Warfarin die sog. Superwarfarine (z. B. Brodifacoum, Difenacoum) mit einer 100- bis 200-fach längeren Wirksamkeit im Vergleich zu Phenprocoumon.

Literatur. Von Meyer L, Geldmacher-von Mallinckrodt M (2009) An-

Definition. Antikoagulanzien Molmasse. Cumarin 146,2 g; Phenprocoumon 280,3 g; Warfarin

ticoagulants. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 301–312

308,3 g (7 Abb. 1. 7 Abb. 2, 7 Abb. 3)

Cumarinsensitivität P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. coumarin sensitivity Cumarine. Abb. 1. Cumarin.

Definition. Untersuchung auf CYP2C9-Varianten und -Mutationen sowie SNP in den kodierenden und nichtkodierenden Sequenzen des 7 Vitamin-K-Epoxidreduktase(VKORC1)-Gens bei Verdacht auf eine Cumarinresistenz bzw. eine erhöhte -sensitivität. i Hämorrhagische als auch thrombotische Ereignisse sind mögli-

Cumarine. Abb. 2. Phenprocoumon.

Cumarine. Abb. 3. Warfarin.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei den zur Antikoagulation verwendeten Cumarinen handelt es sich um oral wirksame Pharmaka. Halbwertszeit. Phenprocoumon: 100–160 h (Plasma); Warfarin: 37– 50 h (Plasma)

che Komplikationen bei der Behandlung mit 7 Cumarin angesichts des engen therapeutischen Fensters. Die Cumarintherapie wird überwacht mit Hilfe der 7 INR (standardisierte Messung der Prothrombinzeit), der in der Regel stabil zwischen 2,0 und 3,0 eingestellt werden soll, was mehrere Tage bis Wochen dauern kann. Um schneller einen stabilen INR zu erhalten, ist die initiale individuelle Cumarindosierung von Bedeutung. Genotypisierungen von Cytochrom P-4502C9 und Vitamin-K-Epoxidreduktase 1, Enzyme, die am Metabolismus von Cumarin beteiligt sind, können helfen, Über- oder Unterdosierungen zu verhindern. Der Cytochrom-P450-Komplex ist eine Gruppe von hepatischen mikrosomalen Enzymen, die für den oxidativen Metabolismus von verschiedenen Substraten verantwortlich sind. Das Cytochrom P4502C9 (CYP2C9), von dem über 100 Varianten identifiziert wurden, ist assoziiert mit einem reduzierten Metabolismus von Cumarin. Individuen mit Wildtyp erreichen einen Steady-stateCumarinspiegel innerhalb von 3–5 Tagen, während heterozygote Individuen für die Varianten 2 und 3 6–8 bzw. 12–15 Tage benötigen. Auch andere seltenere Genvarianten scheinen am veränderten Metabolismus von Cumarin beteiligt zu sein. Varianten der Vitamin-K-Epoxidreduktase 1 (VKORC1) können dazu benutzt werden, Patienten in Low-, Intermediate-, High-dose-Cumaringruppen einzuteilen. Die Untersuchungen erfolgen zunehmend häufiger bei Verdacht auf eine genetisch bedingte abnorme Reaktion des Gerinnungssystems auf Cumarine.

Curie, Marie Cumarine. Tab. 1.

O.A. Gressner

Plasmakonzentration (mg/L) therapeutisch

toxisch

komatösletal

Phenprocoumon

0,15–3,5

>5

>?

Warfarin

1–7

> 10

> 100

Lebensdaten. Chemikerin polnischer Herkunft in Frankreich lebend, geboren am 7. November 1867 in Warschau, gestorben am 4. April 1934 in Sancellemoz (Savoyen) an Leukämie. Verdienste. Gattin von Pierre Curie (1859–1906), mit dem sie einen Teil ihrer Untersuchungen gemeinsam durchführte. Sie entdeckte als radioaktive Elemente das nach ihrer Heimat benannte Polonium und das Radium. Im Jahr 1903 erhielt Marie Curie den Nobelpreis für Physik für die Reindarstellung des Radiums aus Pechblende und

Cyanocobalamin

die Bestimmung seiner Eigenschaften. 1911 zusätzlich Nobelpreis für Chemie.

Curschmann, Heinrich A.M. Gressner

Lebensdaten. Deutscher Mediziner, geboren am 28. Juni 1846 in Gießen, gestorben am 6. Mai 1910 in Leipzig Verdienste. Professor für Innere Medizin in Hamburg und Leipzig, hat zahlreiche und neue Beobachtungen über Infektionskrankheiten (Pocken, Fleckfieber, Typhus) und über Bronchialasthma, Abdominaltyphus, Blattern usw. beschrieben. Wurde besonders bekannt durch seine Entdeckung der 7 Curschmann-Spiralen im Sputum bei Bronchialasthma.

Curschmann-Spiralen A.M. Gressner

Englischer Begriff. Curschmann’s spirals Definition. Im schleimigen Sputum der Bronchialasthmatiker vorkommende, seilartig gedrehte, durchscheinende Strukturen.

365

Literatur. Fulton JF (1946) Harvey Cushing. A Biography. CC Thomas, Springfield, Illinois

Cut-off-Wert der ROC 7 Schwellenwert der ROC

Cut-off-Wert W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. cut-off value Definition. Entscheidungsgrenze, die festlegt, bis zu welchem Messergebnis ein negativer Befund und ab welchem ein positiver Befund vorliegt. i Der Cut-off-Wert stellt für eine bestimmte Fragestellung das optimale Verhältnis von richtig negativen und richtig positiven Befunden dar. Für eine andere Fragestellung ist u.U. der Cut-off-Wert anhand der ROC-Kurve zu ändern.

Literatur. (2003) Entscheidungsgrenzen. DIN 58985. Beuth-Verlag, Berlin

i Von dem Internisten Heinrich Curschmann (7 Curschmann,

Heinrich) beschriebene, im glasig-schleimigen, zähen Sputum von Patienten mit Asthma bronchiale und spastischer Bronchitis nachweisbare Einschlüsse. Es handelt sich bei mikroskopischer Betrachtung des ausgebreiteten Sputums um oft fest gedrehte, elastische und in ihrem ganzen Verlauf ohne Unterbrechung gewundene Spiralen, die einen Zentralfaden aufweisen, der als Achse durch die ganze Spirale zieht. Durch Zusatz 30-%iger Essigsäure deutliches Hervortreten des Zentralfadens. Häufig gemeinsames Auftreten mit 7 CharcotLeyden-Kristallen.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Cushing, Harvey Williams H.M. Schulte, J. Jacobeit

Lebensdaten. Amerikanischer Neurochirurg, geboren am 8. April 1869 in Cleveland, Ohio; gestorben am 7. October 1939 in New Haven, Connecticut.

Verdienste. Harvey Williams Cushing wurde als zehntes Kind von Henry Kirke Cushing und Betsey Maria Williams Cushing geboren. Sein Vater, ein puritanischer Doktor, kombinierte eine große Praxis mit der Professur für Geburtshilfe sowie Frauenerkrankungen und medizinischer Rechtswissenschaft an der medizinischen Hochschule Cleveland. Harvey Williams selbst besuchte die öffentliche Schule in Cleveland sowie ab dem 18. Lebensjahr das Yale College. Im Jahr 1895 approbierte Cushing und begann in der Chirurgischen Abteilung im Massachusetts Hospital in Boston zu arbeiten. Ein Jahr später wechselte er an das neu gegründete John Hopkin’s Hospital. 1898 hatte Cushing seine erste Erfahrung mit der Militärmedizin durch den Umgang mit Soldaten, die meist mit typhusartigem Fieber während des Spanisch-Amerikanischen Krieges in Kuba nach Baltimore evakuiert wurden. Aus diesen Erfahrungen resultierten zwei seiner frühen Publikationen über die Behandlung der typhusartigen Perforierung des Darms. Im März 1909 führte Cushing seine erste Operation bei einem Patienten mit Acromegalie durch. Der Zugang zur Hypophyse gelang über einen naso-frontalen Zugang. Die Erstbeschreibung dieser Operationsmethode ist jedoch H. Schloffer zu verdanken, der diese Operation bereits 1907 in Wien beschrieben hatte. Der Patient wurde geheilt und starb erst im Jahr 1930. Zwischen 1909 und 1911 sammelte Cushing Erfahrungen mit 46 akromegalen Patienten. Cushing war Professor der Chirurgie am John Hopkin’s Hospital von 1903–1912. Danach arbeitete und unterrichtete er in Havard bis zu seinen Ruhestand 1932.

CV2-Antikörper 7 Autoantikörper gegen onkoneuronale Antigene

C2-Werte 7 C2-Monitoring

Cyanid W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. cyanide Definition. Cyanid geht hervor aus Kaliumcyanid (KCN „Cyankali“) bzw. Blausäure (HCN). Struktur. CN– Molmasse. 26,02 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Zufuhr erfolgt durch Inhalation von Blausäure oder orale Aufnahme von Alkalicyaniden. Geringe Mengen Cyanid können in Form von Thiozyanat entgiftet werden.

Funktion und Pathophysiologie. Cyanid ist ein sehr stark wirksames Gift. Es blockiert bereits in ganz geringer Konzentration die intrazelluläre Atmung durch Bindung an Fe3+ der Zytochromoxidasen und führt so rasch zum Tod. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. CN-selektive Elektrode. Nicht mehr durchgeführt: Mikrodiffusion nach Conway.

Indikation. Cyanidvergiftung Interpretation. Mögliche Ursachen: Blausäure-, Alkalicyanid- oder Rauchgasvergiftung. CN –-Plasmakonzentration physiologisch: < 0,001 mg/L; toxisch: > 0,1 mg/L; komatös-letal: > 1 mg/L. Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M (2009) Cyanide. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 646–661

Cyanocobalamin 7 Vitamin B12

C

366

Cyclisches Adenosinmonophosphat

Cyclisches Adenosinmonophosphat T. Arndt

Synonym(e). cAMP Englischer Begriff. cyclic adenosin monophosphate Definition. Niedermolekularer Botenstoff (second messenger) der zellulären Signaltransduktion, der u. a. zur Aktivierung von Proteinkinasen führt.

Molmasse. 329,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Aktivierung eines G-Protein-gekoppelten Rezeptors (z. B. durch 7 Parathormon) führt zur Aktivierung der zellmembranständigen Adenylatcyclase und Bildung von cAMP aus ATP. Abbau unter Wirkung der Phosphodiesterase zu AMP (Details s. Lehrbücher der Biochemie). Funktion und Pathophysiologie. Durch cAMP-stimulierte Aktivierung von Proteinkinasen werden z. B. Ca2+-Kanäle geöffnet, die glatte Muskulatur relaxiert sowie zahlreiche Stoffwechselfunktionen wie Glykogenolyse und Lipolyse reguliert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Spontanurin, 24h-

Niere und tubularer Sezernierung (= nephrogenes cAMP). Letzteres steht unter direkter Kontrolle des Parathormons. 5 Da Parathormon in der Nierenrinde die Adenylatcyclase stimuliert, resultiert bei Hyperparathyreoidismus eine erhöhte, bei Hypoparathyreoidismus eine verminderte cAMP-Ausscheidung. 5 Pseudohypoparathyreoidismus Typ I entspricht einer Endorganresistenz gegen Parathormon durch einen Defekt des Parathormonrezeptors. Parathormon kann deshalb die Adenylatcyclase nicht aktivieren, woraus eine verminderte cAMP-Ausscheidung resultiert. 5 Bei Pseudohypoparathyreoidismus Typ II ist dagegen der Parathormon-Rezeptor intakt (nur die Weiterverarbeitung des chemischen Signals gestört), so daß hohe Parathormonkonzentrationen auch zu einer erhöhten Ausscheidung von cAMP führen. Wegen schwankender cAMP-Konzentrationen und cAMP/KreatininQuotienten im Urin in Abhängigkeit z. B. vom Wasserhaushalt und dem Geschlecht hat es sich bewährt, die cAMP-Ausscheidung in Bezug zur glomerulären Filtration anzugeben: cAMP-filtriert [nmol/dL] = Urin-cAMP [nmol/L] × Serum-Kreatinin [mg/dL]/Urin-Kreatinin [mg/L]. Urin-cAMP ist wertvoll für die Erkennung von Parathormon-Resistenzzuständen (Pseudohypoparathyreoidismus) und deren Differenzierung.

Sammelurin (unter Kühlung sammeln, ggf. Zusatz von Borsäure oder Thymol, Aliquot bis zur Analyse einfrieren). EDTA-Plasma (kein Heparin- und Citratplasma, Blutabnahmegefäß in Eiswasser, sofort gekühlt zentrifugieren, Plasma einfrieren).

Literatur. Wu AHB (Hrsg) (2006) Tietz Clinical Guide to Laboratory Tests. Saunders Elesevier, St. Louis.

Probenstabilität. Untersuchungsmaterialien sofort einfrieren.

7 Ciclosporin

Präanalytik. Geringfügige circadiane Rhythmik mit Maximum um 12:00 Uhr und niedrigsten Plasmakonzentrationen am späten Abend. Analytik. Kompetitiver Immunoassay (z. B. mit 3H-markiertem

Cyclosporin (A) CYFRA 21-1 7 Zytokeratin-19-Fragment

cAMP)

Konventionelle Einheit. ng/mL (Plasma), mg/g Kreatinin, mg/Tag (Urin)

Internationale Einheit. nmol/L (Plasma), μmol/mol, μmol/Tag (Urin)

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/mL × 3,04 = nmol/L, mg/g × 344 = μmol/mol, mg/Tag × 3,04 = μmol/Tag. Referenzbereich – Erwachsene. EDTA-Plasma-cAMP: Frauen: 4,3–

CYP 7 Cytochrom P450

CYP19A1 7 Aromatase

CYP450 21A2-Mutation H.M. Schulte, J. Jacobeit

7,6 ng/mL, Männer: 4,6–8,6 ng/mL Urin-cAMP Frauen und Männer: 0,29–2,10 mg/g, 0,33–3,58 mg/Tag. Glomerulär filtriertes cAMP (s. u.): 18,3–45,5 nmol/L

Synonym(e). Cytochrom P450-Steroid-21-Hydroxylase-Genmutati-

Referenzbereich – Kinder. Keine Daten.

Englischer Begriff. adrenal P 450c21 (21-hydroxylase) enzyme muta-

Indikation.

5 V. a. auf Pseudohyperparathyreoidismus Typ I und II 5 DD Hypoparathyreoidismus vs. Pseudohypoparathyreoidismus 5 V. a. Hyperparathyreoidismus mit grenzwertigen 7 ParathormonBefunden

Interpretation. EDTA-Plasma-cAMP nur für Berechnung der glomerulären cAMP-Filtration wichtig. Urin-cAMP erhöht bei 5 Primärem Hyperparathyreoidismus (85 % der Patienten) 5 Pseudohypoparathyreoidismus Typ II 5 Humoraler Hypercalciämie des Tumorpatienten (50 %), CalciumMalabsorption, Manie, Familiärem Mittelmeerfieber. Urin-cAMP erniedrigt bei 5 Hypoparathyreoidismus 5 Pseudohypoparathyreoidismus Typ I 5 Depression

Diagnostische Wertigkeit.

5 Etwa 50 % des Urin-cAMP resultiert aus der glomerulären Filtration des Plasma-cAMP, die anderen 50 % aus der Synthese in der

on tion, adrenal hyperplasia III, 21-hydroxylase deficiency, CYP21 deficiency, congenital adrenal hyperplasia

Definition. Mutationsnachweis nach Polymerasekettenreaktion (7 PCR, quantitative) und DNA-Sequenzierung sowie semiquantitative Analyse des Verhältnisses der Anzahl von Kopien des aktiven Steroid-21-Hydroxylase-Gens zur Anzahl der Kopien des Steroid-21Hydroxylase-Pseudogens (CYP21A1P). Funktion und Pathophysiologie. Der häufigste bekannte und klinisch wichtigste genetische Defekt der Steroidhormonsynthese betrifft die Steroid-21-Hydroxylase. Der Steroid-21-Hydroxylasemangel kommt in der westlichen weißen Bevölkerung etwa einmal auf 5.000– 15.000 Geburten vor. Er wird autosomal rezessiv vererbt. Die Erkrankung kann sich in verschiedenen Ausprägungen manifestieren. Die schwereren Formen (klassisches AGS) führen bei weiblichen Föten in utero bereits zu einer Virilisierung, die durch Gabe eines plazentagängigen Glukokortikoids (Dexamethason) zu verhindern ist. Nach der Geburt kann zu den Virilisierungerscheinungen vorübergehend ein Salzverlustsyndrom beobachtet werden, das auf den ebenfalls vorhandenen Mangel an 7 Aldosteron zurückzuführen ist. Die Erkrankung kommt auch als nichtklassische Form (Late-onsetForm) vor. Diese Verlaufsformen sind deutlich milder. Symptome,

CYP450 11B1-Mutation

die auf einen Androgenexzess hindeuten, zeigen sich klinisch beim nicht-klassischen AGS erst nach der Pubertät. Knaben und Männer sind meist asymptomatisch. Das klinische Bild bei Mädchen kann stark variieren (prämature Pubarche, Akne, Seborrhöe, Hirsutismus, Kleinwuchs, akzeleriertes Knochenalter, Klitorishypertrophie). Ein 7 Pränataltest ist möglich und indiziert, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein weiblicher Fötus homozygoter Träger eines Gendefektes sein könnte. Geschlecht und Mutation können frühzeitig bestimmt werden (7 Chorionzottenbiopsie, 7 Amniozentese). Die nichtklassische Form des AGS beruht auf dem Vorliegen einer schwerwiegenden Mutation in einem Allel des Steroid-21-Hydroxylase-Gens und eines gesunden Allels (heterozygoter Genotyp) oder einer milden Mutation auf dem anderen Allel (Compound-Heterozygotie).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut oder bei Pränataldiagnostik: kultivierte Amnion- und Chorionzellen, ca. 20 mg (Feuchtgewicht) Chorionzotten. Analytik. Mutationsnachweis nach Polymerasekettenreaktion und DNA-Sequenzierung sowie Analyse des Verhältnisses der Anzahl von Kopien des aktiven Steroid-21-Hydroxylase-Gens zur Anzahl der Kopien des Pseudogens.

Indikation.

5 Adrenale Hyperandrogenämie 5 Hirsutismus 5 Neugeborene mit Virilisierungserscheinungen und ggf. mit Salzverlustsyndrom 5 Kinderwunsch, wenn in der Familie eines der beiden Partner Hinweise auf AGS-Erkrankungen vorliegen oder ein Partner Anlageträger ist 5 Pränataldiagnostik 5 Familienuntersuchungen Eine Pränataldiagnostik ist indiziert, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein weiblicher Fötus von einem klassischen AGS (adrenogenitales Syndrom) betroffen sein könnte. Geschlecht und Mutation können frühzeitig bestimmt werden (Chorionzottenbiopsie, Amniozentese). Auf diese Weise wird eine pränatale Therapie nur bei betroffenen Mädchen bis zum Ende der Schwangerschaft fortgesetzt.

Interpretation. Die schwereren Formen (klassisches AGS), die in der westlichen weißen Bevölkerung etwa einmal auf 5.000–15.000 Geburten vorkommen, führen bei weiblichen Föten in utero bereits zu einer Virilisierung, die durch Gabe eines plazentagängigen Glukokortikoids (Dexamethason) zu verhindern ist. Wenige Tage nach der Geburt kann in bestimmten Fällen zu den Virilisierungerscheinungen ein Salzverlustsyndrom beobachtet werden, das auf den ebenfalls vorhandenen Mangel an Aldosteron zurückzuführen ist (klassisches AGS mit Salzverlust). Die Erkrankung tritt auch als nichtklassische Form auf, die in der westlichen weißen Bevölkerung etwa einmal auf 8.000 Geburten vorkommt. Die Verlaufsformen sind deutlich milder. Symptome, die auf einen Androgenexzess hindeuten, zeigen sich klinisch beim nichtklassischen AGS meist erst nach der Pubertät. Knaben und Männer sind meist asymptomatisch. Das klinische Bild bei Mädchen kann stark variieren (prämature Pubarche, Akne, Seborrhöe, Hirsutismus, Kleinwuchs, akzeleriertes Knochenalter, Klitorishypertrophie). Insbesondere Frauen mit klinischen Symptomen im Sinne einer Lateonset-Form des AGS und Kinderwunsch sollten auf Mutationen im Steroid-21-Hydroxylase-Gen untersucht werden, da dieser Erkrankung auch eine heterozygote schwerwiegende Mutation zugrunde liegen kann, die das Risiko für Kinder mit einem klassischen AGS erhöht. Diagnostische Wertigkeit. Das Gen für die Steroid-21-Hydroxylase ist auf dem kurzen Arm des Chromosom 6 lokalisiert und seine Struktur ist vollständig aufgeklärt. Damit ist eine direkte Genanalyse möglich. Sie wird aber erschwert durch die Anwesenheit eines Pseudogens (nicht funktionelle 2. Kopie des Gens, die durch zahlreiche Mutationen und Deletionen inaktiv geworden ist) in unmittelbarer Nachbarschaft des aktiven Gens und durch die Tatsache, dass sowohl

367

Deletionen, Genkonversionen mit dem Pseudogen als auch Mutationen in verschiedenen Exons vorkommen können.

Literatur. Speiser PW, White PC (2003) Congenital Adrenal Hyperplasia. N Engl J Med 349:776–788

CYP450 11B1-Mutation H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Cytochrom P450-Steroid-11-β-Hydroxylase-Genmutation

Englischer Begriff. adrenal P 450c11 (11-β-hydroxylase) enzyme mutation; congenital adrenal hyperplasia due to 11-β-hydroxylase deficiency; hypertensive form of adrenal hyperplasia; steroid 11-β-hydroxylase; P450C11B1 deficiency Definition. Polymerasekettenreaktion (7 PCR, quantitative) und DNA-Sequenzanalyse aller Exons und flankierender Intronabschnitte des CYP 11B1-Gens. Funktion und Pathophysiologie. Die zweithäufigste Ursache für adrenale Hyperplasien ist nach dem Steroid-21-Hydroxylasemangel ein Defekt im Steroid-11-β-Hydroxylasegen, das in der adrenalen Zona fasciculata exprimiert wird. Mutationen im CYP11B1-Gen führen zu einem vollständigen Aktivitätsverlust oder zumindest zu einer Aktivitätserniedrigung des Enzyms und somit zu einer Störung der adrenalen Steroidbiosynthese. Charakteristisch für die Störung ist, zusätzlich zur Erhöhung der androgenisierenden Steroide, eine Erhöhung des 11-Desoxykortikosterons. Die daraus folgende Salzretention führt zur arteriellen Hypertonie. Beim Neugeborenen besteht das Risiko einer Hyperkaliämie, einer Hyponatriämie und einer metabolischen Azidose mit der Konsequenz von schweren Gedeihstörungen und einer erheblichen Wachstumsretardierung. Die Schwere der Stoffwechselstörungen nehmen in der Regel mit dem Alter ab. Die Diagnose der Erkrankung kann bei milderen Verläufen schwierig sein, da neben der Gedeihund Wachstumsstörung weitere klinische Symptome nicht unbedingt erkennbar sind. Bei Erwachsenen kann das Auftreten einer unerklärten Hyperkaliämie ein Hinweis sein; Salzentzug kann zu letalen Hyperkaliämien führen. Bei Kenntnis der parentalen Mutationen ist eine pränatale Diagnostik möglich. Theoretisch kann wie beim 21-Hydroxylasemangel eine pränatale Behandlung mit Dexamethason die Virilisierung weiblicher Föten verhindern.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

5 EDTA-Blut 5 native bzw. kultivierte Amnion- und Chorionzellen (7 Pränataltest)

Analytik. 7 PCR und DNA-Sequenzanalyse aller Exons und flankierender Intronabschnitte des CYP11B1-Gens. Indikation.

5 Adrenale Hyperandrogenämie 5 Hirsutismus 5 Neugeborene mit Virilisierungserscheinungen und ggf. mit Salzverlustsyndrom 5 Kinderwunsch, wenn in der Familie eines der beiden Partner Hinweise auf AGS-Erkrankungen vorliegen oder ein Partner Anlageträger ist 5 arterielle Hypertonie 5 Hyperkaliämie 5 Pränataldiagnose bei bekanntem Anlageträgerstatus der Eltern

Interpretation. Weibliche Patienten können ein breites Spektrum von Symptomen aufgrund des Androgenexzesses aufweisen. Bei schweren Ausprägungen kann die pränatale Virilisierung zu einem äußeren Genitale mit männlichem Phänotyp im Sinne eines kompletten Pseudohermaphroditismus feminale führen. In diesen Fällen werden die karyotypisch weiblichen Kinder als Jungen aufgezogen, bis mit Einsetzen der Pubertät die Diagnose gestellt wird. Bei Knaben tritt eine Pubertas praecox auf und gelegentlich eine Gynäkomastie.

C

368

Cys

Diagnostische Wertigkeit. Das auf Chromosom 8 lokalisierte CYP11B1-Gen besteht aus 9 Exons. Eindeutige Hot Spots für Mutationen, die zur congenitalen adrenalen Hyperplasie (CAH) führen, sind nicht bekannt. Der Erbgang für die Erkrankung ist autosomal rezessiv. Eine komplette Sequenzanalyse des CYP11B1-Gens ist möglich und indiziert, wenn nach biochemischem und/oder genetischem Ausschluss eines 21-Hydroxylasemangels weiterhin die Verdachtsdiagnose eines adrenalen Enzymdefekts besteht oder die biochemischen Parameter den Verdacht auf einen CYP11B1-Mangel unterstützen.

Literatur. Cerame BI, Newfield RS, Pascoe L et al (1999) Prenatal Diagnosis and Treatment of 11beta-Hydroxylase Deficiency Congenital Adrenal Hyperplasia Resulting in Normal Female Genitalia. J Clin Endocrinol Metab 84:3129–3134 Zhu YS, Cordero JJ, Can S et al (2003) Mutations in CYP11B1 Gene: Phenotype-Genotype Correlations. Imperato-McGinley J Am J Med Genet 15:193–200

Cys 7 Cystin

Cys-Gly-Dipeptidase 7 Cysteinyl-Glycin-Dipeptidase

Cystathionin A.C. Sewell

Englischer Begriff. cystathionine Definition. Eine schwefelhaltige Aminosäure. i Zwischenprodukt der Cysteinsynthese, ausgehend von Homocy-

tion im Plasma konstant ab dem 4. Monat nach der Geburt und wird weder durch entzündliche Erkrankungen noch durch Tumor- oder degenerative Erkrankungen verändert. Nach der Geburt liegen höhere Konzentrationen vor, die mit wachsender renaler Funktion bis zum 6. Monat abnehmen. So schien das Protein in idealer Weise als Marker für die glomeruläre Clearance geeignet. Wegen der geringeren extrarenalen Faktoren die zu einer Veränderung führen, konnte früher und präziser die glomeruläre Clearance aus einer einfachen Serum/Plasmabestimmung vorausgesagt werden. Lediglich bei hoher Glukokortikoidbehandlung wurde ein Anstieg des Cystatins gefunden. Leichte Anstiege bei malignen Tumoren wurden bei fortgeschrittenen Stadien von Colonkarzinom ohne Anstieg des Kreatinins beschrieben.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma(Heparin-, EDTA-) oder Serum sind in gleicher Weise geeignet. Die Messung im Urin wird derzeit nicht benötigt (7 Liquor-Cystatin C). In Plasma/Serum über 2 Tage bei Raumtemperatur, 1 Woche im Kühlschrank und über 3 Monate im gefrorenen Plasma/Serum stabil. EDTA-Plasma führt zu längerer Stabilität. Präanalytik. Wegen der geringen intraindividuellen und interindividuellen Variabilität sind weder Zeitpunkt noch Ernährungszustand für die Ergebnisse des Cystatins C von Bedeutung. Lediglich lipämische (nüchtern) oder hämolytische Seren/Plasmen sollten vermieden werden. Analytik. Cystatin C wird immunochemisch durch Particleenhanced turbidimetric Immunoassay (PETIA; 7 Immunturbidimetrie) oder Particle-enhanced nephelometric Immunoassay (PENIA¸7 Immunnephelometrie) bestimmt. Die Kalibration wird mit einem internationalen Referenzmaterial vorgenommen (Grubb et al. 2010). Internationale Einheit. mg/L

stein und Serin. Cystathionin wird zu 7 Cystein und 2-Oxobutyrat abgebaut. Erhöhte Konzentrationen werden bei Patienten mit einem Cystathionasemangel gefunden.

Referenzbereich. Wegen der ausstehenden Standardisierung bestan-

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (ed) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

Referenzbereich — Kinder < 1 Jahr. Nach Geburt 2- bis 3-mal so

Cystatin C W.G. Guder

Synonym(e). Gamma-trace Definition. Cystatin C ist ein basisches nicht glykiertes Mikroprotein aus der Cystatinfamilie, das als Cysteinproteinaseninhibitor im Extrazellulärraum fungiert. Struktur. Ubiquitär exprimiertes, nicht glykiertes Peptid. Molmasse. 13,36 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Gen wird in allen kernhaltigen Zellen exprimiert und das Protein so als Cystein-Proteinaseinhibitor in konstanter Rate an die verschiedenen Extrazellulärräume abgegeben (housekeeping-gene). Aufgrund seiner niedrigen Molmasse und seiner geringen Bindung an andere Proteine wird es glomerulär frei filtriert. Die Halbwertszeit im Blut beträgt so nur etwa 2–3 min. Nach glomerulärer Filtration werden über 99 % proximal tubulär rückresorbiert und hier entweder wirksam oder lysosomal zu Aminosäuren abgebaut.

Funktion und Pathophysiologie. Cystatin C findet sich in allen extrazellulären Körpersäften. Ein angeborener Mangel im Zerebrospinalraum (wenige Fälle in Island beschrieben) führt zu einer schlaganfallartigen Blutung im Gehirn durch blutdruckunabhängige Ruptur arterieller Gefäße im ZNS (7 Liquor-Cystatin C). Aufgrund der ubiquitären Synthese von Cystatin C ist die Konzentra-

den Unterschiede zwischen den Methoden. Diese sind nach Einführung eines einheitlichen Referenzstandards weggefallen. hoch wie bei Erwachsenen mit raschem Abfall auf < 2 mg/L in den ersten 3 Wochen und langsamem Abfall auf Erwachsenenwerte bis zum Ende des 1. Jahres.

Referenzbereiche — Kinder ab 1. Lebensjahr und Erwachsene < 50 Jahre. PETIA 0,70–1,21 mg/L; PENIA 0,5–0,96 mg/L Referenzbereich — Erwachsene > 50 Jahre. PETIA 0,84–1,55 mg/L; PENIA 0,7–1,2 mg/L Ermittlung der glomerulären Clearance In folgender Weise kann die Clearance (7 Clearance, glomuläre) bei Erwachsenen aus dem Plasma-/Serum-Cystatin C abgeleitet werden: PETIA: Clearance (mL/min) = 84,7 / Cystatin C1,68 (mg/L) PENIA: Clearance (mL/min) = 74,8 / Cystatin C1,333 (mg/L) Bei Kindern unter 14 Jahren sollte das Ergebnis mit dem Faktor 1,384 multipliziert werden. Dabei ist die lineare Beziehung zwischen der reziproken Cystatinkonzentration und der Clearance weder vom Alter (ab dem 1. Jahr) noch von der Muskelmasse oder anderen extrarenalen Faktoren abhängig. Indikation. Abschätzung der glomerulären Clearance (7 Clearance, glomuläre) ab dem 3. Monat bis Lebensende. Cystatin C wird gegenüber 7 Kreatinin als „idealer“ Marker der glomulären Clearance angesehen. Er bietet folgende Vorteile: 5 nahezu keine Alters- und Geschlechtsabhängigkeit 5 keine Abhängigkeit von der Muskelmasse oder anderen extrarenalen Faktoren 5 Plasmaanstiege aufgrund der geringen interindividuellen Streuung bereits im sog. kreatininblinden Bereich 5 durch die weitgehende Unabhängigkeit der Plasmakonzentration von extrarenalen Faktoren ist die Abschätzung der Clearance direkt aus dem Plasma-Cystatin möglich Interpretation. Eine erhöhte Konzentration von Cystatin C spricht

Cystin

369

für eine reduzierte glomeruläre Clearance, wenn seltenere Ursachen für eine Erhöhung ausgeschlossen sind (Glukokortikoidtherapie, Hyperthyreose, fortgeschrittene Colonkarzinomerkrankung, Melanom im metastasierenden Stadium). Dies gilt auch, wenn Kreatinin noch im Referenzbereich ist.

drolysiert. Cysteinyl-Glycin-Dipeptidase ist ein Typ 2 Membranprotein und ein Ektoenzym vorwiegend der Bürstensaummembran von Leber, Dünndarm und Niere. Im Dünndarm katalysiert das Enzym Schritte der Protein- und Peptidverdauung. Eine klinische Bedeutung besteht nicht.

Diagnostische Wertigkeit. Die diagnostische Wertigkeit und Überlegenheit gegenüber Kreatinin wurde in vielen Krankheitsgruppen belegt: Screening im pädiatrischen und Erwachsenen-Alter besonders bei Patienten über 60 Jahren, wo häufig nur Cystatin die reduzierte 7 Clearance anzeigt. Bei Tumorpatienten, Patienten mit entzündlichen und fieberhaften Erkrankungen, Diabetikern und unter potentiell nephrotoxischen Medikamenten wurde Cystatin C als empfindlicherer Marker erkannt. Auch bei rasch sich verändernder glomerulärer Clearance stieg Cystatin C einen Tag eher an als Kreatinin.

Literatur. Barrett AJ, Rawlings ND, Woessner JF (eds) (1998) Hand-

Literatur. Grubb A, Nymann U, Björk J, Lindström V, Rippe B, Sterner G, Christensson A (2005) Simple cystatin C-based prediction equations for glomerular filtration rate compared with the modification of diet in renal disease prediction equation for adults and the Schwartz and the Counahan-Barratt prediction equations for children. Clin Chem 51(8):1420–1431 Grubb A, Blirup-Jensen S, Lindström V, Schmidt C, Althaus H, Zegers I on behalf of the IFCC working group on standardisation of cystatin C (WG-SCC) (2010) First certified reference material for cystatin C in human serum ERM-DA471/IFCC. Clin Chem Lab Med 48:1619– 1621 Harmoinen A, Lethimäki T, Korpela M, Turjanmaa V, Saha H (2003) Diagnostic accuracies of plasma creatinine, Cystatin C, and glomerular filtration rate calculated by the Cockroft-Gault and Levey (MDRD) formulas. Clin Chem 49:1223–1225 Hofmann W, Ehrich JHH, Guder WG, Keller F, Scherberich J (2011) Diagnostische Pfade bei Nierenerkrankungen. Nieren und Hochdruckkrankheiten 40:47–70

Cystein A.C. Sewell

Englischer Begriff. cysteine Definition. Eine nichtessenzielle, schwefelhaltige 7 Aminosäure i Cystein ist sehr instabil und wird rasch zu Cystin oxidiert. Im

Rahmen der Aminosäurenanalytik wird im Allgemeinen Cystein als Cystin bestimmt. Die Cysteinthiolgruppe ist sehr reaktiv und besitzt zahlreiche biologische Funktionen, darunter die Glutathionsynthese, Quervernetzung von Proteinen und Bindung von Metallionen. Cystein wird außerdem in der Produktion verschiedener Aromastoffe und von Kosmetika z. B. Produkte für Dauerwelle eingesetzt. Bei Schafen ist Cystein für die Wollproduktion von essenzieller Bedeutung. Durch die Fähigkeit Azetaldehyd (Alkoholkonsum) zu neutralisieren, könnte Cystein als „Hangover-Medikament“ Einsatz finden. NAcetylcystein wird in der Medizin als Hustenmittel und Mukosolvans eingesetzt.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

book of Proteolytic Enzymes. Academic Press, London, pp 1001– 1002

Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator R. Weiskirchen

Synonym(e). CFTR Definition. cAMP regulierter Chloridkanal, dessen Mutation das Krankheitsbild der Mukoviszidose auslöst. i Die zystische Fibrose ist die zweithäufigste autosomal-rezessive

Erbkrankheit in der kaukasischen Bevölkerung, wobei in NordAmerika und Europa die Inzidenz zwischen 1/2500 und 1/1600 liegt. Heterozygote tragen ein gesundes und ein mutiertes CF-7 Allel, sind klinisch asymptomatisch. In Nord-Amerika sind etwa 4 %, in NordEuropa 5 % der Bevölkerung gesunde Träger einer CF-7 Mutation, was zur Folge hat, dass bei 1 unter 600 bzw. 1 unter 400 Ehepaaren beide Partner ein gesundes und ein mutiertes CF-Gen besitzen. Diese Paare haben bei jeder Schwangerschaft ein Risiko von 25 %, dass ihr Kind an CF erkranken wird. Die Krankheit wird durch mehr als 900 verschiedene Mutationen im Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR)-Gen verursacht. Dieses Gen (250 kb, 27 Exons, 6.5kb-Transkript, chromosomale Lokalisation: 7q31.3) kodiert für einen 1480 7 Aminosäuren großen cAMP-regulierten Chloridkanal, welcher ATP bindet und aktiv am Ionentransport durch die Zellmembran beteiligt ist. Die weltweit häufigste Mutation ist eine Drei-Basenpaar-Deletion, die ΔF508, welche in Nord- und Mitteleuropa in durchschnittlich 70 % der CF-7 Chromosomen vorkommt. Das Krankheitsbild Mukoviszidose wird bereits im Kindesalter oder bei jugendlichen Erwachsenen durch Infektanfälligkeit und chronische Obstruktion des Respirationstrakts dominiert. Eine Störung der Salzkonzentrationen in der Lunge vermindert zunächst die Wirksamkeit körpereigener antibiotischer 7 Peptide für die primäre Immunabwehr und begünstigt häufige Infektionen. Die Sekretion eines dicken, zähflüssigen Mukus erleichtert dann die chronische Besiedlung der Lunge mit opportunistischen Erregern. Molekulargenetische Analysen ermöglichen heute eine zuverlässige Diagnosestellung, sichere Trägererfassung in CF-Familien, Trägerabklärungen bei Partnern von CF-Patienten und Trägern, sowie vorgeburtliche (pränatale) Untersuchungen in Chorionzotten (10.–12. SSW) (7 Chorionzottenbiopsie) und Amnionzellkulturen (7 Amniozentese ab 16. SSW).

Literatur. Ganten D, Ruckpaul K (Hrsg) (2000) Monogen bedingte Erbkrankheiten 1: Handbuch der Molekularen Medizin. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York

Cystin A.C. Sewell

Synonym(e). Cys Englischer Begriff. cystine

Cysteinyl-Glycin-Dipeptidase R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Cys-Gly-Dipeptidase; Aminopeptidase N Englischer Begriff. cysteinyl-glycine-dipeptidase

Definition. Cystin ist eine nichtessenzielle 7 Aminosäure. Sie wurde im menschlichen Urin im Jahr 1810 durch Wollaston entdeckt. Erst 1899 wurde sie nach Isolierung aus Rinderhorn, als Baustein von Proteinen erkannt.

Struktur. 7 Abb. 1

Definition. Dipeptidase (EC 3.4.11.2), welche mit breiter Spezifität N-terminale Aminosäuren von nichtsubstituierten Oligopeptiden hydrolysiert.

NH2 HOOC

CH

i Cysteinyl-Glycin-Dipeptidase ist identisch mit Aminopeptidase

N, welche mit breiter Spezifität und einem pH-Optimum von etwa 7.0 N-terminale Aminosäuren von nichtsubstituierten Oligopeptiden hy-

CH2

S

S

CH2

CH NH2

Cystin. Abb. 1.

COOH

C

370

Cystin im Urin

Molmasse. 240,3 g

Umrechnungsfaktor. mmol × 235 = mg; mg × 0,00425 = mmol

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Cys entsteht aus Methionin

Referenzbereiche. Frauen, Männer, Kinder ab dem 12 Lebensjahr: 0,17–0,33 mmol/24 h (40–80 mg/24 h)

und anschließender Verbindung zweier 7 Cysteinmoleküle über eine Disulfidbrücke. Besondere Bedeutung hat sie für die räumliche Darstellung zahlreicher Proteine.

Pathophysiologie. Cys ist stets in Plasma nachweisbar. Erhöhte Werte

Indikation. Jeder abgehende Harnstein sollte untersucht werden. Bei Steinsymptomatik Sedimentuntersuchung auf Cystinkristalle. Darüber hinaus achtet man auf Cystinkristalle bei jeder Harnsedimentuntersuchung. Bei familiärer Belastung und vor Therapie eines nachgewiesenen Cystinsteins quantitative Cystinbestimmung.

sind jedoch nicht beschrieben. Erhöhte Werte im Urin zusammen mit Arg, Lys und Orn sind charakteristisch für hereditäre Cystinurie. Da Cys bei normalen Urin-pH-Werten kaum wasserlöslich ist, führt dieser Zustand unbehandelt zur Bildung von Harnsteinen und späterer Niereninsuffizienz. Die intralysosomale Cystinspeicherung ist Marker der Cystinose.

Diagnostische Wertigkeit. Der Nachweis eines Cystinsteins oder wiederholter Cystinkristallbildung im Harn ist für das Vorliegen einer Cystinurie beweisend.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin, Leukozyten

Literatur. Hesse A, Jahnen A, Klocke K, Nolde A, Scharrel O. (1994)

Cave! Cys bindet sich bei Lagerung rasch an Proteine. Daher müssen Plasmaproben innerhalb 20 min nach Blutentnahme enteiweißt werden.

Nachsorge bei Harnsteinpatienten. Gustav Fischer Jena.

Analytik. 7 Aminosäuren

7 Cystin im Urin

Referenzbereiche. 7 Aminosäuren Indikation. Diagnostik der Cystinurie und Cystinose. Literatur. Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53—90 Mattoso A, Goldfarb DS (2008) Cystinuria. Semin Neprol 28: 181– 191

Cystinsteine Cystinurie 7 Cystin im Urin

Cytochrom P450 O.A. Gressner

Synonym(e). CYP

Cystin im Urin

Englischer Begriff. cytochrome p450

W.D. Guder

Definition. Familie von Hamproteinen mit mischfunktioneller Monooxygenase-Aktivität.

Synonym(e). Aminosäure (Cystin (Cys-Cys); Arginin; Lysin; Ornithin)-Transportstörung; Cystinkristalle im Sediment Englischer Begriff. Cystinuria; Cystin stones; cystin cristals in urinary sediment

Definition. Kristallbildung von Cystin bei vermehrter Ausscheidung dieser Aminosäure im Urin auf der Basis der autosomal rezessiv vererbbaren Cystinurie, die durch einen Defekt des Aminosäurecarriers für Cystin, 7 Ornithin und 7 Lysin im proximalen Tubulus beruht.

Struktur. Dimer von α-Amino-β-Mercaptopropionsäure (Cystein); 7 Aminosäuren Molmasse. 242 g Pathophysiologie. Aufgrund einer Mutation des Gens für den Transporter von dibasischen Aminosäuren (Arginin, Lysin und Ornithin) kommt es zu einer Hemmung der Resorption des im Tubuluslumen durch Oxidation aus Cystein entstehenden Cystins. Dies wird nach Harnkonzentrierung im Sammelrohr bei physiologischem Harn-pH (sauer) unlöslich, bildet Cystinkristalle im Harnsediment und in der Folge größere Harnkonkremente. Wenn die Größe der Kristalle die Weite des ableitenden Harnwegs überschreitet, kommt es zur klinischen Symptomatik der Urolithiasis.

Untersuchungsmaterial. Zur Untersuchung auf Kristalle im Harn-

sediment genügt eine Portion 7 Spontanurin. Wegen der geringen Löslichkeit des Cystins ist eine Quantifizierung der Cystinausscheidung nur nach Auflösung aller Kristalle aus 24-h-Sammelurin möglich. Jedes Konkrement sollte auf Cystin als Bestandteil untersucht werden.

Probenstabilität. 24 h gekühlt, wenn Cystein und Cystin gemeinsam bestimmt werden; pH > 7,5 verhindert Kristallisation.

i Der erstmalige Nachweis eines CO-bindenden Pigments in Le-

bermikrosomen erfolgte durch M. Klingenberg 1958, welcher diesem aufgrund seines photometrischen Absorptionsmaximums bei 450nm den Namen Cytochrom P450 (CYP) gab. Bei CYP handelt sich um eine Familie von Hämproteinen (MW 44 55 kDa) mit Oxidoreduktase-Aktivität, welche Eisen-Protoporphyrin IX als prosthetische Gruppe enthalten. Die häufigste durch CYP katalysierte Reaktion ist eine Monooxygenase-Reaktion, d.h. Insertion eines Sauerstoffatoms in ein organisches Substrat (RH), während das andere Sauerstoffatom zu Wasser reduziert wird: RH + O2 + 2H+ + 2e– → ROH + H2O. Hierdurch wird die Löslichkeit des Substrats verbessert und somit seine Elimination gewährleistet (Biotransformation). Als solche sind CYP die wichtigsten Enzyme des Phase-I-Metabolismus zur hepatischen Detoxifikation. CYP kommen ubiquitär in Bakterien, Pflanzen und Tieren vor und sind in der Phospholipidmatrix des endoplasmatischen Retikulums eukaryonter Zellen, mit höchster Dichte in den Hepatozyten der Leber, lokalisiert. Bisher sind mehr als 50 verschiedene CYP-Isoenzyme beim Menschen identifiziert worden, hierunter als wichtigste Vertreter CYP1A2, CYP2C9, CYP2D6 und vor allem CYP3A4 mit dem breitesten Substratspektrum. Das Isoenzymmuster zeigt eine zellspezifische Variabilität. Durch die Aufnahme spezifischer Fremdstoffe kann die Expression verschiedener Cytochrom-P450-Gene selektiv erhöht werden (Enzyminduktion). Die Folge ist eine verstärkte Biotransformation des (induzierenden) Fremdstoffs.

Literatur. Sigel R, Sigel A, Sigel H (2007) The Ubiquitous Roles of Cytochrome P450 Proteins: Metal Ions in Life Sciences. Wiley, New York

Cytochrom-P450-IIE1-System 7 Mikrosomales ethanoloxidierendes System

Analytik. Qualitativer Nachweis der Kristalle im Harnsediment, Steinanalyse mit 7 Infrarotspektrometrie oder Röntgendiffraktion. Quantitative Bestimmung mit HPLC (7 Chromatographie) oder am Aminosäureanalysator

Internationale Einheit. mmol/24 h oder mg/24 h

Cytomegalie-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Cytomegalovirus

Cytotactin

Beschreibung des Erregers. Familie Herpesviridae, Humanes Herpes Virus 5

Erkrankung. Cytomegalie (Manifestation einer CMV-Infektion) wird horizontal über infektiöse Körperflüssigkeiten (Muttermilch, Speichel, Urin, Genitalsekret), Blut- und Blutprodukte sowie transplantierte Organe übertragen oder vertikal, von der Schwangeren auf das Kind. Die Inkubationszeit beträgt je nach Übertragungsweg drei bis zwölf Wochen. Die Infektion verläuft in der Regel asymptomatisch, gelegentlich ähnlich wie eine infektiöse Mononukleose mit Fieber, Pharyngitis und Lymphadenopathie. Bei immunsupprimierten Patienten (Transplantatempfänger, AIDS) manifestiert sich eine Cytomegalie dagegen häufig als Retinitis, interstitielle Pneumonie und Enteropathie. Reaktivierungen einer latenten Infektion verlaufen bei immunkompetenten Personen asymptomatisch, bei Personen mit geschwächter Immunität dagegen oft unter dem Krankheitsbild der akuten Infektion. In Abhängigkeit von Lebensstandard und Lebensalter liegt die Seroprävalenz im Erwachsenenalter bei 30–40 %. Cytomegalie-Viren sind die häufigste Ursache konnataler Infektionen mit einer Rate von etwa 1 % aller Neugeborenen. Bei Primärinfektionen in der Schwangerschaft beträgt die Transmissionsrate 30–40 %, bei Reaktivierungen lediglich 2 %. Schädigungen des Fetus sind vor allem bei Infektionen in den ersten 20 Wochen der Schwangerschaft zu beobachten: Von den Infizierten kommen 5 % mit Hautblutungen, Hepatosplenomegalie, Ikterus, Mikrozephalus, Chorioretinitis und anderen Schädigungen zur Welt (Letalität 10 %). Die übrigen 95 % der CMV-infizierten Neugeborenen erscheinen klinisch zunächst unauffällig, bei jedem Zehnten von ihnen muss allerdings mit Hörschäden und einer mentalen Retardierung gerechnet werden. Eine Infektion über die Muttermilch ist möglich, bleibt aber für reife Neugeborene in der Regel folgenlos – Frühgeborene können allerdings an einer akuten CMV-Primärinfektion erkranken. Es ist wichtig, die seronegativen Schwangeren frühzeitig zu identifizieren, um ihnen Expositionsprophylaxe und Hygienemaßnahmen nahezulegen. Die Ermittlung des CMV-Antikörperstatus ist derzeit noch nicht in der infektionsserologischen Vorsorgediagnostik für Schwangere vorgesehen, was von einigen Experten kritisiert wird. Transfusionen für Transplantatempfänger oder andere immunkompromittierte Patienten sollten ausschließlich mit dem Blut CMVseronegativer Spender durchgeführt werden, wenn solche nicht zur Verfügung stehen, ist es anzuraten, die Leukozyten z. B. vor der Transfusion abzufiltrieren. Ein geeigneter Impfstoff ist derzeit noch nicht verfügbar. Sowohl im Falle der konnatalen Cytomegalie als auch bei CMV-Erkrankungen immunsupprimierter Patienten werden Virostatika eingesetzt. Innerhalb der Schwangerschaft sind diese Medikamente nicht zugelassen. Hier liegen Studien zur Gabe CMV-spezifischen Hyperimmunglobulins nach Kontakt zu Virusausscheidern vor. In einigen Bundesländern wird CMV-seronegativen schwangeren Kindergärtnerinnen ein Arbeitsverbot erteilt.

Analytik. Erregernachweis: Gelegentlich noch Virusanzucht in humanen Fibroblasten. In Gebrauch ist der spezifische immunzytologische Nachweis des CMV-Antigens pp65 in Leukozyten (gute Korrelation mit der Krankheitsaktivität). Die 7 PCR-Diagnostik erlaubt den Nachweis des viralen Genoms. Sie wird zur Bestimmung der CMVViruslast eingesetzt (Therapiemonitoring).

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Serologie: Spezifische Antikörper der Klassen IgG und IgM werden durch indirekte Immunfluoreszenz oder mittels verschiedener Enzymimmuntests nachgewiesen. Aviditätstests ergänzen die Serologie bei unklaren Befunden. Der Nachweis intrathekal synthetisierter Antikörper im Liquor dient zusammen mit dem Direktnachweis per PCR der Identifikation einer ZNS-Beteiligung.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Urin, Speichel, bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit, Blut, Serum, Liquor, Fruchtwasser und Muttermilch. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Klinisch ist eine CMV-Infektion nicht eindeutig zu diagnostizieren. Symptomatische akute Infektionen werden durch eine Kombination von Direktnachweis und Serologie erfasst. Bei IgM-reaktiven Proben, die gleichzeitig niedrig-avides IgG aufweisen, ist von einer akuten Infektion auszugehen, ist die Avidität hoch, liegt wahrscheinlich eine Reaktivierung vor. Ein zehnfacher Anstieg des spezifischen IgG innerhalb ein bis 2 Wochen beweist eine akute Infektion. Findet man Antikörper der Klasse IgG mit hoher Avidität, so besteht bei immunkompetenten Personen Schutz vor einer Sekundärinfektion. In der Transfusions- und Transplantationsmedizin ist der CMVStatus des Spenders und des Empfängers zu beachten, um primäre Infektionen und Reinfektionen zu vermeiden. Auch bei seropositiven Empfängern kann eine Reinfektion ausgelöst werden, insbesondere wenn die Immunitätslage geschwächt ist. Bei Verdacht auf eine akute Infektion in der Schwangerschaft kann im fetalen Blut spezifisches IgM oder in der Amnionflüssigkeit (7 Amniozentese) durch PCR virales Genom bestimmt werden. Parallel dazu wird die Schwangerschaft engmaschig mittels Ultraschalldiagnostik überwacht. Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge ist die frühe Untersuchung des mütterlichen Serostatus sinnvoll. Im Falle einer negativen Serologie muss eine umfangreiche Beratung betreffs Expositionsprophylaxe erfolgen. Darüber hinaus stehen initiale Ausgangsbefunde zur Verfügung, die später bei Verdacht auf eine Infektion im Verlaufe der Schwangerschaft zusammen mit einer Folgeprobe eine sichere Diagnostik ermöglichen, weil man einen Anstieg des Antikörperspiegels nachweisen oder ausschließen kann. Literatur. Enders G (2006) Mütterliche Infektionen mit dem Risiko der kongenitalen Übertragung. Labormedizinische Aspekte bei Cytomegalie und Toxoplasmose. Gynäkol Geburtshilfe 1:24–28 Scholz H, Belohradsky BH, Bialek R, Heininger U, Kreth HW, Roos R (2009) Zytomegalovirus-Infektionen. In: DGPI-Handbuch, Thieme, Stuttgart, 5. Aufl.: 565–568

Cytotactin 7 Tenascin

C

D Dabigatron

zur Molmasse von hochmolekularen Verbindungen wie Peptiden und Proteinen verwendet wird.

7 Thrombininhibitoren

Dampfdruckerniedrigung DAD

7 Osmolalität

7 Photodioden-Array-Detektor

Dampfraumanalyse, gaschromatographische DAF 7 Cromer-Blutgruppensystem

DAHG 7 Agglutinationstest

Dahllit 7 Apatit-Kristalle

DAkkS 7 Deutsche Akkreditierungstelle GmbH

Dakryozyten 7 Tränentropfen-Erythrozyten

DALA (-Synthase) 7 δ-Aminolävulinsäure (-Synthase)

W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. headspace analysis Definition. Untersuchung der in der Gasphase oberhalb einer Lösung enthaltenen (flüchtigen) Bestandteile. i Die Probe wird in einem mit einem Septum gasdicht verschlossenen Glasgefäß bei einer bestimmten Temperatur, z. B. 60 °C äquilibriert. Über eine feine Kanüle wird mittels einer Spritze eine bestimmte Menge aus der Gasphase entnommen und zur Untersuchung in einen Gaschromatographen eingespritzt. Die Methode wird in der toxikologischen Analytik zur Bestimmung leicht flüchtiger Substanzen (z. B. Alkohole, Ketone, Aromaten) eingesetzt.

Literatur. Degel F (2009) Headspace gas chromatography. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 40–43

Dane-Partikel K. Ritter

Synonym(e). Hepatitis-B-Virus; HBV

Dalton

Englischer Begriff. Dane particle

W.-R. Külpmann

Definition. Infektiöses Viruspartikel, Erreger der Hepatitis B

Englischer Begriff. dalton Definition. Nicht SI-konforme Einheit der molaren Masse, die zumeist für hochmolekulare Verbindungen wie Peptide und Proteine verwendet wird. i Dalton (Abkürzung D oder Da) ist eine nach dem englischen Naturforscher John Dalton (7 Dalton, John) benannte Einheit, die vor allem in der Biochemie weitverbreitet ist und in den USA auch in der organischen Chemie gebraucht wird. Ein Dalton entspricht in etwa der Masse eines Wasserstoffatoms (1,66 × 10-24 g) und ist gleich der atomaren Masseneinheit „u“. Gebräuchlich ist auch die abgeleitete Einheit kD oder kDa; 1 KiloDalton = 1000 Dalton.

Dalton, John T. Arndt

Lebensdaten. Englischer Naturforscher und Lehrer, geboren am 06. Juni 1766 in Eaglesfield (England), gestorben am 27. Juli 1844 in Manchester

Verdienste. Dalton war bereits mit 15 Jahren Lehrer an einer Klosterschule. Bestimmt gleichzeitig mit Gay-Lussac den Ausdehnungskoeffizienten der Gase. Beschreibt 1804 das Gesetz der multiplen Proportionen, 1807 das Gesetz vom Partialdruck der Gase. Entwicklung der nach ihm benannten Atomhypothese (1805), die erst nach gut 100 Jahren in ihren letzten Konsequenzen bestätigt werden konnte. 7 Dalton (Abkürzung Da oder D) ist eine nach John Dalton benannte, nicht SI-konforme Einheit, die dennoch gewöhnlich für Angaben

i Zahlreiche epidemiologische Beobachtungen seit Ende des 19. Jh. wiesen auf zwei Typen akuter Gelbsucht-Erkrankungen (Hepatitis) hin. Durch Übertragungsexperimente am Menschen ließ sich zweifelsfrei eine Typ-A-Hepatitis (Hepatitis A), die fäkal-oral erworben wird (Hepatitis epidemica), von einer Typ-B-Hepatitis (Hepatitis B) unterscheiden, die parenteral durch Blutkontakt (Serumhepatitis) übertragbar ist. Im Gegensatz zur Hepatitis A, die immer ausheilt, geht die Hepatitis B in 5–10 % der Fälle in eine chronische Verlaufsform über. Über Jahrzehnte war die Suche nach den Erregern erfolglos, bis Blumberg (7 Blumberg, Baruch S.) im Jahr 1963 im Serum eines australischen Ureinwohners ein unbekanntes Antigen entdeckte. Das neue Antigen erhielt den Namen „Australia-Antigen“ (AuAntigen). Seine Funktion jedoch blieb rätselhaft. Erst 1968 gelang es Prince nachzuweisen, dass das Au-Antigen mit dem Erreger der Hepatitis B assoziiert ist. Das Au-Antigen formte zwar 20 nm große Partikel, diese enthielten aber keine Nukleinsäure. Ihre Virusnatur war daher fraglich. Die Aufklärung gelang, als Dane 1970 im Elektronenmikroskop neben den 20-nm-Partikeln auch solche von 42 nm Größe entdeckte. Im Innern dieser Dane-Partikel fand Almeida ein „Core“ (HBcAg), gegen das Patienten mit Hepatitis B Antikörper besitzen (7 Anti-HBc). Das Virus war komplett, als Robinson 1974 im Dane-Partikel Polymeraseaktivität und virale DNA (7 HepatitisB-Virus-DNA) nachwies. Daraufhin wurde das Australia-Antigen als Hepatitis-B-surface-Antigen (HBsAg) und das Dane-Partikel als Hepatitis-B-Virus (HBV) benannt. Die elektronenmikroskopische Aufnahme (7 Abb. 1) zeigt neben dem HBV (Dane-Partikel) auch die Morphologie des HBsAg (AustraliaAntigen), das entscheidend zur Entdeckung des Erregers beigetragen hat und Bestandteil des Impfstoffs gegen Hepatitis B ist: 5 links, komplette HB-Viren (Dane-Partikel)

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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D-Antigen

Dane-Partikel. Abb. 1. Morphologie und Struktur des Hepatitis-B-Virus (Beschreibung im Text). Die Aufnahme wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Priv.-Doz. Dr. K.-H. Heermann, Institut für Virologie, Universität Göttingen.

5 Mitte und rechts, im Überschuss produziertes HBsAg, das je nach Anteil der unterschiedlich großen S-, M- und L-HBsAg filamentöse oder sphärische Partikel formt 5 Banden repräsentieren die Virusbestandteile, getrennt nach ihrer Molmasse mittels SDS-Polyacrylamid-Gel-Elektrophorese, dargestellt durch Silberfärbung

Literatur. Dane DS, Cameron CH, Briggs M (1970) Virus-like particles in serum of patients with Australia-antigen-associated hepatitis. Lancet 1:695–698

D-Antigen 7 Rhesus-Blutgruppensystem

DAO 7 Diaminoxidase

DARC (Duffy antigen receptor for chemokines) 7 Duffy(FY)-Blutgruppensystem

Darmkonkremente A.M. Gressner

Synonym(e). Splanchnolith Englischer Begriff. intestinal calculus; intestinal stone; enterolith Definition. Im Fäzes makroskopisch nachweisbare Partikel unterschiedlicher Größe und Zusammensetzung. i Klinisch überwiegend bedeutungslose Darmkonkremente werden aufgrund von Entstehung, Form und Zusammensetzung in folgende Typen unterschieden: 5 Kotsteine (Koprolithen): eingedickte Kotmassen von steinartiger Konsistenz und Form

5 Darmsteine (Enterolithen): kleinere, Harn- oder Gallensteinähnelnde Konkremente, die aus einem organischen Nukleus (z. B. Blutgerinnsel, Kotballen, Fruchtkerne) und anorganischen Schichten (vorwiegend Ammonium-Magnesium-Phosphat oder Erdalkaliphosphaten) zusammengesetzt sind 5 Gallensteine: reine Cholesterinsteine von weißer Farbe mit glatter oder leicht höckriger Oberfläche, geschichtete Cholesterinsteine, die gefärbt und facettiert sind oder gemischte gefärbte und geschichtete Gallensteine ohne deutliche kristalline Struktur 5 reine Bilirubinkalksteine: kleine, weiche, dunkelfarbige Konkremente 5 Carbonatsteine: vorwiegend aus Kalziumcarbonat bestehende kleine und harte Körnchen (Darmgries). Die chemische Analyse erfolgt ähnlich wie bei den Harnsteinen (Harnkonkremente). Heute eher ohne diagnostische Bedeutung.

Darwin, Charles Robert R. Weiskirchen

Lebensdaten. Britischer Naturforscher, geboren am 12. Februar 1809 in Shrewsburg, gestorben am 19. April 1882 in Down bei Beckenham.

Verdienste. Darwin ist der Begründer der Evolutionslehre. Die auf

ihn zurückgehende Theorie der 7 Evolution der Lebewesen ist Fundament der Vererbungsmechanismen. Berühmt wurde Darwin durch seine Selektionstheorie, die er zusammenfassend im Jahr 1859 in „On the origin of species by means of natural selection, or preservation of favoured races in the struggle for life“ darstellte. Im Jahr 1868 veröffentlichte Darwin das Buch „The variation of animals and plants under domestication“ in dem postuliert wurde, dass ein Lebewesen auf eine Änderung seiner Umweltbedingungen mit einer veränderten Ausschüttung von Geschlechts- bzw. Keimzellen reagieren kann.

Literatur. Weber TP (2002) Darwinismus. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main Darwin F (Hrsg) (2000) The Autobiography of Charles Darwin by Charles Darwin. Prometheus Books

Datenreorganisation

Data mining 7 Data Warehouse

Data Warehouse O. Colhoun

Synonym(e). data mining Englischer Begriff. data warehouse Definition. Mit einem Data-Warehouse-Programm können Metaanalysen von Labor-EDV-Daten durchgeführt werden. i Dabei können in freier Kombination alle Laboraufträge nach

Art, Anzahl, Ergebnis, Einsender, Anforderungszeit, Bearbeitungszeit, Zusammenhang mit weiteren Anforderungen aus anderen Bereichen und Informationen aus anderen EDV-Systemen (etwa dem 7 KIS) zusammengestellt werden. Derartige Analysefunktionen sprengen den Rahmen des reinen Labor-EDV-Systems und werden daher von zusätzlichen (Data-Warehouse-) Programmen durchgeführt.

Dateiablage 7 Archivierung

Datenänderungen O. Colhoun

Synonym(e). Änderungsprotokollierung Englischer Begriff. data modification protocol Definition. Protokollierung von Änderungen an den Daten im Labor-EDV-System. i Äußerst wichtige Funktion eines Labor-EDV-Systems bei der

Nachverfolgung von Datenänderungen an Auftragsdaten, Messwerten, Patientendaten oder Daten der Qualitätskontrolle. Aufgezeichnet werden die Änderung selbst (Löschung oder Ergänzung einer Anforderung, überschriebener alter Wert, neuer Wert), die Kennung des Benutzers, welcher die Änderung vornahm, Datum und Uhrzeit, Programm oder Maske, aus welcher die Änderung vorgenommen wurde oder ggf. auch Berechnung oder Automatismus des LaborEDV-Systems, welcher die Änderung vornahm.

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i Besteht aus einer Datenbasis, in der die Daten nach einer be-

stimmten Struktur abgelegt werden, und Verwaltungsprogrammen, die Daten abspeichern, suchen oder andere Operationen mit den Daten durchführen. Der Datenbestand in einer Datenbank ist in eine Folge von kleinen Einheiten unterteilt, die Datensätze (engl. records). Ein Datensatz besteht seinerseits aus mehreren Einzeleinheiten, den Datenfeldern. Häufig weisen alle Datensätze die gleiche Struktur auf: Die Anzahl von Datenfeldern und die Bedeutung einander entsprechender Datenfelder stimmen überein. Dann lassen sich die Daten in einer Tabelle anordnen. Jede Tabellenzeile enthält einen Datensatz und die den Tabellenspalten zugeordneten Einträge eines Datensatzes sind die Datenfelder. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Datenbanken sind ihre SQL-Fähigkeit und ob sie die Anforderungen der ODBC (Open Database Connectivity) erfüllen. Von der informationstheoretischen Seite her teilt man Datenbanken nach dem Datenmodell ein, das ihnen zugrunde liegt: 5 Hierarchisch: Die einzelnen Datensätze sind in einer Art Baumstruktur gespeichert 5 Vernetzt: Einzelne Datensätze können verschiedenen Datensätzen der Datenbank zugeordnet sein 5 Relational: Auf Grundlage einer tabellenartigen Struktur kann eine Beziehung (Relation) zwischen verschiedenen Datenbeständen aufgebaut werden (z. B. kann eine Beziehung hergestellt werden zwischen einer Datentabelle Analysenstammdaten, welche die Referenzbereiche für die Analysen eines Auftrages anzeigt und einer Datentabelle mit gespeicherten Laboraufträgen) 5 Objektorientiert: Es existieren keine starren Strukturen, die jedem Datensatz dieselbe Anzahl und Art von Feldern zuordnen, weshalb das objektorientierte Datenmodell flexibler ist als das relationale. Datensätze können jederzeit um zusätzliche Datenfelder erweitert werden. Die Speicherung ist nicht auf numerische oder Textinformationen beschränkt, sondern es lassen sich auch komplexe Daten verwalten (etwa Graphiken, räumliche Daten, HTML-Seiten) 5 Rational: Eine rationale Datenbank hat eine tabellenartige Struktur und ermöglicht eine Beziehung (Relation) zwischen verschiedenen Datenbeständen.

Datenkonvertierung 7 Datenübernahme

Datenmodell, hierarchisch O. Colhoun

Datenaustausch O. Colhoun

Englischer Begriff. data exchange Definition. Übertragung von Daten zwischen dem Server des Labor-

Englischer Begriff. hierarchical data model Definition. Ein mögliches Strukturprinzip einer Datenbank. i Hierarchisch: Die einzelnen Datensätze sind in einer Art Baumstruktur untereinander gespeichert.

informations-Systems und anderen Computern. i Hierzu sind ein geeigneter Übertragungsweg (Online-Anschluss,

Datenmodell, relational

Netzwerk, austauschbarer Datenträger, Datenfernübertragung) und ggf. Filter (Umwandlungstabelle) erforderlich, die der Übersetzung zwischen den Datenformaten von Absender und Adressat dienen. Anstelle einer direkten, proprietären Übersetzung kann dabei auch die Umwandlung in ein standardisiertes Datenaustauschformat (HL7, ASTM) stehen. Datenaustausch mit der 7 Labor-EDV wird z. B. vom Krankenhaus-Informations-System (7 KIS) und Ambulanzsystemen (Patientendaten, Leistungsanforderung) und dem Krankenhaus-Controlling (Leistungsdatenübermittlung) unterhalten.

O. Colhoun

Datenbank O. Colhoun

Englischer Begriff. data base Definition. Strukturierter, inhaltlich zusammengehöriger Datenbestand. Grundlage jedes Labor-EDV-Systems.

Englischer Begriff. relational data model Definition. Ein mögliches Strukturprinzip einer Datenbank. i Relational: Auf Grundlage einer tabellenartigen Struktur. Es kann eine Beziehung (Relation) zwischen verschiedenen Datenbeständen aufgebaut werden

Datenreorganisation O. Colhoun

Englischer Begriff. data reorganisation Definition. Funktion zur regelmäßigen, automatischen, im Hintergrund ausgeführten Bereinigung, Fehlerbehebung und Konsolidierung der Datenbestände des Laborinformationssystems.

D

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Datenschutz

i Wird in der Regel täglich während einer normalerweise betriebs-

armen Tageszeit durch automatische Prozesse des Labor-Servers für den gesamten Datenbestand durchgeführt. Aufgabe der Datenbankreorganisation ist z. B. der Neustart der tagesspezifischen Arbeitsplatzsequenznummern, Auslagern von vollständigen Laboraufträgen aus den Tagesdaten, Übernahme geänderter Stammdaten in die Arbeitsabläufe.

Literatur. Pflichtenheft Labordatenverarbeitung der GMDS Arbeitsgruppe Labordatenverarbeitung; http://wwwlabor.uni-muenster.de/ gmds/

Datenschutz O. Colhoun

Englischer Begriff. data privacy protection Definition. Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner Persönlichkeitsrechte durch den missbräuchlichen Umgang mit seinen Daten aus dem Laborinformationssystem. i Gesetzliche Regelung auf EU-Ebene durch Richtlinie 95/46/EG

(Datenschutzrichtlinie) und bereichsspezifische Richtlinie 2002/58/ EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation); in Deutschland mit dem Bundesdatenschutzgesetz in nationales Recht umgesetzt. Dieses regelt auf Bundesebene den Datenschutz gegenüber natürlichen Personen. Daneben regeln Datenschutzgesetze der Länder den Datenschutz in Landes- und Kommunalbehörden. Datenschutzrechtliche Regelungen finden sich darüber hinaus in weiteren Gesetzen, etwa dem Telekommunikationsgesetz, welche Regelungen für spezielle Anwendungsbereiche enthalten. Derartige bereichsspezifische Regelungen gehen dem Bundesdatenschutzgesetz jeweils vor, dieses gilt nur ergänzend.

Datensicherungsstrategien O. Colhoun

Englischer Begriff. data backup strategies Definition. Der Bedeutung und Verfügbarkeitsanforderung der Daten angepasste Speicherungsstrategien für den Fall von Datenverlust im Labor-EDV-System. i Man unterscheidet folgende grundlegende Verfahren: 5 Gesamt-Backup, bei dem der komplette Inhalt aller Festplatten des Labor-EDV-Servers gesichert wird, 5 Differenzial-Backup, bei dem nur die seit dem letzten GesamtBackup veränderten Dateien gesichert werden, 5 Zuwachs-Backup, bei dem nur die nach der letzten vollständigen oder teilweisen Sicherung veränderten Dateien gespeichert werden.

Differenzial- und Zuwachs-Backup fasst man unter der Bezeichnung inkrementelles Backup zusammen. Um eine optimale Sicherung des Systems zu erreichen, kombiniert man Gesamt- und Differenzialbzw. Zuwachs-Backups. Eine geplante Abfolge von solchen Backups wird als Medienrotationsverfahren bezeichnet. Mögliche Abläufe: 5 Tägliches Gesamt-Backup. Benötigt wird hierzu mindestens ein Medium, besser ist ein täglicher Wechsel bei Einsatz von zwei Medien, um sich vor Defekten bei den Sicherungsmedien wie z. B. Bandschäden zu schützen. 5 Wöchentliches Gesamt-Backup und tägliche Differenzial-Backups. Hierzu benötigt der Nutzer mindestens sechs Medien, wobei Vollsicherungen über einen Zeitraum von zwei Wochen aufbewahrt werden. Somit steht zur Absicherung eines Bandschadens bei einer Vollsicherung zumindest noch eine ältere Version zur Verfügung. 5 Monatliches und wöchentliches Gesamt-Backup sowie tägliche Differenzial-Backups. Jede monatliche Gesamtsicherung wird dabei 1 Jahr lang aufgehoben. Man benötigt also zwölf Sicherungsträger für die einzelnen Monate; hinzu kommen drei Medien für die weiteren wöchentlichen Gesamt-Backups, die jeweils 4 Wochen

aufbewahrt werden, und pro Woche weitere vier Medien, zusammen also 19 Sicherungsmedien. Bei der langfristigen Sicherung von Daten (> 1 Jahr) muss man berücksichtigen, dass zum einen die Backup-Medien die Daten nur über wenige Jahre zuverlässig speichern, zum anderen sich die Technik rapide ändert, sodass alte Speichermedien von neuen Laufwerken nicht mehr gelesen werden können oder neue Software alte Datenformate nicht mehr interpretieren kann. Daher sollte man bei Anschaffung einer neuen Backup-Technologie unverzüglich die alten Datenbestände auf die neue Technologie übertragen und, falls eine neue Version einer Software erscheint, die neben funktionalen Neuerungen auch ein neues Datenformat verwendet, alle Dateien sofort konvertieren.

Literatur. Brockhaus Computer und Informationstechnologie. (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, Mannheim Leipzig

Datenträger O. Colhoun

Englischer Begriff. data media Definition. Speichermedium für Computerdaten. i Verbreitet sind heute vor allem magnetisierbare und optische Datenträger: 5 Magnetische Speichermedien: ein Bit wird durch einen magnetisierten bzw. nichtmagnetisierten Bereich auf dem Datenträger symbolisiert; Beispiele sind Disketten, Festplatten oder Magnetbänder. 5 Optische Datenträger: kodieren Bits durch reflektierende bzw. verschiedenartig reflektierende Bereiche auf dem Medium, genau genommen durch Übergänge zwischen beiden Zuständen und übergangslose Bereiche. Hierzu gehören CD-ROM, CD-R, CDRW und DVD. 5 Magnetooptische Medien: Magnetkristalle können in zwei Richtungen (0 und 1) ausgerichtet sein und bewirken auf diese Weise ein unterschiedliches Reflexionsvermögen des Datenträgers.

Literatur. Brockhaus Computer und Informationstechnologie. (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, Mannheim Leipzig

Datenübernahme O. Colhoun

Synonym(e). Datenkonvertierung Englischer Begriff. data exchange Definition. Übernahme von Dateien, die in einem bestimmten Dateiformat vorliegen, in ein anderes. i Dabei kann es sich um eine Übersetzung von gleichartigen Daten, die lediglich mit unterschiedlichen Programmen erzeugt wurden, handeln oder um die Konvertierung zwischen qualitativ ungleichen Dateien. Beispiele sind die Einspielung der Patientendaten aus dem 7KIS in die 7Labor-EDV oder die Übertragung wichtiger Daten (etwa Blutbank-Archiv) beim Wechsel auf ein neues Labor-EDV-System.

Datenübertragung, serielle 7 Analysengeräteanschluss

Datenübertragungsprotokolle 7 Datenaustausch

Date-Rape-Drogen 7 KO-Tropfen

Daughter Ion 7 Massenspektrometrie

D-Dimer

Daugirdas-Formel 7 Kt/V-Wert

Dausset, Jean K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Lebensdaten. Französischer Arzt, geboren am 19. Oktober 1916 in Toulouse, gestorben am 06. Juni 2009 in Palma de Mallorca.

Verdienste. Jean Dausset, Sohn eines Arztes, studierte an der Universität von Paris Medizin und ging im Jahr 1937 als Assistenzarzt an ein Städtisches Krankenhaus in Paris. Im Jahr 1939 wurde er zur Armee eingezogen und diente im medizinischen Corps in Nordafrika, 1944 promovierte er in Paris im Fach Transfusionsmedizin, anschließend spezialisierte er sich auf den Bereich Hämatologie. Im Jahr 1946 wurde er zum Doktor des Nationalen Französischen Bluttransfusionszentrums in Paris berufen, wo er bis 1963 blieb. Danach folgte er einem Ruf an die Fakultät für Medizin und wurde Professor am Lehrstuhl für Hämatologie an der Universität von Paris. Von 1969–1977 war er Professor für Immunhämatologie an der Fakultät Lariboisiere-Saint-Louis und von 1968–1984 gleichzeitig Direktor des Forschungsbereichs Immungenetik am Nationalen Medizinischen Forschungsinstitut. Von 1978–1988 ging er als Professor für Experimentalmedizin an das Collège de France. Er erhielt im Jahr 1980 gemeinsam mit Baruh Benacerraf und George Davis Snells den Nobelpreis für Medizin und Physiologie und 1977 den Robert-Koch-Preis. Zusammen mit seinen beiden Kollegen beschäftigte er sich maßgeblich mit der immunologischen Verträglichkeit von Geweben nach Transplantationen. Sie konnten nachweisen, dass diese Immunfaktoren genetisch fixiert sind. Im Jahr 1958 definierte er das erste Lymphozytenantigen, einen Grundpfeiler des heutigen HLA-Systems (7 HLA-Allele) und gilt damit als Wegbereiter der Organtransplantationen.

DC 7 Agglutinationstest

DC 7 Dünnschichtchromatographie; 7 Dendritische Zelle

DCP 7 Des-γ-Carboxyprothrombin

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ebenso den FXIII. Der aktivierte FXIIIa vernetzt dann γ-Ketten im Fibrinpolymer. Die γ-Ketten-Cross-Links im Fibrin sind resistent gegenüber proteolytischem Abbau durch Plasmin, was zu fibrinspezifischen Abbauprodukten führt, die sich von denen des Fibrinogens unterscheiden.

Funktion und Pathophysiologie. Nur in vitro und unter systemischer Lysetherapie wird Fibrin in nennenswertem Umfang bis zu D-Dimeren abgebaut. Plasmininduzierter Fibrinabbau resultiert in stärker komplexen Fragmenten, den X-Oligomeren, die D- und E-Fragmente in verschiedenen Kombinationen enthalten. Mit Fortschreiten des fibrinolytischen Prozesses werden diese großen Fragmente weiter reduziert. Erhöhte Konzentrationen an D-Dimer entstehen immer dann, wenn in größerem Umfang Blutgerinnsel/Thromben durch Plasmin aufgelöst werden. Eine erhöhte Konzentration an D-Dimer zeigt somit an, dass Blutgerinnsel entstanden sind und als Folge der erhöhten koagulatorischen Aktivität eine erhöhte fibrinolytische Aktivität vorliegt. Daher ist die Messung der DD zum Ausschluss einer Lungenembolie oder einer tiefen Venenthrombose von Bedeutung, allerdings ist DD als Biomarker für die Frühdiagnose einer pathologischen disseminierten intravasalen Gerinnung (PDIC) von untergeordneter Bedeutung, die DD-Konzentration hängt von 3 Enzymen ab, von Thrombin, Faktor 13a und Plasmin. Für das PDIC-Staging ist das systemische Thrombin (alpha2M-F2a) der weit bessere Biomarker.

Probenstabilität. Citratplasma kann bei Raumtemperatur bis zu ca. 2 h gelagert werden. 1,25 mol/L Arginin-stabilisiertes EDTA-Plasma kann für 3 Tage bei Raumtemperatur gelagert oder sogar eingefroren werden. Präanalytik. Citratblut sollte möglichst rasch abzentrifugiert werden. Angeronnene Proben sind nicht zu verwenden.

Analytik. Zur Bestimmung der D-Dimer-Antigene werden ELISA oder KIMS (kinetic interaction of microparticles in solution) eingesetzt. Quantitative Latex-verstärkte Immunoassays (7Immunoassay) werden als Schnelldiagnostik zur schnellen Ausschlussdiagnostik bei Verdacht auf thromboembolische Erkrankungen (tiefe Venenthrombose [TVT], Lungenembolie [PE]) eingesetzt. Bei D-DimerWerten unterhalb eines Cut-off können TVT oder PE mit der jeweiligen testspezifischen Sensitivität (95–99 %) ausgeschlossen werden.

Referenzbereich — Frauen. Cut-off (mg/L): 0,5 (VIDAS® D-dimer Exclusion™)

Referenzbereich — Männer. s. Frauen Referenzbereich — Kinder. s. Frauen Indikationen. Verdacht auf thromboembolisches Ereignis

D(diluted)RVVT 7 Russel-Viper-Venom-Zeit

D-Dimer P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. D-dimer Definition. D-Dimer (DD) ist ein durch Plasmin-Spaltung erzeugtes Fibrinabbauprodukt, das aus zwei D-Fragmenten benachbarter Fibrinmonomere stammt, die über die γ-Kette quervernetzt sind. Struktur. Plasmin spaltet D-E-Bindungen im Fibrin (polymerisiertes D-E-D). Es entstehen komplexe Fragmente. Als Endprodukte beim Abbau von quervernetztem Fibrin entstehen D, E und DD (2 kovalent gebundene D-Domänen). D hat eine Molmasse von ca. 90–100 kDa, E eine von ca. 50 kDa, D-E (genannt Y) eine von ca. 150 kDa.

Molmasse. ca. 180 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Thrombin spaltet initial Fibrinopeptid A (FpA) und dann Fibrinopeptid B (FpB) von den Aα- und Bβ-Ketten des Fibrinogens, wodurch neue N-Termini erzeugt werden und Polymerisationsdomänen exponiert werden. Diese Fibrinmonomere polymerisieren spontan. Thrombin aktiviert

Interpretation. Der klinische Verdacht auf das Vorliegen eines thromboembolischen Ereignisses wird im klinischen Alltag häufig gestellt, wodurch die Prävalenz der Erkrankung unter den Verdachtsfällen deutlich gesunken ist. Daher sind Tests gefordert, die ein thromboembolisches Ereignis auszuschließen helfen. Die Sensitivität neuerer D-Dimer Tests liegt bei über 99 % mit einem negativen prädiktiven Wert (NPW) in der gleichen Höhe. Da eine Reihe von pathologischen Situationen wie Entzündungen, Herzinfarkt und Tumore, aber auch physiologischen Situationen wie Schwangerschaft mit einer erhöhten Konzentration an D-Dimer einhergehen, haben alle Tests eine niedrige Spezifität, die um 40 % liegt. NPW und Sensitivität könnten bei Tumorpatienten niedriger liegen. Hierzu liegen widersprüchliche Studien vor. Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Tests scheint, einer Studie zur Folge, auch vom Alter der untersuchten Patienten abzuhängen. Im Allgemeinen scheint der D-Dimer-Test bei ambulanten Patienten aussagekräftiger zu sein, als bei stationären Patienten. Diagnostische Wertigkeit. Die eingesetzten monoklonalen Antikörper erkennen die antigene Determinante (D-Dimer) nicht nur in den kleinmolekularen Endprodukten, sondern auch in den hochmolekularen Fibrinfragmenten. Angesichts der Heterogenität der zu messenden Proben, der unterschiedlichen Affinitäten der eingesetzten Antikörper zu den D-Dimer enthaltenden Fibrinfragmenten, des unterschiedlichen Testaufbaus und der Kalibratoren lassen sich die Zahlenwerte der unterschiedlichen Tests untereinander nicht vergleichen.

D

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DDT

Literatur. Colman RW, Hirsh J, Marder VJ, Clowes AW, George JN (eds) (2001) Hemostasis and thrombosis. Philadelphia: Lippincott Wilhelms&Wilkins: 1003–1020 Nisio M Di, Squizzato A, Rutjes WS et al (2007) Diagnostic accuracy of D-dimer test for exclusion of venous thromboembolism: a systematic review. J Thromb Haemost 5: 296–304 Stief TW (2011) The Laboratory Diagnosis of the Pre-Phase of Pathologic Disseminated Intravascular Coagulation. In: Hemostasis Laboratory Yearbook, Vol 1. Nova Science Publishers, New York, pp 3–18

DDT 7 Kohlenwasserstoffe, chlorierte, insektizide

Deacetylase-Typ 7 Acquired B-Antigen

1,10-Decandisäure 7 Sebacinsäure

Decay-accelerating factor 7 Cromer-Blutgruppensystem

Deckel 7 Verschlusskappe

Decorin H.-D. Haubeck

Synonym(e). DS-PG2 Englischer Begriff. decorin (DCN), member of the small leucin-rich proteoglycans (SLRPs)

Definition. Decorin ist ein weitverbreitetes kleines Chondroitin-/ Dermatansulfat-Proteoglykan, das eine wichtige Rolle bei der Fibrillogenese fibrillärer Kollagene (Typ I, II, III, V, VI und XI) spielt. i Decorin (DCN) gehört zur Familie der kleinen Leucin-reichen Proteoglykane (SLRPs), für die ein Core-Protein von 36–40 kDa mit zentralen Leucin-reichen Motiven und flankierenden CysteinClustern charakteristisch ist. N-terminal trägt das Core-Protein eine stark negativ geladene Chondroitinsulfat-/Dermatansulfatkette (7 Chondroitinsulfat-Dermatansulfat-Proteoglykane), durch die die biochemischen Eigenschaften von Decorin wesentlich geprägt werden. Decorin bindet spezifisch vor allem Kollagen-Typ-I-Fibrillen, aber auch weitere fibrilläre Kollagene (Typ II, III, V und XI sowie das mikrofibrilläre Kollagen Typ VI) und hemmt das Fibrillenwachstum. Hierdurch wird u. a. die Dicke der Kollagenfibrillen in den verschiedenen Formen des Bindegewebes, entsprechend der strukturellen und mechanischen Notwendigkeiten, gesteuert. Dementsprechend finden sich bei Decorin-defizienten (Knock-out-) Mäusen eine gestörte Fibrillogenese und eine ausgeprägte Fragilität der Haut. Vergleichbare Untersuchungen für weitere Mitglieder der SLRP-Familie (z. B. Fibromodulin, Lumican, Biglykan) haben gezeigt, dass das Fehlen von Decorin in anderen Organen und Geweben (Sehnen, Knochen, Cornea etc.) z. T. durch diese anderen SLRP-Mitglieder kompensiert werden kann. Über die Steuerung der Fibrillogenese der Kollagene ist Decorin an zahlreichen fibrotischen Krankheitsprozessen beteiligt. Darüber hinaus bindet das Core-Protein von Decorin auch spezifisch 7 Transforming Growth Faktor-β und kann dessen profibrotische Wirkung hemmen. Decorin ist außerdem als Target bzw. Bindungsprotein für zwei Zelloberflächenadhäsine der Borrelia-burgdorferi-Spirochäten an der Pathogenese der Lyme-Borreliose beteiligt.

Literatur. Danielson KG, Baribault H, Holmes DF et al (1997) Targeted disruption of decorin leads to abnormal collagen fibril morphology and skin fragility. J Cell Biol 136:729–743

Brown EL, Wooten M, Johnson BJB et al (2001) Resistance to Lyme disease in decorin deficient mice. J Clin Invest 107:845–852

Defektmutante R. weiskirchen

Synonym(e). Auxotrophe; Mangelmutante Englischer Begriff. defect mutant Definition. Allgemeine Bezeichnung für 7 Mikroorganismen, die nach 7 Mutation nicht mehr in der Lage sind, bestimmte, für ihren Stoffwechsel lebensnotwendige Stoffe selbst herzustellen.

i Defektmutanten wachsen im Gegensatz zu den entsprechenden Wildtypstämmen nicht auf Minimalmedium, die nicht mehr natürlich synthetisierbare Substanz muss exogen zugeführt werden. Die Arbeit mit solchen Defektmutanten, auch 7 Sicherheitsstämme genannt, gehört zu den Maßnahmen, die zu der Sicherheit gentechnologischer Arbeiten beitragen sollen.

Defektmutation 7 Auxotrophie

Defensine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. defensins Definition. Phylogenetisch konservierte, antimikrobiell wirksame, niedermolekulare Polypeptide des angeborenen Immunsystems, die in mikromolaren Konzentrationen gramnegative und grampositive 7 Bakterien, 7 Mykobakterien, 7 Pilze und Protozoen effektiv abtöten bzw. neutralisieren („endogene Antibiotika“). i Defensine sind kleine, 30–42 Aminosäuren lange, kationische Polypeptide der Molmasse 3–5 kDa, die alle auf Chromosom 8 lokalisiert und phylogenetisch konserviert sind. Gemeinsam sind ihnen drei Disulfidbrücken zwischen verschiedenen Cysteinresten, deren intramolekulare Position eine Unterscheidung in α- und β-Defensine ermöglicht. Sie werden als Prodefensin synthetisiert und durch Trypsin proteolytisch aktiviert.

Humane Defensintypen: 5 6-α-Defensine: neutrophile Peptide 1–4 (HNP 1–4) der Granulozyten sowie Defensine 5 und 6 (HD 5 und 6), die in Paneth-Körnerzellen von Jejunum und Ileum synthetisiert werden. 5 3-β-Defensine (HBD 1–3): epithelialen Ursprungs, vorzugsweise in Haut, Lunge und Darm. Die Synthese wird reguliert durch 7 Zytokine (IL-1β, TNF-α u. a.) sowie Lipopolysaccharide (LPS) und 7 Lipoproteine, vermutlich unter Mitwirkung des intrazellulären LPS-Rezeptors NOD2 (nucleotidebinding oligomerization domain). Funktionell handelt es sich um die wichtigsten endogenen Antibiotika des Organismus, die auch chemotaktisch wirksam sind und ein breites, von gramnegativen (Escherichia coli, Salmonellen u. a.) und grampositiven Bakterien über säurefeste Stäbchen (Mycobacterium tuberculosis) bis zu Pilzen (Candida), Viren (Herpes, HIV) und Protozoen (Giardia lamblia) reichendes antibiotisches Wirkspektrum haben. Die kationischen Peptide binden über ihre elektrostatischen Eigenschaften an die Außenwand der Erreger und führen zur Ausbildung von Mikroporen der bakteriellen Membran und somit zur Bakteriolyse. Im Darm sind sie bedeutsam für die Aufrechterhaltung der intestinalen antibakteriellen Mukosabarriere. Eine verminderte α-Defensinexpression (HD 5 und 6) aufgrund einer Mutation im NOD2-Gen und verminderte β-Defensinaktivität sind entscheidend in der Pathogenese des Morbus Crohn und möglicherweise weiterer entzündlicher Darmerkrankungen.

Literatur. Schmid M, Fellermann K, Wehkamp J et al (2004) Die Rolle der Defensine in der Pathogenese chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen. Z Gastroenterol 42:333–338

Dehydroepiandrosteronsulfat

Deferoxamin

379

Deformationsschwingungen 7 Infrarot-Spektrometrie

D. Meissner

Synonym(e). Desferrioxamin

Degradation

Englischer Begriff. deferoxamine

R. Weiskirchen

Definition. Chelatbildner für dreiwertige Kationen i Deferoxamin ist eine aus Kulturen von Streptomyces pilosus ge-

wonnene schwache Base mit drei eisenbindenden Hydroxamsäuregruppen. Es hat die Summenformel C₂₅H₄₈N₆O₈ und eine Molmasse von 561 g. Als 7 Chelatbildner wird es zum Ausschleusen von 7 Eisen bei Eisenspeicherkrankheiten oder Eisenüberladung verwendet. Die Behandlung mit Deferoxamin, die wegen dessen kurzer biologischer Halbwertszeit als Dauerinfusion durchgeführt wird, ist weniger effektiv als die Aderlasstherapie und nur bei parallel bestehenden Kardiomyopathien und bei anämiebedingter Eisenüberladung indiziert. Auch Belastungen oder Intoxikationen mit 7 Aluminium können mit Deferoxamin behandelt werden. Deferoxamin wird auch zur Diagnostik von Eisenspeicherkrankheiten und bei Belastung mit Aluminium benutzt.

Synonym(e). Abbau Definition. Bezeichnung für den teilweisen oder kompletten Verlust einer (biologischen) Funktion eines Biomoleküls durch Umwelteinflüsse (z. B. Bakterien oder Chemikalien). i Die Stabilität von Biomolekülen gegenüber Degradation ist primär abhängig von deren chemischen Aufbau, sie kann durch Zusatz geeigneter Additive (Stabilisatoren, Antioxidantien, Photostabilisatoren) erhöht werden. Die Stabilisierung einer biologischen Substanz (insb. Proteine, 7 Nukleinsäuren) stellt für die korrekte Analytik in einem klinisch-chemisch oder molekularbiologisch arbeitenden Labor eine Herausforderung dar. So kann z. B. die Degradation hochmolekularer genomischer DNA zu Verfälschungen bei der Genotypisierung führen (s. z. B. 7 Allel-Dropout).

Literatur. Chemnitz G, Winkler A, Schmidt FW (2000) Hereditäre Hämochromatose. In: Schmidt E, Schmidt FW, Manns MP (Hrsg) Lebererkrankungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, S 787–809

7-Dehydrocholesterin

Deferoxamin-Test

A. C. Sewell

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Desferal-Test; Desferrioxamin-Test; Eisenmobilisations-Test

Englischer Begriff. 7-dehydrocholesterol Definition. Baustein der Cholesterin-Synthese. Charakteristisches biochemisches Merkmal des Smith-Lemli-Opitz Syndroms.

Englischer Begriff. deferoxamine test Definition. Zur Diagnostik von Eisenspeicherkrankheiten eingesetzter Funktionstest, bei dem nach parenteraler Gabe von 7 Deferoxamin die Mobilisation und Ausscheidungsmenge von 7 Eisen im 6oder 24-h-Sammelurin gemessen wird. i Nach intramuskulärer Applikation von 500 mg bzw. 15 mg/kg KG Deferoxamin-Mesylat erfolgt eine Mobilisierung des Speichereisens, das renal eliminiert wird. Es wird die über 6 oder 24 h im Urin ausgeschiedene Eisenmenge mittels 7 Atomabsorptionsspektrometrie oder kolorimetrisch gemessen. Die Normalbereiche liegen bei < 0,5 mg Eisen pro 6-h-Sammelurin und < 2 mg Eisen pro 24-h-Sammelurin. Bei Hämochromatose und anderen Eisenüberladungszuständen kommt es zu signifikant erhöhter Eisenausscheidung [> 1,5 mg im 6-h-Sammelurin, > 10 mg (179 μmol) im 24 h-Sammelurin] (7 Tab. 1). Der Test ist wegen eingeschränkter Empfindlichkeit heute nur noch selten im Gebrauch. Eine weitere Indikation besteht in der Diagnose einer 7 Aluminiumbelastung, die als pathologisch eingestuft wird, wenn nach Injektion von 5 mg Deferoxamin pro kg KG die Aluminiumkonzentration im Serum auf über 150 μg/L ansteigt.

Deferoxamin-Test. Tab 1. Primäre und sekundäre Eisenüberladungszustände Mäßige Erhöhungen

Starke Erhöhungen (> 1,5 mg Eisen/6 h)

5 5 5 5 5

5 Hämochromatose 5 Hämosiderose 5 paroxysmale nächtliche

akute Hepatitis aktive Leberzirrhose Verschlussikterus sideroachrestische Anämie Thalassämie

Dehydratisierung 7 Sublimation

Hämoglobinurie

Literatur. Chemnitz G, Winkler A, Schmidt FW (2000) Hereditäre Hämochromatose. In: Schmidt E, Schmidt FW, Manns MP (Hrsg): Lebererkrankungen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart: 787–809

i Die Synthese von 7 Cholesterin erfolgt über einen Stoffwech-

selweg mit etwa 30 enzymatisch katalysierten Reaktionen. Die letzte Reaktion ist die Umwandlung von 7-Dehydrocholesterin (7-DHC) zu Cholesterin mittels 3β-Hydroxysterol-Δ7-Reduktase. Ein Mangel an 3β-Hydroxysterol-Δ7-Reduktase führt zu einer verminderten Cholesterinsynthese und zu einem erhöhten Spiegel von 7-DHC in Plasma. Dies ist wegweisend für die Diagnose des Smith-Lemli-Opitz Syndroms. 7-DHC wird im Plasma mittels GCMS bestimmt.

Referenzbereich — Erwachsene. < 0,5 mg/L (Plasma) Literatur. Hoffmann GF, Haas D (2000) Disorders of Cholesterol Synthesis. In: Fernandes J, Saudubray J-M, van den Berghe G (eds) Inborn Metabolic Diseases: Diagnosis and Treatment. 3rd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, pp 337–342 Smith DW, Lemli L, Opitz JM (1964) A Newly Recognised Syndrome of Multiple Congenital Anomalies. J Pediatr 64:210–217

Dehydroepiandrosteronsulfat W. Hubl

Synonym(e). DHEA-S Englischer Begriff. dehydroepiandrosteronesulfate Definition. DHEAS wird vorwiegend in der Nebennierenrinde gebildet und gilt deshalb als Indikator der adrenalen Androgenproduktion. Es besitzt einen hohen Stellenwert im Rahmen der Differenzialdiagnostik des Hirsutismus bzw. Virilismus zur Abgrenzung einer adrenalen von einer ovariellen Störung.

Struktur. 5-Androsten-3β-ol-17-on-3-sulfat, C₁₉H₂₇O₅S Molmasse. 367,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) wird in der Nebennierenrinde gebildet. Ausgangsprodukt ist das Cholesterin. Mit Hilfe des Cholesterin-Seitenkettenabspaltenden Enzyms CYP11A1 (P450SCC) wird das Pregnenolon

D

380

Dehydronorketamin

synthetisiert. Die C-17-Hydroxylase CYP17 (P450C17α) bildet das 17-α-Hydroxypregnenolon, das mit Hilfe der CYP17 (17,20-Lyase, Desmolase) in das Dehydroepiandrosteron umgewandelt wird. DHEAS ist im Blut nahezu komplett an Albumin gebunden. Das Dehydroepiandrosteron wird mit Schwefelsäure in der C3-Position zum DHEAS verestert und im Urin ausgeschieden.

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 3 Dehydroepiandrosteronsulfat. Tab. 3. Alter

DHEAS (μmol/L)

Halbwertszeit. 7–9 h

1–7 Tage

1,87–12,80

Funktion und Pathophysiologie. Die Nebennierenrindenandrogene bewirken die Ausprägung der männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale. Sie haben jedoch im Vergleich zum Testosteron keinen wesentlichen Einfluss auf das Wachstum der Keimdrüsen. Beim Androgenexzess der Frau kommt es zur Symptomatik des Virilismus. Als Ursache kommen in Betracht: 5 Androgen-bildende Tumoren, 5 zentrales Cushing-Syndrom, 5 funktionelle Hypersekretionen von Androgenen (z. B. beim adrenogenitalen Syndrom).

8–15 Tage

0,91–9,49

Beim zentralen Cushing-Syndrom bewirkt die erhöhte ACTH-Konzentration eine Stimulation der Steroidbiosynthese in der Nebennierenrinde mit sowohl erhöhten Glukokortikoiden als auch erhöhten Androgenen. Das adrenogenitale Syndrom ist gekennzeichnet durch einen kongenitalen oder erworbenen Enzymdefekt in der Steroidbiosynthese der Nebennierenrinde. Hierbei kommt es zum Abfall der Endprodukte der Biosynthese, z. B. Kortisol bzw. Aldosteron, und einem Stau mit einer Erhöhung der Steroidhormone mit vorwiegend androgener Wirkung vor dem Enzymblock, dem DHEAS, 17-Hydroxyprogesteron etc. In zahlreichen Arbeiten wird der Einfluss von DHEAS auf koronare Herzerkrankungen diskutiert. Es scheint erwiesen, dass Männer mit niedrigen DHEAS-Werten ein höheres Risiko für koronare Herzerkrankungen haben. Ob eine DHEAS-Substitution dieses Risiko senkt, ist bis jetzt jedoch weitgehend unklar.

Indikation.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

16 Tage–3 Jahre

< 0,20–3,33

4–6 Jahre

< 0,20–1,27

6–11 Jahre

0,26–3,9

12–17 Jahre

0,78–14,3

5 Differenzialdiagnose des Hirsutismus und Virilismus 5 Androgen-produzierender Nebennierenrindentumor 5 Adrenogenitales Syndrom

Interpretation. Dehydroepiandrosteronsulfat. Tab. 4. DHEAS

Diagnose



Androgen-produzierender Tumor



Virilismus und Hirsutismus, polyzystisches Ovarsyndrom



adrenogenitales Syndrom, Störung der Nebennierenrinden-Hormonsynthese (CYP21A2-Mutation; 21-Hydroxylase-Mangel)



Morbus Cushing, ektope ACTH-Produktion



Nebennierenrinden-Insuffizienz

Probenstabilität. 7 Tab. 1 Dehydroepiandrosteronsulfat. Tab. 1. Temperatur (°C)

Stabilität

Blut: 20–25

1 Tag

Serum: 20–25

1 Tag

Serum: 4

2 Wochen

Serum: –20

> 1 Jahr

Präanalytik. Glukokortikoidgaben supprimieren die DHEAS-Konzentration.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung des DHEAS besitzt die höchste diagnostische Relevanz zur Diagnose einer adrenalen Hyperandrogenämie (Störung in der Nebennierenrinde) und zur Abgrenzung von der ovariellen Hyperandrogenämie bei der Frau bzw. von testikulären Störungen der Androgenproduktion beim Mann.

Literatur. Burger HG (2002) Androgen production in women. Fertil Steril 77(Suppl 4):S3–5 Ebeling P, Koivisto VA (1994) Physiological importance of dehydroepiandrosterone. Lancet 343:1479–81

Analytik. Radio-, Enzym- Lumineszenz-7 Immunoassay

Dehydronorketamin

Konventionelle Einheit. μg/L

7 Ketamin

Internationale Einheit. μmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L × 367,5 = μg/L

11-Dehydro-Thromboxan B₂

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 2

P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). 11dhTxB₂; d-TxB₂ Dehydroepiandrosteronsulfat. Tab. 2.

Englischer Begriff. 11-dehydro-thromboxane B₂ Alter

DHEAS (μmol/L)

13–45 Jahre

2,20–10,2

Menopause

1,20–3,80

Definition. 11-Dehydro-Thromboxan B₂ ist ein stabiles Abbauprodukt von Thromboxan B₂ und kann als ein Indikator der Thromboxan A₂ (TxA₂)-Synthese angesehen werden. TxA₂ zeigt in der Zirkulation eine sehr kurze Halbwertszeit und wird umgehend zu Thromboxan B₂ hydrolisiert.

Deletionskartierung

Struktur. OH COOH

381

Interpretation. Auf Kreatinin normalisierte Harnkonzentrationen von 11-Dehydro Thromboxan B₂ > 1500 pg/mg sprechen für das Ausbleiben eines Effekts der Aspirintherapie. TxB₂-Konzentrationen ≤ 1500 pg/mg sprechen für einen Aspirineffekt. Diagnostische Wertigkeit. 11-Dehydro-Thromboxan B₂ im Urin lässt

O

O OH

11-Dehydro-Thromboxan B₂. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 368,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. TxA₂ wird aus Prostaglandin H₂ (PGH₂) durch die Thromboxan-A-Synthetase generiert. Phospholipase A2 spaltet aus Membranphospholipiden die Arachidonsäure ab. Cyclooxygenasen (COX) zyklisieren die Arachidonsäure durch Oxidation zum instabilen Prostaglandin G₂, das anschließend durch die Peroxidaseaktivität der COX zu PGH₂ oxidiert wird. TxA₂ ist in wässrigen Lösungen instabil und wird im Plasma sofort nichtenzymatisch zu Thromboxan B₂ (TxB₂) hydrolisiert. Der überwiegende Teil von TxB₂ wird zu etwa gleichen Teilen in 11-Dehydro-Thromboxan B₂ und 2,3-Dinor-11-Dehydro-Thromboxan B₂ metabolisiert. Daher kann über die Konzentration von 11-Dehydro-Thromboxan B₂ im Serum oder im Harn auf die TxB₂-Produktion und damit auch auf die Bildung des instabilen TxA₂ zurückgeschlossen werden. Ein kleinerer Anteil TxB₂ wird über β-Oxidation abgebaut oder durch die 15-OH-Prostaglandin-Dehydrogenase metabolisiert und dann über die Niere ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. TxA₂ kann von vielen Zellen produziert werden, u. a. von aktivierten Blutplättchen. TxA₂ ist ein potenter Induktor der Plättchenaggregation, effektiver Vasokonstriktor und induziert die Kontraktion von bronchialer glatter Muskulatur. Die Hemmung der Cyclooxygenase-1 (COX-1) durch irreversible selektive Acetylierung des Serinrests 529 und damit Unterdrückung der thrombozytären TxA₂-Produktion, stellt im Wesentlichen den Mechanismus des antithrombotischen Effekts von Aspirin und damit seiner präventiven Wirkung auf atherothrombotische Komplikationen dar. Dosisanpassung, Therapiemonitoring und die Identifikation von Non-Respondern (Aspirinresistenz) erfordern Methoden zur Erfassung des individuellen Ansprechens auf die tägliche Aspirintherapie. Auf Grund der kurzen Halbwertszeit (~5 min) und der niedrigen Konzentration im Blut (1–2 pg/mL) lässt sich über TxB₂ im Blut die TxA₂-Synthese nur schlecht quantifizieren. Zudem stammt ein Teil des gemessenen TxB₂ aus Thrombozyten, die unter der Blutabnahme aktiviert wurden. Die Bestimmung der Konzentration von stabilen TxA₂-Metaboliten im Urin (oder im Plasma), die weder in aktivierten Plättchen, noch in der Niere gebildet werden, umgeht dieses Problem.

lediglich eine Aussage über die Patientencompliance und die pharmakologische Aspirinresistenz zu, d. h. über solche Resistenzen, die direkt die Bildung von Thromboxan A₂ (z. B. COX-1-Polymorphismus) betreffen.

Literatur. Cattaneo M (2007) Resistance to antiplatelet drugs: molecular mechanisms and laboratory detection. J Throm Haemost 5(s1): 230–237

2-D-Elektrophorese 7 Elektrophorese, zweidimensionale

Deletion 7 Chromsomenanalyse

Deletionskartierung R. Weiskirchen

Synonym(e). Kartierung von Deletionsmutanten Englischer Begriff. deletion mapping Definition. Verfahren zur genetischen Kartierung eines unbekannten 7 Genlocus mit Hilfe einer Reihe von Deletionsmutanten bekannter Ausdehnung.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei der Deletionskartierung misst man wie häufig zwei verschiedene 7 Mutationen miteinander zum Wildtyp rekombinieren. Die gemessene Rekombinationshäufigkeit ist umso kleiner, je näher die beiden getesteten 7 Punktmutationen zusammenliegen.

Probenstabilität. Morgen- oder Sammelurin können benutzt werden. Ungekühlt sollten die Harnproben innerhalb von 4 h gemessen werden. Zur Sammlung sollte der Harn bei 2–8 °C gelagert werden. Bei Lagerungen für länger als 24 h sollte die Probe bei ≤ –20 °C eingefroren werden.

Einsatzgebiet. Diese Verfahrenstechnologie wird in der klassischen Genetik z. B. dazu verwendet, um in Kreuzungsanalysen festzulegen, ob zwei in einem 7 Operon beobachtete Mutationen identisch sind oder nur innerhalb einer biochemischen Synthesekette liegen. Dazu kreuzt man eine Deletionsmutante mit einer bereits kartierten Punktmutante und sucht nach Wildtyp-Rekombinanten unter den Nachkommen. Falls diese auftreten, kann die Deletion nicht in den Genort der betreffenden Punktmutante hineinreichen. Durch eine große Zahl solcher Kreuzungen mit vielen verschiedenen Punktmutanten kann die Deletion dann einigermaßen verlässlich lokalisiert werden. In der Gentechnik wird der Begriff synonym für ein Verfahren verwendet, um sog. Restriktionskarten zu erstellen. In diesem Fall führen Deletionen dazu, dass Schnittstellen für das betreffende Enzym verschwinden. Ein Vergleich der durch 7 Gelelektrophorese erhaltenen DNA-Fragmente, die durch Spaltung von 7 Wildtyp-DNA und DNA mit Deletionen entstehen, zeigt, dass neue Fragmente auftauchen oder verschwinden.

Präanalytik. Urin kann viele cross-reaktive Eicosanoide enthalten, weshalb eine Vorextraktion nötig sein kann.

Untersuchungsmaterial. Ausgangsmaterial für diese Analysen stellen i. d. R. zwei unabhängige Klone oder Mutanten eines Gens dar.

Analytik. In der Routinediagnostik werden Enzymimmunoassays zur Bestimmung der 11-Dehydro-Thromboxan-B₂-Konzentration im Harn eingesetzt. Der unter dem Namen AspirinWorks® vertriebene Test ist ein kompetitiver ELISA, bei dem 11dhTxB₂ konjugiert an eine alkalische Phosphatase mit dem in der Probe befindlichen 11dhTxB₂ um die Bindung an einen Maus monoklonalen Anti-11dhTxB₂Antikörper konkurriert. Das Ergebnis wird als pg 11dhTxB₂ pro mg Kreatinin berichtet.

Instrumentierung. Zur Durchführung einer Deletionskartierung werden Labors mit molekularbiologisch ausgerichteten Arbeitstechniken benötigt.

Indikationen.

5 Überwachung einer Aspirintherapie, wenn wegen der Gefährdung des Patienten eine pharmakologische Aspirinresistenz ausgeschlossen werden soll 5 Überprüfung der Patientencompliance

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Methodisch eleganter und genauer sind jedoch elektronenmikroskopische Verfahren. Dazu werden DNA-Moleküle mit Deletionen und Wildtyp-DNA gemeinsam in einer Lösung durch Erhitzen oder durch Alkali denaturiert. Dann erlaubt man eine Renaturierung, so dass komplementäre DNA-Sequenzen zueinander finden. Bei der Renaturierung eines Wildtyp-DNAStrangs mit einem Strang der DNA von Deletionsmutanten bleiben DNA-Abschnitte auf der längeren Wildtyp-DNA ohne komplementäre Sequenzen. Diese Abschnitte erscheinen im Elektronenmikroskop als einzelsträngige Schleifen an einem Doppelstrang.

D

382

DELFIA

Literatur. Knippers R (1985) Molekulare Genetik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York

DELFIA 7 Time resolved fluorescence immunoassay

Delpech-Lichtblau-Index 7 IgM-Index; 7 IgG-Index; 7 IgA-Index

Funktion und Pathophysiologie. 7 APC. Oberflächenmarker: CD1a, CD1b, CD1c

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut Analytik. Durchflusszytometrie

Dengue-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Dengue virus

Delta-Bilirubin 7 Bilirubin, Delta-

Delta-Check W.-R. Külpmann

Synonym(e). Trendkontrolle Englischer Begriff. Δ-check Definition. Vergleich des aktuellen Messwertes mit Vorwerten des Patienten für die gleiche Messgröße. i Δ-Check ist eine Form der 7 Plausibilitätskontrolle. Man macht sich zunutze, dass Messgrößen innerhalb einer bestimmten Zeit in ihrem Wert maximal nur um einen bestimmten Betrag ansteigen oder abfallen können. Wird festgestellt, dass dieser Betrag überschritten ist, besteht der Verdacht auf eine fehlerhafte Messung oder eine Probenverwechslung. In den Stammdaten der Labor-EDV werden für jede Messgröße entsprechende Bereiche festgelegt. Zusätzlich lässt sich definieren, ab welcher Unter- bzw. Überschreitung der Bereiche dieser Messwert vor Ausgabe auf dem Befund in der medizinischen Freigabe zu prüfen ist.

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Beurteilung klinisch-chemischer Analysenergebnisse. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Deltavirus-RNA 7 Hepatitis-D-Virus-RNA

Denaturierung

Beschreibung des Erregers. Familie: Flaviviridae Gattung: Flavivirus Spezies: Dengue-Virus (Serotypen 1–4). Plusstrang-RNA-Genom, behüllt, 50 nm Durchmesser.

Erkrankungen. Dengue-Fieber (in 1 % der Fälle: hämorrhagisches Dengue-Fieber, Dengue-Schocksyndrom). Verbreitung: Weltweit in über 100 tropischen und subtropischen Ländern. Dengue-Fieber ist die häufigste vektorübertragene Virusinfektion des Menschen. Vektor: Stechmücken (Aedes aegypti und albopictus). Wirte: Primaten, Mensch (etwa 95 % der Infizierten sind Kinder). Übertragung auch transplazentar und durch Bluttransfusion oder Organtransplantation möglich. Klinik: Erstinfektionen verlaufen häufig asymptomatisch. Die Krankheit ist gekennzeichnet durch plötzlich auftretendes hohes Fieber und grippeähnliche Symptomatik, Muskel- und Gelenkschmerzen, Exantheme, Petechien, Splenomegalie, Bradykardie, Hypotension, Thrombozytopenie, Lymphozytopenie. Bei Kindern unter 15 Jahren und allgemein nach Zweitinfektion mit einem anderen Serotyp: Hämorrhagien und Schocksymptomatik, Letalität 6–30 %. Therapie und Prophylaxe: Nur symptomatische Behandlung; Impfstoff noch in Entwicklung. Schutz vor Mückenstichen, Bekämpfung der Vektoren. Analytik. Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert Laboratorien der Sicherheitsklasse 3. Direktnachweis: im Blut mittels RT-PCR, Antigen-Capture-ELISA (NS1-Protein) oder Virusanzucht in Zellkultur. Serologie: Spezifische Antikörper der Klassen IgG und IgM werden durch Hämagglutinationshemmtest, Neutralisationstest, indirekte Immunfluoreszenz und verschiedene Enzymimmuntests nachgewiesen. Aviditätstests ergänzen die Serologie bei unklaren Befunden.

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. denaturation Definition. Eine dramatische Veränderung der physiologischen Konformation einer Nukleinsäure (z. B. Aufspalten doppelsträngiger DNA in ihre Einzelstränge) oder eines Proteins durch Erwärmung oder chemische Behandlung (pH-Änderung, Zusatz von organischen Lösungsmitteln, Salzen, 7 Harnstoff, Guanidinhydrochlorid, Detergenzien). i Die Denaturierung eines Proteins führt gewöhnlich zum Verlust

der biologischen Funktion. Dabei kommt es zur Aufspaltung nichtkovalenter Bindungen zu einer partiellen Entknäuelung, die oft mit Unlöslichkeit verbunden ist. Disulfidbrücken werden nur in Gegenwart von Reduktionsmitteln gesprengt (reduktive Denaturierung). Die Denaturierung einer doppelsträngigen DNA bezeichnet das Aufspalten in ihre Einzelstränge. Sie kann durch Alkalibehandlung oder Hitze erfolgen.

Dendritische Zelle H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Langerhans-Zelle; plasmozytoide dendritische Zelle; DC; antigenpräsentierende Zelle

Englischer Begriff. dendritic cell; antigenpresenting cell (APC) Definition. Subpopulation antigenpräsentierender Zellen

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Blut oder Blutbestandteile (PCR). Die Proben sollten bei +4 °C transportiert und innerhalb von 6 h (PCR) und 24 h (Kultur, direkte Immunfluoreszenz) analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma sind für den Nachweis der Antikörper bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostischer Wert. Direktnachweis: Möglich während der ersten 2–7 Krankheitstage; Serotypisierung mittels RT-PCR. Serologie: Dengue-Virus-spezifisches IgM erscheint bereits am 2.–4. Krankheitstag. Es erreicht sein Maximum nach 2 Wochen und bleibt 2–3 Monate nachweisbar. Spezifisches IgG findet man bei einer Primärinfektion erst ab dem 9. Krankheitstag. Ein IgG-Nachweis zu Beginn der Erkrankung kann somit als Beweis für eine Reinfektion herangezogen werden. Bei einer Zweitinfektion mit einem heterologen Dengue-VirusSerotypen (1–4) kann der IgG-Titer bis zu 10-fach höher ausfallen als nach der Erstinfektion, während oftmals kein IgM nachweisbar ist. IgG-Antikörper bleiben als immunologisches Gedächtnis über Monate und Jahre erhalten. Niedrige Dengue-Virus-spezifische IgM-Titer können monatelang persistieren und eine aktive Dengue-Infektion vortäuschen. Dagegen kann ein mindestens 4-facher Anstieg des spezifischen IgG-Titers als eindeutiger Nachweis einer frischen Infektion gewertet werden. Für die Prognose hinsichtlich der Entwicklung eines hämorrhagischen Fiebers oder eines Schocksyndroms ist die Kon-

Deproteinierung

zentration der spezifischen Serum-Antikörper ausschlaggebend. Zu beachten sind Kreuzreaktionen, zum einen zwischen den vier Serotypen untereinander (die aber keinen gegenseitigen Immunschutz bewirken), zum anderen mit anderen Flavivirus-Antikörpern (FSME, Gelbfieber, West-Nil-Fieber, Japanische Enzephalitis etc.). Differenzialdiagnosen: Gelbfieber und andere Arbo-Virus-Infektionen, Typhus, Malaria, Masern, Röteln. Zum Screening von Bluttransfusionen auf virale RNA oder auf spezifische Antikörper können PCR-Tests oder serologische Methoden verwendet werden.

Literatur. Senanayake S (2006) Dengue fever and dengue haemorrhagic fever – a diagnostic challenge. Aust Fam Physician 35(8):609– 612 Halstead SB (2007) Dengue. Lancet 370(9599):1644–1652 Teo D, Ng LC, Lam S (2009) Is dengue a threat to the blood supply? Transfus Med 19(2):66–77

Densitogramm R. Westermeier

Synonym(e). Elektrophorese-Kurvendiagramm Englischer Begriff. densitogram Definition. Kurvendiagramm als Ergebnis der optischen Vermessung von Elektrophoresespuren in einem Agarose-, Polyacrylamidgel oder einer Celluloseacetatfolie (7 Abb. 1).

383

i Es gibt verschiedene Typen und Konstruktionen von Densitometern: 5 Densitometer für visuelle Färbungen: Zur verlässlichen Quantifizierung werden Gele und transparente Celluloseacetatfolien im Durchlichtverfahren gemessen, nicht im Reflektionsmodus. Es gibt Weißlicht- und Laserdensitometer. Entweder wird der Gel/ Folienträger an der Messeinheit vorbeibewegt oder die Messeinheit bewegt sich über dem Gel/Folienträger. Im Weißlichtscanner werden Amidoschwarz- und Coomassie-Färbungen vor allem mit Orangefilter, Ponceaurot-Färbungen mit Grünfiltern vermessen. Normalerweise werden in Laserscannern rote Helium-NeonLaser verwendet; sie sind daher nicht für Ponceaurot-Färbungen einsetzbar. Auflösung und Linearität der Messung hoher optischer Dichte sind normalerweise bei Laserdensitometern besser. Es gibt spezielle Densitometer, die für klinische Anwendungen wie Serumeiweißelektrophorese, Proteinurie-Elektrophorese, Isoenzymelektrophoresen optimiert und mit entsprechenden Auswerteprogrammen ausgestattet sind. 5 Fluoreszenz-Densitometer: Hier wird ein Fluoreszenzfarbstoff mit meist niedriger Wellenlänge angeregt und das entsprechende Emissionssignal gemessen. Es ist sehr wichtig, die richtigen Filter zu verwenden, damit Streulichtsignale ausgeschaltet werden. Die exaktesten Geräte bedienen sich der „konfokalen Optik“, bei welcher durch ein geeignetes Linsensystem die Streulichtsignale so abgelenkt werden, dass sie vom Lichtsignalempfänger nicht registriert werden. Letztere sind meist Glasfasern, welche die Lichtsignale zu Photomultiplier-Röhren überleiten.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim

Densitometrie R. Westermeier

Synonym(e). Scannen von Gelen Englischer Begriff. densitometry Definition. Optische Vermessung der Dichte von Elektrophoresebanden in einem Agarose-, Polyacrylamidgel oder einer Celluloseacetatfolie zur Erzielung qualitativer und quantitativer Kurvendiagramme.

Densitogramm. Abb. 1. Elektrophorese von LDH-Isoenzymen (LD1– LD5) aus Serum mit Densitogramm einer Trennspur. Von SEBIA, Issy-lesMoulineaux, Frankreich. i Mittels eines Densitogramms kann man qualitative bzw. semiquantitative Ergebnisse aus einer Elektrophorese erhalten. Vorausgesetzt die Färbung der Proteine ist richtig und mit geeigneten Methoden durchgeführt worden, sind die integrierten Peakflächen proportional zu den Mengen der einzelnen Proteinfraktionen. Die meisten Färbemethoden liefern in einem gewissen Konzentrationsbereich quantitative Ergebnisse. Die 7 Silberfärbung gehört nicht zu den quantitativ verlässlichen Färbemethoden.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. Wiley-VCH, Weinheim

i Zur Densitometrie werden die gefärbten Gele oder Celluloseacetatfolien auf die Glasträgerplatte des 7 Densitometers gelegt. Polyacrylamidgele werden im Allgemeinen im nassen Zustand densitometriert, Agarosegele und Celluloseacetatfolien in trockenem Zustand. Je nach Färbung wird ein entsprechender Filter gewählt, um den Kontrast zwischen Signal und Hintergrund zu optimieren. Die Messdaten werden dann mit geeigneten Computerprogrammen aufbereitet und ausgewertet. Es werden standardisierte Berichtsformen verwendet, um Ergebnisse gut miteinander vergleichen zu können.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim

Dependenz W.-R. Külpmann

Synonym(e). Abhängigkeit Englischer Begriff. addiction

Synonym(e). Scanner

Definition. Zustand, bei dem der plötzliche Entzug eines bislang regelmäßig zugeführten Stoffs psychische (und evtl. auch zusätzlich physische) Funktionsstörungen auslöst, die sich durch erneute Zufuhr desselben oder eines pharmakologisch verwandten Stoffs aufheben lassen. Beispiele: Kokain, Heroin.

Englischer Begriff. densitometer; scanner

Literatur. Wellhöner HH (1997) Pharmakologie und Toxikologie, 6.

Densitometer R. Westermeier

Definition. Gerät zur optischen Vermessung der Dichte von gefärbten oder fluoreszenz-markierten Elektrophoresebanden in einem Agarose-, Polyacrylamidgel oder einer Celluloseacetatfolie zur Erzielung qualitativer und quantitativer Kurvendiagramme.

Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Deproteinierung 7 Proteinfällung

D

384

De-Ritis-Quotient

De-Ritis-Quotient. Tab. 1. Klinische Bewertung < 0,7

~0,7

> 0,7

>> 0,7

5 Akute und persistierende Virushepatitis 5 Toxische Hepatitis 5 Infektiöse Mononukleose 5 Leichtere Fettleber 5 Frischer Verschlussikterus 5 Cholestatische Hepatosen

5 Cholestatische Form der Virushepatitis 5 Chronische Fettleberhepatitis 5 Chronisch-aktive Hepatitis 5 Reaktive Hepatitis 5 Älterer Verschlussikterus 5 Cholangitis

5 Nekrotisierende Form der Virushepatitis 5 Toxische Hepatitis 5 Chronisch-aktive Hepatitis 5 Zirrhosen 5 Stauungsleber 5 Akute Intoxikationen

5 5 5 5 5

De-Ritis-Quotient A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Aspartat-/Alaninaminotransaminase-Quotient; AST/

Dekompensierte Zirrhosen Primäres Leberkarzinom Metastasenleber Herzinfarkt Skelettmuskelerkrankungen

derivatisiert und anschließend gaschromatographisch (ggf. gefolgt von einer Detektion mit einem Massenspektrometer) quantifiziert.

Literatur. Schwetlick K (Hrsg) (2001) Organikum. Wiley-VCH, Weinheim

ALT-Quotient

Englischer Begriff. De Ritis ratio Definition. Enzymaktivitäts-Quotient der Aminotransaminasen 7 AST zu 7 ALT im Serum oder Plasma. i Wurde früher zur Differenzialdiagnostik akuter und chronischer

Lebererkrankungen herangezogen (AST:ALT). Bei geringfügigen hepatozellulären Schädigungen steigt die rein zytosolisch lokalisierte ALT-Aktivität im Serum im Allgemeinen stärker an als die AST-Aktivität. Ursachen hierfür sind die überwiegend mitochondriale Lokalisation der AST, die eine Freisetzung erst bei tiefgreifender Einzelzellnekrose erlaubt und die unterschiedliche metabolische Zonierung beider Aminotransaminasen mit bevorzugter Lokalisation der ALT im periportalen Bereich (Zone 1) und gleichmäßiger Verteilung der AST in den Zonen 1–3 (perizentrale Zone) des Leberazinus. Mit dem De-Ritis-Quotient können zwei Typen der hepatozellulären Schädigung unterschieden werden: 5 entzündlicher Typ mit AST/ALT-Quotienten < 1 (z. B. akute Virushepatitis) 5 nekrotischer Typ mit AST/ALT-Quotienten > 1 (z. B. alkoholtoxische Hepatitis).

Derived Fibrinogen 7 Faktor I (Fibrinogen)

D-Erythropentose 7 Ribose

D-Erythro-6-Trihydropropyl-Pterin 7 Neopterin

Desaminierung A. C. Sewell

Englischer Begriff. desamination Definition. Die chemische Abspaltung einer Aminogruppe als 7 Ammoniumion. Unterschieden werden: 5 oxidative, 5 hydrolytische 5 eliminierende Desaminierung

Für die weitergehende klinische Bewertung gelten die in 7 Tab. 1 angegebenen Grenzwerte. Der De-Ritis-Quotient ist heute nur noch selten in Gebrauch, da er u. a. stark beeinflusst wird von den unterschiedlichen 7 Enzymhalbwertszeiten der beiden Aminotransaminasen (ALT 47 h, AST 18 h) und von der unterschiedlichen Aktivierbarkeit von AST und ALT durch das bei den optimierten IFCCStandardmethoden der Aktivitätsbestimmung eingesetzte Koenzym Pyridoxalphosphat (7 Vitamin B6). Eine Überprüfung der angegeben Richtwerte mit der IFCC-Methode bei 37 °C steht noch aus.

i Die Desaminierung ist der erste Schritt im Abbau der Aminosäu-

Literatur. Schmidt E, Schmidt FW (1978) Normwerte und Befund-

Springer, Heidelberg pp 680–681

ren. Bei Säugetieren läuft dieser Prozess hauptsächlich in der Leber ab. Im ersten Schritt der dehydrierenden Desaminierung wird die Aminogruppe der Aminosäure Glutamat zur Iminogruppe oxidiert, wobei die Reduktionsäquivalente auf NAD+ oder NADP+ übertragen werden. Hierauf folgt die hydrolytische Abspaltung der Iminogruppe als Ammoniumion und die Bildung der α-Oxosäure. Das freigesetzte Ammoniak wird in der Leber zur 7 Harnstoffsynthese benötigt.

Literatur. Nelson D, Cox M (2001) Lehninger Biochemie. 3. Aufl.

muster bei Lebererkrankungen. Therapiewoche 28:1788–1799

Des-γ-Carboxyprothrombin Derivatisierung T. Arndt

S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). DCP; PIVKA II

Englischer Begriff. derivatization

Englischer Begriff. Des-γ-carboxyprothrombin

Definition. Bezeichnet die Umsetzung einer chemischen Verbindung

Definition. Des-γ-Carboxyprothrombin ist ein abnormales Pro-

mit einem Reaktionspartner zu einem Reaktionsprodukt (Derivat), in dem die Grundstruktur der Ausgangsverbindung weitestgehend erhalten bleibt, die physikochemischen Eigenschaften jedoch den speziellen Anfordernissen angepasst werden. i Eine wichtige klinisch-chemische Anwendung ist die Derivatisierung von Medikamenten und Drogen, die sich der Analyse mittels Gaschromatographie entziehen, weil sie nur schwer oder nicht zerstörungsfrei in die Gasphase überführt werden können. Solche Substanzen werden durch Umsetzung mit geeigneten Reagenzien zu zerstörungsfrei und leicht verdampfbaren Verbindungen (z. B. Ester, Silane)

thrombin, welches ins Blut sezerniert wird bei inhibierter VitaminK-abhängiger Carboxylase der Leber – aufgrund eines Fehlens von Vitamin K oder der Anwesenheit eines Vitamin-K-Antagonisten.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. DCP findet sich in mäßig erhöhten Konzentrationen im Serum von Personen mit akuter Hepatitis, Leberzirrhose und metastasiertem hepatozellulären Karzinom.

Funktion und Pathophysiologie. Die klinische Bedeutung der DCPBestimmung liegt im Therapiemonitoring und der Rezidiverkennung des hepatozellulären Karzinoms.

11-Desoxykortikosteron

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Körper-

flüssigkeiten

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Radioimmunoassay (RIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA). Referenzbereich — Erwachsene. < 0,1 AU/L (methodenabhängig) Indikation. Differenzialdiagnose, Therapiekontrolle, Nachsorge und

Prognose des hepatozellulären Karzinoms (mit 7 AFP).

Interpretation. Die meisten DCP-Assays sind für die Anwendung im Serum ausgetestet. Darüber hinaus kann DCP auch in anderen Körperflüssigkeiten bestimmt werden. DCP ist weder streng tumor- noch organspezifisch. Es wird in mittleren bis hohen Wertlagen jedoch vornehmlich beim hepatozellulären Karzinom ins Serum freigesetzt. Erhöhte Werte wurden darüber hinaus auch bei Personen mit benignen Lebererkrankungen, insbesondere mit akuter Hepatitis und Leberzirrhose gefunden. Neuere Studien berichten jedoch über eine vielversprechende Sensitivität und Spezifität von DCP für die Abgrenzung des HCC von der Zirrhose, wobei teilweise eine additive diagnostische Sensitivität in der Kombination mit AFP gefunden wurde. Außerdem wurde mehrfach die prognostische Relevanz von DCP beim HCC beschrieben. Ob sich der Marker in der Routine neben AFP als Marker der Wahl durchsetzt bleibt abzuwarten. Wenn DCP eingesetzt wird, empfiehlt sich im Moment sowohl in der Differenzialdiagnose wie auch zur Therapiekontrolle und Nachsorge des hepatozellulären Karzinoms die kombinierte Bestimmung mit AFP. Diagnostische Wertigkeit. Hepatozelluläres Karzinom: Differenzialdiagnose, Therapiekontrolle, Nachsorge und Prognose (mit AFP). Literatur. Sturgeon CM, Duffy MJ, Hofmann BR, et al. (2010) National Academy of Clinical Biochemistry Laboratory Medicine Practice Guidelines for use of tumor markers in liver, bladder, cervical, and gastric cancers. Clin Chem 56: e1–48.

Desferal-Test 7 Deferoxamin-Test

Desferrioxamin 7 Deferoxamin

385

an der Längsseite der Aktinfilamenten und ist an der Zellmembran befestigt.

Molmasse. 54 kDa Indikation. Histopathologische Diagnose von Sarkomen. Interpretation. Desmin kann neben Vimentin, Zytokeratinen und Laminen als immunhistologischer Marker für die Charakterisierung von verschiedenen malignen Tumoren, insbesondere von Sarkomen, eingesetzt werden. Die Bestimmung von Desmin im Serum oder Plasma wird zur Tumordiagnostik nicht durchgeführt. Literatur. Fallert-Müller A (2000) Lexikon der Biochemie. SpektrumVerlag, Heidelberg Lamerz R, Dati F, Feller AC et al (1998) Tumordiagnostik: Tumormarker bei malignen Erkrankungen. Behringwerke AG, Marburg

Desmoglein-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Desmosomen

Desmosin 7 Elastin

Desoxycholsäure 7 Gallensäuren

2-Desoxy-D-Erythropentose 7 Deoxyribose

2-Desoxy-D-Ribose 7 Deoxyribose

11-Desoxy-17-Hydroxykortikosteron 7 11-Desoxykortisol

11-Desoxykortikosteron W. Hubl

Synonym(e). Reichstein Q; Kortexon; DOC; Kendall’s deoxy com-

Desferrioxamin-Test 7 Deferoxamin-Test

Designerdrogen 7 Clubdrogen

Desipramin 7 Antidepressiva, trizyklische

pound B

Englischer Begriff. deoxycorticosterone Definition. 11-Desoxykortikosteron gehört zu den Nebennierenrindenhormonen mit vorwiegend mineralokortikoider Wirkung. Struktur. 4-Pregnen-21-ol-3,20-dion, C₂₁H₃₀O₃ Molmasse. 330,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Biosynthese von 11-Desoxykortikosteron (7 Abb. 1):

Deskriptive Statistik 7 Statistik, deskriptive

Desmin

Cholesterin CYP11A1 (P450SCC) Pregnenolon

S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. Desmin

3β-HSD

Definition. Desmin ist ein Filamentprotein, welches in Muskelzellen Bestandteil des Zytoskeletts ist. Struktur. Desmin ist ein Vimentin-ähnliches Faserprotein und gehört wie die Keratinfilamente, Neurofilamente und Lamine zur Gruppe der intermediären Filamente. Sie sind seilartige, widerstandsfähige Faserproteine mit einem Durchmesser von 8–10 nm. Desmin liegt

Progesteron CYP21A (P450C21) 11-Desoxykortikosteron 11-Desoxykortikosteron. Abb. 1. Bildung von DOC aus Cholesterin

D

386

11-Desoxykortisol

Die Biosynthse des 11-Desoxykortikosterons erfolgt mit folgenden hochspezifischen Enzymen: 5 CYP11A1, P450SCC (SCC: side chain cleavage): Cholesterin-Seitenketten-abspaltendes Enzym 5 CYP21A, P450C21: C21-Hydroxylase 5 3β-HSD: 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase 11-Desoxykortikosteron wird im Blut an Transkortin (Kortisolbindendes Globulin, CBG) und Albumin gebunden. Die Inaktivierung des 11-Desoxykortikosterons erfolgt in der Leber mit einer Reduktion des A-Ringes und einer Konjugation mit Glukuronsäure in Position 3. Die gebildeten wasserlöslichen Produkte werden über die Niere ausgeschieden.

Halbwertszeit. 60 min Funktion und Pathophysiologie. 11-Desoxykortikosteron besitzt eine vorwiegend mineralokortikoide Wirkung. Beim Defekt des Aldosteronsynthetase-Gens CYP11B2 mit einer pathologischen Fusion mit dem 11β-Hydroxylase-Gen CYP11B1 ist die Umwandlung des 11-Desoxykortikosterons zum Aldosteron blockiert. Es kommt zum Stau des 11-Desoxykortikosterons, der bei diesen Patienten eine Hypokaliämie und eine Hypertonie hervorruft. Mit Glukokortikoidgaben lässt sich diese gesteigerte 11-Desoxykortikosteron-Sekretion über den negativen Rückkopplungsmechanismus (ACTH-Suppression) hemmen und damit die Hypertonie erfolgreich behandeln („Glukokortikoid-supprimierbarer Hyperaldosteronismus“). Ein anderer Enzymdefekt in der Nebennierenrinde führt zur gleichen Symptomatik eines Mineralokortikoid-Überschusses mit Hypokaliämie und Hypertonie: Es handelt sich um den CYP11B1(11βHydroxylase)-Defekt, der bei ca. 3–5 % der Patienten mit adrenogenitalem Syndrom auftritt und die Umwandlung des 11-Desoxykortikosterons in Kortikosteron und Aldosteron blockiert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Serum, Plasma Probenstabilität. 7 Tab. 1 11-Desoxykortikosteron. Tab. 1. 11-Desoxykortikosteron im Urin (°C)

Haltbarkeit

20–25

24 h

4

2 Tage

Präanalytik. 24 h Urinsammlung auf Borsäure (1 g/100 mL) Analytik. 7 Radioimmunoassay mit 7 Extraktion und 7 Chroma-

Interpretation. Erhöhte DOC-Werte bei:

5 21-Hydroxylase- und 17-Hydroxylase-Defekte der Nebennierenrinde beim adrenogenitalen Syndrom 5 Mineralokortikoidexzess-Syndrom bei arterieller Hypertonie 5 Cushing-Syndrom, Nebennierenrindenkarzinom

Diagnostische Wertigkeit. Die 11-Desoxykortikosteronbestimmung dient im Rahmen der hochspezialiserten Diagnostik zum Nachweis eines Mineralokortikoid-Überschusses außerhalb des AldosteronSystems und zur Diagnose des 11β-Hydroxylase-Defekts beim adrenogenitalen Syndrom. Literatur. Ghulam A, Vantyghem MC, Wemeau JL et al (2003) Adrenal Mineralocorticoids Pathway and its Clinical Applications. Clin Chim Acta 330:99–110 Connell JM, Fraser R, Davies E (2001) Disorders of Mineralocorticoid Synthesis. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 15:43–60

11-Desoxykortisol W. Hubl

Synonym(e). Reichstein’s Substanz S; Substanz S; 17-α-Hydroxykortexone; Kortexolone; 17,21-Dihydroxyprogesteron; 11-Desoxy17-Hydroxykortikosteron Englischer Begriff. 11-deoxycortisol Definition. 11-Desoxykortisol wird in der Nebennierenrinde produziert und ist der unmittelbare Vorläufer der Synthese des Kortisols. Struktur. 4-Pregnene-17α,21-diol-3,20-dion, C₂₁H₃₀O₄ Molmasse. 346,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 11-Desoxykortisol wird in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde aus dem Cholesterin gebildet. Hierbei sind verschiedene spezifische Enzyme beteiligt: das CYPA1 (Cholesterin-Seitenketten-abspaltende Enzym P450SCC) führt zum Pregnenolon, die CYP17 (C-17-Hydroxylase P450C17α) bildet das 17α-Hydroxypregnenolon, die 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase 3β-HSD bildet das 17α-Hydroxyprogesteron, mit Hilfe der CYP21A2 (C-21-Hydroxylase P450C21) wird das 11-Desoxykortisol gebildet. Im Blut ist 11-Desoxykortisol an Transkortin (Kortisol-bindendes Globulin, CBG) und an Albumin gebunden. In der Leber erfolgt die enzymatische Reduktion am A-Ring sowie an der Ketogruppe zum Tetrahydro-11-Desoxykortisol, das zum wasserlöslichen Glukuronid oder Sulfat verestert und somit im Urin ausgeschieden wird. Halbwertszeit. 45–60 min Funktion und Pathophysiologie. 11-Desoxykortisol wird mit Hilfe

tographie (HPLC)

Konventionelle Einheit. μg/L Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μg/L × 3,026 = nmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 2

der CYP11B1 (11β-Hydroxylase) in das Endprodukt der Nebennierenrindenhormon-Biosynthese Kortisol umgewandelt. Bei einem Defekt dieses Enzyms kommt es zum Stau des 11-Desoxykortisols, während andererseits die Kortisolsynthese blockiert ist. Der Ausfall der lebensnotwendigen Kortisolproduktion führt zum Krankheitsbild des adrenogenitalen Syndroms.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. 7 Tab. 1

11-Desoxykortikosteron. Tab. 2. Medium

Referenzbereich (nmol/L)

Urin

0,33–1,32

Plasma

0,013–0,299

11-Desoxykortisol. Tab. 1.

Indikation.

5 Nachweis eines Mineralokortikoidexzess-Syndroms 5 adrenogenitales Syndrom mit CYP11B1(11β-Hydroxylase)- oder CYP17(17-Hydroxylase)-Defekt 5 Ausschluss eines Hyperaldosteronismus 5 Aldosteronsynthetase(CYP11B2)-Defekt

11-Desoxykortisol (°C)

Haltbarkeit

20–25

24 h

4

2 Tage

–20

> 12 Monate

Analytik. 7 Radioimmunoassay

Desoxypyridinolin

Konventionelle Einheit. μg/L Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μg/L × 2,886 = nmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 0–30 nmol/L Referenzbereich — Kinder. 0–30 nmol/L Indikation. Adrenogenitales Syndrom mit CYP45011B1 (11β-Hydroxylase)-Mangel Interpretation. 7 Tab. 2 11-Desoxykortisol. Tab. 2. Diagnose 11-Desoxykortisol ↑ Kortisol ↓

adrenogenitales Syndrom

Diagnostische Wertigkeit. Die 11-Desoxykortisolbestimmung besitzt im Rahmen der Diagnose eines Adrenogenitalen Syndroms mit CYP11B1 (11β-Hydroxylase)-Mangel eine hohe Relevanz.

Literatur. Fernandes VT, Ribeiro-Neto LM, Lima SB, Vieira JG, Verreschi IT, Kater CE (2003) Reversed-phase high-performance liquid chromatography separation of adrenal steroids prior to radioimmunoassay: application in congenital adrenal hyperplasia. J Chromatogr Sci 41:251–254 Hill M, Lapcik O, Hampl R, Starka L, Putz Z (1995) Radioimmunoassay of three deoxycorticoids in human plasma following HPLC separation. Steroids 60:615–620

Desoxypyridinolin H.-D. Haubeck

Synonym(e). DPD; PYD; Pyridinolin-(Crosslinks) Englischer Begriff. deoxypyridinoline; DPD; PYD Definition. Pyridinolin (PYD) und Desoxypyridinolin (DPD) entstehen als Quervernetzungen („Crosslinks“) während der Bildung der Kollagenfibrillen und sind für deren Stabilität verantwortlich (7 Abb. 1).

387

Allysin-Aldol, und in der Folge mit weiteren reaktiven Aldehyden benachbarter Kollagenmoleküle zu den Crosslinks Desoxypyridinolin (DPD, Lysylpyridinolin) und Pyridinolin (PYD, Hydroxylysylpyridinolin) kondensieren. Hierbei reagieren zwei Lysin bzw. HydroxylysinReste in den Telopeptiden jeweils mit einem Rest im tripelhelikalen Bereich (Aminosäuren 87 oder 930). Dadurch werden die einzelnen tripelhelikalen Tropokollagenmoleküle in einer versetzten Anordung zu größeren supramolekularen Strukturen, den Kollagenfibrillen, zusammengefügt und durch die Quervernetzung stabilisiert. Während Pyridinolin in Knochen, Knorpel, Sehnen, und weiteren Geweben vorkommt, ist das Vorkommen von Desoxypyridinolin auf Knochen und Dentin beschränkt. Beim Abbau der Kollagene im Knochen durch Kathepsin K und/oder verschiedene Matrix-Metalloproteasen entstehen überwiegend Desoxypyridinolin und Pyridinolin enthaltende Peptide (s. aminoterminale und carboxyterminale Telopeptide von Typ-I-Kollagen) und z. T. freies DPD bzw. PYD. Das Verhältnis der freien DPD und PYD zu den Peptid-gebundenen Formen beträgt ca. 40:60. Das molare Verhältnis von DPD und PYD entspricht im Urin im Wesentlichen dem im Knochen. Dies spricht dafür, dass DPD und PYD hauptsächlich dem Knochen entstammen. Nach der Degradation des Kollagens werden DPD und PYD ins Blut freigesetzt und in den Urin ausgeschieden. Sie werden nicht wiederverwendet oder in der Leber metabolisiert.

Halbwertszeit. Die Halbwertszeit der Pyridinium-Crosslinks DPD und PYD beträgt bei 37 °C ca. 6 h. Bei Raumtemperatur und niedrigeren Temperaturen erfolgt keine nennenswerte Degradation. Funktion und Pathophysiologie. Die Funktion der Pyridinolin- und Desoxypyridinolin-Crosslinks besteht in der Stabilisierung der fibrillären Kollagene, insbesondere von Kollagen Typ I. Dementsprechend kommt es bei Patienten mit einem Defekt der Lysylhydroxylase und einer Beeinträchtigung der Bildung der Crosslinks (Ehlers-DanlosSyndrom Typ VI) u. a. zu einer extrem dehnbaren Haut, überstreckbaren Gelenken, einer schweren Kyphoskoliose und Fragilität der Arterien. Im Rahmen des physiologischen Knochenumbaus aber auch beim verstärkten Knochenabbau bei verschiedenen Knochenerkrankungen wird Kollagen Typ I degradiert. Die entstehenden Fragmente lassen sich dementsprechend als Marker der Knochenresorption verwenden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin (24-h-Sammelurin, erster oder zweiter Morgenurin), für Serum liegen z.Zt. nur begrenzte Erfahrungen vor.

Probenstabilität. DPD und PYD sind sehr empfindlich gegen UVLicht, wobei die freien Crosslinks empfindlicher sind als die Peptidgebundenen Formen, Tageslicht und Laborlicht haben einen geringen Einfluss. DPD und PYD können mehrfach eingefroren und aufgetaut werden.

Desoxypyridinolin. Abb. 1. Hydroxypyridium-(Pyridinolin-)Querbrücke aus zwei Hydroxylysinresten und einem Lysinrest im Kollagen.

Molmasse. PYD 429,2 g, DPD 413,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Quervernetzung der Kollagene erfolgt durch das Kupfer-abhängige Enzym Lysyloxidase (LOX). Hierbei wird zunächst die ε-Aminogruppe der Lysin-Seitenkette oxidativ deaminiert. Die entstehende reaktive Aldehydgruppe (Allysin) kann spontan mit einer weiteren Aldehydgruppe zu einem

Präanalytik. Es besteht, wie bei den anderen Abbauprodukten des Kollagen Typ I (amino- und carboxyterminale Telopeptide, NTX und CTX) ein circadianer Rhythmus der Urinausscheidung von DPD und PYD mit maximalen Werten zwischen 5 und 8 Uhr und minimalen Werten (ca. 20–30 % niedriger) zwischen 16 und 20 Uhr. Für den Einsatz von DPD und PYD in der Verlaufskontrolle muss die intraindividuelle Variabilität von bis zu 30 % berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist die physische Aktivität von erheblichem Einfluss, insbesondere Immobilisierung führt schon am 2. Tag zu einem deutlichen Anstieg der DPD bzw. PYD-Ausscheidung. Während der Einfluss von Kollagen aus der Nahrung gering ist, spielen vor allem Alter, Geschlecht und Hormonstatus eine große Rolle. Hierbei müssen vor allem die Altersabschnitte in Bezug zur Menopause (prä-, peri- und früh bzw. spät postmenopausal) berücksichtigt werden, aber auch eine Schwangerschaft führt zu einem starken Anstieg der DPD-PYDAusscheidung. Analytik. Die Messung von Pyridinolin und Desoxypyridinolin kann über die spezifische Eigenfluoreszenz mittels HPLC oder durch verschiedene Immunoassays erfolgen.

Internationale Einheit. nmol/L bzw. nmol/mmol Kreatinin

D

388

Desoxyribonukleinsäure

Referenzbereich — Erwachsene. Die Referenzbereiche sind material- (Spontan- bzw. 24-h-Sammelurin) und methodenabhängig. Referenzbereich — Kinder. Die Referenzbereiche sind material(Spontan- bzw. 24-h-Sammelurin) und methodenabhängig.

Indikation. Metabolische Knochenerkrankungen wie postmenopausale Osteoporose, Hyperparathyreoidismus, Hyperthyreose, M. Paget und Tumoren mit Knochenbeteiligung, Verlaufskontrolle einer Therapie mit Biphosphonaten etc.

derung der Sequenzabfolge (7 Mutation) kann zu einem Aminosäureaustausch führen. Die Hauptmenge der DNA ist in eukaryontischen Zellen im Zellkern enthalten, bei Bakterien befindet sie sich nicht in einer separaten Zellorganelle und besteht meist aus einem einzelnen, ringförmig geschlossenen Molekül. Einzelsträngige DNA kann als Erbinformation bei einzelnen Viren oder 7 Bakteriophagen auftreten. Synthetische DNA wird in vielen molekularbiologischen Verfahrenstechniken eingesetzt. So werden z. B. einzelsträngige DNA-Stücke als 7 Primer beim 7 Sequenzieren eingesetzt, kurze doppelsträngige DNA-Abfolgen werden als 7 Linker beim 7 Klonen verwendet.

Interpretation. Die Bewertung der Ergebnisse muss nicht nur die analytische Ungenauigkeit der verwendeten Methode, die mäßige Korrelation der verschiedenen Methoden, die erheblichen Unterschiede der Messergebnisse verschiedener Labors (auch bei gleicher Methode), sondern vor allem die zahlreichen präanalytischen Einflussfaktoren (s. oben) berücksichtigen. Trotz dieser Einschränkungen lässt sich eine Verlaufs- bzw. Therapiekontrolle bei verschiedenen Knochenerkrankungen (z. B. Hyperparathyreoidismus, renale Osteodystrophie, Osteoporose und Osteomalazie) über DPD bzw. PYD durchführen.

Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnose der Osteoporose erfolgt über die Messung der Knochendichte. Die Densitometrie ist allerdings relativ unempfindlich, d. h. nur größere Veränderungen der Knochendichte sind nachweisbar. Neben der analytischen Ungenauigkeit besteht darüber hinaus auch eine erhebliche Variabilität der Knochendichte an verschiedenen Lokalisationen. Für die Verlaufskontrolle und Therapiekontrolle, insbesondere für die Beurteilung der Geschwindigkeit der Knochenresorption, sind daher biochemische Parameter der Knochenresorption wie DPD und PYD besser geeignet. DPD und PYD sind als Marker der Knochenresorption der früher häufig verwendeten Messung der Hydroxyprolin-Ausscheidung überlegen (Knochenspezifität, Nahrungsabhängigkeit etc.). Die in der Zwischenzeit etablierten neuen Parameter der Knochenresorption wie amino- und carboxyterminale Kollagen-Typ-I-Telopeptide (NTx, CTx, CrossLaps), die z. T. auch im Serum gemessen werden können, bilden eine mindestens gleichwertige Alternative zu DPD bzw. PYD.

Literatur. Rosano TG, Peaston RT, Bone HG et al (1998) Urinary free deoxypyridinoline by chemiluminescence immunoassay: analytical and clinical evaluation. Clin Chem 44:2126–2132 Vesper HW, Demers LM, Eastell R et al (2002) Assessment and recommendations on factors contributing to preanalytical variability of urinary pyridinoline and deoxypyridinoline. Clin Chem 48:220–235

Desoxyribonukleinsäure R. Weiskirchen

Synonym(e). DNS; DNA Englischer Begriff. deoxyribonucleic acid Definition. Hochmolekulares fadenförmiges Polynukleotid, das als Träger der Erbinformation dient. i DNA wurde erstmalig im Jahr 1869 durch Friedrich Miescher

entdeckt. Die Struktur der DNA wurde im Jahr 1953 von J.D. Watson (7 Watson, J.D.) und F.H.C. Crick (7 Crick, F.H.C.) entschlüsselt, die für ihre Arbeiten 1962 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurden. Nach deren Modell („Watson-Crick-Modell“) ist die DNA aus zwei gegenläufigen DNA-Einzelsträngen aufgebaut, die zu einem Doppelstrang verdreht und über Wasserstoffbrücken zwischen den komplementären Basen Adenin und Thymin sowie Zytosin und Guanin verbunden sind. Folglich enthält eine doppelsträngige DNA gleich viel Guanin wie Zytosin und ebenso viel Adenin wie Thymin. Als Träger der genetischen Information ist sie zur Selbstreplikation geeignet und dient als Template für die zelluläre RNA-Synthese. Bei der Proteinbiosynthese wird der codierende Bereich in 7 mRNA-Moleküle (7 Transkription) umgeschrieben, die dann an den 7 Ribosomen in eine Polypeptidkette übersetzt wird (7 Translation). Die Reihenfolge der Basen bzw. die Abfolge der Basentripletts (7 Codon) bestimmt die Reihenfolge der Aminosäuren in den Proteinen, da jedes Basentriplett für eine der 20 proteinogenen Aminosäuren codiert. Eine Verän-

Desoxyribose R. Weiskirchen

Synonym(e). 2-Desoxy-D-Ribose; Thyminose; 2-Desoxy-D-Erythropentose

Englischer Begriff. deoxyribose; 2-deoxy-D-ribose Definition. Farbloser, kristalliner Zucker, der in Wasser gut löslich ist. Tritt als Zuckerkomponente in den 7 Nukleosiden und 7 Nukleotiden der DNA auf.

i Summenformel C₅H₁₀O₄, Molmasse 134,13 g. Als typischer Des-

oxyzucker ist die 2-Deoxyribose um eine Hydroxygruppe ärmer als der entsprechende voll hydroxylierte Zucker, die D-7 Ribose.

Detektion T. Arndt

Englischer Begriff. detection Definition. Bezeichnet die Erkennung des Vorhandenseins eines Phänomens ohne notwendigerweise den Wert einer zugeordneten Größe zu liefern. i Gewöhnlich ist ein Detektor mit einer Registriereinheit (Schreiber, Computer) verbunden, um die Detektoranzeige aufzuzeichnen. In Abhängigkeit von der Analysenmethode registriert man Detektorsignale zu diskreten Zeitpunkten oder verwendet eine kontinuierliche Aufzeichnung der Detektorsignale. Die Rohdaten einer Detektion liefern einen Ausdruck eines Zahlenwerts, eines Spektrums oder eines Chromatogramms, die in einem Zusammenhang mit dem zeitlich punktuell oder kontinuierlich auftretenden Veränderungen der Probe im Detektor stehen. Diese werden anschließend mit geeigneten mathematischen Verfahren in ein qualitatives oder quantitatives Analysenergebnis transformiert.

Detektor T. Arndt

Englischer Begriff. detector Definition. Gerät oder Stoff, die das Vorhandensein eines Phänomens anzeigen, ohne notwendigerweise den Wert einer zugeordneten Größe zu liefern (DIN). i Der Detektor hat die Aufgabe, das Ergebnis einer Analyse in eine registrierbare Form umzuwandeln. Aufgrund des großen Spektrums an analytischen Fragestellungen wurde eine breite Palette an Detektoren entwickelt. Dabei können verschiedene Aspekte zu ihrer Systematisierung herangezogen werden. Man unterscheidet zwischen differenziellen und integralen Detektoren. Der zumeist eingesetzte differentiell arbeitende Detektor registriert jede Veränderung der Zusammensetzung der im Detektor vorliegenden Probe. Man unterscheidet konzentrationsempfindliche Detektoren, deren Signal der Konzentration des Analyten in der Probe proportional ist und massenstromempfindliche Detektoren, deren Signal der Stoffmenge, die pro Zeiteinheit im Detektor vorliegt, proportional ist. Im klinisch-chemischen Labor kommen gewöhnlich konzentrationsempfindliche Detektoren zum Einsatz.

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V.

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Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH U. Zimmermann

Synonym(e). DAkkS Englischer Begriff. German Accreditation Body i Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) ist die na-

Detektor. Abb. 1. Gegenüberstellung von elektronischem und/oder optischem Rauschen, Kurzzeitschwankungen und Drift eines Detektors (nach Unger 1989)

Detektoren werden aufgrund ihrer Selektivität oder Spezifität sowie durch das zugrundeliegende physikalische und/oder chemische Prinzip unterschieden. So können z. B. auf optischen Prinzipien basierende Detektoren (Oberbegriffe Photometer und Spektrometer) von elektrochemischen Detektoren abgegrenzt werden. Die wichtigsten Kenngrößen eines Detektors sind: Rauschen, Drift (7 Abb. 1), Empfindlichkeit, linearer Bereich, Selektivität, Stabilität und Praktikabilität. Für das klinisch-chemische Labor wichtige Detektortypen sind Brechungsindex-Detektor, Chemilumineszenz-Detektor, Counter zur Radioaktivitätsmessung, Elektrochemische Detektoren, Flammenionisations-Detektor, Fluoreszenz-Detektor, Leitfähigkeits-Detektor, Lumineszenz-Detektor, massenspektrometrischer Detektor (Massenspektrometer), UV- und UV/VIS-Detektor (Sonderform Photodioden-Array-Detektor).

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 – Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

tionale Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland. Sie entstand auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 und des Akkreditierungsstellengesetzes (AkkStelleG) und nahm am 1.Januar 2010 ihre Arbeit auf. Um ihre hoheitlichen Akkreditierungsaufgaben ausfüllen zu können, wurde die DAkkS vom Bund beliehen. Als beliehene Stelle untersteht die DAkkS der Aufsicht des Bundes und ist nicht gewinnorientiert ausgerichtet. Gesellschafter der GmbH sind zu gleichen Teilen die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesländer und die durch den Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) vertretene Wirtschaft. Als unabhängige Stelle begutachtet, bestätigt und überwacht die DAkkS in allen Bereichen der Wirtschaft die Fachkompetenz insbesondere von Laboratorien, Zertifizierungs- und Inspektionsstellen. Zu diesen Laboratorien gehören auch medizinische Laboratorien, die auf Grundlage der Norm DIN EN ISO 15189 akkreditiert werden. Im Bereich der Akkreditierung von medizinischen Laboratorien ist die DAkkS die führende Akkreditierungsstelle in Europa. Sie ist Mitglied der internationalen Akkreditierungsorganisationen European co-operation for Accreditation (EA), International Accreditation Forum (IAF) und International Laboratory Accreditation Cooperation (ILAC) und Unterzeichnerin der multilateralen Abkommen dieser Organisationen. Dadurch werden Akkreditierungen der DAkkS weltweit anerkannt.

Literatur. www.dakks.de

Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V. A.M. Gressner

Synonym(e). DGHM

Detektor, differenzieller und integraler 7 Detektor

Detektor, konzentrations- und massenstromempfindlicher 7 Detektor

Deuteriumlampe T. Arndt

Englischer Begriff. deuterium lamp Definition. Bogenentladungslampen, die mit Deuterium unter niedrigem Druck gefüllt sind. i Deuteriumlampen emittieren ein sehr stabiles und intensives UV-

Kontinuum von 180–370 nm. Die Emission im sichtbaren Wellenlängenbereich ist relativ gering. Im Vergleich zur 7 Wasserstofflampe hat die Deuteriumlampe eine etwa 3-fach größere Lichtintensität bei sonst vergleichbaren Eigenschaften. Deuteriumlampen sind deshalb die bevorzugten Strahlungsquellen für die UV-Spektrometrie. Sie werden u. a. in 7 Photodioden-Array-Detektoren für die 7 HochleistungsFlüssigkeitschromatographie und zur Untergrundkompensation bei der 7 Atomabsorptionsspektrometrie eingesetzt.

Deuteriumlampen-Untergrundkompensation 7 Untergrundkompensation

Englischer Begriff. German Society of Hygiene and Microbiology Definition. Die DGHM ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die den Zusammenschluss aller in der Mikrobiologie und Hygiene tätigen Wissenschaftler in Deutschland anstrebt und das Fach auf den verschiedenen Teilgebieten in Forschung, Lehre und Krankenversorgung vertritt. i Die DGHM wurde im Jahr 1906 als „Freie Vereinigung für Mikrobiologie“ u.a. von P. Ehrlich (7 Ehrlich, Paul), G. Gaffky, A.P. von Wassermann und R. Koch (7 Koch, Robert) gegründet. Nach einer Umbenennung 1922 erhielt sie im Jahr 1949 ihre endgültige Bezeichnung Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V. Sie vertritt die Teilgebiete Mikrobiologie, Infektionsimmunologie, Hygiene und Gesundheitswesen in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Hierzu sind ständige Arbeitsgemeinschaften, Kommissionen und Fachgruppen eingerichtet. Die Förderung des wissenschaftlichen Austauschs auf Kongressen und sonstigen Tagungen stellt eine satzungsgemäße Aufgabe der DGHM dar.

Adresse: Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V. c/o Medizinische Hochschule Hannover Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene Carl-Neuberg-Str. 1 D-30625 Hannover Tel.: 0511/5324655 Fax: 0511/5324355 E-Mail: [email protected] www.dghm.org

D

390

Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. (DGKC)

Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. (DGKC) A.M. Gressner

Synonym(e). DGKC Englischer Begriff. German society of clinical chemistry Definition. Wissenschaftliche Fachgesellschaft für Klinische Chemie von 1964–2003. i Gegründet am 22. April 1964 in Mosbach (Baden) als wissen-

schaftliche Fachgesellschaft. Hervorgegangen aus der Sektion Klinische Chemie (gegründet am 16. November 1955 von Karl Hinsberg) der Deutschen Gesellschaft für Physiologische Chemie (damaliger Vorsitzender Ernst Schütte). Rasch wachsende Zahl persönlicher Mitglieder, die zum Teil die Anerkennung als Klinischer Chemiker durch die DGKC besitzen. Die Gesellschaft war eine medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgte. Ihre Aufgaben betrafen die Förderung der Entwicklung der Klinischen Chemie und Pathobiochemie an den deutschen Hochschulen und an den Krankenanstalten in Forschung, Lehre und praktischer Anwendung (§2 der Satzung). Dazu gehörten insbesondere die Forschung, die Aus-, Weiter- und Fortbildung des Nachwuchses, die Weiterbildung zum(r) Klinischen Chemiker(in) sowie als Teil planmäßiger Wohlfahrtspflege für die Allgemeinheit die Durchführung von Maßnahmen, welche der Verbesserung, insbesondere der Zuverlässigkeit klinisch-chemischer Untersuchungen, dienten. Dazu hat die Gesellschaft das Referenzinstitut für Bioanalytik im Sinne der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung im medizinischen Laboratorium vom 17. März 1988 gegründet und unterhalten. Die Gesellschaft veranstaltete Tagungen und führte geeignete Gemeinschaftsversuche durch. Satzung, Aufgaben und eine kurze Chronologie der geschichtlichen Entwicklung sind im Mitgliederverzeichnis 2000 der DGKC niedergelegt. Im Jahre 2003 erfolgte die Vereinigung der DGKC mit der 7 Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e.V. zu der neuen Gesellschaft mit dem Namen 7 Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.

Literatur. Klinische Chemie Mitgliederverzeichnis 2000. Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. (Hrsg) Stamm D (1991) Twenty-five years of clinical chemistry 1964–1989. Eur J Clin Chem Clin Biochem 29:461–470 Stamm D (1978) Die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie. J Clin Chem Clin Biochem 16:484–489

Deutsche Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e.V. (DGLM) A.M. Gressner

Synonym(e). DGLM Englischer Begriff. German society of laboratory medicine Definition. Wissenschaftliche Fachgesellschaft für Laboratoriumsmedizin von 1958–2003. i Gegründet im Jahr 1958 als wissenschaftliche Fachgesellschaft, die folgende Aufgaben hatte: 5 Förderung von Forschung und Lehre auf dem Gebiete der Laboratoriumsmedizin, 5 Weiterentwicklung und Anwendung der Laboratoriumsmedizin, 5 Vereinigung der in den Bereichen der Laboratoriumsmedizin auf wissenschaftlicher Basis Tätigen, 5 Veranstaltung wissenschaftlicher Kongresse, 5 Herausgabe wissenschaftlicher Zeitschriften, 5 Vergabe wissenschaftlicher Preise, 5 Pflege der Beziehung zu verwandten Fachgesellschaften auf nationaler und internationaler Ebene.

Satzung, Geschäftsordnung und Förderpreise sind im Mitgliederverzeichnis, zuletzt vom März 2001 aufgeführt. Im Jahr 2003 erfolgte die Vereinigung mit der 7 Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie

(DGKC) zur 7 Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL), deren Satzung im vorläufigen Mitgliederverzeichnis aus dem Jahr 2003 niedergelegt ist.

Literatur. Mitgliederverzeichnis und Statuten 2001, Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e.V.

Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). DGTI Englischer Begriff. German society of transfusion medicine and immunhaematology

Definition. Wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Förderung der Transfusionsmedizin sowie des öffentlichen Gesundheitswesens. i Die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immun-

hämatologie wurde im Jahr 1954 als ausschließlich und unmittelbar gemeinnütziger Verein gegründet. Sie dient der Förderung der Transfusionsmedizin und der Entwicklung der Zusammenarbeit mit den fachnahen Gebieten, insbesondere auch im Bereich der Wissenschaft und Forschung sowie des öffentlichen Gesundheitswesens. Die DGTI, die als internationale wissenschaftliche „Dachgesellschaft“ im deutschsprachigen Raum fungiert, zählt heute über 1100 Mitglieder. Fragen der Struktur und der Weiterbildung des Fachs werden in enger Zusammenarbeit mit dem Berufsverband Deutscher Transfusionsmediziner (BDT) bearbeitet. Neben dem jährlich organisierten wissenschaftlichen Kongress mit Industriemesse, auf dem die aktuellen Entwicklungen und Forschungsergebnisse in der Transfusionsmedizin und ihrer Grenzgebiete vorgestellt werden, werden aktuelle Probleme einzelner Teilbereiche in sieben Sektionen bearbeitet. Weiterhin unterstützt die DGTI verschiedene Programme zur Förderung des fachlichen und wissenschaftlichen Nachwuchses, wissenschaftliche Veranstaltungen sowie Aufgaben der Grundlagenforschung. Die Kommunikation unter ihren Mitgliedern wird durch regelmäßig erscheinende Rundschreiben gefördert. Seit dem Jahr 1990 fungiert die Zeitschrift „Transfusion Medicine and Hemotherapy“, früher „Infusionstherapie und Transfusionsmedizin“ (Karger-Verlag), als offizielles Publikationsorgan der DGTI. Die Zeitschrift widmet sich allen Bereichen der Transfusionsmedizin: 5 Qualität und Sicherheit der Blutprodukte, 5 Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten, 5 transfusionsmedizinische Fragen der Transplantation, 5 Stammzellgewinnung, -lagerung und -transplantation, 5 therapeutische und diagnostische Probleme der Hämostase, 5 immunhämatologische Untersuchungen im Rahmen von Bluttransfusionen, Transplantationen und zur Abklärung von Immunzytopenien, 5 rechtliche Aspekte der Herstellung von Blutprodukten und der Hämotherapie. Neben Übersichtsarbeiten sollen Originalarbeiten die neuesten Erkenntnisse aus den Bereichen der Transfusionsmedizin und Hämotherapie vermitteln sowie einen internationalen Austausch innerhalb dieser Disziplinen ermöglichen. Ein besonderes Ziel besteht in der Darstellung klinischer Aspekte unter Förderung der Weiterbildung.

Literatur. Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie e. V., (2006) Mitgliederverzeichnis, Satzung und Statuten http://www.dgti.de

Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). DKG Definition. Die DKG stellt als Bundesverband den Zusammenschluss von 28 Mitgliedsverbänden von Krankenhausträgern dar, der die ge-

Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN)

samte Breite der Krankenhausinteressen repräsentiert und gegenüber Entscheidungsträgern und in der Öffentlichkeit vertritt. i Die DKG wurde im Jahr 1949 gegründet und hat sich zu einer

Repräsentantin der Krankenhäuser durch die enge Zusammenarbeit mit 28 Mitgliedsverbänden von Krankenhausträgern entwickelt: 16 Landesverbände, 12 Spitzenverbände. Mit dieser Trägervielfalt repräsentiert und vertritt die DKG die gesamte Breite der Interessen des deutschen Krankenhauswesens auf der nationalen, europäischen und internationalen Verbandsebene. Im Einzelnen geschieht dies durch: 5 Unterstützung ihrer Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiete des Krankenhauswesens 5 Erhaltung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser durch Zusammenwirken mit staatlichen und sonstigen Institutionen des Gesundheitswesens 5 Analyse der aktuellen Gesundheitspolitik 5 Öffentlichkeitsarbeit, Beratung von Politik, Institutionen, Verbänden und Wissenschaft in Fragen der Krankenhausfinanzierung, Personalwesen, EDV, Qualitätsmanagement sowie in juristischen und medizinischen Fragen 5 Herausgabe der Zeitschrift „Das Krankenhaus“. Die DKG verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Adresse: Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) Geschäftsstelle Berlin Wegelystraße 3 10623 Berlin Tel.: 030/39801-0 Fax: 030/39801-3000 E-Mail: [email protected] Internet: www.dkgev.de

Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL) A.M. Gressner

Synonym(e). DGKL Englischer Begriff. Joint German Society of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

Definition. Die DGKL ist eine medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft mit dem Zweck der Repräsentation, Förderung und Entwicklung der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. i Die DGKL ist im Jahr 2003 aus der Vereinigung der 7 Deutschen

Gesellschaft für Klinische Chemie (DGKC) und der 7 Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin (DGLM) hervorgegangen, nachdem auf Beschluss des Vorstandes der DGKC und des Präsidiums der DGLM in den jeweiligen Mitgliederversammlungen im Jahr 2002 mit überwältigender Mehrheit ein „Verschmelzungsbeschluss“ gefasst worden war. Die erste Mitgliederversammlung der DGKL fand dann am 09. Oktober 2003 im Rahmen des EUREGIO-Kongresses für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin in Aachen statt [Klinische Chemie Mitteilungen (2003) 34(6):146–155]. Der Satzung entsprechend ist es Zweck der DGKL die Repräsentation, Förderung und Entwicklung der Klinischen Chemie und der Laboratoriumsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung einschließlich der Pathobiochemie und Molekulargenetischen Diagnostik zu pflegen sowie die Vereinigung der auf diesen Gebieten auf wissenschaftlicher Basis Tätigen, insbesondere von Ärzten und Naturwissenschaftlern zu fördern. Die DGKL hat sich weiterhin zum Ziel gesetzt, eine kontinuierliche Verbesserung und Qualitätssicherung labordiagnostischer Untersuchungen zu betreiben. Förderschwerpunkte sind: 5 fachliche Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses 5 ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung 5 Weiter- und Fortbildung von Naturwissenschaftlern 5 Erteilung der Anerkennung als Klinischer Chemiker/Klinische Chemikerin

391

5 Veranstaltung von wissenschaftlichen Tagungen, Vergabe von Preisen 5 Unterstützung von Projekten in Forschung und Lehre 5 Verbesserung der Früherkennung, Diagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapieüberwachung von Krankheiten 5 Öffentlichkeitsarbeit, Herausgabe wissenschaftlicher Zeitschriften und Beteiligung an Stiftungen. Die DGKL betreibt das 7 Referenzinstitut für Bioanalytik als Referenzinstitution im Sinne der jeweils gültigen Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung. Die Organe der Gesellschaft sind die Mitgliederversammlung und das Präsidium. Adresse: Geschäftsstelle der DGKL Friesdorfer Str. 153 53175 Bonn Tel.: 0228/926895-17 Fax: 0228/926895-27 E-Mail: [email protected] Internet: www.dgkl.de

Literatur. DGKL (Hrsg) Klinische Chemie Mitteilungen

Deutscher Verband Technischer Assistentinnen und Assistenten in der Medizin e.V. (dvta) A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). dvta Definition. Der dvta ist die einzige berufsständische Vertretung der Medizinisch-Technischen Assistentinnen und Assistenten (MTA), die diese Berufsgruppe in fachlicher Hinsicht fördert und deren standespolitische Interessen vertritt. i Der dvta wurde im Jahr 1969 gegründet und zählt derzeit etwa

20.000 MTA, die die zweitgrößte Berufsgruppe im Gesundheitswesen darstellt. Die fachliche Förderung und Verfolgung standespolitischer Interessen geschieht im Einzelnen durch: 5 Fachkundige Stellungnahme und Initiative zur Arbeit des Gesetzgebers 5 Fachkundige Arbeiten zur Verbesserung der Ausbildung 5 Pflege und Förderung der staatlich anerkannten Weiterbildung in allen Fachgebieten 5 Zusammenarbeit mit Berufsorganisationen im In- und Ausland 5 Praxisnahe Fortbildung durch Kongresse und regionale Veranstaltungen 5 Aktuelle Informationen durch die Zeitschrift MTA-Dialog 5 Kontaktpflege zu Organen von Regierung und Verwaltung, Gewerkschaften und anderen Organisationen (Deutscher Frauenrat, Deutsche Diagnostica Gruppe, usw.). Satzung und Geschäftsordnung sind der Homepage zu entnehmen. Adresse: Deutscher Verband Technischer Assistentinnen und Assistenten in der Medizin e.V. Spaldingstr. 110 B D-20097 Hamburg Telefon: 040/235117-0 Telefax: 040/233373 E-Mail: [email protected] Internet: www.dvta.de

Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN) A.M. Gressner, O.A. Gressner

Definition. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) bietet rund um die zentrale Dienstleistung der Normung eine Reihe weiterer Leistungen an, die den Zugang zur Normung und zu Normungsverfahren, zu Normen und Norminhalten erleichtern. i Das im Jahr 1917 als Normenausschuss der deutschen Industrie (NADI) gegründete Institut führt die fachliche Arbeit der Normung

D

392

Dexamethason-Hemmtest

in Arbeitsausschüssen bzw. Komitees durch. Für eine bestimmte Normungsaufgabe ist jeweils ein Arbeitsausschuss bzw. ein Komitee zuständig, die zugleich diese Aufgaben auch in den regionalen und internationalen Normungsorganisationen wahrnehmen. Im Regelfall sind mehrere Arbeitsausschüsse zu einem Normenausschuss im DIN zusammengefasst, von denen es derzeit 76 gibt. Für die 7 Klinische Chemie und 7 Laboratoriumsmedizin sind folgende Normenausschüsse von besonderer Relevanz: 5 Normenausschuss „Laborgeräte und Laboreinrichtungen (FNLa)“ FnLa erarbeitet Normen für Geräte und Einrichtungen in chemischen, physikalischen, biologischen und medizinischen Laboratorien. Die Normen behandeln die Genauigkeit von Messgeräten, das Zusammenpassen von Glasgeräten und Einrichtungen, die nationale und internationale Verständigung durch einheitliche Terminologie sowie Funktionen, Sicherheit und Prüfung von Laborausrüstungen aller Art. Durch die Beteiligung der Arbeitsausschüsse an Forschungsvorhaben können neueste Erkenntnisse in die Normen einfließen. Die Geschäftsstelle des Normenausschusses führt gleichzeitig die Sekretariate für die CEN/TC 332 Laboratory equipment und ISO/TC 48 Laboratory glassware and related apparatus, was eine weitere Vereinheitlichung des nationalen, europäischen und internationalen Normenwerkes für Laboratorien ermöglicht. 5 Normenausschuss „Medizin (NAMed)“ NAMed ist zuständig für die nationale Normung auf den Gebieten Medizinprodukte Transfusion, Infusion, Injektion, Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie, Medizinische Informatik, Medizinische Mikrobiologie und Immunologie, Sterilisation, Desinfektion, Sterilgutversorgung u. a. Die Maßnahmen auf den genannten Gebieten werden mit dem Ziel durchgeführt, ein möglichst hohes Qualitätsniveau der genormten Produkte und Verfahren festzuschreiben, um damit einen wichtigen Beitrag für die Patientensicherheit zu leisten. Normen und Normeninhalte und weitere Ergebnisse der DIN-Arbeit bietet das DIN in der Regel über den Beuth-Verlag an (Beuth-Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, Tel.: 030/2601-0, Fax: 030/2601-1260, E-Mail: [email protected], Internet: www.beuth.de).

5 23 Uhr: Einnahme von 1 mg (bei Personen > 80 kg 1,5 mg) Dexamethason (z. B. Fortecortin®) 2. Tag: 5 7–9 Uhr: 2. Blutentnahme zur Kortisolbestimmung im Serum High-Dose-Dexamethasontest 1. Tag: 5 7–9 Uhr: 1. Blutentnahme zur Bestimmung von Kortisol 5 23 Uhr: Einnahme von 8 mg Dexamethason (z. B. Fortecortin®) 2. Tag: 5 7–9 Uhr: 2. Blutentnahme zur Kortisolbestimmung im Serum Fehlerquellen: Die nicht exakte Dexamethasoneinnahme kann zu falschen Ergebnissen führen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Analytik. 7 Immunoassays und 7 Kortisol Referenzbereich — Erwachsene. Kortisolabfall nach Dexamethasongabe auf unter 50 % des Basiswertes bzw. auf Kortisolwerte unter 80 nmol/L.

Referenzbereich — Kinder. Kortisol-Abfall nach Dexamethasongabe auf unter 50 % des Basiswertes bzw. auf Kortisolwerte unter 80 nmol/L. Indikation. Low-Dose-Dexamethasontest: 5 Verdacht auf Cushing-Syndrom High-Dose-Dexamethasontest: Differenzialdiagnose des Cushing-Syndroms: 5 Kortisolabfall: beim hypophysären Cushing-Syndrom 5 Kein Kortisolabfall oder geringfügiger Abfall: beim paraneoplastischen Syndrom bzw. ektoper ACTH-Produktion.

Kontraindikation(en). Fieberhafte Erkrankungen, schwerer Diabetes mellitus, Infektionserkrankungen, schwere Hypertonie

Adresse: DIN Deutsches Institut für Normung e.V. Burggrafenstraße 6 10787 Berlin Tel.: 030/2601-0 Fax: 030/2601-1231 E-Mail: [email protected] Internet: www.service.din.de

Dexamethason-Hemmtest

Nebenwirkung(en). Unruhe und Schlafstörungen, Hyperglykämie Interpretation. 7 Tab. 1 Dexamethason-Test. Tab. 1. Kortisolkonzentration Basalwert

Low-DoseDexamethasongabe (%)

hoch

kein Abfall bzw. < 50

hoch

kein Abfall bzw. < 50

Abfall > 50

Hypophysäres Cushing-Syndrom

hoch

kein Abfall bzw. < 50

kein Abfall bzw. < 50

Paraneoplastisches Syndrom, Adrenales Cushing-Syndrom, ektope ACTH-Produktion

7 Dexamethason-Test

Dexamethason-Suppressionstest 7 Dexamethason-Test

Dexamethason-Test W. Hubl

Synonym(e). Dexamethason-Suppressionstest; Dexamethason-Hemmtest, niedrig dosierter; Dexamethason-Hemmtest, hoch dosierter

Englischer Begriff. dexamethasone-test; low-dose-dexamethasonetest; high-dose-dexamethasone-test

Definition. Dexamethason ist ein Glukokortikosteroid mit potenzierter Wirkung. Bei Gesunden bewirkt Dexamethason über einen negativen Rückkopplungsmechanismus einen Abfall der 7 ACTHSekretion und hierdurch eine Senkung der 7 Kortisolkonzentration. Bei allen Patienten mit einem Cushing-Syndrom bleibt diese Suppression aus.

Durchführung. Low-Dose-Dexamethasontest 1. Tag: 5 7–9 Uhr: 1. Blutentnahme zur Bestimmung von Kortisol

Interpretation High-DoseDexamethasongabe (%) Cushing-Syndrom

Diagnostische Wertigkeit.

5 Diagnostische Sensitivität: > 98 % 5 Diagnostische Spezifität: eingeschränkt, da pathologische Kortisolabfälle (weniger als 50 %) auch bei Stress, entzündlichen Erkrankungen, bei Fieber, Depressionen, Einnahme von oralen Kontrazeptiva auftreten können.

Literatur. Allolio B (2000) Nebennierentumoren-Funktionsdiagnostik. In: Rothmund M (Hrsg) Endokrine Chirurgie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 377–384 Lehnert H (Hrsg) (2003) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. 2. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Dextropropoxyphen

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 10 mL Blut (Se-

Dextransulfat

rum- oder Plasmaröhrchen)

K.J. Lackner, D. Peetz

Probenstabilität. Normaler Postversand. Lagerung im Kühlschrank

Englischer Begriff. dextran sulfate

bei 4 oder –22 °C.

Definition. Produkt aus Dextran durch Behandlung mit H₂SO₄ und

Präanalytik. Patient nüchtern.

Chlorsulfonsäure hergestellt.

Analytik. 7 HPLC, 7 GC-MS, 7 LC-MS

Molmasse. Kann variieren; in der Diagnostik um ca. 50 kDa. i Dextran ist ein Polymer der D-Glukose, das von Bakterien syn-

thetisiert wird. Durch Kochen in H₂SO₄ wird die Molmasse reduziert. Anschließend werden Sulfatgruppen durch Reaktion mit Chlorsulfonsäure in Pyridin eingeführt. Dextransulfat wird in der Diagnostik u. a. als Fällungsreagenz zusammen mit MgCl₂ zur Bestimmung von HDL-Cholesterin eingesetzt.

Literatur. Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

Dextromethorphan-Test T. Arndt

Englischer Begriff. dextromethorphan test Definition. Funktionstest zur Phänotypisierung von CYP2D6-Varianten als Ursache atypischer Pharmakokinetiken, d. h. zur Erkennung von sog. Poor-Metabolizern.

CH3O

CH3

CH3

N

N

Dextromethorphan

393

HO

Dextrorphan

Referenzbereich — Erwachsene. Dextromethorphan/DextrorphanQuotient < 0,126 Poor-Metabolizer, > 0,126 normale Metabolisierung (Extensive-Metabolizer). Indiaktion.

5 Medikation mit über CYP2D6 verstoffwechselten Pharmakon und/oder Verdacht auf das Vorliegen eine CYP2D6-Variante. 5 Unplausible Pharmakon-Blutkonzentrationen bei normaler Dosis und trotz guter Compliance.

Interpretation. s. Funktion und Pathophysiologie sowie Referenzbereich-Erwachsene. Bei Dextrorphan- und Hydroxymorphinan-Konzentrationen von je < 5 mg/L ist der Dextromethorphan-Test nicht aussagekräftig. Dextromethorphan- und Metabolitkonzentrationen unter der Berichtsgrenze sind nicht verwertbar. Dextrorphan-Konzentrationen > 40 ng/mL und/oder Methoxymorphinan/Hydroxymorphinan-Quotienten < 0,414 zeigen eine normale Metabolisierung an. Dextrorphan-Konzentrationen < 40 ng/mL und Methoxymorphinan/ Hydroxymorphinan-Quotienten > 0,414 einen Poor-Metabolizer. Literatur. Hiemke C. Anforderungsformular DextromethorphanTest zur CYP2D6-Phänotypisierung. www.unimedizin-mainz. de/fileadmin/kliniken/ps/Dokumente/Neurochemisches_Labor/ Download/dextromethorphan_test_cyp2d6_12-03-10.pdf (zuletzt abgefragt 29.04.2011) Baselt RC (2008) Disposition of toxic drugs and chemicals in man. Biomedical Publications, Foster City, Kalifornien.

Dextropropoxyphen H

H

N

N

W.-R. Külpmann

Synonym(e). Propoxyphen Englischer Begriff. propoxyphene Definition. Zentral wirksames Analgetikum mit struktureller Verwandtschaft zu Methadon (7 Abb. 1).

CH3O

Methoxymorphinan

HO Hydroxymorphinan

Dextromethorphan-Test. Abb. 1. Metabolismus von Dextromethorphan nach Baselt

Durchführung. Orale Gabe von 40 mg Dextromethorphan-Lösung (20 mL). Exakt nach 1 h Blut entnehmen (Serum- oder Plasmaröhrchen). Alternativ Neo Tussan Hustensaft verwenden, dann Blutentnahme nach genau 2 h. Blut zentrifugieren und Serum oder Plasma zur Analyse von Dextromethorphan und Dextromethorphan-Metaboliten (Dextrorphan, Methoxymorphinan, Hydroxymorphinan) einsenden.

Funktion und Pathophysiologie. Das für den Medikamentenstoffwechsel wichtige cytochromale Enzym CYP2D6 der Leber hat eine ausgeprägte genetisch bedingte Heterogenität. Bis zu 10 % der Europäer besitzen ein inaktives CYP2D6. Diese Patienten metabolisieren Pharmaka verlangsamt, sie sind sog. Poor-Metabolizer. Dies kann zur Folge haben, dass bei einer klinisch empfohlenen Dosierung eines Medikamentes (das Substrat von CYP2D6 ist) toxische Blutkonzentrationen (infolge des verzögerten Abbaus) resultieren. Patienten mit überdurchschnittlicher CYP2D6-Aktivität (durch Genverdopplung) verstoffwechseln diese Pharmaka besonders schnell. Sie sind sog. Ultrarapid-Metabolizer. Bei diesen Patienten können trotz der üblichen therapeutischen Dosis erniedrigte Medikamentenkonzentrationen im Blut vorliegen.

Dextropropoxyphen. Abb. 1. Strukturformell

Molmasse. 339,48 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

Dextropropoxyphen ist oral wirksam und wird als First-Pass-Effekt einer N-Demethylierung unterworfen.

Halbwertszeit. 10–30 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei schweren Intoxikationen treten Herzinsuffizienz, respiratorische Insuffizienz und Bewusstlosigkeit auf. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma (P), Serum (S)

Analytik. 7 Immunoassay (Urin), 7 HPLC, 7 GC-MS

D

394

Dextrose

Indikation. Verdacht auf Missbrauch, Therapeutisches Drug Monitoring

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,05–0,3 mg/L; toxisch: > 0,6 mg/L; komatös-letal: > 1 mg/L. Literatur. Käferstein H (2009) Dextropropoxyphene. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 218–222

Dextrose 7 Glukose

D.F. 7 Diskriminationsfaktor

DGHM 7 Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V.

DGKC 7 Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie e.V.

DGKL 7 Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.

DGLM 7 Deutsche Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e.V.

D-Glukarat 7 Glukarsäure

D-Glukose 7 Glukose

DGTI 7 Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie

DHEA-S 7 Dehydroepiandrosteronsulfat

11dhTxB₂ 7 11-Dehydroxy-Thromboxan B₂

Diabetes-assoziiertes Peptid (DAP) 7 Amylin

Diacetylmorphin 7 Morphin(derivate)

Diacylglyzerin K.J. Lackner, D. Peetz

durch Lipasen oder von Glyzerophospholipiden durch Einwirkung von Phospholipase C. 1,2-DAG ist intrazellulär an der Signalübertragung vor allem des Phospholipase-C-Wegs beteiligt.

Diagnose, medizinische A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Krankheitserkennung Englischer Begriff. diagnosis Definition. Zuordnung einer Erkrankung bzw. gesundheitlichen Störung zu einer Krankheitsentität. i Diagnose als Krankheitserkennung und Zuordnung zu einer

Entität ist ein mehrstufiger Vorgang, bei dem sich folgende Schritte unterscheiden lassen (7 Abb. 1): 5 Sammeln von Symptomen, Beschwerden, körperlichen und technischen Untersuchungsbefunden einschließlich Laborbefunden 5 Bewertung der Befunde durch Vergleich mit Erfahrungswissen, Literatur und Kollegialgesprächen 5 Erstellung einer vorläufigen Diagnose im Sinne einer (hypothetischen) Verdachtsdiagnose 5 Durchführung weiterer unmittelbarer und technischer Untersuchungen, z. B. bestätigender klinisch-chemischer Untersuchungen 5 Erstellung der definitiven Diagnose (endgültige Diagnose). Klinisch-chemischen 7 Kenngrößen bzw. 7 Parametern kommt dabei der Stellenwert eines „biochemischen Krankheitssymptoms“ zu, welches unter Einsatz einer 7 Messmethode nachweis- bzw. messbar ist. Der Diagnoseprozess folgt den Grundzügen der 7 Evidenzbasierten (Laboratoriums-)Medizin, die teilweise in (diagnostischen) 7 Leitlinien festgelegt sind. Schätzungen zufolge sind die Ergebnisse von Laboruntersuchungen in über 50 % der Fälle ausschlaggebend für die Diagnosefindung.

Literatur. Gross R (1969) Medizinische Diagnostik – Grundlagen und Praxis. Springer Verlag, Berlin Heidelberg

Diagnostik, molekulare R. Weiskirchen

Synonym(e). Genetische Untersuchung Englischer Begriff. molecular diagnosis; gene testing Definition. Fähigkeit und Lehre, Krankheiten auf molekularer Ebene zu erkennen Physikalisch-chemisches Prinzip. Die molekulare Diagnostik wird heutzutage dazu eingesetzt, um die Entstehung und Pathogenese einzelner Krankheiten kausal erklären zu können. Dabei wird zugrunde gelegt, dass die Entstehung einer Erkrankung durch genetische Faktoren bestimmt wird, die sich sowohl auf der Ebene der 7 Gene, der Transkriptionsprodukte (mRNA) und der aus ihr hervorgehenden translatierten Produkte (Proteine) zu diagnostizieren ist.

Einsatzgebiet. Weitgefächerte Diagnostik, die sich zur Beantwortung einer Vielzahl von Fragestellungen einsetzen lässt. Sie dient dem Erkennen von Erbkrankheiten sowie prädisponierenden Faktoren. Darüber hinaus stellt die molekulare Diagnostik in der forensischen Medizin eine wichtige Teildisziplin dar. In der perinatalen Diagnostik werden genetische Veranlagungen bereits des ungeborenen Lebens identifiziert. Untersuchungsmaterial. In Abhängigkeit von dem zu untersuchen-

Englischer Begriff. diacylglycerol

den Parameter kann das Ausgangsmaterial für diese Untersuchungen genomische DNA, RNA oder auch Protein sein. Zur perinatalen Diagnostik werden Materialien eingesetzt, die z. B. durch 7 Chorionzottenbiopsie oder 7 Amnionzentese gewonnen wurden.

Definition. Mit zwei Fettsäuren in Position 1 und 2 verestertes Gly-

Instrumentierung. Die molekulare Diagnostik erfasst aufgrund ihrer

Synonym(e). 1,2-Diacylglycerin

zerinmolekül. i Diacylglyzerin entsteht bei der Hydrolyse von 7 Triglyzeriden

Vielseitigkeit ein großes Methodenspektrum und bedarf daher, in Abhängigkeit von den durchzuführenden Analysen, eines unterschiedlichen Grades an Instrumentalisierung.

Dialyse

395

D

Diagnose, medizinische. Abb. 1. Diagnoseschema

Spezifität. Die Spezifität ergibt sich aus der Korrelation der molekularen Veränderung und der Entstehung einer Krankheit. Besteht 100 % Korrelation zwischen beiden so ist die Spezifität 100 %. Manche Erbveränderungen besitzen jedoch nur eine geringe 7 Penetranz.

Fehlermöglichkeit. Die Fehlermöglichkeiten ergeben sich in Abhängigkeit von der eingesetzten Methodik (7 PCR, 7 Fingerprint). Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Genetische Untersuchungen für diagnostische Zwecke dürfen nur von ausgebildetem Fachpersonal durchgeführt werden.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Bewertung einer molekularen Untersuchung ergibt sich aus der Spezifität mit der eine diagnostizierte Veränderung mit einer Krankheit korreliert. Sie sollte daher möglichst nur dann durchgeführt werden, wenn die Veränderung mit der Erkrankung in direktem Zusammenhang steht. Bei der perinatalen Diagnostik sind zusätzlich ethische Bedenken zu berücksichtigen, wenn die Ergebnisse zur Rechtfertigung einer Abtreibung genutzt werden sollen. Literatur. Thiemann F, Cullen PM, Klein HG (2006) Leitfaden Molekulare Diagnostik: Grundlagen, Gesetze, Tipps und Tricks. WileyVCH, Weinheim

Diagnostische Accuracy 7 Accuracy, diagnostische

Diagnostische Effizienz 7 Effizienz, diagnostische

Diagnostische Sensitivität 7 Sensitivität, diagnostische

Diagnostische Spezifität 7 Spezifität, diagnostische

Diagnostische Studien 7 Studien, diagnostische

Diagnostische Validität 7 Validität, diagnostische

Diagnostischer Test 7 Test, diagnostischer

Dialyse H. Fiedler

Synonym(e). Blutwäsche; Hämodialyse Englischer Begriff. dialysis Definition. 7 Diffusion niedermolekularer Stoffe durch semipermeable Membranen (7 Diaphragma), die Proteinmoleküle und andere kolloidale Partikel zurückhalten. i Die Dialyse dient zur Abtrennung von niedermolekularen Analyten oder zur Reinigung proteinhaltiger Lösungen von unerwünschten Stoffen. Die Technik wird in den Autoanalyzern genutzt. Bei der Hämodialyse diffundieren Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyte und weitere kleine Moleküle aus dem Blut in eine im Gegenstrom fließende, durch eine Membran getrennte Spüllösung. Die Effektivität der Dialyse ist abhängig von: 5 Membranporendurchmesser, 5 Konzentrationsgradienten, 5 elektrostatischen Kräften, 5 Temperatur.

Durch Anwendung der Ultrafiltration (Druck- oder Vakuumfiltration bzw. Zentrifugation) mittels semipermeabler Membranen werden Proteine aus Lösungen abgetrennt oder konzentriert, wie beispielsweise im Urin oder Liquor. Die Ausbildung einer Gelschicht auf der Membranoberfläche kann durch Magnetrührung oder Umpumpen der Flüssigkeit durch flache Kanäle vermieden werden.

396

Dialyseeffizienz-Wert

Mikrodialyse ist eine semi-invasive Technik zur Gewinnung von ungebundenen Metaboliten und Pharmaka in extrazellulären Flüssigkeiten verschiedener Gewebe. Der Mikrodialysekatheter wird mit einer wässrigen Lösung perfundiert. Eine semipermeable Membran an der Spitze erlaubt durch passive Diffusion entsprechend dem Konzentrationsgradienten die Aufnahme oder Abgabe von Molekülen bis zu einer vorgegebenen Größe. Viele biologische Strukturen haben die Eigenschaften von Dialysiermembranen, wie das Kapillarendothel und die Nierenglomerula.

Richtung zulassen. Diaphragmen kommen u. a. in ionensensitiven Elektroden (z. B. zur Bestimmung von pH, Na+, K+, Cl–) sowie in Hämodialysegeräten (7 Dialyse) zum Einsatz.

Literatur. Schmidt S, Banks R, Kumar V, Rand KH, Derendorf H

7 Enantiomere

(2008) Clincial microdialysis in skin and soft tissues: an update. J Clin Pharmacol 48:351–364

Diastase 7 Amylase

Diastereomere Diazepam 7 Benzodiazepin

Dialyseeffizienz-Wert 7 Kt/V-Wert

Diazo-Reaktion A.M. Gressner

Diamagnetismus 7 Paramagnetismus

Diaminoxidase T. Arndt

Englischer Begriff. diazo reaction Definition. Methode zur Quantifizierung des Tetrapyrrols Bilirubin, die auf dessen Derivatisierung durch Diazoreagenzien zu stabilen Azodipyrrolen mit Doppel-Indikatoreigenschaften beruht (Rotfärbung bei neutralem pH, Blaufärbung bei stark saurem und stark alkalischem pH).

Synonym(e). Histaminase; DAO

i Die im Jahr 1883 von Paul Ehrlich (1854–1915; 7 Ehrlich, Paul)

Englischer Begriff. diaminoxidase

erstmals beschriebene Reaktion geht von der Herstellung der p-Aminobenzolsulfonsäure (Diazobenzolsulfonsäure, diazotierte Sulfanilsäure) aus Sulfanilsäure und Nitrit aus. Diazotierte Sulfanilsäure kuppelt mit aromatischen Stoffwechselprodukten wie dem Tetrapyrrol (7 Bilirubin) zu zwei Molekülen Azodipyrrole, die als Doppelindikatoren bei neutralem pH rot und bei stark saurem und alkalischem pH blau gefärbt sind (Photometrie bei 600 nm). Mehrere Modifikationen dieser heute noch gebräuchlichen Methode sind bekannt, von der van den Bergh und Müller im Jahr 1916 eine direkte (Farbentwicklung innerhalb von 30 s) und eine indirekte (erst nach Zugabe von Methanol als Akzelerator tritt Farbentwicklung auf) Reaktion zur selektiven Bestimmung der glukuronidierten (direkten) und nichtglukuronidierten (indirekten) Bilirubinfraktion beschrieben haben. Falsch positive Diazoreaktionen ergeben 7 Indikan und einige Medikamente (z. B. Opiate, p-Aminosalizylsäure, Sulfonamide).

Definition. Histamin-abbauendes, kupferhaltiges Enzym, das u. a. im Darm des Menschen produziert wird. i Histamin ist ein Gewebshormon und Neurotransmitter. Neben seinen physiologischen Wirkungen spielt es eine zentrale Rolle bei allergischen Reaktionen und ist am Immunsystem beteiligt. Das mit der Nahrung (z. B. Rotwein, Hartkäse) aufgenommene Histamin wird in Darm und Darmschleimhaut durch Diaminoxidase abgebaut, weshalb nur wenig Histamin aus dem Darmlumen in die Blutzirkulation gelangt. Bei Diaminoxidasemangel (z. B. durch unzureichende Synthese, Entzündungen des Darms, Vitamin-B6-Mangel) oder Hemmung des Enzyms ist der Histaminabbau gestört, wodurch zu viel Histamin in die Zirkulation übertritt und allergische Reaktionen ausgelöst werden sollen. Es handelt sich dann nicht um eine 7 Immunglobulin-E-vermittelte Allergie sondern um eine sog. Histaminintoleranz (HIT). Bei Verdacht auf HIT soll die Bestimmung der Diaminooxidase im Serum hilfreich sein. Die 7 Enzymaktivität wird anhand des Umsatzes eines radioaktiv-markierten Enzymsubstrats gemessen. Dabei werden Aktivitäten < 3 U/mL als Hinweis auf eine HIT interpretiert. Bei Aktivitäten > 10 U/mL ist HIT wenig wahrscheinlich. Eine abschließende Bewertung der diagnostischen Leistungsfähigkeit dieses Parameters ist derzeit nicht möglich. Die postulierte Nahrungsmittelallergie durch Histamin ist allgemein umstritten und nur teilweise wissenschaftlich belegbar.

Literatur. Jarisch R (Hrsg) (2004) Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit. Stuttgart, Thieme Maintz L, Novak N (2007) Histamine and histamine intolerance. Am. J Clin Nutr 85:1185–1196

Diaphragma T. Arndt

Synonym(e). Membran, semipermeable Englischer Begriff. diaphragm Definition. Poröse Scheidewand, die die Diffusion zwischen zwei Lösungen erschwert oder unterbindet, den Ladungsaustausch (Stromdurchgang) jedoch gestattet. i Umgangssprachlich werden Diaphragmen auch als Membranen

bezeichnet. Eine Sonderform sind die semipermeablen Membranen, die neben dem Ladungsaustausch auch einen Stofftransport in eine

Literatur. Ehrlich P (1883) Analytische Chemie 22:301

Dibucain-Hemmtest 7 Dibucain-Zahl

Dibucain-Zahl A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Dibucain-Hemmtest; DZ Englischer Begriff. dibucaine number Definition. DZ gibt die prozentuale Hemmung der Aktivität der 7 Pseudocholinesterase (PCHE, EC 3.1.1.8) durch das Lokalanästhetikum Dibucain an und dient der Erkennung atypischer PCHEVarianten. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Pseudocholinesterase (PCHE) ist ein in den Hepatozyten synthetisiertes, sezerniertes, mit hoher Aktivität im Blut vorkommendes Glykoprotein unbekannter physiologischer Funktion, welches spezifisch exogene Cholinester hydrolysiert, unter denen Succinylcholin, Procain und Kokain klinische Bedeutung haben. Das kodierende Gen ist auf dem E1-Locus des langen Armes des Chromosoms 3 lokalisiert und 96 % der Population ist homozygot für den normalen Pseudocholinesterasegenotyp (als EuEu bezeichnet).

Funktion und Pathophysiologie. Atypische Varianten der PCHE sind gekennzeichnet durch eine stärkere (homozygote Form) oder gerin-

Dichtegradientenzentrifugation

gere (heterozygote Form) Erniedrigung der PCHE-Aktivität, die u. a. zu einer deutlich reduzierten Hydrolyse des Muskelrelaxanz Succinylcholin führt und damit zu einer verlängerten respiratorischen Paralyse. Sie treten bei etwa 4 % der europäischen Population in heterozygoter oder homozygoter Form auf und sind selten bei Asiaten. Die atypischen Genallele beruhen auf Punkt- oder Frameshift-Mutationen mit dem Ergebnis einer verminderten Synthese oder Synthese einer funktionell inaktiven Form aufgrund veränderter Struktur. Die schwerste Form der atypischen PCHE tritt bei 1:100.000 Individuen auf, die homozygot für den sogenannten silent Es-Genotyp mit fehlender PCHE-Aktivität sind (Frameshift-Mutation). Punktmutationen führen zur Dibucain-resistenten (Ea-Genotyp) oder Fluoridresistenten Variante (Ef-Genotyp) (7 Tab. 1). Da die komplette DNASequenz und Aminosäurestruktur sowohl der normalen als auch der atypischen PCHE bekannt sind, kann letztere auch molekulargenetisch identifiziert werden. Dibucain-Zahl. Tab. 1. Atypische Gen-Allele des PCHE-Genotyps; normales Allel: Eu Allel

Variante

Molekularer Defekt

Dibucain-Zahl und PCHE-Aktivität

Ea

Dibucainresistent

Punktmutation

≤ 35 für EaEa > 36–75 für EuEa

Ef

Fluoridresistent

Punktmutation

≤ 36 für EfEf, > 36 für EuEf

Es

silent

FrameshiftMutation, Stop-codonMutation

keine PCHE-Aktivität bei EsEs Prävalenz: 1:10⁵

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. PCHE-Aktivität ist bis zu 1 Jahr bei –20 °C und mehrere Wochen bei Raumtemperatur stabil. Analytik. Die PCHE-Aktivität im Serum wird mit dem Substrat Butyrylthiocholin in einem Parallelansatz ohne und mit Dibucain (1 × 10-5 mol/L Dibucain × HCl) gemessen (7 Pseudocholinesterase). Das Ausmaß der Hemmung, angegeben durch die Dibucain-Zahl wird nach der Formel berechnet:  Dibucain  gehemmte PCHE  DZ = 1    100 ungehemmte PCHE  

Referenzbereich — Erwachsene. > 76 Indikation. Differenzialdiagnostische Abgrenzung einer erworbenen Verminderung der PCHE-Aktivität von einer genetisch determinierten Ursache (atypische PCHE).

Interpretation. Erniedrigungen der DZ deuten auf atypische PCHE-

397

Dichte, relative des Urins 7 Gewicht, spezifisches des Urins

Dichte, spezifische und relative T. Arndt

Synonym(e). Massendichte; Masse, spezifische Englischer Begriff. density; mass density Definition. Bezeichnet die Masse eines Stoffs oder Stoffgemisches je Volumeneinheit. i Die (spezifische) Dichte hat die Dimension Masse/Volumen, also z. B. g/mL. In der Regel steigt die Dichte bei Abkühlung der Stoffe infolge der verminderten Wärmeausdehnung an. Im Unterschied dazu fällt die Dichte von Wasser bei Abkühlung unter 4 °C, der Temperatur des Dichtemaximums von Wasser, ab. Wasser dehnt sich bei Abkühlung von 4 °C bis zum Gefrierpunkt aus (Anomalie des Wassers). Beides führt dazu, dass Gewässer von oben zufrieren (Wassereis mit der im Vgl. zu Wasser geringeren Dichte schwimmt oben auf) und dass mit Wasser gefüllte Gefäße bei Abkühlung unter den Gefrierpunkt platzen können. Wasserunlösliche Stoffe oder Stoffgemische mit einer geringeren Dichte als Wasser schwimmen auf der Wasseroberfläche, solche mit größerer Dichte sinken zu Boden. Die Dichte von Feststoffen kann aus deren Masse und der Volumenverdrängung in einer Flüssigkeit bekannter Dichte ermittelt werden. Die Dichte von Flüssigkeiten wird gewöhnlich mit einem 7 Pyknometer bestimmt. Zum Vergleich der Dichten verschiedener Stoffe wurde die relative Dichte eingeführt. Dabei wurde die Dichte von Wasser bei 4 °C gleich 1 gesetzt. Die relative Dichte eines Stoffs wurde dann durch Quotientenbildung Dichte des Stoffs/Standarddichte von Wasser ermittelt. Die resultierende Größe ist dimensionslos. Sie ist heute durch die (spezifische) Dichte ersetzt. Dichteunterschiede haben im klinisch-chemischen Labor große Bedeutung, z. B. bei Einsatz einer 7 Zentrifuge, bei der 7 Dichtegradientenzentrifugation der Lipoproteine, der 7 Flüssig-FlüssigExtraktion zur Abtrennung von Analyten aus der Probenmatrix, bei der 7 Gravimetrie, der 7 Proteinfällung etc. Dichtemessungen beschränken sich dagegen auf die Bestimmung der Dichte des Urins (7 Gewicht, spezifisches des Urins) zumeist mit 7 Teststreifen und jener von Punktaten. Die Termini Wichte oder spezifisches Gewicht (Dimension Pond/ cm3) sind historische Begriffe, die auf der Definition des Gewichts (Masse × Beschleunigung) beruhten und deren Zahlenwerte abhängig von der geographischen Lage (d. h. der Erdanziehung) waren (geringere Werte auf hohen Bergen als im Tal). Die Unterschiede betrugen höchsten 0,3 %.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. Band 2 und 6. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Dichtegradientenzentrifugation

Varianten hin: Heterozygote: 36–75, Homozygote: ≤ 35. Erniedrigte Dibucain-Zahlen weisen auf eine zu erwartende Abbauverzögerung kurz wirksamer Muskelrelaxanzien vom Typ des Succinylcholins hin, die zu stark verlängerter Apnoephase führen kann. Der Bestimmung der 7 Fluorid-Zahl kommt eine ähnliche klinische Aussage zu.

Definition. Variante der Ultrazentrifugation, die in einem präformierten Dichtegradienten stattfindet.

Literatur. Garry PJ (1971) Serum Cholinesterase Variants: Examina-

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Prinzip der Dichtegradienten-

tion of several differential inhibitors, salts and buffers used to measure enzyme activity. Clin Chem 17:183–191

zentrifugation beruht darauf, dass mit Hilfe von Salzen, Kohlenhydraten oder anderen inerten Substanzen ein Dichtegradient in einem Zentrifugenröhrchen präformiert wird, der die Auftrennung von Molekülen, Organellen gemäß ihrer Dichte in der Ultrazentrifuge erlaubt.

Dicer 7 MikroRNA

Dichte, optische 7 Lambert-Beer-Gesetz

K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. density gradient centrifugation

Einsatzgebiet. Analytische oder präparative Trennung von Molekülen, wie Nukleinsäuren, Lipoproteinen oder Zellbestandteilen wie Organellen, Membranfraktionen oder Zellpopulationen wie Leukozyten, die sich in ihrer Dichte unterscheiden.

D

398

Dicker-Tropfen

Untersuchungsmaterial. Biologische Flüssigkeiten, Vollblut, Zellho-

Cl

mogenate u. a.

Instrumentierung. Zentrifuge, Hochgeschwindigkeitszentrifuge oder

NH

Ultrazentrifuge, die in aller Regel mit einem Ausschwingrotor bestückt sind. Das Volumen und die Geometrie der Zentrifugenröhrchen richten sich nach der Trennaufgabe. Gradientenmischer, Fraktionssammler, Pumpen sind optional je nach Vorgehensweise.

Fehlermöglichkeit. Fehlerhafte Herstellung des Dichtegradienten, falsche Auswahl des Moleküls, das den Gradienten bildet. Inadäqute Zentrifugation. Fehlerhafte Sammlung der Fraktionen z. B. über zu breiten Schlauchquerschnitt mit erneuter Vermischung.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Mit Ausnahme der Vortrennung von Leukozyten für die Durchflusszytometrie im Wesentlichen Methode für Forschung und Entwicklung. Für die Leukozytentrennung gibt es vorkonfektionierte Systeme, die im Routineeinsatz geeignet sind. Keine wesentliche Automatisierung, deshalb hoher Personaleinsatz. Reagenzkosten eher niedrig im Vergleich zu den Kosten der sich anschließenden Zellcharakterisierung. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Methode ist für verschiedene biochemische und zellbiologische Fragestellungen derzeit konkurrenzlos. Für die Zellseparation in der Diagnostik ist die Magnetseparation von Zellen als potentiell automatisierbares Verfahren mit außerdem höherer Spezifität von größerem Interesse.

Dicker-Tropfen H. Baum

Englischer Begriff. thick drop Definition. Auf einem Objektträger verrührter und nach 7 Giemsa gefärbter Bluttropfen zum Nachweis von Plasmodien.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Ein kleiner Tropfen Nativ- oder EDTA-Blut wird auf einen Objektträger verbracht und verrührt. Nach Lufttrocknung wird der Dicke Tropfen nach Giemsa gefärbt, dabei färben sich das Zytoplasma des Parasiten blau und das Chromatin rot an.

OH

Cl

O Diclofenac. Abb. 1. Strukturformel

renal (etwa 65 %) bzw. enteral (etwa 35 %) eliminiert werden; 1 % der Dosis wird unverändert im Urin ausgeschieden.

Halbwertszeit. 1–2 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Diclofenac hemmt die Cyclooxigenase und damit die Prostaglandinsynthese. Bei kardialer, renaler oder hepatischer Insuffizienz sowie Magen-/Darmulcus sollte Diclofenac nicht appliziert werden. Insbesondere bei gleichzeitiger Therapie mit Antikoagulanzien und Antidiabetika sind Blutgerinnung bzw. Glukosekonzentration im Blut zu überwachen. Die Wirkung von Diuretika und Antihypertonika ist unter Diclofenacbehandlung vermindert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum (S), Urin

Analytik. 7 HPLC, 7 GC, 7 LC-MS/MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie) Indikation. Intoxikationsverdacht Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,5–3,0 mg/L; toxisch: > 50 mg/L; komatös-letal: unbekannt.

Literatur. König H, Hallbach J (2009) Nonopioid analgesics and antirheumatics. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, p 189–200

Didesoxysequenzierung R. Weiskirchen

Einsatzgebiet. Nachweis von 7 Plasmodien im Blut.

Synonym(e). Sanger-Sequenzierung; Kettenabbruchverfahren; Terminatorverfahren

Untersuchungsmaterial. Nativblut, EDTA-Blut

Englischer Begriff. sanger sequencing; dideoxysequencing

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Einfache Handmethode wo-

Definition. Enzymkatalysierte Verfahrenstechnik zur Bestimmung

bei zur sicheren Erkennung der Plasmodien Erfahrung notwendig ist.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der Dicke Tropfen dient

zum Nachweis von Erregern der Malaria, den 7 Plasmodien, im peripheren Blut. Angesichts der meist lediglich geringen Erregerdichte wird mit Hilfe des Dicken Tropfens eine Anreicherung des Erregers erreicht. Durch das Rühren werden zusätzlich die Erythrozyten zerstört, wodurch die Erreger extrazellulär zu liegen kommen und so einfacher nachzuweisen sind. Er ist somit dem direkten Erregernachweis im Ausstrichpräparat in seiner Sensitivität überlegen.

Literatur. Seitz HM, Maier W (1994) Parasitologie. In: Brandis H, Köhler W, Eggers HJ et al (Hrsg) Lehrbuch der medizinischen Mikrobiologie. 7. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart New York, S 665

Diclofenac W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. diclofenac Definition. (Nichtsteroidales) Antirheumatikum und Analgetikum (7 Abb. 1)

Molmasse. 296 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Pharmakon wird oral appliziert und rasch resorbiert. Es wird in der Leber zu phenolischen Verbindungen metabolisiert, die teils konjugiert, teils unkonjugiert

der Sequenz einer DNA.

Physikalisch-chemisches Prinzip. In der von Frederick Sanger und Kollegen im Jahr 1977 publizierten Methode wird ein spezifischer 7 Primer an eine bekannte Startsequenz hybridisiert und eine enzymvermittelte (7 DNA-Polymerase) Neusynthese eines komplementären DNA-Gegenstrangs initiiert. In dem Reaktionsansatz sind neben den vier 2’-Desoxynukleotiden als natürliche Bausteine der DNA jeweils eines der vier 2’,3’-Didesoxynukleotide (Terminatoren) in geringen Konzentrationen enthalten. Diese werden (statistisch zufällig) in den neusynthetisierten Strang eingebaut und führen zur Termination der DNA-Synthese. Um die Reaktionsprodukte nachweisen zu können, müssen diese entweder mit radioaktiven Isotopen oder fluoreszierenden Reportergruppen markiert werden. Die Reaktionsprodukte der vier Ansätze werden in einer Polyacrylamid-Gelelektrophorese (7 Abb. 1) nach Größe getrennt oder automatisch durch Erfassung der Nukleotidsequenz nach Anregung durch einen Laser im Sequenzierautomaten erfasst (7 Abb. 2). Die vorbei wandernden DNA-Fragmente werden nach Laseranregung detektiert und von der Software in die Nukleotidsequenz übersetzt.

Einsatzgebiet. Sie dient dem Nachweis von 7 Mutationen oder 7 Polymorphismen, dem Identitätsnachweis eines PCR-7 Amplicons sowie der Darstellung von erfolgreichen Klonierungen. Untersuchungsmaterial. Die Methode kann dazu eingesetzt werden, um die Sequenz von genomischer DNA, cDNA, oder durch PCR erzeugte Amplifikate zu bestimmen. Vor dem eigentlichen Sequenzier-

Diego(DI)-Blutgruppensystem

399

Spezifität. Die Spezifität der Sequenzierung wird durch den verwendeten Sequenzierprimer und die verwendeten Reaktionsbedingungen (z. B. Temperatur) festgelegt.

Sensitivität. Zur Sequenzierung nach der Didesoxymethode werden DNA-Mengen in ng- bzw. μg-Bereich benötigt. Die Sensitivität wird durch die verwendete DNA-Polymerase, die Struktur und Markierung der eingesetzten Didesoxynukleotide sowie der Reinheit der verwendeten DNA- und Primerpräparationen bestimmt.

Fehlermöglichkeit. Die enzymatische Sequenzierung wird gehemmt durch Kontaminationen, die sich z. B. bei der Aufreinigung der DNA ergeben können. Ebenso kann die Verwendung von ungeeigneten oder chemisch uneinheitlichen Primern zu Artefakten bei der Sequenzierung führen. Sequenzbereiche, die zu stabilen Sekundärstrukturen innerhalb der einzelsträngigen DNA führen, können unklare Ergebnisse liefern. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Sequenzierung hat heute einen hohen Grad an Automatisierung erfahren. Insbesondere der Einsatz von Sequenzierautomaten, die Einführung von automatischen Probenaufreinigern sowie die Bereitstellung vorgefertigter Reagenzien-Systeme haben dazu geführt, dass das Verfahren ein fester Bestandteil der Routinediagnostik innerhalb eines molekularbiologischen Labors ist. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Didesoxysequenzierung ist heute das Verfahren der Wahl zum Nachweis genetischer Mutationen.

Literatur. Sanger F, Nicklen S, Coulson AR (1977) DNA Sequencing with Chain-Terminating Inhibitors. Proc Natl Acad Sci USA 88:2815– 2819 Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Didesoxysequenzierung. Abb. 1. Die durch Abbruchsynthese erzeugten Produkte einer Sequenzreaktion können in einem Polyacrylamidgel nach ihrer Größe aufgetrennt werden.

Diego(DI)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

prozess wird die DNA einzelsträngig (Hitze- oder Alkalibehandlung) gemacht.

Instrumentierung. Die eigentliche Sequenzierreaktion kann heute mit konventionell erhältlichen Reagenzienkits durchgeführt werden. Die Auftrennung bedarf einer speziellen Polyacrylamid-Gelelektrophoreseeinheit bzw. eines automatisierten Sequenzers.

Synonym(e). SLC4A1; Band-3-Protein; AE1 Englischer Begriff. Diego blood group system Definition. Die Diego-Antigene befinden sich auf dem erythrozytären Band-3-Protein (Anionaustauscher 1, AE1), das Produkt des SLC4A1-Gens (solute carrier family 4, anion exchanger member 1).

Didesoxysequenzierung. Abb. 2. In Abhängigkeit der Markierung können die Syntheseprodukte einer Sequenzreaktion auf verschiedene Weise analysiert werden. Bei radioaktiven Verfahrenstechniken werden die Reaktionsprodukte in einem Polyacrylamidgel aufgetrennt und in einer anschließenden Autoradiographie dargestellt (a). Andere Verfahrenstechniken benutzen Fluoreszenz-markierte Nukleotide. Die entstehenden Reaktionsprodukte werden in speziellen Sequenzierautomaten analysiert und die Sequenz in Form eines Chromatogramms dargestellt (b).

D

400

Differenzialadsorption

Dieses ist das vorherrschende, integrale Membranprotein der Erythrozyten und stellt ein erythrozytäres 7 Blutgruppensystem dar. i Das Band-3-Protein vermittelt den Chlorid/Bicarbonataustausch während des CO₂-Transports von Geweben in die Lunge. Daneben ist es in der Niere in die Säuresekretion involviert. Es ist ein Membranglykoprotein mit vielen Membrandurchgängen (multipass) aus 911 Aminosäuren (Molmasse 95–105 kDa). Die aminoterminale, zytoplasmatische Domäne verbindet die Membran über die Brückenproteine Ankyrin und Protein 4.1 mit dem Spektrin-Aktin-Zytoskelett. Die carboxyterminale Membrandomäne ist für den Anionentransport durch die Plasmamembran verantwortlich. Im Diego-Antigen gibt es zwei auf Chromosom 17q12-q21 lokalisierte Hauptallele: 5 Di(a) (ISBT-Symbol: DI1, 010.001) 5 Di(b) (ISBT-Symbol DI2, 010.002)

Die phänotypische Verteilung ist bei Kaukasiern und Schwarzen gleich, wobei Di(a+b-) < 0,01 %, Di(a-b+) > 99,9 % und Di(a+b+) < 0,1 % vorkommen. Das Di(a)-Allel in der mitteleuropäischen Population wird als Relikt des Mongolensturms im frühen 13. Jh. angesehen. Ein Nullphänotyp Di(a-b-) ist bisher nicht nachgewiesen worden. Bei anderen Populationen kommt der Di(a+b-)-Phänotyp häufiger vor (Asiaten: 10 %, südamerikanische Indianer: 36 %). AntiDi-Antikörper sind stets vom IgG-Typ und können zu hämolytischen Transfusionsreaktionen oder zu einem Morbus haemolyticus neonatorum (7 Morbus haemolyticus fetales/neonatorum) führen. Daneben wird auch das 7 Wright(Wr)-Antigen zum Diego-Blutgruppensystem gezählt. Es sind die beiden antithetischen Antigene Wr(a) (ISBT-Symbol DI3, 010.003) und Wr(b) (ISBT-Symbol DI4, 010.004) beschrieben. Die Antigenfrequenz liegt für das Wr(a)-Antigen bei 0,01 %, für Wr(b) bei 100 %. Anti-Wr(a)-Antikörper kommen mit einer Frequenz von 2,5 % vor, sie werden allerdings in der Routinediagnostik selten erkannt, da die verwendeten Testerythrozyten des 7 Antikörpersuchtests meist Wr(a)-Antigen negativ sind. Sie können vom IgG- und IgM-Typ sein. Diese sind offensichtlich natürlich vorkommende Alloantikörper, wobei auch immune Anti-Wr(a) vorkommen. Unabhängig von der Antikörperklasse können sie milde bis schwere hämolytische Transfusionsreaktionen auslösen und zu einem Morbus haemolyticus neonatorum führen. Aufgrund der Seltenheit des Wr(a)-Antigens stellen diese Antikörper keine Probleme in der Transfusionsmedizin dar. Anti-Wr(b) ist ein seltener Alloantikörper und kommt häufiger als Autoantikörper vor. Die klinische Relevanz von Anti-Wr(b)-Antikörper ist aufgrund der Antigenverteilung nicht bekannt.

Literatur. Dean L (2005) Blood Groups and Red Cell Antigens, NCBI Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2nd ed., Elsevier New York Metaxas-Bühler M (1995) Blutgruppen und Transfusion. 2. Auflage, Verlag Hans Huber, Bern

Differenzialadsorption 7 Adsorption erythrozytärer Antikörper

Differenzialblutbild. Tab 1. Messgröße

Relativ (%)

Stabkernige Granulozyten Segmentkernige Granulozyten

35–85

Eosinophile Granulozyten

0–4

Basophile Granulozyten

0–1

Monozyten Lymphozyten

Absolut (G/L)

0–5 1,85–7,25 0–0,4

2–6

0,07–0,84

20–50

1,5–3,5

G Gesamtzahl

Bewertung. Das Differenzialblutbild umfasst die Differenzierung der Leukozyten im peripheren Blut. Angegeben wird dabei die prozentuale Verteilung der einzelnen Leukozytensubpopulationen. Zusätzlich beinhaltet es die qualitative Beurteilung der Erythrozyten und Thrombozyten. Angegeben werden die einzelnen Subpopulationen normalerweise in Prozent der Gesamtleukozytenzahl, alternativ kann auch die absolute Anzahl pro Volumeneinheit (G/L) angegeben werden. Die Differenzierung der Leukozyten in die einzelnen Subpopulationen kann in Analysengeräten erfolgen oder durch die mikroskopische Differenzierung eines Blutausstrichs. Vorteil der automatisierten Analytik ist, dass in kurzer Zeit viele Differenzialblutbilder mit einer hohen Präzision der Messung durchgeführt werden können. Allerdings ist eine exakte Differenzierung nur dann möglich, wenn nur die normalerweise im Blut vorkommenden Zellen in der richtigen Konstellation in der Probe vorhanden sind. Dieser Nachteil der automatisierten Messung ist die Domäne der morphologischen Differenzierung. Es können die Zellen richtig zugeordnet werden, allerdings ist die Präzision der Messung aufgrund der geringen Anzahl an differenzierten Zellen schlechter.

Differenzialzellbild im Liquor 7 Liquor-Differenzialzellbild

Differenz, kritische G. Schumann

Englischer Begriff. critical difference Definition. Differenz zwischen zwei Quantitäten (quantitativen Untersuchungsergebnissen), die sich gerade noch statistisch signifikant unterscheiden. i Zwei quantitative Untersuchungsergebnisse sind unter analytischen Gesichtspunkten signifikant verschieden, wenn der Absolutbetrag ihrer Differenz größer als die kritische Differenz Dk ist [Stamm (1982), Costongs et al (1985)]:

Dk = 1,96 × 2½ × VKa = 2,77 × VKa,

Differenzialblutbild H. Baum

Englischer Begriff. differential count Definition. Differenzierung der Leukozyten in die einzelnen Subpopulationen.

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut, Ausstrichpräparat Analytik. Für die Differenzierung stehen zwei Techniken zur Verfügung: 5 automatisierte Messung in Analysegeräten. Dabei werden chemische, physikalische und/oder optische Eigenschaften der Zellen erfasst und so einzelne Subpopulationen getrennt 5 mikroskopische Differenzierung eines gefärbten Blutausstrichs

Referenzbereich. 7 Tab. 1

wobei VKa die relative Standardabweichung als Maß für die analytische Ungenauigkeit von Tag zu Tag von Kontrollproben im Rahmen der üblichen Qualitätssicherung bedeutet. Wenn die Ergebnisse aus einer Serie stammen, muss der in einer Serie ermittelte VK verwendet werden. Wenn die Differenz zwischen den beiden Ergebnissen ≤ die kritische Differenz ist, reflektiert der numerische Unterschied wahrscheinlich lediglich die Ungenauigkeit des Verfahrens. Die kritische Differenz hat sich für die Longitudinalbeurteilung von zwei quantitativen Untersuchungsergebnissen bewährt. Wenn die intraindividuelle Komponente der biologischen Streuung VKi berücksichtigt werden soll (insbesondere bei größeren Zeitintervallen), muss die Gleichung für Dk erweitert werden (Ricos et al 2004): Dk = 2,77 × (VK2a + VK2i)½ Bei Ricos et al (2004) wurde die kritische Differenz (auch als reference change value bezeichnet) für 261 Messgrößen zusammengestellt.

Digoxin

Literatur. Stamm D (1982) A new concept for quality control of clinical laboratory investigations in the light of clinical requirements and based on reference method values. J Clin Chem Clin Biochem 20:817–824 Costongs GMPJ, Janson PCW, Bas BM et al (1985) Short-term and long-term intraindividual variation and critical difference of haematological laboratory parameters. J Clin Chem Clin Biochem 23:69–76 Ricos C, Cava F et al (2004) The reference change value: a proposal to interpret laboratory reports in serial testing based on biological variation. Scand J Clin Lab Invest 64:175–184

Differenzierung R. Weiskirchen

401

i DLIF wurden besonders häufig bei Niereninsuffizienz und Leberzirrhose sowie bei Neugeborenen und Schwangeren gefunden. Sie führen bei Immunoassays je nach Spezifität des Antikörpers zu mehr oder minder (fälschlich) erhöhten Werten bei der Digoxinbestimmung (in geringerem Maß auch bei der Digitoxinbestimmung). Bei Verdacht auf DLIF sollten Bestimmungen mit zwei Verfahren mit unterschiedlichen Antikörpern oder Messungen vor und nach HPLCFraktionierung durchgeführt werden.

Literatur. Hallbach J (2009) Cardiac glycosides. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 327–338

Digital Object Identifier 7 DOI

Englischer Begriff. differentiation Definition. Prozess, bei dem gemäß einem erblichen Muster folgend, eine potenziell zur Umwandlung in mehrere Richtungen fähige Struktur spezialisiert wird. i In höheren Organismen sind unterschiedliche Typen von Zellen

vorhanden, die spezialisierte Funktionen innehaben. Alle Zelltypen entstehen durch Teilung und Differenzierung aus der befruchteten, totipotenten Eizelle. Die Differenzierung führt zur 7 Omnipotenz von Zelle oder Gewebe.

Digitoxin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. digitoxin Definition. Herzwirksames Glykosid (7 Abb. 1)

Differenzskala 7 Intervallskala

Diffusion T. Arndt

Englischer Begriff. diffusion Definition. Diffusion (lat. diffundere = ausbreiten, sich zerstreuen) ist der durch Konzentrationsgradienten ausgelöste Stofftransport in Gasen, Flüssigkeiten oder Festkörpern. i Die Diffusion erfolgt spontan aufgrund der Teilchenbewegung.

Sie strebt einen Ausgleich von Konzentrationsunterschieden an. Diffusionsprozesse haben für die klinisch-chemische Analytik eine große Bedeutung, z. B. bei: 5 Bestimmung von Na+, K+ und Cl– mit ionenselektiven Elektroden, 5 pH-Messung mit der pH-Elektrode, 5 7 Trockenchemie, 5 elektrophoretischen und chromatographischen Techniken, 5 Bindung von Antigenen an Antikörper-beschichtete 7 Mikrotiterplatten-Kavitäten (z. B. ELISA, 7 Immunoassay). Einzelheiten s. Lehrbücher der Physik oder Chemie. In der (Hämo)Dialyse werden Diffusionsprozesse durch Einsatz semipermeabler Membranen gezielt in genau eine Richtung gelenkt. Diese Membranen sind für kleine Moleküle wie 7 Harnstoff, 7 Harnsäure oder 7 Kreatinin durchlässig, nicht aber für große, wie Peptide und Proteine. Dadurch wird eine Entlastung des Bluts von Stoffwechselendprodukten erreicht (Entgiftung) und ein Verlust von höhermolekularen Substanzen verhindert.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Digitalis-like factors W.-R. Külpmann

Synonym(e). DLIF; digoxin like factors Englischer Begriff. digitalis like factors; digoxin like factors Definition. Endogene Faktoren mit z. T. ähnlicher Wirkung wie Digitalisglykoside und evtl. Ursache für falsch hohe Bestimmung insbesondere von 7 Digoxin mit 7 Immunoassay.

Digitoxin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 764,92 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Digitoxin wird im Dünndarm passiv resorbiert, sodass die Bioverfügbarkeit 100 % beträgt. Aufgenommenes Digitoxin wird zu 80 % überwiegend in der Leber abgebaut, vorwiegend durch sukzessive Abspaltung von Digitoxoseeinheiten und durch Glukuronidierung. 60 % werden renal eliminiert, 40 % biliär. Halbwertszeit. 140–200 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. 7 Digoxin Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P) Analytik. 7 Immunoassay Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxikation

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,010–0,025 mg/L; toxisch: > 0,03 mg/L; komatös-letal: > 0,04 mg/L. Der Einfluss von 7 DLIF auf die Digitoxinbestimmung ist im Allgemeinen geringer als auf die Digoxinbestimmung. Literatur. Hallbach J (2009) Cardiac glycosides. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 327–338

Digoxin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. digoxin

D

402

Dihydrocholesterol

Definition. Herzwirksames Glykosid (7 Abb. 1)

Englischer Begriff. dihydrotestosterone Definition. Testosteron ist nur ein Prohormon für zwei Hormone: Durch 5α-Reduktion von Testosteron entsteht das biologisch hochaktive DHT und durch Aromatisierung von Testosteron Estradiol. DHT gehört zu den C-19-Steroiden.

Struktur. 17β-Hydroxy-5α-androstan-3-on, C₁₉H₃₀O₂ Molmasse. 290,43 g

Digoxin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 780,92 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Digoxin wird im Dünndarm passiv resorbiert, sodass die Bioverfügbarkeit 70 % beträgt. Digoxin wird unverändert renal (60 %) und biliär (30 %) eliminiert, 10 % werden hepatisch metabolisiert. Halbwertszeit. 40–70 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei Digoxinintoxikation treten auf: 5 kardial: Ventrikuläre Dysrhythmie, Extrasystolen, Tachykardie, Verschlechterung der Kontraktionskraft, Asystolie 5 extrakardial: Erbrechen, Benommenheit, Neuralgien.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Synthese erfolgt durch eine Reduktion des Testosterons unter Beteiligung des Enzyms 5-α-Reduktase. Kleine Mengen DHT werden im Hoden auch direkt gebildet. Bei der Frau entsteht DHT aus Testosteron und Androstendion. DHT kann nicht zu Estradiol aromatisiert werden, daher ist es ein reines Androgen. Nur 1 % DHT zirkuliert frei, der überwiegende Teil ist an 7 SHBG gebunden. Nach Anbindung an das Rezeptorprotein entsteht ein Hormon-Rezeptor-Komplex, der zum Zellkern transportiert wird und dort die Aktivierung bestimmter Genorte auslöst. In den Sebozyten werden vermutlich so Zellteilung und Lipidgenese stimuliert. Beim Mann konnten zwei Isoformen identifiziert werden: 5 Typ-1-Rezeptoren in Haut, Leber und Gehirn, 5 Typ-2-Rezeptoren in Nebenhoden und Prostata. DHT wird durch Reduktion zu 17-Ketosteroiden inaktiviert und über den Urin ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. DHT ist die erst in den Zielzellen

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P)

gebildete Wirkform des Testosterons. Entwicklung und Funktion von Prostata und Bläschendrüsen, Körperbehaarung männlichen Typs, Bartwuchs, die Funktion der Talgdrüsen aber auch die Abnahme der Kopfbehaarung bei genetischer Disposition sind Prozesse, die vom DHT gesteuert werden.

Analytik. 7 Immunoassay

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxika-

Probenstabilität. Aufbewahrung und Versand nur tiefgefroren.

tion

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,0005–0,002 mg/L; toxisch: > 0,0025 mg/L; komatös-letal: > 0,005 mg/L. Falsch hohe Konzentrationen können bedingt sein durch: 5 Probennahme: Aussagefähig sind nur Konzentrationsmessungen von Proben, die 8 h oder später nach der letzten Applikation gewonnen wurden (andernfalls zu hohe Konzentrationen). 5 Störfaktoren: Digoxinmetabolite, Spironolactonmetabolite; 7 DLIF: (Endogenous) 7 digitalis-like factors 5 Therapie der Digoxinintoxikation mit Digitalis-Antidot. Bei Bewertung der Digoxinkonzentration muss berücksichtigt werden, dass Hyperkalziämie, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie die Digoxinwirkung verstärken.

Literatur. Hallbach J (2009) Cardiac glycosides. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 327–338

Dihydrocholesterol 7 Cholestanol

Dihydrocodein 7 Morphin(derivate)

22:23-Dihydrostigmasterol 7 Sitosterin

Dihydrotestosteron H. M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). 5α-Dihydrotestosteron (DHT)

Präanalytik. Störfaktoren: Hämolytische und ikterische Proben. Analytik. RIA oder ELISA. Angeboten werden auch kommerzielle Assays für freies DHT. Konventionelle Einheit. ng/dL Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/dL × 3,44 = nmol/L Referenzbereich — Frauen. DSL-RIA nach Extraktion. 56–200 ng/L Referenzbereich — Männer. DSL-RIA nach Extraktion. 160– 1100 ng/L

Referenzbereich — Kinder. DSL-RIA nach Extraktion. < 50 ng/L Indikation. Beurteilung und Verlaufskontrolle Pseudohermaphroditismus, Diagnose des 5α-Reduktasemangels, Therapiekontrolle von 5α-Reduktasehemmer (Finasterid, Dutasterid).

Interpretation. Erniedrigungen: 5 5 5 5 5 5 5 5

primärer und sekundärer Hypogonadismus 5α-Reduktase-Mangel Klinefelter-Syndrom Impotenz Pseudohermaphroditismus masculinus Leberzirrhose Östrogentherapie Therapie mit 5α-Reduktasehemmern (Finasterid, Dutasterid)

Erhöhungen: 5 Chronische Anovulationssyndrome z. B. Syndrom der polyzystischen Ovarien 5 Hirsutismus

DIN EN ISO 15194

5 5 5 5 5

Pubertas praecox angeborene NNR-Hyperplasie NNR-Tumoren Hodentumoren Ovarialtumoren

Bei jungen Männern liegt der DHT-Spiegel bei etwa 10 % des GesamtTestosteronspiegels (Umwandlung durch 5α-Reduktase). Ein erhöhter Testosteron/DHT-Quotient nach β-HCG-Stimulation (7 HCG-Test) weist auf einen 5α-Reduktasemangel hin.

Diagnostische Wertigkeit. Die Stimulation der Prostata durch Dihydrotestosteron trägt zu ihrem Wachstum bei; wird die Funktion dieses Hormons gehemmt, führt das natürlich zu einer Verkleinerung der Prostata. Unter einer Therapie mit 5α-Reduktasehemmern ist ein Monitoring des Abfalls der DHT-Spiegel möglich. Literatur. Greene S, Zachmann M, Manella B et al (1987) Comparison of Two Tests to Recognize or Exclude 5 Alpha-Reductase Deficiency in Prepubertal Children. Acta Endocrinol 114:113–117

403

anforderungen zu erhöhen. Dabei wird unter einem prozessorientierten Ansatz die Anwendung eines Systems von Prozessen in einer Organisation, gepaart mit dem Erkennen und den Wechselwirkungen dieser Prozesse sowie deren Management verstanden. Ein Vorteil des prozessorientierten Ansatzes besteht in der ständigen Lenkung, die dieser Ansatz über die Verknüpfung zwischen den einzelnen Prozessen in dem System von Prozessen sowie deren Kombination und Wechselwirkung bietet. Die ISO 9001:2008 kann von internen und externen Parteien einschließlich Zertifizierungsstellen verwendet werden, um die Fähigkeit der Organisation zur Erfüllung der Anforderungen der Kunden, der Behörden und der eigenen Organisation zu bewerten.

Literatur. DIN EN ISO 9001:2008 „Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen“ Beuth-Verlag, Berlin

DIN EN ISO 15189 A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. ISO 15189

5α-Dihydrotestosteron (DHT) 7 Dihydrotestosteron

1,25-Dihydroxycholecalciferol 7 Vitamin D

3,5-Dihydroxy-3-Methylpentansäure 7 Mevalonsäure

2,5-Dihydroxyphenylessigsäure 7 Homogentisinsäure

17,21-Dihydroxyprogesteron 7 11-Desoxykortisol

1,25-Dihydroxy-Vitamin-D 7 Vitamin D

Dimension einer Größe 7 Größendimension

Dimercaptopropansulfonsäure 7 DMPS

Dimercaptopropansulfonsäure-Test 7 DMPS-Test

Dimethylketon 7 Aceton

DIN 7 Deutsches Institut für Normung eV

DIN EN ISO 9001 A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. ISO 9001 i In der ISO 9001:2008 sind Anforderungen an Qualitätsmanage-

mentsysteme festgelegt. Die ISO 9001:2008 fördert die Wahl eines prozessorientierten Ansatzes für die Entwicklung, Verwirklichung und Verbesserung der Wirksamkeit eines Qualitätsmanagementsystems, um die Kundenzufriedenheit durch die Erfüllung der Kunden-

i Die Internationale Norm ISO 15189 „Medizinische Laboratorien – Besondere Anforderungen an die Qualität und Kompetenz“, der ISO/IEC 17025 und ISO 9001 zugrunde liegen, enthält Anforderungen an die Qualität und Kompetenz medizinischer Laboratorien. Die Dienstleistungen medizinischer Laboratorien sind für die Patientenversorgung von wesentlicher Bedeutung und müssen deshalb so zur Verfügung stehen, dass sie den Bedürfnissen der Gesamtheit der Patienten und des klinischen Personals, das für die Versorgung dieser Patienten verantwortlich ist, entsprechen. Zu diesen Dienstleistungen zählen die Vorkehrungen für die Untersuchungsanforderung, die Vorbereitung der Patienten, die Identitätsfeststellung der Patienten, die Entnahme von Untersuchungsproben sowie Transport, Aufbewahrung, Aufbereitung und Untersuchung klinischer Proben mit der darauf folgenden Validierung, Auswertung, Berichtsabfassung und Beratung; dazu gehören auch die Berücksichtigung der Sicherheit und der ethischen Gesichtspunkte der Arbeit im medizinischen Laboratorium. Akkreditierungsstellen, die sich mit der Anerkennung der Kompetenz medizinischer Laboratorien befassen, werden i.a. diese Internationale Norm als Grundlage für ihre Tätigkeiten verwenden.

Literatur. DIN EN ISO 15189:2007 „Medizinische Laboratorien – Besondere Anforderungen an die Qualität und Kompetenz.“ BeuthVerlag, Berlin

DIN EN ISO 15193 G. Schumann

Englischer Begriff. ISO 15193 i Die Internationale Norm „In-vitro-Diagnostika – Messung von Größen in Proben biologischen Ursprungs – Anforderungen, Inhalt und Aufbereitung von Referenzmessverfahren“ enthält Anforderung an Referenzmessverfahren, die auch als „Messverfahren höherer Ordnung“ bezeichnet werden. Solche Verfahren und Referenzmaterialien (7 DIN EN ISO 15194) sind die wichtigsten Bestandteile von Referenzsystemen für medizinische Laboruntersuchungen und zeichnen sich durch große Genauigkeit und kleine Messunsicherheit aus.

Literatur. DIN EN ISO 15193:2009 „In-vitro-Diagnostika – Messung von Größen in Proben biologischen Ursprungs – Anforderungen, Inhalt und Aufbereitung von Referenzmessverfahren.“ Beuth-Verlag, Berlin

DIN EN ISO 15194 G. Schumann

Englischer Begriff. ISO 15194 i Die internationale Norm „In-vitro-Diagnostika – Messung von

Größen in Proben biologischen Ursprungs – Anforderungen an zertifizierte Referenzmaterialien und an den Inhalt der Begleitdokumen-

D

404

DIN EN ISO 15195

tation“ enthält die Anforderungen an die Beschreibung von Referenzmaterial. Zertifiziertes Referenzmaterial dient als Kalibriermaterial für Referenzmessverfahren oder als Material zu deren Kontrolle. Die Zertifizierung von primärem Referenzmaterial ist metrologischen Instituten vorbehalten. Spezielle Messverfahren zur Charakterisierung der primären Referenzmaterialien haben größte Genauigkeit und kleinste Messunsicherheit.

Literatur. DIN EN ISO 15194:2009 „In-vitro-Diagnostika – Messung von Größen in Proben biologischen Ursprungs – Anforderungen an zertifizierte Referenzmaterialien und an den Inhalt der Begleitdokumentation.“ Beuth-Verlag, Berlin

DIN EN ISO 15195 G. Schumann

Englischer Begriff. ISO 15195 i Die Internationale Norm ISO 15195 „Laboratoriumsmedizin –

Anforderungen an die Referenzmesslaboratorien“, der ISO 17025 (7 DIN EN ISO 17025) und ISO 9001 (7 DIN EN ISO 9001) zugrunde liegen, enthält Anforderungen an die Qualität und Kompetenz von Referenzmesslaboratorien. Die Norm nimmt auf die besonderen Aspekte der Referenzlaboratorien, auch als Kalibrierlaboratorien bezeichnet, auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin Bezug. Die von medizinischen Laboratorien erstellten Ergebnisse sollen auf Referenzmaterialien und/oder Referenzmessverfahren höherer Ordnung, sofern verfügbar, rückführbar sein. Dadurch soll die Übereinstimmung von Messergebnissen unabhängig von Zeit und Ort der Messung erzielt werden. Die Norm ISO 15195 bildet die Grundlage für die Akkreditierung eines Referenzmessverfahrens für eine medizinische Messgröße.

Literatur. DIN EN ISO 15195:2003 „Laboratoriumsmedizin – Anforderungen an die Referenzmesslaboratorien.“ Beuth-Verlag, Berlin

DIN EN ISO/IEC 17025 A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. ISO 17025 i Die Norm DIN EN ISO/IEC 17025 „Allgemeine Anforderun-

gen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien“ wurde als Ergebnis der umfassenden Erfahrungen mit der Einführung von ISO/IEC Guide 25 und EN 45001 erarbeitet. Sie enthält alle Anforderungen, die Prüf- und Kalibrierlaboratorien erfüllen müssen, wenn sie nachweisen wollen, dass sie ein Qualitätsmanagementsystem betreiben, technisch kompetent und fähig sind fachlich fundierte Ergebnisse zu erzielen. Akkreditierungsstellen, welche die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien anerkennen, verwenden diese Norm als Grundlage für ihre Akkreditierung. Inhaltlich enthält die Norm in zwei Abschnitten die Anforderungen an ein solides Managementsystem (Abschnitt 4) und Anforderungen zum Nachweis der technischen Kompetenz für die Art von Prüfungen bzw. Kalibrierungen fest, die das Laboratorium durchführt (Abschnitt 5). Die speziellen Normen für medizinische Prüf- (7 DIN EN ISO 15189) und Kalibrierlaboratorien (7 DIN EN ISO 15195) sind der Norm DIN EN ISO/IEC 17025 untergeordnet.

Literatur. DIN EN ISO/IEC 17025:2005 „Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und Kalibrierlaboratorien“ BeuthVerlag, Berlin

DIN EN ISO 17511 G. Schumann

Englischer Begriff. ISO 17511 i Die internationale Norm „In-vitro-Diagnostika – Messung von

Größen in Proben biologischen Ursprungs – Metrologische Rückführbarkeit von Werten, die Kalibriermaterialien und Kontrollmaterialien zugeordnet sind“ enthält die Anforderungen für die metrolo-

gische Rückführung von Messwerten. Durch eine ununterbrochene Kette von Kalibrierungen sollen Messwerte, die mit Routineverfahren ermittelt werden, auf die im Referenzsystem erzielbare Genauigkeit rückgeführt werden. Unter den Bedingungen eines optimalen Referenzsystems endet die metrologische Rückführbarkeitskette bei den international festgelegten Einheiten (engl.: SI-units).

Literatur. DIN EN ISO 17511:2003 „In-vitro-Diagnostika – Messung von Größen in Proben biologischen Ursprungs – Metrologische Rückführbarkeit von Werten, die Kalibriermaterialien und Kontrollmaterialien zugeordnet sind.“ Beuth-Verlag, Berlin.

DIN EN ISO 18153 G. Schumann

Englischer Begriff. ISO 18153 i Die internationale Norm „In-vitro-Diagnostika – Messung von

Größen in Proben biologischen Ursprungs – Metrologische Rückführbarkeit von Werten der katalytischen Konzentration von Enzymen, die Kalibratoren und Kontrollmaterialien zugeordnet sind“ enthält die speziellen Anforderungen für die metrologische Rückführung der Messwerte für katalytische Enzymkonzentrationen. Die Messgröße „Katalytische Enzymkonzentration“ wird durch die sehr detaillierte Beschreibung der Messbedingungen definiert. Damit unterscheidet sich diese Messgröße von methodenunabhängigen Messgrößen, deren Bedingungen für die metrologische Rückführung in ISO 17511 (7 DIN EN ISO 17511) beschrieben sind.

Literatur. DIN EN ISO 18153:2003 „In-vitro-Diagnostika – Messung von Größen in Proben biologischen Ursprungs – Metrologische Rückführbarkeit von Werten der katalytischen Konzentration von Enzymen, die Kalibratoren und Kontrollmaterialien zugeordnet sind.“ Beuth-Verlag, Berlin.

Diode T. Arndt

Englischer Begriff. diode Definition. Elektronisches Bauelement, das für elektrischen Strom in einer Richtung durchlässig, in der entgegengesetzten Richtung undurchlässig ist. i Eine Diode (griech.: dihodos zwei Wege) besteht aus einer Anode und einer Kathode. Wird die Anode positiv geschaltet (Elektronenmangel), kann ein elektrischer Strom von der Kathode (Elektronenüberschuss) zur Anode fließen. Durch Umpolung (Anode negativ und Kathode positiv) wird die Diode stromundurchlässig. Ein wichtiges Einsatzgebiet von Dioden im klinisch-chemischen Labor ist die Anwendung als Wandler für Lichtstrahlung in elektrischen Strom (7 Photodiode).

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Diodenarray-Detektor 7 Photodioden-Array-Detektor

4,6-Dioxo-Heptansäure 7 Succinylaceton

Diphenhydramin W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. diphenhydramine Definition. Antihistaminikum, Sedativum, Antiemetikum (7 Abb. 1) Molmasse. 255,36 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach oraler Applikation

Disaccharidasen

405

Definition. Das Vorhandensein zweier vollständiger Chromosomensätze. i In einer diploiden Zelle (2n) befinden sich von jeder Erbanlage

sowohl eine Version des Vaters als auch eine der Mutter. Diploidie stellt die Grundlage der sexuellen Fortpflanzung dar. Diphenhydramin. Abb. 1. Strukturformel

rasche Resorption mit einer Bioverfügbarkeit von 50 %. Diphenhydramin wird in der Leber abgebaut, sodass nur 4 % der Dosis unverändert renal eliminiert werden.

Dipol 7 Van-der-Waals-Kräfte

Dipropylessigsäure

Halbwertszeit. 5–11 h (Plasma)

7 Valproinsäure

Funktion und Pathophysiologie. Bei Vergiftungen finden sich atropinähnliche (z. B. Mydriasis) und anticholinerge Wirkungen (Erregung, Delir, Krämpfe, Hyperthermie, Lähmung des Atemzentrums, Kreislaufkollaps).

7 Metamizol

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Urin Analytik. HPLC, GC, GC-MS (7 Chromatographie, 7 Massenspektrometrie)

Indikation. Verdacht auf Intoxikation

Dipyron Direkteinlass 7 Massenspektrometrie

Direkte Thrombininhibitoren 7 Thrombininhibitoren

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,03–0,10 mg/L; toxisch: > 0,6 mg/L; komatös-letal: > 5–8 mg/L.

Literatur. König H, Käferstein H (2009) Hypnotics and sedatives. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 367–384

Diphosphatidylglyzerol 7 Cardiolipin

2,3-Diphosphoglyzerat O. Müller-Plathe

Synonym(e). 2,3-DPG Englischer Begriff. 2,3-diphosphoglycerate Definition. Glykolysemetabolit mit Einfluss auf die O₂-Affinität des Hämoglobins (Hb). i Im Zuge der Glykolyse wird 1,3-Diphosphoglyzerat normalerweise unter Gewinnung von ATP direkt zu 3-Phosphoglyzerat abgebaut. Im Erythrozyten verläuft dieser Abbau zu etwa 20 % über die Zwischenstufe 2,3-DPG (Rapoport-Luebering-Zyklus). 2,3-DPG liegt im Erythrozyten mit einer Konzentration von etwa 5 mmol/L annähernd äquimolar zum Hb-Tetramer vor. Durch seine Größe kann das Molekül in die zentrale Höhle zwischen den Beta-Ketten des DeoxyHb eindringen, hier durch elektrostatische Bindung die T-Konformation des Hb-Tetramers stabilisieren und dadurch die Affinität zu O₂ vermindern. Zunahme von 2,3-DPG mindert die O₂-Affinität und erhöht den Halbsättigungsdruck (p50), Abnahme erhöht die Affinität und erniedrigt p50. Regulation der 2,3-DPG-Konzentration: Zunahme bei O₂-Mangel sowie bei zellulärer Alkalose durch Stimulation von Enzymen der Glykolyse. Abnahme bei O₂-Überschuss sowie bei zellulärer Azidose durch Hemmung von Enzymen der Glykolyse, ferner in alternden Erythrozyten. Klinische Bezüge: 7 Sauerstofftransport.

Literatur. Fairbanks VF, Klee GG (1994) Biochemical Aspects of Hematology. In: Burtis CA, Ashwood ER (eds) Tietz Textbook of Clinical Chemistry. 2nd edn. WB Saunders, Philadelphia, pp 1992–1994

Diploidie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. diploidy

Direkter Antihumanglobulintest 7 Agglutinationstest

Direktes Bilirubin 7 Bilirubin

Disaccharid-Absorptionstest R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. disaccharide absorption test Definition. Gruppe von Funktionsuntersuchungen zum Nachweis

von Digestionsstörungen von Disacchariden durch Mangel an 7 Disaccharidasen der intestinalen Bürstensaummembran.

Durchführung. Nach oraler Zufuhr des Disaccharids als Testsubstanz werden die enterale enzymatische Spaltung des Disaccharids und die Resorption der entstehenden Monosaccharide anhand des Anstiegs der Serumkonzentration der Monosaccharide bestimmt. Von praktischer Bedeutung ist der 7 Laktosetoleranztest. Literatur. Lembcke B (1998) Lactose-Toleranz-Test. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, TH-Books Verlagsgesellschaft, Frankfurt/Main, S 429–431

Disaccharidasen R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. disaccharidases Definition. Glykohydrolasen der intestinalen Bürstensaummembran, welche die Hydrolyse von Disacchariden katalysieren und die Enzyme Laktase, Sukrase-Isomaltase, Maltase und Trehalase umfassen. i Disaccharide der Nahrung (Laktose und Sukrose) und Endstufen des Stärkeabbaus werden durch mehrere Glykohydrolasen der intestinalen Bürstensaummembran, insbesondere des Duodenums und des Jejunums zu ihren Monosaccharidbestandteilen abgebaut. Hierbei hydrolysiert Laktase Laktose zu Glukose und Galaktose, SukraseIsomaltase Sukrose zu Glukose und Fruktose und Trehalase Trehalose zu Glukose. Isomaltase spaltet zusätzlich die α(1–6)glykosidische Bindung von α-Grenzdextrinen. Maltase spaltet die α(1–4)glykosidische Bindung in Oligosacchariden mit bis zu 9 Glukoseresten. Disaccharidasen werden in Krypt- wie Villuszellen der intestinalen Mukosa gebildet. Ihre Expression wird posttranslational im Zuge ihrer intrazel-

D

406

Disintegrin-Metalloproteinasen

lulären Prozessierung reguliert. Sukrase-Isomaltase besteht aus zwei Untereinheiten mit jeweils unterschiedlicher katalytischer Aktivität.

Literatur. Semenza G, Auricchio S (1995) Small-Intestinal Dissacharidases. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The Metabolic and Molecular Basis of Inherited Disease. Vol III. McGraw-Hill, New York, pp 4451–4480

Literatur. Seals DF, Courtneidge SA (2003) The ADAMs family of metalloproteases: multidomain proteins with multiple functions. Genes Dev 17:7–30

Diskontinuierliches Verfahren 7 Enzymaktivität

Disintegrin-Metalloproteinasen

Diskriminanzanalyse

H.-D. Haubeck

R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Sheddase; Reprolysine

Englischer Begriff. discriminant analysis

Englischer Begriff. ADAM (a disintegrin and metalloprotease)

Definition. Die Diskriminanzanalyse ist eine multivariat statistisches Verfahren zur Klassifizierung von Individuen in bekannte Gruppen.

Definition. Die Familie der Disintegrin-Metalloproteinasen (ADAMs) gehört, wie die Matrix-Metalloproteinasen (MMPs), zur Superfamilie der Zink-Metalloproteinasen. ADAMs besitzen als extrazelluläre proteolytische Enzyme vielfältige Aufgaben u. a. bei der Freisetzung von Zytokinen, Wachstumsfaktoren oder ihrer Rezeptoren von der Zelloberfläche und bei der Regulation der Zelladhäsion. i Die Proteolyse der extrazellulären Matrix spielt eine wichtige Rolle bei der embryonalen Entwicklung und beim Wachstum, aber auch bei zahlreichen Krankheitsbildern, wie z. B. Tumorwachstum und Metastasierung oder Entzündungsprozesse. Die Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und die ADAMs sind dabei an Degradation oder Prozessierung von Proteinen beteiligt. ADAMs bilden eine große Familie von Transmembranglykoproteinen und besitzen eine charakteristische Multidomänenstruktur, die neben einer N-terminalen Prodomäne, Metalloprotease-, Disintegrin-, Cystein-reiche und EGF-ähnliche Domänen besitzen. Viele ADAMs besitzen außerdem eine zytoplasmatische Domäne mit Bindungsstellen für Signaltransduktionsmoleküle. Mit der Familie der ADAMs verwandt ist die Familie der ADAM-TS (a disintegrin-like and metalloprotease with thrombospondin type 1 motif), die eine zusätzliche Thrombospondin-ähnliche Domäne, aber keine EGFähnliche und keine zytoplasmatische Domäne besitzen und daher in der Regel nicht Zellmembran-gebunden sind. Zu ADAM-TS gehören u. a. die Aggrecanasen (ADAM-TS-4 und 5), die bei der Zerstörung des Gelenkknorpels bei entzündlich-rheumatischen und degenerativen Gelenkerkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Die ADAMs sind darüber hinaus eng mit einer Familie von Metalloproteasen aus Schlangengiften (snake venom metalloproteases, SVMPs) verwandt, die ebenfalls eine Metalloproteinase- und eine Disintegrin-Domäne besitzen. Disintegrine sind Peptide mit einer RGD- oder KGD-Sequenz, die an Integrine binden und die Interaktion der 7 Integrine mit ihren Liganden inhibieren. In den Schlangengiften inhibieren die Disintegrine die Aggregation der Thrombozyten über die Interaktion des Integrins αIIbβ3 mit Fibrinogen und damit die Blutgerinnung. Beim Menschen wurden bisher 32 ADAMs beschrieben. Daneben existieren weitere alternative Splice-Formen und proteolytisch prozessierte Formen, die z. T. löslich, d. h. nicht-membrangebunden, sind. Das bestuntersuchte Mitglied der ADAM-Familie ist ADAM-17, auch bekannt als „tumor-necrosis-factor-α converting enzyme“ (TACE), das das proinflammatorische Zytokin TNF-α aus seiner Zellmembran-gebundenen Precursor-Form freisetzt. Damit spielt ADAM-17 eine wichtige Rolle bei zahlreichen Entzündungsprozessen (z. B. der rheumatoiden Arthritis). Daneben spaltet ADAM-17 weitere Liganden und Rezeptoren, z. B. Pro-TGF-α, L-Selektin, VCAM-1 (vascular cell adhesion molecule-1), den IL-6-Rezeptor, den Nervenwachstumsfaktor (NGF)-Rezeptor und den EGF-Rezeptor. Eine wichtige Funktion besitzen die ADAMs auch bei der Reproduktion. Dementsprechend sind viele der ADAMs bevorzugt oder ausschließlich in den Gonaden exprimiert. ADAM-1 und ADAM-2 (ursprünglich als fertilysin-1 und -2 beschrieben) sind z. B. über ihre Disintegrin-Domänen für die Fusion von Spermien mit der Eizelle notwendig. Dies wird auch bestätigt durch die Tatsache, dass ADAMdefiziente Knock-out-Mäuse unfruchtbar sind. Für viele der ADAMs ist die Beteiligung an humanen Krankheitsbildern noch unzureichend untersucht. Darüber hinaus stehen bisher keine kommerziellen Immunoassays zur Bestimmung der Serumkonzentrationen der löslichen Formen der ADAMs zur Verfügung.

i Die Diskriminanzanalyse stellt eine Form der computergestützten

Diagnose dar, die auch als ‘supervised pattern recognition’ bezeichnet wird, da die Gruppenzuteilung a priori bekannt ist. Lineare und logistische Diskriminanzanalyse sind die am häufigsten verwendeten Verfahren in diesem Kontext. Das Ziel der Diskriminanzanalyse besteht nicht nur in der Bestimmung der Diskriminanzregel, sondern auch in der Bewertung der Güte der Diskriminanzregel, etwa anhand der Missklassifikationsraten.

Literatur. Pereira-Maxwell F (1998) A–Z of Medical Statistics. Arnold, London Fisher LD, van Belle G (1993) Biostatistics – A Methodology for the Health Sciences. Wiley, New York

Diskriminationsfaktor H. Baum

Synonym(e). D.F. Englischer Begriff. discrimination factor Definition. Formel zur Unterscheidung einer Eisenmangelanämie von einer Thalassämie mit Hilfe des MCV (in fl), der Erythrozytenzahl (× 106/μL) und der Hämoglobinkonzentration (Hb in g/dL). i Der Diskriminationsfaktor D.F. ist definiert als

D.F. = MCV – Ery-Zahl (× 106/μL) – (5 × Hb) – 3,4 Ein positiver Wert ist ein Hinweis auf eine Eisenmangelanämie, während ein negativer Wert auf eine Thalassämie hindeutet, wobei 99 % der Fälle richtig zugeordnet werden. Die Formel kann jedoch nicht zur Differenzialdiagnostik einer mikrozytären Anämie eingesetzt werden, wenn eine Kombination von Eisenmangelanämie und Thalassämie oder eine andere Anämieform bei einem Patienten gleichzeitig vorliegt. In diesen Fällen wird nur der Eisenmangel beschrieben mit einem positiven Faktor. Auch bei Schwangeren und bei einem MCV > 80 fL ist der D.F. als diagnostisches Kriterium nicht anwendbar.

Literatur. England JM, Fraser PM (1973) Differentiation of iron deficiency from thalassaemia trait by routine blood-count. The Lancet 1:449–452

Dismutation T. Arndt

Synonym(e). Disproportionierung Englischer Begriff. dismutation Definition. Bezeichnung für chemische Reaktionen, bei denen sich die Oxidationszahl eines Elementes eines Ausgangsstoffs gleichzeitig in einem Reaktionsprodukt erniedrigt und in einem anderen Reaktionsprodukt erhöht. [Anmerkung: Oxidationszahl, auch Oxidationsstufe genannt, ist die Ladung eines Elements, die ein Atom des Elements haben würde, wenn die Elektronen aller Bindungen an diesem Atom dem jeweils

D-Kategorie

407

stärker elektronegativen Atom zugeordnet werden (IUPAC-Definition aus: Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart).]

Radikale (Homolyse) oder Ionen (Heterolyse). Die Dissoziationskonstante ist ein Spezialfall, der für diese Reaktionen aus dem Massenwirkungsgesetz ableitbaren Gleichgewichtskonstante.

i Dismutationen laufen zumeist unter Wirkung eines Katalysators und selten spontan ab. So wird z. B. das im Organismus aus verschiedenen Reaktionen resultierende Wasserstoffperoxid (H₂O₂) unter Wirkung des Enzyms Katalase in Wasser (H₂O) und molekularen Sauerstoff (O₂) gespalten (2 H₂O₂ → 2 H₂O + O₂). Dabei ändert sich die Oxidationszahl des Sauerstoffs von –1 (H₂O₂) in –2 (H₂O) und 0 (O₂). Analoge Reaktionen werden von den Peroxidasen katalysiert.

i Im klinisch-chemischen Bereich handelt es sich zumeist um eine

Literatur. Holleman AF, Wiberg E (1995) Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Aufl. Walter de Gruyter, Berlin New York

Disopyramid W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. disopyramide Definition. Antiarrhythmikum (Klasse IA) (7 Abb. 1)

sog. elektrolytische Dissoziation, das heißt den teilweisen oder vollständigen Zerfall von Säuren, Basen oder Salzen in Kationen und An→ CH₃COO– + H+ oder in der allgemeinen ionen, z. B. CH₃COOH ← Form: → B+ + A–. BA ← Die Dissoziationskonstante ergibt sich bei Gültigkeit des 7 Massenwirkungsgesetzes aus den Konzentrationen der Ausgangsstoffe (BA) und Dissoziationsprodukte (B+ und A–): Kd =

[B+]×[A–] BA

Sie ist die reziproke 7 Assoziationskonstante. Der pK-Wert ist der negative dekadische Logarithmus von Kd (pK = –log Kd). Dissoziationsgleichgewichte sind von fundamentaler Bedeutung in der klinischen Chemie, da nahezu alle Analyte (Elemente, Hormone, Proteine, Stoffwechselprodukte und Vitamine) in wässriger Lösung und abhängig vom pH-Wert in geladener, d. h. ionischer Form vorliegen.

Literatur. Hollemann AF, Wiberg E (1995) Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York

Dittrich-Pfröpfe Disopyramid. Abb. 1. Strukturformel

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Molmasse. 339,48 g

Englischer Begriff. Dittrich’ plugs, Traube’s plugs

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Bioverfügbarkeit bei

Definition. Grauweiße, reiskorngroße Bestandteile von käsiger Konsistenz und üblem Geruch im Sputum von Patienten mit Lungengangrän und/oder fötider Bronchitis.

oraler Gabe beträgt 65–85 %, der Abbau erfolgt in der Leber.

Halbwertszeit. 5–8 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei Intoxikation kommt es zu Bradykardie, Hypotension und kardiogenem Schock. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum (S) Analytik. Immunoassay, LC-MS/MS, HPLC, GC, GC-MS.

i Bei Lungengangrän, jauchiger Infektion und Tumornekrosen im Sputum auftretende grauweiße, bis erbsengroße Bestandteile von käsiger Konsistenz und üblem Geruch, die mikroskopisch nachweisbar sind. Starker Gehalt an Fetttropfen mit bakterieller Durchsetzung.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxikation

Divergenz

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 2,5–5,0 mg/L; toxisch:

R. Weiskirchen

> 8,0 mg/L; komatös-letal: unbekannt.

Literatur. König H, Schmoldt A (2009) Antidysrhythmic agents. In Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 271–285

Dispersion 7 Variabilität

Disproportionierung 7 Dismutation

Dissoziation, elektrolytische 7 Elektrolyte

Dissoziationskonstante T. Arndt

Englischer Begriff. dissociation constant Definition. Dissoziation (lat. dissociato = Trennung) bezeichnet die Spaltung von Molekülen in elektroneutrale Moleküle, Atome oder

Englischer Begriff. divergence Definition. Bezeichnung aus der 7 Evolutionslehre für die prozentuale Differenz in der Sequenz zweier verwandter DNA- oder Aminosäureabfolgen. i Im Tier- und Pflanzenreich bezeichnet die Divergenz, die durch

Selektion verursachte Abweichung systematischer Einheiten von ihrer ursprünglichen Stammform. Sie ist in der Regel umso kleiner, je näher sich die betrachteten Arten stehen. Dieses spiegelt sich auch auf molekularer Ebene wieder. Homologe Proteine aus nahe verwandten Arten besitzen meist eine hohe Sequenzidentität. In der molekularen Diagnostik (7 Diagnostik, molekulare) und der Gerichtsmedizin wird mit dem Begriff der Verwandtschaftsgrad einzelner Personen veranschaulicht.

D-Kategorie K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. rhesus D category Definition. D-Kategorien bilden eine Untergruppe von 7 D-Partial. In das Rhesus-Gen am RHD-Genort werden einige homologe Exons des Rhesus-Gens vom RHCE-Genort eingefügt. Dabei entsteht ein

D

408

DKG

Rhesus-Hybridallel, das ein entsprechendes Hybridprotein exprimiert, was in der Erythrozyten-Membran exponiert wird.

Literatur. Rhesus Base: http://www.uni-ulm.de/~fwagner/RH/RB/

DNA, zirkulierende S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). Nukleinsäuren, zirkulierende

DKG 7 Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V.

DLIF 7 Digitalis-like factors

DMPS D. Meissner

Synonym(e). Dimercaptopropansulfonsäure Englischer Begriff. dimercaptopropane sulfonate Definition. Chelatbildner, der als Natriumsalz der 2,3-Dimercapto-1propansulfonsäure vorliegt. i DMPS gilt als Chelatbildner als das Mittel der Wahl zur Therapie

bei Vergiftungen mit Hg, As, Co, Cr, Cu, Pb und Sb. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sollte diese Therapie nur bei akuten Intoxikationen mit ausgeprägter klinischer Symptomatik und bei Werten weit oberhalb des 7 HBM-II-Wertes erwogen werden. Unerwünschte Nebenwirkungen sind das Ausschleusen auch der essenziellen Spurenmetalle, was zu Mangelzuständen führen kann. Als Diagnostikum zum Nachweis einer Belastung oder Intoxikation mit Metallen, speziell Quecksilber (7 DMPS-Test), ist DMPS in Deutschland nicht offiziell zugelassen.

Literatur. Kommission „Human-Biomonitoring“ des Umweltbundesamts (1999) Stoffmonographie Quecksilber. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 42:522–532

DMPS-Test D. Meissner

Synonym(e). Dimercaptopropansulfonsäure-Test Englischer Begriff. dimercaptopropane sulfonate test Definition. Test zur Diagnostik der Quecksilberbelastung i Schwermetalle werden durch DMPS als Chelatbildner aus ihren

Depots mobilisiert und über die Niere ausgeschieden. Es ist versucht worden, dieses Verhalten zum Nachweis von Quecksilberspeichern bei chronischer Belastung auszunutzen, indem die Quecksilbermenge im Urin vor und nach Applikation von DMPS bestimmt wird. Dieser Test ist umstritten und wird offiziell nicht anerkannt, da seine diagnostische Bedeutung nicht eindeutig belegt ist. Kritisch wird angesehen, dass es bisher nicht gelungen ist, den Test zu standardisieren. Das betrifft z. B. Applikationsform und applizierte Menge des DMPS, Art der Urinsammlung, Bezugsgröße. Es liegen keine gesicherten Referenzwerte vor.

Literatur. Meißner D, Schüttig R (1996) Der DMPS-Test in der Amalgam-Diskussion. In: Anke M et al (Hrsg) Mengen- und Spurenelemente – 16. Arbeitstagung. Verlag Harald Schubert, Leipzig, S 288–298

DNA 7 Desoxyribonukleinsäure

DNA, komplementäre 7 cDNA

Englischer Begriff. circulating DNA Definition. Zirkulierende DNA ist im Serum und Plasma meist in nukleosomaler Form vorhanden, da sie so besser gegen die intraplasmatischen Endonukleasen konserviert ist.

Struktur. Nukleosomen sind die Elementarbestandteile des Chromatins. Sie sind funktionelle Komplexe, die aus einem zentralen Proteinkern sowie DNA an dessen Außenseite bestehen. Der Nukleosomenkern setzt sich aus der zweifachen Anordnung der Histone H2A, H2B, H3 and H4 zusammen. Um diesen Kern windet sich etwa 1,5-mal die DNA-Doppelhelix mit einer Länge von etwa 146 Basenpaaren. Die Verbindung zum nächsten Nukleosom wird durch Linker-DNA bewerkstelligt, die eine unterschiedliche Länge aufweisen kann. Nackte DNA wird in der Blutbahn sehr rasch abgebaut, deshalb ist dort vor allem die gegen die intraplasmatischen Endonukleasen besser konservierte nukleosomale DNA nachweisbar.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Kernchromatin aller eukaryotischer Zellen ist in seiner Primärstruktur aus nukleosomalen Grundeinheiten aufgebaut. Beim apoptotischen Zelltod kommt es zur endonukleatischen Spaltung des Chromatins in mono- und oligonukleosomale Fragmente. Nach Desintegration der Zellmembran werden diese u.a. auch in die Blutbahn freigesetzt und können dort nachgewiesen werden.

Funktion und Pathophysiologie. Bei malignen Erkrankungen findet häufig parallel zur gesteigerten Proliferation ein gegenregulierend erhöhtes Zelltodvorkommen statt, was mit einer erhöhten Konzentration von nukleosomaler DNA in der Blutbahn einhergeht. Neben der Quantifizierung der zirkulierenden DNA können auch qualitative Merkmale zur Diagnostik miteinbezogen werden. So kann bei EBV-assoziierten Tumoren die Plasmakonzentration von EBVDNA Rückschlüsse auf das Tumorgeschehen ermöglichen. Außerdem können Mutationen und epigenetische Phänomene die Spezifität der zirkulierenden DNA erhöhen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum Analytik. Quantitative 7 Polymerase-Kettenreaktion (rtPCR), 7 Enzyme-linked Immuno-sorbent Assay (ELISA) Referenzbereich — Erwachsene. Median ca. 10 ng/mL (methodenund materialabhängig)

Indikation. Monitoring des Therapieverlaufs und frühzeitige Prädiktion des Therapieansprechens bei verschiedenen soliden Tumoren, Prognosebeurteilung.

Interpretation. Generell wurden bei Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen höhere Spiegel von zirkulierender DNA im Serum und Plasma beobachtet als bei gesunden Personen und auch bei Patienten mit benignen Erkrankungen. Insbesondere bei Hinzunahme von spezifischen Merkmalen wie z. B. EBV-DNA konnte eine verbesserte Diskriminierung der verschiedenen Patientengruppen erreicht werden. Hinsichtlich der DNA-Quantifizierung wurde bei einigen Tumorarten eine Korrelation zum Tumorstadium beschrieben, ebenso eine Assoziation mit der Prognose. Darüber hinaus wurde bei Patienten unter Chemo- und Radiotherapie eine Korrelation mit dem Therapieansprechen gefunden. Zu Beginn der Therapien wurden jeweils deutliche initiale Konzentrationsspitzen festgestellt, die im weiteren Verlauf schnell wieder abfielen. Für das Bronchialkarzinom konnte kürzlich gezeigt werden, dass diese Kinetik zirkulierender DNA Fragmente während der ersten Behandlungstage einer Chemotherapie eine frühzeitige Prädiktion des späteren Therapieansprechens erlaubt. Literatur. Fleischhacker M, Schmidt B (2007) Circulating nucleic acids (CNAs) and cancer – a survey. Biochim Biophys Acta 1775; 181–232

DNA-Ligase

Holdenrieder S, Stieber P (2009) Clinical use of circulating nucleosomes. Crit Rev Clin Lab Sci 46:1–24

DNA-abhängige DNA-Polymerase 7 DNA-Polymerase

DNA-Amplifikation 7 Amplifikation

DNA-Array 7 Makroarray

DNA-Chip R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für einen Träger, auf dessen Oberfläche unterschiedliche 7 Oligonukleotide bzw. 7 cDNA-Moleküle in Form eines Arrays in regelmäßiger (zeilen- und spaltenförmiger Anordnung) in hoher Dichte immobilisiert sind und der automatisch ausgewertet werden kann (s. a. 7 Mikroarray). Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Array

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Sensitivität. Für diese Analysen werden geringe Mengen (ng–μg) DNA benötigt.

Fehlermöglichkeit. Fehlerquellen sind insbesondere ungeeignete Bedingungen bei der Hybridisierung (z. B. Salzkonzentrationen, Temperatur, Waschung). Ein wichtiger Punkt ist auch die Qualität der eingesetzten Probe, die Einfluss auf deren Markierbarkeit hat.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die DNA-Chiptechnologie hat heute einen hohen Grad an Automatisierung erfahren. Insbesondere die Entwicklung vorgefertigter Reagenzien-Systeme zur Aufreinigung und Markierung der Sonden hat dazu geführt, dass das Verfahren ein fester Bestandteil der Routinediagnostik molekularbiologischer Analyselabors ist. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die DNA-Chip-Technologie hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Werkzeug für die Mikrobiologie und die Biotechnologie entwickelt. DNA-Chip-Analysen erlauben eine Bestimmung des Genexpressionsmusters, den Nachweis einer Bindungsstelle für einen Transkriptionsfaktor oder genomische Unterschiede zwischen zwei Bakterienspezies oder Stämmen aufzudecken.

DNA-Hepatitisvirus 7 Hepadna-Virus

DNA-Klonierung R. Weiskirchen

Synonym(e). Klonierung Englischer Begriff. cloning, DNA cloning Definition. Allgemeine Bezeichnung für die Isolation und anschließende Vermehrung spezifischer DNA-Fragmente.

DNA-Chip. Abb. 1. In einem DNA-Chip sind typischerweise eine verschiedene Anzahl von einzelsträngigen Oligonukleotiden auf einen Träger aufgebracht. Die Sondenmoleküle werden in einer Hybridisierung mit dem Chip in Kontakt gebracht. Dabei hybrdisieren komplementäre Sequenzabschnitte und formen stabile Doppelstränge.

Einsatzgebiet. Mit ihrer Hilfe kann festgestellt werden, ob die entsprechende Erbinformation in einer Probe vorliegt, fehlt oder abgewandelt ist. DNA-Chips können Genveränderungen und Genexpressionsmuster diagnostizieren, die Interaktion von Proteinen mit einer Zielsequenz demonstrieren oder genomische Unterschiede zwischen verschiedenen Species veranschaulichen. Untersuchungsmaterial. Die aufgebrachten Oligonukleotide (Sondenmoleküle) besitzen Teile oder die komplette komplementäre Sequenzabfolge solcher DNA-Abschnitte der z. B. Patienten oder VirusDNA, die es zu analysieren gilt. Dabei kann es sich um besonders charakteristische Sequenzen zur Identifizierung eines bestimmten Virus oder auch einer Erbkrankheit handeln. Der Nachweis der Existenz dieser Sequenzen wird indirekt durch die nur dann ablaufende Hybridisierung der entsprechenden Abschnitte der Ziel-DNA an den als Sonden dienenden Oligonukleotiden erbracht.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei diesem Verfahren wird zunächst die DNA von einem Spenderorganismus entnommen und in einen geeigneten 7 Vektor mittels einer 7 DNA-Ligase eingebracht (einkloniert). Anschließend wird diese Fusion in einem geeigneten Wirtsorganismus (häufig ein Bakterium) eingeschleußt und mit dieser Zelle vermehrt. Heute wird der Begriff Klonierung auch zur Bezeichnung einer Amplifikation von DNA mittels PCR-Technologie (sog. zellfreie DNA-Klonierung) verwendet. Einsatzgebiet. Die DNA-Klonierung ermöglicht es, die AusgangsDNA und in der Regel auch das von ihr codierte Protein beliebig zu vermehren und zu verändern. Untersuchungsmaterial. Geringste Mengen von DNA, die oftmals nicht einmal einer besonderen Aufreinigung bedürfen. Sensitivität. Für die Klonierung werden nur geringste Mengen (pg– ng) der Ausgangs-DNA benötigt. Selbst geringere Mengen können nach 7 Amplifikation kloniert werden. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die DNA-Klonierung ist heute in jedem molekularbiologisch arbeitenden Labor unabdingbar. Sie ist die Grundlage vieler gentechnologischer Arbeiten. Die Verfeinerungen und Vereinfachungen der molekularen Arbeitstechniken haben die DNA-Klonierung zu einem Routineverfahren gemacht.

Instrumentierung. Bis zu 100.000 7 Sonden können auf der Fläche eines Daumennagels platziert werden. Als Nachweisverfahren ist derzeit nur die Fluoreszenzdetektion etabliert. Hierbei werden die zu untersuchenden DNA-Moleküle (Ziel-Moleküle, z. B. aus dem Patientenblut) mit 7 Fluoreszenzmarkern versehen (markiert) und anschließend mit den Oligonukleotiden (Sondenmolekülen) auf der Chip-Oberfläche in Kontakt gebracht. Nach diversen Spülschritten wird detektiert, an welchen Stellen (Pixeln) des Chips eine 7 Hybridisierung stattgefunden hat.

Definition. Enzym, das die Bildung von Phosphodiesterbindungen zwischen benachbarten 3’-Hydroxy- und 5’-Phosphatenden doppelsträngiger DNA-Ketten katalysiert.

Spezifität. Die Spezifität dieser Analysen wird durch die aufgebrach-

i Von lat.: ligare = binden; Diese energieabhängige Verknüpfung

ten Oligonukleotide, die Hybridisier- und Waschbedingungen festgelegt.

bedarf Nukleosidtriphosphate (i. d. R. Adenosin-5’-triphosphat) und wird in der Literatur auch als Ligation bezeichnet. DNA-Ligasen kön-

DNA-Ligase R. Weiskirchen

Englischer Begriff. ligase

D

410

DNA-Methylierung

nen auch offene Phosphodiesterbindungen (sog. nicks) innerhalb eines Stranges der 7 Doppelhelix verknüpfen. Die DNA-Ligasen sind wichtiges Werkzeug bei der 7 DNA-Klonierung.

DNA-Methylierung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. DNA methylation Definition. 7 Basenabweichung innerhalb von DNA, bei der Methylgruppen (-CH₃) an bestimmte 7 Nukleotide kovalent gebunden werden.

i Diese chemische Modifikation dient bei Prokaryonten (7 Pro-

karyont) zum Schutz der DNA vor Abbau durch Restriktionsendonukleasen. In Eukaryonten (7 Eukaryont) stellt die Methylierung von DNA einen wichtigen Mechanismus zur Genregulation dar. Aktive 7 Gene sind häufig untermethyliert, während inaktive DNAAbschnitte sich häufig durch eine starke Methylierung auszeichnen. Die häufigsten Basen-Methylierungen finden sich in der Regel in der Position N6 (6-Methyl-Adenin) und Zytosin an der Position C5 (5-Methyl-Zytosin). Die Einführung der Methylgruppen wird über sog. Methyltransferasen katalysiert. Experimentell kann man die Methylierung von DNA durch das Schneiden mit sog. isoschizomeren Enzymen nachweisen. Dabei wird die zu untersuchende DNA vergleichend mit zwei 7 Restriktionsenzymen geschnitten, die dieselbe DNA-Sequenz erkennen, sich aber in ihrer Methylierungs-Sensitivität unterscheiden.

Literatur. Roberts RJ (1983) Restriction and Modification Enzymes and Their Recognition Sequences. Nucl Acid Res 11:r135–r167 Boyes J, Bird A (1991) DNA Methylation Inhibits Transcription Indirectly via a Methyl-CpG Binding Protein. Cell 64:1123–1134

DNA-Polymerase R. Weiskirchen

Synonym(e). DNA-abhängige DNA-Polymerase Englischer Begriff. DNA polymerase Definition. Multifunktionelles Enzym mit Funktion bei der 7 DNA-

Definition. Variabilität in der DNA-Sequenz zwischen verschiedenen Individuen. i Solche Variabilitäten zeigen sich vor allem in extragenen Abschnitten. So kann z. B. die Zahl der Wiederholungseinheiten in einem Mikrosatelliten-DNA-Cluster verschieden sein. Oft betreffen die Variabilitäten auch nur einzelne 7 Nukleotide, die, falls sie in codierenden Bereichen der DNA auftreten, möglicherweise zu Aminosäureaustauschen führen können. Eine erhöhte Variabilität findet man insbesondere zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen oder auch zwischen geographisch isolierten Menschenpopulationen. Liegen verschiedene genetische Variabilitäten auf der Erbinformation eng benachbart vor, so können diese als gekoppelte DNA-Polymorphismen an die Nachkommenschaft weitergegeben werden.

DNA-Profil R. Weiskirchen

Englischer Begriff. DNA profile Definition. Charakterisierung eines Lebewesens anhand bestimmter Merkmale auf der DNA i Es gibt im menschlichen Genom Sequenzabschnitte, die sich aus

kurzen Einzelelementen von wenigen 7 Basenpaaren zusammensetzen. Diese Einzelelemente sind individuell unterschiedlich oft aneinander gereiht. Ihre Anzahl variiert oftmals stark, so dass es in einer Population nicht nur zwei, sondern eine Vielzahl von 7 Allelelen dieses 7 Locus gibt. Ein Mensch ist darum nur selten homozygot für eines dieser Allele, sondern meist heterozygot für zwei verschiedene. Daher bezeichnet man diese Strukturen als hypervariable Regionen (VNTR). Die Zusammenstellung zahlreicher dieser Unterschiede führt zu einem DNA-Profil, das im Idealfall ein Individuum eindeutig charakterisiert.

Literatur. Kulozik AE, Hentze MW, Hagemeier C, Bartram CR (2000) Molekulare Medizin. Grundlagen-Pathomechanismen-Klinik. W. de Gruyter, Berlin New York

DNA-Reduplikation 7 DNA-Replikation

Replikation (Verdopplung) und -Reparatur. i Ein Enzym, das an einem Matrizenstrang entlang einen neu-

en DNA-Strang synthetisieren kann, wird allgemein als Polymerase bezeichnet. Sowohl 7 Prokaryonten als auch Eukaryonten enthalten viele DNA-Polymerase-Aktivitäten. Nur einige dieser Enzyme betreiben tatsächlich Replikation (sog. DNA-Replikasen). Die anderen spielen bei der Replikation eine nur untergeordnete Rolle und/oder haben Anteil an Reparaturprozessen von DNA. In E. coli sind drei DNA-Polymerase-Aktivitäten charakterisiert. DNA-Polymerase I ist an der Reparatur geschädigter DNA sowie in einer Nebenrolle bei der (semikonservativen) Replikation beteiligt. DNA-Polymerase II ist wahrscheinlich ebenfalls an der Reparatur beteiligt. DNA-Polymerase III, ein Protein aus vielen Untereinheiten, ist die für die Denovo-Synthese von neuen DNA-Strängen verantwortliche Replikase. Bei Säugern gibt es fünf DNA-Polymerasen, die mit den griechischen Buchstaben α, β, γ, δ(III) und ε(II) bezeichnet werden. Sie unterscheiden sich in der zellulären Lokalisation, ihrer Funktionen und in ihrer Responsivität gegenüber spezifischen Inhibitoren. Für die Gentechnik und molekularen Diagnostik sind die prokaryotischen DNA-Polymerasen von praktischer Bedeutung. Sie werden z. B. bei der enzymkatalysierten Sequenzierung (7 Didesoxysequenzierung) nach dem Kettenabbruch-Verfahren benötigt.

Literatur. Lewin B (1998) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

DNA-Polymorphismen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. DNA polymorphism

DNA-Replikation R. Weiskirchen

Synonym(e). DNA-Reduplikation Englischer Begriff. DNA replication i Bezeichnung für den Vorgang, bei dem von einem DNA-Molekül

eine identische Kopie hergestellt wird. Die Replikation gewährleistet die Weitergabe der Erbsubstanz an die Tochterzellen bzw. nächste Generation und ist damit die Voraussetzung zur Vermehrung von Organismen. Dabei dient jeder elterliche Einzelstrang als sog. Template zur Bildung eines komplementären Stranges, so dass jeder neu gebildete Doppelstrang aus einem elterlichen und dem neugebildeten Strang besteht. Man spricht daher auch von einer semikonservativen Replikation. Startpunkte für die Synthese sind sehr kurze, von der Primase gebildete RNA-7 Primer, die von der DNA-Polymerase in 5’→3’ Richtung verlängert werden. Ein DNA-Bereich, in dem die Synthese des neuen Stranges stattfindet, ist unter geeigneten Bedingungen im Elektronenmikroskop als ypsilonförmige Verzweigung sichtbar. Die Synthese der neuen Stränge verläuft im Bereich dieser als Replikationsgabel bezeichneten Struktur diskontinuierlich. Der Grund liegt in den Syntheseeigenschaften der 7 DNA-Polymerasen, die einen Strang, der als Leitstrang (leading strand) bezeichnet wird, in einem Stück in 5’→3’ Richtung durchsynthetisiert und den anderen (sog. Verzögerungsstrang oder auch lagging strand) in Form von Fragmenten (Okazaki-Fragmente) synthetisiert.

Literatur. Lewin B (1998) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

DOI

DNase R. Weiskirchen

411

DOA T. Arndt

Definition. Hydrolytisch wirksame Enzyme (Hydrolasen), die DNA

Definition. Straßenname/Deckname für Phencyclidin (7 Straßenna-

als Substrat spalten

men von Drogen: Phencyclidin).

i Bei der Spaltung von DNA durch DNasen entstehen Mono- und 7 Oligonukleotide, deren Phosphatreste entweder in 3’- oder in 5’-Stellung des Desoxy-D-ribose-Restes fixiert sind. Die DNasen werden in der Regel aus Pankreas oder aus 7 Mikroorganismen gewonnen. In der 7 Gentechnik werden sie verwendet, um unerwünschte DNA-Kontaminationen (z. B. bei der RT-PCR) zu eliminieren.

DNA-Sonde R. Weiskirchen

Englischer Begriff. probe Definition. 7 Nukleinsäuresequenz, die in einzelsträngiger, markier-

DOC 7 11-Desoxykortikosteron; 7 11-Desoxykortisol

Docosansäure 7 Behensäure

Döhle-Körperchen H. Baum

Englischer Begriff. Döhle bodies Definition. Basophile Schlieren im Zytoplasma neutrophiler Granu-

ter Form zum Nachweis einer homologen oder verwandten Sequenz eingesetzt wird.

lozyten.

i In der Gentechnik und molekularen Diagnostik werden DNA-

i Döhle-Körperchen sind leicht blaugraue, basophile Einschlüsse

Sonden in zahlreichen Nachweisverfahren (z. B. 7 Southern Blot, 7 Northern Blot, 7 FISH, 7 ASO-Sonde) zur Identifizierung eines bestimmten Nukleinsäureabschnittes verwendet. Mit ihnen lassen sich z. B. auf molekularer Ebene Krankheiten diagnostizieren oder die Identität von Individuen in der forensischen Medizin nachweisen. Sie bestehen aus einem DNA-Abschnitt mit bekannter Basenfolge, der im fraglichen Erbmaterial sein Spiegelbild findet, indem er sich daran bindet (hybridisiert). Sonden können aus natürlichem DNA-Material gewonnen oder im Labor synthetisiert (z. B. 7 cDNA, 7 Oligonukleotide) werden.

mit 1–3 μm Durchmesser im Zytoplasma neutrophiler Granulozyten. Es handelt sich wahrscheinlich um eine partielle Zytoplasmaentwicklungsstörung und besteht aus RNA des rauen endoplasmatischen Retikulums. Döhle-Körperchen werden gefunden bei Patienten mit schweren Verbrennungen, Infektionen (typisch z. B. bei Scharlach), Traumata, neoplastischen Erkrankungen, usw.

DNA-Spaltfragment 7 Restriktionsanalyse

DNA-Topoisomerase-I-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Scl-70

DNA-Transkription 7 Transkription

DNA-Verdau 7 Restriktionsanalyse

DNA-vermittelter Gentransfer 7 Transfektion

DNS 7 Desoxyribonukleinsäure; 7 DNA

DNS O. Colhoun

Definition. Domain Name Server; ein Rechner, der durch entsprechende Software dafür ausgerüstet ist, eingegebene Rechnernamen (z. B. www.dgkl.de) in 7 IP-Adressen zu übersetzen, damit eine Verbindung mit dem betreffenden Rechner hergestellt werden kann. i Wenn der DNS den Namen nicht selbst kennt, leitet er die Fra-

ge an einen oder mehrere andere DNS weiter. Domain Name Server werden in allen größeren Netzwerken benötigt, insbesondere im Internet.

Döhle-Körperchen. Abb. 1. Döhle-Körperchen, 1000× May-GrünwaldGiemsa-Färbung

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differenzialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 179

DOI O. Colhoun

Synonym(e). Digital Object Identifier Definition. Das Digital-Object-Identifier(DOI®)-System dient der eindeutigen und dauerhaften Identifikation von Objekten der digitalen Welt. DOI-Namen führen zu den jeweils aktuellen Informationen über das ihnen zugewiesene Objekt. Hierzu gehört z. B. der Ort, an dem dieses gefunden wird. Die Information über das Objekt kann sich mit der Zeit verändern, der DOI-Name bleibt jedoch stets gleich. i Das DOI-System bietet einen Rahmen für:

5 5 5 5 5

die dauerhafte Identifikation von Objekten (z. B. Dateien), Verwaltung von Inhalten und Metadaten, Verknüpfung von Kunden mit Anbietern digitaler Inhalte, Erleichterungen des elektronischen Handels automatische Medienverwaltung.

D

412

Dokumentenmanagement

Es wurde von der ISO für die Standardisierung akzeptiert. Verwaltet wird das DOI-System von der International DOI Foundation, einem Konsortium mit Mitgliedern sowohl aus dem kommerziellen wie auch dem nichtkommerziellen Bereich. Vergleichbar ist das DOI-System z. B. mit dem ISBN -System von Büchern, bietet darüber hinaus jedoch Funktionen zur Lokalisierung seines Objekts. Ein DOI besteht aus einer alphanummerischen Zeichenfolge, gegliedert in Präfix und Suffix. Beispiel: DOI 10.1016/S0009-8981(98)00149-1 bezeichnet einen Beitrag in einer Fachzeitschrift. Dieser Artikel wird gefunden, indem man entweder: 5 den DOI in die dafür vorgesehene Eingabemaske auf der Website der DOI-Stiftung einträgt 5 die Adresse http://dx.doi.org/10.1016/S0009-8981(98)00149-1 direkt in den Webbrowser eingibt Auch bei einer Änderung des Speicherorts oder des Namens des referenzierten Objekts (z. B. bei Wechsel oder Neustrukturierung des Webauftritts eines Anbieters) bleibt diese Datei über den DOI auffindbar.

Literatur. International Digital Objects Identifier Foundation, Inc.: DOI Handbook, Version June 2009 (http://www.doi.org)

Dokumentenmanagement O. Colhoun

Definition. Datenbankgestützte Verwaltung elektronischer Dokumente i Im medizinischen Labor beschreibt der Begriff die Verwaltung

ursprünglich meist papiergebundener Dokumente in elektronischen Systemen, so z. B. Befunde der Labor-EDV oder Arbeitsanweisungen für Arbeitsplätze und Geräte im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems. Zu den Funktionalitäten hierauf spezialisierter Software zählt die Versionsverwaltung und Publikation von Dokumenten im Intranet.

Dokumentenscanner O. Colhoun

Englischer Begriff. document scanner Definition. Eingabegerät, das Bild- oder Textvorlagen für die Auswertung und/oder Dokumentation in der Labor-EDV liest und digitalisiert. i Es wird ein Abbild der Vorlage, ein Raster aus Bildpunkten (Bit-

map), erzeugt. Ist die Vorlage gelesen, verarbeitet spezielle Software die Informationen des Scanners, z. B. ein Bildbearbeitungsprogramm oder Texterkennungs-Software (OCR). Scanner und Software kommunizieren über eine Schnittstelle mit der Labor-EDV. Mit entsprechend schnellen Einzugsscannern können auf diese Weise etwa Anforderungsbelege für die Aufbewahrung digitalisiert werden; im analytischen Bereich werden etwa Blotstreifen zur elektronischen Auswertung eingescannt.

Dolichole, im Urin bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Dollies T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Methadon (7 Straßennamen von Drogen: Methadon).

Domäne H. Fiedler

Englischer Begriff. domain

Definition. Domänen sind kompakte, sich selbständig strukturierende (faltende) Einheiten bzw. Regionen eines Proteins. i Die aus 80–100 Aminosäuren bestehenden Domänen mit konser-

vierten Sequenzen bilden nach Entfaltung mittels Mikrokalorimetrie thermodynamisch fassbare Zwischenstufen. Sie sind für bestimmte Funktionen zuständig bzw. werden aufgrund dieser Funktionen erkannt (CATH domain database): 5 Signalübermittlung, wie die Tyrosinkinasedomäne von Rezeptoren oder die GTPase-Domäne in GTP-bindenden Signaltransduktionsproteinen 5 Reaktionen mit anderen Proteinen und Nukleinsäuren, wie die Immunglobulin-, Leuzin-Zipper-, Zinkfinger-, Helix-Turn-Helixund Helix-Loop-Helix-Domänen. Eine verbreitete Domäne ist die β-Fass-Struktur (β-barrel) aus 8 verdrillten parallelen Faltblättern, die durch α-Helices außerhalb der Fass-Struktur verbunden werden (Transportfunktionen in Membranen sowie in vielen Enzymen). In den Immunglobulindomänen ordnen sich die Aminosäuren zu zwei flach aufeinanderliegenden β-Faltblättern an, die oft durch eine Disulfidbrücke miteinander verknüpft sind. Größere Proteine bestehen oft aus repetitiven Strukturdomänen verschiedenen Typs, die unterschiedliche Funktionen erfüllen (Erkennung, Adressierung, Struktur). Gleiche Domänen können in verschiedenen Proteinen (Proteinfamilien) gefunden werden. Als Beispiel: Fibronektin, Kollagen XII und Titin enthalten die Fibronektindomäne 3.

Literatur. Doolittle RF (1995) The multiplicity of domains in proteins. Annu Rev Biochem 64:287–314

Dombrock(DO)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). ADP-Ribosyltransferase 4; ART4; CD297 Englischer Begriff. Dombrock blood group system Definition. Die Dombrock(DO)-Antigene sind auf einer ADP-Ribosyltransferase lokalisiert und werden durch das ART4-Gen kodiert (Chromosom 12p). Sie stellen ein erythrozytäres 7 Blutgruppensystem dar. i Die Funktion des DO-Proteins ist bisher nicht aufgeklärt, da eine enzymatische Aktivität experimentell bisher nicht gezeigt wurde. Es handelt sich um ein Glykoprotein (MW 47–58 kDa), das über einen GPI-Anker mit der erythrozytären Membran verbunden ist. Die DO mRNA kodiert für ein 314 Aminosäure Vorläuferprotein (ART4 oder CD297). Die Proteinreifung führt zu Abspaltung eines 22-44-Aminosäure-Sekretionssignals am N-Terminus und eines 14-AminosäureAnkersignals am C-Terminus des Proteins. Das Fehlen von Dombrock-Antigenen ist assoziiert mit der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) aufgrund von fehlenden GPI-Ankerptoteinen auf den Erythrozyten dieser Patienten. Im Dombrock-Antigen kommen neben zwei Hauptallelen, Do(a) (ISBT-Symbol: DO1, 014.001) und Do(b) (ISBT-Symbol DO2, 014.002), die Allele Gy(a) (ISBT-Symbol: DO3, 014003), Hy (ISBTSymbol: DO4, 014.004) und Jo(a) (ISBT-Symbol: DO5, 014.005) vor. Die phänotypische Verteilung in Mitteleuropa liegt für Do(a+b-) bei 18 %, Do(a-b+) bei 33 % und Do(a+b+) bei 49 %. Die Antikörper sind Alloantikörper vom IgG-Typ, wobei ihre klinische Bedeutung unbekannt ist. Wenige Fälle einer hämolytischen Transfusionsreaktion sind für Anti-Do(a) und Anti-Do(b) beschrieben worden. Antikörper im Dombrock-Blutgruppensystem sind eher selten, da das Antigen wenig immunogen ist.

Literatur. Reid ME (2003) The Dombrock blood group system: a review. Transfusion 43:107–114 Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl., Elsevier New York Gubin AN, Njoroge JM, Wojda U, Pack SD, Rios M, Reid ME, Miller JL (2000) Identification of the dombrock blood group glycoprotein as a polymorphic member of the ADP-ribosyltransferase gene family. Blood 96:2621–2627

Donnan-Gleichgewicht

Dominante Allele R. Weiskirchen

Englischer Begriff. dominant allele Definition. Bestimmendes Erbmerkmal bei Vorhandensein zweier alternativer Genzustände i Bestimmen das Erscheinungsbild (Phänotyp) eines Organismus

Dominanz R. Weiskirchen

Englischer Begriff. dominance Definition. Erbfaktor, der andere Erbfaktoren ganz oder teilweise überdeckt i Die dominant-rezessive 7 Vererbung ist die häufigste Form der

Vererbung. Die Dominanz beschreibt das Übergewicht eines bestimmenden 7 Allels gegenüber dem unterdrückten (rezessiven) in der Ausprägung eines bestimmten Merkmals eines Individuums. Die vollständige Dominanz eines Erbmerkmals ist jedoch selten.

Donath-Landsteiner-Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Biphasische Hämolysine Englischer Begriff. Donath-Landsteiner antibodies; biphasic haemolysins

Definition. Biphasische 7 Hämolysine in Form von Autoantikörpern, die in der Kälte an Erythrozyten binden und diese erst nach Erwärmung (bei 37 °C) hämolysieren i Donath-Landsteiner-Antikörper sind Autoantikörper der Spe-

zifität Anti-P, die nur von P1- und P2-Antigen-positiven Personen ausgebildet werden können (7 Globosid-Blutgruppenkollektion). Sie sind meistens stark komplementaktivierende, polyklonale Antikörper vom IgG-Typ, die sich von anderen 7 Kälteautoantikörpern durch das Fehlen der agglutinierenden Wirkung in der Kälte sowie durch ein verändertes pH-Optimum unterscheiden. Der positive Nachweis von Donath-Landsteiner-Antikörpern dient zur Diagnose der paroxysmalen Kältehämoglobinurie. Die paroxysmale Kältehämoglobinurie tritt nach Virusinfektionen im Kindesalter auf und ist durch eine intravasale Hämolyse mit positivem Nachweis von freiem Hämoglobin im Urin und im Serum gekennzeichnet. Nach Ablauf des Infekts verschwindet die akute hämolytische Anämie wieder. Früher wurde häufiger auch eine chronische Form beschrieben, die bei SyphilisInfektionen auftreten konnte. Ursächlich für die Ausbildung der Antikörper sind vermutlich Kreuzreaktivitäten von erythrozytären Epitopen und Epitopen der Infektionserreger. Nachgewiesen werden die biphasischen Hämolysine im direkten und indirekten 7 DonathLandsteiner-Test.

Literatur. Eckstein, R. (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Aufl., Springer Berlin Heidelberg New York

Donath-Landsteiner-Test K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Biphasischer Haemolysin-Nachweis Englischer Begriff. Donath-Landsteiner antibody test, test for bipha-

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i Der Donath-Landsteiner-Test dient zum Nachweis von DonathLandsteiner-Antikörpern, welche biphasische Hämolysine darstellen, die in der Kälte an Erythrozyten binden und erst in der Wärme hämolysieren. Der positive Nachweis von Donath-Landsteiner-Antikörpern dient zur Diagnose einer paroxysmalen Kältehämoglobinurie. Der Donath-Landsteiner-Test zum direkten oder indirekten Nachweis von biphasischen Hämolysinen wird bei Hämoglobinurie unklarer Genese und bei Kindern mit positivem direkten 7 Coombs-Test vom Komplementtyp durchgeführt. Beim direkten Nachweis wird ein Teil des Patientensbluts bei 37 °C inkubiert, während ein weiterer Teil des Patientenbluts zuerst bei 4 °C inkubiert und danach auf 37 °C erwärmt wird. Wird hierbei exklusiv im zweiten Ansatz eine Hämolyse beobachtet, die sich durch eine Rotfärbung des Serums anzeigt, während es im ersten Ansatz nicht zu einer Zelllyse kommt, dann ist der Test positiv und beweist das Vorliegen von Donath-Landsteiner-Antikörpern. Hintergrund eines negativen Testergebnisses im direkten Test kann jedoch die häufig bei hämolytischen Anämien beobachtete Komplementverarmung des Patientenserums sein. Daher wird bei negativem Testergebnis das indirekte Nachweisverfahren angeschlossen, bei dem normales Serum als Komplementquelle zugesetzt wird. Das Patientenserum wird hierzu bei 37 °C von den Erythrozyten abgetrennt und mit Normalserum versetzt. Anschließend werden P1Antigen-positive Erythrozyten der Blutgruppe O hinzugegeben und analog zum direkten Nachweisverfahren inkubiert. Beim Vorkommen von Donath-Landsteiner-Antikörpern in der Patientenprobe kommt es dann nach bithermer Inkubation zur Hämolyse, während im monothermen Ansatz keine Hämolyse nachweisbar ist. Die Existenz von Donath-Landsteiner-Antikörpern kann erst nach negativem Ergebnis in beiden Tests ausgeschlossen werden.

Literatur. Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München

Done-Nomogramm 7 Salicylate

Donnan-Gleichgewicht O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. Donnan equilibrium; Donnan distribution Definition. Das nach dem britischen Chemiker F.G. Donnan (1870– 1956) benannte Donnan-Gleichgewicht ist die Ionenverteilung, die sich einstellt, wenn zwei Lösungen durch eine semipermeable Membran getrennt sind, die für das Lösungsmittel und einige, aber nicht für alle Ionenarten durchlässig ist. i Es stellt sich durch Ionenverschiebung ein Gleichgewicht ein, bei

dem das Produkt der membrangängigen Ionen auf der einen Seite gleich dem Produkt der membrangängigen Ionen auf der anderen Seite ist. Hierbei kommt es zu Konzentrationsdifferenzen unter Wahrung der Elektroneutralität (theoretisches Beispiel 7 Tab. 1). Donnan-Gleichgewicht. Tab. 1. Theoretisches Beispiel Ausgangssituation

Gleichgewicht

Kompartiment I

Kompartiment II

Kompartiment I

Kompartiment II

cNa+ = 12

cNa+ = 12

cNa+ = 8

cNa+ = 16

cCl– = 12

cP– = 12

cCl– = 8

cCl– = 4 cP– = 12

sic haemolysin

Definition. Test zum Nachweis von 7 Donath-Landsteiner-Antikörpern

c in mmol/L; Na+ und Cl– membrangängige Ionen; P– nicht membrangängiges Anion

D

414

Dop

Im Gleichgewicht beträgt das Produkt der diffusiblen Ionen in beiden Kompartimenten 64. Die Molalität ist in Kompartiment II höher und erzeugt hier einen Druckanstieg. 7 Kolloidosmotischer Druck. Eine analoge Situation liegt im Organismus an vielen Stellen vor, z. B. zwischen Blutplasma und Interstitialflüssigkeit oder Liquor cerebrospinalis. Die höhere Cl–-Konzentration in diesen Flüssigkeiten ist die Folge einer Donnan-Verteilung. Die ungleiche Verteilung der membrangängigen Ionen erzeugt ein Membranpotenzial. Mathematische Behandlung der Donnan-Verteilung s. Lehrbücher der Physikalischen Chemie oder Literaturangaben.

Literatur. Tietz N, Siggaard-Andersen O (1982) Acid-Base and Elektrolyte Balance. In: Tietz N (ed) Fundamentals of Clinical Chemistry. Saunders, Philadelphia, p 949–951

Dop T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Amphetamine (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Dopamin 7 Katecholamine

Doppelhelix R. Weiskirchen

Synonym(e). Doppelstrang Englischer Begriff. double helix Definition. Schraubenförmig gewundene doppelsträngige DNA i Die einzelnen Bausteine (7 Nukleotide) der komplementären

Einzelstränge innerhalb eines Doppelstrangs bestehen jeweils aus einer Desoxyribose-Zucker-Einheit, einer Phosphat-Gruppe am 5’-CAtom des Zuckers und einer der vier möglichen über N-glykosidische Bindung am 1’-C-Atom des Zuckers gebundenen Stickstoff-Base (Guanin, Adenin, Zytosin oder Thymin). Die in der Doppelhelix außen liegenden Zucker-Phosphat-Einheiten werden als Rückgrat bezeichnet, die Phosphat-Gruppen verleihen der DNA den Charakter eines Polyanions. In dem Doppelstrang sind die beiden Partnerstränge in entgegengesetzter Orientierung, d. h. antiparallel orientiert: zeigt das eine DNA-Molekül die 5’→3’-Verknüpfungsrichtung, liegen in der anderen Kette von 3’→5’ laufende Diesterbindungen des Phosphats vor. Daraus folgt, dass im Doppelstrang dem 3’-Ende des einen Stranges das 5’-Ende des anderen Fadens gegenüberliegt. Die beiden Ketten sind, etwa um eine halbe Windung versetzt, schraubig um eine gemeinsame Achse gedreht. Von den Zucker-Phosphat-Bändern ragen dabei die 7 Basen senkrecht zur gedachten Achse nach innen. Auf eine volle Windung des DNA-Moleküls kommen 10 Nukleotide. Die Komplementarität zwischen den Einzelsträngen im Doppelstrang ergibt sich aus den Basenpaarungen (Basenpaarungsregel).

Literatur. Lewin B (1998) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Doppelspektrometer 7 Hybridgeräte

Doppelstrang 7 Doppelhelix

Doppelverdau R. Weiskirchen

Englischer Begriff. double digest

Definition. Laborjargon für einen Versuchsansatz, in dem eine DNA gleichzeitig mit zwei verschiedenen Restriktionsendonukleasen geschnitten wird. i In der 7 Gentechnik werden derartige Reaktionsansätze z. B. verwendet, um die relative Lage einzelner Restriktionsschnittstellen (7 Restriktionsanalyse) zueinander zu bestimmen oder um sog. gerichtete Klonierungen, bei denen das Insert in einer gewünschten Orientierung in den Vektor ligiert werden soll, vorzunehmen.

Dosisvorhersage W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. dose prediction i Befindet sich die Pharmakonkonzentration im Plasma nach Einstellung des Fließgleichgewichtes außerhalb des therapeutischen Bereichs kann mathematisch das neue Dosierungsschema ermittelt werden.

Bei linearer Kinetik: DN = DA × CN / CA CN: angestrebte neue Konzentration; DN: Dosierung neu; CA: aktuelle Konzentration; DA: Dosierung bisher Für schwierig einstellbare Patienten erfolgt die Dosisberechnung anhand pharmakokinetischer Modelle, empirisch auf der Basis von Prüfdosen (1-Punkt- oder 3-Punkt-Methoden) oder mittels einer Kombination populationskinetischer Informationen und aktuell beim Patienten gemessener Plasmakonzentrationen des Arzneistoffs. (Vorhersage gemäß 7 Bayes-Theorem) Die Berechnung jeder Dosisvorhersage setzt voraus, dass die pharmakokinetischen Bedingungen, z. B. Resorption, Clearance, stabil sind und sich nicht ändern.

Literatur. Oellerich M, Külpmann WR (1995) Klinisch-chemische Bestimmungen von Pharmaka. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Dost-Prinzip W.-R. Külpmann

Synonym(e). Gesetz der korrespondierenden Flächen Definition. Die Fläche unter der „Blutspiegelkurve“ („area under the curve“ AUC) ist – unabhängig vom Zeitverhalten der Invasion – der im Blut erschienenen Dosis proportional. i Das Dost-Prinzip kann verwendet werden, um die Bioverfügbarkeit von Pharmaka im Vergleich zur intravenösen Applikation (Bioverfügbarkeit 100 %) zu ermitteln.

Literatur. Gladtke E, von Hattingberg HM (1973) Pharmakokinetik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Dot-Blot R. Weiskirchen

Synonym(e). Spot-Blot; Slot blot Englischer Begriff. dot blot Definition. Einfache Identifizierung homologer Nukleotidsequenzen oder Proteine, bei dem DNA, RNA, Protein zunächst punkt- (dot blot) oder schlitzreihenförmig (slot blot) auf eine Membran gegeben, fixiert, und im Anschluss mit einer Gensonde oder einem spezifischen Antikörper detektiert wird.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Verfahren ist ähnlich einer 7 Northern-Blot, 7 Southern Blot bzw. 7 Western Blot-Analyse, nur wird hier die/das RNA/DNA/Protein zuvor nicht elektrophoretisch aufgetrennt, so dass die Methode nur eine Aussage zur Quantität, nicht aber zur Qualität (Fragmentgröße) des nachgewiesenen Biomoleküls ermöglicht. Technisch im eigentlichen Sinn nicht unter die wirklichen 7 Blotting-Techniken einzuordnen.

Drei-Gläser-Probe

Einsatzgebiet. Diese Verfahrenstechnik wird oft angewendet, wenn es um den qualitativen Nachweis bestimmter Moleküle in vielen unterschiedlichen Untersuchungsproben geht (z. B. Autoantikörper). Die Anordnung der Proben in geraden Reihen erleichtert die reproduzierbare, densitometrische Quantifizierung. Untersuchungsmaterial. Eingesetzt werden i. d. R. in Abhängigkeit von den Fragestellungen unfraktionierte Untersuchungsproben (Proteingemische, DNA- und RNA-Gemische). Instrumentierung. Zum Aufträufeln der einzelnen Proben werden i. d. R. kommerzielle erhältliche Loch- oder Schlitzplatten aus Plexiglas und speziell konzipierte Pipettierautomaten verwendet. Fehlermöglichkeit. Da mehrere Proben parallel aufgeträufelt werden, ist die Gefahr einer Probenverwechselung besonders hoch. Literatur. Kulozik AE, Hentze MW, Hagemeier C, Bartram CR (2000) Molekulare Medizin. Grundlagen-Pathomechanismen-Klinik. W. de Gruyter, Berlin New York

Downers T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Barbiturate (7 Straßennamen von Drogen: Barbiturate).

Downey-Zelle 7 Fenestrated cell

Down Pills T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Barbiturate (7 Straßennamen von Drogen: Barbiturate).

Downstream R. Weiskirchen

Definition. Positionsangabe für die Richtung, die man bezogen auf einen bestimmten Ausgangpunkt einer 7 Nukleinsäure betrachtet

i Oftmals wird mit dieser Bezeichnung die relative Lage zu einem

Bezugspunkt innerhalb eines Nukleinsäuremoleküls zum Ausdruck gebracht (z. B. downstream des 7 Transkriptionsstartpunktes). Das Gegenteil von downstream ist upstream (stromaufwärts, 5’-Ende, five prime end).

415

sind, unterscheidet man verschiedene Kategorien des Rhesus-D-Partial, die sich häufig nur genetisch eindeutig charakterisieren lassen. Am häufigsten ist die Kategorie VI (etwa 1:6000), deren Träger relativ leicht Antikörper gegen die fehlenden Epitope entwickeln können. Andere Kategorien können zwar grundsätzlich auch Antikörper entwickeln, tun dies aber eher selten. Daher sollten vor allem Patienten mit D-Partial (Kategorie VI) grundsätzlich mit Rhesus-negativem Blut transfundiert werden. Mehr als 10 D-Partial-Typen werden durch einzelne Missense-Mutationen beschrieben, die in einem einzelnen Aminosäureaustausch in den extrazellulären Loops resultieren. Einige D-Partial weisen mehrere Aminosäureaustausche an verschiedenen Stellen des Rhesus-D-Proteins auf. Diese Typen treten aber fast ausschließlich bei Afrikanern auf.

Literatur. Flegel WA, Wagner FF (2002) Molecular Biology of partial D and weak D: Implications for Blood Bank Practice. Clin. Lab. 48:53–59 Avent ND, Reid ME (2000) The Rh blood group system: a review. Blood 95: 375–387 Rhesus Base: http://www.uni-ulm.de/~fwagner/RH/RB/

DPD 7 Desoxypyridinolin

2,3-DPG 7 2,3-Diphosphoglyzerat

Drabkin-Lösung H. Baum

Englischer Begriff. Drabkin’s solution Definition. Wässrige Lösung aus Natriumbicarbonat, Kaliumferrizyanid und Kaliumzyanid zur Bestimmung des Hämoglobins. i Die Drabkin-Lösung ist eine wässrige Lösung bestehend aus:

5 1 g/L Natriumbicarbonat, 5 0,05 g/L Kaliumzyanid 5 0,2 g/L Kaliumferrizyanid.

Die Lösung lysiert die Erythrozyten und setzt außer Sulfhämoglobin quantitativ alle Hämoglobine in Zyanhämiglobin um. Das Zyanhämiglobin ist ein stabiler roter Komplex mit einem breiten Absorptionsspektrum bei 540 nm. Sie ist die empfohlene Standardlösung zur Bestimmung des 7 Hämoglobins.

Literatur. Drabkin DL, Austin JH (1935) Spectrophotometric studies.

D-Partial K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Partial D; D(variant) Englischer Begriff. D(partial) Definition. Sonderform des Rhesus-D-Proteins, bei der das Protein qualitativ deutlich verändert, d. h. in der Struktur modifiziert ist und gleichzeitig auch schwach ausgeprägt sein kann. i Das Rhesus-D-Protein auf der erythrozytären Oberfläche besteht

aus einer Vielzahl von Epitopen, die normalerweise alle vollständig nachweisbar sind. Fehlen einige dieser Epitope, d. h. ist das D-Protein unvollständig ausgebildet, spricht man von einem partiellen D (D-Partial). Die molekulare Basis von Rhesus-D-Partial bilden verschiedene Typen. Hierzu zählen RHD/CE Hybrid-Allele, einzelne Missense-Mutationen auf DNA-Ebene, die sich letzlich in einzelnen Aminosäureaustauschen in extrazellulären Proteinsegmenten widerspiegeln und mehrere verteilte Missense-Mutationen. Bei den RHD-CE-D- oder RHCE-D-CE-Hybrid-Allelen sind bislang mehr als 20 verschiedene Typen beschrieben. Die ausgetauschten Gen-Segmente reichen hierbei von wenigen Nukleotiden bis zu einer Länge von 10.000 bp. Je nachdem, welche Epitope fehlen bzw. vorhanden

II. Preparations from washed blood cells; nitric oxide hemoglobin and sulfhemoglobin. J Biol Chem 112:51

Drägerröhrchen 7 Gasprüfröhrchen

Dreiecksspannungs-Voltammetrie 7 Voltammetrie

Drei-Gläser-Probe W.G. Guder

Synonym(e). Urinportionierung; Urinsammlung nach Meares und Stamey

Englischer Begriff. sequential urine specimen collection; Meares and Stamey procedure

Definition. Sammeln von spontan gelassenem Harn in drei Portionen in getrennte Behälter i Zur Feststellung der Lokalisation der Ursache einer Hämaturie

D

416

Drepanozyt

bzw. Infektion der ableitenden Harnwege wurde vorgeschlagen, den Harn in drei Portionen aufzufangen, wobei die erste Portion die Bestandteile der Urethra enthält (etwa 1–2 mL), die zweite und größte Portion den Blaseninhalt und die dritte Portion letzte Exprimate der Prostata und der Samenbläschen. Die Proben werden getrennt visuell begutachtet (Rötung bzw. Trübungen), dann getrennt mit mikroskopischen und/oder mikrobiologischen Methoden auf Bakterien und andere Infektionserreger untersucht. In Folge wurde die Methode auch auf zwei Gläser verteilt empfohlen mit anschließender Prostatamassage (Meares-und-Stamey-Methode); s. a. 7 Liquor-Drei-GläserProbe

Literatur. Meares EM, Stamey TA (1968) Bacteriological localization patterns in bacterial prostatitis and urethritis. Invest Urol 5:492–518 Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Suttgart New York, S 142 Kouri T, Fogazzi V, Gant H, Hallander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European Urinalysis Guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60 Suppl 231:1–96

Drepanozyt 7 Sichelzelle

Drift G. Schumann

Englischer Begriff. drift Definition. Langsame Änderung eines metrologischen Merkmals eines Messgeräts i Drift ist eine zeitabhängige, systematische Zu- oder Abnahme von Werten von Messgrößen, die mit einem Untersuchungsverfahren am gleichen Probenmaterial ermittelt werden. Drift kann durch die Instabilität des Messverfahrens oder die Instabilität der Probe verursacht werden (DIN 58936-2). Driftphänomene sind bei Messsystemen der Klinischen Chemie kaum vermeidbar und müssen in irgendeiner Weise berücksichtigt werden. Wenn dies nicht möglich oder der technische Aufwand unwirtschaftlich ist, wird nach einem festgelegten Zeitintervall eine Nachjustierung oder Rekalibrierung vorgenommen. Eine Drift ist mittels einer Kontrollkarte visuell erkennbar (s. a. Drift unter 7 Detektor).

Literatur. Qualitätsmanagement in der Laboratoriumsmedizin (2001) Teil 2: Begriffe zur Qualität und Anwendung von Untersuchungsverfahren. Beuth-Verlag, Berlin. DIN 58936-2, 3.1.2.2 Haeckel R (1993) Evaluation Methods in Laboratory Medicine. VCHVerlag, Weinheim, S 62

Drogen als Einflussgrößen W.G. Guder

Synonym(e). Medikamentenwirkung; In-vivo-Effekte von Medikamenten; Arzneimitteleffekte

Englischer Begriff. drug effects; biological effects of drugs; physiological effects

Definition. Medikamente und Drogen wirken dann als 7 Einflussgrößen, wenn sie in vivo die Konzentration des gemessenen Analyten, der nicht mit der Droge identisch ist, verändern. i Arzneimittel (Medikamente, Drogen) können durch verschiedene Mechanismen diagnostische Analyte in ihrer Konzentration im Blut, Urin oder Liquor beeinflussen: 5 Der Analyt ist ein Metabolit der Droge (z. B. Phenobarbital steigt nach Gabe von Primidon). 5 Die Droge verändert als therapeutische Wirkung die Konzentration des Metaboliten (z. B. Senkung der Glukose durch Insulin oder orale Antidiabetika). 5 Die Droge verändert als Nebenwirkung die Konzentration der gemessenen Größe (Acetaminophen steigert hepatische Marker durch Überdosierung mit hepatotoxischer Wirkung).

Diese Wirkungen sind zu unterscheiden von analytischen Störungen durch die Droge in vitro. Umfangreiche Nachschlagewerke differenzieren nur zum Teil physiologische „drug effects“ von „drug interference“.

Literatur. 7 Arzneimitteleffekte

Drogeninterferenzen 7 Arzneimitteleffekte

Drogennachweis mit Teststreifen W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. drug screening by test strips i Der Nachweis von Pharmaka im Urin mit Teststreifen ist schein-

bar leicht durchführbar. Tatsächlich müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden, um falsch-positive und falsch-negative Befunde zu vermeiden bzw. zu erkennen. Viele nachzuweisende Substanzen werden größtenteils metabolisiert und konjugiert, bevor sie renal eliminiert werden. Ein Hydrolyseschritt vor Analyse mittels Teststreifen ist jedoch nicht vorgesehen und die Kreuzreaktivität gegenüber Konjugaten meist schwach. Es resultiert ein deutlich höherer Cut-off-Wert als der Anwender annimmt: Der angegebene Cut-off-Wert bezieht sich auf die freie (unkonjugierte) Substanz des Kalibrators. Die Beurteilung erfolgt subjektiv visuell und beim Feldeinsatz häufig bei ungenügender Beleuchtung. Ein positiver Befund ist meist gekennzeichnet durch eine fehlende Farbbande, schwach (?) gefärbte Banden gelten als negativ. Eine differenzierende Auswertung wie bei einem primär quantitativen Messsignal ist nicht möglich. Eine Kontrolllinie auf dem einzelnen Teststreifen ist ein Indiz, dass der Analysenvorgang regelrecht abgelaufen ist. Eine regelmäßige Qualitätssicherung mit Kontrollurin wird dennoch von den Herstellern mit Recht für notwendig gehalten.

Literatur. Külpmann WR (2003) Nachweis von Drogen und Medikamenten im Urin mittels Schnelltests. Dtsch Ärztebl 100:A1138– A1140

Drogenscreening T. Arndt

Englischer Begriff. drug screen Definition. Überbegriff für Untersuchungen zum Nachweis eines Drogenkonsums. i Das Drogenscreening dient dem Nachweis eines Drogenkonsums. In Abhängigkeit von der Fragestellung, z. B. Drogeneinfluss zur Tatzeit (Blut) oder Nachweis einer Drogenabstinenz zur Wiedererlangung des Führerscheins (Urin), werden Blut- und/oder Urinproben auf die Anwesenheit einer oder mehrerer Drogengruppen untersucht (7 Amphetamine, 7 Barbiturate, 7 Benzodiazepine, 7 Cannabinoide, 7 Kokain, 7 Opiate, 7 Methadon). Deren Auswahl erfolgt anhand des konkreten Falls oder eines fest vereinbarten Prüfschemas, wobei aktuelle Trends des Drogenkonsums berücksichtigt werden können. Im ersten Untersuchungsgang werden gewöhnlich immunologische Nachweisverfahren (7 Teststreifen oder 7 Immunoassays) als 7 Screeningmethoden eingesetzt. Anschließend sollten positive Screeningergebnisse durch eine zweite, von der Screeninganalyse unabhängige, physikochemische 7 Bestätigungsuntersuchungen gegengeprüft werden. Das Ergebnis der Bestätigungsuntersuchung ist dann rechtsverbindlich, d. h. ein positiver Screeningbefund wird durch eine negative Bestätigungsanalyse bedeutungslos. Die betroffenen Personen versuchen mitunter durch Aufnahme großer Flüssigkeitsmengen eine In-vivo- oder durch Beimengung von Wasser zum Urin eine In-vitro-Urinverdünnung herbeizuführen. Dadurch soll die Drogenkonzentration herabgesetzt und der Nachweis eines Drogenkonsums verhindert werden. Geeignete Gegenmaßnahmen sind die Urinabgabe unter Sichtkontrolle zu einem vorher nicht

Dünndarmresorptionstest

angekündigten Termin sowie die zusätzliche Bestimmung der Kreatininausscheidung im Urin. Kreatininkonzentrationen unter 200 mg/L sprechen für einen (ggf. manipulativ) niedrigkonzentrierten Urin.

Literatur. Schütz H (1999) Screening von Drogen und Arzneimitteln mit Immunoassays. Wissenschaftliche Verlagsabteilung Abbott GmbH, Wiesbaden Külpmann WR (Hrsg) (2002) Klinisch-toxikologische Analytik. Wiley-VCH, Weinheim.

Drogen-Wischtest 7 Wischtests zum Drogennachweis

Drosha 7 MikroRNA

Druckerspooler O. Colhoun

Englischer Begriff. print spooler Definition. Der Druckerspooler des Labor-EDV-Systems nimmt die zu druckenden Daten aller Benutzer entgegen und lenkt sie in der Reihenfolge des Eingangs auf die angewählten Drucker. i Dadurch ist im Netzwerk beispielsweise die gleichzeitige Nut-

zung eines Druckers durch mehrere Benutzer möglich. „Spool“ steht als Ankürzung für „Simultaneous Peripheral Operations Online“: Gleichzeitige Arbeitsabläufe für Peripheriegeräte.

Drugwipe® 7 Wischtests zum Drogennachweis

Drumstick H. Baum

Englischer Begriff. drumstick Definition. Trommelschlegelförmiger Chromatinanhang neutrophiler Granulozyten.

Drumstick. Abb. 1. Drumstick (Pfeil), 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung i Drumsticks sind trommelschlegelförmige Chromatinanhänge der neutrophilen Granulozyten und können in etwa jedem 38. neutrophilen Granulozyten bei gesunden weiblichen Personen nachgewiesen werden. Sie bestehen aus einem kleinen etwa 1,5 μm großen Kopfteil sowie einer fadenförmigen Verbindung zu einem Segment des Kernes. Der Nachweis kann zur Geschlechtsbestimmung herangezogen werden, wobei mindestens 500 neutrophile Granulozyten ausgezählt werden müssen.

Literatur. Davidson WM, Smith DR (1954) A morphological sex dif-

417

ference in the polymorphonuclear neutrophil leukocytes. Br Med J 4878:6–7

dsDNA-Antikörper 7 Doppelstrang-DNA-Antikörper

DS-PG-1 7 Biglykan

DS-PG2 7 Decorin

DTI 7 Thrombininhibitoren

d-TxB₂ 7 11-Dehydroxy-Thromboxan B₂

Duffy(FY)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). FY; DARC; Duffy antigen receptor for chemokines Englischer Begriff. Duffy blood group system Definition. Die Duffy(FY)-Antigene sind auf dem sauren Glykoprotein (gp-DARC oder gp-FY) lokalisiert, das mit sieben Membrandurchgängen (multipass membrane glycoprotein) zu den G-Proteingekoppelten Rezeptoren gehört. Sie stellen ein erythrozytäres 7 Blutgruppensystem dar. i Das gp-DARC wird als Rezeptor von dem Parasiten Plasmodium vivax (Erreger der Malaria tertiana) verwendet. Das Protein gehört zu der Superfamilie der Chemokinrezeptoren und spielt eine Rolle bei Entzündungsreaktion. Die Plasmodium-spezifische Bindungsstelle, die Bindungsstelle für Chemokine (IL-8, MGSA, MCP-1 und RANTES) und die antigene Determinante des Proteins liegen in überlappenden Regionen der extrazellulären N-terminalen Region des Proteins. Bei Afrikanern kommt häufiger der 7 Nullphänotyp Fy(a-b-) vor, da diese Personen resistent gegenüber dem Erreger P. vivax sind (balancierter Polymorphismus, 7 Sichelzellenanämie). Das gp-Fy wird auf erythroiden und nichterythroiden Zellen exprimiert (inkl. endotheliale Zellen der Kapillarvenen, der Nierensammelkanäle, in Lungenalveolen und in den Purkinje-Zellen des Zerebellums). Das Duffy-Blutgruppensystem ist charakterisiert durch die zwei antithetischen Hauptantigene (7 antithetische Antigene) Fya (ISBT 008.001, FY1) und Fyb (ISBT 008.002, FY2). Daneben kommen das Fy3-Antigen (ISBT 008.003, FY3, Synonym Fyab) vor und zwei weitere Nebenantigene, FY5 und FY6. Das FYBES („erythroid silent“, ES) ist verantwortlich für den Duffy-Nullphänotyp. Es handelt sich um eine Mutation in der Promotorregion (betrifft Bindestelle für den Transkriptionsfaktor GATA1) und verhindert die Expression von gpFy in erythroiden, nicht aber in nichterythroiden Zellen. Antikörper im Duffy-Blutgruppensystem sind in der Regel vom IgGTyp, IgM-Antikörper sind selten. Sie sind nicht komplementbindend. Hämolytische Transfusionsreaktionen sind moderat bis ernst und können sowohl unmittelbar auftreten oder vom verzögerten Typ sein. Morbus haemolyticus neonatorum (7 Morbus haemolyticus fetales/ neonatorum) sind in der Regel mit moderater Symptomatik. DuffyAntigene sind sensibel gegenüber den Proteasen Ficin, Papain und Bromelin.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Auflage, Elsevier New York

Dünndarmresorptionstest 7 Xylose-Test

D

418

Dünnfilmkapillarsäulen

Dünnfilmkapillarsäulen 7 Kapillar-Gaschromatographie

Dünnschichtchromatographie T. Arndt

Synonym(e). DC Englischer Begriff. thin layer chromatography; HPTLC; high performance thin layer chromatography

Definition. Eine Form der Planarchromatographie (7 Chromato-

graphie), bei der die 7 stationäre Phase auf einem ebenen Träger, oft einer Aluminiumfolie oder Glasplatte, fixiert ist.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Der Transport der flüssigen 7 mobilen Phase beruht auf Kapillarkräften in der stationären Phase und die chromatographische Trennung auf der unterschiedlich stark ausgeprägten, wiederholten Adsorption und Desorption der Probenbestandteile an der stationären Phase (z. B. Kieselgel, Al₂O₃). Starke Wechselwirkungen führen zu einem verzögerten Transport der Substanz mit der mobilen Phase, d. h. einer relativ kurzen Laufstrecke (Distanz zwischen Probenaufgabestelle und Position in der Dünnschichtplatte nach der Chromatographie). Eine geringe Affinität zur stationären Phase führt zu vergleichsweise längeren Laufstrecken. Diese betragen gewöhnlich mehrere Zentimeter und sind unter definierten Bedingungen gut reproduzierbar. Die Laufstrecke ist deshalb ein wichtiges Kriterium für die Zuordnung von Fraktionen des Chromatogramms zu Substanzen oder Substanzgruppen. Zusätzlich wird in mindestens einer Spur in der DC-Platte (Standardspur) ein Gemisch von Referenzsubstanzen bekannter Konzentration getrennt. Der Vergleich der Laufstrecken der Referenzsubstanzen mit jenen der Fraktionen aus den Patientenproben erlaubt dann eine relativ sichere Identifikation der Fraktionsbestandteile. Zusätzliche Informationen zur Substanzidentifikation liefern sog. Rf-Werte. Der Rf-Wert ist definiert als das Verhältnis der Laufstrecke einer Komponente (Distanz zwischen Probenaufgabestelle und Position der Komponente in der DC-Platte; auch Wanderungsstrecke genannt) zur Laufstrecke des Fließmittels (Distanz zwischen Probenaufgabestelle und (oberster) Front der mobilen Phase). Oft ist die Lage der einzelnen Substanzen und Substanzgruppen in der Dünnschichtplatte nicht unmittelbar zu erkennen. Sie werden durch UV-Strahlung oder Derivatisierung mit Färbereagenzien (Tauchen oder Besprühen der DC-Platte) sichtbar gemacht.

Einsatzgebiet. Die Dünnschichtchromatographie ist hervorragend zur Trennung von komplexen Proben mit stark variierender Zusammensetzung wie z. B. Mageninhalt und Drogenpräparate geeignet (Übersichtsanalyse). Mit Einführung der HPLC ist ihre Bedeutung im klinisch-chemischen Labor kontinuierlich zurück gegangen. Ihr Einsatz beschränkt sich heute auf Spezialanalysen wie z. B. die Trennung der im Urin ausgeschiedenen Oligosaccharide. Untersuchungsmaterial. Blut und seine Präparate, Haarextrakte, Mageninhalt, Stuhlextrakte, Urin, Präparationen von Medikamenten und Drogen. Instrumentierung. Die Dünnschichtchromatographie ist eine apparativ wenig aufwendige Analysenmethode. Eine Dünnschichtplatte (DC-Platte), eine Trennkammer (ggf. ein Becherglas) und eine UVLampe oder eine Sprühflasche zum Derivatisieren/Färben der Fraktionen sind oft ausreichend. Die Dünnschichtplatte wird in mehrere Bahnen (Spuren) untergliedert. Dabei entspricht die Zahl der Bahnen der auf einer Platte zu analysierenden Probenanzahl. Nach dem Auftragen der Proben in gewissem Abstand vom unteren Rand der DC-Platte findet in einer Trennkammer (Entwicklungskammer, Elutionskammer) die chromatographische Trennung (Elution) statt. Die mobile Phase ist ein auf die jeweilige Anforderung optimiertes Lösungsmittelgemisch. Die Elution erfolgt zumeist aufsteigend, das heißt, die mobile Phase steigt getrieben durch Kapillarkräfte in der stationären Phase auf. Sie erreicht dabei die Linie der Auftragstellen, löst die Probenbestandteile aus diesen heraus und transportiert sie in Abhängigkeit von deren Affinität zur stationären Phase unterschiedlich weit von der Auftragsstelle weg. Abschließend werden die oft noch unsichtbaren Substanzen oder Substanzgruppen durch UV-Bestrahlung oder Derivatisieren/Anfärben sichtbar gemacht und ggf. mit einem 7 Densitometer qualitativ oder quantitativ ausgewertet. Von Bedeutung für sehr komplexe Gemische ist die zweidimensionale Dünnschichtchromatographie. Hier werden die Probenbestandteile zunächst wie beschrieben getrennt. Anschließend wird die DC-Platte um 90 ° gedreht, einer zweiten chromatographischen Trennung (ggf. mit einem anderen Fließmittel) unterworfen und entwickelt. Besonders leistungsfähige Varianten der Dünnschichtchromatographie werden auch als Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie (High Performance Thin Layer Chromatography, HPTLC) bezeichnet. Varianten mit horizontaler (ggf. durch Pumpen beschleunigter) Elution oder radialer Elution sind in der Spezialliteratur beschrieben. Spezifität. Die Spezifität der Methode hängt stark von der analyti-

Dünnschichtchromatographie. Abb. 1. Dünnschichtchromatographie: Trennkammer mit beschichteter Glasplatte als Dünnschichtplatte (stationäre Phase) und Fließmittel (mobile Phase)

D-weak

schen Fragestellung ab. Sie kann durchaus jene der 7 GC-MS oder 7 HPLC, in keinem Fall aber jene einer valide durchgeführten 7 Massenspektrometrie (MS) erreichen.

Sensitivität. Auch die Sensitivität ist verfahrensabhängig. Konzentrationen im μg/L-Bereich sind gut nachweisbar.

Fehlermöglichkeit. Unter der Voraussetzung optimierter Trennbedingungen ergeben sich folgende für die Dünnschichtchromatographie charakteristische Fehlerquellen: 5 ein zu nah an der Plattenkante positionierter Probenauftrag und dadurch vollständiges oder partielles Auswaschen der Probenbestandteile schon beim Eintauchen der DC-Platte in das Fließmittel (→Probenverlust und/oder unscharf begrenzte Startposition) 5 Verdampfen (von Komponenten) des Fließmittels durch Alterung oder eine nicht abgedeckte Trennkammer (→nichtstandardisierte chromatographische Bedingungen) 5 Unvollständige Derivatisierung/Anfärbung der Fraktionen (→Übersehen einzelner Fraktionen und/oder schwankende Wiederfindung) 5 Koelution von Analyten und (unbekannten) Begleitstoffen mit ähnlichen Eigenschaften unter UV-Bestrahlung und/oder beim Derivatisieren/Anfärben (→z. B. falsch-positive Drogennachweise) 5 Ausbleichen der gefärbten Fraktionen bei Lagerung (→z. B. falschnegative Drogennachweise bei zu später Auswertung)

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Dünnschichtchromatographie ist eine einfache, schnelle, preiswerte und aussagekräftige Analysenmethode. Maßnahmen zur Mechanisierung können den Probendurchsatz erhöhen, bedeuten aber gleichzeitig einen deutlichen Kostenanstieg und den Verlust der für die DC geschätzten Geräteunabhängigkeit. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die DC gehört(e) zum Standardprogramm eines analytischen Labors. Geräteunabhängigkeit und damit unmittelbare Verfügbarkeit bei geringstem Platzbedarf, hoher Praktikabilität und Robustheit qualifizieren sie noch heute als wertvolle Methode zur Übersichtsanalyse von Proben stark variierender Zusammensetzung wie Mageninhalt. Im klinisch-chemischen Labor wurde die DC fast vollständig durch die HPLC abgelöst.

Literatur. Jork H, Funk W, Fischer W et al (Hrsg) (1989) Dünnschichtchromatographie Band 1–3. VCH, Weinheim

Dünnschicht-Kapillarsäulen 7 Kapillar-Gaschromatographie

Durchflusszytometrie H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). flow cytometry; Flow-Zytometrie

419

Einsatzgebiet. Im Bereich labormedizinischer Routineuntersuchungen wird Durchflusszytometrie im Rahmen der Analyse von Zellpopulationen unter Einsatz fluoreszenzmarkierter Antikörper gegen bestimmte Oberflächenantigene eingesetzt (7 Lymphozyten-Subpopulationen). Auch einige funktionelle Untersuchungen bezüglich der Granulozyten sind für die Routinediagnostik kommerziell erhältlich. Das Haupteinsatzgebiet der Durchflusszytometrie liegt jedoch bei zahlreichen Applikationen im Bereich von Forschung und Entwicklung. Untersuchungsmaterial. Vollblut, Buffy coat, Liquor cerebrospinalis, Aszites, Einzelzellsuspensionen verschiedener Organe und Spezies.

Instrumentierung. Durchflusszytometer mit/ohne Sortiereinrichtung Spezifität. Abhängig von Messparametern und Probenmaterial Sensitivität. Abhängig von Messparametern und Probenmaterial Fehlermöglichkeit. Durch vielfältige Variationsmöglichkeiten der Datenregistrierung (Einstellung der PMT, rechnerische Kompensation verschiedener Fluoreszenzfarbstoffe, Definition von Schwellenwerten usw.) bietet die Methode zahlreiche Fehlermöglichkeiten. Sie lässt sich daher schwer standardisieren und hat einen eher qualitativen Charakter. Erste Versuche zu quantitativen Durchflusszytometrie werden mit Partikeln gemacht, die definierte Fluoreszenzintensitäten besitzen und als Maßstab für die Fluoreszenzintensität (und damit Anzahl) der markierten Moleküle auf der Zelloberfläche dienen können. Andere Fehler können in den analysierten Zellen begründet sein. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Wegen der vielfältigen Akquisitionsmöglichkeiten der Daten und der möglichen Interpretation erfordert die Methode vom Untersucher sehr viel Fachwissen und Erfahrung; 7 Liquor-Durchflusszytometrie (FACS)

Durchlässigkeit 7 Lambert-Beer-Gesetz

Durchschlagkraft 7 Penetranz

Durstversuch 7 Volhard-Konzentrationsversuch

D(variant) 7 D-Partial

dvta 7 Deutscher Verband Technischer Assistentinnen und Assistenten in der Medizin e.V.

Englischer Begriff. flow cytometry Definition. Quantifizierung von Zellen oder Partikeln aufgrund ihrer

D-weak K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

relativen Größe, relativen Granularität bzw. Komplexität und relativen Fluoreszenzintensität mit Hilfe von Laserstrahlung.

Englischer Begriff. D-weak

Physikalisch-chemisches Prinzip. Im Durchflusszytometer werden

Definition. Sonderform der Rhesus-D-Blutgruppe, die durch eine

einzelne Zellen in einem Flüssigkeitsstrom transportiert. Die Zellen passieren hintereinander mit hoher Geschwindigkeit einen Laserstrahl und werden analysiert. Sie streuen das Laserlicht (7 Laser) in Abhängigkeit von ihrer Größe (Vorwärtsstreulicht) und Granularität (Seitwärtsstreulicht) in verschiedene Richtungen. Durch Inkubation der Einzelzellen mit fluoreszenzmarkierten Antikörpern gegen Oberflächenantigene, intrazelluläre Strukturen oder Stoffwechselprodukte können die Bestandteile markiert werden. Das eingestrahlte Laserlicht wird den 7 Fluoreszenzfarbstoff zur Emission längerwelligen Lichts anregen, dass durch entsprechende Filter getrennt und mittles 7 Photomultipliertubes (PMT) in Form elektrischer Impulse registriert wird.

verminderte Konzentration des D-Proteins in der erythrozytären Oberflächenmembran gekennzeichnet ist. Bei der 7 Blutgruppenbestimmung fällt eine sehr schwache Reaktion bei der Rhesus DBestimmung auf. i Wie bei anderen D-Varianten liegt auch die molekulare Basis von D-weak in verschiedenen Missense-Mutationen im Rhesus-D-Gen (7 Rhesus-Faktor). Bislang sind über 60 verschiedene D(weak)-Typen bekannt, die überwiegend auf Substitution einer einzelnen Aminosäure im Rhesus-D-Protein zurückzuführen sind. Anders als bei 7 D-Partial liegen die Mutationen hier ausschließlich im transmembranen oder intrazellulären Bereich des Rhesus-D-Proteins.

D

420

Dyshämoglobine

D(weak)-Individuen, die eine verminderte Konzentration des Rhesus-D-Proteins in der erythrozytären Oberflächenmembran besitzen, gelten grundsätzlich als Rhesus-positiv.

Indikation. Die Quantifizierung oder Abschätzung dysmorpher Ery-

Literatur. Wagner FF, Gassner C, Müller TH, Schönitzer D, Schunter F, Flegel WA (1999) Molecular basis of weak D phenotypes. Blood 93:385–393 Rhesus Base: http://www.uni-ulm.de/~fwagner/RH/RB/

Diagnostische Wertigkeit. Die Zahl der dysmorphen Erythrozyten

Dyshämoglobine O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. dyshemoglobins Definition. Sammelbegriff für alle nicht zur reversiblen O₂-Bindung fähigen Hämoglobinderivate. i Zu den Dyshämoglobinen gehören CO-Hämoglobin (7 Kohlen-

oxidhämoglobin), 7 Methämoglobin und 7 Sulfhämoglobin.

Dyslipoproteinämie-Screeningtest 7 Kühlschranktest

Dyslipoproteinämie-Suchtest 7 Kühlschranktest

Dysmorphe Erythrozyten im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Erythrozytendysmorphie; Akanthozyten als Sonderform dysmorpher Erythrozyten

Englischer Begriff. dysmorphic erythrocytes; acanthocytes Definition. Unter dysmorphen Erythrozyten werden veränderte

throzyten ist immer dann indiziert, wenn eine Hämaturie diagnostisch abzuklären ist. in % der (vermehrten) Gesamterythrozyten im Urin erlaubte es erstmals, renale von postrenalen Formen der Hämaturie aus einem Spontanurin im Phasenkontrastmikroskop zu unterscheiden. Die Methode fand weite Verbreitung in der Urologie und Nephrologie, verlangt jedoch eine erhebliche Erfahrung in der Erkennung und Quantifizierung von verschiedenen Formen der Dysmorphie, die von artefiziellen Formen durch hohe Harnkonzentration und lange Lagerung zu unterscheiden sind. Daher wurde als typischste Form der Akanthozyt hervorgehoben, dessen Konzentration spezifisch für renale Ursachen der Hämaturie ansteigt. Versuche, die Zahl dysmorpher Erythrozyten mit der Durchflusszytometrie zu erfassen (z. B. UF 100, Fa Sysmex) führten nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Daher blieb die Methode erfahrenen Mikroskopikern vorbehalten und fand keine routinemäßige Verbreitung. Dies ist bedauerlich, da auch die alternativ empfohlene Differenzierung über das Proteinmuster lediglich bei Albuminkonzentrationen über 100 mg/L erlaubt, zwischen glomerulären und postrenalen Formen der Hämaturie zu unterscheiden.

Literatur. Fairley KF and Birch DF (1993) Microscopic urinalysis in glomerulonephritis. Kidney Int 44:9–11 Janssens PMV, Kornaat N, Tielemann R et al (1992) Localizing the site of hematuria by immunocytochemical staining of erythrocytes in urine. Clin Chem 38:216–222 Hofmann W, Schmidt D, Guder WG (1991) Differentiation of hematuria by quantitative determination of urinary marker proteins. Klin Wchschr 69:68–75 Hyodo T, Kumano K, Sakai T (1999) Differential diagnosis between glomerular and nonglomerular hematuria by automated urinary Flow cytometer. Nephron 82:312–323 Tanaka M, Kitamoto Y, Sato T et al (1993) Flow cytometric analysis of hematuria using fluorescent antihemoglobin antibody. Nephron 65:354–358

Formen roter Zellen im Urin verstanden, welche durch ihre Passage durch die Tubuli der Niere verändert sind.

Dystrophin

Struktur. Die Form der dysmorphen Erythrozyten scheint nach

R. Weiskirchen

neueren Erkenntnissen durch die Auflagerung von 7 Tamm-HorsfallGlykoprotein auf die Erythrozytenmembran bedingt. Damit werden membraninterne Proteine aufgedeckt, die der chemischen Erkennung bei der 7 Durchflusszytometrie dienen können.

Funktion und Pathophysiologie. 7 Akanthozyten im Urin Präanalytik. 7 Akanthozyten im Urin Analytik. Nach der ersten Beschreibung durch Fairley und Birch wurde die mikroskopische Differenzierung im Phasenkontrast zur Standardmethode erhoben. Köhler et al. empfahlen, die Erkennung und Quantifizierung von Akanthozyten im Urin als spezifischste Form der renalen Hämaturie. Wegen des erhöhten Aufwands und der stark subjektiven Komponente der erfahrungsabhängigen Methode wurden Versuche unternommen, die Dysmorphie durchflusszytometrisch zu quantifizieren. Dabei hat man die Zellgröße, ihr Streulichtverhalten (Hyodo et al.) wie auch die immunzytometrischen Nachweise von Hämoglobin (Tanaka et al.), Tamm-Horsfall-Protein (Janssens et al) und Glykophorin angewendet. Mit letzterem Verfahren wurde eine diagnostische Sensitivität von 90 % bei einer Spezifität von 84 % erreicht. Hofmann et al. empfehlen alternativ bei einer Albuminurie > 100 mg/L eine Differenzierung der Ursachen durch Bestimmung von Urinproteinen hoher Molmasse. Welches Verfahren bei dieser wichtigen Aussage über die Ursache der Hämaturie zum Standardverfahren wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. Konventionelle Einheit. Die dysmorphen Erythrozyten werden in % der Erythrozytenzahl angegeben. Es ist immer die Gesamtzahl der Erythrozyten mitanzugeben. Internationale Einheit. Anzahl von dysmorphen Erythrozyten/L Urin.

Definition. Protein des Muskels (Molmasse 427 kDa), das bei der sog. Duchenne-Muskel-Dystrophie (DMD) defekt ist. i Die DMD ist eine Form des Muskelschwunds mit gestörter Gewe-

bearchitektur und mesenchymaler Proliferation, die X-chromosomal rezessiv mit einer Häufigkeit bis zu 1 von 3500 lebend geborener Knaben vererbt wird. Das Dystrophingen liegt auf dem kurzen Arm des 7 X-Chromosoms (Xp21) und umfasst einen Bereich von 2400 kbp, auf dem 79 Exons verteilt sind. Bislang sind 7 verschiedene Promotoren des Dystrophingens bekannt, die die Expression verschiedener Genprodukte (M-Dystrophin, C-Dystrophin, P-Dystrophin, Dp260, Dp140, Dp116 oder auch S-Dystrophin, Dp71 oder auch G-Dystrophin) regulieren. In Muskelbiopsien von Patienten mit DMD ist kein oder nahezu kein Nachweis von Dystrophin möglich. Die physiologische Funktion von Dystrophin ist bislang nicht bekannt. Aus seiner subzellulären Lokalisation und Strukturhomologien mit den Zytoskelett-Proteinen Spectrin und α-Actinin ist eine Funktion als Strukturprotein des Muskels zu vermuten. Bei der DMD geht eine messbare 7 Kreatinkinase (CK)-Aktivitätserhöhung der klinischen Symptomatik voraus. Die CK-Aktivitätsbestimmung kann als 7 Screening-Untersuchung eingesetzt werden, doch ist die Grundlage der Erstdiagnostik die 7 Immunblot- oder immunhistologische Untersuchung der Muskelbiopsie des Patienten. Für eine Verlaufsuntersuchung der Erkrankung eignen sich die Aktivitäten der muskulären Leitenzyme und die 7 Myoglobinkonzentration im Serum, da sie die Ausdehnung der Muskelnekrosen und somit die Progression der Erkrankung reflektieren. Die Aktivität der CK ist bei Trägern der Erkrankung vor allem in der Anfangsphase sehr stark erhöht. Es sind Anstiege bis zum 200-Fachen der oberen 7 Referenzbereichsgrenze beschrieben. Das 7 Isoenzym 7 CK-MB ist bei DMD-Patienten häufig im Serum nachweisbar, wobei CK-MBAktivitätsanteile bis zu 22 % berichtet sind. Heterozygote Merkmal-

DZ

sträger werden auf molekularer Basis mittels spezifischer 7 cDNADystrophin-Sonden oder immunhistologischer Untersuchungen einer Skelettmuskelbiopsie mit Anti-Dystrophin-Antikörpern erfasst. Eine pränatale Diagnose bei positiver Familienanamnese ist anzustreben.

Literatur. Duchenne GBA (1868) Recherches sur la paralysie musculaire pseudohypertrophique on paralysie myo-sclerosique. Arch Gen Med 11:2–25 Ganten D, Ruckpaul K (Hrsg) (2000) Monogen bedingte Erbkrank-

421

heiten 1: Handbuch der Molekularen Medizin. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1994) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

DZ 7 Dibucain-Zahl

D

E E1 7 Estron

Ecarin-Zeit P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). ECT; ECA

E2 7 Estradiol

E3 7 Estriol

E605 7 Organophosphate

EA 7 Autoantikörper gegen erythrozytäre Antigene

E und e-Antigen 7 Rhesusblutgruppensystem

EBK 7 Eisenbindungskapazität

EBM und EBM2000plus 7 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)

Englischer Begriff. ecarin clotting time; ecarin chromogenic assay Definition. Ecarin ist eine 7 Metalloproteinase aus dem Gift der Viper Echis carinatus und aktiviert 7 Prothrombin (Gerinnungsfaktor II) zu Meizothrombin. Meizothrombin wird durch direkte Thrombininhibitoren (7 Hirudin, Argatroban) gehemmt. Physikalisch-chemisches Prinzip. Ecarin spaltet humanes Prothrombin am Arg320, wodurch Meizothrombin generiert wird. Autolytische Spaltung am Arg156 führt zur Abspaltung des Prothrombinfragments 1 und lässt das Zwischenprodukt Meizothrombin-des-F1 entstehen. Eine weitere autolytische Spaltung führt zu dem stabilen Produkt α-7 Thrombin. Thrombin spaltet 7 Fibrinogen und aktiviert es zu 7 Fibrin. Die Erfassung der Fibrinbildung kann mechanisch (7 Koagulometer), optisch oder durch Kombination von optischer und mechanischer Messung (Kugelmethode) erfolgen. Alternativ können die Aktivierungsprodukte des Prothrombins auch durch ihre Fähigkeit, chromogene Substrate zu spalten, gemessen werden. Die Aktivität der Prothrombin-Intermediärprodukte wird durch die in der Patientenprobe vorhandenen direkten Thrombininhibitoren konzentrationsabhängig gehemmt. Restliches Meizothrombin (-des-F1) spaltet ein chromogenes Substrat und setzt dabei p-Nitroanilin frei, dessen Bildung als Änderung der Absorption bei 405 nm erfasst wird. Einsatzgebiet. Überwachung therapeutischer Antikoagulation mit direkten Thrombininhibitoren (Hirudin, Argatroban). Untersuchungsmaterial. Citratplasma, Vollblut (POCT)

Ebullioskopie 7 Siedepunktserhöhung

EBV 7 Epstein-Barr-Virus

EC 7 Kommission zur Festlegung der Nomenklatur in der Enzymologie

EC 3.1.1.47 7 Phospholipase A2, Lipoprotein-assoziierte

EC 3.2.1.22 7 α-Galaktosidase

EC 3.2.1.62 7 Laktase

EC4

Instrumentierung. Kann als POCT-Methode (z. B. TAS/ECT-Test Card, Pharmanetics Inc) und an Gerinnungsanalysegeräten durchgeführt werden. Spezifität. Lineare Messung direkter 7Thrombininhibitoren über den Bereich subtherapeutischer bis toxischer Plasmakonzentrationen. Keine Interferenz durch Heparin oder orale Antikoagulanzien. Hohe Präzision. Sensitivität. Nachweisgrenze des chromogenen Tests wird mit 0,032 mg Hirudin/L-Plasma angegeben. Die therapeutische Heparinkonzentration liegt oft bei nur ca. 0,02 mg/L, messbar im Thrombingenerierungstest EXCA oder INCA. Fehlermöglichkeit. ECT als Gerinnungstest ist abhängig von der Prothrombin- und Fibrinogenkonzentration der Probe.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Automatisierbar. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Routinemethode Literatur. Lange U, Wiesenburg A, Olschewski A et al (2002) Ecarin Chromogenic Assay (ECA) – A New Chromogenic Assay Useful for Clinical Monitoring of Direct Thrombin Inhibitors like Hirudin. Ann Haematol (Suppl 1); 81:A49 Nowak G (2001) Clinical Monitoring of Hirudin and Direct Thrombin Inhibitors. Semin Thromb Hemost 27:537–541

7 European Communities Confederation of Clinical Chemistry

Echinokokkus granulosus ECA 7 Ecarin-Zeit

W. Stöcker

Englischer Begriff. Echinococcus granulosus

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_5, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

424

Echinozyt

Beschreibung des Erregers. Familie: Taeniidae Gattung: Echinokokkus (E.) Spezies: E. granulosus, E. multilocularis, E. vogeli, E. oligarthrus u. w. Echinokokkus granulosus („Hundebandwurm“) gehört zur Familie der Taeniidae und ist neben Echinokokkus multilocularis („Fuchsbandwurm“) der bedeutendste Vertreter der Gattung Echinokokkus. E. granulosus ist ein 3–7 mm langer, meist dreigliedriger Bandwurm. Er besteht aus einem hakenbesetzten Kopf (Skolex), einer Sprossungszone und 2–6 Gliedern (Proglottiden), in denen die umweltresistenten Eier heranreifen. Die Vermehrung der Echinokokken ist an einen obligaten Wirtswechsel gebunden.

Erkrankungen. Larven von E. granulosus sind Erreger der zystischen Echinokokkose. E. granulosus ist ein weltweit verbreiteter Parasit. Innerhalb Europas kommt er hauptsächlich im Mittelmeerraum und in Ländern Ost- und Südosteuropas vor. In Mitteleuropa ist er selten. Von den 67 Neuerkrankten im Jahr 2008 (Deutschland) steckten sich die meisten im Ausland an. Hauptendwirte für E. granulosus sind Hunde oder Hundeartige, seltener Katzen. Zwischenwirte sind pflanzenfressende Wiederkäuer, vor allem Schafe, Ziegen und Rinder. Neben den natürlichen Zwischenwirten kann sich auch der Mensch (Fehlwirt) infizieren. Nach oraler Aufnahme der Bandwurmeier schlüpfen im Darm die Larven (Onkosphären). Sie durchdringen die Darmwand und erreichen entlang des Blutkreislaufs die Leber (ca. 70 %); seltener die Lunge (20 %), das Gehirn oder andere Organe. Aus den Onkosphären entwickeln sich bis zu 10 cm große, flüssigkeitsgefüllte Zysten, die von einer festen Bindegewebskapsel umgeben sind. In der Keimschicht bilden sich Brutkapseln, in denen die neuen Echinokokken-Kopfanlagen (Protoskolizes) heranwachsen. Die Inkubationszeit beträgt beim Menschen Monate bis Jahre. Die klinischen Symptome sind zuerst wenig charakteristisch. Je nach Ort und Umfang der Manifestation kann es zu Oberbauch- und Atembeschwerden, zu Ikterus, allergischen Reaktionen oder neurologischen Ausfallerscheinungen kommen. Zystenruptur (allergischer Schock, sekundäre Echinokokkose) oder starke Raumforderung können bei der im Prinzip gutartigen Infektion dennoch zu lebensgefährlichen Komplikationen führen. In Mitteleuropa ist das Risiko einer Infektion gering. Gefährdet sind vor allem Menschen in Endemiegebieten, die in enger Gemeinschaft mit Hunden, Schafen, Ziegen und weiteren potenziellen Zwischenwirten leben. Wichtigste Präventionsmaßnahmen sind die Einhaltung allgemeiner Hygieneregeln und die regelmäßige Entwurmung freilaufender Hunde und Katzen. Innereien und Schlachtabfälle, insbesondere privater Herkunft, sollten nur ausreichend durchgegart verfüttert werden. Echinokokkose-Patienten werden am effektivsten in spezialisierten Einrichtungen behandelt. Etabliert sind die chirurgische Sanierung der Infektionsherde und die Chemotherapie mit Mebendazol und Albendazol.

Analytik. Direkter Antigennachweis durch Mikroskopie und 7 Polymerasekettenreaktion (PCR). Immunologische Bestimmung mit gattungs- und artspezifischen Antiseren. Standardtests zur serologischen Antikörperbestimmung sind indirekte 7 Immunfluoreszenz, 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), indirekte 7 Hämagglutination, 7 Immunelektrophorese und 7 Immunblot. Bei positiver Serologie und Verdacht auf eine zerebrale Infektion werden die spezifischen Antikörper und die Gesamt-Antikörper parallel in Liquor und Serum bestimmt und der spezifische Liquor-SerumQuotient errechnet. Ein Wert deutlich > 1 spricht für eine intrathekale Antikörpersynthese. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Aus Biopsie- und OP-Material (Hydatiden-Flüssigkeit). Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnose einer Echinokokkose wird primär durch bildgebende Verfahren (Röntgen, Ultraschall, Computer- oder Magnetresonanztomographie) gestellt. Feinnadelbiopsien sollten wegen des Risikos der Streuung nur durchgeführt werden,

wenn sich durch Serologie und bildgebende Verfahren keine diagnostische Klärung herbeiführen lässt. Sie bieten allerdings neben dem Direktnachweis von Protoskolizes im Nativpräparat die Möglichkeit der Stammtypisierung durch molekularbiologische Methoden (PCR). Labordiagnostisches Standardverfahren ist der serologische Nachweis gattungs- oder artspezifischer Antikörper. Positive Ergebnisse müssen immer mit bildgebenden Verfahren bestätigt werden, negative Ergebnisse schließen eine Infektion nicht aus: Bei der zystischen Echinokokkose (abgeschlossenes Antigen, beispielsweise in der Leber) geht man davon aus, dass etwa 20 % der Betroffenen keine Antikörper bilden. Bei Verdacht auf eine Infektion wird empfohlen, die Antikörperbestimmung nach 4 Wochen, 6, 12 und 24 Monaten zu wiederholen. Die Erkrankung ist meldepflichtig nach § 7 Abs. 3 IfSG.

Literatur. Robert-Koch-Institut Berlin (2009) Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2008:67–70 Robert-Koch-Institut Berlin (2005) Ratgeber InfektionskrankheitenMerkblätter für Ärzte, Echinokokkose, Nr. 45 Kimmig P, Oehme R, Zestodenlarven In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) (2009) Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart, New York. 2. Aufl. S 1081–1086

Echinozyt 7 Kletten-Zellen; 7 Stechapfelzelle

ECHO-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Human Echovirus (Enteric cytopathic human orphan virus)

Beschreibung des Erregers. Unbehüllte Einzelstrang-RNA-Viren mit kubischer Symmetrie, Durchmesser 24–30 nm, vier nichtglykosylierte Virus-Kapsid-Proteine (VP1–VP4), apathogen (außer ECHO 9) für neugeborene Mäuse (Unterschied zu Coxsackie-Viren); weltweites Vorkommen. Familie: Picornaviridae Genus: Enterovirus Spezies: Humane ECHO-Viren 1–7, 9, 11–21, 24–27, 29–33, 69, 73–78

Erkrankungen. 90–95 % der Infektionen verlaufen asymptomatisch. Im Vergleich zu Poliomyelitis-Virusinfektionen verminderter Neurotropismus (jedoch ist eine Beteiligung des ZNS wie bei Infektionen mit allen Enteroviren nicht ausgeschlossen), dafür breiteres Krankheitsspektrum: Infektionen des oberen Respirationstrakts, gastrointestinale Erkrankungen, Exantheme, Enantheme, Myoperikarditis, disseminierte Infektionen bei Neugeborenen, Meningitis, Enzephalitis. Bei immunsupprimierten Patienten chronische Meningoenzephalitis. Übertragung: Fäkal-oral, aerogen (Tröpfchen, Mund-zu-Mund-Kontakt, kontaminiertes Trinkwasser), nosokomial Inkubationszeit: Im Mittel 7–14 Tage Therapie: Symptomatisch, spezifische antivirale Medikamente sind noch nicht verfügbar. Analytik. Kultur/Direktnachweis: Die Virusvermehrung erfolgt in Monolayer-Zellkulturen, z. B. von MRC 5-, HeLa- oder Vero-Zellen, die Virusidentifizierung mittels Neutralisationstest unter Verwendung von Antiseren bekannter Spezifität. Die alleinige Anwendung der 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zur Typisierung ist wegen der hohen Sequenzhomologie der Enteroviren nicht zu empfehlen. Serologie: Anwendung finden indirekte 7 Immunfluoreszenz, 7 Neutralisationstest, 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) und 7 Komplementbindungsreaktion. Letztere sollte wegen massiver Kreuzreaktivität mit anderen Enteroviren und eingeschränkter Sensitivität nicht mehr zur Serodiagnostik dieser Virusgruppe eingesetzt werden. Bei Verwendung von Antigenlysaten zeigt auch ELISA immunologische Kreuzreaktionen, weshalb hier die Bestimmung gruppenspezifischer Antikörper im Mittelpunkt steht. Kreuzreaktionen werden z. T. auch im Neutralisationstest beobachtet (Typ 1 mit 8, Typ 12 mit 29, Typ 6 mit 30). Der beste serologische Beweis einer frischen Infektion ist ein deutlicher Anstieg des IgG-Titers innerhalb 1–3 Wochen oder der Nachweis Erreger-spezifischer IgM-Antikörper.

Effekt, statistischer

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Rachenabstrich, Stuhl und je nach Organmanifestation Rektal- und Konjunktivalabstriche, Blut, Liquor und Bläschensekret oder Biopsien. Das Transportmedium sollte neutral sein und antibakteriell wirken. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Dem Erregernachweis mittels Kultur und sich anschließender serologischer Typisierung oder mittels PCR kommt eine wesentliche Bedeutung zu. In der Serologie kommt es vor allem auf die Bestimmung neutralisierender Antikörper an.

Literatur. Zeichhardt H, Grunert HP (2003) Enteroviruses: polioviruses, coxsackieviruses, echoviruses and enteroviruses. In: Cohen I, Powderly WG, Opal SM (eds): Infectious Diseases, 2nd edn. Elsevier Health Sciences London 213, 1993–2006 Pallansch M, Roo R (2007) Enteroviruses: polioviruses, coxsackieviruses, echoviruses and newer enteroviruses. In: Knipe DM et al (eds) Fields Virology, 5th edn. Wolters Kluwer Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia 1, 2839–2893

ECLIA 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay

ECL-Verfahren 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay

ECMR III 7 Hyaluronan-Rezeptor

ECP 7 Eosinophiles kationisches Protein

425

O HO

O

HO

N N

OH

O

OH O

EDTA. Abb. 1.

der beiden Stickstoffatome, sondern auch über vier Carboxylgruppen. EDTA kann deshalb auch mit schwachen Komplexbildnern, wie z. B. Calcium, stabile Komplexe bilden. Diese Eigenschaft wird im medizinischen Labor genutzt, um den Gerinnungsfaktor Calcium zu binden (komplexieren) und damit die nach Blutnahme spontan einsetzende Blutgerinnung zu unterdrücken (7 Antikoagulanzien). Da zahlreiche Enzyme zweiwertige Metallionen zur Ausbildung der vollen Aktivität benötigen, bewirkt EDTA häufig eine Inaktivierung dieser Enzyme (und kann damit zur Probenstabilisierung beitragen). EDTA führt zu einer 7 Fibrinpolymerisationsstörung und zu einer beschleunigten Inaktivierung von 7 Gerinnungsfaktor V und VIII. EDTA-Plasma ist deshalb nicht für gerinnungsphysiologische Untersuchungen geeignet.

Literatur. Wisser H. Präanalytik. In: Greiling H, Gressner A (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Auflage, Stuttgart, Schattauer

EDTA-Blut 7 Antikoagulanzien

EFCC 7 European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

Effekt, statistischer R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. effect

Ecsta T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für MDMA (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Ecstasy T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für MDMA (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Definition. Als Effekte werden die Komponenten in statistischen Mo-

dellen (7 Modell, statistisches), wie etwa dem Modell der 7 Varianzanalyse, bezeichnet.

i Im Rahmen einer Varianzanalyse erfassen die Effekte die Haupt-

wirkung und 7 Wechselwirkung von Einflussfaktoren, deren Ausprägungen in Kategorien vorliegen. So kann z. B. für den beobachteten Wert der Zielvariablen (z. B. ein Laborparameter) bei zwei Einflussfaktoren A (z. B. verschiedene Labore) und B (z. B. verschiedene Messmethoden) das folgende statistische Modell gelten:

Yijk = m + ai + bj + (ab)ij + eijk

ECT

Definition. Sehr häufig als in vitro-Antikoagulans eingesetzter Chelatbildner (7 Chelate) mit zweiwertigen Kationen (7 Abb. 1).

wobei m das Versuchsmittel und die eijk die Fehlerkomponenten der einzelnen Beobachtungen (7 Beobachtung) bezeichnen. Von den übrigen im Modell auftretenden Größen, die Effekte genannt werden, dienen die ai zur Erfassung der Hauptwirkung des Faktors A, die bj zur Erfassung der Hauptwirkung des Faktors B und die (ab)ij zur Erfassung der Wechselwirkung beider Faktoren. Dabei heißt ai der 7 Haupteffekt der i-ten Stufe (Ausprägung) von A, bj der Haupteffekt der j-ten Stufe von B und (ab)ij der 7 Wechselwirkungseffekt zwischen der i-ten Stufe von A und der j-ten Stufe von B. Charakteristisch an dem obigen Modellansatz ist die Annahme, dass sich die einzelnen Effekte additiv zu einem Gesamteffekt ergänzen. Mit der Methode der Varianzanalyse können diese Effekte geschätzt (7 Schätzer) und Hypothesen über interessierende Effekte getestet (7 Test, statistischer) werden.

i EDTA (Summenformel C10H16N2O8, Molmasse 292,24 g) verfügt zur Komplexbildung nicht nur über die beiden freien Elektronenpaare

Literatur. Rasch D (1988) Biometrisches Wörterbuch. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main

7 Ecarin-Zeit

EDDP 7 Methadon

EDTA T. Arndt

Synonym(e). Ethylendiamin-tetraessigsäure

E

426

Effekt der ersten Passage

Definition. Die diagnostische Effizienz ist definiert als der Anteil der korrekten Testresultate in Relation zur Anzahl der getesteten Personen.

für Serum-Forschung und Serum-Prüfung in Berlin, ab 1899 Direktor des Institutes für Experimentelle Therapie und ab 1906 des GeorgSpeyer-Hauses in Frankfurt/Main. 1914 Ernennung zum Ordinarius an der Frankfurter Universität. Als Pathologe, Immunologe und Pharmakologe führte er u. a. zahlreiche neue Färbeverfahren (z. B. Methylen-Blaufärbung) ein und beschrieb die 7 Diazo-Reaktion (Ehrlich-Diazoreagenz). Durch seine Freundschaft mit den Bakteriologen Robert Koch (7 Koch, Robert) (1843–1910) und Emil von Behring (7 Behring, Emil von) (1854–1917) richtete sich Ehrlichs Interesse zunehmend auf Fragen der Immunität, Infektionskrankheiten und deren antibakterieller Therapie. Er gilt als Begründer der modernen Chemotherapie (z. B. mit der Einführung von Salvarsan zur Therapie der Syphilis). Im Jahr 1908 erhielt Ehrlich den Nobelpreis für Medizin.

i Die Testeffizienz bewertet richtig-positive wie richtig-negative

Literatur. Bäumler E (1979) Paul Ehrlich. Forscher für das Leben. 2.

Effekt der ersten Passage 7 First-Pass-Effekt

Effizienz, diagnostische R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Testeffizienz Englischer Begriff. test efficiency

Testergebnisse gleich. Falsch-positive bzw. falsch-negative Testergebnisse bleiben unberücksichtigt.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Aufl. Societäts-Verlag, Frankfurt/Main Marquardt M (1951) Paul Ehrlich. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

Ehrlich-Probe EFQM

W.G. Guder

7 European Foundation for Quality Management

Synonym(e). Watson-Schwartz-Test Englischer Begriff. Urobilinogen test; Watson-Schwartz test

EGFR 7 Human Epidermal Growth Factor Receptor (HER2/neu oncogen)

EGTA T. Arndt

Synonym(e). Ethylenglykol-bis-(2-aminoethyl)-N,N,N’,N’-tetraessigsäure; Ethylenglykoltetraessigsäure

Englischer Begriff. ethylene glycol tetraacetic acid; EGTA Definition. Chelatbildner (7 Chelate) mit einer deutlich höheren Affinität zu 7 Calcium im Vergleich zu 7 Magnesium. O HO HO

O N

O

O

O N OH

OH O

EGTA. Abb. 1. i EGTA (Summenformel C14H24N2O10; Molmasse 380,35 g) wird bei komplexometrischen (7 Komplexometrie) Magnesium-Bestimmungen (z. B. der Umsetzung von Magnesium mit Xylidinblau zu einem purpurroten Diazoniumsalz) dem Reaktionsansatz zur Maskierung des Calciums der Patientenprobe zugegeben. Dadurch wird die Mitreaktion von Calcium unterbunden und die Spezifität der Magnesium-Bestimmung erhöht. EGTA wird u. a. auch in Kombination mit 7 Gluthation zur Stabilisierung von Plasmaproben, z. B. zur 7 Katecholamin-Bestimmung, eingesetzt.

β1E-Globulin 7 C4-Komplement

Ehrlich, Paul O.A. Gressner

Lebensdaten. Deutscher Mediziner, geboren am 14. März 1854 in Strehlen (Oberschlesien), gestorben am 20. August 1915 in Bad Homburg

Verdienste. Medizinstudium, im Jahr 1887 Habilitation für Innere Medizin, Mitarbeiter von Robert Koch, 1896 Direktor des Institutes

Definition. Qualitativer Schnelltest zur Feststellung einer vermehrten Ausscheidung von 7 Porphobilinogen im Urin durch Zusatz von Ehrlich-Reagenz (7 Ehrlich, Paul) (p-Diaminoazobenzaldehyd) zum Urin. Bei Zusatz von Urin zu 2 mL Reagenz sprach man von umgekehrter Ehrlich-Probe. i Ehrlich-Bauer Reagenz zum Urobilinogennachweis im Urin:

2 g p-Dimethylaminobenzaldehyd in 100 mL 20-%iger Salzsäure lösen. Nach Zugabe des Reagenzes zu Urin ergibt Porphobilinogen eine Rotfärbung, die in Chloroform nicht löslich ist (im Gegensatz zum extrahierbaren Urobilinogen). Beim Watson-Schwartz-Test wird in ähnlicher Weise zu 5 mL abgekühltem Urin 5–10 Tropfen EhrlichBauer-Reagenz gegeben. Dabei wird Porphobilinogen rot, 7 Urobilinogen fliederfarben und die Trennung ist durch Chloroform-Extraktion durchzuführen. Der Test ist weitgehend durch direkten 7 Fluoreszenztest oder durch 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)-Methoden ersetzt. Die umgekehrte Ehrlich-Probe erfolgt durch Vorgabe von 2 mL Ehrlich-Bauer Reagenz, zu dem 1 Tropfen Urin zugesetzt wird. Es ergibt sich im positiven Falle eine Rotviolettfärbung, die in Schlierenform sichtbar wird. Demgegenüber ist das Ehrlich-Reagenz zum Nachweis von DiazoKörpern im Urin nur noch von historischem Interesse. Die Verwendung von Ehrlich-Reagenz für den Nachweis von Urobilinogen ist die Grundlage des Teststreifens geworden.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

EHS-Heparansulfat-Proteoglykan 7 Perlecan

EI 7 Massenspektrometrie

EIA 7 Enzymimmunoassay

Eichkurve 7 Kalibrierung

Eigenunsicherheit

Eichung W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. calibration Definition. Die Eichung besteht aus der eichtechnischen Prüfung und der Stempelung eines eichfähigen Messgeräts durch die zuständige Behörde und wird im Rahmen des Vollzugs des Eichgesetzes, der Marktüberwachung zum Verbraucherschutz und der Dienstleistungsmöglichkeiten zur Unterstützung der Wirtschaft durchgeführt. i Ein Messgerät ist eichfähig, wenn seine Bauart durch die Physika-

lisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig (PTB) oder aufgrund der Art des Messgeräts allgemein zur Eichung zugelassen ist. Die Zulassung durch die PTB wird auf dem Messgerät durch ein Zulassungszeichen kenntlich gemacht. Ein Messgerät wird nach der Prüfung als geeicht mit dem Hauptstempel gekennzeichnet, wenn es eichfähig war und bei der Prüfung den Anforderungen der Zulassung und sonstigen eichtechnischen Regeln entsprach (Beschaffenheit und Fehlergrenzen). Einem von der zuständigen Behörde als geeicht gestempelten Messgerät steht ein Messgerät gleich, das von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft mit dem Zeichen für die EWG-Ersteichung versehen worden ist. Nichtselbsttätige Waagen sind gemäß Richtlinie des Rates 90/384/ EWG vor dem erstmaligen Inverkehrbringen einer EG-Ersteichung zu unterziehen, die auch der Hersteller, bei Vorliegen entsprechender Voraussetzung, durchführen kann. Medizinische Messgeräte unterliegen den Bestimmungen der Richtlinie des Rates 93/42/EWG und dem Medizinproduktegesetz. Danach können von den Messgeräteherstellern oder einer benannten Stelle Konformitätsbewertungsverfahren für die Messgeräte durchgeführt werden. Eine nationale Eichung der von der PTB bauartzugelassenen medizinischen Messgeräte ist entsprechend den Übergangsbestimmungen zum Medizinproduktegesetz bis 1998 bzw. 2004 zulässig. Eine CE-Kennzeichnung bedeutet, dass ein Medizinprodukt die grundlegenden Anforderungen nach Europäischem Recht und die anerkannten Regeln der Technik erfüllt. Es besteht aus CE-Zeichen und Kennnummer der benannten Stelle, die bei der Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens beteiligt ist. Beispiel: CE 0118. Wer ein eichfähiges Messgerät anwenden will, ist dafür verantwortlich, dass das Messgerät gültig geeicht ist. Er muss die Erst- oder Nacheichung beantragen. Eichfähige Messgeräte können einer Ersteichung, Nacheichung oder Befundprüfung unterzogen werden. Bei der Erst- und Nacheichung wird die Einhaltung der Eichfehlergrenzen und bei der Befundprüfung die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen überprüft. Die Gültigkeitsdauer der Eichung ist auf zwei Jahre befristet, soweit sich aus der Eichordnung, Anhang B, nicht etwas anderes ergibt. Gemäß § 72 der Eichordnung können von zugelassenen Instandsetzern instandgesetzte und entsprechend gekennzeichnete Messgeräte bis zur nächsten Eichung weiter im eichpflichtigen Verkehr angewandt werden. Für die Aufstellung, den Gebrauch und die Wartung eichpflichtiger Messgeräte sind die Festlegungen des § 6 der Eichordnung zu beachten. Die Eichung von Messgeräten dient seit langer Zeit dem Schutz des Verbrauchers primär überall dort, wo dieser gemessene Leistungen bezieht, seien dies nach Gewicht oder Volumen quantifizierbare Warenmengen oder messbare Energiemengen, beispielsweise im Haushaltsbereich beim Bezug von Gas, Wasser, Elektrizität oder thermischer Energie (Wärme). Die gesetzlichen Grundlagen für das Eichwesen sind in europäischen und nationalen Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien fixiert. Die Eichpflicht für Messgeräte ergibt sich aus dem Eichgesetz und der Eichordnung. Die Eichordnung regelt außerdem u. a. die 5 Ausnahmen von der Eichpflicht 5 Gültigkeit der Zulassung und der Eichung 5 Verfahren der Zulassung und der Eichung 5 allgemeinen Anforderungen an Messgeräte 5 Bauartanforderungen und Fehlergrenzen für Messgerätearten. Medizinprodukte müssen für Patienten und Anwender zuverlässig einen ausreichenden Schutz bieten und die vom Hersteller angege-

427

benen Leistungsparameter zu jedem Zeitpunkt erreichen. Die Aufrechterhaltung des in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erreichten Schutzniveaus ist daher ein vorrangiges Ziel der Richtlinie über Medizinprodukte und der Richtlinie über In-vitro-Diagnostika. Rechtliche Grundlage für die Behandlung von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika ist in Deutschland das Medizinproduktegesetz. In ihm sind die Anforderungen an diese Messgerätegruppe im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen durch den Hersteller sowie die notwendigen staatlichen Überwachungsmaßnahmen geregelt. Medizinprodukte mit Messfunktion unterliegen während ihrer Verwendung einem Verschleiß und müssen daher regelmäßig messtechnisch kontrolliert werden. Zu diesen Medizinprodukten rechnen: Ton- und Sprachaudiometer, Thermometer, Blutdruckmessgeräte, Augentonometer, Therapiedosimeter, Diagnostikdosimeter und Tretkurbelergometer. Diese Messgeräte werden nicht mehr geeicht.

Literatur. Richtlinie 90/384/EWG vom 20.06.1990 (ABl. L 189 S. 1–16), zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/23/EG vom 23.04.2009 (ABl. L 122 S. 6) Richtlinie 94/42/EWG vom 14.06.1993 (ABl. L 169 S. 1–43), zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/47/EG vom 05.09.2007 (ABl. L 247 S. 21–55) Richtlinie 98/79/EG vom 27.10.1998 (ABl. L 331 S. 1–37), zuletzt geändert durch Richtlinie 596/2009/EG vom 18.06.2009 (ABl. L 188 S. 14) Medizinproduktegesetz vom 07.08.2002 (BGBl. I S. 3146), zuletzt geändert am 24.07.2010 (BGBl. I S. 983, 993) Medizinproduktevertreiberverordnung vom 21.08.2002 (BGBl. I S. 3396), zuletzt geändert am 29.07.2009 (BGBl. I S. 2326, 2338) Eichordnung vom 12.08.1988 (BGBl. I. S. 1657), zuletzt geändert am 13.12.2007 (BGBl. I. S. 2930)

Eicosapentaensäure K.-J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. eicosapentaenoic acid Definition. Monocarbonsäure mit 20 Kohlenstoffatomen und 5 Doppelbindungen in cis-Stellung, 20:5D5,8,11,14,17; gehört zur Familie der ω3-ungesättigten Fettsäuren. i Eicosapentaensäure kann entweder aus α-Linolensäure gebildet

oder mit der Nahrung aufgenommen werden. Hauptquelle sind marine Produkte. Eicosapentaensäure gilt als antiinflammatorisch, weil sie sowohl die 5-Lipoxygenase als auch die Cyclooxygenase und damit die Leukotrien- und Prostaglandinsynthese hemmt. Außerdem kann sie als Substrat dieser Enzyme zu Leukotrien B5 (LTB5) oder Prostaglandin E3 umgewandelt werden. LTB5 hat nur schwache proinflammatorische Aktivität im Vergleich zu Leukotrien B4, dem Produkt der Arachidonsäure.

Literatur. James MJ, Gibson RA, Cleland LG (2000) Dietary polyunsaturated fatty acids and inflammatory mediator production. Am J Clin Nutr 71(suppl):343S–348S

Eigenansatz 7 Autologe Kontrolle

Eigenkontrolle 7 Autologe Kontrolle

Eigenunsicherheit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. definitional uncertainty Definition. Komponente der Messunsicherheit, die aus der endlichen Detaillierung der Definition einer Messgröße resultiert [VIM (2010)]. Für Beispiele und Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99-2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

E

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Eilanalyse

Eilanalyse 7 STAT

Einbindung von Dokumenten O. Colhoun

Englischer Begriff. document embedding Definition. Implementierung von Daten anderer Programme in den Laborbefund. i Verfahren zum Austausch von Daten oder Dokumenten, mit wel-

chem Programmgrenzen überwunden werden. So können z. B. Grafiken (etwa 7 Reiber-Diagramme oder 7 Serumproteinelektrophoresen) in den Labor-EDV-Befund eingebunden werden. Unter dem Betriebssystem Microsoft Windows wird ein solcher Datenaustausch durch OLE (Object Linking and Embedding) bewerkstelligt.

Eindampfrückstand 7 Abdampfrückstand

Einfache Radialimmundiffusion 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Einfallswinkel 7 Reflexion

Einflüsse, biologische 7 Einflussgrößen

Einflussfaktor 7 Einflussgrößen

Einflussgrößen W.G. Guder

Synonym(e). Einflussfaktor Englischer Begriff. influence factor Definition. In vivo wirksame Größe, die nicht Messgröße ist, jedoch das Messergebnis beeinflusst.

Zur Definition s. im Wörterbuch der Metrologie oder unter www. bimp.org (VIM 2008, Beuth-Verlag).

Literatur. Guder WG (1980) Einflussgrößen und Störfaktoren bei klinisch-chemischen Untersuchungen. Internist 21:533–542 Guder WG (2008) Die Qualität labormedizinischer Untersuchungen – Voraussetzungen in der präanalytischen und analytischen Phase. In: Guder WG, Nolte J: Das Laborbuch in Klinik und Praxis. 2. Auflage, Elsevier, Urban&Fischer, München.

Einfrieren der Proben W.G. Guder

Synonym(e). Gekühlte Lagerung; Tiefgefrorene Proben Englischer Begriff. freezing of samples Definition. Kühlung von Proben unter 0 °C, so dass flüssige Proben in festen Zustand übergehen. Schockfrieren: Einfrieren durch flüssigen Stickstoff oder andere Kühlmittel, die ein Einfrieren innerhalb einer Sekunde ermöglichen. Tiefkühlen, Tieffrieren: Einfrieren auf Temperaturen ≤ –20 °C, d. h. unter die Temperatur üblicher Gefrierfächer von Kühlschränken. Dabei werden Temperaturen von –20, < –20 und –70 °C unterschieden. i Immer, wenn die Aufbewahrungszeit einer 7 Probe bis zur Analyse die Stabilität eines 7 Analyten bei Raum- oder Kühlschranktemperatur nicht sicher gewährleistet, wird Einfrieren auf mindestens –20 °C empfohlen. Dies basiert auf der Annahme, dass metabolische Veränderungen, bakterielle Verunreinigung und Überlagerung damit verhindert werden können. Auf der anderen Seite sind durch den Einfriervorgang bedingte physikalisch-chemische Prozesse zu vermeiden, die eine Veränderung des Analyten in der Matrix verhindern. So werden Zellen durch Einfrieren zerstört, sollten also vorher von der analytischen Probe Serum oder Plasma abgetrennt werden. Aus Serum und/oder Urin können manche Substanzen durch Einfrieren kristallisieren oder unlösliche Komplexe bilden, so dass sie nach Wiederauftauen der Probe nicht mehr in Lösung gehen. Aus diesen Gründen wurden für jeden Analyten getrennt Empfehlungen ausgesprochen, ab welcher Zeit und wie lange Proben einzufrieren sind. Diese Empfehlungen sind den Einsendern eines Labors zur Verfügung zu stellen, wenn instabile Analyte über längere Zeit transportiert oder aufbewahrt werden sollen.

Literatur. Guder WG, da Fonseca-Wollheim F, Heil W, Schmitt Y, Töpfer G, Wisser H, Zawta B (2009) Die Qualität diagnostischer Proben. Heidelberg: BD

i Einflussgrößen verändern die Konzentration des gemessenen

Analyten. Es sind nichtkrankheitsbedingte Faktoren, welche die Werte der Messgröße verändern. Sie sind daher unabhängig von der angewendeten Methodik (im Gegensatz zu Störgrößen). Sie treten in vivo auf, können aber auch in vitro wirken. Sie können nach ihrem Charakter veränderlich oder unveränderlich, beeinflussbar oder unbeeinflussbar sein. 5 unveränderliche und unbeeinflussbare Einflussgrößen: Geschlecht, Rasse, genetische Varianten 5 veränderliche unbeeinflussbare Einflussgrößen: Alter, Höhe über dem Meeresspiegel, biologische Rhythmen über Jahreszeiten, Monate und Wochen, Schwangerschaft, circadiane Rhythmen 5 veränderliche beeinflussbare Einflussgrößen: Nahrungs- und Wasseraufnahme und -Entzug, Diäten, körperliche Tätigkeit, Genussgifte (Rauchen, Alkohol), Körperlage, Stauung bei der Blutgewinnung, diagnostische und therapeutische Maßnahmen 5 In-vitro-Einflüsse: Veränderungen des Analyten durch Stoffwechsel und Wirkstoffeffekte während des Transports und der Lagerung von Proben, Wirkung der Zentrifugation, Kontamination mit dem Analyten. In der 7 präanalytischen Phase können beinflussbare Einflussgrößen durch entsprechende Standardisierungen minimiert werden, während unbeinflussbare Einflüsse durch Wissen Berücksichtigung bei der Interpretation des Messergebnisses finden sollten.

Eingangsgröße des Modells der Messung W.-R. KÜLPMANN

Synonym(e). Eingangsgröße Englischer Begriff. input quantity in a measurement model, input quantity

Definition. Größe, die gemessen werden muss, oder Größe, deren Wert man auf andere Weise erhalten kann, um einen Messwert einer Messgröße zu berechnen [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Einheit; Einheit im Messwesen 7 Maßeinheit

Einheit, kohärente abgeleitete 7 Abgeleitete Einheit, kohärente

Einzelstrangbruch

Einheiten W.G. Guder

Synonym(e). Messeinheiten Englischer Begriff. unit of measurement; unit Definition. Spezifisch messbare Menge, die der internationalen Konvention angemessen ist und die es erlaubt, die Mengen zu vergleichen (Dybkaer 1997). i In der Tradition wurden Messeinheiten für diagnostisch gemes-

sene Substanzen (Analyte) definiert, um eine Mengenangabe und damit Vergleichbarkeit mit anderen Laboratorien, medizinischen Einrichtungen, und in jüngerer Zeit Ländern und Kontinenten zu ermöglichen. Die Empfehlung der WHO basiert auf 7 Grundeinheiten und löst die im 19. Jahrhundert entstandenen Einheiten ab (7 SIEinheiten). Dabei werden qualitative Einheiten (z. B. positiv-negativ) von gestuften Einheiten [–(+), +, ++, +++] und quantitativen Einheiten unterschieden. Die Einheit wird so zum essenziellen Bestandteil der Messgröße.

Literatur. Dybkaer R (1997) Vocabulary for use in measurement procedures and description of reference materials in laboratory medicine. Eur J Clin Chem Clin Biochem 35:141–173

Einheitensystem

429

behandelt, das sich in die Bereiche OI/II (Allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen) und OIII (Spezielle Laboratoriumsuntersuchungen) untergliedert. Bestandteil des Kapitels OI/II sind Untersuchungen, die vom Arzt selbst in seiner Praxis oder bei einem Patientenbesuch oder in einer Laborgemeinschaft (z. B. 7 Teststreifen, 7 Harnsediment, kleines Blutbild (7 Blutbild, kleines), BSG, Substrate und Enzyme im Rahmen der klinisch-chemischen Routineuntersuchungen) vorgenommen werden. OIII-Leistungen werden dagegen in einem Speziallabor (Facharztlabor) durchgeführt. Auf eine detaillierte Darstellung des Inhalts wird verzichtet, da mit dem zum 01. April 2005 in Kraft tretenden EBM2000plus die Kapitelbenennung mit Großbuchstaben durch eine konsequente numerische Gliederung ersetzt wurde. Gewöhnlich werden Leistungs- und Vergütungsziffern des EBM in der Labor-EDV hinterlegt (Verknüpfung der Analysen-Stammdaten mit der jeweiligen Gebührenziffer), um die durchgeführten Laboratoriumsuntersuchungen über EDV abrechnen zu können.

Literatur. Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) (Dezember 2010). Deutscher Ärzte-Verlag, Köln Broglie MG, Pranschke-Schade S, Schade H-J (2009) Gebührenhandbuch 2009 – Kommentar für Ärzte – EBM – GOÄ – IGeL

Einkernige Granulomzelle 7 Hodgkin-Zelle

Einstichproben-t-Test 7 Test, statistischer

W.-R. KÜLPMANN

Englischer Begriff. system of units Definition. Menge von Basiseinheiten und abgeleiteten Einheiten, zusammen mit ihren Vielfachen und Teilen, definiert für ein Größensystem gemäß vorgegebenen Regeln [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Einheitensystem, internationales 7 SI-Einheiten

Einheitensystem, kohärentes W.-R. KÜLPMANN

Englischer Begriff. coherent system of units

Eintauchnährboden-Untersuchung 7 Urinkultur

Einzelbefund O. Colhoun

Englischer Begriff. single report Definition. Ausgabe der Messergebnisse für einen Laborauftrag auf eigenem Befundblatt. i Der Einzelbefund zeigt alle Ergebnisse nur des aktuellen Auftrags

an, Vorwerte können mit Wert und Zeitbezug zum aktuell erhobenen Ergebnis dargestellt werden.

Einzeller 7 Mikroorganismen

Definition. Einheitensystem, das auf einem Größensystem basiert, in

Einzelrechnung

dem die Maßeinheit für jede abgeleitete Größe eine kohärente abgeleitete Einheit ist [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

O. Colhoun

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIM (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Einheitlicher Bewertungsmaßstab T. Arndt

Synonym(e). EBM; EBM 2000plus Definition. Die auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 SGB V zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen im Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 3 SGB V vereinbarte Abrechnungsgrundlage für ärztliche Leistungen. i Der EBM ist die Grundlage der Abrechnung ärztlicher Leistun-

gen mit gesetzlichen Krankenkassen, d. h. für gesetzlich versicherte Patienten. Laboratoriumsuntersuchungen und die mit ihnen in Zusammenhang stehenden prä- und postanalytischen Aufwendungen und Leistungen werden im Kapitel O Laboratoriumsuntersuchungen

Definition. Funktion der Labor-EDV für die Erstellung einer Rechnung über erbrachte Laborleistungen für einen Patienten. i Ausdruck der Einzelrechnung mit Aufführung des Rechnungs-

empfängers, Patientennamens, Aufenthaltszeitraums, Angabe von Datum und Material der jeweiligen Aufträge, Aufführung der einzelnen Leistungsziffern nebst Beschreibung der durchgeführten Analysen. Berücksichtigung von Faktoren und vorgeschriebener Abschläge für den Rechnungsbetrag.

Einzelstrangbruch R. Weiskirchen

Englischer Begriff. single stand break; nick Definition. Bezeichnung für eine offene Phosphodiesterbindung zwischen zwei benachbarten Nukleotiden in einem DNA-Doppelstrang i Die Stelle eines Einzelstrangbruchs ist gekennzeichnet durch zwei

benachbarte 7 Nukleotide mit einer freien 5’-Phosphat- bzw. einer

E

430

Eisen

freien 3’-Hydroxylgruppe. Solange mehrfache Einzelstrangbrüche in beiden Strängen eines DNA-Moleküls weit genug voneinander entfernt sind, behält die DNA ihre 7 Doppelhelix-Struktur. DNA mit Einzelstrangbrüchen sind Substrat für verschiedene Enzyme (z. B. 7 DNA-Polymerase).

Eisen D. Meissner

Englischer Begriff. iron Definition. Eisen (chemisches Symbol: Fe) ist ein ubiquitär vorkom-

bedingte, autosomal rezessiv vererbte und durch gesteigerte Resorption hervorgerufene Eisenspeicherkrankheit, die in unterschiedlichen Formen auftritt. Die häufigste Form beruht auf einer C282Y-Mutation des 7 Hämochromatosegens HFE (Typ 1). Eisenverteilungsstörungen mit erhöhtem Speicher- sowie vermindertem Transport- und Funktionseisen treten bei malignen Tumoren oder chronischen Entzündungen auf. Eisenverwertungsstörungen, die das Bild einer Eisenmangelanämie vortäuschen, sind bei sideroachrestischer Anämie, renaler Anämie oder Erythropoetinmangel zu finden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, HeparinPlasma, Urin

mendes Übergangsmetall (7 Übergangsmetalle) mit der Ordnungszahl 26. Es ist das vierthäufigste Element der Erdkruste und das quantitativ bedeutendste essenzielle 7 Spurenelement im menschlichen Organismus.

Probenstabilität. Blut: 2 h, Serum/Plasma 20 °C: 7 Tage, 4–8 °C: 21 Tage, –20 °C: > 1 Jahr; Urin 20 °C: 3 Tage, 4–8 °C: 7 Tage, –20 °C: > 1 Jahr

Struktur. Für den Organismus haben nur die Oxidationsstufen +2

senhaltige Abnahmekanülen vermeiden, die ersten 1–2 mL Blut nicht für die Eisenbestimmung verwenden. Trennung Serum/Blutkuchen innerhalb 2 h, Hämolyse führt zu falsch hohen Werten, EDTA-Plasma eignet sich nur für die AAS-Methode, da Interferenz mit ChelatChromophoren. Starke zirkadiane Schwankungen.

und +3 Bedeutung, wobei die Oxidationsstufe im Verlauf der Körperpassage mehrfach wechselt. Fe3+ ist die stabile, Fe2+ die wesentlich besser lösliche Form. Bei physiologischem pH wird Fe2+ rasch zu Fe3+ oxidiert. Eisen liegt als Funktionseisen im 7 Hämoglobin, 7 Myoglobin sowie in Enzymen vor. Im Plasma ist es an 7 Transferrin gebunden. Speicherproteine sind 7 Ferritin und 7 Hämosiderin.

Molmasse. Relative Atommasse: 55,847 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Eisen wird sowohl in ionisierter Form als auch als Hämeisen aufgenommen, benötigt werden 10–15 mg pro Tag. Zur Resorption muss Eisen in der reduzierten Form vorliegen. Im Häm ist Fe2+ enthalten. Fe3+ wird mittels Ferrireduktasen zu Fe2+ reduziert, damit es mit Hilfe DMT1 („divalent metal transporters“) über die Mukosazellen des proximalen Duodenums aufgenommen werden kann. Das resorbierte Fe2+ wird durch Ferrioxidasen wieder zu Fe3+ reoxidiert, da sowohl Transferrin und Ferritin als auch die Siderophoren nur dreiwertiges Eisen zu binden vermögen. Die Eisenhomöostase wird über die Aufnahme geregelt, die Resorptionsrate liegt zwischen 10 % (normal) und 35 % (bei Eisenmangel). Eisen bindet im Plasma an Transferrin und über Transferrinrezeptoren an die Zelloberfläche, von wo es über Phargosomen in die Zelle aufgenommen wird. Eisen wird, an Ferritin gebunden, in allen Zellen – mit hoher Kapazität besonders in Leber und Milz – gespeichert. Nur etwa 1 mg Eisen wird pro Tag über Urin, Stuhl und Schweiß ausgeschieden. Darüber liegende Mengen werden nicht ausgeschieden, sondern in Ferritin und Hämosiderin gespeichert. Körperbestand: 4–5 g. Bedarf: Männer 6 mg/Tag, Frauen 7 mg/Tag, erhöhter Bedarf bei Heranwachsenden, während Menstruation, Schwangerschaft und Stillzeit. Empfohlene Zufuhr 10 mg/Tag, bei erhöhtem Bedarf 15 mg/Tag. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 0,7 mg/kg KG. Eisenreich sind Fleisch und Fleischprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorn.

Halbwertszeit. Im Plasma: 3 h; Ganzkörpereisen: 10 Jahre Funktion und Pathophysiologie. Fast zwei Drittel des Gesamteisens sind im Hämoglobin enthalten. Zu den wichtigen Funktionen des Eisens zählen Sauerstofftransport (Hämoglobin), Elektronentransport (Fe2+/Fe3+) und Oxidations-/Reduktionsreaktionen (Eisenenzyme). Pathologische Zustände und damit verbundene Störungen der physiologischen Funktionen entstehen sowohl durch Eisenmangel und Eisenüberladung als auch durch Verteilungs- und Verwertungsstörungen. Eisenmangel ist die Folge von Verlusten, gesteigertem Bedarf oder ungenügender Resorption und äußert sich in drei Stadien: 5 prälatenter Eisenmangel (Speichereisen vermindert), 5 latenter Eisenmangel (Speichereisen, Transporteisen und Enzymaktivitäten vermindert) und 5 manifester Eisenmangel (mikrozytäre, hypochrome Anämie). Die erhöhte Zufuhr (Transfusionen, eisenhaltige Medikamente oder sonstige eisenhaltige Materialien) kann zu akuten und chronischen Intoxikationen führen. Die Eisenüberladung, die durch Speicherung in Hämosiderin nach erhöhter Zufuhr oder bei chronischen Erkrankungen, speziell bei Leberzirrhose, zustande kommt, wird als Hämosiderose bezeichnet. Dagegen ist die Hämochromatose eine genetisch

Präanalytik. Nur Plastikgefäße verwenden; Kontamination durch ei-

Analytik. Flammen-AAS, Photometrie. Schritte der kolorimetrischen (photometrischen) Bestimmung sind: 5 Trennung des Eisens von Transferrin durch Säuren (z. B. Salzsäure, Trichloressigsäure) oder Detergenz (z. B. Guanidiniumchlorid) 5 Eiweißfällung (nicht obligat) 5 Reduktion des Fe3+- zum Fe2+-Ion durch Reduktionsmittel wie Ascorbat, Hydrochinon, Thioglykolat und Hydroxylamin 5 Bildung eines gefärbten Chelatkomplexes. Bewährte Farbbildner sind Bathophenanthrolin und Ferrozin (Methode des International Committee for Standardization in Hematology, ICSH). Letzteres hat eine bessere Löslichkeit und bildet Komplexe mit einem höheren Absorptionskoeffizienten als Bathophenanthrolin.

Konventionelle Einheit. μg/dL, μg/d Internationale Einheit. μmol/L, μmol/d Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L = 0,17906 × μg/dL, μg/dL = 5,5847 × μmol/L μmol/d = 0,017906 × μg/d, μg/d = 55,847 × μmol/d

Referenzbereich — Frauen. Plasma/Serum: 6–26 μmol/L (34– 145 μg/dL), Urin: < 1,8 μmol/d (< 100 μg/d)

Referenzbereich — Männer. Serum/Plasma: 7–30 μmol/L (39– 168 μg/dL), Urin: s. Fauen

Referenzbereich — Kinder. Serum/Plasma: 4–28 μmol/L (22–156 μg/ dL), Urin: s. Frauen

Indikation. Eisen im Serum/Plasma: Parameter zur Berechnung der

7 Transferrinsättigung, Verdacht auf Eisenüberladung, übermäßige Aufnahme oder Vergiftung mit Eisen. Eisen im Urin: Zusatzinformation bei Eisenstoffwechselstörungen, Parameter des 7 Deferoxamintests.

Interpretation. Serum- oder Plasmaeisen sind zur Beurteilung des Körpereisenstatus ungeeignet. Im Serum gibt es erhebliche zirkadiane Schwankungen (Amplitude bis zu 50 μg/dL zwischen Morgen und Abend) und Schwankungen von Tag zu Tag, die Eisenkonzentration wird von der Nahrungsaufnahme, von akuten Entzündungen und chronischen Erkrankungen beeinflusst. Eisenüberladungen jeglicher Art werden angezeigt. Werte > 54 μmol/L werden von klinischen Symptomen begleitet. MAK-Wert: 6 mg/m3. Grenzwert im Trinkwasser: 0,2 mg Fe/L (bei Anlagen bis zu 1000 m3/ Jahr ≤ 0,5 mg/L).

Diagnostische Wertigkeit. Diagnostische Bedeutung nur bei Eisenüberladung. Zur Beurteilung des Eisenstatus sind Ferritin- und Transferrinsättigung im Serum, zur Beurteilung der Eisenversorgung und -nutzung sind Hämoglobin, Erythrozyten und weitere hämatolo-

EJ-Antikörper

431

gische Größen (hypochrome Erythrozyten, Retikulozyten-Hb) sowie der lösliche Transferrinrezeptor (7 Transferrinrezeptor, löslicher) im Plasma und 7 Zink-Protoporphyrin in Erythrozyten von Bedeutung. Die Hämochromatose ist durch molekularbiologische Tests zu verifizieren und zu differenzieren (7Hämochromatosegen, 7Hepcidin u. a.).

Literatur. Löffler H (1991) Zytochemische Methoden. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 190–191

Literatur. Schümann K, Weiss G (2002) Eisen. In: Biesalski HK,

7 Deferoxamin-Test

Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 137–147 Metzgeroth G, Hastka J (2004) Diagnosic work-up of iron deficiency. J Lab Med 28:391–399

Eisenbelastungstest 7 Eisenresorptionstest

Eisenmobilisationstest Eisenresorptionstest W. Hubl

Synonym(e). Eisenbelastungstest Englischer Begriff. iron resorption test

Eisenbindungskapazität

Definition. Der Eisenresorptionstest überprüft die Durchlässigkeit der Darmmukosa für zweiwertiges Eisen.

D. Meissner

Durchführung.

Synonym(e). EBK Englischer Begriff. iron binding capacity Definition. EBK ist ein Maß für die Menge an Eisen, die von Transferrin in einem definierten Serumvolumen gebunden werden kann. i Normalerweise sind die im Transferrin vorhandenen Bindungs-

stellen nur zu etwa einem Drittel mit Eisen beladen; die Bindungskapazität wird also nicht ausgeschöpft. Man bezeichnet die Gesamtmenge an Eisen, die das Transferrin aufzunehmen vermag, als totale Eisenbindungskapazität (TEBK) und den Anteil der Bindungsstellen, die nicht mit Eisen beladen sind, als latente (LEBK) oder freie (FEBK) Eisenbindungskapazität. Daraus ergibt sich:

5 erste Blutentnahme am nüchternen Patienten zur Serum-Eisenbestimmung 5 Verabreichung von 200 mg resorbierbarem Fe2+ (z. B. 2 Kapseln Ferrosanol duodenal) 5 2 h nach erster Blutentnahme erneute Blutentnahme zur Eisenbestimmung 5 4 h nach erster Blutentnahme eine weitere Blutentnahme zur Eisenbestimmung

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Hämolyse vermeiden!

Referenzbereich. Anstieg des Eisens im Serum bei normalem Basiswert um 30–40 % (9–18 μmol/L)

TEBK – Serumeisen = LEBK, LEBK + Serumeisen = TEBK.

Indikation. Eisenresorptionsstörung

Bestimmung der TEBK: dem Serum wird zur Sättigung des Transferrins ein Überschuss an Fe3+-Ionen zugesetzt, nicht gebundene 7 Eisenionen werden mit basischem Magnesiumhydroxidcarbonat ausgefällt, nach Zentrifugation wird im klaren Überstand Eisen bestimmt. TEBK-Referenzwert für Erwachsene: 260–500 μg/dL (46–90 μmol/L). TEBK ist erhöht bei echtem Eisenmangel und in der Schwangerschaft und erniedrigt bei Eisenüberladung wie Hämochromatose sowie bei chronischen Entzündungen, Neoplasien, Proteinverlusten oder Störungen der Hämoglobinsynthese. Die EBK hat heute ihre Bedeutung verloren und wird durch die Bestimmung von 7 Transferrinsättigung und 7 Ferritin ersetzt. Über die Zusammenhänge zwischen EBK und Transferrin und die gegenseitige Umrechnung 7 Transferrin.

5 Normaler Basiswert, Anstieg des Serumeisens um 30–40 %: intakte intestinale Resorption 5 Niedriger Basiswert mit starkem Eisenanstieg auf > 36 μmol/L: Eisenmangelanämie bei intakter intestinaler Resorption 5 Niedriger Eisenausgangswert und niedriger Anstieg: Eisenresorptionsstörung, Malabsorption, Infekte 5 Hoher Eisenausgangswert mit geringem Anstieg: Hämochromatose und hämolytische Anämie

Literatur. Sherwood R, Pippard MJ, Peters TJ (1998) Iron homeostasis and the assessment of iron status. Ann Clin Biochem 35:693–708 Wick M, Pingerra W, Lehmann P (1996) Eisenstoffwechsel, Diagnostik und Therapie der Anämien. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Eisenblau 7 Berlinerblau-Reaktion

Eisenfärbung

Interpretation.

Diagnostische Wertigkeit. Der Eisenresorptionstest dient lediglich zur Überprüfung der Durchlässigkeit der Darmmukosa für Fe2+. Er reflektiert nicht die Aufnahme des Nahrungseisens und ist für die Ursachenabklärung des Eisenmangels nicht geeignet. Zur Diagnostik des Eisenmangels s. 7Ferritin, 7Transferrin, 7Transferrinrezeptor, löslicher. Literatur. Wick M, Pinggera W, Lehmann P (2000) Eisenstoffwechsel, Anämien, Diagnostik und Therapie, Springer-Verlag, 6. Auflage, S. 58

Eisensättigung, prozentuale 7 Transferrinsättigung

Eiweiß 7 Protein

H. Baum

Synonym(e). Berlinerblau-Färbung Englischer Begriff. iron staining Definition. Histochemischer Nachweis des dreiwertigen intrazellulären Eisens (Hämosiderin). i Nachweis des intrazellulär lokalisierten Fe3+ im Ausstrichpräparat, das nicht an 7 Ferritin gebunden ist. Fe3+-Verbindungen reagieren mit Kaliumhexacyanoferrat(II) in Gegenwart von Salzsäure unter Bildung von auffällig sichtbarem Berliner Blau.

Eiweißprobe im Urin 7 Sulfosalizylsäure-Test

Ejakulat 7 Seminalflüssigkeit

EJ-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Aminoacyl-tRNS-Synthetase

E

432

EKA-Wert

EKA-Wert T. Arndt

Synonym(e). Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe

Definition. Beziehung zwischen der Stoffkonzentration eines krebserzeugenden Arbeitsstoffs in der Arbeitsluft und der erwarteten Stoffbzw. Metabolitkonzentration im biologischen Material exponierter Personen. i Die EKA-Werte werden von der in der Deutschen Forschungs-

gemeinschaft verankerten Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe erarbeitet. Aus dem EKA-Wert kann entnommen werden, welche Belastung des Organismus bei ausschließlich inhalativer Aufnahme des krebserzeugenden Stoffs erwartet werden kann. Arbeitsstoffe werden bezüglich ihrer krebserzeugenden Eigenschaften in 5 Kategorien unterteilt. Gekürzte Definitionen aus u. g. Quelle: Kategorie 1: Stoffe, die beim Menschen Krebs erzeugen und bei denen davon auszugehen ist, dass sie einen nennenswerten Beitrag zum Krebsrisiko leisten. Kategorie 2: Stoffe, die als krebserregend für den Menschen anzusehen sind. Kategorie 3: Stoffe, die wegen erwiesener oder möglicher krebserzeugender Wirkung Anlass zur Besorgnis geben, aber noch nicht endgültig beurteilt werden können. Kategorie 4: Stoffe mit krebserzeugender Wirkung, bei denen ein nicht-genotoxischer Wirkmechanismus im Vordergrund steht und genotoxische Effekte bei Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Kategorie 5: Stoffe mit krebserzeugender und genotoxischer Wirkung, deren Wirkungsstärke jedoch so gering erachtet wird, dass unter Einhaltung des MAK- und BAT-Wertes kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko zu erwarten ist.

Literatur. Deutsche Forschungsgemeinschaft (2009) Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Mitteilung 45. MAK- und BAT-Werte-Liste. Weinheim, Wiley-VCH

ELA 7 Enzyme labelled antigen assay

ELAS 7 PMN-Elastase

Elastase, fäkale 7 Elastase, pankreasspezifische

Elastase, pankreasspezifische A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Elastase-1; Pankreas-Elastase; PE; Elastase, fäkale; EC 3.4.21.11

Englischer Begriff. faecal elastase 1; pancreatic elastase 1 Definition. PE ist eine von den Azinuszellen des exokrinen Pankreas synthetisierte, organspezifische Endopeptidase, die als inaktive Proelastase sezerniert und intestinal durch Trypsin aktiviert wird, für die Hydrolyse des Elastins spezifisch ist und deren Ausscheidungsmenge im Stuhl als Kenngröße der exkretorischen Pankreasfunktion dient.

Molmasse. 25,7 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Azinuszellen des exokrinen Pankreas synthetisieren und sezernieren Proelastase-1 und Proelastase-2, die im Intestinallumen durch 7 Trypsin limitiert proteolytisch aktiviert werden, um als Endoproteinase (Serinproteinase) bevorzugt am Carboxylende von Leucin, Methionin und Phenylalanin Peptide zu spalten. Es handelt sich um Glykoproteine (240 Aminosäuren,

iP 4,9), die eine 52-%ige Sequenzhomologie mit Trypsin und 7 Chymotrypsin aufweisen und im Serum mit 7 α1-Proteinaseinhibitor komplexiert sind. Im Gegensatz zu anderen Endopeptidasen spaltet PE sehr effektiv 7 Elastin. Im Intestinum bildet PE mit 7 Gallensäuren und 7 Cholesterin bzw. seinen bakteriellen Abbauprodukten Koprostanol und Koprostanon einen stabilen Protein-Sterol-Komplex. Während der Darmpassage nur geringer Abbau mit Ausscheidung von etwa 1,2 mg/g Stuhlfeuchtgewicht.

Funktion und Pathophysiologie. Die PE-Normalkonzentration beträgt im Pankreassekret 0,16–0,45 g/L, eine signifikante Abnahme liegt bei exkretorischer Pankreasinsuffizienz mit konsekutiver Verminderung der fäkalen Ausscheidungsmenge vor. Bei akuter Pankreatitis kommt es zum Übertritt von Elastase-1 in das Serum und Komplexierung mit α-1-Proteinaseinhibitor.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Fäzes Probenstabilität. Bei Raumtemperatur maximal 8 % Aktivitätsverlust pro Woche, bei 4 °C stabil über Monate. Im Stuhl stabil über 5 Tage bei Raumtemperatur. Präanalytik. Therapeutische Enzymsubstitution ist ohne Einfluss. Analytik. Für Serum und Stuhl steht ein Sandwich-7 Immunoassay (ELISA) unter Anwendung von zwei monoklonalen Antikörpern zur Verfügung. Nachweisgrenze 1 μg/L, VK in der Serie 5,8 %, von Tag zu Tag < 8 %. Spezifität für Pankreaselastase-1 hoch. Referenzbereich — Erwachsene. Serum: < 3,5 μg/L, Fäzes: Erwachsene und Kinder nach dem ersten Monat: 200–400 μg/g Stuhl, mittlere bis leichte Insuffizienz: 100–200 μg/g Stuhl, schwere Insuffizienz: < 100 μg/g Stuhl

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation.

5 Diagnostik und Verlaufskontrolle der exkretorischen Pankreasinsuffizienz (Stuhluntersuchung) 5 Diagnostik der akuten und chronisch-rezidivierenden Pankreatitis (Serum)

Interpretation. Die Abnahme der fäkalen PE-Ausscheidung ist ein empfindlicherer Parameter der exkretorischen Pankreasinsuffizienz als die des Chymotrypsins. Die Ausscheidung wird nicht beeinflusst durch Darmflora oder Pankreasenzymsubstitution. Veränderungen korrelieren mit dem Ergebnis des 7 Sekretin-Pankreozymin-Tests und sind aufgrund geringer intraindividueller Variation für die Verlaufskontrolle geeignet. Im Serum Anstieg in der Frühphase der akuten Pankreatitis, bei chronisch-rezidivierender Pankreatitis und ERCP. Im Duodenalsaft Verminderung von PE bei Pankreasinsuffizienz, z. B. chronische Pankreatitis, zystische Pankreasfibrose, Pankreastumoren. Diagnostische Wertigkeit. Bei einem Cut-off von 200 μg PE/g Stuhl beträgt die Sensitivität 63 % für milde, 100 % für moderate und 100 % für schwere exkretorische Pankreasinsuffizienz und 93 % für alle Patienten. Spezifität 93 %. Die Vergleichswerte für Chymotrypsin sind 64 % Sensitivität und 89 % Spezifität. Literatur. Löser C, Möllgaard A, Fölsch UR (1996) Faecal elastase 1: a novel, highly sensitive, and specific tubeless pancreatic function test. Gut 39:580–586

Elastase-1 7 Elastase, pankreasspezifische

Elastase-1 im Stuhl 7 Elastase, pankreasspezifische

Elastin H.D. Haubeck

Englischer Begriff. elastin

Elektrochemilumineszenz-Immunoassay

Definition. Elastin ist für die elastischen Eigenschaften vieler Gewebe, z. B. von Haut, Blutgefäßen und Lunge, essenziell. i Elastin ist der Hauptbestandteil elastischer Fasern. Tropoelastin,

das lösliche Precursor-Protein des unlöslichen quervernetzten Elastins, ist ein stark hydrophobes Protein mit einer Molmasse von ca. 70 kDa, von dem im Gewebe zahlreiche Isoformen existieren. Die Tropoelastinmoleküle werden von den Fibroblasten, Myofibroblasten und glatten Muskelzellen in den extrazellulären Raum sezerniert und lagern sich in der Nähe der Plasmamembran zu elastischen Fasern zusammen. Tropoelastin enthält ähnlich wie die fibrillären Kollagene einen hohen Anteil an Prolin und Lysin, aber im Gegensatz zu den Kollagenen kaum Hydroxyprolin und kein Hydroxylysin. Die Quervernetzung der Elastinmoleküle erfolgt, ähnlich wie bei den Kollagenen, durch das Kupfer-abhängige Enzym Lysyloxidase (LOX). Hierbei wird zunächst die ε-Aminogruppe der Lysin-Seitenkette oxidativ deaminiert. Die entstehende reaktive Aldehyd-Gruppe (Allysin) kann spontan mit einer weiteren Aldehyd-Gruppe des gleichen Elastinmoleküls zu einem Allysin-Aldol, und in der Folge mit weiteren reaktiven Aldehyden benachbarter Elastinmoleküle zu den Crosslinks Desmosin und Isodesmosin kondensieren. Die quervernetzten Elastinmoleküle werden dann mit Elastin-assoziierten Mikrofibrillen zu elastischen Fasern zusammengelagert. Die Mikrofibrillen bestehen hauptsächlich aus Mitgliedern der Fibrillin-Familie (Fibrillin 1 und 2) und dem kleineren Glykoprotein MAGP (microfibrillar associated glycoprotein). Mutationen im Fibrillin-1-Gen führen zum Marfan-Syndrom (Häufigkeit ca. 1:10000). Entsprechend der Verteilung von Fibrillin-1 sind hierbei vor allem die elastischen Fasern im kardiovaskulären System, im Skelett und am Auge betroffen. Dadurch kommt es u. a. zur Bildung von Aortenaneurysmen, Skelettabnormitäten und zur Dislokation der Augenlinse. Mutationen der Lysyloxidase können ebenfalls die Ausbildung und Stabilität der elastischen Fasern beeinträchtigen und zu entsprechenden klinischen Symptomen führen. Dementsprechend kommt es bei der LOX-knockout Maus zu schweren lethalen Gefäßveränderungen. Verschiedene Mutationen und Deletionen im ElastinGen können auch beim Menschen zu schweren Gefäßveränderungen, z. B. der supravalvulären Aortenstenose und dem Williams Syndrom führen. Darüber hinaus wird die autosomal dominant vererbte Cutis laxa durch frameshift-Mutationen im Elastin-Gen verursacht. Elastin ist aber auch für die elastischen Eigenschaften der Lunge und insbesondere der Alveolen verantwortlich. Die Zerstörung des Elastins in den elastischen Fasern der Alveolen durch Elastasen, d. h. durch die Neutrophilen-Elastase, eine Serin-Protease und/oder verschiedene 7 Metalloproteasen (MMP 2, MMP 7, MMP 9, und MMP 12 = Makrophagen-Metalloelastase) führt zur progredienten Schädigung des Lungengewebes und zum Lungenemphysem. Die Degradation von Elastin kann über den Nachweis der Crosslinks Desmosin und Isodesmosin mit einer HPLC-MS-Methode erfolgen. Allerdings zeigen die gefundenen Desmosin- und Isodesmosin-Konzentrationen keine gute Korrelation mit dem klinischen Bild, z. B. mit dem Ausmaß des Lungenemphysems.

Literatur. Ma S, Lieberman S, Turino GM et al (2003) The detection and quantitation of free desmosine and isodesmosine in human urine and their peptide-bound forms in sputum. Proc Natl Acad Sci 100:12941–12943

Elastin-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Elastin

433

chen Sonde ausgesendeten Ultraschallwellen niedriger Frequenz (50 MHz) und Amplitude werden in das Gewebe transmittiert. Die von den Vibrationswellen induzierten elastischen Scherwellen durchsetzen das Gewebe mit einer Geschwindigkeit, die direkt mit der Lebersteifigkeit korreliert: Je steifer/härter das Gewebe, desto schneller breiten sich die Wellen aus (kPa). Von der Sonde wird in der Regel ein Gewebszylinder von ~1 cm Durchmesser und 5 cm Länge gemessen, was etwa dem 100-fachen Volumen einer perkutanen Leberbiopsie entspricht. Diese nichtinvasive Methode erlaubt die zuverlässige und reproduzierbare Diagnose einer signifikanten Fibrose und der Zirrhose, ist schnell, unbelastend, kostensparend und erfasst einen relativ großen Anteil des Organs. Limitation sind: starke Adipositas und Aszites, akute Hepatitis. Je nach Grenzwert (kPa) betragen die diagnostische Sensitivitäten (7 Sensitivität, diagnostische) 63–90 %, Spezifitäten (7 Spezifität, diagnostische) 82–97 % und positive/negative Vorhersagewerte (7 Vorhersagewert, positiver; 7 Vorhersagewert, negativer) 71–91 % bzw. 84–95 % (7 Fibrosekenngrößen).

Literatur. Manning DS, Afdhal NH (2008) Diagnosis and Qantitation of Fibrosis. Gastroenterology 134: 1670–1681 Erhard A, Lörke J, Vogt C et al (2006) Transiente Elastografie zur Diagnostik der Leberzirrhose. Dtsch. Med. Wochenschr. 131: 2765–2769

Electrophoretic mobility shift assay R. Weiskirchen

Synonym(e). EMSA; Gelretardationsassay; Gel Mobility Shift Assay; Band Shift Assay

Definition. EMSA ist ein Nachweisverfahren für Protein-DNAWechselwirkungen. i Diese Methode beruht darauf, dass Protein-DNA-Komplexe im

elektrischen Feld langsamer laufen als freie DNA, da größere Komplexe im Gel stärker zurückgehalten werden. Bei der Durchführung von EMSA wird die gewünschte DNA radioaktiv markiert und anschließend mit der Proteinlösung inkubiert. Die Auftrennung erfolgt auf einem nicht-denaturierenden Polyacrylamidgel (PAGE), die Detektion mittels Autoradiographie. Die Bewertung des unterschiedlichen Laufverhaltens der mit Proteinen assoziierten DNA geschieht durch den Vergleich mit dem Laufverhalten der freien DNA. Mit Hilfe dieses Verfahrens ist es möglich, sequenzspezifische DNA-bindende Proteine wie z. B.: Transkriptionsfaktoren zu identifizieren. Es handelt sich hierbei um eine sehr sensitive Methode, jedoch muss bedacht werden, dass sie sehr zeitaufwendig ist und dass das Arbeiten mit Radioaktivität, Erfahrung erfordert. Details 7 Band shift.

Electrothermal atomic absorption spectrometry (ET-AAS) 7 Atomabsorptionsspektrometrie

Elektrochemilumineszenz-Immunoassay G. Töpfer

Synonym(e). ECLIA; ECL-Verfahren Englischer Begriff. electrochemiluminescence immunoassay; ECLIA

Elastographie, transiente A.M. GRESSNER

Synonym(e). Gewebeelastizitätsbestimmung der Leber Englischer Begriff. transient elastography, fibroscan Definition. Zur nichtinvasiven Diagnostik der Leberfibrose/-zirrhose eingesetzte Technik, die die durch den im Leberparenchym erhöhten Bindegewebsanteil veränderte Ausbreitungsgeschwindigkeit ultraschallinduzierter elastischer Wellen misst. i Die von einer auf der Leberoberfläche handgeführten, bewegli-

Definition. ECLIA, auch als ECL-Verfahren bezeichnet, verbindet die

Vorteile der 7 Biotin-Streptavidin-Fixierung eines Reaktionspartners der Antigen-Antikörper-Reaktion an magnetische Mikropartikel mit einem als Elektrochemilumineszenz bezeichneten hochsensitiven Detektionsverfahren. Dabei ist an den zu bestimmenden Immunkomplex als Tracer Ruthenium (II)-tris(bipyridyl)2+ (Abkürzung: [Ru(bpy)3]2+) gekoppelt, das an einer Anode mit Hilfe von sich verbrauchendem Tripropylamin (TPA), ohne selbst verbraucht zu werden, Licht der Wellenlänge 620 nm abgibt. i Bildung des Immunkomplexes:

Es handelt sich um einen Sandwich-Immunoassay (7 Abb. 1). Zu-

E

434

Elektrode

h  

   Ag    

h

Elektrochemilumineszenz-Immunoassay. Abb. 1.

nächst werden die biotinylierten und die Ruthenium-Komplex-konjugierten Antikörper bei 37 °C mit der Probe inkubiert. Dann erfolgt die Zugabe der Streptavidin-beschichteten paramagnetischen Partikel und die Inkubation wird fortgesetzt. Anschließend wird das Reaktionsgemisch in die Durchflussmesszelle gesaugt. Detektion: In der Messzelle zieht ein Magnet unter einer Anode die paramagnetischen Partikel mit biotinylierten Reaktanden an: a) Partikel, die keinen Analyten gebunden haben oder b) mit gebundenem Analyten und Zweitantikörper mit konjugiertem Rutheniumkomplex. Die Konzentration des zu bestimmenden Analyten bestimmt den Anteil der gebundenen Rutheniumkomplexe an der Anode. Jetzt strömt Tripropylamin (TPA) mit Puffer durch die Messzelle und nimmt unfixierte Ruthenium-Tracer mit. Innerhalb von 0,4 s findet an der Anode die Aktivierung der Rutheniumkomplexe mit Hilfe von TPA statt, was sich im steigenden Aussenden von Lichtquanten der Wellenlänge 620 nm zeigt. Diese werden in einem Fotomultiplier in 100 Messungen registriert und zur Datenreduktion summiert. Die Erzeugung des Lichtes an der Platinanode wird durch die Abgabe eines Elektrons und die Abgabe eines Protons durch TPA eingeleitet, wodurch ein TPA-Radikal entsteht. Der Rutheniumkomplex des Analyten wird ebenfalls an der Anode zum [Ru(bpy)3]3+ oxidiert. Dieser oxidierte Komplex übernimmt vom TPA-Radikal das freie (energiereiche) Elektron, wird dabei sowohl zum [Ru(bpy)3]2+ reduziert aber gleichzeitig durch Energietransfer in einen angeregten (energiereichen) Zustand überführt. Dieser Zustand ist labil und fällt unter Abgabe eines Photons der Wellenlänge 620 nm in den Grundzustand [Ru(bpy)3]2+ zurück. TPA wird dabei verbraucht, nicht aber der Rutheniumkomplex. TPA wird im großen Überschuss verwendet, so dass die Lichtausbeute durch die Diffusion des TPA bestimmt wird und in der Praxis nach Durchschreiten eines Maximums < 0,4 s nach Messbeginn langsam abnimmt. Nach der Messung wird die Messzelle mit Reinigungslösung ausgewaschen und die Elektrodenoberfläche durch mehrfache Spannungsänderung regeneriert. Analog wie Proteine lässt sich auch DNA bestimmen. Die von der Firma IGEN (USA) entwickelte Methode wurde im Jahr 1996 nach Lizenznahme von Boehringer Mannheim-Roche Diagnostics mit dem ECL-Analyzer ELECSYS auf den Markt gebracht.

Der ELECSYS 2010 ist in der Lage, Reagenzien für 15 Routineparameter gleichzeitig zu laden. Vorteile des Verfahrens sind: 5 Sehr stabiler nichtradioaktiver Marker, der an Antikörper, Antigene und DNA konjugierbar ist. Dabei lassen sich in SandwichImmunoassays Analyte mit hoher Molmasse (z. B. PSA) und in kompetitiven Immunoassays Analyte mit niedriger Molmasse bestimmen. Über Brückenteste lassen sich IgG- und IgM-Antikörper bestimmen. Da eine Kopplung des Rutheniumkomplexes an DNAund RNA-Stränge möglich ist, können auch komplementäre DNAbzw. RNA-Stränge bestimmt werden. 5 Hohe Sensitivität (attomol = 10–18) durch hohe Lichtausbeute. 5 Kurze Inkubationszeiten (Analysenzeit 9 min beispielsweise bei Troponin T oder 18 min bei PSA). 5 Großer Messbereich über 5 Zehnerpotenzen durch hohe Bindungskapazität der paramagnetischen Mikropartikel. Der ECLIA ist heute ein im klinisch-chemischen Labor breit eingesetztes Analysenverfahren.

Literatur. Blackburn GF (1991) Electrochemiluminescence Detection for Development of Immunoassays and DNA Probe Assays. Clin Chem 37:1534–1539

Elektrode T. Arndt

Englischer Begriff. electrode Definition. Sammelbezeichnung für elektronenleitende Werkstoffe in einem Elektrolyten. Man unterscheidet Anoden und Kathoden. i Elektroden dienen der Zuführung eines elektrischen Stromes in

eine Flüssigkeit, Gas oder einen Festkörper. Die 7 Anode ist der „Gegenpol“ zur 7 Kathode. In einer Elektrolytlösung wandern die Anionen (negativ geladenen Ionen) zur (positiv geladenen) Anode und die Kationen (positiv geladene Ionen) zur (negativ geladenen) Kathode. Anionen geben Elektronen an der Anode ab, während Kationen an der Kathode Elektronen aufnehmen. Der resultierende Stromfluss kann, bei bekannter Stöchiometrie, über geeignete mathematische Transformationen zum Nachweis oder zur Quantifizierung von elektrochemisch aktiven Analyten genutzt werden.

Elektroimmundiffusion

435

Elektroden kommen in verschiedener Form im klinisch-chemischen Labor zum Einsatz. Anwendungsgebiete sind z. B. die 7 Amperometrie, 7 Coulometrie, 7 Elektrophorese, 7 Ionenselektiven Elektroden, inverse 7 Voltammetrie, 7 Polarographie, 7 Potenziometrie.

dungen in der Trennmatrix oder an Glas- und Quarzoberflächen auftritt. Da fixierte Ladungen im elektrischen Feld nicht wandern können, kommt es zu einer Gegenreaktion: Ein Wassertransport entgegen der elektrophoretischen Trennrichtung.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

i Elektroendosmose ist bei 7 Celluloseacetatfolien und 7 Agarose-

Elektroelution R. Weiskirchen

Englischer Begriff. electroelution Definition. Elektrochemisches Verfahren zur Isolation einer 7 Nukleinsäure (in der Regel DNA) aus einer festen Gelmatrix.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Aufgrund der negativen Ladung kann eine Nukleinsäure aus einem festen Träger (z. B. Agarosegel) in einem angelegten Spannungsfeld gewonnen werden. Dabei wandert die DNA in Richtung der Anode. Die angelegte Spannung und Dauer der Elution richten sich dabei hauptsächlich nach der Größe und Ladung des zu eluierenden Moleküls.

Einsatzgebiet. Die Elektroelution kann verbunden mit anschließenden Reinigungsverfahren (z. B. Phenolextraktion, Ethanolpräzipitation) genutzt werden, um eine bestimmte DNA-Spezies aus einem Gemisch verschiedener DNAs, die sich in ihrer Größe unterscheiden, zu separieren. Die Methode findet insbesondere bei der Isolierung einzelner DNA-Moleküle nach 7 Restriktionsanalyse zu 7 DNAKlonierungszwecken oder zur Herstellung von Ausgangsmaterial für die Herstellung einer 7 Gensonde Verwendung. Ebenso wird sie verwendet, um ein durch 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erstelltes 7 Amplikon zur weiteren Charakterisierung aufzureinigen und mittels anschließender Fällung aufzukonzentrieren. Untersuchungsmaterial. In der Regel DNA. Die Verfahrenstechnik kann aber auch zur Isolation von RNA oder von Proteinen modifiziert werden.

Instrumentierung. Die Elektroelution stellt ein einfaches Verfahren dar. Typischerweise wird das zu eluierende Gelstück in einen Dialyseschlauch gegeben, der in ein elektrisches Feld eingebracht wird. Es sind ebenso käufliche Elektroelutionsapparate erhältlich, in denen das Gelstückchen in einer membranumschlossenen Elutionskammer eingebracht und die eluierten Biomoleküle durch eine Membran adsorbiert oder zurückgehalten werden. Spezifität. Die Methode zeichnet sich durch sehr geringe Verlustraten aus. Die auf diese Weise gewonnenen Nukleinsäuren oder Proteine sind sehr sauber und enthalten wenig Salz. Fehlermöglichkeit. Bei der parallelen Elution mehrerer Biomoleküle können Probenverwechselungen auftreten. Eine zu rasche Elution (zu hohes elektrisches Feld) und daraus resultierende Überhitzung des Probenmaterials kann Grund für eine Proben-7 Denaturierung sein. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methodik ist ein gängiges Verfahren in der 7 Molekularbiologie. Sie ist einfach in der Durchführung und nur mit geringen Kosten verbunden. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Methode wird heute ersetzt durch Verfahrenstechniken bei denen die Biomoleküle über Einwegkartuschen gereinigt werden. Auf diese Weise lassen sich mögliche 7 Kontaminationen vermeiden.

Literatur. Sambrook J, Fritsch EF, Maniatis T (1989) Molecular Cloning – A Laboratory Manual. Cold Spring Harbor Laboratory Press, New York

Elektroendosmose R. Westermeier

Englischer Begriff. electroendosmosis Definition. Phänomen bei der Elektrophorese, das durch fixierte La-

gelen stärker als bei Polyacrylamidgelen. Die Qualität von Agarose wird über den Elektroendosmosewert bestimmt: je niedriger umso besser die Qualität. Bei der 7 Elektrophorese wirkt sich die Elektroendosmose in unscharfen Trennmustern aus. Die 7 isoelektrische Fokussierung ist besonders anfällig gegenüber Elektroendosmose, weil sie bei sehr hohen Spannungen durchgeführt wird.

Literatur. Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. WileyVCH, Weinheim

Elektrofokussierung 7 Isoelektrische Fokussierung

Elektroimmundiffusion R. Westermeier

Synonym(e). Raketen-Elektrophorese nach Laurell; Laurell-Technik Englischer Begriff. electroimmunodiffusion; electroimmunoassay; rocket electrophoresis

Definition. Immunpräzipitationsmethode zur quantitativen Bestimmung von Antigen in einer Probe. Hierzu lässt man geladene Proteine aus einer Probe elektrophoretisch in eine Antikörper-haltige 7 Agarosegelschicht einwandern. Dabei entstehen an den Äquivalenzzonen (Bereich der Bildung relativ stabiler Antigen-Antikörper-Komplexe) raketenförmige Präzipitatbögen, deren Peakhöhe proportional zur Antigenmenge in der Probe ist.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Erst wird ein Agarosesol hergestellt indem man 1 g Agarose in 100 mL kochendem Puffer auflöst. Dann kühlt man das Sol auf 55 °C ab, mischt die Antikörper dazu, und gießt es auf eine Glasplatte aus. Aus dem erstarrten Gel werden mit einer Stanzkanüle die Probenauftragslöcher ausgestanzt. Die Elektroimmundiffusion beschleunigt immunologische Analysen, die ansonsten auf einfacher Diffusion beruhen. Wie in 7 Abb. 1 gezeigt ist, entstehen raketenförmige Präzipitatbögen. Wenn Antigene elektrophoretisch in ein Antikörper-haltiges Gel einwandern sollen, müssen Antigene und Antikörper unterschiedliche isoelektrische Punkte (7 isoelektrischer Punkt) besitzen. Der Puffer wird auf denjenigen pH-Wert eingestellt, der dem isoelektrischen Punkt des verwendeten Antikörpers entspricht, damit der Antikörper nicht zu wandern beginnt. Falls Antigen und Antikörper denselben isoelektrischen Punkt haben, kann man (a) den isoelektrischen Punkt des Antigens oder (b) des Antikörpers durch Carbamylierung modifizieren. Im Fall (a) erhält man eine erhöhte Mobilität des Antigens in Richtung Anode. Im Fall (b) kann ein Puffer mit niedrigerem pH-Wert verwendet werden, wodurch das Antigen positive Ladungen erhält. Es ist wichtig polyklonale Antikörper zu verwenden, da monoklonale Antikörper keine dreidimensionalen Immunkomplexe bilden. Ursprünglich wurde Tris-Barbituratpuffer pH 8,6 verwendet. Wegen des 7 Betäubungsmittelgesetzes bekommt man nur noch sehr schwer Zugang zu Barbitursäure. Deshalb wird heutzutage meist ein TrisTricin-Calciumlactat Puffer eingesetzt. Die Präzipitatbögen werden nach Auswaschung der Antikörper mit physiologischer Salzlösung mit 7 Coomassie-Färbung detektiert. Streng genommen ist das Integral der Präzipitatbogenflächen proportional zu der jeweiligen Antigenmenge. Zur Vereinfachung der Methode wird aber meist die Peakhöhe der Bögen verwendet; dies kommt dem Flächenwert sehr nahe. Zur Quantifizierung von Antigenen wird eine Verdünnungsreihe analysiert und eine Kalibrationskurve erstellt. Die Antigenkonzentration in einer Probe wird durch Interpolation bestimmt. 7 Abb. 2 zeigt ein Beispiel für die Bestimmung von 7 Lipoprotein (a) in Humanseren.

E

436

Elektrolyt-balancierte Heparinlösung

Elektroimmundiffusion. Abb. 1. Auch Raketen-Elektrophorese nach Laurell genannt. Die Probe wandert elektrophoretisch in ein antikörperhaltiges Agarosegel ein. Das Antigen bildet mit dem Antikörper einen Präzipitatbogen. Die Höhe des Bogens ist ein Maß für die Antigenkonzentration.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die große Menge an benötigten Antikörpern macht die Methode relativ teuer.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (eds) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. Wiley-VCH, Weinheim

Elektrolyt-balancierte Heparinlösung 7 Heparin, gepuffertes

Elektrolyte O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. electrolytes

Elektroimmundiffusion. Abb. 2. Beispiel: Bestimmung von Lipoprotein (a) in Humanseren.

Definition. In der Chemie versteht man unter Elektrolyten solche Substanzen, die in wässriger Lösung oder in ihren Schmelzen der elektrolytischen Dissoziation unterliegen und somit in die positiv geladenen Kationen und die negativ geladenen Anionen zerfallen. Medizinischer Sprachgebrauch s. unten.

Einsatzgebiet. Quantitative Bestimmung von 7 Apolipoprotein AI

i Chemie

und B, Lipoprotein AI und E-Partikeln, Lipoprotein(a) u. a.

Untersuchungsmaterial. In der Regel Serum Instrumentierung. 5 5 5 5 5

Elektrophoresekammer Stanzschablone Umlaufkühler Stromversorger Färbeschalen

Elektrolytische Dissoziation Starke Elektrolyte wie Salzsäure oder Schwefelsäure sind in wässriger Lösung nahezu vollständig dissoziiert. Schwache Elektrolyte wie Essigsäure, Kohlensäure und Phosphorsäure sind nur teilweise dissoziiert und folgen hierbei dem Massenwirkungsgesetz. Ihr Dissoziationsgrad bzw. ihre Stärke wird durch die Dissoziationskonstante K bzw. durch deren negativen dekadischen Logarithmus, den pK-Wert ausgedrückt.

Spezifität. Hängt von der Qualität des Antikörpers ab, sonst spezifisch.

Sensitivität. Im μg Bereich der Antigenkonzentrationen, für Coomassie-gefärbte Immunpräzipitate bei 18

ng/mm2.

Fehlermöglichkeiten. 5 5 5 5

Verwendung keiner oder falscher Antikörper falsches Antigen-Antikörper-Verhältnis Feldstärke zu hoch polyvalenter Antikörper

Bei der Quantifizierung wurde extrapoliert; korrekt ist interpolieren innerhalb der Eichkurve.

Je kleiner der numerische Wert von pK, desto höher der Dissoziationsgrad des Elektrolyten und desto stärker die Säure oder die Base. Ist pH = pK, liegen Base und Säure in gleicher Konzentration vor. Ein Puffersystem hat unter diesen Umständen die größte 7 Pufferkapazität (7 Tab. 1). Ionenaktivität Nicht alle Ionen eines Elektrolyten liegen in wässriger Lösung ihrer Konzentration entsprechend frei beweglich vor. Die Hydrathülle um Anionen und Kationen, die eine hohe Abschirmung gewährleistet, hebt gegenseitige Anziehungskräfte nicht ganz vollständig auf. Der Anteil der thermodynamisch aktiven Ionen wird durch die Ionen-

Elektronenmikroskop

Elektrolyte. Tab. 1. Biologisch wichtige Dissoziationskonstanten und pK-Werte bei 25 °C Säure

K

437

komplexgebundenem Anteile an die Gesamtkonzentration angepasst, um die Ergebnisse kompatibel zu machen („justierte Aktivität“, engl. adjusted activity; 7 Tab. 2).

pK 10-10

Ammonium

4,39 ×

Kohlensäure, 1. Stufe, wahre Dissoziation (bezogen auf cH2CO3)

1,32 × 10-4

3,88

Kohlensäure, 1. Stufe, scheinbare Dissoziation (bezogen auf cCO2 + cH2CO3)

4,45 × 10-7

6,352

Phosphorsäure, 2. Stufe

6,34 × 10-8

7,198

9,21

aktivität ausgedrückt. Der Zusammenhang zwischen der molalen Konzentration an freien Ionen (mM+) und der molalen Aktivität (aM+) wird durch den Aktivitätskoeffizienten γ hergestellt.

aM+ = γM+ × mM+

Elektrolyte. Tab. 2. Aktivitätskoeffizienten, aktive und gesamte Molalitäten sowie molare Gesamtkonzentrationen Elektrolyt

Aktivitätskoeffizient

Aktive Molalität im Plasma-H2O (mmol/kg)

Gesamte Molalität im Plasma-H2O (mmol/kg)

Gesamtkonzentration im Plasma (mmol/L)

Na+

0,75

114

152

142

K+

0,74

3,2

4,3

4,0

Ca2+

0,34

0,46

1,34

2,3

Mg2+

0,35

0,20

0,57

0,8



0,75

Cl

82

109

102

Der Aktivitätskoeffizient wird stark beeinflusst von der Ionenstärke (I) einer Lösung. Sie ergibt sich aus den molalen Konzentrationen (mM+) und den Ladungszahlen (zM+) aller gelösten Ionen nach der Formel

Bei Plasmen mit stark abweichendem Lipid- oder Proteingehalt können dennoch Diskrepanzen auftreten, wobei das biologisch relevantere Ergebnis von der ISE stammt (7 Natrium).

I = ½ ∑(mM+ × z2M+)

International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC) (2000) Use of Ion-Selective Electrodes for Blood-Electrolyte Analysis. Recommendations for Nomenclature, Definitions and Conventions. Clin Chem Lab Med 38:363–370

und beträgt im Plasmawasser etwa 160 mmol/kg. Mit steigender Ionenstärke nehmen die Aktivitätskoeffizienten ab. Zur Berechnung von Aktivitätskoeffizienten wird auf Lehrbücher der Physikalischen Chemie (1) verwiesen. Die genannten Aktivitätskoeffizienten gelten nicht für Flüssigkeiten, deren Zusammensetzung von der des normalen Plasmas deutlich abweicht wie z. B. Urin. Medizin Hier bezeichnet man die Gesamtheit der anorganischen Ionen, die den wesentlichen Teil der osmotisch aktiven Partikel in den Körperflüssigkeiten ausmachen, als „die Elektrolyte“. Es handelt sich dabei im engeren Sinne um 5 die Kationen Na+, K+, Ca2+ und Mg2+, 5 die Anionen Cl–, HCO3– und Phosphat (H2PO4–/HPO42–). Weitere Anionen wie Sulfat (SO42–), Laktat und negativ geladene Proteine werden nicht zu den „Elektrolyten“ gezählt. Es besteht eine enge Verbindung zwischen dem Stoffwechsel der Elektrolyte, besonders des Natriums, und dem Wasserhaushalt. Elektrolytzusammensetzung von Plasma, Interstitialflüssigkeit und Intrazellulärraum s. 7 Wasserhaushalt. Beziehung zwischen Ionenaktivität und Gesamtkonzentration im Plasma Aus der Gesamtkonzentration eines Elektrolyten im Plasma (ctM) erhält man die Gesamtmolalität (mtM), indem man durch die Massenkonzentration des Plasmawassers (ρH2O), die bei normalem Proteinund Lipidgehalt 0,933 kg/L beträgt, dividiert.

mtM = ctM/ρH2O Aus der Gesamtmolalität ergibt sich der Anteil freier Ionen (mM+) durch Subtraktion des proteingebundenen (mMprot) und des mit weiteren Anionen komplexierten Anteils (∑mMX).

mM+ = mtM – (mMprot + ∑mMX) Mit den herkömmlichen Verfahren der 7 Flammen-Emissionspektrometrie wird die Gesamtkonzentration bestimmt (ctM). Da die 7 ionenselektive Elektrode (ISE) im unverdünnten Plasma die molale Aktivität (aM+) misst, wird das Ergebnis unter Berücksichtigung des Aktivitätskoeffizienten sowie der Annahme eines normalen Wassergehalts und der für den jeweiligen Elektrolyten typischen protein- und

Literatur. Atkins PW (1987) Physikalische Chemie. VCH, Weinheim

Elektrolyt-stabilisierte Heparinlösung 7 Heparin, gepuffertes

Elektronenmikroskop W. Stöcker, Chr. Krüger

Englischer Begriff. Electron microscope Definition. Mikroskop (griech. mikros: klein; skopein: betrachten), das mit Hilfe im Vakuum unter Hochspannung beschleunigter Elektronen die innere Struktur oder die Oberfläche einer Probe hoch vergrößert abbildet. Lichtmikroskope erreichen nur eine Auflösung von 300 nm, entsprechend der Wellenlänge des sichtbaren Lichtes. Durch Verwendung von Elektronenstrahlen kann die Auflösung bis auf 0,1 nm verbessert werden. Damit ist es möglich, Bakterien, Viren und Zellbestandteile (z. B. Mitochondrien) direkt darzustellen.

Aufbau. Das Elektronenmikroskop enthält fünf Hauptbestandteile: 5 Elektronenkanone, die einen konstanten Elektronenstrom freisetzt und beschleunigt, 5 Elektronenlinsen, die den Elektronenstrahl mittels magnetischer oder elektrischer Kräfte fokussieren, und Blenden, die unerwünschte Strahlung herausfiltern und dadurch den Kontrast verbessern, 5 Vakuumpumpen, die ein Hochvakuum für den ungehinderten Flug der Elektronen erzeugen, 5 Probenhalterung, 5 Detektorsystem, das die Elektronenstrahlung in ein sichtbares Bild umwandelt. Varianten der Elektronenmikroskope. Bei den Ruhebildmikroskopen wird ein bestimmtes Probengebiet von einem feststehenden, breiten Elektronenstrahl dargestellt. Die Rasterbildmikroskope benutzen einen feinen, gebündelten Elektronenstrahl, der das Beobachtungsgebiet zeilenweise erfasst und abbildet. Das Transmissionselektronenmikroskop sendet einen feststehenden, breiten Elektronenstrahl durch eine dünne Probe und stellt somit in der Bildebene ein Abbild der Probe her, wie im Lichtmikroskop, oder

E

438

Elektronenstoßionisation

in der Beugungsebene ein Beugungsmuster zur Ermittlung der Kristallstruktur. Die Probe muss entsprechend dünn sein (max. 100 nm) und erfordert eine aufwändige Präparation (Kryofixierung oder Einbettung in Kunstharz, anschließend Ultradünnschnitt-Mikrotomie). Das Bild im Transmissionselektronenmikroskop wird durch an den Atomkernen elastisch gestreute Elektronen erzeugt. Das Rasterelektronenmikroskop tastet mit einem sehr feinen Elektronenstrahl ein ausgewähltes Gebiet Zeile für Zeile und Punkt für Punkt ab und erzeugt damit ein plastisches, dreidimensionales Abbild der Probenoberfläche. Diese muss davor in den meisten Fällen elektrisch leitend gemacht werden, etwa durch Bedampfen mit Gold, um eine elektrostatische Aufladung zu verhindern. Das Bild wird durch Intensitätsmessung an der Probe gestreuter Sekundärelektronen oder Rückstreuelektronen erzeugt.

Geschichte. Das erste Elektronenmikroskop wurde im Jahr 1931 von Ernst Ruska (geb. 25. Dezember 1906 in Heidelberg; gest. 27. Mai 1988 in Berlin) und Max Knoll (geb. 17. Juli 1897 in Schlangenbad; gest. 6. November 1969) gebaut. Hierfür erhielt Ruska im Jahr 1986 den Nobelpreis im Fach Physik. Literatur. Flegler SL, Heckman jr. JW, Klomparens KL (1995) Elektronenmikroskopie: Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Spektrum Akademischer Verlag

Elektronenstoßionisation

Elektrophorese. Abb. 1. Schematische Darstellung des Trennprinzips der Elektrophorese am Beispiel von zwei verschiedenen Proteinen.

7 Massenspektrometrie

Elektronenvolt 7 Massenspektrometrie

Elektropherogramm R. Westermeier

Synonym(e). Elektrophoresemuster; Bandenmuster Englischer Begriff. electropherogram Definition. Ein Elektropherogramm ist das gefärbte Elektrophoreseresultat, welches ein Bandenmuster in einem Gel oder einer Celluloseacetatfolie zeigt. i Ein Elektropherogramm zeigt das qualitative Elektrophoreseergebnis. Zur quantitativen Auswertung benötigt man ein 7 Densitogramm.

Literatur. Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. WileyVCH, Weinheim

Elektrophorese R. Westermeier

Synonym(e). Zonenelektrophorese Englischer Begriff. electrophoresis Definition. Die elektrophoretische Trennung von Probenkomponenten basiert auf ihren unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten im elektrischen Feld in einem bestimmten Trennmedium. i Geladene Moleküle und Partikel in wässriger Lösung wandern

im elektrischen Gleichstromfeld in die Richtung der Elektrode mit entgegengesetztem Vorzeichen. Die Wanderungsgeschwindigkeiten sind gleich für homologe Substanzen, variieren jedoch für Substanzen mit unterschiedlichen Ladungen und Molekülgrößen. Es bilden sich distinkte Zonen aus (7 Abb. 1). Die resultierenden Bandenmuster sind charakteristisch für bestimmte Substanzgemische. Die Intensitäten der Zonen können optisch vermessen werden, um Rückschlüsse auf die quantitative Verteilung der Einzelsubstanzen zu ermöglichen. Hauptanwendungsgebiete sind Analysen von Protein- und Nukleinsäurengemischen. Die treibende Kraft bei der Elektrophorese ist die elektrische Feldstärke, welche als V/cm gemessen wird. Die Geschwindigkeit der elektrophoretischen Wanderung eines Moleküls ist abhängig von:

5 5 5 5 5

seiner elektrophoretischen Mobilität (Beweglichkeit), der Siebwirkung oder Viskosität des Mediums, der Temperatur, der Ionenstärke des Puffers, der elektrischen Feldstärke.

Die elektrophoretische Mobilität wiederum ist abhängig von Nettoladung und Größe des Moleküls. Strukturproteine habe bei gleicher Molekularmasse eine größere Ausdehnung als globuläre Proteine. In einem nichtrestriktiven Medium, wie offenen Kapillaren, großporigen Agarosegelen und Celluloseacetatfolien, ist die Mobilität von Proteinen ausschließlich von der Nettoladung abhängig. Das Auflösungsvermögen variiert mit dem verwendeten Trennmedium. Abgesehen von unterschiedlichen Trennmedien gibt es zudem unterschiedliche Elektrophoresetechniken, wie z. B. saure und basische Elektrophoresen, Disk-Elektrophorese, Gradientengel-Elektrophorese, 7 SDS-Elektrophorese, 7 isoelektrische Fokussierung, und zweidimensionale Elektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale). Beim Ionentransport im elektrischen Feld entsteht Wärme, genannt Joule’sche Wärme. Zur Vermeidung von Überhitzung oder krummen Lauffronten muss entweder die elektrische Leistung limitiert werden, oder das Medium muss über einen Wärmeaustauscher gekühlt werden. Die Entstehung der Joule’schen Wärme ist auch der Hauptgrund, warum elektrophoretische Methoden beinahe ausschließlich für analytische und nicht für präparative Zwecke angewandt werden. Nur die trägerfreie Elektrophorese in einer strömenden Pufferschicht bildet hier eine Ausnahme. Die Detektion der getrennten Fraktionen erfolgt bei der Kapillarelektrophorese mittels UV-Detektor direkt in der Kapillare, bei allen anderen Verfahren werden Proteine oder Nukleinsäuren entweder mit fluoreszierenden Farbstoffen (7 Fluorophor) markiert oder nach der Trennung im Medium angefärbt.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum, VCH, Weinheim Lottspeich F, Engels JW (eds) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl. Spektrum, Akademischer Verlag, Heidelberg

Elektrophorese, zweidimensionale R. Westermeier

Synonym(e). 2-D-Elektrophorese; Zweidimensional-Elektrophorese

Elektrophorese, zweidimensionale

439

2. Dimension:

1. Dimension: Isoelektrische Fokussierung im IEF-Streifen

SDS-Polyacrylamidgel-Elektrophorese pH 3

pH 11

Probe pH 3

pH 11

Umpuffern der 1. Dimension im SDS-Puffer

E

Elektrophorese, zweidimensionale. Abb. 1. Schematische Darstellung des Prinzips: Nach der isoelektrischen Fokussierung eines Proteingemischs in einem Polyacrylamid-Gelstreifen mit fixiertem pH-Gradienten werden die Proteine mit SDS-Puffer umgepuffert und in der zweiten Dimension in der SDS-Elektrophorese nach Molekularmassen aufgetrennt.

Englischer Begriff. two-dimensional electrophoresis Definition. In der zweidimensionalen Elektrophorese werden komplexe Proteingemische nach zwei unterschiedlichen, voneinander unabhängigen physikochemischen Parametern aufgetrennt: erst nach Ladungen mit der isoelektrische Fokussierung (IEF), dann nach Molekülgrößen mit der SDS-Elektrophorese. Das Ergebnis ist ein Fleckenmuster.

Die Identifizierung und Charakterisierung von auffälligen Proteinen erfolgt durch 7 Massenspektrometrie. Wegen ihres sehr hohen Auflösungsvermögens von mehreren tausend Proteinen in einem Gel ist die Zweidimensional-Elektrophorese die wichtigste Trenntechnik in der 7 Proteomik. 7 Abb. 2 zeigt eine Zweidimensional-Elektrophorese von MelanomaZellextrakt.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Um komplexe Proteingemische mit hoher Auflösung und guter Reproduzierbarkeit auftrennen zu können, werden denaturierende Bedingungen angewandt. Das bedeutet, dass die Probe mit 8 mol/L Harnstoff, einem Reduktionsmittel, einem zwitterionischen Detergenz und einem Trägerampholytengemisch versetzt oder extrahiert wird. Genügend hohe Auflösung für komplexe Proteingemische erhält man nur in Gelen mit großen Trenndistanzen, z. B. 20 × 20 cm. Die Proteinproben werden in der ersten Dimension mit 7 isoelektrischer Fokussierung nach der Ladung getrennt. In der traditionellen Technik geschah dies in Trägerampholyt-pH-Gradienten in dünnen Polyacrylamidgelen in Röhrchen. In der modernen Technik verwendet man foliengestützte Polyacrylamidgelstreifen mit immobilisierten pH-Gradienten. Diese sind kommerziell erhältlich in verschiedenen Längen mit weiten pH-Gradienten pH 3–11 und engeren pH-Gradienten für noch höhere Auflösung. Nach einer Äquilibrierung des Gels der ersten Dimension wird es auf ein SDS-Gel aufgelegt und mit Agarose eingebettet. Daraufhin erfolgt die Trennung in der 7 SDS-Elektrophorese nach Molmasse. Bei der Färbung wird ein Fleckenmuster sichtbar. Die Muster werden mit geeigneten Programmen ausgewertet; visuelle Auswertung solch komplexer Ergebnisse ist praktisch unmöglich. Zweidimensionale Differenz-Gelelektrophorese: Es ist auch möglich die Proteine verschiedener Proben mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen (7 Fluorophore) zu markieren, welche die 7 isoelektrischen Punkte nicht modifizieren. Die Proben werden daraufhin zusammengemischt und im gleichen Gel aufgetrennt. Weil die Fluorophore in etwa die gleichen Molmassen haben, wandern die gleichen Proteine der verschiedenen Proben zu exakt denselben Positionen im 7 SDS-Gel. Mit Hilfe eines Multifluoreszenz-Densitometers werden die verschiedenen Fluorophoren nacheinander bei unterschiedlichen Wellenlängen angeregt und die emittierten Signale aufgezeichnet. Diese Methode ermöglicht den Vergleich von komplexen Proteingemischen unter Ausschluss von Gelvariabilitäten. Die eigentliche Stärke bei dieser Methode liegt bei der Verwendung eines inneren Standards für jedes Protein: Hierzu mischt man vor der 7 Fluoreszenzmarkierung Aliquots von jeder Probe zu einem gepoolten Probenstandard zusammen und markiert diesen mit einem der verfügbaren Fluoreszenzmarker. Bei jeder Trennung wird dieser Standard mitgeführt. Zur Auswertung werden die Ergebnisse auf die Signale des internen Standards bezogen. Dies führt zu sehr verlässlichen quantitativen Ergebnissen mit hoher statistischer Zuverlässlichkeit.

Elektrophorese, zweidimensionale. Abb. 2. Trennung der Proteine eines Melanoma-Zellextrakts. Proteindetektion mit Silberfärbung.

Einsatzgebiet. Die Methode ist zu komplex für Routineanalysen und wird hauptsächlich in der Proteomforschung angewandt zur 5 Detektion von Krankheitsmarkern, 5 Aufklärung von Erkrankungsursachen, 5 Auffindung von Arzneimitteltargets, 5 Beobachtung von Therapien, 5 Entwicklung von personenspezifischen Therapien. Untersuchungsmaterial.

5 Körperflüssigkeiten: z. B. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Semen 5 Zellkulturen 5 Gewebe: gesunde Zellen und Krebszellen, Gehirn, Leber, Niere, Herzmuskel

Instrumentierung. Der Geräteaufwand ist relativ hoch:

5 5 5 5 5 5

Spezialgerät für isoelektrische Fokussierung in Gelstreifen vertikale SDS-Elektrophorese Apparatur für große Gele Stromversorger Kühlthermostat Densitometer oder Scanner für zweidimensionale Elektrophorese spezielle Auswerteprogramme und entsprechende DV-Möglichkeiten 5 Massenspektrometrie

440

Elektrophorese von Isoenzymen

Spezifität. Die Spezifität der Ergebnisse wird deutlich erhöht durch zweifelsfreie Identifizierung von Proteinen mit Blotting und/oder 7 Massenspektrometrie.

Sensitivität. Man kann Proteine in pg-Mengen detektieren.

Einmalküvetten verwendet werden, da so das Kontaminationsrisiko klein gehalten wird. Oftmals erfordert diese Technik, dass sich der zu transfizierende Empfängerorganismus in der sog. exponentiellen Wachstumsphase befindet. Kritisch ist oft die verwendete Salzkonzentration der Puffer.

Fehlermöglichkeit. Da die Durchführung relativ komplex ist, ergeben sich viele Fehlermöglichkeiten. Durch die Anwendung der DifferenzGelelektrophorese mit fluoreszenzmarkierten Proteinen werden die Auswirkungen von Fehlern deutlich reduziert.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Sind die Bedingungen für

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methode ist relativ teuer. Es gibt Ansätze zur teilweisen Automatisierung des Arbeitsablaufs.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Diese Verfahrenstechnik ist oft auch dann anwendbar, wenn andere Methoden der Transfektion versagen.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (eds) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Rabilloud T (ed) (2000) Proteome research: Two-dimensional gel electrophoresis and identification methods. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Elektrophorese von Isoenzymen 7 Isoenzymelektrophorese

Elektrophorese-Kurvendiagramm 7 Densitogramm

Elektrophoresemuster 7 Elektropherogramm

Elektrophoretische Beweglichkeit 7 Mobilität, elektrophoretische

Elektroporation R. Weiskirchen

Synonym(e). Elektrotransfektion Englischer Begriff. electroporation; electric field-mediated DNA transfer

Definition. Verfahren, um DNA über elektrische Pulse hoher Feldstärke direkt in eine Zelle einzubringen.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei der Elektroporation werden die Empfängerzellen in einem Puffer mit niedriger Ionenstärke durch kurze elektrische Pulse hoher Feldstärke angeregt, wodurch die Zellmembran für kurze Zeit für hochmolekulare Moleküle (vorwiegend DNA) durchlässig wird. Mit dieser Verfahrenstechnik können hohe Transformationsraten erreicht werden.

Einsatzgebiet. Mit dieser Methode kann in eine Vielzahl von Zellsor-

die 7 Transformation eines spezifischen 7 Empfängerorganismus etabliert, stellt die Elektroporation eine einfache und zuverlässige Methodik dar.

Literatur. Zimmermann U (1982) Electric Field-Mediated Fusion and Related Electrical Phenomena. Biochem Biophys Acta 694:227– 277

Elektrotransfektion 7 Elektroporation

Elektrovalente Bindung 7 Ionenbeziehung

Elephant-Tranquilizer T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Phencyclidin (7 Straßennamen von Drogen: Phencyclidin).

Eliminationshalbwertszeit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. elimination half-life Definition. Zeitspanne, in der die Konzentration z. B. eines Pharmakons (z. B. im Plasma) um die Hälfte abfällt. i Die Eliminationshalbwertszeit (t½) hängt ab von der totalen Clea-

rance und dem Verteilungsvolumen. Sie wird berechnet an Hand der Eliminationskonstanten (k2): t½ = ln 2/k2 (ln 2 ~ 0,693).

Literatur. Gladtke E, von Hattingberg HM (1973) Pharmakokinetik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Eliminationsphase W.-R. Külpmann

Synonym(e). β-Phase

ten und Spezies DNA eingebracht werden. Sie kann sowohl für Prokaryonten als auch für Eukaryonten eingesetzt werden.

Definition. Zeitraum nach Abschluss der Invasionsphase eines Pharmakons, in dem die Plasmakonzentration alleinig von der Eliminationsgeschwindigkeit abhängt. (7 Eliminationshalbwertszeit).

Instrumentierung. Für diese 7 Transfektionsmethode sind sog. Elek-

Literatur. Gladtke E, von Hattingberg HM (1973) Pharmakokinetik.

tropulser notwendig, die die Generierung elektrischer Pulse mit hoher Feldstärke erlauben. Das Einbringen von DNA in einen Empfängerorganismus, wodurch ein 7 gentechnisch veränderter Organismus entsteht, bedarf der Genehmigung und darf nur in einer gentechnischen Anlage durchgeführt werden.

Spezifität. Die Spezifität ist vom jeweiligen Zelltyp abhängig. Optimale Feldstärke und Dauer der Impulse werden in Vorversuchen ermittelt. Es lassen sich sehr hohe Transfektionsraten erhalten. Sensitivität. Das Einbringen von DNA mittels Elektrotransfektion ist ein sehr sensibler Prozess. In der Regel genügen geringste Spuren (im ng-Bereich), um hohe Transfektionsraten zu erreichen. Fehlermöglichkeit. Die verwendeten elektrischen Impulse induzieren wie andere elektromagnetische Strahlung Wärme. Ist sie zu hoch, kann es zu irreparablen Schädigungen der Zellen kommen. Es sollten

Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Eliminationstest 7 Mobilisationstest

ELISA 7 Enzyme-linked Immunosorbentassay

Elliptozyt H. Baum

Synonym(e). Ovalozyt Englischer Begriff. elliptocyte

EMA

Definition. Im Blutausstrich elliptisch geformte Erythrozyten.

441

Elution erythrozytärer Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Chloroquinelution; Säureelution; Etherelution; Wärmeelution

Englischer Begriff. Elution of antibodys from sensitized red cells Definition. Die Elution erythrozytärer Antikörper ist die gezielte Absprengung eines Antikörpers von seinem korrespondierenden Antigen. i Als Elution (lat. eluere = auswaschen) bezeichnet man hier die

Elliptozyt. Abb. 1. Elliptozyten mit ihrer typischen ovalen Zellform, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Elliptisch bis oval geformte Erythrozyten im Ausstrichpräparat des

peripheren Blutes werden als Elliptozyten bezeichnet. Unterschieden werden können dabei „normale“ Elliptozyten von den ovalozytischen Elliptozyten und den fischmaulartigen Formen bei der südostasiatischen Ovalozytose. Meist handelt es sich bei der Elliptozytose um eine harmlose, autosomal dominant vererbte Anomalie. Auch können Elliptozyten bei einer megaloblastären oder einer Eisenmangelanämie nachgewiesen werden. Die Überlebenszeit dieser Erythrozyten kann verkürzt sein mit der Folge einer sich ausbildenden Anämie.

Literatur. Dietzfelbinger H (1993) Hereditäre Elliptozytosen und verwandte Erkrankungen. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 259–265

ELM 7 European Laboratory Medicine

Eluent 7 Mobile Phase

Elution T. Arndt

Englischer Begriff. elution Definition. Elution (lat. eluere = auswaschen) bezeichnet in der

7 Chromatographie die Wanderung von Probenbestandteilen in (7 Dünnschichtchromatographie) oder das Herausspülen von Probenbestandteilen aus der 7 stationären Phase (Säulenchromatographie).

i In Abhängigkeit von den Wechselwirkungen der Probenbestand-

teile mit der stationären Phase erfolgt deren Elution zeitlich versetzt. Dies ist die Grundlage einer chromatographischen Trennung. Dabei eluieren Analyte mit starker Affinität zur stationären Phase später als jene mit keiner oder nur schwacher. In der Dünnschichtchromatographie liegen Komponenten mit schwacher Wechselwirkung mit der stationären Phase nach einer bestimmten Elutionszeit relativ weit, jene mit starker Wechselwirkung relativ nah vom Probenauftragungsort entfernt in der Dünnschichtplatte. In der Säulenchromatographie werden Komponenten mit schwacher Wechselwirkung mit der stationären Phase relativ zeitig von der Trennsäule eluiert und im Detektor detektiert, jene mit starker Wechselwirkung später.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Loslösung von Antikörpern aus ihrer Bindung mit dem Antigen. Im Rahmen blutgruppenserologischer Untersuchungen wird die Elution als Technik verwendet, um Antikörper, die an erythrozytären Antigenen angelagert sind, zu entfernen. Die Anlagerung von Antikörpern an Erythrozyten führt mit einigen Untersuchungsmethoden zu falschen Ergebnissen bei der 7 Blutgruppenbestimmung. Insofern sind in diesem Fall Elutionstechniken erforderlich, um analytisch richtige Ergebnisse bei der Bestimmung von Blutgruppenmerkmalen (Blutgruppenantigenen) zu erhalten. Die Elutionstechnik unterscheidet nach zwei unterschiedlichen diagnostischen Strategien. 1. Elution des Antikörpers von den Erythrozyten zum Nachweis der Spezifität des angelagerten Antikörpers (7 Antikörperdifferenzierung). Diese Elutionstechnik ist so angelegt, dass der Antikörper (Autoantikörper), der von den Erythrozyten entfernt (eluiert) wird, intakt erhalten bleiben soll. Dieser intakte Antikörper (Autoantikörper) kann anschließend mit den Standardverfahren der immunhämatologischen Diagnostik (7 Antihumanglobulintest, 7 Enzymtest) untersucht und spezifiziert werden. Verschiedene Elutionsverfahren stehen für dieses Ziel zur Verfügung (Etherelution, Wärmeelution, Säureelution). 2. Elution des Antikörpers zum Nachweis der Blutgruppenantigene der Erythrozyten. Diese Elutionstechnik ist so angelegt, dass die Erythrozyten vom Antikörper (Autoantikörper) befreit werden, ohne dass es zu einer Zerstörung der Erythrozyten kommt. Die Blutgruppenmerkmale (Blutgruppenantigene) bleiben bei dieser Elutionstechnik intakt und können mit den Standardverfahren der immunhämatologischen Diagnostik (Antihumanglobulintest) untersucht und spezifiziert werden. Darüber hinaus können diese, vom Antikörper (Autoantikörper) befreiten Erythrozyten bei dem Vorliegen von freien Autoantikörpern im Serum oder Plasma zur 7 Autoadsorption eingesetzt werden. Verschiedene Elutionsverfahren stehen für dieses Ziel zur Verfügung (Chloroquinelution, Wärmeelution, Säureelution).

Literatur. American Association of Blood Banks (1999) Technical Manual 13th edition, S. Karger, Basel Salama A, Mueller-Eckhardt C (1996) Nachweis von erythrozytären Antigenen und Antikörpern. In: Mueller-Eckhardt C (Hrsg) Transfusionsmedizin, 2. Aufl., Springer, Berlin Heidelberg New York, S 587– 596 Salama A, Mueller-Eckhardt C (1993) Immunhämolytische Anämien. In: Begermann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie, Georg Thieme Stuttgart New York, S. 313–336

Elution, isokratische 7 Mobile Phase

Elutionsmittel 7 Mobile Phase

Elutionszeit 7 Retentionszeit

EMA 7 Ethylmalonsäure

E

442

E-Mailserver

E-Mailserver

i

Definition. Computer mit entsprechender Software, der den Versand

5 Gentechnikrechtlicher Begriff; Die DNA kann experimentell auf viele verschiedene Wege in einen Organismus eingebracht werden. Insbesondere in der Gentherapie dienen speziell konzipierte Überträgervektoren (z. B. Adenoviren) der Übertragung von DNA. 5 Man spricht auch von einem Empfängerorganismus, wenn ein ganzes Organ oder Gewebe von einem Patienten (Donororganismus) auf den anderen übertragen wird (Transplatationsmedizin).

und Empfang von E-Mails regelt.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Si-

i Programmserver, der E-Mails automatisch verarbeitet und in

cherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

O. Colhoun

Synonym(e). Mailserver Englischer Begriff. Email Server

virtuelle Postfächer (Mailbox eines E-Mail-Accounts) verteilt. Spezielle Mailserver organisieren z. B. Mailinglisten oder automatisches Versenden von Dateien via E-Mail. Die Funktionalität eines E-Mailservers für den Versand von Befunden an bestimmte Empfänger ist Bestandteil eines modernen 7 Labor-EDV-Systems.

Embryonale Stammzellforschung 7 Embryonenforschung

Embryonenforschung R. Weiskirchen

Synonym(e). ES-Forschung; Embryonale Stammzellforschung

Empfindlichkeit eines Messsystems 7 Messempfindlichkeit

Empfindlichkeit, maximale analytische und praktische analytische W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. maximal analytical sensitivity; practical analytical sensitivity

Definition. Maß für die Empfindlichkeit einer qualitativen Untersuchung

Englischer Begriff. embryonic stem cell science

100

Definition. Experimentelle Arbeitsrichtung, bei der Zellen des unge-

90

i Die Embryonenforschung steht heute zunehmend in Verbindung

mit der Gewinnung von embryonalen Stammzellen (ES-Zellen), die potenziell zu allen Körperzellen ausdifferenzieren können. Diese werden 4–5 Tage nach der Befruchtung aus dem Embryo entnommen. Diese Methode schließt die Vernichtung des Embryos ein und ist daher ethisch umstritten. Der Umgang mit menschlichem Embryonen ist in dem Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz, EschG) geregelt. In diesem Gesetz, das am 1. Januar 1991 in Kraft trat, wurde u. a. festgelegt, dass bereits vom Kernverschmelzungszeitpunkt der befruchteten Eizelle an, diese als menschliches Lebewesen anzusehen ist. Zu den Bestimmungen des Gesetzes zählen ferner das Verbot des 7 Klonens eines Menschen, Eizellen mit einem anderen Ziel zu befruchten, als die Schwangerschaft einer Frau herbeizuführen und menschliche Erbinformationen künstlich zu verändern. Darüber hinaus droht das Gesetz bei Übertragung einer fremden, befruchteten Eizelle auf eine Frau, der Kreuzung zwischen Mensch und Tier sowie der Entnahme des Embryos aus dem Mutterleib vor dessen Einnistung in die Gebärmutter, dem Handel mit Embryonen, der Ersatzmutterschaft usw. mit Geld- oder Gefängnisstrafen.

Literatur. http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/eschg

Emissionsspektrometrie 7 Spektrometrie/Spektroskopie

Emissionsspektroskopie 7 Spektrometrie/Spektroskopie

EMIT 7 Enzyme multiplied immunoassay

Empfängerorganismus R. Weiskirchen

positive Ergebnisse (%)

borenen Lebens als Ausgangsmaterial dienen.

E90

80 70 60 50 40 30 20 10 0

E10 0

1

2 3 4 Konzentration (mg/L)

Empfindlichkeit, maximale analytische und praktische analytische. Abb. 1. i Zur Bestimmung der maximalen analytischen Empfindlichkeit

werden Aliquote zahlreicher Proben (z. B. 30 Urinproben von 30 verschiedenen Probanden) mit unterschiedlichen Mengen des Analyten aufgestockt. Die Konzentration, bei der 10 % der Aliquote (in diesem Beispiel: 3) einen positiven Befund ergeben, entspricht der maximalen analytischen Empfindlichkeit (E10). Die Konzentration, bei der 90 % der Aliquote (in diesem Beispiel: 27) einen positiven Befund liefern, wird als praktische analytische Empfindlichkeit bezeichnet (E90).

Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M, Hallbach J, Külpmann WR (1995) Qualitätskontrolle qualitativer Untersuchungen. In: Gibitz HJ, Schütz H (Hrsg) Einfache toxikologische Laboratoriumsuntersuchungen bei akuten Vergiftungen. VCH-Verlag, Weinheim, S 83–99

EMSA 7 Band shift;·7 Electrophoretic mobility shift assay

Synonym(e). Wirtsorganismus Definition. Individuum, dem fremde 7 Gene oder Organe eingeführt werden

5

ENA 7 Autoantikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene

Endokrine Disruptoren

Enantiomere W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. enantiomers; enantiomorphs (chiral) Definition. Moleküle, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. i Stereoisomere sind isomere Verbindungen, deren Atome in derselben Reihenfolge aneinander gebunden sind, die sich aber in deren räumlicher Anordnung unterscheiden (cis-trans-Isomere, Enantiomere, Diastereomere). Chirale Moleküle verfügen nicht über eine Symmetrieebene oder ein -zentrum (im Gegensatz zu achiralen Verbindungen). Typischerweise besitzen sie (mindestens) ein asymmetrisch substituiertes C-Atom, was aber keine zwingende Voraussetzung ist. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Ebene des linear polarisierten Lichtes drehen (optisch aktive Moleküle). Chirale Moleküle, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten (und nicht miteinander zur Deckung gebracht werden können wie rechte und linke Hand (griech.: cheir = Hand), sind Enantiomere z. B. D-Glukose und L-Glukose. Liegen sie zu gleichen Teilen im Gemisch vor, spricht man von Razemat, welches optisch inaktiv ist. Chirale Moleküle, die sich nicht wie Bild und Spiegelbild verhalten, werden als Diastereomere bezeichnet, z. B. D-Glukose und D-Galaktose oder α-D-Glukose und β-D-Glukose. Die Notation der chiralen Moleküle der Kohlenhydrate und Aminosäuren erfolgt nach wie vor meist gemäß den Regeln der Fischerprojektion (D und L), für andere Bereiche der Chemie wird die absolute Konfiguration nach den R-SSequenzregeln von Cahn, Ingold und Prelog angegeben.

Literatur. Vollhardt KPC (1990) Organische Chemie. VCH, Weinheim

Enden, klebrige; Enden, kohäsive 7 Sticky ends

Endoamylase 7 Amylase

Endocannabinoide A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. endocannabinoids Definition. Von der Arachidonsäure abgeleitete endogene Signalträgermoleküle, die über zwei im Zentralnervensystem und im peripheren Gewebe ubiquitär verbreitete Rezeptoren eine Vielzahl psychoaktiver und physiologischer Effekte auslösen. i Endogene Cannabinoide (EC) sind ubiquitäre Signalmoleküle

mit Lipidstruktur, die in der Lage sind, partiell die Wirkungen des Phytocannabinoids D9-Tetrahydrocannabinol (verantwortlich für die psychologischen Effekte von Marihuana) zu imitieren. EC sind involviert in eine Vielzahl wichtiger zentral-nervöser und peripherer physiologischer Effekte. Zu den EC gehören in erster Linie Anandamid (Arachidonylethanolamid) und 2-Arachidonylglyzerol, des Weiteren N-Arachidonyldopamin, Noladinether und Virodhamin. EC entstehen bei Bedarf durch enzymatische Abspaltung von membrangebundenen Lipidpräkursoren in einem Rezeptor-gesteuerten, Calcium-abhängigen Prozess in verschiedenen Zelltypen wie Neuronen, Nabelschnurendothelzellen, Neuroblastomzellen, Leukozyten, Monozyten und Makrophagen. Ihre Wirkung erfolgt über zwei Cannabinoid-Rezeptoren (CB1 und CB2), wobei CB1 dicht verteilt im Hirn, aber auch im peripheren Gewebe wie Gefäßendothelzellen, glatten Muskelzellen, Darm und perivaskulären Nerven lokalisiert ist. CB2 sind primär im Immunsystem, Reproduktions- und Gastrointestinaltrakt, in Lunge, Herz und Arterien lokalisiert. Ein Teil der EC-Wirkungen wird auch über Vanilloid-Rezeptoren vermittelt. Die CB-Rezeptoren sind gekoppelt an G-Proteine und wirken über Adenylatcyclase und Calciumkanäle. Das breite Spektrum physiologischer Wirkungen erstreckt sich von psychoaktiven, analgetischen, antiemetischen Wirkungen über Stimulation des Appetits und Verbesserung der Gemütslage bis hin zu Muskelrelaxation, Immunsuppression,

443

antiallergischen und antiinflammatorischen Effekten, Senkung des intraokularen Druckes, Bronchodilatation, neuroprotektiven und antineoplastischen Effekten. Die Breite physiologischer und psychologischer Wirkungen hat dazu geführt, pharmakologische Agonisten und Antagonisten des Endocannabinoidsystems zu entwickeln und gezielt (z. B. in der Schmerzbekämpfung) einzusetzen.

Literatur. Grotenhermen F (2005) Cannabinoids. Curr Drug Targets CNS Neurol Disord 4:507–530

Endo-β-D-glukuronidase 7 Heparanase

Endogene Kreatinin-Clearance 7 Kreatinin-Clearance

Endogenes Pyrogen (IL-1α) 7 Interleukin-1

Endogenes Thrombinbildungspotenzial P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). ETP Englischer Begriff. endogenous thrombin potential (ETP) Definition. ETP ist die Menge an Thrombin, die gebildet werden kann, nachdem die Gerinnung durch Zugabe von 7 Tissue Factor (TF) und Phospholipiden gestartet wird. Der Test basiert auf der Vorstellung, dass die Gesamtmenge an Thrombin, die gebildet werden kann, letztlich die Balance zwischen den prokoagulatorischen und antikoagulatorischen Substanzen repräsentiert.

i ETP wird bestimmt, um Aussagen über einen hyper- oder hypokoagulatorischen Status der Gerinnung eines Patienten zu machen. In der jetzigen Ausführung wird die Gerinnung der Probe durch Zusatz von einem Aktivator (TF, Calcium, Phospholipide) in Gegenwart eines fluorogenen Thrombinsubstrats (Z-Gly-Gly-Arg-AMC) gestartet. Das gewählte Thrombinsubstrat wird nur langsam umgesetzt und bindet nicht zu stark an 7Thrombin, dadurch wird der Gerinnungsprozess nicht beeinträchtigt und der Substratumsatz ist proporzional der Konzentration des sich bildenden Thrombins. Am Ende der Reaktion ist das ganze Thrombin an 7α2-Makroglobulin gebunden. Im Komplex ist Thrombin physiologischerweise inaktiv (7Fibrinogen als Substrat), kann jedoch noch Peptidsubstrate spalten. Mit einer speziellen Software (ThrombinoscopeTM) von der Hemker-Gruppe entwickelt, lässt sich die ETP durch Subtraktion des freien Thrombins vom komplexierten Thrombin berechnen. Die Verwendung eines fluorogenen statt chromogenen Substrats erlaubt die kontinuierliche Aufzeichnung des Signals, ohne dass Fibrinogen aus der Probe entfernt werden muss, weil das Fluoreszenzsignal durch die optische Trübung bedingt durch die Fibrinbildung nicht gestört wird. Der Nachteil der ETP besteht darin, dass der Test durch TF- und PL-Zusatz unempfindlich ist für (patho)physiologische Aktivatoren der Thrombingenerierung.

Literatur. Chantarangkul V, Clerich M, Bressi C et al (2003) Thrombin Generation Assessed as Endogenous Thrombin Potential in Patients with Hyper- or Hypo-Coagulability. Haematologica 88:547–553 Hemker HC, Giesen Pl, Ramjee M, Wagenvoord R, Beguin S (2000) The Thrombogram: Monitoring Thrombin Generation in PlateletRich Plasma. Thromb Haemost 83:589–591

Endoamylase 7 fms-like tyrosine kinase 1, lösliche; 7 TGF-β

Endokrine Disruptoren W. Hubl

Synonym(e). Endokrin wirksame Substanzen; Umwelthormone

E

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Endokrin wirksame Substanzen

Englischer Begriff. endocrine-disrupting chemicals; EDC; endocrine disruptor

Definition. Endokrine Disruptoren sind endokrin wirksame Substanzen, die vorwiegend über das Abwasser in die Umwelt gelangen, infolge dessen als künstliche Hormone wirken können und Schäden für die Tierwelt und möglicherwiese auch für die Menschen verursachen können. i Endokrine Disruptoren beeinflussen den Hormonhaushalt, in-

dem sie an Hormonrezeptoren andocken und dort die Wirkung von Hormonen imitieren oder den Rezeptor blockieren. Andererseits können sie Synthese, Transport oder Metabolismus von Hormonen beeinflussen. Es sind bisher mehr als 50 endokrine Disruptoren in der Umwelt, insbesondere in Abwässern, nachgewiesen worden: 5 Im Vordergrund stehen dabei zurzeit die 7 Estrogene, die in Europa in Abwässern aus Wohngebieten (Ethinylestradiol z. B. aus Kontrazeptiva) und Industrieanlagen in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen wurden. Besonders betroffen sind dabei im Wasser lebende Tiere, z. B. mit einer Verschlechterung der Spermienqualität von Regenbogenforellen, einem Rückgang der OstseeRobbenpopulation, einem Rückgang von Froschpopulationen. Bei Menschen wird eine Auswirkung während der Frühentwicklung (z. B. in der Gebärmutter während der Kindheit) diskutiert, während bei Erwachsenen bisher keine sichtbaren Wirkungen nachgewiesen werden konnten. 5 Moschusverbindungen aus Duftstoffen können das Erbgut verändern oder Estrogene hemmen. 5 Für das Insektizid DDT ist eine Beeinflussung des Progesterons beobachtet worden. 5 Besondere UV-Filter in Sonnenschutzmitteln können estrogene Wirkungen zeigen. Im Allgemeinen handelt es sich bei diesen endokrinen Disruptoren, von einigen verseuchten Gewässern abgesehen, um niedrige Konzentrationen. Hieraus leiten sich die wesentlichen Diskussionen ab, ob diese niedrigen Belastungen negative Auswirkungen auf den Menschen haben können. Für hohe Konzentrationen dieser endokrinen Disruptoren sind Gefährdungen der Menschen jedoch bewiesen.

Literatur. Gore AC (2007) Endocrine-Disrupting Chemicals: From Basic Research to Clinical Practice (Contemporary Endocrinology/ Humana Press), Springer-Verlag GmbH

Endokrin wirksame Substanzen 7 Endokrine Disruptoren

Endomysium-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase

Sequenzierung, der 7 Gendiagnostik (7 Mutationsanalyse), zur Entfernung von RNA in der 7 cDNA-Synthese (RNAse H), zur Restriktionskartierung (Restriktionsenzyme) und zur Erstellung bestimmter 7 Restriktionsfragmente (z. B. bei der Klonierung).

Endothel-Protein-C-Rezeptor P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). EPCR Englischer Begriff. endothelial protein C receptor; soluble endothelial protein C receptor

Definition. Der Endothel-Protein-C-Rezeptor bindet 7 Protein C und aktiviertes Protein C. Durch die Bindung von Protein C an den membranständigen EPCR wird seine Aktivierung durch das 7 Thrombin/Thombomodulin-System deutlich verstärkt. i EPCR bestehend aus 238 Aminosäuren mit einer Molmasse von

27 kDa, ist ein N-glykosyliertes Typ-I-Membranprotein und wird vor allem auf Endothelzellen der Arterien und Venen des Herzens und der Lunge exprimiert. Das Gen, das den EPCR kodiert, liegt auf dem langen Arm des Chromosoms 20 (20q11). EPCR lokalisiert Protein C auf Endothelzellen und verstärkt die Aktivierung von Protein C durch Thrombin dadurch, dass er Protein C in direkten Kontakt mit dem 7 Thrombomodulin-Thrombin-Komplex bringt. Da EPCR eine wichtige Rolle in der Aktivierung von Protein C einnimmt, steht zu vermuten, dass Mutationen des Rezeptors das Thromboserisiko erhöhen. Eine 23-bp Insertionsmutation wurde kürzlich beschrieben, die bei 1,5 % der Patienten mit einer tiefen Venenthrombose gefunden wurde und die in einem mutanten EPC Rezeptor resultiert, der nicht mehr sekretiert wird und nicht Protein C bindet. Kürzlich wurde auch eine lösliche Form des EPCR (sEPCR) im Plasma gefunden. In-vitro-Studien legen nahe, dass diese Form durch die Aktivität von Metalloproteinasen ensteht und diese Aktivität durch Thrombin und inflammatorische Mediatoren reguliert wird. Zur Bestimmung des sEPCR steht ein kommerziell verfügbares ELISA-Kit zur Verfügung.

Literatur. Kottke-Marchant K, Comp P (2002) Laboratory Issues in Diagnosing Abnormalities of Protein C, Thrombomodulin, and Endothelial Cell Protein C Receptor. Arch Pathol Lab Med 126:1337– 1348 Sturn DH, Kaneider NC, Feistritzer C et al (2003) Expression and Function of the Endothelial Protein C Receptor in Human. Neutrophils Blood 102:1499–1505

Endotoxin R. Weiskirchen

Synonym(e). Lipopolysaccharid; LPS Englischer Begriff. endotoxin

Endonukleasen R. Weiskirchen

Synonym(e). Nukleasen; Nukleinsäure-schneidende Phosphodiesterasen

Definition. Sammelbezeichnung für von gramnegativen Bakterien produzierte, thermostabile Giftstoffe, die aus Lipid- und Polysaccharidanteilen bestehen und im Gegensatz zu Ektotoxinen nicht aus den Bakterien ausgeschleust werden, sondern in den Zellen verbleiben und erst nach deren Tod freigesetzt werden.

Englischer Begriff. nucleases

i Der Begriff Endotoxin wurde im Jahr 1904 von Richard Pfeiffer

Definition. Hydrolytisch wirksame Enzyme, die die Umwandlung

geprägt, der in Versuchen an Meerschweinchen neben dem hitzelabilen Exotoxin von Cholerabakterien ein hitzestabiles Prinzip nachweisen konnte, das beim Absterben der Bakterien freigesetzt wurde. Biochemisch besteht ein Endotoxin aus einem Lipopolysaccharid (LPS), das sich aus einer hydrophoben Komponente (Lipid A), einem Core-Oligosaccharid und O-Polysaccharidketten zusammensetzt, von denen es allein über 150 verschiedene speziesspezifische Varianten gibt. Endotoxine können bei Menschen und Versuchstieren Fieber, Leukopenie, Entzündungen sowie Aktivierung der Blutgerinnung und des 7 Komplement- und Immunsystems hervorrufen. Hohe Endotoxinkonzentrationen können zum irreversiblen Endotoxinschock führen. Endotoxine, die über die Atemluft in die Bronchiolen und Alveolen

von Nukleinsäuren in freie Mono- oder Oligonukleotide katalysieren i Die Einteilung der Nukleasen erfolgt nach ihrem Substrat- [Des-

oxyribonukleasen (DNAsen), Ribonukleasen (RNAsen)] und ihrer Schnittspezifität (Endonukleasen spalten im Innern einer Nukleinsäure, Exonukleasen spalten vom 5’- oder 3’-Ende einer Nukleinsäure). Manche Nukleasen schneiden unspezifisch DNA und RNA (z. B. S1-Endonuklease aus Aspergillus oryzae). Viele Nukleasen schneiden sequenzunspezifisch, andere jedoch benötigen spezifische Erkennungssequenzen (z. B. Restriktionsendonukleasen). Nukleasen werden in der 7 Molekularbiologie verwendet u. a. zu präparativen Zwecken (z. B. Entfernung von DNA und/oder RNA), bei der RNA-

Enteroglukagon

gelangen, werden zunächst von einem LPS-Bindeprotein (LBP) gebunden und von Makrophagen, die auf ihrer Oberfläche den sog. CD14-Rezeptor tragen, phagozytiert. CD14 kommt neben seiner membrangebundenen auch in löslicher Form in der Alveolarflüssigkeit vor. Damit es zu einer effektiven Aufnahme des Endotoxins in die Zelle und damit zur Aktivierung kommt, sind spezielle Rezeptoren notwendig, die als Toll-like-Rezeptoren bezeichnet werden. Im Rahmen dieser Prozesse wirkt das Endotoxin als Mitogen auf B-Zellen, vermittelt die Aktivierung von Makrophagen und aktiviert das Komplement. Es dient als physiologischer Stimulus für eine Reihe inflammatorischer 7 Zytokine (insbes. 7 Tumornekrosefaktor-α, 7 Interleukin-8 und 7 Interleukin-6) und aktiviert spezifische Transkriptionsfaktoren (z. B. NFκB). Endotoxine werden heute als wesentliche pathogenetische Agenzien bei der gramnegativen Sepsis angesehen. Es konnte gezeigt werden, dass durch Einsatz von humanen monoklonalen IgM-Anti-Endotoxinantikörpern (HA-1A) eine Letalitätssenkung erreicht werden kann. Zur Bestimmung von Endotoxinen können der Kaninchen-Pyrogentest und der Amöbozyten-Lysat-Test (LAL-Test) eingesetzt werden. Bei dem Kaninchen-Pyrogentest wird die zu testende Substanz injiziert und die resultierenden Schädigungen aufgenommen. Der LAL-Test ist sensitiver und erlaubt quantitative Aussagen. In dem Test macht man sich die Tatsache zu Nutze, dass die Hämolymphe des Pfeilschwanzkrebses (Limulus polyphemus) in der Gegenwart von Endotoxin koaguliert. Als Vergleich dient ein chemisch reines StandardLipopolysaccharid.

Literatur. Ibelgaufts H (1992) Lexikon Zytokine. Medikon Verlag, München

Endpunkt, theoretischer 7 Äquivalenzpunkt; 7 Titration

Engvall, Eva A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Eva Engvall graduierte als Ph. D. 1975 an der Universität Stockholm.

Verdienste. Während ihrer Ph.D.-Arbeit in der Abteilung Prof. Peter Perlmanns erarbeitete sie gemeinsam mit ihm die Methode des „7 enzyme-linked immunosorbent assay“ (ELISA), die 1971 publiziert wurde. Basierend auf dem Konzept des 7 Radioimmunoassays, im Jahr 1960 von Rosalyn Yalow und Solomon Berson beschrieben, verwendet der ELISA anstelle eines radioaktiven Reporterlabels Enzyme (vorzugsweise solche mit hohen Umsatzraten wie MeerrettichPeroxidase, 7 Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase, 7 alkalische Phosphatase), die mit Glutaraldehyd an entsprechende Antikörper gekoppelt sind. Zeitgleich entwickelten Bauke van Weemen und Anton Schuurs im Forschungslaboratorium von NV Organon, Oss, in den Niederlanden die als EIA bekannte Technik des 7 Enzymimmunoassays, die ebenfalls 1971 veröffentlicht wurde. Diese Techniken bildeten die Grundlage für weitere Varianten, die aufgrund ihrer Vielseitigkeit, ihrer im Vergleich zum Radioimmunoassay völligen Unbedenklichkeit der Anwendung, der hohen Mechanisierbarkeit und der Stabilität des Reporterlabels eine universelle Verbreitung erfahren haben. Eva Engvall ging im Jahr 1979 an das Sanford-Burnham Medical Research Institute und war von 1994–1996 daneben Vorsitzende der Abteilung für Entwicklungsbiologie an der Universität Stockholm. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen u. a. von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie, der US Clinical Ligand Assay Society sowie 1995 von der Ed und Mary Shea Family Foundation. Im Jahr 1994 wurde ihr die Ehrendoktorwürde der Universität Kopenhagen verliehen. Sie ist heute Professorin für Oncodevelopmental Biology am Sanford-Burnham Institute, La Jolla, CA, USA.

Literatur. Engvall E, Perlmann P (1971) Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA). Quantitative assay of immunoglobulin G. Immunochemistry 8:871–874 van Weemen BK, Schuurs AHWM (1971) Immunoassay using antigen-enzyme conjugates. FEBS Letts 15:232–236

445

Enhancer R. Weiskirchen

Synonym(e). Verstärker Definition. Eine DNA-Kontrollsequenz, in deren Gegenwart die 7 Transkription von DNA in RNA um ein Vielfaches gesteigert wird

i Diese Sequenzen sind etwa 70–80 bp lang und kommen u. a. in viralen DNA-Molekülen vor. Die Position des Enhancers zu dem vom ihm kontrollierten 7 Gen, scheint nahezu beliebig zu sein. Die Sequenz kann sowohl vor dem Gen, innerhalb des Gens oder nach dem Gen auftreten, doch liegt sie stets auf dem gleichen DNA-Molekül (sog. cis-Stellung).

γ-Enolase 7 Neuronenspezifische Enolase

γ-Enolase, Liquor 7 Liquor-Neuronen-spezifische Enolase (NSE)

EN-Standards W.G. Guder

Synonym(e). Europäische Norm Englischer Begriff. European Standard (EN) Definition. Vom Europäischen Komitee für Normung (CEN), Brüssel, herausgegebene Norm (Standard). i Seit Gründung der Europäischen Union wurden zunächst auf

fachlicher Ebene durch das European Commitee for Clinical Laboratory Standards (ECCLS), dann durch das European Committee for Standardization (CEN) Standards für technische und prozedurale Details der laboratoriumsmedizinischen Tätigkeit erarbeitet und publiziert, die teilweise parallel oder gemeinsam mit amerikanischen (CLSI) und internationalen Standards (ISO) publiziert wurden. Sie beziehen sich auf Begriffe, Materialien und Prozeduren im Rahmen der Klinischen Chemie, Mikrobiologie und Laboratoriumsmedizin. Folgende EN-Standards wurden aus ISO (7 International Organization of Standardization) und in DIN übernommen: 7 DIN EN ISO 15189, 7 DIN EN ISO 9001, 7 DIN EN ISO 17025; s. a. Literatur. EN-Standards haben in den Ländern der EU Gesetzescharakter.

Literatur. EN 828 (1996) In Vitro Diagnostic Systems. Transport Packages for Medical and Biological Specimens. Requirements, Tests. European Committee for Standardization (CEN) EN/DIN 14136 (2004) Verwendung externer Qualitätssicherungsprogramme bei der Bewertung der Durchführung von Untersuchungsverfahren in der In-vitro-Diagnostik. European Committee for Standardization (CEN) EN/ISO/DIN 6710 (2002) Single-use containers for human venous blood specimen collection. European Committee for Standardization, Brussels (CEN)

Entactin 7 Nidogen (1-2)

Enteiweißung 7 Proteinfällung

Enterogastron 7 Gastrointestinales Peptid

Enteroglukagon R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. enteroglucagon

E

446

Enterokinase

Definition. Der Begriff Enteroglukagon umfasst die zwei Glukagonähnlichen Peptide Glicentin und Oxyntomodulin, die die Aminosäuresequenz von 7 Glukagon sowie zusätzliche Aminosäuresequenzen enthalten und die in den L-Zellen des distalen Dünndarms und der Kolonmukosa aus Proglukagon zusammen mit 7 Glukagon-likePeptiden (GLP) GLP-1 und GLP-2 freigesetzt werden. i Das überwiegend gebildete Glicentin kann wegen der N-termi-

nalen Sequenzverlängerung nicht an den Glukagonrezeptor binden und besitzt daher keine Glukagon-ähnliche Bioaktivität. Oxyntomodulin kann zwar an den Glukagonrezeptor binden, besitzt allerdings im Vergleich mit Glukagon nur 1/50 der Affinität. Außerdem findet es sich im Plasma normalerweise nur in sehr geringer Konzentration. Eine Glukagon-ähnliche Wirkung in vivo ist daher unwahrscheinlich. Gegenwärtig werden Enteroglukagone eher als Nebenprodukt bei der Bildung von GLP-1 und GLP-2 gewertet.

Literatur. Holst JJ (2000) Gut Hormones as Pharmaceuticals. From Enteroglucagon to GLP-1 and GLP-2. Regul Peptides 93:45–51

Enterokinase 7 Enteropeptidase

Enteropeptidase R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Enterokinase

nachgewiesen und korrelieren invers mit BMI (body mass index) und Glukosekonzentration. Verminderung von UCP2 begünstigt die Insulinsekretion und erhöht die Resistenz gegen mikrobielle Infektionen. Ein Schutz gegen Karzinome wird diskutiert. UCP3 mRNA ist im Skelettmuskel von Diabetespatienten parallel zur Glukoseverwertung reduziert, wodurch es zur Insulinresistenz beitragen könnte. Der VV-Genotyp des Ala55ValPolymorphismus von UCP2 ist ebenso wie der Leu229-Polymorphismus von UCP1 mit dem Risiko eines Typ-2-Diabetes assoziiert.

Literatur. Lee P, Greenfield JR, Ho KKY, Fulham MJ (2010) A critical appraisal of the prevalence and metabolic significance of brown adipose tissue in adult humans. Am J Physiol Endocrinol Metab 299:E601–E606 MacLellan JD, Gerrits MF, Gowing A et al (2005) Physiological increase in uncoupling protein 3 augment fatty acid oxidation and decrease reactive oxygen species production without uncoupling respiration in muscle cells. Diabetes 54:2343–2350 Saleh MC, Wheeler MB, Chan CB (2002) Uncoupling protein 2:evidence for its function as a metabolic regulator. Diabetologia 45:174– 187 Yu X, Jacobs DR, Schreiner PJ et al (2005) The uncoupling protein 2 Ala55Val polymorphism is associated with diabetes mellitus: The CARDIA Study. Clin Chem 51:1451–1456

Entscheidungsgrenze T. Arndt

Englischer Begriff. enteropeptidase

Synonym(e). Entscheidungskriterium

Definition. Enteropeptidase (EC 3.4.21.9) ist eine Serinproteinase der

Englischer Begriff. decision limit; cut-off

intestinalen Bürstensaummembran, die 7 Trypsinogen proteolytisch zu 7 Trypsin aktiviert.

i Enteropeptidase ist eine heterodimere Serinproteinase, die in den

Enterozyten des Duodenums und des proximalen Jejunums exprimiert wird und in der Bürstensaummembran lokalisiert ist. Enteropeptidase aktiviert spezifisch Trypsinogen zu Trypsin durch Abspaltung eines N-terminalen Aktivierungspeptids. Durch die Aktivierung von Trypsin ist Enteropeptidase essenziell für die Aktivierung von 7 Zymogenen – inaktive Vorstufen von Proteinasen, Peptidasen und Phospholipase A2 – des Pankreas. Hereditärer Mangel an Enteropeptidase führt zu schwerer Malabsorption mit Diarrhoe, Erbrechen und Wachstumsretardierung.

Literatur. Lu D, Sadler JE (1998) Enteropeptidase. In: Barrett AJ, Rawlings ND, Woessner JFJ (eds) Handbook of Proteolytic Enzymes. Academic Press, London, pp 50–54

Entkopplungsproteine H. Fiedler

Synonym(e). Thermogenin (für UCP1) Englischer Begriff. Uncoupling proteins; UCP Definition. Zur Familie der Entkopplungsproteine zählen mindestens 5 Proteine (~33 kDa), denen eine Entkopplung der durch Oxidation gewonnenen Energie von der Speicherung in Form von ATP möglich ist, d. h. sie entkoppeln die oxidative Phosphorylierung und steigern die unmittelbare Thermogenese ohne Muskelaktivität. Allerdings ist dies nur für UCP1 im Sympathikus-stimulierten braunen Fettgewebe eindeutig nachgewiesen, während UCP2/3 wahrscheinlich größere Bedeutung für die Beseitigung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) (7 Stress, oxidativer) haben. i UCP1 hat die Struktur eines Adeninnukleotid-Carriers, befindet

sich in der inneren Mitochondrienmembran der braunen Fettzellen und bildet einen Protonen-Channel. Die Entkopplung tritt nur ein, wenn UCP1 durch Noradrenalin oder Fettsäuren stimuliert wird. Die Thermogenese ist bei Nagetieren und Winterschläfern ausgeprägt. UCP1 und braunes Fettgewebe wurden beim Menschen nicht nur in der Neugeborenenphase, sondern auch bei den meisten Erwachsenen

Definition. Legt fest, bis zu welchem Messergebnis ein normaler oder negativer Befund und ab welchem ein abnormaler oder positiver Befund vorliegt. i Die Entscheidungsgrenze kann die untere oder obere Grenze des

Referenz- oder Graubereichs sein und ist damit für die Entscheidung, ob eine Erkrankung vorliegt oder nicht von Bedeutung. Der Begriff wird auch häufig im Zusammenhang mit toxikologischen Untersuchungen benutzt, bei denen anhand der Entscheidungsgrenze (7 Cut-off-Wert), d. h. einer definierten Grenzkonzentration eines Analyten über den positiven oder negativen Nachweis z. B. einer Droge entschieden wird. Um eine maximale forensische Sicherheit zu erlangen, wird die Entscheidungsgrenze gewöhnlich höher als die Nachweisgrenze des Analysenverfahrens angesetzt, d. h. trotz sicheren Nachweises von Drogenspuren (deutlich über der Nachweisgrenze) kann der Endbefund negativ (nicht nachweisbar) ausfallen, wenn die ermittelte Drogenkonzentration zwischen Nachweisgrenze und Entscheidungsgrenze (also unterhalb dieser) liegt.

Literatur. Büttner J, Stamm D (1995) Ärtzliche Verwendung von klinisch-chemischen Befunden. In: Greiling H, Gressner M (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. Schattauer Verlag, Stuttgart New York Külpmann WR (Hrsg) (2002) Klinisch-toxikologische Analytik. Wiley-VCH, Weinheim

Entscheidungskriterium 7 Entscheidungsgrenze

Entscheidungstafel W.-R. Külpmann

Synonym(e). 4-Felder-Tafel (für Befundvalidierung) Englischer Begriff. 4-box table Definition. Darstellung der negativen und positiven Befunde, die für eine Messgröße bei Stichproben aus Teilgesamtheiten für Merkmalsträger bzw. Nichtmerkmalsträger gefunden wurden (7 Tab. 1, 7 Tab. 2).

Enzymaktivität

Entscheidungstafel. Tab. 1 Prinzip der 4-Feldertafel Anzahl der Personen mit einem bestimmten Zustand

Anzahl der positiven Befunde (BP)

Anzahl der negativen Befunde (BN)

NV

NRP

NFN

NA

NFP

NRN

NV Anzahl der Personen mit diesem Zustand; NA Anzahl der Personen ohne diesen Zustand; NRP Anzahl der richtig-positiven Befunde; NFP Anzahl der falsch-positiven Befunde; NFN Anzahl der falsch-negativen Befunde; NRN Anzahl der richtig-negativen Befunde

Entscheidungstafel. Tab. 2 Beispiel einer 4-Feldertafel Anzahl positiver Befunde

Anzahl negativer Befunde

Merkmalsträger („Kranker“)

9500

500

Nichtmerkmalsträger („Gesunder“)

4500

85500

Die 4-Feldertafel ist die Grundlage zur Berechnung von diagnostischer Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) und Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) (s. Formeln mit Beispielrechnung).

Diagnostische Spezifität:

85500 = 0,95 85500 + 4500

Diagnostische Sensitivität:

9500 = 0,95 9500 + 500

Literatur. Entscheidungsgrenzen DIN 58958 (2003). Beuth-Verlag, Berlin

Entsorgungsbox für Nadeln und andere scharfe und infektiöse Gegenstände 7 Sicherheitsbehälter

Entzündungsmarker 7 Sepsiskenngrößen

Enzym T. Arndt

Synonym(e). Ferment; Biokatalysator Englischer Begriff. enzyme; biocatalysator Definition. Bezeichnung für eine umfangreiche Gruppe von katalytisch wirksamen Proteinen, die durch Herabsetzung der Aktivierungsenergie die Reaktionsgeschwindigkeit von chemischen Reaktionen beschleunigen und damit den Stoffumsatz erhöhen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. i Enzyme sind gewöhnlich Proteine (seltener Glykoproteine) mit

einer relativen Molmasse zwischen etwa 10 und 200, aber auch bis 4000 kDa (Multienzymkomplexe wie Pyruvatdehydrogenase), die die Hin- und Rückreaktion eines Reaktionsgleichgewichtes katalysieren. Sie enthalten ein oder mehrere sog. aktive Zentren, die für die katalytische Aktivität und Spezifität verantwortlich sind. Sog. prosthetische Grupen, z. B. Metallionen oder Vitamine, werden oft für die Ausbildung der vollen katalytischen Aktivität benötigt. Enzyme werden nach verschiedenen Charakteristika kategorisiert. Man unterscheidet z. B. nach ihrer Lokalisation zytosolische/membranständige/mitochondriale, zelluläre/extrazelluläre oder hepatische/nichthepatische

447

Enzyme. Zu Biochemie, Nomenklatur und Klassifikation s. Lehrbücher der Biochemie. Enzyme sind an nahezu allen Prozessen des lebenden Organismus beteiligt. Von diagnostischer Bedeutung ist ihr Erscheinen oder Verschwinden aus Körpermaterial, in dem sie unter physiologischen Bedingungen gar nicht oder nur in geringer bzw. in hoher Konzentration vorkommen. So führt die Schädigung von Hepatozyten zum Austritt von zellulären Enzymen (z. B. 7 Alanin-Aminotransferase (ALT), 7 Aspartat-Aminotransferase (AST)) in den Blutkreislauf und dort in Abhängigkeit vom Ausmaß der Schädigung zu einem messbaren Enzymaktivitätsanstieg. Andererseits führt die chronische Schädigung von Pankreaszellen zum Untergang dieser Zellen und damit zur Abnahme z. B. der 7 Pankreas-Elastase-Konzentration im Stuhl. Enzymaktivitätsmessungen stellen einen beachtlichen Teil der im klinisch-chemischen Labor durchgeführten Analysen dar. Die diagnostische Aussagekraft von Enzymaktivitätsmessungen kann erhöht werden durch: 5 Bestimmung von 7 Enzymaktivitäten organspezifischer Enzyme (z. B. 7 Lipase oder 7 Pankreas-Amylase für das Pankreas) oder zwar ubiquitär vorkommender, aber in bestimmten Organen in besonders hoher Aktivität vorliegender Enzyme (z. B. ALT für die Leber). Dadurch kann das von der Zellschädigung betroffene Organ oder Organsystem erkannt werden. 5 Interpretation des Ausmaßes des Aktivitätsanstiegs oder -abfalls im Vergleich zum Referenzbereich Gesunder. Hierdurch kann auf das Ausmaß der Organschädigung geschlossen werden. 5 Quotientenbildung von Enzymaktivitäten z. B. zytosolischer und mitochondrialer Enzyme. Sie erlaubt die Abschätzung der Schwere der Schädigung einzelner Zellen. Hohe Aktivitäten mitochondrialer Enzyme zeigen einen schweren, irreversiblen Zellschaden an. 5 Gemeinsame Beurteilung der Enzymaktivitäten mehrerer Enzyme oder von 7 Isoenzymen. Hierdurch kann z. B. die Organspezifität erhöht werden. 5 Beobachtung des Verlaufs der Enzymaktivitäten unter der Therapie. Eine Normalisierung der Enzymaktivität zeigt gewöhnlich eine Ausheilung an.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Enzymaktivität T. Arndt

Synonym(e). Aktivität eines Enzyms Englischer Begriff. enzyme activity Definition. Die Enzymaktivität wird gewöhnlich in internationalen Einheiten (IU) angegeben. Eine IU bezeichnet diejenige Enzymaktivität, die den Umsatz von 1 μmol Substrat pro Minute unter Standardbedingungen (pH, Substratsättigung, Temperatur) katalysiert. Die Konzentrationsangabe der Enzymaktivität wird als katalytische Enzymkonzentration bezeichnet. i Nach 7 IUPAC ist die Enzymaktivität in 7 Katal (kat) anzugeben. Dabei entspricht der Umsatz von 1 mol Substrat/s = 1 kat. Bis jetzt hat sich diese Definition in der (klinisch-chemischen) Praxis jedoch nicht durchgesetzt. In biologischen Proben sind im Allgemeinen so geringe Enzymkonzentrationen vorhanden, dass sie sich der Bestimmung durch physikochemische Methoden entziehen. Die Bestimmung der katalytischen Aktivität von Enzymen ist dagegen oft ohne großen Aufwand, schnell, empfindlich und spezifisch möglich. Besitzen Substrat oder Reaktionsprodukt eine spezifische Absorptionswellenlänge, kann aus der Extinktionsänderung des Reaktionsansatzes der durch das Enzym katalysierte Umsatz an Substrat pro Zeiteinheit berechnet und der Enzymaktivität zugeordnet werden. Dieses von Otto Warburg (7 Warburg, Otto Heinrich) in die biochemische Analytik eingeführte Prinzip wird insbesondere zur Aktivitätsmessung NAD+- oder NADP+-abhängiger Enzyme eingesetzt (optisch-enzymatischer Test nach Warburg, s. Lehrbücher der Biochemie). Auch die Aktivität von Enzymen, die nicht NAD+- oder NADP+-abhängig sind, kann mit Hilfe des optischen Tests bestimmt werden. Hierzu ist die Kopplung

E

448

Enzyme-linked Immunosorbentassay

der eigentlichen enzymatisch katalysierten Reaktion mit einer NAD+oder NADP+-abhängigen Indikatorreaktion erforderlich. Man spricht dann vom gekoppelten optisch-enzymatischen Test (nach Warburg). Bei der Messung von Enzymaktivitäten ist zwischen kontinuierlichen (kinetischen), diskontinuierlichen (meist Zweipunktmethoden) und Endpunktverfahren (Endpunktmethoden) zu unterscheiden. Unter den kinetischen Verfahren spielen die o.g. optischen Tests die größte Rolle. Hier wird in einem bestimmten Zeitabschnitt die durch Bildung oder Verbrauch von NADH oder NADPH eintretende Extinktionsänderung (7 Lambert-Beer-Gesetz) der Reaktionslösung kontinuierlich oder in bestimmten Zeitabständen registriert. Bei diskontinuierlichen Verfahren wird die Konzentration an Substrat oder Produkt im Testansatz oder die Extinktion der Reaktionslösung vor und nach einer definierten Inkubationszeit bestimmt. Da hier zumeist zwei Messpunkte registriert werden, spricht man auch von Zweipunktverfahren. Einige enzymatische Reaktionen (z. B. Gerinnungsreaktionen) lassen sich nur erfassen, indem man die Zeit vom Reaktionsstart bis zum vollständigen Ablauf der Reaktion, d. h. der Gleichgewichtseinstellung misst. Als Sonderfall hierzu sei das Auftreten eines Gerinnsels in Gerinnungsuntersuchungen erwähnt. Man bezeichnet diese Verfahren als Endpunktverfahren. Zu Einzelheiten s. Lehrbücher der Biochemie. Enzymaktivitätsbestimmungen stellen einen erheblichen Anteil der in einem klinisch-chemischen Labor durchgeführten Untersuchungen dar. Darüber hinaus werden Enzyme in vielen Analyseverfahren z. B. zur Konzentrationsbestimmung von Stoffwechselprodukten wie 7 Cholesterin, 7 Glukose, 7 Harnstoff etc. eingesetzt.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (1997) Biochemie und Pathobiochemie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Enzyme-linked Immunosorbentassay G. Töpfer

Synonym(e). ELISA Englischer Begriff. enzyme linked immuno sorbent assay Definition. Von Engvall (7 Engvall, Eva) und Perlman (s. Lit.) wird unter ELISA ein Sandwich-Enzym-Immunoassay verstanden. In neuerer Zeit wird der kompetitive Enzymimmunoassay mit enzymmarkierten und unmarkierten Immunkomplexen an der festen Phase ebenfalls zum ELISA gezählt. Physikalisches Prinzip. In der Erstbeschreibung von Engvall und Perlman (1971) versteht man unter dem „enzyme-linked immunosorbent assay“ heterogene Enzymimmuntests, bei denen an Festphasen immobilisierte Antigene oder Antikörper mit der Untersuchungsflüssigkeit inkubiert werden, wobei bei Anwesenheit des spezifischen Bindungspartners ein Immunkomplex gebildet wird, der nach Entfernung unspezifisch gebundener Bindungspartner (meistens durch Waschen) einen zweiten immunologischen Reaktionspartner, an den ein Enzym gebunden ist (Konjugat), bindet. Beide Reaktionsschritte können auch simultan durchgeführt werden (Einschritt-ELISA). Nach Entfernen von überschüssigem, nicht im Immunkomplex gebundenem Konjugat (Abtrennung normalerweise durch Waschen, in speziellen Fällen auch durch Absorption, Fällung, Immunpräzipitation oder Affinitätsbindung) erfolgt nach Zugabe eines Substrats die Enzym-Substrat-Reaktion, wobei die Farbentwicklung der Konzentration des Analyten direkt proportional ist. Mit zunehmender Verbreitung der Immunoassays und Einführung zahlreicher Varianten wurde der Begriff ELISA auch auf die Gruppe der kompetitiven Enzymimmunoassays (7 Enzymimmunoassay, kompetitiver) ausgedehnt. Dabei werden einfache Immunkomplexe aus an die Festphase gebundenem Antigen oder Antikörpern und um diesen Bindungspartner konkurrierende Reaktionspartner in der Untersuchungsflüssigkeit gebildet. Ein Reaktionspartner in der Untersuchungsflüssigkeit ist der zu bestimmende Analyt und der andere ein zugesetzter enzymmarkierter gleicher Reaktionspartner. Es wird umso mehr enzymmarkierter Immunkomplex gebildet, je weniger (konkurrierender) Analyt im Untersuchungsmaterial vorliegt. Die immobilisierten Immunkomplexe liegen überwiegend enzymmarkiert (bei niedriger Analytkonzentration) oder überwiegend unmarkiert

(bei hoher Analytkonzentration) vor. Die Definition ELISA, die den kompetitiven Enzymimmunoassay einbezieht, wird u. a. von Davies (in: The Immunoassay Handbook) benutzt.

Einsatzgebiet. Bestimmung von Antigenen, Antikörpern und Haptenen (Antigene geringerer Molmasse)

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (Plasma), Liquor, Urin, und andere Körperflüssigkeiten

Instrumentalisierung. Geräte mit hohem Automatisierungsgrad bei großen Analyseserien, manuelle Verfahren bei kleinen Analyseserien. Als feste Phase werden u. a. verwendet: Mikrotiterplatte, Röhrchen(wand), Kugel, Magnetpartikel oder Membran.

Spezifität-Fehlermöglichkeiten. Im Einschritt-Verfahren des Sandwich-Enzymimmunoassays kann bei Antigenüberschuss das Prozonen-Phänomen (7 High-Dose-Hook-Effekt) stören. Rheumafaktoren der IgM-Klasse erhöhen das Ergebnis bei der Bestimmung von spezifischen IgM, wenn die Probe gleichzeitig spezifisches IgG enthält. Sind spezifisches IgM und spezifisches IgG gleichzeitig vorhanden, so kann durch Konkurrenz der Antikörper das IgM-Ergebnis vermindert werden. Besonders in der Infektionsserologie werden Kreuzreaktionen beobachtet, die das Ergebnis einschränken können. Im Plasma als Untersuchungsmaterial kann das Fibrinogen zu Störungen der Antigen-/Antikörperbindung führen. Beim Nachweis von Autoantikörpern können falsch positive Reaktionen durch Antikörper gegen Blockierungsproteine (Rinderserumalbumin, Kasein, Gelatine u. a.) auftreten. Humane Anti-Maus-Antikörper in der Probe können in Testsystemen mit Maus-Antikörpern stören. Sensitivität. Der Sandwich-Enzymimmunoassay mit Farbdetektion zeigt eine Empfindlichkeit von 10–16 mol/L. Kompetitive Enzymimmunoassays stehen den Sandwich-Enzymimmunoassays nur gering nach. Die Fluoreszenzdetektion erreicht 10–18, die Chemilumineszenz 10–20 mol/L (7 Immunoassay, 7 Tab. 1).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Plattenteste (Mikrotiterplatte mit der Möglichkeit zur Bearbeitung einzelner Kavitäten) für den ELISA mit Farbdetektion sind sowohl manuell, als auch automatisiert bearbeitbar. Einzelteste für 7 Chemilumineszenzdetektion sind möglich. Labore mit höheren Probendurchsätzen verwenden Analysenautomaten für den ELISA. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Bedeutung inzwischen größer als für radioimmunologische Teste, nahezu so groß wie für klinisch chemische Teste. Die Aussage wird durch Kreuzreaktionen und andere Fehlermöglichkeiten (sogenannte Matrixeffekte), besonders in der Infektionsserologie teilweise eingeschränkt.

Literatur. Engvall, E, Perlman P (1971) Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA). Quantitative assay of immunglobulin G. Immunochemistry 8:871–874 Davies, C (2005) Principles. In: Wild, D (ed) The Immunoassay Handbook 3rd ed., Elsevier, pp3–40

Enzyme-multiplied Immunoassay C. Krüger, W. Stöcker

Synonym(e). EMIT Englischer Begriff. EMIT; enzyme multiplied immunoassay technique

Definition. Homogener Immunoassay zum Nachweis und zur quantitativen Bestimmung von Antigenen mit geringer Molekularmasse (Haptenen), bei dem das enzymmarkierte Reagenz-Antigen mit dem unmarkierten Antigen der Probe um begrenzt zur Verfügung stehende Antikörperbindungsstellen konkurriert. Dabei ist das enzymmarkierte Antigen in freier Form entweder enzymatisch aktiv und wird nach der Antikörperbindung inaktiviert, oder umgekehrt. Als Messsignal dient die Änderung der enzymatischen Aktivität.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei der EMIT wird eine spezielle Art der Enzymmarkierung verwendet. Das Enzym, z. B. Glukose-6-

Enzymimmunoassay

Phosphat-Dehydrogenase, wird in der Nähe seines aktiven Zentrums mit einem Antigen (Hapten) gekoppelt, sodass ein gegen das Antigenmolekül gerichteter Antikörper nach seiner Bindung das katalytische Zentrum des Enzyms blockiert oder hemmt. Ein Substratumsatz ist somit nicht mehr möglich. Nach dem kompetitiven Prinzip konkurrieren das Antigen der Probe und enzymmarkiertes Antigen um eine begrenzte Anzahl Antikörper im Reaktionsansatz. Gemessen wird die im Reaktionsansatz verbleibende Enzymaktivität. Das Messsignal verhält sich direkt proportional zur Antigenkonzentration in der Probe. Bei Verwendung des Enzyms Malatdehydrogenase zur Markierung des Antigens kommt es bei Bindung eines gegen das Antigen gerichteten Antikörpers zu einer Erhöhung der Enzymaktivität, sodass sich das Messsignal hier umgekehrt proportional zur Konzentration des Antigens in der zu bestimmenden Probe verhält.

Einsatzgebiet. Nachweis von Antigenen mit kleiner Molekularmasse (Haptenen), wie Medikamenten (z. B. Ciclosporin) und Drogen aus Körperflüssigkeiten (z. B. Amphetamine, Benzodiazepine, Opiate) (7 Drogenscreening). Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin Fehlermöglichkeit. Beim Nachweis von Drogen und Medikamenten kann es zu Kreuzreaktionen mit anderen Medikamenten oder auch mit Nahrungsmitteln kommen. Daher müssen entsprechende Angaben berücksichtigt und positive Befunde i. d. R. mittels 7 Chromatographieverfahren (7 Massenspektrometrie) bestätigt werden.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es sind sowohl manuelle als auch automatisierte EMIT verfügbar. Der Aufbau von EMIT zur Bestimmung von Antigenen mit großer Molekularmasse ist schwierig.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Ein Vorteil der Methode ist die einfache Durchführung: „Mische und messe“ (englisch: „Mix and read“).

Literatur. Wild D (2005) The Immunoassay Handbook. Nature Publishing Group, New York, 3rd edn., S 185–187

449

Enzymhalbwertszeiten, im Blutkreislauf. Tab. 1. Halbwertszeiten (Mittelwerte) von Enzymen im Blutkreislauf (Angaben entsprechen tierexperimentellen Befunden) Enzym Alanin-Aminotransaminase (ALT, GPT) Aldolase alkalische Phosphatase (AP) 5 Leber-AP 5 Plazenta-AP 5 Knochen-AP Amylase

Halbwertszeit (h) 47 21 144 52 168 168 3–6

Aspartat-Aminotransaminase (AST, GOT)

17

Creatinkinase (CK) 5 CK-MM 5 CK-MB 5 CK-BB

15 17 12 5

γ-Glutamyltransferase (γ-GT)

72–96

Glutamat-Dehydrogenase (GLDH)

18

Laktat-Dehydrogenase (LDH) 5 LDH1 (α-HBDH) 5 LDH5

116 113 10

Leuzin-Arylamidase (LAP)

209

Lipase

3–6

Malatdehydrogenase (MDH)

16

Pseudocholinesterase (PCHE)

240

saure Phosphatase (SP)

4

Enzymhalbwertszeiten im Blutkreislauf A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Halbwertszeiten, von Enzymen Englischer Begriff. half-life time of enzymes in the circulation Definition. 7 Halbwertszeiten der Enzyme in der Zirkulation beschreiben die Zeitspanne, die vergeht, um 50 % der Enzymaktivität aus der Zirkulation zu eliminieren. i Bei Austritt von intrazellulären Enzymen in den Extrazellulärraum kommt es zu zwei, zeitlich abgesetzten Veränderungen der Enzymaktivität: 5 Soforteffekt, der in einer Verminderung oder Zunahme der Enzymaktivität aufgrund der Veränderung des Enzymmoleküls in einem fremden Milieu, sowie auf eine Verteilung des Enzyms auf den gesamten Extrazellulärraum (intravasal, interstitiell, lymphatisch) zurückzuführen ist. Im Allgemeinen führt der Soforteffekt zu einem primären, schnellen Abfall der Enzymaktivität. 5 Phase der Enzymelimination, die eine langsame Abnahme der Enzymaktivität im Plasma darstellt, wobei die Eliminationsgeschwindigkeit unabhängig vom absoluten Wert der Enzymaktivität ist und einer Exponentialfunktion folgt. Die Halbwertszeiten im Plasma sind spezifische Merkmale der jeweiligen Enzyme (7 Tab. 1). Spezielle Eliminationsorgane gibt es nicht, jedoch haben Leber, Niere, Lungen und Gastrointestinaltrakt entscheidende Bedeutung. Hervorzuheben ist die weitgehende Konstanz der Eliminationsgeschwindigkeit auch unter pathologischen Bedingungen, was bedeutet, dass die Enzymaktivität im Blut unter Krankheitsbedingungen maßgeblich vom Einstrom und weniger von der Eliminationsrate beeinflusst wird. Dies stellt eine wesentliche Grundlage der labormedizinischen Enzymdiagnostik und klinischen Enzymologie dar.

Literatur. Schmidt E, Schmidt FW (1981) Kleine Enzym-Fibel. Boehringer GmbH, Mannheim

Wissenschaftliche Tabellen Geigy (1979) 8. Aufl. Ciba-Geigy, Basel

Enzymimmunoassay W. Stöcker

Synonym(e). Enzymimmuntest; EIA Englischer Begriff. enzyme immunoassay Definition. Immuntest für die quantitative Bestimmung von Antigenen oder Antikörpern, bei dem Enzyme zur Markierung immunologischer Reaktionspartner eingesetzt werden. Die Enzyme katalysieren eine von der Konzentration des Messparameters der Probe abhängige Reaktion, die visuell erfasst oder durch Photometrie, Fluorometrie, Luminometrie oder andere Detektionsmethoden quantifiziert wird. Zur Markierung bevorzugte Enzyme sind Meerrettichperoxidase, alkalische Phosphatase und Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase. Physikalisch-chemisches Prinzip. Enzymimmunoassays teilen sich in zwei große Kategorien auf: Die heterogenen Assays, bei denen eine physikalische Phasentrennung obligat ist und der gebundene oder ungebundene markierte Reaktionspartner gemessen wird, sowie die homogenen Assays, bei denen keine Phasentrennung erforderlich ist und der freie Anteil des markierten Reaktionspartners in Gegenwart des gebundenen Reaktionspartners gemessen wird oder umgekehrt. Eine andere Klassifizierung unterscheidet kompetitive Assays (7 Enzymimmunoassay, kompetitiver), bei denen zwei Reaktionspartner (einer von ihnen die zu bestimmende Substanz) simultan oder nacheinander um einen dritten konkurrieren, und nichtkompetitive Assays (7 Sandwich-Assays), bei denen die zu bestimmende Substanz von zwei Reaktionspartnern umfangen wird. Die Bindung an beide Reaktionspartner kann simultan (Einschritt-Assay) oder in zwei Schritten erfolgen. Ferner werden Assays zum Antigen- von Assays zum Antikörpernachweis unterschieden.

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Enzymimmuntest

5 Heterogene Enzymimmunoassays sind meistens als Festphasentests aufgebaut (7 Enzyme-linked Immunosorbentassay, ELISA). Eine Komponente der Immunreaktion, Antigen oder Antikörper, ist an einen Träger fixiert: Röhrchenwand, Kugel, Magnetpartikel, Mikrotiterplatte oder Membran. Der heterogene EIA beinhaltet mindestens zwei Arbeitsschritte: Der Antigen-AntikörperReaktion folgt die Enzym-Substrat-Reaktion. Bei heterogenen Flüssigphasen-Assays werden gebildete Immunkomplexe von den ungebundenen Komponenten durch Adsorption, Fällung, Immunpräzipitation oder Affinitätsbindung abgetrennt. Heterogene Enzymimmuntests eignen sich zur Bestimmung von Substanzen mit sowohl niedriger (Haptene) als auch höherer Molekularmasse (Antigene, Antikörper). Das Messsignal ist bei diesen Assays direkt proportional zur Konzentration des zu bestimmenden Antigens oder Antikörpers. 5 Bei den heterogenen, kompetitiven Enzymimmunoassays konkurriert das Antigen der Probe mit einer definierten Menge markierten Antigens um die Bindungsstellen eines im Unterschuss vorliegenden spezifischen Antikörpers, der an eine feste Phase gekoppelt ist. Während der Inkubation stellt sich ein Gleichgewicht zwischen markiertem und nichtmarkiertem Antigen ein. Je mehr natürliches Antigen die Probe aufweist, umso weniger markiertes Antigen wird gebunden. Bei einer weiteren kompetitiven Methode konkurrieren Festphase-gebundenes Antigen und Antigen der Probe um einen markierten Antikörper. Je weniger Antigen die zu untersuchende Probe enthält, umso mehr markierte Antikörper binden sich an das Festphase-fixierte Antigen (immunenzymometrischer Test). Auch in diesem Fall ist das Messsignal umgekehrt proportional zur Antigen-Konzentration in der Probe. 5 Heterogene, nichtkompetitive Enzymimmunoassays werden auch als „Sandwich-Enzymimmunoassays“ bezeichnet. Die wichtigste Form ist der ELISA, eine Sonderform der 7 Capture Assays: Hier wird das zu messende Antigen (Antigen Capture Assay) oder der zu bestimmende Antikörper (Antibody Capture Assay) der Probe zwischen zwei Antikörpern bzw. zwei Antigenen gebunden. Zur Antigenbestimmung wird das Antigen der Probe in einem ersten Inkubationsschritt mit einem an der festen Phase fixierten (Capture-)Antikörper zur Reaktion gebracht. Anschließend werden die ungebundenen Anteile der Probe mit einem Waschschritt entfernt. Je höher die Antigen-Konzentration der Probe ist, umso mehr Antigen kann gebunden werden. Im nächsten Schritt reagieren die enzymmarkierten Antikörper mit den Immunkomplexen an der festen Phase, und nach Beendigung der Reaktionszeit wird überschüssiger Marker mit einem Waschschritt entfernt. Beim Einschritt-Assay werden die maßgeblichen Reaktanden simultan inkubiert – entweder die Antigenprobe zusammen mit den enzymmarkierten Antikörpern und den Festphase-fixierten Antikörpern, oder der zu bestimmende Antikörper mit den markierten Antikörpern und dem an die feste Phase fixierten Antigen. Anschließend werden ungebundene Anteile der Probe weggewaschen, und man lässt die Enzym-katalysierte Farbreaktion ablaufen. Es existiert eine Vielfalt von Varianten nichtkompetitiver Enzymimmunoassays: Beim μ-Capture Assay wird speziesspezifisches IgG, das gegen den Fc-Teil des IgM gerichtet ist, an die feste Phase gekoppelt. Hier verankert sich das IgM der Probe. Davon binden die Antigenspezifischen IgM-Moleküle zugesetztes korrespondierendes Antigen. Zur Messung der gebundenen Antigenmenge wird ein gegen das Antigen gerichteter, enzymmarkierter IgG-Antikörper hinzugegeben, danach wird gewaschen, und man lässt die Farbreaktion ablaufen (das Antigen kann auch direkt markiert werden, ein Inkubationsschritt wird gespart). Vorteile des μ-Capture Assay: Geringere Antigenabschwächung im Vergleich zur direkten Antigen-Bindung an die Festphase, keine Störung durch Rheumafaktoren. Nachteil: Für jeden Parameter ist ein spezielles Markierungsreagenz erforderlich, man kann nicht mehrere Analyte im selben Tropfen untersuchen. 5 Homogene Enzymimmunoassays erfordern keine Phasentrennung, alle Komponenten der Immun- und Substratreaktion sind in Lösung. Bei EMIT (7 Enzyme multiplied immunoassay) konkurriert das enzymmarkierte Reagenzantigen mit dem unmarkierten Antigen der Probe um begrenzt zur Verfügung stehende Antikörperbindungsstellen. Dabei ist das enzymmarkierte Antigen in freier Form entweder enzymatisch aktiv und wird nach Anti-

körperbindung inaktiviert oder umgekehrt. Als Messsignal dient die Änderung der enzymatischen Aktivität. Das Messsignal verhält sich hier proportional oder umgekehrt proportional zur Konzentration des Antigens in der Probe. Beim Inhibitor-labelled EIA ist das Antigen an den Inhibitor eines Enzyms gekoppelt. Antikörper gegen das Antigen blockieren den Inhibitor, sodass dieser den Substratumsatz des Enzyms nicht hemmen kann. Zugabe des Antigens (Probe) entfernt den korrespondierenden Antikörper vom Inhibitor, der nun den Substratumsatz des Enzyms hemmt. Das Messsignal verhält sich hier umgekehrt proportional zur Konzentration des Antigens in der Probe. Bestimmt werden können mit diesen EIA-Techniken vorwiegend Antigene mit niedriger Molekularmasse (Haptene). Bei den immunchromatographischen EIA ist der spezifische Antikörper für das zu bestimmende Antigen an eine feste Phase, z. B. Celluloseacetatfolie, gebunden. Werden die antigenhaltige Probe und das enzymmarkierte Antigen auf die Folie getropft, konkurrieren beide um die begrenzte Anzahl immobilisierter Antikörper und binden sich an diese. Der ungebundene Anteil enzymmarkierten Antigens wandert aus der Reaktionszone, und seine katalytische Aktivität wird durch Substratzugabe bestimmt. Sie ist direkt proportional zur Antigenkonzentration der Probe. Diese Technik gestattet vor allem die Bestimmung von Antigenen mit großem Molekulargewicht.

Einsatzgebiet. Antigen- und Antikörperbestimmung Instrumentierung. Aufgrund der Vielfalt der EnzymimmunoassaySysteme existieren die unterschiedlichsten Geräte zur manuellen und automatisierten Durchführung. Sensitivität. Die analytische Sensitivität von Enzymimmunoassays

mit Farbdetektion liegt bei 10–16 mol/L, mit 7 Fluoreszenzdetektion bei 10–18 mol/L und mit 7 Chemilumineszenzdetektion bei 10–20 mol/L.

Fehlermöglichkeit. Ein Störfaktor, der zu einer starken Verfälschung der Messwerte führen kann, ist bei Sandwich-Enzymimmunoassays, die nach dem immunometrischen Prinzip der Einschritt-Inkubation funktionieren, der 7 High-Dose-Hook-Effekt (Prozonen-Phänomen). Falsch-positive Resultate werden darüber hinaus durch 7 Rheumafaktoren der Klasse IgM in Sandwich-Enzymimmunoassays zum Nachweis spezifischer IgM-Antikörper verursacht, wenn die zu untersuchende Probe auch spezifische IgG-Antikörper enthält; falsch zu niedrige IgM-Werte können durch konkurrierendes spezifisches IgG entstehen. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Enzymimmunoassays können manuell und automatisiert durchgeführt werden. Literatur. Deshpande SS (1996) Enzyme immunoassays: From concept to product development. Chapman & Hall, New York, S 231–273 Wild D (2005) The Immunoassay Handbook. 3rd edn., Nature Publishing Group, New York, pp 3–39

Enzymimmuntest 7 Enzymimmunoassay

Enzyminduktion W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. enzyme induction Definition. Prozess, der zu einer Zunahme von Enzymen (-aktivitäten) führt. i Enzyminduktion (EI) wird häufig im Laufe der Dauermedikation

von bestimmten Pharmaka, z. B. Phenobarbital, Phenytoin, Rifampicin beobachtet. Die EI bewirkt in der Regel einen beschleunigten Abbau des auslösenden Pharmakons, aber auch häufig anderer Pharmaka oder auch körpereigener Substanzen. Sie ist wesentlich an der Entwicklung der Toleranz beteiligt.

Enzymkonstante 7 Michaelis-Menten-Konstante

Epigenese

Enzymkonzentration, katalytische 7 Enzymaktivität

Enzymmarker der Cholestase 7 Cholestase-anzeigende Enzyme

451

Definition. RNase, die aus den Granula aktivierter eosinophiler Granulozyten ausgeschüttet wird. Struktur. Einkettiges, stark negativ geladenes Protein, nachweisbar in drei unterschiedlich stark glykosylsierten Formen.

Molmasse. Isoformen: 18,5 kDa, 20 kDa, 22 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

andere

Enzymtest

Körperflüssigkeiten, bronchoalveoläre Lavage

K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Präanalytik. Verwendung von Plasma und hämolytischen Proben

Synonym(e). Proteolytischer Enzymtest; Bromelintest; Papaintest; Ficintest

Englischer Begriff. Proteolytic enzyme test Definition. Der Enzymtest ist eine Technik, die in der immunhämatologischen Diagnostik eingesetzt wird, um Antigen-/Antikörperreaktionen auf Erythrozyten zu verstärken. i Der Enzymtest ist in seltenen Fällen die einzige Technik, mit der

Antigen-Antikörperreaktionen erfolgreich nachweisbar sind (z. B. bei einigen Autoantikörpern). In anderen Fällen können durch proteolytische Vorbehandlung der Erythrozyten bestimmte Antigene ganz oder teilweise zerstört werden, so dass die Reaktionen mit spezifischen Antikörpern deutlich abgeschwächt sind oder negativ ausfallen (z. B. 7 Duffy-Blutgruppensystem, 7 MNS-Blutgruppensystem). Das Prinzip des Enzymtests liegt in dem proteolytischen Abbau von (Strukturen von) Proteinen bzw. Glykoproteinen von der erythrozytären Membran. Viele dieser Glykoproteine enthalten Zuckerketten mit endständig negativ geladenen Neuraminsäuregruppen, die für die negative Ladung der Erythrozytenoberfläche verantwortlich sind. Die Enzymbehandlung reduziert die negativen Ladungsträger und verkürzt die Distanz zwischen den einzelnen Erythrozyten. Antikörper der Immunglobulinklasse IgG können die Distanz nach Enzymbehandlung zwischen den Erythrozyten überbrücken. Die für den Enzymtest eingesetzten Enzyme (7 Papain, 7 Bromelin, 7 Ficin) gehören zur Familie der Cystein-Endopeptidasen (Cystein-Proteinase). Der Enzymtest kann insbesondere sehr erfolgreich eingesetzt werden, um 7 Rhesus-, 7 Kidd- und 7 Lewisantikörper nachzuweisen. Insgesamt stellt der Enzymtest eine sinnvolle Ergänzungstechnik im Rahmen eines Antikörpersuchtests oder einer Antikörperdifferenzierung dar. Die Testdurchführung kann mit den in der immunhämatologischen Diagnostik üblichen Testsystemen wie: 7 Säulenagglutinationstest 7 Röhrchentest 7 Mikrotiterplattentest erfolgen.

Literatur. Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s 11th edn., Blood Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th ed. written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M, Blackwell Publishing, Oxford Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Aufl., Springer Berlin Heidelberg New York Engelfried CP, Meulenbroek AJ (eds) (2003) Immunohaematology, Sanquin Blood Supply Foundation, Amsterdam

Eosin-Methylenblau-Lösung nach May-Grünwald 7 May-Grünwald-Lösung

Eosinophile 7 Granulozyten, eosinophile

Eosinophiles kationisches Protein H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). ECP; RNase 3 Englischer Begriff. eosinophil cationic protein

nicht möglich. Da die Konzentration an freigesetztem ECP vom Material des Blutentnahmesystems, Gerinnungszeit und Temperatur abhängig ist, sind folgende Bedingungen einzuhalten: 5 Entnahme in Kunststoffröhrchen 5 nach Entnahme das Röhrchen 5-mal schwenken und 60–120 min bei Zimmertemperatur gerinnen lassen 5 Zentrifugation bei 1000–1300 g für 10 min 5 Serum zur Lagerung in Sekundärröhrchen dekantieren.

Analytik. Enzymimmunoassay Konventionelle Einheit. μg/L Internationale Einheit. μg/L Referenzbereich — Erwachsene. < 11,3 μg/L Referenzbereich — Kinder. < 11,3 μg/L Indikation. Aktivierung eosinophiler Granulozyten im Rahmen von: 5 allergischen Reaktionen (bes. Asthma bronchiale, NSAID-induziertes Asthma) 5 atopischen Erkrankungen 5 inflammatorischen Prozessen nach Ozonexposition 5 Frühdiagnostik von Vaskulitiden der kleinen Gefäße (bes. ChurgStrauss-Syndrom). Interpretation. ECP wird durch Aktivierung eosinophiler Granulozyten (7 Granulozyten, eosinophile) freigesetzt und ist somit ein Parameter zur Darstellung dieses Vorgangs. Aussagen über den Zustand des Erfolgsorgans (Lunge, Haut u. a.) sind nur begrenzt möglich, da die zelluläre Aktivierung diesem vorausgehen oder hinterherhinken kann. Die Konzentration des ECP korreliert nicht mit der Anzahl der eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut. Diagnostische Wertigkeit. ECP-Konzentrationen sind starken interindividuellen Schwankungen unterworfen und dadurch als Einzelwert kaum zu interpretieren. Intraindividuell schwankt der Wert jedoch gering, sodass er sich gut zur Verlaufsbeobachtung bekannter Erkrankungen eignet. Ermöglicht wird dadurch ein Aktivitäts- und Therapiemonitoring an selektionierten Patienten. ECP stellt einen Aktivierungsmarker für eosinophile Granulzyten dar, er korreliert nicht natürlicherweise mit der Anzahl der Zellen.

Literatur. Venge P et al (1993) Serum Measurements of Eosinophil Cationic Protein (ECP) in Bronchial Asthma. Clin Exp Allergy 23(Suppl):3–7 Friedman RB, Young DS (1997) Effects of Disease in Clinical Laboratory Tests. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

EPCR 7 Endothel-Protein-C-Rezeptor

Epibolin 7 Vitronectin

Epigenese R. Weiskirchen

Englischer Begriff. epigenesis

E

452

Epigenetik

Definition. Die Epigenese ist die Entwicklung eines komplizierten Organismus aus einem einfacheren, undifferenzierten System der Eizelle. i Nach der Epigenesistheorie, die um 1760 von Kaspar Friedrich

Wolff bei Untersuchungen zur Entwicklung des Hühnchens aufgestellt wurde, ist die Keimzelle (befruchtete Eizelle) noch keineswegs organisiert, sondern zunächst strukturlos. Die Entwicklung vollzieht sich auf dem Wege einer echten Neubildung. Die Teile des Organismus werden allmählich und nacheinander nach einem gewissen Plan neu hervorgebracht. Alle nachfolgend durchgeführten Untersuchungen haben die Richtigkeit der Epigenesislehre bestätigt, jedenfalls in dem Sinne, dass aus der einfach geformten Eizelle durch Neubildung im Laufe der Entwicklung ein kompliziert strukturierter Organismus von hochgradiger Ordnung entsteht. Dabei ist das Schicksal einzelner Keimbezirke vom weiteren Geschehen, z. B. äußeren Faktoren, abhängig.

Literatur. Scharf KH, Weber W (1980) Fortpflanzung und Entwicklung. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Epigenetik 7 Epigenomik

Epinephrin 7 Katecholamine

Epi proLung BL reflex assay 7 SHOX2-Test

Episom R. Weiskirchen

Englischer Begriff. episome Definition. Extrachromosomales genetisches Element i Der Begriff Episom wird meist synonym mit dem Begriff „7 Plasmid“ verwendet. Episomen können sich unabhängig vermehren, da sie alle nötigen Kontrollelemente zur 7 Replikation besitzen. Einige episomale Faktoren können temporär in das Wirtsgenom integrieren.

Episomal 7 Epigenetische Erbfaktoren

Epigenetische Erbfaktoren

Epitop

R. Weiskirchen

H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). episomal factors; extrachromosomal factors

Synonym(e). Antigene Determinante

Definition. Erbfaktoren, die im Cytoplasma und nicht im Nukleus

Englischer Begriff. epitop

vorhanden sind i Im weiteren Sinne auch ein Nukleinsäuremolekül, das sich neben

der hauptsächlichen Erbinformation auf den 7 Chromosomen oder dem Bakterienchromosom zusätzlich in der Zelle befindet, z. B. ein 7 Plasmid.

Epigenitische Modifikation 7 Modifikation,epigenetische

Epigenomik R. Weiskirchen

Synonym(e). Epigenetik Englischer Begriff. epigenomics; epigenetics Definition. Lehre von Veränderungen in der Genexpression, die über mehrere Zellteilungen oder auch Generationen hinweg stabil sind, aber unabhängig von Veränderungen in der 7 DNA-Sequenz eines Organismus sind. i In der Epigenetik unterscheidet man zwei verschiedene Verände-

rungen: 5 Die eine Art ist reversibel und wird durch kurzfristig andauernde, umweltbedingte Änderungen bewirkt. 5 Die zweite Art führt zu stabilen (irreversiblen) Änderungen, die wesentlich an der Regulation von Zelldifferenzierung und -spezialisierung im Rahmen der Entwicklung beteiligt sind. Als Ursachen epigenetischer Veränderungen wurden z. B. Temperatur, Virusbefall, Ernährungsfaktoren, Alterung und Gewebsschädigung beschrieben. Grundlegende Mechanismen der Epigenomik sind DNA-Methylierung und Histonmodifikation (Acetylierung, Methylierung, 7 Ubiquitinierung, Sumoylierung, 7 Phosphorylierung). Neuerdings werden auch Mechanismen diskutiert, in denen die Expression eines Gens oder ganzer Gengruppen durch die nukleäre Positionierung des Chromosoms, auf dem sich die zugrundeliegende Geninformation befindet, bedingt wird.

Literatur. Esteller M (2008) Epigenetics in cancer. N Engl J Med 358:1148–1159

Definition. Oberflächenanteile eines Antigens, die eine spezifische Immunantwort auslösen. i Als Epitope bezeichnet man antigene Determinanten in einem

Molekül. Sie interagieren mit den variablen Regionen (Paratope) der Mitglieder aus der Immunglobulin-Superfamilie, wie Immunglobulinen und T-Zellrezeptoren. Bindungen zwischen Epitop und Paratop bestehen aus 7 van-der-Waals-Kräften, 7 Wasserstoffbrückenbindungen und/oder 7 Ionenbindungen. Ein einziges Antigen kann viele Epitope enthalten, die wiederum jedes einzeln die Bildung von Immunglobulinen anregen können. Ein einzelnes Epitop besteht gewöhnlich aus 6 Aminosäuren oder Monosacchariden. Die Anordnung der Moleküle kann linear, also der Proteinprimärstruktur entsprechend sein (lineares Epitop) oder erst durch Faltung der Molekülkette, etwa im Sinne von Sekundär-, Tertiär- oder Quartärstruktur, entstehen (Konformationsepitop). Konformationsepitope sind meist nur auf nativen Proteinen erhalten, da hier die Faltungen der Molekülketten unverändert sind. B-Zell-Epitope, also solche Epitope, die von Immunglobulinen erkannt werden, sind in der Regel Konformationsepitope. T-Zell-Epitope dagegen sind lineare Peptide, die in der Bindungsgrube des 7 Major-Histocompatibility-Complex-Moleküls gehalten werden und dem T-Zell-Rezeptor präsentiert werden. Epitope, die besonders starke Immunantworten auslösen, werden als immundominante Epitope bezeichnet.

Literatur. Cruise JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

EPO 7 Erythropoetin

Eponyme in Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Personennamenbezogene Begriffe Englischer Begriff. eponyms

Eponyme in Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin

Definition. Mit Personennamen oder (seltener) mit Ortsnamen belegte Begriffe, hier beschränkt auf die im Gebiet von Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin gebräuchlichen namensgebenden Sachbegriffe i Eponyme in Laboratoriumsmedizin und Klinischen Chemie sind

die von Personennamen oder gelegentlich Ortsnamen sich herleitenden Bezeichnungen, die überwiegend auf Erstbeschreiber, Entdecker, Entwickler oder Erfinder labordiagnostisch relevanter Verfahren und Beobachtungen im weiteren Sinne beruhen. Die so definierten Eponyme lassen sich in folgende, nicht streng getrennte Kategorien unterteilen: 5 Analytische Methoden und Reaktionen, Phänomene, naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten/Regeln/Prinzipien (7 AddisCount, 7 Amadori-Reaktion, 7 Bateman-Funktion, 7 Berlinerblau-Reaktion, 7 Berthelot-Reaktion, 7 Bratton-Marshall-Reaktion, Clarke und Freeman: 7 Immunelektrophorese, zweidimensionale, 7 Coombs-Test, 7 Coulometrie, 7 Donath-Landsteiner-Test, 7 Dost-Prinzip, Ehrlich-Reaktion s. 7 Diazo-Reaktion, Erlenmeyer-Kolben: s. 7 Messvorrichtungen, volumetrische, Faraday-Tyndall-Effekt s. 7 Tyndall-Phänomen, 7 Fenton-Reaktion, Fibrinogenbestimmung nach Claus s. 7 Fibrinogen, Fibrinogenbestimmung nach Ratnoff-Menzie s. 7 Fibrinogen, 7 Folin-CiocalteuMethode, 7 Forrest-Reaktion, 7 Fujiwara-Reaktion, 7 GiemsaBandenfärbung, Grabar und Williams: s. 7 Immunelektrophorese, eindimensionale, 7 Hardy-Weinberg-Gleichgewicht, 7 Heidelberger-Kurve, Hemker-Thrombinbildungspotenzial: s. 7 Endogenes Thrombinbildungspotenzial, Hitzefibrinogenbestimmung nach Schulz s. 7 Fibrinogen, 7 Jaffe-Reaktion, Jendrassik-Grof-Methode: s. 7 Bilirubin, Kageyama-Reaktion: s. 7 Harnsäure, 7 KjeldahlMethode, Koller-Häkchen-Methode: s. 7 Koagulometer, LaurellTechnik: s. 7 Elektroimmunodiffusion, 7 Lambert-Beer-Gesetz, 7 Landsteiner-Regel, Mancini-Heremans s. 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans, 7 Mie-Streuung, 7 Nylander-Test, Ouchterlony-Immunodiffusion s. 7 Immundiffusion, doppelte radiale, Oudin s. 7 Immundiffusion, lineare nach Oudin, 7 Pasteurisieren, 7 Peltier-Effekt, Ratnoff-Menzie-Methode: s. 7 Fibrinogen, 7 Rayleigh-Debye-Streuung, 7 RayleighStreuung, 7 Sandell-Kolthoff-Reaktion, Sanger-Sequenzierung s. 7 Didesoxysequenzierung, Sayk-Sedimentationskammer für Liquorzellen: s. 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren, SnelliusBrechungsgesetz s. 7 Refraktion, 7 Southern Blot, 7 StansfeldWebb-Methode, 7 Thrombozytenzählung nach Fonio, TrinderReaktion: s. 7 Harnsäure, Turnbullsblau: s. 7 Berlinerblau-Reaktion, 7 Tyndall-Phänomen, Van-de-Kamer-Methode s. 7 Stuhlfett, 7 Van-der-Waals-Kräfte, 7 Widmark-Verfahren, 7 Zeeman-Effekt, 7 Zeemann-Kompensation, 7 Ziehl-Neelsen-Färbung) 5 Instrumentelle Entwicklungen (Clark-Elektrode s. 7 Sauerstoffpartialdruck, 7 Coulter-Prinzip der Zellzählung, EppendorfPipette s. 7 Messvorrichtungen, volumetrische, 7 Liquor-FuchsRosenthal-Zählkammer, 7 Nernst-Stift, Nissl-Röhrchen s. 7 Fibrinogen, 7 Quincke-Schliff, Schilling-Zählkammer s. 7 Erythrozytenzählung und 7 Leukozytenzählung, Schnitger-Gross-Methode s. 7 Koagulometer, 7 Sprotte-Kanüle, Thoma-Zählkammer s. 7 Erythrozytenzählung und 7 Thrombozytenzählung, UlbrichtKugel s. 7 Reflexionsspektrometrie) 5 Definierte Reagenzlösungen (7 Drabkin-Lösung, 7 Fullererde, 7 Giemsa-Lösung, 7 Gomori-Färbung, 7 Hayem-Lösung, Lloyd's Reagenz s. 7 Fullererde, 7 May-Grünwald-Lösung, 7 Pappenheim-Färbung, 7 Ponceaurot-Färbung, 7 Sudan-Schwarz, 7 TürkLösung) 5 Abgeleitete Algorithmen, Formeln, Indices, Isoenzyme, Scores und Quotienten (7 Child-Turcotte-Pugh-Score, 7 CockroftGault-Formel, 7 Colombi-Index, Delpech-Lichtblau-Index s. 7 IgM-Index, 7 IgG-Index, 7 IgA-Index, 7 De-Ritis-Quotient, 7 Donnan-Gleichgewicht, 7 Fischer-Quotient, 7 Forns-Index, 7 Fredrickson-Klassifikation, 7 Friedewald-Formel, GerlachQuotient s. 7 Laktatdehydrogenase/AspartataminotransaminaseQuotient, 7 Huber-Herklotz-Formel, 7 Kasahara-Isoenzym, 7 Mentzer-Index, 7 Michaelis-Menten-Konstante, Nagao-Isoenzym: s. 7 Phosphatase, alkalische, 7 Nernst-Gleichung, 7 PriceJones-Kurve, Regan-Isoenzym s. 7 Phosphatase, alkalische, Reiber-Diagramm, Reiber-Felgenhauer-Formeln, Reiber-Schema

5 5 5

5

5

453

s. 7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch, SchmidtQuotient s. 7 Transaminasen-GLDH-Quotient, Schuller-SagarIgG-Formel s. 7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal rechnerisch, 7 Schwartz-Formel, 7 Siggard-Andersen-Nomogramm, 7 Szasz-Quotient, 7 Szent-Györgyi-Quotient, 7 Watson-Formel, 7 Widmark-Formel) Dimensionen/Einheiten (7 Becquerel, 7 Bethesda-Einheit, 7 Curie, 7 Dalton, 7 Morgan-Einheit, 7 Svedberg-Einheit) Krankheitserreger (Bakterien, Viren, Parasiten, Strahlungen) (7 Dane-Partikel, 7 Listeria monocytogenes, 7 Rift-Valley-Fieber-Viren u.a.) Diagnostische morphologische, quantitative und qualitative Kenngrößen (7 Alder-Granulationsanomalie, 7 Apt-Test, 7 Auer-Stäbchen, Australia-Antigen s. 7 Hepatitis-B-Virussurfach-Antigen, 7 Barr-Körperchen, 7 Bence-Jones-Protein, 7 Bennett-Goodspeed-Antigen, Beutler-Test s. 7 Galaktose-1Phosphat-Uridyltransferase, 7 Bial-Probe, 7 Bombay-Phänotyp, 7 Cabot-Ringe, 7 Charcot-Leyden-Kristalle, 7 Chido/RodgersBlutgruppensystem, Christmas-Faktor: s. 7 Gerinnungsfaktor IX, 7 Colton-Blutgruppensystem, 7 Cromer-Blutgruppensystem, 7 Curschmann-Spiralen, 7 Diego-Blutgruppensystem, 7 Dittrich-Pfröpfe, 7 Dombrock-Blutgruppensystem, 7 Donath-Landsteiner-Antikörper, 7 Döhle-Körperchen, 7 Duffy-Blutgruppensystem, 7 Ehrlich-Probe, 7 Esbach-Probe, 7 Fehling-Probe, Fitzgerald-Faktor s. 7 High-Molecular-Weight Kininogen, Fletcher-Faktor s. 7 Präkallikrein, 7 Fouchet-Test, 7 Gaucherzelle, 7 Gerbich-Blutgruppensystem, 7 Gmelin-Test, 7 Gram-Färbung, 7 Griess-Test, 7 Gumprecht-Kernschatten, Guthrie-Test s. 7 Phenylbrenztraubensäure im Urin, Hagemann Faktor s. 7 Gerinnungsfaktor XII, 7 Heinz-Innenkörper, 7 Heitzmann-Hämoblasten, 7 Heller-Ringprobe, Heremanns-Schmid-Glykoprotein s. 7 α2-HS-Glykoprotein, 7 Hodgkin-Zelle, 7 Hoesch-Test, 7 Howell-Jolly-Körper, 7 Kasahara-Isoenzym, 7 Kell-Blutgruppensystem, Kendall‘s compound F s. 7 Kortisol, 7 Kidd-Blutgruppensystem, 7 Knops-Blutgruppensystem, 7 Landsteiner-WienerBlutgruppensystem, 7 Lange-Test, 7 Legal-Test, 7 Lewis-Blutgruppensystem, 7 Lutheran-Blutgruppensystem, Mac-Lagan-Test s. 7 Thymoltrübungstest, 7 May-Hegglin-Anomalie, MeixnerTest s. 7 Zeitungspapier-Test, 7 Mendelsche Vererbungslehre, 7 Millon-Test, 7 Nessler-Reaktion, 7 Nylander-Test, 7 Obermayer-Test, 7 Paigen-Test, Pandy-Reaktion: s. 7 Liquor-PandyReaktion, 7 Pelger-Formation (Pelger-Huet), 7 Pfeiffer-Zellen, 7 Philadelphia-Chromosom, 7 Reed-Sternberg-Zelle, Reichsteins Substanz M s. 7 Kortisol, Rosenthal Faktor s. 7 Gerinnungsfaktor XI, 7 Rivalta-Test, 7 Rosin-Iodprobe, 7 Russell-Körperchen, 7 Sandkühler-Ringprobe, 7 Sapporo-Kriterien, 7 SchlesingerProbe, 7 Schmidt-Probe, 7 Schüffner-Tüpfelung, 7 Schwangerschaftstest nach Aschheim und Zondek, Schwangerschaftstest nach Glaser und Hempel s. 7 Bitterlings-Test zum Nachweis einer Schwangerschaft, 7 Schwartz-Watson-Test, 7 SciennaBlutgruppensystem, 7 Seliwanoff-Test, Stuart-Prower-Faktor: s. 7 Gerinnungsfaktor X, 7 Sulkowitsch-Test, 7 Takata-Reaktion, 7 Tamm-Horsefall-Protein, 7 Tennessee-Antigen, 7 Tolidin-Test, 7 Tollens-Test, 7 Thormählen-Test, 7 Trommer-Probe, 7 VonWillebrand-Faktor, 7 Wai-Index, 7 Weltmann-Koagulationsband, Westergren-Methode: s. 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren, Wieland-Zeitungstest s. 7 ZeitungspapierTest, Williams-Faktor s. 7 High-Molecular-Weight Kininogen, 7 Wöhlk-Test) Funktions- und Belastungsteste (7 Bengalrosa-Test, CarterRobbins-Test s. 7 Kochsalzbelastungstest, 7 Gordon-Test, Hickey-Hare-Test s. 7 Kochsalzbelastungstest, 7 Hollander-Test, 7 Koller-Test, 7 Lundh-Test, Quick-Test: s. 7 Thromboplastinzeit, Schilling-Test s. 7 Vitamin-B12-Resorptionstest, 7 Thorn Test, 7 Volhard-Konzentrationsversuch) Statistische Methoden und Verfahren (7 Bayes-Theorem, Pearsonscher Korrelationskoeffizient s. 7 Korrelationskoeffizient nach Pearson, 7 Shewhart-Kontrollkarte, 7 Spearmanscher Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman, Wilcoxon-Rangsummentest s. 7 Test, statistischer, 7 Youden-Diagramm)

Dem Querschnittscharakter des Fachgebiets entsprechend stammen die „Eponymen-Geber“ (Erstbeschreiber) vorwiegend aus dem brei-

E

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Eppendorf-Pipette

ten Umfeld der klinischen und theoretischen Medizin sowie den Naturwissenschaften. Eponyme in der Laboratoriumsmedizin haben historischen Charakter und bezeichnen häufig „Teste“, Reaktionen oder Entwicklungen, die in der Vergangenheit zum Einsatz kamen.

Literatur. Whitworth, JA; Firkin, BG (2002): Dictionary of Medical Eponymes. 2nd ed. Camforth, Lancs:Parthenon

Eppendorf-Pipette 7 Messvorrichtungen, volumetrische

Epstein-Barr-Viren (EBV) W. Stöcker

Synonym(e). Humanes Herpes-Virus-4; HHV-4 Englischer Begriff. Epstein-Barr virus Beschreibung des Erregers. Das Epstein-Barr-Virus gehört den humanen Herpes-Viren an. Es hat eine Größe von 150–180 nm und besitzt ein lineares dsDNA-Genom (~172 kb). Die DNA ist um eine Core-Struktur gewunden und von einem Kapsid aus einer Proteinmatrix umhüllt. Dieses ist wiederum von einer Lipidhülle mit Glykoproteinen umschlossen.

Erkrankungen. Epstein-Barr-Virus (EBV) ist der Erreger der infektiösen Mononukleose. Die Infektion verläuft im Kindesalter häufig inapparent, bei Erstinfektion junger Erwachsener kommt es nach einer Inkubationszeit von 30–50 Tagen zur infektiösen Mononukleose („Kusskrankheit“, Pfeiffersches Drüsenfieber), die in der Regel mit einer Pharyngitis und einer Lymphadenopathie beginnt, dazu kann sich ein Exanthem und häufig auch eine Hepatosplenomegalie entwickeln. Charakteristisch ist ein verändertes Blutbild (mononukleäre 7 Pfeiffer-Zellen). Selten persistieren die Symptome über längere Zeit (chronische Form). EBV kann verschiedene Tumorerkrankungen hervorrufen: Endemisches Burkitt-Lymphom in Afrika, ein Teil der Morbus-Hodgkin-Erkrankungen und das Nasopharynx-Karzinom. Bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten kann eine EBVInfektion zu schweren Komplikationen führen, wie dem X-gekoppelten lymphoproliferativen Syndrom oder der PosttransplantationsLymphoproliferation, beide mit hohen Mortalitätsraten. Das Virus befällt ausschließlich den Menschen. Es wird vorwiegend durch Speichel übertragen und infiziert zunächst 7 B-Lymphozyten, die sich zu Lymphoblasten differenzieren. Alternative Übertragungswege sind Bluttransfusion und Transplantation. EBV persistiert lebenslang (Latenz in sog. „Memory-Lymphocyten“). Bei immunkompetenten Personen kommt es immer wieder zu klinisch kaum wahrgenommenen Reaktivierungen mit Ausscheidung des Virus. Die Prävalenz von EBV in Deutschland steigt von 40 % bei 2-jährigen Kindern auf nahezu 100 % im Erwachsenenalter. Analytik. Direktnachweis: Die Bestimmung von EBV-DNA mittels

7 Polymerasekettenreaktion (PCR) ist die Methode der Wahl, um die Reaktivierung einer EBV-Infektion bei immunsupprimierten Patienten festzustellen. Die Serologie ist hier ungeeignet, da die Antikörpertiter keine Korrelation zur Viruslast aufweisen. Serologie: Nachweis von Antikörpern der Klassen IgA, IgG und IgM gegen die verschiedenen EBV-Antigene Virus-Capsid-Antigen (VCA), Early-Antigen (EA) und Epstein-Barr-Nuclear-Antigen (EBNA). Charakteristisch für eine Primärinfektion sind Antikörper der Klasse IgG und IgM gegen EA und VCA. Im Infektionsverlauf verschwindet VCA-IgM, VCA-IgG persistiert und EBNA-1-IgG tritt auf. Die EBNA-Antigene 1–6 werden im Laufe der Infektion früher als EA und VCA synthetisiert. Sie werden dem Immunsystem aber erst nach der Zerstörung der B-Zellen präsentiert, so dass im zeitlichen Verlauf Antikörper gegen VCA und EA vor den Antikörpern gegen EBNA erscheinen. Die für eine EBV-Infektion typischen heterophilen Antikörper (7 Antikörper, heterophile) treten ebenfalls vor den Antikörpern gegen EBNA auf. Antikörper gegen EA kommen bei 70–80 % der Patienten mit infektiöser Mononukleose vor, und zwar nur vorübergehend während der akuten Phase. Hohe Antikörpertiter gegen EA deuten auf chronische oder reaktivierte Infektionen hin. Sie werden aber auch im Zusam-

menhang mit dem Burkitt-Lymphom und dem Nasopharynx-Karzinom gefunden. Mehrdeutige Antikörperkonstellationen, wie ausbleibendes VCA-IgM bei Primär- oder fehlendes EBNA-1-IgG bei abgelaufenen Infektionen, lassen sich durch die Untersuchung der 7 Avidität des IgG gegen VCA differenzieren (niedrige Avidität: frische Infektion). Bemerkung: Der Nachweis heterophiler Antikörper (Paul-Bunnel-Reaktion) findet kaum noch Anwendung.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis: Mittels PCR. Untersucht wird EDTA-Blut. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen. Serologie: Serum, Plasma oder Liquor für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Differenzialdiagnostisch sind Infektionskrankheiten abzugrenzen, die ähnliche klinische Bilder hervorrufen, wie HIV, CMV, Röteln, Ringelröteln, HCV, Streptokokken-Infektion, Toxoplasmose und Malaria. Die Unterscheidung zwischen einer Primärinfektion mit EBV und deren Reaktivierung ist serologisch nicht immer möglich. Liegen Antikörper gegen EA isoliert vor, kann man von einer Primärinfektion ausgehen. Gleichzeitig nachweisbare Antikörper gegen EBNA weisen auf eine Reaktivierung hin. Eine frische EBV-Infektion ist durch einen deutlichen Titeranstieg der IgG-Antikörper gegen VCA gekennzeichnet, Antikörper der Klasse IgM können gleichzeitig auftreten, ggf. auch die typischen heterophilen Antikörper. Darüber hinaus sind bei Primärinfektionen auch Antikörper der Klasse IgA gegen die frühen EBV-Proteine nachweisbar, selten auch bei Reaktivierung. Hohe Antikörpertiter der Klasse IgA gegen VCA sowie der Klasse IgG gegen EA können als Hinweis auf ein Burkitt-Lymphom oder ein Nasopharynx-Karzinom gewertet werden. Antikörper der Immunglobulinklasse IgG gegen VCA können außer im Serum auch im Liquor cerebrospinalis bestimmt und dann der Liquor/Serum-Quotient der erregerspezifischen Antikörper errechnet werden. Ab einem definierten Grenzwert kann man davon ausgehen, dass EBV-Antikörper direkt im ZNS gebildet werden und eine zerebrale EBV-Infektion vorliegt. Die Unterscheidung frischer von länger bestehenden Infektionen gehört zu den größten Herausforderungen der Serologie. Bisher stützte man sich vor allem auf die Untersuchung spezifischer Antikörper der Immunglobulinklasse IgM, die in der Regel nur initial in Erscheinung treten, deren Nachweis aber oft unsicher und problematisch ist. Störfaktoren sind eine Persistenz der IgM-Antwort, zu schwache oder verzögerte IgM-Bildung sowie unspezifische IgM-Reaktion durch polyklonale B-Zell-Stimulation. Bei 20 % aller akuten EBV-Infektionen können keine Antikörper der Klasse IgM gegen VCA nachgewiesen werden, bei 15 % wird das IgM verzögert gebildet, andererseits persistiert es bei 4 %. Für die sichere Identifizierung von Primärinfektionen hat sich in den letzten Jahren die Untersuchung der Avidität der gebildeten Antikörper etabliert: Das Immunsystem reagiert auf eine Infektion zunächst mit der Bildung niedrig-avider Antikörper. Mit fortschreitender Krankheitsdauer wird den Antigenen immer genauer angepasstes IgG sezerniert – die Avidität nimmt zu. Solange im Serum noch kein hoch-avides IgG nachweisbar ist, kann man davon ausgehen, dass sich die Infektion in einem frühen Stadium befindet. Literatur. Andersson A, Vetter V, Kreutzer L, Bauer G (1994) Avidities of IgG directed against viral capsid antigen or early antigen: Useful markers for significant Epstein-Barr-Virus serology. J Med Virol 43: 112–115 Huzly D, Hess RD (2007) Möglichkeiten und Grenzen der serologischen Epstein-Barr-Virus-Diagnostik. Dtsch Med Wochenschr 132:151–154

Erbanlagen 7 Erbgut; 7 Gene

Ergebnistypen

Erbfaktoren 7 Gene

Erbgesundheitsforschung, Erbgesundheitslehre 7 Eugenik

455

Ergebniserfassung O. Colhoun

Synonym(e). Messwerterfassung Englischer Begriff. result input Definition. Eingabe des Ergebnisses einer Messung in die Labor-

Erbgut

EDV.

R. Weiskirchen

i Die Erfassung geschieht offline, also händisch in einer entspre-

Synonym(e). Erbmaterial; Erbanlagen Definition. Gesamtheit aller Gene und damit die Informationen für alle vererbbaren Eigenschaften eines Lebewesens i Die von den Eltern an die Nachkommen weitergegebenen Erb-

anlagen dienen zur Ausbildung charakteristischer Merkmale des Individuums. Vor einer Zellteilung wird in der Zelle die DNA exakt verdoppelt und dann jeweils eine Kopie davon an jede sogenannte Tochterzelle weitergegeben. Das Erbmaterial des Menschen besteht aus etwa 3 Milliarden Bausteinen und etwa 32.000 Genen, das von Bakterien aus etwa 3 Millionen Bausteinen und 5000 Genen. Heute wird der Begriff Erbgut häufig synonym im Sinne von 7 Gen oder 7 Allel verwendet.

Erbhygiene 7 Eugenik

Erbinformation, extranukleäre R. Weiskirchen

Synonym(e). Extrachromosomale Erbinformation; Plasmatische Erbinformation

Definition. Bei 7 Eukaryonten vorhandene Erbinformation (DNA), die sich außerhalb des Zellkerns in zytoplasmatischen Organellen wie Mitochondrien (mtDNA) und Plastiden (ptDNA) befindet. i Die extranukleare Vererbung folgt nicht der 7 Mendelschen Ver-

erbungslehre, reziproke Kreuzungen ergeben i. d. R. unterschiedliche Nachkommen. Da durch den mütterlichen 7 Gameten (Eizelle) im Allgemeinen mehr Organellen auf die 7 Zygote übertragen werden, spricht man in den meisten Fällen auch von der sog. maternalen Vererbung. Die mtDNA codiert z. B. für verschiedene Zytochrome.

Erblehre

chenden Ergebniserfassungs-Maske des Labor-EDV-7 Clients am Bildschirm, 7 online durch Datenübertragung vom Analysengerät an die Labor-EDV oder durch Generierung von Ergebnissen aus 7 Berechnungen. Für die 7 Offline-Erfassung stehen verschiedene Optionen der Eingabe zur Verfügung; Ergebniserfassung durch: 5 Auftragsnummer, 5 Labornummer, 5 Arbeitsplatzliste, 5 Parameternamen oder direkt in 5 7 Resteliste.

Ergebniskommentierung O. Colhoun

Englischer Begriff. result commentating Definition. Ausgabe eines kommentierenden Hinweises im Laborbefund, welcher für die Ergebnisbewertung durch den Kliniker relevant ist. i Befundkommentare enthalten z. B. Hinweise auf medizinische Unplausibilitäten, 7 Störgrößen von Präanalytik oder 7 Matrix sowie Empfehlung der Wiederholung einer Untersuchung oder Empfehlung zur sinnvollen Ergänzung eines Befundes.

Ergebnisstatus O. Colhoun

Englischer Begriff. result status Definition. Kennzeichnung des Bearbeitungsstatus eines Messwerts in der Labor-EDV. i Mögliche Werte sind „angefordert“, „eingangsbestätigt“, „gemes-

sen – in Validation“, „technisch validiert – Freigabe als Notfallwert“, „Wiederholung der Messung angefordert“, „medizinisch validiert“, „freigegeben“.

7 Vererbungslehre

Ergebnistexte Erbmaterial

7 Texte

7 Erbgut

Ergebnistypen Ergebnisbestätigung O. Colhoun

Englischer Begriff. result confirmation Definition. Ausdrückliche Bestätigung extremer und unplausibler

Werte bei der Erfassung durch den Benutzer des 7 Labor-EDV-Systems.

i Ergebnisse, die aufgrund der in den Stammdaten definierten

Prüfkriterien unplausibel erscheinen oder extrem weit außerhalb der 7 Referenzbereiche liegen, müssen ausdrücklich bestätigt werden. Hierzu erfolgt eine Aufforderung an den Benutzer am Bildschirm, den Wert nochmals einzugeben und die Eingabe mit seiner Benutzerkennung zu bestätigen.

Ergebnisdatenänderungen 7 Datenänderungen

O. Colhoun

Englischer Begriff. result types Definition. Verschiedene Typen von Messergebnissen, die Analysen in der Labor-EDV innehaben können. i Die 7 Stammdaten legen fest, welche bestimmten Eingaben im Ergebnisfeld zulässig sind. Diese Festlegung gilt für die 7 OfflineMesswerterfassung, 7 Online-Ergebnisübernahme und Ergebnisgenerierung aus Berechnungen und steuert die Darstellung auf dem Befund und die 7 Plausibilitätsprüfungs-Regeln bei der Messwerterfassung.

Quantitative Ergebnisse sind Zahlenwerte, ggf. mit einer festgelegten Zahl von Nachkommastellen. Qualitative Ergebnisse (Text oder Semiquantitativ): Es können beliebige Zeichen eingegeben werden. Durch Eingabe festgelegter Textkür-

E

456

Ergebnisübermittlung

zel wird die Generierung eines bestimmten Textes in diesem Ergebnisfeld bewirkt. Um welchen Typ es sich handelt, ergibt sich einerseits aus dem erfassten Datenstring (z. B. „neg“, „< 12“) und andererseits aus der Größe des Ergebnisses (z. B. „38“ kann als semiquantitativ „< 50“ gelten). Titerergebnisse Eingabe des Titerstufenwerts, auf dem Befund wird daraus die Titerangabe generiert (aus „100“ wird im Befund beispielsweise „1:100“)

Literatur. Porth AJ, Weiß R, Mansfeld E et al (2000) Pflichtenheft Labordatenverarbeitung. GMDS Arbeitsgruppe Labordatenverarbeitung: http://wwwlabor.uni-muenster.de/gmds/pflichtenheft

Ergebnisübermittlung O. Colhoun

Englischer Begriff. result transmission Definition. Art der Datenübergabe vom Analysegerät an das 7 Labor-EDV-System. i Das jeweilige gerätespezifische Treiberprogramm der Labor-EDV

bringt die vom Analysegerät gelieferten Messwerte in eine einheitliche Form und legt sie im Zwischenspeicher ab. Ein Programm zur Messwertzuordnung übernimmt deren Zuordnung zu den jeweiligen Aufträgen. Die Übermittlung der Messwerte kann vom Gerät probenspezifisch (Beispiel: Eilanforderung, die am Gerät vorrangig bearbeitet wurde) oder blockweise (vorgegebenes Zeitintervall zur Übermittlung aller seit der letzten Datensendung gemessenen Werte) erfolgen.

Ergocalciferol (D2) 7 Vitamin D

Ergosterin 7 Vitamin D

Ergosterol 7 Vitamin D

Erlenmeyer, Emil T. Arndt

Lebensdaten. Deutscher Chemiker, geboren am 28. Juni 1825 in Taunusstein, gestorben am 22. Januar 1909 in Aschaffenburg

Verdienste. Professor der Chemie in Heidelberg und München. Klärte die Strukturen von Naphthalin, Azo-, Hydrazo- und Azoxykörpern auf. Herausgeber von „Liebigs Annalen“. Erfinder des „Erlenmeyerkolbens“.

ERM-DA470, ERM-DA470k/IFCC 7 CRM470

Erreger-Direktnachweis W. Stöcker

Englischer Begriff. direct detection of pathogens Beschreibung. In der Laboratoriumsdiagnostik der Infektionskrankheiten werden zwei Prinzipien angewendet: 1. direkter Nachweis des Erregers, von Bestandteilen des Erregers oder seiner Produkte, 2. Erfassung spezifischer Immunreaktionen gegen den Erreger. Für die Bestimmung der Mikroorganismen besitzen klassische Verfahren, wie Mikroskopie und Kultur, biochemische und serologische Identifizierung noch eine große Bedeutung: Mittels verschiedener mikroskopischer Methoden und Färbeverfahren sind Aussagen über die charakteristischen Eigenschaften des Erregers möglich. Die Kulti-

vierung von Bakterien und Pilzen auf geeigneten festen oder flüssigen Nährmedien sowie die anschließende Isolierung und Identifizierung geben Aufschluss über erregerspezifische morphologische, physiologische, metabolische und chemische Merkmale. Die erregerspezifischen Antigene können mit polyklonalen oder monoklonalen Antikörpern markiert werden. Dazu gekommen sind moderne molekularbiologische Techniken, wie Protein- oder DNA-Sequenzierung, DNA-Hybridisierung, GenAmplifikation und die Analyse von Restriktions-Fragment-LängenPolymorphismen (RFLP).

Erregerspezifische Antikörper im Liquor (CSF) 7 Liquor-Antikörper, spezifischer Index

Erstmilch 7 Kolostrum

Erwartungswert von Messwerten G. Schumann

Englischer Begriff. expectation Definition. Das mittlere Ermittlungsergebnis, welches aus der unablässig wiederholten Anwendung des unter vorgegebenen Bedingungen angewendeten Ermittlungsverfahrens gewonnen werden könnte (DIN 55350 1987). i Mittelwert derjenigen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Mess-

werte, die zu einer bestimmten Realisierung eines Analyse-/Messverfahrens gehört. Bei Vorliegen mehrerer Messergebnisse kann er durch deren arithmetisches Mittel geschätzt werden, und zwar umso besser, je größer ihre Anzahl ist. Die Differenz zwischen dem Erwartungswert und dem Zielwert wird als systematische Messabweichung (vom Zielwert) bezeichnet (7 Abb. 1).

Literatur. Begriffe der Qualitätssicherung und Statistik (1987) DIN 55350 Teil 13, 1.5. Beuth-Verlag, Berlin

Erworbenes B-Antigen 7 Acquired B-Antigen

Erythema infectiosum 7 Parvo-Viren

Erythroblasten H. Baum

Englischer Begriff. erythroblast Definition. Kernhaltige Vorstufen der Erythropoese i Erythroblasten sind kernhaltige Vorstufen der Erythropoese

und sind beim Gesunden lediglich im Knochenmark nachweisbar (7 Abb. 1). Die Ausreifung erfolgt ausgehend vom 7 Proerythroblasten als unreifster Form über den basophilen Erythroblasten, polychromatischen Erythroblasten und orthochromatischen (oxyphilen) Erythroblasten zum reifen Erythroblasten (7 Abb. 2). Dabei behalten die Erythroblasten die Fähigkeit zur Teilung. Während dieser Entwicklung ändert sich die Färbung des Zytoplasmas von dunkelbasophil zur rötlichen Färbung der reifen Erythrozyten. Der Kern verändert sich von einem großen runden Kern (Durchmesser 10–17 μm) mit dichter netzartiger 7 Chromatinstruktur zu einem kleinen sehr dichten, pyknotischen Kern (Durchmesser 6 μm). Im peripheren Blut wurden die Erythroblasten früher als 7 Normoblast bezeichnet. Der Anteil der Erythroblasten an den kernhaltigen Zellen des Knochenmarks beträgt etwa 19 % an der Gesamtzellzahl und 95 % innerhalb der erythrozytären Zellreihe.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S

Erythron

457

E

Erwartungswert von Messwerten. Abb. 1. Graphische Darstellung verschiedener Fehlerarten bei laboratoriumsmedizinischen Untersuchungen. EW Erwartungswert; MW Messwert ( ); s Standardabweichung; VK Variationskoeffizient (relative Standardabweichung); ZW Zielwert. 1)in Prozent des Zielwerts; 2)auch als „total error“ bezeichnet: biasmax + 1,96 × VK (1,96 = zentrales 95 %-Intervall der Messwerteverteilung)

t

Erythroblasten. Abb. 1. Pfeile Knochenmark

Erythroblasten. Abb. 2. Ein polychromatischer Erythroblast (1) und zwei orthochromatische Erythroblasten (2); Knochenmark 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

(Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 288–292

throzytärer Vorstufen ist sekundärer Natur. Sie ist im Regelfalle ein Ausdruck einer extramedullären Blutbildung. Dabei kommen ursächlich in erster Linie Knochenmetastasen solider Tumoren in Frage, die dann sekundär zu einer extramedullären Blutbildung führen.

Erythroleukämoide Reaktion H. Baum

Englischer Begriff. erythroleukemoid reaction Definition. Auftreten kernhaltiger Vorstufen der Erythrozyten sowie unreifer Formen der Granulozytopoese im peripheren Blut im Verlauf von nicht hämatologischen Erkrankungen. i Die erythroleukämoide Reaktion beschreibt das Auftreten von

kernhaltigen Vorstufen der Erythropoese, aber auch Vorläuferzellen der Granulopoese im peripheren Blut. Es handelt sich dabei nicht um eine hämatologische Systemerkrankung, sondern das Auftreten ery-

Literatur. Begemann H, Begemann M (1997) Praktische Hämatologie. 10., unveränderte Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 141

Erythron A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Erythrozytenorgan Englischer Begriff. erythron Definition. Gesamtmasse der Erythrozyten im Körper

458

D-Erythropentose

i In der Hämatologie relativ selten gebrauchter Begriff für die Ge-

samtmasse der Erythrozyten und deren Kern-Zellreifungsklassen (Vorläuferzellen) unabhängig von deren intra- oder extravasaler Lokalisation, z. B. im Knochenmark.

D-Erythropentose 7 Ribose

Erythropoese, ineffektive H. Baum

Englischer Begriff. ineffective eythropoiesis

einer Zellteilung und -reifung mit Erhöhung der Erythrozytenmasse und über den Anstieg des O2-Drucks zu einer negativen Rückkopplung auf die Erythropoetintranskription und -sekretion.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparinplasma. Keine besonderen Abnahmebedingungen.

Probenstabilität. Bei Raumtemperatur bis zu 2 Wochen, bei –20 °C > 2 Monate.

Präanalytik. Andere Materialien als Serum oder Heparinplasma führen zu einer niedrigeren Wiederfindung. Analytik.

Definition. Verminderung der effektiv produzierten Erythrozyten bei

5 RIA 5 ELISA

ausreichender Anzahl erythrozytärer Vorstufen im Knochenmark.

Konventionelle Einheit. mIU/mL

i Die ineffektive Erythropoese beschreibt Zustände, bei denen die

Internationale Einheit. IU/L

Zellreifung im Proliferations- und Reifungskompatiment der Erythropoese gestört ist. Während der Proliferations- und Reifungsphase geht ein Großteil der 7 Erythroblasten wieder zugrunde mit dem Ergebnis einer ungenügenden Anzahl an reifen Erythrozyten. Bei intaktem Regulationskompartiment kommt es intramedullär zu einer regulativen Erhöhung der Anzahl unreifer Erythroblasten mit erhöhter Markzelldichte.

Literatur. Heimpel H, Prümmer O (1998) Bedeutung und Effizienz der Blutzelldiagnostik. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 6–35

Erythropoese-Leukozytopoese-Verhältnis H. Baum

Synonym(e). Granulozytopoese/Erythropoese-Index; G/E-Index i Das Erythropoese-Leukozytopoese-Verhältnis beschreibt als Verhältniszahl den Anteil an Zellen der Granulozytopoese zu den kernhaltigen Zellen der Erythropoese im Knochenmark. Das Verhältnis liegt beim Gesunden bei einem G/E-Index von ca. 3,0. Änderungen des G/E-Index können durch Vermehrung oder Verminderung einer der beiden Zelllinien bedingt sein.

Literatur. Boll I (1998) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 287

Erythropoetin H. Baum

Synonym(e). Erythropoietin; EPO Englischer Begriff. erythropoietin, EPO Definition. Glykoprotein, das die erythrozytäre Vorläuferzellen zur Ausdifferenzierung stimuliert.

Struktur. Glykoprotein mit 4 antiparallelen α-Helix-Strukturen.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 Referenzbereich — Erwachsene. 6–25 IU/L, jedoch stark abhängig vom eingesetzten Assay

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation.

5 Verdacht auf renale Anämie 5 unklare normozytäre Anämie 5 vor einer Therapie mit Erythropoetin als Ausgangswert

Interpretation. Bei einer erhöht gemessenen EPO-Konzentration sind differenzialdiagnostisch in Erwägung zu ziehen: 5 Eisenmangelanämie 5 hämolytische Anämien 5 Zustand nach einem akuten Blutverlust 5 sekundäre Polyglobulien 5 paraneoplastisch bei einigen Tumoren 5 im zweiten und letzten Drittel der Schwangerschaft Bei einer verminderten EPO-Konzentration kommen differenzialdiagnostisch in Betracht: 5 renale Anämie (Ausmaß hängt vom funktionsfähigen Rest des Nierenparenchyms ab) 5 Polycythämia vera

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung des Erythropoetins ist primär zur Differenzialdiagnostik einer normochromen, normozytären hyporegenerativen Anämie indiziert. Ein Mangel an EPO ist dabei am häufigsten durch eine chronische Niereninsuffizienz verursacht. Eine erhöhte Konzentration ist bei absoluten oder relativen Anämien mit einer verminderten Sauerstoffsättigung des Gewebes nachweisbar. Literatur. Tabbara IA (1993) Erythropoietin, Biology and Clinical Application. Arch Int Med 153:298–304 Kurtz A (2007) Funktion der Niere und Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes – Erythropoietin. In: Löffler G, Petrides PE (Hrsg) Biochemie und Pathobiochemie. 8. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 911–913

Molmasse. ~30 kDa, wobei der Peptidanteil 18,4 kDa beträgt Halbwertszeit. 6 h Funktion und Pathophysiologie. Erythropoetin wird überwiegend (> 90 %) von den Fibroblasten der peritubulären Kapillaren in der Niere gebildet und steht im Mittelpunkt der Regulation der Erythropoese. Ein kleinerer Teil wird in der Leber und in Makrophagen synthetisiert. Die Regulation der Erythropoetinsynthese erfolgt auf Transkriptionsebene durch den Transkriptionsfaktor Hypoxie-induzierbarer Faktor (HIF-1). Dieser konstant synthetisierte Faktor besteht aus den beiden Untereinheiten α und β. Bei hohem O2-Druck erfolgt eine Hydroxylierung der α-Untereinheit, was zu einem verstärkten Abbau des HIF-1 und somit zu einer Repression der Erythropoetintranskription führt. Das Erythropoetin bindet an spezifische Rezeptoren der erythrozytären Progenitorzellen (7 BFU-E, CFU-E). Dies führt zu

Erythropoietin 7 Erythropoetin

Erythrosiderophage 7 Siderophagen

D-Erythro-6-trihydropropyl-pterin 7 Neopterin

Erythroxylon coca 7 Kokastrauch; 7 Kokain

Erythrozytenenzyme

Erythrozytäre Blutgruppenmerkmale 7 Blutgruppenantigene, erythrozytäre

Erythrozyten H. Baum

Synonym(e). Normozyten Englischer Begriff. erythrocytes Definition. Kernlose hämoglobinhaltige Zellen des Blutes, die dem Sauerstofftransport dienen. i Erythrozyten sind die Effektorzellen der 7 Erythropoese. Sie sind

kernlose bikonkave Scheiben mit einem mittleren Durchmesser von 7,5 μm bei einer mittleren Dicke von 1,5 μm. Hauptinhaltsstoff der Erythrozyten ist das 7 Hämoglobin, das reversibel Sauerstoff binden kann, gleichzeitig auch dem CO2 Transport und als Puffer dient. Das Zytoskelett der Erythrozyten besteht überwiegend aus Spektrinmolekülen. Diese verleihen dem Erythrozyten eine sehr hohe Verformbarkeit. Durch die flache diskoide Form haben die Erythrozyten eine sehr große Oberfläche sowie kurze Diffusionsstrecken, was den Gasaustausch erleichtert. Durch ihre hohe Verformbarkeit können Erythrozyten auch kleinste Kapillaren mit Durchmessern von 5 μm durchströmen; s. a. kleines Blutbild(7 Blutbild, kleines), Erythrozytenmorphologie, 7 Erythrozytenzählung).

Literatur. Bauer C, Walzog B (2005) Blut: Ein flüssiges Organ. In: Klinke R, Pape H-C, Silbernagl S (Hrsg) Physiologie. 5., komplett überarbeitete Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 223–254

459

Literatur. Bain BJ (2001) Blood cell morphology in health and disease. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (eds) Practical Haematology. 9th edn. Churchill Livingstone, London, S 86

Erythrozytenantikörper 7 Autoantikörper gegen erythrozytäre Antigene

Erythrozytendysmorphie 7 Dysmorphe Erythrozyten im Urin

E

Erythrozyteneinschlüsse H. Baum

Englischer Begriff. erythrocyte inclusions Definition. In der panoptischen Färbung nach Pappenheim (7Pappenheim-Färbung) nachweisbare intraerythrozytäre Einschlusskörper. i Erythrozyteneinschlüsse sind im Ausstrichpräparat nachweisba-

re intraerythrozytäre Strukturen unterschiedlichster Ätiologie. Unterschieden werden 7 Howell-Jolly Körper, 7 basophile Tüpfelung, 7 Pappenheimkörper, 7 Heinz Innenkörper, 7 Cabot Ringe, Kerne (7 Erythroblasten) oder Parasiten.

Literatur. Bartel R, Thomas L (2005) Differenzialblutbild. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft, Frankfurt, S 527

Erythrozytenenzyme H. Baum

Erythrozyten, polychromatische H. Baum

Englischer Begriff. erythrocyte enzymes Definition. Intraerythrozytäre Enzyme des anaeroben Glukosestoff-

Synonym(e). Polychromasie

wechsels.

Englischer Begriff. polychromatic erythrocyte

i An der Energiebereitstellung des Erythrozyten sind verschiedene

Definition. In der panoptischen Färbung nach Pappenheim (7 Pappenheim-Färbung) bläulich (basophil) gefärbte Erythrozyten. i Im Ausstrichpräparat sind Erythrozyten nachweisbar, bei denen

die Kern- und Zytoplasmareifung nicht parallel abgelaufen sind. Obwohl der Kern bereits ausgestoßen ist, enthält das Zytoplasma noch RNA, welche sich mit basischen Farbstoffen bläulich anfärbt. Der Nachweis polychromatischer Erythrozyten (7 Abb. 1) ist ein Zeichen einer erhöhten Regenerationsaktivität des Knochenmarks und kann häufig bei Anämien beobachtet werden. Sie entsprechen somit den Retikulozyten.

Enzyme beteiligt. Ein Mangelzustand bzw. eine veränderte funktionelle Enzymaktivität kann die Energiebereitstellung des Erythrozyten beeinträchtigen. Dies führt zu einer verkürzten Erythrozytenüberlebenszeit sowie zu hämolytischen Anämien. Grundsätzlich eingeteilt werden die Enzymdefekte in solche des Pentose-Phosphat-Shunts und der Glykolyse. Die klinisch bedeutendsten Enzymopathien sind dabei der 7 Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel und der 7 Pyruvatkinase-Mangel. Dabei ist die klinische Ausprägung des

Erythrozytenenzyme. Tab. 1. Referenzbereich der Erythrozytenenzyme (aus Lit.) Enzym

μmol Substratumsatz/ g Hb/min

μmol Substratumsatz/ 1011 Ery/min

Glykolyse Pyruvatkinase

20,2 ± 2,2

41 ± 10

1,0 ± 0,1

2,3 ± 0,5

Glukosephosphatisomerase

44,7 ± 4,8

124 ± 13

Triosephosphatisomerase

2180 ± 254

6055 ± 705

Hexokinase

Pentosephosphatzyklus und Glutathionstoffwechsel

Erythrozyten, polychromatische. Abb. 1. Polychromasie der Erythrozyten. Neben oxyphilen Erythrozyten sind bläulich gefärbte (polychromatische) Erythrozyten nachweisbar. 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung

Glukose-6-PhosphatDehydrogenase

11,0 ± 1,6

30,6 ± 4,5

6-PhosphogluconatDehydrogenase

9,5 ± 1,5

26,2 ± 4,1

Glutathionreduktase

4,6 ± 0,8

25,7 ± 3,0

460

Erythrozyten-Indices

Enzymmangels sehr unterschiedlich. In Abhängigkeit des zu Grunde liegenden Gendefektes reicht die Symptomatik von inapparenten Verläufen über hämolytische Krisen bei oxidativem Stress bis hin zu schwersten permanenten hämolytischen Krisen. Zum Nachweis einer verminderten intraerythrozytären Enzymaktivität wird die Messung der Enzymaktivität im Hämolysat durchgeführt. Bei einigen Enzymopathien müssen jedoch zusätzliche Parameter wie z. B. die Enzymkinetik, pH-Optimum, Thermostabilität oder eine Elektrophorese als zusätzliches Kriterium herangezogen werden. In 7 Tab. 1 sind die Referenzbereiche der einzelnen Enzyme aufgelistet.

Literatur. Kohne E (2005) Erythrozyten-Enzyme. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft, Frankfurt, S 506–509

Erythrozyten-Indices

Literatur. Stobbe H (1998) Erythrozytenindizes. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 73–78

Erythrozyten-Makrophagen im Liquor (CSF) 7 Liquor-Erythrophagen

Erythrozytenorgan 7 Erythron

Erythrozytensedimentationsrate 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit nach Wintrobe

H. Baum

7 Wintrobe-Methode der Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

Englischer Begriff. red blood cell indices Definition. Rechnerisch ermittelte Kenngrößen zur Charakterisierung der Erythrozyten und Klassifizierung von Anämien. Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut Analytik. Abgeleitete Kenngrößen der Erythrozyten. Referenzbereich. MCH 28–33 pg; MCV 80–96 fL; MCHC 330–360 g/L Bewertung. Die Erythrozytenindices können aus den Kenngrößen Erythrozytenzahl, Hämatokrit und Hämoglobinkonzentration ermittelt werden. Unterschieden werden das mittlere Erythrozytenvolumen (MCV: mean corpuscular volume), der mittlere Hämoglobingehalt des Einzelerythrozyten (MCH: mean corpuscular hemoglobin) und die mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC: mean corpuscular hemoglobin concentration). Mit ihrer Hilfe können die verschiedenen Anämieformen eingeteilt und klassifiziert werden (7 Tab. 1). Erythrozyten-Indices. Tab. 1

Erythrozytensenkungsreaktion (ESR) 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

Erythrozytenverteilungsbreite H. Baum

Synonym(e). RDW Englischer Begriff. red cell distribution width Definition. Mittlere Abweichung des mittleren Erythrozytenvolumens in automatischen Zählgeräten. i Der RDW ist ein Maß für die Variation des mittleren korpusku-

lären Volumens (MCV) der Erythrozyten. Mathematisch ist es der Variationskoeffizient des MCV nach der Formel RDW = (Standardabweichung des MCV / MCV) × 100 Bei Erwachsenen ist ein RDW von < 14 % als normal anzusehen, Neugeborene haben einen höheren RDW. Werte darüber bedeuten das Vorhandensein von ungleich großen Erythrozyten. In der morphologischen Differenzierung entspricht dies der 7 Anisozytose.

Messgröße

Anämieform

Erkrankung/Zustände

MCH, MCV und MCHC normal

Normochrome normozytäre Anämie

Nicht regenerative Anämien, akuter Blutverlust, chronisch entzündliche Erkrankungen, Maldigestion, Malabsorption, endokrine Störungen

Literatur. Bessman JD (1986) Automated Blood Counts and Differentials. A Practical Guide. Johns Hopkins University Press, Baltimore, S 5–56

MCV normal, MCH und MCHC erhöht

Hyperchrome normozytäre Anämie

Intravaskuläre Hämolyse, Störungen der Hämoglobinmessung durch Hyperlipidämie

7 Price-Jones-Kurve

MCV und MCH erniedrigt, MCHC normal

Hypochrome mikrozytäre Anämie

Eisenmangelanämie, Hämoglobinopathien

MCV und MCH erhöht, MCHC normal

Hyperchrome makrozytäre Anämie

Vitamin-B12- und/oder Folsäuremangel

Erythrozytenverteilungskurve nach Price-Jones Erythrozytenvolumen H. Baum

Synonym(e). MCV Englischer Begriff. mean red cell (corpuscular) volume Definition. Volumen des Einzelerythrozyten.

MCV erniedrigt, MCH und MCHC erhöht

Schwere hereditäre Sphärozytose (Kugelzellanämie)

MCV, MCH und MCHC erhöht

Störung der Messung durch Kälteagglutinine. Es werden die Erythrozyten zu niedrig und das MCV zu hoch bestimmt. Dadurch wird der Hämatokrit zu niedrig und in der Folge das MCH und MCHC zu hoch gemessen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut Probenstabilität. Bei Raumtemperatur mindestens 24 h lagerfähig. Analytik. Rechnerisch aus den Kenngrößen 7 Hämatokrit und 7 Erythrozytenzahl:

MCV (fL) = Hämatokrit (L/L) / Erythrozytenzahl (× 1012/L) × 103 oder direkt als Messgröße in Blutzellzählgeräten

Konventionelle Einheit. fL Internationale Einheit. fL

ESR

Referenzbereich — Erwachsene. 80–96 fL Referenzbereich — Kinder. Altersabhängig, wobei Säuglinge und Kleinkinder deutlich höhere MCV-Werte haben. Indikation. Differenzialdiagnostik und Klassifikation der Anämien. Interpretation. Anämien können an Hand des MCV eingeteilt werden. Dabei sollte jedoch das MCV immer im Zusammenhang mit dem MCH und MCHC interpretiert werden: 5 mikrozytär (MCV erniedrigt); vor allem bei Eisenmangelanämien, Thalassämien 5 normozytär (MCV normal); vor allem bei chronischer Blutungsanämie, akutem Blutverlust, aplastische Knochenmarksyndrome 5 makrozytär (MCV erhöht); vor allem bei Vitamin B12 oder Folsäuremangel 5 ein erhöhtes MCV kann auch präanalytische Ursachen haben; so schwellen die Erythrozyten im Blutröhrchen (z. B. während des Probentransports in ein externes Labor) gewöhnlich an, was zu Fehlinterpretationen bzgl. einer makrozytären Anämie führen kann Diagnostische Wertigkeit. Das MCV ist eine Screeningmethode in

fohlen werden kann. Die automatisierte Messung gilt als Standardmethode. Die Kosten der Untersuchung sind gering.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Erythrozytenzählung sollte nur noch mit automatisierten Zählsystemen erfolgen, da die manuelle Zählung mit einem zu hohen VK behaftet ist. Bei der automatisierten Zählung werden jedoch keine Erythrozyten, sondern nur Ereignisse innerhalb eines vorher definierten Größenbereichs gezählt. Da bei der Erythrozytenzählung auch die Leukozyten mitgezählt werden, was auf Grund der geringen Leukozytenzahl im Vergleich zur Erythrozytenzahl normalerweise unproblematisch ist, kommt es bei Leukozytenzahlen > 100 G/L zu einer signifikant erhöht gemessenen Erythrozytenzahl. Auch Riesenthrombozyten werden bei den automatisierten Systemen als Erythrozyten mitgemessen, was zu falsch niedrigen Thrombozytenwerten führt. Dies hat dann direkte Auswirkungen auf die 7 Erythrozyten-Indices MCH, MCV und kann zu Falschinterpretationen in der Anämiediagnostik führen.

Literatur. Thomas L (2005) Erythrozyten. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft, Frankfurt, S 675–681

Erythrozytenzylinder

der Anämiediagnostik. Werte unterhalb oder oberhalb der Referenzbereichsgrenze müssen in der Zusammenschau mit den anderen Parametern des kleinen Blutbildes (7 Blutbild, kleines) gewertet werden.

7 Zylinder im Urin

Literatur. Stobbe H (1998) Erythrozytenindices. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 73–78

7 Polyglobulie

Erythrozytenzählung H. Baum

Englischer Begriff. red blood cell count Definition. Bestimmung der Erythrozytenzahl in einem definierten Volumen.

Physikalisch-chemisches Prinzip.

5 Manuelle Kammerzählung z. B. in einer NEUBAUER oder THOMA-Zählkammer einer mit Hayem-Lösung verdünnten Blutprobe. 5 Mechanisierte Zählung Impedanzmessung: Messung der Widerstandsänderung zwischen zwei Elektroden bei Durchtritt der Erythrozyten durch eine Kapillare im elektrischen Feld. Die in einer isotonen Salzlösung suspendierten Erythrozyten führen beim Durchtritt durch die Kapillare zu einer Änderung des Widerstandes, da ihre elektrische Leitfähigkeit im Vergleich zur Salzlösung geringer ist. Die Höhe der Widerstandänderung ist dabei proportional der Größe. Streulichtmessung im kontinuierlichen Durchfluss (optisches Dunkelfeld-Prinzip): Die Erythrozyten passieren einzeln eine Kapillare. Ein durch diese Kapillare geleiteter monochromatischer Lichtstrahl wird an den Erythrozyten gestreut. Das auf einer Photozelle auftreffende Streulicht ist dabei proportional zur Zellgröße, die Anzahl der Impulse proportional zur Zellzahl.

Einsatzgebiet. Kleines Blutbild, Differenzialdiagnostik der Anämien Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut Fehlermöglichkeit.

5 Manuelle Methode: EDTA-Blut nicht genügend gemischt, falsche Verdünnung. Insgesamt ist die manuelle Zählung mit einer großen Unpräzision behaftet (VK > 10 % der Doppelbestimmung). 5 Bei der automatisierten Bestimmung führen Erythrozytenaggregate zu einem falsch-niedrigen Ergebnis, während eine ausgeprägte Leukozytose > 100 G/L zu falsch-hohen Ergebnissen führt, da die Leukozyten miterfasst werden. Auch Riesenthrombozyten werden mitgemessen, dies führt zu einer fälschlich niedrigen Thrombozytenzahl.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Handmethode ist mit großem Zählfehler behaftet, weshalb diese Methode nicht mehr emp-

461

Erythrozytose Esbach-Hayward Albuminometer 7 Esbach-Probe

Esbach-Probe W.G. Guder

Synonym(e). Albuminometer nach Esbach; Esbach-Hayward Albuminometer

Englischer Begriff. Esbach’s albuminometer test Definition. Historische Methode zur quantitativen Erfassung von Protein im Urin mit Hilfe von Pikrinsäure. i Das von Georg Hubert Esbach (1843–1890) entwickelte Albumi-

nometer beruht auf der Beobachtung, dass Urinalbumin (Protein) ausfällt, wenn dem Urin Pikrinsäure zugesetzt wird. Das Reagenz bestand aus 10 g Pikrinsäure, 20 g Citronensäure ad 1 L destilliertes Wasser. Ein bis zur Marke mit Urin gefülltes Esbach-Röhrchen wurde mit einigen mL Reagenz bis zur Marke R versetzt und das Röhrchen nach Umschwenken für 24 h unter Lichtabschluss stehen gelassen. Die niedergeschlagene Proteinmenge konnte am Röhrchen in Promill (g/L) abgelesen werden. Dieser unspezifische und zeitaufwändige Test wurde von Aufrecht modifiziert, indem nach Zusatz der Pikrinsäure das Röhrchen gemischt und 2–3 min zentrifugiert wurde, sodass die Ablesung nach wenigen Minuten möglich war. Das Verfahren hat sich bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts gehalten, ist jedoch heute vollständig von quantitativen Methoden zur Proteinbestimmung im Urin abgelöst.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

ES-Forschung 7 Embryonenforschung

ESI 7 Massenspektrometrie

ESR 7 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit nach Westergren

E

462

Essenzielle Fettsäuren

Essenzielle Fettsäuren 7 Vitaminoide

Analytik. 7 Immunoassay Konventionelle Einheit. ng/L Internationale Einheit. pmol/L

Essigsäurealdehyd 7 Acetaldehyd

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/L × 3,671 = pmol/L Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1

Essigsäuresalz 7 Acetat

Estradiol. Tab. 1. Referenzbereich Frauen Zyklusphase

Tag

Estradiolkonzentration (ng/L)

Follikelphase

–12

11,0–69,0

Follikelphase

–4

63,0–165

1

146–526

Lutealphase

+2

33,0–150

theelin

Lutealphase

+6

68,0–196

Definition. Estradiol ist das natürliche Estrogen der Frau und für

Lutealphase

+12

36,0–133

Esterasenachweis mit α-Naphthylacetat 7 α-Naphthylacetat-Esterasereaktion

Estradiol H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Östradiol; E2 Englischer Begriff. oestradiol; agofollin; dihydrofolliculin; dihydro-

die Ausprägung von deren sekundären Geschlechtsmerkmalen verantwortlich. Darüber hinaus hat Estradiol praktisch ubiquitäre Wirkungen, so z. B. am Skelett, an der Haut, am zentralen Nervensystem, auf die Schleimhäute und auf die Leberfunktion (u. a.). Mit den zytoplasmatischen Estrogenrezeptoren geht es eine Verbindung höchster Affinität ein.

Struktur. (17β)-Estra-1,3,5(10)-triene-3,17-diol, C18H24O2 Molmasse. 272,4 g

mittzyklischer Peak:

Postmenopause (unbehandelt)

< 37,0

Schwangerschaft 1. Trimester

302–6980

2. Trimester

1005–17890

3. Trimester

4353–17600

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Estradiol wird vor allem

aus der unmittelbaren biosynthetischen Androgenvorstufe 7 Testosteron aromatisiert. Nahezu ausschließlicher Bildungsort von Estradiol bei der Frau sind die Granulosazellen des reifenden Follikels. Somit hat es seine größte klinische Bedeutung bei der Beurteilung der Follikelfunktion. Dementsprechend findet man bei der postmenopausalen Frau sehr niedrige Estradiolwerte, die nur etwa 5 % derjenigen entsprechen, die man bei der Frau im ovulatorischen Zyklus unmittelbar vor der Ovulation findet. Estradiol wird auch in der Plazenta gebildet. Es ist jedoch kein Marker der Funktion der fetoplazentaren Einheit. Im Plasma ist Estradiol zu ca. 60–65 % an Albumin und zu 35–40 % an das Sexualhormonbindende Globulin (SHBG) gebunden. Estrogene werden reversibel durch eine spezifische Dehydrogenase zu Estron oxidiert und vor allem als Glukuronide über die Nieren ausgeschieden.

Referenzbereich — Männer. < 52,0 ng/L Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 Estradiol. Tab. 2. Referenzbereich Kinder Tanner-Stadium

Estradiolkonzentration (ng/L) Mädchen

Jungen

I

5–10

3–15

II

5–115

3–10

III

5–180

5–15

IV

25–345

3–40

V

25–410

15–45

Halbwertszeit. ca. 60–90 min Funktion und Pathophysiologie. Veränderte Estradiolkonzentrationen finden sich bei Frauen im Falle von: 5 östrogenproduzierenden Tumoren (sehr selten) 5 anovulatorischen Zyklen (erhöht bei Follikelpersistenz) 5 sonstigen Ovarfunktionsstörungen aller Art, insbesondere Amenorrhoe, Corpus-luteum-Insuffizienz 5 Postmenopause bei Männern im Falle von: 5 Adipositas 5 Gynäkomastie 5 Leberzirrhose

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, (Heparin-) Plasma

Probenstabilität. Vollblut: 1 Tag bei 20–25 °C Serum/Plasma: 1 Jahr bei –20 °C, 3 Tage bei 4–8 °C, 1 Tag bei 20–25 °C

Präanalytik. Serum, Heparinplasma

Indikation. Die Hauptdomäne der Estradiolbestimmung ist die Beurteilung einer Ovarfunktionsstörung, die Sterilitätsbehandlung und die Kontrolle der Estradiolkonzentration während der Hormonsubstitution bei Estrogenmangelzuständen, speziell in der Postmenopause. Da Estradiol ein Parameter der Follikelreifung ist, ist die Estradiolkonzentration im geschlechtsreifen Alter der Frau strikt zyklusabhängig zu beurteilen. Bei einer verstärkten Aromatisierung aus Testosteron oder Androstendion können auch bei Männern erhöhte Estradiolwerte nachgewiesen werden, zum Beispiel bei Adipositas, Lebererkrankungen und bei einer adrenalen Hyperandrogenämie. Interpretation. Zur Beurteilung ist die Dokumentation der Zyklusphase und/oder ein sonographischer Befund (Follikelgröße, -zahl, Endometriumdicke) nötig.

Estriol

Die Beeinflussung der Estradiolkonzentration durch orale Kontrazeptiva ist zu beachten und hängt von dem jeweiligen Präparat ab. Nicht alle verabreichten Estradiolpräparate können durch die kommerziell verwendeten Assays nachgewiesen werden. Bei Leberzirrhose können erhöhte Estradiolwerte gefunden werden.

Diagnostische Wertigkeit. Bei einigen der sehr seltenen, estrogenproduzierenden Tumoren findet sich eine Konstellation von hohen Estradiol- und niedrigen HCG-Werten (7 Choriogonadotropin). In der Schwangerschaft werden sehr hohe Estradiolkonzentrationen gemessen. Im unteren Bereich < 50 pg/mL ist die diagnostische Wertigkeit nur sehr eingeschränkt. Literatur. Gassler N, Peuschel T, Pankau R (2000) Pediatric Reference Values of Estradiol, Testosterone, Lutropin, Follitropin and Prolactin. Clin Lab 46:553–560 Carlstrom K (1996) Low Endogenous Estrogen Levels – Analytical Problems and Tissue Sensitivity. Acta Obstet Gynecol Scand Suppl 163:11–15

Estriol

5 Multiple Fehlbildungen unklarer Genese bei vorangegangenem Kind, 5 Abort und Totgeburten in der Anamnese, 5 Schwangerschaft bei Diabetes, 5 Schwangere, in deren Familie eine freie Trisomie 21 (Down-Syndrom) aufgetreten ist, 5 Schwangere, die 35–38 Jahre alt sind.

Konventionelle Einheit. ng/mL (= μg/L) Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor. ng/mL × 3,47 = nmol/L Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1 Referenzbereich — Männer. < 2,0 μg/L Estriol. Tab. 1. Referenzbereich Frauen Zeitpunkt

Estriolkonzentration (μg/L)

nicht schwanger

< 2,0

H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Östriol; Unkonjugiertes Estriol; E3; uE3; Estra1,3,5(10)-trien-3,16,17-triol

Schwangerschaftswoche

Englischer Begriff. estriol

21

1,3–3,25

Definition. Estriol (C18H24O3) ist das quantitativ wichtigste Stoffwechselendprodukt von 7 Estradiol und 7 Estron mit nur schwacher Estrogenwirkung. In der Plazenta wird Estriol direkt oder aus den vom Feten synthetisierten Vorstufen gebildet. Die Bestimmung von Estriol erfolgt zusammen mit AFP (7 α-Fetoprotein) und HCG (7 Choriogonadotropin, humanes) als sogenannter 7 Triple-Test im Serum der Schwangeren zwischen der 16. und 20. SSW zur Risikoabschätzung in Bezug auf chromosomale Aberrationen beim Fetus. Estriol entsteht auch im Fettgewebe durch Aromatisierung des ARings von 7 Androstendion und stellt zusammen mit Estron die Hauptestrogenquelle in der Menopause dar.

22

1,35–3,65

23

1,4–4,05

24

1,45–4,40

25

1,50–4,87

26

1,65–5,20

27

1,85–5,60

Molmasse. 288,37 g

28

2,05–6,00

Einsatzgebiet. Seit Ende der 80er-Jahre wird der Triple-Test als eine Methode zur Risikoabschätzung einer Trisomie 21 und eines Neuralrohrdefektes eingesetzt. Der Test beruht darauf, dass die HCGWerte in der Schwangerschaft mit fetaler Trisomie 21 meist deutlich erhöht und die AFP- und uE3-Werte oft erniedrigt sind. Der PAPPA-Wert ist bei fetalen Chromosomenstörungen besonders niedrig und kann das uE3 als Marker ersetzen, falls eine frühe Blutentnahme (10.–13. Schwangerschaftswoche) möglich ist. Aus den drei Werten lässt sich unter Einbeziehung des Altersrisikos ein so genanntes kombiniertes Risiko berechnen, das eine deutlich präzisere individuelle Wahrscheinlichkeitsabschätzung für die Geburt eines Kindes mit Down-Syndrom oder anderer Chromosomenaberration gewährleistet, als das Altersrisiko allein. Damit haben auch Schwangere unter 35 Jahren eine Möglichkeit, ihr individuelles Risiko bestimmen zu lassen, und sich bei einem erhöhten Risiko evtl. für eine pränatale Chromosomenanalyse zu entscheiden.

29

2,18–6,45

30

2,35–6,85

31

2,50–7,18

32

2,70–7,60

33

2,85–8,30

34

3,00–10,00

35

3,30–12,00

36

3,70–14,00

37

4,10–16,00

Instrumentierung. 7 Immunoassay

38

4,90–18,00

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Schwangere ab dem 35. Le-

39

5,60–19,75

40

6,10–20,10

41

6,50–20,30

42

6,80–20,10

43

6,00–19,50

Untersuchungsmaterial. Serum/Plasma

bensjahr erhalten durch diesen Test eine zusätzliche Entscheidungshilfe bei der Frage, ob sie sich allein aufgrund der Altersindikation einer invasiven Diagnostik unterziehen sollten. Indikationen für die Durchführung des Triple-Tests im Sinne eines Risikogruppen-Screenings sind: 5 Neuralrohrdefekte in der Familie (Verwandte 1.–3. Grades), 5 Risiko für Neuralrohrdefekte bei Erbleiden oder Syndromen, 5 Hydrocephalus bei nahen Verwandten, 5 Gastroschisis oder Omphalozele bei vorangegangenem Kind,

463

E

464

Estrogene

Literatur. Marshall I, Ugrasbul F, Manginello et al (2003) Congenital Hypopituitarism as a Cause of Undetectable Estriol Levels in the Maternal Triple-Marker Screen. J Clin Endocrinol Metab 88:4144–4148 Flood C, Pratt JH, Longcope C (1976) The Metabolic Clearance and Blood Production Rates of Estriol in Normal, Non-Pregnant Women. J Clin Endocrinol Metab 42:1–8

Literatur. Soto AM, Michaelson CL, Prechtl NV et al (1998) Assays to Measure Estrogen and Androgen Agonists and Antagonists. Adv Exp Med Biol 444:9–23

Estron H.M. Schulte, J. Jacobeit

Estrogene

Synonym(e). Östron; E1

H.M. Schulte, J. Jacobeit

Englischer Begriff. estrone

Synonym(e). Östrogene

Definition. Estron (E1) ist neben dem 7 Estradiol (E2) der zweite

Englischer Begriff. estrogens

wesentliche von den Ovarien produzierte Estrogenparameter.

Definition. Sammelbezeichnung für die weiblichen Sexualhormone. Steroidhormone mit Sterangerüst aus 18 C-Atomen und aromatischen A-Ring.

Struktur. 3-Hydroxyestra-1,3,5(10)-trien-17-one

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Biosynthese erfolgt vor allem im Graaf-Follikel, Corpus luteum und in der Plazenta sowie in geringer Menge in Fettgewebe, Nebennierenrinde und Hoden. Die bedeutendsten physiologischen Estrogene sind 7 Estradiol, 7 Estron und 7 Estriol, deren biologische Aktivität in der genannten Reihenfolge jeweils um ca. den Faktor 3 abnimmt. Estrogene werden als Glukuronide über die Nieren ausgeschieden.

Halbwertszeit. ~60–90 min Pathophysiologie. Zentralnervensystem: 5 Steigerung der LH/FSH-Sekretion bei Abfall 5 Hemmung der Sekretion von GnRH (Rückkopplung) 5 Bildung von Endorphinen Vagina: 5 bei Abfall Verminderung der Oberflächenzellen und Glykogeneinlagerung und verminderter Karyopyknoseindex Zervix: 5 Estrogene lösen die Weitstellung von Muttermund und Zervikalkanal aus (Schleim: vermehrt, klar, spinnbar, Farnkrautphänomen) Endometrium: 5 ↑ Proliferation Myometrium: 5 ↑ Kontraktilität und Ansprechbarkeit auf Oxytocin Tuben: 5 ↑ Motilität und Sekretion Mammae: 5 Anstieg der Estrogene bewirken Wachstum Allgemein: 5 Steigerung von Durchblutung und Zellpermeabilität 5 Zunahme der Natrium- und Wasserretention 5 Stimulation der Proteinsynthese 5 Senkung der Körpertemperatur 5 Anstieg von Triglyzeriden (vermehrter VLDL-Metabolismus), Cholesterin, HDL und LDL 5 Veränderung der Blutgerinnung durch Anstieg der Gerinnungsfaktoren I und VIII 5 Estrogene bewirken Förderung des Epiphysenschlusses und eine Hemmung der osteoklastären Knochenresorption 5 vermehrte Bildung von SHBG und Steigerung der Angiotensinogensynthese in der Leber

Untersuchungsmaterial. Serum oder Heparinplasma zur Bestim-

Molmasse. 270,36 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In der Prämenopause wird allerdings nur 70–80 % des im Serum messbaren Estrons von den Ovarien synthetisiert. Die restlichen 20–30 % entstehen als Folge der Konversion von 7 Androstendion und 7 Dehydroepiandrosteron (DHEA) im Fettgewebe, vermittelt durch eine nicht vom Follikelstimulierenden Hormon (FSH) induzierte Aromatase. Höhere Estronwerte finden sich somit vor allem bei Übergewichtigen. E1 hat ein geringeres Estrogenpotenzial als Estradiol (E2), es wird durch Glukuronyltransferasen und Sulfotransferasen in der Leber konjugiert und über Urin und Galle ausgeschieden. Bei präpubertären Kindern, bei Männern und bei postmenopausalen Frauen stammt der Großteil des Estrons aus der Umwandlung von Androstendion in peripheren Geweben. Die extragonadale Konversion von Androstendion zu Estron wird durch die P-450-Aromatase katalysiert. Die periphere Konversion von Androgenen zu Estrogenen ist die Ursache dafür, dass der Abfall der Estronspiegel in der Postmenopause nicht ganz so ausgeprägt ist wie der des Estradiols. Postmenopausal höhere Estronspiegel sind korreliert mit einem geringeren Risiko einer Osteoporose bzw. Atrophisierungserscheinungen an den estrogenabhängigen Geweben, andererseits aber mit einem höheren Risiko von Endometriumsatypien. Estradiol, das orale substituiert wird, wird nach der Resorption im Darm zunächst zu einem hohen Anteil in Estron konvertiert, das dem Körper dann wieder als „Speicherform“ für eine Rekonversion in Estradiol zur Verfügung steht. In peripheren Geweben findet auch eine gegenseitige Umwandlung von Estron und Estradiol statt. Während der Schwangerschaft werden in der Plazenta aus 7 Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEA-S), das aus dem mütterlichen Blutkreislauf und den Nebennieren des Fetus stammt, große Mengen Estron gebildet.

Halbwertszeit. ~60–90 min Funktion und Pathophysiologie. ~60–90 min Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Probenstabilität. 24 h bei 2–8 °C; längerfristig einfrieren bei mindestens –20 °C

Präanalytik. Estron ist zyklusabhängig und zeigt darüber hinaus einen ausgeprägt diurnalen Rhythmus bei Nichtschwangeren und Männern. Analytik. 7 Immunoassay, 7 Chromatographie Konventionelle Einheit. pg/mL (ng/L) Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. pg/mL × 3,7 = pmol/L

mung von Estradiol und Estron.

Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1

Analytik. 7 Immunoassay

Referenzbereich — Männer. 15–65 ng/L

Referenzbereich. 7 Estradiol, 7 Estron

Indikation. Die Bestimmung von Estron kann somit in der Postme-

Bewertung. 7 Estradiol, 7 Estron

nopause eine wesentliche zusätzliche Information hinsichtlich des Nachweises bzw. des Ausschlusses eines Estrogenmangels bieten.

Ethanol

465

Molmasse. 46,07 g

Estron. Tab. 1. Referenzbereich Frauen Estronkonzentration (ng/L) Schwangerschaft 5 1. Trimester 5 2. Trimester 5 3. Trimester

61,7–715,4 166,8–1861,5 1039,2–3209,5

Postmenopause 5 mit ERT 5 ohne ERT

40,0–346,0 14,1–102,6

mit oralen Kontrazeptiva

23,6–83,1

Follikelphase

37,2–137,7

Lutealphase

49,8–114,1

Periovulatorisch

59,9–229,2

ERT Estrogen replacement therapy

Eine Veränderung der Estradiol/Estron-Ratio spiegelt die ovarielle Erschöpfung und Perimenopause wider.

Interpretation. Bei parenteraler Verabreichung von Estradiol findet man vergleichsweise niedrige Estronspiegel. Nach oraler Verabreichung von estronhaltigen Präparaten (z. B. konjugierte equine Estrogene) erscheint ein Teil des Estrons nach Konversion in Form von Estradiol. Bei der Beurteilung sowohl von Estradiol- als auch von Estronkonzentrationen ist also die Kenntnis der Verabreichungsform wichtig. Diagnostische Wertigkeit. Sehr gute Beurteilbarkeit des Estrogenstatus in der Peri- und Postmenopause.

Literatur. Carlstrom K (1996) Low endogenous estrogen levels – analytical problems and tissue sensitivity. Acta Obstet Gynecol Scand Suppl 163:11–5 Bhavnani BR, Sarda IR, Woolever CA (1981) Radioimmunoassay of plasma equilin and estrone in postmenopausal women after the administration of premarin. J Clin Endocrinol Metab 52:741–747

Etalon 7 Normal

EtG 7 Ethylglukuronid

Ethanal 7 Acetaldehyd

Ethandiolsäure 7 Oxalsäure

Ethanol A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Äthanol; Ethylalkohol; Blutalkohol; Alkohol; EtOH Englischer Begriff. ethanol; ethyl alcohol; grain alcohol; alcohol Definition. Ethanol (Summenformel: C2H6O) ist eine klare, farblose, in Wasser unbeschränkt lösliche Flüssigkeit mit toxischer Wirkung, die nach oraler Aufnahme intestinal resorbiert wird, sich in Körpergeweben proportional zu deren Wassergehalt verteilt und vorwiegend in der Leber schnell oxidativ metabolisiert wird.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ethanol (CH3CH2OH) wird nach oraler Aufnahme zu ca. 25 % bereits im Magen und zu 75 % im Duodenum und Jejunum auf Grund seiner geringen Molmasse (46,07 g), seiner guten Wasserlöslichkeit und geringen Löslichkeit in Lipiden durch einfache Diffusion resorbiert. Die Resorptionsrate ist verzögert bei gefülltem Intestinum. Die Gewebeverteilung ist direkt proportional zu ihrem Wassergehalt. Da Alkohol nur geringgradig fettlöslich ist, nehmen die Gewebelipide nur etwa 4 % des Ethanols auf. Deshalb ist die Blutalkoholkonzentration bei adipösen Patienten, die dieselbe Menge wie normgewichtige Probanden aufnehmen, deutlich höher. Das intestinal resorbierte Ethanol wird über die Pfortader der Leber zugeführt, die an der Ethanolelimination mit 90–95 % beteiligt ist (die 7 Alkoholdehydrogenase der Magenmukosa metabolisiert ca. 5 %, über die Lunge werden etwa 5 % und über die Niere etwa 1 % des resorbierten Ethanols ausgeschieden). Ein normgewichtiger Mann eliminiert ca. 100 mg Ethanol/kg KG/h entsprechend 7 g Ethanol/h bei einer 70 kg schweren Person. Auf Serum (Blut) bezogen beträgt die mittlere Abbaurate/h 0,18 g/L Serum (0,15 g/kg Vollblut). Der Metabolismus erfolgt nahezu ausschließlich oxidativ (90–95 %) zu 7 Acetaldehyd, 7 Acetat und letztlich CO2 und Wasser, nur eine kleine Fraktion wird nichtoxidativ durch Veresterung von Ethanol mit langkettigen 7 Fettsäuren (Fettsäureethylesterbildung) in Pankreas und Leber metabolisiert oder zu 7 Ethylglukuronid, 7 Ethylsulfat und Ethylphosphat konjugiert. Der oxidative Abbau in den Hepatozyten kann grundsätzlich über drei Abbauwege erfolgen (7 Abb. 1): 5 Der Hauptabbauweg (ca. 75–80 % des hepatischen Ethanolabbaus) erfolgt unter physiologischen Bedingungen durch die Alkoholdehydrogenase (ADH), die in Anwesenheit von NAD+ als Koenzym die Oxidation zum Acetaldehyd katalysiert. Das Reaktionsprodukt Acetaldehyd wird nach Aufnahme in die Mitochondrien durch die dort lokalisierte Acetaldehyddehydrogenase (Km-Wert ~1 μmol/L) in Anwesenheit von NAD+ zu Acetat abgebaut, um schließlich in Azetylcoenzym A umgewandelt und in den Intermediärstoffwechsel der Leber eingeschleust zu werden. Eine größere Fraktion gelangt über die systemische Zirkulation zum oxidativen Endabbau in periphere Gewebe. 5 Das mikrosomale Ethanol oxidierende System (MEOS) ist im endoplasmatischen Retikulum (Mikrosomenfraktionen) der Hepatozyten gelegen und mit etwa 10–20 % am oxidativen Ethanolabbau beteiligt. Die Cytochrom P450 II E1 (CYP II E1) ist auf Grund ihres höheren Km-Werts von 7–10 mmol/L erst bei höherem Substratangebot (Blutalkohol > 1,2 g/L Serum bzw. 1,0 g/kg Vollblut) am Ethanolabbau beteiligt. Im Gegensatz zum ADH-Abbauweg ist das MEOS-Enzymsystem durch chronischen Alkoholkonsum und einige im Biotransformationssystem metabolisierte Medikamente (Xenobiotika) stark induzierbar. Damit ergeben sich klinisch wichtige Interferenzen von Alkohol- und Xenobiotikastoffwechsel, die zur Beschleunigung (durch Induktion) oder Hemmung (durch Kompetition) führen können. 5 Katalaseabbauweg in den Peroxisomen. Weniger bedeutsam ist der von Katalase katalysierte Oxidationsweg von Ethanol durch Wasserstoffperoxid (H2O2) zum Acetaldehyd, der auf Grund seines hohen Km-Werts von 0,6–10 mmol/L konzentrationsabhängig nur mit etwa 2 % am Ethanolabbau beteiligt ist. Geschwindigkeitsbestimmend ist die physiologische Rate der H2O2-Produktion, die unter Normalbedingungen gering ist. Funktion und Pathophysiologie. Metabolische Konsequenzen des Ethanolstoffwechsels Sie bewegen sich auf drei Ebenen: 5 Direkte Wirkungen des Ethanols (7 Abb. 2) Neben physikalischen Veränderungen der Plasmamembranen (Fluidität), der mikrosomalen Enzyminduktion und der Aktivierung von Kupfferzellen zur Sekretion wichtiger Zytokine kommt es zur Beeinträchtigung der rezeptorvermittelten Endozytose von zirkulierenden Plasmaproteinen. 5 Ethanolinduzierte Änderung des Redoxstatus (7 Abb. 3) Beim oxidativen Ethanolabbau kommt es zu einem Anstieg des hepatischen NADH/NAD+-Verhältnisses als deren Folge neben verminderter Fettsäureoxidation und Erhöhung der Triglyzerid-

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Ethanol

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Ethanol. Abb. 1. Oxidative Metabolisierung des Ethanols

Ethanol. Abb. 2. Ethanoleffekte auf die Leber; erhöht; vermindert

synthese, Hyperlaktatämie, Hemmung der Glukoneogenese und andere Veränderungen bedeutsam sind. Die Reoxidationsrate von NAD(P)H ist nicht nur für den oxidativen Ethanolabbau sondern auch für die Redoxstatus-abhängigen metabolischen Effekte des Alkohols entscheidend. 5 Toxische Wirkungen von Acetaldehyd und Lipidperoxidation (7 Abb. 4) Der hochreaktive Acetaldehyd trägt zur Fibrogenese chronischer alkoholischer Lebererkrankungen, zur Bildung von Proteinaddukten und zur Lipidperoxidation von Zellmembranen bei. Durch Bildung kovalenter Verbindungen zwischen Acetaldehyd und Hämoglobin, Kollagen, Phospholipiden, Cytochrom P450 II E1 und Plasmaproteinen können Neoantigene entstehen, die zur Auto-

antikörperbildung führen und für die Pathogenese alkoholischer Organschäden bedeutsam sind.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma (Heparin-, EDTA- , Fluorid- oder Oxalat-Plasma), Vollblut (nach Enteiweißung mit Trichloressigsäure), Spontanurin

Präanalytik. Die Probenentnahme muss Kontaminationen vermeiden (keine Desinfektion mit Alkohol!). Wegen Verdunstung von Alkohol muss das Probengefäß möglichst vollständig gefüllt und fest verschlossen sein und darf nicht länger als 5 min offen stehen. Für forensische Zwecke werden Kunststoff-Venülen in verschiedener Ausführung, z. B. Vacutainer®, oder andere Varianten als Entnahmegefäße gefordert.

Ethanol

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Ethanol. Abb. 3. Ethanoleffekte auf den NADH-NAD-Quotienten; erhöht; vermindert

Ethanol. Abb. 4. Effekte von Azetaldehyd, EZM: extrazelluläre Matrix; erhöht; vermindert

Analytik. Es stehen heute grundsätzlich zwei Methoden zur Verfügung: 5 Enzymatische Methode Ethanol und NAD+ werden unter Mitwirkung von Alkoholdehydrogenase (ADH) zu Acetaldehyd und NADH + H+ gemäß folgender Reaktion umgesetzt:

ADH    Acetaldehyd + NADH + H + Ethanol + NAD +  

Die Menge des gebildeten NADH + H+, photometrisch durch Absorptionszunahme bei 334 oder 366 nm gemessen, ist der Ethanolmenge direkt proportional.

468

Ethanol als Einflussgröße

Die enzymatische Methode ist spezifisch für Alkohole, weist einen intraseriellen VK von 1,2 % und eine Nachweisgrenze von 0,1 g/L auf. Stärkere Hämolyse (Hämoglobin) führt zu signifikanter negativer Beeinflussung der Messreaktion. Die Methode ist für klinisch-toxikologische Untersuchungen gut geeignet. 5 Head-Space-7 Gaschromatographie Sie stellt ein spezifisches Verfahren zur quantitativen Ethanolbestimmung in Blut- und Urinproben dar, die auf Grund folgender Kriterien für forensisch-toxikologische Untersuchungen geeignet ist: gute Differenzierbarkeit von Ethanol und anderen flüchtigen Substanzen, gute Reproduzierbarkeit, weitgehende Automatisierung, kurze Analysendauer. Die Dampfraumanalyse (Head-SpaceAnalyse) gilt heute als anerkanntes Verfahren. Das Probengefäß wird auf eine eingestellte Temperatur thermostatisiert, sodass sich ein dynamisches Gleichgewicht zwischen der flüssigen Phase und der Gasphase einstellt. Analysiert wird nur die Dampfphase, was eine Bestimmung flüchtiger Substanzen unabhängig von der Probenmatrix ermöglicht. Bei der Ethanolbestimmung erfolgt die Quantifizierung über den internen Standard tert-Butanol. Unter forensischer Fragestellung wird eine Analyse mit beiden Methoden (enzymatische und chromatographische) gefordert.

Referenzbereich — Erwachsene. Unterhalb der Nachweisgrenze der enzymatischen Methode (= 0,1 g/L). Die endogene Ethanolkonzentration beträgt 0,015 g/L Serum bzw. 0,012 g/kg (Promille) Vollblut. Die Umrechnung der Serumkonzentration (g/L) in die Vollblutkonzentration (g/kg = Promille) erfolgt durch Teilung mit 1,236, was dem Verhältnis der Wassergehalte von Serum (91 %) zu Vollblut (76 %) entspricht. CB = CS × Mr × DS-1 × W-1

Literatur. Gressner AM, Gressner OA (2006) Alkoholabusus – Mittels Ethanol-abhängiger Metabolite erkennen und kontrollieren. Med Welt 6:262–270 Niemelä O (2007) Biomarkers in alcoholism. Clin Chim Acta 377:39–42 Lieber CS (1997) Ethanol metabolism, cirrhosis and alcoholism 257:59–84

Ethanol als Einflussgröße 7 Alkohol als Einflussgröße

Ethanolamin A.C. Sewell

Englischer Begriff. ethanolamine Definition. Eine organische Verbindung, die einerseits ein primäres Amin (Aminogruppe) und andererseits ein primärer Alkohol (Hydroxylgruppe) ist. i Ethanolamin wird routinemäßig im Rahmen der Aminosäuren-

analytik nachgewiesen. Bei Kindern ist die Urinausscheidung höher als bei Erwachsenen. Erhöhte Werte im Urin werden bei Patienten mit unspezifischen Lebererkrankungen gesehen, können aber auch durch bakterielle Kontamination aus Phosphoethanolamin entstehen.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, München, Baltimore

Ethansäuresalz

CB = CS × 37,36 × 10-3

7 Acetat

CB: Ethanolkonzentration im Blut (g/kg)[‰] CS: Ethanolkonzentration im Serum (mmol/L) Mr: relative Molmasse von Ethanol (= 46) DS: Dichte des Serums (= 1,026 kg/L; festgelegt) W: Wasserverteilungskoeffizient zwischen Serum und Blut (1,2; festgelegt)

7 Elution erythrozytärer Antikörper

Indikation. Quantitative Bestimmung der Ethanolaufnahme durch

Rückrechnung unter Anwendung der 7 Widmark-Formel, Verdacht auf Ethanolintoxikationen

Interpretation. Absorption, Verteilung und Abbauraten unterliegen einer Reihe von externen, individuellen und genetischen Faktoren. Langzeitiger, ausgeprägter Alkoholkonsum führt durch Enzyminduktion des MEOS zu einer deutlichen Zunahme der Ethanoleliminationsrate. Durch Inhalation können maximale Ethanolkonzentrationen von 0,24 g/L (0,2 g/kg Vollblut) erreicht werden. In Abhängigkeit von der Dosis wirkt Ethanol zunächst stimulierend, in höherer Dosierung hemmend oder sogar lähmend auf das ZNS. Bei akuter Intoxikation kommt es zunächst zur Erregung des Atemzentrums, Erhöhung von Pulsfrequenz, Blutdruck und Herzminutenvolumen und zur Erweiterung der Hautgefäße. Im weiteren Verlauf nimmt das Reaktionsvermögen, das Seh- und Hörvermögen ab. Ethanolkonzentrationen von 4,2–4,8 g/L Serum (3,5–4,0 g/kg Vollblut) gelten bei Erwachsenen als potenziell letal. Metabolische Azidose, osmotische Lücke (7 Osmolalität), signifikante Hypoglykämie und Acetonurie ohne Glukosurie stellen klinisch-chemische Befunde der schweren Ethanolintoxikation dar. Das Risiko der Entwicklung einer alkoholischen Leberzirrhose steigt ab einem Schwellenwert von 20 g Ethanol/Tag bei Frauen und 40 g Ethanol/Tag bei Männern dosisabhängig an: 80–160 g Ethanol/ Tag hat ein 5fach erhöhtes, 160 g Ethanol/Tag ein 25fach erhöhtes Risiko. Neben Alkoholzirrhose stellen Fettleber und Alkoholhepatitis bekannte Manifestationen alkoholischer Lebererkrankungen dar. Als spezifische Kenngröße des chronischen Alkoholabusus gilt die Bestimmung des 7 Carbohydrate-deficient Transferrins (s. hierzu auch 7 Alkoholmissbrauchskenngrößen).

Diagnostische Wertigkeit. Die spezifische Ethanolbestimmung in Körperflüssigkeiten hat für klinische, toxikologische und forensische Zwecke eine herausragende Bedeutung.

Etherelution Ethidiumbromid R. Weiskirchen

Englischer Begriff. ethidium bromide Definition. Roter kristalliner Farbstoff, der in der 7 Molekularbiologie eingesetzt wird, um 7 Nukleinsäuren (hauptsächlich DNA) sequenzunspezifisch anzufärben. Struktur. Summenformel: C21H20BrN3, Molmasse 394,33 g (7 Abb. 1)

Ethidiumbromid. Abb. 1. i Der Farbstoff lagert sich zwischen einzelne 7 Basenpaare eines doppelsträngigen DNA-Moleküls ein (7 Interkalation). Daher wirkt der Farbstoff 7 mutagen. Er wird insbesondere in der 7 Agarosegelelektrophorese eingesetzt, da DNA-Moleküle durch Zusatz von Ethidiumbromid unter UV-Licht dargestellt werden können. Die größte Empfindlichkeit erreicht man durch eine Bestrahlung bei 254 nm, wobei allerdings Schäden an der DNA induziert werden. Soll die DNA

Ethylglukuronid

aus den Gelen in intakter Form wiedergewonnen werden, verwendet man günstigerweise Lampen mit einer Wellenlänge von 366 nm.

Literatur. Sambrook J, Fritsch EF, Maniatis T (1989) Molecular Cloning – A Laboratory Manual. Cold Spring Harbor Laboratory Press, New York Winnacker EL (1985) Gene und Klone: Eine Einführung in die Gentechnik. VCH Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim

Ethosuximid W.-R. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. ethosuximide Definition. Antiepileptikum

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Funktion und Pathophysiologie. Bei Vergiftung mit Ethylenglykol (enthalten in Kfz-Frostschutzmitteln sowie als Lösungsmittel in Haushaltsprodukten) treten Symptome wie bei 7 Ethanolintoxikation auf, später Krämpfe, Somnolenz, Koma. Die Ethylenglykol-Metabolite führen zu einer schweren metabolischen Azidose [7 Anionenlücke, osmotische Lücke (7 Osmolalität)], wobei 7 Oxalsäure nur eine geringe Rolle spielt (2 % Ethylenglykol werden zu Oxalsäure oxidiert). Im zweiten Stadium entwickeln sich kardio-respiratorische Komplikationen, im dritten Nierenschmerzen und Nierenversagen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum Analytik. GC Indikation. Verdacht auf Vergiftung Interpretation. Komatös-letale Konzentration: 300–4300 mg/L. Literatur. Degel F, Desel H (2009) Solvents and inhalants: Glycols. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 531–539

Ethosuximid. Abb. 1.

Molmasse. 141,17 g Halbwertszeit. 30–60 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Behandlungen von generalisierten

Ethylenglykol-bis-(2-Aminoethyl)-N,N,N',NTetraessigsäure 7 EGTA

Ethyl-β-Glucopyranosiduronsäure 7 Ethylglukuronid

Absencen. Als Nebenwirkungen wurden Übelkeit und Erbrechen sowie Lethargie und Ataxie beobachtet.

Ethylglukuronid

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum

T. Arndt

(S)

Analytik. Immunoassay, HPLC, GC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxikation

Synonym(e). EtG; Ethyl-β-Glucopyranosiduronsäure Englischer Begriff. ethyl glucuronide; EtG Definition. Stoffwechselprodukt von Ethanol, das durch Konjugation von Ethanol und Glukuronsäure entsteht.

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 40–100 mg/L; toxisch: > 100 mg/L; komatös-letal: > 250 mg/L.

Literatur. Hannak D, Külpmann WR, Hallbach J (2009) Anticonvulsants. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 287–300

Ethylaldehyd 7 Acetaldehyd

Ethylalkohol 7 EDTA

Ethylendiamin-Tetraessigsäure 7 Ethanol

Ethylenglykol W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. ethylene glycol Definition. HO-CH2-CH2-OH. Lösungsmittel, Frostschutzmittel Molmasse. 62,07 g

Ethylglukuronid. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 222 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. EtG wird nicht endogen, das heißt ohne exogene Zufuhr von 7 Ethanol (Alkohol), gebildet. Bei Alkoholabstinenz ist EtG deshalb weder im Blut noch im Urin nachweisbar. Im menschlichen Organismus werden ca. 0,5 % (bis 1,6 %) der aufgenommenen Ethanolmenge durch Konjugation mit Glukuronsäure in Ethylglukuronid umgewandelt. Die Bildung von EtG steht in direktem Zusammenhang mit der Serumethanolkonzentration. Spitzenkonzentrationen werden 2–3,5 h nach Alkoholaufnahme gefunden. EtG wird über den Urin ausgeschieden. Eine Korrelation zwischen der EtG-Urinkonzentration und der Ethanolblutkonzentration wurde nicht gefunden. Stattdessen scheinen erhebliche interindividuelle Unterschiede in der Ethanoldosis-EtG-Bildungs-Relation zu bestehen. Anders sind EtG-Konzentrationen im Urin von mehreren Hundert bis zu über 1000 mg/L nicht zu erklären, wenn die überwiegende Mehrzahl der EtG-Werte in einem Bereich von < 50 mg/L gefunden werden. Die Nachweisbarkeitsdauer in Serum oder Urin ist stark dosisabhängig und individuell verschieden. Dabei ist die Serumkonzentration (wenige mg/L) deutlich geringer als jene von Urin (bis mehrere Hundert mg/L).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach oraler Zufuhr wird Ethylenglykol rasch resorbiert und schnell im Organismus verteilt. Es wird hepatisch metabolisiert zu Glykolaldehyd, Glykolsäure, Glyoxylsäure und Oxalsäure. 20 % des inkorporierten Ethylenglykol werden unverändert renal eliminiert.

re, Gewebs- und Leichengewebsproben

Halbwertszeit. 3–5 h (Plasma)

Probenstabilität. EtG ist im Urin mindestens 140 h stabil.

Halbwertszeit. 2–3 h Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin, Haa-

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Ethylmalonat

Präanalytik. Eine Kontamination der Probenentnahmebestecke und Probengefäße mit Ethanol ist zu vermeiden.

logischer Metabolit bei Störungen der Fettsäureoxidation sowie bei Störungen im Elektronentransfer.

Analytik. 7 Gaschromatographie-7 Massenspektrometrie (GC-MS), Flüssigkeitschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LCMS/MS), 7 Immunoassay Konventionelle Einheit. mg/L, mg/g

Ethylmalonsäure. Abb. 1.

Referenzbereich — Erwachsene. Unter Alkoholabstinenz ist EtG in

Struktur. C5H8O4

keinem der o.g . Materialien von Frauen, Männern und Kindern nachweisbar. Cut-off s. Interpretation

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Nachweis einer kurz zurückliegenden Ethanolaufnahme für verkehrs- oder berufsmedizinische Fragestellungen, insbesondere jedoch zur Rückfalldiagnostik im Rahmen der Alkoholentzugsbehandlung.

Interpretation. Die immer wieder berichteten 3–4 Tage Nachweisbarkeitsdauer von EtG im Urin sind eher als zu optimistisch zu bewerten. Da Ethanoldosis, interindividuelle Differenzen im Ethanolmetabolismus und die Nachweisgrenze des Analysenverfahrens über die Nachweisbarkeitsdauer entscheiden, sind stattdessen allgemeine Aussagen nicht möglich. Geringe EtOH-Mengen entsprechend z. B. 1–2 Glas Wein oder 1 Flasche Bier (typische Rückfallsituation unter EtOH-Entzugstherapie) sind gewöhnlich nur ca. 12–24 h über EtG im Urin nachweisbar. Ein größeres Zeitfenster wird durch die Bestimmung von EtG in den Haaren eröffnet. Bei einer Wuchsgeschwindigkeit von ca. 1 cm/Monat für Kopfhaar ist ein retrospektiver Nachweis eines Alkoholkonsums für mehrere Monate möglich. EtG kann im bakteriell besiedelten Urin durch die Wirkung bakterieller Glukuronidasen abgebaut werden, wodurch falsch-negative Befunde bzgl. Ethanolaufnahme resultieren können. EtG kann bei Anwesenheit von Glukose im Urin (Diabetiker) und Hefe in vitro gebildet werden (Vergärung der Glukose durch Hefe zu Ethanol und anschließend Konjugation mit Glukuronsäure zu EtG), was zu falsch-positiven Befunden führen kann. Als Entscheidungsgrenze (cut-off) im Urin werden derzeit 0,1 mg/L (Fahreignungsdiagnostik) oder 0,5 mg/L bevorzugt eingesetzt.

Diagnostische Wertigkeit. EtG ist ein Kurzzeitmarker des Alkoholkonsums, d. h. eine spezifische Kenngröße einer (auch einmaligen) wenige Stunden bzw. bei höheren Dosen Tage zurückliegenden Alkoholaufnahme. Bereits 1 g Ethanol kann zu einem positiven EtG-Nachweis im Urin führen. Deshalb sind unter Abstinenzauflage alle offenen und verdeckten exogenen Ethanolquellen konsequent zu meiden. EtG kann die diagnostische Lücke zwischen den Kenngrößen einer unmittelbaren Ethanol-Intoxikation (7 Ethanol), einer ca. 1 Tag zurückliegenden Alkoholaufnahme (Ethanol im Urin) und den Kenngrößen eines chronischen Alkoholmissbrauchs (7 Carbohydrate-deficient transferrin und 7 Glutamyltransferase) verkürzen. Zur zusätzlichen Erhöhung der diagnostischen Spezifität ist der parallele Nachweis von 7 Ethylsulfat empfohlen und inzwischen auch Laborstandard.

Molmasse. 132,11 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ethylmalonsäure ist das Carboxylierungsprodukt von Butyryl-CoA (C4-CoA), das im mitochondrialen β-Oxidationszyklus der Fettsäuren durch die katalytische Wirkung längenspezifischer, FAD-abhängiger Dehydrogenasen (VLCAD, MCAD, SCAD) und eines NAD+-abhängigen trifunktionellen Enzymkomplex mit Dehydrogenase-, Hydratase- und Thiolase-Aktivität gebildet wird. Bei einem Defekt der mitochondrialen kurzkettigen Acyl-CoADehydrogenase (SCAD) erfolgt die weitere Verstoffwechselung des C4-CoA durch die Propionyl-CoA-Carboxylase bevorzugt zu Ethylmalonsäure. Die Ethylmalonsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird effizient renal ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Die Ethylmalonsäure wird im Nebenschluss der Fettsäureoxidation gebildet und hat keine bekannte physiologische Bedeutung. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie als Di-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1287 M+ (m/z): 276 Quant Ion (m/z): 217 Conf. Ion (m/z): 261

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. 0–7 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 5 SCAD: 180–1150 mmol/mol Kreatinin 5 EMA-Enzephalopathie: 10–300 mmol/mol Kreatinin 5 GA Typ II: 10–1400 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Unerklärte Ketoazidose, vor allem im Säuglings- und Kleinkindesalter, Hypoglykämie, Petechien, chronische Diarrhoen und/oder psychomotorische Entwicklungsstörung

Literatur. Wurst FM, Kempter C, Seidl S et al (1999) Ethyl glucuro-

Interpretation. Eine erhöhte Urinausscheidung von Ethylmalonsäu-

nide – a marker of alcohol consumption and a relapse marker with clinical and forensic implications. Alcohol & Alcoholism 34:71–77 Abstracts zum XVII. GTFCh-Symposium (2011) Toxichem Krimtech 35:87–164

re wird bei einem SCAD-Mangel beobachtet. Allerdings sind auch Ethylmalonazidurien bekannt, die mit einer normalen SCAD-Aktivität einhergehen wie im Fall der EMA-Enzephalopathie. Erhöhte EMA-Werte werden auch bei einigen Atmungsketten-Defekten beobachtet. Letztlich muss die korrekte Diagnose auf der Messung der SCAD-Aktivität in Fibroblasten basieren. Die EMA-Enzephalopathie lässt sich durch Mutationsnachweise im ETHE1-Gen bestätigen.

Ethylmalonat 7 Ethylmalonsäure

Ethylmalonsäure Synonym(e). Ethylmalonat; EMA

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Konzentrationen der Ethylmalonsäure sind als pathologisch zu werten und Ausdruck einer spezifischen Störung der Fettsäureoxidation oder allgemeiner des Energiestoffwechsels.

Englischer Begriff. ethylmalonic acid

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physi-

G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Definition. Die verzweigtkettige Dicarbonsäure entsteht als patho-

cian’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases, 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Euglobulin-Lysezeit

Ethylphosphat 7 Ethylsulfat

Ethylsulfat T. Arndt

Synonym(e). EtS Englischer Begriff. ethyl sulfate; EtS Definition. Stoffwechselprodukt von Ethanol, das durch Konjugation von Ethanol und Sulfat entsteht.

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ETP 7 Endogenes Thrombinbildungspotenzial

EtS 7 Ethylsulfat

Eugenik R. Weiskirchen

Synonym(e). Erbgesundheitsforschung; Erbgesundheitslehre; Erbhygiene

Englischer Begriff. eugenics

Ethylsulfat. Abb. 1. Strukturformel i EtS wird wie 7 Ethylglukuronid (EtG) nicht endogen, das heißt

nur nach Aufnahme von 7 Ethanol (Alkohol) gebildet. Die Konzentrationen von EtS und EtG im Urin zeigen einen ähnlichen zeitlichen Verlauf mit einem nach ca. 2–4 h auftretendem Maximum. Dieses ist für EtS jedoch um ca. 30 % niedriger. EtS ist ein über Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) zugängiger, spezifischer Marker eines wenige Tage zurückliegenden Ethanolkonsums. Er ist im Vergleich zu EtG stabiler gegenüber einer Metabolisierung durch Bakterien des Urins und soll deshalb prinzipiell parallel mit EtG nachgewiesen werden. Ein positiver EtS-Nachweis bei fehlendem EtG-Nachweis kann ein Hinweis auf einen bakteriellen Abbau von EtG sein (Teststreifen auf Bakterien anwenden). Als weitere Kenngröße einer Alkoholaufnahme wurde kürzlich Ethylphosphat vorgeschlagen, das aber noch keine allgemeine Anwendung gefunden hat.

Literatur. Helander A, Beck O (2004) Mass spectrometric identification of ethyl sulfate as an ethanol metabolite in humans. Clin Chem 50:936–937 Abstracts zum XVII. GTFCh-Symposium (2011) Toxichem Krimtech 35:87–164

Definition. Teilgebiet der Humangenetik dessen Ziel es ist, einerseits die Ausbreitung von 7 Genen mit ungünstigen Wirkungen in menschlichen Populationen möglichst einzuschränken, andererseits erwünschte Genkonstellationen zu erhalten und zu vermehren. i Die Eugenik wurde im Jahr 1883 von F. Galton begründet und hatte sich zum Ziel gesetzt, den Menschen vor erblich bedingten Schäden wie Erbkrankheiten zu bewahren, also die negativen Erbanlagen eines Menschen zu beseitigen und darüber hinaus das positive, gesunde Erbgut der Menschen zu sichern (z. B. Gesundheit, gewisse Begabungen, Intelligenz) und zu verbessern, um so für die Vererbung günstiger Erbanlagen zu sorgen. Diese wissenschaftliche Disziplin ist bis heute sehr umstritten, nicht zuletzt, weil ihre Praktiken und Theorien im nationalsozialistischen Deutschland im Sinne einer „Rassenhygiene“ und einer „Höherzüchtung“ von Familien mit günstigen Erbanlagen missbraucht worden sind. Beispielsweise akzeptiert man heute zwar vorbeugende Maßnahmen gegen schädliche Erbveränderung wie die 7 Mutations-Prophylaxe, abgelehnt wird aber eine Zwangssterilisation von Menschen mit zu Krankheit neigenden Erbanlagen, da ein solcher Eingriff gegen die Menschenwürde der Betroffenen verstoßen würde. Unter positiver (progressiver) Eugenik versteht man Maßnahmen, die auf eine Anreicherung gewünschter Allele im Gen-Pool abzielen, mittels negativer (präventiver) Eugenik versucht man, die Weitergabe von defekten Genen zu verhindern.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Etiketten O. Colhoun

Englischer Begriff. labels Definition. Bedruckbarer, barcodierter Identifikationsaufkleber zur Kennzeichnung von Probenröhrchen und Patientendokumenten. i Bei Druck durch das Labor-EDV-System können entweder spezi-

ell formatierte Papierbögen (z. B. DIN-A4-Etikettenbögen im Laserdrucker) oder Etiketten von der Rolle in speziellen Etikettendruckern generiert werden. Es werden Etiketten z. B. für die Identifikation von Einsendern, Patienten, Laborspezimen und Qualitätskontrollmaterialien gedruckt. Dazu ist eine systematische eindeutige Nummerierung z. B. der Einsender in den Stammdaten vorzunehmen, welche auf den Etiketten als Barcode verschlüsselt und um den EinsenderKlarnamen ergänzt ausgegeben wird. Ein einfaches Etiketten-Kopierprogramm unterstützt den Druck von Sekundäretiketten für die Probenverteilung im Labor durch Einscannen des Primärröhrchens für den Druck. Beim Druck von Primärproben-Etiketten auf Station durch die Labor-EDV aufgrund der 7 Online-Auftragsanforderung des Einsenders sollen neben der barcodierten Proben-Identifikationsnummer auch der Name und evtl. das Geburtsdatum des Patienten in Klarschrift sowie Hinweise auf das zu benutzende Probenröhrchen und Besonderheiten der Präanalytik aufgrund der speziellen Anforderung (z. B. „5 mL Serum-Röhrchen, blaue Kappe, sofort gekühlt ins Labor bringen“) ausgedruckt werden.

EtOH 7 Ethanol

Euglobulin-Lysezeit A.M. Gressner, O.A. Gressner

Definition. Zeitaufwändiger, nur grob informativer Test zur Bestimmung der fibrinolytischen Aktivität des Plasmas durch Messung der Zeit, in der sich die durch Ansäuern ausgefällte, durch Thrombin zur Gerinnung gebrachte Euglobulinfraktion des zu untersuchenden Plasmas wieder auflöst. i Zur Bestimmung der fibrinolytischen Aktivität selten eingesetz-

ter, da zeitaufwändiger und nur grob orientierender Test. Innerhalb von 30 min nach Gewinnung des Citratplasmas erfolgt durch leichtes Ansäuern mit verdünnter Essigsäure bei pH 5,2 und 2–4 °C eine Präzipitation von 7 Fibrinogen, 7 Plasminogen und Plasminogenaktivatoren (t-PA). Nach Abzentrifugation dieses als Euglobulinfraktion bezeichneten Präzipitates erfolgt dessen Auflösung in Puffer und durch Zugabe von frischem 7 Thrombin die Induktion des Gerinnungsvorganges bei 37 °C im Wasserbad. Es wird im Zeitintervall von zunächst 15 min, dann 30–60 min die Zeit gemessen, die vom Gerinnungseintritt bis zur Auflösung des Gerinnsels vergeht. Der Referenzbereich beträgt 4–6 h. Eine Verkürzung unter 2 h weist auf Hyperfibrinolyse, z. B. bei disseminierter intravaskulärer Koagulation oder Streptokinasetherapie hin. Der Test erlaubt nur eine orientierende Aussage, da neben dem primär relevanten 7 Tissue-Plasminogenaktivator (t-PA) auch dessen Inhibitoren, die Fibrinogenkonzentration und auch freies Plasmin das Ergebnis beeinflussen.

Literatur. Bartels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

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Euglobulin-Test

Euglobulin-Test 7 SIA-Waldenström-Test

Euglykämische Insulin-Clamp K.-J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. euglycemic clamp; hyperinsulinemic euglycemic clamp

Definition. Funktionstest zur Bestimmung der Insulinansprechbarkeit; gilt als Referenzverfahren für diese Fragestellung. Durchführung. Bei diesem Funktionstest wird Insulin in einer konstanten Rate (ca. 50–60 mU × m-2 × min-1 je nach Protokoll) infundiert. Dadurch wird die hepatische Glukoseproduktion weitestgehend unterdrückt. Die Glukosekonzentration im Blut wird durch eine entsprechende, bedarfsadaptierte Infusion auf dem Ausgangsniveau so konstant wie möglich gehalten. Die Infusionsrate wird kurzfristig (ca. alle 5 min) anhand der Glukosekonzentration im Blut angepasst. Der Glukosebedarf unter diesen Bedingungen ist ein Maß für die Insulinansprechbarkeit. Der Test ist aufwändig, bedarf einiger Erfahrung und ist deshalb für die Routinediagnostik nur bedingt geeignet. Deshalb wird er meist nur zur Validierung anderer Verfahren (z. B. intravenöser Glukosetoleranztest) eingesetzt.

Literatur. DeFronzo R, Tobin J, Andres R (1979) Glucose clamp technique: a method for quantifying insulin secretion and resistance. Am J Pyhsiol 237:214–233

Eukaryont R. Weiskirchen

Synonym(e). Eukaryot

Europäische Norm 7 EN-Standards

European Communities Confederation of Clinical Chemistry H. Baum

Synonym(e). EC4 i Die EC4 wurde von den nationalen Fachgesellschaften der Mit-

gliedsstaaten der Europäischen Union gegründet. Ein Hauptziel ist, die Fort- und Weiterbildung für alle im Fach Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin tätigen akademischen Professionals europaweit vergleichbar zu gestalten und ein europäisches Register aufzubauen. Zusätzlich strebt EC4 eine gegenseitige Anerkennung der Weiterbildung innerhalb der Europäischen Union an. Diese Aufgabe nimmt dabei die „Registration Commission“ (EC4-RC) war. Nach der Verschmelzung von EC4 mit der 7 Forum of the European Societies of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine zur 7 European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine blieb die EC4-RC als selbständige Organisation bestehen.

Literatur. www.ec-4.org

European Confederation of Laboratory Medicine (ECLM) 7 European Laboratory Medicine

European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine H. Baum

Englischer Begriff. eucaryote

Synonym(e). EFCC

Definition. Zusammenfassende Bezeichnung für alle Organismen, deren Zellen durch einen echten, vom Zytoplasma wohl abgegrenzten Zellkern, charakterisiert sind

i Die EFCC ist die europäische Unterorganisation der 7 International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine und ging im Jahr 2007 aus der Verschmelzung des 7 Forum of the European Societies of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine und 7 European Communities Confederation of Clinical Chemistry hervor. Die Hauptaktivitäten der EFCC umfassen die Aus- und Weiterbildung im Fach Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Forschung, Weiterentwicklung des Berufsfelds, Qualitätssicherung und Akkreditierung von Laboren, Organisation von Kongressen und Veröffentlichungen.

i Zu den Eukaryonten (griech.: eu = wohl und karyon = Kern)

zählen Pflanzen, Tiere, Pilze und Protozoen, nicht dagegen Bakterien (7 Prokaryonten).

Eukaryot 7 Eukaryont

Literatur. www.efcclm.eu

Eumelanin 7 Melanin

European Foundation for Quality Management A. Steinhorst, U. Zimmermann

Euploidie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. euploidy Definition. Bezeichnung für das Vorliegen eines vollständigen einfachen (haploiden), doppelten (diploiden) oder eines ganzzahlig mehrfachen (polyploiden) 7 Chromosomensatzes. i Bei einer euploiden Genommutation (7 Mutation) kommt es zu

einer Vermehrung oder Verminderung der Chromosomenzahl um ganze Chromosomensätze. Der Ploidiegrad wird angegeben als: triploid (3n), tetraploid (4n), hexaploid (6n), oder allgemeiner bei n > 2 als polyploid. Während bei ungeradzahligen (anorthoploiden) Organismen die Chromosomenverteilung nur sehr selten zu 7 Gameten führt, können bei geradzahligen (orthoploiden) Vielfachen des Ausgangsgenoms (7 Genom) solche Rassen normal fruchtbar sein.

Eur Clin Chem 7 European Specialist in Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

Englischer Begriff. EFQM Definition. Das EFQM-Modell für Exzellenz, eine aus neun Kriterien bestehende, offen gehaltene Grundstruktur, kann zur Bewertung des Fortschritts einer Organisation in Richtung Exzellenz herangezogen werden. i Das Modell berücksichtigt die vielen Vorgehensweisen, mit denen

nachhaltige Exzellenz in allen Leistungsaspekten erzielt werden kann. Es beruht auf folgender Prämisse: Exzellente Ergebnisse im Hinblick auf Leistung, Kunden, Mitarbeiter und Gesellschaft werden durch eine Führung erzielt, die Politik und Strategie, Mitarbeiter, Partnerschaften, Ressourcen und Prozesse auf ein hohes Niveau hebt. Excellence wird dabei definiert als überragende Vorgehensweise beim Managen einer Organisation und Erzielen ihrer Ergebnisse auf Basis der folgenden acht Grundkonzepte: 5 Ergebnisorientierung 5 Kundenorientierung 5 Führung und Zielkonsequenz 5 Management mit Prozessen und Fakten

Evolution, molekulare

5 5 5 5

Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung Kontinuierliches Lernen, Innovation und Verbesserung Aufbau von Partnerschaften Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit

Literatur. http://www.efqm.org/

European Laboratory Medicine G. Schumann

473

Halbwertszeit (ca. 17 h). Auch Everolimus zeigt größere intra- und interindividuelle Schwankungen in der Pharmakokinetik. Die Everolimusbestimmung erfolgt in EDTA-Blut mit 7 Immunoassay oder 7 LC-MS. Der vorläufige therapeutische Bereich wird mit 3–8 μg/L angegeben. Der therapeutische Bereich ist wie bei allen Immunsuppressiva abhängig vom Transplantationstyp und dem klinischen Zustand des Patienten und des Transplantats.

Literatur. Armstrong VW, Streit F (2003) Drug monitoring of sirolimus and everolimus. J Lab Med 27:222–227

Synonym(e). ELM; European Confederation of Laboratory Medicine (ECLM)

Englischer Begriff. European Laboratory Medicine; ELM Definition. Plattform Europäischer Gesellschaften aller Disziplinen der Laboratoriumsdiagnostik zur Koordinierung gemeinsamer Interessen. i Im Jahr 1993 wurde die European Confederation of Laboratory

Medicine (ECLM) unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kopenhagen gegründet. 2002 wurden die Statuten und der Name in European Laboratory Medicine (ELM) geändert. Europa wird im geographischen Sinne gemäß der WHO Definition verstanden. Laboratoriumsmedizin umfasst die Wissenschaft und die Anwendung verschiedener Disziplinen auf dem Gebiet der Laboratoriumsmedizin, die mono- oder multidisziplinär organisiert sein können, beispielsweise Klinische Chemie, Klinische Mikrobiologie (Bakteriologie, Virologie, Parasitologie, Mykologie). Klinische Immunologie, Klinische Hämatologie, Immunhämatologie und Immungenetik. Die ELM ist ein Pendant zur nationalen Arbeitsgemeinschaft Medizinische Laboratoriumsdiagnostik (AML). Die Geschäftsstelle ist wechselweise an die Adresse des jeweiligen Schriftführers gebunden.

European Specialist in Clinical Chemistry and Laboratory Medicine H. Baum

Synonym(e). Eur Clin Chem i Die Anerkennung als „European Specialist in Clinical Chemistry

and Laboratory Medicine“ wird durch die Registrierungskommission der 7 European Communities Confederation of Clinical Chemistry (EC4-RC) vergeben. Dabei wird von EC4-RC überprüft, ob die Weiterbildungsinhalte im jeweiligen Mitgliedsstaat den von der Registrierungskommission erarbeiteten Mindeststandards entspricht. Die Inhalte sind in einem Syllabus zusammengefasst, wobei auch die speziellen Bedingungen der einzelnen Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Voraussetzung für die Anerkennung ist die Registrierung im jeweiligen Mitgliedsstaat. Für Deutschland ist dies die Registrierung als „Klinische Chemikerin / Klinischer Chemiker“ bei der 7 Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL)

Literatur. www.ec-4.org

Eva, Eve T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für MDEA (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Everolimus H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. everolimus Definition. Everolimus ist das 40-O-(2-Hydroxyethyl)-Derivat von

7 Sirolimus. (Molmasse 958,224 g/mol)

i Der Wirkungsmechanismus und die Nebenwirkungen von Evero-

limus entsprechen denen des 7 Sirolimus. Im Gegensatz zu Sirolimus (Halbwertszeit ca. 60 h) besitzt Everolimus eine deutliche kürzere

Evidenzbasierte Laboratoriumsmedizin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. evidence-based laboratory medicine Definition. Wissenschaftlich begründete Vorgehensweise in der 7 Laboratoriumsmedizin i Zweckentsprechende und gewissenhafte Anwendung der besten

und beweisbaren Erkenntnisse aus Erfahrung und Forschung zur Erstellung von symptom- und krankheitsbezogenen Laborbefunden für den individuellen Patienten. Zielsetzung ist die Bereitstellung der zurzeit bestmöglichen und Kosten-Nutzen-effektivsten Diagnostik für den Patienten.

Literatur. Price CP, Christenson RH (2003) Evidence-based laboratory medicine: From principles to outcomes. AACC Press, Washington DC

Evidenzbasierte Medizin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. evidence-based medicine Definition. Wissenschaftlich begründete Vorgehensweise in der Medizin i Zweckentsprechende und gewissenhafte Anwendung der besten

und beweisbaren Erkenntnisse aus klinischer Erfahrung und Forschung für Entscheidungsfindungen in der Patientenbehandlung. Zielsetzung ist die Bereitstellung der zurzeit bestmöglichen und Kosten-Nutzen-effektivsten Behandlung für den Patienten.

Literatur. Sackett DL, Rosenberg WMC, Gray JAM et al (1996) Evidence-based medicine: what it is and what it isn’t. Br Med J 312:71– 72

Evolution R. Weiskirchen

Englischer Begriff. evolution Definition. Teilgebiet der Biologie, die sich mit der stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenie) der Lebewesen von einfachen urtümlichen Formen zu höher entwickelten Lebensformen beschäftigt. i Nach der Evolutionstheorie (lat.: evolvere = entwickeln) entwi-

ckelten sich alle vergangenen und heutigen Lebewesen aus Urformen nach dem Prinzip der natürlichen Auslese. Dabei wird die zeitlich abhängige, graduelle Veränderung in einer Population von Lebewesen durch 7 Mutation und natürliche Selektion bedingt. Der spezielle Forschungszweig zur Erforschung der Evolution des Menschen wird auch als Anthropologie bezeichnet.

Evolution, molekulare R. Weiskirchen

Definition. Teilgebiet der Biologie, die sich mit der stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenie) der Lebewesen von einfachen urtümlichen Formen zu höher entwickelten Lebensformen auf molekularer Ebene beschäftigt.

E

474

Exercise-Test

i Molekulare Evolution ist der Versuch, die Stammesgeschichte

von Organismen auf der Basis von DNA- oder Proteinsequenzen zu rekonstruieren. Nicht prinzipiell dem klassischen Ansatz, z. B. auf der Basis morphologischer Merkmale, überlegen – erlaubt die molekulare Evolution einen ungeheuer großen Merkmalsumfang (bis hin zu kompletten 7 Genomsequenzen). Ziel ist, die Definition monophyletischer Gruppen, d. h. solcher taxonomischer Einheiten, die sich aus einem gemeinsamen Vorfahren ableiten (z. B. Säugetiere). Davon abzugrenzen sind polyphyletische Gruppen, die mehr als einen Ursprung haben (z. B. Tiere, die fliegen können). Paraphyletische Gruppen enthalten Untergruppen, die nicht in der Definition enthalten sind (z. B. die Paarhufer enthalten die Wale). Basis der phylogenetischen Analyse ist das sog. Alignment, d. h. die Gegenüberstellung der Sequenzen aus den untersuchten Organismen. Dieses wird mit verschiedenen computerisierten, mathematischen Ansätzen analysiert und zur Konstruktion eines phylogenetischen Stammbaums herangezogen.

Exercise-Test W. Hubl

Synonym(e). Wachstumshormon-Stimulationstest; Wachstumshormon-Belastungstest; STH-Stimulationstest; HGH-Stimulationstest Englischer Begriff. exercise test Definition. Durch körperliche Belastung kommt es physiologischerweise zur Ausschüttung des 7 Wachstumshormons. Bei hypophysärem Wachstumshormondefekten bleibt dieser Anstieg aus. Durchführung.

5 erste Blutentnahme nach 30 min körperlicher Ruhe zur Wachstumshormonbestimmung 5 15 min körperliche Belastung (Ergometer, Treppensteigen) 5 20 min Ruhepause 5 zweite Blutentnahme zur Wachstumshormonbestimmung

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Referenzbereich. Anstieg des Wachstumshormons auf über 7 μg/L

Exon R. Weiskirchen

Englischer Begriff. exon Definition. Bezeichnung für einen codierenden Bereich eines 7 Gens, der in der mRNA repräsentiert ist. i Exons werden von den nicht-codierenden Introns unterbrochen.

Auf der Stufe der mRNA-Bildung werden die verschiedenen Exons durch den Prozess des RNA-7 Spleißens (Splicing) miteinander verbunden. In unterschiedlichen Entwicklungsstadien oder Zelltypen können durch Kombination verschiedener Exons alternative Spleißprodukte erzeugt werden, die zu unterschiedlichen Produkten ein und desselben Gens führen können. Immunglobuline der IgM-Klasse kommen z. B. entweder als membrangebundene Proteine an der Zelloberfläche vor oder aber als lösliche Proteine, die ins Blut abgegeben werden.

Literatur. Watson JD, Gilman M, Witkowski J, Zoller M (1992) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford

Exonverschiebung R. Weiskirchen

Definition. Evolutionärer Prozess (7 Evolution), bei dem neue Gene

gebildet werden, indem vorhandene 7 Exons zu neuen Funktionseinheiten kombiniert werden

i Die Theorie der Exonverschiebung beruht auf der Tatsache, dass

innerhalb verschiedener Proteine einzelne Teilbereiche (Domänen) auffallende Struktur- und Sequenzhomologien besitzen. Es wird postuliert, dass einzelne Intron-Bereiche für die Bildung neuartiger Proteine wichtig sind, da sie die Rekombination zwischen solchen Exons erleichtern, die funktionsfähige Proteindomänen codieren. So besitzt der LDL-Rezeptor einzelne Domänen, die sich in anderen Proteinen (Komplementfaktor C9, EGF-Rezeptor, Blutgerinnungsfaktoren) wiederfinden. Eine solche Neukombination bestehender Exons unterscheidet sich von der 7 Genduplikation, bei der ein ganzes 7 Gen für evolutionäre Veränderungen bereitgestellt wird.

Indikation. Minderwuchs, Zwergwuchs, Verdacht auf Wachstumshormonmangel, Wachstumsretardierung in der Pädiatrie

Literatur. Sudhof TC, Russell DW, Goldstein JL et al (1985) Cassette

Interpretation. Das Ausbleiben eines Anstieges der Wachstumshor-

of Eight Exons Shared by Genes for LDL Receptor and EGF Precursor. Science 228:893–895 Gilbert W (1978) Why Genes in Pieces? Nature 271:501

mon-Konzentration kann auf einen absoluten Wachstumshormonmangel hinweisen.

Diagnostische Wertigkeit. Diagnostische Sensitivität: 90 %; Diagnostische Spezifität: 11 % Angesichts der geringen diagnostischen Relevanz ist ein Hypophysen-Stimulationstest mit Releasinghormonen (7 Wachstumshormon-Stimulationstest) dem Exercise-Test vorzuziehen. Literatur. Donaubauer J, Kratzsch J, Fritzsch C, Stach B, Kiess W, Keller E (2001) The treadmill exhausting test is not suitable for screening of growth hormone deficiency! Horm Res 55:137–140

Exocytose R. Weiskirchen

Englischer Begriff. exocytosis Definition. Bezeichnung für die Ausscheidung von Material aus Zellen durch Verschmelzung von intrazellulären Vesikeln mit der Zellmembran und Entleerung ihres Inhalts nach außen. i Die Exocytose ist der Vorgang, durch den die meisten sezernierten

Moleküle von der Zelle ausgeschieden werden. Die Moleküle werden in membranumhüllte Vesikel (Bläschen) verpackt, die mit der Plasmamembran fusionieren und dann ihren Inhalt in die Zellumgebung freisetzen. Sie dient z. B. der Sekretion von Enzymen, Hormonen und Neurotransmittern. Die Exocytose ist die Umkehrung der Endocytose.

Expertensystem O. Colhoun

Synonym(e). Wissensbasiertes Befundungssystem Englischer Begriff. expert system Definition. Computerprogramm, welches die Expertise eines Spezialisten in einem genau umschriebenen Bereich z. B. der Labordiagnostik abbildet und anderen Nutzern verfügbar macht. i Hierzu dient die sog. Wissensbasis, also eine Datenbank oder ein

Regelwerk in Form von Wenn-Dann-Aussagen. Das Kernstück eines medizinischen Expertensystems, welches besser als „Wissensbasiertes Befundungssystem“ bezeichnet wird, ist ein Inferenzmaschine genanntes Modul, das anhand der in der Wissensdatenbank/Regellogik abgelegten Implikationen Schlüsse aus den vom Nutzer dargebotenen Fakten zieht. Die Programmierung von Expertensystemen geschieht z. B. in Lisp, Prolog oder heutzutage Java. Das erste Expertensystem überhaupt war im Jahr 1965 das System Dendral zur Identifizierung von organischen Substanzen in massenspektrometrischen Datengrammen; aus den 1970er-Jahren stammen das medizinische System Mycin zur Diagnose von Blutinfektionen und dessen Nachfolger NeoMycin. Die Hauptschwierigkeiten bestehen darin, das oft prozedural, unbewusst oder in Form von assoziativen Gedächtnisinhalten im Gehirn

Extraktion

gespeicherte Expertenwissen in eine formalisierte Sprache umzusetzen und das einmal formalisierte Wissen zu pflegen, also zu aktualisieren, ergänzen und verbessern. Die Interpretation geeigneter Parameterkonstellationen ist eine wichtige medizinische Aufgabe der Labormedizin und sollte generell unabhängig vom Einsatz wissensbasierter Befundungssysteme erfolgen, wenn die geeignete Methodik verfügbar und die entsprechenden labormedizinischen Kenntnisse vorhanden sind. D. h. das Labor muss auch ohne den Einsatz des Expertensystems in der Lage sein, die Konstellationen medizinisch zu bewerten und einen Befund zu erstellen; das System unterstützt und verbessert die Routine durch Beschleunigung der Abläufe und deren Standardisierung. Die Unterstützung der medizinischen Befundung durch wissensbasierte Befundungssysteme ist unter Beachtung einiger Voraussetzungen medizinisch sinnvoll; dazu zählt etwa die Integration eines Befundungssystems in den medizinischen Datenfluss (Labor-EDV) und die Möglichkeit des Zugriffs (Anpassung, Veränderung, Pflege) auf das formulierte Wissen. Der größte Teil medizinischer Informationen (z. B. anamnestische Details, Tastinformationen, visuelle Informationen, zunächst unwichtig erscheinende Beobachtungen) können dem System meist erst gar nicht bekannt gemacht werden. Ergänzt sei in diesem Zusammenhang auch, dass sogar die Abschlussdiagnose des klinischen Spezialisten in einem relativ hoch erscheinenden Prozentsatz trotz klinischer Verfügbarkeit einer Fülle von unterschiedlichsten Informationen falsch sein kann. Deshalb sollten bei der labormedizinischen Befundinterpretation (mit dem geringeren Umfang zusätzlich zur Verfügung stehender Informationen) nie Diagnosen suggeriert werden, auch diagnostische Hinweise müssen immer zurückhaltend formuliert sein.

Literatur. Trendelenburg C, Pohl B (1990) Medizinische Diagnostik mit Expertensystemen. Eine Einführung mit Disketten für die Expertensystemschale. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York Trendelenburg C, Colhoun O, Wormek A (1998) Knowledge-based test result interpretation in laboratory medicine. Clin Chim Acta 278:229–242 Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, Mannheim Leipzig

Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe 7 EKA-Wert

Expression, transgene R. Weiskirchen

Englischer Begriff. transgenic expression Definition. 7 Transkription und 7 Translation einer (i. d. R. frem-

475

Exsudat A.M. Gressner

Englischer Begriff. exudate Definition. Extravasales Auftreten eines relativ proteinreichen und zellhaltigen Filtrates des Bluts in präformierten Körperhöhlen überwiegend auf der Basis eines entzündlichen Prozesses. i Lokale entzündliche Prozesse führen zu einer Erhöhung der Permeabilität des kapillären Blutstromgebiets mit Austritt einer im Vergleich zum 7 Transsudat relativ proteinreichen (Gesamtprotein über 30 g/L), zellreichen (neutrophile Granulozyten, Lymphozyten), serösen, seltener blutigen Flüssigkeit in präformierte Körperhöhlen (z.B. Perikard-, Pleuraerguss, Aszites). Je nach Art und Zahl der Blutzellen unterscheidet man: 5 seröses, 5 serös-eitriges, 5 eitriges und 5 hämorrhagisches Exsudat.

Die Aktivität der 7 Laktatdehydrogenase (LDH) liegt >200 U/L (im Gegensatz zum Transsudat). Mikrobiologische Untersuchungen (Ausstrich, Kultur, Serologie u.a.) sind wegen der infektiösen Ätiologie des Exsudates in der Regel angezeigt. Da ein Exsudat auch im Rahmen maligner Tumoren auftreten kann, ist eine Bestimmung von 7 Tumormarkern und Tumorzellen (7 Tumorzellen, zirkulierende) in diesen Fällen diagnostisch wegweisend. Da es fließende Übergänge zwischen Exsudat und Transsudat geben kann, ist eine Unterscheidung beider Körperflüssigkeiten nur noch von eingeschränkter diagnostischer Bedeutung.

Externe Qualitätssicherung 7 Qualitätssicherung, externe

Extinktion 7 Lambert-Beer-Gesetz

Extinktionskoeffizient 7 Lambert-Beer-Gesetz

Extraanalytische Qualität 7 Qualität, extraanalytische

Extrachromosomal 7 Epigenetische Erbfaktoren

den) Erbinformation in eine Empfängerzelle oder einen -organismus i Die transgene Expression bezeichnet die Synthese von Protei-

nen in heterologen 7 Wirtszellen mit Hilfe von Expressionsvektoren (7 Vektoren). Sie kann in der 7 Molekularbiologie dazu genutzt werden, rekombinante Proteine zu synthetisieren.

Expressionsvektor R. Weiskirchen

Extrachromosomale Erbinformation 7 Erbinformation, extranukleäre

Extraktion T. Arndt

Englischer Begriff. extraction

Definition. Speziell konstruiertes Trägermolekül, das in einer bestimmten Empfängerzelle die Umsetzung eines 7 Gens in sein Proteinprodukt ermöglicht

Definition. Extraktion (lat. extrahere = herausziehen) bezeichnet ein Trennverfahren zum Herauslösen von Bestandteilen eines Substanzgemisches mit Hilfe eines geeigneten Extraktionsmittels (Lösungsmittel) wobei zwischen extrahierter Substanz und Lösungsmittel keine chemische Reaktion stattfindet.

i Ein Expressionsvektor enthält alle Regulationselemente, die die

i Man unterscheidet Flüssig-Flüssig-Extraktionen, z. B. die Extrak-

Englischer Begriff. expression vector

7 Transkription und 7 Translation des in dem Vektor einklonierten Fremdgens erlauben. Oftmals beinhalten diese 7 Vektoren besonders starke, in ihrer Funktion optimierte genetische Kontrollsequenzen (z. B. 7 Promotoren, ribosomale Bindungsstellen), die eine starke Überexpression in der 7 Wirtszelle bedingen.

tion eines lipophilen Bestandteils einer flüssigen Probe wie Serum in ein organisches Lösungsmittel und Flüssig-Fest-Extraktionen, z. B. die Extraktion von zellulären Inhaltsstoffen aus Gewebsproben. Extraktionsschritte sind häufig Bestandteil der Probenaufbereitung im Labor der Speziellen Klinischen Chemie oder der Toxikologie. Sie

E

476

Extranukleäre Erbinformation

werden hier zur Herauslösung der Analyte aus der komplexen Probenmatrix (Blut, Haare, Mageninhalt, Stuhl, Urin) und gleichzeitig oft zur Analyt-Anreicherung (Konzentrationserhöhung) eingesetzt. Eine vollständige, zumindest jedoch reproduzierbare und möglichst spezifische Extraktion ist oft die Voraussetzung für eine valide Analytik. Bei unvollständiger Extraktion treten Analytverluste auf, die durch Zugabe eines 7 internen Standards (IS) und Betrachtung von Analytsignal/IS-Signal-Quotienten kompensiert werden können.

für Organisationen beruhen auf gemeinsamen Prinzipien. Beide Ansätze 5 ermöglichen es einer Organisation, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen, 5 enthalten die Beurteilungsmöglichkeiten anhand allgemeiner Modelle, 5 stellen eine Grundlage für ständige Verbesserung bereit, und 5 enthalten Möglichkeiten zur externen Anerkennung.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Der Unterschied zwischen den Ansätzen für Qualitätsmanagementsysteme der ISO-Normen und den Exzellenzmodellen liegt in ihrem Anwendungsbereich. Die ISO-Normen stellen Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme und Anleitungen zur Leistungsverbesserung bereit. Durch das Beurteilen von Qualitätsmanagementsystemen wird die Erfüllung dieser Anforderungen ermittelt. Die Exzellenzmodelle enthalten Kriterien, die eine vergleichende Beurteilung der Leistung von Organisationen ermöglichen. Diese sind auf alle Tätigkeiten und alle interessierten Parteien einer Organisation anwendbar. Bewertungskriterien in Exzellenzmodellen bieten einer Organisation eine Grundlage, ihre Leistung mit dener anderer Organisationen zu vergleichen. Ein Beispiel eines Exzellenzmodells ist das Modell von EFQM.

Extranukleäre Erbinformation 7 Erbinformation, extranukleäre

Extrasäulenvolumen 7 Totvolumen

Extravasale Körperflüssigkeiten 7 Körperflüssigkeiten, extravasale

Literatur. DIN EN ISO 9000:2000 „Qualitätsmanagementsysteme –

Extrazellulärer Raum 7 Wasserhaushalt

Extrinsic-Faktor 7 Vitamin B12

Exzellenzmodelle A. Steinhorst, U. Zimmermann

Englischer Begriff. excellence models i Die Ansätze für Qualitätsmanagementsysteme nach den ISO-

Normen (ISO 9001, ISO 17025, ISO 15189) und der Exzellenzmodelle

Grundlagen und Begriffe“

Exzess 7 Wölbung

Exzision R. Weiskirchen

Englischer Begriff. excision Definition. Allgemeine Bezeichnung für den Vorgang, bei dem eine konkrete Basenschädigung (oder verzerrte Struktur) innerhalb der DNA durch spezifische Erkennungsenzyme ausgeschnitten wird Literatur. Lewin B (2002) Molekularbiologie der Gene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

F F (mit nachfolgender römischer Ziffer) 7 Gerinnungsfaktor

FAB-Klassifikation B. Baum

Englischer Begriff. FAB classification

FAAS 7 Flammenatomabsorptionsspektrometrie

Definition. Einteilungsschema der akuten Leukämien an Hand morphologischer und zytochemischer Kriterien. i Die Klassifikation der akuten myeloischen (AML) und lympha-

FAB 7 Massenspektrometrie

Fab-Fragmente H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. Fab fragments Definition. Antigenbindender Teil von Immunglobulinen nach Spaltung durch Papain. i Die Proteinase Papain spaltet 7 Immunoglobulin G im Bereich

der prolinreichen Hinge-Region (7 Schwerketten) N-terminal der Disulfidbindung der Schwerketten. Neben einem Fc-Fragment entstehen dadurch zwei 47 kDa schwere Fab-Fragmente (antigenbinding fragment). Bestehend aus der Kombination der variablen Teile von Schwer- und Leichtketten bilden die N-terminalen Enden der FabFragmente die funktionelle Tasche des Immunglobulins, in der ein Antigen spezifisch binden kann. Durch unterschiedliche Kombination verschiedener Genbereiche (V = variety, J = joining, D = diversity) wird die Aminosäuresequenz und damit Tertiär- und Quartärstruktur des Fab-Fragments bestimmt. Dieser Molekülbereich wird als hypervariable Region bezeichnet, da sich hinter den Bezeichnungen für die Genbereiche zahlreiche weitgehend voneinander unabhängig zu variierende Gene verbergen. Diese immensen genetischen Kombinationsmöglichkeiten bestimmen die Vielfältigkeit der möglichen Antigene.

Literatur. Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 116–121

tischen Leukämien erfolgte im Jahr 1976 durch eine FranzösischAmerikanisch-Britische Arbeitsgemeinschaft (FAB) primär an Hand morphologischer und zytochemischer Kriterien von Knochenmarkaspiraten. Die myeloischen Leukämien wurden an Hand dieser morphologischen und zytochemischen Kriterien in 6 Entitäten (M1–M6) (7 Tab. 1) und die akuten lymphatischen Leukämien in 3 Entitäten (L1–L3) unterschieden. Allerdings entsprechen die 3 Entitäten der Lymphoblasten nicht einzelnen Subtypen der akuten lymphatischen Leukämien, sodass hiermit keine Zuordnung getroffen werden kann. Zusätzlich erfolgte eine Abgrenzung gegenüber den myelodysplastischen Syndromen. Die Klassifikation wurde mehrmals überarbeitet und neue Subformen eingefügt (M4Eo, M3v, M7).

Literatur. Bennett JM, Catovsky D, Daniel MT et al (1976) Proposal for the classification of the acute leukaemias. Brit Med J 33:451–458

FABP 7 Fettsäurebindungsprotein

Fachzeitschriften der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin A.M. Gressner. O.A. Gressner

Englischer Begriff. Journals of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

Definition. Zeitschriften mit vorwiegend klinisch-chemischem, laboratoriumsmedizinischem und/oder pathobiochemischem Inhalt.

FAB-Klassifikation. Tab. 1. Einteilung der akuten myeloischen Leukämien (AML) an Hand der FAB-Klassifikation Subtyp

Besonderheiten

Morphologie

AML M1 (myelozytär ohne Ausreifung)

Mind. 3 % Myeloperoxidase (MPO) positive Blasten

Typ-1- und Typ-2-Blasten > 90 % aller Blasten

AML M2 (myelozytär mit Ausreifung)

Zellen zeigen Ausreifungstendenz, einzelne AuerStäbchen häufig

Typ-1- und Typ-2-Blasten 30–89 % aller Blasten

AML M3 (promyelozytär)

Auer-Stäbchen in Faggot-Form M3v: mikrogranuläre Form mit monozytoidem Kern

Hypergranulierte promyelozyten-ähnliche Zellen

AML M4 (myelomonozytär)

In einem Teil der Blasten ist Myeloperoxidase (MPO), im anderen Teil die unspezifische Esterase positiv

Wie M2 mit mind. 20 % Monozyten- oder Promonozytenanteil

AML M5 (monozytär)

Zwei Varianten: M5a: gering differenziert M5b: gut differenziert

Wie M2, allerdings sind die Blasten MPO negativ und unspez. Esterase positiv

AML M6 (erythrozytär)

Eisenfärbung häufig positiv

Erythroblasten > 50 % der kernhaltigen Zellen im KM

AML M7 (megakaryozytär)

Ausgeprägte Polymorphie der Blasten

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_6, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

478

F-Actin-Autoantikörper

i Auswahl:

5 Clinical Chemistry 5 http://intl.clinchem.org 5 Clinica Chimica Acta 5 http://www.info.sciencedirect.com/science/journal/00098981 5 http://www.elsevier.com/locate/clinchem 5 Clinical Chemistry and Laboratory Medicine 5 http://www.degruyter.de 5 Clinical Biochemistry 5 http://www.info.sciencedirect.com/science/journal/00099120 5 Annals of Clinical Biochemistry 5 http://www.acb.org.uk/Annclinbiochem 5 Laboratoriumsmedizin/Journal of Laboratory Medicine 5 http://www.degruyter.com/journals/labmed/

5

6

H3C 8

N

1

O

e- + H+

6

H3C H3C

5

8

H N

N

O NH N 1

radikalische Zwischenstufe

O

R e- + H+

Factor VIII-clotting-activity

6

H3C H3C

8

R. Weiskirchen

Synonym(e). Flavinadenindinukleotid

N

R

F-Actin-Autoantikörper

FAD(H2)

NH FAD

H3C

7 Autoantikörper gegen F-Actin

7 Gerinnungsfaktor VIII

O

N

5

H N

N

O NH N1 H

FADH2

O

R FAD(H2). Abb. 2. Strukturen der reaktiven Teile von FAD und FADH2

Englischer Begriff. flavine adenine dinucleotide Definition. 7 Nukleotid-Derivat, das an seiner Phosphatgruppe des Adenosinphosphates ein 7,8-Dimethylisoalloxyzin (Flavin) trägt und in vielen natürlichen Redox-Reaktionen und photometrischen 7 Enzymtests als Wasserstoff-Überträger dient (7 Abb. 1).

Faeces 7 Stuhlprobe

FAEE 7 Fettsäureethylester

FAES 7 Flammenatomemissionsspektrometrie

FAFS 7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

Faggot-Form B. Baum

Englischer Begriff. multiple auer rods; faggot cells Definition. Auftreten von mehreren Auer-Stäbchen in einer leukämischen Zelle. i Der englische Begriff „Faggot“ kann mit Holzbündel oder Rei-

FAD(H2). Abb. 1. Struktur der oxidierten Form des Flavin-Adenin-Dinukleotids (FAD). Dieser Elektronen-Carrier besteht aus einem Flavin-Mononukleotid (blau) und einem Adenosin-Monophosphat (rot). i Als Abkürzungen für die oxidierte und die reduzierte Form verwendet man die Symbole FAD und FADH₂. Als Wasserstoff- und Elektronen-Überträger lagert das FAD am Isoalloxazin-System an die 1- und 5-Position zwei Wasserstoff-Atome an, was mit einer Entfärbung einhergeht. Die beiden locker gebundenen Wasserstoffatome des Reduktionsprodukts FADH₂ können wiederum auf ein Substrat höheren Oxidationspotenzials transferiert werden, wobei das 7 Coenzym in den gelben, oxidierten Zustand zurückkehrt (7 Abb. 2). In der Natur spielt FAD als 7 prosthetische Gruppe zahlreicher Flavoproteine eine wichtige Rolle.

Literatur. Stryer L (1990) Biochemie. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, Heidelberg

sigbündel übersetzt werden. Er bezeichnet den Nachweis von vielen 7 Auer-Stäbchen in einer leukämischen Zelle. Das Vorkommen von Auer-Stäbchen in Faggot-Form (7 Abb. 1) ist charakteristisch für eine akute myeloische Leukämie (AML)-M3 (früher als Promyelozytenleukämie beschrieben) in der 7 FAB-Klassifikation.

Literatur. Bennett JM, Catovsky D, Daniel MT et al (1976) Proposal for the Classification of the Acute Leukaemias. Brit J Haematol 33:451–458

Faktor (Gerinnung) 7 Gerinnungsfaktor

Faktor-V-Leiden 7 Protein-C-Resistenz, aktivierte (APCR)

Familiarisierung(sphase)

479

Koronarsyndrom und zur Prävention von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern werden zurzeit durchgeführt. Langfristig erhofft man sich, dass die neuen oralen Antikoagulanzien die Vitamin-K-Antagonisten ablösen werden, allerdings sind die Nebenwirkungen dieser Xenobiotika (z. B. paradoxe intrinsische Thrombingenerierung über die Seitenketten) noch nicht geklärt.

Literatur. Bauer KA (2008) New anticoagulants. Curr Opin Hematol 15:509–515 Harbrecht U (2011) Alte und neue Antikoagulanzien. Hämostaseologie 31:21–27 Lassen MR, Turpie AGG, Rosencher N et al (2007) Blood 110:97a–98a

Fällung 7 Ausfällen Faggot-Form. Abb. 1. Typische Faggot-Form der Auer-Stäbchen bei einer AML-M3, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Fällungsreagenzien K.J. Lackner, D. Peetz

Faktor-Xa-Inhibitoren P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FXa-Inhibitoren Englischer Begriff. factor Xa inhibitors Definition. Als zentrale Serinprotease in der plasmatischen Gerinnung ist der aktivierte Faktor X (= FXa) ein ideales Ziel neuer Antikoagulanzien. Der Prototyp eines selektiven indirekten FXa-Inhibitors ist Fondaparinux. i Fondaparinux ist ein synthetisch hergestelltes Pentasaccharid, das

Antithrombin selektiv mit hoher Affinität bindet und damit dessen Affinität für FXa um das 300-fache steigert. Bindung des Antithrombin-Fondaparinux an FXa führt zur Freisetzung von Fondaparinux aus der Bindung an Antithrombin und zur kovalenten Bindung von Antithrombin an FXa. Der inaktive Serpin-Protease-Komplex wird aus der Zirkulation entfernt. Fondaparinux steht zur weiteren Bindung wieder zur Verfügung. Fondaparinux inhibiert über Antithrombin nur freien FXa und nicht im Prothrombinkomplex-gebundenen Faktor Xa. Die Halbwertszeit von Fondaparinux beträgt ~17 h. Fondaparinux ist FDA-zugelassen für: 5 Prophylaxe nach orthopädischen Operationen und großer abdominaler Chirurgie 5 initiale Therapie von tiefer Venenthrombose und Lungenembolie Studien belegen auch die Effizienz von Fondaparinux bei der Behandlung von Patienten mit akuten koronaren Ischämien. Idraparinux ist ein synthetisch hergestelltes Pentasaccharid mit einer zu Fondaparinux analogen Struktur. Der Austausch der N-Sulfat- und Hydroxylgruppen des Fondaparinux durch Methoxy- oder O-Sulfatgruppen macht Idraparinux lipophiler, wodurch sich die Aufnahme in Zellen und die Verteilung der Substanz im Organismus verändert. Die durchschnittliche Halbwertszeit von Idraparinux ist mit 4 Tagen deutlich länger als bei Fondaparinux. Die Affinität zu Antithrombin ist um 30-fach höher als die von Fondaparinux, wodurch sich die Anti-FXaAktivität nochmals steigern ließ. Erste Studien zeigen jedoch, dass der Einsatz von Idraparinux mit einer höheren Blutungsrate belastet sein könnte. Ein spezifisches Antidot ist nicht verfügbar. Neue direkte FXa-Inhibitoren binden direkt an den sowohl im Prothrombinkomplex gebundenen als auch an den freien FXa. Zurzeit sind einige orale direkte FXa-Hemmer in der klinischen Erprobung (Rivaroxaban, Apixaban, Edoxaban (DU-176b), Betrixaban, YM150). Rivaroxaban war der erste orale direkte Faktor-Xa-Inhibitor, der für die Prävention von Thrombosen nach Operationen am Hüft- oder Kniegelenk zugelassen wurde. Rivaroxaban hat eine um 10.000-fach höhere Affinität für FXa als für andere Serinproteasen von biologischer Relevanz. Seine Bioverfügbarkeit beträgt 80–100 %, die maximale Plasmakonzentration wird 2–4 h nach oraler Gabe erreicht, und die biologische Halbwertszeit von Rivaroxaban wird mit 7–11 h angegeben. Rivaroxaban wird vorwiegend über die Leber metabolisiert (CYP 3A4, CYP2J2). Studien zur Behandlung von venösen thromboembolischen Ereignissen, zur Prophylaxe bei Patienten mit akutem

Englischer Begriff. precipitating agents Definition. Fällungsreagenzien im weiteren Sinne sind Substanzen, die geeignet sind, bestimmte Substanzen oder Substanzklassen aus einer Lösung auszufällen. i Beispiele für in der Labordiagnostik häufig verwendete Fällungs-

reagenzien sind Substanzen zur Ausfällung von Protein wie Trichloressigsäure oder zur Ausfällung ApoB-haltiger Lipoproteinen zur Bestimmung von HDL-Cholesterin wie Phosphorwolframsäure/MgCl₂, Heparin-MnCl₂ oder Dextransulfat-MgCl₂.

Fallverknüpfung O. Colhoun

Englischer Begriff. case linkage Definition. Zusammenführung der Daten eines Patienten, welche in der Labor-EDV unter verschiedenen Patienten-Identifikationsnummern geführt werden. i Die Funktion der Fallverknüpfung eines Labor-EDV-Systems

kommt in verschiedenen Bereichen zur Anwendung. Bei Langzeitarchiven – etwa einem Blutbankarchiv – z. B. wenn für ein und denselben Patienten aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen durch den Einsender bei zwei verschiedenen Aufträgen unterschiedliche Patienten-Identifikationsnummern eingelesen wurden. Hier müssen die Befunde für die dauerhafte Archivierung und den späteren kompletten Zugriff auf einen – mit allen korrekten Daten versehenen – Patienten zusammengeführt werden. Beim Einlesen von Aufträgen, welche außerhalb der Verwaltungsaufnahmezeiten einer Klinik ausgestellt und nicht mit der endgültigen Patienten-ID versehen wurden, müssen zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls alle erbrachten Laborleistungen für den richtigen Patienten unter dessen endgültiger Personen-ID zusammengeführt werden können.

Falsch-negatives Testergebnis 7 Testergebnis, falsch-negatives

Falsch-positives Testergebnis 7 Testergebnis, falsch-positives

Faltblattstruktur 7 Proteinstruktur

Familiarisierung(sphase) R. Driesch

Definition. Eingewöhnungs- bzw. Handhabungsphase vor einer Geräte- bzw. Testevaluierung.

F

480

Faradaysche Gesetze

i Der international verwandte, aus dem amerikanischen Sprachge-

brauch stammende Begriff ist nicht normiert und hinsichtlich Definition und Inhalte nicht festgelegt. Die Familiarisierung(-sphase) vor bzw. zu Beginn einer 7 Analysegeräte-/7 Testevaluierung dient dem Vertrautmachen des Personals und der Überprüfung der Akzeptanz mit dem zu untersuchenden System sowie der Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit im Routinebetrieb. In der Regel beinhaltet diese Phase das Training des technischen Personals, die Prüfung von Geräten, Material und Reagenzien sowie eine Überprüfung der analytischen Leistungsdaten durch Messung der 7 Präzision (in der Serie und von Tag zu Tag) sowie der Kontrollwiederfindung. Es kann auch die Simulation von Arbeitsabläufen, Bearbeitungsprozessen und Leistungsdatenerfassung Bestandteil der Familiarisierung(-sphase) sein. Nach erfolgreichem Abschluss kann dann (auch eventuell nach Modifikationen an Geräten, Reagenzien und/oder Studienprotokoll) mit der eigentlichen Evaluierung begonnen werden.

Faradaysche Gesetze 7 Coulometrie

Faraday-Tyndall-Effekt 7 Tyndall-Phänomen

Farbcodes von Antikoagulanzien 7 Antikoagulanzien; 7 Vakuumröhrchen

Färbeindex B. Baum

Synonym(e). Hämoglobinquotient; FI Englischer Begriff. color index Definition. Relativzahl als Kenngröße des 7 Hämoglobin(Hb)-Gehalts der Erythrozyten (Ery). i Die Bestimmung des Färbeindex (FI) ist eine Methode zur Ab-

schätzung des Hämoglobingehalts des Blutes im Vergleich zur Norm nach der Formel FI = Hb (in % der Norm) / Ery (T / L) × 20 Dabei wird der Normalwert des Bluthämoglobingehalts mit 145 g/L (= 100 %) angenommen (Referenzbereich: 0,9–1).

Literatur. Begemann H, Harwerth HG (1967) Praktische Hämatologie. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 281

Färbemethoden, mikrobiologische W. Stöcker

Englischer Begriff. microbiological staining methods Definition. Klassische Methoden zum Nachweis von Mikroorganismen. Sie werden zur groben taxonomischen Klassifikation und Bewertung bestimmter Eigenschaften der Mikroorganismen genutzt. Neben Einfach- und Differenzierungsfärbungen gibt es auch Spezialfärbungen (z. B. nach Kinyoun, Neisser, Ziehl-Neelsen; 7 Fluoreszenzfärbung nach Coons).

Einfachfärbungen. Die Methylenblau- oder die Fuchsinfärbung färben die Bakterienzellen meist gleichmäßig und einheitlich an und erhöhen dadurch den optischen Kontrast. Diese Färbungen dienen dazu, die Bakterien im Hellfeld darzustellen. Ansatz für die alkalische Methylenblau-Färbung nach Löffler: 30 mL Stammlösung: 0,1 % Methylenblau in Wasser 70 mL 0,01 %ige KOH Färbedauer: Dünne Ausstriche: 5–15 s, dicke Ausstriche: 45 s. Die Bakterien färben sich blau an.

Differenzialfärbungen. Beispiel: Gramfärbung. Man lässt mindestens zwei verschiedene Farbstoffe hintereinander auf den Ausstrich einwirken. Nach dem ersten Färbeschritt behandelt man die Zellen mit einem geeigneten Lösungsmittel oder einer Säure. Dabei werden manche Bakterien wieder entfärbt, während andere den Farbstoff festhalten. Diese Unterschiede im Färbeverhalten kann man zur Vordifferenzierung der Bakterien nutzen: Es lassen sich zwei große Gruppen unterscheiden: Grampositive und gramnegative Bakterien, die unter anderem unterschiedlich auf manche Antibiotika reagieren. In der ersten Phase lässt man Karbol-Gentianaviolett einwirken, wodurch sich alle Bakterien anfärben. Bei einer nachfolgenden Behandlung mit Lugol’scher Lösung (Iod-Kaliumiodid 1:2 in Wasser) bilden sich größere Farbstoff-Komplexe, die Bakterien erscheinen dunkelblau („Beizung“). In der zweiten Phase wird mit 96 % Ethanol behandelt, wobei gramnegative Bakterien den Farbstoff wieder freigeben, während die grampositiven Bakterien mit ihrer dickeren Mureinhülle die blauen Farbstoffkomplexe festhalten. Abschließend wird mit verdünntem Karbolfuchsin gegengefärbt, damit auch die gramnegativen Bakterien (rot) zur Darstellung kommen. Anfärbung säurefester Bakterien. Das Prinzip der Ziehl-NeelsenFärbung beruht darauf, dass die Zellwand säurefester Bakterien besondere Lipide (Wachse, Mykolsäuren) enthält, sodass sie sich mit den üblichen Verfahren schlecht anfärben. Man lässt unter Hitzeeinwirkung Karbolfuchsin einwirken, so dass der Farbstoff einerseits trotz der Lipidhülle eindringt, andererseits aber bei normaler Temperatur nur schwer wieder aus den Bakterien extrahiert werden kann. Danach lässt man bei normaler Temperatur Salzsäure oder ein Gemisch aus Alkohol und Salzsäure einwirken, wobei fast alle Bakterien den Farbstoff wieder abgeben, bis auf die säurefesten Stäbchen, die rot gefärbt bleiben und im gefärbten Ausstrich leichter zu identifizieren sind. Diese Kontrastfärbung ist eine wichtige differenzialdiagnostische Hilfe zur Identifizierung vor allem von Erregern der Tuberkulose und der Lepra.

Pilz-Färbung. Bei der Grocott-Methenamin-Silberfärbung entstehen durch die Behandlung mit Chromsäure Aldehydgruppen. Diese werden durch die folgende Reaktion mit einem Methenamin-Silbernitrat-Komplex schwarz, sodass sich die Pilzbestandteile deutlich von einem blassgrünen Hintergrund abheben. Methenamin-Silbernitrat-Lösung 5 Mischen von 5 mL 5 % Silbernitratlösung und 100 mL 3 % Methenaminlösung ergibt die Basislösung 5 Mischen von 25 mL Basislösung mit 25 mL destilliertem Wasser und 2 mL 5 % Boraxlösung ergibt die Arbeitslösung Herstellung der Bakterienausstriche. Auf Objektträgern dünn ausgebreitete Bakteriensuspensionen lässt man lufttrocknen und fixiert sie in der Regel durch dreimaliges langsames Durchziehen durch die Flamme. Da die Hitzefixation die Bakterienstruktur verändern kann, ist es bei morphologischen Untersuchungen besser, mit Ethanol zu fixieren.

Farbkennzeichnung der Probenbehälter (-gefäße) für Venenblut R. Driesch

Englischer Begriff. colour codes for single-use containers for venous blood specimen collection

Definition. Unterscheidung der Probenbehälter (-gefäße) für Venenblut durch farbigen Aufdruck und/oder Verschluss(Deckel-)farbe. i In der europäischen Norm EN 14820:2004, die vom Technischen

Komitee CEN/TC 140 „In-vitro-Diagnostik“ erarbeitet wurde, werden Anforderungen an Probenbehälter (-gefäße) für Venenblut festgelegt. Diese Norm ersetzt die bisherige ISO 6710:1995. Bei der Erstellung der neuen europäischen Norm war es nicht möglich, eine international verbindliche Empfehlung zur Farbkennzeichnung der Gefäße in dieses Dokument aufzunehmen, da hierüber unter den nationalen Normungsorganisationen kein Konsens erzielt werden konnte. Ein amerikanisches und ein europäisches Farbkennzeichnungssystem ha-

Fas

ben sich in der Praxis durchgesetzt. Da auf dem deutschen und europäischen Markt 7 Blutentnahmesysteme und Probenbehälter sowohl außereuropäischer, vor allem amerikanischer Hersteller, wie europäischer Hersteller nebeneinander verwendet werden, existieren in der Praxis auch diese beiden Farbkennzeichnungssysteme nebeneinander (s. a. 7 Vakuumröhrchen).

Färbung, Urin. Tab. 1. Aussehen

Ursachen

Symptom bei

Blass, wässrig

verdünnter Urin

Polyurie, Diabetes insipidus, Diabetes mellitus, Hypostenurie

Bernsteingelb

Gallenfarbstoffe, Nahrungsfarbstoffe (z. B. Flavine)

normaler Urin, Vitamin B2, Einnahme von Medikamenten

Gelb-orange

Gallenfarbstoffe, Nahrungsfarbstoffe (z. B. Rhabarber, Folia Sennae, Rote Bete)

konzentrierter Urin, Cholestase

Bräunlich („Bier“)braun

Biliverdin, Bilirubin

hepatischer Ikterus

Rötlich-rötlichbraun

Hämoglobin(derivate), Myoglobin, Porphyrine, Medikamente (z. B. L-Dopa, Metronidazol, Chinin, Phenacetin, Rote-Bete-Konsum)

Hämaturie, Hämoglobinurie, Rhabdomyolyse, Therapeutika

Gelbgrün, blaugrün

Gallenfarbstoffe im alkalischen Urin, Indikane, Polycyanin, Chlorophyll

Cholestase, Farbstoffe, Pseudomonasinfektion, Mundspülmittel

Dunkelbraunschwarz, evtl. beim Stehen dunkelnd

Methämoglobin, Homogentisinsäure, Melanin, Porphyrine, Serotonin, Medikamente

Hämolyse, Alkaptonurie, Melanom, „Melanose“, Chlorpromazin, MethylDopa

Weiß, milchigtrüb oder wolkig

Eiter, Schleim, Lipide, Chylus, Paraffin, Bakterien, Kontrastmittel

Infektion der ableitenden Harnwege, Chylusfistel, Vaginalcreme

Trüb-blau

Indikan, Medikamente

Systemische Infektion (Typhus, Sepsis)

Literatur. Europäische Norm EN 14820 v. 27.05.2004 Europ. Komitee für Normung (CEN)

Farbstoffbindungsmethode 7 Bromkresolgrünmethode

Farbstoffe im Liquor (CSF) 7 Liquor-Pigmente

Farbstoffeliminationstest der Leber 7 Indocyaningrün-Test

Färbung, Blutbild B. Baum

Synonym(e). Blutausstrich-Färbung Englischer Begriff. blood smear stain Definition. Färbung eines Blutausstrichs zur morphologischen Beurteilung der zellulären Bestandteile. Physikalisch-chemisches Prinzip. Ein getrockneter und in Methanol fixierter Blutausstrich wird mit basischen und/oder sauren Farbstoffen gefärbt. Die am häufigsten verwendete Methode ist die kombinierte May-Grünwald-Giemsa-Färbung (7 Pappenheim-Färbung). Eosinsaures Methylenblau (gesättigte methanolische Lösung des getrockneten Niederschlags von Eosin und Methylenblau in Aqua dest.) färbt Erythrozyten hellrot, Kerne blau, eosinophile Granula ziegelrot, basophile Granula tiefblau, neutrophile Granula hell- bis purpurrot, Thrombozyten blassblau. Anschließend erfolgt eine Gegenfärbung mit Azur-Eosin-Methylenblau-Lösung (verdünnt 1+33,3 mit Aqua dest; pH 6,8–7,0).

Einsatzgebiet. Morphologische Differenzierung der zellulären Bestandteile des peripheren Blutes.

Untersuchungsmaterial. Ausstrichpräparat des peripheren Blutes Instrumentierung.

5 Manuelle Methode: Glaswaren zur Aufnahme der Flüssigkeiten sowie der in speziellen Ständern fixierten Objektträger. 5 Automatisiert: Analysengeräte, die sowohl einen Ausstrich anfertigen als auch eine Färbung durchführen.

Fehlermöglichkeit. Inkubationsdauer nicht korrekt, pH-Wert des Puffers falsch, Färbezeiten nicht exakt eingehalten. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Einfach durchzuführende Handmethode. Es gibt Analysensysteme, die automatisch einen Ausstrich herstellen, identifizieren und anschließend eine Färbung durchführen.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Definitive Methode zur morphologischen Differenzierung der Leukozyten im peripheren Blut. Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild – Analytik. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 165–167

Färbung, Urin W.G. Guder

Synonym(e). Uroskopie; Harnfarbe-Beurteilung Englischer Begriff. urine colour

481

Definition. Die Färbung des Urins stellt eine wesentliche Komponente der Analyse des Urins mit diagnostischen Zielen dar („Uroskopie“). Es beschreibt die visuell sichtbare Färbung des Urins (7 Tab. 1). i Die Farbe des Urins stellt nicht nur für den Laien, sondern auch für

den Arzt seit der Antike ein mit dem Auge sichtbares Zeichen zur Beurteilung des Gesundheitsstands dar. War die Betrachtung des Urins durch die Uroskopie im Mittelalter charakterisiert durch die Differenzierung von 20 verschiedenen Farben, die im Zusammenhang mit der 4-Säfte-Lehre der Antike interpretiert wurden, ist die Harnfarbe seit dem 19. Jahrhundert, als man die Ursachen der meisten Harnfarben identifizierte, Basis für die Diagnose/Symptom, da zahlreiche Symptome/Erkrankungen nach der Harnfarbe benannt wurden: Hämaturie, Porphyrie, Alkaptonurie, Melanurie, Schwarzwasserfieber.

Literatur. Vosswinckel P (1993) Der Schwarze Urin. Blackwell Wissenschaft, Berlin Guder W, Nolte J (2009) Das Labor-Buch für Klinik und Praxis, 2. Aufl. Elsevier, Urban und Fischer, München

Fas 7 Fas-Rezeptor

F

482

Faserprotein

Faserprotein 7 Protein, fibrillär

FasL 7 Fas-Ligand

Fas-Ligand S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). FasL; CD95-Ligand Englischer Begriff. Fas ligand Definition. Der Fas-Ligand bindet an zellständige oder lösliche Formen des 7 Fas-Rezeptors; in ersterem Fall erfolgen eine Aktivierung des Oberflächenrezeptors und eine Überleitung des Zelltodsignals in das Zellinnere. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Fas-Rezeptor Der Fas-Ligand wird auf einer Vielzahl von Zellen, insbesondere auf Lymphozyten, exprimiert und kommt auch in löslicher Form in Serum und Plasma vor. Er ist ein wesentlicher Bestandteil der physiologischen und pathologischen Apoptoseinduktion.

Funktion und Pathophysiologie. Für eine Reihe klinischer Fragestellungen wurde die lösliche Form des Fas-Liganden in Serum und Plasma quantifiziert. Im Gegensatz zum löslichen Fas-Rezeptor hat der Fas-Ligand proapoptotische Wirkung, die jedoch vom Vorhandensein löslicher Fas-Rezeptoren abhängt. Bei einer hohen Konzentration an löslichen Fas-Rezeptoren wird eine beträchtliche Anzahl von FasLiganden bereits von diesen gebunden und steht dann nicht mehr für die Apoptoseinduktion zur Verfügung. Das Gleichgewicht löslicher Formen der Fas-Rezeptoren und -Liganden kann insbesondere bei der Pathogenese bzw. Progression von malignen Tumoren von Bedeutung sein.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

Englischer Begriff. Fas receptor Definition. Der Fas/Apo1/CD95-Rezeptor ist ein glykosiliertes Transmembranprotein und gleichzeitig Mitglied der Tumornekrosefaktor (TNF)-Rezeptorfamilie, welches die Überleitung des Zelltodsignals in das Zellinnere bewerkstelligt.

Struktur. Der Fas-Rezeptor besteht aus einem extrazellulären Anteil von 2–6 cysteinreichen Domänen und einem intrazellulären Anteil, der die „Death domain“ enthält. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach Bindung von spezifischen Liganden – wie dem 7 Fas-Liganden – oder stimulierenden Antikörpern werden die Fas-Rezeptoren durch Trimerisierung aktiviert. Dadurch lagern sich im Zellinnern weitere Proteine an die Todesdomänen an und bilden den „death inducing signaling complex“ (DISC). An diesem werden Initiatorcaspasen aktiviert, welche dann das Apoptosesignal zu den Effektorcaspasen weiterleiten. Diese sind für den geregelten Abbau der Zellbestandteile und die daraus resultierenden, charakteristischen, morphologischen Veränderungen der Apoptose verantwortlich. Der Fas-Rezeptor wird auf einer Vielzahl von Zellen exprimiert und ist ein wesentlicher Bestandteil der physiologischen und pathologischen Apoptoseinduktion. Funktion und Pathophysiologie. Für eine Reihe klinischer Fragestellungen wurde die lösliche Form des Fas-Rezeptors im Serum und Plasma quantifiziert. Nach Abspaltung von der Zelloberfläche ist der lösliche Rezeptor nicht mehr in der Lage, Apoptose zu induzieren. Außerdem bindet er lösliche Fas-Liganden, die dann nicht mehr für die Apoptose-Induktion zur Verfügung stehen. Insgesamt stellt der lösliche Fas-Rezeptor somit einen antiapoptotischen Mechanismus dar, der u. a. auch bei malignen Tumoren bei der Pathogenese bzw. Progression der Erkrankung von Bedeutung sein kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Enzym-linked Immunosorbent Assay (ELISA)

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Enzym-linked Immunosorbent Assay (ELISA)

Referenzbereich — Erwachsene. Median 1,8 ng/mL (methodenab-

Referenzbereich — Erwachsene. Median 0,06 ng/mL (methodenab-

Indikation. Prognosemarker bei verschiedenen soliden Tumoren.

hängig)

Indikation. Prognosemarker bei verschiedenen soliden Tumoren. Interpretation. Generell wurden bei Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen höhere Serumwerte des löslichen Fas-Liganden beobachtet als bei gesunden Personen, so bei Karzinomen des Magens, der Blase und beim Melanom, wobei bei einigen eine Korrelation mit dem Tumorstadium beschrieben wurde. Allerdings ist der Einfluss der relevanten organspezifischen, benignen Erkrankungen, sowie von benignen Nieren- und Leberschäden wie auch von Infektionen noch nicht systematisch beschrieben, weshalb eine generelle Empfehlung für die diagnostische Wertigkeit derzeit nicht gegeben werden kann. Darüber hinaus war eine hohe Konzentration des löslichen FasLiganden beim Magen- und Blasenkarzinom sowie beim multiplen Myelom mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. Dies konnte insbesondere in der multivariaten Analyse für das Magenkarzinom gezeigt werden. Diagnostische Wertigkeit. Potenzieller Prognosemarker. Literatur. Krammer PH (2000) CD95’s deadly mission in the immune system. Nature 407:789–795 Holdenrieder S, Stieber P (2004) Apoptotic markers in cancer. Clin Biochem 37:605–617

Fas-Rezeptor S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). Fas; APO1; APO1-Rezeptor; CD 95; CD 95-Rezeptor

hängig)

Interpretation. Generell wurden bei Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen höhere Serumkonzentrationen des löslichen Fas-Rezeptors beobachtet als bei gesunden Personen, so bei Karzinomen des Kolons, des Magens, der Leber, der Brust, anderer gynäkologischer Organe, der Niere, beim Melanom und beim NonHodgkin-Lymphom. In einigen dieser Tumoren korrelierte Fas mit dem Tumorstadium und der Progredienz der Erkrankung. Allerdings ist der Einfluss der relevanten organspezifischen, benignen Erkrankungen, sowie von benignen Nieren- und Leberschäden wie auch von Infektionen noch nicht systematisch beschrieben, weshalb eine generelle Empfehlung für die diagnostische Wertigkeit derzeit nicht gegeben werden kann. Darüber hinaus war ein hoher Fas-Wert in einer Reihe von soliden Tumoren mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. Dies konnte insbesondere in der multivariaten Analyse für gynäkologische Karzinome, das Mammakarzinom, das Nierenzellkarzinom und das NonHodgkin-Lymphom gezeigt werden. Diagnostische Wertigkeit. Potenzieller Prognosemarker Literatur. Krammer PH (2000) CD95’s deadly mission in the immune system. Nature 407:789–95 Holdenrieder S, Stieber P (2004) Apoptotic markers in cancer. Clin Biochem 37:605–617

Fast-Food-Kokain T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Crack (Kokainprodukt) (7 Straßennamen von Drogen: Kokain).

Fehlerarten

Fatty Acid Binding Protein, cardiales 7 Fettsäurebindungsprotein

Faxserver O. Colhoun

Englischer Begriff. fax server Definition. Funktionalität des Labor-EDV-Systems, mit welcher der Versand von Befunden per Telefax organisiert wird. i Bereitstellung der Funktionalität eines Telefaxservers für die

Übermittlung von Laborbefunden an entsprechend in den 7 Stammdaten gekennzeichnete Empfänger per Telefax zusätzlich zum oder anstelle eines gedruckten Befunds.

483

i Der Fehler 1. Art stellt eine mögliche Fehlentscheidung eines sta-

tistischen Tests dar. Entscheidet man sich auf der Basis eines statistischen Tests fälschlicherweise für die Ablehnung der Nullhypothese, begeht man einen Fehler 1. Art. Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 1. Art wird üblicherweise als 7 Irrtumswahrscheinlichkeit α bezeichnet. Bei der Anwendung statistischer Tests wird der Wert von α a priori festgelegt. Analog spricht man im diagnostischen Test (7 Test, diagnostischer) von einem falsch-positiven Testergebnis (7 Testergebnis, falsch-positives).

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Fehler 2. Art

F

R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Fc-Epsilon-Rezeptor-Antikörper 7 Autoantikörper gegen IgE-Rezeptoren

Fc-Fragmente

Synonym(e). β-Fehler Englischer Begriff. type II error Definition. Ein Fehler 2. Art liegt vor, wenn auf der Basis eines statis-

Englischer Begriff. Fc fragment

tischen Tests (7 Test, statistischer) eine Entscheidung für die Beibehaltung der 7 Nullhypothese getroffen wird, obwohl die 7 Alternativhypothese gültig ist.

Definition. Konstanter Teil der Schwerkette von 7 Immunglobulinen

i Der Fehler 2. Art stellt eine mögliche Fehlentscheidung eines sta-

nach Spaltung mit Papain.

tistischen Tests dar. Entscheidet man sich auf der Basis eines statistischen Tests fälschlicherweise für die Beibehaltung der Nullhypothese, begeht man einen Fehler 2. Art. Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 2. Art wird üblicherweise als 7 Irrtumswahrscheinlichkeit β bezeichnet. Bei der Anwendung statistischer Tests ist der Wert von β im Allgemeinen unbekannt. In Modellrechnungen, die die Basis für Fallzahlplanungen bilden, betrachtet man üblicherweise den Wert (1-β), der die Macht (7 Power) des Tests angibt. Dem Fehler 2. Art entspricht im diagnostischen Test (7 Test, diagnostischer) ein falsch-negatives Testergebnis (7 Testergebnis, falschpositives).

H. Renz, B. Gierten

i Die Proteinase Papain spaltet 7Immunglobulin G im Bereich der prolinreichen Hinge-Region (7Schwerketten) N-terminal der Disulfidbindung der Schwerketten. Dadurch entsteht ein 50 kDa schweres FcFragment („crystallizable fragment“) und zwei Fab-Fragmente („antigenbinding fragment“). Das resultierende Fc-Fragment kann Komplement fixieren und determiniert andere biologische Funktionen wie z. B. Bindung an zelluläre Oberflächen sowie Plazentagängigkeit.

Literatur. Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 116–121

FDA 7 Food and Drug Administration

FDL-Test 7 Pankreolauryltest

FDP 7 D-Dimer-Antigen

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Fehlerarten R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. error types; types of error Definition. Mit Fehlerarten bezeichnet man die möglichen Fehlentscheidungen eines statistischen Tests (7 Test, statistischer). i Trifft man auf Grund eines statistischen Tests eine Entscheidung,

Fehler 7 Messabweichung

α-Fehler 7 Fehler 1. Art

so kann diese richtig oder falsch sein. Die möglichen Ergebnisse dieses Entscheidungsprozesses lassen sich durch zwei richtige Entscheidungen und zwei Fehlentscheidungen charakterisieren (7 Tab. 1). Fehlerarten. Tab. 1. Entscheidungsschema eines statistischen Tests Testergebnis

β-Fehler

H₁

H₀

signifikant

richtige Entscheidung

falsche Entscheidung; Fehler 1. Art: falschpositiv

nicht signifikant

falsche Entscheidung; Fehler 2. Art: falschnegativ

richtige Entscheidung

7 Fehler 2. Art

Fehler 1. Art

Realität

R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). α-Fehler Englischer Begriff. type I error Definition. Ein Fehler 1. Art liegt vor, wenn auf der Basis eines statistischen Tests (7 Test, statistischer) eine Entscheidung für die Annahme der 7 Alternativhypothese getroffen wird, obwohl die 7 Nullhypothese gültig ist.

Entscheidet man sich auf der Basis des statistischen Tests für die Annahme der 7 Alternativhypothese, obwohl die 7 Nullhypothese zutrifft, begeht man einen so genannten Fehler 1. Art. Entscheidet man

484

Fehlergrenze

sich hingegen für die Beibehaltung der Nullhypothese, obwohl die Alternativhypothese zutrifft, spricht man von einem Fehler 2. Art. Die möglichen Fehlentscheidungen eines statistischen Tests können in Analogie zum diagnostischen Test (7 Test, diagnostischer) als falsch-positives (7 Testergebnis, falsch-positives; entspricht Fehler 1. Art) bzw. falsch-negatives Testergebnis (7 Testergebnis, falschnegatives; entspricht Fehler 2. Art) bezeichnet werden (s. Abb. 1 im Stichwort 7 Erwartungswert von Messwerten).

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Fehlergrenze 7 Grenzwert der Messabweichung

Fehler, grober G. Schumann

Fehling, Hermann Christian von A.M. Gressner. O.A. Gressner

Lebensdaten. Deutscher Chemiker, geboren am 9. Juni 1812 in Lübeck, gestorben am 2. Juli 1885 in Stuttgart.

Verdienste. Professor der Chemie an der Technischen Hochschule in Stuttgart, wurde bekannt durch die von ihm entwickelte Methode zur semiquantitativen Bestimmung von Traubenzucker (Glukose) im Urin. Die 7 Fehling-Probe mit alkalischer Kupfertartratlösung (Fehling-Lösung) stellt eine weder 7 Glukose- noch zuckerspezifische Reduktionsprobe dar und ist heute obsolet.

Fehling-Probe A.M. Gressner. O.A. Gressner

Synonym(e). Glukosenachweis nach Fehling; Fehling-Test

Englischer Begriff. gross error

Englischer Begriff. Fehling’s test

Definition. Messabweichung, die bei korrektem Arbeiten zu vermei-

Definition. Unspezifische, daher seit langem obsolete kolorimetrische Reduktionsprobe zur semiquantitativen Bestimmung von 7 Glukose im Urin.

den wäre. i Grobe 7 Fehler sind von systematischen Fehlern (7 Messabwei-

chung, systematische) zu unterscheiden. Als grobe Fehler werden beispielsweise die Nichteinhaltung der Standardarbeitsanweisungen, Verwechslungen von Reagenzien, Proben, Filtern oder Pipetten bezeichnet. Während die Ursachen solcher grober Fehler meist sofort erkennbar sind, können sie bei systematischen Fehlern nicht immer aufgedeckt werden. Die Differenzierung in systematische und grobe Fehler erfolgt gelegentlich subjektiv und dem Ausmaß der Abweichung entsprechend. So kann die Verwendung einer unkorrekten Standardlösung zu einem groben Fehler führen, wenn versehentlich eine Stammlösung anstatt der Gebrauchsverdünnung eingesetzt wurde, und zu einem systematischen Fehler, wenn beim Ansetzen der Gebrauchsverdünnung eine nicht geeichte Pipette mit einer systematischen Minus-(bzw. Plus-) Abweichung benutzt wurde.

Literatur. (2000) Management in der Laboratoriumsmedizin. Teil 1: Grundbegriffe. DIN 58936-1, 3.1.10.4. Beuth-Verlag, Berlin

Fehler, systematischer 7 Messabweichung, systematische

Fehlerterme 7 Residuen

Fehler, zufälliger R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Zufällige Messabweichung; Fehler

i Von dem Chemiker H.C. von Fehling (7 Fehling, Hermann

Christian von) entwickelte nicht-zuckerspezifische 7 Reduktionsprobe im enteiweißten Urin, bei der Cu(II) (Kupfersulfat) in alkalischer Lösung durch Erhitzen zu Cu (I) reduziert wird. Durch Kochen wird das ausfallende gelbliche Kupferoxid (Cu₂O) in einen orange-roten Niederschlag überführt (positive Reaktion). Ein positiver Ausfall zeigt lediglich die Anwesenheit reduzierender Substanzen (z. B. Pentosen, 7 Fruktose, 7 Galaktose, Laktose, 7 Vitamin C u. a.) an und ist somit nicht spezifisch für Glukose.

Literatur. Hallmann L (1994) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Fehling-Test 7 Fehling-Probe

Feinmasse(bestimmung) 7 Präzisionsmassenbestimmung

Felddesorption 7 Massenspektrometrie

4-Felder-Tafel 7 Entscheidungstafel

Feldionisation 7 Massenspektrometrie

Englischer Begriff. random error Definition. Unter einem zufälligen 7 Fehler versteht man die zufälli-

ge 7 Variabilität der Messergebnisse bei der mehrmaligen Durchführung von Messwiederholungen.

i Die Ursachen für das Auftreten zufälliger Fehler sind im Einzel-

nen nicht bekannt und daher nicht analysierbar. Das Wesen zufälliger Fehler besteht, darin, dass Abweichungen von einem Sollwert sich im Mittel ausgleichen (7 Mittelwert, arithmetischer) und nicht zu „starke“ Variabilität auftritt. Mit Hilfe der 7 Präzisionskontrolle können zufällige und systematische Fehler (7 Messabweichung, systematische) voneinander abgegrenzt werden.

Literatur. Qualitätskontrolle im Medizinischen Laboratorium von A bis Z – Ein Leitfaden in Schlagworten. 2. überarbeitete Auflage. Behring Diagnostika

Fenestrated cell B. Baum

Synonym(e). Downey-Zelle Englischer Begriff. fenestrated cell Definition. Virustransformierter Lymphozyt mit charakteristischer zarter Vakuolisierung des Zytoplasmas (7 Abb.1) bei akuter EpsteinBarr-Virus Infektion. i Bei einer akuten Infektion mit dem 7 Epstein-Barr-Virus können

häufig morphologisch auffällige Lymphozyten mit breitem dunkelbasophilem Zytoplasmasaum und großem, unregelmäßig geformtem Kern mit aufgelockertem Kemchromatin nachgewiesen werden. Teilweise zeigen diese Zellen eine zarte Vakuolisierung. Diese zart vaku-

Ferritin

485

eine Rolle in der Drogenszene, ebenso wie die (ebenfalls verschreibungspflichtigen) Abkömmlinge Alfentanil, Remifentanil und Sufentanil. Im Gegensatz dazu gewinnen (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige) Derivate des Fentanyl, wie z. B. Benzylfentanyl, Carfentanil, p-Fluorofentanyl, β-Hydroxyfentanyl, Lofentanil, Acetylα-methylfentanyl, β-Hydroxy-3-methylfentanyl, α-Methylfentanyl („China White“), 3-Methylfentanyl, α-Methylthiofentanyl, 3-Methylthiofentanyl, Thenylfentanyl, Thiofentanyl zunehmende Bedeutung. Diese Verbindungen sind länger wirksam als Fentanyl und stärker wirksam als Morphin (Fentanyl 300-fach, Carfentanil 7500-fach). Bei Zufuhr dieser Drogen (Injektion oder Schnupfen) treten ähnliche Effekte auf wie bei Heroin. Die starke Wirksamkeit geht mit einer sehr niedrigen tödlichen Dosis einher. Wegen der niedrigen Konzentrationen entgehen die Substanzen leicht dem Nachweis.

Literatur. Sticht G, Käferstein H, von Meyer L (2009) Fentanyl. In: Külpmann WR (ed) Clincal toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 222–228 Fenestrated cell. Abb. 1. Typische zarte Vakuolisierung und gezipfelte Zytoplasmagrenze, an die sich Erythrozyten anlagern. 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

olisierten Zellen werden als „fenestrated cells“ oder „Downey-Zellen“ bezeichnet und stellen aktivierte T-Lymphozyten dar.

Literatur. Theml H (1993) Infektiöse Mononukleose. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie, 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 654

Fenton-Reaktion K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. Fenton reaction Definition. Oxidation von α-Hydroxysäuren oder 1,2-Glykolen in Gegenwart von H₂O₂ und Fe++ zu α-Ketosäuren bzw. Hydroxyaldehyden. i Fenton-Reaktionen sind in vivo u. a. wahrscheinlich für die Oxi-

dation von Lipiden relevant.

Fentanyl(e) W.-R. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. fentanyl(s) Definition. Gruppe von stark wirksamen 7 Opioiden, zu denen Alfentanil, Fentanyl, Sufentanil gehören (7 Abb. 1).

Ferment 7 Enzym

Fermentation R. Weiskirchen

Synonym(e). Fermentierung Englischer Begriff. fermentation Definition. Bezeichnung für die Vergärung von Kohlenstoffverbindungen durch Mikroorganismen unter Ausschluss von Sauerstoff (Gärung) i Heute bezeichnet die Fermentation (lat.: fermentum = Gärung)

Fentanyl. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. Fentanyl: 336,46 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Fentanyl wird praeoperativ i.v. appliziert, bei Tumorschmerzen als Pflaster. Bei Fentanylmissbrauch wird das Opioid auch inhalativ, intranasal und peroral appliziert.

auch die enzymvermittelte (fermentierte) Stoffumwandlung (Biotransformation) in Lebens- und Genussmitteln durch Mikroorganismen zu Produktionszwecken. Je nachdem, ob man für die Kultivierung der 7 Mikroorganismen Sauerstoff benötigt oder nicht, unterscheidet man zwischen aeroben und anaeroben Fermentationen. Entsprechende Bioreaktoren (Fermenter) zur großtechnischen (fermentativen) Gewinnung eines Produkts fassen häufig einige hundert Kubikmeter Inhalt.

Halbwertszeit. 1–7 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei Überdosierung kommt es zu den üblichen Symptomen einer Opioid-Intoxikation, u. a. respiratorische Insuffizienz, Koma und Krampfanfälle.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P), Urin

Fermentierung 7 Fermentation

Ferritin G. Töpfer

Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS

Englischer Begriff. ferritin

Indikation. Verdacht auf Opioid(Fentanyl)-Intoxikation, selten im

Definition. Ferritin ist das wichtigste Eisenspeicherprotein, dessen

Rahmen der Hirntoddiagnostik

Serumkonzentration mit dem Versorgungszustand der Zellen mit 7 Eisen (Füllungszustand des Körpereisenspeichers) korreliert, wenn interferierende Einflussfaktoren auszuschließen sind.

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,005–0,3 mg/L (therapeutische Konzentrationen beziehen sich auf Patienten unter kontrollierter Beatmung, beispielsweise intraoperativ); toxisch: > 0,003– 0,005 mg/L: komatös-letal: > 0,003–0,02 mg/L. Fentanyl spielt vermutlich seiner kurzen Wirkungsdauer wegen kaum

Struktur. Das Ferritinmolekül hat die Form einer innen mit Fe3+ als Oxyhydroxid-Phosphat-Komplex (gebunden an Glutaminsäure) mehr oder weniger ausgekleideten Hohlkugel (bis 4500 Fe3+-Ionen;

F

486

Ferritin

Die Menge des Depoteisens beträgt etwa ein Viertel bis ein Drittel des Gesamteisenbestands und befindet sich hauptsächlich im RHS. Wenn die Eisenkonzentration im Gewebe auf > 250–300 mg/100 g steigt, wandelt sich Ferritin (Eisengehalt 20 %) in Hämosiderin (Eisengehalt 30–37 %) um. Ferritin ist leichter als Hämosiderin wieder für die 7 Hämoglobinsynthese mobilisierbar. Die Füllung der Eisenspeicher wird nach Berliner-Blau-Färbung von Knochenmarkausstrichen am Intensitätsgrad der Eisenspeicherung der Retikulumzellen (Sideromakrophagen) halb quantitativ abgelesen. Direkt zu diesem Eisennachweis korreliert physiologischerweise die Konzentration des Serumferritins (s. o.). Saure, relativ eisenarme Isoferritine werden in das Serum bei verstärktem Zelluntergang (ineffektive Erythropoese, Tumoren, Leukämien, Lymphome) freigesetzt und im Testsystem in gewissem Umfang mit gemessen. Eine Unterscheidung von den basischen, relativ eisenreichen Isoferritinen ist mittels 7 Immunoassay derzeit nicht möglich. Es könnten sich bei genauerer Bestimmbarkeit der Isoferritine zukünftig Einsatzmöglichkeiten als Tumormarker eröffnen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparin-, EDTA-, Citrat-Plasma

Probenstabilität. Serum 20–25 °C: 7 Tage, 4–8 °C: 7 Tage, –20 °C: 1 Jahr Wird erhöht durch Ethanol, Fe-Salze und orale Kontrazeptiva, wird erniedrigt durch 7 Erythropoetin.

Präanalytik. Geringe Hämolyse stört nicht. Die vollständige Erythrozytenlyse einer Blutprobe würde das Ergebnis durch Freisetzung der Erythrozyten-Ferritine um etwa 60 % steigern. Ferritin. Abb. 1.

7 Abb. 1). Durch Proteinumhüllung wird das toxische Fe3+ abgeschirmt. Das Molekül besteht aus einer Proteinhülle (Apoferritin) von 24 identischen Untereinheiten. Diese Untereinheiten sind entweder basisch (L-Form) oder sauer (H-Form). In Herz, Plazenta und Tumoren werden saure und in Milz, Knochenmark und Leber basische Untereinheiten sowie in der Niere basische und saure Untereinheiten gefunden. Eisenspeicherzellen im Knochenmark weisen fast ausschließlich die basischen Isoferritine auf, desgleichen das Ferritin des Blutserums, dessen Konzentration proportional zur Eisenmenge in den Eisenspeichern gemessen wird [1 μg/L Serumferritin entspricht 8 mg (149 μmol) Speichereisen]. Das Eisenspeicher-Ferritin wandelt sich bei Eisenüberladung des Moleküls in Hämosiderin um, das in 7Sideroblasten bei gefülltem Eisenspeicher angereichert gefunden wird und mit der 7Berliner-Blau-Reaktion darstellbar ist. Serumferritin unterscheidet sich von Zellferritin durch einen anderen Syntheseweg und ist im Gegensatz zum Zellferritin glykosiliert und nahezu eisenfrei.

Molmasse. 474 kDa (Apoferritin) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ferritin kommt in einigen Bakterien in Pflanzen und Tieren als Eisenspeicherprotein vor. Serumferritin ist ein 7 Akute-Phase-Protein. Im Gegensatz zum 7 Eisen existiert kein zirkadianer Rhythmus und im Gegensatz zum 7 Transferrin keine Östrogenabhängigkeit und keine Abhängigkeit von der Lebersynthese. Die Herkunft des Serumferritins ist bislang nicht geklärt, aufgrund des Ausmaßes der Glykosylierung ist die Sekretion aus dem retikulohistiozytären System (RHS) wahrscheinlich. Unter physiologischen Bedingungen besteht eine Korrelation zwischen Eisengehalt dieses Systems und der Serumferritinkonzentration. Serumferritin wird nahezu vollständig von der Leber aufgenommen. Halbwertszeit. ~10 min Funktion und Pathophysiologie. Die Funktion des Serumferritins ist ungeklärt. Der Beitrag zum Eisentransport ist unbedeutend. Ferritin kommt zellulär in einigen Bakterien, in Pflanzen und Tieren als Eisenspeicherprotein (Metalloprotein) vor. Die Ferritinbildung in der menschlichen Zelle ist vom Eisengehalt abhängig. Bei hohem Eisengehalt ist die Ferritinsynthese gegenüber der Synthese des Transferrinrezeptors begünstigt, bei niedrigem Eisengehalt dagegen die Synthese des Transferrinrezeptors (7 Transferrinrezeptor, löslicher).

Analytik. 5 5 5 5 5 5

7 Radioimmunoassay 7 Fluoreszenzimmunoassay 7 Enzymimmunoassay 7 Lumineszenzimmunoassay Latexverstärkte Nephelometrie (7 Immunnephelometrie) Latexverstärkte Turbidimetrie (7 Immunturbidimetrie)

Kalibration mit (basischem) Leichtketten-Isoferritin ist erforderlich. Dies ist im gentechnologisch hergestellten WHO-Standard (preparation 94/572) verwirklicht, aber noch nicht in allen kommerziellen Tests erfolgt die Kalibration in Anlehnung an diesen Standard, so dass die Methoden zwar gut korrelieren, jedoch unterschiedliche Ergebnisse und auch Referenzbereiche aufweisen.

Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Frauen. > 16 Jahre 15–150 μg/L (latexverstärkte 7 Immunturbidimetrie, WHO-Standard, Milzferritin 80/578) Referenzbereich — Männer. > 16 Jahre 30–400 μg/L (latexverstärkte 7 Immunturbidimetrie, WHO-Standard, Milzferritin 80/578) Referenzbereich — Kinder. bis 30 Tage 150–450 μg/L (latexverstärkte 7 Immunturbidimetrie, WHO-Standard, Milzferritin 80/578) bis 90 Tage 80–500 μg/mL bis 1 Jahr 20–200 μg/mL bis 16 Jahre 20–200 μg/mL

Indikation. 5 5 5 5 5 5

Eisenmangelanämie Speichereisenmangel Verlaufskontrolle bei Eisentherapie Differenzialdiagnose bei Anämien Verdacht auf Eisenüberladung (z. B. Hämochromatose) Verlaufskontrolle bei Eisenmobilisierung

Interpretation.

5 Abfall des Ferritins unter den Referenzbereich schon bei Speichereisenmangel ohne Mangel an Funktionseisen (löslicher Transferrinrezeptor noch nicht erhöht) und ohne manifeste Anämie (MCV Ø, Hb Ø) (prälatenter Eisenmangel). 12 μg/L wird als Schwellenwert betrachtet. Kommt zum Speichereisenmangel eine

Ferrochelatase

5 5 5

5

5

5 5

Erniedrigung der Transferrinsättigung (< 15 %) hinzu, spricht man von latentem Eisenmangel und bei Abfall des Hämoglobins unter den Referenzbereich von manifestem Eisenmangel (Eisenmangelanämie). Ursache ist eine Aufnahmestörung, beispielsweise bei Milch-Ei-Vegetariern oder bei Darmentzündungen Ferritinmangel bei chronischem Blutverlust, Überwachung von Blutspenderinnen, bei denen Blutspende und Hypermenorrhoe einen Eisenmangel auslösen können Ein akuter Blutverlust zeigt einen Ferritinabfall erst nach 1–2 Wochen Bei Kindern, heranwachsenden Jugendlichen im Wachstumsschub, trainierten Athleten und Schwangeren sind die Eisenvorräte sehr gering, jedoch häufig ohne Einschränkung des Funktionseisens. Bei Schwangeren wurde die Feststellung eines Eisenmangels durch Heranziehen des löslichen Transferrinrezeptors erleichtert. Dabei zeigte sich der Eisenmangel eher am erhöhten Transferrinrezeptor als an einem erniedrigten Ferritin Bei chronischen Entzündungen wird ein Eisenmangel ausgeschlossen, wenn das Ferritin > 100 μg/L beträgt. Bei Werten < 12 μg/L ist der Eisenmangel unzweifelhaft. Dazwischen kann ein begleitender Eisenmangel an Hand des erhöhten löslichen Transferrinrezeptors festgestellt werden, wobei der Quotient sTfR/log Ferritin die beste Trennschärfe aufweist. Neuere Arbeiten empfehlen deshalb bei Fragestellung Eisenmangel bei chronischer Entzündung, malignen Erkrankungen oder Schwangerschaft sowohl Ferritin als auch den löslichen Transferrinrezeptor zu bestimmen. Alternativ kann auch das Zink-Protoporphyrin (Zn-Protoporphyrin IX) als Maß für den Funktionseisenmangel bestimmt werden Überwachung der Therapie mit Erythropoetin (EPO) bei Dialysepatienten unter zusätzlicher Eisensubstitution – es werden Ferritinkonzentrationen zwischen 300 und 600 μg/L angestrebt. Weitere Bedingungen sind Transferrinsättigung > 20 % und Erhöhung des löslichen Transferrinrezeptors in den oberen Referenzbereich Frühe Erfassung einer Hämochromatose an Hand der Ferritinerhöhung und der Transferrinsättigung (> 55 %) Sekundäre Eisenüberladung nach Transfusionen und bei ineffektiver Erythropoese. Leberparenchymschäden zeigen neben normalen auch häufig erhöhte Ferritinwerte, wahrscheinlich infolge der verminderten Abbaufunktion und/oder Leberzellnekrosen.

Zur Interpretation von Kenngrößen des Eisenhaushalts 7 Tab. 1

Diagnostische Wertigkeit. Die Transferrinsättigung ist bei Eisenüberladung empfindlicher und spezifischer als die Ferritinerhöhung vor allem bei Lebererkrankungen, Infektionen und Tumoren. Ein Eisenmangel wird an Hand der Transferrinsättigung am empfindlichsten erkannt. Zur Differenzialdiagnose von Entzündungs-/Tumoranämie sollten immer Ferritin und 7 Akute-Phase-Proteine (z. B. C-reaktives Protein und 7 α₁-saures-Glykoprotein) mitbestimmt werden. Die Differenzialdiagnostik wird vereinfacht durch zusätzliche Bestim-

487

mung des löslichen Transferrinrezeptors (sTfR) (7 Transferrinrezeptor, löslicher). Besonders bei Ferritinwerten > 12 und < 100 μg/L zeigt ein normaler sTfR eine Anämie bei chronischer Entzündung und eine Erhöhung des sTfR eine Eisenmangelanämie oder eine Mischform (Klinik, Akute-Phase-Proteine) an. Zur Verbesserung der Trennschärfe ist hier der Quotient sTfR/log Ferritin geeignet. Auch zur Überwachung des Eisenstoffwechsels in der Schwangerschaft ist dieser Quotient geeignet: Ferritin ist in der normalen Schwangerschaft teilweise erhöht, sTfR jedoch zuverlässig nur bei Eisenmangel (Funktionseisenmangel) erhöht. Zur Verlaufskontrolle ist Ferritin meist ausreichend. Hypochrome mikrozytäre Anämien können auch durch eine Kupfermangelernährung (7 Kupfer und 7 Coeruloplasmin erniedrigt) bedingt sein.

Literatur. Wick M, Pinggera W, Lehmann P (2000) Eisenstoffwechsel, Anämien-Diagnostik und -Therapie. 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Ferritin-Index 7 Thomas-Plot

Ferrochelatase J. Frank

Synonym(e). Hämsynthase; Protohämferrolyase Englischer Begriff. ferrochelatase, heme synthase Definition. Achtes Enzym der Häm-Biosynthese, das in der inneren mitochondrialen Membran lokalisiert ist. Molmasse. 63 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Enzym findet sich vorwiegend im Knochenmark und in Fibroblasten. Funktion und Pathophysiologie. Ferrochelatase katalysiert den Ein-

bau zweiwertigen 7 Eisens (Fe2+) in 7 Protoporphyrin. Die Enzymaktivität ist bei Patienten mit erythropoetischer Protoporphyrie reduziert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut nach venöser Punktion oder Leukozyten/Lymphozyten aus z. B. einem Ficoll-Gradienten (7 Ficoll-Hypaque-Röhrchen). Fibroblasten aus einer Fibroblastenkultur nach Hautbiopsie. Analytik. Spektrometrie Konventionelle Einheit. Die Angabe der Enzymaktivität erfolgt in nM Zn-Protoporphyrin/h pro mg Protein oder in nM Zn-Mesoporphyrin/h pro mg Protein.

Ferritin. Tab. 1. Interpretation von Kenngrößen des Eisenhaushalts CRP

Transferrinsättigung (%)

Löslicher Transferrinrezeptor sTfR

Ferritin (μg/L)

Fe2+ (μmol/L)

Art der Anämie

Normal

< 15

Erhöht

< 15 < 45 (wenn Transferrinsättigung < 15 %)

7)

Entzündungs-/Tumoranämie ohne Eisenmangel

Erhöht

Normal oder erniedrigt

Erhöht

Normal oder erhöht

55

Normal oder erniedrigt

Bei idiopathischer Hämochromatose erhöht oder normal

Erhöht

Eisenüberladung

Normal oder erniedrigt

Bei sekundärer Überladung erhöht (z. B. bei Transfusionen)

F

488

Ferroxidase

Internationale Einheit. nmol/L Zn-Protoporphyrin/h pro mg Pro-

i Die Übertragung von Erbmaterial bei der bakteriellen Konjuga-

tein

tion von Spender- auf Empfängerzellen wird über einen sog. SexPilus, einer röhrenförmigen Oberflächenausstülpung, vollzogen. Eine Zelle kann zum Donor werden, wenn sie einen sog. F-Faktor (F steht für Fertilität) besitzt, der für die genetische Erbinformation für die Ausbildung dieses Pilus verfügt. Dieser F-Faktor kann episomal oder in das Chromosom integriert vorliegen.

Referenzbereich — Erwachsene. Enzymaktivität ≥ 90 % Indikation. Verdacht auf Erythropoetische Protoporphyrie Interpretation. Enzymaktivität ~75–85 % ohne klinische Symptome: Verdacht auf Anlageträger/in für den krankheitsmodifizierenden intronischen Polymorphismus IVS3-48T/C im Ferrochelatase-Gen mit funktioneller Ferrochelataseaktivitätsreduktion. Enzymaktivität ~50 % ohne klinische Symptome: Verdacht auf Anlageträger/in für eine heterozygote Mutation im Ferrochelatase-Gen. Enzymaktivität ≤ 35 % mit klinischen Symptomen: Verdacht auf Anlageträger/in für eine heterozygote Mutation im Ferrochelatase-Gen und den krankheitsmodifizierenden intronischen Polymorphismus IVS3-48T/C im Ferrochelatase-Gen mit funktioneller Ferrochelataseaktivitätsreduktion. Diagnostische Wertigkeit. Zur Identifikation von Patienten mit erythropoetischer Protoporphyrie bei erhöhter Photosensitivität unklarer Genese.

Literatur. Bishop DF, Desnick RJ (eds) (1982) Assays of the Heme Biosynthetic Enzymes. Enzyme 28 (2–3):89–232 Goerz G, Bunselmeyer S, Bolsen K, Schurer NY (1996) Ferrochelatase Activities in Patients with Erythropoietic Protoporphyria and their Families. Br J Dermatol 134:880–885 Guo R, Lim CK, Peters TJ (1991) High-Performance Liquid Chromatographic Assays for Protoporphyrinogen Oxidase and Ferrochelatase in Human Leucocytes. J Chromatogr 566:383–396

FESCC 7 Forum of the European Societies of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

Festphase 7 Stationäre Phase

Festphasenextraktion W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. solid phase extraction, SPE i Bei der Festphasenextraktion wird die flüssige Probe auf eine

feste Phase gegeben, die aus einem Silika- oder Polymergrundgerüst mit mehr oder weniger polaren Gruppen besteht. Sie befindet sich in einem kleinen Glas- oder Plastikzylinder („Säule“). Die zu untersuchenden Bestandteile werden mittels Aufgabe eines Lösungsmittels (Eluens) von der festen Phase abgelöst und verlassen mit dem Lösungsmittel die Säule (Eluat), während die anderen Bestandteile an der festen Phase fixiert bleiben oder mit einem anderen Lösungsmittel anschließend freigesetzt werden (s. a. 7 Mikrosäulen).

Ferroxidase 7 Coeruloplasmin

Festphasenimmunglobulintest K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

FerroZine 7 Eisen

Fersenblut W.G. Guder

Synonym(e). Kapillarblut aus der Ferse Englischer Begriff. capillary blood from the heel Definition. Empfohlene Probe kapillären Vollbluts bei Neugeborenen. i Bei Neugeborenen und kleinen Kindern wird statt der Fingerbee-

re die laterale und plantare Oberfläche der Ferse als Ort der kapillären Blutentnahme empfohlen. Dabei ist darauf zu achten, dass die 7 Lanzetten nicht tiefer als 2 mm einstechen können (sog. Sicherheitslanzetten), um den Knochen nicht zu treffen. Nach Reinigung der Haut trocknet man die Punktionsstelle mit sterilem Mull, um Reste des Desinfektionsmittels zu entfernen, die sonst Ursache der Hämolyse sein könnten. Nach Punktion wird der erste Tropfen abgewischt und weitere Tropfen in eine aufsaugende Kapillare (z. B. für die 7 Blutgasanalyse) oder ein Kapillarblutgefäß gesammelt. Röhrchen mit einem Zusatz werden nach Aufnahme der Blutstropfen mehrmals durch Schwenken gemischt und verschlossen ins Labor befördert.

Literatur. CLSI (2004) Procedures and devices for collection of diagnostic capillary blood specimens; approved standard-fifth edition document H4-A5. Clinical and Laboratory Standard Institute, Wayne, PA, USA

Fertilisationsfaktor R. Weiskirchen

Synonym(e). Fruchtbarkeitsfaktor Englischer Begriff. fertility factor; F factor; F-prime factor

Synonym(e). Capture test Englischer Begriff. solid phase immunoglobuline technique Definition. Der Festphasenimmunglobulintest ist eine Technik, die zur 7 Blutgruppenbestimmung, zum 7 Antikörpersuchtest und zur 7 Antikörperdifferenzierung eingesetzt werden kann. i Der Festphasenimmunglobulintest wird von verschiedenen kom-

merziellen Herstellern angeboten. Der Vorteil dieser Technik im Vergleich zum traditionellen Röhrchenansatz liegt in der Möglichkeit zur Automatisation und einer höheren Sensitivität. Diese Technik stellt eine Alternative zum 7 Säulenagglutinationstest dar. Dem Prinzip des Festphasenimmunglobulintests liegt ein indirekter Antihumanglobulintest zu Grunde. Der Test ist auf Basis von 7 Mikrotiterplatten konzipiert und in zwei Varianten erhältlich: 5 Im Test der ersten Generation sind die Vertiefungen (Kavitäten) einer Mikrotiterplatte chemisch so präpariert, dass der Anwender vor jeder Testung einen Erythrozyten-Monolayer aus Suchzellen oder Probandenerythrozyten zum Eigenansatz selbst herstellt. 5 Im Test der zweiten Generation sind die Erythrozyten zweier Suchzellpopulationen für den Antikörpersuchtest bereits in den Vertiefungen einer Mikrotiterplatte fixiert. Für die Fragestellung der Antikörperdifferenzierung sind entsprechend mehr, z. B. 11, Zellen in den Vertiefungen der Mikrotiterplatte fixiert. Durch ein spezielles chemisches Verfahren wird die Eigenfärbung der Erythrozyten eliminiert (entfärbt). Aufgrund der Entfärbung der Erythrozyten wird mittels der Indikatorzellen eine visuell eindeutige Beurteilung der Reaktion ermöglicht. Bei der Testdurchführung werden Erythrozytenmembranen chemisch als erythrozytärer Monolayer in den konvexen Vertiefungen einer Mikrotiterplatte fixiert und dort in Kontakt mit Probandenserum gebracht. Während der Inkubation werden eventuell vorhandene Antikörper an die korrespondierenden Erythrozytenantigene gebunden. Das übrige Serum mit allen ungebundenen Antikörpern wird in einem anschließenden Waschschritt entfernt. Die entstandenen IgGAntikörper-Antigen-Komplexe werden durch eine zweite Immunre-

α₁-Fetoprotein

aktion mit Indikatorerythrozyten, die mit Antikörpern gegen humanes IgG beladen sind, nachgewiesen. Sind Antikörper aus dem Probandenserum an die Erythrozyten des Monolayers gebunden, lagern sich die Indikatorzellen an diese Antikörper an. Nach abschließender Zentrifugation bildet sich ein rosafarbener erythrozytärer Zellrasen aus Indikatorerythrozyten, der sich mehr oder weniger gleichmäßig über den gesamten Boden der jeweiligen Konkavität verteilt. Ist das Probandenserum frei von erythrozytären Antikörpern der Immunglobulinklasse G, so binden die Indikatorzellen nicht an die Zellen des Monolayers und sammeln sich bei der Zentrifugation in die Mitte der konkaven Vertiefung. Sie bilden dort einen kompakten Erythrozytenknopf.

Literatur. Engelfried CP, Meulenbroek AJ (Hrsg) (2003) Immunohaematology, Sanquin Blood Supply Foundation, Amsterdam Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York Eckstein, R. (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart

489

tung von primären Leberzellkarzinomen und Keimzelltumoren des Hodens, Ovars oder extragonadaler Lokalisation, bei denen hochpathologische Werte beobachtet werden können. Die stark gesteigerte AFP-Freisetzung wird durch die Derepression von für die AFP-Bildung verantwortlichen Genen erklärt, die bei der Geburt reprimiert wurden. Während irreversible Veränderungen von hepatozytären Vorstufen bzw. persistierende Hepatoblasten für die AFP-Bildung beim primären Leberzellkarzinom mit verantwortlich gemacht werden, leiten sich die AFP-produzierenden Zellen in Keimzelltumoren vom Dottersackepithel (endodermale Sinusstrukturen) ab.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Fruchtwasser, Pleuraexsudat, Aszites, Liquor

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA), 7 Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA), insbesondere unter Verwendung von monoklonalen Antikörpern. Konventionelle Einheit. ng/mL Internationale Einheit. IU/mL

Festphasenmikroextraktion 7 Solid-phase-Micro-Extraction

Fetale Erythroblastose 7 Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum

Fetale intestinale AP 7 Kasahara-Isoenzym

α₁-Fetoprotein S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). AFP; Alpha-1-Fetoprotein Englischer Begriff. alpha-fetoprotein Definition. Das humane α-Fetoprotein ist ein 70 kDa schweres Glykoprotein mit 4 % Kohlenhydratanteil und einer elektrophoretischen α₁-Beweglichkeit.

Struktur. α₁-Fetoprotein besteht aus 590 Aminosäuren mit 15 regelmäßig angeordneten Disulfidbrücken und zeigt eine Faltblattstruktur von drei sich wiederholenden Domänen. Mittels monoklonaler Antikörper wurden 3–7 verschiedene Epitope auf dem AFP-Molekül nachgewiesen. Molmasse. 70 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologischerweise wird α-Fetoprotein im fetalen Gastrointestinaltrakt, in der fetalen Leber sowie im Dottersack gebildet und ist ab der vierten Schwangerschaftswoche im fetalen Serum nachweisbar. Es erreicht dort seine höchste Konzentration in der 12.–16. Schwangerschaftswoche (~3,0–4,0 g/L) und fällt dann bis zur Geburt allmählich ab. Diaplazentar gelangt es auch in den mütterlichen Kreislauf (Maximum bis 500 μg/L in der 32.–36. Schwangerschaftswoche) und dient als wichtige klinisch-chemische Kenngröße zur Schwangerschaftsüberwachung. Bei Geburt betragen im Nabelschnurblut die mittleren AFP-Werte etwa 70 mg/L und nehmen in den folgenden Lebenswochen mit einer Halbwertszeit von ca. 4 Tagen mit großen individuellen Schwankungsbreiten ab. Erst ab dem 10. Lebensmonat werden Werte im Referenzbereich von erwachsenen Personen < 15 μg/L (testabhängig) erreicht. Halbwertszeit. 2–8 Tage Funktion und Pathophysiologie. AFP-Werte im mütterlichen Serum oder im fetalen Fruchtwasser, die deutlich über dem Referenzbereich der entsprechenden Schwangerschaftswoche liegen, werden unter anderem bei Vorliegen von Neuralrohrdefekten beobachtet. Im Erwachsenenalter liegt die wesentliche klinische Bedeutung der α-Fetoproteinbestimmung in der Entdeckung und Verlaufsbeobach-

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. × 0,7 IU/ng Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 2 μg/L; 95 %-Perzentile 6 μg/L; 99 %-Perzentile 15 μg/L (testabhängig; nicht bei Schwangeren) Referenzbereich — Kinder. Serum: Median 2 μg/L; 95 %-Perzentile 6 μg/L; 99 %-Perzentile 15 μg/L (testabhängig; nach den ersten 12–24 Monaten) Indikation.

5 Verlaufsbeobachtung (alle 2–3 Monate) von chronischen Lebererkrankungen 5 Verdacht auf hepatozelluläres Karzinom 5 Keimzelltumoren (Hoden, Ovar, extragonadal), bei Hodentumoren präoperative Bestimmung obligat, zusammen mit βHCG und LDH Stagingparameter 5 Therapiekontrolle und Nachsorge von Keimzelltumoren oder primärem Leberzellkarzinom

Interpretation. Die meisten AFP-Assays sind zwar für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet, können aber auch für die AFP-Bestimmung in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden. Das α-Fetoprotein weist in sehr hohen Wertlagen (> 1000 μg/L) eine hohe Tumorspezifität für das primäre Leberzellkarzinom und für nichtseminomatöse Keimzelltumoren auf. Reine Seminome sind definitionsgemäß AFP-negativ. Es kann allerdings auch vereinzelt bei anderen malignen Erkrankungen, insbesondere bei gastrointestinalen Karzinomen (Magenkarzinom, seltener Pankreas- oder Kolonkarzinom) aber auch bei gynäkologischen oder pulmonalen Neoplasien, in z. T. deutlichem Ausmaß freigesetzt werden. Da die Nicht-Leberzellkarzinome jedoch häufig mit einer erheblichen CEA-Freisetzung einhergehen, ist durch die kombinierte Bestimmung von CEA (7 Carcinoembryonales Antigen) und AFP eine differentialdiagnostische Unterscheidung häufig gut möglich. Verschiedene benigne Erkrankungen können ebenfalls gering bis moderat erhöhte AFP-Konzentrationen hervorrufen; bei chronischen Lebererkrankungen wie Leberzirrhose und Hepatitis werden häufig erhöhte individuelle Basiswerte beobachtet. Diagnostische Wertigkeit.

5 Primäres hepatozelluläres Karzinom: Früherkennung bei Risikogruppen, Differenzialdiagnose, Prognose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung 5 Keimzelltumoren: Früherkennung bei Risikogruppen, Differenzialdiagnose, Prognose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung

Literatur. Lamerz R (2008) AFP (Alpha-Fetoprotein). In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1297–1302 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

F

490

Fett

Indikation. Frühdiagnose des akuten Myokardinfarkts, Diagnose ei-

Fett

nes Reinfarkts, Diagnose eines perioperativen Myokardinfarkts

7 Triglyzeride

Interpretation. Für die Diagnose eines akuten Myokardinfarktes weist die Bestimmung von cFABP innerhalb der ersten 30–210 Minuten nach Symptombeginn eine diagnostische Sensitivität von > 80 % auf. Die Spezifität des Testes kann jedoch durch Niereninsuffizienz oder eine begleitende Skelettmuskelschädigung eingeschränkt sein. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit eignet sich cFABP bei Wiederanstieg der Plasmakonzentration für die Diagnose eines Reinfarkts. Nach Bypassoperationen steigt cFABP innerhalb von 30 Minuten nach Reperfusion an und bietet sich daher als Marker für die frühe Erkennung eines perioperativen Myokardinfarktes an. Endgültige Studienergebnisse stehen für diese Fragestellung jedoch noch aus.

Fett im Stuhl 7 Stuhlfett

Fettsäure-bindendes Protein, Herztyp (hFABP) 7 Fettsäurebindungsprotein, cardiales

Fettsäurebindungsprotein, cardiales D. Peetz

Diagnostische Wertigkeit. cFABP ist ein sensitiver, jedoch nicht voll-

Synonym(e). cFABP; Fettsäurebindendes Protein, Herztyp; hFABP Englischer Begriff. heart-type fatty acid binding protein Definition. Cardiales Fatty Acid Binding Protein (cFABP) gehört zur Familie der Fatty Acid Binding Proteine, die in allen Fett-metabolisierenden Geweben vorkommen und in der Lage sind, Fettsäuren nichtkovalent zu binden. Struktur. cFABP ist ein relativ kleines, aus 132 Aminosäureresiduen bestehendes Protein. Das Gen für die Synthese von cFABP ist auf dem kurzen Arm des Chromosoms 1 (1p32-1p33) lokalisiert. Ein Molekül cFABP kann zwei Moleküle Fettsäure binden. Mit den Fatty Acid Binding-Proteinen des Intestinums, der Leber, der Skelettmuskulatur, des Fettgewebes, der Nieren, des Nervengewebes weist es Strukturhomologien zwischen 30 und 80 % auf.

Molmasse. 15 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. cFABP ist ein ausschließlich zytosolisch vorkommendes Protein und macht 4–8 % des Gesamtproteingehalts der Kardiomyozyten aus. cFABP kommt in hoher Konzentration (0,5 mg/g Feuchtgewicht) ausschließlich im Herzen vor, es ist jedoch nicht 100 % Herz-spezifisch. Die cFABP-Konzentrationen sind in anderen Geweben, wie z. B. den Nieren oder im Gehirn, sehr gering. Höhere cFABP-Konzentrationen werden in der Skelettmuskulatur gefunden (0,05–0,2 mg/g Feuchtgewicht). Nach Freisetzung ins Blut wird cFABP über den Urin ausgeschieden.

Halbwertszeit. 20 Minuten Funktion und Pathophysiologie. Fettsäuren sind die Hauptenergiequelle des Herzens. 50–80 % des Energiebedarfs des Herzens werden durch Fettsäureoxidation gedeckt. Das Herz selber weist nur eine geringe Fettsäuresynthese auf (~0,1 % der Gesamtkörpersynthese), ist allerdings für 10 % des Gesamtverbrauchs verantwortlich. Die Funktion der FABP besteht im intrazellulären Transport hydrophober, langkettiger Fettsäuren von der Zellmembran in die Mitochondrien (Fettsäureoxidation). Weiterhin werden Fettsäuren intrazellulär auch für die Synthese von Membranlipiden und Lipidmediatoren benötigt. Beim Gesunden kommt cFABP im Plasma nur in sehr geringer Konzentration von < 5 μg/L vor. Das Verhältnis der zytoplasmatischen zur intravaskulären Konzentration beträgt 200.000:1. Nach einer ischämischen Herzschädigung steigt cFABP rasch im Plasma an und überschreitet nach 2–3 h die obere Referenzbereichsgrenze, erreicht nach 4–6 h die höchste Konzentration und kehrt innerhalb von 20 h in den Referenzbereich zurück. Bei Niereninsuffizienz ist cFABP > 25 h im Plasma nachweisbar.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Vollblut

Analytik. Für die Bestimmung von cFABP stehen verschiedene, kommerziell verfügbare ELISA-Teste und ein Point-of-Care-System zur Verfügung. Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Erwachsene. Der Referenzbereich ist methodenabhängig und bewegt sich in der Größenordnung von 0–5 μg/L.

ständig Herz-spezifischer Marker für die Myokardinfarktdiagnostik. Im Vergleich zu Myoglobin weist es eine vergleichbare Freisetzungskinetik bei besserer Herzspezifität auf. Die Verfügbarkeit hochsensitiver Methoden für die Bestimmung der cardialen Troponine lässt den Einsatz von cFABP in der Diagnostik des akuten Myokardinfarkts fraglich erscheinen.

Literatur. Alhadi HA, Fox KAA (2004) Do we need additional markers of myocyte necrosis? The potential value of heart fatty acid binding protein. Q J Med 97:187–198 Azzazy HME, Pelsers MMAL, Christenson RH (2006) Unbound free fatty acids and heart-type fatty acid-binding protein: Diagnostic assays and clinical applications. Clin Chem 52:19–29 Colli A, Josa M, Pomar JL et al (2007) Heart fatty acid binding protein in the diagnosis of myocardial infarction: where do we stand today? Cardiology 108:4–10 Glatz JFC, van der Vusse GJ, Simoons ML et al (1998) Fatty acid binding protein and the early detection of acute myocardial infarction. Clin Chim Acta 272:287

Fettsäureethylester T. Arndt

Synonym(e). FAEE Englischer Begriff. fatty acid ethyl esters Definition. Ethylester gesättigter und ungesättigter langkettiger

7 Fettsäuren, wie z.B. Myristin-, Palmitin-, Olein- und Stearinsäure, die nach Alkoholaufnahme sehr schnell gebildet und als Biomarker eines Alkoholkonsums in Blut und Haaren analysiert werden.

i FAEE werden nach Alkoholkonsum aus freien und in Triglyze-

riden, Lipoproteinen und Phospholipiden gebundenen Fettsäuren durch eine Enzym-katalysierte Veresterung mit Ethanol gebildet. Sie sind bereits kurz nach Ethanolaufnahme im Blut nachweisbar. Über das Sebum (Talg) werden FAEE in die Haare eingelagert. Die FAEEKonzentration in Haaren gilt deshalb als Kenngröße eines länger zurückliegenden oder langfristig erhöhten Alkoholkonsums. Untersuchungsmaterialien sind vor allem Haare, aber auch EDTA-Blut (Serum, Plasma). Für die Bestimmung wurde von der Society of Hairtesting (SoHT) eine Festphasen-Mikroextraktion mit anschließender Headspace GC-MS unter Verwendung deuterierter FAEE-Standards und Bestimmung der Summe der Zielanalyte Ethylmyristat, Ethylpalmitat, Ethyloleat und Ethylstearat (7 Abb. 1) empfohlen. Nach der SoHT-Richtlinie wird chronisch exzessiver Alkoholkonsum angenommen, wenn die Summe der o.g. FAEE-Konzentrationen > 0,5 ng/mg im 0–3 cm oder > 1 ng/mg im 0–6 cm Segment des proximalen (über der Kopfhautoberfläche geschnittenen) Kopfhaars ist. Die im Blut bereits kurz nach Alkoholkonsum und über mindestens 24 h nachweisbaren FAEE gelten als Kurzzeitmarker des Alkoholkonsums, Haar-FAEE dagegen als Langzeitmarker. FAEE in Haaren werden beeinflusst von der Haarpflege bei basischem pH (falsch-negative Befunde) und Kosmetika (falsch-negative und falsch-positive Befunde), sind aber unabhängig von der natürlichen Haarfarbe. Die Bildung von FAEE aus Fettsäuren und Kosmetikethanol direkt im Serum birgt ein erhebliches Risiko für falsch-positive Befunde bzgl.

Fettsäuren

491

O O

Ethylmyristat C2H5 (n-Tetradecansäureethylester)

O

C2H5 Ethylpalmitat (n-Hexadecansäureethylester)

O

C2H5 Ethylstearat (n-Octadecansäureethylester)

O

C2H5 Ethyloleat (cis-9-Octadecensäureethylester)

O

O

O

Fettsäureethylester. Abb. 1. FAEE-Zielanalyte, definiert von der Society of Hair Testing

Alkoholkonsum oder -missbrauch bei uninformierten Patienten. Zur Verbesserung der diagnostischen Richtigkeit der FAEE wird eine parallele Bestimmung von FAEE und 7 Ethylglukuronid in Haaren diskutiert, weil Letzteres von Kosmetikethanol unbeeinflusst sein soll. Eine abschließende Bewertung bzgl. der diagnostischen Leistungsfähigkeit (7 Sensitivität, diagnostische) dieses Alkoholkonsum-Biomarkers ist derzeit noch nicht möglich (s. a. 7 AlkoholmissbrauchsKenngrößen).

Fettsäuren. Tab. 1. Beispiele einiger natürlich vorkommender Fettsäuren (Anzahl C-Atome: Anzahl Doppelbindungen im Kohlenstoffskelett) Kohlenstoffskelett

Systematischer Name

Gängige Bezeichnung

12:0

n-Dodecansäure

Laurinsäure

14:0

n-Tetradecansäure

Myristinsäure

16:0

n-Hexadecansäure

Palmitinsäure

18:0

n-Octadecansäure

Stearinsäure

20:0

n-Eicosansäure

Arachinsäure

Fettsäuren

24:0

n-Tetracosansäure

Lignocerinsäure

A.C. Sewell

16:1

cis-9-Hexadecensäure

Palmitoleinsäure

18:1

cis-9-Octadecensäure

Ölsäure

18:2

cis-, cis-9,12-Octadecadiensäure

Linolsäure

18:3

cis-, cis-, cis-9,12,15-Octadecatriensäure

α-Linolensäure

20:4

cis-, cis-, cis-,cis-5,8,11,14Icosatetraensäure

Arachidonsäure

Literatur. Auwärter V et al (2011) Fatty acid ethyl esters in hair as markers of alcohol consumption. Segmental hair analysis of alcoholics, social drinkers, and teetotalers. Clin Chem 47:2114–2123 Consensus of the Society of Hair Testing on hair testing for chronic exzessive alcohol consumption. www.soht.org (Stand 19.07.2011) Gareri J, Appenzeller B, Walasek P, Koren G (2011) Impact of hair-care products on FAEE hair concentrations in substance abuse monitoring. Anal Bioanal Chem 400:183–188

Englischer Begriff. fatty acids Definition. Eine Gruppenbezeichnung für Monocarbonsäuren, die aus einer Carboxylgruppe und aus einer unterschiedlich langen, aber fast ausschließlich unverzweigten Kohlenwasserstoffkette, bestehen. i Fettsäuren unterscheiden sich durch die Anzahl der C-Atome

(Kettenlänge) sowie die Anwesenheit, Anzahl und Position von Doppelbindungen. Aufgrund ihrer Kettenlängen werden sie in kurz- (bis 7 C-Atome), mittel- (8–12 C-Atome) und langkettige (> 12 C-Atome) bezeichnet. Eine gesättigte Fettsäure ist eine Fettsäure, die keine Doppelbindung zwischen den C-Atomen aufweist. Ungesättigte Fettsäuren besitzen eine Doppelbindung und mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben zwei oder mehr Doppelbindungen in der Kette. Die Doppelbindungen sind in der Regel cis-konfiguriert. Es kommen allerdings in der Natur auch Fettsäuren mit transkonfigurierten Doppelbindungen vor (7 Tab. 1). Fettsäuren werden als Triglyzeride im Fettgewebe gespeichert. Durch Aktion von Adrenalin, Noradrenalin, Glukagon oder ACTH wird dort die Lipolyse gesteuert. Die freien Fettsäuren werden dann im Blut zu den Energie benötigenden Zellen transportiert, wo sie unter ATP-Verbrauch an Coenzym A aktiviert werden. Mit Hilfe des Carnitins werden die aktivierten Fett-

säuren in die Matrix des Mitochondriums hineintransportiert, wo die β-Oxidation stattfindet. Endprodukt dieser Reaktion ist ATP. Zusätzlich findet in den Peroxisomen eine Oxidation der ultralangkettigen Fettsäuren statt. Gesättigte Fettsäuren liefern viel Energie, sind jedoch nicht lebensnotwendig. Fette mit hohem Anteil an mittelkettigen Fettsäuren sind einfacher zu verdauen als solche Fette mit langkettigen Fettsäuren. Omega-6-Fettsäuren werden meist zu entzündungsfördernden Prostaglandinen verstoffwechselt, Omega-3-Fettsäuren zu entzündungshemmenden Stoffen. Von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wird empfohlen, ca.

F

492

Fetuin A

30 % des Energiebedarfs mit Fett abzudecken. Davon sollten 10 % mit gesättigten, 10–13 % mit einfach und der Rest mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren abgedeckt werden. Um das Herz-Kreislauf-Risiko gering zu halten, sollte das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3Fettsäuren maximal 5:1 betragen.

Fetuin A 7 α₂-HS-Glykoprotein

FEU 7 Fibrinogen-äquivalente Einheiten

FFS 7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

FgDP 7 Fibrinogen-Degradationsprodukt (FgDP)

FGF 23 7 Fibroblast Growth Factor 23

FIA 7 Fluoreszenzimmunoassay

FIATA 7 Fibrinogen-Antigen-turbidimetrischer Test

Fibrillarin-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Nukleoli

Fibrin P. Kiefer, T. Stief

Fibrin. Abb. 1. Fibrinbildung. FPA Fibrinopeptid A, FPB Fibrinopeptid B, F XIIIa Transglutaminase Faktor XIIIa

des Fibrins könnten wichtig für die Entstehung von Angiopathien bei Diabetikern sein.

Fibrin, lösliches 7 Fibrinmonomere, lösliche

Fibrin-Degradationsprodukt 7 Fibrin(ogen)-Degradationsprodukt; 7 D-Dimer-Antigen

Englischer Begriff. fibrin

Fibrinmonomere, lösliche

Definition. Fibrin ist das finale Produkt der Gerinnungsaktivierung.

P. Kiefer, T. Stief

Es wird durch Prozessierung von 7 Fibrinogen als lösliche Vorstufe durch 7 Thrombin gebildet und ist die Grundlage des eine Wundfläche abdeckenden Fasernetzes (7 Abb. 1).

Synonym(e). Fibrin, lösliches

i Thrombin aktiviert Fibrinogen durch die Prozessierung der ami-

Definition. Lösliche Fibrinmonomere sind Komplexe aus Fibrinmo-

noterminalen Enden der Aα- und der Bβ-Kette, wodurch zwei kleine Peptide, die sogenannten 7 Fibrinopeptide A und B (FPA bzw. FPB), entstehen. Die aktivierten Fibrinogenmoleküle können mit Fibrin oder Fibrinogen lösliche Komplexe bilden („soluble“ Fibrin oder Fibrinmonomere). Die Prozessierung der Enden der Ketten Aα und Bβ führt zu einer Konformationsänderung und Exposition von Polymerisations-Domänen. Die Fibrinmonomere haben daher eine hohe Tendenz zur Polymerisation, weshalb sie physiologischerweise nur in geringen Konzentrationen vorkommen. Sie formen lange doppelsträngige Protofibrillen, die durch die ebenfalls durch Thrombin aktivierte Transglutaminase 7 Gerinnungsfaktor XIIIa zunächst über die γ-Ketten zu Dimeren und dann über die α-Ketten zu Polymeren quervernetzt werden. Einige Faktoren können die Dicke der Fibrinfasern und die Porengröße des Fibringels beeinflussen. Die Konzentration von Thrombin, Fibrinogen, Calcium und die Ionenstärke des Milieus bestimmen die Struktur des sich formenden Fibrins. Berichte lassen vermuten, dass es eine Assoziation zwischen Fibrinstruktur und verschiedenen Erkrankungen gibt; so scheinen Myokardinfarktpatienten eine dichtere und festere Fibrinstruktur aufzuweisen als eine Kontrollgruppe. Diabetiker mit schlecht eingestelltem Blutzucker weisen eine Fibrinstruktur auf, die sich durch geringere Permeabilität und größere Faserdicke auszeichnet. Möglicherweise beruhen diese Veränderungen auf vermehrter Glykosylierung des Fibrinogens. Die Veränderungen

Englischer Begriff. soluble fibrin (monomer) nomeren und 7 Fibrinogen.

i Fibrinmonomere entstehen durch die Abspaltung des Fibrinopep-

tids A durch 7 Thrombin oder Thrombin-ähnliche Proteinasen (Fibrin-I-Monomer, DesAA-Fibrin). Lösliche Fibrinmonomere bilden im Wesentlichen die Wirkung von Thrombin auf Fibrinogen ab und können damit zum Nachweis einer gesteigerten Thrombinbildung eingesetzt werden. Erhöhte Konzentrationen werden demzufolge bei Gefäßverschlusserkrankungen und bei Verbrauchskoagulopathien gemessen. Neuere Tests, die die Präzipitationsassays (Ethanoltest, Netropsin- Präzipitationstest, Protaminsulfat-Präzipitationstest) abgelöst haben, benutzen spezifische monoklonale Antikörper gegen Fibrin-spezifische Epitope auf den α- oder γ-Ketten oder basieren auf der Eigenschaft, dass lösliches Fibrin die t-PA-katalysierte Prozessierung von 7 Plasminogen zu Plasmin beschleunigt. ELISA und chromogene Teste erzielen wegen fehlender Standardisierung jedoch unterschiedliche Ergebnisse.

Fibrinogen P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Faktor I Englischer Begriff. fibrinogen

Fibrinogen-Antigen-turbidimetrischer Test

Definition. Fibrinogen ist ein dimeres wasserlösliches Protein (7 Abb. 1), das die Vorstufe für 7 Fibrin liefert.

Fibrinogen. Abb. 1. Schematische Darstellung des Fibrinogenmoleküls. Trinoduläre Struktur des Fibrinogens mit den beiden globulären Domänen D und E, der C-terminalen Extension der α-Ketten, Disulfidbrückenbindungen und den Fibrinopeptiden A und B.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Jede Hälfte des dimeren Proteins besteht aus drei über Disulfidbrücken verknüpften Polypeptidketten (Aα, Bβ, γ). A und B beziehen sich auf die N-terminalen 16 bzw. 14 Aminosäurereste (Fibrinopeptide A (FpA) und B (FpB), die durch 7 Thrombin von der α- bzw. β-Kette abgespalten werden. Die 3 Polypeptidketten des Fibrinogens werden koordiniert in Hepatozyten und möglicherweise auch in Megakaryozyten synthetisiert. Kodiert werden die 3 Ketten von verschiedenen, aber verwandten Genen, die auf dem langen Arm des Chromosoms 4 lokalisiert sind. Alternatives Spleißen der Transkripte, die für die γ-Kette kodieren, resultiert in Polypetide geringer Längenunterschiede (411 AS bzw. 427 AS). Hepatozyten exprimieren eine 610 AS lange Aα-Kette bzw. eine 461 AS lange Bβ-Kette. Die gegenüber den beiden anderen Ketten geringere Syntheserate der Bβ-Kette, scheint die Konzentration des Fibrinogens zu bestimmen. Nach Zusammenbau der 3 Polypeptidketten im endoplasmatischen Retikulum und nach Modifikation (Glykosylierung, Phosphorylierung) sekretieren humane Hepatozyten ein Molekül mit einer Masse von ~340 kDa in die Zirkulation. Fibrinogen findet sich auch in anderen Zellen, wird in den α-Granula der Plättchen gespeichert und ist in der 7 Lymphe, Aszites und in der Interstitialflüssigkeit vorhanden. Die Konzentration im Plasma beträgt 4–10 μM. Die Konzentrationen in der Lymphe oder in der Interstitialflüssigkeit liegen bei ca. 20–40 % der des Plasmas. Im Plasma hat Fibrinogen eine 7 Halbwertszeit von 3–5 Tagen. Fibrinogen bindet in seiner Eigenschaft als Adhäsivprotein an Fibronectin, 7 Von-Willebrand-Faktor, Thrombin, Heparin und Calciumionen. Funktion und Pathophysiologie. Fibrinogen ist ein Akute-Phase-Protein (z. B. bei Entzündungen, Traumen, nach Operationen, Tumoren, Verbrennungen), dessen Konzentration im Plasma unter Einfluss von 7 Tumornekrosefaktor(TNF)-α, 7 Interleukin-1 und 7 Interleukin-6 um ein Mehrfaches der Ausgangskonzentrationen ansteigen kann (Hyperfibrinogenämie). Schwere Leberfunktionsstörungen mit Verlust von Parenchymzellen (fortgeschrittene Leberzirrhose, Intoxikationen) können mit verminderten Fibrinogenwerten (Hypofibrinogenämie) einhergehen. Fribrinogenmangel findet sich symptomatischerweise bei einer Verbrauchskoagulapathie, wobei die Fibrinogenkonzentration infolge der 7 Akute-Phase-Reaktion auch pseudonormal sein kann. Niedrige Fibrinogenwerte können durch eine systemische fibrinolytische Therapie, Asparaginase-Therapie oder Therapien mit thrombinähnlichen Enzymen (Ancrod, Defibrase) induziert werden. Die eher seltenen kongenitalen Dysfibrinogenämien gehen mit einer eingeschränkten Funktion und in der Regel deutlich erniedrigten Antigenkonzentrationen einher. Etwas mehr als die Hälfte der angeborenen Dysfibrinogenämien sind klinisch inapparent; ca. ein Viertel geht mit einer milden Blutungsneigung einher, während bei den übrigen Fällen klinisch eine Thrombophilie vorliegt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Präanalytik. Die Plasmagewinnung sollte innerhalb von 2 h nach der Blutentnahme erfolgen. Die Probe ist bei Raumtemperatur ca. 2 h stabil.

493

Analytik.

5 Fibrinogenbestimmung nach Claus: Der am häufigsten benutzte Test zur Bestimmung des Thrombingerinnbaren Fibrinogens beruht auf der Modifikation der Methode nach Claus. Der Test ist eine Variation der Thrombinzeit, wobei das Probenplasma in den optimalen Messbereich zwischen 0,1–0,4 g/L verdünnt wird und ein Überschuss an Thrombin zugegeben wird. Unter diesen Bedingungen ist die Fibrinogenkonzentration der geschwingkeitsbestimmende Reaktionspartner und die gemessene Gerinnungszeit der Fibrinogenkonzentration proportional. Heparin, Hirudin oder sehr hohe Konzentrationen an Fibrinogenspaltprodukten können die Bestimmung stören. 5 Hitzefällung des Fibrinogens nach Schulz: Fibrinogen fällt bei 56 °C aus und das Präzipitat kann nach Zentrifugation in einem graduierten Röhrchen quantifiziert werden. Die Methode ist nur grob orientierend. 5 Derived Fibrinogen: Wenn die Prothrombinzeit nephelometrisch oder turbidimetrisch durch Endpunktmessung bestimmt wird, dann ist die Gesamtzunahme der Trübung direkt proportional der Konzentration an gerinnbarem Fibrinogen. 5 Kinetische Fibrinogenbestimmung: Ein kinetischer Assay benutzt Batroxobin und die Fibrinbildung wird turbidometrisch gemessen. Diese Methode hat einen weiten Messbereich, eine gute Präzision und lässt sich leicht automatisieren. 5 Methode nach Ratnoff-Menzie: Eine Methode, die ähnlich der Methode ist, die derzeit zur Erstellung des internationalen Standards eingesetzt wird. Fibrinogen wird quantitativ in Fibrin durch Thrombin und Calciumionen umgesetzt und das Fibringerinnsel gewaschen und hydrolysiert. Der Proteingehalt des Hydrolysats wird anschließend photometrisch bestimmt. 5 Immunologische Tests zur Bestimmung von Fibrinogen basieren auf Nephelometrie (7 Immunnephelometrie) oder ELISA (7 Enzyme-linked immunosorbent assay). Sie unterscheiden in der Regel nicht zwischen gerinnbarem Fibrinogen oder inaktivem Fibrinogen und erfassen auch Fibrinogenabbauprodukte. Daher kann mit solchen Methoden bei thrombolytischen Therapien oder bei einer Verbrauchskoagulopathie das Potenzial an gerinnbarem Fibrinogen überschätzt werden.

Referenzbereich — Erwachsene. 1,6–4,0 g/L gerinnbares Fibrinogen mit hohen intraindividuellen physiologischen Schwankungen. Indikation.

5 Verdacht auf kongenitale Dys(Hypo)fibrinogenämien 5 Verdacht auf erworbene Dys(Hypo)fibrinogenämien

Interpretation. Bei akut entzündlichen Erkrankungen sind Fibrinogenwerte > 10 g/L möglich. Erhöhte Konzentrationen (> 3 g/L) gelten als Risikofaktor für koronare und zerebrale Erkrankungen. Niedrige Fibrinogenkonzentrationen (0,1–0,5 g/L) werden selten beobachtet; sie sind zu finden bei Verbrauchskoagulopathien, Hyperfibrinolysen, Leberfunktionsstörungen und systemischen fibrinolytischen Therapien. Kongenitale Hypofibrinogenämien führen selten zu spontanen Blutungsneigungen, müssen jedoch vor größeren Eingriffen ausgeglichen werden. Zur Beurteilung ihrer klinischen Wertigkeit (Thrombose- oder Blutungsneigung) sollten kongenitale Dysfibrinogenämien auch molekulargenetisch abgeklärt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Routineparameter der Gerinnungstestung Literatur. McDonagh (2001) Dysfibrinogenemia and Other Disorders of Fibrinogen Structure or Function. In: Colman RW, Hirsh J, Marder VJ (eds) Hemostasis and Thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 855–892 Guidelines on Fibrinogen Assay (2003) Brit J Haematol 121:396–404

Fibrinogen-Antigen-turbidimetrischer Test T. Stief

Synonym(e). FIATA

F

494

Fibrinogen-äquivalente Einheiten

Englischer Begriff. fibrinogen antigen turbidimetric assay Definition. Das Glykopeptid-Antibiotikum Vancomycin (aus 7 teilmodifizierten Aminosäuren) bindet an Fibrinogen und faltet es in eine wasserunlösliche Form. Das sofort entstehende Präzipitat wird turbidimetrisch bei 405 nm gemessen und ist ein direktes Maß für die Konzentration an Fibrinogen-Antigen im Plasma. Somit wird auch dysfunktionelles Fibrinogen oder Fibrin mitgemessen. i Fibrinogen-Antigen über herkömmliche Enzym-Immuno-Teste

zu messen, ist kompliziert, zeitintensiv und teuer. Inkubation von einem Teil Plasma mit zwei Teilen 4,4-mM-Vancomycin (eine supratherapeutische Dosis des vergleichsweise billigen Antibiotikums) in PBS führt augenblicklich zu einem weißlichen Präzipitat, dessen Intensität ausgesprochen einfach gemessen werden kann. Jedes 7 Photometer (insbesondere auch 7 Mikrotiterplatten-Photometer) kann den plötzlichen Trübungsanstieg bei 405 nm messen. Spezielle Gerinnungs-Analyzer sind nicht notwendig. Das Fibrinogen-Antigen wird (vergleichbar der AT3-Funktion) in % der Norm angegeben (100 % = 2,8 g/L). Der Normbereich ist 100 ± 20 % (Mittelwert = ± 1 Standardabweichung).

Fibrin(ogen)-Degradationsprodukte. Abb. 1. Abbau von quervernetztem Fibrin

Literatur. Stief TW (2007) The fibrinogen antigenic turbidimetric assay (FIATA): the X2x test – the corrected chi-square comparison against the control-mean. Clin Appl Thromb/Hemost 13:73–100

Fibrinogen-äquivalente Einheiten T. Stief

Englischer Begriff. fibrinogen equivalent units, FEU Definition. Fibrinogen-Menge in mg, die für die industrielle Herstellung von 1 mg eines D-Dimer-Standards benötigt werden. i D-Dimer Standards werden industriell aus gereinigtem Humanfi-

brinogen hergestellt, welches mit Thrombin, Faktor 13a und Plasmin inkubiert wird. Da das Fibrinogen (Molmasse ca. 340 kDa) aus zwei großen Domänen D und einer kleinen zentralen Domäne E besteht, entspricht 1 mg Fibrinogen in etwa 0,7 mg der Domäne D. Die D-Dimer-Konzentration im Blut von Patienten (z.B. mit Mikrothromben) kann man beziehen auf reines D-Dimer oder eben auf die industrielle Quelle von D-Dimer (Fibrinogen).

Literatur. Page DA (2009) Change designation of clotting factors to Arabic numerals. J Thromb Haemost 7:1599 Knowlson L, Bacchu S, Paneesha S, McManus A, Randall K, Rose P (2010) Elevated D-dimers are also a marker of underlying malignancy and increased mortality in the absence of venous thromboembolism. J Clin Pathol 63: 818–22

Fibrin(ogen)-Degradationsprodukte P. Kiefer

Synonym(e). Fibrin(ogen)-Spaltprodukte Englischer Begriff. fibrin(ogen) degradation products Definition. Aktivierung des fibrinolytischen Enzyms Plasmin führt zu einem Abbau des quervernetzten Fibrins in lösliche Fibrin-Spaltprodukte (7 Abb. 1). Abbau des 7 Fibrinogens durch Plasmin (7 Abb. 2) resultiert in ähnlichen Fragmenten den Fibrinogen-Spaltprodukten. Im erweiterten Sinn können auch durch 7 Elastase gespaltene Abbauprodukte des Fibrins bzw. Fibrinogens als Fibrin(ogen)-Degradationsprodukte bezeichnet werden. i Der 7 Plasmin-induzierte Abbau von Fibrin verläuft über eine

Sequenz von Schritten, wobei der erste in der Spaltung der Aα- und Bβ-Kette besteht, was zur Bildung des Fragments X führt, das noch gerinnbar ist und eine Molmasse von 240 kDa hat. Weitere Spaltung durch Plasmin führt zu den Fragmenten D (Molmasse: 83 kDa) und Y (Molmasse: 155 kDa), beide gerinnungshemmend. Fragment Y kann weiter in das Fragment E (Molmasse: 50 kDa) und einem weiteren Fragment D gespalten werden. Der proteolytische Abbau von nichtquervernetztem Fibrin durch Plasmin ergibt identische Produkte.

Fibrin(ogen)-Degradationsprodukte. Abb. 2. Plasmin-induzierter Abbau von Fibrinogen

Erhöhte Fibrinogenfragmente fanden sich bei Patienten mit Thrombosen, unter Streptokinase- oder t-Plasminogenaktivatortherapien und bei Patienten mit einem Plasmininhibitormangel. Plasmin-induzierter Abbau von quervernetztem Fibrin ergibt zunächst komplexe Fragmente, die D- und E-Fibrinfragmente in verschiedenen Kombinationen enthalten und die X-Oligomere genannt werden. Die Endprodukte in weiteren fibrinolytischen Prozessen sind das Fragment E und 7 D-Dimere, die aus zwei kovalent verknüpften D-Domänen bestehen. Da auch die großen X-Oligomere kovalent gebundene DDomänen enthalten, werden auch sie in kommerzielle D-Dimer-Assays erfasst. Teste für Fibrin(ogen)-Spaltprodukte basieren auf spezifischen monoklonalen Antikörpern, die Epitope erkennen, die durch Plasmin-induzierten Abbau entstehen.

Literatur. Sidelmann JL, Gram J, Jespersen J, Kluft C (2000) Fibrin Clot Formation and Lysis: Basic Mechanisms. Semin Thromb Hemost 26:605–618

Fibrinogen-Funktion-turbidimetrischer Test (FIFTA) T. Stief

Synonym(e). FIFTA Englischer Begriff. fibrinogen function turbidimetric assay Definition. Thrombin in physiologischer/pathophysiologischer Plasmaaktivität wandelt Fibrinogen in Fibrin um. Das bei der Polymerisation eingebaute Albumin trübt das entstehende Gerinnsel. Diese Trübung wird bei 405 nm gemessen und ist ein direktes Maß für die funktionelle Fibrinogen-Konzentration in vivo im Plasma.

Fibrinopeptid B

i Physiologische oder pathophysiologische plasmatische Throm-

bin-Aktivitäten im gerinnenden fließenden Blut sind nicht höher als 1 IU/mL. Sie liegen um die 0,1 IU Thrombin pro mL Blut. Fibrinogen als das Zielmolekül von Thrombin sollte folglich nicht mit unphysiologisch hohen Thrombin-Aktivitäten im Test konfrontiert werden; daneben sollte das Plasma nicht 10-fach verdünnt werden. Beides kann die In-vivo-Situation von plasmatischem Fibrinogen verzerrt reflektieren und zu artifiziellen (insbesondere falsch-hohen) Ergebnissen führen. Der FIFTA misst im Gegensatz zu herkömmlichen Fibrinogen-Testen die Fibrinogenfunktion in Anwesenheit von lediglich 0,2 IU Thrombin pro mL in Zitratplasma, das lediglich 1 + 2 mit Thrombin-Albumin-Polybren®-Reagenz verdünnt wird. Jedes 7 Photometer (insbesondere auch 7 Mikrotiterplatten-Photometer) kann den Trübungsanstieg pro 2 min (37 °C) bei 405 nm messen. Spezielle Gerinnungs-Analyzer sind nicht notwendig. Die Fibrinogen-Funktion wird (vergleichbar der AT3-Funktion) in % der Norm angegeben (100 % = 2,8 g/L). Der Normbereich ist 100 ± 20 % (Mittelwert = ± 1 Standardabweichung).

495

Lysis noch verstärkt. TAFI übernimmt in der Fibrinolyse in etwa den Part, den die APC in der Gerinnungskaskade inne hat; beide werden über den Thrombin-Thrombomodulin-Komplex in ihrer Aktivierung kontrolliert (7 Abb. 1). Für die TAFI-Antigen-Bestimmung ist ein ELISA kommerziell erhältlich.

F

Literatur. Stief TW (2008) The fibrinogen functional turbidimetric assay. Clin Appl Thromb/Hemost 14: 84–96

Fibrin(ogen)-Spaltprodukte 7 Fibrin(ogen)-Degradationsprodukte

Fibrinoligase 7 Gerinnungsfaktor XIII

Fibrinolyseinhibitor, Thrombin-aktivierbarer P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). TAFI; Thrombin-aktivierbarer Fibrinolyseinhibitor Englischer Begriff. thrombin-activatable fibrinolysis inhibitor Definition. TAFI ist ein durch 7 Thrombin-aktivierbares Carboxypeptidase-B-ähnliches Enzym, das die Fibrinolyse negativ reguliert. i TAFI wird als 60 kDa Proteoglykan in der Leber und in 7 Mega-

karyozyten synthetisiert und findet sich in einer Konzentration von ~6 mg/L in der Zirkulation. Die Plasmakonzentration scheint im Wesentlichen transkriptionell reguliert zu werden. TAFI wird von freiem Thrombin in ausreichenden Mengen aktiviert, wenn Thrombin in höheren Konzentrationen vorliegt. Geringe Mengen an Thrombin reichen jedoch schon aus, wenn Thrombin an 7 Thrombomodulin als Cofaktor gebunden ist, um wirksam die Fibrinolyse zu beeinflussen. Neben Thrombin und dem Thrombin-Thrombomodulin-Komplex kann TAFI auch durch 7 Plasmin aktiviert werden. Aktivierung bedeutet Abspaltung eines 92 Aminosäurereste großen Aktivierungsfragments, wobei der 309 Aminosäurereste umfassende C-terminale Teil (TAFIa, Molmasse:35 kDa) generiert wird, der eine Zn2+-abhängige Carboxypeptidase-B-Aktivität besitzt. TAFI ist ein instabiles Protein, das bei Körpertemperatur eine Halbwertszeit von ~8 min hat. Die Region, die für die Instabilität des Enzyms verantwortlich ist, umfasst die Aminosäurereste 302–330. TAFIa mit einem Isoleucin an der Position 325 ist zweimal so stabil wie eine Form, die ein Threonin an dieser Position besitzt. Patienten mit einem homozygoten TAFI325Ile/Ile scheinen ein deutlich erhöhtes Risiko zu haben, an einer Meningokokken-Sepsis zu versterben. Erhöhte TAFI-Antigenkonzentrationen scheinen ein Risikofaktor für Angina pectoris und mit einem leicht erhöhten Thromboserisiko assoziiert zu sein. Während des fibrinolytischen Abbaus von 7 Fibrin, spaltet Plasmin Fibrin an spezifischen Arginin- und Lysinresten in den α-, β- und γ-Ketten, dies führt zu freien C-terminalen Lysinresten, die die Bindung von t-PA und Plasmin an Fibrin deutlich begünstigen. TAFI katalysiert die Entfernung dieser freien Lysin- (und Argininreste). Diese Form hat eine deutlich niedrigere Cofaktoraktivität für die Aktivierung von Plasmin. TAFI unterbricht so den positiven Feedback-Mechanismus in der Aktivierung der Fibrinolyse. Da TAFIa als Substrat für die Transglutaminase FXIIIa dient, wird es in das Fibringerinnsel mit eingebaut, wodurch sich seine schützende Rolle gegen eine verfrühte

Fibrinolyseinhibitor, Thrombin-aktivierbarer. Abb. 1. Balance zwischen Gerinnung und Fibrinolyse [modifiziert nach Nesheim M (2003)] PC Protein C, PCa aktiviertes Protein C, TAFI Thrombin-activatable fibrinolysis inhibitor, TAFIa aktivierter TAFI, F2 Prothrombin, F2a Thrombin, Pli Plasmin, Plgn Plasminogen, FSP Fibrin Split Products

Literatur. Nesheim M (2003) Thrombin and Fibrinolysis. CHEST 124:33S–39S

Fibrinopeptid A P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FPA Englischer Begriff. fibrinopeptide A (FpA) Definition. Thrombin oder Thrombin-ähnliche Enzyme spalten das Fibrinopeptid A von der α-Kette des Fibrinogens ab. Die Messung des FPA erfolgt zum Nachweis einer veränderten Thrombinbildung. i Thrombin oder Enzyme aus Schlangengiften, wie das Batroxo-

bin oder Arwin (Ancrod), spalten von der α-Kette des Fibrinogens das Fibrinopeptid A ab. Dadurch entsteht das DesAA-Fibrin (Fibrin I). Während 7 Thrombin dann auch das Fibrinopeptide B von der β-Kette abspalten kann, wodurch das DesAABB-Fibrin entsteht, fehlt diese Aktivität den beiden Schlangenenzymen. Der quantitative Nachweis des Fibrinopeptid A erfolgt mittels ELISA. Weil die Antikörper keine absolute Spezifität für die Fibrinopeptide besitzen, sollte vor dem Assay zunächst 7 Fibrinogen aus der Plasmaprobe entfernt werden. Erhöhte Konzentrationen werden bei der Verbrauchskoagulopathie, bei thromboembolischen Erkrankungen oder unter einer fibrinolytischen Therapie gemessen.

Literatur. Soria J, Soria C, Ryckewaert JJ (1980) A Solid Phase Immuno Enzymological Assay for the Measurement of Human Fibrinopeptide A. Thromb Res 20:425–435

Fibrinopeptid B P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FPB Englischer Begriff. fibrinopeptide B (FpB) Definition. 7Thrombin, aber nicht Thrombin-ähnliche Enzyme wie Batroxobin spalten das Fibrinopeptid B von der β-Kette des Fibrinogens ab. i Thrombin spaltet von der α-Kette des 7Fibrinogens das Fibri-

nopeptid A ab. Dadurch entsteht das DesAA-7Fibrin (Fibrin I). In einem zweiten Schritt, der mit deutlich langsamerer Kinetik erfolgt, spaltet Thrombin dann auch das Fibrinopeptid B vom N-Terminus der β-Kette ab, wodurch DesAABB-Fibrin entsteht. Der quantitative Nach-

496

Fibrinstabilisierender Faktor

weis des Fibrinopeptid B erfolgt mittels ELISA. Plasma FPB scheint nicht signifikant bei Patienten mit Thrombosen erhöht zu sein.

Fibrinstabilisierender Faktor 7 Gerinnungsfaktor XIII

Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 7 Fibroblast Growth Factor 23

Fibroblast Growth Factor 23 H.-D. Haubeck

Synonym(e). Fibroblasten-Wachstumsfaktor-23 Englischer Begriff. fibroblast growth factor 23 Definition. Fibroblast Growth Factor 23 (FGF-23), ein Mitglied der FGF-Genfamilie, spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation des 7 Phosphatstoffwechsels. i Die Serumkonzentrationen von 7 Calcium und 7 Phosphat werden in einem engen Konzentrationsbereich konstant gehalten. Während die Regulation der Calcium-Konzentration über 7 Parathormon und 1,25[OH]₂-7 Vitamin D bereits seit langem bekannt ist, zeichnet sich erst jetzt ein Verständnis der Mechanismen der Phosphatregulation ab. Die Bedeutung von Fibroblast Growth Factor 23 (FGF-23) für die Phosphatregulation ergab sich aus Untersuchungen bei Patienten mit X-chromosomal vererbter Osteomalazie (Rachitis) (XLH), autosomal dominant vererbter hypophosphatämischer Osteomalazie (Rachitis) (ADHR) und tumorinduzierter Osteomalazie (TIO). Diesen Krankheitsbildern gemeinsam sind eine Hypophosphatämie als Folge einer erhöhten Phosphatausscheidung in den Urin und Mineralisationsstörungen der Knochen. Die bei diesen Patienten in der Regel normalen Serumkonzentrationen von Calcium und Parathormon, aber auch die Normalisierung der Befunde bei Patienten mit TIO nach Entfernung des Tumors wiesen auf einen phosphaturischen Faktor (Phosphatonin) hin. FGF-23 wurde als verantwortlicher Faktor aus Tumoren von Patienten mit TIO identifiziert. Durch FGF-23 lassen sich eine erhöhte Phosphatausscheidung in den Urin und eine Hypophosphatämie auslösen. Außerdem wird über die Inhibition der 1-α-Hydroxylase der Niere durch FGF-23 auch die 1,25[OH]₂Vitamin-D-Serumkonzentration beeinflusst. Tierexperimentell lassen sich durch FGF-23 die Symptome der genannten Krankheiten auslösen. Darüber hinaus werden nicht nur bei Patienten mit TIO, sondern auch bei Patienten mit XLH erhöhte Konzentrationen von FGF-23 nachgewiesen. Bei Patienten mit ADHR führen Mutationen im FGF23-Gen dazu, dass FGF-23 nicht mehr proteolytisch abgebaut werden kann. Mit „secreted frizzled-related protein 4“ wurde aus Tumoren von Patienten mit TIO ein weiteres Phosphatonin identifiziert, das ebenfalls eine Phosphaturie und eine Hypophosphatämie verursacht. Für die Messung der FGF-23-Konzentration im Serum steht ein Enzymimmunoassay zur Verfügung.

Literatur. Shimada T, Mizutani S, Muto T et al (2001) Cloning and characterization of FGF23 as a causative factor of tumor-induced osteomalacia. Proc Natl Acad Sci USA 98:6500–6505 Shimada T, Kakitani M, Yamazaki Y et al (2004) Targeted ablation of FGF-23 demonstrates an essential physiological role of FGF-23 in phosphate and vitamin D metabolism. J Clin Invest 113:561–568 Berndt T, Craig TA, Bowe AE et al (2003) Secreted frizzled-related protein 4 is a potent tumor-derived phosphaturic agent. J Clin Invest 112:785–794

Fibroglycan (Syndecan-2) 7 Syndecane

Fibronectin H.-D. Haubeck

Synonym(e). Cold insoluble globulin; LETS (large external transformation sensitive-) Protein; Opsonin

Englischer Begriff. fibronectin Definition. Fibronectin ist ein Adhäsionsmolekül, das in mehreren Isoformen in der Extrazellulärmatrix und im Plasma vorkommt. i Fibronectine bilden eine Gruppe von nahe verwandten Glykopro-

teinen, die aus einem Gen durch alternatives Spleißen entstehen. Fibronectine sind wichtige Bestandteile der Extrazellulärmatrix und an der Kontrolle der Zelladhäsion, Zellausbreitung, Zellwanderung und Zytoskelettorganisation beteiligt. In der Embryogenese kommt ihnen eine entscheidende Bedeutung zu. Dementsprechend ist ein homozygoter Fibronectin-Defekt bereits in der frühen Embryonalentwicklung letal. Der Phänotyp der Fibronectin-defizienten Mäuseembryonen ist durch Defekte der Mesoderm- und Neuralrohrentwicklung und schwere Herz- und Gefäßdefekte gekennzeichnet. Auch im adulten Organismus weist Fibronectin ein breites Expressionsspektrum auf und ist an wichtigen physiologischen und pathologischen Prozessen, wie Tumorinvasion, Blutgerinnung, Wundheilung und Fibrose, beteiligt. Fibronectine sind große Glykoproteine (440 kDa), und bestehen aus zwei fast identischen Untereinheiten, die durch Disulfidbrücken verknüpft sind. Fibronectine besitzen eine Domänenstruktur. Diese Domänen, die z. T. repetitiv auftreten, binden spezifisch an verschiedene Liganden, wie 7 Kollagen, 7 Fibrinogen/7 Fibrin, Heparansulfat oder über sogenannte RGD (Arg-Gly-Asp)-Sequenzen an 7 Integrine auf der Zelloberfläche. Diese niedrig-affine Bindung an die Integrine ermöglicht die Zelladhäsion an die Extrazellulärmatrix, aber auch die Zellmotilität. Plasma-Fibronectin ist eine Fibronectin-Isoform, die überwiegend von Endothelzellen und Hepatozyten gebildet wird. Die Konzentration im Plasma beträgt 200–380 mg/L und die Halbwertszeit liegt bei 25 h. Die Messung kann über Nephelometrie, Tubidimetrie und verschiedene Immunoassays erfolgen. Plasma-Fibronectin kommt auch im 7 Liquor, in der Synovialflüssigkeit (7 Synovia-Analyse) und im 7 Aszites vor. Im Plasma wirkt Fibronectin vor allem als Opsonin und erlaubt die 7 Clearance von Bakterien, Fibrinaggregaten, Gewebedebris etc. Erhöhte Plasmakonzentrationen von Fibronectin werden bei akuter, chronisch-aktiver und chronisch-persistierender Hepatitis, bei verschiedenen Tumoren und bei Hyperthyreose gefunden. Erniedrigte Konzentrationen treten bei Schockzuständen, Sepsis, disseminierter intravaskulärer Gerinnung, dekompensierter Leberzirrhose, akutem Leberversagen, posttraumatisch und postoperativ aber auch bei Malnutrition auf. Die geringen bis mäßigen Konzentrationsänderungen bei diesen Erkrankungen schränken die diagnostische Wertigkeit der Fibronectin-Bestimmung stark ein. Bei der Sepsis stellt eine ausgeprägte Erniedrigung der Fibronectin-Konzentration, als Ausdruck der RES-Insuffizienz, einen negativen prognostischen Faktor dar. Beim Aszites erlaubt Fibronectin die Unterscheidung zwischen malignen und nichtmalignen Grunderkrankungen recht zuverlässig.

Literatur. Gressner AM, Wallraff P (1980) Der Einsatz der Lasernephelometrie zur Bestimmung und rechnerunterstützten Auswertung der Fibronectinkonzentration in verschiedenen Körperflüssigkeiten. J Clin Chem Clin Biochem 18:797–805 George EL, George-Labouesse EN, Patel-King RS et al (1993) Defects in mesoderm, neural tube and vascular development in mouse embryos lacking fibronectin. Development 119:1079–1091

Fibrosekenngrößen A.M. Gressner. O.A. Gressner

Synonym(e). Fibrosemarker Englischer Begriff. markers of (liver) fibrosis Definition. Nichtinvasive, in Serum oder Plasma gemessene klinischchemische Kenngrößen (Biomarker), die das Ausmaß der Fibrose (Zunahme des Bindegewebsanteils), die Aktivität der Fibrogenese (Neusynthese des Bindegewebes) und/oder Fibrolyse (Abbau des neu synthetisierten Bindegewebes) in der Leber zu diagnostizieren gestatten.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ideale labormedizinische,

Ficoll-Hypaque-Röhrchen

497

Extrazelluläre Matrix der Leber

Proteine

Glykokonjugate

Glykosaminoglykane

Hyaluronan Kollagene

Elastin

Strukturelle Glykoproteine

Proteoglykane

F Fibrillär Typ I Typ III Typ V

Nicht fibrillär Fazit Typ XIV Typ IV Typ VI Typ VIII

Fibronektin Laminin Undulin Nidogen (Entaktin) Tenascin Vitronektin SPARC (Osteonektin) Thrombospondin-1, -2

Coreproteine Biglykan Decorin Lumikan Aggrekan Syndekan Betaglykan Perlekan Glypikan

Glykosaminoglykane Heparansulfat Chondroitin-4-Sulfat Chondroitin-6-Sulfat Dermatansulfat

Fibrosekenngrößen. Abb. 1. Komponenten der extrazellulären Matrix der gesunden und fibrotischen Leber

im Vergleich zur histologischen Untersuchung einer Leberbiopsie nichtinvasive Kenngrößen der Leberfibrose/-fibrogenese, die ein hohes Maß an diagnostischer Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) und Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) aufweisen, analytisch standardisiert sind und damit zu reproduzierbaren Ergebnissen führen, fehlen gegenwärtig. Mögliche Einzelkenngrößen des erhöhten Kollagen-, Glykoprotein- und/oder Glykosaminoglykan- bzw. Proteoglykanstoffwechsels haben sich in der Labordiagnostik der Fibrose bisher nicht durchsetzen können. Stattdessen sind über 20 multiparametrische Testverfahren (Scores) vorgeschlagen worden, die auf überwiegend gängigen 7 Kenngrößen beruhen, die in jeweilige Algorithmen Eingang finden. Sensitivitäten und Spezifitäten zwischen 60 und 99 % sind für diese Biomarkerkombinationen berichtet worden.

Pathophysiologie. Fibrose der chronisch geschädigten Leber (Hepatitis C, B, nichtalkoholische und alkoholische Leberschädigungen, genetische Erkrankungen) ist definiert durch eine: 5 3- bis 10-fache Konzentrationszunahme der extrazellulären Matrix (7 Kollagene, 7 Glykosaminoglykane/Proteoglykane, strukturelle 7 Glykoproteine, 7 Hyaluronan) (7 Abb. 1) 5 veränderte molekulare Zusammensetzung 5 Verschiebung der molekularen Mikroheterogenität der einzelnen Matrixkomponenten 5 histologische Umverteilung mit Einengung der Lebersinusoide (Blutstrombahn) Die Zunahme der extrazellulären Matrix ist überwiegend auf eine Neusynthese in hepatischen Sternzellen (Itozellen) zurückzuführen, die unter dem Einfluss von „7 transforming growth factor-β“ (TGF-β) und „connective tissue growth factor“ (CTGF) ein breites Spektrum der genannten Bindegewebskomponenten nach Umwandlung in Myofibroblasten in der chronisch geschädigten Leber synthetisieren. Auch Leberparenchymzellen (Hepatozyten) können sich in Bindegewebs-synthetisierende Fibroblasten im Rahmen einer chronischen Leberschädigung umwandeln (epitheliale-mesenchymale Transition).

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Analytik. Entsprechend den jeweiligen Einzelanalyten der multiparametrischen Teste

Referenzbereich. Abhängig vom gewählten Verfahren Bewertung. Einsatz der Biomarker zur Verlaufskontrolle chronisch fibrosierender Lebererkrankungen, z. B. bei chronischer Hepatitis C und alkoholischer Leberschädigung. Teilweise kommerziell angebotene Durchführung bzw. Auswertung. Unter den Einzelparametern hat sich Hyaluronan mit einer Sensitivität von 97 % und Spezifität von 73 % für Zirrhose als die relativ zuverlässigste Kenngröße erwiesen. CTGF in Serum oder Plasma könnte sich nach Abschluss laufender Studien als ein zuverlässiger Parameter der Leberfibrogenese erweisen. Alternativen zum biochemischen Verfahren der Fibrosediagnostik und -Verlaufskontrolle sind transiente Elastographie (Fibroscan), akustische Strukturquantifizierung (ASQ, Messung der Echogenität) und hochauflösende röntgenologische und Ultraschall(ARFI)-Techniken.

Literatur. Gressner OA, Weiskirchen R, Gressner AM (2007) Biomarkers of liver fibrosis: Clinical translation of molecular pathogenesis or based on liver-dependent malfunction tests. Clin Chim Acta 381:107–113 Afdhal NH, Nunes D (2004) Evaluation of liver fibrosis: A concise review. Am J Gastroenterol 99:1160–1174

Fibrosemarker 7 Fibrosekenngrößen

Ficintest 7 Enzymtest

Ficoll-Gradiententrennung 7 Gradiententrennung

Ficoll-Hypaque-Röhrchen W.G. Guder

Synonym(e). Zell-Trennröhrchen

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FIFTA

Englischer Begriff. cell preparation tube (CPTtm); cell separation

i Das auf den Computern verwendete Betriebssystem (z. B. UNIX,

tube

Windows) und die Art der Internetverbindung sind ohne Belang. Neben der Dateiübertragung erlaubt FTP die Anzeige von Dateiverzeichnissen auf dem Host, das Wechseln, Anlegen und Umbenennen von Verzeichnissen sowie das Umbenennen und Löschen von Dateien auf dem Host. Wegen der weitreichenden Rechte, die der Benutzer erhält, muss dieser beim jeweiligen Host ein Benutzerkonto besitzen, sich mit einem Benutzernamen anmelden und mit Passwort ausweisen. Viele Hosts bieten die Möglichkeit, Dateien via Anonymous FTP abzurufen. Hierzu wird als Benutzername „anonymous“ eingegeben, das Passwort ist in diesem Falle beliebig. Für den FTP-Zugriff wird ein spezielles Programm verwendet, ein FTP-Client.

Definition. Röhrchen, in dem Blut ohne Abgießen durch Zentrifugation im Dichtegradienten in zelluläre und Plasmaphasen getrennt werden kann. i Die zunehmende Zahl analytischer Verfahren, die definierte Zellen

des Blutes benötigen, machten die Entwicklung eines Trennverfahrens der Zellen aus dem Blut notwendig, bei dem nicht wie früher durch Dekantieren und Waschungen die gewonnenen Zellen kontaminiert wurden. Dies wurde ermöglicht durch ein geschlossenes Röhrchensystem, in dem eine Gelschicht mit einem Ficoll-Dichtegradienten kombiniert wurde. Bei der Zentrifugation werden Erythrozyten unter dem Gel abgetrennt, während Granulozyten oder Lymphozyten im Dichtegradienten darüber liegen und vom darüber liegenden Plasma getrennt werden können. Das Röhrchen erlaubt den Transport nach der ersten Zentrifugation über 40 min bei 400 g. Durch Zentrifugation bei 1500 g über 20 min kann dann eine Schicht mit mononukleären Blutzellen (7 Lymphozyten) abgetrennt werden. Die Granulozyten finden sich unterhalb der Gelschicht wieder. Die Mischung besteht aus 10 Teilen 33,9 %igem Hypaque-Gel mit einer Dichte von 1,2 kg/L und 24 % einer 9 %-igen Lösung von Ficoll in Wasser. Die Zentrifugation erfolgt bei Raumtemperatur.

Literatur. Boyum A (1968) Separation of Lymphocytes from Blood and Bone Marrow. Scand J Clin Lab Invest 21(Suppl 97):77–106 Guder WG, Narayanan S, Wisser H et al (2000) Proben zwischen Patient und Labor. Spezielle Aspekte der Zellanalyse. 2. Aufl. GIT, Darmstadt, S 60–61

FIFTA 7 Fibrinogen-Funktion-turbidimetrischer Test

FIGLU-Test A.M. Gressner

Literatur. Irlbeck T, Langenau F, Mayer F (2002) Beck EDV-Berater im dtv: Computer-Lexikon, Deutscher Taschenbuch-Verlag GmbH & Co. KG, München

Fill-in-Reaktion R. Weiskirchen

Synonym(e). Auffüllreaktion mit Hilfe der Klenow-Polymerase Englischer Begriff. fill-in reaction Definition. Einfügen von Nukleotiden in einem einzelsträngigen, 5’-überhängenden DNA-Ende zum Doppelstrang i Aus 5’-überhängenden 7 Restriktionsschnittstellen können durch

diese Auffüllreaktion glatte Enden (7 Blunt ends) erzeugt werden. Dazu wird die DNA in Anwesenheit von dNTPs mit dem KlenowFragment (7 Klenow-Enzym) der 7 DNA-Polymerase I aus E. coli inkubiert. Solche Reaktionen werden in der 7 Gentechnologie verwendet, um nicht zueinander passende DNA-Überhänge umzuwandeln und sie dann verknüpfen zu können (s. z. B. 7 DNA-Klonierung).

Filter T. Arndt

Synonym(e). Histidin-Belastungstest

Synonym(e). Wellenlängenfilter

Englischer Begriff. histidine test

Englischer Begriff. filter

Definition. Zum Nachweis eines Folsäuremangels eingesetzter oraler

Definition. Optische Filter sondern den größten Wellenlängenbe-

Belastungstest mit L-Histidin, der bei Folatmangel eine vermehrte Ausscheidung von N-Formiminoglutaminsäure (FIGLU) im Urin nachweist. i Der früher zum Nachweis einer Unterversorgung des Körpers

mit 7 Folsäure durchgeführte Belastungstest basiert auf der zwischen 3–8 h nach oraler Aufnahme von 15 oder 20 g Histidin (L-HistidinHCL) im Sammelurin messbaren, stark erhöhten Ausscheidung von N-Formiminoglutaminsäure (-glutamat). Als Folge der Abbauhemmung von Histidin (zu Glutamat und Ketoglutarat) aufgrund einer gestörten Übertragung der Formiminogruppe kommt es zur Akkumulation von FIGLU, deren vermehrte Ausscheidung im Sammelurin elektrophoretisch (7 Elektrophorese), chromatographisch (7 Chromatographie), enzymatisch-optisch bei 350–380 nm oder massenspektrometrisch (7 Massenspektrometrie) quantifiziert werden kann. Außer einer stark erhöhten Ausscheidung bei manifestem Folsäuremangel sind erhöhte Ausscheidungsmengen auch bei einigen Lebererkrankungen, Glutenenteropathie (Spruesyndrome) und 7 Vitamin-B12-Mangel feststellbar. Durch die direkte Messung von Folsäure in Serum oder Hämolysat hat dieser Test heute seine Bedeutung weitgehend verloren.

File Transfer Protocol O. Colhoun

Synonym(e). FTP Englischer Begriff. file transfer protocol Definition. Übertragungsprotokoll für das Internet zur Festlegung des Dateiübertrags von Computer zu Computer.

reich einfallenden Lichts selektiv aus und lassen nur Licht eines möglichst eng begrenzten Wellenlängenbereichs passieren. i Im einfachsten Fall besteht ein Filter aus gefärbtem Glas, welches

Licht mit den der Glasfarbe entsprechenden Wellenlängen absorbiert und nur Licht mit den Wellenlängen der Komplementärfarben passieren lässt. Auch Farbstofflösungen wurden als optische Filter eingesetzt. Neben diesen Absorptionsfiltern gibt es auch Interferenzfilter, deren Wirkung nicht auf Absorption oder Dispersion, sondern auf Interferenzeffekten beruht. Die wichtigste Anwendung im klinischchemischen Labor liegt in der 7 Spektrometrie/Spektroskopie.

Literatur. Kortüm G (1962) Kolorimetrie, Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

Filter-Array 7 Makroarray

Filtration, glomeruläre W.G. Guder

Synonym(e). Glomeruläre Filtrationsrate; GFR Englischer Begriff. glomerular filtration rate Definition. Die glomeruläre Filtration (7 Clearance, glomuläre) beschreibt den Prozess der Entstehung des Primärfiltrats in der Niere durch die Filtration aus dem kapillären Plasma in den proximalen

Fischer, Hans

Tubulus der Niere. Die Gesamtmenge der pro Minute filtrierten Flüssigkeitsmenge wird als glomeruläre Filtrationsrate bezeichnet. i Die glomeruläre Filtration findet in der Basalmembran des Glo-

merulums statt, einer extrazellulären Matrix, welche eine Filtration nach Molekülgröße und Ladung erlaubt. Sie wird durch physikalische Eigenschaften wie Kapillardruck in glomerulären Kapillaren sowie physikalisch-chemischen Eigenschaften der filtrierten Moleküle wie der Oberfläche der Membran und der benachbarten Podozyten beeinflusst. Durch 7 Heparansulfat-Reste an der den Kapillaren zugewandten Seite kommt es zu negativen Ladungen der Oberfläche, welche negativ geladene Proteine von der Filtration abhalten. Dieser Mechanismus ist für Moleküle einer molekularen Größe > 10 kDa bis < 45 kDa relevant (z. B. 7 Albumin). Die glomeruläre Clearance wird durch Messung frei filtrierbarer Moleküle im Plasma und im Sammelurin bestimmt [endogen durch Kreatinin (7 Kreatinin-Clearence) und 7 Cystatin C, exogen durch Inulin (7 Inulin-Clearance) und Iohexol]. Neben der Bestimmung der Menge wird zunehmend die Qualität der glomerulären Clearance Gegenstand der diagnostischen Analytik. So wird eine selektive glomeruläre Proteinurie mit Vermehrung ausschließlich von Proteinen < 50 kDa (z. B. Albumin) als Ausdruck einer Störung der Ladungsselektivität der glomerulären Filtration gesehen mit meist guter Prognose, d. h. ohne Verminderung der Filtrationsmenge (z. B. Minimal-change-Nephropathie, IgA-Nephropathie). Eine unselektive glomeruläre Proteinurie mit Ausscheidung von Molekülen > 120 kDa (z. B. IgG, 7 Transferrin, bis zu 7 α₂-Makroglobulin) hat demgegenüber eine schlechte Prognose bezüglich der Nierenfunktion.

Literatur. Schleicher E, Nerlich A, Gerbitz KDA (1989) Struktur, Funktion und Pathobiochemie der glomerulären Basalmembran. In: Guder WG, Lang H (Hrsg) Pathobiochemie und Funktionsdiagnostik der Niere. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 25–44 Guder WG, Hofmann W (1991) Glomeruläre Filtration. In: Thomas L, Fateh-Moghadam A, Guder WG et al (Hrsg) Proteindiagnostik. Behring Diagnostika, S 112–123

499

Definition.

5 DNA: das Muster von polymorphen Restriktionsfragmenten, die zwischen Individuen differieren (7 Fingerabdruck, genetischer). 5 Protein: das Muster von Fragmenten, das durch Schneiden mit Hilfe eines Enzyms, wie z. B. Trypsin entsteht.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei einem Fingerprint versucht man, ein für ein Individuum charakteristisches Profil zu erzeugen. Dieses kann auf DNA- oder Proteinebene angefertigt werden. Auf DNA-Ebene werden dabei i. d. R. hochvariable Sequenzrepetitionen (VNTR) analysiert. Umgangssprachlich wird unter einem Fingerprint auch die Analyse eines Proteins nach enzymatischem Verdau bezeichnet. Dieses stellt ein analytisches Verfahren zur Identifikation eines Proteins dar.

Einsatzgebiet. Das DNA-Fingerprinting ist etwa bei der Identifizierung von Individuen hilfreich (z. B. bei Vaterschafts- oder Täternachweisen). Auf Proteinebene können Sequenzabweichungen dargestellt werden. Dazu werden nach enzymatischem Verdau die Fragmente isoliert und mit entsprechenden Standards verglichen.

Untersuchungsmaterial. Genomische DNA oder gereinigtes Protein Instrumentierung. Die Erstellung eines Fingerprints erfordert aufwendige Verfahrenstechnologien. Ein DNA-Fingerprint erfolgt mittels 7 Polymerase-Kettenreaktion oder 7 Southern Blot-Analyse, ein Protein-Fingerprint erfordert eine Auftrennung im Polyacrylamidgel u.U. eine Analyse mittels 7 Massenspektrometrie.

Finger-Schweißtest (nach Shwachman und Gahm) 7 Schweißanalytik

First-Pass-Effekt T. Arndt

Synonym(e). Effekt der ersten Passage

Filtrationstechnik für Zellen im Liquor (CSF) 7 Liquor-Membranfilter-Verfahren

Fingerabdruck, genetischer R. Weiskirchen

Englischer Begriff. genetic fingerprinting; fingerprinting Definition. Molekularbiologische Verfahrenstechnik zur Identifizierung von Individuen (Pflanze, Tier, Mensch) i In der Regel geschieht dies durch Analyse repetitiver 7 DNA-Se-

quenzen mit Hilfe von 7 DNA-Sonden (genetischer Fingerabdruck im engeren Sinn). Die Sonden detektieren die individuell charakteristische Häufigkeit, mit der bestimmte Basenwiederholungen (hypervariable, kurze, hochrepetitive 7 RFLP-Sequenzen) vorkommen. Das elektrochemische Verfahren (Gel-7 Elektrophorese), mit dem die charakteristischen Wiederholungen sichtbar gemacht werden, erzeugt dann ein bestimmtes Bandenmuster, den genetischen Fingerabdruck. Der Begriff wurde ursprünglich von A. Jeffreys für das komplexe Fragmentmuster nach Analyse mit einer Multilokus-Sonde geprägt. Heute dient das Verfahren als Beweismittel zum Identitätsnachweis (Täternachweis) in der Strafverfolgung und bei familienrechtlichen Statusvergleich (z. B. Vaterschaftsnachweis) und ist vom Bundesgerichtshof durch die Anordnung einer Blutentnahme nach § 81 a der Strafprozessordnung zum Zweck der Analyse nichtcodierender DNASequenzen als legitimes Mittel zur Festlegung der Identität einer Person festgelegt worden.

Fingerprint R. Weiskirchen

Synonym(e). Peptidmuster Englischer Begriff. fingerprint; peptide map

Englischer Begriff. first-pass effect Definition. Bezeichnet jenen Prozess, der bei der ersten Leberpassage eines endogenen oder exogenen Stoffs zu einer signifikanten Konzentrationsabnahme zwischen in die Leber einströmendem (Pfortader) und aus ihr heraustretendem (V. hepatica) Blut führt. i Über die Pfortader in die Leber einströmende Stoffe werden z. T. erheblich durch Resorption, Metabolisierung etc. in der Leber zurückgehalten und damit der Blutzirkulation entzogen. Der verbleibende Rest gelangt über die V. hepatica (erneut) in den großen Blutkreislauf und kann am Erfolgsorgan entsprechende Wirkungen auslösen. Der First-Pass-Effekt hat große Bedeutung für die Bioverfügbarkeit von nicht wenigen oral applizierten Pharmaka. So kann durch einen ausgeprägten First-Pass-Effekt ein Großteil der Dosis schon bei der ersten Leberpassage dem Kreislauf entzogen werden und steht damit für die pharmakologische Wirkung am Zielort nicht mehr zur Verfügung (weshalb Medikamente mit großem First-Pass-Effekt mit Metabolisierung zu inaktiven Metaboliten gewöhnlich höher dosiert werden müssen als solche ohne ausgeprägten First-Pass-Effekt). Nicht nur exogene Stoffe wie Pharmaka können einem starken FirstPass-Effekt unterliegen, sondern auch endogene Stoffe, wie z. B. 7 Insulin. Nach Sekretion des Insulins aus den β-Zellen des Pankreas in die Pfortader werden ca. 50 % des Insulins direkt in der Leber abgefangen und treten damit nicht in die Blutzirkulation ein. Asialoglykoproteine haben einen starken First-Pass-Effekt und werden nahezu vollständig über den hepatozytären Asialoglykoproteinrezeptor aus der Zirkulation entfernt.

Fischer, Hans W. Hubl

Lebensdaten. Deutscher Chemiker und Mediziner, geboren am 21. Juli 1881 in Hoechst am Main; am 31. März 1945 Freitod nach der kriegsbedingten Zerstörung des Instituts.

F

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Fischer-Quotient

1899–1904 Chemie- und Medizinstudium in Lausanne, München und Marburg. Im Jahr 1904 Promotion zum Dr. phil. in Marburg über das Thema „Beiträge zur Kenntnis der 4-Oxy-1,2-toluylsäure“. 1908 Promotion zum Dr. med. in München über das Thema „Zur Kenntnis des carcinomatösen Mageninhalts“. 1912 Habilitation für das Fach Innere Medizin in München über das Thema „Urobilin und Bilirubin“. 1915 Ernennung zum Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität München. 1916–1918 Lehrstuhlinhaber für Medizinische Chemie in Innsbruck und 1918–1921 in Wien. 1921–1945 Lehrstuhlinhaber für Organische Chemie an der TH München als Nachfolger von Heinrich Wieland. Im Jahr 1935 Eheschließung mit Wiltrud Fischer (geb. Haufe).

Verdienste. Das Lebenswerk widmete er der Chemie und Konstitutionsaufklärung der Pyrrolfarbstoffe. Er arbeitete über die Gallenfarbstoffe Urobilin, Biliverdin und Bilirubin, das er im Jahr 1942 erfolgreich synthetisierte. 1928 gelang Fischer die Synthese des Farbstoffs Hämin. Fischer nahm auch die von Richard Willstätter begonnenen Forschungen über Chlorophyll wieder auf, 1940 konnte er die Struktur des Moleküls aufklären. Seine Forschungsergebnisse wurden 1960 durch Robert B. Woodwards Chlorophyllsynthese bestätigt. 1929 Verleihung der Liebig-Gedenkmünze der Gesellschaft Deutscher Chemiker, 1930 Verleihung des Chemie-Nobelpreises für seine Arbeiten über den strukturellen Aufbau der Blut- und Pflanzenfarbstoffe und für die Synthese des Hämins, 1936 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Harvard-Universität.

Literatur. Treibs A (1971) Das Leben und Wirken von Hans Fischer. Hans-Fischer-Gesellschaft München. Nobel Lectures (1966) Chemistry 1922–1941, Elsevier Publishing Company, Amsterdam.

Flachbett-Elektrophorese R. westermeier

Synonym(e). Horizontalelektrophorese Englischer Begriff. flatbed electrophoresis Definition. Im Gegensatz zur Vertikalelektrophorese ist bei der Flachbettelektrophorese die Trennmatrix, meist ein 7 Agarose- oder ein Polyacrylamidgel, horizontal ausgerichtet. i Die bei der Flachbettelektrophorese verwendeten Trenngele sind

in den meisten Fällen durch eine dünne Trägerglasplatte oder eine Trägerfolie gestützt. Sie werden mit offener Oberfläche verwendet. Meist werden diese Gele auf eine Kühlplatte gelegt, die Pufferbehälter sind seitlich angeordnet. Der Kontakt zwischen Laufpuffer und Trenngel erfolgt über puffergetränkte Papierbrücken. Alternativ hierzu gibt für manche Systeme auch Pufferstreifen aus Polyacrylamid- oder Agarosegel oder dickem Filterkarton, die auf die Gelkanten aufgelegt werden. Die Proben werden entweder in kleine, beim Gelgießen erzeugte Probenwannen einpipettiert, direkt auf die Oberfläche appliziert, oder mit Probenapplikatoren aufgegeben. Manche Flachbettelektrophorese-Apparaturen eignen sich auch für eine Trennmethode, die bei sehr hohen Spannungen durchgeführt wird: die 7 Isoelektrische Fokussierung. Dann kann man sogar beide Trennungen der hochauflösenden Zweidimensional-Elektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale) auf einer solchen Flachbettkammer laufen lassen.

Fläche unter der Kurve W.-R. Külpmann

Fischer-Quotient

Synonym(e). AUC

A.C. Sewell

Englischer Begriff. area under the curve; AUC

Englischer Begriff. Fischer ratio; Fischer quotient Definition. Plasma-Quotient aus verzweigtkettigen 7 Aminosäuren zu aromatischen Aminosäuren. Val + Leu + Ile Phe + Tyr i Der Fischer-Quotient ist ein wichtiger Parameter zur Beurteilung des Ernährungszustandes, insbesondere von Patienten mit Lebererkrankung. Ein Quotient < 2 ist Zeichen für eine hepatische Enzephalopathie. Im erweiterten Neugeborenen-Screening mittels MS/ MS wird der Fischer-Quotient zur Diagnose der Tyrosinämie mit herangezogen.

Literatur. Fischer JE, Funovics JM, Aguirre A et al (1975) The role of plasma amino acids in hepatic encephalopathy. Surgery 78:276–285 Kreuder J, Rauterberg EW (2005) Bedeutende Aminoazidopathien: Ahornsirupkrankheit, Tyrosinämie & Co. Pädiatrie Hautnah S2:12– 15

FISH 7 Fluoreszenz-in-situ Hybridisierung

Definition. In der Pharmakokinetik Fläche im Plasmakonzentrations-Zeit-Diagramm. i Die Fläche kann für die verschiedenen Zeitabschnitte nach der

Trapezregel berechnet werden. Die AUC ist ein Maß für die Menge an Pharmakon, die in die systemische Zirkulation gelangt und im Organismus verbleibt. Dementsprechend ist bei 100 % Bioverfügbarkeit und langsamer Elimination die AUC besonders groß. Das Verhältnis der AUC bei oraler Applikation im Vergleich zur AUC bei i.v. Gabe spiegelt die 7 Bioverfügbarkeit wider.

Literatur. Taylor WJ, Diers Caviness MH (1986) A Textbook for the Clinical Application of Therapeutic Drug Monitoring. Abbott, Irving

Flags O. Colhoun

Englischer Begriff. flags Definition. Folgen mehrerer Bits, die innerhalb des Ergebnisübertrags vom Analysegerät zur Labor-EDV einen bestimmten Zustand eines Werts kennzeichnen. i So zeigen Flags in der Übertragung zu einem Wert z. B. die Zu-

stände „lipämisch“, „hämolytisch“, „wiederholt“, „verdünnt“ oder „oberhalb des Messbereichs“ an.

Fisher-Race-System 7 CDE-Nomenklatur

Flame atomic absorption spectrometry (FAAS) 7 Flammenatomabsorptionsspektrometrie

Fitzgerald-Faktor 7 High-Molecular-Weight Kininogen

FK-506 7 Tacrolimus

Flammenatomabsorptionsspektrometrie/ -spektroskopie J. Knecht

Synonym(e). Flammenatomabsorptionsspektroskopie; Flammen-AAS

Flammenemissionsspektrometrie

Englischer Begriff. flame atomic absorption spectrometry Definition. Bei der Flammenatomabsorptionsspektrometrie werden die zu bestimmenden Atome mit einer heißen Flamme erzeugt. i Bei der Flammen-AAS wird eine Lösung (z. B. Patientenprobe)

des zu bestimmenden Elements als Aerosol in die Flamme [entweder Luft-Acetylen (C₂H₂) (2400 °C) oder Lachgas (N₂O)-Acetylen (2800 °C)] gesaugt und dort versprüht. Hierbei laufen folgende Schritte ab: 1. Desolvatation des Aerosols (das Wasser der Lösung wird verdampft, zurück bleiben feste Teilchen) 2. Verdampfung der festen Teilchen zu Molekülen 3. Dissoziation der Moleküle in Atome 4. teilweise Ionisation der Atome (unerwünscht, da nur die Konzentration der Atome in der Flamme gemessen werden kann) 5. Reaktion der Atome mit anderen Teilchen, die in der Flamme sind (unerwünscht, da die Konzentration an freien Atomen in der Flamme verringert wird). Das von der elementspezifischen 7 Hohlkathodenlampe oder elektrodenlosen Entladungslampe ausgehende Licht wird nicht nur von den Atomen des zu bestimmenden Elements sondern auch unspezifisch durch kontinuierlichen Untergrund geschwächt. Um die das Messsignal störende unspezifische Untergrundabsorption zu beseitigen, wird diese entweder mit einem Kontinuumstrahler (meist mit einer 7 Deuteriumlampe) oder mit der sogenannten Zeeman-7 Untergrundkompensation korrigiert. In neuerer Zeit wird manchmal die Fließinjektionsanalyse mit der Flammen-AAS gekoppelt, um diese gerade im Routinebetrieb noch vielseitiger einzusetzen. Damit ermöglicht man: 5 On-line-Aufkonzentrierung des zu bestimmenden Elements, um die Nachweisgrenzen zu erniedrigen 5 Verdünnungen, um den linearen Bereich zu erweitern 5 Die teilweise Entfernung der Matrix, um deren Störungen zu verringern. Details unter Atomabsorptionsspektrometrie.

Literatur. Welz B, Sperling M (1997) Atomabsorptionsspektrometrie. 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim

Flammenatomemissionsspektrometrie 7 Flammenemissionsspektrometrie

Flammenatomfluoreszenzspektroskopie/spektrometrie (FAFS) 7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

Flammenemissionsspektrometrie J. Knecht

Synonym(e). Flammenatomemissionsspektrometrie; Flammenphotometrie; FES

Englischer Begriff. flame emission spectrometry; flame photometry Definition. Bei der Flammenemissionspektrometrie wird eine Lösung (z. B. aufbereitende Patientenprobe) in eine Flamme (Propan, Acetylen) gesprüht und die thermisch angeregten Atome oder Moleküle senden ein für sie charakteristisches Licht aus. Physikalisch-chemisches Prinzip. Die aufbereitende Patientenprobe wird in eine heiße (Propan-, Acetylen-) Flamme gesprüht. Durch die hohe Temperatur werden die feinen Tröpfchen verdampft, die entstehenden Partikel thermisch in Moleküle und dann in Atome dissoziiert. Die Außenelektronen der Atome oder auch der Moleküle werden thermisch in einen höheren Energiezustand gehoben. Beim Zurückfallen in den Grundzustand wird Energie frei, die in Form von elektromagnetischer Strahlung (Licht) abgegeben wird. Diese Strahlung ist für das Element oder Molekül charakteristisch und kann zur qualitativen und/oder quantitativen Analyse verwendet werden. Einsatzgebiet. Die Flammenemissionsspektrometrie wird heute oft

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noch als kostengünstige Methode zur Bestimmung von Alkali- (z. B. Na, K) und Erdalkalimetallen (z. B. Ca, Mg) eingesetzt. Die Verbindungen dieser Elemente sind im Allgemeinen so leicht in Atome spaltbar, dass hierzu die Temperatur der Flamme ausreicht.

Untersuchungsmaterial. Mit der Flammenemissionsspektrometrie lassen sich grundsätzlich nur Lösungen untersuchen. Normalerweise müssen die zu untersuchenden Lösungen aufgeschlossen werden. Feststoffe, aber auch die meisten Flüssigkeiten, werden durch oxidierende Säureaufschlüsse, manchmal auch durch eine Trockenveraschung mit anschließender Säurebehandlung, zersetzt. Bei der Messung ist besonders darauf zu achten, dass die Matrixeffekte weitgehend eliminiert werden, indem man bei der Kalibrierung die Matrix berücksichtigt. Instrumentierung.

Ein Flammenemissionsspektrometer ähnelt im Aufbau einem Atomemissionsspektrometer mit ICP-Anregung (s. a. 7 Inductively coupled plasma), nur dass bei der FES die Anregung durch eine heiße Flamme erfolgt. Die optischen Komponenten sind im Flammenemissionsspektrometer weniger aufwendig als beim ICP-AES Gerät, da mit einer Flamme nur ein Bruchteil der Emissionslinien im Vergleich zum ICP-AES Spektrometer auftreten kann. Oft kann man auch Atomabsorptionsspektrometer durch einfaches Umschalten als Flammenemissionsspektrometer verwenden. Natürlich wird dann keine Lampe zur Emission der Atomlinien benötigt.

Spezifität. Die Spezifität (7 Spezifität, analytische) ist bei der Flam-

menemissionsspektrometrie geringer als bei der 7 Atomabsorptionsspektrometrie, weil die Optik der Geräte alle Fremdlinien ausblenden muss. Bei der AAS reicht diese einfachere Optik vollständig aus, da die aus der Hohlkathoden- oder EDL-Lampe kommenden Atomemissionslinien sehr schmalbandig sind. Die ICP-AES-Spektrometer haben wegen ihres höheren Preises auch eine wesentlich aufwendigere Optik als die Flammenemissionsspektrometer und haben auch deshalb eine bessere Spezifität.

Sensitivität. Die Sensitivität (7 Sensitivität, analytische) ist bei der Flammenemissionsspektrometrie etwa genauso groß wie bei der Flammenatomabsorptionsspektrometrie und geringer als die der Graphitrohr-AAS oder der ICP-Massenspektrometrie.

Fehlermöglichkeit. Wenn man die unspezifische Untergrundstrahlung der Flamme optisch nicht genügend von den Atomemissionslinien abtrennt oder abtrennen kann, erhält man zu hohe Elementgehalte. Dies muss man durch eine geeignete Kalibrierung kompensieren. Auch durch die gegenseitige Beeinflussung der Intensität der Emissionslinien durch die Alkali- oder Erdalkalimetalle kann man sowohl zu hohe als auch zu niedrige Elementgehalte messen. Um richtige Messwerte zu erhalten, ist eine gewisse Erfahrung des Anwenders notwendig. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Flammenemissionsspektrometrie eignet sich als kostengünstige Methode für Messungen der Alkali- und Erdalkalielemente in einer gut bekannten Matrix wie Blut, Serum usw. Bei einer unbekannten Probe sollte man diese Methode nicht ohne Vorversuche anwenden. Wenn man einen Messroboter einsetzt, können in den zu untersuchenden Proben nacheinander die zu bestimmenden Elemente vermessen werden. Da das Gerät in der Anschaffung sehr kostengünstig ist und bei der laufenden Messung nur die verhältnismäßig geringen Kosten für das Flammengas anfallen, ist die Flammenemissionsspektrometrie sicher die kostengünstigste atomspektrometrische Methode. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Flammenemissionsspektrometrie wird aus Kostengründen noch oft für die Bestimmung der Alkali- und Erdalkalimetalle mit allerdings abnehmender Tendenz eingesetzt. Bei der Bestimmung dieser Elemente in kompliziert oder unbekannt zusammengesetzten Proben sollte man zur Bestimmung andere atomspektrometrische Methoden anwenden.

Literatur. Kellner R et al (eds) (2004) Analytical Chemistry. 2nd edn. Wiley-VCH, Weinheim Broekaert JAC (2002) Analytical Atomic Spectrometry with Flames and Plasmas. Wiley-VCH, Weinheim

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Flammenfluoreszenzspektroskopie/-spektrometrie (FFS)

Welz B, Sperling M (1997) Atomabsorptionsspektrometrie. 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim

Flammenfluoreszenzspektroskopie/-spektrometrie (FFS) 7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

Flammenphotometrie 7 Flammenemissionsspektrometrie

Flavinadenindinukleotid 7 FAD(H2)

Flavinmononukleotid 7 Vitamin B2

Fletcherfaktor 7 Präkallikrein

Fließgleichgewicht W.-R. Külpmann

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei oraler Applikation beträgt die 7 Bioverfügbarkeit 84 %. Flucytosin wird unverändert renal eliminiert. Halbwertszeit. 3–5 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Flucytosin wird mittels Cytosinpermease in die Zelle transportiert und dort zu 5-Fluorouracil (5 FU) metabolisiert, was durch Kompetition zu Thymidylatmangel führt. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum (S) Analytik. 7 HPLC, 7 LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 25–70 mg/L; toxisch: > 100 mg/L: komatös-letal: unbekannt. Unter der Therapie sollten 25 mg/L nicht unterschritten werden, um das Auftreten resistenter Stämme zu vermeiden. Üblicherweise wird Flucytosin in Verbindung mit Amphotericin B verwendet.

Literatur. Bircher J, Sommer W (1999) Klinisch-pharmakologische Datensammlung. 2. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart

Fluor D. Meissner

Englischer Begriff. steady state

Englischer Begriff. fluorine

Definition. Zustand, bei dem Zufuhr und Elimination z. B. eines

Definition. Fluor (chemisches Symbol: F) ist ein gasförmiges Halogen mit der Ordnungszahl 9. Es gehört zu den essenziellen 7 Ultraspurenelementen.

Pharmakons gleich groß sind. i Im Fließgleichgewicht ist die Plasmakonzentration z. B. eines Arzneistoffs konstant, was sich durch eine Dauerinfusion erreichen lässt. Bei oraler, diskontinuierlicher Applikation ist ein Fließgleichgewicht bei langsamer Elimination gut anzunähern, bei rascher Elimination schwierig und lediglich durch Zufuhr in kurzen Zeitintervallen erreichbar. Die aktuelle Konzentration eines Pharmakons im Plasma ist insgesamt die Resultante aus den Einflussgrößen: Freisetzung („liberation“), Absorption („absorption“), Verteilung („distribution“), Metabolismus („metabolism“) und Ausscheidung („excretion“); LADME.

Literatur. Külpmann WR (1991) Drug Monitoring. Diagnose und Labor 41:55–62

Fließmittel 7 Mobile Phase

Flocculations-Test 7 Labilitätsreaktionen des Serums

Struktur. Fluor liegt im Plasma als 7 Fluorid vor, im Skelett und in den Zähnen ist es als schwer löslicher Fluorapatit gebunden, indem es Hydroxylgruppen im Apatit ersetzt. Molmasse. Relative Atommasse: 18,9984 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Fluor liegt im Organismus in der Oxidationsstufe 1- vor. Es wird mit Nahrungsmitteln, Getränken und Medikamenten aufgenommen und zu 80–100 % resorbiert. Aus dem Plasma wird es sehr rasch an die Speicher abgegeben oder über die Nieren ausgeschieden. Auf diese Weise wird die Plasmakonzentration konstant gehalten. 99 % des Gesamtfluors sind im Skelett und in den Zähnen gespeichert. Körperbestand: 2–3 g. Bedarf: 0,7 mg/Tag. Empfohlene Zufuhr: Kinder 0,1–2,5 mg/Tag, Erwachsene 2–4 mg/Tag. Kleinkinder: zusätzlich 0,25 mg/Tag (als Tablette), wenn Trinkwasserkonzentration < 0,3 mg/L ist. Fluorreich sind Fische, Meeresfrüchte, Tee. Funktion und Pathophysiologie. Im Tierversuch wurde die Essenzi-

Englischer Begriff. flucytosine

alität des Fluors bestätigt. Für den Menschen ist seine hohe Affinität zum Zahnhartgewebe und Knochen von Bedeutung. Fluorid wird wegen seiner kariesprotektiven Wirkung zur Kariesprophylaxe und wegen seines Einflusses auf die Synthese und die Stabilität der Knochenmatrix zur Behandlung der Osteoporose therapeutisch angewendet. Hohe Dosen an Fluor können zu toxischen Erscheinungen (Verätzungen, Atemnot, Hautnekrosen) sowie zur Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion (Strumabildung) und im chronischen Stadium zu Zahn- oder Knochenfluorose (Fluorosteosklerose durch Stimulation der Osteoblasten) führen.

Definition. Antimykotikum (7 Abb. 1)

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Urin

Flow Zytometrie 7 Durchflusszytometrie

Flucytosin W.-R. Külpmann, C. Vidal

Probenstabilität. 4–8 °C: 30 Tage, –20 °C: 1 Jahr Präanalytik. Abnahme- und Aufbewahrungsgefäße für die Spurenelementbestimmung verwenden und Kontakt mit fluoridhaltigen Medikamenten und Kosmetika vermeiden. Analytik. Ionensensitive Elektroden Flucytosin. Abb. 1.

Konventionelle Einheit. μg/L, mg/L, mg/g Kreatinin

Molmasse. 129,09 g

Internationale Einheit. μmol/L

Fluoreszenzeinheiten, relative

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Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L = 0,05264 ×

i Die schnelle Rückkehr der angeregten Elektronen auf niedrigere

μg/L, μg/L = 18,9984 × μmol/L

Energieniveaus führt dazu, dass das emittierte Licht schon unmittelbar nach Abklingen der Anregung nicht mehr zu beobachten ist. Das Ausmaß der Fluoreszenz hängt von der Intensität der Erregerstrahlung, der Schichtdicke (z. B. der Messküvette) und der Konzentration der fluoreszenzfähigen Moleküle in der zu analysierenden Probe ab. Hält man Erregerstrahlung und Schichtdicke konstant, kann die Fluoreszenz somit zur Konzentrationsbestimmung genutzt werden (Fluorometrie).

Referenzbereich — Erwachsene. Serum, Plasma: 5–20 μg/L (0,26– 1,05 μmol/L), Urin: < 0,5 mg/L (< 26 μmol/L)

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf übermäßige Aufnahme oder Intoxikation, Überwachung fluorexponierter Personen, Überwachung der Fluoridtherapie

Interpretation. Unbedenklich sind Konzentrationen bis 100 μg/L Serum/Plasma oder 1 mg/L Urin. Therapeutischer Bereich: 100– 300 μg/L Serum/Plasma. BAT-Wert im Urin: 4 mg/g Kreatinin (Schichtbeginn), 7 mg/g Kreatinin (Schichtende) MAK-Wert: Fluor 0,2 mg/m³ (0,1 mL/m³), Fluorid 2,5 mg/m³, Fluorwasserstoff 2 mg/m³ (3 mL/m³) Grenzwert im Trinkwasser: 1,5 mg/L Diagnostische Wertigkeit. Erkennung einer übermäßigen Aufnahme

Literatur. Kortüm G (1962) Kolorimetrie Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. ChemieBasiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Fluoreszenz, zeitaufgelöste T. Arndt

oder Vergiftung, Kontrolle der Therapie mit Fluorid.

Englischer Begriff. time resolved fluorescence

Literatur. Löffler G, Petrides PE (Hrsg) (2003) Biochemie und Pathobiochemie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 714–716

Fluoreszein

Definition. Variante der 7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie, bei der durch Einsatz von Chelaten seltener Erden (z. B. Europium) besonders langlebige Fluoreszenzen erzeugt und zeitaufgelöst ausgewertet werden.

T. Arndt

i Die emittierte Fluoreszenz zeichnet sich durch eine relativ lange

Synonym(e). Resorcinolphthalein Englischer Begriff. fluorescein Definition. Fluoreszein (C₂₀H₁₂O₅; Molmasse: 332,32 g) ist eine polyzyklische Verbindung, die zu den Xanthinfarbstoffen gehört (7 Abb. 1).

Fluoreszein. Abb. 1. Strukturformel i Fluoreszein wird gewöhnlich in Form seines Dinatriumsalzes

(Uranin) gehandelt. Es zeigt eine intensive gelbgrüne 7 Fluoreszenz, die noch in einer Verdünnung von 10-¹¹ mol/L deutlich erkennbar ist. Fluoreszein eignet sich deshalb zur Verfolgung des Stofftransports in lebenden Organismen. In der klinisch-chemischen Diagnostik wird Fluoreszein u. a. in 7 Fluoreszenzpolarisations-Immunoassays (FPIA) und als Fluoreszeindilaureat (Salz der Laurinsäure) im sog. 7 Pankreolauryltest (Fluoreszeindilaurat-Test) zur Überprüfung der exokrinen Pankreasfunktion eingesetzt.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Fluoreszeindilaurat-Test 7 Pankreolauryltest

Fluoreszenz T. Arndt

Englischer Begriff. fluorescence Definition. Form der Lumineszenz, die sich durch eine kurze Verweildauer der Elektronen von ~10-⁸ s im angeregten Zustand auszeichnet.

Relaxationszeit von 10–1000 μs aus. Dies ermöglicht die Abtrennung des Zeitfensters der vom biologischen Material ausgehenden unspezifischen und kurzlebigen Fluoreszenz mit 1–20 ns vom Zeitfenster des eigentlichen Messvorgangs (400–800 μs) und daraus resultierend eine signifikante Erhöhung der analytischen Spezifität. Europiumchelate zeigen eine große Stokes-Verschiebung (7 Lumineszenz) von 270 nm; die Anregung erfolgt also durch blaues Licht, die Fluoreszenz wird als rotes Licht abgegeben. Damit liegt die Anregungswellenlänge weit von der Emissionswellenlänge entfernt, was gegenseitige Störungen ausschließt, infolge dessen eine hohe Anregungsenergie zulässt und schließlich zu einer signifikanten Sensitivitäts- und Spezifitätssteigerung im Vergleich zu herkömmlichen Fluoreszenzmessungen führt. (Bei herkömmlichen Fluoreszenzmessungen mit z. B. 7 Fluoreszein beträgt die Stokes-Verschiebung nur 30 nm).

Literatur. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. Schattauer-Verlag, Stuttgart New York

Fluoreszenzeinheiten, relative R. Weiskirchen

Synonym(e). RFU; relative Fluoreszenzeinheiten Englischer Begriff. relative fluorescence units Definition. Vergleichende Maßeinheit für 7 Fluoreszenz i Bei der Messung des Emissionsspektrums einer fluoreszierenden

Verbindung muss bedacht werden, dass die Transmission optischer Komponenten, des 7 Monochromators, vor allem aber die 7 Nachweisempfindlichkeit des 7 Detektors naturgemäß stark von der Wellenlänge abhängen. Die Empfindlichkeit von Photomultipliern, die üblicherweise zur Detektion verwendet werden, fällt zum roten Ende des sichtbaren Spektralbereichs (7 Spektrum) steil ab; eine Messung des Emissionsspektrums liefert daher zunächst nur eine relative Fluoreszenzintensität als Funktion der Wellenlänge, die aufwendig mit Fluoreszenzstandards korrigiert werden muss, sollen quantitative Angaben über Fluoreszenz erhoben werden. In der experimentellen Biologie werden daher die Fluoreszenzstärken oft nur in vergleichenden (relativen) Angaben dargestellt.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

F

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Fluoreszenzemission, Plasma

Fluoreszenzemission, Plasma J. Frank

Synonym(e). Fluoreszenzemissionsscanning Englischer Begriff. plasma fluorescence emission; fluorometric emission scanning

Definition. Optisches Verfahren zur Detektion fluoreszierender körpereigener (endogener) Substanzen, in diesem Fall 7 Porphyrine, in Zellen und Geweben. i Die 7 Fluoreszenzemissionsspektometrie ist ein einfaches opti-

sches Verfahren, um Porphyrine im Plasma zu detektieren. Fluoreszenz stellt eine spezielle Form der Photolumineszenz (7 Lumineszenz) dar. Zur Fluoreszenzemissionsspektrometrie von Porphyrinen wird üblicherweise eine Exzitationswellenlänge von 405 nm, besser von 366 nm verwendet. Durch einen einfachen Screeningtest können somit Patienten mit klinisch manifester Porphyria variegata (Emissionsmaximum bei 626–628 nm), Erythropoetischer Protoporphyrie (Emissionsmaximum bei 636 nm) und Hereditärer Koproporphyrie (Emissionsmaximum bei 618–620 nm) identifiziert werden. Während dieses Verfahren eine hohe Spezifität für die zuvor genannten Porphyrie-Varianten aufweist, ist die Sensitivität nicht zufriedenstellend, da z. B. Kinder mit Porphyria variegata oder asymptomatische Mutationsträger nicht erfasst werden.

Literatur. Poh-Fitzpatrick MB (1980) A Plasma Porphyrin Fluorescence Marker for Variegate Porphyria. Arch Dermatol 116:543–547 Enriquez de Salamanca R, Sepulveda P, Moran MJ et al (1993) Clinical Utility of Fluorometric Scanning of Plasma Porphyrins for the Diagnosis and Typing of Porphyrias. Clin Exp Dermatol 18:128–130

Englischer Begriff. fluorescence in situ hybridization Definition. Zentrale Methode der molekularen Zytogenetik zur Darstellung und physikalischen Kartierung (chromosomale Lokalisation) spezifischer genomischer Abschnitte. Physikalisch-chemisches Prinzip. In einem typischen FISH-Experiment werden die hybridisierenden Sonden über direkt oder indirekt gekoppelte Fluorochrome nachgewiesen. Dazu werden die Sonden entweder durch Inkubation der Sonden-DNA mit reaktiven Agenzien oder durch den enzymatischen Einbau von 7 Nukleotiden, an die die Reportergruppen (Fluorochrome) bereits gekoppelt sind, markiert (7 Abb. 1). Das am häufigsten verwendete Nachweissystem für FISH beruht auf dem Bindungskomplex von 7 Biotin und Avidin. Ein weiteres in der FISH erfolgreich eingesetztes Reportermolekül ist Digoxigenin. Andere Reportermoleküle wie Acetylaminofluoren-, Quecksilber- oder Dinitrophenylgruppen spielen heute eine eher untergeordnete Rolle. Gleichzeitig werden die nicht-hybridisierenden Chromatinstrukturen durch eine Gegenfärbung dargestellt. Die eigentlichen fluorochromen Nukleotide (bei direkter Markierung) oder Antikörper (bei indirekter Markierung) können eine Vielzahl von Fluorochromen beinhalten. Dazu zählen FITC (Fluoresceinisothiocyanat), TRITC (Tetramethylrhodaminisothiocyanat), Texas Red, AMCA (Aminomethylcoumarinessigsäure) und die CyanineTM (z. B. Cy2, Cy3, Cy5, Cy7), eine in den letzten Jahren entwickelte neue Generation von relativ stabilen Fluorochromen. Die Vielzahl verschiedener Fluorochrome mit voneinander getrennten Emissionsspekten erlaubt die gleichzeitige Verwendung multipler Sonden, die sich im selben FISH-Experiment differentiell darstellen lassen (z. B. bei der Multiplex-FISH).

Fluoreszenzemissionsscanning 7 Fluoreszenzemission, Plasma

Fluoreszenzfärbung R. westermeier

Englischer Begriff. fluorescence staining Definition. Dient in der Elektrophorese dem Nachweis von Proteinen in Polyacrylamidgelen mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen bei hoher Empfindlichkeit und zeichnet sich durch einen weiten linearen Bereich aus. Sie ist daher besonders gut geeignet für quantitative Bestimmungen. i Fluoreszenzfarbstoffe haben eine hohe Empfindlichkeit und

zeichnen sich durch einen weiten linearen Bereich aus. Sie sind daher besonders gut geeignet für quantitative Bestimmungen. Das zugrundeliegende Prinzip ist die Anregung der Fluoreszenzfarbstoffe (7 Fluorophor) mit Licht niedriger Wellenlänge und die Messung des emittierten Lichtsignals mit höherer Wellenlänge (7 Fluoreszenz). Die Intensität der emittierten Strahlung ist der Proteinmenge in der Elektrophoresefraktion proportional. Die Detektionsgrenze liegt im oberen pg bis ng-Bereich. Der lineare dynamische Messbereich erstreckt sich über 4 Größenordnungen. Für Nukleinsäuren verwendet man 7 Ethidiumbromid oder SYBRgreen™, bei Proteinen Nilrot, SYPRO™-Red, -Orange, -Tangerine und -Ruby, sowie den neuen Farbstoff Deep Purple™. Zur Visualisierung von Fluoreszenzfärbungen benötigt man entweder einen UVLeuchttisch mit Kamerasystem, ein Video Imaging System oder ein Fluoreszenz-7 Densitometer.

Literatur. Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. WileyVCH, Weinheim

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung R. Weiskirchen

Synonym(e). FISH

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Abb. 1. Bei der FISH-Technologie wird ein Sondenmolekül mittels fluoreszenzmarkierter Nukleotide gekennzeichnet. Durch Hybridisierung mit entsprechenden Chromosomenpräparaten entstehen die typischen Signaldubletten.

Einsatzgebiet. Mittels der FISH können ganze 7 Chromosomen (chromosome painting) oder subchromosomale Regionen bis hinunter auf die Ebene einzelner 7 Gene oder noch kleinerer Abschnitte dargestellt werden (7 Abb. 2). Dieses ermöglicht die Diagnose chro-

Fluoreszenzpolarisation

505

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Anwendung der FISHAnalyse setzt beim Untersucher Vorkenntnisse über die zu erwartenden Chromosomenveränderungen voraus. Dabei bestimmt die klinische Fragestellung die Auswahl der DNA-Sonden. Zur Identifizierung unbekannter Chromosomenveränderungen können jedoch weiterführende Methoden der molekularen Cytologie eingesetzt werden. Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Kulozik AE, Hentze MW, Hagemeier C, Bartram CR (2000) Molekulare Medizin. Grundlagen-Pathomechanismen-Klinik. W. de Gruyter, Berlin New York

Fluoreszenzmarkierung R. westermeier

Synonym(e). Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen Englischer Begriff. fluorescence labeling Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung. Abb. 2. Durch chromosomenspezifische Sonden lassen sich mittels FISH-Technologie auch ganze Chromosomen darstellen (sog. Chromosomenpainting). Auf diese Weise lassen sich, wie hier gezeigt, Translokationen oder andere strukturelle Chromosomenanomalien abbilden. (Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H.M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen)

mosomaler Aberrationen in Metaphase- und Interphasezellen. Eine besondere Anwendung der FISH ist die sog. Methode des Fiber-FISH, bei der die relative Position und physikalische Distanz zwischen nahe benachbarten DNA-Sequenzen in wesentlich höherer Auflösung auf Präparationen dekondensierter DNA dargestellt werden kann. Solche speziellen Präparationen können durch Einsatz von Kondensationsinhibitoren oder Depletion nucleärer Proteine durch Salze oder Detergenzien erstellt werden. Ein weiteres Einsatzgebiet der FISH ist die sog. vergleichende genomische Hybridisierung (comparative genomic hybridization, CGH). Bei dieser Spezialanwendung wird die gesamte genomische DNA einer zu untersuchenden DNA-Population als FISH-Sonde gegen einen normalen Referenz-Chromosomensatz hybridisiert. Im Testgenom über- oder unterrepräsentierte chromosomale Regionen erscheinen dann im Vergleich zur generellen Färbung der Zielchromosomen stärker oder schwächer gefärbt.

Untersuchungsmaterial. Die FISH-Methode wird auf sog. Metaphase-Chromosomenpräparationen eingesetzt. Dazu wird zur Inhibition des Spindelmechanismus das Spindelfasergift Colchizin eingesetzt (7 Mitose). Auf diese Weise bleiben die Chromosomen an der Mitoseplatte liegen und können nach Fixierung mit den fluoreszenzmarkierten Sonden hybridisiert und durch entsprechende Gegenfärbung lichtmikroskopisch dargestellt werden. Die Analytik ist nicht auf frisches Gewebe beschränkt, sondern kann auch an archiviertem Material durchgeführt werden. Instrumentierung. Die Analysen werden in zytologischen Spezial-

Definition. Fluoreszenzmarkierungen von Nukleinsäuren und Proteinen ermöglichen Multiplexanalysen. Quantitative Analysen sind deutlich exakter, wegen des weiten linearen Detektionsbereichs wie bei der 7 Fluoreszenzfärbung, und weil Gel-zu-Gel Variationen ausgeschaltet werden. i Wie bei den Fluoreszenzfärbungen werden die Fluorophore mit

Licht niedriger Wellenlänge angeregt und das emittierte Lichtsignal gemessen, das eine höhere Wellenlänge hat. Die Detektionsempfindlichkeitsgrenze liegt im höheren pg bis ng-Bereich. Der lineare dynamische Messbereich erstreckt sich über 4 Größenordungen. Meist werden hierzu Cyanin-Farbstoffe wie Cy2, Cy3, und Cy5 verwendet. Bei Nukleinsäuren wird die Fluoreszenz-Markierung für die DNA7 Sequenzierung, DNA-Fragmentanalyse eingesetzt. Für die Zweidimensional-Elektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale) von Proteinen werden die Cyanin-Farbstoffe chemisch modifiziert, dass sie entweder an das Lysin oder das Cystein binden, das gleiche Molekulargewicht anfügen und die 7 isoelektrischen Punkte der Proteine nicht verändern. Auf diese Weise erreicht man, dass die gleichen Proteine aus den verschiedenen Proben zu den exakt gleichen Positionen im Gel wandern. Dies ist die Basis der Differenz-Gel-Elektrophorese, welche die Verwendung eines inneren Standards für jedes Protein bei der Zweidimensional-Elektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale) ermöglicht. Dies ist neben einigen neuen Markierungsmethoden für die Massenspektrometrie, die auf unterschiedlich schweren Isotopenmarkern beruht, eine sehr verlässliche quantitative Analysenmethode in der 7 Proteomik. Zur Visualisierung von Fluoreszenz-Markierungen benötigt man entweder einen UV-Leuchttisch mit Kamerasystem, ein Video Imaging System oder ein Fluoreszenz-7 Densitometer.

Literatur. Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. 4th edn. Wiley-VCH, Weinheim

Fluoreszenzpolarisation W. Stöcker, C. Krüger

labors durchgeführt. Besondere Ansprüche liegen in der Präparation der Metaphase-Chromosomenpräparationen, der Hybridisierung und der mikroskopischen Dokumentation.

Englischer Begriff. fluorescence polarisation

Spezifität. Die Methodik erlaubt die Darstellung von Chromoso-

Definition. Fluoreszenzpolarisation beschreibt die Eigenschaft fluoreszierender Moleküle, die Polarisation absorbierten Lichts in Abhängigkeit von der Molekülgröße bei der Emission zu verändern.

menaberrationen, die Ermittlung chromosomaler Imbalancen sowie die Isolation von neuen Onkogenen (CGH-Analytik). Durch die spezifische Anfärbung individueller Chromosomen (sog. 24-FarbenFISH Technik) können komplexe Chromosomenveränderungen, die mit Hilfe der Bänderungsanalyse nur schwer nachweisbar sind, schnell und sicher identifiziert werden.

Sensitivität. Die Methode erlaubt den Nachweis kleinster Deletionen, Insertionen und insbes. Translokationen. Fehlermöglichkeit. 7 Chromosomenanalyse Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. 7 Chromosomenanalyse

i Fluoreszierende Moleküle absorbieren polarisiertes Licht entspre-

chend ihrer Orientierung relativ zur Richtung und Polarisation der Lichtquelle. Das emittierte Licht ist in der Regel ebenfalls polarisiert. Eine Rotation der Moleküle in der wenige Nanosekunden langen Zeitspanne zwischen Absorption und Emission verringert die Polarisation, da sich die Orientierung der Fluorophore nach dem Zufallsprinzip ändert. Kleine Moleküle sind beweglicher und tragen stärker zur Aufhebung der Polarisation bei als große oder an Teilchen oder feste Phasen gebundene Moleküle. Dieses Prinzip dient im 7 Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay

F

506

Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay

der Konzentrationsbestimmung von Antigenen: Einer Antigen-/Antikörper-Mischung wird fluoreszenzmarkiertes Antigen zugegeben, das mit dem gesuchten Antigen um die Bindung an den Antikörper konkurriert. Je mehr Antigen die Probe enthält, umso mehr ungebundener Marker bleibt übrig, der zur (messbaren) Abnahme der Polarisation beiträgt, sodass sich die Konzentration des Antigens unter Anwendung einer Kalibrationskurve bestimmen lässt.

Literatur. Valeur B (2002) Molecular Fluorescence. Wiley-VCH, Weinheim

Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay

Palette von 7 Immunoassays angewendet. Tracermoleküle, die in Immunkomplexen gebunden sind, drehen die Polarisationsebene des Lichts in der Messzeit praktisch nicht, während die nicht im Immunkomplex gebundenen (freien) Tracer-Antigene die Polarisationsebene des Lichtes so drehen, dass ein hohes Signal des polarisierten Lichtes entsteht und das Messsignal in der ursprünglichen Polarisationsebene geschwächt wird (7 Abb. 1). Die Polarisation wird ausgelöst durch die schnellere Rotation der kleineren Antigen/Tracer-Moleküle im Vergleich zu dem Antigen/ Antikörper-Tracer-Komplex. Hohe Proben-Analyt-Konzentrationen zeigen hohe Konzentrationen an freiem Antigen/Tracer und dadurch Signalabschwächung (indirekte Proportionalität zwischen Analytkonzentration und Messsignal).

G. Töpfer

Einsatzgebiet. Analytik von Haptenen (Arzneimittel, Drogen, Hor-

Synonym(e). FPIA

mone).

Englischer Begriff. fluorescence polarization immunoassay

Untersuchungsmaterial. Urin, Speichel, Serum, Plasma

Definition. Immunoassay, der auf der Veränderung der Polarisati-

Instrumentalisierung. Analysenmesssysteme TDx®, IMx® und AxSYM® der Fa. Abbott (7 Abb. 2)

onsebene von monochromatischem Licht durch Antigen-AntikörperKomplexe beruht.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Polarisationsebene von monochromatischem Licht, das auf fluoreszierende Moleküle trifft, wird umso mehr gedreht, je kleiner die fluoreszierenden Moleküle sind. Das von Dandliker und Feigen im Jahr 1961 erstmals für Immunreaktionen beschriebene Phänomen wurde von Abbott als FPIA® mit Hilfe des Fluoreszenz-Polarisations-Fotometers TDx® für eine breite

Spezifität. Unspezifische Fluoreszenzen werden im Messsystem weitgehend ausgeschaltet. Problematisch ist eine eventuell vorhandene Kreuzreaktivität der Antikörper, weshalb die Kenntnis dieser Unspezifität z. B. bei Arzneimittelbestimmungen erforderlich ist. Wichtig ist bei Drogenbestimmungen, dass häufig Abbauprodukte kreuzreagieren, die biologisch inaktiv sind, so dass eine Bestimmung der wirksamen Substanz allein nicht möglich ist.

Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay. Abb. 1. FPIA®-Messprinzip: wenig Antigen in der Probe – starke Bildung von Antikörper/AntigentracerKomplexen – hohes Messsignal. (Mit freundlicher Genehmigung von Abbott Diagnostics, Wiesbaden)

Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay. Abb. 2. FPIA®-Messprinzip: viel Antigen in der Probe – hohe Konzentration von freiem Antigentracer – niedriges Messsignal. (Mit freundlicher Genehmigung von Abbott Diagnostics, Wiesbaden)

Fluorid-Zahl

Sensitivität. 10-¹⁴–10-¹⁵ mol/L [Devlin (1993)] Fehlermöglichkeit. s. Spezifität Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Abgesehen von manueller Beschickung des Analysensystems mit Probe und Reagenz arbeiten die Systeme TDx®, IMx® und AxSYM® halb- bis vollautomatisch.

Bewertung, Methodenhierarchie. Vor allem wichtig für Arzneimittelund Drogenbestimmungen, wobei die Unspezifität und das Ausmaß der Kreuzreaktivität der Antikörper beachtet werden müssen, weshalb häufig spezifische Methoden (HPLC) nachgeschaltet werden.

Literatur. Danliker WB, Feigen G (1961) Quantification of the antigen-antibody reaction by the polarization of fluorescence. Biochem Biophys Res Commun 5:299 Devlin R, Studholme RM, Dandliker WB, Fahy E, Blumeyer K und Gosh SS (1993) Homogenous detection of nucleic acids by transientstate polarized fluorescence Clin Chem 39:1939–1943; erratum 2343

Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie T. Arndt

Synonym(e). Fluoreszenzspektroskopie; Atomfluoreszenzspektroskopie/-spektrometrie (AFS); Flammenfluoreszenzspektroskopie/-spektrometrie (FFS); Flammenatomfluoreszenz-Spektroskopie/-Spektrometrie (FAFS)

Englischer Begriff. fluorescence spectroscopy; fluorescence spectrometry; atom fluorescence spectroscopy/-spectrometry; flame fluorescence spectroscopy/-spectrometry; atom flame fluorescence spectroscopy/-spectrometry Definition. Eine Form der 7 Spektrometrie/Spektroskopie, bei der Fluoreszenzerscheinungen zur qualitativen und quantitativen Analyse untersucht werden.

Fluorid W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. fluoride Definition. Halogenid Relative Atommasse. 18,99 Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination. Fluorid-Verbindungen (z. B. Flusssäure, Natrium-, Ammoniumfluorid) werden eingesetzt u. a. zum Ätzen von Glas, in Halbleiterherstellung, Petrochemie und Textilindustrie. Sie finden sich in Rostentfernern und Felgenreinigern sowie in Mitteln zur Holzkonservierung. Fluorid wird Trinkwasser oder Zahnpasta zugesetzt zur Kariesprophylaxe. F– verteilt sich in alle Gewebe. Es wird im Urin ausgeschieden sowie im Rahmen des Knochenabbaus eliminiert. Halbwertszeit. 5,1–9 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Toxische Dosen führen zu lokaler Verätzung und starken Schmerzen. Die zelluläre Toxizität ist bedingt durch die Hemmung verschiedener Enzyme (z. B. Natrium-KaliumATPase, Adenylcyclase), intrazellulärer Transportsysteme und der intrazellulären Energieversorgung. Durch Bildung von CaF2 und MgF2 entwickeln sich Hypokalziämie, Hypomagnesiämie und Hyperkaliämie, was zu bedrohlicher kardialer Arrhythmie führen kann.

Untersuchungsmaterial. Plasma/Serum, Urin Analytik. Potentiometrische Bestimmung mit Fluorid-sensitiver Elektrode (7 Tab. 1). Fluorid. Tab. 1. Fluorid-Plasmakonzentrationen Plasmakonzentration

i Die Begriffe Fluoreszenzspektroskopie und Fluoreszenzspektro-

metrie werden häufig vereinfachend synonym benutzt. Nach der gültigen IUPAC-Definition wäre der Begriff Fluoreszenzspektrometrie zu verwenden, insbesondere dann, wenn Intensitäten von Fluoreszenzerscheinungen bei bestimmten Wellenlängen(bereichen) mit einem Detektor aufgezeichnet werden. Man unterscheidet verschiedene Typen der Fluoreszenzspektrometrie (IUPAC): Werden Spektrallinien von Atomen beobachtet, spricht man von Atomfluoreszenzspektrometrie, bei Einsatz einer Flamme zur Verdampfung, Atomisierung und Anregung von Flammenfluoreszenzspektrometrie (FFS) und wenn beide Bedingungen erfüllt sind von Flammenatomfluoreszenzspektrometrie. Zur Grundlage von Fluoreszenzerscheinungen s. unter 7 Lumineszenz und 7 Fluoreszenz. Im klinisch-chemischen Labor wird die Fluoreszenzspektrometrie u. a. im sogenannten 7 Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay (FPIA) und in der HPLC in Kombination mit einem Fluoreszenzdetektor eingesetzt. Eine Sonderform der Fluoreszenzspektrometrie, die auf Erscheinungen der 7 Chemolumineszenz beruht, hat große Bedeutung, z. B. für die Hepatitisserologie und die Bestimmung von 7 Tumormarkern. Eine interessante Variante der Fluoreszenzspektrometrie ist die sog. zeitverzögerte Fluoreszenzmessung (auch zeitaufgelöste Fluoreszenzmessung), bei der durch Einsatz von Chelaten seltener Erden wie Europium mit β-Diketonen (z. B. 2-Naphtoyltrifluorazeton) eine Fluoreszenz mit vergleichsweise langer Relaxationszeit erzielt wird. Diese kann erhebliche Vorteile bzgl. Spezifität und Sensitivität im Vergleich zu herkömmlichen Fluoreszenzmessung aufweisen (7 Fluoreszenz, zeitaufgelöste).

Literatur. Inczedy J, Lengyel T, Ure AM (1998) Compendium of Analytical Nomenclature (definitive rules 1997). 3rd edn. Blackwell Science, Oxford. Online frei zugängig unter www.iupac.org/publications/ analytical_compendium. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. Schattauer-Verlag, Stuttgart New York

507

mg/L

μmol/L

normal

≤ 0,05

≤ 2,6

toxisch

> 2,0

> 105,2

komatös-letal

> 3,0

> 157,8

chronische Dialysepflichtigkeit

> 0,08

> 4,2

F–-haltige Anästhetika (z. B. Sevofluran)

0,37–0,65

19,5–34,2

Umrechnungsfaktor. μmol/L × 0,019 = mg/L; mg/L ÷ 0,019 = μmol/L Indikation. Bei F–-Intoxikation ist neben Fluorid die wiederholte Bestimmung von ionisiertem 7 Calcium, ionisiertem 7 Magnesium und 7 Kalium im Serum indiziert. Literatur. Pragst F (2009) Fluoride. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, p 661–664

Fluorid als Antikoagulans 7 Antikoagulanzien, in vitro

Fluorid-Hemmtest 7 Fluorid-Zahl

Fluorid-Zahl A.M. Gressner. O.A. Gressner

Synonym(e). FZ; Fluorid-Hemmtest

F

508

Fluorimetrie

Englischer Begriff. fluoride number Definition. FZ gibt wie die zu einem ähnlichen Zweck eingesetz-

te 7 Dibucain-Zahl die prozentuale Hemmung der Aktivität der 7 Pseudocholinesterase (PCHE, EC 3.1.1.8) durch Fluorid an und dient der Erkennung atypischer PCHE-Varianten.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Pseudocholinesterase (PCHE) ist ein in den Hepatozyten synthetisiertes, sezerniertes, mit hoher Aktivität im Blut vorkommendes Glykoprotein unbekannter physiologischer Funktion, welches spezifisch exogene Cholinester hydrolysiert unter denen Succinylcholin, Procain und Kokain klinische Bedeutung haben. Das kodierende Gen ist auf dem E1-Locus des langen Armes des Chromosoms 3 lokalisiert und 96 % der Population ist homozygot für den normalen Pseudocholinesterasegenotyp (als EuEu bezeichnet).

Funktion und Pathophysiologie. Atypische Varianten der PCHE sind gekennzeichnet durch eine stärkere (homozygote Form) oder geringere (heterozygote Form) Erniedrigung der PCHE-Aktivität, die u. a. zu einer deutlich reduzierten Hydrolyse des Muskelrelaxans Succinylcholin führt und damit zu einer verlängerten respiratorischen Paralyse. Sie treten bei etwa 4 % der europäischen Population in heterozygoter oder homozygoter Form auf und sind selten bei Asiaten. Die atypischen Genallele beruhen auf Punkt- oder frameshift-7 Mutationen mit dem Ergebnis einer verminderten Synthese oder der Synthese einer funktionell inaktiven Form aufgrund veränderter Struktur. Die schwerste Form der atypischen PCHE tritt bei 1:100000 Individuen auf, die homozygot für den sogenannten silent Es-Genotyp mit fehlender PCHE-Aktivität sind (Frameshift-Mutation). Punktmutationen führen zur 7 Dibucain-resistenten (Ea-Genotyp) oder Fluoridresistenten Variante (Ef-Genotyp) (7 Tab. 1). Da die komplette DNASequenz und Aminosäurestruktur sowohl der normalen als auch der atypischen PCHE bekannt sind, kann letztere auch molekulargenetisch identifiziert werden. Fluorid-Zahl. Tab. 1. Atypische Gen-Allele des PCHE-Genotyps, Normales Allel: Eu Allel

Eigenschaft

Molekularer Defekt

Dibucain-Zahl und PCHEAktivität

Ea

Dibucain-resistente Variante

Punkt-Mutation

EaEa: 35; EuEa: > 36–75

Ef

Fluorid-resistente Variante

Punkt-Mutation

EfEf: 36; EuEf: > 36

silent Variante

Frameshift-Mutation, Stop-codonMutation

Es

Keine PCHE-Aktivität bei EsEs Prävalenz: 1:10⁵

Interpretation. Erniedrigungen der FZ deuten wie die der DibucainZahl auf atypische PCHE-Varianten hin: Heterozygote: 36–75, Homozygote: ≤ 35. Es sind jedoch genetische Varianten der PCHE bekannt, die fluoridresistent aber dibucainsensitiv sind. Erniedrigte Fluoridzahlen weisen auf zu erwartende Abbauverzögerungen kurz wirksamer Muskelrelaxanzien vom Typ des Succinylcholins hin, die zu einer verlängerten Apnoephase führen können. Der Bestimmung der 7 Dibucain-Zahl kommt eine ähnliche klinische Bedeutung zu. Literatur. Garry PJ (1971) Serum Cholinesterase Variants: Examination of several differential inhibitors, salts and buffers used to measure enzyme activity. Clin Chem 17:183–191

Fluorimetrie 7 Fluoreszenzspektroskopie

Fluorophor T. Arndt

Englischer Begriff. fluorophor Definition. Molekülgruppe, die einem Molekül die Fähigkeit zur Fluoreszenz verleiht. i Es handelt sich meist um Verbindungen mit ausgedehnten aroma-

tischen Systemen. Im klinisch-chemischen Labor werden bei einigen Analyseverfahren nicht oder nur schwach fluoreszierende Analyte durch chemische Umsetzung mit Fluorophoren zu stärker fluoreszierenden Substanzen derivatisiert und damit der quantitativen Analyse mit Hilfe eines Fluoreszenzdetektors zugängig gemacht. Ein Beispiel hierfür ist die Umsetzung der 7 Katecholamine (Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin) mit o-Phtalaldehyd oder Trihydroxyindol zu ihren entsprechenden Derivaten. Ein weiteres Einsatzgebiet von Fluorophoren bzw. fluoreszierenden Substanzen sind immunfluorimetrische Untersuchungen zur Darstellung bestimmter Zellstrukturen oder von Antikörpern in Blut- oder Gewebeproben.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Flüssigchromatographie 7 Flüssigkeitschromatographie

Flüssigextraktion 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion

Flüssig-Flüssig-Extraktion T. Arndt

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

Synonym(e). Flüssigextraktion; Ausschütteln

Probenstabilität. PCHE-Aktivität ist stabil bis zu 1 Jahr bei –20 °C und mehrere Wochen bei Raumtemperatur.

Englischer Begriff. liquid extraction; liquid-liquid-extraction

Analytik. Die PCHE-Aktivität im Serum wird mit dem Substrat Butyrylthiocholin in einem Parallelansatz ohne und mit Fluorid (5 × 10-⁵ mol/L NaF) gemessen. Das Ausmaß der Hemmung, angegeben durch die Fluorid-Zahl (FZ), wird nach der Formel berechnet:

 Fluorid  gehemmte PCHE  FZ = 1    100 ungehemmte PCHE  

Referenzbereich — Erwachsene. > 76 Indikation. Differenzialdiagnostische Abgrenzung einer erworbenen Verminderung der PCHE-Aktivität von einer genetisch determinierten Ursache (atypische PCHE). OP-Vorbereitung bei Verdacht auf atypische PCHE

Definition. Extraktionsverfahren (lat. extrahere = herausziehen), bei dem eine gelöste Substanz aus ihrem Lösungsmittel durch ein zweites, mit dem ersten nicht oder nur geringfügig mischbares Lösungsmittel herausgezogen (extrahiert) und dadurch in diesem angereichert wird. i Die Flüssig-Flüssig-Extraktion ist ein effizientes Verfahren der

Probenvorbereitung auch im klinisch-chemischen Labor mit dem Ziel, den Analyt oder die Analyte aus einer zumeist komplexen Matrix wie Blut, Faeces, Plasma, Serum oder Urin in ein möglichst reines Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch zu überführen und dort anzureichern. Letzteres gelingt, indem beispielsweise das Volumen des Lösungsmittels geringer als jenes der flüssigen Probe gewählt wird. Grundlage der Flüssig-Flüssig-Extraktion sind Verteilungsgleichgewichte zwischen zwei miteinander nicht mischbaren Lösungsmittelphasen und deren Phasengrenze (s. Lehrbücher der Chemie). Eine Flüssig-Flüssig-Extraktion gelingt nur dann (weitgehend vollständig),

Folin-Ciocalteu-Methode

wenn ein geeignetes Lösungsmittel [z. B. ein hydrophobes (unpolares) für hydrophobe (unpolare) Substanzen] und Lösungsmittelvolumen gewählt wird. Beispiele für Flüssig-Flüssig-Extraktionen im klinisch-chemischen Labor finden sich in der Stuhlfett-Bestimmung (Extraktion der Fette aus der verflüssigten Stuhlprobe z. B. mit Petroleumbenzin) sowie der Flüssigextraktion von Pharmaka und Drogen aus Blut, Magensaft und Urin (z. B. mit Essigsäureethylester). Von der Flüssigextraktion zu unterscheiden ist die 7 Festphasenextraktion, die eine vergleichsweise größere Bedeutung im klinischchemischen Labor hat.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Flüssigkeitschromatographie T. Arndt

509

Literatur. Romero N, Nien JK, Espinoza J et al (2008) A longitudinal study of angiogenic (placental growth factor) and anti-angiogenic (soluble endoglin and vascular endothelial growth factor receptor-1) factors in normal pregnancy and patients destined to develop preeclampsia and deliver a small for gestational age neonate. J Matern Fetal Neonatal Med 21:9–23 Gu Y, Lewis DF, Wang Y (2008) Placental productions and expressions of soluble endoglin, soluble fms-like tyrosine kinase receptor-1, and placental growth factor in normal and preeclamptic pregnancies. J Clin Endocrinol Metab 93:260–266

α-Fodrin-Antikörper 7 Autoantikörper gegen α-Fodrin

Fokussierung, isoelektrische 7 Isoelektrische Fokussierung

Synonym(e). Flüssigchromatographie; LC Englischer Begriff. liquid chromatography; LC Definition. Eine Form der 7 Chromatographie, bei der die mobile Phase eine Flüssigkeit ist. i Flüssigchromatographie ist das umgangssprachlich häufiger be-

nutzte, gleichwohl weniger exakte, Synonym für Flüssigkeitschromatographie. Eine Variante der Flüssigkeitschromatographie ist die 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC), die sich durch ein besonders hohes Trennvermögen auszeichnet. Sie ist die heute am häufigsten eingesetzte chromatographische Methode im klinisch-chemischen Labor.

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag GmbH, Darmstadt

Flüssigkeitshaushalt 7 Wasserhaushalt

FMN 7 Vitamin B2

Fms-like tyrosine kinase 1, lösliche H. Fiedler

Synonym(e). Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor-Rezeptor-1; VEGFR-1; sFlt-1

Englischer Begriff. soluble fms-like tyrosine kinase 1; vascular endothelial growth factor receptor-1

Definition. Soluble fms-like tyrosine kinase (sFlt-1) ist ein antiangiogener Faktor, der an Rezeptor-bindende Domänen von 7 plazentarem Wachstumsfaktor (PlGF) und 7 vaskulärem endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) bindet. i sFlt-1 wird hauptsächlich in Endothelzellen, aber auch in Tro-

phoblasten und Makrophagen gebildet. Bei Schwangeren steigen die sFlt-1-Konzentrationen etwa 2 Monate vor der Entbindung an. Der Anstieg erfolgt eher und stärker mindestens 5 Wochen vor den Symptomen einer Präeklampsie, korreliert mit Hypertonie, Proteinurie und glomerulärer Endotheliose und ist am stärksten bei Frauen mit Präeklampsie vor dem Termin bzw. bei Kombination mit einem „small-for-date baby“ oder Diabetes mellitus. Die Konzentrationen von freiem PlGF und VEGF werden durch die Bindung an das erhöhte sFlt-1 erniedrigt. Parallel zu sFlt-1 verhält sich das in der Plazenta gebildete Endoglin, ein Korezeptor von 7 TGF-β. Die gleichzeitige Wirkung erhöhter Konzentrationen von sFlt-1 und sEndoglin können das schwere HELLP(Haemolysis, Elevated Liver enzyme levels, Low Platelet)-Syndrom auslösen. Der Nutzen als Prädiktor des akuten Koronarsyndroms wird evaluiert.

Folat 7 Folsäure

Folin-Ciocalteu-Methode G. Töpfer

Synonym(e). Lowry-Methode der Proteinbestimmung Englischer Begriff. Lowry method Definition. Die 7 Biuretmethode wird ohne Kaliumiodid im Reagens durchgeführt, so dass Cu2+ im Biuret-Komplex in Cu+ übergeht. Parallel dazu findet die Reaktion (Oxidation) von Tyrosin-, Tryptophan- und Cysteinresten mit dem zusätzlichen Folin-Ciocalteu-Reagens (besteht aus Phenol- und Natronlauge sowie Phosphorwolframsäure und Phosphormolybdänsäure) statt. Durch Reduktion dieser beiden Säuren wächst die Empfindlichkeit 100-fach gegenüber der klassischen Biuret-Reaktion. i Die von Hartree (1972) und Lowry (1951) modifizierte Metho-

de nach Folin-Ciocalteu (1927) erreicht eine 7 Nachweisgrenze von 0,1–1 mg/L Protein. Da die Eichkurve nicht linear verläuft, die Färbung nicht sehr stabil ist und Proteine infolge ihrer differenten Anteile an Tyrosin-, Tryptophan- und Cysteinresten unterschiedliche Extinktions-Konzentrationskurven aufweisen, ist die Anwendung dieser Methode durch den besser standardisierbaren Bicinchoninsäure-Assay und teilweise durch Farbstoffbindungsmethoden (z. B. 7 Bromkresolgrünmethode) ersetzt worden. Methodik Frisches Lowry-Reagens wird folgendermaßen hergestellt: 5 15 mL Stammlösung A (100 g Na₂CO₃ in 1 L 0,5 M NaOH) 5 0,75 mL Stammlösung B (1 g CuSO₄ × 5 H₂O in 100 mL H₂O) 5 0,75 mL Stammlösung C (2 g K-Tartrat in 100 mL H₂O) werden gemischt. 1 mL Lowry-Reagens+1 mL Proteinlösung 15 min bei Raumtemperatur, 2 N Folin-Ciocalteu-Reagens mit H₂O 1:10 verdünnen, davon 3 mL zusetzen, mischen und 45 min bei Raumtemperatur inkubieren. Fotometrie bei 650 nm Kalibration mit Rinderserumalbumin Störfaktoren EDTA, Ammoniumsulfat, Triton X-100 Diagnostische Bedeutung Nur noch verwendet zur Messung von Proteinlösungen aus Fraktionierungen oder Biopsien.

Literatur. Hartree EF (1972) Determination of Protein: A Modification of the Lowry Method that Gives a Linear Photometrie Response. Anal Biochem 48:422–427

F

510

Follikelstimulierendes Hormon

Follikelstimulierendes Hormon H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). FSH; Follitropin Englischer Begriff. follicle-stimulating hormone Definition. FSH ist ein Produkt des Hypophysenvorderlappens und ein Glykoproteinhormon wie 7 Thyreotropin (TSH), 7 Luteinisierendes Hormon (LH) und 7 Choriongonadotropin (HCG). Es besteht aus einer α- und β-Untereinheit. Struktur. Glykoprotein. 2 Polypeptidketten (α- und β-Untereinheit). Molmasse. 36 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. FSH und LH werden pulsatil ausgeschüttet. Da jedoch die Plasmahalbwertzeit von LH nur ca. 20 min beträgt und diejenige von FSH ca. 40 min, sind bei kurzfristiger Blutentnahme die pulsatilen LH-Schwankungen deutlicher erkennbar. Halbwertszeit. wenige Minuten Funktion und Pathophysiologie. Die hypophysäre FSH-Sekretion wird durch das in den Granulosazellen des reifenden Follikels bzw. in den Sertolizellen des Hodens gebildete Proteohormon 7 Inhibin gebremst. Die Blockade der Hypothalamus-Hypophysen-Funktionseinheit kann auch durch 7 Gestagene, im speziellen im Verbund mit 7 Estrogenen, erfolgen. Sowohl die Wirkung des Inhibins als auch der Estrogen-/Gestagen-Gemische beruht auf der sog. negativen Rückkopplung. Man nutzt diese bei der Anwendung der Pille zur Kontrazeption aus. Entsprechend findet man niedrige FSH- (und LH-) Konzentrationen bei Anwendung der Pille oder bei Gestagen-Depotpräparaten. Zu einem solchen, meist aber geringer ausgeprägten Rückkopplungseffekt, kann es auch im Rahmen einer höher dosierten Hormonersatztherapie kommen.

Interpretation. Bei Frauen findet man erhöhte (hypergonadotrope) FSH-Werte zusammen mit erhöhten LH-Konzentrationen im Klimakterium, in der Postmenopause bzw. im Klimakterium praecox sowie bei allen anderen primären Störungen der Gonadenfunktion und -entwicklung (Gonadendysgenesie). Bei Männern sind erhöhte FSH-Werte Ausdruck eines primären Hodenschadens und sprechen für eine direkte tubuläre Schädigung. Niedrige FSH-Werte sprechen bei Hypogonadismus für eine zentrale, d. h. hypothalamisch-hypophysäre Genese. Bei niedrigen FSH- (und LH-) Konzentrationen ist ein 7 GnRH-Test sinnvoll. Niedrige bzw. unterhalb der 7 Nachweisgrenze liegende FSH-Werte findet man zusammen mit niedrigen Estrogen- und LH-Werten bei Amenorrhoen hypothalamisch-hypophysärer Genese, insbesondere auch nach Hypophysenstielläsionen oder anderweitiger Zerstörung der Hypophyse. Diagnostische Wertigkeit. Wenn eine Frau in der Perimenopause noch menstruiert, so muss eine FSH-Bestimmung zu Beginn des Zyklus durchgeführt werden (Tage 1–5), da es zu diesem Zeitpunkt am wenigsten Interpretationsschwierigkeiten gibt. In dieser Zeitphase nachgewiesene FSH-Konzentrationen von mehr als 12–13 IU/L sprechen für die herannahende Postmenopause. Zur weiteren Abklärung niedriger FSH- (und LH-) Konzentrationen eignet sich in bestimmten Fällen der GnRH-Test. Bei Männern sollten zusammen mit FSH auch LH, Testosteron und Prolaktin sowie fakultativ Estradiol bestimmt werden.

Literatur. Taylor AE, Khoury RH, Crowley WF Jr (1994) A Comparison of 13 Different Immunometric Assay Kits for Gonadotropins: Implications for Clinical Investigation. J Clin Endocrinol Metab 79:240– 247 Elmlinger MW, Kuhnel W, Ranke MB (2002) Reference Ranges for Serum Concentrations of Lutropin (LH), Follitropin (FSH), Estradiol (E2), Prolactin, Progesterone, Sex Hormone-Binding Globulin (SHBG), Dehydroepiandrosterone Sulfate (DHEAS), Cortisol and Ferritin in Neonates, Children and Young Adults. Clin Chem Lab Med 40:1151–1160

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Probenstabilität. Vollblut: 7 Tage bei 20–25 °C Serum/Plasma: 1 Jahr bei –20 °C; 2 Wochen bei 4–8 °C; 2 Wochen bei 20–25 °C

Follikelstimulierendes-Hormon-Releasing-Hormon FSH-RH 7 Gonadotropin-Releasing-Hormon

Präanalytik. Keine besonderen Anfordernisse. Postversand ist ungekühlt möglich.

Analytik. Radioimmoassays haben eine minimale Kreuzreaktivität zu LH, TSH und β-HCG. Verwendet werden 7 Immunoassays mit monoklonalen oder polyklonalen Antikörpern.

Follitropin 7 Follikelstimulierendes Hormon

Folsäure R. Driesch

Konventionelle Einheit. mIE/mL Internationale Einheit. IU/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mIE/mL = IU/L Referenzbereich — Frauen. Follikelphase: 2,50–10,2 IU/L Ovulationsphase: 3,40–33,4 IU/L Lutealphase: 1,50–9,10 IU/L Postmenopause: 23,0–116 IU/L

Referenzbereich — Männer. < 40 Jahre: < 6,00 IU/L ≥ 40 Jahre: < 13,0 IU/L

Indikation. 5 5 5 5 5 5

Pubertas tarda und precox Peri- und Postmenopause Klimakterium praecox verschiedener Ursachen Gonadendysgenesie (Turner-Syndrom) Sub- und Infertilität des Mannes mit tubulärer Schädigung Medikamenteneinnahme (hormonale Kontrazeption, GnRH-Analoga, Testosteronsubstitution) 5 Kallmann-Syndrom 5 hypothalamisch-hypophysäre Störungen (z. B. Tumore).

Synonym(e). Folat; Vitamin M Englischer Begriff. folic acid; folate Definition. Wasserlösliches Vitamin, das in Form der Folat-Coenzyme wichtige Funktionen u. a. im Rahmen der Purin- und DNA-Synthese, bei Methylierungsreaktionen und speziell in der Erythropoese hat. Molmasse. 441,4 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Folsäure [Pteroylmonoglutaminsäure (PGA)] besteht aus einem Pteridinring und Para-Aminobenzoesäure mit C-terminal gebundenem Glutaminsäuremolekül; sie ist biologisch nicht aktiv, jedoch die stabilste Vitaminform und Medikamentenbestandteil (7 Abb. 1). 5,6,7,8-Tetrahydrofolat (THF) ist die Muttersubstanz der FolatCoenzyme mit den Derivaten 5-Methyl-THF; 5,10-Methylen-THF; 5,10-Methenyl-THF; 5-Formyl-THF im menschlichen Organismus. Diese Derivate kommen als Monoglutamate und PolyglutamylTHF mit oder ohne C1-Einheiten vor (7 Abb. 2). Folate kommen in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln als Polyglutamate in unterschiedlichen Bindungs- und Strukturmodifikationen wie auch

Folsäure

511

Folsäure. Abb. 1. Strukturformel der Folsäure (Pteroylmonoglutamat)

F

Folsäure. Abb. 3. Resorption von Folat

Folsäure. Abb. 2. Coenzymformen von Tetrahydrofolat

ist die 7 Vitamin B₁₂-abhängige Demethylierung von 5-Methyl-THF notwendig. Die relativ geringen Körperreserven an Folat befinden sich bei einer biologischen Halbwertszeit von etwa 100 Tagen hauptsächlich in der Leber. Die Ausscheidung von Folsäure, 5-Methyl-THF, 10-Formyl-THF und anderen Abbauprodukten erfolgt überwiegend im Harn. Die wichtigsten Coenzymformen, die als Akzeptor und Überträger von Hydroxymethylgruppen und Formylgruppen fungieren, sind die 5,6,7,8-Tetrahydrofolsäure und ihre Derivate, die aus den intrazellulär vorliegenden inaktiven Polyglutamaten durch zwei Reduktionsstufen entstehen (7 Abb. 3). Folsäure selbst ist biologisch inaktiv. Die übertragenen C₁-Reste, die aus verschiedenen Stoffwechselreaktionen stammen, werden für die Purinsynthese, die DNA-Synthese und für die Methylierung von Homocystein zu Methionin benötigt. Methylierungsreaktionen spielen im Stoffwechsel eine große Rolle. Bei der DNA-Synthese liefert 5,10-Methylen-THF die Methylgruppe für die Bildung von Thymidylat aus D-Uridylat. Bei der Methylierung von Homocystein zu Methionin liefert 5-MethylTHF die Methylgruppe für die Methylierung. Bei anderen Methylierungsreaktionen liefert S-Adenosylmethionin die Methylgruppe. Bei diesen Reaktionen entsteht Homocystein als Zwischenprodukt, das über zwei Wege abgebaut wird: 5 Vitamin-B₁₂-abhängige Remethylierung zu Methionin und 5 Vitamin-B₆-abhängige Umwandlung in Serin.

als Monoglutamate vor. Polyglutamylfolate werden zur Resorption durch eine γ-Glutamyl-Carboxypeptidase im Bürstensaum der Mukosazelle des Duodenums und oberen Jejunums zu Monoglutamat hydrolysiert, wonach die Aufnahme in die Mukosazelle überwiegend aktiv, aber auch durch passive Diffusion erfolgt. Im Blut findet sich überwiegend 5-Methyl-THF, welches in der Leber in die methylierte Form umgewandelt wurde und an 7 Albumin, 7 α₂-Makroglobulin und 7 β-Transferrin gebunden transportiert wird. Die Aufnahme von 5-Methyl-THF in die Erythrozyten erfolgt über einen Membrangebundenen Carriertransport. Das gegenüber dem Serum etwa 40fach höher konzentrierte Erythrozytenfolat liegt als Polyglutamat vor. Auch in der cerebrospinalen Flüssigkeit ist die Folatkonzentration 2- bis 3-mal höher als im Serum. Zur Umwandlung des THF in die intrazelluläre Polyglutamatform durch eine Polyglutamatsynthetase

Um eine normale Homocystein-Konzentration aufrecht zu erhalten, sind also drei B-Vitamine (Folat, B₁₂ und B₆) erforderlich. Dihydrofolat (DHF), welches bei der Methylierung von d-Uridylat entsteht, wird durch die Dihydrofolatreduktase zu THF reduziert. Die Wirkung von Zytostatika wie den Folsäureantagonisten Methotrexat und Aminopterin beruht auf der Hemmung dieses Enzyms. Der hierdurch hervorgerufene Mangel an THF, welches für die Nukleinsäuresynthese entscheidend ist, führt zur Hemmung von Wachstum und Vermehrung von rasch proliferierenden Zellen. Methotrexat führt weiter zur Akkumulation großer Mengen an 10-Formyldihydrofolat, welches die Thymidylat-Synthase und die 10-Formyl-THF-Glycinamidribotid-Formyltransferase hemmt. Hierauf beruht die zytostatische Wirkung von Methotrexat. 5-Formyl-THF (Folinsäure, Citrovorumfaktor, Leucoverin) schützt bei hochdosierter Methotrexatbehandlung Nicht-Tumorzellen, in

512

Folsäure

dem es durch Umwandlung in 5,10-Methenyl-THF die durch Methotrexat blockierte Regeneration von THF ermöglicht.

Funktion und Pathophysiologie. Die Deckung des Folatbedarfs stellt von allen Vitaminen auch bei der Bevölkerung in den Industriestaaten das wohl größte und am weitesten verbreitete Problem dar. Die größten Risikogruppen sind frühgeborene Kinder, junge Mädchen und Frauen, Schwangere wie auch alte Menschen. Ursachen sind eine ungenügende Zufuhr bzw. Aufnahme (Fehlernährung, Malabsorptionssyndrom, Lebererkrankungen, Alkoholiker) oder ein erhöhter Bedarf (Frühgeburten, Wachstumsphase, Schwangerschaft, Laktation, Infekte, hämolytische Anämie, Hämodialyse, maligne Tumoren und Pharmakainterferenzen). Mangelhafte Folatversorgung führt nach etwa 3–4 Wochen zu einem prälatenten Stadium, bei dem die Folatkonzentration im Serum auf Werte von < 3,5 μg/L und in den Erythrozyten von < 220 μg/L fällt. Parallel dazu steigt die Ausscheidung von Formiminoglutaminsäure (FIGLU) als Zwischenprodukt des Histidinabbaus nach Belastung mit Histidin im Harn an. Weiter anhaltende mangelnde Zufuhr führt über die Funktionseinschränkung von Enzymaktivitäten und z. B. Anstieg von 7 Homocystein zu metabolischen Störungen. Ein manifestes Stadium mit morphologischen und funktionellen Störungen zeigt sich nach 10–12 Wochen durch eine Übersegmentierung der polymorphkernigen Granulozyten und nach 4–5 Monaten durch Nachweis einer makrozytären Anämie, polymorphkernigen Leukopenie und Thrombozytopenie. Aufgrund unvollständiger DNA-Neubildung sind in der Erythropoese die Bildung, die Zellreifung und auch die Hämoglobinsynthese der Erythrozyten betroffen. Eine Folatmangel-bedingte Megaloblastenanämie ist von einer durch einen Vitamin-B₁₂-Mangel ausgelösten Perniziosa hämatologisch nicht zu unterscheiden. Deshalb ist hier neben der Bestimmung des Folatstatus auch ein Vitamin-B₁₂-Mangel auszuschließen. Weitere Symptome des Folatmangels sind u. a. Schleimhautveränderungen im Bereich der Mundhöhle, gastrointestinale Störungen, Störungen im Wachstum, Fortpflanzung und im Immunsystem sowie das Auftreten von Missbildungen wie angeborene Neuralrohrdefekte und Neuropathien. Eine Reihe von Arzneimitteln zeigen Wechselwirkungen mit dem Folsäurestoffwechsel. Antikonvulsiva können zu Mangelerscheinungen führen, hormonale Kontrazeptiva zu verminderten Serumkonzentrationen von Folsäure. Antagonisten der Folsäure wie verschiedene Chemotherapeutika und Zytostatika hemmen die Dihydrofolatreduktase (DHFR) und beeinflussen die Nukleinsäurebiosynthese und die Zellteilung.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Hämolysefreies Serum; heparinisierte Plasmaproben liefern durchschnittlich 27 % höhere Messwerte als Serumproben; EDTA-Plasma ist instabil und wird nicht empfohlen. EDTA- oder Heparin-Vollblut zur sofortigen Herstellung von Vollbluthämolysat zur Bestimmung des erythrozytären Folats.

Präanalytik. Zur Bestimmung von Serum-Folat Nüchternblutentnahme, zur Bestimmung des intraerythrozytären Folats Bestimmung auch aus nicht nüchtern gewonnenen Proben möglich. Blutentnahme vor einer Vitamingabe durchführen. Proben zur Folatbestimmung bei Transport, Lagerung und Verarbeitung lichtgeschützt aufbewahren. Abnahme der Folatkonzentration bei Lichteinwirkung innerhalb von 24 h bis zu 20 %. Lichtgeschützte Serumproben bis 8 h bei Raumtemperatur, bis 48 h bei 2–8 °C gekühlt aufbewahren. Darüber hinausgehende Lagerung bei –20 °C bis zu 30 Tage, längere Lagerung bei –80 °C. Wiederholtes Einfrieren und Auftauen ist zu vermeiden. Zur Bestimmung des erythrozytären Folats im EDTA- oder Heparinblut den 7 Hämatokrit bestimmen und anschließend sofort das Vollbluthämolysat mittels 1 %iger Ascorbinsäure herstellen. Nach Hämatokritwertbestimmung kann die Vollblutprobe auch tiefgefroren werden. Hämolysate lichtgeschützt innerhalb von 4 h zur Messung verwenden. Da die Vitamin-B₁₂-Bestimmung durch Ascorbinsäure gestört wird, ist bei gleichzeitiger Bestimmung von Folat und B₁₂ ein Teil der Vollblutprobe vor der Herstellung des Hämolysats abzutrennen. Analytik. Neben Radioimmunoassays und Hochdruckflüssigkeitschromatographie werden heute vorwiegend Ligandenassays, teilweise

auch zur simultanen Bestimmung von Folat und Vitamin B₁₂ angewendet. Nach Abtrennung der Folate von ihren endogenen Bindungsproteinen mit Hilfe denaturierender Substanzen, konkurriert freies Folat dann mit einer markierten Folsäure um eine begrenzte Menge zugegebenes Bindungsprotein, z. B. β-Laktoglobulin aus Rindermilch. Dieses wird aus dem Reaktionsansatz entfernt und die ungebundene Menge markierter Folsäure gemessen. Sie verhält sich umgekehrt proportional zur Folatkonzentration der Probe. Als Standard wird 5'-Methyltetrahydrofolat verwendet. Zur Bestimmung der erythrozytären Folatkonzentration im Hämolysat wird der gemessene Wert mit 21 multipliziert (Hämolysatverdünnung im Verhältnis 1:21) und durch den Hämatokritwert geteilt. Bei erhöhten Serumfolsäure- und niedrigen Erythrozytenfolsäurewerten kann dieser korrigiert werden. Weiter ist zur Beurteilung des Folatstatus die Messung der erhöhten renalen Ausscheidung von Formiminoglutaminsäure (FIGLU) nach Histidinbelastung bei Folatmangel beschrieben (7 FIGLU-Test).

Referenzbereich — Erwachsene. Unterschiedliche Folatbestimmungsmethoden liefern teilweise stark voneinander abweichende (bis Faktor 3,4) Messwerte. Es sind deshalb die Referenzbereiche des jeweiligen Reagenzienherstellers zu beachten oder laboreigene Referenzbereiche zu ermitteln. Die als Richtlinie hier angegebenen Bereiche berücksichtigen die 97,5 % Perzentile und wurden mit einem verbreiteten kompetitiven Immunoassay mit direkter Chemolumineszenztechnologie ermittelt (7 Tab. 1). Folsäure. Tab. 1. Referenzbereiche Serum-Folsäure Mangel

0,3–3,5 g/L (0,8–7,6 nmol/L)

Normal gesund

> 5,4 g/L (> 12,2 nmol/L)

Erythrozyten-Folsäure Mangel

< 220 g/L (< 500 nmol/L)

Normal gesund

280–790 g/L (634–1792 nmol/L)

Referenzbereich — Kinder. nicht verfügbar Indikation. 5 5 5 5 5

Makrozytäre Anämie Chronischer Alkoholismus Malabsorptionssyndrom überwiegend Fast-Food-Ernährung Schwangerschaftsplanung (insbesondere, wenn in der Familie schon ein Kind mit Neuralrohrdefekt geboren wurde) 5 Therapie mit Antiepileptika, Folatantagonisten und hormonalen Kontrazeptiva 5 Neurologische und psychiatrische Störungen 5 chronische Lebererkrankungen Folatmangel ist einer der häufigsten Vitaminmangelzustände. Bei einem erheblichen Teil der Personen mit erhöhtem Folatbedarf wie z. B. Jugendlichen, Schwangeren und alten Menschen wird ein Folatmangel festgestellt. Nach Beginn einer zu geringen Folatzufuhr treten klinische Symptome, insbesondere die Auswirkungen auf die Hämatopoese frühestens nach 3–6 Monaten auf. In diesem Zeitraum werden unter Mangelbedingungen die Speicher, welche etwa 5–10 mg Folat enthalten (vornehmlich in der Leber), entleert. Da die Serumbzw. Plasmawerte des Folats abhängig von der Folataufnahme mit der Nahrung schwanken, sind mindestens zwei Messungen an verschiedenen Tagen zur Feststellung eines Folatstatus empfehlenswert. Der Folatgehalt der Erythrozyten spiegelt besser die Gewebekonzentration wieder als der Serum- oder Plasmawert.

Literatur. Thomas L (2005) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books Verlagsgesellschaft Frankfurt/Main Bässler KH, Golly I, Loew D et al (2002) Vitaminlexikon. 3. Aufl. Urban und Fischer, München

Forensische DNA-Untersuchungen

513

Folsäureantagonisten 7 Folsäure

Fondaparinux 7 Faktor-Xa-Inhibitoren

Fonio-Methode 7 Thrombozytenzählung nach Fonio

Food and Drug Administration A.M. Gressner. O.A. Gressner

F

Synonym(e). FDA Definition. FDA ist eine von der US-Regierung eingerichtete und unterhaltene, breit gefächerte Institution innerhalb des Departments of Health and Human Sciences, die dem Gesundheitsschutz der amerikanischen Bevölkerung im weitesten Sinne dient. i Die Aufgaben der FDA wurden in dem FDA Modernization Act

(FDAMA) von 1997 definiert und betreffen u. a.: 5 Förderung öffentlicher Gesundheitsmaßnahmen durch schnelle und effiziente Evaluation klinischer Forschungen und Prüfung medizinisch-technischer und biologischer Gesundheitsprodukte kommerzieller Hersteller vor dessen Markteinführung. 5 Zulassung von verschreibungspflichtigen und nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten, Blutprodukten und Vaccinen sowie von medizinischen Vorrichtungen und radiologischen Produkten. Die Aufgaben werden von 8 FDA-Zentren (Unterabteilungen) wahrgenommen, von denen für die Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin das Center for Biologics Evaluation and Research (CBER), for Devices and Radiological Health (CDRH), for Toxicological Research (NCTR) and for Drug Evaluation and Research (CDER) am bedeutsamsten sind. Adresse: US Food and Drug Administration 5600 Fishers Lane Rockville, MD 20857-0001, USA

Literatur. www.fda.gov

Footprinting R. Weiskirchen

Synonym(e). Fußabdruck-Methode Definition. Biochemische Verfahrenstechnologie mit der sich Regionen auf der DNA identifizieren lassen, an die Proteine sequenzspezifisch binden Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei dieser Methode wird ein Strang der zu analysierenden DNA radioaktiv markiert, mit entsprechenden Proteinen gemischt und nicht gebundene (ungeschützte) Regionen mittels einer 7 DNase (meist DNase I) geschnitten oder chemisch modifiziert. Die Region der DNA, an die das Protein gebunden hat, ist vor der Wirkung des Enzyms oder der Chemikalie geschützt und kann dann – nach Abspaltung des Proteins – analysiert werden (7 Abb. 1).

Einsatzgebiet. Die Methode kann z. B. zur Analyse von 7 Transkriptionsfaktoren verwendet werden. Die Methode wird in der Regel in vitro durchgeführt, kann aber auch in speziellen Protokollen die Bindung eines Proteins unter In-vivo-Bedingungen demonstrieren. Dazu wird die genomische DNA zunächst 7 in situ modifiziert und die proteingeschützten Bereiche später durch Einsatz verschiedener In-vitro-Methoden visualisiert. Untersuchungsmaterial. Proteingemische oder gereinigte und/oder rekombinante Proteine

Footprinting. Abb. 1.

Fehlermöglichkeit. Insb. ungeeignete Reaktionsbedingungen (organische Lösungsmittel, Salzkonzentration, Temperatur) können zu einer Beeinträchtigung der Proteinbindung oder zu einer 7 Denaturierung führen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methoden sind aufwendig und kostenintensiv. Sie erfordern den Einsatz von Fachpersonal mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Protein- und 7 Nukleinsäurechemie.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der Vergleich der zu analysierenden DNA mit der Modifikationsreferenz zeigt durch Intensitätsabschwächung die Stellen auf, die durch die Proteinbindung vor Modifikation geschützt waren. Diese Stellen werden als Kontaktpunkte des Proteins mit der DNA interpretiert. Stellen, die eine höhere Intensität als die entsprechende Stelle in der Referenz zeigen, waren – nach Proteinbindung – der Modifikationsprobe stärker exponiert als in der freien DNA; sie werden als lokale Veränderungen der DNAStruktur durch Proteinbindung interpretiert. Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin

Forensische DNA-Untersuchungen R. Weiskirchen

Definition. Molekulargenetische Analyse von DNA zur Klärung juristischer Fragestellungen

Physikalisch-chemisches Prinzip. Forensische DNA-Untersuchungen basieren heute v. a. auf der Analyse von STR(7Short tandem repeat)loci mit Hilfe von 7Polymerase-Kettenreaktion, deren Produkte auf einer 7Polyacrylamid-Gel-Elektrophorese analysiert werden. STRs sind Wiederholungen (8- bis 20-fach) eines kurzen Nukleotidmotivs von i. d. R. 3–5 7Nukleotiden. Jedes Individuum ist durch eine spezifische Anzahl von Repeats an jedem STR-locus charakterisiert. In der Multiplexanalyse können verschiedene STRs gleichzeitig mittels PCR und anschließender 7Elektrophorese analysiert werden. Alternativ werden 7VNTR-Sequenzen (variable number of tandem repeats) analysiert. Einsatzgebiet. Hauptsächlich wird die Methodik eingesetzt, um Abstammungsnachweise (Vaterschaftstest) oder Täternachweise (Sexualdelikte) zu führen. Sie erlauben auch die zweifelsfreie Identifizierung von Toten (Unfall-, Katastrophenopfer) oder Lebendigen.

514

Formatierung

Untersuchungsmaterial. Spuren genomischer DNA, Blut- und Gewebeproben, Biopsien, histologische Präparate

Instrumentierung. 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Spezifität. Durch die Anzahl von ~7–10 verschiedenen 7 Allelen (Repeatanzahl) kann mit ~14 STR loci schon eine DNA-Individualisierung bezogen auf die gesamte Menschheit erreicht werden (ausgenommen sind eineiige Zwillinge). Sensitivität. Die Methode stützt sich auf die PCR, die Sensibilität ist hoch.

Fehlermöglichkeit. 7 PCR Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. 7 PCR Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Forensische Untersuchungen tragen heute wesentlich zur Klärung strafrechtlicher und zivilrechtlicher Fragen bei. Man kann erwarten, dass diese Analysen in Zukunft verfeinert und sich weitere spezifischere Anwendungen ergeben werden.

Formatierung O. Colhoun

Englischer Begriff. formatting Definition. Graphische Gestaltung der Ausgabe von Informationen des 7 Labor-EDV-Systems. i Festlegung von u. a. Schriftart und -größe, Seitenrändern, Text-

fluss, Positionierung von Text und Grafiken (etwa Barcodes), Kopfund Fußzeilen auf dem Bildschirm, im Ausgabebefund, für Arbeitslisten, Restelisten etc.

Forns-Index A.M. Gressner. O.A. Gressner

Synonym(e). Leberfibrose-Index nach Forns Englischer Begriff. Forns index Definition. Beispiel eines nichtinvasiven, aus den Kenngrößen Alter, 7 γ-Glutamyltransferase, 7 Cholesterin und 7 Thrombozytenzahl ermittelten Index zur Diagnose und Verlaufskontrolle einer signifikanten Leberfibrose.

i Durch multivariate Analyse ermitteltes, als nichtinvasive 7 Fibrosekenngröße dienendes Score-System, welches neben Patientenalter die Thrombozytenzahl und die Serumparameter γ-Glutamyltransferase (GGT)-Aktivität und Cholesterinkonzentration bestimmt und nach folgender Formel berechnet:

7,811 – 3,131 × ln(Thrombozytenzahlt) + 0,781 × ln(GGT) + 3,467 × ln(Alter) + 0,014 × Cholesterin Ein Wert < 4,2 ist mit Abwesenheit, ein Wert > 6,9 mit signifikanter Fibrose verbunden. Der negative prädiktive Wert (7 Vorhersagewert, negativer) wird mit 96 %, der positive prädiktive Wert (7 Vorhersagewert, positiver) mit 66 % angegeben. Zwischenzeitlich sind ca. 20 nicht-invasive, multiparametrische Scores zur Fibrosediagnostik vorgeschlagen worden.

Bewertung. Schwermetallsalze (z. B. Eisen(III)chlorid oder Kaliumdichromat) in konzentrierten Mineralsäuren (z. B. Schwefelsäure, Salpetersäure) reagieren mit Phenothiazinen und ihren Metaboliten unter Ausbildung von verschiedenen Farben, je nach Substanz und Reagenszusammensetzung. In praxi kann das Verfahren zum Urinscreening auf eine Intoxikation mit Phenothiazinen (z. B. Chlorpromazin, Promazin, Thioridazin, Imipramin) eingesetzt werden. Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M (2009) Neuroleptic drugs and antidepressants. Group assays: Color test. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 394–396

Forum of the European Societies of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine A.M. Gressner. O.A. Gressner

Synonym(e). FESCC Definition. FESCC versteht sich als regionale Subgruppe der International Federation of Clinical Chemistry (IFCC), deren Mitglieder die europäischen wissenschaftlichen Fachgesellschaften für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin sind. i Unter der Schirmherrschaft von IFCC (7 International Federa-

tion of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine) agiert FESCC als europäische Task Force von IFCC, indem sie die Belange von Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin sowohl global als auch auf einer regionalen europäischen Ebene vertritt. Im Einzelnen sind die Ziele: 5 Fort- und Weiterbildung von Spezialisten in Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin sowie Austausch von Studenten und Wissenschaftlern 5 Förderung der Kooperation Klinisch-Chemischer und Laboratoriumsmedizinischer Fachgesellschaften zwischen den europäischen Ländern 5 Unterstützung von Laboratoriumsakkreditierungen und -zertifizierungen und von Qualitätskontrollmaßnahmen auf europäischer Ebene 5 Förderung der IFCC-Aktivitäten in Europa 5 Vertretung von Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin in der Diskussion mit anderen spezifischen medizinischen Laboratoriumsdisziplinen. Dem Executive Board gehören fünf Personen (ein Präsident), dem Council jeweils zwei delegierte Vertreter aller europäischen Mitgliedsgesellschaften an. Das offizielle Publikationsorgan von FESCC ist Clinical Chemistry and Laboratory Medicine. FESCC und EC4 (European Communities Confederation of Clinical Chemistry) gingen 2007 in EFCC (European Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine) auf.

Fotodiode 7 Photodiode

Fotoelektrischer Detektor 7 Photoelektrische Empfänger

Fotoelement 7 Photoelement

Literatur. Forns X, Ampurdanès S, Llovet JM et al (2002) Identification of chronic hepatitis C patients without hepatic fibrosis by a simple predictive model. Hepatology 36:986–992 Gressner AM, Gao CF, Gressner OA (2009) Non-invasive biomarkers for monitoring the fibrogenic process in liver: a short survey. World J Gastroenterol 15:2433–2440

Forrest-Reaktion W.-R. Külpmann

Definition. Phenothiazin-Nachweis (Gruppenreaktion)

Fotometrie 7 Photometrie

Fotomultiplier 7 Photomultiplier

Fotozelle 7 Photozelle

Fraktion

Fouchet-Test A.M. Gressner. O.A. Gressner

515

Fragmentozyt H. Baum

Synonym(e). Bilirubinnachweis nach Fouchet; Fouchet-Probe

Synonym(e). Schistozyten; Schizozyten

Englischer Begriff. Fouchet test

Englischer Begriff. fragmentocyte

Definition. Heute obsoleter, qualitativer Nachweis von 7 Bilirubin in Urin oder Serum.

Definition. Missgestalteter Erythrozyt, der sekundär aus einem normalen Erythrozyten entsteht.

i Nach Proteinfällung durch Trichloressigsäure wird Bilirubin mit

i Fragmentozyten sind stark missgebildete Erythrozyten mit unre-

Ferrichlorid zu einem blau-grün gefärbten oder rein grünen Produkt (7 Biliverdin) oxidiert, positiver Ausfall ab 1,7 g/dL Bilirubin. Nachweisverfahren nicht mehr in Gebrauch.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

FPA 7 Fibrinopeptid A

gelmäßigen Formen (7 Abb. 1). Sie entstehen sekundär aus normalen Erythrozyten. Morphologisch sind sie meist durch eine unveränderte konvexe Seite charakterisiert, die Risskante erscheint jedoch gerade oder konkav. Dabei zeigen sie an der Risskante scharfe Endigungen. Selten können aber auch mehr dreieckige Formen gefunden werden. Fragmentozyten können in erster Linie nachgewiesen werden bei: 5 mikroangiopathischen hämolytischen Anämien 5 mechanischer Schädigung der Erythrozyten (künstliche Herzklappen) 5 Thalassämie-Syndromen

FPB 7 Fibrinopeptid B

FPIA 7 Immunoassay, homogener; 7 Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay

fPSA 7 Prostataspezifisches Antigen, freies

Fragment R. Weiskirchen

Englischer Begriff. fragment Definition. Ein durch Restriktionsverdau oder PCR erzeugter DNAAbschnitt mit definierter Länge i Auf Agarose- oder Polyacrylamid-Gelen ist die Mobilität eines

DNA-Fragmentes proportional zum Logarithmus seiner Molmasse. Diese lineare Beziehung, mit deren Hilfe über graphische Darstellung Molmassen ermittelt werden können, gilt jedoch nur für bestimmte Molmassenbereiche. In der Praxis empfiehlt sich die Verwendung von Standardfragmenten mit bekannter Molekülmasse, die in einer separaten Position auf dem Gel analysiert werden. Üblicherweise wird die Fragmentgröße in Basenpaaren (bp) angegeben.

Literatur. Winnacker EL (1985) Gene und Klone: Eine Einführung in die Gentechnik. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim

Fragment D, E, X, Y 7 Fibrin(ogen)spaltprodukte

Fragmentierung 7 Massenspektrometrie

Fragmentozyt. Abb. 1. Fragmentozyt mit typischer normaler konvexer Seite und scharfkantiger Risskante. 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung

Normalerweise werden im Blutausstrich 0–1 Fragmentozyten pro Gesichtsfeld gefunden. Werte über 5 Fragmentozyten pro Gesichtsfeld gelten als pathologisch (7 Helmzellen).

Literatur. Kaboth W (1993) Erythrozyten im gefärbten Blutausstrich. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 241

Fraktion W.-R. Külpmann

Synonym(e). Anteil Englischer Begriff. fraction Definition. Verhältnis eines Bestandteils (oder eines Teiles) zu sämtlichen Bestandteilen (oder allen Teilen) eines Systems, unter der Voraussetzung gleicher Größen. i Beispiele:

Fragment-Ion B. Güssregen

Englischer Begriff. fragment ion i Ein Fragment-Ion entsteht in der 7 Massenspektrometrie durch

Zerfall eines Molekülions. Fragment-Ionen liefern wertvolle Hinweise bei der Strukturaufklärung von unbekannten Metaboliten und dienen dem Spektrenvergleich bei Bibliothekssuchen.

5 Volumenfraktion: Volumenanteil der Erythrozyten bezogen auf das Gesamtblutvolumen (L/L) 5 Numerische Fraktion: Anzahl der Retikulozyten bezogen auf die Gesamtzahl der Erythrozyten 5 Substanzfraktion: Stoffmengenanteil von Methämoglobin am Gesamthämoglobin (mol/mol) 5 Massenfraktion: Lipidanteil im Stuhl (g/g) 5 Katalytischer Aktivitätsanteil: CKMB-Aktivitätsanteil an der gesamten CK-Aktivität (kat/kat)

F

516

Fraktionierte Magensekretionsanalyse

Fraktionierte Magensekretionsanalyse

Freier Androgenindex 7 Androgenindex, freier

7 Magensekretionsanalyse

Freier T4-Index

Frameshift Mutation

7 Thyroxin-Index, freier

7 Leseraster, Verschiebung

Freigabe

Fredrickson, Donald S.

O. Colhoun

K.J. Lackner, D. Peetz

Lebensdaten. Amerikanischer Physiologe, geboren am 8. August 1924 in Canon City, Colorado, USA, gestorben am 7. Juni 2002 in Bethesda, Maryland, USA Verdienste. Fredrickson hat sich wissenschaftlich mit Erkrankungen des Fettstoffwechsels und deren Beziehung zur Atherosklerose beschäftigt. Er entwickelte in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Klassifikation der Hyperlipidämien, die inzwischen weitgehend durch eine stärker pathophysiologisch orientierte Betrachtung abgelöst wurde (7 Fredrickson-Klassifikation).

Fredrickson-Klassifikation

Englischer Begriff. release Definition. Vorgang, der einen Messwert im 7 Labor-EDV-System nach Prüfung (technische Validation, medizinische Validation) für den Einsender sichtbar macht. i Zu unterscheiden sind die technische Freigabe durch die MTA

nach messtechnischer Beurteilung von Ergebnis und Messvorgang von der medizinischen Freigabe durch einen Akademiker im Labor nach medizinischer Wertung von Plausibilität und Richtigkeit und ggf. Betrachtung des Ergebniskontexts.

Freisetzung

K.J. Lackner, D. Peetz

R. Weiskirchen

Synonym(e). Fredrickson-Phänotypen

Definition. Gentechnikrechtlicher Begriff; bezeichnet das gezielte

Englischer Begriff. Fredrickson classification; Fredrickson phenoty-

Ausbringen (Inverkehrbringen) von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt

pes

Definition. Phänotypische Beschreibung der Hyperlipoproteinämien i Von D.S. Fredrickson (7 Fredrickson, Donald S.) in den 1960er Jahren beschriebene Einteilung von Hyperlipoproteinämien auf der methodischen Basis der 7 Lipoprotein-Elektrophorese, die rein phänomenologisch ist und die Pathobiochemie der verschiedenen Störungen nicht oder nur partiell berücksichtigt (7 Tab. 1). Die Einteilung basiert auf der Trennung von Lipoproteinen mittels Ultrazentrifuge und Elektrophorese.

i Das Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten oder aus solchen bestehen, an Dritte ist nach §14 des Gesetzes zur Regelung der 7 Gentechnik (Gentechnikgesetz – GenTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066) genehmigungspflichtig.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik. Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Fremdkörper-Riesenzelle

Fredrickson-Klassifikation. Tab. 1.

H. Baum

Typ

Erhöhter/pathologischer Lipoproteinpartikel

Phänotyp

I

Chylomikronen

Hypertriglyzeridämie (schwer)

ne Syncytiumzelle aus mehreren Monozyten/7 Makrophagen mit der Fähigkeit zur Phagozytose.

IIa

LDL

Hypercholesterinämie

i Im Rahmen einer intensiven Abwehrreaktion kommt es zu einer

IIb

LDL, VLDL

gemischte Hyperlipidämie

III

Beta-VLDL

gemischte Hyperlipidämie

IV

VLDL

Hypertriglyzeridämie

V

VLDL, Chylomikronen

Hypertriglyzeridämie und Hypercholesterinämie

Englischer Begriff. foreign-body giant-cell Definition. Durch den örtlichen Reiz eines Fremdkörpers entstande-

Literatur. Beaumont JL, Carlson LA, Cooper GR et al (1970) Classification of hyperlipidaemias and hyperlipoproteinaemias. Bull World Health Organ 43:891–915

Ummantelung des Fremdkörpers (z. B. Mycobakterien) durch IL-4 aktivierte Makrophagen. Durch Verschmelzung benachbarter Zellen kann es zu mehrkernigen Riesenzellen kommen, in denen die nicht oder nur teilweise abgebauten Fremdkörper nachweisbar sind.

Literatur. Nerl C (1993) Monozyten-Makrophagen-System. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 82–87

Fremdstoffe 7 Xenobiotika

Friedewald-Formel K.J. Lackner, D. Peetz

Fredrickson-Phänotypen 7 Fredrickson-Klassifikation

Freie (Kappa- oder Lambda-) Leichtketten der Immunglobuline 7 Bence-Jones-Protein

Englischer Begriff. Friedewald-Formula i Sie wurde empirisch gewonnen und geht davon aus, dass das

VLDL-Cholesterin 1/5 der Triglyzeride (TG) (jeweils in mg/dL) im Serum entspricht. Daraus ergibt sich die Formel: [LDL-Chol] = [Gesamt-Chol]–[HDL-Chol]–TG/5 bei Angabe in mg/dL

Fruktosamin

bzw. [LDL-Chol] = [Gesamt-Chol]–[HDL-Chol]–TG/2,2 bei Angabe in mmol/L Die Friedewald-Formel darf nur beim nüchternen Patienten ohne Chylomikronen im Blut und bei Triglyzeridwerten < 400 mg/dL angewendet werden. Unter diesen Bedingungen weichen ca. 90 % aller errechneten Werte um weniger als 10 % von der Referenzmethode ab. Bei Diabetikern ist die Friedewald-Formel weniger zuverlässig.

Frisco Speed T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für die Kombination aus Amphetamin und Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Frisco Speed Balls

517

Schwangeren mit Rhesus-positiven Feten und Rhesus-Antikörpern im mütterlichen Serum erlaubt eine Abschätzung der Gefahr einer fetalen intrauterinen 7 Hämolyse (Morbus hämolyticus neonatorum) bei Anti-D-Titer > 1:16 oder Anstieg um mehr als 2 Titerstufen (Beurteilung: Diagramm nach Liley für die 27.–40. SSW). Die Medianwerte für 7 Eisen (< 10 μg/dL in der 8.–13. SSW), 7 Ferritin (2 μg/L in der 8.–13. SSW), 7 Folsäure (2,2 μg/L in der 9.–12. SSW), 7 γ-Glutamyltransferase (31 U/L in der 8.–12. SSW) und Gesamtprotein (0,13 g/L in der 9.–13. SSW) sind Kenngrößen für eine normale Entwicklung des Föten. Ebenfalls dient der Nachweis von Toxoplasma gondii mittels PCR-Technologie im Fruchtwasser auf eine frische Toxoplasmainfektion hin. Diese Analyse ist sinnvoll bei allen unklaren serologischen Konstellationen.

Literatur. Thomas L (Hrsg) (2005) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl., TH-Books, Frankfurt/Main Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Kombination aus LSD, Kokain und Heroin (7 Straßennamen von Drogen: LSD).

Fruchtbarkeitsfaktor 7 Fertilisationsfaktor

Fruchtblasen-Punktion 7 Amniozentese

Fruchtwasser 7 Amnionflüssigkeit

Fruchtzucker 7 Fruktose

Fruktaldolase 7 Aldolase B

Fruktokinase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 2.7.1.3 Englischer Begriff. fructokinase Definition. Katalysiert die Konversion von 7 Fruktose zu Fruktose-

Fruchtwassermetabolite

1-Phosphat.

R. Weiskirchen

Molmasse. ~32,7kDa.

Synonym(e). Metabolite der Amnionflüssigkeit Englischer Begriff. amnion fluid metabolites Definition. Substanzgemisch der 7 Amnionflüssigkeit, das sich während der Schwangerschaft in ihrer Zusammensetzung stetig ändert. Struktur. Anfangs gelblich-klare, später weißlich klare, bei Übertra-

i Fruktokinase kommt hauptsächlich in Leber, Nieren, Darm, Milz

und Pankreas vor. Geringere Konzentrationen auch in anderen Geweben. Genetische Defekte verursachen die Fruktosurie, die ein benigner, asymptomatischer Stoffwechseldefekt ist. Aufgrund der Fruktosurie fallen die Patienten bei Urinuntersuchungen mit Teststreifen auf, die nicht spezifisch für 7 Glukose sind, ohne dass sich eine diabetische Stoffwechsellage nachweisen ließe.

gung trübe Flüssigkeit

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In der Frühschwangerschaft scheint das Fruchtwasser vorwiegend ein Dialysat des fetalen Plasmas darzustellen, während in der zweiten Schwangerschaftshälfte die Hauptflüssigkeitsmenge durch den fetalen Harn gebildet wird. Über die Verteilungs- und Austauschvorgänge der Substanzen zwischen Fruchtwasser und den einzelnen Kompartimenten ist wenig bekannt. Das maximale Volumen der Amnionflüssigkeit von etwa 1000 mL wird in der 38. SSW erreicht.

Halbwertszeit. Das Fruchtwasser mit seinen Metaboliten unterliegt einem Turnover von ca. 500 mL/h und wird demzufolge innerhalb von 2–3 h komplett ausgetauscht.

Pathophysiologie. Einige angeborene Krankheiten lassen sich schon frühzeitig in der Schwangerschaft durch eine Untersuchung einer Fruchtwasserprobe (7 Amniozentese), die ab der 16. SSW durchgeführt wird, feststellen. Der Nachweis von erhöhter Konzentration von Acetylcholinesterase (Normwerte: 16. SSW 13.99 μg/L; 17. SSW 13.23 μg/L; 18. SSW 10.27 μg/L; 19. SSW 8.80 μg/L; 20. SSW 7.46 μg/L; 21. SSW 5.61 μg/L) und 7 α-Fetoprotein deuten auf eine Missbildung des Neuralrohres hin. Die alleinige Bestimmung von Acetylcholinesterase ist nicht sinnvoll, da sich erhöhte Konzentrationen z. B. auch bei Omphalozele, Magen-Darm-Atresien, Nierenzysten, Teratom und Beimengungen fetalen Blutes im Fruchtwasser finden. Die Bestimmung von 7 Bilirubin im Fruchtwasser bei Rhesus-negativen

Fruktosamin K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. fructosamine Definition. Bezeichnung für die in der Amadori-Reaktion entstehenden Ketoamine spontan glykierter Plasmaproteine; es handelt sich dabei nicht um ein spezifisches Molekül, sondern um eine gemeinsame Struktur verschiedener Proteine. Struktur. 7 Amadori-Reaktion Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Fruktosamine entstehen durch nichtenzymatische Glykierung der Plasmaproteine. Ihre Konzentration im Plasma hängt von der Glukosekonzentration ab. Etwa 70 % des Fruktosamin wird von 7 Albumin, etwa 15 % von 7 Immunglobulinen repräsentiert, was ungefähr ihrem Anteil am Gesamtprotein (7 Protein, gesamt im Urin) entspricht. Halbwertszeit. Entsprechend der 7 Halbwertszeit der wichtigsten Plasmaproteine ist die Halbwertszeit der Fruktosamine uneinheitlich. Albumin und Immunglobuline haben eine relativ lange Halbwertszeit von ~3 Wochen.

Funktion und Pathophysiologie. Die Glykierung von Proteinen hängt neben dem Vorhandensein freier Aminogruppen und der Glukose-

F

518

Fruktose

konzentration im Blut vor allem von drei Faktoren ab: Glykoproteine und Proteine mit einem sauren pI werden schlechter nicht-enzymatisch glykiert, und eine kurze Halbwertszeit lässt auch weniger Glykierung zu. Die Fruktosamin-Konzentration repräsentiert die mittlere Glukosekonzentration der letzten etwa 8–10 Tage.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum; Plasma ergibt andere Werte wegen der zusätzlich vorhanden Gerinnungsfaktoren und des Fibrinogens. Probenstabilität. Proben sind 24 h bei Raumtemperatur stabil. Präanalytik. Längeres Stauen bei der Blutentnahme führt zu falsch hohen Werten.

Analytik. Die Bestimmung erfolgt durch Reduktion von Nitroblautetrazolium zur Formazan im Alkalischen.

kommen. Normalwerte im Ejakulat werden mit 2–3 mg/mL angegeben. Aus wissenschaftlichen Gründen wird Fruktose auch im Serum und Urin bestimmt. Hier beeinträchtigt die Glukose die Analytik massiv. Aus diesem Grund werden meist gaschromatographische Methoden, z. T. mit vorheriger spezifischer chemischer Umsetzung der Fruktose eingesetzt.

Diagnostische Wertigkeit. Die diagnostische Wertigkeit bei der Ejakulatuntersuchung ist umstritten. Eine verminderte Fruktosekonzentration geht meist mit einem auffälligen Spermiogramm einher.

Literatur. Roe JH (1934) A colorimetric method for the detection of fructose in blood and urine. J Biol Chem 107:15 World Health Organization (1999) WHO Laboratory Manual for the Semen and Sperm-Cervical Mucus Interaction. Cambridge University Press, Cambridge

Konventionelle Einheit. μmol/L

Fruktose im Urin

Internationale Einheit. μmol/L

W.G. Guder

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1

Synonym(e). Fruktosurie

Referenzbereich — Erwachsene. 205–285 μmol/L

Englischer Begriff. fructose in urine

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Definition. 7 Fruktose

Indikation. Retrospektive Bewertung der Blutzuckereinstellung

Struktur. D-arabino-2-hexulose (7 Fruktose, Abb. 1)

Interpretation. Erhöhte Werte sind hinweisend auf eine unzureichende Blutzuckereinstellung in den letzten 8–10 Tagen. Falsch-hohe Werte können bei Hyperproteinämien, Hyperbilirubinämie oder 7 Hämolyse auftreten, falsch-niedrige Werte bei Hypoproteinämien. Korrektur für die Serumproteinkonzentration kann durch Multiplikation mit 72/Gesamtprotein (g/L) erfolgen. Eine 7 Akute-PhaseReaktion kann zu falsch hohen Werten führen.

Molmasse. 180,16 g

Diagnostische Wertigkeit. Gegenüber dem HbA1c sind Fruktosamine in der Therapiekontrolle von Diabetikern in den Hintergrund getreten, weil die Bestimmung anfälliger gegen diverse Stör- und Einflussfaktoren ist. Fruktosamine können heute als eher historische Kenngröße bewertet werden.

Literatur. Thomas L (2005) Labor und Diagnose. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt, S 182–184

Fruktose K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Laevulose; Fruchtzucker Englischer Begriff. fructose Definition. Hexose, Ketose Struktur. C₆H₁₂O₆ (7 Abb. 1)

Funktion und Pathophysiologie. Fruktose im Urin wird gefunden, wenn eine angeborene Störung des Fruktosestoffwechsels die Metabolisierung und/oder tubuläre Resorption von Fruktose verhindert. Analytik. Die Analytik kann mit 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie oder enzymatisch erfolgen (mit Sorbitoldehydrogenase). Die Methode mit Hexokinase setzt Elimination von 7 Glukose voraus. Referenzbereich — Erwachsene. Unterhalb 0,2 mmol/L Referenzbereich — Kinder. Unterhalb 0,2 mmol/L Indikation. Historisch wird bei positivem unspezifischem Nachweis von Hexosen im Urin (mit Teststreifen für Glukose) aber fehlender Glukose der Verdacht auf andere Hexosen geweckt. Da die Fruktoseintolerenz durch klinische Symptome bei der Einnahme von Früchten und anderen fruktosehaltigen Nahrungsmitteln (Honig, Rohrzucker) auffällt (Erbrechen, Hypoglykämie, Krämpfe bis zum Koma), wird meist die Diagnose durch Nachweis der Fruktose im Urin möglich sein. Defizienz der Fruktose-1-Phosphataldolase wird in Leber oder Darmgewebe nachgewiesen.

Interpretation. Der Nachweis von Fruktose im Urin (7 SeliwanoffTest) spricht nur in Gegenwart von deutlichen klinischen Symptomen für angeborene Fruktoseintoleranz. Ansonsten kann Fruktose durch hohe Dosen oraler Zufuhr (Honig, „diabetische“ Süßigkeiten, Infusionen) oder Kontamination mit Seminalflüssigkeit im Urin nachweisbar sein. Literatur. Soldin, SJ, Rifai N, Hicks JMB (1995) Biochemical Basis of Pediatric Disease. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

Fruktose. Abb. 1. Struktur als Pyranose und Furanose

Molmasse. 180,16 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Fruktose ist eine Hexose, die aufgrund ihrer Ketonstruktur als Pyranose oder Furanose in wässriger Lösung vorliegen kann. Diagnostisch spielt die Konzentration der Fruktose im Serum im Gegensatz zur Glukose keine Rolle. Allerdings wird sie im Rahmen der Diagnostik männlicher Fertilitätsstörungen im Ejakulat bestimmt. Dazu wird meist eine kolorimetrische Methode mit Resorcinol verwendet, die nur anwendbar ist, weil neben Fruktose andere Zucker im Ejakulat nicht in relevanten Mengen vor-

Fruktosebelastungstest K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Fruktoseintoleranztest Englischer Begriff. fructose tolerance test; fructose load, oral or intravenous

Definition. Belastungstest mit oraler oder intravenöser Gabe von 7 Fruktose

Durchführung. Fruktosebelastungstests können in der Diagnostik von Stoffwechselstörungen der Fruktose wie z. B. der hereditären

Fujiwara-Reaktion

Fruktoseintoleranz (z. B. genetischer Defekt der 7 Aldolase B) indiziert sein. Bei letzterer werden 200 mg/kg Fruktose i.v. appliziert. Voraussetzung ist eine vorherige Fruktosekarenz mit Normalisierung der Leberfunktion. Im Rahmen der Fruktosebelastung treten bei Kindern mit hereditärer Fruktoseintoleranz innerhalb 1 h symptomatische Hypoglykämien auf. Bei Erwachsenen ist der Glukoseabfall meist weniger dramatisch. Es kommt zum Anstieg von Mg und Harnsäure und zum Abfall von Phosphat. Der Verlauf der Fruktosekonzentration im Blut unterscheidet sich nicht signifikant von Kontrollpersonen. Eine orale Fruktosebelastung sollte bei V. a. Fruktoseintoleranz nicht mehr durchgeführt werden, da es bei Patienten zu Übelkeit, teilweise mit Erbrechen und schockähnlicher Symptomatik kommt, die über mehrere Stunden anhalten kann. Da die hereditäre Fruktoseintoleranz von wenigen Mutationen verursacht wird, kann bei entsprechender Symptomatik zunächst versucht werden, den genetischen Defekt nachzuweisen. Anstau von Fruktose-1-Phosphat durch Aldolase-B-Defekt mit Glukoneogenese- und Glykogenolyse-Hemmung. Bei Patienten mit Fruktose-1,6-Bisphosphatasemangel kommt es zu einer qualitativ ähnlichen, aber quantitativ weniger ausgeprägten Antwort auf die i.v.-Fruktosebelastung. Diese Patienten tolerieren eine orale Fruktosebelastung.

Literatur. Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) (1995) The metabolic and molecular bases of inherited disease. Chapt 23 Disorders of fructose metabolism. 7th edn. McGraw-Hill, New York

Fruktose-1,6-Diphosphat-Aldolase 7 Aldolase A; 7 Aldolase B

Fruktoseintoleranztest 7 Fruktosebelastungstest

Fruktosenachweis nach Seliwanoff 7 Seliwanoff-Test

Fruktosurie 7 Fruktose im Urin

FSH 7 Follikelstimulierendes Hormon

FSME-Viren W. Stöcker

Synonym(e). Frühsommer-Meningoenzephalitis-Viren Englischer Begriff. TBE virus (tick-borne encephalitis, tick-borne meningoencephalitis) Beschreibung des Erregers. Das FSME-Virus gehört zum Genus Flavivirus (Familie Flaviviridae). Das sphärische, etwa 50 nm große Virion besteht aus einer 10,5 kDa großen Positivstrang-RNA in einem Kapsid, das wiederum von einer Virushülle aus Lipiden der Wirtszelle und dem Protein E umgeben ist. Es sind drei Subtypen bekannt; neben dem in Deutschland vorkommenden zentraleuropäischen Subtyp gibt es einen fernöstlichen und einen sibirischen Subtyp. Erkrankungen. Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine meldepflichtige Erkrankung, die saisonal gehäuft vom Frühsommer bis zum Herbst auftritt. Endemiegebiete liegen in Bayern, BadenWürttemberg, Südhessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Vektoren sind Schildzecken (Ixodidae) jeder Entwicklungsstufe (Larven, Nymphen, Adulte). Sie leben am Waldrand und im hohen Gras und übertragen die Viren bei der Blutmahlzeit. Natürliches Erregerreservoir sind vorwiegend kleine Säugetiere und Vögel. Jährlich werden in Deutschland etwa 300 Neuerkrankungen registriert. Ein Großteil der mit FSME-Viren infizierten Personen bemerkt keine objektivierbaren Krankheitszeichen – die Serokonversion gibt dann den einzigen Hinweis. Nur etwa 10–30 % der Infizierten zeigen

519

7–14 Tage nach der Ansteckung grippeähnliche Beschwerden mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Erbrechen und Schwindel. Bei etwa 10 % der symptomatischen Patienten folgt nach etwa einer fieberfreien Woche eine Meningoenzephalitis mit Kopfschmerzen, Erbrechen, meningealen Reizerscheinungen und vereinzelt Stupor oder Koma. Prävention ist möglich durch aktive Immunisierung und Expositionsprophylaxe: Beim sommerlichen Aufenthalt in Wald und Feld sollte man heutzutage hübsch auf dem Weg bleiben. Die Therapie erfolgt symptomatisch.

Analytik. Direktnachweis: In der frühen Krankheitsphase mittels Kultur-Verfahren oder PCR aus Blut oder Liquor möglich. Antikörper-Diagnostik: Nachweis FSME-spezifischer Antikörper der Klasse IgG und IgM in Serum oder Liquor. Beweisend für eine frische Infektion ist ein signifikanter Titer-Anstieg, gemessen durch indirekte Immunfluoreszenz, Enzymimmuntests oder Blot-Techniken. Bei Verdacht auf eine Beteiligung des zentralen Nervensystems werden die spezifischen Antikörper und die Gesamtantikörper parallel in Liquor und Serum bestimmt und der spezifische Liquor-SerumQuotient errechnet. Ein Wert deutlich > 1 spricht für eine intrathekale Antikörpersynthese. Kreuzreaktionen zu anderen humanpathogenen Flaviviren (Dengue, West-Nil und Gelbfieber) müssen ausgeschlossen werden. Differenzialdiagnostisch relevant sind Poliomyelitis, Borreliose und virale Meningoenzephalitiden.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Blut oder Liquor. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Literatur. Niedrig M, Mantke OD (2008) Konsiliarlaboratorium für Frühsommerenzephalitis (FSME), Robert-Koch-Institut, Berlin, RKIRatgeber Infektionskrankheiten, www.rki.de

FT3 7 Triiodthyronin, freies

FT4 7 Thyroxin, freies

FTI, FT4I 7 Thyroxin-Index, freier

FTP 7 File Transfer Protocol

Fuchs-Rosenthal-Zählkammer 7 Liquor-Fuchs-Rosenthal-Zählkammer; 7 Zählkammer

Fujiwara-Reaktion W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. Fujiwara test Definition. Screening-Test auf chlorierte, bromierte und iodierte Kohlenwasserstoffverbindungen im Urin oder Plasma. Bewertung. Viele chlorierte (z. B. Chloroform, Chloralhydrat) und einige bromierte oder iodierte Kohlenwasserstoffe reagieren in der Hitze mit Pyridin und Natronlauge zu rot gefärbten Reaktionsprodukten. Mit einigen organischen Chloridverbindungen, iodhaltigen

F

520

Fullscan

Röntgenkontrastmitteln sowie Cl– fällt die Reaktion jedoch negativ aus.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnah-

Literatur. Degel F, Geldmacher-von Mallinckrodt M, Köppel C (2009)

Analytik.

Volatile halogenated hydrocarbons. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 539–553

Fullscan 7 Scan

Fullererde T. Arndt

mefällen Liquor oder Plasma 5 Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 Gaschromatographie-Massenspektrometrie als Di-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1348 M+(m/z): 260 Quant Ion (m/z): 245 Conf. Ion (m/z): 147

Synonym(e). Lloyds Reagenz; Bleicherde

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor)

Englischer Begriff. Fuller’s Earth; Lloyd’s Reagent

Referenzbereich — Kinder. < 20 mmol/mol Kreatinin (Urin)

Definition. Eine Aluminium-Magnesium-Silikat enthaltende Variante des Kaolins, deren Eigenschaften durch chemische und thermische Behandlung vielfach modifiziert wurde, weshalb eine klare Aussage zu Struktur und Zusammensetzung kaum möglich ist. i Der Name leitet sich aus der früheren Verwendung für die Rei-

Pathologischer Bereich: 5 n bis 3829 mmol/mol Kreatinin (Urin) 5 22–28 μmol/L (Plasma/Serum) 5 6,8 μmol/L (CSF)

Indikation. Progrediente psychomotorische Retardierung

nigung von Wolle durch Walken (engl. = full) in einem Fullererdeschlamm ab. Fullererde wurde u. a. Reaktionsansätzen zur Bestimmung des 7 Kreatinins mit der 7 Jaffe-Reaktion zugegeben, um 7 Pseudokreatinine zu binden und damit die Spezifität der JaffeReaktion zu erhöhen.

Interpretation. Vermehrte Ausscheidung von Fumarsäure im Urin

Literatur. MERCK-Index (2006). Whitehouse Station, N.J., USA,

Diagnostische Wertigkeit. Die (relative) Höhe der Ausscheidung von Fumarsäure ist für die Wertigkeit bezüglich des Verdachts einer Fumarazidurie entscheidend. Die Bestätigung erfolgt über die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

MERCK Co., Inc.

Fumarat 7 Fumarsäure

Fumarsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Fumarat

ist charakteristisch für eine Fumarazidurie bedingt durch einen Defekt der Fumarase. Im Urin können auch weitere Citratzykluszwischenprodukte wie Bernsteinsäure, Zitronensäure, Äpfelsäure und 2-Oxoglutarsäure erhöht auftreten.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Funktionsstörung 7 Stoffwechseldefekt

Englischer Begriff. fumaric acid Definition. Die ungesättigte Dicarbonsäure ist ein Zwischenprodukt im Citratzyklus (Krebs-Zyklus). Struktur. HOOC-CH=CH-COOH Molmasse. 116,07 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Citratzyklus wird aus Succinyl-Coenzym A durch die Succinyl-Coenzym A Transferase zunächst Bernsteinsäure und aus dieser mittels einer durch die SuccinatDehydrogenase katalysierten Dehydrierung die Fumarsäure gebildet. Im weiteren Verlauf des Citratzyklus wird Bernsteinsäure durch das homotetramere Enzym Fumarase in einer reversiblen Reaktion zu Äpfelsäure hydratisiert. Funktion und Pathophysiologie. Die Pathophysiologie von Störungen im Citratzyklus, zu denen der Fumarasedefekt gehört, wird durch eine verminderte Energieproduktion sowie durch sekundäre Effekte der sich anstauenden Metabolite verursacht. Durch den gestörten Substratfluss ist die Zahl Reduktionsäquivalente-bildender Schritte vermindert. Die verminderte Rückbildung von Oxalessigsäure verringert die Menge an einfließendem Acetyl-CoA. Ein Defekt der Fumarase führt sekundär zu einer Inhibierung der Succinat-Dehydrogenase und der Glutamat-Dehydrogenase.

Fußabdruck-Methode 7 Footprinting

FUT3 7 Lewis(Le)-Blutgruppensystem

FXa-Inhibitoren 7 Faktor-Xa-Inhibitoren

FY 7 Duffy(FY)-Blutgruppensystem

FY, DARC (Duffy antigen receptor for chemokines) 7 Duffy(FY)-Blutgruppensystem

FZ 7 Fluorid-Zahl

G GM1 β-Galaktosidase 7 β-Galaktosidase GABA

GAD65-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Glutamat-Decarboxylase

GAG

7 γ-Aminobuttersäure, als Neurotransmitter

7 Glykosaminoglykane

GABABR-Antikörper 7 Autoantikörper gegen GABAB-Rezeptoren

7 Mukopolysaccharid-Elektrophorese

GABAB-Rezeptor-Antikörper 7 Autoantikörper gegen GABAB-Rezeptoren

7 Galectin 3

Gabapentin W.R. Külpmann, C. Vidal

GAG-Elektrophorese Galactose-specific soluble lectin 3 Galaktokinase K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. gabapentin

Synonym(e). Galaktosekinase; EC 2.7.1.6

Definition. Antikonvulsivum

Englischer Begriff. galaktosekinase; EC 2.7.1.6

Struktur. 7 Abb. 1

Definition. Enzym, das die Umwandlung von Galaktose zu Galaktose-1-Phosphat unter Verbrauch von ATP katalysiert. Molmasse 42,3 kDa

Gabapentin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 171,24 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Bioverfügbarkeit von Gabapentin beträgt ca. 60 %, die Proteinbindung 0 %. Gabapentin wird unverändert im Urin ausgeschieden, weshalb bei Nierenfunktionsstörungen die Dosierung reduziert wird. Halbwertszeit. 6 h Pathophysiologie. Gabapentin wird verordnet bei partiellen und tonisch-klonischen Anfällen. Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind kaum bekannt.

i Galaktokinase katalysiert den ersten Schritt des Galaktosestoffwechsels. Defekte führen zur Galaktosämie (Typ II) mit angeborenen oder frühzeitig auftretenden Katarakten infolge von Galaktitolablagerungen in der Linse. Die zelluläre Enzymaktivität kann durch Umsatz 14C-markierter Galaktose zu Galaktose-1-Phosphat gemessen werden.

Literatur. Holton JB, Walter JH, Tyfield LA (2001) Galactosemia. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease. 7th edn. Vol. II. McGraw-Hill, New York pp 1553–1587

Galaktomannan-Test T. Arndt

Untersuchungsmaterial/Probenstabilität. Urin, Serum (S), Plasma (P).

Synonym(e). GM-Test

Analytik. HPLC, GC/MS, LC-MS/MS

Englischer Begriff. galactomannan test

Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxi-

Definition. Immunologischer Test zum Nachweis einer invasiven

kation

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 5,9–21 mg/L; toxisch: > 85 mg/L (Fallbericht); komatös-letal: unbekannt. Literatur. Hannak D, Külpmann WR, Hallbach J (2009) Anticonvulsants: Gabapentin. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 287–300 Schulz M, Schmoldt A (2003) Therapeutic and toxic blood concentrations of more than 800 drugs and other xenobiotics. Pharmazie 58:447–474

GAD 7 Glutamat-Decarboxylase

GADA 7 Autoantikörper gegen Glutamat-Decarboxylase

Aspergillose. i Der Tests beruht auf dem immunologischen Nachweis von zir-

kulierendem Galaktomannan, einem Hauptbestandteil der Zellwand aller pathogenen Aspergillus-Arten. Neben Serum, als derzeit wichtigstem Probenmaterial, wurden auch bronchoalveoläre Lavage (BAL) oder Liquor als Untersuchungsgut empfohlen. Die Auswertung erfolgt als sog. Index in Bezug zu einem Standardserum. Ein positives Testergebnis soll stets durch eine zweite Probe, die vor Beginn einer antimykotischen Therapie abgenommen wurde, bestätigt werden. Fallen beide Proben positiv auf Galaktomannan aus, kann dies als Nachweis einer invasiven Aspergillose interpretiert werden. Derzeit wird eine mindestens zweimalige, u.U. häufigere Testung pro Woche bei stationären Risikopatienten (z. B. hämatoonkologische Patienten) mit entsprechendem klinischem Bild empfohlen. Eine prophylaktische Testung bei ambulanten Risikopatienten (Immunsupprimierte) wird diskutiert. Ein Vorteil des Galaktomannan-Tests könnte die geringere Analysenzeit und damit schnellere Diagnosestellung im Vergleich zum kulturellen Nachweis sein.

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_7, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

522

Galaktosämie-Screening

Der Galaktomannan-Nachweis ist regulärer Bestandteil der mikrobiologischen Definitionskriterien der invasiven Aspergillose, veröffentlicht von der European Organization for Research and Treatment of Cancer/Invasive Fungal Infections Cooperative Group und der National Institute of Allergy and Infectious Diseases Mycoses Study Group (EORTC/MSG consensus group). Eine abschließende Bewertung bzgl. der diagnostischen Sensitivität und Spezifität, insbesondere auch im Vergleich zur konventionellen mikrobiologischen Diagnostik oder zum Nachweis von Aspergillus mit PCR, ist dennoch noch nicht möglich.

Literatur. Kappe R, Rimek D (2010) Mykoserologie – sind wir weitergekommen? Aspergillus. Mycoses 53:26–29

Galaktosämie-Screening 7 Galaktosebestimmung, enzymatisch aus Trockenblut

Galaktose K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Cerebrose Englischer Begriff. galactose Definition. Hexose mit der Summenformel C6H12O6 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Galaktose ist Bestandteil des Milchzuckers. Sie unterscheidet sich von Glukose nur durch die Position der Hydroxylgruppe am Kohlenstoffatom 4 (7 Abb. 1). Intrazellulär sind Galaktose-1-Phosphat (Produkt der Galaktokinasereaktion) und UDP-Galaktose die wichtigsten Metabolite der Galaktose, die für deren weiteren Stoffwechsel von Bedeutung sind. Galaktose1-P und UDP-Glukose werden von der Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase zu Glukose-1-P und UDP-Galaktose umgesetzt. Alternativ kann UDP-Glukose von der UDP-Galaktose-4-Epimerase direkt zu UDP-Galaktose umgewandelt werden. Letztere ist Ausgangspunkt für den Einbau von Galaktose in Glykolipide und Glykoproteine. Störungen der drei genannten Enzyme führen zur Galaktosämie. Hier sind Galaktose im Blut oder Urin erhöht.

Englischer Begriff. galactose elimination capacity test, galactose clearance test, galactose tolerance test Definition. Quantitativer Leberfunktionstest, bei dem die 7 Clearancekapazität der Leber für oral oder intravenös applizierte 7 Galaktose anhand der nach einer definierten Zeit im Serum verbleibenden Galaktosekonzentration oder der Galaktoseausscheidungsmenge in einem zeitlich definierten Sammelurin gemessen wird. Durchführung. Es sind mehrere Varianten der Testdurchführung im Gebrauch: 5 nach oraler Aufnahme von 40 g Galaktose in 200 mL Tee (Sättigungsdosis) innerhalb von 2 min Bestimmung der Galaktosekonzentration im Serum 90 min später oder Galaktoseausscheidungsmenge im 2-h-Sammelurin 5 nach intravenöser Injektion von 0,5 g Galaktose/kg KG serielle Blutentnahme über 20–50 min post injektionem und Bestimmung der Galaktosekonzentrationen 5 nach oraler Verabreichung von [14C]- oder [13C]-Galaktose Messung der exhalierten Menge von [14C]O2 bzw. [13C]O2 in der Atemluft Funktion und Pathophysiologie. Es handelt sich um den ältesten, bereits im Jahr 1906 von R. Bauer eingeführten quantitativen Leberfunktionstest. Die Elimination von Galaktose aus dem Blut hängt nahezu ausschließlich von ihrer Aufnahme in die Leber ab, wo sie durch zytosolische (geschwindigkeitsbestimmende) Galaktokinase in Hepatozyten schnell zu Galaktose-1-Phosphat phosphoryliert und nachfolgend in UDP-Galaktose und schließlich in UDP-Glukose umgewandelt wird. Nur 5 % der oral verabreichten Galaktose wird durch die Nieren ausgeschieden. Bei Normalpersonen beträgt die maximale hepatische Eliminationskapazität 500–600 mg/min bei einer Plasmakonzentration von 50 mg/dL. Oberhalb dieser Plasmakonzentration ist die hepatische Eliminationsrate unabhängig von der Plasmakonzentration und reflektiert nur die funktionelle Lebermasse. Unterhalb von 50 mg/dL wird die Clearance wesentlich durch den hepatischen Blutfluss determiniert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Hämolysat, Urin

Präanalytik. Mindestens 24 h Alkoholkarenz Analytik. Die Galaktosebestimmung erfolgt im enzymatisch-optischen-Test, wozu zwei Methoden zur Verfügung stehen: 1. Die Galaktosebestimmung im enteiweißten Überstand erfolgt mit β-D-Galaktose-Dehydrogenase (EC 1.1.1.48): Galaktose-

β-D-Galaktose + NAD+ dehydrogenase + NADH + H+ Galaktose. Abb. 1. Struktur von α-D-Galaktose

Präanalytik. Blutentnahme zur Galaktosebestimmung bei Neugeborenen ist vor Fütterung mit Milch nicht sinnvoll.

Analytik. Galaktose kann in Serum und Urin analog zur Glukose mit der Galaktose-Dehydrogenasereaktion bestimmt werden. Dabei wird Galaktose in Gegenwart von Galaktose-Dehydrogenase zu D-Galaktonolacton unter Bildung von NADH + H+ umgesetzt. Die Zunahme des NADH wird gemessen.

Diagnostische Wertigkeit. Indikation zur Bestimmung sind ausschließlich die verschiedenen Formen der Galaktosämie. Normwert beim Neugeborenen < 240 μmol/L.

Literatur. Holton JB, Walter JH, Tyfield LA (2001) Galactosemia. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease. 7th edn. Vol. II. McGraw-Hill, New York, pp 1553–1587

Galaktosebelastungstest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Galaktoseeliminationstest; Galaktosetoleranztest

D-Galaktono-δ-Lacton

Messgröße ist die während der Reaktionszeit von 30–40 min gebildete NADH-Menge. Sie ist äquivalent der Galaktosemenge. Die Messung erfolgt durch Absorptionszunahme bei 340, 366 oder 334 nm. 2. Die Galaktose wird im enteiweißten Überstand mit GalaktoseOxidase (EC 1.1.3.9) umgesetzt: β-D-Galaktose + O2 H2O2 + DH2

Galaktoseoxidase

Peroxidase

D-Hexodialdose + H2O2

2 H2O + D

Als Chromogen (DH2) wird ο-Dianisidin und Peroxidase als Hilfsenzym verwendet. Die photometrische Bestimmung erfolgt bei 440– 460 nm. Galaktosedehydrogenase setzt außer Galaktose auch α-L-Arabinose, β-D-Fucose und Desoxy-D-Galaktose um, die im Blut jedoch nicht vorkommen. Beide Methoden haben eine gute Präzision (VK < 5 %).

Referenzbereich — Erwachsene. Galaktosekonzentration im Serum nach 90 min: < 0,3 g/L; Eliminationskapazität: > 7 mg Galaktose/ kg KG/min; Galaktoseausscheidung im 2-h-Sammelurin: < 2,5 g Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle der Leberzellinsuffizienz im Rahmen einer Hepatitis, Zirrhose und von Lebermetastasen.

Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase

Interpretation. Die Aussagefähigkeit des Tests ist beschränkt, da in 30 % der Fälle von Leberzirrhose falsch-normale und bei einem Drittel der Lebergesunden falsch-pathologische Eliminationsraten zu erwarten sind. Darüber hinaus korreliert die Eliminationsrate nur bedingt mit anderen Parametern der Leberzellsynthesefunktion.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bedeutung des Tests, der nur noch sehr selten angewendet wird, liegt vorwiegend in der Longitudinaluntersuchung aufgrund geringer intraindividueller Schwankungen. Die Abnahme der Eliminationskapazität ist prognostisch ungünstig, doch ergibt sich gegenüber dem 7 Child-Turcotte-Pugh-Score keine zusätzliche prognostische Information.

Literatur. Kuntz HD, Kuntz E (1983) Intravenöse Galaktosebelastung als Leberfunktionsprobe. Fortschr Med 101:999–1004 Stein J, Wehrmann T (Hrsg) (2002) Funktionsdiagnostik in der Gasteroenterologie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

523

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Praktikabilität: sehr gut Kosten: ca. 2–3 €/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien im Screeningansatz) Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die enzymatische Bestimmung der Gesamtgalaktose aus Trockenblut stellt ein zuverlässiges Verfahren zum Ausschluss einer Galaktosämie im NeugeborenenScreening dar.

Literatur. Kohlschütter A (2001) Galaktosämie. In: Zabransky S (Hrsg) Screening auf angeborene endokrine und metabole Störungen. Springer-Verlag, Wien New York, S 227–232

Galaktosedehydrogenase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 1.1.1.48

Galaktosebestimmung, enzymatisch aus Trockenblut

Englischer Begriff. galactose-dehydrogenase

G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Definition. Katalysiert die Reaktion:

Synonym(e). Galaktosämie-Screening

D-Galaktose + NAD+ → D-Galaktono-1,4-Lacton + NADH + H+

Englischer Begriff. total galactose in dried blood spot specimen

Molmasse des Enzyms aus Pseudomonas fluorescens: 33 kDa, Homodimer

Definition. Bestimmung der Gesamtgalaktose (= freie Galaktose + Galaktose-1-Phosphat) im Trockenblut von Neugeborenen zum Screening auf das Vorliegen einer Galaktosämie.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Quantase™-GesamtgalaktoseScreening ist eine semiquantitative enzymatische kolorimetrische Endpunktmethode zur Bestimmung von Gesamt-D-(+)-Galaktose [D-(+)-Galaktose + Galaktose-1-Phosphat] in Trockenblutproben. Das Quantase™-Gesamtgalaktose-Screening verwendet die Enzyme D-(+)-Galaktose-Dehydrogenase (Gal-DH) und Alkalische Phosphatase (ALP). Durch die ALP wird zunächst die Galaktose aus Galaktose1-Phosphat freigesetzt. Das aus zugesetztem NAD+ durch die Gal-DH gebildete NADH wird kolorimetrisch gemessen, wobei Tetrazolium und ein intermediärer Elektronenakzeptor (IEA) als Nachweissystem eingesetzt werden. Wird der Assay parallel ohne Verwendung von ALP durchgeführt, kann aus der Differenz der Galaktosekonzentration mit und ohne ALP die Konzentration von Galaktose-1-Phosphat bestimmt werden. (7 Abb. 1) Galaktose-1-Phosphat + H2O Galaktose + NAD

GAL-DH

NADH + IEAOx + Tetrazolium

ALP

NAD + IEARed + Formazan (farbig: blau)

Galaktosebestimmung, enzymatisch aus Trockenblut. Abb. 1. Prinzip der enzymatischen Gesamtgalaktosebestimmung

Einsatzgebiet. Neugeborenen-Screening, Stoffwechseldiagnostik Untersuchungsmaterial. Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut)

Instrumentierung. Mikrotiterplattenphotometer, Mikrotiterplattenzentrifuge, Mikrotiterplattenschüttler, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Multipuncher oder Handstanzen, Pipetten Spezifität. Diagnostische Spezifität im Screening: 99,9 % Neben der klassischen Galaktosämie (Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferasemangel) werden auch der Galaktokinasemangel und der UDP-Galaktose-4-Epimerasemangel miterfasst. Sensitivität. Diagnostische Sensitivität im Screening: > 99 % Analytische Sensitivität: 6,0 mg/L

Fehlermöglichkeit. falsch-negatives Ergebnis bei mangelnder Laktosezufuhr, z. B. bei Frühentnahme, möglich

Literatur. Xu J, Ma M, Purcell WM (2002) Optimizing the enzymatic determination of galactose in the culture medium of rat liver and HepG2 cell spheroids. Anal Biochem 311:179–181

Galaktoseeliminationstest 7 Galaktosebelastungstest

Galaktosekinase 7 Galaktokinase

Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase K.J. Lackner, D. Peetz

Galaktose + PI

Galaktolactone + NADH

(farblos)

i Das Enzym wird zur Konzentrationsbestimmung von Galaktose eingesetzt. Wegen der relativ seltenen Anwendung ist die Methode weniger gut charakterisiert im Vergleich zur Glukosebestimmung.

Synonym(e). EC 2.7.7.12 Englischer Begriff. galactose-1-phosphate-uridyltransferase Definition. Enzym, das die Umwandlung von Galaktose-1-Phosphat und UDP-Glukose zu Glukose-1-Phosphat und UDP-Galaktose katalysiert. Molmasse. 43,4 kDa i Galaktose-1-Phosphat-Uridyltransferase katalysiert die Umwandlung von Galaktose-1-Phosphat in Anwesenheit von UDP-Glukose zu UDP-Galaktose und Glukose-1-Phosphat. Neben der UDPGalaktose-4-Epimerase ist das der einzige Weg zur Synthese von UDP-Galaktose. Genetische Defekte führen zur Galaktosämie (Typ I) mit Hepatomegalie, Ikterus, geistiger Retardierung und Katarakten. Die Bestimmung der Enzymaktivität in Erythrozyten erfolgt durch Umsetzung des entstehenden Glukose-1-Phosphats mit Phosphoglukomutase zu Glukose-6-Phosphat, das mit der Glukose-6-Phosphatdehydrogenasereaktion quantifiziert wird (Beutler-Test).

Literatur. Holton JB, Walter JH, Tyfield LA (2001) Galactosemia. In: Scriver CR, Sly WS, Childs B, Beaudet AL et al B (eds) The Metabolic and Molecular Bases of Inherited Disease. 8th edn. Vol. II. McGrawHill, New York, pp 1553–1587 Fujimoto A, Okano Y, Miyagi T et al (2000) Quantitative Beutler test for newborn mass screening of galactosemia using a fluorometric microplate reader. Clin Chem 46: 806–810

G

524

Galaktosetoleranztest

Galaktosetoleranztest 7 Galaktosebelastungstest

α-Galaktosidase A.C. Sewell

Englischer Begriff. alpha-galactosidase Definition. Lysosomale Hydrolase i α-Galaktosidase ist eine Glykosidase, die die Hydrolyse der Glykosidbindung von α-Galaktopyranosiden katalysiert. Substrate sind galaktosehaltige Oligo- (7 Oligosaccharide) und Polysaccharide und Glykosphingolipide. Als Ceramidhexosidase spaltet das Enzym Glykosphingolipide wie z.B. Globotriaosylceramid. Ist das Enzym nicht ausreichend vorhanden, kommt es zu einer Anreicherung der Glykosphingolipide, die zum Tode der Zelle führt. Ein genetisch bedingter Mangel an α-Galaktosidase führt zu Morbus Fabry.

Literatur. Mehta A, Beck M, Sunder-Plassmann G (2006) Fabry Disease. Perspectives from 5 years of FOS. Oxford Pharmacogenesis, Oxford, UK

β-Galaktosidase R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). GM1 β-Galaktosidase Englischer Begriff. β-galactosidase Definition. Lysosomale Glykohydrolase, die bei saurem pH terminale β-glykosidisch gebundene Galaktosereste aus unterschiedlichen Glykokonjugaten (Glykolipiden, Glykoproteinen) und Oligosacchariden freisetzt. i Die lysosomale β-Galaktosidase-Aktivität umfasst zwei unter-

schiedliche Enzyme: 5 GM1-β-Galaktosidase (EC 3.2.1.23), welche mit einem pH-Optimum von 4.5 Galaktose aus den Gangliosiden GM1 und GA1, Lactosylceramid, Keratansulfat, Glykoproteinen und Galaktose-haltigen Oligosacchariden freisetzt 5 Galaktosylceraminidase (Galaktosylcerebrosidase) (EC 3.2.146), welches Galaktosereste in Galaktosylceramid,Galaktosylsphingos in und Lactosylceramid hydrolysiert. In der Literatur wird G M1β-Galaktosidase mehrheitlich gleichgesetzt mit β-Galaktosidase. G M1-β-Galaktosidase wird in zahlreichen Geweben und Zellarten exprimiert und ist in Körperflüssigkeiten nachweisbar. Die Messung der Enzymaktivität erfolgt mit künstlichen Substraten (4-Methylumbelliferyl-β-D-Galaktopyranosid, p-Nitrophenyl-β-DGalaktopyranosid). Genetisch bedingter β-Galaktosidasemangel liegt zwei unterschiedlichen, autosomal rezessiven Formen lysosomaler Speicherkrankheiten zugrunde, der GM1-Gangliosidose und der Morquio-B-Krankheit.

Literatur. Suzuki Y, Sakuraba H, Oshima A (1995) b-GalactosidaseDeficiency (β-Galactosidosis): GM1-Gangliosidosis and Morquio B Disease. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The Metabolic and Molecular Basis of Inherited Disease. Vol II. McGraw-Hill, New York, pp 2785–2823

Galectin-3 O.A. Gressner

Synonym(e). Galaktose-spezifisches lösliches Lektin-3 Englischer Begriff. galectin-3

mäne („carbohydrate recognition domain“, CRD), einer kurzen Nterminalen Domäne, bestehend aus 20 Aminosäureresten und einer verbindenden Domäne, die wiederkehrende, jeweils aus 9 Aminosäuren bestehende Sequenzen aufweist, die reich an Prolin, Glycin und Tyrosin sind. Die Molekularmasse beim Mensch beträgt 26,2 kDa. Gal-3 wird in vielen Organen und Geweben, wie in Darm, Herz, Leber, Lunge, Milz, Muskel und Niere von zahlreichen Zelltypen gebildet und nimmt vielfältige biologische Funktionen im Zusammenhang mit Entwicklung, Differenzierung, Morphogenese, Tumormetastasierung, Apoptose und RNA-Splicing wahr. So konnte beispielsweise eine positive Korrelation zwischen Gal-3-Expression und dem Grad maligner Transformation in Tumorgeweben gezeigt werden (Einschätzung des Malignitätsgrades).

Literatur. Haudek KC, Patterson RJ, Wang JL (2010) SR proteins and galectins: what's in a name? Glycobiology 20:1199–1207 Liu FT, Rabinovich GA (2010) Galectins: regulators of acute and chronic inflammation. Ann NY Acad Sci 1183:158–182 Watanabe M, Takemasa I, Kaneko N, Yokoyama Y, Matsuo E, Iwasa S, Mori M, Matsuura N, Monden M, Nishimura O (2011) Clinical significance of circulating galectins as colorectal cancer markers. Oncol Rep 25:1217–1226

Galle A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Gallenflüssigkeit Englischer Begriff. bile Definition. Galle ist eine gelb-orange Flüssigkeit, die spezifisch von der Leber mit einer täglichen Produktionsrate von ~600 mL gebildet und über die Gallenwege in das Duodenum ausgeschieden wird, wo sie unter anderem für die Fettverdauung von großer Bedeutung ist. i Es werden zwei Fraktionen unterschieden: 5 primäre oder kanalikuläre Galle, die durch osmotische Filtration mit einer Gallensäure-abhängigen (~400 mL/Tag) und einer Gallensäure-unabhängigen (225 mL/Tag) Unterfraktion gebildet wird. Die Gallensäure-abhängige Unterfraktion beruht auf der über spezifische kanalikuläre Transporter (z. B. MRP2, AE2) erfolgenden Exkretion von Gallensalzen aus den Hepatozyten in den Canaliculus (Gallekapillaren), der Gallensäure-unabhängige Gallefluss (Cholerese) erfolgt über die Exkretion von Bicarbonat (durch Carboanhydrase gebildet), Glutathion (-konjugaten) u. a. Anionen (Na+, K+). Auch für den kanalikulären Membrantransport dieser Metabolite stehen spezifische Transporter im kanalikulären Membransegment der Hepatozyten zur Verfügung. 5 duktuläre Galle (~150 mL/Tag) entsteht durch Modifikation der primären Galle in den abführenden Gallenwegen und der Gallenblase durch Reabsorption und Sekretion organischer und anorganischer Ionen, Bicarbonatsekretion unter Einfluss von Sekretin und durch eine bis zu 20-fache Konzentrierung in der Gallenblase.

Die Galle besteht zu 82 % aus Wasser und zu 18 % aus gelösten Teilchen, deren wichtigste Komponenten in 7 Tab. 1 zusammengestellt sind. Galle. Tab. 1. Komponenten der Galle Bestandteil

Anteil (%)

Gallensalze

67

Phospholipide

22

Protein

5

ne, die β-galaktosidische Zucker erkennen.

Cholesterin

4

i Gal-3 besteht aus einer C-terminalen, 135 Aminosäuren umfas-

Bilirubin

0,3

Definition. Galectin-3 (Gal-3) gehört zur Proteinfamilie der Galecti-

senden, evolutionär hoch konservierten Kohlenhydratbindungsdo-

Gallensäuren

Die wichtigsten Funktionen der Galle sind: 5 Verdauung: Gallensalzsekretion führt zur Aktivierung der Lipase und Bildung von Mizellen 5 enterohepatische Zirkulation der Gallensalze (Gallensäuren) 5 Exkretion von Endobiotika wie Cholesterin, Bilirubin, Proteine 5 Exkretion von Xenobiotika wie Medikamente, Toxine, Schwermetalle 5 Mukosaimmunität durch Abgabe von sekretorischem Immunglobulin A in der Gallenflüssigkeit.

525

Gallensäuren. Tab. 1. Vorkommen und Bezeichnung wichtiger Gallensäuren (GS) Systemischer Name

Trivialname

Stoffwechselposition

Monohydroxy-5β-Cholansäure 3α-Hydroxy-

Lithocholsäure

sekundäre GS

Literatur. Kullack-Ublick GA, Stieger B, Meier PJ (2004) Enterohepatic bile salt transporters in normal physiology and liver disease. Gastroenterology 126:322–342

Dihydroxy-5β-Cholansäure 3α, 6α-Dihydrox

Hyodesoxycholsäure

3α, 7α-Dihydroxy-

Chenodesoxycholsäure

primäre GS

3α, 7β-Dihydroxy-

Ursodesoxycholsäure

tertiäre GS, Derivat der 7-Ketolithocholsäure

3α, 12α-Dihydroxy-

Desoxycholsäure

sekundäre GS

Gallefarbstoffe 7 Gallepigmente

Gallenflüssigkeit 7 Galle

Gallengangsepithel-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Gallengangsepithel

Trihydroxy-5β-Cholansäure

Gallensalze

3α, 6α, 7α-Trihydroxy-

Hyocholsäure

nur bei Cholestase und Neugeborenen

3α, 6β, 7α-Trihydroxy-

α-Muricholsäure

nur bei Ratten

Synonym(e). Gallensalze; GS

3α, 6β, 7β-Trihydroxy-

β-Muricholsäure

nur bei Ratten

Englischer Begriff. bile acids; bile salts

3α, 7α, 12α-Trihydroxy-

Cholsäure

primäre GS

Definition. Amphiphile, biplanare Moleküle mit einem Steroidgrund-

3α, 7β, 12α-Trihydroxy-

Ursocholsäure

gerüst, die als spezifisches Syntheseprodukt der Hepatozyten mit der Gallenflüssigkeit in den Darm ausgeschieden werden, dort Aufgaben in der Fettverdauung wahrnehmen, resorbiert und über eine enterohepatische Zirkulation erneut durch die Leber in die Galle eliminiert und während dieses Kreislaufes hepatisch und intestinal derivatisiert werden.

Cholestase, Normalpersonen

Tetrahydroxy-5βCholansäure

Molmasse. Cholsäure: 408 g, Lithocholsäure: 376 g, Desoxycholsäure:

Weitere Gallensäuren

7 Gallensäuren

Gallensäuren A.M. Gressner, O.A. Gressner

Auftreten bei Cholestase, nur geringe Mengen in Galle

392 g, Chenodesoxycholsäure: 392 g (7 Tab. 1).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Es handelt sich um biplanare Moleküle mit einer Steroidgrundstruktur bestehend aus drei 6er-Ringen und einem 5er-Ring sowie Seitenketten unterschiedlicher Länge (7 Abb. 1). Sowohl Steroidanteil als auch Seitenketten tragen eine variable Anzahl von Hydroxyl- und Ketogruppen. Ihre amphiphilen Eigenschaften beruhen auf zwei funktionell unterschiedlichen Strukturen: 5 hydrophobe, unpolare Region 5 hydrophile, polare Oberfläche (Seitenketten) Sie verleihen den GS die Fähigkeit zur Bildung einfacher 7 Mizellen (hydrodynamischer Radius ~10 Å) und gemischter Mizellen (20–30 Å), wenn die kritische mizellare Konzentration (Maximum der monomeren Löslichkeit) erreicht ist und molekulare Aggregation eintritt. Zusammen mit wesentlich größeren unilamellaren Vesikeln (hydrodynamischer Radius 300–400 Å) dienen sie dem Transport von 7 Cholesterin und anderen wasserunlöslichen Molekülen in der 7 Galle. Die Biosynthese der GS ist eine spezifische Leistung der Leber (Hepatozyten), die von Cholesterin ausgeht, einen stufenweisen enzymatischen Prozess mit 14 Reaktionen in verschiedenen subzellulären Kompartimenten umfasst (endoplasmatisches Retikulum, Zytosol, Mitochondrien, Peroxisomen) und zu einer gesamten Tagesproduktion aller GS von ca. 1 mmol (0,4 g) führt (7 Abb. 1). Die GS-Synthese stellt damit den wichtigsten Stoffwechselweg in der Regulation der hepatischen Cholesterinhomöostase dar, weil die Leber nicht nur das

3α-Hydroxy-7-Keto-

7-Ketholithocholsäure

Derivat der Lithocholsäure

3α, 7α, 12α-Triketo-

Dehydrocholsäure

Derivat der Cholsäure

entscheidende Organ für dessen Synthese sondern auch für dessen Abbau ist. Die primären GS Cholsäure und Chenodesoxycholsäure können grundsätzlich auf zwei Stoffwechselwegen entstehen: 5 bei dem klassischen („neutralen“) Weg wird Cholesterin durch die mikrosomale 7α-Hydroxylase in Position 7 zum 7α-Hydroxycholesterin oxidiert 5 bei dem alternativen („sauren“) Stoffwechselweg erfolgt initial nach Transport in die Mitochondrien durch die mitochondriale 27-Hydroxylase eine Oxidation in Position 27 des Cholesterinmoleküls (7 Abb. 1). 7α-Hydroxylase ist das geschwindigkeitsbestimmende Enzym, welches transkriptionell durch hydrophobe GS, Cholesterin, Schilddrüsenhormone, Glukokortikoide, 7 Insulin und 7 Glukagon reguliert wird. Unterbrechungen des enterohepatischen Kreislaufs der GS (z. B. bei Gallengangsfistel, Ileumresektion) steigern die Aktivität der 7α-Hydroxylase und der GS-Synthese um ein Mehrfaches, während umgekehrt die exogene Zufuhr von GS zu einer Hemmung führt (negativer Feedback). Die primären GS werden vor ihrer Exkretion enzymatisch mit Glycin und Taurin konjugiert, wodurch vier primäre

G

526

Gallensäuren

Gallensäuren. Abb. 1. Biosynthese der Gallensäuren

GS-Konjugate entstehen: Glykocholsäure, Taurocholsäure, Glykochenodesoxycholsäure, Taurochenodesoxycholsäure. Die konjugierten Dihydroxygallensäuren (Chenodesoxycholsäure, Desoxycholsäure) werden im oberen Intestinaltrakt in nur geringem Umfang resorbiert, sodass sie hier für ihre Funktion (Mizellenstruktur) in der Fettverdau-

ung zur Verfügung stehen. Im terminalen Ileum erfolgt durch aktiven Transport eine über 5 %ige Resorption der enteralen GS. Während der Darmpassage werden im unteren Ileum und im Kolon durch bakterielle 7α-Dehydroxylierung Cholsäure in Desoxycholsäure und Chenodesoxycholsäure in Lithocholsäure umgewandelt (7 Abb. 1). Die

Gallensäuren

so gebildeten sekundären GS Desoxycholsäure und Lithocholsäure werden zu etwa 30–50 % resorbiert. In geringem Umfang kann Chenodesoxycholsäure im Intestinum bakteriell zur 7-Ketolithocholsäure oxidiert werden, deren Ketogruppe nach enterohepatischer Zirkulation in der Leber reduziert wird. Die somit entstandene, tertiäre GS Ursodesoxycholsäure wird ebenfalls in die Galle ausgeschieden. Eine weitere Modifikation der GS im distalen Ileum und Kolon betrifft deren partielle Dekonjugation mit Bildung freier GS. Die zur Resorption gelangenden, konjugierten und freien primären, sekundären sowie tertiären GS werden via Pfortader, an 7 Albumin und an die 7 High-Density-Lipoproteine (HDL) gebunden, zur Leber transportiert. Die Aufnahmefähigkeit des gesunden Organs für GS von 450 μmol/h ist unter physiologischen Bedingungen weit vom Sättigungszustand entfernt. Deshalb finden sich trotz der über 6-fach höheren GS-Konzentration im Portalvenenblut üblicherweise nur sehr geringe Mengen im Lebervenenblut (1–4 μmol/L). Während der Passage durch die Leberzelle werden die im Darm dekonjugierten GS erneut mit Taurin und Glycin konjugiert. Zusätzlich kann eine Entgiftung durch Glukuronidierung und insbesondere der hepatischen Monohydroxygallensäure Lithocholsäure durch partielle Sulfatierung (Sulfolithocholsäure) erfolgen. Der Anteil sulfatierter GS im Serum (< 9 % der Serumgallensäuren) und im Urin ist unter physiologischen Bedingungen sehr klein, kann jedoch bei verschiedenen Lebererkrankungen stark ansteigen. Da die renale 7 Clearance der sulfatierten GS etwa 10-fach größer als die der entsprechenden nicht sulfatierten Moleküle ist und sulfatierte GS nicht resorbiert werden können und somit ohne enterohepatische Zirkulation direkt fäkal ausgeschieden werden, weisen die sulfatierten GS eine relativ kurze Halbwertszeit auf, die maßgeblich zur Verminderung ihrer Toxizität beiträgt. Aufnahme und Exkretion in Hepatozyten erfolgt über aktive Transporter. An der basolateralen (sinusoidalen) Membrandomäne steht hierfür der Na+-Taurocholsäure-Cotransporter (NTCP) zur Verfügung, der in Verbindung mit Natrium mehrere konjugierte GS einschließlich Glykocholsäure, Taurocholsäure, Taurochenodesoxycholsäure und Tauroursodesoxycholsäure in das Zellinnere transportiert (7 Abb. 2). Neben NTCP existiert auch ein Na+-unabhängiges Transportsystem, der organische Anionentransporter OATP, der eine

527

breite Palette amphipathischer Substrate einschließlich GS, Östrogenkonjugate, organische Anionen und zahlreiche Xenobiotika im Austausch mit reduziertem 7 Glutathion (GSH) in das intrazelluläre Kompartiment befördert. Für die Aufrechterhaltung des extra- und intrazellulären Ionengradienten (Na+, K+) ist eine Na+, K+-ATPase am basolateralen Pol verantwortlich, die intrazelluläre pH-Homöostase erfolgt durch Na+-H+-Austauscher und Na+-HCO3–-Symporter (7 Abb. 2). Unter Normalbedingungen ist der Transport der GS durch die kanalikuläre Membran der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Gallebildung. Er wird bereitgestellt durch unidirektionale, ATPabhängige Transportsysteme (Exportpumpen). Diese kanalikulären Membrantransporter gehören zur Superfamilie der ABC-Transporter (ATP-binding cassette transporter). Hier übernehmen bevorzugt die Gallensalzexportpumpe BSEP, Mitglieder der multi-drug-resistance-Proteine (MRP2) und die Multi-Drug-Export Pumpe MDR1 die Aufgaben der aktiven GS-Exkretion. Die Transportfunktion beschränkt sich nicht auf GS sondern betrifft ein weites Spektrum amphipathischer anionischer Substrate, auch Bilirubindiglukuronid, Östradiolglukuronide und Sulfatkonjugate. Die genannten Transportmechanismen sind verantwortlich für die GS-abhängige Cholerese (~60–70 % Anteil) die GS-unabhängige, durch Exkretion von anorganischen Ionen (Na+, K+, Cl–, HCO3–) getriebene Cholerese mit einem etwa 30–40 %-igen Anteil. Der GS-abhängige Mechanismus beruht vorwiegend auf der Exportpumpe MRP2 und auf dem Anionenaustauscher AE2. Die Menge der zirkulierenden GS (= GS-Pool) beträgt etwa 5–10 mmol (2–4 g). Bei einer täglichen Syntheserate der gesamten GS von ca. 1 mmol (0,4 g) beträgt die GS-Exkretion in den Darm 30–60 mmol/ Tag (12–24 g), sodass der GS-Pool täglich etwa 6- bis10-mal, also ca. 3-mal während jeder Mahlzeit rezirkuliert. Der fäkale GS-Verlust von 1 mmol/Tag entspricht der täglichen Syntheserate. Die GS-Ausscheidung im Urin liegt bei Gesunden unter 8 μmol/Tag.

Halbwertszeit. Die Halbwertszeiten der primären GS und der sekundären GS Desoxycholsäure betragen 2–3 Tage, die von Lithocholsäure weniger als 1 Tag.

Gallensäuren. Abb. 2. Hepatozytäre Aufnahme und Exkretion der Gallensäuren (Abkürzungen s. Fließtext)

G

528

Gallensäurepool

Funktion und Pathophysiologie. Beeinträchtigte Leberzellfunktion und Ausbildung portosystemischer Umgehungskreisläufe sind die wichtigsten Ursachen der Erhöhung der GS-Konzentration im Serum, Verlängerung ihrer Halbwertszeiten und Zunahme ihrer Ausscheidung im Urin bei nahezu allen akuten (z. B. Virushepatitis, toxische Leberschädigungen) und chronischen Lebererkrankungen (z. B. Zirrhose). Zusätzlich zu den quantitativen Veränderungen kommt es auch zu Verschiebungen des GS-Profils, z. B. des Desoxycholsäure zu Chenodesoxycholsäure-Verhältnisses, die jedoch für die einzelnen Lebererkrankungen nicht typisch sind und keine spezifischen GS betreffen. Bei intra- und extrahepatischer Cholestase treten sogenannte atypische GS mit anormaler Hydroxylierung, veränderten Seitenketten, Epimerisierungen, Allokonfiguration (5α-Cholansäure) und anderen Veränderungen auf, die möglicherweise in die Pathogenese der Cholestase eingreifen aufgrund ihrer Toxizität und Choleresehemmenden Wirkung. Zusätzlich kommt es zur vermehrten Ausscheidung sulfatierter und glukuronidierter GS mit Urin und Faeces. Hereditäre Enzymdefekte der GS-Synthese, peroxisomale Störungen, Deletionen und Mutationen kanalikulärer GS-Transporter führen zu teilweise hochgradigen Störungen des GS-Stoffwechsels.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin, Faeces, Gallenflüssigkeit

Probenstabilität. Probenstabilität im Serum beträgt bei 2–8 °C 1 Woche.

Präanalytik. Nüchternserum oder speziell ausgewiesenes postprandiales Serum (mit multiplen Blutentnahmen).

Analytik. Enzymatische Bestimmung der 3α-Hydroxy-Gallensäuren gemäß folgender Reaktion: 3-α-Hydroxygallensäuren + NAD+ säuren + NADH + H+ NADH + H+ + NTB

Diaphorase

3α-HSD

3-Keto-Gallen-

NAD+ + Formazan

In Gegenwart von NAD+ als Coenzym erfolgt mit der 3α-HydroxySteroid-dehydrogenase (3α-HSD) eine Oxidation der 3α-HydroxyGallensäuren zu den entsprechenden 3-Keto-Derivaten, wobei das gebildetete NADH + H+ mit Nitrotetrazolium-Blau (NTB) unter der katalytischen Wirkung von Diaphorase zu einem blauen FormazanDerivat umgewandelt wird, welches bei 500 nm photometrisch gemessen wird. Die GS-Konzentration wird über eine Standardkurve ermittelt. Radioimmunoassay (RIA)/Enzymimmunoassay (EIA): Sensitive und präzise Bestimmungsmethoden mit Spezifitäten für Cholsäure und Chenodesoxycholsäure und ihrer Konjugate mit Glycin, Taurin oder Sulfat. Gas-Flüssigkeitschromatographie, ggf. in Verbindung mit Massenspektrometrie: Im Vergleich zur enzymatischen Methode extensive Probenvorbereitung. Vorteile sind Bestimmungsmöglichkeiten spezifischer GS, konjugierter/nichtkonjugierter und sulfatierter/nichtsulfatierter GS.

Referenzbereich — Erwachsene. Nüchternserum: 0–6 μmol/L (Mittelwert ± Standardabweichung: 2,19 ± 1,28 μmol/L) Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle hepatobiliärer Erkrankungen.

Interpretation. GS-Erhöhungen im Nüchternserum sind sensitiver als Bilirubinerhöhungen für die Diagnostik hepatobiliärer Erkrankungen. Bei noch im Normbereich liegenden Bilirubinkonzentrationen sind GS-Konzentrationen im Nüchternserum bereits erhöht. Normale Serum-GS-Konzentrationen in Gegenwart von Hyperbilirubinämie weisen auf einen Ikterus durch Hämolyse oder kongenitale Hyperbilirubinämie hin. Erhöhte GS-Konzentrationen treten besonders bei Virushepatitis und bei intra- oder extrahepatischer Cholestase (z. B. primäre biliäre Zirrhose, primäre sklerosierende Cholangitis) und bei Zirrhose auf. Das Verhältnis von Cholsäure zu Chenodesoxycholsäure (normal 0,5–1,0) ist bei Zirrhose deutlich erniedrigt (0,1–0,5) und bei extrahepatischen Gallengangsobstruktionen erhöht (0,96–3,6).

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte GS-Konzentrationen im Nüchternserum sind eine sensitive Kenngröße der hepatobiliären Funktionsstörung. Postprandiale Serum-GS-Konzentrationen sind noch sensitiver als die im Nüchternserum, da Konzentrationserhöhungen bereits bei milden Lebererkrankungen auftreten. Die Messung soll etwa 1–2 h nach der Mahlzeit erfolgen und macht multiple Blutentnahmen notwendig. Erhöhungen der diagnostischen Sensitivität lassen sich mit einem oralen GS-Belastungstest und einem Cholezystokinin-Provokationstest erreichen. Literatur. Chiang JYL (2004) Regulation of bile acid synthesis: pathways, nuclear receptors, and mechanisms. J Hepatol 40:539–551

Gallensäurepool A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Gallesalzpool Englischer Begriff. bile acid pool Definition. Als Gallensäurepool bezeichnet man den Gesamtbestand des Körpers an Gallensäuren, der mit enterohepatischer Zirkulation, Gallensäuresynthese und -elimination eine beträchtliche Dynamik aufweist. i Die Menge zirkulierender 7 Gallensäuren (Gallensäurepool) be-

trägt 2–4 g (5–10 mmol). Der Pool wird gespeist von einer täglichen Syntheserate der gesamten Gallensäuren von ~0,4 g (1 mmol), der eine gleich hohe fäkale Gallensäureexkretion von 0,4 g (1 mmol) und eine renale Elimination von kleiner 8 μmol pro Tag gegenüber steht. Bei einer täglichen Gallensäureexkretion in den Darm von 12–24 g (30–60 mmol) bedeutet dies eine enterohepatische Zirkulation des Gallensäurepools von 6- bis 10-mal pro Tag, also etwa 3-mal pro Mahlzeit. Im enterohepatischen Kreislauf der Gallensäuren sind Hepatozyten als Synthese- und Reexkretionsort, die Mukosa des terminalen Ileums und Kolons als intestinale Orte der aktiven und passiven Gallensäureresorption und der Portalkreislauf als Transportweg zur Leber entscheidende, bei zahlreichen intestinalen Erkrankungen veränderte Funktionsgrößen. In den Kreislauf sind Gallenblase und oberer Dünndarm als zwei Speicher eingeschaltet, die durch Kontraktion als mechanische Pumpsysteme die Gallensäuren weiterbefördern. Die hepatische Aufnahme von Gallensäuren durch die Hepatozyten ist ein sehr effektiver Prozess, da 80–90 % bereits bei der ersten Leberpassage extrahiert werden (~450 μmol Gallensäuren pro Stunde), sodass trotz der über 6-fach höheren Gallensäurekonzentration im Portalvenenblut üblicherweise nur sehr gerínge Mengen im Lebervenenblut (1–4 μmol/L) verbleiben. Der vektorielle Transfer der Gallensäuren vom Portalblut über die Hepatozyten in den Gallekanalikulus wird durch die koordinierte Nutzung spezifischer basolateraler (sinusoidaler), z. B. NTCP, OATP, zytosolischer und kanalikulärer, z. B. BSEP, MRP2, MDR3, Transportsysteme der Hepatozyten ermöglicht. Unter Normalbedingungen ist der aktive Transport der Gallensäuren durch die kanalikuläre Membran der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Gallebildung und gleichzeitig der vulnerabelste Mechanismus bei Lebererkrankungen. Er wird bereitgestellt durch unidirektionale ATPabhängige Exportpumpen, die teilweise zur Gruppe der Multi-drugresistance-Proteine (MRP) gehören. Für mehrere hereditäre Formen der Cholestase sind Mutationen kanalikulärer Transporter nachgewiesen worden, z. B. progressive familiäre intrahepatische Cholestase (Byler-Erkrankung), Dubin-Johnson-Syndrom und intrahepatische Schwangerschaftscholestase.

Literatur. Hofmann AF (2009) Bile acids: trying to understand their chemistry and biology with the hope of helping patients. Hepatology 49:1403–1418

Gallepigmente A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Gallefarbstoffe Englischer Begriff. bile pigments

Ganja

Definition. Gallepigmente entstehen durch den Abbau des 7 Hämoglobins und des daraus erzeugten Bilirubins im Intestinaltrakt und treten in Serum, Urin, Galle und Faeces als Bilirubin, Urobilinogen, Urobilin, Sterkobilinogen und Sterkobilin auf. i Die verschiedenen Gallepigmente 7 Urobilinogen, 7 Urobilin, 7 Sterkobilinogen, 7 Sterkobilin werden im Darm durch mikrobiellen oxidoreduktiven Abbau des 7 Bilirubins erzeugt und vorwiegend mit dem Faeces exkrementiert. Eine kleinere Fraktion von 10–15 % wird reabsorbiert und erreicht über die enterohepatische Zirkulation die Leber, wo eine erneute Elimination in den Darm erfolgt. Eine Fraktion von < 2 % der Gallepigmente wird mit 1,0–3,5 mg/Tag renal eliminiert. Der ausgeschiedene Hauptmetabolit im Faeces ist Sterkobilin (40–280 mg/Tag). Die genannten Metabolite sind für die Braunfärbung des Stuhls und die Urinfärbung verantwortlich.

Gallesalzpool 7 Gallensäurepool

529

Definition. Erhöhung der Immunglobulinkonzentration im Blut. i Eine Erhöhung der 7 Immunglobuline im Blut wird als Gam-

mopathie bezeichnet. Unterschieden werden dabei monoklonale, oligoklonale und polyklonale Gammopathien. Die polyklonale (oligoklonale) Gammopathie ist auf die Stimulation vieler (nur einiger) B-Zellklone z. B. im Rahmen einer Infektion, Leberzirrhose, chronischen Entzündung usw. zurückzuführen. Dem gegenüber steht die monoklonale Gammopathie, bei der es zu einer Vermehrung eines antigenetisch, strukturell und funktionell einheitlichen Immunglobulins kommt (7 Gammopathie, monoklonale).

Literatur. Thomas L (1995) Immunsystem – Monoklonale Gammopathien. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

Gammopathie, monoklonale

G

H. Baum

Gameten R. Weiskirchen

Synonym(e). Keimzellen Definition. Geschlechtszellen, also Eizellen und Spermien, die nur

Englischer Begriff. monoclonal gammopathy Definition. Zunahme eines antigenetisch, strukturell und funktionell einheitlichen Immunglobulins oder Immunglobulinbruchstückes, die exzessive Ausmaße erreichen kann.

einen einfachen (7 haploiden) Chromosomensatz aufweisen

i Die monoklonale Gammopathie ist eine exzessive Vermehrung

i Die Gameten werden bei den tierischen Vielzellern in den männ-

eines antigenetisch, strukturell und funktionell einheitlichen Immunglobulins oder eines Immunglobulinbruchstückes bei Leukosen der B-Zellreihe. Auf Grund des exprimierten Immunglobulins werden die monoklonalen Gammopathien den Klassen IgG, IgA, IgM, IgD und IgE sowie den Leichtkettentypen Kappa und Lambda zugeordnet. Die monoklonalen Gammopathien werden in symptomatische und maligne Formen, fakultative Formen, die monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) und passagere Formen eingeteilt (7 Tab. 1).

lichen (Hodenkanäle) und weiblichen (Ovarien) Geschlechtsdrüsen gebildet. Die männlichen Gameten werden als Samenzellen oder Spermien, die weiblichen Gameten als Eizellen oder Oozyte bezeichnet. Im Gegensatz zu den Gameten besitzen Körperzellen einen doppelten (7 diploiden, 2n) Chromosomensatz. Die menschliche Eizelle ist mit 0,12–0,15 mm Durchmesser eine der größten Zellen des Körpers. Die Bildung der Gameten erfolgt schon außerordentlich früh in der Individualentwicklung, die ersten Urkeimzellen lassen sich im Embryo etwa in der dritten Schwangerschaftswoche nachweisen, sie entwickeln sich im Rindengewebe der Keimdrüsen zu Ureizellen. Reift eine Eizelle heran, bilden die Bindegewebszellen des Follikels eine einschichtige Zelllage aus. Zwischen diesem Follikelepithel und der Oozyte wird die Zona pellucida abgesondert. Damit ist der Primärfollikel gebildet. Während der Pubertät setzt eine neue Wachstumsphase ein, das Epithel einiger Primärfollikel wird dann mehrschichtig. Diese Sekundärfollikel wandern ins Innere des Eierstocks, während im Follikelepithel, das die Eizelle umgibt, flüssigkeitserfüllte Hohlräume auftreten, die sich bald untereinander vereinigen. Die Eizelle selbst liegt, von einem Epithel umgeben, in der Innenwand dieser Blase. Dieses Gebilde nennt man Tertiär- oder Graaf-Follikel. In diesem Zustand verbringt das Ei eine Ruheperiode von oft mehreren Monaten, bis unter 7 Hormonwirkung ein weiteres Wachstum und schließlich die Abgabe des Eies im Eisprung (Follikelsprung) erfolgen. Die männlichen Keimzellen (Länge der menschlichen Spermien etwa 0,06 mm) bestehen aus einem Kopf, Hals, Mittelstück und Schwanz. Über die äußere Spitze des Spermienkopfs, das sog. Akrosom, dringt das Spermium in die Eizelle ein.

Literatur. Scharf KH, Weber W (1980) Fortpflanzung und Entwick-

Gammopathie, monoklonale. Tab. 1. Einteilung der monoklonalen Gammopathien [nach Thomas (1995)] Gammopathieformen monoklonale symptomatische

fakultativ monoklonale

monoklonale unbekannter Signifikanz (MGUS)

obligat einhergehende hämatologische Systemerkrankungen: 5 Multiples Myelom 5 Morbus Waldenström (IgM-Paraproteinämie) 5 Kälteagglutininkrankheit 5 Schwerkettenkrankheit

begleitend bei anderen NonHodgkinLymphomen (z. B. CLL)

keiner Grunderkrankung zuzuordnen und ohne klinische Symptomatik, tritt mit zunehmender Häufigkeit mit steigendem Lebensalter auf (3 % bei über 80-Jährigen, > 6 % bei über 90-Jährigen).

lung. Hermann Schroeder Verlag, Hannover

Literatur. Thomas L (1995) Immunsystem – Monoklonale Gammo-

Gamma-GT 7 γ-Glutamyltransferase

Gamma-trace 7 Liquor-Cystatin C

Gammopathie H. Baum

Synonym(e). Hypergammaglobulinämie Englischer Begriff. gammopathy

pathien. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York, S 1178–1179

Gangliosid-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Ganglioside

Ganja T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

530

Gaschromatographie

Gaschromatographie T. Arndt

Synonym(e). GSC; GLC; GC Englischer Begriff. gas chromatography Definition. Eine Form der 7 Chromatographie, bei der die mobile Phase gasförmig ist (sog. Trägergas) und die stationäre Phase fest (Gas-Festchromatographie, GSC) oder flüssig (Gas-Flüssigchromatographie, GLC).

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die chromatographische Trennung der Probenbestandteile beruht auf der, in Abhängigkeit von ihrer physikochemischen Natur unterschiedlich stark ausgeprägten, wiederholten Adsorption und Desorption der Substanzen an der 7 stationären Phase. Dabei führen starke Wechselwirkungen zu einer großen zeitlichen Verzögerung und dadurch späten Elution der Substanzen von der Trennsäule, während nur schwach ausgeprägte Wechselwirkungen zu einem schnellen Eintreffen der entsprechenden Substanzen im Detektor führen. Einsatzgebiet. Im Unterschied zur nahezu universell einsatzbaren

hat erheblichen Einfluss auf das Trennergebnis (s. Lehrbücher der Chromatographie). Eine wichtige Variante der Probeninjektion ist die sog. Headspace-Technik. Hierbei wird die Analysenprobe nicht aus der im flüssigen oder festen Zustand vorliegenden Probe gezogen, sondern aus der über ihr befindlichen und mit ihr im thermodynamischen Gleichgewicht stehenden Gasphase. Man spricht dann von Headspace-Gaschromatographie. Eine wichtige Anwendung dieser Technik ist die Analyse von Ethanol im Blut. Die GC-Trennsäulen werden in gepackte Säulen (1–50 mm Innendurchmesser) und Kapillarsäulen (30–500 μm Innendurchmesser, 1–100 m Länge) unterschieden. Die stationäre Phase liegt als dicht gepacktes Sorbens (GSC) oder als ein dünner Flüssigkeitsfilm (GLC) vor. Wichtige Detektoren der GC sind: 5 Elektroneneinfang-Detektor (ECD), 5 Flammenionisations-Detektor (FID), 5 Stickstoff/Phosphor-Detektor (NPD), 5 Massenspektrometer (MS), 5 Wärmeleitfähigkeits-Detektor (WLD). Eine Zusammenstellung von Prinzipien, Einsatzgebieten und Leistungsfähigkeit einiger Detektoren gibt Hübschmann (1996).

7 Flüssigkeitschromatographie kann die Gaschromatographie nur zur Analyse von gasförmigen oder z. B. durch 7 Derivatisierung leicht in die Gasphase überführbaren Analyten eingesetzt werden. Ein wichtiges Einsatzgebiet im klinisch-chemischen Labor sind Medikamenten- und Drogenbestimmungen sowie die Blutalkoholanalyse.

Spezifität. In Abhängigkeit von der Qualität der chromatographischen Trennung und der Selektivität des Detektors ist die Spezifität der Methode ausreichend bis außerordentlich hoch. Die Kombination mit einem 7 Massenspektrometer (GC-MS) gilt als Referenzmethode in der forensischen Drogen- und Betäubungsmittelanalytik.

Untersuchungsmaterial. Es sind alle Körpermaterialien geeignet, so-

Sensitivität. Die Sensitivität hängt stark von der analytischen Fragestellung und dem Detektortyp ab. Die Nachweisgrenzen liegen zwischen 10-9 (WLD) und 10-12 g/mL (FID).

fern die Analyte gasförmig vorliegen oder zerstörungsfrei in die Gasphase überführt werden können.

Instrumentierung. Ein Gaschromatograph (7 Abb. 1) besteht aus einem Gasreservoir, einer Probenaufgabeeinheit, der Trennsäule und einem Detektor. Das Trägergas (oft Stickstoff oder Helium) befindet sich in einer Druckflasche. Durch Ventile wird der für den Analyseprozess erforderliche Druck eingestellt, der gleichzeitig zum Transport der 7 mobilen Phase (Trägergas) durch den Gaschromatographen dient. Die Probenaufgabetechnik (Injektion mit oder ohne Split zur Reduktion der Trennsäulenbelastung sowie mit oder ohne Temperaturprogramm zur Verdampfung von Probe oder Probenbestandteilen)

Fehlermöglichkeit. Fehler in der Probenvorbereitung, z. B. durch Analytverluste, können durch Einsatz eines internen Standards oder durch das Prinzip der 7 Standardaddition kompensiert werden. Eine unzureichende Spezifität des Detektors bei ungenügender chromatographischer Trennung von mehreren Probenkomponenten kann zu Fehlbestimmungen des Analyten führen. Dies kann durch eine Veränderung der Eigenschaften der mobilen und/oder stationären Phase, durch eine modifizierte Flussrate der mobilen Phase, durch längere oder dichter gepackte Trennsäulen etc. verhindert werden. Die Spezifität einer chromatographischen Analyse hängt in entscheidendem

Gaschromatographie. Abb. 1. Schema einer Apparatur zur Gaschromatographie. 1 = Trägergasflasche; 2 = Trägergas; 3 = Vergleichsgas; 4 = Manometer; 5 = Proben-Injektionsspritze; 6 = Proben-Aufgabevorrichtung, heizbar; 7 = Trennsäule; 8 = Säulenraum, thermostatisierbar; 9 = Detektor (hier Wärmeleitfähigkeitsmesszelle); 10 = Strömungsmesser; 11 = Schreiber; 12 = Kühlfalle für präparative Gaschromatographie [aus: Latscha (2004)]

Gastrin

Maße von der Qualität der chromatographischen Trennung der Probenbestandteile ab.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Im Unterschied zur HPLC, werden Gaschromatographen gewöhnlich als Komplettsysteme angeboten. Die Anschaffungspreise betragen mehrere Zehntausend Euro. Komplettkits zur Durchführung von GC-Analysen sind nicht verfügbar, sodass im Allgemeinen Eigenentwicklungen mit oft geringen Materialkosten zum Einsatz kommen. Wesentliche Kostenfaktoren sind dann die GC-Trennsäule und das in höchstem Reinheitsgrad erforderliche Trägergas.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die GC ist eine ausgereifte Methode mit hoher Robustheit im Routinebetrieb. Als eigenständige Methode hat sie in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung im Vergleich zur 7 Flüssigkeitschromatographie („high performance liquid chromatography“, HPLC) verloren. In Kombination mit einem massenspektrometrischen Detektor hat sie allerdings noch immer eine herausragende Stellung in der forensischen Analytik. Literatur. Hübschmann HJ (1996) Handbuch der GC-MS. Grundlagen und Anwendung. VCH, Weinheim Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie Basiswissen III. Springer, Berlin Heidelberg New York

Gaschromatographie-Massenspektrometrie 7 GC-MS

Gasdichte W.G. Guder

Englischer Begriff. gas tightness

gesetzt. Ein Prüfröhrchen enthält jeweils die Reagenzien zum Nachweis eines bestimmten Bestandteils, z. B. von Aceton, Benzol, Blausäure, Formaldehyd, Schwefelkohlenstoff, Schwefelwasserstoff, Tetrachlorkohlenstoff, Toluol, Trichlorethan, Trichlorethylen. Mit Hilfe einer Pumpe wird die Gasprobe durch das Prüfröhrchen gesaugt. Bei Anwesenheit des entsprechenden Bestandteils findet sich eine mehr oder minder deutliche Farbänderung des Indikators. Die Röhrchen sind u. a. von der Fa. Dräger zu beziehen.

Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M (1976) Einfache Untersuchungen auf Gifte im klinisch-chemischen Laboratorium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Gasspürröhrchen 7 Gasprüfröhrchen

Gastrin H.M. Schulte, J. Jacobeit

Englischer Begriff. gastrin Definition. Oligopeptid, das in den G-Zellen von Antrum und Duodenum gebildet und bei Vagusreiz, Dehnung im Bereich des Antrums, pH-Anstieg des Magensafts über 2,5 sowie bei Alkohol- und Koffeingenuss an das Blut abgegeben wird.

Struktur. Als Oligopeptid mit beispielsweise 14, 17 oder 34 Aminosäuren in verschiedenen Formen vorliegendes Hormon: „Little Gastrin“: 5 G-17-I (18-34-Gastrin I) 5 G-17-II (18-34-Gastrin II)

Definition. Mit dem Begriff „gasdicht“ wird die Eigenschaft eines

„Big Gastrin“ (1-34-Gastrin): 5 zwei Isoformen

Materials beschrieben, den Gasaustausch über dieses Material zu verhindern.

Molmasse. Gastrin 17 (2098 Da)

i Gasaustausch wurde als Fehlerquelle bei der Blutgasanalyse be-

schrieben [Müller-Plathe (1992)]. Nach Aufnahme von arteriellem oder venösem Blut in Plastikgefäße wurde eine raschere Zunahme des Sauerstoffdrucks beobachtet als bei Aufnahme der Probe in eine Glasspritze. Dieser durch Gasaustausch mit der Luft bedingte Einfluss war verstärkt, wenn die Gefäße eisgekühlt waren. In ähnlicher Weise kann CO2 bei längerer Lagerung entweichen. Aus diesen Erfahrungen wurden internationale Empfehlungen ausgesprochen, die eine richtige Messung der Gaskonzentrationen im Blut sichern.

Literatur. Müller Plathe O, Heyduck S (1992) Stability of Blood Gases, Electrolytes and Haemoglobin in Heparinized Whole Blood Samples: Influence of the Type of Syringe. Eur J Clin Chem Clin Biochem 30:349–355 Burnet RW, Covington AK, Fogh-Andersen N et al (1995) Approved IFCC Recommendations on Whole Blood Sampling, Transport and Storage for Simultaneous Determination of pH, Blood Gases, and Electrolytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 33:247–253

Gas-Fest-Chromatographie 7 Chromatographie; 7 Gaschromatographie

Gas-Flüssig-Chromatographie 7 Chromatographie; 7 Gaschromatographie

531

Gastrin 34 (3839 bzw. 3919 Da)

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bildungsorte des Gastrins sind die Schleimhäute von Antrum, Duodenum und proximalem Jejunum. Die Freisetzung des Hormons wird durch Nahrungsaufnahme induziert. Die Hauptwirkung des Gastrins besteht in der Stimulierung der Parietalzellen des Magens zur Säureproduktion. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparinoder EDTA-Plasma

Probenstabilität. Die Blutprobe soll innerhalb von 30 min nach Abnahme abzentrifugiert, bei –20 bis –70 °C eingefroren und bei Postversand unter Verwendung einer Spezialverpackung versandt werden. Lagerung bei 4 °C für 48 h führt zu einem 50 %-igen Verlust der Gastrinaktivität.

Präanalytik. Die Blutentnahme erfolgt morgens am nüchternen Patienten nach 12 h Nahrungskarenz. Antacida, H2-Blocker und Anticholinergica sollten mindestens einen Tag, Protonenpumpenhemmer mindestens zwei Tage vorher abgesetzt werden. Die Gastrinbestimmung wird durch Lipämie oder Hämolyse gestört.

Analytik. 7 Immunoassay Konventionelle Einheit. pg/mL (ng/L) Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. pg/mL × 0,455 =

Gasprüfröhrchen

pmol/L

W.-R. Külpmann

Referenzbereich — Frauen. < 100 ng/L (nüchtern)

Synonym(e). Gasspürröhrchen; Drägerröhrchen

Referenzbereich — Männer. < 100 ng/L (nüchtern)

Englischer Begriff. gas test tube

Indikation.

Definition. Messeinrichtung zum Nachweis von Gasinhaltsstoffen i Die Prüfröhrchen werden zur chromometrischen Gasanalyse ein-

5 Schweres peptisches Ulcusleiden, insbesondere mit Diarrhoe 5 Rezidivulcera nach Magenteilresektion 5 Schwere Refluxösophagitis, insbesondere mit Diarrhoe.

G

532

Gastrin nach Sekretinstimulation

5 Chronische (sekretorische) Diarrhoe 5 Massive gastrale Hypersekretion 5 Verdacht auf multiple endokrine Neoplasie (MEN) Typ I, erweiterte Abklärung jedes primären Hyperparatheoidismus im Rahmen des Ausschlusses einer MEN Typ I oder IIa.

Interpretation. 5 5 5 5

Gastrinom (Zollinger-Ellison-Syndrom) gastrale G-Zell-Hyperplasie, Helicobacter-pylori-Gastritis Ulcus duodeni Postvagotomiesyndrom

Bei verminderter Magensäuresekretion finden sich folgende Veränderungen der Konzentration von Gastrin im Serum: 5 chronisch atrophische Gastritis 5 perniziöse Anämie 5 Achlorhydrie 5 gastrektomierte Patienten

Diagnostische Wertigkeit. Zur Differenzialdiagnostik einer Hypergastrinämie sollte der Sekretin-Provokationstest durchgeführt werden. Schwierigkeiten in der Beurteilung bei Einnahme von ProtonenPumpen-Blockern; vor einer Gastrinbestimmung muss die Therapie abgesetzt werden.

Literatur. Carrozza C, Lulli P, Santini SA et al (2003) Comparison Between Standard and Rapid Assay for Intraoperative Gastrin Measurements. Clin Chim Acta 335:171–172 Jais P, Mignon M, Rehfeld JF (1997) Processing-Independent Assay of Serum Gastrin for Diagnosis of Liver Metastases in the ZollingerEllison Syndrome. GRESZE (Groupe de Recherche et d’Etude du syndrome de Zollinger-Ellison). Int J Cancer 71:308–309

Gastrin nach Sekretinstimulation 7 Sekretin-Gastrintest

Gastrin-inhibierendes Peptid 7 Gastrointestinales Peptid

Indikation. Charakterisierung von gastrointestinalen neuroendokrinen Tumoren.

Literatur. Fallert-Müller A (2000) Lexikon der Biochemie. SpektrumVerlag, Heidelberg Lacroix A (2001) Illicit hormone receptors in adrenal Cushing’s syndrome. Ann Endocrinol 62:185–188

GAT 7 Granulozyten-Agglutinationstest

Gateway O. Colhoun

Englischer Begriff. Gateway Definition. Schnittstelle zwischen zwei Kommunikationssystemen (z. B. Labor-EDV-Server und 7 KIS), über die ein Datenaustausch auch dann gewährleistet ist, wenn beide Systeme mit unterschiedlichen Übertragungsprotokollen arbeiten. i Mit Hilfe des Gateway wird der Zugriff von einem System auf das andere ermöglicht. Gateways werden z. B. zur Verbindung zweier unterschiedlicher lokaler Computernetzwerke eingesetzt oder wenn von einem lokalen Netz auf das Internet zugegriffen werden soll. In einem Computernetzwerk übernimmt meist ein Computer die Rolle eines Gateway, wobei dieser dann die Verbindung zu einem Netzwerk herstellt, das mit einem anderem Übertragungsprotokoll arbeitet, und zum Datenaustausch zwischen den Netzen dient. Der Gateway übernimmt in diesem Fall die Umsetzung der Übertragungsprotokolle und die Codekonvertierung.

Literatur. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus Mannheim Leipzig Irlbeck T, Langenau F, Mayer F (2002) Beck EDV-Berater im dtv: Computer-Lexikon. Deutscher Taschenbuch-Verlag GmbH & Co. KG, München

Gaucherzelle H. Baum

Gastrointestinales Peptid S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). GIP; Gastrin-inhibierendes Peptid; Enterogastron; Inkretin

Englischer Begriff. gastric inhibitory polypeptide Definition. Das gastrointestinale Peptid ist ein Hormon der Glukagon-Sekretin-VIP-Familie des Gastrointestinaltrakts, welches glukoseabhängig die Insulinfreisetzung fördert und die Magensaftsekretion vermindert.

Struktur. Das Gastrointestinale Peptid besteht aus 43 Aminosäuren und wird aus einer 153 Aminosäuren zählenden Vorform durch Prozessierung gebildet. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Gastrointestinale Peptid wird unter der Wirkung des sauren Chymus im Duodenum synthetisiert. Es hemmt die Magensäuresekretion und -motilität, und stimuliert glukoseabhängig die Insulinfreisetzung in den B-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas. Rezeptoren für das gastrointestinale Peptid wurden im Pankreas, Magen, Duodenum, Dünndarm, Fettgewebe, Gehirn und der Hypophyse beschrieben. Funktion und Pathophysiologie. Erhöhte Nüchternwerte werden beim juvenilen Diabetes und im Hungerzustande beobachtet. Eine abnorme oder ektope Expression von GIP-Rezeptoren auf der Nebennierenrinde wurde im Zusammenhang mit unilateralen Adenomen oder bilateralen makronodulären Hyperplasien der Nebennieren gefunden. Folge war eine gesteigerte Kortisol-Produktion im Rahmen eines ACTH-unabhängigen Hyperkortisolismus.

Englischer Begriff. Gaucher cell Definition. Lipidbeladene Zellen retikuloendothelialen Ursprungs bei Morbus Gaucher. i Gaucherzellen sind das typische morphologische Korrelat des

Morbus Gaucher, der häufigsten lysosomalen Speicherkrankheit vom Typ der Sphingolipidosen. Besonders zahlreich sind diese Zellen in Milz, Leber, Knochenmark und Lymphknoten nachweisbar. Pathophysiologisch liegt ein Mangel des lysosomalen Enzyms β-Glucosidase zugrunde, der zu einer Akkumulation von Glukosylceramid, einem toxischen Zwischenprodukt des Gangliosidmetabolismus in diesen Zellen führt. Die Gaucherzelle ist groß ( 20–100 μm), der Kern rund oder oval und oft exzentrisch gelegen. Es können auch mehrkernige Gaucherzellen vorkommen. Das Zytoplasma ist blassrosa mit stäbchenförmigen Einschlüssen. Die Gaucherzelle zeigt eine Autofluoreszenz, im Zytoplasma kann eine tartratresistente saure Phosphatase nachgewiesen werden und sie ist PAS-positiv.

Literatur. Parwaresch MR, Radzun HJ, Nachbaur D et al (1992) Erkrankungen des Monozyten-/Makrophagensystems. In: Huber H, Löffler H, Pastner D (Hrsg) Diagnostische Hämatologie. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 786–789

Gauß, Carl Friedrich R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Lebensdaten. Deutscher Mathematiker, geboren am 30. April 1777 in Göttingen, gestorben am 23. Februar 1855 in Braunschweig

Verdienste. C. F. Gauß gilt als einer der bedeutendsten Mathematiker. Wie kaum ein anderer hat er ausgehend von praktischen Aufgaben-

GC-MS

stellungen ein Problem erfasst und dann bis zur höchsten theoretischen Abstraktion durchdacht. Dies begründet sein Platz nicht nur in der Geschichte der Mathematik sondern auch in der Astronomie, Geodäsie und Physik. Besondere Bedeutung für die Analyse von Messreihen haben seine wahrscheinlichkeitstheoretischen Schriften aus den Jahren 1821–1823, die sich aus der Abstraktion geodätischer Problemstellungen bei Landvermessungen unter anderen im Harz und in der Lüneburger Heide ergaben. Hierbei begründete er die Methode der kleinsten Quadrate zum Ausgleich von Beobachtungsfehlern und beschäftigte sich mit dem Problem der Ausgleichsgeraden.

Literatur. Wußing H (1989) Carl Friedrich Gauß. B.G. Teubner, Leipzig

Gauß-Verteilung 7 Normalverteilung

533

Literatur. Haddad JG (1995) Plasma Vitamin D-binding protein (Gcglobulin): multiple tasks. J Steroid Biochem Molec Biol 53:579–582 White P, Cooke N (2000) The multifunctional properties and characteristics of vitamin D-binding protein. Trends Endocrinol. Metabol. 11:320–327

GC-MS B. Güssregen

Synonym(e). Gaschromatographie-Massenspektrometrie Englischer Begriff. GC-MS Definition. Eine besonders leistungsfähige Analysenmethode, bei der ein Substanzgemisch mit Hilfe der 7 Gaschromatographie (GC) aufgetrennt und mit einem Massenspektrometer (7 Massenspektrometrie) detekiert wird.

CBP-35

Physikalisch-chemisches Prinzip. Voraussetzung für eine GC-MS-

7 Galectin 3

Analyse ist, dass sich die zu analysierende Substanz unzersetzt in die Gasphase überführen lässt, was durch eine chemische Derivatisierung erreicht wird. Verschiedenste Derivatisierungsreagenzien kommen zum Einsatz, bei denen gezielt durch chemische Modifikation freier OH- bzw. NH-Gruppen die Polarität des Analyten erniedrigt und damit die Verdampfbarkeit erhöht wird. Als Derivatisierungsreagenz wird häufig BSTFA oder MSTFA (Silylierung) oder TMSH (Methylierung) verwendet. Die Ionisierung der Substanzen in der Ionenquelle erfolgt meist in der EI-Quelle (Elektronenstoßionisation), mit einer bei allen Geräten einheitlichen Energie von 70 eV. Durch diese hohe Ionisierungsenergie werden die Moleküle fast vollständig fragmentiert und die daraus resultierenden Massenspektren sind geräteunabhängig vergleichbar. Als Massenspektrometer kommen am häufigsten Single-Quadrupole zum Einsatz, die je nach Anwendung im Full Scan oder im SIM(single ion monitoring)-Modus arbeiten (7 Massenspektrometrie).

GBM-Antikörper 7 Autoantikörper gegen glomeruläre Basalmembran

GC 7 Gaschromatographie

GC2 7 Kapillar-Gaschromatographie

Gc-Globulin A.M. Gressner, O.A. Gressner

protein

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin, Mageninhalt, Extrakte aus Faeces und Haarproben, Nahrungsmittel, Pharmaka u. a.

Englischer Begriff. group-specific-globulin, vitamin D-binding pro-

Instrumentierung. Gaschromatograph und Massenspektrometer

Synonym(e). Gruppenspezifisches Globulin; Vitamin-D-Bindungs-

tein

Definition. Konstitutiv in Hepatozyten synthetisiertes, ausgedehnte

strukturelle Homologien zu Albumin, 7 α₁-Fetoprotein und Afamin aufweisendes, polyfunktionelles Plasmaprotein mit Bindungs- und Transporteigenschaften für Vitamin D, Aktin und C5a.

Molmasse. ~58 kDa i Das in Hepatozyten konstitutiv synthetisierte, elektrophoretisch

in der α2-Globulin-Fraktion wandernde Glykoprotein weist ausgeprägte strukturelle Homologien zu 7 Albumin und α1-Fetoprotein auf. Die Gene sind auf dem langen Arm von Chromosom 4 (4q11 bis q22) lokalisiert. Ausgeprägter Polymorphismus (> 124 Varianten), die drei wichtigsten Phänotypen sind: Gc-2, Gc-1-slow, Gc-1-fast. Plasmakonzentration: 0,2–0,5 g/L. Funktionen: 5 Bindung und Transport von Vitamin D-Steroide: 25-OH-Vitamin D > 1,25 (OH)2-Vitamin D > Vitamin D. Weniger als 5 % des Proteins sind mit Vitamin D besetzt 5 Bindung von G-Aktin: Neben Gelsolin wichtigstes Protein des Aktin-Scavenger-Systems im Plasma 5 Bindung und Transport von Komplementfaktor C5a: Protektion gegenüber Proteolyse, Verlängerung der Halbwertszeit von C5a, Erhöhung von dessen chemotaktischer Aktivität 5 Bindung und Transport von ungesättigten Fettsäuren und Endotoxin (Lipopolysacchariden) 5 Zelloberflächenbindung an und Aktivierung von Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten, neutrophilen Granulozyten. Eine klinische Indikation für die Bestimmung von Gc-Globulin im Plasma oder anderen Körperflüssigkeiten besteht zurzeit nicht. Konzentrationsveränderungen (Abnahme) nur bei sehr schweren Lebererkrankungen, Erhöhungen bei hochdosierter Östrogengabe.

Spezifität. GC-MS gilt in der Umweltanalytik und in der forensischen Analytik nach wie vor als Referenzmethode. Durch die hohe Trennleistung der GC-Säule und die anschließende massenspektrometrische Detektion ist die Spezifität außerordentlich hoch.

Sensitivität. GC-MS ist, abhängig vom Analyten und der Methode, außerordentlich sensitiv. So liegt die Nachweisgrenze z. B. von Tetrahydrocannabinol bei 0,1 ng/mL.

Fehlermöglichkeit. Fehler in der Probenvorbereitung können durch den Einsatz von deuterierten Standards kompensiert werden. Analyte mit ähnlichen Massenspektren (z. B. Morphin und Hydromorphon) müssen chromatographisch (7 Chromatographie) getrennt werden um Fehlbestimmungen zu vermeiden.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Anschaffungspreise liegen bei € 150.000. Den hohen Anschaffungskosten stehen niedrige Verbrauchskosten und höherwertige Abrechnungskennziffern nach GOÄ und EBM gegenüber. Bewertung/Methodenhierarchie. Die Vorteile gegenüber der HPLC mit UV/VIS Detektion (7 UV/VIS-Spektrometrie) sind: 5 Höhere Spezifität und Empfindlichkeit Die Nachteile gegenüber 7 LC-MS-Techniken sind: 5 Probenvorbereitung erforderlich 5 längere Laufzeit 5 eingeschränkter Massenbereich des Analyten (bis 1 kDa) 5 mehr Untersuchungsmaterial erforderlich 5 eingeschränktes Analytspektrum In der 7 Methodenhierarchie wird die GC-MS zunehmend durch die LC-MS ersetzt.

G

534

GCP

Literatur. Hübschmann HJ (1996) Handbuch der GC-MS, Grundlagen und Anwendung. VCH Weinheim

GCP 7 Gute klinische Praxis

G-CSF H. Baum

Englischer Begriff. G-CSF; granulocyte colony-stimulating-factor Definition. Hämatologischer Wachstumsfaktor, der die Proliferation myeloischer determinierter Vorläuferzellen und deren Ausdifferenzierung zu neutrophilen Granulozyten stimuliert. i G-CSF ist ein Polypeptid und Mitglied der Familie der hämato-

schen Aufwendungen und Leistungen werden im Kapitel M „Laboratoriumsuntersuchungen“ behandelt, das sich in die Bereiche MI (Vorhalteleistungen in der eigenen, niedergelassenen Praxis), MII Basislabor, MIII (Untersuchungen von körpereigenen oder körperfremden Substanzen und körpereigenen Zellen) und MIV (Untersuchungen zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern) untergliedert. Gewöhnlich werden Leistungs- und Vergütungsziffern der GOÄ in der Labor-EDV hinterlegt (Verknüpfung der Analysen-Stammdaten mit der jeweiligen Gebührenziffer), um die durchgeführten Laboratoriumsuntersuchungen über EDV abrechnen zu können.

Literatur. Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) (2003) UV-GOÄ. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln

Gefahrensymbole, Gefahrenpiktogramme

logischen Wachstumsfaktoren mit einer Molmasse von 19,6 kDa. Das Gen von G-CSF ist auf dem Chromosom 17 lokalisiert und wird von 7 Makrophagen, Endothelzellen und Fibroblasten synthetisiert. In vitro stimuliert G-CSF die Formation von granulozytären Kolonien. In vivo stimuliert G-CSF überwiegend die CFU-GM-Vorläuferzellen zur Ausreifung in Richtung der granulopoetischen Vorläuferzelle (CFUG) und deren weiteren Ausreifung. Darüber hinaus ist G-CSF ein potenter Aktivator der neutrophilen Granulozyten.

7 Gefahrstoffpiktogramme

Literatur. Nagata S, Tsuchiya M, Asano S et al (1986) Molecular clon-

Definition. National und international definierte symbolische Zei-

ing and expression of cDNA for the human granulocyte colony-stimulating factor. Nature 319:415–418

GD-Antigen 7 Sia-Ib-Antigen

Gefahrstoffpiktogramme T. Arndt, W.G. Guder

Synonym(e). Gefahrensymbole; Gefahrenpiktogramme Englischer Begriff. Safety labels chen zur Kennzeichnung gefährlicher Eigenschaften von Stoffen am Arbeitsplatz und beim Transport. i Die Gefahrstoffpiktogramme müssen an allen entsprechenden

Behältern und Arbeitsplätzen angebracht sein, um die Gefahren unabhängig von der Sprache zu erkennen. Eine Auswahl der Gefahrstoffpiktogramme zeigt 7 Abb. 1.

GD1a- und -1b-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Ganglioside

GDH 7 Glutamatdehydrogenase

Gebrauchsmessnormal W.R. Külpmann

Synonym(e). Gebrauchsnormal Englischer Begriff. working measurement standard; working standard Definition. Normal, das routinemäßig verwendet wird, um Messgeräte oder Messsysteme zu kalibrieren oder zu verifizieren. Anmerkung 1: Ein Gebrauchsnormal wird im Allgemeinen gegen ein Bezugsnormal kalibriert (VIM 2010). Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Gebrauchsnormal 7 Gebrauchsmessnormal

Gebührenordnung für Ärzte O. Colhoun

Gefahrstoffpiktogramme. Abb. 1. a explosiv, b entzündbar, c entzündend, d Gase unter Druck, e gewässergefährdend, f ätzend oder korrosiv, g sehr giftig, giftig, h gesundheitsschädlich, reizend, sensibilisierend, i krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend (nach GHS Stand 15.03.2010)

Synonym(e). GOÄ

Literatur. CLSI (2003) Clinical laboratory safety. Approved guideline,

Definition. Von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundes-

2nd ed. Wayne, PA: Document GP17–A2 CLSI (2003) Collection, transport, and processing of blood specimens for testing plasma-based coagulation assays. Approved standard, 4th ed. Wayne, PA: Document H21–A4 EN 829 (1996) In vitro diagnostic systems. Transport packages for medical and biological specimens. Requirements, tests: European Committee for Standardization (CEN), Brussels

rates erlassene Rechtsverordnung auf der Basis der Bundesärzteordnung zur Abrechnung ärztlicher Leistungen. i Die GOÄ ist Grundlage der Abrechnung ärztlicher Leistungen mit privatversicherten Patienten. Laboratoriumsuntersuchungen und die mit ihnen in Zusammenhang stehenden prä- und postanalyti-

Gelbfieber-Viren

Gefrierpunktserniedrigung T. Arndt

Synonym(e). Kryoskopie Englischer Begriff. freezing point depression; cryoscopy

535

G/E-Index 7 Erythropoese-Leukozytopoese-Verhältnis

Gekoppelte DNA-Polymorphismen 7 DNA-Polymorphismen, gekoppelte

Definition. In Abhängigkeit von der Konzentration einer Lösung wird deren Gefrierpunkt gegenüber jenem des reinen Lösungsmittels erniedrigt (z. B. um 1,86 °C je 1 mol osmotisch wirksamer gelöster Substanz in 1 kg reinem Wasser). i Der Gefrierpunkt einer Lösung ist umso niedriger je konzentrierter die Lösung ist. Bei vollständig dissoziierten Verbindungen in einer verdünnten Lösung ist das Ausmaß der Gefrierpunktserniedrigung allein von der 7 Molalität (mol/kg) des Gelösten und nicht von dessen chemischer Natur abhängig. Die Gefrierpunktserniedrigung ist also ein Maß für die Molalität einer Lösung. Verfahren zur Ermittlung der Molalität einer Lösung über die Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung werden unter dem Begriff Kryoskopie zusammengefasst. In der pharmazeutischen und labordiagnostischen Praxis werden gewöhnlich anstelle des Konzentrationsmaßes Molalität die Osmolalität (Einheit: Osmol) bestimmt und die hierzu verwendeten Verfahren als 7 Osmometrie bezeichnet. Die Osmolalität soll die Dissoziation des Gelösten und damit die tatsächlich osmotisch wirksamen Bestandteile in der Lösung berücksichtigen. Ein Osmol entspricht einem Mol osmotisch aktiver Komponenten. Im Fall von NaCL wäre dies in guter Näherung also nicht 1 Mol NaCl, sondern 0,5 Mol NaCL, die zu 1 Osmol osmotisch aktiver Einheiten dissoziieren, nämlich 0,5 Mol Na++0,5 Mol Cl–. Das Osmol ist keine internationale Einheit und wird nicht auf eine solche zurückgeführt. Nach der IUPAC-Nomenklatur wird die Verwendung der Einheit Osmol abgelehnt. Die Kryoskopie kann genutzt werden, um aus bekannten Einwaagen einer Substanz in eine definierte Menge Lösungsmittel die Molmasse der Substanz zu ermitteln. Zum Einsatz im klinisch-chemischen Labor 7 Osmometrie.

Literatur. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York

Gefriertrocknung 7 Lyophilisation; 7 Sublimation

Gegenstromelektrophorese

Gekoppelte Gene 7 Kopplung

Gekühlte Lagerung 7 Einfrieren der Proben

Gel H. Fiedler

Englischer Begriff. gel Definition. Gel ist ein disperses System, bei dem die dispergierten Bestandteile (Proteine, Polysaccharide, Pektine, Kieselsäuren) in unregelmäßigen Gerüsten angeordnet sind, wodurch das System formbeständig wird. i Je nach dem Lösungsmittelgehalt im Inneren unterscheidet man

Lyogele (Hydrogele, Gallerte) von Xerogelen (hornartig, Agar-Agar, Gelatine). Das Wasser in den Gelpartikeln stellt die stationäre Phase, das äußere Wasser die mobile Phase dar. Dieses Phänomen kann zur Gel- oder Molekularsieb- bzw. Hohlraumdiffusionschromatographie genutzt werden. Große Moleküle können durch die Poren nicht in die Gelpartikel eindringen und erscheinen deshalb zuerst im Eluat. Bei 7 Gelelektrophoresen kommen nur kompakte Gele zum Einsatz, das heißt, es existiert kein äußeres Wasser. Die Trennung findet in den Poren des Gels statt. Durch die Siebwirkung des Gels werden kleinere Moleküle weniger stark zurückgehalten als größere. Das heißt, die elektrophoretische Mobilität ist von der Größe des Moleküls abhängig. Kleinere Moleküle wandern deshalb schneller als größere. Auf diese Weise kann auch die Molekularmasse von SDS-entfalteten Proteinen durch 7 Polyacrylamid-Gelelektrophorese ermittelt werden. In der Präanalytik wird eine langdauernde Trennung von Blutzellen und Serum bei der Lagerung des Untersuchungsmaterials durch eine Gel-Barriere erleichtert. Die Gelierung (gelling) des Serums ist bei Nutzung von klinischchemischen Analysegeräten ein Störfaktor, da zu wenig Untersuchungsmaterial pipettiert oder die Kanüle verstopft wird. Ursachen der Gelierung sind 7 Kryoglobuline, 7 Kälteagglutinine oder eine unvollständige Gerinnung.

7 Überwanderungselektrophorese

Gel Mobility Shift Assay Gehalt W.R. Külpmann

Englischer Begriff. content

7 Electrophoretic mobility shift assay

Gelber Liquor 7 Liquor, xanthochrom

Definition. Quotient aus einer Messgröße (im Zähler) und der Masse des Systems (im Nenner) i Der Gehalt bezieht sich jeweils auf 1 kg des betrachteten Systems.

Beispiele: Stoffmengengehalt: Calciumoxalat in Urinkonkrement (mol/kg) Katalytischer Aktivitätsgehalt: Amylaseaktivität in Pankreasgewebe (kat/kg) Volumengehalt: Blutvolumen/kg KG eines Probanden (L/kg) Anzahlgehalt: Wurmeier/kg Faeces

Literatur. Kenny D, Olesen H (1997) Properties and units in the clinical laboratory sciences. II. Kinds-of-property. Eur J Clin Chem Biochem 35:317–344 Rigg JC, Brown SS, Dybkaer R, Olesen H (1995) Compendium of Terminology and Nomenclature of Properties in Clinical Laboratory Sciences. Blackwell, Oxford

Gelbfieber-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Yellow fever virus Beschreibung des Erregers. Familie: Flaviviridae, Gattung: Flavivirus, Spezies: Gelbfieber-Virus. Plusstrang-RNA-Genom, behüllt, 50 nm Durchmesser. Erkrankungen. Gelbfieber Verbreitung: In den Tropen und Subtropen Afrikas (90 % der Fälle), Mittelamerikas und Südamerikas. Vektor: Stechmücken (Aedes, Haemagogus). Wirte: Primaten, Vögel, Fledermäuse, Schlangen, Mensch (im Dschungel als Nebenwirt, in den Städten als Hauptwirt über direkten Blutkontakt).

G

536

Gelbkörperhormone

Klinik: Virämie mit plötzlich auftretendem hohem Fieber und Grippe-ähnlicher Symptomatik, Bradykardie, bei 15 % der Erkrankten zweite, toxische Phase mit Hämorrhagie, Gerinnungsstörungen, Ikterus, Nephritis, ZNS-Störungen. Letalität 10–20 %, am höchsten bei 20- bis 30-Jährigen. Therapie und Prophylaxe: Nur symptomatische Behandlung möglich. Es gibt einen Lebendimpfstoff, der z. B. in Deutschland wegen eines erhöhten Risikos von Nebenwirkungen nur von GelbfieberImpfstellen verabreicht werden darf. Schutz vor Mückenstichen, Bekämpfung der Vektoren.

Geldrollenbildung kommt in erster Linie bei monoklonalen Gammopathien (7 Gammopathie, monoklonale), chronischen Lebererkrankungen mit Hypergammaglobulinämie und chronisch entzündlichen Zuständen vor.

Analytik. Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert ein Laboratorium der Sicherheitsklasse 3. Direktnachweis des Virus mittels RT-PCR oder Virus-Anzucht in Zellkultur. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper (IgG, IgM) im Serum durch indirekte Immunfluoreszenz, ELISA, Neutralisationstest und Hämagglutinationshemmtest.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Blut oder Blutbestandteile (PCR). Die Proben sollten bei +4 bis +8 °C transportiert und innerhalb von 6 h (PCR) und 24 h (Kultur, direkte Immunfluoreszenz) analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma sind für den Nachweis der Antikörper bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Direktnachweis: Während der ersten Krankheitstage möglich. Serologie: Spezifische IgM-Antikörper können kurz nach dem Auftreten der ersten Symptome nachgewiesen werden, IgG-Antikörper um zwei Tage versetzt. Zu beachten sind Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren (FSME, Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber, Japanische Enzephalitis etc.), sie werden für die IgM-Klasse bei Immunfluoreszenztests (4–10 %) seltener festgestellt als bei Enzymimmuntests (30–44 %). Des Weiteren müssen impfinduzierte Antikörper beachtet werden. Differentialdiagnosen: Andere virusbedingte hämorrhagische Fieberkrankheiten (Dengue-, Krim-Kongo-, Rift-Valley-, Ebola-, MarburgFieber), Leptospirose.

Literatur. Tomori O (2004) Yellow fever: the recurring plague. Crit Rev Clin Lab Sci 41(4):391–427 Barrett AD, Higgs S (2007) Yellow fever: a disease that has yet to be conquered. Annu Rev Entomol 52:209–229 Niedrig M, Kürsteiner O, Herzog C, Sonnenberg K (2008) Evaluation of an indirect immunofluorescence assay for detection of immunoglobulin M (IgM) and IgG antibodies against yellow fever virus. Clin Vaccine Immunol 15(2):177–181 World Health Organization (2009) Yellow fever. Fact sheet N°100

Gelbkörperhormone 7 Gestagene; 7 Progesteron

Geldrollenbildung H. Baum

Englischer Begriff. rouleaux formation Definition. Anordnung der Erythrozyten in mehr oder weniger langen Ketten. i Der Begriff Geldrollenbildung beschreibt die Formation der Ery-

throzyten in mehr oder weniger langen Ketten (7 Abb. 1). Dies kann sowohl in vivo als auch in vitro beobachtet werden. Verursacht wird diese Geldrollenbildung durch das Vorhandensein einer hohen Proteinkonzentration, vor allem von Antikörpern oder 7 Fibrinogen. Dies führt zu einer unspezifischen Anlagerung der Proteine an die Erythrozyten mit nachfolgender Reduzierung der negativen Oberflächenladung der Erythrozyten. Dadurch können die Erythrozyten enger zusammenlagern und es kommt zur Ausbildung dieses Phänomens. Morphologisch kann dies in einem Blutausstrich beobachtet werden.

Geldrollenbildung. Abb. 1. Mikroskopisches Präparat, 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Barshtein G, Wajnblum D, Yedgar S (2000) Kinetics of linear rouleaux formation studied by visual monitoring of red cell dynamic organization. Biophys J 78:2470–2474

Gelelektrophorese R. Weiskirchen

Definition. Zentrale analytische Trennmethode für biologische und chemische Moleküle und Makromoleküle (7 Nukleinsäuren und Proteine)

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Gelelektrophorese ist ein Trennverfahren, bei dem die Wanderung von geladenen Molekülen in einem elektrischen Feld zu deren Trennung ausgenutzt wird.

Einsatzgebiet. Diese Verfahrenstechnologie kann zu analytischen oder präparativen Zwecken hauptsächlich von Proteinen (7 Proteine, gesamt), Peptiden und 7 Nukleinsäuren (DNA, RNA) durchgeführt werden. Wichtigste Trennmatrices sind 7 Agarose und 7 Polyacrylamid. Erstere trennt über einen weiten Größenbereich Nukleinsäuren und ist die Routinemethode für schnelle DNA-Untersuchungen. Polyacrylamidgele (7 Abb. 1) trennen Proteine und kleinere Nukleinsäuren auf und werden in der 7 Didesoxysequenzierung eingesetzt. Die Wanderungsgeschwindigkeit hängt von der Stärke des elektrischen Feldes, Nettoladung, Form und Größe der zu trennenden Makromoleküle sowie der Ionenstärke, Porengröße und Temperatur ab. Zur Trennung von Stoffen mit verschiedenen isoelektrischen Punkten kann die 7 isoelektrische Fokussierung eingesetzt werden. Untersuchungsmaterial. Gemische oder gereinigte Proteine, Peptide, DNA, 7 Oligonukleotide oder RNA Instrumentierung. Für die Gelelektrophorese werden zum einen Stromversorger (Netzgeräte, Power supplies), Elektrophoresekammern und, je nach Applikation, Kühlthermostate verwendet. In der Regel werden Netzgeräte eingesetzt, die eine Kapazität von 200 V und 400 mA bis maximal 5000 V und 150 mA besitzen. Bei den eigentlichen Elektrophoresekammern unterscheidet man vertikale und horizontale Systeme. Im Vertikalsystem werden die Proben oben auf das Gel (in Röhrchen oder Geltaschen) aufgegeben. Die Probentaschen in Flachgelen erzeugt man mit Hilfe eines Kamms, der beim Gelgießen zwischen die beiden Glasplatten eingesetzt wird. Bei horizontalen Gelsystemen verwendet man meist Gele, die auf inerte Folien oder dünne Glasplatten aufgebracht sind, dabei ist die Oberfläche offen. Die Proben werden direkt in Probenwannen, die bei der Gelherstellung durch eine Schablone erzeugt werden, einpipettiert oder mit Lochbändern oder Papierstückchen aufgegeben. Eine Kühlung kann

Gelelektrophorese

in gekühlten Kammern (z. B. Kühlraum) oder durch speziell konzipierte Flüssigkeitskühlsysteme erreicht werden.

Spezifität. Die Spezifität einzelner Gelelektrophoresen wird durch die Matrix und deren Konzentration, den Laufpuffer (pH-Wert, Leitelektrolyte), den chemischen Bedingungen (denaturierend, nicht denaturierend, reduzierend, nicht reduzierend) festgelegt. Nach ihnen richtet sich das Auflösungsvermögen der einzelnen Methoden.

Sensitivität. Der Substanzbedarf bei Proteingelen liegt i. d. R. bei 100 ng–1 μg. Die so aufgereinigten Proteine können mit entsprechenden Färbetechniken (z. B. 7 Coomassie-Färbung) sichtbar gemacht werden. Speziellere Färbetechniken (z. B. 7 Silberfärbungen) erlauben die Detektion von kleineren Proteinmengen. Bei einer Standard-Nukleinsäure-Gelelektrophorese werden 1–30 μg RNA bzw. 100 ng–10 μg DNA pro Gelspur geladen. Wird die Gelelektrophorese mit weiteren Verfahrenstechniken kombiniert (z. B. 7 Southern Blot, 7 Northern Blot), so können weit kleinere Mengen zur Separation eingesetzt werden und mit spez. Gensonden detektiert werden.

537

Fehlermöglichkeit. Fehlermöglichkeiten können sich durch Einsatz falscher Konzentrationen an Puffern (Ionenstärke, pH-Wert) und Gelmatrices ergeben. Ebenfalls kann ein Einsatz zu hoher Stromstärken zu Denaturierungen des Probenmaterials oder zur Zerstörung der Gelapparaturen durch Überhitzung führen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die verschiedenen Gelelektrophoresen unterscheiden sich erheblich in der Praktikabilität, in dem erreichbaren Automatisierungsgrad und in den Kosten. So zählt die Agarose-Gelelektrophorese zur Auftrennung von Nukleinsäuren und die sog. SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese zur Trennung von Proteingemischen heute zu den Standardverfahren eines jeden molekularbiologisch arbeitenden Labors. Spezielle Verfahrenstechniken, wie z. B. die Pulsgelelektrophorese und die isolelektrische Fokussierung, sind apparativ aufwendiger. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die verschiedenen Methoden der Gelelektrophorese sind heute Grundlage für zahlreiche Ar-

Gelelektrophorese. Abb. 1. Zur Erstellung eines Polyacrylamidgels werden die Ausgangskomponenten Acrylamid (A) und Bis-Acrylamid (B) zu einer hochpolymeren Verbindung, dem Polyacrylamid (C), verbunden.

G

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Gelfiltration

beitstechniken eines klinisch-chemischen, biochemisch oder molekularbiologisch arbeitenden Labors.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (1998) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

Gelfiltration 7 Ausschlusschromatographie

i Zusammenschluss von zwei oder mehreren Ärzten zur gemeinsamen Ausübung des ärztlichen Berufes in einer Praxis dergestalt, dass sie in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, Karteiführung und mit Unterstützung gemeinsamen Personals eine gemeinsame Klientel auf gemeinsame Rechnung unter gemeinsamen Namen behandeln. Beim Zusammenschluss von Ärzten verschiedener Fachrichtungen spricht man von einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis.

Literatur. Rieder HJ (Hrsg) Lexikon des Arztrechts. Loseblattwerk.

Gelkartentest

CF Müller, Heidelberg

7 Säulenagglutinations-Test

Gen Gelpermeations-Chromatographie (GPC) 7 Ausschlusschromatographie

Gelretardationsassay 7 Electrophoretic mobility shift assay

Geltest 7 Säulenagglutinations-Test

Gelzentrifugationstest 7 Säulenagglutinations-Test

Gemeinschaftslabor T. Arndt

Synonym(e). GL Definition. Ein juristisch nicht definierter Begriff, der aber umgangssprachlich häufig als Bezeichnung für eine 7 Laborgemeinschaft genutzt wird.

Gemeinschaftspraxis T. Arndt

Synonym(e). GP Definition. Form der ärztlichen Gruppenpraxis.

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. gene Definition. Bezeichnung für einen Abschnitt aus dem Genom, das für die kleinste genetische Funktionseinheit eines Organismus codiert. i Dabei wird die Stelle auf dem 7 Chromosom, an der sich ein Gen befindet, als sein Genort oder Genlocus bezeichnet. Das Genprodukt kann entweder eine Polypeptid-Kette, eine Transfer-RNA der eine ribosomale RNA sein. Die Gesamtheit aller Gene eines Individuums stellt sein Genom oder Genotyp dar, wobei die Genomgröße selber anscheinend nicht mit der Komplexität oder Organisationsstufe des Organismus korreliert ist, da nur ein Bruchteil der DNA von 7 Eukaryonten kodierend ist. In der klassischen 7 Genetik ist ein Gen (griech.: genos = Geschlecht) die allgemeine Bezeichnung für die von Mendel (7 Mendel, Gregor) postulierte, konstante, untereinander frei kombinierbare Einheit der Vererbung. Sie ist die Funktionseinheit der Vererbung. Gene setzen sich aus Bereichen zusammen, die für die Realisierung des Genproduktes verantwortlich sind (Erkennungs- und Stoppsequenzen) und Bereichen, aus denen das Genprodukt selbst hervorgeht (z. B. Proteine). Gene können über die Bildung von mRNA in eine Aminosäuresequenz übersetzt werden und damit Proteine produzieren oder sie werden in reine RNA-Moleküle (tRNA, rRNA) umgeschrieben. Als kleinster Träger der Vererbung besitzen sie die Fähigkeit zur 7 Mutation. Ein typisches eukaryontes Gen besteht aus einem 7 Promotor und einer verschiedenen großen Anzahl von 7 Exons und 7 Introns (7 Abb. 1). Das komplette humane Genom wurde im Rahmen des sog. humanen Genomprojekts (7 Human Genome Organization), das im Jahr 1990

Gen. Abb. 1. Die Struktur eines eukaryotischen Gens besteht typischerweise aus einem Promotor und einer verschieden großen Anzahl von Exons, die durch Introns unterbrochen sind. Der Promotor enthält die Sequenzen (z. B. TATA-Box), die die Regulation des Gens steuern. Das Gen wird durch Transkription in ein primäres Transkript überführt. Später werden die Introns herausgeschnitten, die reife mRNA entsteht. In ihr ist der Proteincodierende Bereich vom Start-ATG bis zum Stopp-Codon enthalten. Zusätzlich trägt die mRNA einen sog. Poly-A-Schwanz (AAAAAAAAAA), der kurz nach dem Polyadenylierungssignal (AATAAA) angeheftet wird. Vor Start- und Stopp-Codon können sich nicht translatierte Bereiche befinden.

Gendiagnose

ins Leben gerufen wurde, charakterisiert. Im Februar 2001 wurden von diesem Konsortium die ersten Rohentwürfe des menschlichen Genoms veröffentlicht. Diese enthielten jedoch Lücken, Fehler und Sequenzbereiche, deren Orientierung oder Lage unklar war. Eine verfeinerte Version mit einer nur noch geringen Fehlerrate von ungefähr 1 Sequenzfehler pro 105 Basenpaare konnte im Oktober 2004 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zur Entschlüsselung des humanen Genoms wurden 59.208 individuelle Klone (mit ~5,84 × 109 Basen) generiert, die vollständige Struktur von 45.742 Klone (mit ~3,67 × 109 Basen) durch Shotgun-Sequenzierung bestimmt und die Sequenz von 26.720 nicht überlappenden Klonen ausgewählt, um die Gesamtstruktur des humanen Genoms abzuleiten. Die in ihnen enthaltenen 2,85 × 109 Basenpaare decken rund 99 % des humanen Genoms ab. Die genaue Lage einzelner Sequenzen ist bis auf 341 kleinere Lücken den einzelnen 22 7 Autosomen und 2 Heterosomen (7 Geschlechtschromosom) zugeordnet („annotiert“). Die derzeitige Version der Sequenz enthält insgesamt 22.287 Gene, die für insgesamt 34.214 Transkripte codieren. Damit beträgt die mittlere Gendichte etwa ein Gen pro 130 kbp im gesamten Genom, wobei das Chromosom 1 die meisten (~3000), das 7 Y-Chromosom die wenigsten (~250) Gene trägt. Insgesamt wurden 23.1667 Exons identifiziert, d. h. durchschnittlich treten ~10,4 Exons/Genlocus oder ~9,1 Exons/ Transkript auf. Existenz und Lage von mindestens 20.000 7 Pseudogenen konnte nachgewiesen werden. In dem humanen Genom bestehen rund 5,3 % des Euchromatins aus oft tandemartig angeordneten Segmentduplikationen mit hoher Sequenzhomologie. Die komplette Sequenz der einzelnen 24 humanen Chromosomen sind in öffentlich zugänglichen Sequenzdatenbanken (z. B. National Center for Biotechnology Information oder EMBL) unter den Zugangsnummern („Accession Numbers“) NC_000001 bis NC_000024 abrufbar. Die relative Lage der einzelnen Gene zueinander können aus den Genkarten eines jeden Chromosoms ersehen werden. Als Gen-Pool wird die Gesamtheit aller in einer Population auftretender 7 Allele bezeichnet, wobei die Häufigkeit einzelner Allele stark variabel sein kann. Als Genbank oder Genkollektion wird eine Sammlung von klonierten DNA-Fragmenten bezeichnet, die aus einem einzigen Genom entstammen. In eine Genfamilie werden Gene eingeteilt, die meist durch 7 Genduplikation entstanden sind und aufgrund ihrer 7 Nukleotidsequenz miteinander verwandt sind. Derzeit ist man bestrebt, die komplette Genexpression einzelner Organe bzw. Zellen zu identifizieren. Diese beschreibt die Vorgänge durch die die Nukleotidsequenz durch Transkription und Translation in Protein umschrieben wird. Aus diagnostischer Sicht ist dies interessant, da differenzielle Genexpressionen Ursache von Erkrankungen sein kann.

Literatur. International Human Genome Sequencing Consortium (2004) Finishing the Euchromatic Sequence of the Human Genome. Nature 431:931–945 www.ncbi.nlm.nih.gov (National Center for Biotechnology Information) Watson JD, Gilman M, Witkowski J et al (1993) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford

Genamplifikation R. Weiskirchen

Synonym(e). Kopienzahl-Erhöhung Englischer Begriff. gene amplification Definition. Bezeichnung für die in vielen eukaryonten Zelltypen (7 Eukaryonten) beobachtete Erzeugung zusätzlicher Kopien eines 7 Gens oder eines Genabschnitts. i Die Amplifikation von 7 Chromosomenbereichen ist ein natür-

lich vorkommender Prozess und dient zur kontrollierten Verstärkung von Genexpression. In Säugerzellen ist eine selektive Erhöhung der Kopienzahl für verschiedene Gene (z. B. Metallothionein, Hydroxmethylglutaryl-CoA-Reduktase, Adenosin-Desaminase, Glutamin-, Ornithin- und UMP-Synthetase, Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase, Dihydrofolat-Reduktase, EGF-Rezeptor) bekannt. In einigen Fällen kann die unkontrollierte Amplifikation von Gensequenzen mit Zellalterung und der Tumorgenese assoziiert sein. So ist

539

z. B. das myc-7 Onkogen in bestimmten Tumoren der Retina bis zu zweihundertfach amplifiziert.

Genauigkeit G. Schumann

Englischer Begriff. accuracy Definition. Qualitative Bezeichnung für das Ausmaß der Annäherung von Ermittlungsergebnissen an den Bezugswert, wobei dieser je nach Festlegung oder Vereinbarung der wahre, der richtige oder der Erwartungswert sein kann. i Eine hohe Genauigkeit (7 Messgenauigkeit) bedeutet, dass die

Messergebnisse nahe am Zielwert liegen. Es wird dringend davon abgeraten, quantitative Angaben für dieses Ausmaß der Annäherung mit der Benennung „Genauigkeit“ zu versehen. Für quantitative Angaben gilt der Begriff Ergebnisunsicherheit, bei Messergebnissen der Begriff Messunsicherheit.

Literatur. Begriffe der Qualitätssicherung und Statistik (1987) DIN 55350 Teil 13, S 2.1. Beuth-Verlag, Berlin

Genchip 7 Array; 7 Mikroarray

Gendiagnose R. Weiskirchen

Synonym(e). Gendiagnostik Englischer Begriff. genetic testing; gene diagnosis Definition. Nachweisverfahren zur Identifizierung von genetischen (erblichen) Defekten mittels DNA-, RNA-, oder Oligonukleotid-Sonden oder Sequenzierverfahren (7 Sequenzierung). Physikalisch-chemisches Prinzip. Je nach Art des zu analysierenden Defekts und des Ausgangsmaterials erfolgt die Gendiagnostik mit verschiedenen Methoden. Ist der Defekt mit einer Änderung im Schnittmuster nach Restriktionsverdau verbunden, so kann dieser durch RFLP-Analyse dargestellt werden. Ebenso kann die ASO-Technologie eingesetzt werden, die unter geeigneten 7 HybridisierungsBedingungen sogar die Detektion einer 7 Punktmutation erlaubt. Bei vielen anderen Methoden wird die 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) verwendet. Einsatzgebiet. Diese Verfahrenstechnik wird insbesondere zum letztendlichen Nachweis von genetisch bedingten Krankheiten eingesetzt. In der pränatalen Diagnostik wird sie eingesetzt, um Erbkrankheiten frühzeitig zu erkennen (s. a. 7 Amniozentese, 7 Chorionzottenbiopsie).

Untersuchungsmaterial. Ausgangsmaterial ist i. d. R. genomische DNA. Sie kann entweder direkt analysiert werden oder die zu analysierende Gensequenz oder ein Teil davon wird zunächst mittels PCR vermehrt.

Spezifität. Die Mehrzahl aller Erkrankungen des Menschen ist genetisch bedingt oder zumindest genetisch mit bedingt. Ein Gendefekt (7 Mutation) kann allein (monogen) oder in Verbindung mit anderen endogenen und/oder exogenen Faktoren (polygen oder multifaktoriell) zu unbedeutenden Abweichungen von der Normalentwicklung bis hin zu tödlichen Krankheiten führen. Die Gendiagnose besitzt insbesondere dann eine hohe Spezifität, wenn die Ausprägung einer Erkrankung vollständig mit einer Veränderung der DNA-Sequenz korreliert.

Sensitivität. Die zur Verfügung stehenden Methoden der Gendiagnostik sind mit hohen Sensitivitäten durchführbar.

Instrumentierung. In Abhängigkeit des durchzuführenden Gentests

bedarf es einer unterschiedlichen Instrumentierung. Dazu s. a. 7 Polymerase-Kettenreaktion, 7 Sequenzierung, 7 Restriktionsfragment-

G

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Gendiagnostik

Längenpolymorphismus, SSCP, 7 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, ASO, 7 Southern Blot.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Gendiagnostik wird eingesetzt, um eine vermutete Erbkrankheit oder Prädisposition für eine Erkrankung auf molekularer Ebene erschöpfend nachzuweisen oder zu bestätigen.

Gendiagnostik 7 Gendiagnose

Genduplikation R. Weiskirchen

Englischer Begriff. gene duplication Definition. Bezeichnung für die Verdopplung eines Genabschnitts i Eine Genduplikation kann spontan auftreten, kann aber durch

mutagene Faktoren, wie ionisierende Strahlen oder Chemikalien, induziert werden. Die DNA-Abschnitte können in gleicher (Tandem-) oder inverser (Palindrom-b-)Orientierung zueinander liegen. Die 7 phänotypischen Auswirkungen einer Genduplikation hängen von der Art des betroffenen 7 Gens ab.

Gene silencing R. Weiskirchen

Synonym(e). Geninaktivierung Englischer Begriff. gene inactivation Definition. Bezeichnung für die Inaktivierung eines Gens auf transkriptioneller oder translationaler Ebene i Es treten verschiedene Formen des Gene Silencing auf:

5 vererbbar, stabil: betrifft die Transkription eines Gens. Das Gen selbst oder sein Promotor ist hypermethyliert (7 Methylierung, DNA). 5 weniger stabil, meiotisch nicht vererbbar: betrifft die Stabilität der mRNA (sog. PTGS: post-transcriptional gene silencing). In der experimentellen 7 Molekularbiologie wird das gezielte Ausschalten eines Gens verwendet, um mögliche Funktionen seines Genprodukts darzustellen. Dies kann experimentell z. B. dadurch erreicht werden, indem seine mRNA durch Expression einer zur ihr komplementären 7 Nukleinsäure und nachfolgender Bildung eines doppelsträngigen Nukleinsäurehybrids an der 7 Translation seines Proteinprodukts gehindert wird (s. a. 7 Antisense).

Genehmigungsverfahren R. Weiskirchen

Definition. Behördliche Untersuchung, mit der eine gentechnische

Generalisiert lineares Modell 7 Modell, generalisiert lineares

Generationszeit R. Weiskirchen

Englischer Begriff. generation time Definition. Zeit, die gebraucht wird, bis sich der Bestand einer Population verdoppelt i Der Begriff wird synonym gebraucht für den sich von 7 Mitose zu Mitose erstreckenden Lebenszyklus einer Einzelzelle; s. a. 7 Zellzyklus.

Genetik R. Weiskirchen

Definition. Wissenschaft der Vererbung und genetisch begründbaren Unterschieden von Organismen i Die Genetik lässt sich in zwei Bereiche unterteilen: die klassische und die molekulare Genetik. In der klassischen Genetik wird im Wesentlichen die Phänomenologie und Physiologie der Vererbung mit ihren formalen Gesetzmäßigkeiten (z. B. 7 Mendelsche Vererbungslehre) sowie der Kartierung von Erbanlagen (z. B. Kreuzungsexperimente) untersucht. Gegenstand der molekularen Genetik ist die Natur der zugrunde liegenden Informations-kodierenden molekularen Strukturen (DNA, RNA, 7 Gene) und ihrer 7 Vererbung und Expression.

Genetische Kenngrößen R. Weiskirchen

Synonym(e). Genetische Marker Englischer Begriff. genetic marker Definition. Spezifische, in dem 7 Erbmaterial verankerte Eigenschaft, die die Identifizierung eines biologischen Lebewesens, einer Art oder einer anderen taxonomischen Gruppierung ermöglicht. i In der 7 Gentechnologie werden Marker eingesetzt, mit denen eine Resistenz gegenüber einer bestimmten Substanz (z. B. 7 Antibiotikum) erreicht und die zur 7 Selektion eingesetzt werden kann. In der klassischen Genetik dienten 7 Mutationen innerhalb eines 7 Gens als genetische Marker. Sie erleichterten, das Vererbungsverhalten dieses Gens zu untersuchen.

Genetische Marker 7 Genetische Kenngrößen

Anlage beantragt wird i Gentechnikrechtlicher Begriff. Die gesetzliche Grundlage ergibt sich nach § 8, § 10, § 11 und § 12 des Gesetzes zur Regelung der 7 Gentechnik (Gentechnikgesetz, GenTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066). Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen Antrag voraus, dem eingehende Unterlagen über die Anlage selbst, Betreiber und Projektleiter, der Sicherheitseinrichtungen, eine Risikobewertung u. a., bei gewerblichen Anlagen auch über das Personal, Notfallpläne etc. beizufügen sind. Erst nach Erhalt des Genehmigungsbescheids kann mit den gentechnischen Arbeiten begonnen werden.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

General unknown Analytik 7 Allgemeine Suchanalyse

Genetische Untersuchung 7 Diagnostik, molekulare

Genetische Variabilität R. Weiskirchen

Englischer Begriff. genetic variability Definition. Abweichung in den Erbfaktoren innerhalb einer Gruppe von Individuen einer Art i Die genetische Variabilität wird beeinflusst durch 7 Mutationen, Verbreitung und Bewegung von 7 Genen innerhalb oder zwischen Populationen sowie durch das Vermischen von Individuen mit unterschiedlichen 7 Genotypen. Innerhalb einer Population wird die genetische Variabilität als genetischer 7 Polymorphismus oder Polymorphie bezeichnet. Mit dem Grad an Polymorphie steigen die Fähigkeit

Genome walking

einer Population zur Produktion einer höheren Anzahl unterschiedlicher Genotypen und damit zugleich ihre evolutionäre Chance.

Genetischer Code

541

falsch gepaarter Nukleotidbasen darstellen. Die falsch gepaarten 7 Nukleotidbasen (mismatch) werden in Reparaturprozessen mit selber Wahrscheinlichkeit ersetzt. Die genetische Konsequenz daraus ist, dass die eine genetische Information in eine andere umgewandelt wird.

R. Weiskirchen

Definition. Zuordnung der Folge von 3 Basen (= Codon bzw. 7 Triplett) der mRNA und der Abfolge von Aminosäuren in den Proteinen i Der genetische Code ist für alle Lebewesen identisch (universell). Die Übersetzung von DNA in Proteine ist in einem Organismus in der Regel eindeutig, obwohl eine Degeneration des genetischen Codes mit bis zu 6 7 Codons für eine Aminosäure (bei Serin, Arginin und Leucin) besteht. In den genetisch semiautonomen Mitochondrien verschiedener Organismen ist teilweise ein abweichender Gebrauch bestimmter Codons nachgewiesen worden. Die für gleiche Aminosäuren codierenden Codons nennt man synonyme Codons. Sie stimmen meist in den ersten beiden Positionen überein und sind in der dritten, 7 Wobble-Base genannten Position, degeneriert. Desweiteren besteht eine Tendenz, Aminosäuren mit chemisch ähnlichen Eigenschaften durch ähnliche Codons zu codieren.

Genetischer Fingerabdruck R. Weiskirchen

Englischer Begriff. genetic fingerprint Definition. Kombination von individualspezifischen, polymorphen DNA Marker-7 Allelen i Mittels verschiedener Analyseverfahren (z. B. 7 VNTR-Sequenz)

ist es möglich ein charakteristisches, für das Genom eines Individuums spezifisches DNA-Fragmentmuster zu erzeugen. Grundlage dieser Technik ist eine auffallende, strukturelle Besonderheit in der Zusammensetzung eukaryontischer Genome. Sie enthalten bestimmte DNA-Bereiche, sogenannte Minisatelliten, die sich aus mehrfach wiederholten, kurzen Sequenzmotiven zusammensetzen.

Genetisches Bisalbumin 7 Alloalbumine

Genfrequenz R. Weiskirchen

Synonym(e). Genhäufigkeit Englischer Begriff. frequency Definition. Bezeichnung für die Häufigkeit eines genetischen Merkmals (7 Allels) in der Bevölkerung i Die Frequenz wird durch Untersuchung einer Stichprobe unver-

wandter Personen bestimmt (Populationsstudie). In einer idealen Population ergibt sich die Frequenz nach dem sog. 7 Hardy-WeinbergGleichgewicht. In der 7 Evolution erhöht sich die Frequenz für ein bestimmtes Allel in Abhängigkeit von dem Vorteil den dieses Allel gegenüber anderen besitzt (Selektion).

Geninaktivierung 7 Gene silencing

Genkonversion R. Weiskirchen

Genmanipulation R. Weiskirchen

Definition. Umfasst im weiteren Sinne jede vom Menschen bezweckte Veränderung der genetischen Ausstattung eines Organismus oder einer Population. i Bei einer Genmanipulation erfolgt ein gezielter Eingriff in die

genetische Information einer Zelle oder eines Organismus. Die hierbei verwendeten Techniken benutzen teils natürliche Vorgänge der prokaryotischen Genübertragung, teils neue molekularbiologische Verfahren.

Genome walking R. Weiskirchen

Synonym(e). Genomwanderung Englischer Begriff. genome walking, genome jumping Definition. Allgemeine Bezeichnung für Methoden, bei der man von einer klonierten DNA-Sequenz aus andere Sequenzen identifiziert, die sich auf dem 7 Chromosom neben dieser Sequenz befinden Physikalisch-chemisches Prinzip. Mit Hilfe eines rekombinanten Phagen oder 7 Cosmids kann man eine andere Rekombinante isolieren, die einen überlappenden DNA-Abschnitt enthält. Dazu isoliert man ein kleines Stück DNA aus dem einen Ende und sucht mit ihm als 7 Gensonde erneut eine Genbank nach einer Rekombinante ab, die dieses DNA-Stück zusammen mit dem nächsten Abschnitt des Genoms enthält. Mit dem Endstück der zweiten Rekombinante sucht man dann nach einer dritten und so fort, bis man einen Satz sich überlappender klonierter Abschnitte zusammengestellt hat. Einsatzgebiet. Die Methode wird eingesetzt, um DNA-Bereiche zu isolieren, deren Position auf dem Chromosom nicht genau bekannt ist. Untersuchungsmaterial. Für die Analyse wird eine Genbank des betreffenden Organismus, aus dem der Bereich isoliert werden soll, benötigt.

Instrumentierung. Die Durchführung dieser Methode findet in einem Labor mit molekularbiologischer Ausstattung statt. Da diese Methode in der Regel mit radioaktiv markierten 7 Gensonden durchgeführt wird, ist desweiteren eine Umgangsgenehmigung zum Arbeiten mit radioaktiven Isotopen erforderlich. Eine Genbank enthält 7 gentechnisch veränderte Organismen (GVO), eine Genehmigung zum Betreiben einer 7 gentechnischen Anlage ist erforderlich. Spezifität. Die Spezifität der Methode wird insbesondere durch die verwendeten Gensonden vorgegeben. Sind sie spezifisch für den zu isolierenden Genbereich, lassen sich mit ihr in einer Genbank mit ausreichender Qualität Klone mit flankierenden Genomabschnitten isolieren.

Sensitivität. Die Sensitivität wird wie bei allen 7 HybridisierungsVerfahren durch die sog. Stringenz der Hybridisierbedingungen vorgegeben. Sie wird hauptsächlich beeinflusst durch die verwendete Temperatur und die Zusammensetzung des Hybridisier-Puffers (Salzkonzentration).

Definition. Bezeichnung für den nicht umkehrbaren Austausch von

Fehlermöglichkeit. Durch Kreuzhybridisierung mit verwandten Genabschnitten können Genomregionen isoliert werden, die nicht notwendigerweise die fortlaufende Genomregion repräsentieren.

i Während der Rekombination kann es zur Entstehung von He-

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methode ist aufwändig und wird daher in der Regel nur für spezielle Fragestellungen in der Grundlagenforschung eingesetzt.

genetischer Information während des 7 Rekombinationsgeschehens zwischen homologen DNA-Abschnitten.

teroduplexstrukturen kommen, die Abschnitte unvollständiger oder

G

542

Genomwanderung

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). In der Vergangenheit wurde diese Methode eingesetzt, um menschliche Krankheitsgene zu klonieren (sog. positionelle Klonierung). Da im Rahmen des Human Genome Projekts (7 Human Genome Organization) die komplette Sequenz des humanen Genoms nahezu aufgeklärt wurde, lässt sich diese Methode oftmals durch PCR-Verfahren (7 Polymerase-Kettenreaktion), die in ihrer Anwendung einfacher sind, ersetzen. Literatur. Steinmetz M, Winoto A, Minard K, Hood L (1982) Clusters of genes encoding mouse transplantation antigens. Cell 28:489–498 Watson JD, Gilman M, Witkowski J, Zoller M (1993) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford Gentamicin. Abb. 1. Strukturformel

Genomwanderung 7 Genome walking

Molmasse. 477,61 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach i.v.-Gabe wird Genta-

Genotyp

micin unverändert renal eliminiert.

R. Weiskirchen

Halbwertszeit. 1,5–6 h (Plasma)

Englischer Begriff. genotype Definition. Der durch biochemische, genetische und molekularbiologische Analysen erfassbare, genetische Aufbau eines Organismus i Ein diploider Organismus verfügt über zwei 7 Allele eines Gens.

Ist eines dieser Allele dominant (7 Dominanz, 7 dominantes Allel), so ist im 7 Phänotyp lediglich das Vorhandensein dieses Allels zu erkennen (7 Abb. 1). Durch genetische Analysen lässt sich jedoch ebenfalls das rezessive Allel, das ein Teil des Genotyps darstellt, erkennen.

Genprobe 7 Gensonde

Gensonde R. Weiskirchen

Synonym(e). Genprobe Englischer Begriff. probe Definition. Eine mit einer Markierung (Fluoreszenz, Radioaktivität) versehene, für ein Gen spezifische, einzelsträngige DNA- oder RNASequenz, die das Auffinden dieses Gens oder von ihm abgeleiteter Sequenzen ermöglicht. i Gensonden werden bei 7 Hybridisierungstechniken, wie 7 Sou-

thern Blot oder 7 Northern-Blot verwendet. Sie können sehr unterschiedliche Längen aufweisen, wichtig ist die Komplementarität der Basen bei der Hybridisierung mit der Zielsequenz.

Gentamicin W.R. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. gentamicin Definition. Aminoglykosidantibiotikum (7 Abb. 1)

Funktion und Pathophysiologie. Gentamicin – wie andere Amino-

glykosidantibiotika (7 Amikacin, 7 Tobramycin) – wird auf dem Weg eines aktiven, sauerstoffabhängigen Transports in Bakterien (z. B. gramnegative Aerobier) aufgenommen. Insbesondere durch Akkumulation kann es zu Ototoxizität, Nephrotoxizität sowie neuromuskulärer Blockade kommen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P) Analytik. Immunoassay, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 5–12 mg/L; toxisch: > 12 mg/L; komatös-letal: unbekannt Literatur. Zaske D, Cerra FB, Koontz FP (1986) Antibiotics and other anti-infective agents. In: Taylor WJ, Diers Caviness MH (eds) A textbook for the clinical application of therapeutic drug monitoring. Abbott, Irving

Gen-Targeting R. Weiskirchen

Englischer Begriff. gene targeting Definition. Methode, bei der gezielt 7 Gene verändert oder inaktiviert werden, indem sie durch ähnliche defekte Gene ersetzt werden i Neben dem zu ersetzenden Gen müssen vor allem seine vor- und nachgeschalteten Anteile genauestens bekannt sein, weil manchmal gerade diese Anteile verändert werden müssen, um ein Gen auszuschalten. Die Methode erfordert viel Erfahrung und Zeit.

Gentechnik R. Weiskirchen

Synonym(e). Angewandte molekulare Genetik; Gentechnologie

Genotyp. Abb. 1. Genotyp und Phänotyp. Schmetterling (Tagpfauenauge), Raupe und Puppe haben denselben Genotyp, aber einen deutlich differierenden Phänotyp. a Raupe, b Puppe, c Falter. Mit freundlicher Genehmigung von Walter Schön (www.schmetterling-raupe.de)

Geographische Höhe als Einflussgröße

Englischer Begriff. genetic engineering; gene manipulation Definition. Teilgebiet der 7 Molekularbiologie, die sich mit der Isolierung, Charakterisierung, Übertragung und Neukombination von Erbmaterial (DNA) befasst i Häufig werden Elemente genetischer Information aus dem

7 Erbgut verschiedener Organismen (artübergreifend) neu kombiniert; es entstehen sogenannte gentechnisch veränderten Organismen (7 gentechnisch veränderter Organismus). Die gesetzlichen Vorgaben für diese Technologie sind in dem Gentechnikgesetz (GenTG) geregelt. Dieses Gesetz trat in Deutschland am 1. Juli 1990 in Kraft. Die Einhaltung des Gesetzes ist durch die Verordnung über die Sicherheitsstufen und Sicherheitsmaßnahmen bei gentechnischen Arbeiten (Erzeugung und der Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen) in gentechnischen Anlagen (Einrichtung, in der gentechnische Arbeiten durchgeführt werden), die Verordnung über Aufzeichnungen bei gentechnischen Arbeiten und die Verordnung über Anhörungsverfahren nach dem Gentechnik-Gesetz und Verordnung über das Zentrale Komitee für Biologische Sicherheit geregelt. Seit seiner Einführung wurde es zur Lockerung der Vorschriften mehrfach novelliert. Bei gentechnischen Arbeiten, für die eine Genehmigung beantragt wird oder die angemeldet werden, spricht man von vergleichbaren gentechnischen Arbeiten. Eine gentechnische Arbeit für Lehr-, Forschungs- oder Entwicklungszwecke oder eine Arbeit für nichtindustrielle oder nichtkommerzielle Zwecke in kleinem Maßstab wird als genetische Arbeit zu Forschungszwecken bezeichnet. Genetische Arbeiten zu gewerblichen Zwecken sind dann gegeben, wenn ein finanzielles Interesse mit diesen Arbeiten verbunden ist. Von „roter Gentechnik“ spricht man, wenn gentechnische Experimente an Tieren oder tierischen Zellen durchgeführt werden. Die Gentechnik wurde durch Entdeckung sog. 7 Restriktionsenzyme im Jahr 1971 begründet. Hauptsächlich wurden die entwickelten Methoden in der molekularbiologisch orientierten Grundlagenforschung eingesetzt. Ebenso konnten mit den eingesetzten Arbeitsmethoden, neue pharmazeutische Produkte und Diagnostika (7 Enzyme, Immuntests) erzeugt werden.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Gentechnik, rote 7 Gentechnik

543

Gentechnologie 7 Gentechnik

Gentests R. Weiskirchen

Englischer Begriff. genetic testing Definition. Allgemeine Bezeichnung für die molekulare Analyse genomischer DNA i Gentests dienen der Ermittlung eines 7 DNA-Profils (z. B. Vaterschaftstest, Täternachweis) oder der Darstellung von krankheitsrelevanten Mutationen (z. B. BRCA) oder der Ermittlung von 7 Polymorphismen.

Gentransfer R. Weiskirchen

Synonym(e). Genübertragung Englischer Begriff. gene transfer Definition. Übertragung genetischer Information zwischen Zellen bzw. Organismen gleicher oder unterschiedlicher Art. i Der Gentransfer beinhaltet im Wesentlichen die Isolierung der

DNA aus einem 7 Spenderorganismus und Präparation des gewünschten DNA-Abschnitts, das Einbringen des gewünschten DNAFragments in einen Vektor oder direkt in die Zielzelle bzw. Zielorganismus (direkter Gentransfer), das Einbringen des Vektors in eine Zielzelle (7 Transformation) sowie die Selektion und Vermehrung der transformierten Zellen sowie unter Umständen deren Regeneration zu einem vollständigen Organismus.

Genübertragung 7 Gentransfer

Geographische Höhe als Einflussgröße W.G. Guder

Synonym(e). Höhe über Normal Null; Höhe über dem Meeresspiegel Englischer Begriff. altitude; altitude above sea level

Gentechnisch veränderter Organismus R. Weiskirchen

Englischer Begriff. transgenic organism Definition. Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie es unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt. i Gentechnikrechtlicher Begriff. Die Begriffsdefinition ergibt sich

nach § 3 des Gesetzes zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz – GenTG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066). Ein gentechnisch veränderter Organismus kann durch DNA-Rekombinationstechniken, 7 Zellfusionen und Hybridisierungsverfahren, Polyploidie-Induktion, 7 Mutagenese, Zell- und Protoplastenfusion von pflanzlichen Zellen, Erzeugung somatischer menschlicher oder tierischer 7 Hybridoma-Zellen, sowie Selbstklonierung nichtpathogener, natürlich vorkommender Organismen hergestellt werden. Nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials gelten die in-vitro-Befruchtung, 7 Konjugation, 7 Transduktion, 7 Transformation oder jeder andere natürliche Prozess.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Definition. Die geographische Höhe gibt die relative Höhe über dem mittleren Meeresspiegel an. Sie wird in Metern (m) angegeben. i Schon bald nach Entwicklung der labormedizinischen Diagnos-

tik wurden Unterschiede in der Konzentration von Blut- und Urinbestandteilen zwischen Personen, die in verschiedener Meereshöhe wohnen, gemessen. Das bekannteste Beispiel ist die Hämoglobinkonzentration, die als Anpassung an die verminderte Sauerstoffkonzentration der Atemluft um 8 % bei 1400 m Höhe ansteigt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Veränderungen durch kurzfristige Aufenthalte in großer Höhe und konstanten Unterschieden bei dauerndem Aufenthalt. Folgende Einflüsse wurden bei alpinistisch oder touristisch in größeren Höhen Weilenden gefunden: 5 ↓ Aldosteron 5 ↓ Vasopressin (ADH) 5 ↑ ANP (atriatisches natriuretisches Peptid) 5 ↑ Kortisol und Katecholamine 5 ↑ CRP 5 ↓ Reninaktivität 5 ↓ Transferrin 5 zunächst ↓ Urinvolumen; ↑ nach 4 Tagen in großer Höhe. Demgegenüber finden sich niedrigere Werte für die KreatininClearance und höhere Kreatinin-Plasma-Konzentrationen, höhere Harnsäurewerte parallel zur Hämoglobin- und Hämatokritkonzentration und niedrigere Albuminkonzentrationen und höhere

G

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Gepoolte Standardabweichung

γ-Globulinfraktion in der Elektrophorese bei über 6-wöchigem Aufenthalt in großer Höhe.

Literatur. Young DS (2007) Effects of Preanalytical Variables on Clinical Laboratory Tests. 3nd edn. AACC Press, Washington DC

Gepoolte Standardabweichung 7 Standardabweichung, gepoolte

Gepoolte Varianz 7 Varianz, gepoolte

Geradensteigung 7 Regressionskoeffizient

Gerätebeschickung O. Colhoun

Englischer Begriff. equipment filling Definition. Generierung der Beschickungssequenz für die einzelnen Arbeitsplätze durch die Labor-EDV. i In einem Laboratorium mit zentraler Probenverteilung kommen

die Primärgefäße zunächst unsortiert an den Einleseplatz. Hier werden die Auftragsnummern der Probengefäße eingelesen; in dieser Reihenfolge wird vom Programm eine Beschickungssequenz für die Einzelarbeitsplätze aufgebaut.

Gerätemessunsicherheit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. instrumental measurement uncertainty Definition. Komponente der Messunsicherheit, die von einem in

Vielzahl anderer Gewebe wie der fetalen Leber und dem renalen Endothelium exprimiert. Das Gerbich-Blutgruppensystem ist charakterisiert durch die drei Hauptallele Ge2, Ge3 und Ge4. Daneben kommen vier weitere, seltenere Antigene vor (Wb [Webb, ISBT-Symbol: Ge5], Ls(a) [Lewis II, ISBT-Symbol: Ge6], An(a) [Ahonen, ISBT-Symbol: Ge7], Dh(a) [Duch, ISBT-Symbol: Ge8]). Die phänotypische Verteilung der Gerbich-Antigene liegt für die meisten Populationen bei > 99 %, wobei in bestimmten ethnischen Gruppen einige seltene Antigene („private antigens“) vorkommen. So ist das Ahonen-Antigen bei 0,2 % und Lewis-II-Antigen bei 1,6 % der finnischen Bevölkerung nachweisbar (andere Populationen jeweils 0,01 %). Die Gerbich-Antigene sind in der Regel sensibel gegenüber den Proteasen 7 Ficin, 7 Papain und 7 Bromelin. Antikörper gegen Gerbich-Antigene können moderate hämolytische Transfusionsreaktionen und 7 Morbus haemolyticus neonatorum auslösen.

Literatur. Colin Y (1995) Gerbich blood groups and minor glycophorins of human erythrocytes. Transfus Clin Biol 2:259–268 Reid ME, Spring FA (1994) Molecular basis of glycophorin C variants and their associated blood group antigens. Transfus Med 4:139–146 Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl., Elsevier New York Pasvol G, Anstee D, Tanner MJ (1984) Glycophorin C and the invasion of red cells by Plasmodium falciparum. Lancet 1:907–908 Lobo CA, Rodriguez M, Reid M, Lustigman S (2003) Glycophorin C is the receptor for the Plasmodium falciparum erythrocyte binding ligand PfEBP-2 (baebl). Blood 101:4628–4631

Gerinnungsaktivator 7 Gerinnungsbeschleuniger

Gerinnungsbeschleuniger W.G. Guder

Gebrauch befindlichen Messgerät oder Messsystem herrührt (VIM 2010). Für Beispiele und Anmerkungen s. Literatur.

Synonym(e). Gerinnungsförderer; Gerinnungsaktivator

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010)

Englischer Begriff. coagulation stimulant; activator or accelerator of

Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Gerbich(Ge)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). ISBT Collection 201; GYPC Englischer Begriff. Gerbich blood group system Definition. Die Gerbich(GE)-Antigene sind auf den Glykoprotei-

nen 7 Glykophorin C (GPC) und Glykophorin D (GPD) lokalisiert und werden durch das GYPC-Gen kodiert (Chromosomenlokalisation: 2q14-q21). Sie stellen ein erythrozytäres 7 Blutgruppensystem dar. i Bei der Expression des GYPC-Gens werden alternative Startco-

dons verwendet. Daher ist GPD (23 kDa) und GPC (32 kDa) bis auf die ersten 21 aminoterminalen Aminosäuren identisch. Beide Proteine werden auf der Erythrozytenoberfläche exprimiert und weisen einen singulären Membrandurchgang auf („single-pass membrane sialoglycoproteins type 1“). Die extrazelluläre Domäne der beiden Glykophorine ist stark O- und N-glykosyliert. Die Funktion von GPC und GPD ist die Erhaltung der Erythrozytenintegrität mittels Interaktion mit dem Protein 4.1. Ein Fehlen von GPC oder GPD kann zu Elliptozytose (7 Elliptozyt) oder zu einer abnormalen Form der Erythozyten führen (z. B. 7 Leach-Phänotyp). Die beiden Glykophorine steuern daneben zur negativen Ladung der Erythrozyten bei (7 Zetapotenzial). GPC ist der Rezeptor des Plasmodium falciparum-Proteins PfEBP-2 („erythrocyte binding protein 2“; baebl; EBA-140) und damit beteiligt an der Invasion in Erythrozyten. Die Gerbich-Antigene werden in erythroiden Geweben und einer

coagulation

Definition. Zusätze, die den Gerinnungsprozess initiieren, stimulieren oder beschleunigen. i Bei der Gewinnung von 7 Serum aus 7 Vollblut ist unter Verwendung normaler Glasröhrchen 30 min zu warten, bis der Vorgang der Gerinnung einschließlich der Retraktion des Blutkuchens abgeschlossen ist. Dieser Prozess verläuft langsamer in Gefäßen, die durch Silikonisierung die Gerinnung hemmen oder in Kunststoffgefäßen. Daher wurden verschiedene Stoffe als gerinnungsfördernde Substanzen diesen Blutröhrchen hinzugefügt, um den Gerinnungsprozess und damit die Serumgewinnung zu beschleunigen. Als Aktivatoren und/oder Beschleuniger der Gerinnung werden neben Glasperlen, Kaolinperlen oder -pulver, Silicon, aber auch Thrombin verwendet. Die Natur des verwendeten Aktivators ist meist nicht deklariert. Lediglich der Zusatz von Thrombin ist als Thrombin-tube extra gekennzeichnet mit eigenem Farb-Code.

Literatur. Kataloge der Firmen Sarstedt und Becton Dickinson 2007

Gerinnungsfaktor I 7 Fibrinogen

Gerinnungsfaktor II 7 Prothrombin

Gerinnungsfaktor IIa 7 Thrombin

Gerinnungsfaktor V

Gerinnungsfaktor III 7 Tissue Factor

Gerinnungsfaktor IV P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Calcium; Kalzium Englischer Begriff. factor IV Definition. 7 Calcium ist ein chemisches Element mit dem Elementsymbol Ca und der Ordnungszahl 20; 99 % des im Körper vorkommenden Calciums befinden sich in Zähnen und in Knochen, aus letzteren kann Calcium bei Calciummangel freigesetzt werden und steht dann für andere Aufgaben zur Verfügung. So kommt Calcium wesentliche Funktionen bei der Erregung von Muskeln und Nerven, beim Glykogenstoffwechsel, im Komplementsystem, und nicht zuletzt bei der Blutgerinnung zu. i Erst wenn N-terminale Glutaminsäurereste Vitamin K-abhängi-

ger 7 Gerinnungsfaktoren (FII, FVII, FIX, FX) posttranslational zu γ-Carboxyglutaminsäureresten (Gla) modifiziert werden, können sie Calcium binden. Die Bindung von Calcium bewirkt eine Konformationsänderung der Gerinnungsfaktoren, die dann eine Bindung an Phospholipidmembrane ermöglicht. Calcium ist wesentlicher Bestandteil der drei wichtigsten membrangebundenen Enzymkomplexe der Gerinnung. Nach Aktivierung bildet FVIIa mit TF und Calciumionen einen aktiven 7 Tenasekomplex auf der Plättchenoberfläche. Ebenso formt aktivierter Faktor IXa mit seinem Kofaktor FVIIIa und Calciumionen den aktiven Intrinsic-Tenasekomplex auf Blutplättchen.

Gerinnungsfaktor V P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). (Pro) akzelerin; FV; FV:C Englischer Begriff. factor V, (pro)accelerin, factor V clotting activity Definition. Faktor V ist ein Glykoprotein und inaktive Vorstufe des

aktivierten Faktor Va. Die Aktivierung erfolgt durch 7 Thrombin oder Faktor Xa. Faktor Va wirkt als Cofaktor der Serinproteinase Faktor Xa, deren Funktion er beschleunigt (damit Teil des Prothrombinase-Komplexes). Faktor V ist auch Cofaktor des aktivierten 7 Protein C, das zusammen mit 7 Protein S als Cofaktor den Faktor VIIIa inaktiviert (7 Abb. 1, 7 Abb. 2).

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Die Aktivierung erfolgt durch limitierte Proteolyse durch Thrombin an den Stellen Arg709, Arg1018 und Arg1545. Aktivierter FXa kann an den beiden ersten Seiten spalten. Faktor V wird durch ein Gen lokalisiert auf Chromosom 1 (1q23) kodiert und hauptsächlich in Hepatozyten gebildet, obwohl er auch in anderen Zellen (Endothelzellen, Megakaryozyten) nachgewiesen wird. 20 % des zirkulierenden Faktor V sind in den α-Granula der Blutplättchen gespeichert. Faktor V wird zu Faktor Va durch Thrombin oder Faktor Xa proteolytisch aktiviert, wodurch seine Cofaktoraktivität um ein Vielfaches zunimmt. Faktor V kann auch durch andere Proteasen wie die Neutrophilenelastase, Plasmin oder durch ein Enzym des Russell’s Viper Venoms (RVV-V) aktiviert werden. Faktor Va beschleunigt die Umsetzung von 7 Prothrombin zu Thrombin durch die Serinkinase Xa um ein Tausendfaches. Die biologische Halbwertszeit (~13 h) von Faktor V ist sehr kurz und Faktor V kann durch aktiviertes Protein Ca zusammen mit Protein S als Cofaktor oder durch Plasmin rasch inaktiviert werden.

Funktion und Pathophysiologie. Der angeborene Mangel (Parahämophilie) an Faktor V wird in der Regel autosomal-rezessiv vererbt, obwohl Familien mit einem autosomal-dominanten Erbgang mit niedriger Ausprägung beschrieben wurden. Bei homozygoten Patienten werden Aktivitäten unter 10 % gefunden. Die Aktivitäten Heterozygoter liegen zwischen 30 und 60 %. Beim Faktor-V-Mangel werden reine Mangelzustände von Dysformen des Faktor V mit verminderter Aktivität unterschieden. Kombinierte Faktor-V- und Faktor-VIII-Mangelzustände sind bekannt, es scheint sich hierbei um einen defekten intrazellulären Proteintransport (Chaperon ERGIC 53) zu handeln. In der Regel sind nur homozygote Patienten symptomatisch. Das klinische Bild ist durch Epistaxis, Ecchymosen, Mennorrhagien, Zahnfleischblutungen und postoperative und posttraumatische Blutungen geprägt. Es besteht eine Korrelation zwischen dem Schweregrad der Blutungen und dem Faktor-V-Gehalt der Plättchen. Der angeborene Faktor-V-Mangel ist mit ~1:1.000.000 sehr selten. Erworbene Formen des Faktor-V-Mangels zusammen mit anderen Faktorenmängeln im Rahmen einer Synthesestörung bei ausgeprägten Leberschäden oder im Rahmen einer Verbrauchskoagulopathie sind hingegen häufig. Ein isolierter Faktor-V-Mangel ist selten und wird durch Hemmkörper verursacht. Medikamentös kann ein Faktor-V-Mangel nach Asperinasetherapie auftreten.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Probenstabilität. Unter korrekten Abnahmebedingungen bleibt der nichtaktivierte Faktor V über 24 h bei Raumtemperatur stabil.

Präanalytik. Unter korrekten Abnahmebedingungen bleibt der nicht aktivierte Faktor V über 24 h bei Raumtemperatur stabil. Asparaginasetherapie, angeronnene Proben ergeben falsche Messwerte.

Analytik. Zur Aktivitätsbestimmung wird ein Einstufentest, Variante des Quicktests, eingesetzt. Die immunologische Bestimmung des Faktor-V-Antigens mit spezifischen Antikörpern erfolgt mit ELISA oder mittels der Laurell-Elektrophorese.

Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: 60–150 %, steigt in Gerinnungsfaktor V. Abb 1. Effekt von Cofaktoren auf die Aktivierung von Prothrombin. (Kane WH, Davie EW, Blood 1988; 71:539)

der Schwangerschaft nicht an.

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation.

5 Diagnose eines isolierten oder kombinierten kongenitalen FaktorV-Mangels 5 Differenzialdiagnose einer Verbrauchskoagulopathie (Phase II und III) 5 Im Rahmen einer Faktor-V-Substitution mit GFP Gerinnungsfaktor V. Abb 2. Struktur und Aktivierung von Faktor V

Molmasse. 330 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Glykoprotein von 2196 Aminosäuren. Faktor V enthält eine Reihe von internen Repeats, die hoch homolog zu 7 Gerinnungsfaktor VIII und Caeruloplasmin sind.

Interpretation. Faktor-V-Aktivitäten über 150 % werden kurzfristig nach Operationen, in der Initialphase und nach Absetzen der Cumarintherapie (Protein-C-Mangel) und bei Cholestase gefunden. Aktivitäten > 50 % gelten als ausreichend, Aktivitäten zwischen 25 und 50 % finden sich bei Heterozygoten oder sind, wenn erworben, Ausdruck einer schweren Störung der Gerinnung oder einer Syntheseeinschränkung (Leberversagen). Aktivitäten zwischen 5 % und

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546

Gerinnungsfaktor VI

25 % kommen kongenital oder erworben bei schweren Erkrankungen vor. Spontanblutungen sind auch bei diesen Aktivitäten noch nicht zu befürchten. Aktivitäten unter 5 % findet man beim sehr seltenen homozygoten Faktor-V-Mangel oder bei einer schweren Entgleisung des gesamten hämostatischen Systems.

Diagnostische Wertigkeit. Ein erworbener Faktor-V-Mangel ist in der Regel Ausdruck einer schweren Leberfunktionseinschränkung, wie sie bei einer fortgeschrittenen Leberzirrhose oder einer akuttoxischen Leberschädigung vorkommt.

Literatur. Barthels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York Mann KG, Kalafatis M (2003) Faktor V: A Combination of Dr Jekyll and Mr Hyde. Blood 101:20–30

Gerinnungsfaktor VI P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. factor VI Definition. Paul Owren, der Entdecker des 7 Gerinnungsfaktors V, führte den „Faktor VI“ im Jahr 1947 in seine neuformulierte Theorie als denjenigen Faktor ein, der letztendlich 7 Prothrombin in 7 Thrombin überführt. Nachdem er erkannte, dass die Prothrombinase ein Komplex und nicht einen einzelnen Faktor darstellt, verließ er die Bezeichnung FVI. Als das International Committee on Nomenclature of Blood Clotting Factors das Owren-Prinzip übernahm, Faktoren mit römischen Zahlen zu bezeichnen, beließ es den Faktor VI in der Aufzählung der Gerinnungsfaktoren, jedoch ohne Eintrag.

Literatur. Stormorken H (2003) The discovery of factor V: a tricky clotting factor. J Thrombosis Haemostasis 1:206–213

Gerinnungsfaktor VII P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FVII; FVII:C; EC 3.4.21.21 Englischer Begriff. factor VII; proconvertin Definition. Faktor VII ist ein Glykoprotein und inaktive Vorstufe (Proenzym) des aktivierten Faktor VIIa, eine Serinprotease. Durch limitierte Proteolyse aktiviert der Tissue Factor(TF)-Faktor-VIIaKomplex die Faktoren X und IX.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Serinprotease, Vitamin-Kabhängige γ-Carboxylierung der 10 aminoterminalen Glutamatreste, N- und O-glykosyliertes Protein, 406 Aminosäuren, als inaktives Proenzym einkettig (Molmasse: 50 kDa). Das Faktor-VII-kodierende Gen ist auf dem langen Arm des Chromosoms 13 (13q34) lokalisiert. Faktor VII (N- und O-glykosyliertes Protein, 406 Aminosäuren, als inaktives Proenzym einkettig, 50 kDa) wird in den Hepatozyten synthetisiert. Dort werden die N-terminalen Glutaminsäurereste Vitamin-K-abhängig posttranslational zu γ-Carboxyglutaminsäureresten (Gla) modifiziert, Voraussetzung für die Bindung von Calcium, das eine Konformationsänderung bewirkt, die die Bindung von FVII an TF und Phospholipide erleichtert. Die aktivierten Faktoren Xa, VIIa selbst, 7 Thrombin (FIIa), IXa und XIa können alle Faktor VII aktivieren. Der aktivierte Faktor IXa in Assoziation mit Phospholipiden scheint der effizienteste Aktivator zu sein. Aktivierung bedeutet, dass das einkettige Proenzym durch Trennung der Peptidbindung zwischen den Resten Arg 152 und Ile 153 in eine Leichtkette (20 kDa) und eine schwere Kette (30 kDa) prozessiert wird. Die Bindung des aktivierten Faktor VIIa an den TF auf einer Phospholipidmembran erhöht die Faktor-VII-Aktivität, Faktor X zu aktivieren um das 100.000-Fache. Effektivster physiologischer Inhibitor des TF-VIIa-Komplexes ist der 7 Tissue factor pathway inhibitor (TFPI), der zusammen mit TF-VIIa und Faktor Xa einen inaktiven Komplex bildet und somit den „extrinsic pathway“ abschaltet. Funktion und Pathophysiologie. Der isolierte Faktor-VII-Mangel ist eine sehr seltene (Inzidenz ~1:500.000) autosomal rezessiv vererbte hämorrhagische Diathese. Die genetischen Defekte können als echte

Mangelzustände (Typ I) mit Verminderung von Antigenkonzentrationen und Aktivität oder als Dysformen mit nur leicht erniedrigter Faktor-VII-Antigenkonzentrationen (Typ II) imponieren. Die klinische Symptomatik korreliert schlecht mit der vorhandenen Restaktivität. Epistaxis, Zahnfleischblutungen, Menorrhagien und Schleimhauteinblutungen sind häufig. Bei schweren Formen treten ZNSBlutungen (15–60 %) und gelegentlich Gelenkeinblutungen hinzu. Da die Blutungsneigung vom Typ der genetischen Veränderung abhängig zu sein scheint, sollte eine molekulargenetische Abklärung erfolgen. Die berichteten Mutationen sind über das gesamte Gen verteilt und implizieren, dass alle Domänen des Proteins funktionell wichtig sind, die meisten Mutationen betreffen jedoch die katalytische Domäne des Enzyms. Ein erworbener Mangel an Faktor VII ist in der Regel Folge eines Vitamin-K-Mangels, primär oder sekundär durch Vitamin-KAntagonisten verursacht oder Folge einer Leberschädigung. Bedingt durch seine kurze Halbwertszeit (~2 h) und seines niedrigen Plasmaspiegels, ist die Faktor-VII-Aktivität schon in der Initialphase einer Leberschädigung, bevor andere Faktoren reagieren, vermindert. Hemmkörper gegen Faktor VII sind äußerst selten. Bislang ist eine Korrelation zwischen erhöhten Faktor-VII-Spiegeln und einem thrombotischen Risiko nicht belegt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Probenstabilität. Citratplasma, Messung spätestens 4 h nach Entnahme.

Präanalytik. Therapie mit rekombinantem Faktor VIIa, in-vitro-Kälteaktivierung von Faktor VII zu VIIa, wenn Probe für längere Zeit bei 4 °C aufbewahrt wird.

Analytik. Einstufen-Tests zur Aktivitätsbestimmung, Varianten des Quicktests. Verschiedene Thromboplastine können unzureichend Faktor VII zu VIIa konvertieren und erfassen somit vorwiegend schon vorhandenen Faktor VIIa. Faktor VII: Ag wird durch 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) mittels monoklonaler oder polyklonaler Antikörper bestimmt. Polyklonale Antikörper erfassen gegebenenfalls auch die gerinnungsinaktive Acarboxy-Faktor-VII-Form. FVIIa-Aktivität kann in einem Einstufen-Test mit einem mutanten TF, dem die cytoplasmatische und die transmembrane Domäne fehlen und der immer noch Cofaktoraktivität besitzt, jedoch nicht mehr die Aktivierung von FVII unterstützt, gemessen werden (der basale Wert für FVIIa mit dieser Methode wird mit ~3,6 ng/mL, also ~1 % der totalen FaktorVII-Masse in der Zirkulation angegeben). Mit Hilfe eines ELISA, der als Fängerantikörper einen Antikörper verwendet, der spezifisch die Zweikettenform von Faktor VIIa erkennt und gegen den C-Terminus der leichten Kette gerichtet ist, kann Faktor VIIa immunologisch getestet werden. Die Übereinstimmung beider Tests ist, möglicherweise durch Proteolyse des C-Terminus der Leichtkette in der Zirkulation, nicht gut.

Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: Faktor-VII-Aktivität: 60–170 %, kontinuierlicher Anstieg in der Schwangerschaft (87– 336 % in der 36.–40. SSW; Anstieg der Aktivität im Alter (120+43 % bei > 60-Jährigen).

Referenzbereich — Kinder. Bei Neugeborenen physiologischerweise vermindert: im Mittel 53 % (Bereich 28–78 %).

Indikation.

5 Diagnose eines angeborenen oder erworbenen Faktor-VII-Mangels, insbesondere zur Abklärung eines pathologischen QuickWertes 5 Zur Beurteilung der Leberfunktion (früher, sensitiver Indikator) 5 Nachweis eines Hemmkörpers 5 Überwachung einer Substitutionstherapie mit Faktor-VII-Konzentraten.

Interpretation. Erst bei Aktivitäten unter 25 % muss von einer erhöhten Blutungsneigung ausgegangen werden, die, wenn die Aktivitäten unter 10 % liegen, auch zu lebensbedrohlichen Spontanblutungen führen können. Aktivitäten zwischen 15 und 25 % werden auch bei mit Cumarinen dauerhaft antikoagulierten Patienten gemessen. Faktor-VII-Spiegel zwischen 25 und 50 % finden sich in der Anfangspha-

Gerinnungsfaktor VIII

se eine Behandlung mit Cumarinen oder sprechen für eine erhebliche Einschränkung der Leberfunktion.

Diagnostische Wertigkeit. Aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit und seiner niedrigen Plasmakonzentration fällt der Faktor VII in der Regel in der Anfangsphase einer Leberschädigung als erster Faktor des Prothrombinkomplexes ab. Literatur. Perry DJ (2002) Factor VII Deficiency. British J Haematology 118:689–700 Barthels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Gerinnungsfaktor VIIa P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FVIIa Englischer Begriff. factor VIIa Definition. Serinproteinase des Proenzyms 7 Gerinnungsfaktor VII,

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lich für die Freisetzung von Faktor VIII aus der Bindung mit Bip und damit für den Transport in den Golgi-Komplex. ERGIC-53-Mangel führt somit auch zu einem Mangel an Faktor VIII in der Zirkulation. Hier schützt die Bindung von Faktor VIII an den 7 von WillebrandFaktor (VWF) vor vorzeitigem Abbau (7 Abb. 2). Circa 95 % des Faktor VIII ist an VWF gebunden. Die Bedeutung dieser Bindung für die Stabilisierung des Faktor VIII wird auch dadurch deutlich, dass Patienten mit einem Typ 3 der Von-Willebrand-Erkrankung nur eine Faktor-VIII-Restaktivität von 1–4 % im Plasma aufweisen. Messungen des Faktor VIII im Plasma nach Infusionen von Faktor-VIII-Konzentraten ergaben Halbwertszeiten von 10–20 h. Zum Teil geht diese Varianz auf die jeweilige AB0-Blutgruppe und die damit verbundenen VWF-Spiegel der Probanden zurück. Nach spezifischer Prozessierung durch 7 Thrombin, die die verbleibenden Sequenzen der zentralen B-Domäne und einer der hochaffinen VWF-Bindungsstellen abtrennen, entsteht der aktivierte heterotrimere Cofaktor Faktor VIIIa, der die intrinsische Faktor-X-Aktivierung durch die Serinproteinase IXa verstärken kann. Die Inaktivierung von Faktor VIIIa erfolgt durch Dissoziation der A2-Domäne oder durch spezifische Spaltung in den Domänen A1 und A2 durch das aktivierte 7 Protein C.

die durch limitierte Proteolyse durch Faktor Xa oder durch den Faktor-VIIa-TF-Komplex aktiviert wird. Substrate des Faktor-VIIa-TFKomplexes sind die Faktoren FX, FXI und FVII. Der Faltor-VIIa-TFKomplex wird durch Antithrombin-Heparin und dem TFPI (7 Tissue factor pathway inhibitor) gehemmt.

Gerinnungsfaktor VIII P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Antihämophiles Globulin A; FVIII; FVIII:C; Factor VIII-clotting-activity

Englischer Begriff. factor VIII Definition. Faktor VIII ist ein Glykoprotein, das als Cofaktor der ak-

tiven Serinprotease Gerinnungsfaktor IXa wirkt, der 7 Gerinnungsfaktor X aktiviert (7 Abb. 1).

Gerinnungsfaktor VIII. Abb. 1. Effekt von Cofaktoren auf die Aktivierung von Faktor X. (Kane WH, Davie EW, Blood 1988; 71:539)

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Sekretiertes Glykoprotein, 2332 Aminosäuren nach Prozessierung des Signalpeptids, das Polypeptid kann in drei verschiedene Typen von Domänen eingeteilt werden: drei zueinander homologe A (A1,2,3)-Domänen, zwei homologe C (C1,2)-Domänen und eine große, stark N- und O-glykosylierte zentrale B-Domäne. Domänestruktur vom N-Terminus bezeichnet ist NH2-A1-A2-B-A3-C1-C2-COOH (vgl. 7 Gerinnungsfaktor V). Die A-Domänen zeigen Homologien zu Coeruloplasmin. Nach intrazellulärer Prozessierung der B-Domäne wird Faktor VIII als Heterodimer sekretiert. Das Faktor VIII (Molmasse: 280 kDa) kodierende Gen wurde auf dem langen Arm des Chromosoms X (Xq28) lokalisiert. Das Gen besitzt 26 Exons und umfasst mindestens 186 kb. Da eine Lebertransplantation den Faktor-VIII-Mangel bei Hämophilie A korrigieren kann, ist davon auszugehen, dass die Leber einen signifikanten Beitrag zur Synthese des sich in der Zirkulation befindlichen Faktors leistet. Primär scheint Faktor VIII in den sinusoidalen Endothelzellen der Leber synthetisiert zu werden. Dafür dass auch Zelltypen Faktor VIII synthetisieren, die in anderen Organen präsent sind, spricht die Tatsache, dass eine schwere Leberfunktionseinschränkung nicht zu einem Faktor-VIII-Mangel führt. Bindung an das endoplasmatische Retikulum (ER)-Chaperone (Bip, Calnexin, Calreticulin) und Freisetzung aus der Bindung bestimmen die Sekretionseffizienz von Faktor VIII. Die Interaktion des Chaperon ERGIC-53 mit der B-Domäne ist erforder-

Gerinnungsfaktor VIII. Abb. 2. Struktur und Bindung des sekretierten Faktors VIII an VWF (Modifiziert nach Thompson AR (2003) Sem Thromb Hem 29:11–22)

Funktion und Pathophysiologie. Im aktivierten Cofaktor Faktor VIIIa sind die A-Domänen nur noch über nichtkovalente Interaktionen verbunden, die durch bivalente Metallionen stabilisiert werden. Die im aktivierten Faktor noch verbleibende VWF-Bindungsstelle in der C2-Domäne kann durch eine hochaffine Bindungsseite für Phospholipide kompetitiert werden. Die A-Domäne erlaubt dann eine spezifische Interaktion mit dem ebenfalls an die Phospholipidoberfläche gebundenen Faktor IXa. Thrombin und Faktor Xa scheinen auch mit der C2-Domäne zu interagieren. An einer Lipidoberfläche verstärkt der aktivierte Faktor VIIIa die Katalyse von Faktor X durch den Faktor IXa um das 100.000-Fache. Die Inaktivierung von Faktor VIIIa wird zum Teil durch die Spaltung der Peptidbindungen von Arg336Meth und Arg562-Gly durch das aktivierte Protein C (APC) kontrolliert. Im Gegensatz zum Faktor Va, wo eine häufig vorkommende Mutation der Spaltseite des APC zu einer erhöhten Thromboseneigung führt, sind solche für den Faktor VIII nicht bekannt. Daneben können auch andere Trypsin-ähnliche Proteinasen (Plasmin, Neutrophilenelastase) Faktor VIIIa abbauen. Der angeborene Faktor-VIIIMangel (Hämophilie A), der direkt den Genort (X-linked) des Faktors betrifft, ist mit 1:5000 die häufigste heriditäre Gerinnungserkrankung. Ein angeborener Mangel kann auch vorliegen, wenn die Bindungsstelle von Faktor VIII an den VWF mutiert ist (VWF Typ N) oder der VWF:Ag vermindert ist. Für die Ausschleusung der Faktoren V und VIII scheint das Chaperon ERGIC-53 (s.o) notwendig zu sein, weslhalb ein ERGIC-53-Mangel zu einem kombinierten Faktor-Vund Faktor-VIII-Mangel führt. Hemmkörperhämophilien führen zu einem erworbenen Faktor-VIII-Mangel. Die Inhibitoren sind im Allgemeinen temperaturabhängig und vom Typ IgGs. Eine stark erhöhte fibrinolytische Aktivität, wie sie unter einer systemischen Fibrinolysebehandlung auftritt, führt zu einem klinisch relevanten Abfall der Faktor-VIII-Aktivität (7 Abb. 3). Da Faktor VIII zu den Akute-Phase-Proteinen gehört, finden sich deutlich (um ein Vielfaches) erhöhte Faktor-VIII-Aktivitäten bei fast allen schweren Erkrankungen. Es bestehen klare Evidenzen für eine Korrelation zwischen einem erhöhten Basis-Faktor-VIII-Spiegel und einem erhöhten Thromboserisiko.

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Gerinnungsfaktor IX

Einsatz von Standardplasmen unterschiedlicher Aktivität und Standardkonzentraten erforderlich.

Literatur. Thompson AR (2003) Structure and Function of the Factor VIII Gene and Protein. Seminars in Thrombosis and Hemostasis 29:11–22 Barrowcliffe TW, Raut S, Sands D, Hubbard AR (2002) Coagulation and Chromogenic Assays of Factor VIII Activity: General Aspects, Standardization, and Recommendations. Seminars in Thrombosis and Hemostasis 28:247–255 Barthels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Gerinnungsfaktor IX P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FIX; Christmas-Faktor; EC 3.4.21.22; Antihämophiles Globulin B Gerinnungsfaktor VIII. Abb. 3. Struktur, Aktivierung und Inaktivierung von Faktor VIII

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Präanalytik. Faktor VIII sollte innerhalb von 4 h nach Blutentnahme gemessen werden. Ist eine Messung nicht möglich sollte Plättchenarmes Plasma präpariert und sofort bei –70 °C eingefroren werden. Bei –70 °C muss mit einer Aktivitätsminderung von ca. 10 % gerechnet werden. Hohe Aktivitäten werden nach erschwerter Blutentnahme fälschlich gemessen. Analytik. Einstufentests zur Aktivitätsbestimmung, als Varianten der aPTT: Der Einstufentest erfasst einige Missense-Mutationen des Faktor-VIII-Gens, die zu einer milden Hämophilie A führen, nicht korrekt. In Anwesenheit von Heparin und Lupus-Antikoagulans werden zu niedrige Aktivitätswerte gemessen. Chromogener Test: Messung mittels eines Faktor Xa spezifischen Substrats. Bildung von Faktor Xa korreliert in einem Testansatz, dem Phospholipide, Caliciumionen, Thrombin, Faktoren IXa und X als Substrat zugesetzt sind, mit der Plasma-Faktor-VIII-Aktivität. Die chromogene Testmethode ist zur Testung von Faktor-VIII-Konzentraten vorgeschrieben. Nach Therapien mit rekombinanten Faktorenkonzentraten divergieren die Ergebnisse mit denen, die mit Einstufentests ermittelt wurden. Immunologische Bestimmung des Faktor-VIII-Antigens (FVIII:Ag) mit monoklonalen Antikörpern mittels 7 Enzyme-linked Immunosorbentassay (ELISA). Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: Faktor VIII-Aktivität: 50–150 %, mit erheblichen intraindividuellen Schwankungen, Anstieg mit zunehmendem Alter, Anstieg in der Schwangerschaft.

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation.

5 Diagnose eines angeborenen (Hämophilie A, von-WillebrandSyndrom) Faktor-VIII-Mangels 5 Nachweis eines Hemmkörpers 5 Erhöhte Faktor-VIII-Aktivitäten im Rahmen einer Thrombophilieabklärung 5 Überwachung einer Substitutionstherapie mit Faktor-VIII-Konzentraten 5 Qualitätskontrolle von Faktor-VIII-Konzentraten.

Interpretation. Patienten mit einer Faktor-VIII-Restaktivität von weniger als 1 % haben eine schwere Hämophilie A, die mit Spontanblutungen einhergehen. Faktor-VIII-Aktivitäten von mehr als 5 % werden als milde Formen der Hämophilie A betrachtet. Aktivitäten zwischen 25 und 50 % werden als Subhämophilie bezeichnet und benötigen eine Faktorensubstitution nur bei größeren operativen Eingriffen.

Diagnostische Wertigkeit. Da die Methoden zur Aktivitätsmessung des Faktors VIII nur bedingt vergleichbare Ergebnisse ergeben, ist der

Englischer Begriff. factor IX Definition. Faktor IX ist ein Glykoprotein und inaktives Proenzym der aktiven Serinproteinase Faktor IXa, die enzymatisch aktive Komponente des Intrinsic-Tenase-Komplexes. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Serinproteinase, VitaminK-abhängige χ-Carboxylierung von 12 N-terminalen Glutaminsäureresten (Gla), zwei Epidermal-Growth-Factor(EGF)-like Domänen, C-terminale Serinproteinase-Domäne, N- und O-glykosyliertes Protein, zahlreiche Disulfidbrückenbindungen, sekretiert als einkettiges Protein (Faktor IX), nach Abspaltung des internen Aktivierungspeptids (10 kDa) zweikettig (Faktor IXaβ, MW: 56 kDa). Das Gen für Faktor IX konnte auf dem langen Arm des X-Chromosoms (Xq27) lokalisiert werden. Faktor IX wird in Hepatozyten synthetisiert und sekretiert. In der Zirkulation beträgt seine Halbwertszeit um 25 h. Er gehört zu den Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren, deren N-terminale χ-Carboxylierung notwendige Voraussetzung ist, um calciumabhängig an Phospholipidmembranen zu binden. Die Aktivierung des Faktors erfolgt durch die Serinprotease Faktor XIa im Intrinsic-System und durch den ExtrinsicFaktor-VIIa/TF-Komplex. Interaktion der Gla- und der ersten EGF-like Domäne mit TF scheint hierfür wichtig zu sein. Nach Aktivierung bildet Faktor IXa mit Faktor VIIIa und Calciumionen einen aktiven Tenase-Komplex auf der Plättchenoberfläche. Wichtigster physiologischer Inhibitor ist Antithrombin, dessen Bindung durch Heparin stark beschleunigt wird. Funktion und Pathophysiologie. Der angeborene Mangel an Faktor IX (Hämophilie B) wird wie Hämophilie A X-chromosomal rezessiv vererbt und tritt in einer Häufigkeit von 1:30.000 männlichen Neugeborenen auf. Die genetischen Defekte können zu einem echten Faktormangel oder zu Dysformen mit nur leicht erniedrigten Antigenspiegeln führen. Typisch für die Hämophilie ist, dass die Ausprägung des Krankheitsbilds von Familie zu Familie sehr variant sein kann, während der Schweregrad innerhalb der betroffenen Familien jedoch konstant ist. Der sehr seltene erworbene isolierte Faktor-IXMangel oder auch in Kombination mit einem Faktor-X-Mangel kann Folge einer Amyloidose sein. In der Regel ist der erworbene FaktorIX-Mangel jedoch Folge eines Vitamin-K-Mangels oder einer Lebersynthesestörung. Hemmkörper treten sehr selten auf und wenn, dann nach Substitutionstherapien.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Präanalytik. Heparin oder Lupus-Antikoagulans kann zu falsch erniedrigten Messwerten der Faktor-IX-Aktivität führen. Analytik. s. Text Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: Faktor-IX-Aktivität: 70–120 %, Anstieg im Alter. Leichter Anstieg unter Ovulationshemmern.

Referenzbereich — Kinder. Physiologischerweise bei Neugeborenen vermindert (im Mittel 53 %, Bereich 15–91 %)

Gerinnungsfaktor XI

Indikation.

5 Zur Diagnose eines erworbenen oder angeborenen (Hämophilie B) Blutungsleidens 5 Abklärung einer verlängerten aPTT 5 Überwachung einer Substitutionstherapie 5 Nachweis eines Hemmkörpers.

Interpretation. Patienten mit einer Faktor-IX-Restaktivität von weniger als 1 % haben eine schwere Hämophilie B, die mit Gelenkeinblutungen und Spontanblutungen einhergehen. Faktor-IX-Aktivitäten von 5–25 % werden als milde Formen der Hämophilie A betrachtet. Aktivitäten zwischen 25 und 50 % werden als Subhämophilie B bezeichnet und benötigen eine Faktorensubstitution bei größeren operativen Eingriffen.

Literatur. Monagle PT, Andrew M (2001) Hemorrhagic and thromboembolic complications during infancy and childhood. In: Colman RW, Hirsch J, Marder VJ et al (eds) Hemostasis and Thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp1053–1070 Schmidt AE, Bajaj SP (2003) Structure-function relationships in factor IX and factor IXa. Trends Cardiovasc Med. 13:39–45 Barthels M, Depka M von (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Gerinnungsfaktor IXa P. Kiefer, T. Stief

549

Blutplättchen, Faktoren V und VIII zur Verfügung steht. Faktor VIIIa bildet mit Faktor IXa an den aktivierten Plättchen den „intrinsic tenase complex“, der 50-fach effizienter Faktor X aktiviert als der extrinsische Tenase-Komplex. Faktor Xa bildet dann zusammen mit dem Faktor Va auf aktivierten Plättchenmembranoberflächen den aktiven „prothrombinase complex“, der Prothrombin 30.000-fach effizienter in Thrombin konvertiert als es der Faktor Xa allein könnte. TFPI (7 Tissue factor pathway inhibitor) blockt sehr wirksam den FaktorVIIa-TF-Komplex und neutralisiert so die extrinsische „Tenase“ und verhindert damit die Aktivierung der Faktoren Xa und IXa.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Präanalytik. Proteolytische Enzyme im Plasma können die Aktivitätsmessung verfälschen.

Analytik. Einstufentests zur Aktivitätsbestimmung, Varianten des Quicktests. RVV-X, ein Enzym des Russell’s Viper Venoms, kann zur Aktivierung von Faktor X benutzt werden, um hiermit einen Aktivitätstest aufzubauen. Geringerer Einfluss durch unspezifische Faktoren. Faktor-X-Konzentrationen können durch 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assays (ELISA) mittels monoklonaler oder polyklonaler Antikörper bestimmt werden. Polyklonale Antikörper erfassen gegebenenfalls auch die gerinnungsinaktiven Acarboxy-X-Formen.

Referenzbereich — Frauen. Citratplasma: Faktor-X-Aktivität: 70– 120 %, Anstieg im Alter und während der Schwangerschaft

Synonym(e). FIXa

Referenzbereich — Männer. Kein Anstieg mit zunehmendem Alter

Englischer Begriff. factor IXa

Referenzbereich — Kinder. Bei Neugeborenen physiologischerweise

Definition. Aktivierte Serinproteinase des Proenzyms 7 Gerinnungs-

vermindert: Mittel 40 % (Bereich 21–65 %).

faktor IX, die durch limitierte Proteolyse durch Faktor VIIa oder XIa entsteht und als Substrate die Faktoren 7 Gerinnungsfaktor X und 7 Gerinnungsfaktor VII hat. Faktor IXa wird durch Antithrombin gehemmt.

Indikation.

Synonym(e). Stuart-Prower Faktor; FX; EC 3.4.21.6

5 Diagnose eines angeborenen oder erworbenen Faktor-X-Mangels, insbesondere zur Abklärung eines pathologischen Quick-Werts zusammen mit anderen Vitamin-K-abhängigen Faktoren 5 Zur Beurteilung der Leberfunktion mit anderen Vitamin-K-abhängigen Faktoren 5 Nachweis eines Hemmkörpers 5 Überwachung einer Asparaginasetherapie mit den Faktoren II und IX

Englischer Begriff. factor X

Interpretation. Faktor-X-Aktivitäten unter 10 % gehen mit einem

Definition. Faktor X ist die inaktive Vorstufe (Proenzym) der Serin-

deutlich erhöhten Blutungsrisiko einher. Für Operationen können schon Aktivitäten unter 50 % eine Substitutionstherapie erforderlich machen.

Gerinnungsfaktor X P. Kiefer, T. Stief

proteinase FXa. Die Aktivierung des Faktors X nimmt eine zentrale Stellung in der Gerinnungskaskade ein. Faktor Xa bildet mit dem Faktor V, Calciumionen und Phospholipiden den aktiven Prothrombinase-Komplex, der 7 Prothrombin zu 7 Thrombin aktiviert.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Gerinnungsfaktor X ist ein Vitamin-K-abhängiges Glykoprotein (Molmasse: 59 kDa), die GlaDomäne umfasst 11 γ-Carboxyglutaminsäurereste: Faktor X besteht aus einer 16 kDa Leichtkette und einer 42 kDa Schwerkette, die über eine einzelne Disulfidbrücke verbunden sind. Die Schwerkette enthält die katalytische Domäne. Faktor X wird wie die übrigen Vitamin-K-abhängigen Faktoren in den Hepatozyten gebildet und die Vitamin-K-abhängige χ-Carboxylierung der 11 N-ständigen Glutaminsäurereste ist notwendige Voraussetzung für die Ca2+-abhängige Bindung von Faktor X an negativ geladene Phospholipidmembranen. Faktor X wird in einer Konzentration von 10 mg/L in die Zirkulation abgegeben. Die durchschnittliche Halbwertszeit beträgt 43 h.

Funktion und Pathophysiologie. Der Faktor-VIIa-Tissue-FactorKomplex („extrinsic tenase complex“) katalysiert die Aktivierung von Faktor X und mit einer deutlich geringeren Effizienz auch die Aktivierung von 7 Gerinnungsfaktor IX. Beide Faktoren X und IX konkurrieren um die Bindung an den Faktor-VIIa-TF-Komplex. Der Membran-gebundene Faktor Xa kann jedoch Faktor IX an Arg 145 spalten und zu Faktor IXα aktivieren. Die zweite Abspaltung an Arg180 erfolgt dann durch den Faktor-VIIa-TF-Komplex, wodurch die Aktivierung des Faktor IX verstärkt wird. Faktor Xa aktiviert zunächst nur sehr kleine Mengen Prothrombin zu Thrombin, das dann als Aktivator für

Diagnostische Wertigkeit. In Abhängigkeit vom genetischen Defekt können Gerinnungsteste unterschiedlich ausfallen. So führt der Austausch des Arg306 durch ein Cys (XSan Antonio) zu einer verlängerten Prothrombinzeit, jedoch die aPTT ist nicht verlängert.

Literatur. Uprichard J, Perry DJ (2002) Factor X Deficiency. Blood 16:97–110 Barthels M, Depka M von (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Gerinnungsfaktor Xa P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. factor Xa Definition. Die Serinproteinase des Proenzyms 7 Gerinnungsfaktor X, das durch limitierte Proteolyse durch Faktor VIIa oder IXa aktiviert wird. Serinproteinase des Prothrombinase-Komplexes. Faktor Xa wird durch Antithrombin und durch den 7 Protein-Z-abhängigen Proteinaseinhibitor (ZPI) gehemmt.

Gerinnungsfaktor XI P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). FXI; Plasma Thromboplastin Antecedent (PTA); Rosenthal-Faktor; EC 3.4.21.27

G

550

Gerinnungsfaktor XII

Englischer Begriff. factor XI Definition. Gerinnungsfaktor XI ist ein Glykoprotein und die inak-

Gerinnungsfaktor XII P. Kiefer, T. Stief

tive Vorstufe der Trypsin-ähnlichen Serinproteinase FXIa, die Faktor IX zu Faktor IXa aktiviert.

Synonym(e). FXII; FXII:Ag; Hagemann-Faktor; EC 3.4.21.38

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Serinproteinase (Molmasse

Englischer Begriff. factor XII

143 kDa), über Disulfidbrücken gebundenes Homodimer mit identischen Polypeptidketten, jedes 607 Aminosäurereste lang. Beide können durch die Serinproteinase Faktor XIIa durch Spaltung der Peptidbindung zwischen Arg309 und Ile370 aktiviert werden. Die entstehende Leichtkette (238 Aminosäurereste) enthält die Trypsinähnliche katalytische Domäne. Das Faktor XI codierende Gen befindet sich auf dem langen Arm von Chromosom 4 (4q35). Faktor XI wird exklusiv in der Leber synthetisiert und zirkuliert im Plasma in einer Konzentration von ~5 μg/ mL. Durch seine Bindung an 7 High-Molecular-Weight-Kininogen (HMWK) wird 7 Faktor XI an negativ geladenen Oberflächen gebunden und kann autokatalytisch sich selbst aktivieren oder durch die Serinprotease 7 Faktor XIIa oder durch 7 Thrombin aktiviert werden. Inhibitoren: Antithrombin, α1-Proteinaseinhibitor, Plasmininhibitor, C1-Inhibitor, 7 Protein Z-abhängiger Proteaseinhibitor (ZIP).

Funktion und Pathophysiologie. Der autosomal rezessiv angeborene Faktor-XI-Mangel (Hämophilie C) ist sehr selten. Eine höhere Inzidenz findet sich in einigen ethnischen Gruppen wie z. B. unter Aschkenaze-Juden. Die Blutungsneigung zeigt eine variable Penetranz in den betroffenen Familien. Mutationen sind beschrieben, die an einem Intron/Exon-Übergang des Faktor-XI Gens liegen und zu Spleißvarianten führen. Mutationen, die zu Aminosäureaustauschen führen, können die Dimerisation und Sekretion reduzieren. Am häufigsten sind Mutationen, die zu einem vorzeitigen Translationsabbruch in Folge eines durch Mutation entstandenen Stopcodons führen und damit zu niedrigen Spiegeln an Faktor XI in der Zirkulation führen. Erworbener Faktor-XI-Mangel in Folge einer Lebersynthesestörung findet man erst bei einer ausgeprägten Schädigung. Inhibitoren gegen Faktor XI können sehr selten bei Autoimmunkrankheiten und paraneoplastisch auftreten. Erhöhte Faktor-XI-Spiegel scheinen das Thromboserisiko zu steigern. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma, Messung bis 4 h nach Entnahme

Präanalytik. Lupus-Antikoagulans und Heparin lassen zu niedrige Faktorenaktivitäten messen

Analytik. Einstufentest zur Aktivitätsbestimmung, Variante des aPTT. Immunologische Bestimmung des Antigens mit polyklonalen Antikörpern [7 Enzyme-linked Immunosorbentassay (ELISA)]. Chromogene Bestimmung der Faktor-XI-Aktivität.

Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: 70–120 %, steigt im Alter an

Referenzbereich — Kinder. Beim Neugeborenen physiologischerweise vermindert (Mittel: 38 %, Bereich: 13–62 %) Indikation.

5 Diagnose eines angeborenen oder erworbenen Faktor-XI-Mangels, insbesondere zur Abklärung eines pathologischen aPTT-Werts 5 Nachweis eines Hemmkörpers 5 Überwachung einer Substitutionstherapie mit Faktor XI

Interpretation. Faktor-XI-Aktivitäten unter 15 % gehen in der Regel mit einer Blutungsneigung einher, aber auch Aktivitäten zwischen 50–70 % können unter chirurgischen Bedingungen schon zu Blutungskomplikationen führen. Spontanblutungen finden sich selten, während persistierende Blutungen nach Operationen, nach Zahnextraktionen und Menorrhagien bei Frauen häufig sind. Erhöhte Faktor-XI-Konzentrationen scheinen an ein erhöhtes Thromboserisiko assoziiert zu sein. Literatur. Walsh PN (2001) Factor XI. In: Colman RW, Hirsh J, Marder VJ (eds) Hemostasis and Thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 191–202

Definition. Gerinnungsfaktor XII bildet zusammen mit 7 Präkallikrein (PK), 7 High-Molecular-Weight-Kininogen (HMWK) und C1Inhibitor (C1-INH) das „Kontaktsystem“. Faktor XII ist das Proenzym der aktiven Serinproteinase Faktor XIIa. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Serinprotease, das primäre Translationsprodukt besteht aus 596 Aminosäuren, IEP 6,3, aktivierter Faktor XII besteht nach Spaltung an Arg353-Val354 aus einer schweren und einer leichten Kette, verbunden durch eine Disulfidbrückenbindung. „Kringel“-Struktur. Faktor XII (Molmasse: 80 kDa, codierendes Gen auf Chromosom 5 lokalisiert) wird in der Leber in Hepatozyten gebildet und in einer Konzentration von 31 ± 8 μg/mL (0,375 μM) in die Zirkulation abgegeben. Die Halbwertszeit wird mit 40–50 h angegeben. Die schwere Kette enthält zwei Bindungsstellen für anionische Oberflächen. Nach Bindung an negativ-geladene Flächen erfolgt eine Autoaktivierung des Proenzyms. Die leichte Kette des aktivierten Faktors ist eine typische Serinprotease. Die aktive Seite wird durch Bindung an C1-INH inaktiviert. Aktivierung und proteolytischer Abbau in der Flüssigphase durch Trypsin-ähnliche Proteinasen wie Trypsin, Plasmin und Kallikrein resultiert in immer kleineren Fragmenten der Proteinase, die noch die katalytische Domäne enthalten, aber eine reduzierte Proteaseaktivität und reduzierte Oberflächenbindungsaktivität aufweisen. Glykosaminoglykane und Cerebrosidsulfat, Bestandteile der Zellmembran und ECM, sind potente Aktivatoren der autokatalytischen Aktivität von Faktor XII. Der wichtigste Inhibitor der aktivierten Protease ist das Serpin C1-INH (> 90 %), die Faktor XIIa irreversibel hemmt. Endothelzellen exprimieren einen Inhibitor, der ebenfalls die Aktivierung von Faktor XII hemmt.

Funktion und Pathophysiologie. Die aktivierte Serinproteinase Faktor XIIa aktiviert im Gerinnungssystem die Serinproteasen Faktoren XIa und VIIa. Ebenso aktiviert Faktor XIIa HMWK und Präkallikrein zu Kallikrein und greift damit in das fibrinolytische System ein. Daneben kann Faktor XIIa 7 Plasminogen mit geringer Effizienz direkt spalten. Obwohl ein Faktor-XII-Mangel zu einer deutlichen Verlängerung der aPTT führt (bedingt durch den Testaufbau), besteht selbst bei Faktor-XII-Aktivitäten unter 1 % keine Blutungsneigung. Bei Patienten mit angeborenem Mangel (autosomal rezessiv) wird ein erhöhtes Risiko für venöse Thrombosen und thrombotische Erkrankungen wie Myokardinfarkt und Rethrombosierung von Koronararterien nach thrombolytischer Therapie beobachtet. In der Regel fehlt Aktivität und Protein („crossreacting material“, CRM-). Vereinzelt sind Dysformen mit verminderter Aktivität beschrieben (CRM+) worden. Antikörper gegen Faktor XII werden in bis zu 50 % bei Patienten mit einem Antiphospholipidsyndrom (APS) gefunden und scheinen bei Frauen mit APS eine signifikante Korrelation an habituelle Aborte aufzuweisen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Präanalytik. Nach Plasmagewinnung sollte die Probe nicht länger als maximal 6 h bei Raumtemperatur belassen werden. Erhöhte Aktivitäten unter erschwerter Blutentnahme. Analytik. Einstufentest zur Aktivitätsmessung, Varianten der aPTT. Faktor XII:Ag (Antigen) durch 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assays (ELISA) mit polyklonalen Antikörpern. Chromogene Bestimmung nach Aktivierung zu Faktor XIIa. Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma: Faktor XII-Aktivität: 52–164 % Da der Faktor-XII-Promotor ein funktionelles EstrogenrezeptorBindungselement enthält, erklärt sich die Zunahme der Faktor-XIIAktivität nach Estrogengabe und in der Schwangerschaft.

Gerinnungsfaktor XIII

Referenzbereich — Kinder. Physiologischerweise bei Neugeborenen vermindert (Mittel: 53 %, Bereich: 13–93 %) Indikation. 5 5 5 5

Thrombophilieabklärung Abklärung einer verlängerten aPTT Verdacht auf Inhibitoren gegen Faktor XII Differenzialdiagnostik bei Lupus-Antikoagulans

Interpretation. Faktor-XII-Aktivitäten zwischen < 1 und 50 % haben in der Regel keine Blutungsneigung zur Folge. Bei Aktivitäten unter 30 % ist ein erhöhtes Thromboserisiko nicht auszuschließen. Diagnostische Wertigkeit. Ein angeborener Faktor-XII-Mangel wird häufig auf Grund einer präoperativen Routinetestung durch eine Verlängerung der aPTT entdeckt.

Literatur. Monagle PT, Andrew M (2001) Hemorrhagic and thromboembolic complications during infancy and childhood. In: Colman RW, Hirsch J, Marder VJ et al (eds) Hemostasis and Thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp1053–1070 Colman RW (2001) Contact activation pathway: inflammatory, fibrinolytic, anticoagulant, antiadhesive, and antiangiogenic activities. In: Colman RW, Hirsh J, Marder VJ et al (eds) Hemostasis and Thombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 103–121 Barthels M, Depka M von (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Gerinnungsfaktor XIII P. Kiefer, T. Stief

551

Funktion und Pathophysiologie. Aktivierung des Proenzyms zu

Faktor XIIIa erfolgt durch 7 Thrombin, das das N-terminale Aktivierungspeptid von einer der A-Untereinheiten abspaltet. In Gegenwart von Calcium dissoziieren die A-Untereinheiten von den B-Untereinheiten (Geschwindigkeits-bestimmender Schritt der Aktivierung) und die katalytische Domäne wird zugänglich. In Gegenwart von Calcium und Fibrin(ogen) wird die proteolytische Aktivierung 100fach beschleunigt bis die Quervernetzung einen Grad von ~40 % erreicht. Fibrin ist das wichtigste physiologische Substrat von Faktor XIIIa. Faktor XIIIa quervernetzt auch α2-Antiplasmin, bedeutendster physiologischer Inhibitor von Plasmin, mit der α-Kette von Fibrin oder 7 Fibrinogen. Klinische Symptome bei Patienten mit einem homozygoten Faktor-XIII-Mangel zeigen, dass Faktor XIII nicht nur bei der Gerinnung, sondern auch bei der Wundheilung und Erhalt einer Schwangerschaft eine wesentliche Rolle spielt. Der angeborene Faktor XIII-Mangel ist mit eins zu einer Million sehr selten; Vererbung autosomal rezessiv. Da zwei Genorte betroffen sein können, kann der Mangel die Untereinheiten A oder B alleine oder in Kombination treffen. Eine immunologische Differenzierung und molekulargenetische Typisierung ist empfohlen. Ein erworbener Faktor XIII-Mangel findet sich bei der Verbrauchskoagulopathie, Sepsis, Leukämien und bei chronischen Entzündungen, selten als Folge eines Hemmkörpers. Eine Punktmutation im Codon 34 führt zum Austausch der Aminosäure Valin durch Leucin (Faktor XIII V34L). Dieser Polymorphismus [Heterozygotie 41 %, Homozygotie (Leu/Leu) 7 %] scheint mit einem erhöhten Risiko für pulmonale Embolien und intrazerebrale Blutungen aber mit einem verminderten Risiko für periphere tiefe Venenthrombosen oder Herzinfarkte korreliert zu sein.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma

Synonym(e). FXIII; Transglutaminase; Fibrinoligase; EC 2.3.2.13; fibrinstabilisierender Faktor

Präanalytik. Bei einer Asparaginasetherapie kann es zu einem Abfall

Englischer Begriff. factor XIII

Analytik. Tests zur Bestimmung der Faktor-XIII-Aktivität:

Definition. Gerinnungsfaktor XIII ist das Zymogen der aktiven

Transglutaminase Faktor XIIIa, die 7 Fibrin kovalent quervernetzt (7 Abb. 1), so dass ein festes aber elastisches Fibrinnetz entsteht.

Gerinnungsfaktor XIII. Abb. 1. Crosslinking-Aktivität von Faktor XIIIa

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. A2B2 Heterotetramer (Molmasse 320 kDa), intrazelluläre Form-A2-Homodimer, die 730 Aminosäuren große globuläre A-Untereinheit ist nicht glykosyliert, enthält die katalytische Domäne. Glykosylierte B-Untereinheit, 661 Aminosäurereste besteht aus 10 „Sushi“-Repeats („complement control protein“, CCP), kurze Sequenzwiederholungen, die man häufig in Adhäsionsmolekülen findet. Das die Untereinheit A kodierende Gen (Molmasse: 320 kDa) liegt auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 (6p24), das die Untereinheit B kodierende Gen ist auf Chromosom 1 (1q32) lokalisiert. Der Syntheseort der B-Untereinheit sind Hepatozyten, während die Untereinheit A von Megakaryozyten und Zellen der monozytären Reihe synthetisiert wird. Neben seiner Bedeutung in der Gerinnung scheint Faktor XIII-A eine Rolle in der Restrukturierung des Zytoskeletts während der Aktivierung von Blutplättchen zu haben. Faktor XIII-A ist im Zytoplasma lokalisiert in Assoziation mit Filamenten des Zytoskeletts. Faktor-XIII-A- und -B-Untereinheiten kombinieren sich erst in der Blutzirkulation. Die Plasmakonzentration beträgt 14–28 mg/L, Halbwertszeit ca. 7 Tage. Faktor XIII kann durch Trypsin-ähnliche Proteinasen wie Plasmin und Leukozytenelastase abgebaut werden.

des Faktor-XIII-Spiegels kommen. 5 Gerinnsel-Lyse-Test. Halbquantitativer nicht standardisierter Test, in dem die Patientenplasmaprobe nach Verdünnungen mit einer Faktor-XIII-freien Fibrinogen-Pufferlösung durch Zugabe von Thrombin, Calcium und Kaolin zur Gerinnung gebracht wird und die Stabilität des Gerinnsels nach Zugabe von Monochloressigsäure oder Harnstoff getestet wird. Vergleich mit NormalplasmaVerdünnungsstufen erlaubt eine semiquantitative Aussage. 5 Photometrische Methode nach Fickenscher. Die Quantifizierung der Faktor-XIII-Aktivität erfolgt über die Freisetzung von Ammoniak (NH3). Nach Aktivierung von Faktor XIII durch Thrombin in Anwesenheit von Calciumionen, katalysiert Faktor XIIIa die Vernetzung eines Peptidsubstrates mit Glyzerinethylester. Das freigesetzte Ammoniak wird mit α-Ketoglutarat und NADH zu NAD und Glutamat durch die Glutamatdehydrogenase umgesetzt und der NADH-Verbrauch photometrisch bei 340 nm gemessen. Im linearen Reaktionsbereich ergibt sich eine lineare Abhängigkeit der Faktor-XIII-Aktivität vom NADH-Verbrauch. 5 Inkorporationstests. Der von dem aktivierten Faktor XIIIa kalalysierte Transfer einer Acylgruppe eines peptidgebundenen Glutaminrestes an die primäre Aminogruppe eines peptidgebundenen Lysinrestes wird Inkorporation genannt. Ein kommerzieller Test nutzt die durch Faktor XIIIa katalysierte Inkorporation von 5-(Biotinamido)Pentylamin in an die Oberfläche einer Mikrotiterplatte fixiertem Fibrin(ogen) aus, um die Faktor-XIII-Aktivität mit Hilfe von Streptavidin/alkalische-Phosphatase-Konjugat zu quantifizieren (7 Abb. 2). Immunologische Bestimmung der Faktor-XIII-Untereinheiten: Sandwich-ELISA-Tests sind beschrieben, die den Faktor XIII tetrameren Komplex (A2B2) nachweisen, wobei meist die monoklonalen oder polyklonalen Fängerantikörper gegen die B-Untereinheit gerichtet sind und die Detektionsantikörper gegen die A-Untereinheit. Ebenso sind Tests zum Nachweis der Untereinheiten beschrieben worden.

Referenzbereich — Erwachsene. Citratplasma, Aktivität 70–140 % (14–28 mg/L)

Referenzbereich — Kinder. Bei Neugeborenen physiologischerweise vermindert (Bereich 27–131 %)

G

552

Gerinnungsfaktoren

reaktion beschleunigt. Obwohl dieses Modell vieles zum Verständnis der Gerinnungsabläufe beigetragen hat, bildet es die In-vivo-Situation nur unvollständig ab (7 Abb. 1, 7 Abb. 2).

Gerinnungsfaktor XIII. Abb. 2. Inkorporationstest

Indikation.

5 Verdacht auf erworbenen Faktor-XIII-Mangel (Postoperative Blutungen, Wundheilungsstörungen; Faktor-XIII-Mangel wird nicht durch Gruppentests erfasst) 5 Verdacht auf angeborenen Faktor-XIII-Mangel 5 Nachweis eines Hemmkörpers 5 Überwachung einer Substitutionstherapie

Interpretation. Patienten mit einer Faktoren-Aktivität kleiner 7 % haben eine spontane Blutungsneigung mit der Gefahr einer intrakraniellen Einblutung. Bei Faktor-XIII-Spiegel < 30 % oder < 40 % in Kombination mit einer Thrombopenie besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko nach operativen Eingriffen. Diagnostische Wertigkeit. Der Inkorporationstest erlaubt den Nachweis von Faktor XIII über einen weiten Messbereich (0–300 %) und ist sensitiver als der photometrische Test. Zudem gibt dieser Test einen Hinweis auf die Faktor-XIIIVal34Leu-Mutation. Nachweisgrenze für die Faktor-XIII-A-Untereinheit liegt bei 0,04 %.

Literatur. Wilmer M, Schröder V, Kohler HP (2002) Methoden zur Bestimmung des Faktor XIII/XIIIa. Hämostaseologie 22:18–28 Katona E, Ajzner E, Toth K et al (2001) Enzyme-linked immunosorbent assay for the determination of blood coagulation factor XIII A-subunit in plasma and in cell lysates. J of Immunological Methods 258:127–135 Muszbek L, Yee VC, Hevessy Z (1999) Blood Coagulation Factor XIII: Structure and Function. Thrombosis Research 94:271–305

Gerinnungsfaktoren P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. coagulation factors

Gerinnungsfaktoren. Abb. 1. Theorie der Gerinnungskaskade, die in Intrinsic-System, Extrinsic-System und die gemeinsame Endstrecke der Gerinnungsaktivierung eingeteilt wird. Hervorgehoben (schraffiert) ist die sogenannte „Josso“-Schleife, die die Interaktion zwischen Extrinsicund Intrinsic-System beschreibt. Die Verstärkung der Gerinnungsaktivierung durch Thrombin ist durch rote Pfeile markiert.

Präkallikrein und das High Molecular Weight Kininogen (HMWK) bilden zusammen mit dem Faktor XII und C1-Inhibitor das Kontaktsystem. In diesem System werden die Zymogene Faktor XII und Präkallikrein durch limitierte Proteolyse zu aktiven Serinproteasen aktiviert. Einige Faktoren erfordern für ihre Funktion eine VitaminK-abhängige γ-Carboxylierung N-terminaler Glutaminsäurereste zu γ-Carboxyglutaminsäureresten (Gla). Die Gla-Domäne ist für die Bindung von Calciumionen erforderlich. Der Gerinnungsvorgang, der letztlich zur Fibrinbildung führt, kann in zwei Aktivierungswege geteilt werden, dem Intrinsic- und dem Extrinsic-System, die sich die Gerinnungsfaktoren des gemeinsamen Aktivierungswegs teilen. Letzterer führt zur Generierung von Thrombin, das Fibrinogen in Fibrin umwandelt. Im Extrinsic-System (Faktor VII) wird der Faktor VII in Gegenwart von Calciumionen und dem Tissue Faktor, der nicht im Blut vorhanden ist, deshalb auch Extrinsic-System, zu Faktor VIIa aktiviert. Der gebildete Komplex aus Tissue-Faktor, Phospholipiden, Calciumionen und Faktor VIIa aktiviert Faktor X zu Xa. Im IntrinsicSystem (Faktoren XII, XI, IX, VIII), das durch Kontakt mit negativ geladenen Oberflächen (Kollagen Subendothel, Phospholipide) aktiviert wird, wird mit Hilfe der Kontaktfaktoren aktivierter Faktor XIIa und XIa generiert und ein aktiver Tenase-Komplex zur Aktivierung von Faktor X zu Xa aus Faktor IXa Faktor-VIIIa-PhospholipideCalciumionen gebildet. Zum gemeinsamen Aktivierungsweg des Extrinsic- und des Intrinsic-Systems gehören die Faktoren X, V, II und I (7 Tab. 1).

Definition. Gerinnungsfaktoren formen ein System aus glykosylierten Plasmaproteinen, die zusammen mit ihren Inhibitoren in einer hoch kontrollierten Sequenz von Aktivierungs- und Inaktivierungsprozessen letztlich die Bildung eines Fibringerinnsels bewirken.

Literatur. Bartels M, Depka M von (2003) Das Gerinnungskompendium. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

i Gerinnung ist eine Folge von Reaktionen, bei denen Plasmazy-

7 Gerinnungsbeschleuniger

mogene von Serinproteasen in aktive Enzyme transformiert werden. Gerinnungsfaktoren, die im Wesentlichen diese Sequenz von (Pro) Enzymen und ihrer Coaktivatoren repräsentieren, sind in 7 Tab. 1 aufgeführt. Die meisten von ihnen finden sich bis auf Fibrinogen und Prothrombin nur in sehr geringen Mengen im Plasma. Entsprechend dem Kaskadenmodell (Gerinnungskaskade) wird jeder Gerinnungsfaktor von einem vorgehend aktivierten Faktor in seine aktive Form überführt, wobei sich bei jedem Schritt der Ablauf der Gerinnungs-

Gerinnungsförderer Gerinnungshemmer 7 Antikoagulanzien in vitro

Gerinnungshemmer

553

G

Gerinnungsfaktoren. Abb. 2. Bildung von Extrinsic- und Intrinsic-Tenase-Komplex zur Aktivierung von Faktor X zu Faktor Xa und die Bildung des Prothrombinase-Komplexes zur Aktivierung von Prothrombin (FII) zu Thrombin (FIIa) an einer gerinnungsaktiven Oberfläche (Blutplättchen). F Faktor, TF Tissue Factor (Gewebefaktor), PK Präkallikrein, K Kallikrein, PL Phospholipide, Gla Carboxyglutaminsäurereste, HMWK High-Molecular-Weight Kininogen Gerinnungsfaktoren. Tab. 1. Faktor

Synonyme

Funktion

Primärer Syntheseort

Molekulargewicht (kDa)

Plasmakonzentration (mg/dL)

Halbwertszeit

I

Fibrinogen

Vorstufe von Fibrin

Leber

340

250–600

3–5 Tage

II

Prothrombin

Proenzym (Serinprotease)

Leber, Vitamin-Kabhängig

70

10–20

57 h

V

Proakzelerin

Kofaktor

Leber (Endothelzellen, Megakaryozyten)

330

0,4–1,4

12–15 h

VII

Prokonvertin

Proenzym (Serinprotease)

Leber, Vitamin-Kabhängig

56

VIII

Antihämophiler Faktor A

Kofaktor

Leber, Endothelzellen, Megakaryozyten

280

IX

Christmas-Faktor Antihämophiler Faktor B

Proenzym (Serinprotease)

Leber, Vitamin-Kabhängig

X

Stuart-ProwerFaktor

Proenzym (Serinprotease)

Leber, Vitamin-Kabhängig

XI

Plasma-Thromboplastin-Antecedent

Proenzym (Serinprotease)

Leber

XII

HagemannFaktor

Proenzym (Serinprotease)

Leber

XIII

Fibrinstabilisierender Faktor

Proenzym (Transglutaminase)

Leber (B-Kette)

Präkallikrein

Fletcher-Faktor

Proenzym (Serinprotease)

Leber

High molecular weight Kininogen (HMWK)

Fitzgerald-Faktor

Cofaktor

Leber

5,6

~0,1

3–5 h

~0,015

8–12 h

0,5

0,525 h

0,5–1,0

43 h

160

0,5

30–60 h

80

~4,0

40–50 h

320

~1,0

7 Tage

4

~35 h

8

~5 Tage

59

8,6 150

554

Gerinnungszeit, aktivierte

Gerinnungszeit, aktivierte P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). ACT Englischer Begriff. activated clotting time Definition. Die ACT ist ein Vollblutgerinnungstest, der als Point-ofCare-Test vor allem zur Überwachung hochdosierter Heparintherapien bei kardiopulmonalen Bypassoperationen, Gefäßoperationen, Herzkatheterisierung oder bei der Hämodialyse eingesetzt wird. Physikalisch-chemisches Prinzip. Vollblut wird in Röhrchen oder speziellen Cartridges gesammelt, die einen Oberflächenaktivator (Kaolin, Celit) enthalten, wodurch das Kontaktsystem und das intrinsic-System aktiviert werden. Zur Messung der Gerinnungszeit werden spezialisierte Gerinnungsanalyzer (z. B. Hemochron®, i-STAT) benutzt. Zur Detektion der Gerinnselbildung werden optische oder mechanische Messanordnungen benutzt. Die ACT ist weniger präzise als die aPTT und wird als Globalmethode von einer Reihe von Variablen beeinflusst; Plättchenzahl, Plättchenfunktion, Hämodilution und Temperatur. Die verschiedenen Messanordnungen sind nicht standardisiert, so dass die Werte nur für das eingesetzte System Gültigkeit haben. In Celit-basierten ACTs verlängert Aprotinin die Gerinnungszeit, so dass die Heparinkonzentration überschätzt werden kann. Einsatzgebiet. Zur Überwachung hochdosierter Heparintherapien z. B. während einer kardiopulmonalen Bypassoperation, unter Hämodialyse oder während einer Gefäßoperation.

lierbaren Risiken in der EU zur Ergänzung der Nahrung nicht empfohlen. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz hat im Jahr 2000 sogar eine ausdrückliche Warnung vor Gefahren bei dessen Anwendung ausgesprochen.

Literatur. Anke M, Glei M (1994) Germanium. In: Seiler HG, Sigel A, Sigel H (eds) Handbook on metals in clinical and analytical chemistry. Marcel Dekker, NewYork, Basel Hong Kong, S. 381–86

Gesamt-CO₂ O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. total CO2 Definition. ctCO2 ist die Menge an CO2, die durch Zusatz starker Säure pro Volumeneinheit Plasma oder Serum freigesetzt werden kann. Struktur. ctCO2 setzt sich zusammen aus CO2, H2CO3 und HCO3– sowie kleinsten Mengen von CO32-, Carbamat (RNHCOO-) und komplexgebundenen Ionenpaaren. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Üblicherweise Heparinplasma oder Serum von venös entnommenem Blut. Die Berechnung von ctCO2 im Rahmen der Blutgasanalyse ist möglich, aber neben Basenabweichung und Plasmabicarbonat für praktische Zwecke nicht erforderlich.

Probenstabilität. Nur wenn Blutabnahme, Probentransport, Zen-

Instrumentierung. Automatisierter Test mit spezialisierten Analy-

trifugation und Probenzuführung zur Analytik im geschlossenen Behältnis erfolgen, sind brauchbare Ergebnisse zu erwarten. Unter diesen Kautelen beträgt die Probenstabilität 1 h. Bei Verarbeitung im offenen Gefäß können falsch erniedrigte Werte durch Entweichen von CO2 in einer Größenordnung bis zu 6 mmol/L resultieren.

zern

Analytik. Für die Messung in Analysegerät stehen folgende Verfahren

Fehlermöglichkeit. Der ACT ist deutlich unpräziser als die aPTT

zur Verfügung: 5 Ansäuerung zur Umwandlung aller CO2-Komponenten in gelöstes Kohlendioxid und dessen anschließende Messung mit Hilfe einer pCO2-Elektrode. 5 Alkalisierung zur Umwandlung aller Komponenten in Bicarbonat und dessen Messung auf enzymatischem Wege bei Verwendung von Phosphoenolpyruvatcarboxylase und Malatdehydrogenase unter Umwandlung von NADH zu NAD.

Untersuchungsmaterial. Vollblut

und zeigt keine hohe Korrelation zu aPTT oder die Bestimmung des Heparinspiegels mittels Anti-Xa-Aktivität. Der ACT wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst wie Plättchenzahl und -Funktion, Faktorenmangel, Inhibitoren, Hypothermie und Hämodilution. Aprotinin verlängert die Zeiten im Celit-basierten ACT. Die verschiedenen Methoden zur ACT-Bestimmung sind nicht untereinander standardisiert.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Einsatz der Methode im Wesentlichen nur als Bedside-Test.

Literatur. Hattersley PG (1966) Activated Coagulation Time of Whole Blood. J Am Med Assoc 196:436–440

Gerlach-Quotient 7 Laktatdehydrogenase/Aspartataminotransaminase-Quotient

Germanium D. Meissner

Englischer Begriff. germanium Definition. Germanium (chemisches Symbol: Ge) ist ein Element der Kohlenstoffgruppe des Periodensystems mit der Ordnungszahl 32 und der relativen Atommasse von 72,60. Es gehört zu den nicht essenziellen 7 Ultraspurenelementen. i Obwohl physiologische Funktionen des Germaniums bisher

nicht bewiesen werden konnten, wurde versucht, dieses Element therapeutisch zu nutzen. Ihm wurden wegen der Ähnlichkeit zu Silizium Einflüsse auf den Knochenstoffwechsel und darüber hinaus positive Wirkungen als Immunstimulans, in der Krebsbehandlung und zur Senkung des Blutdrucks zugeschrieben, die jedoch durch Studien nicht bewiesen werden konnten. In Deutschland ist aktuell kein germaniumhaltiges Präparat zugelassen. Zum Teil wird Germanium als Nahrungsergänzungsmittel angewendet. Obwohl seine Toxizität im Vergleich zu anderen Elementen gering ist, wird es wegen unkalku-

Es existiert eine IFCC-Referenzmethode (Clin Chem Lab Med 2001; 39:283–289).

Internationale Einheit. mmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 23–29 mmol/L Referenzbereich — Frauen. 23–29 mmol/L Referenzbereich — Kinder. 20–28 mmol/L, Neugeborene: 13– 22 mmol/L

Indikation. Erkennung von Säure-Basen-Störungen, Berechnung der 7 Anionenlücke. Interpretation. Erniedrigte Werte bei metabolischer Acidose, erhöhte Werte bei ausgeprägter metabolischer Alkalose.

Diagnostische Wertigkeit. Verfahren von eher orientierendem Wert. Feindiagnostik durch die 7 Blutgasanalyse.

Literatur. Scott MG, LeGrys VA, Klutts JS (2006) Electrolytes and Blood Gases. In: Burtis CA, Ashwood ER, Bruns DE (eds) Tietz Textbook of Clinical Chemistry and Molecular Diagnostics.4th ed. Elsevier-Saunders, Philadelphia, pp 983–1018

Gesamteiweiß im Urin 7 Proteine im Urin

Geschlechtsabhängigkeit von Referenzintervallen 7 Einflussgrößen

Gesetze und Verordnungen, Hierarchie der

Geschlechtschromosom R. Weiskirchen

Synonym(e). Heterosomen

555

Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie T. Arndt

Englischer Begriff. heterosomes

Synonym(e). GTFCh

Definition. 7 Chromosomen, für die es in einem diploiden Zellkern kein Homologes gibt

Englischer Begriff. Society of Toxicological and Forensic Chemistry

i Bei der Reifeteilung (7 Meiose) bildet die Frau nur eine Sorte von

Definition. Im Jahr 1978 gegründete, als rechtsfähiger Verein im

Eizellen mit jeweils einem 7 X-Chromosom, der Mann zwei Sorten von Spermien, eine Sorte mit dem X- und eine mit dem 7 Y-Chromosom. Bei der Befruchtung entstehen zwei Sorten von Zygoten: 46, XX-Zygoten führen zur Entwicklung eines Mädchens (7 Abb. 1), 46, XY-Zygoten zur Entwicklung eines Knaben (7 Abb. 2).

Geschlechtschromosom. Abb. 1. Karyogramm einer weiblichen Person. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H. M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen.

(GTFCh) Vereinsregister des Amtsgerichts Frankfurt/Main unter Nummer VR 7372 eingetragene wissenschaftliche Fachgesellschaft. i Die GTFCh verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnüt-

zige, wissenschaftliche Zwecke. Sie dient der Förderung der toxikologischen und forensischen Chemie in Forschung, Lehre (Aus-, Weiterund Fortbildung) und praktischer Anwendung sowie der Pflege eines geeigneten wissenschaftlichen Nachwuchses. Dieser Zweck wird verwirklicht durch wissenschaftliche Vortragsund Arbeitstagungen, auf denen die Mitglieder neue Beobachtungen, Erkenntnisse und Erfahrungen vorweisen, mitteilen und diskutieren können. Die Gesellschaft erteilt nach einer mindestens 5-jährigen Weiterbildungszeit und abschließender Prüfung vor einer Anerkennungskommission die Anerkennung als „Forensischer Toxikologe GTFCh“, als „Forensischer Chemiker GTFCh“ oder als „Klinischer Toxikologe GTFCh“. Die GTFCh verleiht alle 2 Jahre im Rahmen des sog. Mosbacher(Neckar)-Symposiums einen Förderpreis für junge Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler der GTFCh für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der toxikologischen oder forensischen Chemie. Für ein außerordentliches, wissenschaftliches Lebenswerk im Bereich der toxikologischen und forensischen Chemie wird alle 2 Jahre der Stas-Preis verliehen, in Erinnerung an den belgischen Chemiker JeanServais Stas, einen Pionier der analytischen Toxikologie. Organe der Gesellschaft sind: 5 Mitgliederversammlung, 5 Vorstand, 5 Anerkennungskommissionen, 5 Arbeitskreise mit speziellen fachlichen Aufgaben. Adresse: Geschäftsstelle der GTFCh Universitätsklinikum Jena Fürstengraben 23 D-07743 Jena Tel.: +49-(0)3641-935584,; Fax: +49-(0)3641-937902 E-Mail: offi[email protected]; Internet: www.gtfch.org

Gesetz der korrespondierenden Flächen 7 Dost-Prinzip

Geschlechtschromosom. Abb. 2. Karyogramm einer männlichen Person. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H. M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen.

Geschlechtshormon, männliches 7 Testosteron

Geschlossener Leserahmen 7 Leserahmen, geschlossener

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln 7 Betäubungsmittelgesetz

Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen 7 Chemikaliengesetz

Gesetze und Verordnungen, Hierarchie der T. Arndt

Definition. Gesetze und Verordnungen unterliegen einer Klassifizierung („Hierarchie“), die in der 7 Tab. 1 am Beispiel der rechtlichen Regelungen im Arbeits- und Umweltschutz gezeigt wird. Literatur. Cernavin O, Schmidt J (2002) Präventionsrecht und Arbeitsanweisungen online. In: Cernavin O, Ebert B, Wilken UJ (Hrsg) Arbeitsschutz mit E-Nets – Wissensmanagement im Inter-, Intra- und Extranet. Berlin, S 101ff.

G

556

Gestagene

Gesetze und Verordnungen, Hierarchie der. Tab. 1. Betriebliches Präventionsrecht Klassifizierung und Bedeutung rechtlicher Regelungen im Arbeits- und Umweltschutz. [Modifiziert nach: Cernavin O, Schmidt J (2002) Präventionsrecht und Arbeitsanweisungen online. In: Cernavin O, Ebert B, Wilken UJ (Hrsg) Arbeitsschutz mit E-Nets – Wissensmanagement im Inter-, Intra- und Extranet, Berlin, S 101ff ] Normen

Bedeutung

Beispiel

EG-Verordnung (VO) (Art. 249 Abs. 2 EGVertrag)

Unmittelbar in allen EG-Mitgliedstaaten geltendes Recht; anderslautendes nationales Recht nicht länger anwendbar.

Öko-Audit-Verordnung (EMAS II) EG-Abfallverbringungsverordnung

EG-Richtlinien (RL) (Art. 249 Abs. 3 EGVertrag)

Müssen von den Mitgliedstaaten binnen einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden. Bei verspäteter Umsetzung greift die vom EuGH entwickelte und vom BVerfG gebilligte „Direktwirkung“: entgegenstehendes nationales Recht ist nicht mehr anwendbar (Effekt ähnlich einer Verordnung).

EG-Rahmenrichtlinien Arbeitsschutz EG-Abfallrahmenrichtlinie EG-Niederspannungsrichtlinie EG-Maschinenrichtlinie EG-Lastenhandhabungsrichtlinie

Gesetze (G) (Art. 7082 GG) Rechtsverordnungen (VO) (Art. 80 GG) = Gesetze im formellen Sinne, sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene

Sind als nationale Rechtsvorschriften zwingend im Unternehmen anzuwenden. Spezielle Gesetze und Rechtsverordnungen gehen jeweils den allgemeinen Regelungen vor. Bundesrecht bricht Landesrecht (Art. 31 GG).

Arbeitsschutzgesetz Arbeitssicherheitsgesetz Gerätesicherheitsgesetz Umwelthaftungsgesetz B-Immissionsschutzgesetz + B-Immissionsschutz-VO Chemikaliengesetz und Gefahrstoff-VO Arbeitsstätten-VO Baustellen-VO Wasserhaushaltsgesetz und Abwasser-VO

Untergesetzliches Regelwerk auch bezeichnet als: Technisches Regelwerk

Oberbegriff für verschiedene Normen unterhalb von Gesetz und Rechtsverordnung. Deren allgemeine Verbindlichkeit ist unterschiedlich. Teilweise nehmen Gesetze direkt auf sie Bezug; dann wirken sie wie ein Gesetz. Teilweise gelten sie nur behördenintern (wie Verwaltungsvorschriften) oder vereinsintern (wie DIN-Normen). Deren Geltung kann aber auch vertraglich vereinbart werden (etwa über VOB).

Technische Regeln Gefahrstoffe (TRGS) Technische Regeln Druckbehälter Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)

BG-Vorschriften (UnfallverhütungsVorschriften.UVV)

BG-Vorschriften werden auf der Grundlage des SGB VII § 15 als autonomes Recht der Berufsgenossenschaften (BG) erlassen und gelten für die Angehörigen der Berufsgenossenschaften

BGV Allgemeine Vorschriften BGVA – Allgemeine Arbeitsschutzvorschriften/ Betriebliche Arbeitsschutzorganisation BGVB – Einwirkung (z. B. BGVB3 Lärm) BGVC – Betriebsart/Tätigkeit BGVD – Arbeitsplatz/Arbeitsverfahren

Verwaltungsvorschriften (VwV)

Handlungsanleitungen zu Gesetzen, Rechtsverordnungen, BG-Vorschriften; richten sich an die durchführende Behörde (z. B. Amt für Arbeitschutz, BG) bieten aber Beurteilungshilfen für Unternehmen/Anwender. Verwaltungsvorschriften sind „amtliche Kommentierungen“

TA Lärm TA Luft TA Abfall TA Siedlungsabfall

BG-Regeln

BG-Regeln geben an, wie die in den BG-Vorschriften normierten Schutzziele erreicht werden können

BGR Richtlinie für Laboratorien BGR für Fahrzeuginstandhaltung BGR für Einsatz von Schutzkleidung BGR Einsatz von Hautschutz

Regeln privater Normgeber

Regeln privater Normgeber, deren Befolgung im Ermessen des Unternehmers/Anwenders steht, es sei denn, in einer Rechtsvorschrift (s. Punkt 3) wird ein Abweichen von einer Norm von einer ausdrücklichen Erlaubnis abhängig gemacht

DIN Normen (CEN/ISO) DIN VDE Normen VDI-Richtlinien VDGW-Regelwerk

Gestagene H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Gelbkörperhormone Englischer Begriff. gestagens; gestagenic hormones Definition. Allgemein wird mit Gestagenen eine Stoffklasse synthetischer Hormone mit ähnlichen Wirkungen wie das physiologisch wichtigste Gelbkörperhormon 7 Progesteron bezeichnet. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Mit dem LH-Anstieg kommt es in der Mitte des Zyklus kurz vor der Ovulation zu einem ersten Progesteronanstieg, danach bildet ein blühendes Corpus luteum

erhebliche Progesteronmengen. Maximalkonzentrationen werden 6–8 Tage nach der Ovulation gemessen, ca. 3 Tage vor der Menstruationsblutung fällt die Konzentration steil ab. Aufgrund seines thermogenetischen Effekts kommt es bei einem Anstieg von Progesteron zu einem Anstieg der basalen Körpertemperatur.

Pathophysiologie. Durch den Progesteronnachweis in der Mitte der 2. Zyklushälfte kann eine stattgehabte Ovulation bzw. ein anovulatorischer Zyklus und eine Corpus luteum-Insuffizienz beurteilt werden. Mit Hilfe eines sogenannten Gestagentests gelingt der Nachweis eines estrogenstimulierten Endometriums bei Verdacht auf eine anovulatorische Oligo- oder Amenorrhoe. Tritt nach 10, besser 12 Tagen täglicher Gabe von 10 mg Medroyprogesteron (also volle Transfor-

Gewicht, spezifisches des Urins

557

mationsdosis) eine uterine Blutung auf, ist vom Vorhandensein eines estrogenstimulierten, gestagentransformierten Endometriums auszugehen. Die Funktionsfähigkeit der Ovarien ist nachgewiesen.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Speichel Analytik. RIA, Imunoassays Bewertung. Nachweis eines ovulatorischen Zyklus: Indikation und Bestimmung von Progesteron in der Mitte der 2. Zyklushälfte. Nachweis einer Corpus-luteum-Insuffzienz: 2–3 Bestimmungen im Abstand von 2–3 Tagen. Progesteronwerte, die nicht über 8 μg/L (25 nmol) ansteigen, sprechen für eine Gelbkörperinsuffizienz. Cave: Zwischen den Assays für 7 17-Hydroxyprogesteron (17-OHP) und Progesteron besteht eine wechselseitige Kreuzreaktivität. Erhöhte Progesteronkonzentrationen täuschen falsch (positive) hohe 17-OHP-Konzentrationen vor.

Literatur. Mais V, Cetel NS, Muse KN et al (1987) Hormonal Dynamics during Luteal-Follicular Transition. J Clin Endocrinol Metab 64:1109–1114 Leidenberger FA (2005) Klinische Endokrinologie für Frauenärzte. 3. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Gesundheitsleistungen, individuelle T. Arndt

Synonym(e). IGeL

Gewebsmastzellen. Abb. 1. Gewebsmastzelle (Pfeil), 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

in erster Linie 7 Histamin, 7 Heparin und Heparinoid sowie weitere Entzündungsmediatoren. Freigesetzt werden diese Inhaltsstoffe bei Verletzungen und Infektionen des Gewebes, aber auch im Rahmen allergischer Reaktionen (Allergische Reaktion Typ I).

Literatur. Boyce JA (2003) Mast cells: beyond IgE. J Allergy Immunol 111:24–32

Definition. Gesundheitsleistungen, die nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gehören, dennoch von Patientinnen und Patienten nachgefragt werden, ärztlich empfehlenswert oder aufgrund des Patientenwunsches ärztlich vertretbar sind (lt. Kassenärztliche Bundesvereinigung). i Weiterentwicklungen in der Medizin/7 Laboratoriumsmedizin finden, aus verschiedenen Gründen, keinen oder einen verzögerten Eingang in das Leistungsspektrum der GKV. Dies kann betreffen, Analyte mit nicht nachgewiesener, konträr diskutierter, aber auch mit bewiesen verbesserter diagnostischer Aussagekraft im Vergleich zu etablierten Kenngrößen. Daneben werden einzelne Analyte, die Teil der gesetzlichen Kassenleistungen sind und Kombinationen aus Kassenleistungen und/oder IGeL in Untersuchungsprofilen wie z. B. Allergie-Panel, Arterioskleroserisikoprofil, Diabetes-Profil usw. zusammengefasst, die dann vom Patienten vollständig bezahlt werden müssen. Der (unangemessene) IGeL-Einsatz wird umgangssprachlich als „IGeLn“ bezeichnet.

Literatur. Broglie MG, Pranschke-Schade S, Schade H-J (2005) Gebührenhandbuch 2005 – Kommentar für Ärzte – EBM – GOÄ – IGeL

Gewebeaktivator 7 Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1

Gewebsfaktor 7 Tissue Factor

Gewebsmastzelle H. Baum

Synonym(e). Mastzelle Englischer Begriff. heparinocyte; tissue mast cell; mastocyste Definition. Im Gewebe lokalisierte Zelle, die Entzündungsmediatoren und Histamin enthält. i Die Gewebsmastzelle (7 Abb. 1) ist eine dem basophilen Gra-

nulozyten eng verwandte große, rundliche Zelle mit mikroskopisch sichtbarer Granulation. Die Gewebsmastzelle kann vor allem im lockeren Bindegewebe von Haut, Lunge, Magen-Darm-Trakt etc. nachgewiesen werden. Die Granula der Gewebsmastzelle enthalten

Gewebstransglutaminase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase

Gewicht, spezifisches 7 Dichte, spezifische und relative

Gewicht, spezifisches des Urins W.G. Guder

Synonym(e). Relative Dichte des Urins Englischer Begriff. relative density of urine; specific gravity of urine Definition. Maß für die Masse des Urins je Volumeneinheit (7 Dichte, spezifische und relative). Funktion und Pathophysiologie. Die spezifische Dichte des Urins wird bestimmt durch die Flüssigkeitsaufnahme, die extrarenale Flüssigkeitsabgabe (Schweißsekretion, Stuhlbeschaffenheit, Erbrechen) und die Nierenfunktion. Insbesondere im Sammelrohr des tubulären Systems wird die Konzentration des Urins durch Wasserresorption (stimuliert durch Vasopressin) und Salzsekretion gesteigert. Eine Verminderung der Konzentrierungsfähigkeit der Niere kann durch renale und extrarenale Ursachen bedingt sein. Fehlende oder nicht ausreichende Sekretion von 7 Vasopressin führt zum Diabetes insipidus. Beim Diabetes mellitus wird durch erhöhte Glukosekonzentration die Wasserresorption gehemmt und dadurch die Dichte vermindert. Demgegenüber können eine große Zahl immunologischer, toxikologischer und postrenaler Ursachen zu verminderter Harnkonzentration führen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Für die erste Untersuchung ist der erste Morgenurin ausreichend. Bei Feststellung einer verminderten Harndichte ist ein 7 Durstversuch über 18 h anzuschließen. Dabei wird jede spontan gelassene Urinprobe gemessen.

Probenstabilität. Urinproben behalten ihre relative Dichte über mindestens 3 h bei Raumtemperatur konstant. Geringe Veränderungen durch Verdunstungen, Spaltung von gelösten Substanzen und Ausfällung von Salzen können zu Anstiegen oder Absinken der Dichte führen. Bei Kühlschranktemperatur wurde eine Stabilisierung bis zu 7 Tagen, im eingefrorenen Zustand bis zu über 3 Monaten beschrieben.

G

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Gewichteter Mittelwert

Analytik. Traditionell wurde das spezifische Gewicht des Urins mit dem 7 Urometer gemessen. Seit Einführung der Teststreifenmethode, die auf der Messung von Kationen mit einem pH-Indikator beruhen, ist dieses Verfahren nicht mehr üblich. Neuerdings werden darüberhinaus kontinuierlich messende Verfahren zur 7 Leitfähigkeitsmessung am Patienten (Urimeter, Fresenius) oder in Harnanalysesystemen (Teststreifenmessgerät Aution Max, Menarini oder Sedimentanalysengerät UF 100 der Firma Sysmex) angewendet, die ebenfalls das spezifische Gewicht als Messergebnis anzeigen. Als Referenzmethode sollte weiter die Wägung des Urins in einem 7 Pyknometer gelten. Konventionelle Einheit. Die Dichte wird in g/mL oder kg/L gemessen. Die relative Dichte (das spezifische Gewicht) ist dimensionslos. Internationale Einheit. Nach dem SI System wird die Dichte in kg/

GFAP im Liquor 7 Liquor-Glial fibrillary acidic protein

GFR 7 Clearance, glomeruläre

GGT 7 γ-Glutamyltransferase

GH 7 Wachstumshormon

m3 angegeben.

Referenzbereich — Erwachsene. Einzelne Harnprobe: 1,002–1,04 g/ mL, obere Grenze im Alter abnehmend. Durstversuch > 1,03 g/mL

Referenzbereich — Kinder. Zunehmend während der ersten Monate auf die Werte von Erwachsenen. Durstversuch > 1,030 g/mL ab dem 3. Lebensjahr

Indikation. Die Bestimmung der Harndichte gehört zum Basisprogramm des 7 Urinstatus, wie er meist mit Teststreifen durchgeführt wird. Bei Fragestellungen nach der Konzentrierungsfähigkeit oder der Fähigkeit, Wasser auszuscheiden, sollte ein Trinkversuch oder Durstversuch angeschlossen werden. Als Leitbefund für die Harnkonzentrierungsfähigkeit hat die Messung der spezifischen Dichte jene des spezifischen Gewichts weitgehend abgelöst. Interpretation. > 1,040 g/mL Hyperstenurie < 1,020 g/mL beim Konzentrationsversuch: Hypostenurie Die mit Teststreifen oder Leitfähigkeitsmessung (Widerstandsmessung, Refraktometrie) gemessenen Ergebnisse sind ggf. vor der endgültigen Diagnose durch Messung der 7 Osmolalität des Urins zu bestätigen.

Diagnostische Wertigkeit. Während die relative Dichte wesentlich durch die Konzentration gelöster organischer und anorganischer Teilchen bestimmt wird (Harnstoff, Carbonat, Phosphate, Elektrolyte und pathologische Bestandteile wie Glukose), ist die Teststreifenmethode von der Salzkationenkonzentration und damit pH–abhängig. Auch die Refraktometrie oder Leitfähigkeitsmessung vernachlässigt die organischen Bestandteile weitgehend. Daher können die Ergebnisse aus diesen Methoden bei Patienten nicht direkt miteinander verglichen werden. Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York Hofmann W, Miller B, Guder WG (1996) Spezifisches Gewicht, Leitfähigkeit, Dichte und Osmolalität im Harn. Vergleich bei Normalpersonen, stationären Patienten und Intensivpatienten. J Lab Med 20:697– 703 Colombo JP (1994) Klinisch-chemische Urindiagnostik. Rotkreuz; Labolife

Gewichteter Mittelwert 7 Mittelwert, gewichteter

Gewichtsanalyse 7 Gravimetrie

Gewöhnung 7 Toleranz

Gezielte Genmodifikation 7 In-vitro-Mutagenese

Ghrelin W. Hubl

Englischer Begriff. ghrelin Definition. Ghrelin ist ein Polypeptid, das aus 28 Aminosäuren besteht. An die Aminosäurekette ist ein Oktansäurerest gebunden, der für die biologische Aktivität essentiell ist (= aktives Ghrelin). Ghrelin entfaltet zwei wesentliche Hormonwirkungen: 5 eine Stimulation der Sekretion von Wachstumshormon aus der Hypophyse und 5 eine hypothalamische Stimulation der Nahrungsaufnahme und Beeinflussung des Energiestoffwechsels. i Ghrelin wird überwiegend in den endokrinen Zellen des Magens

produziert. Im Blut zirkulieren 200–600 ng/L. Es steuert gemeinsam mit dem Growth-Hormone(7 Wachstumshormon)-Releasing-Hormon und dem 7 Somatostatin die Freisetzung des Wachstumshormons aus den somatotropen Zellen der Hypophyse. Die Molmasse von Ghrelin beträgt 3,3 kDa. Zum anderen gibt es Hinweise, dass Ghrelin in Beziehung zur Nahrungsaufnahme steht. So wurde ein Abfall der Ghrelinkonzentration im Blut nach einer Mahlzeit und ein Anstieg vor einer Mahlzeit beobachtet. Für die Ghrelinsuppression wird eine reziproke Insulinstimulation diskutiert. Die Verabreichung von Ghrelin führt zu einem deutlichen Anstieg des Hungergefühls verbunden mit einem starken Appetitstimulus. Es scheint in dieser Beziehung der Gegenspieler des 7 Leptins zu sein. Beide Peptide können als physiologische Regulatoren der Energiebalance verstanden werden. Erniedrigte Ghrelinkonzentrationen werden bei Personen mit Adipositas beobachtet, während bei Personen mit einer Mangelernährung erhöhte Ghrelinwerte ermittelt wurden. Bei einer Normalisierung der Körpermasse wurden wieder normale Ghrelinwerte gefunden. Ghrelin scheint eine Rolle bei pathologischen Veränderungen von Körpermasse sowie Energiestoffwechsel z. B. bei der Hypo- und Hyperthyreose zu spielen: Hyperthyreose ist assoziiert mit supprimierten Ghrelinkonzentrationen, andererseits mit erhöhten Werten bei der Hypothyreose. Ghrelin ist ferner in der Lage, die 7 Testosteronsekretion zu hemmen und die LH-Sekretion (7 Luteinisierendes Hormon) zu senken und scheint somit in die Kontrolle der Reproduktion einbezogen zu sein. Unlängst ist es gelungen, Ghrelin-mRNA in verschiedenen Tumoren (Mamma-, Schilddrüsen-, Magen- und Lungenkarzinome) nachzuweisen. Ghrelin inhibiert den Zelltod in den Kardiomyozyten und Endothelzellen, woraus sich interessante positive Einflüsse auf das kardiovaskuläre System ableiten lassen. Analytik: Radio-, Enzymimmunoassay

Literatur. Meier U, Gressner AM (2004) Endocrine Regulation of Energy Metabolism: Review of Pathobiochemical and Clinical Chemical Aspects of Leptin, Ghrelin, Adiponectin, and Resistin. Clin Chem 50:1511–1525 Camina JP, Carreira MC, Micic D et al (2003) Regulation of Ghrelin Secretion and Action. Endocrine 22:5–12

Gliadin

GH-RH

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in kleinster Menge schädlich sind, wie vermutlich kanzerogene Substanzen (s. a. 7 Toxin).

7 Wachstumshormon-Releasinghormon

Giftung GH-RH-Test 7 Wachstumshormon-Stimulationstest

Giemsa-Bandenfärbung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. Giemsa staining Definition. Von dem Hamburger Bakteriologen und Chemiker Gustav Giemsa (1867–1948) entwickelte Methode zur Differenzialfärbung methanolfixierter Blut- und Knochenmarkausstriche.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die zu färbenden Präparate werden

W.R. Külpmann

Definition. Umwandlung einer ungiftigen in eine giftige Substanz. i Im Rahmen der Biotransformation werden nicht grundsätzlich

Substanzen zu weniger giftigen Verbindungen metabolisiert. Es gibt auch Gegenbeispiele: Methanol → Formaldehyd → Ameisensäure, Ethylenglykol → Glykolsäure → Glyoxylsäure → Oxalsäure.

Gilbert, Walter R. Weiskirchen

für 30–45 min in einer Azur-II-Eosin-Methylenblaulösung, die 1:34,3 mit Aqua dest. verdünnt (pH 6,8–7,0) wird, angefärbt.

Lebensdaten. Amerikanischer Molekularbiologe, Biochemiker und

Einsatzgebiet. Zellkerne färben rotviolett, eosinophile Granula rötlichbraun, basophile blau, neutrophile rotviolett, das Zytoplasma von 7 Lymphozyten blau, 7 Erythrozyten blassrot, 7 Thrombozyten blau mit violettem Innenkörper. In der Parasitologie wird diese Färbung zum Nachweis von Blutparasiten und Protozoen (sie erscheinen leuchtend rot) eingesetzt. In der Zytologie wird die Giemsafärbung zur Bänderung (G-, R- und C-Banding) von 7 Chromosomen eingesetzt. Je nach Art der Vorbehandlung der Chromosomenpräparationen werden entweder spezifische Giemsa-Banden positiv angefärbt (G-Banden) oder das entsprechende Negativmuster gewonnen (RBanden) oder nur die Centromerregionen gefärbt (C-Banding).

Verdienste. Entwicklung von Methoden zur Sequenzanalyse (7 Sequenzierung) von DNA. Für seine Arbeiten erhielt er zusammen mit den Biochemikern Paul Berg und Frederick Sanger (7 Sanger, Frederick) im Jahr 1980 den Nobelpreis für Chemie.

Giemsa-Lösung H. Baum

Synonym(e). Romanowsky-Giemsa-Lösung Englischer Begriff. Giemsa solution Definition. Azur-Eosin-Methylenblau-Lösung i Die Giemsa-Lösung ist eine alkoholische Farblösung, die sich besonders zur Anfärbung und Darstellung von Blutparasiten und Protozoen eignet. Es handelt sich um eine modifizierte RomanowskyFärbung, wobei insbesondere die Stabilität der Farblösung verbessert ist. Die genaue Zusammensetzung und die Anwendungsweise sind in der DIN 58985 geregelt. Das Färbeergebnis zeigt: 5 rotviolette Kerne, 5 rötlich-rotbraune eosinophile Granula, blaue basophile Granula, rotviolette neutrophile Granula 5 homogen blaues Zytoplasma der Lymphozyten 5 blassrötliche Erythrozyten 5 bläuliche Thrombozyten mit violetten Einschlüssen 5 leuchtend rote Kerne von Blutparasiten und Protozoen

Literatur. Diagnostika MERCK (1986) Hämatologische Labormethoden. 4. Aufl. GIT Verlag, Darmstadt, S 29–30

GIFT 7 Granulozyten-Immunofluoreszenztest

Gift W.R. Külpmann

Englischer Begriff. poison; toxic substance

Biophysiker, geboren am 21. März 1932 in Boston (Massachusetts).

GIP 7 Gastrointestinales Peptid

Gipfel-Säuresekretion 7 Peak acid output

Gittermonochromator 7 Monochromator

GL 7 Gemeinschaftslabor

Glaskugeltest 7 Säulenagglutinations-Test

GLC 7 Gaschromatographie

GLDH 7 Glutamatdehydrogenase

Gleichgeschwindigkeitselektrophorese 7 Isotachophorese

Gleichgewicht, dynamisches 7 Massenwirkungsgesetz

Gleichgewichtseinstellung 7 Äquilibrierung

Gliadin R. Tauber, F.H. Perschel

Definition. Stoff, der ein biologisches System bei Zufuhr in bestimm-

Englischer Begriff. gliadin

ten Dosen auf bestimmten Wegen in bestimmten Zeitabständen schädigt.

Definition. Fraktion Glutamin- und Prolin-reicher Polypeptide, die

i Die Definition ist schwierig, da jeder Stoff bei Zufuhr in entspre-

chender Menge schädigt. Daneben gibt es Substanzen, die stets auch

durch Alkoholextraktion aus Weizengluten gewonnen wird. i Die Gliadinfraktion besteht aus mehreren Polypeptiden mit Mol-

G

560

Gliadin-Antikörper

massen zwischen 30 und 75 kDa, die elektrophoretisch in vier Subfraktionen, die α-, β-, γ- und ω-Gliadine getrennt werden können. Alle vier Fraktionen können bei Patienten mit Zöliakie eine Schädigung der Dünndarmmukosa auslösen. Gliadinen wurden zytotoxische Eigenschaften zugeordnet, deren Rolle bei der Pathogenese der Zöliakie unklar ist. Ebenso scheint eine hypothetische, durch Lektineigenschaften von Gliadinen vermittelte Bindung der Gliadine an Dünndarmepithelien keine pathogenetische Bedeutung zu haben.

Literatur. Schuppan D (2000) Current Concepts of Celiac Disease Pathogenesis. Gastroenterology 119:234–242

Gliadin-Antikörper 7 Antikörper gegen Gliadin

Globosid-Blutgruppenkollektion. Tab. 1. Phänotypen in der Globosid-Blutgruppenkollektion Phänotyp

Antigenfrequenz (%)

Erythrozytäre Antigene

Antikörper

P1

79

P, P1, Pk

keine

P2 P1k

21

P,

Pk Pk

Anti-P1

selten

P1,

P2k

selten

Pk

Anti-P

p

selten

keine

Anti-P, P1, Pk (früher Anti-Tja)

GLM

Anti-P

7 Modell, generalisiert lineares

Gln 7 Glutamin

Globar T. Arndt

Englischer Begriff. globar glower Definition. Der Globar ist ein Siliciumcarbid-Stab mit 6–8 mm Durchmesser und ~50 mm Länge. Er dient als Strahlungsquelle in der 7 Infrarotspektrometrie. i Der Globar ist, im Unterschied zum 7 Nernst-Stift, auch im kal-

ten Zustand elektrisch leitfähig. Er lässt sich deshalb durch Anlegen einer geeigneten Spannung direkt zünden. Seine Brenntemperatur beträgt etwa 1500 K, was im Vergleich zum Nernst-Stift eine geringere Strahlungsintensität im Maximum, eine erheblich höhere Leistungsaufnahme und eine dadurch verursachte stärkere Erwärmung der ihn umgebenden Spektrometerbauteile bedingt. Ein Vorteil ist seine höhere mechanische Stabilität.

Literatur. Kortüm G (1962) Kolorimetrie Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

GLOB-Blutgruppensystem 7 Globosid-Blutgruppenkollektion

GLOB-Kollektion 7 Globosid-Blutgruppenkollektion

Globosid-Blutgruppenkollektion K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). P-Blutgruppensystem; GLOB-Kollektion

GLOB-Blutgruppensystem;

Englischer Begriff. glob collection; P-related blood group system i Die Globosid-Blutgruppenkollektion wird charakterisiert durch 3 Antigene deren Kohlenhydratepitope lipidgebunden vorliegen. Aus der Kombination dieser Antigene und der An- und Abwesenheit derselben ergeben sich 5 Phänotypen (7 Tab. 1). Die Antigene sind dabei das Pk-Antigen (Gal-α1,4-Gal-β1,4-Glc-β1-Ceramid; Synonyme: GLOB2, Globotriosylceramid Gb3Cer, CD77), P-Antigen (GalNAcβ1,3-Gal-α1,4-Gal-β1,4-Glc-β1-Ceramid; Synonyme: GLOB1, Globosid, Gb4Cer), P1-Antigen (Gal-α1,4-Gal-β1,4-GlcNAc-β1,3-Galβ1,4-Glc-β1-Ceramid).

Die GLOB-Kollektion besteht aus den beiden Antigenen Pk (Gen

A4GALT, kodiert α1,4 Galactosyltransferase) und LKE (Gen: nicht bekannt). Das P-Antigen definiert die GLOB-Blutgruppenkollektion (Gen: B3GALT3, kodiert β1,3-Galaktosyltransferase). Die molekulare Basis des P1-Blutgruppenpolymorhismus ist bisher nicht bekannt. Alle Antigene im Globosid-Blutgruppenkollektiv werden durch sequenzielle Aktivität der verschiedenen Glykosyltransferasen synthetisiert, wobei der initiale Schritt die Glukosilierung von Ceramid ist. Anschließend folgt die Kopplung von β-Galaktose (Gal) zu Laktosylceramid (LacCer). Dies stellt die Vorläufer-Substanz aller 3 Antigene dar. Das Pk-Glykolipid ist das CD77-Antigen, das in der B-Zellendifferenzierung involviert ist. Das P-Antigen ist ein möglicher Initiator der Signaltransduktion über API und CREB bei der Zelladhäsion. Gleichzeitig fungiert dieses Antigen als Rezeptor für Parvovirus B19 auf Erythrozyten. Personen mit dem seltenen p-Phänotyp (7 Nullphänotyp) haben eine natürliche Resistenz gegenüber Parvovirus-B19-Infektionen. Das P1-Antigen wird auch vom Hundebandwurm (Echinococcus granulosus) und in Taubenkot nachgewiesen, wobei entsprechende Expositionen zu Anti-P1-Bildung führen können. Die Antigene der Globosid-Blutgruppenkollektion kommen u. a. auf Erythrozyten, anderen Blutzellen, Endothelzellen, Fibroblasten und glatten Muskelzellen des Verdauungstrakts und des Urogenitialsystems vor. Die Antigene sind auf fetalen Erythrozyten vorhanden. Anti-P1-Antikörper sind natürlich vorkommende 7 Kälteagglutinine vom IgM-Typ, die von P2-Individuen häufig gebildet werden. Aufgrund der unterschiedlichen P-Antigenstärke auf Erythrozyten, varriert die Reaktionsstärke des P1-Antikörpers. Anti-P-Antikörper können als Alloantikörper bei p- oder Pk-Individuen regulär vom IgM-Typ vorkommen. Als Autoantikörper vom IgG-Typ ist Anti-P Ursache der paroxysmalen Kältehämoglobinurie. Diese Anti-P-Autoantikörper werden als Donath-Landsteiner oder biphasische Antikörper (7 Donath-Landsteiner-Antikörper) bezeichnet. Das Antikörpergemisch Anti-PP1Pk wurde früher als Anti-Tja bezeichnet und wird regulär in Seren aller p-Individuen gefunden. Diese seltenen Antikörper sind meist vom IgM-Typ und zeigen eine auffällige Fähigkeit, Erythrozyten in vitro und in vivo zu hämolysieren.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Auflage, Elsevier New York Daniels G (2002) Human Blood Groups. 2. Auflage, Blackwell Scientific, Oxford

Globuline H. Fiedler

Englischer Begriff. globulin(s) Definition. Globuline sind eine Klasse von meist globulären Proteinen, die in destilliertem Wasser und bei höherer Salzkonzentration (Halbsättigung mit Ammoniumsulfat) unlöslich sind und dadurch von Proteinen mit anderen Löslichkeitseigenschaften abgetrennt werden.

D-Glukarat

i Die Globuline haben wegen ungleichmäßiger Ladungsverteilung hohe Dipolmomente und starke Anziehungskräfte. Zur Überwindung dieser Kräfte müssen geringe Ionenkonzentrationen mit ihrer Wasserhülle zugegeben werden (Einsalzeffekt). Bei höherer Ionenstärke (7 Aussalzen) konkurrieren Protein und Ionen um die Wasserdipole. Die Fällung geht ohne Denaturierung vor sich und ist nach Herabsetzung der Ionenkonzentration reversibel. Das Aussalzen mit Ammoniumsulfat ist eine der ältesten Methoden zur Proteintrennung und kann durch 7 pH-Wert- und Temperaturänderungen und Einsatz von wenig polaren Lösungsmitteln verfeinert werden (E.J. Cohn, 1892–1953). Verschiebungen des 7 Albumin-Globulin-Quotienten wurden früher zur Diagnostik von Dysproteinämien eingesetzt. Die Globuline sind ein Gemisch heterogener Proteine und werden heute im Blutplasma durch 7 Elektrophoresemethoden in Gruppen (α1, α2, β, γ) oder Einzelproteine aufgetrennt. Bildungsorte sind vorwiegend die Leber bzw. die Plasmazellen für die Immunglobuline. Unentbehrliche Funktionen sind die Regelung von pH-Wert und 7 kolloidosmotischem Druck, Transportfunktionen, Hämostase, 7 Akute-Phase-Reaktion sowie immunologische Abwehr durch Antikörper und Komplementfaktoren. Durch spezielle Fraktionierungsverfahren, wie Zusatz von Essigsäure zu Citratplasma bei 2–4 °C wurde eine Differenzierung in eine Euglobulin- bzw. Pseudoglobulinfraktion erzielt. Diagnostisch wurde die Euglobulinfraktion, die 7 Fibrinogen, 7 Plasminogen und 7 Tissue-Plasminogenaktivator (t-PA) enthielt, zur Erkennung einer Hyperfibrinolyse verwendet. Die obsolete Euglobulinlysezeit wurde inzwischen durch direkte Bestimmung von t-PA und 7 Plasminogenaktivator-Inhibitor-1 (PAI-1) abgelöst.

Literatur. Greiling H, Gressner AM (1995) Lehrbuch der klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York, S 944–945

Glomeruläre Filtrationsrate 7 Clearance, glomeruläre; 7 Cystatin C; 7 Filtration, glomeruläre; 7 Kreatinin-Clearance

GLP 7 Gute Laborpraxis

561

Glukagon K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucagon Definition. Glukoregulatorisches Peptidhormon des Pankreas Struktur. 29 Aminosäuren langes Polypeptid Molmasse. ca. 3,5 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Glukagon entsteht durch proteolytische Spaltung aus Proglukagon, einer 160 Aminosäuren langen Vorstufe nach Abspaltung einer 20 Aminosäuren langen Leader-Sequenz, die in Pankreas, Dünndarm und Gehirn synthetisiert wird. Die Prozessierung von Proglukagon ist gewebespezifisch. Im Pankreas werden die Aminosäuren 33–61, die Glukagon entsprechen, durch Prohormonconvertase 2 abgespalten. Im Dünndarm wird Proglukagon durch Prohormonkonvertase 1–3 zu den Glucagon-like peptides 1 und 2 prozessiert. Weitere Peptide, die aus Proglukagon entstehen, sind Glicentin und Oxyntomodulin. Beide regulieren die intestinale Motilität und die Nahrungsaufnahme.

Funktion und Pathophysiologie. Glukagon wird bei niedriger

7 Glukosekonzentration sezerniert und induziert die hepatische Glukoseproduktion u. a. durch Induktion der Glukoneogenese und Hemmung der Glykolyse. Damit ist Glukagon der physiologische Gegenspieler von 7 Insulin. Fehlende Glukagonproduktion führt zu Hypoglykämien.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma, Serum

Probenstabilität. Zur Vermeidung proteolytischer Spaltung wird empfohlen, die Probe direkt auf Eis zu kühlen, bei 4 °C zu zentrifugieren und ggf. bis zur Analytik einzufrieren. Präanalytik. Nüchternblutentnahme Analytik. Bestimmung erfolgt mit 7 Liganden-Bindungsassays, meist 7 Radioimmunoassays

Konventionelle Einheit. ng/L

Glucagon-like peptide 1 R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Glukagon-ähnliches Peptid Englischer Begriff. glucagon-like peptide 1 Definition. Glucagon-like peptide 1 (GLP 1) ist ein intestinales Peptidhormon, das mit Glucagon-like peptide 2 und Glukagon aus einer gemeinsamen Vorstufe (Proglukagon) gebildet wird. i GLP 1 entsteht aus Pre-Proglukagon, das im ZNS, den L-Zellen

des Dünndarms und im Pankreas gebildet wird. Im Pankreas wird 7 Glukagon freigesetzt, während der Anteil, der GLP 1 und GLP 2 enthält, als großes, inaktives Peptid sezerniert wird. Im Darm und im ZNS hingegen verbleibt die Glukagonsequenz in einem größeren Peptid (Glicentin), während GLP 1 und GLP 2 freigesetzt und sezerniert werden. Die Freisetzung von GLP 1 aus dem Dünndarm erfolgt 5–30 min nach Nahrungsaufnahme entsprechend der zugeführten Kalorienmenge. Steigende GLP-1-Konzentration im Plasma führt zu postprandialem Sättigungsgefühl sowie zu einer Hemmung der Magensäuresekretion und -motilität. Es gibt Hinweise darauf, dass verminderte GLP-1-Sekretion zu der Entstehung von Übergewicht beiträgt und GLP 1 für einen therapeutischen Ansatz geeignet ist.

Literatur. Stanley S, Wynne K, Bloom S (2004) Gastrointestinal Satiety Signals. III. Glucagon-Like Peptide 1, Oxyntomodulin, Peptide YY and Pancreatic Polypeptide. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol 286:G693–G697

Glühlampe 7 Wolframlampe

Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,287 Referenzbereich — Erwachsene. ~50–150 ng/L (methodenabhängig) Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Wichtigste Indikation sind die seltenen Glukagonproduzierenden Tumore (Glukagonome), meist im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ I. In der Abklärung von nicht neoplastischen Störungen des Glukosestoffwechsels spielt Glukagon praktisch keine Rolle.

Interpretation. Bei entsprechender Symptomatik sind erhöhte Glukagonwerte im Nüchternzustand verdächtig auf einen Glukagon-produzierenden Tumor. Ggf. können weitere intestinale regulatorische Peptide bestimmt werden. Literatur. Jiang G, Zhang BB (2003) Glucagon and regulation of glucose metabolism. Am J Physiol Endocrinol Metab 284: E671–678 Kieffer TJ, Habener JF (1999) The glucagon-like peptides. Endocr Rev 20:876–913

Glukagon-ähnliches Peptid 7 Glucagon-like peptide 1

D-Glukarat 7 Glukarsäure

G

562

Glukarsäure

Indikation. Aktivitätsbeurteilung des mikrosomalen Biotransformationssystems der Leber bei Exposition mit induzierenden Substanzen.

Glukarsäure A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). D-Glukarsäure; D-Glukarat Englischer Begriff. D-glucaric acid; D-glucarate Definition. Glukarsäure ist eines der Endprodukte des Glukuronsäurestoffwechsels durch das 7 Cytochrom P450-System der Leber. Die Glukarsäureausscheidungsmenge im Urin dient als indirekte (nichtinvasive) Kenngröße der enzymatischen Aktivität des CYP-450Biotransformationssystems. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Cytochrom P450abhängige Biotransformationssystem der Leber ist der wichtigste oxidative Medikamentenstoffwechselweg des Körpers, der neben Xenobiotika (Toxine, zahlreiche Medikamente) auch Endobiotika (z. B. 7 Vitamin A, 7 Testosteron) metabolisiert. Mehr als 30 Gene kodieren für CYP 450, deren Hauptformen überwiegend in der Membran des endoplasmatischen Retikulums (Mikrosomenfraktion) gelegen sind und durch zahlreiche Substrate (z. B. 7 Ethanol, Phenobarbital) induzierbar sind. D-Glukarsäure, ein Metabolit des Glukuronsäureabbaus, entsteht im CYP 450-System der Hepatozyten gemäß folgender Reaktionen: UDP-Glukose

UDP-Glukosedehydrogenase

D-Glukuronsäure

UDP-Glukuronsäure

D-Glukuronolactonhydrolase

D-Glukuronolacton

Interpretation. Die Konzentration bzw. Menge von D-Glukarsäure im Urin ist eine indirekte Kenngröße der In-vivo-Aktivität des Cytochrom-P450-Systems der Leber, welches durch zahlreiche Medikamente wie Barbiturate, Antikonvulsiva (Phenytoin, Ethosuximid), Antipyrin, orale Kontrazeptiva, Rauchen und Alkoholabusus induziert werden kann und zu erhöhter Glukarsäureausscheidung führt. Die Ausscheidungsmenge korreliert mit der aufgenommenen Menge induzierender Medikamente, ist nach deren Absetzen reversibel und somit zur Verlaufskontrolle der Enzyminduktion geeignet. Diagnostische Wertigkeit. Die klinische Wertigkeit entspricht etwa der des 7 Aminopyrin-Atemtestes und des 7 AntipyrinclearanceTests —EndFragment—Plasmaclearance von 7 Antipyrin, die beide die Gesamtaktivität des CYP-450-Monooxygenase-Systems indirekt erfassen. Für die Messung spezifischer Formen des CYP-450-Systems sind die genannten Kenngrößen nicht geeignet, hier stehen selektive Substrate zur Verfügung. Literatur. Colombi A, Maroni M, Antonini C et al (1983) Low-pH method for the enzymatic assay of D-glucaric acid in urine. Clin Chim Acta 128:337–347 Colombi A, Maroni M, Antonini C et al (1983) Influence of sex, age, and smoking habits on the urinary excretion of D-glucaric acid. Clin Chim Acta 128:349–358

D-Glukuronolacton

D-Glukuronolactondehydrogenase

D-Glukarsäure

Funktion und Pathophysiologie. Die Ausscheidungsmenge von DGlukarsäure spiegelt die Bildungsrate und damit die (induzierte) Aktivität einzelner Formen des CYP-450-Systems der Leber wider. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Serum Probenstabilität. Glukarsäure ist im wässrigen Milieu bei Raumtem-

Glukoamylase 7 Maltase

Glukokinase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Hexokinase Typ IV

peratur mindestens 24 h, bei –20 °C mindestens 14 Tage stabil.

Englischer Begriff. glucokinase

Analytik. Zur quantitativen Bestimmung stehen mehrere Methoden

Definition. Unterform der Hexokinase mit hoher Km für Glukose.

zur Verfügung: 5 Enzymatische Methode Die am meisten verbreitete Methode nutzt den inhibitorischen Effekt des durch Kochen des Urins bei pH 2,0 aus Glukarsäure entstehenden Glukaro-1,4-Lactons auf die β-Glukuronidaseaktivität aus: Umwandlungsreaktion: D-Glukarat

100 °C pH 2,0

D-Glukaro-1,4-lacton

Indikatorreaktion: 4-Nitrophenol-β-glukuronid + H2O nat + p-Nitrophenol

β-Glukuronidase

Glukuro-

Die Menge des gebildeten Lactons wird durch dessen spezifischen Hemmeffekt auf die Aktivität des Enzyms β-Glukuronidase anhand einer Kalibrationskurve gemessen. Das in der Indikatorreaktion freigesetzte und bei 405 nm photometrisch gemessene gelbe p-Nitrophenol ist der Enzymaktivität direkt und der Glukarsäurekonzentration umgekehrt proportional. Letztlich bestimmt somit die Glukarsäurekonzentration den Inhibitionsgrad der β-Glukuronidaseaktivität. Die Nachweisgrenze beträgt etwa 1,0 μmol/L. 5 Gas-Flüssigkeitschromatographie Sehr empfindliche, aber aufwendige Methode 5 Ionenaustauschchromatographie Aufwendige Methode mit möglicher Interferenz durch andere Harnbestandteile (z. B. Ascorbinsäure).

Referenzbereich — Frauen. 12–95 μmol/L, 1,5–5,3 mmol/mol Kreatinin

Referenzbereich — Männer. 10–110 μmol/L, 1–5 mmol/mol Kreatinin

Molmasse 52,2 kDa i Der Begriff Glukokinase wird auf die Hexokinase Typ IV ange-

wendet. Sie hat eine hohe Km (7 Michaelis-Menten-Konstante) für 7 Glukose, sodass sie erst bei höheren Glukosekonzentrationen aktiv wird. Im Pankreas ist sie für die Regulation der Insulinsekretion von Bedeutung. Defekte der Glukokinase liegen dem MODY-Typ II zugrunde, der mit einer milden Hyperglykämie einhergeht, die meist rein diätetisch therapiert werden kann und eine gute Prognose hat.

Literatur. Fajans SS, Bell GI, Polonsky KS (2001) Molecular mechanisms and clinical pathophysiology of maturity-onset diabetes of the young. New Engl J Med 345:971–980

Glukokortikoide 7 Kortikosteroide; 7 Steroidhormone

Glukose K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). D-Glukose; Dextrose Englischer Begriff. glucose Definition. Hexose mit der Summenformel C6H12O6; (7 Abb. 1) Molmasse. 180,16 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Als zentrales Molekül des Kohlenhydratstoffwechsels kann Glukose sowohl endogen synthetisiert (Glukoneogenese) als auch mit der Nahrung aufgenommen werden. Hauptorgan der Glukoneogenese ist die Leber. Als Energieträger

Glukose

Glukose. Abb. 1. Strukturformel

wird Glukose in der Glykolyse anaerob zu C3-Einheiten (7 Pyruvat bzw. 7 Laktat) abgebaut, die aerob unter Energiegewinnung weiter zu CO2 und Wasser abgebaut werden. Kurzfristige Speicher für nicht benötigte Glukose in Form von Glykogen existieren in der Leber und der Muskulatur. Glukose wird frei in den Urin filtriert und nahezu vollständig tubulär rückresorbiert.

Halbwertszeit. Die Glukosekonzentration im Blut wird in engen Grenzen konstant gehalten. Nach einer oralen Glukosegabe von 75 g werden nach ca. 2–4 h wieder die Ausgangswerte erreicht (s. a. 7 Glukosetoleranztest, oral, oGTT). Funktion und Pathophysiologie. Glukose ist neben 7 Fettsäuren der wichtigste zelluläre Energieträger. Neuronen und das Nierenmark nutzen Glukose bevorzugt. Störungen des Glukosestoffwechsels führen zu Hyper- oder Hypoglykämien. Die Hyperglykämie im Nüchternzustand ist das Kardinalmerkmal des Diabetes mellitus. Hypoglykämien können spontan, postprandial, alkoholinduziert oder als Folge einer antidiabetischen Therapie auftreten. Daneben gibt es Störungen des zellulären Glykogenstoffwechsels, die zu Veränderungen der Plasmaglukose, meist Hypoglykämien, führen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Vollblut; venös, kapillär. Die Wahl des Untersuchungsmaterials hängt von den jeweiligen organisatorischen Gegebenheiten ab. Bevorzugtes Material ist venöses Plasma, auf das sich auch die meisten publizierten Grenzwerte beziehen. In 7 Tab. 1 sind die Unterschiede zwischen den

563

Materialien angegeben. Evtl. sich daraus ergebende Einflüsse auf die Werte sind bei der Interpretation zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich in den WHO-Empfehlungen (s. u.), dass die Grenzwerte für Nüchternproben für kapilläres und venöses Plasma gleich sind, während sie sich postprandial unterscheiden. Dagegen sind die Grenzwerte postprandial oder nach oGTT für kapilläres Vollblut und venöses Plasma identisch. Die Entnahmebedingungen sind abhängig von der Fragestellung. In der Erstdiagnostik genügt zunächst eine zufällige Blutentnahme ohne spezifische Patientenvorbereitung. Bei weder eindeutig normalen (< 100 mg/dL) oder diabetischen (> 200 mg/dL) Werten erfolgt eine Entnahme beim mindestens 12 h nüchternen Patienten.

Probenstabilität. Aufgrund der Glykolyse der Erythrozyten nimmt die Glukosekonzentration in Vollblutproben ohne entsprechende Glykolyseinhibitoren (z. B. Na-Fluorid, Maleinimid) kontinuierlich ab. Die Rate hängt dabei hauptsächlich von der Temperatur und dem Hämatokrit (Neugeborene!) ab. Sie beträgt bei Raumtemperatur ca. 4–8 mg/dL pro Stunde.

Präanalytik. Blutentnahme in Spritzen bzw. Kapillaren mit Glykolyseinhibitor wird empfohlen. Wenn keine unmittelbare Weiterverarbeitung der Probe organisatorisch möglich ist (im ambulanten Sektor die Regel) ist der Glykolyseinhibitor obligat. Bei Kapillarblutentnahme wird je nach weiterer Verarbeitung unmittelbar hämolysiert und enteiweißt.

Analytik. Für die Glukosebestimmung existiert eine definitive Methode, die auf 7 Isotopenverdünnung basiert. Als Referenzmethode (7 Referenzverfahren) gilt die enzymatische Bestimmung mit Hexokinase nach Enteiweißung der Probe. In der Routineanalytik kommen die 7 Hexokinasemethode, die 7 Glukoseoxidasemethode und die Glukose-Dehydrogenase-Methode zum Einsatz. Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,0555 Referenzbereich — Erwachsene. Nüchtern < 100 mg/dL im venösen

Glukose. Tab. 1. Materialabhängige Interpretation von Glukosewerten Unterschied zu venösem Plasma (%) nüchtern

postprandial

Kapilläres Plasma

±

+5–15

Venöses Vollblut

↓ 10–15

↓ 10–15

Kapilläres Vollblut

↓ 10–15

±

Plasma

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf Diabetes mellitus, Hypoglykämien, Therapiekontrolle des Diabetes mellitus Interpretation. In 7 Tab. 1 ist die Interpretation von Glukosewerten gemäß den Empfehlungen der WHO dargestellt (7 Tab.2; s. a. 7 Glukosetoleranztest, oral). Diagnostische Wertigkeit. Der Blutglukosewert ist neben dem 7 Hämoglobin A1c der entscheidende Analyt für die Diagnose eines Diabetes mellitus. Bei Werten nahe an den Entscheidungsgrenzen werden

Glukose. Tab. 2. Plasma

Vollblut

venös mg/dL (mmol/L)

kapillär mg/dL (mmol/L)

venös mg/dL (mmol/L)

kapillär mg/dL (mmol/L)

Diabetes mellitus 5 nüchtern 5 2-h-Wert oGTT

≥ 126 (≥ 7,0) oder ≥ 200 (≥ 11,1)

≥ 126 (≥ 7,0) oder ≥ 220 (≥ 12,2)

≥ 110 (≥ 6,1) oder ≥ 180 (≥ 10,0)

≥ 110 (≥ 6,1) oder ≥ 200 (≥ 11,1)

Gestörte Glukosetoleranz 5 nüchtern 5 2-h-Wert oGTT

< 126 (< 7,0) und 140–199 (7,8–11,0)

< 126 (< 7,0) und 160–219 (8,9–12,2)

< 110 (< 6,1) und 120–179 (6,7–10,0)

< 110 (< 6,1) und 140–199 (7,8–11,0)

Abnorme Nüchternglukose 5 nüchtern 5 2-h-Wert oGTT

100–125 (5,6–6,9) und < 140 (< 7,8)

100–125 (5,6–6,9) und < 160 (< 8,9)

90–109 (5,0–6,0) und < 120 (< 6,7)

90–109 ((5,0–6,0) und < 140 (< 7,8)

G

564

Glukose im Liquor

wiederholte Messungen zur Sicherung der Diagnose empfohlen. Ggf. ist ein oGGT (7 Glukosetoleranztest, oral) erforderlich.

Literatur. The expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus (1997) Report of the expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus. Diabetes Care 20:1183–1197 The expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus (2003) Follow-up report on the diagnosis of diabetes mellitus. Diabetes Care 26:3160–3167 Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de Report of a WHO consultation (1999) Part 1: Diagnosis and classification of diabetes mellitus, Geneva, 59p, WHO/NCD/NCS/99.2. http:// whqlibdoc.who.int/hq/1999/WHO_NCD_NCS_99.2.pdf

Glukose im Liquor 7 Liquor-Glukose

Glukose im Urin K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Urin-Glukose Englischer Begriff. glucose in urine Definition. Glukosekonzentration im Urin Struktur. 7 Glukose Molmasse. 7 Glukose Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Glukose Funktion und Pathophysiologie. Glukose wird normalerweise sehr effizient tubulär rückresorbiert, sodass beim Gesunden nur wenig Glukose im Urin ausgeschieden wird. Bei Überschreiten der Rückresorptionskapazität bei ~160–180 mg/dL Blutglukose kommt es zu einer zunehmenden Glukosurie. Diese sog. Nierenschwelle kann individuell sehr variabel sein. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Spontanurin Probenstabilität. Glukose nimmt im Urin ohne entsprechende Zusätze relativ schnell ab, sodass die Bestimmung innerhalb von 2 h erfolgen sollte.

Analytik. Uringlukose wird üblicherweise mit trockenchemischen Teststreifenverfahren bestimmt, die auf der Glukoseoxidase-Methode beruhen.

Konventionelle Einheit. mg/L Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,00555 Referenzbereich — Erwachsene. < 0,83 mmol/L (< 150 mg/L) Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Wegen der geringen Sensitivität hat die Glukosebestimmung im Urin keinen Platz als Screeningtest in der Primärdiagnostik des Diabetes mellitus. Auch in der Verlaufskontrolle des Diabetikers ist sie wegen der hohen interindividuellen Variabilität der Nierenschwelle und der deshalb schlechten Korrelation zum Blutglukosewert gegenüber der Blutglukosebestimmung als obsolet anzusehen.

Interpretation. Erhöhte Glukosewerte im Urin sind nach Ausschluss von Störeinflüssen (peroxidhaltige Reinigungsmittel) immer ein Hinweis auf eine Hyperglykämie und sollten durch entsprechende Diagnostik abgeklärt werden. Diagnostische Wertigkeit. Aufgrund der exzellenten Verfügbarkeit

agement of diabetes mellitus. Practical considerations. Clin Chem Lab Med 41:1259–1265

Glukosebestimmung, elektrochemische K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. electrochemical glucose measurement Definition. Die elektrochemische Bestimmung von Glukose wird üblicherweise in 7 Biosensoren eingesetzt. Sie basiert meist auf der 7 Amperometrie. Dabei wird entweder der O2-Verbrauch oder die H2O2-Produktion der Glukoseoxidasemethode gemessen. Die Hexokinase oder Glukosedehydrogenase eignen sich weniger gut für die Amperometrie. Physikalisch-chemisches Prinzip. Elektrochemische Methoden sind die Grundlage der meisten Biosensoren. Zwei Haupttechniken sind die Amperometrie und die 7 Coulometrie. Für die Glukosebestimmung sind amperometrische Verfahren, die auf der Glukoseoxidasereaktion (Glukose + O2 → Glukonsäure + H2O2) beruhen, am weitesten verbreitet. Dabei wurde ursprünglich der Verbrauch von O2 mit einer 7 Sauerstoffelektrode gemessen. Heute wird meist die H2O2-Konzentration gemessen. Dazu wird die Platinelektrode in der Anordnung gegenüber der Ag/AgCl-Elektrode positiv polarisiert. Dies unterhält die Oxidation von H2O2 → 2H+ + O2 + 2e–. Die Glukoseoxidase wird meist über kovalente Bindung oder unspezifische Adsorption an geeignete Elektrodenoberflächen immobilisiert. Ein Problem in diesen Ansätzen ist die Verfügbarkeit von O2 in der Probe, die limitierend für die Enzymreaktion werden kann. Die Verwendung von Mediatoren, die anstelle von Sauerstoff als Elektronenakzeptor dienen können, stellt einen entscheidenden Fortschritt dar. Dazu gehören z. B. Ferricyanid- und Ferrocen-Derivate. Die Biosensoren sind dadurch deutlich präziser geworden. Einsatzgebiet. Point-of-care-Glukosebestimmung oder Patientenselbstkontrolle

Untersuchungsmaterial. Vollblut, seltener Plasma Instrumentierung. Meist tragbare Kleinstgeräte, die Einzelteststreifen verwenden.

Spezifität. Die Glukoseoxidasemethode gilt als weniger spezifisch als die Hexokinase- oder Glukosedehydrogenasemethode, ist jedoch für die Praxis durchaus tauglich.

Fehlermöglichkeit. Abhängig vom Methodenprotokoll können diverse Medikamente oder reduzierende Substanzen stören. Fehlerhafte Kapillarblutgewinnung. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Für das Einsatzgebiet spielt die Automatisierung keine Rolle. Die Methoden sind inzwischen auch für Patienten zuverlässig und einfach handhabbar. Die Kosten liegen deutlich über denen nasschemischer Verfahren auf großen Autoanalyzern.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Unpräzision der Pointof-care-Geräte mit elektrochemischer Detektion ist in aller Regel höher als die der Referenzmethode oder der automatisierten Methoden mit Hexokinase. Die Angaben sind herstellerabhängig. Literatur. Price CP (2003) Point-of-Care testing in diabetes mellitus. Clin Chem Lab Med 41:1213–1219 D’Orazio P (2003) Biosensors in clinical chemistry. Clin Chim Acta 334:41–69

Glukose-Fettsäuren-Zyklus 7 Fettsäuren-Glukose-Relation

Glukose-H₂-Atemtest A.M. Gressner, O.A. Gressner

von Methoden zur Blutglukosebestimmung hat die Bestimmung der Glukose im Urin nur noch eine untergeordnete Bedeutung.

Synonym(e). Glukose-Wasserstoff-Exhalationstest

Literatur. Miedema K (2003) Laboratory tests in diagnosis and man-

Englischer Begriff. glucose-hydrogen breath test

Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase

Definition. Zur Diagnostik einer bakteriellen Überbesiedlung des oberen Dünndarms eingesetzter Atemfunktionstest, bei dem nach oraler Gabe von Glukose deren intestinale, bakterielle Metabolisierung anhand des in einem definierten Zeitraum exhalierten Wasserstoffs (H2) gemessen wird. i Ein Anstieg der exspiratorischen H2-Konzentration nach oraler

565

sein. Die Glukoseoxidase-Methode wird häufig für trockenchemische Messverfahren eingesetzt.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Vollblut, Urin Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Gilt trotz guter Präzision nicht als Referenzmethode.

Aufnahme von 80 g 7 Glukose weist auf eine bakterielle Metabolisierung des Zuckers im oberen Dünndarm hin, da eine Malabsorption von Glukose in dieser Dosierung außer nach Resektion des Dünndarms praktisch nicht vorkommt. Diagnostische Sensitivität wird mit 75–91 %, die Spezifität mit 75– 83 % angegeben.

Literatur. Marks V (1996) Blood glucose: its measurement and clinical importance. Clin Chim Acta 251:3–17

Literatur. Stein J, Wehrmann T (Hrsg) (2002) Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Synonym(e). EC 3.1.3.9

Glukosekinase 7 Hexokinase

Glukose-6-Phosphatase K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose-6-phosphatase Definition. Membranglykoprotein des endoplasmatischen Retikulums. Katalysiert die Reaktion D-Glukose 6-Phosphat + H2O → D-Glukose + Phosphat

Glukose-Konzentrationsquotient Liquor (CSF)/Blut 7 QGlukose

Glukosenachweis nach Fehling 7 Fehling-Probe

Glukosenachweis nach Nylander 7 Nylander-Test

Glukoseoxidase K.J. Lackner, D. Peetz

Molmasse. 40,5 kDa Funktion und Pathophysiologie. Schlüsselenzym der Glukosehomöstase, das in hoher Konzentration vor allem in Leber, Niere und den β-Zellen des Pankreas sowie in geringen Mengen in Muskel, Dünndarm und anderen Organen vorkommt. Die Abspaltung des Phosphatrests ist der letzte Schritt in der Glukoneogenese und im Glykogenabbau. Damit ist Glukose-6-Phosphatase das einzige Enzym, das Glukose in relevanter Menge generieren kann. Da das Enzym mikrosomal lokalisiert ist, muss sein Substrat ins Lumen des ER gelangen. An diesem Prozess sind verschiedene Transporter beteiligt. Defekte des Glukose-6-Phosphatasesystems führen zur Glykogenose Typ I. Literatur. Schaftingen E van, Gerin I (2002) The glucose-6-phosphatase system. Biochem J 362:513–532

Synonym(e). EC 1.1.3.4 Englischer Begriff. glucose oxidase Definition. Glukoseoxidase katalysiert die Reaktion: β-D-glucose + O2 → D-glucono-1,5-lactone + H2O2 i Glukoseoxidase wird aus verschiedenen Pilzen isoliert. Sie wird neben der Glukosebestimmung auch in der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt. Isolate aus Penicillium- oder Aspergillusspezies sind Homodimere mit einem Molmasse von ~120–130 kDa.

Glukoseoxidase-Methode K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose oxidase method Definition. Methode zur Bestimmung der Konzentration von Glukose in Körperflüssigkeiten Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Prinzip der GlukoseoxidaseMethode ist in der 7 Abb. 1 dargestellt.

Glukoseoxidase-Methode. Abb. 1. Prinzip der Methode

Einsatzgebiet. Sie ist neben der 7 Hexokinase-Methode die am weitesten verbreitete Methode zur Bestimmung von Glukose und heute, was Präzision und Richtigkeit angeht, mit dieser vergleichbar. Störfaktoren können reduzierende Substanzen wie u. a. 7 Glutathion

Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 1.1.1.49; G-6-PDH Englischer Begriff. glucose-6-phosphate-dehydrogenase Definition. Katalysiert die Reaktion: D-Glukose 6-Phosphat + NADP+ → D-Glukono-1,5-lacton 6-Phosphat + NADPH2

Molmasse. Kurze Splicevariante: 59,1 kDa Funktion und Pathophysiologie. Das Enzym wird labordiagnostisch zur Bestimmung der Glukosekonzentration eingesetzt. Dabei wird die Bildung von NADPH2 photometrisch erfasst. Enzymquelle sind dabei verschiedene Bakterienstämme. Beim Menschen ist das Enzym für die Synthese von Pentosen und die Produktion von NADPH2 von Bedeutung. Wegen der NADPH2Synthese, also der Bereitstellung von Reduktionsäquivalenten, ist G6-PDH kritisch für zahlreiche antioxidative Abwehrsysteme. Das Gen ist X-chromosomal lokalisiert. Es wurden mehrere hundert Defekte beschrieben. Die Prävalenz dieser Defekte ist in Regionen, in denen Malaria vorkommt oder vorkam, deutlich erhöht. Es wird geschätzt, dass weltweit ~400 Mio. Menschen betroffen sind. Klinische Manifestationen sind ein prolongierter Neugeborenenikterus und intermittierende hämolytische Episoden, die durch Medikamente oder Infektionen ausgelöst werden können. Analytik. Die Aktivität des Enzyms kann in Erythrozytenlysaten bestimmt werden. Dabei wird die Enzymreaktion anhand der Bildung von NADPH2 gemessen. Indikation. V. a. genetischen Enzymdefekt der G-6-PDH Interpretation. Zu beachten ist, dass die Enzymaktivität in jungen Erythrozyten höher ist als in alten, sodass fälschlich normale Werte

G

566

Glukosesensitiver Faktor

bei ausgeprägten Hämolysen gemessen werden können. Die Bestimmung der Enzymmasse ist diagnostisch nicht geeignet.

Literatur. Luzzatto L, Mehta A, Vulliamy T (2001) Glucose 6-Phosphate dehydrogenase deficiency. In: Scriver CR, Sly WS, Childs B et al (eds) The metabolic and molecular bases of inherited disease. 8th edn. McGraw-Hill, New York, pp 4517–4568

pankreatische Insulinsekretion zurückgeschlossen. Dazu wird meist ein sog. „minimal model“ eingesetzt, das von einem Ein-Kompartment-Modell ausgeht. Eine entsprechende Software ist unter dem Namen MINMOD verfügbar. Der Test wird als brauchbarer Ersatz für die sehr viel aufwendigere euglykämische Insulinclamp angesehen.

Literatur. Bergman RN, Finegood DT, Ader M (1985) Assessment of insulin sensitivity in vivo. Endocrine Rev 6:45–86

Glukosesensitiver Faktor 7 Insulin promoter factor-1

Glukosetoleranztest, oral K.J. Lackner, D. Peetz

Glukosestabilisator 7 Glykolyse-Inhibitoren

Glukosetagesprofil K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose profile; glycaemic profile Definition. Wenig standardisiertes Protokoll zur Verlaufskontrolle der Blutglukosekonzentration über den Tag. i Das Glukosetagesprofil wird bestimmt, um einen Überblick über

den aktuellen Blutzuckerverlauf über den Tag unter normalen Bedingungen zu erhalten. Für die Erstdiagnostik des Diabetes mellitus spielt es wegen der geringen Standardisierung keine Rolle. Es wird meist in der Therapiekontrolle eingesetzt. Anzahl und Lage der Zeitpunkte variieren stark. Letztlich ist für eine optimale Kontrolle die Anpassung des Profils an die Lebensumstände (Nahrungsaufnahme etc.) des Patienten erforderlich.

Glukoseteststreifen K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose test strips Definition. Einmal-Reagenzträger zur patientennahen Bestimmung von Glukose in Blut oder Urin. i Glukoseteststreifen basieren auf unterschiedlichen Methoden. Es kommen die konventionellen enzymatischen Methoden (meist Glukoseoxidase) mit kolorimetrischer Detektion zum Einsatz. Verschiedene elektrochemische Biosensorverfahren, die die Reaktionen von Hexokinase oder Glukose-6-Phosphatdehydrogenase nutzen, finden zunehmend weitere Verbreitung, seit der ersten Beschreibung vor über 30 Jahren. Obwohl die Teststreifen zur Bestimmung aus Kapillarblut eine schlechtere Präzision haben als konventionelle nasschemische Methoden, haben sie die Blutzuckerselbstkontrolle revolutioniert.

Synonym(e). Orale Glukosebelastung; oGTT Englischer Begriff. oral glucose tolerance test Definition. Orale Belastung mit Glukose unter definierten, standardisierten Bedingungen in der Diagnostik des Diabetes mellitus Durchführung. Der orale Glukosetoleranztest wird in Fällen einer abnormalen Nüchternglukose („impaired fasting glycemia“, IFG) mit Werten zwischen 110 und 125 mg/dL (6,1–7,0 mmol/L) oder klinischem Verdacht (z. B. zahlreiche Risikofaktoren, ältere Patienten) zur Sicherung bzw. zum Ausschluss der Diagnose eines Diabetes mellitus benötigt. Nach den Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft wird der Test wie folgt durchgeführt: Vorbereitung Vor dem Test mindestens 3 Tage lang kohlenhydratreiche Ernährung (> 150 g KH/d); 10–16 h Nahrungskarenz unmittelbar vor dem Test. Durchführung Patient soll sitzen oder liegen, keine Muskelbelastung. Orale Gabe von 75 g Glukose in 250–300 mL Wasser (bei Kindern 1,75 g/kg KG ggf. in entsprechend geringerem Volumen ) über einen Zeitraum von ~5 min. Blutentnahme unmittelbar vor und 2 h nach Glukosegabe in Entnahmesysteme mit 7 Glykolyseinhibitoren. Bewertung 2-h-Werte > 200 mg/dL (11,1 mmol/L) in venösem Plasma sichern die Diagnose Diabetes mellitus. Werte zwischen 140 und 199 mg/dL (7,8–11,0 mmol/L) werden als gestörte Glukosetoleranz („impaired glucose tolerance“, IGT) bezeichnet. Die Grenzwerte im kapillären Vollblut sind identisch, dagegen liegen sie im kapillären Plasma 20 mg/dL (1,1 mmol/L) höher. Für kapilläres Vollblut werden um 20 mg/dL niedrigere Grenzwerte (120–179 mg/dL; 6,7–10,0 mmol/L) angesetzt. Dem 1-h-Wert wird keine diagnostische Bedeutung mehr zugemessen.

Probenstabilität. 7 Glukose

Literatur. Price CP (2003) Point-of-care testing in diabetes mellitus.

Analytik. 7 Glukose

Clin Chem Lab Med 41:1213–1219

Konventionelle Einheit. 7 Glukose

Glukosetoleranztest, intravenös K.J. Lackner, D. Peetz

Internationale Einheit. 7 Glukose Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 7 Glukose

Synonym(e). ivGTT

Referenzbereich — Erwachsene. 2 h-Wert < 140 mg/dL

Englischer Begriff. intravenous glucose tolerance test

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Definition. Intravenöse Glukosebelastung, meist zur Überprüfung

Indikation. Sicherung der Diagnose bei V. a. Diabetes mellitus

der Insulinsensitivität und der Inselzellreserve.

Durchführung. Im Gegensatz zum oralen Glukosetoleranztest mäßig standardisiertes Verfahren, das zur Überprüfung der Insulinansprechbarkeit oder der Sekretionskapazität der Inselzellen eingesetzt wird. Eine Vielzahl von Testprotokollen ist in der Literatur verfügbar; entsprechend sind auch die Normwerte und die Interpretation weniger einheitlich. Grundsätzlich werden bei diesen Testen 7 Glukose- und 7 Insulinkonzentrationen nach einer Bolusinjektion oder Kurzinfusion von Glukose (~20 g/m2 Körperoberfläche) in kurzen Abständen – bis hin zu wenigen Minuten – gemessen. Einige Protokolle sehen zusätzlich die Gabe von exogenem 7 Insulin vor. Aus dem Verlauf der Serumkonzentrationen wird auf die Insulinansprechbarkeit und die

Kontraindikation(en). Nachgewiesener Diabetes mellitus (Nüchternblutzucker > 125 mg/dL) macht einen oGTT überflüssig.

Literatur. The expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus. (1997) Report of the expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus. Diabetes Care 20:1183–1197 The expert committee on the diagnosis and classification of diabetes mellitus. (2003) Follow-up report on the diagnosis of diabetes mellitus. Diabetes Care 26:3160–3167 Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de.

Glutamat-Dehydrogenase

Glukosetransporter K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glucose transporter Definition. Membranproteine, die den Transport von Glukose über zelluläre Membranen ermöglichen. i Es gibt zwei große Familien von Glukosetransportern: die GLUTSuperfamilie, die passiven, energieunabhängigen Transport über Membranen ermöglicht, wird auch als Solute Carrier 2A (SLC2A) bezeichnet. Die Na+/Glukosetransproter (SGLT) sind in der Lage, Glukose energieabhängig gegen einen Konzentrationsgradienten zu bewegen. Daneben wird eine Rolle als Glukosesensor diskutiert. Aufgrund von Homologien können die GLUT-Transporter in 3 Gruppen unterteilt werden: 5 Klasse I umfasst GLUT-1 bis -4, 5 Klasse II umfasst GLUT-6, -8, -10 und -12, 5 Klasse III umfasst GLUT-5, -7, -9, -11 und HIMT (H+/Myo-Inositol Kotransporter).

Zur GLUT-Superfamilie gehört mit GLUT-4 der für die insulinregulierte Glukoseaufnahme in Zellen wichtigste Transporter. Genetische Defekte führen je nach Funktion und Lokalisation zu spezifischen Syndromen, z. B. GLUT-1-Defizienz führt zum verminderten Transport von Glukose in den Liquor und geht mit Krampfanfällen, zerebralen Entwicklungsstörungen einher. GLUT-2-Defizienz ist mit dem Fanconi-Bickel-Syndrom assoziiert (tubuläre Nephropathie, Glykogenspeicherung und Hypoglykämien).

Literatur. Uldry M, Thorens B (2004) The SLC2 family of facilitated hexose and polyol transporters. Pflugers Arch Eur J Physiol 447:480– 489

Glukose-Wasserstoff-Exhalationstest 7 Glukose-H₂-Atemtest

β-Glukuronidase R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. β-glucuronidase Definition. β-Glukuronidase (EC 3.2.1.31) ist ein lysosomales Enzym, welches die Hydrolyse von β-Glukuronsäure aus Glykosaminoglykanen katalysiert. i Ein Mangel an β-Glukuronidase ist Ursache der autosomal rezes-

567

Englischer Begriff. glutamic acid decarboxylase Definition. Katalysiert die Reaktion L-Glutamtat → 4-Aminobutanoat + CO2 und ist damit in die Synthese von GABA (7 γ-Aminobuttersäure) involviert. i Beim Menschen existieren zwei Formen, Glutamat-Decarboxylase 1 mit 67 kDa (GAD-67) und 2 mit 65 kDa (GAD-65). Letztere ist ein wichtiges Autoantigen in der Pathogenese des Diabetes mellitus Typ 1 und wird dort diagnostisch genutzt. Sie ist eines der Inselzellantigene, die in der indirekten 7 Immunfluoreszenz zusammen mit IA-2 einer zellulären Tyrosinphosphatase unter dem Begriff Inselzellantikörper (ICA; 7 Autoantikörper gegen Pankreasinseln) zusammengefasst werden. Die GAD-67 kommt in 3 Splicevarianten vor, deren Funktion noch offen ist. Eine, GAD-25, ist enzymatisch inaktiv.

Literatur. Törn C (2002) C-peptide and autoimmune markers in diabetes. Clin Lab 49:1–10

Glutamat-Decarboxylase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Glutamat-Decarboxylase

Glutamat-Dehydrogenase A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 1.4.1.3; GLDH; GDH Englischer Begriff. glutamate dehydrogenase; GD; GDH Definition. Ein vorwiegend in der Leber, dort in den Mitochondrien der Hepatozyten lokalisiertes Enzym der reversiblen oxidativen Desaminierung von 2-Oxoglutarat zu L-Glutamat, dessen Aktivität im Serum diagnostisch als Kenngröße der Leberzellnekrose eingesetzt wird. Molmasse. 350 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. GLDH befindet sich mit relativ hohen spezifischen Aktivitäten in Leber, Myokard und Nieren, mit geringen Aktivitäten in Hirn, Skelettmuskel, Erythrozyten und Leukozyten. Es ist mitochondrial lokalisiert und im Lebergewebe im azinuszentralen Läppchenbereich (Zone 3, in der Umgebung der Zentralvene) angereichert (im Vergleich zur periportalen Zone 1). GLDH ist ein zur Polymerisierung neigendes, aus 6 Untereinheiten bestehendes, zinkhaltiges Enzym, welches die reversible Reaktion 2-Oxoglutarat + NADH + H+ + NH4+ NAD+

GLDH

L-Glutamat + NAD+ + H+

NADP+

sive vererbten Mukopolysaccharidose VII (Sly Krankheit). Bei dieser lysosomalen Speicherkrankheit ist der Abbau von Dermatansulfat und Heparansulfat gestört. Die Enzymaktivität wird in Fibroblasten, Leukozyten und Serum photometrisch gemessen. Bei entzündlichen Erkrankungen wie Hepatitis oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist die Enzymaktivität erhöht, wobei dem Nachweis der Enzymaktivität keine Bedeutung für die Diagnostik dieser Erkrankungen zukommt.

katalysiert. Statt kann auch als Elektronenakzeptor wirken. Die Reaktion dient einerseits der Glutamatsynthese, andererseits der vorläufigen 7 Ammoniumfixierung und somit der Ammoniakentgiftung, da das Gleichgewicht weit auf der Seite von Glutamat und NAD+ liegt.

Literatur. Ganguly NK, Kingham JG, Lloyd B et al (1978) Acid Hyd-

den Hepatozyten zeigt wegen der Kompartimentierung in den Mitochondrien und hohen Molmasse des Enzyms von 350 kDa eine tiefgreifende Einzelzellschädigung, bevorzugt der Hepatozyten der vulnerablen Leberazinuszone 3, an. Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt 18 h. Da sich alkoholtoxische Leberschädigungen bevorzugt und frühzeitig in den Hepatozyten der Zone 3 manifestieren, sind isolierte GLDH-Erhöhungen im Serum ein klinisch-chemisches Frühsymptom der Alkoholhepatitis. Gleiches gilt für Stauungsleber bei Rechtsherzinsuffizienz, die bevorzugt die Freisetzung der GLDH aus zentralvenösen Hepatozyten bewirkt.

rolases in Monocytes from Patients with Inflammatory Disease, Chronic Liver Disease and Rheumatoid Arthritis. Lancet 20:1073–1075

Glukuronyltransferase(n) 7 UDP-Glukuronyltransferase

Glu-Plasminogen 7 Plasminogen

Glutamat-Decarboxylase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). GAD; EC 4.1.1.15

Halbwertszeit. 18 h Funktion und Pathophysiologie. Die Freisetzung der GLDH aus

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparin-, EDTA-Plasma

Probenstabilität. Der Aktivitätsverlust beträgt bei Raumtemperatur und bei 4 °C 30 % pro Woche, bei –20 °C ist die Aktivität bis zu 4 Wochen stabil.

G

568

Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)

Präanalytik. Hämolyse und Lipämie stören die Bestimmung. Analytik. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt im einfachen optischen Test nach den Empfehlungen der 7 Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie (1992) mit folgender Reaktion 2-Oxoglutarat + NADH + H+ + NH4+

GLDH

L-Glutamat + NAD+ + H+

Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) 7 Alanin-Aminotransaminase

Glutamat-Rezeptor-Typ-3-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Glutamat-Rezeptoren Typ AMPA

pH 7,5

Die pro Zeiteinheit gemessene Abnahme der Absorption bei 334, 340 oder 366 nm durch Oxidation von NADH zu NAD+ ist der GLDHAktivität proportional. Die Methode ist präzis (VK < 1,6 %), praktikabel und gut mechanisierbar.

Synonym(e). Gln

Referenzbereich — Frauen. bei 37 °C: ≤ 4,8 U/L (0,08 μkat/L)

Englischer Begriff. glutamine

Referenzbereich — Männer. bei 37 °C: ≤ 6,4 U/L (0,11 μkat/L)

Definition. Proteinogene α-Aminosäure und Amid der Glutamin-

Referenzbereich — Kinder. bei 37 °C 7 Tab. 1

säure

Glutamin A.C. Sewell

Struktur. 7 Aminosäuren Glutamatdehydrogenase. Tab. 1. Referenzbereich Kinder

Molmasse. 146,1 g

Alter

Glutamatdehydrogenasekonzentration (U/L; kat/L)

Neugeborene bis 30 Tage

< 9,8; 0,17

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Gln entsteht aus Glutaminsäure durch Einwirkung von Glutamin-Synthetase. Es wird zu Succinat in 3 Reaktionsschritten abgebaut.

Kinder 1–6 Monate

< 6,4; 0,11

Kinder 7–12 Monate

< 5,2; 0,09

Kinder 13–24 Monate

< 4,2; 0,07

Kinder 2–3 Jahre

< 3,8; 0,06

Probenstabilität. Wie Asn ist Gln sehr instabil. Die Probe muss bei 4 °C aufbewahrt werden, um für 24 h stabil zu sein.

Jugendliche 13–15 Jahre

< 4,8; 0,08

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Liquor, Urin

Pathophysiologie. Gln ist bei Menschen die häufigste natürlich-vorkommende nichtessenzielle Aminosäure. Gln besitzt vielfältige Funktionen u. a. DNA-Synthese, Proteinsynthese und Regulierung des renalen 7 Säure-Basen-Haushalts (7 Ammonium-Bildung). Bei schweren katabolischen Zuständen muss Gln supplementiert werden. Gln wird als Ergänzungsmittel bei „Bodybuilding“ eingesetzt.

gen

Cave: Instabil – Abbau zu Glutaminsäure. Daher müssen Plasmaproben innerhalb 20 min nach Blutentnahme enteiweißt und bei –20 °C aufbewahrt werden.

Interpretation. Die Serumaktivität der GLDH ist praktisch leberspe-

Analytik. 7 Aminosäuren

Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle von Leberzellschädigun-

zifisch. Sie dient insbesondere der Abschätzung des Schweregrades der Einzelzellschädigung. Der GLDH-Transaminasenquotient kann die Aussagekraft erhöhen. Es dient insbesondere der Abschätzung des Schweregrades der Einzelzellschädigung, wofür der GLDH-Transaminasenquotient  AST + ALT   GLDH   

herangezogen wird. Je tiefgreifender die Zellnekrose, desto kleiner der Quotient. Starke Erhöhungen treten bei akuter Hepatitis, akuten toxischen Leberschädigungen (z. B. durch Halothan und Phalloidin), mäßige Erhöhungen bei Leberzirrhosen, Stauungsleber (bei Rechtsherzinsuffizienz) und Mononucleosis infectiosa mit Leberbeteiligung auf. Geringe Erhöhungen sind bei Myokardinfarkt, akuter Pankreatitis und Lebertumoren festzustellen.

Diagnostische Wertigkeit. Da alkoholische Leberschädigungen (Alkoholhepatitis) primär Hepatozyten der Zone 3 des Leberazinus betreffen, sind alkoholtoxische Lebererkrankungen frühzeitig durch relativ hohe GLDH-Anstiege gekennzeichnet. Ein selektiver und frühzeitiger GLDH-Anstieg im Serum hat deshalb eine besonders auf alkoholische Leberschädigung hinweisende Bedeutung. Literatur. Schmidt E, Working Group on Enzymes (1992) Proposal of Standard Methods for the Determination of Enzyme Catalytic Concentrations in Serum and Plasma at 37°. III. Glutamate dehydrogenase. Eur J Clin Chem Clin Biochem 30:493–502

Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) 7 Aspartat-Aminotransaminase

Referenzbereiche. 7 Aminosäuren Indikation. Diagnostik von Harnstoffzyklusstörungen und Hepatopathien. Gln/NH3-Quotienten < 1,6 werden auch bei transienter neonataler Hyperammonämie oder Leberbypass gesehen. Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

Glutaminbelastungstest A.M. Gressner

Synonym(e). Glutamintoleranztest, oraler Englischer Begriff. (oral) glutamine challenge Definition. Zur Prognosebeurteilung von Patienten mit minimaler hepatischer Enzephalopathie geeigneter Belastungstest, bei dem vor und 60 min nach oraler Applikation einer definierten Menge von LGlutamin die Ammoniumkonzentration im peripheren Blut gemessen wird. Durchführung. Vor sowie 30, 60 und 90 min (oder einmalig nach 60 min) nach oraler Aufnahme von 10 g L-Glutamin gelöst in 100 mL Wasser wird im arteriellen oder venösen Blutplasma die Konzentration von 7 Ammonium gemessen (7 Abb. 1).

Funktion und Pathophysiologie. Enteral verabreichtes 7 Glutamin

γ-Glutamyltransferase

569

Glutaminsäure A.C. Sewell

Synonym(e). Glu Englischer Begriff. glutamic acid Definition. Eine nichtessenzielle Alpha-Aminosäure und wichtiger Baustein von Proteinen. Meistens als ‚Glutamat’ bekannt. Geschmacksverstärker, besonders in Asien (erstmals im Jahr 1908 in Seetang (Kombu alga) in Japan nachgewiesen). Struktur. 7 Aminosäuren Molmasse. 147,1 g

Glutaminbelastungstest. Abb. 1. Zum Abnahmezeitpunkt 60 min bei Gesunden kein signifikanter Ammoniumkonzentrationsanstieg

wird im Dünndarm resorbiert und durch Glutaminase zu Ammonium und Glutamat in der Mukosa metabolisiert. Gebildetes 7 Ammonium wird über den Portalkreislauf der Leber als Ort der definitiven Entgiftungsreaktion von Ammonium durch Harnstoffsynthese im Harnstoff- oder Krebs-Henseleit-Zyklus zugeführt. Normalerweise ist dieser Stoffwechselweg nur zu 25 % ausgelastet, sodass eine Glutaminbelastung nur bei signifikanter Einschränkung der Reservekapazität der hepatischen Ammoniumelimination zu einem Anstieg der peripheren Ammoniumkonzentration führt. Sie kann bedingt sein durch Verminderung des funktionellen Leberparenchyms und/oder Leberzellinsuffizienz sowie durch porto-systemischen Kollateralkreislauf (shunt).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma aus arteriell oder venös entnommenem EDTA-Vollblut, eisgekühlt

Probenstabilität. Aufbewahrung des Plasmas maximal 2 h bei 4 °C, stärkere 7 Hämolyse und Gerinnung erzeugen höhere Konzentrationen (Serum > Plasma). Analytik. Enzymatisch-optischer Test zur Bestimmung von Ammonium.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Glu ist ein Schlüsselmolekül im Metabolismus der Zellen. Durch Transaminierung von AlphaOxoglutarsäure mittels Glutamatdehydrogenase entsteht Glu und Ammonium, das in der Leber zu Harnstoff weiter verstoffwechselt wird. Pathophysiologie. Glu ist im ZNS der häufigste exzitatorische Neurotransmitter. Es wird in den Synaptosomen gespeichert und durch Nervenimpulse freigesetzt. Postsynaptische Rezeptoren (NMDA- und Glu-Rezeptoren) binden Glu und werden aktiviert. Glu ist die Vorstufe von GABA (7 γ-Aminobuttersäure).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Liquor, Urin

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereiche. 7 Aminosäuren Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

Glutamintoleranztest, oraler 7 Glutaminbelastungstest

Referenzbereich — Erwachsene. < 75 μmol/L bei Abnahmezeitpunkt 60 min. Kein signifikanter Konzentrationsanstieg von Ammonium bei Gesunden (7 Abb. 1).

γ-Glutamyl-Cysteinyl-Glycin 7 Glutathion

Indikation.

5 Prognosebeurteilung von Patienten mit minimaler hepatischer Enzephalopathie hinsichtlich Überlebensrate und Indikation für Lebertransplantation 5 Risikobeurteilung für die Entwicklung einer manifesten hepatischen Enzephalopathie bei Patienten im Stadium der minimalen hepatischen Enzephalopathie.

Interpretation. Ein pathologischer Glutaminbelastungstest bei Patienten mit minimaler hepatischer Enzephalopathie ist mit einem erhöhten Risiko der Entwicklung einer manifesten Enzephalopathie verbunden und somit prognostisch ungünstig.

Diagnostische Wertigkeit. Bei Patienten mit minimaler hepatischer Enzephalopathie hat der Funktionstest einen negativen prädiktiven Wert von 91,6 %, einen positiven prädiktiven Wert von 60 %, eine Spezifität von 93,2 % und eine Sensitivität von 54,5 % für die Vorhersage einer manifesten Enzephalopathie. Der Test war nützlich für die Abschätzung der Überlebensrate und für die Auswahl der Patienten für Lebertransplantation, ist jedoch heute durch MELD- oder 7 ChildTurcotte-Pugh-Score ersetzt.

Literatur. Romero-Gómez M, Grande L, Camacho I et al (2002) Altered response to oral glutamine challenge as prognostic factor for overt episodes in patients with minimal hepatic encephalopathy. J Hepatol 37:781–787

γ-Glutamyltransferase A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). γ-Glutamyltranspeptidase; EC 2.3.2.2; Gamma-GT; γ-GT; GGT

Englischer Begriff. γ-glutamyltransferase, γ-glutamyltranspeptidase Definition. γ-GT ist ein nahezu ubiquitär vorkommendes, mit der größten Menge in der Leber und höchsten spezifischen Aktivität in der Niere, auftretendes Enzym, das den Transfer der γ-Glutamylreste von Peptiden oder peptidähnlichen Verbindungen auf geeignete Akzeptoren katalysiert und als Serumkenngröße aller Formen hepatobiliärer Erkrankungen weit verbreitete klinische Bedeutung hat. Molmasse. 90–120 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. γ-GT tritt im Vergleich zur Leber mit etwa 25-fach höherer spezifischer Aktivität in der Niere (lokalisiert im Bürstensaum der proximalen Tubuli) und mit etwa 2-fach höherer spezifischer Aktivität im Pankreas auf. Bedeutende γ-GTAktivitäten sind weiterhin in Hirn, Lunge, Dünndarm, Milz, Mamma, Testes und Prostata vorhanden, während in Muskeln, Knochen und Erythrozyten γ-GT nicht vorkommt. Intrazellulär ist das Enzym zu einem kleineren Anteil im Zytosol lokalisiert, mit einer größeren

G

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γ-Glutamyltransferase

γ-Glutamyltransferase. Tab. 1. Aktivitäten der γ-Glutamyltransferase im Serum bei ausgewählten Erkrankungen Aktivitäten der γ-Glutamyltransferase im Serum normal (< 66 U/L)

leicht erhöht (< 120 U/L)

mäßig erhöht (< 300 U/L)

stark erhöht (> 300 U/L)

5 Schwangerschaft 5 Knochenwachstum 5 Knochenerkrankungen 5 Muskelerkrankungen chronisch persistierende Hepatitis

5 unkomplizierte Virushepatitis 5 alkoholische Fettleber 5 chronischer Alkoholismus 5 Leberstauung bei Rechtsherzinsuffizienz (z. B. Lungenembolie, Myokardinfarkt)

5 5 5 5 5 5 5

5 Verschlussikterus 5 cholestatische Verlaufsform der akuten Hepatitis 5 toxische Leberschäden (z. B. CCl4)

chronisch aktive Hepatitis alkoholtoxische Hepatitis alkoholtoxische Zirrhose primär biliäre Zirrhose primäre und sekundäre Lebertumoren akute und chronische Pankreatitis langzeitige Medikation mit Antikonvulsiva und Sedativa (z. B. Phenobarbital, Phenytoin) und anderen Medikamenten (z. B. Phenylbutazon, Rifampicin, Marcumar)

Fraktion in die Zellmembran integriert. Es dient dort dem Transport von Aminosäuren und Peptiden durch die Zellmembran indem es den Transfer der γ-Glutamylgruppen der Peptide und peptidähnlichen Komponenten auf bestimmte Akzeptoren katalysiert. Akzeptoren können Aminosäuren, Peptide oder Wasser sein. Neben Funktionen im transmembranösen Aminosäuren- und Peptidtransport spielt das Enzym in der Regulation des intrazellulären Glutathionspiegels eine Rolle. Molmassen der γ-GT in der Leber werden mit 90–120 kDa angegeben.

Funktion und Pathophysiologie. Aktivitätserhöhungen im Serum sind vorwiegend durch hepatobilliäre Erkrankungen bedingt, wobei die höchsten Anstiege bei intrahepatischen oder posthepatischen Gallengangsobstruktionen auftreten. Das Enzym gilt als die sensitivste Kenngröße hepatobiliärer Erkrankungen, bei denen es in über 95 % zu γ-GT-Aktivitätserhöhungen kommt. Es ist durch bestimmte Medikamente und Alkohol induzierbar, sodass Alkoholabusus und langzeitige Einnahme induzierender Medikamente (z. B. Barbiturate, Phenytoin) ebenfalls zu mäßigen γ-GT-Erhöhungen im Blut führen. Organspezifische Isoenzyme sind nicht bekannt, jedoch kommen Glykosylierungsvarianten vor, die die biologische Halbwertszeit der γ-GT maßgeblich bestimmen. Darüber hinaus sind elektrophoretisch mehrere Subfraktionen feststellbar, die unter anderem auf die Bindung an die 7 Lipoproteine HDL und LDL (Halbwertszeit 20 h) beruhen und von der wesentlich schneller eliminierten wasserlöslichen Form (Halbwertszeit 9 h) abzugrenzen sind. Letztere macht ~20 % der γ-GT-Aktivität in der Zirkulation aus. Die 7 Clearance erfolgt über den Asialoglykoproteinrezeptor der Hepatozyten, der endständige Galaktose von Glykoproteinen erkennt und deren Endozytose vermittelt. Zwischen der Höhe der Serum-γ-GT-Aktivität und dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen (Myokardinfarkt, Apoplexie) besteht eine Korrelation, die u. a. auf γ-GT in atherosklerotischen Plaques und ihrer Rolle in der Erzeugung reaktiver Sauerstoffspezies beruhen kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparin-, EDTA-Plasma

Probenstabilität. Die Enzymaktivität ist im Serum bis zu 7 Tage bei Raumtemperatur, länger bei 4 °C, bei –20 °C über Jahre stabil. Citrat, 7 Fluorid, 7 Oxalat als Antikoagulanzien (7 Antikoagulanzien, in vitro) sowie 7 Glutathion in hohen Konzentrationen hemmen die Aktivität. Geringere Hämolyse stört nicht, bei stärkerer Hämolyse ist die Aktivität gehemmt (um ~20 % bei 5 g/L freiem Hämoglobin).

Analytik. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt nach einer IFCC-Referenzmethode bei 37 °C gemäß folgender Reaktion: L-γ-Glutamyl-3-carboxy-4-nitroanilid + Glycylglycin

pH 7,7

L-γ-Glu-

γ-GT

tamyl-glycylglycin + 5-Amino-2-nitrobenzoat Die pro Zeiteinheit freigesetzte Menge des gelb gefärbten 5-Amino2-nitro-benzoats wird photometrisch bei 410 nm gemessen. Die Ge-

schwindigkeit der Absorptionszunahme ist der γ-GT-Aktivität direkt proportional. Die Methode ist praktikabel, gut mechanisierbar und präzis (VK ~1,5 %).

Referenzbereich — Frauen. IFCC-Methode, 37 °C: 5–39 U/L (0,08– 0,65 μkat/L)

Referenzbereich — Männer. IFCC-Methode, 37 °C: 10–66 U/L (0,17–1,10 μkat/L)

Referenzbereich — Kinder. IFCC-Methode, 37 °C: Neugeborene bis 6 Monate: < 231 U/L; Kleinkinder 1–6 Jahre: < 26 U/L; Jugendliche: < 50 U/L.

Indikation.

5 Diagnose und Verlaufskontrolle aller Formen hepatobiliärer Erkrankungen. (γ-GT ist die wichtigste Cholestasekenngröße im Serum) 5 Diagnose und Abstinenzkontrolle des chronischen Alkoholabusus [in Verbindung mit dem Carbohydrate-deficient transferrin (CDT)] 5 Differenzierung zwischen hepatobiliären und ossären Ursachen erhöhter Aktivitäten der alkalischen Phosphatase (ossär: AP erhöht, γ-GT normal).

Interpretation. Stärkste Erhöhungen finden sich bei allen Formen biliärer Obstruktionen, wobei γ-GT-Aktivitäten früher ansteigen und länger persistieren als die der alkalischen Phosphatase. Mäßige Anstiege bei Fettleber alkoholischer und nichtalkoholischer Ursache, Medikamentenintoxikationen und Zirrhosen, besonders alkoholischer Ätiologie. Langzeitige Medikation mit Antikonvulsiva und Sedativa (z. B. Phenobarbital, Phenytoin), Cephalosporinen und oralen Kontrazeptiva führt ebenso wie chronischer Alkoholabusus durch Enzyminduktion zu erhöhten Serumaktivitäten (7 Tab. 1). In der Schwangerschaft kommt es zu mäßigen γ-GT-Anstiegen. Da das Enzym weder im Knochen noch im Skelettmuskel vorkommt sind Skelettmuskel- und Knochenerkrankungen nicht von einem γ-GT-Anstieg begleitet. Ebenso bleibt die γ-GT im Normbereich bei Nierenerkrankungen, wohingegen Prostatakarzinome aufgrund der hohen spezifischen Aktivität zu γ-GT-Erhöhungen im Serum führen können. Isoenzyme der γ-GT sind klinisch nicht relevant, spezifische Änderungen des Glykosylierungsmusters zur Differenzierung benigner und maligner Ursachen der γ-GT-Erhöhung haben sich in der Routine nicht durchgesetzt. Makro-γ-GT ist in seltenen Fällen beschrieben worden und auf eine Komplexbildung mit Immunglobulin A zurückzuführen. Eine Krankheitswertigkeit kommt dem Makroenzym, welches durch Elektrophorese, Molekulargrößenausschluss7 Chromatographie oder Ultrazentrifugation (7 Ultrazentrifuge) nachgewiesen werden kann, nicht zu.

Literatur. Schumann G et al (2002) IFCC Primary Reference Procedures for the Measurement of Catalytic Activity Concentrations of Enzymes at 37 °C, Part 6: Reference Procedure for the Measurement of Catalytic Concentration of g-Glutamyltransferase. Clin Chem Lab Med 40:734–738

Glutarsäure

γ-Glutamyltransferase/AspartataminotransaminaseQuotient A.M. Gressner

Synonym(e). γ-GT/AST-Quotient Englischer Begriff. γ-glutamyltransferase/aspartate aminotransferase-ratio

Definition. Der Quotient, der das Aktivitätsverhältnis der beiden Enzyme γ-GT und AST im Blut angibt, wurde früher zur Differenzialdiagnose akuter und chronischer Lebererkrankungen eingesetzt. i Der γ-GT/AST-Quotient wird heute in der klinischen Hepatologie nur noch ausnahmsweise zur Differenzierung der Lebererkrankungen verwendet. Die 7 Tab. 1 fasst die geltenden Richtwerte zusammen.

γ-Glutamyltransferase/Aspartataminotransaminase-Quotient. Tab. 1

571

Bei einem Defekt der FAD-abhängigen Glutaryl-CoA-Dehydrogenase ist die Bildung des Crotonyl-CoA aus Glutaryl-CoA gestört. Das sich anstauende Glutaryl-CoA und in geringerem Maße GlutaconylCoA wird teilweise zu Glutarsäure oder Glutaconsäure hydrolysiert, zu 3-Hydroxyglutarsäure dehydriert oder mit Carnitin durch die Carnitin-Acyltransferase verestert. Die Glutarsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird renal effizient ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Die pathophysiologische Wirkung von sich akkumulierender Glutarsäure ist derzeit noch nicht exakt geklärt. Als mögliche Ursachen für Nervenzellschädigungen weisen in-vitro-Studien auf exzitotoxische Effekte durch Aktivierung von NMethyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptoren hin. Neuere Studien favorisieren hingegen die Inhibierung des 2-Oxoglutarat-Komplexes im Tricarbonsäure-Zyklus sowie die Störung des Transportes anaplerotisch bedeutsamer Intermediate des Tricarbonsäure-Zyklus zwischen Astrozyten und Neuronen. Dies kann zu einer Beeinträchtigung des neuronalen Energiestoffwechsels und zum Zelltod führen. Die o.g. Mechanismen begünstigen eine Imbalance der glutamatergen (exzitatorischen) und der GABAergen (inhibitorischen) Neurotransmission.

γ-GT/ AST

Lebererkrankung

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnah-

1

akute Virushepatitis

Analytik.

2

toxischer Leberschaden

2–3

chronische Hepatitis Zirrhose akute alkoholische Hepatitis

3–6

alkoholische Zirrhose akuter Gallengangsverschluss

>6

biliäre Zirrhose chronischer Gallengangsverschluss

> 12

primäres Leberkarzinom Lebermetastasen

mefällen Liquor oder Plasma 5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) als Di-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1404 M+(m/z): 276 Quant Ion (m/z): 261 Conf. Ion (m/z): 158

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder.

Literatur. Schmidt E, Schmidt FW (1978) Normwerte und Befundmuster bei Lebererkrankungen. Therapiewoche 28:1788–1799

γ-Glutamyltranspeptidase 7 γ-Glutamyltransferase

Glutarat 7 Glutarsäure

Glutarsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Glutarat Englischer Begriff. glutaric acid Definition. Die ungeradzahlige Dicarbonsäure tritt als pathologischer Metabolit beim Defekt der Glutaryl-CoA-Dehydrogenase im Stoffwechsel der Aminosäuren Lysin, Hydroxylysin und Tryptophan auf. Struktur. C5H8O4 (7 Abb. 1)

5 Normalbereich: 5 0,6–4 mmol/mol Kreatinin (Urin) 5 0,4–0,9 μmol/L (Plasma) 5 0,38–0,87 μmol/L (CSF) 5 Pathologischer Bereich: 5 Normal bis 5000 mmol/mol Kreatinin (Urin) 5 Normal bis 250 μmol/L (Serum) 5 1,6–38 μmol/L (Liquor)

Indikation. Makrozephalie, subdurale Hämatome und Hygrome im Säuglingsalter, akute und chronische Dystonien im Kindesalter, Leukodystrophie

Interpretation. Bei der Glutarazidurie Typ I (GA I) ist neben der Glutarsäure die 3-Hydroxyglutarsäure erhöht, die beweisend für das Vorliegen einer GA I ist. In seltenen Fällen ist auch eine Glutaconsäure-Ausscheidung im Urin nachweisbar. Bei Niedrigausscheidern ist eine Isotopenverdünnungsanalyse beider Säuren in unterschiedlichen Körperflüssigkeiten (Urin, Plasma, Liquor) vor und nach Hydrolyse zur korrekten Diagnose notwendig. Glutarsäure-Erhöhungen werden auch bei den Glutarazidurien Typ II und Typ III beobachtet. Typ II ist Folge eines multiplen AcylCoA-Dehydrogenase-Mangels, bei dem im Urin aber als Begleitmetabolite der Glutarsäure die 2-Hydroxyglutarsäure, Ethylmalonsäure, Adipinsäure, Sebacinsäure und Suberinsäure auftreten.

Glutarsäure. Abb. 1. Strukturformel

Diagnostische Wertigkeit. Stark erhöhte Glutarsäure-Ausscheidun-

Molmasse. 132,11 g

gen kommen nur bei monogenen Stoffwechselerkrankungen vor. Mäßig erhöhte Ausscheidungen sind nicht nur bei Stoffwechseldefekten (Glutarazidurien, Mitochondriopathien, HMG-CoA Lyase Defekt) und schweren Ketosen zu beobachten, sondern können auch von bakteriellen Zersetzungsvorgängen im Urin, einem alimentären Mangel an Riboflavin oder einer Vergiftung mit Ethylenglykol resultieren. Die definitive Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. wei-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die intramitochondrialen Abbauwege der 7 Aminosäuren Tryptophan, Hydroxylysin und Lysin münden über die 2-Aminoadipinsäure in eine gemeinsame Endstrecke, die über 2-Oxo-Adipinsäure, Glutaryl-CoA, Glutaconyl-CoA und Crotonyl-CoA letztlich im Acetyl-CoA endet.

G

572

Glutathion

teren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd ed. Springer Verlag, Berlin Heidelberg Boy SPN, Opp S, Heringer J, Okun JG, Sauer SW, Kölker S (2011) Glutaric aciduria type I. A translational approach to an enigmatic disease. J Pediatr Sci 3:e67

Glutathion. Tab. 1. Funktionen von Glutathion (GSH) Antioxidativer Schutz

5 Scavenger von freien Radikalen und weiteren reaktiven Sauerstoffspezies: Hydroxylradikale, Lipidperoxylradikale, Peroxynitrite, H2O2 5 Verhinderung der Oxidation von Biomolekülen

Stoffwechsel

5 Synthese von Leukotrienen und Prostaglandinen 5 Enzymatische Entgiftung von Formaldehyd zu S-Formylglutathion unter Katalyse der Formaldehyddehydrogenase 5 Umwandlung von Methylglyoxal zu D-Laktat (in Mikroorganismen) 5 Enzymatische Bildung von Mercapturaten mit elektrophilen physiologischen Metaboliten (z. B. Estrogene, Melanin, Prostaglandine, Leukotriene) und Xenobiotika (z. B. Brombenzol, Acetaminophen) unter Katalyse der Glutathion-S-Transferase 5 Bildung von GSH-NO-Addukten (S-Nitroso-Glutathion) 5 Transport und Speicherung von Cystein

Regulation

5 5 5 5 5 5 5

Glutathion A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). γ-Glutamyl-Cysteinyl-Glycin; GSH (reduzierte Form); GSSG (oxidierte Form)

Englischer Begriff. glutathione Definition. Das Tripeptid GSH ist das dominierende intrazelluläre Thiol, welches den Redoxstatus der Leberzellen, der Erythrozyten und einer Vielzahl anderer Zellen bestimmt und als antioxidativer Schutzfaktor (Scavenger) sowie Stoffwechselregulator von großer (patho) physiologischer Bedeutung ist. i Glutathion (γ-L-Glutamyl-L-Cysteinyl-Glycin) ist das domi-

nierende, zu 85–90 % zytosolisch lokalisierte intrazelluläre Thiol (0,5–10 mmol/L), das extrazellulär hingegen in relativ niedrigen Konzentrationen (~2–20 μmol/L im Plasma) vorkommt (7 Glutathionperoxidase). GSH wird rasch nicht-enzymatisch durch elektrophile Substanzen (z. B. freie Radikale, reaktive Sauerstoff- und StickstoffSpezies) zu Glutathion-Disulfid (GSSG) oxidiert. Der [GSH]:[GSSG] Konzentrations-Quotient ist unter physiologischen Bedingungen > 10 und gilt als Indikator des zellulären Redoxstatus. Im Vergleich zu NADPH/NADP+ und Thioredoxin (reduziert)/Thioredoxin (oxidiert) ist GSH/GSSG das wichtigste, die antioxidative Kapazität determinierende Redoxpaar. Synthese: Sie erfolgt enzymatisch mit zwei zytosolischen Enzymen, der γ-Glutamyl-Cystein-Synthetase (GCS) und der GSH-Synthetase. In der Leber vollzieht sich die Synthese vorwiegend in den perivenösen Hepatozyten der Zone 3, wobei 7 Cystein grundsätzlich die limitierende Aminosäure der GSH-Synthese ist. Dessen Konzentration ist niedrig (10–25 μmol/L) im Vergleich zu Cystin (50–150 μmol/L), da Cystein rasch zu Cystin extrazellulär oxidiert wird. Blut (hauptsächlich Erythrozyten) trägt bis zu 10 % der Gesamtkörper-GSH-Synthese des Menschen bei. Die Utilisationsrate von GSH beträgt bei gesunden Erwachsenen 25 μmol/(kg × h). Funktion: GSH ist der wichtigste, antioxidative Metabolit, der viele Funktionen im Intermediärstoffwechsel, in der Zellregulation und Detoxifikation besitzt (7 Tab. 1).

Glutathionperoxidase. Abb. 1.

intrazellulärer Redoxstatus (GSH/GSSG) Signaltransduktion und Genexpression Zellproliferation und Apoptose Zytokinproduktion und Immunreaktion Proteinglutathionylierung Mitochondrienfunktion und -integrität DNA- und Proteinsynthese, Proteolyse

Klinische Bedeutung: Da der extrazelluläre Glutathionspiegel (Plasma) die Veränderungen von GSH in spezifischen Zelltypen nicht wiedergibt, ist die Bestimmung von GSH im Plasma ohne wesentliche klinische Aussagekraft. Die Konzentration in Erythrozytenlysaten (EDTA-Vollblut) hingegen kann als Kenngröße des intrazellulären Redoxstatus dienen. Normalkonzentrationen im EDTA-Vollblut: Gesamt: 763–1191 μmol/L; reduziert: 620–970 μmol/L. Die Bestimmung erfolgt mit HPLC und Fluoreszenzdetektion.

Glutathionperoxidase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). GPX Englischer Begriff. glutathione peroxidase Definition. Familie von Selenocystein-haltigen Enyzmen, die organische Peroxide zu den entsprechenden Alkoholen unter Oxidation von Glutathion reduzieren (7 Abb. 1).

Gluten

i Verschiedene Glutathionperoxidasen (GPx) wurden beschrieben. Allen gemeinsam ist die Fähigkeit organische Peroxide zu den korrespondierenden Alkoholen unter Oxidation von reduziertem Glutathion zu reduzieren. GPx-1 ist ein ubiquitäres, intrazellulär zytoplasmatisch lokalisiertes Enzym, dessen Aktivität im Blut (Erythrozyten) invers mit dem kardiovaskulären Risiko korreliert. GPx-2 ist vorwiegend in der intestinalen Mukosa lokalisiert. GPx-3 wird sezerniert und ist im Plasma aktiv. GPx-4 ist ebenfalls ubiquitär, allerdings vorwiegend im Hoden exprimiert.

Literatur. Ursini F, Maiorino M, Brigelius-Flohe R et al (1995) Diversity of glutathione peroxidases. Methods Enzymol 252:38–53 Arthur JR (2000) The glutathione peroxidases. Cell Mol Life Sci 57:1825–1835

Glutathionreduktase in Erythrozyten 7 Erythrozytenenzyme

Glutathion-S-Transferasen A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 2.5.1.18; GST

573

mit einem breiten Spektrum elektrophiler Xenobiotika, die dadurch inaktiviert, entgiftet und biliär eliminiert werden. Die Produkte der GST-Reaktion werden stufenweise degradiert durch Abspaltung des γ-Glutamyl-Rests und von Glycin, wobei das entstehende CysteinKonjugat entweder renal ausgeschieden oder in Leber und Niere zur Merkaptursäure acetyliert und dann renal oder in geringem Umfang biliär eliminiert wird. 40 % der Personen haben einen Mangel an der μ-Form (GST M1) aufgrund einer Gendeletion. Da dieses Enzym an der Entgiftung mutagener karzinogener Substanzen besonders stark beteiligt ist, hat ihre Abwesenheit eine verminderte individuelle Entgiftungsfähigkeit und damit ein erhöhtes Risiko bei Belastung mit toxischen und karzinogenen Substanzen zur Folge (Risikofaktor für die Entstehung verschiedener Tumoren, z. B. raucherinduziertes Lungenkarzinom, Colorektal- und Urothelialkarzinom). Weitere Funktionen der GST beruhen auf ihrer hohen Bindungsaffinität für nichtpolare Moleküle, z. B. 7 Bilirubin, 7 Gallensäuren, Bromsulphthalein (7 Bromsulphthaleintest). Als Ligandin übernimmt eine Form der GST intrazelluläre Bilirubin-Transportfunktionen und kann als „Puffer“ dem plötzlichen Influx nichtpolarer Xenobiotika durch Bindung entgegenwirken und damit deren effektive Konzentration vermindern (Schutzfunktion). Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt < 90 min (für die α-Klasse).

Funktion und Pathophysiologie. Die hohe zytosolische Konzentrati-

Englischer Begriff. glutathione-S-transferases; GST Definition. GST sind dimere Enzyme in vielen Geweben und Zellen, die unter Bildung von Thioethern die Konjugation von reduziertem 7 Glutathion mit einem breiten Spektrum organischer, elektrophiler Moleküle katalysieren, was zu deren Inaktivierung bzw. Entgiftung führt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Es werden fünf Klassen der

on der α-Klasse der GST in Hepatozyten und der π-Klasse in Gallengangsepithelien ermöglicht bei diesbezüglichen Zellschädigungen (Nekrosen) den Austritt der nicht strukturgebundenen Enzyme in die Zirkulation und deren Nutzung als Kenngröße hepatobiliärer Schädigungen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTAPlasma

humanen Leber GST (Molmasse 45–55 kDa) unterschieden, die auf Grund ihres 7 isoelektrischen Punktes (pI) in basische (pI 7,3–9,0), neutrale (pI 5,5–6,5) und saure (pI 4,5–5,3) Klassen eingeteilt werden (7 Tab. 1). Sie setzen sich als Homo- oder Heterodimere aus Untereinheiten der Molmassen von 24,8–26,7 kDa zusammen.

Probenstabilität. Der Analyt ist bei 4 °C und bei –20 °C über längere

Glutathion-S-Transferasen. Tab. 1. Hauptformen der Glutathion-STransferasen in der menschlichen Leber

Referenzbereich — Erwachsene. α-GST: < 7,5 μg/L, π-GST: < 100 μg/L

Klassen

Formen

Alternativnamen

UntereinheitenMolmasse [kDa]

pI

Vorkommen

α

GST-A1-1 GST-A2-2 GST-A1-2

B1B1-Typ B2B2-Typ B1B2-Typ

25,9 25,9 25,9

8,9 8,75 8,4

Hepatozyten (Ligandin)

μ

GST-M1aM1a GST-M1b-1b

μ ψ

26,7 26,6

6,1 5,5

Leberzellen, Leukozyten

θ

GST-Theta

θ

26,6

~8,0

Erythrozyten

π

GST-P1-1

GST-3

24,8

4,8

Plazenta, Gallengangsepithel

Zeit stabil.

Analytik. 7 Enzymimmunoassay mit monospezifischen Anti-α- bzw. Anti-π-GST-Antikörpern. Intraassay-VK 7 %, Nachweisgrenze 91 ng/L (α-GST) bzw. 15 μg/L (π-GST).

Indikation.

5 α-GST: sensitive Erfassung aller Formen hepatozellulärer Schädigungen (Nekrosen) im Rahmen toxischer, ischämischer, viraler Erkrankungen 5 Überwachung von Lebertransplantaten 5 π-GST: sensitive Diagnostik hepatobiliärer Erkrankungen im Rahmen von Gallengangsobstruktionen, ischämischen Schädigungen, Cholangiokarzinomen und Lebertransplantatüberwachungen.

Interpretation. Der Anstieg der α-GST in der Zirkulation ist ein besonders sensitiver Parameter hepatozellulärer Nekrosen, der im Zusammenhang mit der 7 Alanin-Aminotransaminase (ALT) die Diagnose der Leberzellschädigung bei Hepatitis C wesentlich verbessert. Die Kombination von α- und π-GST korreliert signifikant mit der Qualität des Lebertransplantates; beide sind gute Indikatoren akuter Abstoßung. Diagnostische Wertigkeit. Bei Hepatitis C werden eine diagnostische Sensitivität von 0,64 und eine Spezifität von 0,85 für die α-GST angegeben, die etwa den Kriterien der ALT (Sensitivität 0,68; Spezifität 0,88) entspricht. Auf Grund der wesentlich kürzeren Halbwertszeit der α-GST reagiert diese Kenngröße empfindlicher auf aktuelle Leberzellschädigungen als die ALT. Literatur. Beckett GJ, Hayes JD (1987) Plasma Glutathione S-Trans-

GST der Leber sind im Zytosol der Hepatozyten in hoher Konzentration vorhanden (3–4 % der löslichen Leberproteine), eine kleine Fraktion ist im endoplasmatischen Retikulum vertreten. Es dominiert die (basische) α-Klasse. Die (saure) π-Klasse ist nur in geringen Mengen, nicht in Hepatozyten, sondern in der Leber in Gallengangsepithelzellen vertreten. Die Funktion besteht in der Konjugation von reduziertem Glutathion (Tripeptid der Struktur γ-Glutamyl-Cysteinyl-Glycin)

ferase Measurements and Liver Disease in Man. J Clin Biochem Nutr 2:1–24

Gluten R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Klebereiweiß

G

574

Glycation end products, advanced

13C-Atemtest zum Nachweis einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms bzw. einer Störung der Resorption von Gallensäuren.

Definition.

Englischer Begriff. gluten Definition. Gluten ist der in Kochsalzlösung unlösliche Proteinanteil des Getreides (Dinkel, Emmer, Gerste, Grünkern, Hafer, Roggen, Weizen) i Gluten macht etwa 80 % des Gesamtproteins in Weizen aus. Es

Durchführung. Nach oraler Zufuhr einer Testdosis von 13C-Glykocholat wird dieses von 7 Gallensäuren bakteriell dekonjugiert bei 5 bakterieller Fehlbesiedlung im Dünndarm oder 5 verminderter Resorption.

besteht aus unterschiedlichen Eiweißfraktionen, insbesondere den Gliadinen, Prolaminen und Glutenin. Überempfindlichkeit gegenüber Gluten bedingt das Krankheitsbild der Zöliakie (Synonym Einheimische Sprue) mit Schädigung der Dünndarmschleimhaut (totale oder subtotale Mukosaatrophie mit Zottenreduktion und vermehrter Kryptentiefe). An der Pathogenese sind eine genetische Disposition und immunologische Reaktionen mit resorbierten Gliadinbestandteilen beteiligt.

Das frei gesetzte Glycin wird anschließend entweder bakteriell oder nach Resorption im Organismus zu 13CO2 metabolisiert. Zu unterschiedlichen Zeiten nach oraler Applikation werden Proben von Ausatemluft gewonnen und analysiert. Die Verwendung des radioaktiven Kohlenstoffisotops 14C zu klinischen Zwecken ist verboten.

Literatur. Dieterich W, Esslinger B, Schuppan D (2003) Pathomecha-

Analytik. Isotopenverhältnis-7 Massenspektrometrie (IR-MS) oder

nisms in Celiac Disease. Int Arch Allergy Immunol 132:98–108

Glycation end products, advanced 7 Advanced glycation end products

nicht dispersive isotopenselektive 7 Infrarotspektrometrie (NDIRS)

Indikation. Verdacht auf bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms sowie Störung der Resorption von Gallensäuren.

Interpretation. Erhöhte 13CO2-Exhalation bei bakterieller Fehlbesiedlung des Dünndarms. Bei Ausschluss einer bakteriellen Fehlbesiedlung weist eine erhöhte 13CO2-Exhalation auf eine Störung der Resorption von 7 Gallensäuren hin.

Glycomics R. Weiskirchen

Englischer Bergriff. glycomics Definition. Lehre, die sich mit der Biosynthese von Zuckern und Zu-

ckerketten und der 7 Glykosylierung von Proteinen und 7 Lipiden beschäftigt. i Ladung, Länge und Sequenz der Zuckerkette können dabei vari-

abel sein und hängen von Art, Gewebe, Alter und Zustand des Organismus ab. Ein Protein hat mehrere mögliche Glykosylierungsstellen, an die in Abhängigkeit von der Expression organ- und gewebsspezifischer Glykosylierungsenzyme unterschiedliche Kohlenhydrate gekoppelt werden können. Diese komplexen Zuckerverbindungen werden auch als Glykane bezeichnet. Sie tragen oft erheblich zu der Funktion des Proteins bei und steuern die biologische Stabilität und Aktivität. Insbesondere sind sie bei der Vermittlung von Zelladhäsion und -differenzierung, Virus-Zell-Interaktionen und immunologische Erkennungsprozesse beteiligt. Veränderungen der Struktur und des Stoffwechsels von Glykanen haben weitreichende Konsequenzen für die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten und daher oftmals diagnostische Relevanz.

Literatur. Mahal LK (2008) Glycomics: towards bioinformatic approaches to understanding glycosylation. Anticancer Agents Med Chem 8:37–51.

Glykierung, nichtenzymatische K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. non-enzymatic glycation Definition. Kovalente, nicht enzymkatalysierte Bindung eines Kohlenhydrats, meist 7 Glukose, 7 Fruktose-1,6-Diphosphat oder Glukose-6-Phosphat an eine freie Aminogruppe eines 7 Proteins. i Ketogruppen von Kohlenhydraten können mit den Aminogrup-

pen von Proteinen (N-terminal oder ε-Aminogruppen von Lysinen) eine Schiffsche Base (Aldimin) bilden. Diese Reaktion ist reversibel und hängt im Wesentlichen von der Konzentration der beteiligten Moleküle und dem pH-Wert ab. Durch eine Amadori-Umlagerung (7 Amadori-Reaktion) entsteht aus der Schiffschen Base ein Ketoamin, das dann stabil ist (s. a. 7 Fruktosamin). 13C-Glykocholat-Atemtest R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ausatmungsluft

13C-glycocholic

acid breath test

Diagnostische Wertigkeit. Wegen der hohen Substratkosten ist als alternativer Test der 7 Glukose-H₂-Atemtest zu erwägen. Literatur. Braden B, Lembcke B, Caspary WF (2003) Nichtinvasive Funktionsdiagnostik aus der Atemluft mit 13C-Atemtests. Deutsches Ärzteblatt 100:A3376–A3381

Glykocholsäure 7 Gallensäuren

Glykogen K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glycogen Definition. Speicherform der 7 Glukose, die über 1,4- und 1,6-glykosidische Bindungen zu einem verzweigtkettigen Polymer mit einer Molmasse bis zu ~2 × 107 Da verknüpft wird. i Glykogen findet sich vorwiegend in der Leber und im Muskel

und dient dort als Speicher für überschüssige Glukose, die durch Glykogenolyse bei Bedarf kurzfristig wieder freigesetzt werden kann. Die Konzentration ist mit bis zu 10 g/100 g Gewebe in der Leber am höchsten. Aufgrund der größeren Gesamtmasse ist aber die absolute Glykogenmenge in der Muskulatur mit ca. 250 g am größten. Die Glykogenreserven anderer Gewebe sind dagegen gering. Störungen des Glykogenabbaus führen zu den verschiedenen Glykogenosen.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (Hrsg) (2003) Biochemie und Pathobiochemie. 7. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Glykogenphosphorylase BB K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Phosphorylase B (Isoenzym BB) Englischer Begriff. glycogen phosphorylase isoenzyme BB Definition. Glykogenphosphorylase (GP) ist das geschwindigkeitsbestimmende Enzym der Glykogenolyse. Der in Herzmuskelgewebe vorkommende Isotyp BB (GP-BB) ist eines von drei beim Menschen beobachteten Isoenzymen.

Struktur. Glykogenphosphorylase ist ein aus zwei identischen Subeinheiten bestehendes dimeres Molekül. In nicht aktivierter Form (bForm) liegt Glykogenphosphorylase in der Zelle als makromolekularer Komplex an 7 Glykogen und das sarkoplasmatische Retikulum

Glykolyse-Inhibitoren

gebunden vor. Nach Aktivierung durch AMP (a-Form) dissoziiert das Enzym vom Komplex.

Molmasse. 188 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die GP-Isoenzyme werden von drei unterschiedlichen Genorten kodiert. Das Isoenzym GP-LL (Leber) besteht aus 846, das Isoenzym GP-MM (Muskulatur) aus 842 und das Isoenzym GP-BB (Gehirn, „brain“) aus 862 Aminosäuren. Die Isoenzyme weisen zwischen den Aminosäuren 1–830 eine sehr ähnliche Struktur auf, Unterschiede finden sich hauptsächlich in der C-terminalen Domäne, in der sich auch das katalytische Zentrum des Enzyms befindet. Diese Unterschiede spiegeln die unterschiedlichen funktionellen Anforderungen an das Enzym in den verschiedenen Geweben wider. GP-BB trägt im Vergleich zu den anderen Isoenzymen am C-terminalen Ende 21 bzw. 16 zusätzliche Aminosäuren, die die Herstellung von GP-BB-spezifischen Antikörpern ermöglichen. In der Skelettmuskulatur findet man ausschließlich GP-MM, GP-LL wird hauptsächlich in der Leber, aber auch von allen anderen Geweben außer dem Herzen, der Skelettmuskulatur und dem Gehirn exprimiert. GP-BB wird im Gehirn und in der Herzmuskulatur exprimiert. Im menschlichen Herzen findet man GP-MM und GP-BB, GP-BB ist jedoch die vorherrschende Isoform. Geringe GP-BB-Konzentrationen wurden zudem auch in Leukozyten, Milz, Nieren, Blase, Hoden, Intestinum und der Aorta gefunden. Halbwertszeit. 4–6 h Funktion und Pathophysiologie. GP spielt eine entscheidende Rolle in der Regulation des Kohlenhydrat-Metabolismus, indem es Glykogen mobilisiert. GP katalysiert den ersten, geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Glykogenolyse durch Umwandlung von Glykogen in Glukose-1-Phosphat (Phosphorolyse). GP ist in der Hinsicht ein bemerkenswertes Enzym, dass sie sowohl allosterisch durch AMP als auch durch kovalente Modifikation durch Phosphorylierung aktiviert werden kann. Insbesondere mit Hilfe allosterischen Liganden ist GP ein Sensor für die Energieladung einer Zelle. Ausreichende ATPund Glukose-6-Phosphat-Konzentrationen führen über allosterische Bindung zur Inaktivierung des Enzyms. Bei ATP-Verbrauch (z. B. durch Hypoxie bei myokardialer Ischämie) und daraus resultierendem Energiebedarf überführt das entstehende AMP GP in seine aktive Form. Zusätzlich kann GP über eine hormonell durch Adrenalin ausgelöste Phosporylierung aktiviert werden. In tierexperimentellen Studien konnte nachgewiesen werden, dass für die Freisetzung von GP-BB aus dem Myokard eine Aktivierung der Glykogenolyse und eine gleichzeitige Zunahme der Membranpermeabilität notwendig sind, beides Konditionen wie sie bei einer myokardialen Ischämie auftreten. Beim Menschen kommt es nach einem akuten Myokardinfarkt innerhalb 1 h zu einem Anstieg der GPBB im Blut. Dieser rasche Anstieg nach Ischämie könnte auf die nahe intrazelluläre Lokalisation der GP-BB zum T-Tubulus-System erklärt werden, wodurch ein rascherer und stärkerer GP-BB-Efflux als bei anderen zytoplasmatischen Proteinen stattfindet. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 4–6 h beobachtet; nach 20–36 h kehrt die Plasmakonzentration in den Normbereich zurück. Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom werden ebenfalls GP-BBAnstiege in den pathologischen Bereich beobachtet, die nicht mit Anstiegen anderer myokardialer Marker wie Troponinen oder CK-MB einhergehen. Ob diese GP-BB-Freisetzung durch kleine myokardiale Nekrosen oder eine schwere, reversible Ischämie hervorgerufen werden, ist bisher nicht geklärt. Patienten mit stabiler Angina pectoris zeigen dagegen GP-BB-Werte wie ein gesundes Kontrollkollektiv. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Präanalytik. Proben sollten direkt nach der Gewinnung zentrifugiert, Plasma vom Blutkuchen getrennt und die Proben innerhalb von 2 h analysiert werden. Eingefrorene Proben sollten bei 37 °C innerhalb von 10 min aufgetaut und direkt gemessen werden.

575

Indikation. Diagnostik von: 5 akutem Koronarinfarkt 5 myokardialer Ischämie beim akuten Koronarsyndrom 5 perioperativem Myokardinfarkt nach Bypassoperation Interpretation. GP-BB ist nicht 100 % myokardspezifisch. Daher weist ein Anstieg von GP-BB auf eine myokardiale Ischämie oder einen Myokardinfarkt hin, wenn eine andere Quelle des GP-BBAnstiegs, insbesondere eine Schädigung des Gehirns als Quelle der GP-BB ausgeschlossen werden kann. Die Ursache der bei anderen Erkrankungen (z. B. Hepatitis, Leberzirrhose, postoperativ) teilweise beobachteten leicht erhöhten GP-BB-Konzentrationen ist bisher nicht geklärt. Eine myokardiale Beteiligung ist jedoch nicht auszuschließen, weshalb GP-BB in diesem Fall sensitiv eine myokardiale Ischämie anzeigen könnte.

Diagnostische Wertigkeit. GP-BB ist ein vielversprechender, neuer Ischämiemarker für die Diagnose eines akuten Myokardinfarkts. Seine Wertigkeit für die Diagnose reversibler Ischämien wird sich in zukünftigen Untersuchungen zeigen.

Literatur. Mair J (1998) Glycogen phosphorylase isoenzyme BB to diagnose ischaemic myocardial damage. Clin Chim Acta 272:79–86 Rabitzsch G, Mair J, Lechleitner P et al (1995) Immonuenzymometric assay of glycogen phosphorylase isoenzyme BB in diagnosis of ischemic myocardial injury. Clin Chem 41:966–978

Glykohämoglobin 7 Hämoglobin, glykiertes

Glykolyse K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glycolysis Definition. Anaerober Abbau von 7 Glukose zu 7 Pyruvat oder 7 Laktat unter Gewinnung von zwei Äquivalenten ATP

i Die Glykolyse findet extramitochondrial statt und dient zum einen der anaeroben Energiegewinnung, andererseits stellt sie drei Kohlenstoffeinheiten für verschiedene Stoffwechselwege einschließlich der aeroben Energiegewinnung bereit. Der erste Schritt der Glykolyse ist die Phosphorylierung der Glukose durch Hexokinase oder in der Leber auch durch Glukokinase (Hexokinase Typ IV). Hier kann eine Regulation im Sinne einer Rückkopplungshemmung stattfinden.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (Hrsg) (2003) Biochemie und Pathobiochemie. 7. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Glykolysehemmung K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Glukoseinhibition Englischer Begriff. inhibition of glycolysis Definition. In der Analytik von Blutglukose (7 Glukose) und 7 Laktat ist die Hemmung der 7 Glykolyse in der Probe nach der Probengewinnung zur Vermeidung von falsch niedrigen Messwerten für Glukose bzw. falsch hohen für Laktat erforderlich. i Verschiedene Hemmstoffe der Glykolyse werden in Blutentnah-

megefäßen (Spritzen, Kapillaren) vorgelegt. Dazu gehören Maleinimid, Natriumfluorid und Natriummonoiodacetat. Auch Enteiweißung einer Blutprobe (z. B. mit Perchlorsäure) stoppt die Glykolyse vollständig (s. a. 7 Glykolyse-Inhibitoren).

Analytik. Für die Bestimmung von GP-BB steht ein kommerziell er-

Glykolyse-Inhibitoren

hältlicher Einschritt-Sandwich-ELISA-Test zur Verfügung.

W. Guder

Konventionelle Einheit. ng/mL

Synonym(e). Glukosestabilisator

Referenzbereich — Erwachsene. < 10 ng/mL

Englischer Begriff. inhibitor of glycolysis; glucose stabilizer

G

576

Glykophorine

Definition. Hemmstoffe von Teilschritten des Glukosestoffwechsels. Im erweiterten Sinne zählen dazu auch Hemmstoffe des Glukoseeintritts in die Zelle oder der Bindung von 7Glukose an die Hexokinase. i Zur Stabilisierung der Glukose und Laktat in Blutproben wurden

vix, Endometrium, in Schweiß- und Talgdrüsen, Granulozyten, Lymphozyten und in Endothelzellen einiger Organe gebildet.

Funktion und Pathophysiologie. Das biliäre Glykoprotein hat ähnlich wie die anderen CEA-Subgruppen-Mitglieder Zell-adhärierende Eigenschaften und ist des Weiteren in der Signaltransduktion bzw. deren Regulation involviert. Eine veränderte Expression des biliären Glykoproteins findet sich bei malignen Tumoren: Während sie bei Magen-, Bronchial-, Ovarial-, Endometriumkarzinom und bei der akuten lymphoblastischen Leukämie erhöht ist, wird bei kolorektalem und hepatozellulärem Karzinom eine erniedrigte Expression beschrieben.

verschiedene Inhibitoren als Zusätze verwendet und empfohlen: Natriumfluorid (NaF) in einer Konzentration von 4,3 g/L Blut oder 2,5 g/L in Kombination mit Kaliumoxalat als Antikoagulans (7 Antikoagulanzien, in vitro) wurde als Stabilisator von Glukose empfohlen und ging in internationale Standards ein. Es wirkt innerhalb der ersten 3 h nach Mischung mit Blut, aber sofort in Kombination mit Citrat (Terumo) und nach Mischung mit Blut und einem Detergenz , das zur Bildung eines Hämolysats benutzt wird, als Inhibitor der Enolase. Danach hält es die Glukose über mindestens 3 Tage stabil. Lithiumiodacetat hemmt die Glyceraldehyddehydrogenase und wirkt so ähnlich wie Fluorid. Mannose wurde empfohlen, um in Kombination mit einem Glykolysehemmer sofort im Vollblut den Abbau von Glukose zu hemmen. Es hemmt den Eintritt von Glukose in den Stoffwechsel und ist daher rascher wirksam. In einer Konzentration von 2 g/L Blut wirkt es sofort. Die Wirkung hält aber nur 4 h bei Raumtemperatur an, weshalb nur eine Kombination mit einem der ersten beiden Hemmer (+2 g/L NaF) die Abnahme der Glukose optimal hemmt. Daneben sollten Enteiweißung des Bluts als wirkungsvolle Methode zur Hemmung des Glukoseabbaus erwähnt werden. Traditionell wurde dazu Trichloressigsäure oder Perchlorsäure verwendet.

Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA), 7 Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Literatur. Einer G, Zawta B (1991) Präanalytikfiebel. 2. Aufl. Barth,

Literatur. Hammarström S (1999) The carcinoembryonic antigen

Heidelberg Leipzig Liss E, Bechtel S (1990) Improvement of Glucose Preservation in Blood Samples. J Clin Chem Clin Biochem 28:689–690

Glykophorine K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Definition. Glykophorine sind Typ-1-Membranproteine („singlepass“), die stark glykosyliert sind. Die Glykophorine A (GPA) und B (GPB) tragen die MNS-Antigene (7 MNS-Blutgruppensystem) und stellen Rezeptoren für Zytokine und Pathogene wie Plasmodium falciparum dar. Die Antigene des 7 Gerbich-Blutgruppensystems sind auf den Glykophorinen C und D lokalisiert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Galle

Indikation. Diagnostik und Verlaufskontrolle von Adenokarzinomen (durch CEA ersetzt).

Interpretation. Aufgrund des im Vergleich zu CEA weniger selektiven Expressionsmusters wird in Diagnostik und Verlaufskontrolle von Tumorerkrankungen die Bestimmung des biliären Glykoprotein durch das spezifischere CEA ersetzt.

Diagnostische Wertigkeit. Diagnostik und Verlaufskontrolle von Adenokarzinomen (durch CEA ersetzt). (CEA) family: structures, suggested functions and expression in normal and malignant tissues. Semin Cancer Biol 9:67–81

Glykoprotein, α₁-saures A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Orosomukoid Englischer Begriff. α1-acid glycoprotein; orosomucoid Definition. In den Hepatozyten synthetisiertes, hochglykosyliertes Serumprotein mit klinischer Bedeutung als früher, empfindlicher und positiver Reaktant der 7 Akute-Phase-Reaktion. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das in den Hepatozyten

Glykoproteide 7 Glykoproteine

Glykoprotein, biliäres S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). BGP; CD 66a Englischer Begriff. biliary glycoprotein Definition. Das biliäre Glykoprotein ist ein Mitglied der CEA-Familie, (7 Carcinoembryonales Antigen) das in 7 verschiedenen Isoformen auftreten kann.

Struktur. Bisher wurden 29 kodierende Gene der CEA-Familie beschrieben. 18 verschiedene Proteine werden exprimiert, wovon 7 der CEA-Subgruppe und 11 der Pregnancy-specific-glycoprotein(PSG)Subgruppe angehören. Das biliäre Glykoprotein ist zusammen mit dem CEA, dem „non-specific cross-reacting antigen“ (NCA) und den sogenannten „CEA gene family members“ (CGM) 1, 2, 6 und 7 ein Mitglied der Zellmembranassoziierten CEA-Subgruppe. Es kann in 7 verschiedene Isoformen differenziert werden, die jeweils eine Homologie in der N-Region aufweisen.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das biliäre Glykoprotein zeigt ein weniger selektives Expressionsmuster als CEA und wird von einer Reihe normaler Epithelien des Gastrointestinaltrakts einschließlich Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Kolon, Pankreas, Leber und Gallenblase sowie der Niere, Blase, Prostata, Cer-

synthetisierte Protein besteht aus einer Polypeptidkette mit 181 Aminosäuren, die mit einem Kohlenhydratmassenanteil von etwa 45 % an der Molmasse von 41–43 kDa hochgradig glykosyliert ist. Die starke Glykosylierung durch 5 N-gebundene Glykane trägt zu dem ausgeprägten, durch 3 Gene bedingten, genetischen Polymorphismus und der elektrophoretischen Heterogenität bei und verleiht dem Protein eine hohe negative Ladung, extreme Wasserlöslichkeit und Resistenz gegenüber Säuren und Hitze. Aminosäuresequenzhomologien und partielle immunologische Kreuzreaktivitäten bestehen zum 7 carcinoembryonalen Antigen (CEA), zur epidermal growth factor (EGF)Bindungsdomäne des EGF-Rezeptors und zum 7 Immunglobulin G. Es gehört zusammen mit 7 α₁-Mikroglobulin, 7 Retinol-bindendem Protein u. a. zur 7 Lipocalin-Superfamilie sekretorischer Proteine. Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt 5 Tage, die Elimination erfolgt über den „klassischen“, durch den Asialoglykoprotein-Rezeptor (Ashwell-Rezeptor) vermittelten Endozytoseweg an Hepatozyten, der spezifisch präterminale Galaktosereste der N-Glykane erkennt, wenn vorher deren terminale Sialinsäurereste enzymatisch entfernt sind.

Funktion und Pathophysiologie. Die genauen Funktionen sind noch unbekannt und hängen im Einzelnen von der genetischen Variante und dem Glykosylierungsmuster des Proteins ab. 5 Bindung und Inaktivierung basischer, neutraler und lipophiler Substanzen wie Hormone (z. B. Progesteron) und Medikamente (z. B. Propranolol, Chlorpromazin, Kokain, Benzodiazepine) 5 Früher und empfindlicher Anstieg in der Akute-Phase-Reaktion mit einer bis zu 3-fachen Konzentrationserhöhung innerhalb von 24–48 h bei akuten Entzündungen 5 Hemmung des transvaskulären Transportes von Albumin (Permselektivität)

Glykosaminoglykane

5 Immunmodulation,z. B.Potenzierung der Lipopolysaccharid(LPS)Wirkung. Die 7 Interleukin-6-vermittelte Stimulation von Expression und Sekretion in den Hepatozyten im Rahmen der Akute-Phase-Reaktion führt zur vermehrten Bindung und Inaktivierung lipophiler Substanzen (was eine veränderte Pharmakokinetik bedingen kann) und möglicherweise zur Suppression der Immunreaktivität. Einschränkungen der glomerulären Filtrationsrate führen zu Retention und Konzentrationsanstieg des glomerulär-filtrierbaren Proteins.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

577

Glykoprotein gp 68 7 α1-Antichymotrypsin

Glykoprotein-210-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Glykoprotein 210

Glykoproteine H. Fiedler

Probenstabilität. Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Synonym(e). Glykoproteide

Analytik. Immunologische Methoden:

ne, die über glykosidische Bindungen mit Kohlenhydraten verknüpft sind, die in ihrer Größe von einzelnen Sacchariden über Disaccharide bis zu linearen oder verzweigten Oligosacchariden reichen.

5 7 Immunnephelometrie 5 7 Immunturbidimetrie 5 Radiale Immundiffusion (7 Immundiffusion, radiale)

Referenzbereich — Erwachsene. 0,55–1,4 g/L (> 50 Jahre) Referenzbereich — Kinder. 0–1 Jahr: 0,11–1,49 g/L; 2–10 Jahre: 0,45–1,48 g/L; 10–50 Jahre: 0,45–1,28 g/L Indikation.

5 Diagnose und Verlaufskontrolle akuter Entzündungen und maligner Tumoren 5 Ergänzungsuntersuchung beim Einsatz von Haptoglobin zur Hämolysediagnostik mit möglicherweise überlagernder Entzündungsreaktion.

Interpretation. Als früher und mäßig positiver Reaktant der AkutenPhase, dessen Anstieg wesentlich geringer (bis zu 3-fach) als der des 7 C-reaktiven Proteins (CRP) ausfällt, kommt diesem Protein dennoch eine dem CRP ähnliche klinische Bedeutung zu (7 Tab. 1). Erniedrigungen sind klinisch nicht relevant und beruhen entweder auf Proteinverlust oder Syntheseinsuffizienz der Leber. Da das Verhalten von 7 Haptoglobin und α1-saurem Glykoprotein in der Akute-PhaseReaktion ähnlich sind, letzteres aber durch Hämolyse nicht beeinflusst wird, kann durch die simultane Bestimmung beider Proteine eine mögliche Kompensation der Haptoglobinerniedrigung bei Hämolyse durch überlagernde Entzündung festgestellt werden. Glykoprotein, α1-saures. Tab. 1. Bewertung der Konzentrationsveränderungen von α1-saurem Glykoprotein im Serum Abnahme

Zunahme

5 5 5 5 5 5

5 aktivitätsabhängige Entzündungsprozesse 5 Tumore in Verbindung mit Zellnekrose 5 M. Crohn (oft solitärer und starker Anstieg) 5 Abnahme der glomerulären Filtration 5 beginnende Urämie

renales Proteinverlustsyndrom nephrotisches Syndrom enterales Proteinverlustsyndrom Malnutrition Kachexie schwere Leberparenchymerkrankungen 5 terminale Zirrhose 5 Kontrazeptiva, Östrogene (gering) 5 Schwangerschaft (nur gering)

Englischer Begriff. glycoproteins Definition. Glykoproteine sind posttranslational modifizierte Protei-

i Die Kohlenhydratketten sind an der biologischen Aktivität und

Adressierung von Proteinen beteiligt. So verhindert das Fehlen von Mannose-6-phosphat die Aufnahme der Moleküle (z. B. von Hydrolasen) in Lysosomen. Die Zusammensetzung der Kohlenhydratkette entscheidet über den Turnover der Proteine. Nach Entfernung einer terminalen Sialinsäure wird das Glykoprotein über den Asialoglykoproteinrezeptor von Hepatozyten (sogenannter Ashwell Rezeptor) aufgenommen und degradiert. Glykoproteine und ihre Veränderungen haben Bedeutung für das Immun- und Entzündungsgeschehen, Zell-Zell-Wechselwirkungen, Hormonwirkungen, Rezeptorfunktionen, Wachstum, Differenzierung und onkogene Transformation. Glykoproteine sind weit verbreitet: 5 Plasmaproteine (außer 7 Albumin und 7 Präalbumin) 5 7 Gerinnungfaktoren und 7 Fibrinolysefaktoren, GP (Glykoproteine) der Thrombozytenmembran, Komplementfaktoren 5 Blutgruppensubstanzen (bis zu 85 % Kohlenhydrate), Histokompatibilitäts-Antigene (7 MHC-Komplex) 5 Enzyme, wie 7 Amylase, 7 Acetylcholinesterase und 7 Glukoseoxidase 5 Transportproteine (7 Coeruloplasmin, 7 Transferrin) 5 Hormone (LH, FSH, HCG, TSH) 5 Strukturproteine (Kollagen, Elastin), Kanalproteine, Mucine 5 Rezeptoren, Glykophorine 5 Zelladhäsionsproteine, Selektine mit Lektinkomponenten, Nektine und Laminine. Die diagnostische Nutzung von Glykosylierungsdefekten beschränkt sich derzeit auf 7 Tumormarker und das 7 Carbohydrate-deficient transferrin (Alkoholmissbrauch) sowie 7 CDG-Syndrom. Die Wechselwirkung von Kohlenhydraten mit Lektinen (Concanavalin A in SDS-Gelen) verlangsamt die Wanderungsgeschwindigkeit von Glykoproteinen im Vergleich zu nicht glykolysierten Proteinen. Die Sichtbarmachung von Glykoproteinen auf Gelen bzw. Blots ist mit Lektinfärbetests möglich (7 Glycomics).

Literatur. Brockhausen I, Kuhns W (1997) Glycoproteins and Human Disease. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Owens RJ, Nettleship JE (2011) Functional and Structural Proteomics of Glycoproteins. Springer-Verlag, Wien New York

Glykosaminoglykane

Diagnostische Wertigkeit. Vergleichbar dem C-reaktiven Protein, jedoch mit wesentlich geringerer Amplitude und Beeinflussung durch die glomeruläre Filtrationsrate.

Synonym(e). GAG

Literatur. Van Dijk W, Brinkmann-Van der Linden ECM, Havenaar

Englischer Begriff. glycosaminoglycans; GAG

EC (1998) Glycosylation of α1-acid glycoprotein (orosomucoid) in health and disease: occurrence, regulation and possible functional implications. Trends in Glycoscience and Glycotechnology 10:235–245

β₂-Glykoprotein I 7 Apolipoprotein H

H.D. Haubeck

Definition. Die Glykosaminoglykane Hyaluronan, Heparin, Heparansulfat, Chondroitinsulfat, Dermatansulfat und Keratansulfat sind lineare Polymere, deren Grundstruktur aus repetitiven Disaccharideinheiten besteht. i Glykosaminoglykane (GAG) sind Polysaccharide die als freie

G

578

Glykosaminoglykan-Elektrophorese

GAG-Ketten (Hyaluronan und Heparin), überwiegend aber kovalent an das Core-Protein der jeweiligen Proteoglykane gebunden, vorkommen (s. a. 7 Mukopolysaccharide). GAG sind lineare Polymere aus einer der folgenden Disaccharideinheiten: 5 [Uronsäure-Galaktosamin]n 5 [Galaktose-Glukosamin]n oder 5 [Uronsäure-Glukosamin]n. GAG-Ketten sind ein wichtiger Bestandteil der verschiedenen Proteoglykane und prägen deren biochemischen Eigenschaften maßgeblich mit. Die Funktionen der GAG werden bei den einzelnen Proteoglykanen beschrieben. GAG bzw. Fragmente der GAG entstehen im Rahmen des normalen Turnover und als Degradationsprodukte bei zahlreichen Krankheitsprozessen. Sie lassen sich im Serum nachweisen und werden z. T. in den Urin ausgeschieden. Aufgrund des ubiquitären Vorkommens der meisten GAG kommen nur wenige als spezifische Marker für Diagnose bzw. Verlaufskontrolle von Krankheiten in Frage. Hierzu gehört neben dem 7 Hyaluronan, dessen Serumkonzentration z. B. bei fibrotischen Lebererkrankungen (7 Fibrosekenngrößen) erhöht ist, vor allem das 7 Keratansulfat, dessen Expression weitgehend auf Knorpel und Cornea begrenzt ist, als Marker der Knorpelschädigung bei Gelenkerkrankungen (7 Keratansulfat-Proteoglykane). Verschiedene Enzymdefekte können zu einer Störung des Abbaus der verschiedenen GAG, der normalerweise in den Lysosomen stattfindet, führen. Dadurch kommt es, über die Ablagerung der GAG in verschiedenen Organen, zur Ausbildung der sog. Mukopolysaccharidosen.

Glykosaminoglykan-Elektrophorese 7 Mukopolysaccharid-Elektrophorese

Glykosylierung H. Fiedler

Englischer Begriff. glycosylation Definition. Verknüpfung der glykosidischen Halbacetal-Hydroxylgruppen von Kohlenhydraten mit Hydroxyl- oder Stickstoffgruppen von Kohlenhydraten, Alkoholen, Phenolen, Pyrimidin- und Purinbasen (7 Nukleoside, 7 Nukleinsäuren), Lipiden und besonders von Proteinen (7 Glykoproteine). i Die Glykosylierung von Proteinen erfolgt posttranslational im endoplasmatischen Retikulum und/oder im Golgi-Komplex. Die Bildung von O-Glykosiden erfolgt an Serin- und Threonin-Resten (Hydroxylysin im Kollagen). Die Kohlenhydrate (Glukose, Mannose, Galaktose, Fukose, N-Azetylglukosamin, N-Azetylneuraminsäure) müssen in Nukleosiddiphosphat-aktivierter Form vorliegen und werden durch spezifische Glykosyltransferasen übertragen. Bei der N-Glykosylierung werden zunächst 2 UDP-N-Azetylglukosamine an Dolichol geknüpft und um mehrere Mannose- und Glukosereste erweitert. Die gesamte Kohlenhydratkette wird in einem Schritt auf einen spezifischen Asparaginylrest übertragen. Beim weiteren Durchlauf durch den Golgi-Apparat werden Kohlenhydrate wieder entfernt („trimmen“) und andere dafür angeheftet.

Glykosylierung ist die häufigste Proteinmodifikation und kann zur Bildung unterschiedlicher Molekülstrukturen und Funktionen führen. Glykosylierungsdefekte haben verschiedene Folgen: 5 Fehlfaltungen und Fehllokalisationen der Glykoproteine 5 Änderung des Ladungszustandes nach Entfernung der Sialinsäure 5 beschleunigter Katabolismus 5 Carbohydrate-deficient glycoprotein syndrome (7 CDG)

Glykosyltransferasen A und B K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). A-Transferase; B-Transferase; Blutgruppentransferasen Englischer Begriff. blood group glycosyltransferases; A transferase; B transferase

Definition. Glykosyltransferasen, die die Addition des endständigen Zuckers der antigenen Kohlenhydratstrukturen der Blutgruppen A, B und AB katalysieren i Die A- und B-Glykosyltransferasen sind Enzyme, die die Additi-

on des terminalen N-Acetyl-Galaktosamin- oder Galaktoserests auf erythrozytäre Kohlenhydratstrukturen katalysieren, was die phänotypische Ausprägung der AB0-Blutgruppen bewirkt. Gegen diese endständigen Kohlenhydratstrukturen werden angesichts ihrer ubiquitären Verbreitung bei Bakterien innerhalb der ersten Lebensmonate Antikörper (7 Isoagglutinine) gebildet, sofern die jeweilige Kohlenhydratstruktur nicht auf den eigenen Erythrozyten präsent ist. Das 7 AB0-Blutgruppensystem ist eine Folge von Polymorphismen dieser komplexen Kohlenhydratstrukturen, die auf erythrozytären Glykoproteinen und Glykolipiden vorhanden sind und durch spezifische Glykosyltransferasen synthetisiert werden. Die Synthese der terminalen immunodominanten Zucker erfolgt durch die A- und B-Transferasen, die durch zwei funktionale Allele eines einzigen Gens kodiert werden. Mutationen in diesem AB0-Gen führen zu Glykosyltransferasen mit einer veränderten Substratspezifität, weshalb entweder NAcetyl-Galaktosamin oder Galaktose auf die 7 H-Substanz Fukoseα-1,2-Galaktose transferiert wird. Das A-Allel kodiert somit für eine UDP-N-Acetyl-Galaktosamin: Fukose-α-1,2-Galaktose-α-1,3-NAcetyl-D-Galaktosaminyltransferase (A-Transferase), während das B-Allel für die UDP-N-Acetyl-Galaktose:Fukose-α-1,2-Galaktose-α1,3-N-Acetyl-D-Galaktosyltransferase (B-Transferase) kodiert. Das 0-Allel bei der Blutgruppe 0 ist ein nichtfunktionales Allel, welches für kein aktives Enzym kodiert, sodass folglich die H-Substanz nicht modifiziert wird. Das AB0-Gen ist auf Chromosom 9q34 lokalisiert, weist eine Länge von 18 kb auf und besteht aus 7 Exons. Die Exonlängen variieren zwischen 28 und 1062 Basenpaaren, wobei die Exons 6 und 7 die größten Exons darstellen und den größten Teil der Aminosäuresequenz der Glykosyltransferasen kodieren (7 Abb. 1). Die Mutationen und Deletionen im AB0-Gen, die für die veränderte Substratspezifität der B-Transferasen und für den Funktionsverlust der O-Transferase verantwortlich sind, finden sich primär in diesen beiden Exons. So ist die Deletion eines Guanin-Rests an Position 261 die häufigste Veränderung bei Allelen von Trägern der Blutgruppe 0 (7 Abb. 2). Diese Deletion (Allel 01) führt bei der Proteinbiosynthese

Glykosyltransferasen A und B. Abb. 1. Exon-Intronstruktur des AB0-Gens. Die katalytische Domäne der Glykosyltransferasen A bzw. B wird von den Exons 6 und 7 kodiert. Nukleotidaustausche in diesen Exons sind für die veränderte Substratspezifität der A- und B-Transferasen verantwortlich, die zur Synthese der A-Substanz, welche als terminalen Zucker ein N-Acetyl-Galaktosamin trägt, oder der B-Substanz mit einer terminalen Galaktose führt. Bei Blutgruppe O wird keine aktive Glykosyltransferase exprimiert, meist aufgrund von Nonsense-Mutationen im AB0-Gen.

Glypicane

579

G Glykosyltransferasen A und B. Abb. 2. Topologie der AB0-Glykosyltransferasen und Kennzeichnung der Mutationen, die zu den veränderten Substratspezifitäten bei den A- und B-Transferasen sowie zu den enzymatisch inaktiven Proteinen bei der Blutgruppe 0 führen. RFS reading frame shift (Wechsel des Leserasters durch Nukleotidinsertion oder -deletion führt zu einer divergenten Aminosäuresequenz)

zu einem vorzeitigen Stopp-Signal und zu einem Abbruch der Synthese des Enzyms. Das entstehende Proteinfragment weist keine katalytische Aktivität auf und wird rasch eliminiert. Es existieren aber auch weitere Allele (z. B. Allel 02 oder 03), die Missense-Mutationen tragen, welche zur Substitution von für die katalytische Aktivität essenziellen Aminosäuren im Glykosyltransferaseprotein führen. Somit wird eine inaktive Transferase gebildet, die nicht in der Lage ist, die H-Substanz zu modifizieren. 7 Nukleotidaustausche unterscheiden die für die A- bzw. B-Transferase kodierenden Allele, von denen die erste im Exon 6 an der Nukleotidposition 297 lokalisiert ist, während die anderen 6 Substitutionen sich im Exon 7 befinden. Diese Polymorphismen resultieren in 4 Aminosäureaustausche, in denen sich die A- und die B-Transferasen voneinander unterscheiden. Die kürzlich erfolgte Aufklärung der Röntenkristallstruktur der A- und B-Transferasen konnte zeigen, dass hierbei der Austausch von Leucin gegen Methionin (L266M) an Aminosäurenposition 266 und die Substitution von Glycin gegen Alanin (G268A) funktional von besonderer Bedeutung sind, da sich diese Aminosäuren im Bereich des aktiven Zentrums des Enzyms befinden und für den Wechsel der Substratspezifität der A- und der B-Transferase verantwortlich sind. Der Bereich im katalytisch aktiven Zentrum des Enzyms, in dem die Substratbindung erfolgt, wird durch die beiden Aminosäureaustausche verkleinert, wodurch bei der B-Transferase statt UDP-N-Acetylgalaktosamin nur der kleinere UDP-Zucker UDP-Galaktose gebunden und auf den Galaktoserest der H-Substanz transferiert wird. Mittlerweile konnte eine Vielzahl von Allelen identifiziert werden, die unterschiedlichste Mutationen aufweisen und für Transferasen mit A- oder B-Spezifität oder inaktive Proteine bei Blutgruppe 0 kodieren. Die Expression der AB0-Transferasen ist nicht auf Erythrozyten beschränkt, sondern erfolgt universell in sehr vielen epithelialen und endothelialen Zellen. Das Expressionsniveau kann hierbei entwicklungs- und differenzierungsspezifische Unterschiede aufweisen, wobei eine starke Expression bei einigen malignen Zelltypen gefunden wird. Die Bedeutung der AB0-Kohlenhydratstrukturen für den Organismus ist noch nicht endgültig geklärt, jedoch scheint es bei Trägern des 7 Null-Phänotyps keine apparenten Veränderungen zu geben. Es gibt jedoch auch einige Untersuchungen, die eine Assoziation der Blutgruppe 0 mit einem erhöhten Risiko für Helicobacter-pylori-Infektionen und eine um 25 % reduzierte Konzentration an 7 von-Willebrand-Faktor, einem an der Blutgerinnung beteiligten Glykoprotein, zeigen. Die Relevanz dieser Befunde ist derzeit allerdings noch unklar. Von höchster medizinischer Relevanz sind die AB0-Blutgruppen bei Transfusionen und der Bereitstellung kompatibler Blutprodukte, da eine AB0-inkompatible Transfusion zu vital bedrohlichen Komplikationen beim Empfänger führt.

Literatur. Chester MA, Olsson ML (2001) The AB0 blood group gene: a locus of considerable genetic diversity. Transf Med Reviews 15: 177–200 Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Deutsch Ärzteblatt 98: B267– B272 Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin Heidelberg New York. http://www.ncbi.nlm.nih.gov

Glykoxidation 7 Stress, oxidativer

Glypicane H.D. Haubeck

Synonym(e). Cerebroglycan Englischer Begriff. glypicans Definition. Glypicane bilden eine Familie von Zellmembran-assozi-

ierten 7 Heparansulfat-Proteoglykanen, die durch einen GlykosylPhosphatidyl-Inositol-Anker in der Zellmembran verankert sind.

i Glypicane und 7 Syndecane bilden die beiden wichtigsten Fa-

milien von 7 Heparansulfat-Proteoglykanen, die auf der Oberfläche zahlreicher Zellen zumeist in hoher Dichte exprimiert werden. Glypicane und Syndecane sind an zahlreichen wichtigen biologischen Prozessen, wie der Kontrolle von Zellproliferation und Differenzierung, von Tumorinvasion und Metastasierung aber auch der Kontrolle des Gerinnungssystems, beteiligt (7 Syndecane). Die Familie der Glypicane umfasst z.Zt. 6 Mitglieder (Glypican-1 bis Glypican-6) mit einer Coreproteinmasse von ca 69 kDa, die jeweils durch einen GlycosylPhosphatidyl-Inositol (GPI)-Anker in der Zellmembran verankert sind. Die Struktur der Glypicane unterscheidet sich deutlich von der der Syndecane. Während Syndecane ein gestrecktes Coreprotein besitzen, weisen die Glypicane in der extrazellulären Domäne jeweils 14 hochkonservierte Cysteinreste auf, die über Disulfidbrücken eine kompakte globuläre Struktur des Core-Proteins bedingen. Dies und die Position der Bindungstellen für die Heparansulfat-Ketten, die bei den Glypicanen dicht an der Zelloberfläche und bei Syndecanen sehr weit außen liegen, sprechen für unterschiesdliche Funktionen von Syndecanen und Glypicanen, die z. T. von den gleichen Zellen exprimiert werden.

580

(D,L)-Glyzerat

Die Funktionen der einzelnen Glypicane sind erst teilweise bekannt. Beim Glypican-3 spricht der Phänotyp der Glypican-3-defizienten (knock-out) Maus für eine wichtige Rolle von Glypican-3 bei der Kontrolle von Wachstum und Differenzierung. Glypican-3-defiziente Mäuse, von denen ein Teil bereits perinatal verstirbt, zeigen einen Riesenwuchs, zystische und dysplastische Nierenveränderungen und Störungen der Lungenentwicklung. Patienten mit dem x-chromosomal vererbten Simpson-Golabi-Bemel-Syndrome, die Mutationen im Glypican-3 Gen aufweisen, zeigen mit Riesenwuchs, Nierenveränderungen etc. ähnliche Symptome. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Gypican-3 als Tumormarker beim hepatozellulären Leberkarzinom geeignet ist. Für die Messung der Serumkonzentration der einzelnen löslichen Glypicane steht ein kommerzieller Immunoassay zur Verfügung.

Literatur. Hippo Y, Watanabe K, Watanabe A et al (2004) Identification of soluble NH2-terminal fragment of glypican-3 as a serological marker for early-stage of hepatocellular carcinoma. Cancer Res 64:2418–2423

(D,L)-Glyzerat 7 Glyzerinsäure

minierungsprodukt aus L-Serin gebildet werden kann, wird primär durch die D-Glyzerat-Dehydrogenase zu D-Glyzerinsäure umgewandelt. Dieses Enzym weist auch Glyoxylat-Reduktase-Aktivität auf. 5 Im Fruktosestoffwechsel wird D-Glyzerinsäure aus D-Glyzerinaldehyd, dem Aldolaseprodukt des Fruktose-1-Phosphats gebildet. 5 D-Glyzerinsäure wird über die 2-Phosphoglyzerinsäure in Pyruvat umgewandelt und z. B. in die Glukoneogenese eingeschleust. Glyzerinsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal effizient ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie.

5 Bei einem Defekt der D-Glyzerat-Dehydrogenase/Glyoxylat-Reduktase kommt es zur vermehrten Bildung von L-Glyzerinsäure aus Hydroxypyruvat durch die Laktatdehydrogenase (L-Glyzerinazidurie; primäre Hyperoxalurie Typ II). 5 Die vermehrte Ausscheidung der D-Glyzerinsäure, die im Fall einer D-Glyzerinazidurie auftritt, wird auf einen Defekt des Folgeenzymes, der D-Glyzerat-Kinase, zurückgeführt. Dabei ist die Überführung der D-Glyzerinsäure in 2-Phosphoglyzerinsäure gestört.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Serum Analytik.

Glyzerin, freies K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. glycerol Definition. Propanabkömmling mit drei Hydroxygruppen (7Abb. 1)

Glyzerin, freies. Abb. 1.

Struktur. C3H8O3 Molmasse. 92,09 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Glyzerin ist ein zentrales Molekül des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels. Es ist Bestandteil von 7 Triglyzeriden und 7 Phospholipiden. Im Blut kommen geringe Mengen freien Glyzerins vor, die diagnostisch keine Bedeutung erlangt haben, bei der Bestimmung von Triglyzeriden aber stören können.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (Hrsg) (2003) Biochemie und Pathobiochemie. 7. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Glyzerinsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). (D,L)-Glyzerat; 2-Hydroxymilchsäure Englischer Begriff. D-, L-glyceric acid Definition. Die chiralen Dihydroxycarbonsäuren entstehen in den Stoffwechselwegen von Fruktose, Glukose und Serin. Struktur. C3H6O4 (7 Abb. 1)

5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) als Tri-Trimethylsilylester Retentionsindex RI: 1342 M+ (m/z): 322 Quant Ion (m/z): 189 Conf. Ion (m/z): 292 Die Ermittlung der spezifischen Konfiguration erfolgt durch KapillarGaschromatographie der O-acetylierten (-)Menthyl Ester.

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. 0–9 mmol/mol Kreatinin, D-Glyzerinsäure ist nicht nachweisbar Pathologischer Bereich: 5 > 5 mmol/mol Kreatinin (D-Glyzerinsäure) 5 150–450 mmol/mol Kreatinin (L-Glyzerinsäure) Indikation. Rezidivierende Nierensteine und/oder Nephrocalcinose, metabolische Azidose, psychomotorische Retardierung

Interpretation. Erhöhte Werte der Glyzerinsäure weisen auf eine D-Glyzerinazidurie oder eine L-Glyzerinazidurie (Primäre Hyperoxalurie Typ II) hin. Da es sich um zwei phänotypisch verschiedene Stoffwechselerkrankungen handelt, ist für eine genaue Diagnose die Bestimmung der absoluten Konfiguration notwendig. Die beiden Formen der Glyzerinazidurien lassen sich über das Profil der organischen Säuren im Urin differenzieren. Während bei der D-Glyzerinazidurie nur die D-Glyzerinsäure als pathologischer Metabolit auftritt, wird im Fall einer L-Glyzerinazidurie (primäre Hyperoxalurie Typ II) die L-Glyzerinsäure von weiteren Metaboliten wie Oxalsäure und Glykolsäure begleitet.

Diagnostische Wertigkeit. Massive Erhöhungen der L-Glyzerinazidurie sind als pathognomonisch für die primäre Hyperoxalurie Typ II einzustufen, ebenso wie Erhöhungen der D-Glyzerinazidurie für die D-Glyzerinazidurie.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Glyzerinsäure. Abb. 1.

Molmasse. 106,08 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

5 3-Hydroxypyruvat, das zum einen aus 3-Phosphoglyzerat, einem Intermediat des Fruktose/Glukose-Katabolismus, oder als Transa-

Glyzin A.C. Sewell

Englischer Begriff. glycine Definition. Die kleinste und einfachste proteogene Aminosäure. Der

GnRH-Test

581

Name leitet sich vom süßen Geschmack reinen Glyzins ab (griech.: glukus = süß)

Englischer Begriff. Gmelin test

Struktur. 7 Aminosäuren

im Urin.

Molmasse. 75,07 g

i Bei der Überschichtung von Urin mit etwa dem gleichen Volu-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Glyzin ist nicht essenziell und entsteht aus Serin durch Einwirkung der Serin-Hydroxymethyltransferase, ein Enzym, das Tetrahydrofolat (BH4) als Cofaktor benötigt. Der Glyzinabbau erfolgt durch das in der Leber vorhandene Glycine-Cleavage-Enzym.

Pathophysiologie. Glyzin ist Baustein verschiedener Proteine, ins-

besondere von 7 Kollagen. Weiterhin ist es Ausgangsstoff in der Porphyrin- und Purinsynthese. Glyzin ist ein Neurotransmitter mit inhibitorischen Eigenschaften.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Trockenblut

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereich. 7 Aminosäuren Indikation. Nichtketotische Hyperglyzinämie Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Plasma- und Liquorkonzentrationen sind charakteristisch für nichtketotische Hyperglyzinämie. Patienten unter Valproat-Therapie weisen erhöhte Werte im Urin auf. Der Nachweis spezifischer Glyzinkonjugate ist Hinweis für bestimmte Organoacidurien. Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

GM1-Antikörper, GM2-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Ganglioside

GM-CSF H. Baum

Synonym(e). Kolonie-stimulierender Faktor Granulozyt/Monozyt Englischer Begriff. colony-stimulating-factor granulocyte-monocyte Definition. Hämatologischer Wachstumsfaktor, der die Proliferation hämatologischer Vorläuferzellen und deren Ausdifferenzierung zu Granulozyten und Makrophagen stimuliert. i GM-CSF ist ein Glykoprotein mit einer Molmasse von 22 kDa,

ist auf dem Chromosom 5 lokalisiert und wird überwiegend von TLymphozyten, Endothelzellen und Fibroblasten synthetisiert. In vitro stimuliert GM-CSF die Formation von Kolonien mit granulozytären oder monozytären Eigenschaften. In vivo stimuliert dieser Faktor die Produktion und Ausdifferenzierung der hämatopoetischen Vorläuferzellen zu CFU-GM und CFU-Eo und weiter zu den reifen Formen. Darüber hinaus ist GM-CSF ein potenter Aktivator der neutrophilen und eosinophilen Granulozyten.

Literatur. Sieff CA (1987) Hematopoietic Growth Factors. J Clin Invest 79:1549–1557

GM-Test 7 Galaktomannan-Test

Gmelin-Test A.M. Gressner

Synonym(e). Bilirubinnachweis nach Gmelin; Gmelin-Probe

Definition. Heute obsoleter, qualitativer Nachweis von 7 Bilirubin

men Salpetersäure bildet sich bei Anwesenheit von Bilirubin an der Berührungsstelle der Flüssigkeiten ein smaragdgrüner Ring. Test ist heute nicht mehr im Gebrauch und dem 7 Fouchet-Test an Empfindlichkeit unterlegen.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

GMP 7 Gute Herstellerpraxis

GN-AChR-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen ganglionische Acetylcholinrezeptoren

GnRH 7 Gonadotropin-Releasing Hormon

GnRH-Test H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). LH-RH-Test; Relefact-Stimulationstest; GonadotropinReleasing-Hormon-Test

Englischer Begriff. GnRH stimulation; gonadal dynamic test Definition. Stimulation der Gonadotropine durch Gabe von 7 Gonadotropin-Releasing-Hormon Durchführung. Es erfolgt eine venöse Blutentnahme für die basalen Hormonwerte FSH (7 Follikelstimulierendes Hormon) und LH (7 Luteinisierendes Hormon); danach erfolgt die intravenöse Injektion von 100 μg GnRH. Nach 30 min erfolgt eine zweite venöse Blutentnahme für LH und FSH.

Funktion und Pathophysiologie. s. Indikation Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL Serum je Blutentnahme

Konventionelle Einheit. mIE/mL Internationale Einheit. IU/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 mIE/mL = 1 IU/L Referenzbereich — Frauen. Der Test gilt als positiv, wenn ein Anstieg von LH und FSH auf das mindestens 3-Fache des Basalwertes gemessen werden kann. Bei fertilen Frauen ist das Ergebnis zyklusabhängig; s. a. Interpretation. Referenzbereich — Männer. Der Test gilt als positiv wenn ein Anstieg von LH auf das 2- bis 4-Fache und von FSH auf das 2-Fache des Basalwerts gemessen werden kann; s. a. Interpretation.

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1 Indikation. Höchsten diagnostischen Stellenwert besitzt der Test für die Differenzierung zwischen hypothalamisch- und hypophysär-bedingten Hypogonadismusformen. Ebenso ist der GnRH-Test gut geeignet zur Unterscheidung zwischen konstitutioneller Entwicklungsverzögerung und hypogonadotropem Hypogonadismus. In der Frauenheilkunde hat der GnRH-Test zur Beurteilung von Ovarfunktionsstörungen gegenüber der einfachen Bestimmung der basalen Gonadotropinkonzentrationen (LH, FSH) in Kombination mit medikamentösen Funktionstests (Gestagentest, Versuch der Clomifenstimulation der Ovarfunktion) eine geringe Bedeutung. Er wird jedoch als Prätest zur Dosierung von GnRH bei der pulsatilen

G

582

GOÄ

Pubertätsstadium

LH basal (IU/L)

LH stimuliert (IU/L)

FSH basal (IU/L)

FSH stimuliert (IU/L)

1 (2–9 Jahre)

< 0,3–2,0

1,3–3,8

< 0,5–2,2

2,6–6,3

1 (< 9 Jahre)

< 0,3–1,7

2,2–21,2

< 0,5–2,5

3,5–6,9

2

< 0,3–1,7

3,3–18,9

< 0,5–4,3

3,1–5,9

3

0,4–5,7

6,3–18,4

2,7–4,4

4,3–7,8

Triethylphosphingoldthioglukosetetraacetat (Auranofin) oder als Natrium-Aurothiomalat bei chronischer Polyarthritis, seltener bei Psoriasisarthritis oder bei M. Bechterew eingesetzt, wobei ersteres oral und letzteres parenteral angewendet wird. Man nimmt an, dass der therapeutische Effekt u. a. auf der toxischen Wirkung auf Lymphozyten, Plasmazellen und Phagozyten beruht. Wegen der erheblichen Nebenwirkungen ist eine strenge Therapieüberwachung notwendig. Auf die Messung der Goldkonzentration im Blut oder Urin kann jenseits einer Hochdosistherapie verzichtet werden. Gold kann allergische Reaktionen hervorrufen. Radioaktive Goldisotope werden in der Nuklearmedizin verwendet. Referenzwerte: Blut und Serum: < 2 μg/L, Urin: < 1 μg/L. Therapeutischer Bereich: 600 μg/L Serum bei oraler und bis 4500 μg/L Serum bei parenteraler Applikation (3,0–22,8 μmol/L).

4

1,2–3,4

12,2–29,4

3,0–5,2

4,9–9,6

Literatur. Schümann K, Hunder G, Adam O (2002) Gold. In: Biesal-

5

0,3–4,8

12,2–19.9

0,3–8,5

4,5–10,4

ski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 242–244

GnRH-Test. Tab. 1. Referenzbereich Kinder

GnRH-Therapie (hypothalamische Amenorrhoe) und zur prä-und postoperativen Beurteilung der hypophysären Partialfunktion der Gonadotropinsekretion bei Hypophysentumoren empfohlen.

Kontraindikation(en). Keine. Nebenwirkung(en). Gelegentlich Erythem an der Injektionsstelle. Interpretation. Eine gonadotrope Insuffizienz ist ausgeschlossen, wenn ein Anstieg von LH und FSH auf mindestens das 3-Fache (bei Frauen) des Basalwertes nachgewiesen werden kann. Bei fertilen Frauen ist das Testergebnis zyklusabhängig zu bewerten. Bei Männern gelten ein LH-Anstieg auf das 2- bis 4-Fache und ein FSH-Anstieg auf das zweifache des Basalwerts als normal. Auf alters- bzw. pubertätsabhängige Normalbereiche wird explizit hingewiesen [Partsch (1990)]. Bei negativem Ergebnis (kein LH-/FSH-Anstieg) ist der Test nach einwöchiger pulsatiler GnRH-Gabe zu wiederholen, um definitiv zwischen hypothalamisch (LH-/FSH-Anstieg dann nachweisbar) und hypophysär (LH-/FSH-Anstieg auch dann nicht nachweisbar) bedingtem Hypogonadismus zu unterscheiden.

Diagnostische Wertigkeit. Der einfache und gut reproduzierbare Test gilt als Goldstandard in der Differenzierung zwischen einem primären, sekundären und tertiären Hypogonadismus. Bei bekannt erhöhten LH-/FSH-Basalwerten ist ein GnRH-Test in der Regel entbehrlich.

Literatur. Partsch CJ, Hummelink R, Sippell WG (1990) Reference Ranges of Lutropin and Follitropin in the Luliberin Test in Prepubertal and Pubertal Children Using a Monoclonal Immunoradiometric Assay. J Clin Chem Clin Biochem 28:49–52 Sipell WG, Mönig H, Partsch CJ (1999) Endokrinologische Funktionsdiagnostik. Schmidt Klaunig, Kiel

GOÄ 7 Gebührenordnung für Ärzte

Golden Eagle T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für DOB (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Goldsol-Reaktion im Liquor (CSF) 7 Liquor-Goldsol-Reaktion

Goldstandard R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. gold standard Definition. Der Goldstandard eines diagnostischen Tests (7 Test, diagnostischer) ist ein Testverfahren, welches die korrekte Diagnose angibt. i Die Definition impliziert, dass der Goldstandard ein valides und akkurates diagnostisches Testverfahren (7 Validität, diagnostische) ist. In praktischen Situationen zeichnet sich ein Goldstandard selten durch eine 100-%ige diagnostische Accuracy (7 Accuracy, diagnostische) aus. Üblicherweise handelt es sich um die beste diagnostische Methode entsprechend der Lehrmeinung. Vergleicht man einen neuen Test mit einem Goldstandard, so ist zu beachten, dass sich die Bewertung der diagnostischen Accuracy des neuen Tests an derjenigen des Goldstandards orientiert. Dies kann bedeuten, dass ein vermeintlich besserer neuer Test verworfen wird, weil er gegenüber dem schlechteren Goldstandard eine geringere diagnostische Accuracy aufweist.

Literatur. Pereira-Maxwell F (1998) A–Z of Medical Statistics. Arnold, London

Gomori-Färbung H. Baum

Golay-Säulen 7 Kapillar-Gaschromatographie

Gold D. Meissner

Englischer Begriff. gold Definition. Gold (chemisches Symbol: Au) gehört zu den Edelmetallen mit der Ordnungszahl 79 und der relativen Atommasse von 196,97. i Gold hat keine physiologische Bedeutung. Es ist chemisch weit-

gehend inert und wird als Grundmetall von Dentallegierungen verwendet. Therapeutisch werden Gold(I)-Thiolverbindungen als

Synonym(e). Silberimprägnierung nach Gomori; Versilberung Englischer Begriff. Gomori’s silver stain Definition. Färbemethode zum Nachweis argentaffiner Strukturen in histologischen Präparaten. Physikalisch-chemisches Prinzip. Das histologische Präparat wird mit Kaliumpermanganat oxidiert und mit Kaliummetabisulfat wieder entfärbt. Anschließend wird das Präparat mit Eisenammoniumsulfat inkubiert, um die Empfindlichkeit zu steigern. Daran schließt sich die Imprägnierung mit einer ammoniakalischen Silbernitratlösung, die Reduktion des Silbers und eine Färbung mit Goldchlorid an. Dabei wird nur von den sensibilisierten Retikulumfasern das Silber gebunden und in den metallischen Zustand überführt. Das nichtreduzierte Silber wird mit Natriumthiosulfat entfernt.

GQ1b-Antikörper

Einsatzgebiet. Nachweis von retikulären Fasern Untersuchungsmaterial. Histologisches Schnittpräparat, meist in Paraffin eingebettet.

Spezifität. Methode ist spezifisch für retikuläre Fasern. Fehlermöglichkeit. Inkubationszeiten müssen genau eingehalten werden.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methode ist anspruchsvoll in ihrer Anwendung und erfordert viel Übung, sie ist schlecht automatisierbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Es ist die Standardmethode zum Nachweis von retikulären Strukturen im histologischen Präparat. Es gibt verschiedene Modifikationen der Methode.

Literatur. Smith A, Bruton J (1979) Farbatlas histologischer Färbemethoden. Schattauer Verlag, Stuttgart New York, S 159–160 Gomori G (1937) Silver impregnation of reticulin in paraffin sections. Am J Pathol 13:993

Gonadoliberin 7 Gonadotropin-Releasing-Hormon

Gordon-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). 131I-Polyvinylpyrrolidin-Test; 131I-PVP-Test Englischer Begriff. Gordon’s test Definition. Funktionstest zum Nachweis einer exsudativen Enteropathie mit intestinalem Proteinverlust bei dem nach intravenöser Verabreichung der radioaktiv markierten makromolekularen Testsubstanz Polyvinylpyrrolidin (PVP) die ausgeschiedene Radioaktivität im Faeces gemessen wird. i Der im Jahr 1959 von Gordon mit 131I-Polyvinylpyrrolidin (131I-PVP) als inerte makromolekulare Markersubstanz (Molmasse ~40 kDa) eingeführte Funktionstest beruht auf der fäkalen Ausscheidung der intravenös verabreichten Radioaktivität. Der heute nahezu obsolete Funktionstest wurde durch Verwendung verschiedener, körperfremder (59Fe-Dextran) und körpereigener (51Cr-7 Albumin, 51Cr-markierte Gesamtplasmaproteine, 64Cu- oder 67Cu-7 Coeruloplasmin, 99mTc-Humanserumalbumin) Testsubstanzen modifiziert. Als nichtradioaktive diagnostische Alternative gilt die Ermittlung der fäkalen α1-Proteinaseinhibitor-(α1PI)-Clearance (7 α₁-Proteinaseinhibitor-(α₁PI)-Clearance, fäkale).

Literatur. Stein J, Wehrmann T (2002) Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie: Medizinische Standards. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Gonadorelin 7 Gonadotropin-Releasing-Hormon

GOT 7 Aspartat-Aminotransaminase

Gonadotropin-Releasing-Hormon GP

H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). GnRH; Gonadoliberin; Gonadorelin; LuteinisierendesHormon-Releasing-Hormon; leasing-Hormon FSH-RH

583

7 Gemeinschaftspraxis

Follikelstimulierendes-Hormon-Re-

Englischer Begriff. gonadotropin releasing hormone Definition. Gonadotropin-Releasing-Hormon ist ein im Hypothalamus synthetisiertes Dekapeptid (Molmasse1182 D) mit einer Pyroglutaminsäure am N-terminalen Ende, dessen Produktion das Hypothalamus-Hypophysen-System steuert. i Die Sekretion in das Pfortadersystem der Hypophyse erfolgt pul-

satil. GnRH ist Neurotransmitter und stimuliert Synthese und Freisetzung von LH und FSH aus dem Hypophysenvorderlappen. Die biologische Halbwertszeit liegt bei 2–10 min Gonadotropin-Releasing-Hormon wird renal ausgeschieden. Therapeutisch erfolgt die Verwendung von synthetischem GnRH (Triptorelin, Gonadorelin, Nafarelin), z. B. bei der Pubertas precox oder zusammen mit HCG (7 Choriongonadotropin) bei Maldescensus testis. Diagnostischer Wert besteht beim GnRH-Test.

Literatur. Pescovitz OH, Hench KD, Barnes KM et al (1988) Premature Thelarche and Central Precocious Puberty: the Relationship between Clinical Presentation and the Gonadotropin Response to Luteinizing Hormone-Releasing Hormone. J Clin Endocrinol Metab 67:474–479 Partsch CJ, Hummelink R, Lorenzen F et al (1989) The Significance and Characteristics of the LHRH Test in Diagnosing Precocious Puberty Development in Girls: the Stimulated LH/FSH Quotient Differentiates between Central Precocious Puberty and Premature Thelarche. Monatsschr Kinderheilkd 137:284–288

Gonadotropin-Releasing-Hormon-Test 7 GnRH-Test

Goodpasture-Antikörper 7 Autoantikörper gegen glomeruläre Basalmembran

GP-210-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Glykoprotein 210

GPA 7 Glykophorine

GPB 7 Glykophorine

GPC 7 Ausschlusschromatographie

G-6-PDH 7 Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase

G1-Phase 7 Mitose

G2-Phase 7 Mitose

GPT 7 Alanin-Aminotransaminase

GPX 7 Glutathionperoxidase

GQ1b-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Ganglioside

G

584

Gradientenelution

Gradientenelution 7 Mobile Phase

Gradiententrennung H. Baum

Synonym(e). Ficoll-Gradiententrennung Englischer Begriff. gradient centrifugation Definition. Trennung der mononukleären Zellen von den polymorphkernigen Zellen und Erythrozyten durch Separation mit einem hochmolekularen Polymer aus Saccharose und Epichlorhydrin.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Eine 1+1 mit einer physiologischen Pufferlösung verdünnte antikoagulierte Blutprobe wird über eine Schicht hochmolekularer Saccharose und Epichlorhydrin (Ficoll) geschichtet und zentrifugiert. Dabei kommen die sedimentierenden Zellen mit dem Polymer in Kontakt. Dies führt zu einer Verklumpung der Erythrozyten sowie zu einer Zunahme der Dichte der Granulozyten. Dies beschleunigt die Sedimentation dieser beiden Zellpopulationen. Nach Abschluss der Zentrifugation sind dann drei Schichten erkennbar. Am Boden sind die Erythrozyten und Granulozyten, darüber die Polymerschicht und darüber die verbliebenen mononukleären Zellen und Thrombozyten.

Einsatzgebiet. Separation der mononukleären Zellen zur 5 Typisierung in der Durchflusszytometrie 5 Anreicherung Untersuchungsmaterial. antikoaguliertes peripheres Blut, Knochenmark

Spezifität.

5 Wiederfindung: 60 ± 20 % Lymphozyten 5 Reinheit: 95 ± 5 % mononukleäre Zellen mit > 90 % Vitalität, 3 ± 2 % Granulozyten, 5 ± 2 % Erythrozyten

Fehlermöglichkeit.

5 Glaswaren führen zu Verlusten 5 bei der Überschichtung darf die Probe sich nicht mit dem Polymer mischen 5 Probe zu alt; Proben müssen so schnell wie möglich verarbeitet werden 5 Polymer vor Einsatz nicht gut gemischt 5 Polymer zu alt

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Handmethode, nicht automatisierbar, geringe Kosten.

Einsatz im 7 Labor-EDV-System zur Repräsentation von Befunden (Reibergramm, Elektrophorese) oder/und Archivierung von Messergebnissen (etwa grafische Speicherung der Immunfixations-Elektrophorese).

Gram-Färbung A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Färbung nach Gram Englischer Begriff. Gram-staining; Gram's stain Definition. Zur Differenzierung von Bakterien in Ausstrichen und Gewebeschnitten in Gram-positive (blau-violett) und Gram-negative (rot) Subklassen eingesetztes, sequenzielles Färbeverfahren mit Gentianaviolett und Karbolfuchsin i Das von dem dänischen Bakteriologen Hans Christian Gram (1853–1938) um 1884 entwickelte Färbeverfahren erlaubt die Differenzierung von zwei Bakterienklassen aufgrund des unterschiedlichen Aufbaus ihrer Zellwand: Gram-positive Bakterien besitzen eine dicke, mehrschichtige, äußere Mureinhülle (Peptidoglykan) (≤ 50 % des Trockengewichts der Hülle) mit einem ~30-%igen Teichonsäureanteil, in der sich der basische Anilin-Farbstoff Gentianaviolett nach Komplexierung mit hinzugefügter Lugol-Lösung (wässrige Jod-Kaliumjodid-Lösung) sammelt und durch Ethanol nicht ausgewaschen wird (blau-violette Färbung). Gram-negative Bakterien hingegen besitzen keine Teichonsäure und eine dünne, einschichtige Mureinhülle (~10 % des Trockengewichts der Hülle), aus welcher der blaue Farbstoffkomplex durch Ethanol herausgewaschen wird und nach finaler Zugabe einer Fuchsin-Lösung eine Rotfärbung annimmt. Arbeitsschritte: 5 Färbung des hitzefixierten Ausstrichs mit Gentiana- oder Methylviolett, 5 Behandlung mit Lugol-Lösung, 5 Auswaschen mit absolutem Ethanol, 5 Gegenfärbung mit Karbolfuchsin und 5 Waschen mit Wasser.

Die Gram-Differenzierung ist von Bedeutung für die Erregerklassifizierung (z.B. Gram-positiv: Strepto-, Staphylo-, Enterokokken, Listerien, Clostridien; Gram-negativ: E. coli, Shigellen, Salmonellen, Klebsiellen, Proteus, Neisserien, Rickettsien) und damit für die Festlegung einer geeigneten Auswahl von Antibiotika. Jedoch lassen sich nicht alle Bakterien in eine der beiden „Gram-Gruppe“ einteilen, da es Gram-variable Arten gibt.

Literatur. Gram, HC (1884): Über die isolierte Färbung der Schizo-

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Standardmethode zur An-

myceten in Schnitt- und Trockenpräparaten. Fortschritt der Medizin 2: 185–189

reicherung von mononukleären Zellen. Für die Typisierung von Lymphozyten und Leukämiezellen wird heutzutage die Gradiententrennung selten eingesetzt, da mit der Vollblutlyse eine Alternative zur Verfügung steht, bei der es zu keinem Verlust an Zellen kommt.

7 Val

Literatur. Amersham Biosciences. Ficoll-Paque PLUS for in vitro isolation of lymphocytes 18-1152-69 Edition AB

Grafik O. Colhoun

Englischer Begriff. diagram Definition. Daten, die für die Befundausgabe und Archivierung in der Labor-EDV ein Bild repräsentieren. i Je nach Art der Darstellung handelt es sich entweder um eine Bit-

map (einzelne Bildpunkte, denen Helligkeits- und Farbinformationen zugeordnet sind) oder Vektorgrafik (Beschreibung des Verlaufs von Linien durch mathematische Formeln und Werte sowie Helligkeitsund Farbinformationen für Linien und Flächen). Grafikdateien werden in standardisierten Formaten (z. B. JPEG, TIF, GIF, BMP) benutzt, die unabhängig von Anwendungsprogrammen sind (Grafikformat).

Grammäquivalent Gramm-Atom (TOM) 7 Masse, molare

Gramm-Molekül 7 Masse, molare

Granula, azurophile H. Baum

Synonym(e). Azurgranula Englischer Begriff. azurophil granules Definition. Mit Azur-Eosin-Methylenblau (7 Giemsa-Lösung) sich anfärbende purpurrote, intrazytoplasmatische Körperchen der neutrophilen Granulozyten.

Granulozyten, basophile

i Bei den azurophilen Granula handelt es sich um die primären Lysosomen vom Typ 1. Das sind Abspaltungen des rauhen endoplasmatischen Retikulums, die in erster Linie lysosomale Enzyme und Peroxidasen enthalten. Bei den über 50 verschiedenen Enzymen, die bisher in primären Lysosomen nachgewiesen wurden, handelt es sich vor allem um die sauren Hydrolasen (saure Phosphatase (Leitenzym), α-Aminopeptidase und andere Proteasen, β-Glukuronidase, Esterasen, Sulfatasen, Desoxyribonukleasen, Ribonukleasen, Kathepsin D, Kollagenasen, Triglyzeridlipasen, Neuraminidasen, Phospholipasen, 7 Sphingomyelinase, Glukosidase, N-Acetyl-hexosaminidase und Hyaloronidase). Diese Enzyme haben ihr Wirkungsoptimum im sauren Bereich bei einem pH 4–5. Die primären Granula dienen vor allem dem intrazellulären Abbau von zellfremden organischen Substanzen (Heterophagie bzw. Fremdkörperabwehr), die von der Zelle durch Endozytose aufgenommen wurden, aber auch dem Abbau von zelleigenem Material (Autophagie von Zellorganellen).

Literatur. Smolen JE, Boxter LA (2001) Function of neutrophils. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (eds) Practical Haematology. 9th edn. Churchill Livingstone, London, S 781–782

Granulation, toxische H. Baum

Englischer Begriff. toxic granulation Definition. Vergröberte dunkelbläulich bis bräunliche Granulation der neutrophilen Granulozyten. i Die toxische Granulation (7 Abb. 1) beruht auf einer Persis-

tenz der azurophilen Granulation (7 Granulation, azurophile) der 7 Promyelozyten bei überstürzter Nachbildung bzw. beschleunigter Ausschüttung der neutrophilen Granulozyten (7 Granulozyten, segmentkernige und 7 Granulozyten, stabkernige). Ursächlich für das Auftreten einer toxischen Granulierung sind infektiöse oder toxische Prozesse, aber auch die therapeutische Gabe granulozytärer Wachstumsfaktoren (7 G-CSF, 7 GM-CSF) gehen mit dem Nachweis einer toxischen Granulation der neutrophilen Granulozyten einher.

585

Granulozyt, neutrophiler polymorphkerniger 7 Granulozyten, segmentkernige

Granulozytäre Antigene K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). HNA Englischer Begriff. human neutrophil antigens (HNA) Definition. Antigene auf Granulozyten i Die wichtigsten Antigene auf Granulozyten, die HNA-Antigene, sind häufig verantwortlich für eine Immunisierung nach Schwangerschaften oder, seltener, nach Bluttransfusionen, wobei bei heutigen Blutpräparaten aufgrund der Leukozytenfiltration die Immunisierungswahrscheinlichkeit gering ist und reine Granulozytenpräparate nur nach gesonderter, eng gefasster Indikation verabreicht werden. Klinisch wichtige Antigene sind die polymorphen Formen HNA-1a, -1b und -1c des Fcγ-Rezeptor IIIb (FcγRIIIb), einem über Glykosylphosphatidyl-Inositol (GPI) in der Plasmamembran verankerten Glykoprotein, das mit einer Kopienzahl von 2 bis 3 × 105 je Zelle ausschließlich auf neutrophilen Granulozyten exprimiert wird und der Bindung von Immunkomplexen dient. Weitere wichtige Glykoprotein-Antigene sind das HNA-2a-Antigen (CD177), das in unterschiedlichen Prozentsätzen jeweils nur auf einer Subpopulation der Granulozyten eines Individuums exprimiert wird, und das HNA-3a, beide ebenfalls GPI-verankert. Ebenfalls bedeutsame GranulozytenAntigene, wie das HNA-4 (CD11b) und HNA-5 (CD11a), gehören zur Familie der β2-Integrine.

Literatur. Bux J (2000) Molecular genetics of granulozyte polymorphisms. Vox Sanguinis 78: 125–130 de Haas M, von dem Borne AEGK (2001) Neutrophil-specific alloantigen NB1, finally cloned but many questions remain. Eur J Immunol 31: 1299–1300

Granulozyten, basophile H. Baum

Synonym(e). Basophile Englischer Begriff. basophilic granulocyte Definition. Reife Zelle der myeloischen Zellreihe mit charakteristischen, auch über dem Zellkern liegenden Granula, die durch basische Farbstoffe gefärbt werden können. i Basophile Granulozyten (7 Abb. 1) zeigen einen segmentierten Kern mit einem stark kondensierten Kernchromatin. Sie haben meist wenig neutrophiles Zytoplasma und in der 7 Pappenheim-Färbung sich dunkelblau bis violett anfärbbare (basophile) Granula, die typischerweise auch über dem Kern zu liegen kommen. Die basophilen

Granulation, toxische. Abb. 1. Toxische Granulation bei einem neutrophilen Granulozyten (Pfeil); zum Vergleich ein normaler neutrophiler Granulozyt. 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 179

Granulierte Zylinder 7 Zylinder im Urin

Granulopoese 7 Granulozytopoese

Granulozyt, jugendlicher 7 Metamyelozyten

Granulozyten, basophile. Abb. 1. Basophiler Granulozyt, 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

G

586

Granulozyten, eosinophile

Granulozyten entstammen der gemeinsamen granulozytären Vorläuferzelle, wobei IL-3 das Hauptstimulans zur Differenzierung ist. Die Aktivierung der basophilen Granulozyten wird durch hochaffine IgE-Rezeptoren vermittelt, die zu einer Exozytose der Granula mit Ausschüttung von Histamin, Leukotrienen, Major Basophilic Protein wie auch Tryptase und anderen Mediatoren führt. Ihre physiologische Rolle ist unbekannt, sie scheinen aber eine aktive Rolle in der Parasitenabwehr zu spielen. Die Anzahl der Basophilen im peripheren Blut ist mit < 1 % sehr gering.

Literatur. Prussin C, Metcalfe DD (2003) IgE, mast cells, basophils, and eosinophils. J Allergy Clin Immunol 111:486–494

cken miteinander verbunden sind. Diese Brücken sollen nicht dicker sein als 1/3 des durchschnittlichen Kerndurchmessers. Die Anzahl der Segmente ist ein Hinweis auf das Alter der Zelle. Jüngere neutrophile Granulozyten haben weniger Kernsegmente, ältere dagegen mehr. Das Zytoplasma ist in der 7 Pappenheim-Färbung schwach rosa gefärbt (oxyphil) mit feinen, braunvioletten (spezifischen) Granula. Die Granula enthalten in erster Linie 7 Lysozym, Cobalamin-bindendes Protein und 7 Laktoferrin, Kollagenase und C5-spaltendes Enzym. Neutrophile Granulozyten werden durch chemotaktische Signale angelockt, sie phagozytieren Mikroorganismen und töten diese durch die Kombination von Sauerstoffradikalen und zytotoxischen Proteinen.

Granulozyten, eosinophile H. Baum

Synonym(e). Eosinophile Englischer Begriff. eosinophilic granulocyte Definition. Zur myeloischen Zellreihe gehörende Zelle, deren spezifische Granula mit saurem Eosinfarbstoff gefärbt werden kann. i Der eosinophile Granulozyt (7 Abb. 1) ist eine reife, im periphe-

ren Blut nachweisbare Zelle der Myelopoese mit einem Durchmesser von ~10–15 μm. Charakteristisch sind intrazytoplasmatische, sich mit eosinophilen Farbstoffen anfärbende Granula (sekundäre Granula), die praktisch das ganze Zytoplasma ausfüllen. Die Granula fungieren als Lysosomen: Sie enthalten hydrolytische Enzyme und Proteine wie das Major Basic Protein (MBP), 7 eosinophiles kationisches Protein (ECP). Diese Inhaltsstoffe werden nach Stimulation abgegeben und sind für viele Parasiten, aber auch Gewebe toxisch. Zudem besitzen sie membranständige Proteine, die als Komplement- und IgE-Rezeptoren fungieren. Der Kern der eosinophilen Granulozyten besteht meist aus zwei Kernsegmenten (Zwickelform), das Kernchromatin erscheint dicht. Erhöhungen der eosinophile Granulozyten im peripheren Blut können in erster Linie bei parasitären und allergischen Erkrankungen nachgewiesen werden.

Granulozyten, segmentkernige. Abb. 1. Neutrophiler segmentkerniger Granulozyt, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Huber H, Nachbaur D, Pastner D (1992) Neutropenien und Funktionsdefekte der Neutrophilen – Physiologie der Granulopoese. In: Huber H, Löffler H, Pastner D (Hrsg) Diagnostische Hämatologie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 730–740

Granulozyten, stabkernige H. Baum

Synonym(e). Stabkernige Englischer Begriff. band granulocyte Definition. Intermediäre Reifungsstufe der myeloischen Zellreihe mit stabförmigem Zellkern. i Der stabkernige Granulozyt (7 Abb. 1) ist eine morphologisch

differenzierbare intermediäre Reifungsstufe der Granulozytopoese. Der stabkernige Granulozyt unterscheidet sich vom segmentkernigen neutrophilen Granulozyten nur durch das Fehlen einer Segmentie-

Granulozyten, eosinophile. Abb. 1. Eosinophiler Granulozyt, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Granulozyten, segmentkernige H. Baum

Synonym(e). Granulozyt, neutrophiler polymorphkerniger Englischer Begriff. polymorphonuclear granulocyte Definition. Sich oxyphil anfärbende, reifste Zelle der Myelopoese mit segmentiertem Kern. i Der segmentkernige Granulozyt (7 Abb. 1) ist die reifste Zellform der Granulozytopoese. Er ist eine etwa 15 μm große Zelle mit einem in 2–4 Segmente geteilten, rotviolett-gefärbten Kern mit grober Chromatinstruktur, die durch schmale, fadenförmige Chromatinbrü-

Granulozyten, stabkernige. Abb. 1. Stabkerniger Granulozyt. Daneben sind in dieser Zelle eine toxische Granulierung und ein Döhlekörperchen darstellbar. 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Granulozyten-Burst-Aktivität

rung des Kernes. Der Kern ist stabförmig bis hufeisenförmig gebogen. Dabei ist die schmalste Stelle des Kernes nicht schmaler als 1/3 der maximalen Kernbreite. Das Kernchromatin ist dicht und streifig, das Zytoplasma oxyphil mit kleinen sekundären, spezifischen Granula. Der stabkernige Granulozyt gehört zu den reifen Formen der Myelopoese und besitzt nicht mehr die Fähigkeit zur Zellteilung. Beim Gesunden sind bis zu 5 % der Zellen im peripheren Blut stabförmige Granulozyten. Etwa 15 % aller Knochenmarkzellen gehören zu den stabkernigen Granulozyten, innerhalb der myeloischen Reihe sind es 24 %.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S. (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 287–291

Granulozyten im Urin 7 Leukozyten im Urin

Granulozytenadhäsion H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Neutrophilenadhäsion Englischer Begriff. neutrophil adhesion; granulocyte adhesion Definition. Durchflusszytometrischer Test mit Detektion der Oberflächenmoleküle CD11a/CD18 und CD11b/CD18. Durchführung. Durchflusszytometrische Analyse der Expression von CD11a,b/18 auf Leukozyten.

Funktion und Pathophysiologie. Zu den physiologischen Funktionen neutrophiler Granulozyten (7 Granulozytopoese, neutrophile) gehört die Phagozytose von Fremdpartikeln in Entzündungsherden. Dazu rollt ein gewisser Teil der im Blut zirkulierenden Neutrophilen an den Gefäßwänden entlang („Rolling“). Nach Erkennen von einem Entzündungsherd freigesetzter chemotaktischer Reize durchwandern die Neutrophilen die Endothelzellschicht und bewegen sich zum Entzündungsherd. Rolling wird durch Selektin-Rezeptoren und ihre Liganden vermittelt. Während Aktivierung und Adhäsion an das Endothel durch Integrine und deren Liganden aus der Ig-Superfamilie (ICAM, VCAM) gesteuert wird. Zum Durchtritt der Granulozyten durch die Endothelzellschicht werden beide AdhäsionsmolekülGruppen benötigt. In beiden Systemen wurden bereits seltene Defekte (Leukozytenadhäsionsdefekt = LAD) diagnostiziert: 5 LAD I (7 Integrin-Defekt): Dieser Defekt entsteht durch verschiedene Mutationen im Bereich der für β2-Integrine (CD18) codierenden Genregion. Die unter physiologischen Bedingungen stattfindende Dimerisierung von CD18 und CD11 auf der Oberfläche der Neutrophilen ist nicht mehr möglich. Die Patienten bilden zu wenig oder gar keine β-Integrine. Konsekutiv ist die Adhäsion und der Durchtritt durch die Endothelzellschicht vermindert. Das klinische Bild dieser Patienten ist durch verspätetes Abfallen der Nabelschnur, deutliche Neutropenie und rekurrente bakterielle Infektionen (Peridontitis) gekennzeichnet. Bisher wurden ca. 200 Fälle beschrieben. 5 LAD II (Selektin-Defekt): Der sehr seltene (bisher 5 Fälle) autosomal-rezessiv vererbte Defekt im Bereich der Selektin-Rezeptoren beruht auf verschiedenen Punktmutationen in einem Gen, dass für einen GDP-Fucose-Transporter kodiert. Die physiologische Funktion dieses Moleküls liegt im Transport von Fucose in den GolgiApparat, um dort auf Glukokonjugate übertragen zu werden. Bei Vorliegen einer solchen Mutation werden insbesondere die Liganden (Fucosylierte Glykane, Wichtigster Ligand SLeX = sialyl Lewis X-Epitop) der Selectin-Adhäsionsmoleküle an der Zelloberfläche in zu geringem Maß fucosyliert. Resultierend daraus ist das Rolling der Neutrophilen und der Durchtritt durch die Endothelzellschicht nur eingeschränkt möglich. Der klinische Verlauf der LAD-II-Defekte ist deutlich milder als bei LAD-I-Patienten. Die Patienten leiden in der frühen Kindheit an gehäuften Infektionen, die aber nicht so schwer wie bei LAD-I-Patienten

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verlaufen. Im späteren Lebenslauf persistiert lediglich eine milde Peridontitis.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut Analytik. Durchflusszytometrie Indikation. 7 Granulozyten, 7 chemotaktische Aktivität Interpretation. LAD I: Betroffene Patienten zeigen deutlich verminderte (2–5 % gegenüber einer Normalkontrolle) bis ganz fehlende Expression von CD11/CD18 auf Neutrophilen. Für die Diagnostik des LAD-II-Defekts liegen keine Routinemethoden vor. Zahlreiche Antibiotika, Volumenersatzmittel und andere Pharmaka beeinflussen die Adhärenz von Granulozyten.

Diagnostische Wertigkeit. 7 Granulozyten, 7 chemotaktische Aktivität

Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München, S 116f Etzioni A, Doerschuck CM, Harlan JM (1999) Of Man and Mouse: Leukocyte and Endothelial Adhesion Molecule Deficiencies. Blood 94:3281–3288 Lakashman R, Finn A (2001) Neutrophil Disorders and their Management. J Clin Pathol 54:7–19

Granulozyten-Agglutinationstest K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Granulozyten-Aggregationstest; GAT Englischer Begriff. granulocyte agglutination assay Definition. Nachweis von granulozytenspezifischen Antikörpern im Serum durch 7 Granulozyten-Aggregation bei verschiedenen Formen der Immunneutropenie. i Test-Granulozyten werden mit dem zu untersuchenden Serum inkubiert. Anschließend wird der Ansatz mikroskopisch auf Granulozytenaggregate untersucht, wobei das Aggregat aus mindestens 4 Granulozyten bestehen muss. Die Zahl der aggregierten Granulozyten wird abgeschätzt und in Prozent angegeben. Aufgrund der Spontanaggregation von Granulozyten gelten erst Werte über 20 % als positiv. Im Gegensatz zum 7 Granulozyten-Immunfluoreszenztest können Granulozytenantikörper im Granulozyten-Agglutinationstest nur im Serum nachgewiesen werden. Während IgM-Antikörper Granulozyten direkt zu agglutinieren vermögen, aktivieren IgG-Antikörper die Testgranulozyten zunächst, wodurch diese dann aggregieren. Da Granulozyten auch von 7 HLA-Antikörpern agglutiniert werden können, sollten parallel Untersuchungen wie z. B. ein 7 lymphozytotoxischer Test durchgeführt werden, um ihre Anwesenheit auszuschließen.

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Granulozyten-Aggregationstest 7 Granulozyten-Agglutinationstest

Granulozyten-Burst-Aktivität H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. oxidative burst assay; granulocytes burst activity Definition. Semiquantitativer durchflusszytometrischer In-vitro-Test

für das Maß der Sauerstoffradikalproduktion von 7 Granulozyten und 7 Monozyten.

Durchführung. Die Bildung von reaktiven Sauerstoffradikalen (7 Sauerstoffradikal-Produktion) durch phagozytosefähige Zellen kann mit einer durchflusszytometrischen Methode auf zellulärer Ebene semiquantitativ getestet werden.

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Granulozyten-Chemotaxis

Heparinisiertes Vollblut wird mit opsonisierten E. coli oder einer chemotaktischen Substanzen inkubiert. Die Bakterien dienen als partikulärer Stimulus. Als weitere Stimulantien dienen ein Proteinkinase C-Ligand oder ein physiologisches chemotaktisches Peptid („low stimulus“). Die Bildung der Sauerstoffradikale kann durch Oxidation eines zugefügten Fluoreszenzfarbstoffes nachgewiesen werden. Die Auswertung erfolgt am Mikroskop oder 7 Durchflusszytometer. Zur Auswertung am Durchflusszytometer wird abschließend noch ein DNA-Farbstoff zugesetzt, der die Diskriminierung von Bakterienund Zellaggregaten ermöglicht. Da für diesen funktionellen Test keine kommerziellen Kontrollen erhältlich sind, sollte in jedem Ansatz eine Blutprobe eines Normalpatienten mitgeführt werden.

Funktion und Pathophysiologie. Zur Digestion verbinden sich Phagosomen, die das phagozytierte Material enthalten, mit enzymhaltigen Granula, den Lysosomen. Die in den Granula enthaltenen Enzyme wie Peroxidase, Katalase, Phosphatasen, Kollagenase, Elastase, Cathepsin, Laktoferrin, 7 Lysozym, und verschiedene Zytokine greifen das Material enzymatisch an. Die beiden erstgenannten stehen bei der Vernichtung von Bakterien, Parasiten u. a. durch Bildung von Sauerstoffradikalen im Vordergrund. Das Schlüsselenzym für diese Reaktion ist die NADPH-abhängige Oxidase, die die Reaktion von molekularem Sauerstoff zum Superoxidanion katalysiert. Von den produzierenden Zellen selber werden toxische Sauerstoffradikale hauptsächlich durch Superoxiddismutase und Katalase in Wasser und O2 umgesetzt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut Probenstabilität. Lagerung für 24 h bei Raumtemperatur Analytik. Durchflusszytometrie mit Fluoreszenzfärbung Konventionelle Einheit. % Referenzbereich — Erwachsene. Granulozyten nur E. coli: 95–100 low stimulus: 1–20 high stimulus: 99–100 Monozyten: 70–100

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Primärer Immundefekt: chronische Granulomatose. Die Patienten leiden unter Defekten einer der vier Komponenten der NADPHOxidase, dem Schlüsselenzym bei der Sauerstoffradikalbildung. Interpretation. Zahlreiche Antibiotika, Volumenersatzmittel und andere Pharmaka beeinflussen die Produktion freier Sauerstoffradikale in Granulozyten. Diagnostische Wertigkeit. Der Test sollte im symptomfreien Intervall durchgeführt werden.

Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberger, München, S 116f Rich R (1996) Clinical Immunology Principles and Practice. Mosby Inc, New York, p 615

Granulozyten-Chemotaxis H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Granulozyten-Migration Englischer Begriff. cell migration assay Definition. 7 Granulozyten werden durch Entzündungsmediatoren zu Entzündungsherden geleitet. Als physiologische Stimuli können 7 Interleukin-8, der Komplementfaktor C5a (7 Komplementsystem), bakterielle Peptide, Leukotrien B4, 7 Transforming Growth Factor β u. a. fungieren.

Funktion und Pathophysiologie. Endothelzellen exprimieren durch die Entzündungsmediatoren Adhäsionsproteine (Selektine) auf ihrer Zelloberfläche, an denen Granulozyten binden können. Durch diese

zelluläre Bindung werden in den Granulozyten andere Adhäsionsproteine (β2-Integrine) induziert. Für die Adhärenz an Endothelien sind vor allem β2-Integrine mit einer gemeinsamen α-Kette CD18 wichtig: CD 11a/CD18, CD 11b/CD18, CD 11c/CD18. Der entstehende Kontakt zwischen Endothel und Granulozyt führt schließlich zur aktiven Auswanderung des Granulozyten. Diese gerichtete Bewegung wird als Chemotaxis bezeichnet.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur Analytik.

5 Test mit Boyden-Kammer: Eine Kammer, die durch einen Filter mit 3 μm Porengröße waagerecht in zwei Bereiche unterteilt ist, dient als Inkubationskammer (= Boyden-Kammer). Der obere Teil der Kammer enthält die isolierten Granulozyten des Patienten, im unteren Teil befindet sich ein chemotaktischer Stimulus, wie z. B. eine C5a-Quelle oder ein bakterielles Peptid. Bei einer Temperatur von 37 °C inkubiert man den Ansatz. Die Granulozyten werden in dieser Zeit von der oberen Kammer in den unteren Bereich migrieren. Nach Ablauf der Inkubationszeit werden die Zellen fixiert, gefärbt und gezählt. In einem ähnlichen Testansatz kann ohne den Einsatz eines chemotaktischen Stimulus die Spontanbeweglichkeit der Granulozyten getestet werden. 5 Agar-Migrationstest: Der Test wird in Zellkulturschalen durchgeführt, die ein Gemisch aus Zellkulturmedium, Gelatine und Agarose enthalten. Aus dem Zentrum der Platte mit dem gelierten Medium wird ein kreisrundes Loch gestanzt, in das eine C5a-Quelle oder ein anderer chemotaktischer Stimulus gefüllt wird. In gewissem Abstand zu dieser Ausstanzung werden andere Löcher gestanzt, in die die zu testenden Granulozyten gegeben werden. Nach 3-stündiger Inkubation bei 37 °C wird der Ansatz über Nacht z. B. mit Paraformaldehyd fixiert, das Medium abgenommen und die Granulozyten gefärbt und gezählt. Die Strecke, die die Granulozyten entlang des Konzentrationsgefälles des chemotaktischen Stimulus migriert sind, wird unter dem Mikroskop ausgemessen. Da für diese funktionellen Tests keine kommerziellen Kontrollen zur Verfügung stehen, sollten die Granulozyten eines Normalspenders mitgeführt werden.

Indikation.

5 Erhöhte Anfälligkeit für bakterielle Infektionen besonders von Haut und Schleimhäuten 5 Rezidivierende Infekte mit apathogenen oder opportunistischen Erregern.

Interpretation. Zahlreiche Antibiotika, Volumenersatzmittel und andere Pharmaka beeinflussen die Chemotaxis von Granulozyten. Diagnostische Wertigkeit. Der Test dient als funktioneller Screeningtest bei o.g. klinischem Bild. Er sollte im symptomfreien Intervall durchgeführt werden. Bei pathologischem Testergebnis sollte eine Untersuchung der Integrine CD11a/CD18 und CD11b/CD18 zur Bestätigung eines Leukozytenadhäsionsdefekt-Syndroms (LAD) mittels Durchflusszytometrie durchgeführt werden.

Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberger, München, S 116f Rich R (1996) Clinical Immunology Principles and Practice. Mosby Inc, New York, p 615

Granulozytenesterase 7 PMN-Elastase

Granulozyten-Immunfluoreszenztest K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). GIFT

Granulozytopoese

Englischer Begriff. granulocyte immunofluorescence assay Definition. Nachweis von granulozytenspezifischen Antikörpern durch fluoreszenzmarkierte Sekundärantikörper in der 7 Fluoreszenzspektroskopie oder 7 Durchflusszytometrie bei verschiedenen Formen der Immunneutropenie. i Im Granulozyten-Immunfluoreszenztest werden an Granulozyten gebundene Allo- oder Autoantikörper durch Zugabe eines mit einem Fluoreszenzfarbstoff markierten Sekundärantikörpers, meist FITCkonjugierte Anti-human-IgG-Antikörper von Kaninchen oder Ziege, nachgewiesen. Beim direkten Granulozyten-Immunfluoreszenztest werden Antikörper nachgewiesen, die bereits in vivo an die Granulozyten gebunden haben, das sog. granulozytenassoziierte Immunglobulin. Beim indirekten Granulozyten-Immunfluoreszenztest erfolgt die Antikörperbeladung der Testgranulozyten durch Inkubation mit dem zu untersuchenden Serum bzw. Plasma in vitro. Bei bekannter Antikörperspezifität kann der indirekte Granulozyten-Immunfluoreszenztest auch zur Granulozytenmerkmalsbestimmung eingesetzt werden. Die Auswertung erfolgt mittels Fluoreszenzmikroskop oder Durchflusszytometrie, wobei im positiven Ansatz die Mehrzahl der Granulozyten eine körnige bis lineare Membranfluoreszenz aufweist. Da 7 HLA-Antikörper ebenfalls zu positiven Befunden führen können, sollten parallel Untersuchungen wie z. B. Lymphozytotoxizitätstests durchgeführt werden, um deren Anwesenheit auszuschließen.

deutlich niedriger zu erwarten als im Differenzialblutbild. Vermeidbar ist dieser Effekt durch Verwendung silikonisierter Röhrchen oder Röhrchen aus Polypropylen, wenn die Phagozytoseleistung der Monozyten im Vordergrund steht. Der Test dokumentiert lediglich Störungen im Ingestionsprozess. Störungen der Digestion können mittels Bursttest (7 GranulozytenBurst-Aktivität) aufgedeckt werden.

Funktion und Pathophysiologie. Neutrophile Granulozyten phagozytieren Fremdpartikel und machen sie mittels enzymatischer Verdauung unschädlich. Dieser Vorgang beinhaltet 4 Teilschritte: Migration, Adhäsion, Ingestion, Digestion. Ingestion und Digestion lassen sich mittels Durchflusszytometrischer Tests überprüfen. Bei der Ingestion umfließen die Granulozyten die Partikel und binden sie an ihre Zellmembran durch Rezeptoren für Komplementfaktor C3 (7 C3-Komplement) und 7 Immunglobulin G. Die Anwesenheit von Komplement und/oder spezifischen Antikörpern beschleunigt den Vorgang unter physiologischen Bedingungen wesentlich.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparin-Vollblut Probenstabilität. Lagerung bei Raumtemperatur für 24 h Analytik. 7 Durchflusszytometrie mit Doppelfluoreszenzfärbung Konventionelle Einheit. %

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusions-

Referenzbereich — Erwachsene. Granulozyten: > 85 %

medizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Monozyten: > 65 %

Granulozytenmembran-Antigen 7 Autoantikörper gegen Granulozytenmembran

Granulozyten-Migration 7 Granulozyten Chemotaxis

Granulozyten-Phagozytose H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. phagocytosis assay Definition. Semiquantitativer durchflusszytometrischer Test zur Phagozytoseleistung von Granulozyten und Monozyten.

Durchführung. Fluoreszenzmarkierte (z. B. FITC) und voropsonisierte E. coli werden mit heparinisiertem Patientenblut inkubiert. Die Bakterien werden von den phagozytosefähigen Zellen, also Granulozyten und in geringerem Maße 7 Monozyten internalisiert. Nun wird die 7 Fluoreszenz der adhärenten, also nicht phagozytierten Bakterien unterdrückt („gequencht“) und durch Fluoreszenz-DNAFärbung (z. B. Propidiumiodid) die kernhaltigen Zellen markiert. Durch Detektion der beiden Fluoreszenzfarbstoffe von Bakterien bzw. DNA-haltigen Zellen und Darstellung in 7 Dot-Blots können die bakterienhaltigen 7 Granulozyten und 7 Monozyten identifiziert werden. Die Fluoreszenzintensität ist proportional der von der Zelle phagozytierten Bakterien. Als Kontrollen sind in den Test implementiert: 5 Kontrolle der Effektivität des Quenching durch Inkubation von Zellen und Bakterien bei 0 °C. Dabei sollte die energieabhängige Ingestion gestört sein, die Adhäsion der Bakterien jedoch funktionieren 5 DNA-Färbung der Zellen verhindert die fälschliche Identifikation von Bakterien- und Zellaggregaten als Einzel-Zellen, die die Bakterien phagozytiert haben. Für den In-vitro-Test ist kein kommerzielles Kontrollmaterial erhältlich. Daher ist eine Parallelanalyse einer Normalprobe zu empfehlen. Zu beachten: Inkubation der Bakteriensuspension mit den Zellen bei 37 °C unter exakter Einhaltung der Inkubationszeit. Während der Inkubation bei 37 °C in Gegenwart von Bakterien neigen Monozyten zur Adhärenz an Fremdoberflächen. Da nur Suspensionszellen gemessen werden, ist die Absolutzahl der Monozyten

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Referenzbereich — Kinder. Granulozyten: > 85 % Monozyten: > 65 %

Indikation. Primäre Immundefekte:

5 Mutationen im Bereich der Adhäsionsmoleküle der Integrin-β2Familie: Die Adhäsionsmoleküle CD11a/CD18 bzw. CD11b/CD18 werden nicht ausreichend exprimiert. Es resultieren verminderte Adhärenz, chemotaktische Migration und Phagozytoseleistung. 5 chronische Granulomatose: Die Patienten leiden unter Defekten einer der vier Komponenten der NADPH-Oxidase, dem Schlüsselenzym bei der Sauerstoffradikalbildung.

Diagnostische Wertigkeit. Der Test sollte im symptomfreien Intervall durchgeführt werden.

Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie, 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München Rich R (1996) Clinical Immunology Priciples and Practice. Mosby Inc, Philadelphia, S 615ff

Granulozytopoese H. Baum

Synonym(e). Granulopoese Englischer Begriff. granulocytopoiesis Definition. Ausdifferenzierung und Reifung der myeloischen Vorläuferzellen unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren im Knochenmark zu neutrophilen, eosinophilen und basophilen 7 Granulozyten. i Die Granulozytopoese beschreibt die Proliferation und Ausdif-

ferenzierung von der myeloischen Vorläuferzelle zur reifen Effektorzelle, den neutrophilen, eosinophilen und basophilen Granulozyten. Durch spezifische Wachstumsfaktoren wie IL-3 und 7 GM-CSF wird die omnipotente Stammzelle zur Proliferation und Differenzierung zur CFU-GM angeregt. Durch die Stimulation mit weiteren Wachstumsfaktoren (u. a. 7 G-CSF, IL-3) erfolgt die weitere Ausdifferenzierung dieser Vorläuferzelle zur myeloischen Vorläuferzelle und weiter zu den morphologisch unterscheidbaren Effektorzellen, den neutrophilen, eosinophilen und basophilen segmentkernigen Granulozyten. Morphologisch können diese Zellen auf der Stufe der 7 Myeloblasten und 7 Promyelozyten nicht voneinander unterschieden werden. Erst im Myelozytenstadium, wenn die spezifische Granulation sichtbar

G

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Granulozytopoese, neutrophile

wird, sind die einzelnen Zellreihen der Granulopoese morphologisch unterscheidbar.

Literatur. Nerl C (1993) Zellen der Granulopoese. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 66–78

Granulozytopoese, neutrophile

i Die „Grape cell“ ist eine 7 Plasmazelle. Sie zeigt ein dunkelba-

sophiles Zytoplasma und einen chromatindichten exzentrisch gelegenen Kern. Sie kann von der normalen Plasmazelle durch das Vorhandensein großer intrazytoplasmatischer, sich homogen anfärbender Granula (7 Russell-Körperchen) unterschieden werden (7 Abb. 1). In diesen Granula kann Immunglobulin nachgewiesen werden. Diese „Grape cells“ können u. a. beim multiplen Myelom gefunden werden, haben jedoch keine besondere diagnostische Bedeutung.

H. Baum

Englischer Begriff. neutrophilic granulocytopoiesis Definition. Ausdifferenzierung und Reifung der myeloischen Vorläuferzellen unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren im Knochenmark zum neutrophilen Granulozyten. i Die neutrophile Granulozytopoese beschreibt die Reifung von der myeloischen Vorläuferzelle (GEMM-CFU) zur reifen Effektorzelle, dem segmentierten neutrophilen Granulozyten. Die früheste, morphologisch nachweisbare Zelle der neutrophilen Granulopoese ist der 7 Myeloblast, der aus der myeloischen Vorläuferzelle nach Induktion mit spezifischen Wachstumsfaktoren (7 G-CSF, 7 GM-CSF, IL-3) entsteht. Nach Teilung und Ausdifferenzierung können unterschieden werden: 7 Promyelozyt, 7 Myelozyt, 7 Metamyelozyt, 7 stabkerniger Granulozyt und segmentkerniger neutrophiler Granulozyt. Bis zum Reifungsstadium des Metamyelozyten besitzen die Zellen noch die Fähigkeit zur Teilung. Im Reifungsstadium des Promyelozyten können dann erstmals Granula, die Primärgranula, nachgewiesen werden, die im Laufe der Ausreifung durch die spezifischen neutrophilen Granula der reifen Formen ersetzt werden.

Literatur. Nerl C (1993) Zellen der Granulopoese. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 66–78

Granulozytopoese/Erythropoese-Index 7 Erythropoese-Leukozytopoese-Verhältnis

Granzyme O.A. Gressner

Englischer Begriff. granzyme Definition. Serinproteasen intrazellulärer Granula zytotoxischer TZellen (7 T-Lymphozyten) und NK-Zellen (7 Natural-Killer-Lymphozyten). i Es sind über 11 verschiedene Granzyme bekannt (A bis M), wel-

che in ihrer Wirkung maßgeblich von Perforin unterstützt werden. Hierbei handelt es sich um ein zytolytisches Protein, welches nach Degranulation die Zellmembran (virus-)infizierter Zielzellen perforiert und Granzymen somit den Eintritt in die Zelle ermöglichen, wo sie proapoptotisch wirken. Dadurch liegt ihre Bedeutung v. a. in der Abwehr von Infektionen, der Abstoßung transplantierten Fremdgewebes, der physiologischen Elimination neoplastischer Zellen und bei Autoimmunerkrankungen.

Grape cells. Abb. 1. Grape cell mit intrazytoplasmatischen Vesikeln (Russell-Körperchen), 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Löffler H, Rastetter J (1999) Atlas der Hämatologie, 5. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 350

Graphical User Interface O. Colhoun

Synonym(e). GUI; Benutzeroberfläche, grafische Englischer Begriff. Graphical User Interface Definition. Teil des Betriebssystems oder Anwendungsprogramms, der dem Nutzer die Kommunikation mit dem Computer (z. B. der 7 Labor-EDV) ermöglicht. i Die Benutzeroberfläche vermittelt zwischen dem Anwender und dem Programmen. Grafisch orientierte Benutzeroberflächen sind heute Standard fast aller Betriebssysteme und Anwendungsprogramme und werden deswegen manchmal als die eigentlichen Benutzeroberflächen angesehen. Der Bildschirm zeigt im Grafikmodus alle Aktionsmöglichkeiten mit Menüs und intuitiven grafischen Symbolen an, aus denen der Nutzer etwa durch Mausklick auswählen kann.

Literatur. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus Mannheim Leipzig

Graphitrohrtechnik 7 Atomabsorptionsspektrometrie

Literatur. Bots M, Medema JP (2006) Granzymes at a glance. J Cell Sci 119: 5011–5014 Buzza MS, Bird PI (2006) Extracellular granzymes: current perspectives. Biol Chem 387: 827–837

Gras(s) T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Marihuana (7 Straßenna-

Grape cells H. Baum

Synonym(e). Mottzelle; Morulazelle; Maulbeerzelle

men von Drogen: Cannabinoide).

Gravimetrie T. Arndt

Englischer Begriff. grape cell

Synonym(e). Gewichtsanalyse

Definition. Plasmazelle mit vielen intrazytoplasmatischen Vesikeln, die mit 7 Immunglobulin gefüllten Granula (7 Russel-Körperchen) entsprechen.

Englischer Begriff. gravimetric analysis Definition. Sehr genaue Methode der quantitativen Analyse, die auf

Größe, messbare

der Fällung eines Analyten aus seiner Lösung (oder Dispersion) durch Zusatz eines geeigneten Reagenz zur Probelösung und anschließendes Auswägen des entstandenen Niederschlags beruht. i Die Analyse muss insgesamt verlustfrei in Bezug auf die gravime-

trisch zu bestimmende Substanz durchgeführt werden. Sie setzt sich aus folgenden Teilschritten zusammen: 5 Lösen der exakt eingewogenen Analysenprobe (Einwaage) bei Feststoffen (z. B. Faeces) bzw. exakte Abnahme eines Volumenteils (Aliquot) bei flüssigen Proben (z. B. Serum oder Urin). 5 Zugabe einer definierten Menge an Fällungsreagenz, das heißt eines Reaktionspartners, der sich mit der zu bestimmenden Substanz vollständig und nach einer genau bekannten Stöchiometrie verbindet und dabei ein schwerlösliches Reaktionsprodukt bildet, welches vollständig aus der Lösung ausfällt. 5 Abtrennung des Niederschlages (feste Phase) von der flüssigen Phase durch verlustfreie Filtration. 5 Ablösen des Niederschlages vom Filter und verlustfreies Reinigen des Niederschlages von Resten überschüssigen Reagenzes (Auswaschen). 5 Trocknen unter definierten Bedingungen. 5 Wägen des trockenen Niederschlages. 5 Berechnung des Analytgehaltes der Ausgangsprobe unter Berücksichtigung der Stöchiometrie der Fällungsreaktion. Ändern sich unter den Trocknungsbedingungen die stöchiometrischen Verhältnisse zwischen der sog. Fällungsform und der Wägeform des Analyten (z. B. durch Wasserverlust oder Oxidation) muss das in der Berechnung berücksichtigt werden. Eine Sonderform der Gravimetrie ist die Elektrogravimetrie, das heißt die Abscheidung eines meist metallischen Analyten an einer Elektrode. Im modernen klinisch-chemischen Labor hat die aufwendige Gravimetrie wenn überhaupt nur eine eingeschränkte Bedeutung. Ein heute mitunter noch benutztes Verfahren ist die gravimetrische Bestimmung der Fettausscheidung im Stuhl.

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie-Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Grenzwert der Messabweichung W.R. Külpmann

Synonym(e). Fehlergrenze Englischer Begriff. maximum permissible measurement error; maximum permissible error; limit of error Definition. Extremwert einer Messabweichung in Bezug auf einen bekannten Referenzwert, durch Spezifikation oder Vorschriften zugelassen für eine Messung, ein Messgerät oder ein Messsystem [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Grenzwertiger Bereich 7 Bereich, grenzwertiger

Grenzwertkontrolle O. Colhoun

Englischer Begriff. limit check Definition. Teil der Plausibilitätskontrolle (7 Plausibilität) von Messwerten im 7 Labor-EDV-System. i Übersteigt oder unterschreitet der Messwert definierte Grenzen, welche in den Analysestammdaten hinterlegt sind, so wird er gekennzeichnet und zunächst gesperrt. Seine Freigabe erfolgt dann in der technischen und medizinischen 7 Validierung.

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GRH 7 Wachstumshormon

Griess-Ilosvay-Test 7 Griess-Test

Griess-Probe 7 Nitrit im Urin

Griess-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Griess-Ilosvay-Test Englischer Begriff. Griesstest, -reaction Definition. Die vornehmlich im Urin zum indirekten Nachweis Nitrat-reduzierender Bakterien eingesetzte Nitritprobe beruht auf einer zu charakteristischer Rot- bis Rotbraunfärbung führenden Azoreaktion bei Anwesenheit von Nitrit (-bildenden) Bakterien. i Zu einer Urinprobe wird die halbe bis gleiche Menge Nitritrea-

genz (Sulfanilsäure in Essigsäure und α-Naphthylamin, frisch hergestellt) zugegeben. Bei Vorhandensein von Nitrit entsteht sofort oder innerhalb von 30 s eine typische rosarote bis rotbraune Färbung, was auf eine Bakteriurie mit Nitrat-reduzierenden (Nitrit-bildenden) Bakterien hinweist. Die Farbintensität ist ein ungefähres Maß für die vorhandene Nitritkonzentration (semiquantitativer Test). Details 7 Nitrit im Urin

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie, 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Größe W.R. Külpmann

Englischer Begriff. quantity Definition. Eigenschaft eines Phänomens, eines Körpers oder einer Substanz, wobei die Eigenschaft einen Wert hat, der durch eine Zahl und eine Referenz ausgedrückt werden kann [VIM (2010)]. Anmerkung in der deutschen Fassung: Nach dem Verständnis im deutschen Sprachraum beschränkt sich der Begriff „Größe“ auf verhältnisskalierte und intervallskalierte Merkmale, siehe auch DIN 13123. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Größe der Dimension Eins W.R. Külpmann

Synonym(e). dimensionslose Größe (veraltet) Englischer Begriff. quantity of dimension one Definition. Größe, für die alle Exponenten der Faktoren, die in ihrer Dimension den Basisgrößen entsprechen, Null sind (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Größe, abgeleitete 7 Abgeleitete Größe

Größe, messbare 7 Größe

G

592

Größe, wahrer Wert einer

Größe, wahrer Wert einer 7 Wahrer Wert

Größenart 7 Art einer Größe

Größenausschluss-Chromatographie 7 Ausschlusschromatographie

Größendimension W.-R. Külpmann

Synonym(e). Dimension einer Größe; Dimension Englischer Begriff. quantity dimension; dimension of a quantity; dimension

Definition. Ausdruck der Abhängigkeit einer Größe von den Basisgrößen eines Größensystems als ein Produkt von Potenzen von Faktoren, die den Basisgrößen entsprechen, ohne Zahlenfaktor (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

lig gezogene 7 Stichprobe betrachtet. Die über die Elemente dieser Stichprobe gewonnenen Erkenntnisse können mit den Methoden der induktiven Statistik (7 Statistik, induktive) auf die Elemente der Grundgesamtheit verallgemeinert werden.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Grundgesetz, biogenetisches R. Weiskirchen

Synonym(e). Grundregel, biogenetische i Das biogenetische Grundgesetz besagt, dass die Ontogenie (individuelle Entwicklung, Keimesentwicklung) eine verkürzte Rekapitulation der Phylogenie (Stammesentwicklung) ist. Sie wurde von dem Jenaer Biologen Ernst Haeckel (1834–1919) im Jahr 1868 aufgestellt.

Grundlinie 7 Basislinie

Grundrauschen T. Arndt

Synonym(e). Rauschen Englischer Begriff. background

Größenmarker 7 Längenstandard

Größenwert W.R. Külpmann

Englischer Begriff. quantity value; value of a quantity; value Definition. Zahlenwert und Referenz, die zusammen eine Größe quantitativ angeben (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Group-specific-Globulin 7 Gc-Globulin

Growth hormone-releasing hormone 7 Wachstumshormon-Releasinghormon

Grundeinheit, atomare 7 Masse, molare

Grundgesamtheit R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Population, statistische

Definition. Das aus Messgerät und Probenmatrix resultierende über die Zeit relativ konstante Grundsignal eines Detektors. i In der klinisch-chemischen Analytik resultiert das Grundrauschen aus dem apparativen Aufbau (z. B. elektronisches Rauschen) und aus dem Probenmaterial (Matrix oder System), das die zu analysierenden Stoffe umgibt. Hiervon abzugrenzen sind Drift und Kurzzeitschwankungen des Messsignals (7 Abb. 1 im Stichwort 7 Detektor). Durch eine geeignete Messanordnung und Probenvorbereitung versucht man, das Grundrauschen möglichst gering zu halten. Wichtig ist letztlich das Verhältnis zwischen Grundrauschen und Messsignal (Signal/Rauschverhältnis, S/N-Ratio). Als Faustregel gilt, dass die Intensität eines valide auswertbaren Messsignals mindestens das 3-Fache der Standardabweichung des Grundrauschens betragen muss.

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag GmbH, Darmstadt

Grundregel, biogenetische 7 Grundgesetz, biogenetisches

Grundschwingungen 7 Infrarot-Spektrometrie

Grüne Fee 7 Absinth

Gruppe, prosthetische

Englischer Begriff. population

7 Prosthetische Gruppe

Definition. Unter der Grundgesamtheit einer statistischen Untersuchung versteht man eine genau definierte Menge von Objekten, in der Regel Proben, Präparate, o. ä. von Patienten oder Versuchstieren, über die im Rahmen eines Experimentes im klinisch-chemischen Labor Aussagen getroffen werden sollen.

7 Infrarot-Spektrometrie

i In der Regel sind die interessierenden Grundgesamtheiten sehr

7 Metabolische Vorteste

umfangreich, so dass eine Vollerhebung aller Objekte der Grundgesamtheit aus Zeit- und Kostengründen bzw. aufgrund anderer limitierter Ressourcen nicht möglich ist. In diesem Fall wird anstelle der Grundgesamtheit selbst eine aus dieser Grundgesamtheit zufäl-

Gruppenfrequenzen Gruppenreaktionen GS 7 Gallensäuren

Guanin

593

Hepatozyten hohe spezifische Aktivität aufweisendes Enzym, ist seine Freisetzung bei Leberzellschädigungen und Nekrosen ein sensitiver, relativ spezifischer Parameter der Leberschädigung.

GSC 7 Gaschromatographie

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

GSH (reduzierte Form)

Probenstabilität. Aktivität für 6 h bei Raumtemperatur, für 1 Woche bei 4 °C und für 6 Monate bei –15 °C stabil.

7 Glutathion

Analytik. Es sind zahlreiche Methoden und deren Varianten beschrieben: 5 Quantifizierung des entstehenden Ammoniums mit der PhenolHypochloritreaktion nach Berthelot unter Verwendung des Substrates 8-Azaguanin 5 Spektrophotometrische Messung der Guanindegradation oder Xanthinbildung 5 Differenzmessung der nativen Fluoreszenz von Guanin und Xanthin 5 Radiochemische Messverfahren.

GSSG (oxidierte Form) 7 Glutathion

GST 7 Glutathion-S-Transferasen

γ-GT 7 γ-Glutamyltransferase

Referenzbereich — Frauen. Methodenabhängig, generell sehr niedrige

GT-AG Regel

bis nicht nachweisbare Aktivitäten. Richtwert: < 3 U/L (0,05 μkat/L).

R. Weiskirchen

Referenzbereich — Männer. Methodenabhängig

Englischer Begriff. GT-AG rule i Die Übergänge zwischen einzelnen 7 Exon- und Intronbereichen

innerhalb eines einzigen Gens und auch zwischen verschiedenen eukaryontischen 7 Genen sind sehr stark konserviert. 7 Introns scheinen immer mit einem 5’-GT-Dinukleotid zu beginnen und mit einem 3’-AG-Dinukleotid zu enden. Dieses wird als GT-AG Regel bezeichnet (s. a. 7 RNA-Spleißen).

γGT/AST-Quotient 7 γ-Glutamyltransferase/Aspartataminotransaminase-Quotient

GTFCh 7 Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie

Indikation. Diagnose von Leberzellschädigungen (Nekrosen) im Rahmen infektiöser, toxischer, ischämischer, maligner und cholestatischer Lebererkrankungen. Interpretation. Anstiege im Serum sind ein sensitiver und spezifischer Hinweis auf Leberzellnekrosen. Guanase wurde als ScreeningParameter für Blutdonatoren eingesetzt. Das Enzym hat heute keine Bedeutung mehr in der Routinediagnostik. Literatur. Matsunaga H, Honda H, Kubo K et al (2003) Clinical value of the determination of serum guanase activity in patients with chronic hepatitis type C. J Med Invest 50:64–71

Guanidinoessigsäure A.C. Sewell

Englischer Begriff. guanidinoacetate

GTG-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Gewebstransglutaminase

Definition. Vorläufersubstanz der Kreatinsynthese i Guanidinoessigsäure ist eine wichtige Vorläufersubstanz der Kreatinsynthese und entsteht durch Einwirkung der Guanidinoacetat-Methyltransferase. Der Mangel dieses Enzyms führt zu einer erniedrigten Kreatinsynthese mit Anhäufung von Guanidinoacetat in Körperflüssigkeiten (Kreatinsynthesedefekte). Guanidinoacetat wird mittels HPLC oder LC-MS/MS bestimmt.

5-GTOL 7 5-Hydroxytryptophol

Guaiac-Test 7 Hämoccult-Test

Guanase A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Guanin-Desaminase; Guanin-Aminohydrolase; EC 3.5.4.3

Literatur. Stöckler S, Marescau B, De Dyn PP et al (1997) Guanidino compounds in guanidinoacetate methyltransferase deficiency, a new inborn error of creatine synthesis. Metabolism 46:1189–1199 Verhoeven N, Salomons GS, Jakobs C (2005) Laboratory diagnosis of defects of creatine biosynthesis and transport. Clin Chim Acta 36:1–9

Englischer Begriff. guanase; guanine deaminase Definition. Guanase ist ein mit hoher spezifischer Gewebeaktivität in der Leber vorkommendes Enzym des 7Purinstoffwechsels, welches die Desaminierung von 7Guanin zu Xanthin katalysiert und damit den Purinabbau einleitet. Im Serum fand das Enzym als sensitive und weitgehend spezifische Kenngröße der Leberzellnekrose Anwendung.

Guanin H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. guanine Definition. Guanin ist ein wichtiger Metabolit des Purinstoffwech-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Guanase-Aktivität ist

sels.

am höchsten in Leber, Niere und Hirn, intermediär im Dünn- und Dickdarm und gering in den anderen Geweben und Körperflüssigkeiten. Es katalysiert die Degradation von 7 Guanin zu 7 Xanthin unter Abspaltung von 7 Ammonium gemäß folgender Reaktion:

i Guanin wird durch 7 Purin-Nukleotidase und die Purinnukleosid-phosphorylase aus Guanylat (GMP) gebildet. Guanin wird durch die Guanin-Desaminase weiter zu 7 Xanthin und 7 Harnsäure abgebaut. Daneben kann Guanin durch die 7 Hypoxanthin-GuaninPhosphoribosyl-Transferase (HGPRT) zu Guanylat (GMP) phosphoryliert und damit wiederverwendet werden („salvage pathway“). Die Bedeutung dieses Stoffwechselwegs zeigt das Lesch-Nyhan-Syndrom.

Guanin + H2O

Guanindesaminase

Xanthin + NH4+

Funktion und Pathophysiologie. Als zytoplasmatisch lokalisiertes, in

G

594

Guanin-Aminohydrolase

Guanin-Aminohydrolase

prognostic implications of endothel dysfunction. Ann Med 40:180– 196

7 Guanase

Guard column Guanin-Desaminase

7 Vorsäule

7 Guanase

GUI Guanosinmonophosphat, cyclisches

7 Graphical User Interface

K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. cyclic guanosine monophosphate Definition. Cyclisches Guanosinmonophoshat (cGMP) ist ein intrazelluläres, second messenger Nukleotid. i Die beiden cyclischen Nukleotide, cAMP und cGMP, sind in einer Vielzahl von Geweben an der Regulation intrazellulärer Signaltransduktionsprozesse beteiligt. Durch Isoenzyme von Cyclasen (Synthese) und Phosphodiesterasen (Abbau) werden die verschiedenen Wirkungen der cyclischen Nukleotide innerhalb einer Zelle gesteuert. Pro Zelltyp finden sich dabei zwei bis drei verschiedene Zyklasen und drei bis vier verschiedene Phosphodiesterasen. Eine besondere Stellung weisen die Guanylzyklasen (GC) auf, die sowohl membrangebunden als auch als zytosolische Enzyme vorkommen. In der glatten Gefäßmuskulatur stimuliert Stickstoffmonoxid (NO) die zytosolische GC, während die natriuretischen Peptide (ANP, BNP und CNP) verschiedene membrangebundene GC aktivieren. cGMP greift in die Regulation folgender, wichtiger Funktionen der glatten Muskelzelle ein: 5 NO und ANP bewirken cGMP-vermittelt eine Vasodilatation durch Herabsetzung des Tonus der glatten Gefäßmuskulatur. cGMP selbst induziert gleichzeitig die Synthese von PDE5, die cGMP abbaut. Eine Verlängerung der cGMP-induzierten Gefäßrelaxation kann durch Hemmung der PDE5 herbeigeführt werden. Der bekannteste PDE5-Hemmer ist Sildenafil (Viagra), der bei erektiler Dysfunktion über eine Relaxation der glatten Muskulatur die Blutfüllung der Corpora cavernosa verbessert. In Kombination mit Nitraten können PDES-Hemmer jedoch zu schwersten Hypotonien führen. 5 Unter dauerhafter Stimulation mit NO führt cGMP zu einer Induktion der PDE1A und PDE5, die zu einem reduzierten Ansprechen auf die Nitrattherapie/cGMP führen (Nitratresistenz). Ebenso führen physiologische Vasokonstriktoren, wie Noradrenalin oder Angiotensin II, Calcium-Calmodulin-vermitteltet zu einer Induktion der PDE1A und inhibieren so die relaxierende cGMPWirkung 5 In proliferierenden Zellen der glatten Muskulatur wird eine erhöhte Aktivität von PDE1C gefunden. Als Funktion wird eine Koordination von Calcium-Signalen, die die Mitogenese beeinflussenden und gleichzeitiger Inhibition der Wachstums-inhibierenden Wirkung von cAMP und cGMP vermutet. 5 cGMP aktiviert intrazellulär cGMP-abhängige Proteinkinasen, die durch Phosphorylierung eine Vielzahl intrazellulärer Prozesse regulieren (z. B. Steigerung der NO-Synthese, Hemmung der Calcium-Freisetzung, Hemmung der Muskelkontraktion durch Interaktion mit Aktin und Myosin).

Weiterhin hat durch NO oder Prostacyclin induziertes cGMP bei der Thrombozytenaggregation als physiologischer Inhibitor eine wichtige Bedeutung.

Literatur. Rybalkin SD, Yan C, Bornfeldt KE et al (2003) Cyclic GMP phosphodiesterases and regulation of smooth muscle function. Circ Res 93:280–91 Munzel T, Feil R, Mulsch A et al (2003) Physiology and pathophysiology of vascular signaling controlled by guanosine 3’,5’-cyclic monophosphate-dependent protein kinase. Circulation 108:2172–2183 Jackson EB Jr, Mukhopadhyay S, Tulis DA (2007) Pharmacologic modulators of soluble guanylate cyclase/cyclic guanosine monophosphate in vascular system – from bench top to bedside. Curr Vasc Pharmacol 5:1–14 Münzel T, Sinnig C, Post F et al (2008) Pathophysiology, diagnosis and

Guide to the expression of uncertainty W.-R. Külpmann

Synonym(e). GUM Deutscher Begriff. Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen

Definition. In dem Leitfaden wird eine international einheitliche Vorgehensweise beim Ermitteln und Angeben von Messunsicherheiten vorgeschlagen. Sie umfasst den Typ A mit Berechnung der Messunsicherheit durch statistische Analyse der Messungen und zusätzlich den Typ B mit Berechnung der Messunsicherheit mit anderen Mitteln als der statistischen Analyse (7 Messunsicherheit, 7 Ermittlungsmethode B der Messunsicherheit) (VIM 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. ISO/IEC Guide 98-3 (2008) Uncertainty of measurement – Part 3: Guide to the expression of uncertainty in measurement. ISO, Geneva Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen (1999) (Deutsche Fassung), DIN V ENV, Beuth-Verlag Berlin Guide to the expression of uncertainty in measurement (1998) (Deutsche Übersetzung). Beuth-Verlag, Berlin

Guillemin, Roger Charles Louis W. Hubl

Lebensdaten. Französischer Neuroendokrinologe, geboren am 11. Januar 1924 in Dijon, Côte-d’Or (Frankreich). Guillemin schloss an der Universität Dijon mit dem B. A. und dem B. Sc. ab. Er arbeitete bei Hans Selye in Montreal über die Desoxykortikosteron-induzierte Hypertonie und promovierte im Jahr 1949 zum Doktor der Medizin an der Universität in Lyon. 1953 erhielt er den Ph.D. von der Universität in Montreal. Von 1953–1970 lehrte er Physiologie an der Baylor Universität in Houston, Texas. Im Jahr 1970 etablierte er im Salk-Institute, in La Jolla, Kalifornien, ein Labor für Neuroendokrinologie. Dort isolierte er den ersten hypothalamischen Releasing-Faktor, 7 Thyreotropin-Releasing-Faktor TRF und in den darauf folgenden Jahren den Luteotropic-Hormon-Releasing-Faktor (7 Gonadotropin-Releasing-Hormon). Er produzierte zahlreiche synthetische Analoge der Hypothalamushormone, z. B. von 7 Somatostatin sowie GnRH und isolierte 7 Endorphine. Im Jahr 1989 trat Guillemin in den Ruhestand und stellte seine jahrelangen Erfahrungen für die Entwicklung von Computerprogrammen zur Überführung von wissenschaftlichen Ergebnissen in die Kunst zur Verfügung. Verdienste. Im Jahr 1974 wurde er zum Mitglied der National Academy of Science der USA gewählt und zwei Jahre später zum Mitglied der American Academy of Arts and Science. Er erhielt zahlreiche Preise, beispielsweise 1975 den Lasker Award in Basic Sciences, 1976 den Gairdner International Award, Toronto. Im Jahr 1977 erhielt er zusammen mit Andrew Victor Schally den Nobelpreis für Physiologie und Medizin „für die Entdeckungen über die Produktion von Peptidhormonen im Gehirn“.

Literatur. Lindsten J (1992) Nobel Lectures in Physiology or Medicine 1971–1980; Karolinska Institute, Stockholm.

GUM 7 Guide to the expression of uncertainty

Gute Laborpraxis

Gumprecht-Kernschatten H. Baum

Englischer Begriff. Gumprecht’s shadows Definition. Im Ausstrichpräparat nachweisbare rötliche, den Kernen zerstörter leukämischer Zellen entsprechende Strukturen bei chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) (7 Abb. 1). i Die Zellmembran der pathologischen Zellpopulation bei chronisch lymphatischer Leukämie zeigt eine erhöhte Fragilität. Beim Ausstreichen werden diese fragilen Zellen durch die dabei herrschenden Scherkräfte zerstört, sodass nach Färbung nur noch den ehemaligen Kernen entsprechende Strukturen (Gumprecht-Kernschatten) nachweisbar sind. Angegeben werden diese Gumprecht-Kernschatten als eigene Population, da die prozentuale Angabe der Kernschatten zusammen mit der Anzahl der atypischen Lymphozyten am besten die wahre Größe der leukämischen Zellpopulation beschreibt.

595

i Die Gute Klinische Praxis umfasst einen Katalog international anerkannter ethischer und wissenschaftlicher Qualitätsanforderungen, die bei der Planung, Durchführung und Aufzeichnung klinischer Prüfungen an Menschen sowie der Berichterstattung über diese Prüfungen eingehalten werden müssen. Die Einhaltung dieser Praxis gewährleistet, dass die Rechte, die Sicherheit und das Wohlergehen der Teilnehmer an klinischen Prüfungen geschützt werden und dass die Ergebnisse der klinischen Prüfungen glaubwürdig sind. Zur Überprüfung der Übereinstimmung mit den Bestimmungen zur guten klinischen Praxis und zur guten Herstellungspraxis benennen die Mitgliedstaaten Inspektoren, die die Aufgabe haben, in den an einer klinischen Prüfung beteiligten Stellen, insbesondere in der Prüfstelle bzw. den Prüfstellen, am Herstellungsort des Prüfpräparats, in allen an der Prüfung beteiligten Laboratorien und/oder in den Einrichtungen des Sponsors, Inspektionen durchzuführen.

Literatur. Richtlinie 2001/02/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln

Gute Laborpraxis A. Steinhorst, U. Zimmermann

Synonym(e). GLP Englischer Begriff. GLP Good Laboratory Practice Definition. Die Gute Laborpraxis (GLP) ist ein Qualitätssicherungssystem, das sich mit dem organisatorischen Ablauf und den Rahmenbedingungen befasst, unter denen nicht-klinische gesundheits- und umweltrelevante Sicherheitsprüfungen geplant, durchgeführt und überwacht werden sowie mit der Aufzeichnung, Archivierung und Berichterstattung der Prüfungen. i Behörden und Industrie sind um die Qualität von nicht-klinischen

Gumprecht-Kernschatten. Abb. 1. Gumprechtscher Kernschatten, daneben eine nicht zerstörte Lymphomzelle bei CLL, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Kleesiek K (1995) Blutzellen und blutbildende Organe. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York, S 883

Güte 7 Power

Gute Herstellerpraxis T. Arndt

Synonym(e). GMP Englischer Begriff. good manufacturing practice Definition. Dieses QM-System kommt für die Herstellung und Analytik im gesetzlich geregelten Bereich der pharmazeutischen Industrie, aber auch für Produkte der Blutbanken zur Anwendung. Die Grundsätze der GMP sind denen der GLP (7 Gute Laborpraxis) sehr ähnlich, beziehen sich aber mehr auf die Produktionsräumlichkeiten.

Literatur. www.cgmp.com www.fda.gov

Gute Klinische Praxis A. Steinhorst, U. Zimmermann

Synonym(e). GCP Englischer Begriff. Good Clinical Practice (GCP)

gesundheits- und umweltrelevanten Sicherheitsprüfungen, als Basis für eine Risikobewertung/Gefahrenabschätzung bemüht. Infolgedessen haben die OECD-Mitgliedstaaten Kriterien für die Durchführung dieser Prüfungen aufgestellt. Um unterschiedliche Verfahrensweisen bei der Umsetzung zu vermeiden, die den internationalen Handel mit Chemikalien behindern könnten, haben die OECD-Mitgliedstaaten im Jahr 1978 die „Grundsätze der Guten Laborpraxis“ entwickelt, basierend auf den GLP-Regularien für nicht-klinische Prüfungen der US Food and Drug Administration (FDA). Diese GLP-Grundsätze wurden vom OECD-Rat im Jahr 1981 angenommen. In Deutschland sind die Grundsätze der Guten Laborpraxis Bestandteil des Chemikaliengesetzes (Anhang 1 zu § 19a Abs. 1). Zweck der Grundsätze der Guten Laborpraxis ist es, die Qualität von Prüfdaten zu fördern. Die vergleichbare Qualität von Prüfdaten bildet die Grundlage für die gegenseitige Anerkennung der Daten unter den Ländern. Wenn einzelne Länder den in anderen Ländern gewonnenen Prüfdaten vertrauen können, lassen sich Doppelprüfungen vermeiden und dadurch Zeit und Ressourcen einsparen. Die Anwendung der Grundsätze soll technische Handelshemmnisse vermeiden helfen und den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt weiter verbessern. Die Grundsätze der Guten Laborpraxis finden Anwendung auf die nicht-klinischen Sicherheitsprüfungen von Prüfgegenständen, die in Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln und Bioziden, kosmetischen Mitteln, Tierarzneimitteln sowie in Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittelzusatzstoffen und Industriechemikalien enthalten sind. Häufig sind diese Prüfgegenstände chemisch synthetisierte Produkte; sie können aber auch natürlichen bzw. biologischen Ursprungs sein; unter Umständen kann es sich um lebende Organismen handeln. Zweck der Prüfung dieser Prüfgegenstände ist es, Daten über deren Eigenschaften und/oder deren Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt zu gewinnen. Zu den nicht-klinischen gesundheits- und umweltrelevanten Sicherheitsprüfungen, die durch die Grundsätze der Guten Laborpraxis abgedeckt werden, zählen sowohl Laborprüfungen als auch Prüfungen in Gewächshäusern oder im Freiland.

G

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Guthrie-Test

Literatur. OECD Veröffentlichungen zur Umweltsicherheit und -hygiene, Schriftenreihe über die Grundsätze der Guten Laborpraxis und Überwachung ihrer Einhaltung, Nummer 1 OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis (Neufassung aus 1997) Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz – ChemG)

Guthrie-Test 7 Phenylalanin im Urin

GYPC 7 Gerbich-Blutgruppensystem

H H T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

H₀ 7 Nullhypothese

Namen (Haarzellleukämie). Immunphänotypisch gehört die Haarzellleukämie zu den B-Zelllymphomen und ist durch die zusätzliche Expression des Oberflächenantigens CD103 eindeutig von anderen BZelllymphomen abgrenzbar. Morphologisch handelt es sich um eine mittelgroße mononukleäre Zelle mit hellblauem, unruhigem, relativ weitem Zytoplasmasaum, der gelegentlich zarte azurophile Granula oder eine schwache Vakuolisierung enthält sowie charakteristischen Zytoplasmaausläufern, die an Haare erinnern. Der Kern ist häufig exzentrisch gelegen, mittelgroß und zeigt ein lockeres Chromatingerüst. Zytochemisch sind Haarzellen positiv für die tartratresistente saure Phosphatase und unspezifische Esterasen.

H₁ 7 Alternativhypothese

H+/K+ATPase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Parietalzellen

HAAg 7 Hepatitis-A-Virus-Antigen

Haare als Proben W.G. Guder

Englischer Begriff. hair as sample Definition. Verwendung von Haaren zum diagnostischen oder (häufiger) forensischen Nachweis von toxischen Substanzen oder Drogen. i Haare als diagnostische Proben sind geeignet, um den Zeitpunkt der Zufuhr eines Giftes, das in Haaren gespeichert wird bzw. die Dauer der Einnahme illegaler Drogen nachzuweisen. Dazu werden Haare am Ansatzpunkt abgeschnitten, nachdem sie an einer klebenden Fläche fixiert wurden (z. B. Tesafilm) und entsprechend deren Länge nach Waschen (um Kontaminationen von außen zu entfernen) in Segmente unterteilt, die je nach Fragestellung einer Woche, einem Monat bis zu einem Jahr entsprechen (normales Wachstum der Haare 1 cm/Monat). Die Analyse ergibt dann eine Zuordnung der gefundenen Substanzen zum Zeitpunkt der Einnahme und ggf. Metabolisierung. Die Haarprobe wird in einer Kugelmühle zerkleinert und in organischen Lösungsmitteln (z. B. Methanol) extrahiert. Ein Aliquot des Extraktes wird mit GC-MS oder LC-MS analysiert. Auf diese Weise kann z. B. ein Drogenentzug nachgewiesen werden (bei Frage der Fahrerlaubnis nach Führerscheinentzug) oder die Dauer der Zufuhr eines Gifts in Monaten des Kalenders ermittelt werden. Zu Details und aktuellen Richtlinien s. Society of Hair Testing unter www.soht.org.

Beschreibung des Erregers. Bei den Bakterien der Gattung Haemophilus handelt es sich um gramnegative Bakterien der Familie der Pasteurellaceae; zur selben Familie gehören auch die Gattungen Pasteurella und Actinobacillus, von denen es insgesamt 16 Arten gibt. Spezies: von Haemophilus influenzae sind sowohl bekapselte (Serotypen a bis f) als auch kapsellose Stämme bekannt.

Literatur. Medea B, Mußhoff F (2004) Haaranalytik. Technik und In-

Erkrankungen. Haemophilus influenzae lebt als Kommensale aus-

terpretation in Medizin und Strafrecht. Deutscher Ärzteverlag, Köln Külpmann WR (2002) Klinisch-toxikologische Analytik. Verfahren, Befunde, Interpretation. Wiley-VCH, Weinheim

schließlich in den Schleimhäuten des Menschen, vor allem in denen des oberen Atmungssystems (Nase, Rachen, Luftröhre), und verursacht dort gelegentlich entzündliche Erkrankungen (Epiglottitis, Bronchitis, Pneumonie). Über 95 % der Infektionen mit Haemophilus influenzae lassen sich auf den Serotyp b zurückführen. Übertragen wird das Bakterium durch Kontakt- und Tröpfcheninfektion, begünstigt durch enge Lebensverhältnisse. Es existiert ein hohes Ansteckungsrisiko bei Kindern bis zum zweiten Lebensjahr, Patienten mit Virusinfektionen der Atemwege und einer defekten Selbstreinigung der Bronchien. Bei Neugeborenen führen Infektionen mit Haemophilus influenzae zu Konjunktivitis und Otitis media, und vor allem bei Kleinkindern ist dieses Bakterium auch Erreger von Hirnhautentzündungen (Meningitis) und weiteren entzündlichen Erkrankungen. Bei Erwachsenen treten Infektionen durch Haemophilus influenzae seltener auf und manifestieren sich vor allem als Bronchitis.

Haarzelle H. Baum

Englischer Begriff. hairy cell Definition. Größerer Lymphozyt mit reichlichem, schwach basophilem, an den Rändern stark ausgefranstem Zytoplasma, einem rund bis ovalen Kern und wenig dichtem Kernchromatin. i Die Haarzelle (7 Abb. 1) ist die charakteristische Zellform eines

bestimmten Non-Hodgkin-Lymphoms und gab dieser Entität deren

Haarzelle. Abb. 1. Haarzelle, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Harris NL, Jaffe ES, Stein H et al (1994) A Revised European-American Classification of Lymphoid Neoplasms: A Proposal From the International Lymphomy Study Group. Blood 84:1361– 1392

Haemophilus influenzae W. Stöcker, C. Krüger

Englischer Begriff. haemophilus influenzae

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_8, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

598

Hagemann-Faktor

Als Prophylaxe dient eine Schutzimpfung gegen Haemophilus influenzae Typ b. Für Kinder ab 3 Monaten und bis zum 6. Lebensjahr wird eine aktive Impfung mit einer speziell entwickelten Kapselvakzine empfohlen. Ein passiver Schutz wird durch spezifisches Hyperimmunglobulin gewährleistet. Die Therapie stützt sich im Wesentlichen auf Antibiotika.

Analytik. Kultur: Die Erregerdiagnose erfolgt durch Anzucht aus Körperflüssigkeiten und anschließende Differenzierung anhand des Wachstumsfaktorbedarfs. Haemophilus influenzae benötigt für die Anzucht besondere Wirkstoffe (X-Faktor: Hämin, V-Faktor: Nikotinamid-Adenin-Dinukleotid). Anzüchtung unter erhöhter CO2Konzentration auf Kochblut-Agar, zusätzlich ausgestrichener Staphylokokkus aureus sorgt dabei für ideale Wachstumsbedingungen. Nach ein- bis zweitägiger Inkubation bei 37 °C lassen sich glatte, leicht durchsichtige Kolonien feststellen. Die Abgrenzung von Haemophilus influenzae gegenüber anderen Spezies erfolgt durch Prüfung von Stoffwechseleigenschaften (z. B. Porphyrinproduktion) oder Direktnachweis. Direktnachweis: Identifizierung des Kapsel-Serovars mit Hilfe immunologischer Methoden wie Latexagglutination, Immunpräzipitation oder direkter Immunfluoreszenz (IFT). Serologie: Für serologische Untersuchungen werden indirekte Immunfluoreszenz- und ELISA-Testsysteme eingesetzt. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Kultur und Direktnachweis: Liquor, Blut, Sputum, Sekrete und Abstriche von Konjunktiva oder Rachen. Die Proben sollten gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Haemophilus influenzae b präsentiert im Wesentlichen drei Kategorien antigener Determinanten: Kapselpolysaccharide, äußere Membranproteine und Lipooligosaccharide. Antikörper gegen Kapselpolysaccharide werden nur im Verlauf einer akuten Infektion gebildet, hingegen können Antikörper gegen äußere Membranproteine relativ hochtitrig auch bei gesunden Normalpersonen auftreten. Das sicherste Zeichen für eine akute Infektion ist daher nicht ein bestehender hoher Ausgangstiter, sondern ein deutlicher Titeranstieg innerhalb von 2 Wochen. Die Bestimmung der spezifischen Antikörper wird auch zur Kontrolle des Impferfolges durchgeführt.

Literatur. Hahn H (2000) Haemophilus influenzae. In: Hahn H, Falke D, Kaufmann SHE, Ullmann U. (Hrsg) Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S. 314–317, 701–706 Gorbunov SG, Demina AA, Spirikhina LV, Gracheva AM, Samsonova IM (2002). Diagnostic value of different laboratory methods in the diagnosis of pneumonia caused by haemophilus influenzae type B. Zh Mikrobiol Epidemiol Immunobiol 51–54

Hagemann-Faktor 7 Gerinnungsfaktor XII

HAH 7 Hämagglutinationshemmtest

HAHT 7 Hämagglutinationshemmtest

Häkchenmethode 7 Koagulometer

Halbsättigungsdruck (Hämoglobin) O. Müller-Plathe

Synonym(e). p50

Englischer Begriff. partial pressure of oxygen at half saturation; p50; pO2(0,5)

Definition. p50 ist derjenige Sauerstoffpartialdruck, bei dem das bindungsfähige Hämoglobin (Hb) zur Hälfte mit O2 gesättigt ist, bei dem also sO2 0,50 beträgt. Funktion und Pathophysiologie. p50 ist der quantitative Ausdruck für die O2-Affinität des Hämoglobins (7 Tab. 1). Halbsättigungsdruck (Hämoglobin). Tab. 1. O2-Affinität

O2-Dissoziationskurve

p50

O2-Abgabe



Links ←







→ Rechts





Zu den Ursachen einer veränderten O2-Affinität 7 Sauerstofftransport. Die erheblichen Auswirkungen von Affinitätsänderungen auf die O2-Abgabe sind dort in Abb. 1 am Beispiel des pH-Einflusses veranschaulicht.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Nach kräftiger Venenstauung von etwa 2 min in einer Blutgasspritze abgenommenes Heparinblut (sO2 0,40–0,80). Probenstabilität. 7 Blutgasanalyse Präanalytik. 7 Blutgasanalyse Analytik. Messung von pO2, pCO2, pH und sO2 mit dem Blutgasanalysator. Berechnung des aktuellen p50 (bezogen auf die aktuellen Werte für pH und pCO2): lg p50(akt) = lg pO2 – logit sO2 / 2,7 logit sO2 = lg [sO2 / (1 – sO2)] Die Berechnung wird in größeren Blutgasanalysatoren automatisch durchgeführt.

Konventionelle Einheit. mmHg Internationale Einheit. kPa Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,133 Referenzbereich — Erwachsene. 25–29 mmHg; 3,3–3,9 kPa Referenzbereich — Kinder. 25–29 mmHg; 3,3–3,9 kPa Neugeborene: 18–24 mmHg; 2,4–3,2 kPa (niedriger durch Anteile von fetalem Hb)

Indikation. 7 Sauerstofftransport Interpretation. Der aktuelle p50 gibt Auskunft über die momentane O2-Affinität unter Berücksichtigung aller Einflüsse und ist bei kritischer O2-Versorgung in der Akutmedizin von Bedeutung. Literatur. International Federation of Clinical Chemistry (1990) Guidelines for Routine Measurement of Blood Oxygen Affinity. Scand J Lab Invest 50(Suppl)203:227–234

Halbwertszeit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. elimination half-time Definition. Die Halbwertszeit gibt die Zeit an, in der die Anfangskonzentration einer Substanz in dem betrachteten Kompartiment auf die Hälfte abgefallen ist. i In der Regel wird die Halbwertszeit für Plasma angegeben. Die Kinetik der Elimination einer Substanz folgt meist einer e-Funktion (7 Eliminationshalbwertszeit).

Hämagglutinationshemmungsreaktion

Literatur. Gladtke E, Hattingberg HM (1973) Pharmakokinetik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

599

Hämagglutinationshemmtest K. Ritter

Halbwertszeiten von Enzymen 7 Enzymhalbwertszeiten im Blutkreislauf

Halluzinogene Pilze 7 Pilze als Rauschmittel

Halogenid 7 Fluorid

Halogenkohlenwasserstoffe, leichtflüchtige W.-R. Külpmann

Synonym(e). LHKW Englischer Begriff. volatile halogenated hydrocarbons Definition. Gruppe toxischer chlorierter Kohlenwasserstoffe Struktur. z. B. Dichlormethan CH2Cl2, Trichlormethan (Chloroform) CHCl3, Tetrachlormethan (Tetrachlorkohlenstoff) CCl4 Molmasse. Dichlormethan 84,93 g; Chloroform 119,4 g; Tetrachlorkohlenstoff 159,8 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

LHKW werden meist durch Inhalation aufgenommen, unabsichtlich oder beim Schnüffeln (7 Schnüffelstoffe). Sie reichern sich im Fettgewebe, wie z. B. Gehirn an. Der Abbau erfolgt in der Leber unter der Katalyse von 7 Cytochrom P450, die Ausscheidung über Lunge und Niere.

Halbwertszeit. Die Halbwertszeit ist für die verschiedenen LHKW unterschiedlich. Trichlorethanol [aus Trichlorethen („Tri“)]: 10 h (Plasma) Trichloressigsäure [aus Trichlorethen und Tetrachlorethen („Per“)]: 100 h (Plasma) Pathophysiologie. LHKW wirken akut narkotisch und können bei hoher Dosis in wenigen Tagen durch schwere Schädigung von Leber und Niere zum Tode führen. Chronische Exposition kann bleibende Schäden des Zentralnervensystems hinterlassen. Die Wirkungen werden zu erheblichem Teil durch die Metabolite der LHKW hervorgerufen. Untersuchungsmaterial. Blut (EDTA) im gasdichten Rollrandröhrchen Analytik. Gaschromatographische Dampfraumanalyse Referenzbereich. nicht nachweisbar; für 7 MAK-Werte und 7 BATWerte s. aktuelle Liste (Wiley-VCH) Indikation. Überwachung der Exposition; Verdacht auf Vergiftung. Bei Aufnahme von Dichlormethan ist zusätzlich CO-Hb regelmäßig zu kontrollieren, da CO beim Abbau gebildet wird.

Literatur. Degel F, Geldmacher-v. Mallinckrodt M, Köppel C (2009) Volatile halogenated hydrocarbons. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 539–553

Haloperidol 7 Butyrophenone

Haltbarkeit von Blut-, Plasma-, Serum-, Urin-, Liquorproben 7 Probenstabilität

HAMA 7 Human anti-mouse antibodies

Synonym(e). Hämagglutinationshemmungsreaktion; HHT; HAH; HAHT

Englischer Begriff. hemagglutination inhibition reaction or test; Hirst test

Definition. Biologisches Verfahren zur Antikörpermessung in flüssiger Phase (Flüssigphasen-Immuntest). i Bei einigen Viren ist die Fähigkeit, Zellen zu infizieren verbunden mit der Fähigkeit, Erythrozyten zu agglutinieren. Es war daher möglich, den sehr aufwendigen und zeitintensiven Infektionsneutralisationstest zur Überprüfung von Immunität durch den erstmals im Jahr 1941 von George K. Hirst am Beispiel des Influenzavirus erfolgreich erprobten Hämagglutinationshemmtest (HHT) zu ersetzen. In Abhängigkeit vom Virus sind für den HHT Erythrozyten humaner oder tierischer Herkunft erforderlich. Da im Serum vorhandene 7 Lipoproteine mit der viralen Hämagglutination interferieren und so nicht vorhandene Antikörper vortäuschen, müssen sie durch Vorabsorption aus dem Serum entfernt werden. Die Menge spezifischer Antikörper wird als Titer (= die höchste in log-2-Stufen ansteigende Serumverdünnung, die in dem gewählten Testverfahren noch ein positives Resultat anzeigt) semiquantitativ bestimmt. Die im HHT bestimmte Titerhöhe lässt keinen Rückschluss auf die Aktualität eines Infektionsgeschehens zu. Methodenbedingt werden im HHT immunglobulinklassenunabhängig alle spezifischen Antikörper erfasst. Eine akute Infektion kann nur durch einen „signifikanten“ Titeranstieg von mindestens zwei Verdünnungsstufen (≥ 4-facher Titeranstieg) bewiesen werden, wobei zwischen den Probenentnahmen nicht mehr als 2 Wochen vergehen sollten. Das Probenpaar muss im selben Labor im Parallelansatz untersucht werden. In Ausnahmefällen kann der Infektionsstatus auch aus einer Einzelprobe bestimmt werden, jedoch müssen die Serum-Immunglobuline zuvor mittels 7 Dichtegradientenzentrifugation, HPLC oder FPLC in die IgG- und IgM-Fraktionen getrennt und einzeln im HHT auf spezifische Antikörper untersucht werden. Das Vorgehen ist sehr aufwendig und kommt in der Regel nur noch bei forensischen Fragestellungen zur Anwendung. Da der HHT nicht gut zu automatisieren ist, wurde er bei vielen Anwendungen durch die modernen (Festphasen-)Immuntests ersetzt. Allerdings ist der HHT noch immer das einzige zugelassene Verfahren zur Bestimmung von Rötelnimmunität nach den Mutterschaftsrichtlinien. Mit dem HHT lassen sich noch jahrelang nach Infektion oder aktiver Impfung Antikörperaktivitäten erfassen. Es gibt zahlreiche Abwandlungen des HHT, bei denen Erythrozyten Träger spezifischer Fremdantigene werden, wie beispielsweise beim immunologischen Schwangerschaftstest (Wide-Gemzell-Reaktion).

Prinzip des Hämagglutinationshemmtests: 5 Ausfällen/Absorbieren unspezifischer Seruminhibitoren mit Kaolin oder Heparin-Manganchlorid. 5 Herstellen einer Serumverdünnungsreihe (1:2, 1:4, 1:8...). 5 Inkubieren der Serumverdünnungen mit dem hämagglutinierenden Antigen (das Antigen muss in einem Vorversuch auf die optimale Gebrauchsverdünnung eingestellt werden, das ist in der Regel das 2- oder 4-Fache der kleinsten Agglutinationsdosis). 5 Zugeben agglutinierbarer Erythrozyten (z. B. vom Mensch, Blutgruppe 0 beim Röteln-HHT). 5 Ablesen auf entstandene Sedimente nach Hemmung der Hämagglutination; Bestimmen der höchsten Serumverdünnung mit Hämagglutinationshemmung als Antikörpertiter.

Literatur. Hämagglutinationshemmungsreaktion (1977) In: Mayr A, Bachmann A, Bibrack B et al (Hrsg) Virologische Arbeitsmethoden Band II – Serologie. Fischer-Verlag, Jena, S 207–291

Hämagglutinationshemmungsreaktion 7 Hämagglutinationshemmtest

H

600

Hämagglutinine

5 erhöhter Hämatokrit bei Polyglobulie kardialer oder pulmonaler Genese, Polycythaemia vera, Dehydratationszustände

Hämagglutinine 7 Agglutinine

Diagnostische Wertigkeit. Der Hämatokrit ist eine einfache und zuverlässige Methode zur Bestimmung des Erythrozytenanteils an der Gesamtblutmenge und somit indirekt des Hämoglobingehaltes des Bluts.

Hämatin-Albumin

Literatur. Stobbe H (1991) Hämatokritwert. In: Boll I, Heller S (Hrsg)

7 Methämalbumin

Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 56–62

Hämatokrit H. Baum

Hämatopoese

Englischer Begriff. hematocrit; packed red cell volume; PCV Definition. Anteil des Erythrozytenvolumens am Gesamtblutvolumen. Funktion und Pathophysiologie. Der Hämatokrit beschreibt den

Volumenanteil der 7 Erythrozyten am Gesamtblutvolumen. Veränderungen erfolgen gleichsinnig mit Änderungen der 7 Hämoglobinkonzentration. Veränderungen können bedingt sein durch Zu- oder Abnahme des Erythrozytenvolumenanteils oder durch Erhöhungen oder Verminderungen ihres Verteilvolumens (intraversaler Flüssigkeitsraum).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut, Heparinblut

7 Blutbildung

Hämaturie 7 Blut im Urin; 7 Hämoglobin im Urin; 7 Myoglobin im Urin

Hämiglobin 7 Methämoglobin

Hämoccult-Test S. Holdenrieder, P. Stieber

Probenstabilität. Bei Raumtemperatur bis 24 h stabil.

Synonym(e). Blut, okkultes fäkales; Guaiac-Test

Analytik.

Englischer Begriff. hemoccult, occult fecal blood, occult blood test

5 Zentrifugationsmethode mit einer Mikrohämatokritzentrifuge, geregelt in der DIN 58 933 Teil I. Es wird eine mit Blut gefüllte heparinisierte Kapillare bei 10.000 × g zentrifugiert. Das Sediment wird dabei von den Erythrozyten gebildet. Dieser Anteil wird in das Verhältnis zur Gesamtblutmenge gesetzt. 5 Ermittelt aus den in Analysensystemen direkt gemessenen Kenngrößen Erythrozytenzahl und MCV mit der Formel Hämatokrit = Erythrozytenzahl (T/L) × MCV (fL) / 10

Konventionelle Einheit. % Internationale Einheit. L/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. :100 Referenzbereich — Frauen. 0,37–0,43 L/L (37–43 %) Referenzbereich — Männer. 0,40–0,48 L/L (40–48 %) Referenzbereich — Kinder. Der Referenzbereich ist bei Kindern stark altersabhängig, wobei Säuglinge und Kleinkinder höhere Werte haben (7 Tab. 1). Hämatokrit. Tab. 1. Referenzbereich Kinder Alter

Mittelwert (L/L)

2 s-Bereich (L/L)

Neugeborene

0,59

0,51–0,65

1 Monat

0,50

0,42–0,56

3 Monate

0,45

0,39–0,52

1 Jahr

0,42

0,37–0,49

4 Jahre

0,40

0,30–0,51

8 Jahre

0,41

0,36–0,46

Indikation.

5 Diagnostik und Differenzialdiagnostik der Anämien, Polyglobulien, Polyzythämien sowie bei Zuständen mit Hämodilution oder Hämokonzentration. 5 Berechnung der Erythrozytenindices MCV und MCHC

Interpretation.

5 erniedrigter Hämatokrit bei Anämien, Hyperhydratation (z. B. Gravidität)

Definition. Nichtquantitativer Nachweis von okkultem Blut im Stuhl mittels der Guaiac-Methode. i Der Nachweis des okkulten Bluts im Stuhl wird häufig mit dem

Hämoccult-Test (Guaiac-Test) gleich gesetzt, da dieser die am weitesten verbreitete Methode für diese Fragestellung derzeit ist. Der Nachweis des okkulten Bluts beruht auf der Messung der Peroxidaseaktivität des Häms. Hämoglobinhaltige Proben führen nach Zusatz einer Guaiacharzlösung und von Wasserstoffperoxid zu einer Blaufärbung. Indikationen für den Einsatz des Hämoccult-Tests sind: 5 Screening bei symptomlosen Patienten > 45 Jahre hinsichtlich des Vorliegens eines kolorektalen Karzinoms 5 Ergänzende Untersuchung zur Differenzialdiagnose bei symptomatischen Patienten Trotz der relativ geringen Sensitivität, Spezifität und dem niedrigen positiv prädiktiven Wert hat sich gezeigt, dass die konsequente Vorsorge durch den Hämoccult-Test, alleine oder im Wechsel mit einer Sigmoidoskopie, die Mortalität des Kolonkarzinoms bei gleichzeitiger Kosteneffektivität, gesenkt werden kann. Dabei wird der HämoccultTest als Voruntersuchung zu weiterführender endoskopischer Diagnostik angewendet. Bei einer Blutbeimengung von mehr als 30 mL in der 24-h-Stuhlmenge sind etwa 90 % der Untersuchungen positiv. Differenzialdiagnostisch sind allerdings u.a. Hämorrhoiden, Analfissuren, Polypen, entzündliche Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, andere Ursachen einer gastrointestinalen Blutung und Menstruationen zu berücksichtigen. Falsch-positive Befunde können außerdem durch das Nichteinhalten von Diätvorschriften (z.B. rohes Fleisch, Meerrettich, Broccoli, Blumenkohl, Leber, Rettich, Radieschen, Bananen, Kirschen, Eisen und Iod), durch die Einnahme potenziell blutungsfördernder Medikamente (z.B. Azetylsalizylsäure, Glukokortikoide, nichtsteroidale Antiphlogistika, Antirheumatika oder Cumarin-Derivate) sowie eine Eisentherapie verursacht werden. Falsch-negative Resultate erhält man unter anderem durch die Einnahme von Vitamin-C-Präparaten sowie verschiedenen Fruchtsäften. Neue Parameter wie die Messung des 7 Hämoglobin-HaptoglobinKomplexes können möglicherweise diese Limitationen überwinden. Tumorspezifischere Marker wie die Bestimmung von DNA-Veränderungen abgeschilferter epithelialer Zellen im Stuhl können potenziell die Spezifität für die Screeninguntersuchungen verbessern.

Literatur. John M, Schmidt-Gayk H (2008) Okkultes Blut im Stuhl. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. THBooks, Frankfurt/Main, S 661–665

Hämoglobin

601

Veränderungen für sehr seltene spezielle Arten dieser Erkrankung verantwortlich sind (7 Tab. 1).

Hämochromatose-Gen R. Weiskirchen

Synonym(e). HFE Englischer Begriff. hemochromatosis gene; hereditary hemochromatosis gene

Definition. Dieses 7Gen codiert ein Protein des Gastrointestinaltraktes, das funktionell bei der Regulation der zellulären 7Eisenresorption beteiligt ist und vor allem intrazytoplasmatisch und an der basalen Oberfläche duodenaler Kryptenzellen nachgewiesen werden kann. i Das auf dem kurzen Arm des 7 Chromosoms 6 (6p21.3) gele-

gene humane Hämochromatosegen (HFE) umfasst 7 7 Exons und umspannt insgesamt 12 kbp. Das von ihm codierte Protein besitzt strukturelle Ähnlichkeit zu den MHC Proteinen der Klasse I, hat Bindungsaffinität zu β2-Microglobulin, bildet stabile Dimere mit dem 7 Transferrin-Rezeptor und reguliert die Expression von 7 Hepcidin. Funktionelle Untersuchungen zeigen, dass das HFE-Protein durch Assoziation mit dem Transferrin-Rezeptor dessen Affinität für Eisen beladenes Transferrin senkt. 7 Mutationen im HFE-Gen, die Aminosäuresubstitutionen an den Positionen C282Y, H63D oder S65C bewirken, können zu einer Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) führen. Die Mutationen H63D und S65C sind mit einer milderen Verlaufsform assoziiert und können insbesondere bei Vorliegen einer heterozygoten C282Y-Mutation die Entstehung einer Hämochromatose begünstigen. Aufgrund einer erhöhten Eisenaufnahme im Darm kommt es zu einer Erhöhung des Gesamteisengehalts des Menschen von ~4–5 g auf bis zu 80 g mit einer ausgeprägten Eisenablagerung in verschiedenen Organen, die im Endstadium zum Organversagen führt. Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt und tritt bei Männern rund zehnmal häufiger auf als bei Frauen. Erste Manifestation einer Hämochromatose treten bei Männern meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, bei Frauen nach der Menopause, auf. Als Leitsymptome treten oftmals Hepatomegalie, veränderte Pigmentierung der Haut (bronzefarben- oder grau-bräunlich), Diabetes mellitus, Verlust der Körperbehaarung, Hodenatrophie, Libidoverlust, Splenomegalie, arthritische Gelenkbeschwerden, kardiale Symptome (Tachyarrhythmien, Rechts-, Linksherzinsuffizienz), Leberzirrhosen (bis hin zum hepatozellulären Karzinom) auf. Zur Diagnose gehören neben der direkten Konzentrationsbestimmung von Eisen und 7 Ferritin, die Bestimmung der Transferrinsättigung sowie die genetische Untersuchung des Hämochromatose-Gens. Zur Behandlung der Eisenüberladung werden Aderlässe durchgeführt. Neben dem klassischen HFE-Gen gibt es noch die Gene 7 Hemojuvelin (HFE2A), Hepcidin (HFE2B), Transferrin Rezeptor 2 (HFE3), Ferroportin (HFE4), deren

Literatur. Feder JN, Gnirke A, Thomas W et al (1996) A Novel MHC Class 1-Like Gene is Mutated in Patients with Hereditary Haemochromatosis. Nat Genet 13:399–408 Pietrangelo A (2004) Hereditary Hemochromatosis – A New Look at an Old Disease. N Engl J Med 350:2383–2397

Hämodialyse 7 Dialyse

Hämoglobin H. Baum

Synonym(e). Blutfarbstoff, roter Englischer Begriff. hemoglobin Definition. Eisenhaltiges, sauerstoffbindendes Protein der Erythrozyten mit Peroxidaseeigenschaft.

Struktur. Tetramer aus 2 Paaren identischer Globinketten sowie 4 Hämmolekülen

Hämoglobin. Abb. 1. Tetramere Struktur des Hämoglobins HbA. Innerhalb der jeweiligen Ketten ist das Sauerstoff-bindende Hämmolekül dargestellt [aus: Löffler (2006)]

Hämochromatose-Gen. Tab. 1. Genmutationen, die zur Eisenüberladung führen Gen

Vererbung

chromosomale Lokalisation

Rolle in der Eisenhomöostase

Klinischer Test

HFE (HFE1)

autosomal rezessiv

6p21

reguliert Konzentration von Hepcidin

genetische Analyse des HFEGens (C282Y, H63D, S65C)

Hemojuvelin (HFE2A)

autosomal rezessiv

1q21

unbekannt; reguliert Konzentration von Hepcidin?

Test noch nicht verfügbar

Hepcidin (HFE2B)

autosomal rezessiv

19q13

Hormon, das die Eisenabsorption kontrolliert, Freisetzung von Eisen aus den Makrophagenspeichern

Test noch nicht verfügbar

Transferrin Rezeptor 2 (HFE3)

autosomal rezessiv

7q22

ähnelt dem Transferrinrezeptor, der an der zellulären Eisenaufnahme beteiligt ist; Rolle nicht klar

Test noch nicht verfügbar

Ferroportin (HFE4)

autosomal dominant (klar erkennbare Pathologie)

2q32

Eisentransporter

Test noch nicht verfügbar

H

602

Hämoglobin, freies

Molmasse. 68 kDa

Definition. Frei im Plasma nachweisbares Hämoglobin.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hämoglobin wird aus-

Funktion und Pathophysiologie. Beim Abbau der Erythrozyten im

schließlich in den erythrozytären Vorläuferzellen synthetisiert. Seine Verteilung entspricht der Erythrozytenmasse. Der Abbau erfolgt nach Aufnahme der Erythrozyten in Zellen des retikuloendothelialen Systems vor allem der Milz. Der Hämanteil wird über Biliverdin zum unkonjugierten Bilirubin abgebaut, das hepatisch eliminiert wird.

retikuloendothelialen System (RES) werden geringe Mengen dimeres Hämoglobin freigesetzt. Dieses freigesetzte Hämoglobin wird äquimolar an Haptoglobin gebunden und dem RES wieder zugeführt. Wird die Bindungskapazität des Haptoglobins überschritten (z. B. starke Hämolyse), so kann freies Hämoglobin im Plasma nachgewiesen werden.

Funktion und Pathophysiologie. Das Hämoglobinmolekül ist ein Tetramer aus zwei identischen Paaren von Polypeptidketten, wobei jede Kette ein Hämmolekül (Ferroprotoporphyrin IX) enthält. Allen normalen fetalen und adulten Hämoglobinen ist das α-Kettenpaar gemeinsam. Die unterschiedlichen Hämoglobine werden durch das zweite Kettenpaar bestimmt (β-, γ- oder δ-Kette). Jede dieser vier Hämmoleküle kann reversibel ein Molekül O2 binden, sodass das Hämoglobin der ideale Sauerstoffträger ist. Die Sauerstoffsättigung des Hämoglobins hängt dabei vor allem von der Sauerstoffspannung ab. Das Sauerstoffbindungsvermögen ist abhängig von der Art des variablen Kettenpaars der Hämoglobine sowie von der Konzentration von CO2, H+, 2,3-Diphosphorglyzerinsäure sowie der Temperatur.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinplasma, Citratplasma, Blut frei abtropfen lassen und schonend transportieren Probenstabilität. Möglichst schnelle Abtrennung des Plasmas, um falsch hohe Messwerte durch Übertritt von Hämoglobin aus den Erythrozyten in vitro zu vermeiden. Im Plasma selbst ist der Parameter dann stabil. Analytik. Methode nach Harboe: Photometrische Messung des verdünnten Plasmas bei drei Wellenlängen und Berechnung nach der Formel:

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut.

Konz.Hb (mg/dL) = (Abs.415nm × 167) – (Abs.380nm × 83) – (Abs.450nm × 83)

Präanalytik. Es sind keine besonderen präanalytischen Bedingungen

(Abs = Absorption)

einzuhalten.

Analytik.

5 Empfohlen wird die photometrische Messung mit der Cyanhämiglobinmethode. Dabei werden alle im Blut nachweisbaren Hämoglobine mit Kaliumhexacyanoferrat(III) quantitativ in Cyanhämiglobin überführt und bei 546 nm gemessen. 5 Alternativ wird bei einigen vollautomatischen Methoden auch SLS (Natriumlaurylsulfat) zur Messung verwendet. Dabei werden normalerweise gleiche Ergebnisse erzielt.

Konventionelle Einheit. g/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. g/dL = mmol/L × 1,61 Referenzbereich — Frauen. 123–153 g/L Referenzbereich — Männer. 140–175 g/L Referenzbereich — Kinder. Alters- und geschlechtsabhängig, wobei Neugeborene höhere Werte bis > 200 g/L haben, die aber innerhalb von 10–12 Wochen auf einen Nadir von etwa 90 g/L abfallen. Die Werte der Erwachsenen werden erst mit der Pubertät erreicht.

Indikation. Diagnostik von Anämien und Polyglobulien Interpretation. Verminderung der Hämoglobinkonzentration unter die jeweilige alters- und geschlechtsspezifische Referenzbereichsgrenze spricht für eine Anämie, eine Erhöhung wird als Polyglobulie bezeichnet. Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung der Hämoglobinkon-

zentration wird, zusammen mit dem 7 Hämatokrit, zur Definition von Anämien und Polyglobulien herangezogen. Eine Einteilung der Anämien kann jedoch nur durch die abgeleiteten Kenngrößen MCH, MCV, MCHC und der 7 Retikulozyten erfolgen.

Literatur. Löffler G, Petrides PE (2006) Biochemie und Pathobiochemie, 8., völlig neu bearbeitete Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Thomas L (2005) Hämoglobine. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 487–489

Hämoglobin, freies H. Baum

Englischer Begriff. hemoglobin in plasma

Die Methode wird durch Hyperbilirubinämie > 2 mg/dL gestört. Methode nach Kahn: Photometrische Messung des unverdünnten Plasmas bei drei Wellenlängen und Berechnung nach der Formel: Konz.Hb (mg/dL) = (Abs.578nm × 155) – (Abs.562nm × 86) – (Abs.598nm × 69) Die Methode wird durch eine starke Lipämie gestört. Immunologische Methoden: Nephelometrie, Turbidimetrie

Konventionelle Einheit. mg/dL Referenzbereich — Erwachsene. < 5 mg/dL Referenzbereich — Kinder. < 5 mg/dL Indikation.

5 Diagnose und Verlaufsbeurteilung von akuten und chronischen Hämolysen 5 Nachweis artifizieller präanalytischer Hämolysen

Interpretation. Anstieg des freien Hämoglobins über 5 mg/dL spricht für das Vorliegen einer stärkeren Hämolyse. Dabei ist die Erhöhung des freien Hämoglobins ein empfindlicherer Parameter einer Hämolyse als die LDH, jedoch erst nach starkem Abfall des Haptoglobins. Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung des freien Hämoglobins ist eine wichtige Kenngröße zur Beurteilung des Hämolyseausmaßes. In erster Linie ist dabei differenzialdiagnostisch zu denken an: 5 Herzklappenersatz 5 extrakorporaler Kreislauf bei herzchirurgischen Eingriffen 5 Arzneimittelintoxikationen und -nebenwirkungen 5 Hämoglobinopathien 5 Schwermetallvergiftungen 5 Malaria

Literatur. Thomas L (2005) Freies Hämoglobin. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 196–199 Bednar R, Bayer PM (1994) Freies Hämoglobin im Plasma – Vergleich zweier spektralphotometrischer Methoden; Bilirubin als Störfaktor. Lab Med 18:196–199

Hämoglobin, glykiertes K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Glykohämoglobin

Hämoglobin A1c

Englischer Begriff. glycated hemoglobin Definition. Glykierungsprodukte von Hämoglobin mit unterschiedlichen Kohlenhydraten, vornehmlich Glukose i Wie andere Proteine wird Hämoglobin nichtenzymatisch gly-

kiert. Freie Aminogruppen für diese Reaktion sind an den N-terminalen Aminosäuren der Globinketten und an mehreren Lysinresten verfügbar. Da die Reaktion in erster Linie von der Konzentration der Kohlenhydrate abhängt, gibt die Konzentration von glykiertem Hämoglobin Aufschluss über den Glukosegehalt des Bluts während der Lebensdauer eines Erythrozyten. Zur Nomenklatur der glykierten Hämoglobine 7 Tab. 1. Zu beachten ist, dass HbA und HbA2 Hämoglobine unterschiedlicher Globinzusammensetzung bezeichnen, während HbA1 sich auf glykiertes HbA bezieht. Diese Inkonsequenz der Nomenklatur ist historisch entstanden. Die nicht mit Glukose glykierten Formen werden bei den selteneren Hämoglobinen A2 und F nicht berücksichtigt, weil sie quantitativ zum Gesamt-Hämoglobin vernachlässigbar sind. Wenn neben dem N-terminal glykierten Hämoglobin auch an Aminogruppen von Lysinen glykierte Varianten detektiert werden, wird vom Gesamt-Glykohämoglobin gesprochen. Die Analytik glykierter Hämoglobine erfolgt meist mittels 7 Ionenaustauschchromatographie, elektrophoretisch oder immunologisch und erfasst in der Regel nur die N-terminal glykierten Formen. Die verschiedenen Methoden machen sich Unterschiede in Ladung, Struktur oder Chemie zunutze. In den letzten Jahren hat sich die Bestimmung von HbA1c (7 Hämoglobin A1c) in der klinischen Routine gegenüber den anderen Methoden durchgesetzt (7 Tab. 1).

603

mit Blut aus der Scheide oder, beim Mann durch Kontamination mit äußeren Wunden und Blutungen am äußeren Genitale verursacht werden.

Präanalytik. Bei sichtbarer Hämoglobinurie gibt die Probengewinnung in Portionen (7 Drei-Gläser-Probe) schon einen Hinweis auf die Ursache der Blutung.

Analytik. Eine Hämoglobinurie wird ab einer Konzentration von 1 mg/L Hämoglobin mit dem 7 Teststreifen positiv. Der Nachweis erfolgt durch die Peroxidaseeigenschaften des Hämoglobins (bei Ausschluss von Myoglobin im Urin, das ebenfalls Peroxidaseeigenschaft besitzt!). Die Empfindlichkeit nimmt bei längerer Lagerung der Probe an Luft ab durch Bildung von Methämoglobin bis zur Bildung von dunkelbraunen und schwarzen Metaboliten des Hämoglobins im Urin. Anhand der mikroskopischen Untersuchung kann zwischen Hämoglobinurie und Hämaturie unterschieden werden. Auch die Analyse des Hämoglobins vor und nach Zentrifugation kann einen Hinweis auf die Form der Hämaturie geben. Referenzbereich — Erwachsene. nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. nicht nachweisbar Indikation. Im Rahmen des 7 Urinstatus wird als Basisuntersuchung mit 7 Urinstreifen jede Urinprobe auf Hämoglobin und Erythrozyten sowie Myoglobin mit einem Testfeld untersucht. Jede mittels Teststreifen oder bloßem Auge festgestellte Hämaturie sollte auf das Vorliegen einer Hämoglobinurie geprüft werden.

Hämoglobin, glykiertes. Tab. 1. Nichtglykiertes Hb

Anteil (%)

Glykierte Formen

Kommentar

HbA (a2, b2)

95–97

HbA1

N-terminal an der β-Kette glykiertes HbA mit Fruktose-1,6-Bisphosphat mit Glukose-6-Phosphat mit unbekanntem Partner mit D-Glukose (~75–80 % des HbA1)

HbA1a1 HbA1a2 HbA1b HbA1c

HbA2 (a2, d2)

95

reife Neugeborene

77,5–87

< 1 Jahr

altersabhängiger Abfall

1–2 Jahre

0,5–2,0

> 2 Jahre

< 0,5

Indikation.

5 Verdacht auf das Vorliegen einer β-Thalassämie 5 hypochrome, mikrozytäre Anämie bei normalem Eisenstatus

Interpretation. Werte zwischen 3,5–8 % der Gesamthämoglobinkonzentration sprechen für das Vorliegen einer β-Thalassämie. Werte > 8 % sind primär unplausibel und sollten wiederholt werden. Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung des HbA2 ist in der Diagnostik der β-Thalassämie-Syndrome ein wegweisender Parameter. Allerdings muss die Interpretation immer in der Zusammenschau mit dem Elektrophoresemuster beurteilt werden, da bei einzelnen β-Thalassämie-Syndromen eine Erhöhung von HbA2 nicht nachweisbar ist. In diesen Fällen ist jedoch das HbF erhöht. Auch können bei einigen Formen beide Hämoglobinvarianten erhöht nachgewiesen werden. Literatur. Wild BJ, Bain BJ (2001) Investigation of abnormal haemoglobins and thalassaemia. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (eds) Practical Haematology. 9th edn. Churchill Livingstone, London, S 231–268

Hämoglobin F H. Baum

Interpretation. Bei den einzelnen Hämoglobinopathien kann das HbF in unterschiedlicher Konzentration nachgewiesen werden (7 Tab. 2). Hämoglobin F. Tab. 2. Unterschiedliche Hämoglobin-F-Konzentrationen bei ausgewählten Hämoglobinopathien Hämoglobin-FKonzentration (%)

Hämoglobinopathie

Synonym(e). HbF

0–1

normal

Englischer Begriff. hemoglobin F

1–5

in ~30 % der Fälle mit β-Thalassämien verschiedene hetero- und homozygote Hämoglobinvarianten sporadisch in der Normalbevölkerung

5–20

bei einigen β-Thalassämievarianten einige homozygote Hämoglobinvarianten heterozygote Form familiärer HbF-Persistenz (HPFH) β-Thalassämien

Definition. Hämoglobinmolekül, das aus 2 α-Ketten und 2 γ-Ketten besteht.

Funktion und Pathophysiologie. Das HbF wird physiologischerweise nur während der Fetalperiode synthetisiert. Im Vergleich zum HbA des Erwachsenen hat es eine höhere Bindungsaffinität zu Sauerstoff, sodass der Sauerstoff plazentar leichter auf das fetale HbF übertritt. Postpartal wird das HbF durch das HbA ersetzt. Bei verschiedenen Hämoglobinopathien und Thalässämiesyndromen wird das HbF im Sinne einer Reexprimierung vermehrt gebildet und kann somit zur Diagnostik herangezogen werden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

15–45

heterozygote HPFH-Formen β-Thalassämia intermedia

5 EDTA-Blut; nach Blutentnahme sollte baldmöglichst ein Hämolysat hergestellt werden. 5 Fixiertes Ausstrichpräparat

> 45

β-Thalassämia major einige Formen der β-Thalassämia intermedia Neugeborene

Probenstabilität. Hämolysat bei –20 °C mehrere Monate stabil.

> 95

homozygote Form der HPFH Neu- und Frühgeborene

Präanalytik. Keine besonderen Abnahmebedingungen erforderlich. Analytik. Zur Bestimmung des HbF stehen mehrere Methoden zur Verfügung: 5 Elektrophoretische Auftrennung auf einer Celluloseacetatfolie im alkalischen Milieu 5 HPLC 5 Säuredilution eines fixiertem Ausstrichpräparat 5 Alkalidenaturierung

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung des HbF erfolgt in der Regel simultan mit anderen Hämoglobinvarianten. Dabei werden die Art der nachweisbaren Hämoglobine und deren prozentuale Verteilung zur Differenzialdiagnose herangezogen. Literatur. Wild BJ, Bain BJ (2001) Investigation of abnormal haemoglobins and thalassaemia. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (Hrsg) Practical Haematology. 9th edn. Churchill Livingstone, London, S 231–268

Konventionelle Einheit. % Internationale Einheit. %

Hämoglobin S

Referenzbereich — Erwachsene. < 0,5 %

H. Baum

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1

Synonym(e). HbS

Indikation. V. a. das Vorliegen einer Hämoglobinopathie oder Tha-

Englischer Begriff. hemoglobin S

lassämie mit vermehrter Expression von HbF. In erster Linie bei: 5 V. a. familiäre Hämoglobin-F-Persistenz (HPFH) 5 V. a. Thalassämie-Syndrome 5 andere seltene Hämoglobinvarianten 5 DD maternale oder fetale Erythrozyten bei vaginaler Blutung in der Schwangerschaft

Definition. Abnormes Hämoglobin mit Mutation in der β-Kette des Hämoglobins und Austausch einer Aminosäure (β6 Glu → Val). Funktion und Pathophysiologie. Durch eine Mutation in der β-Kette des Hämoglobins kommt es zu einem Aminosäurenaustausch bei β6 Glu → Val. Dies führt, vor allem bei verminderter Sauerstoffspannung

H

606

Hämoglobinbestimmung

zur Aggregationsneigung des Hämoglobinmoleküls. Die Erythrozyten verlieren dadurch ihre Verformbarkeit und rheologischen Eigenschaften und nehmen eine Sichelform an. Die Mutation wird autosomal dominant übertragen, wobei es jedoch eine Vielzahl von phänotypischen Ausprägungen gibt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut. Es sind keine besonderen Entnahmebedingungen zu beachten.

Probenstabilität. Der Parameter ist stabil und kann mehrere Tage gelagert werden.

Analytik. Zur Bestimmung des HbS können verschiedene Verfahren eingesetzt werden: 5 HbS-Löslichkeitstest: Das Hämolysat wird mit Dithionit zum Entzug von Sauerstoff versetzt. Das HbS wird als einziges Hämoglobin ausgefällt und führt zu einer Trübung des Ansatzes. Diese Methode wird meist nur bei in der Hämoglobinelektrophorese nicht eindeutig zu interpretierender Befunde eingesetzt. 5 Hämoglobinelektrophorese: Im alkalischen Milieu wandert das HbS an typischer Stelle zusammen mit dem HbD und HbG. Durch eine zusätzliche Auftrennung im sauren Milieu können dann diese drei abnormalen Hämoglobine unterschieden werden. 5 Andere Methoden sind die Säulenchromatographie oder die HPLC. Für spezielle Fragestellungen kann auch der molekularbiologische Nachweis der Mutation durchgeführt werden.

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar

Instrumentierung. Die Bestimmung des Hämoglobins wird von allen modernen Blutbildanalysegeräten zusammen mit der Zählung der zellulären Bestandteile parallel durchgeführt. Fehlermöglichkeit. Falsch hohe Messwerte können gefunden werden, wenn andere Substanzen im Blut vorkommen, die bei der gleichen Wellenlänge wie das Hämiglobincyanid ein Extinktionsmaximum haben (Bilirubin) oder die Probe trübe ist (Triglyzeride, extreme Leukozytose).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methode ist einfach und zuverlässig. Sie ist problemlos automatisierbar, wobei in mechanisierten Analysengeräten keine Endpunktmessung, sondern eine kinetische Messung durchgeführt wird. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Es gibt verschiedene Methoden zur Hämoglobinbestimmung. Empfohlen wird jedoch ausschließlich die Cyanhämiglobin-Methode. Die Cyanhämiglobin-Methode erfasst alle im Blut vorkommenden Hämoglobine und wandelt sie quantitativ in den stabilen Hämiglobincyanid-Komplex um.

Literatur. Stobbe H (1991) Analyte des Kleinen Blutbildes – Hämoglobinkonzentration. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 44–54

Hämoglobin-bindendes Protein 7 Haptoglobin

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar Indikation.

5 Anämien nach Ausschluss eines Eisenmangels bei Patienten aus Verbreitungsgebieten 5 Gefäßverschlusserkrankungen bei Patienten aus Verbreitungsgebieten 5 präventive Fragestellungen, genetische Beratung 5 Partnerscreening in der Schwangerschaft

Interpretation. Der Nachweis des HbS ist beweisend für die Diagnose der Sichelzallanämie. Es können dabei heterozygote und homozygote Merkmalsträger unterschieden werden. Die homozygoten Merkmalsträger zeigen die klinischen Symptome bereits im Kleinkindalter, während heterozygote Merkmalsträger meist erst unter Stress mit Verminderung der Sauerstoffspannung symptomatisch werden (Herzfehler, Nierenerkrankungen, Flug ohne Druckausgleich, große Höhen, Extremsport). Dabei sind die Symptome meist mild ausgeprägt. Diagnostische Wertigkeit. Der Nachweis dient dem Beweis bzw. Ausschluss einer Sichelzellanämie bei Patienten mit Anämien.

Literatur. Kohne E (2005) Hämoglobinopathien. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 499–506

Hämoglobindifferenzierung H. Baum

Englischer Begriff. hemoglobin differentiation Definition. Differenzierung der einzelnen Hämoglobinvarianten durch physikalische oder chemische Methoden zum Nachweis normalerweise nicht oder nur in Spuren vorkommender Hämoglobine. i Die Hämoglobindifferenzierung wird zur Erkennung physiologisch beim Erwachsenen nicht vorkommender Hämoglobine durchgeführt. Dabei kommen verschiedene physikalische und chemische Techniken zum Einsatz. Unterschieden werden dabei Methoden zum Trennen der im Blut enthaltenen Hämoglobine wie die Elektrophorese (7 Hämoglobinelektrophorese) im alkalischen oder sauren Milieu und der Nachweis einzelner Hämoglobine, wie z. B. die Methode nach Kleihauer-Bethge zur Erkennung von HbF-Zellen im Ausstrich. In der 7 Tab. 1 sind die wichtigsten Differenzierungstechniken und ihre Einsatzgebiete zusammenfassend dargestellt.

Literatur. Kohne E (2005) Hämoglobinopathien. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 499–506

Hämoglobinbestimmung

Hämoglobinelektrophorese

H. Baum

H. Baum

Englischer Begriff. hemoglobin determination

Englischer Begriff. hemoglobin electrophoresis

Definition. Photometrische Bestimmung der Hämoglobinkonzentra-

Definition. Auftrennen der verschiedenen Hämoglobine auf einem geeigneten Trägermedium im elektrischen Feld.

tion in einer Flüssigkeit.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Mit Kaliumhexacyanoferrat(III) wird Hämoglobin zu Hämiglobin oxidiert. In einer anschließenden Reaktion reagiert das gebildete Hämiglobin mit Kaliumcyanid zu Hämiglobincyanid. Dieses sehr stabile Hämiglobincyanid hat bei 546 nm ein Absorptionsmaximum und kann so photometrisch bestimmt werden. Einsatzgebiet. Bestimmung der Hämoglobinkonzentration in Blut und anderen Körperflüssigkeiten.

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut, andere Körperflüssigkeiten

Physikalisch-chemisches Prinzip. Je nach Aminosäurenzusammensetzung tragen die einzelnen Hämoglobine eine unterschiedliche Netto-Gesamtladung. In einem elektrischen Feld kommen die einzelnen Hämoglobine deshalb in Abhängigkeit ihrer elektrischen Nettoladung bei einem definierten pH-Wert an unterschiedlichen Stellen zum Liegen. Die Auftrennung erfolgt dabei normalerweise in einem alkalischen Milieu mit pH 8,5. Durch eine zusätzliche Auftrennung in einem sauren Milieu mit pH 6,1 können Hämoglobine getrennt werden, die im alkalischen Milieu an gleicher Stelle zum Liegen kommen.

Hämoglobingehalt, Erythrozyten

Hämoglobindifferenzierung. Tab. 1. Methoden zur Hämoglobindifferenzierung und ihre Einsatzgebiete Methode

Einsatz

Elektrophorese

Thalassämiesyndrome, Hämoglobinopathien (HbS, HbC, HbE etc.)

607

Instrumentierung. Elektrophoresekammer zur Auftrennung; für eine Quantifizierung wird ein Densitometer benötigt. Spezifität. Differenziert werden nur solche abnormalen Hämoglobine, die im Vergleich zu den normalerweise vorkommenden Hämoglobinen eine andere elektrophoretische Beweglichkeit haben. Insofern ist in Einzelfällen mit falsch negativen Ergebnissen zu rechnen.

Chromatographie

HbA1c, HbA2

Fehlermöglichkeit. Abnormale Hämoglobine mit identischem Wanderungsverhalten wie die normalerweise nachweisbaren Hämoglobine können zu Fehlinterpretationen führen.

HPLC

HbA1c, HbA2

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Bei Verwendung von kon-

Säure-Elutionsmethode nach Kleinhauer-Betke

HbF-Zellen im Ausstrich

Alkalidenaturierung

HbF

Hb-Stabilitätstest

Nachweis instabiler Hämoglobine

HbS-Löslichkeitstest

Abgrenzung von HbS gegenüber in der Elektrophorese an selber Stelle wandernder Hämoglobine

HbS-Sichelzelltest

Nachweis der Sichelzellen unter Sauerstoffentzug

fektionierten Assays ist die Analyse zuverlässig und einfach in ihrer Durchführung. Die Methode ist nur zum Teil automatisierbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Screeningmethode bei Verdacht auf das Vorliegen einer Hämoglobinopathie. In Zweifelsfällen muss das Ergebnis mit spezifischen Testen verifiziert werden. Literatur. Behnken LJ, Darvey D (1991) Hämoglobinopathien. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 108–109

Hämoglobingehalt, Erythrozyten H. Baum

Synonym(e). HbE; MCH; Mittleres korpuskuläres Hämoglobin DNA-Analyse

bei Ergebnislosigkeit von Proteinanalysemethoden

Englischer Begriff. mean corpuscular hemoglobin; MCH Definition. Mittlerer Hämoglobingehalt des Einzelerythrozyten. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut Analytik. Rechengröße aus den Kenngrößen Hämoglobin und Erythrozytenzahl nach der Formel: MCH (pg) = Hämoglobin (g/L) / Erythrozytenzahl (× 1012/L)

Konventionelle Einheit. pg Internationale Einheit. fmol Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. pg = 16,11 × fmol Referenzbereich — Frauen. 26–32 pg Referenzbereich — Männer. 26–32 pg Referenzbereich — Kinder. Hämoglobingehalt, Erythrozyten. Tab. 1. Referenzbereich Kinder

Hämoglobinelektrophorese. Abb. 1. Hämoglobinelektrophorese im alkalischen Milieu (pH 8,5). Spur 1: Normalkontrolle, Spur 2: HbS-Kontrolle, Spur 3–5: Patienten mit Erhöhung des HbA2, Spur 6–7: Patient mit HbS, Spur 8: HbF-Kontrolle

Einsatzgebiet. Screeningmethode bei Verdacht auf das Vorliegen von

Alter

Hämoglobingehalt der Erythrozyten (pg)

Neugeborene

30–42

3 Monate

27–37

6 Monate

25–35

1 Jahr

22–32

4 Jahre

23–32

Indikation. Rechengröße bei der Bestimmung des kleinen Blutbildes.

Hämoglobinvarianten: 5 Thalassämie-Syndrome 5 Identifizierung der häufigsten Hämoglobin-Strukturanomalien (HbC, HbD, HbF, HbS)

Interpretation. Einteilung der Erythrozyten in hypochrome, normochrome und hyperchrome Zellen. Die Kenngröße kann jedoch nur in der Zusammenschau mit den anderen Erythrozytenindizes (MCV, MCHC) und dem Hämoglobingehalt interpretiert werden (7 Erythrozyten-Indices).

Untersuchungsmaterial. lysiertes und stabilisiertes EDTA-Blut

Diagnostische Wertigkeit. 7 Erythrozyten-Indices

H

608

Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl

Literatur. Stobbe H (1991) Erythrozytenindizes. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 73–78

Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl T. Arndt

Synonym(e). Hb-Hp-Komplex; Hp-Hb-Komplex; Haptoglobin-Hämoglobin-Komplex Englischer Begriff. hemoglobin-haptoglobin-complex (in stool); HbHp-complex; haptoglobin-hemoglobin-complex; Hp-Hb-complex

Definition. Relativ neue, noch nicht abschließend validierte Kenngröße zum immunologischen Nachweis von okkultem Blut im Stuhl mittels 7 Immunoassay. Struktur. Äquimolarer Komplex (7 Äquimolarität) aus 7 Hämoglobin und 7 Haptoglobin.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

Der Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex (Haptoglobin) bildet sich im Rahmen der durch intravasalen Erythrozytenuntergang bedingten Hämoglobinfreisetzung. Er wird aufgrund seiner Molekülgröße nicht renal filtriert und dient somit der Retention des Hämoglobineisens im Körper sowie der Protektion der Niere durch massive Hämoglobinurie. Der Komplex wird schnell (Halbwertszeit 8 min) durch den Scavenger-Rezeptor (CD 163) an Gewebemakrophagen (Leber, Milz) gebunden, internalisiert und katabolisiert und so aus der Zirkulation eliminiert. Bei intestinalen Einblutungen treten neben anderen Blutbestandteilen Hämoglobin und der Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex in das Darmlumen über und liegen im Stuhl inhomogen verteilt vor.

Halbwertszeit. In der Zirkulation beträgt die Halbwertszeit des Hämoglobin-Haptoglobin-Komplexes ~8 min. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Haselnussgroße Menge eines Spontanstuhls (kein Sammelstuhl erforderlich). Aufgrund der nichthomogenen Verteilung des Komplexes im Stuhl wird empfohlen, von zwei aufeinanderfolgenden Stühlen jeweils zwei Proben von unterschiedlichen Stellen des Stuhls zu analysieren. Probenstabilität. Gekühlter Probentransport erforderlich, insbesondere bei hohen Außentemperaturen. Der Komplex ist 48 h bei 2–8 °C, 4 Wochen bei –20° C stabil. Mehrmaliges Einfrieren und Auftauen ist zu vermeiden.

Präanalytik. Im Unterschied zum 7 Hämoccult-Test keine diätetischen Einschränkungen erforderlich und keine Beeinflussung durch Pharmaka und Desinfektionsmittel. Analytik. Im derzeit am häufigsten eingesetzten Test werden ~100 mg Stuhlprobe mit entsprechenden Volumina an Wasch- und Verdünnungspuffer aufbereitet. Die Hb-Hp-Komplex-Bestimmung erfolgt mit einem 7 Enzyme-linked Immunosorbentassay (ELISA) [mit Antikörpern gegen humanen Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex beschichteten Mikrotiterplatten, Peroxidase-gekoppeltem zweiten Antikörper und Umsetzung von TMB (Tetramethylbenzidin) mit abschließender Extinktionsmessung bei 450 nm gegen 620 nm]. Konventionelle Einheit. U/g (U/mL) Referenzbereich — Erwachsene. < 2,5 U/g Referenzbereich — Kinder. nicht etabliert Indikation. Nachweis von Blut im Stuhl (z. B. durch kolorektale Karzinome und Adenome) Interpretation. Der Nachweis des okkulten Bluts im Stuhl wird häufig mit dem 7 Hämoccult-Test (Guaiac-Test) gleich gesetzt. Dieser zeigt jedoch keine befriedigende Sensitivität und Spezifität und ist z. B. durch tierische Nahrungsproteine und Lösungs- und Oxidationsmittel (Desinfektionsmittel) beeinflusst. Die Messung des HämoglobinHaptoglobin-Komplexes kann möglicherweise die Limitationen des Hämoccult-Tests überwinden.

Diagnostische Wertigkeit. Derzeit kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Bestimmung des Hämoglobin-HaptoglobinKomplexes generell eine höhere diagnostische Aussagekraft hat, als der Hämoccult-Test. Beide Kenngrößen können falsch-positive und falsch-negative Befunde generieren. Ein diagnostischer Zugewinn wird durch die parallele Bestimmung beider Kenngrößen erwartet. Beurteilung der gegenwärtigen Datenlage[AWMF (2004)]: „Immunologische Tests auf Hämoglobin oder Hämoglobin/Haptoglobin im Stuhl besitzen eine höhere Sensitivität als der Hämoccult®-Test. Die Datenlage zur Spezifität ist uneinheitlich.“ Dem Vorteil der Unabhängigkeit von tierischer Ernährung und oxidierenden Substanzen im Stuhl oder Stuhlprobengefäß für die Hämoglobin-HaptoglobinKomplex-Bestimmung sind nach AWMF (2004) die höheren Kosten und die kompliziertere Analytik im Vergleich zum Hämoccult-Test gegenüber zu stellen.

Literatur. Allison JE, Tekawa IS, Ransom LJ et al (1996) A comparison of fecal occult-blood tests for colorectal-cancer screening. N Engl J Med 334:155–159 Young GP, St John DJ, Winawer SJ et al (2002) Choice of fecal occult blood tests for colorectal cancer screening: recommendations based on performance characteristics in population studies: a WHO (World Health Organization) and OMED (World Organization for Digestive Endoscopy) report. Am J Gastroenterol 97:2499–2507 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Nr. 021/007 Entwicklungsstufe: 3+IDA vom 01. September 2004 (www.uni-duesseldorf.de/ WWW/ AWMF/ll/021-007.htm)

Hämoglobinquotient 7 Färbeindex

Hämoglobinvarianten H. Baum

Englischer Begriff. hemoglobin variants Definition. Hämoglobine, die sich in der Zusammensetzung ihrer Globinketten unterscheiden. i Das Hämoglobinprotein besteht aus 2 Paaren von Globinpeptiden, wobei jede Globinkette eine sauerstoffbindende Hämgruppe trägt. Insgesamt können angesichts der Globinkettenzusammensetzung 7 verschiedene Hämoglobine unterschieden werden, wobei 4 Hämoglobine nur während der Embryogenese exprimiert werden (Hb Grower 1 und 2, Hb Portland 1 und 2). Im Fetalstadium werden diese embryonalen Hämoglobine durch das Hb F ersetzt, das wiederum postpartal durch das Hb A, die adulte Form, ersetzt wird. Allerdings können auch beim Erwachsenen geringe Mengen an 7 Hämoglobin F (< 1 %) und zusätzlich das 7 Hämoglobin A₂ (< 3,3 %) nachgewiesen werden. Die Gene für die einzelnen Hämoglobinketten sind auf dem Chromosom 16 (ζ- und α-Globulingen) und auf dem Chromosom 11 (ε-, γ- und β-Globulingen) lokalisiert. Dabei sind die Gene für die α-Kette und γ-Kette zweimal vorhanden (α1 und α2 sowie Gγ und Aγ). In 7 Abb. 1 sind die Gene, die daraus resultierenden Ketten und die gebildeten Hämoglobine zusammengefasst. Neben den normalerweise vorkommenden Hämoglobinvarianten gibt es über 700 verschiedene, durch Mutationen generierte genetisch determinierte Varianten. Diese sind klinisch jedoch meist unauffällig. Klinisch auffällige Varianten werden unter dem Begriff der Hämoglobinopathien zusammengefasst. Grundsätzlich unterschieden werden dabei Synthesedefekte einzelner Globinketten (Thalassämie-Syndrome) von der Expression strukturell abnormaler Hämoglobine (z. B. 7 Hämoglobin S).

Literatur. Wild BJ, Bain BJ (2001) Investigation of abnormal haemoglobins and thasassaemia. In: Lewis SM, Bain BJ, Bates I (Hrsg) Practical Haematology. 9th edn. Churchill Livingstone, London, S 231–268

Hämolyse, extravasal, intrahepatisch, intralienal, intravasal

609

Hämoglobinvarianten. Abb. 1. Anordnung der Gene der Hämoglobinketten auf den Chromosomen 16 und 11 und die physiologischerweise exprimierten Ketten beim Embryo, Fetus und postpartal. Die grau hinterlegten Hämoglobingene sind stumm und werden nicht transkribiert [mod. nach Wild (2001)]

Hämogramm nach Schilling H. Baum

Synonym(e). Leukozytenverteilungskurve

Hämolyse, extravasal, intrahepatisch, intralienal, intravasal K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. leucocyte distribution curve

Englischer Begriff. hemolysis

Definition. Biologische Leukozytenverteilungskurve bei Infektionen.

Definition. Komplementvermittelte Zerstörung der Erythrozytenmembran mit Freisetzung der zellulären Bestandteile.

i Das Hämogramm nach Schilling beschreibt die prozentuale Verteilung der einzelnen Zellpopulationen im peripheren Blut im Verlauf einer akuten Infektion sowie die relative Verschiebung der neutrophilen Granulozyten hin zu den unreiferen Zellen, den stabkernigen Granulozyten (7 Granulozyten, stabkernige) und 7 Metamyelozyten.

Literatur. Begemann H, Begemann M (1998) Praktische Hämatologie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 126–130

Hämolyse W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. hemolysis Definition. Auflösung der Erythrozyten i Hämolyse kann krankheitsbedingt auftreten (In-vivo-Hämolyse) z. B. bei Glukose-6-Phosphatdehydrogenase-Mangel der Erythrozyten, Hämoglobinopathien (Thalassämie, Sichelzellanämie), Wärme- bzw. Kälteantikörpern (Autoimmunerkrankungen), Transfusionszwischenfall, disseminierter intravasaler Gerinnung, Malaria, Vitamin B12-, Folsäure- oder Eisenmangel, paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie. Hämolyse kann bei Probennahme oder -verwahrung entstehen (In-vitro-Hämolyse): übermäßige Stauung bei Blutentnahme, starkes Aspirieren, ausspritzen, schütteln, stehen lassen bei Raumtemperatur, Kontamination (Wasser, Detergentien), hochtouriges Zentrifugieren.

Folgen der Hämolyse: 5 Bestandteile, die im Vergleich zum Plasma in hoher Konzentration in Erythrozyten enthalten sind, führen zu (falsch) hohen Messwerten im Plasma: z. B. Laktatdehydrogenase, Kalium, AST, ALT, Magnesium. 5 Hämoglobin in hoher Konzentration stört durch spektrale Interferenz. 5 Hämoglobin kann den Reaktionsverlauf von Bestimmungsverfahren stören.

Literatur. Wisser H (1995) Einflußgrößen und Störgrößen. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 50–71

i Hämolytische Transfusionsreaktionen werden durch gegen Erythrozyten-Antigene gerichtete Alloantikörper ausgelöst, die selbst nicht hämolysieren, sondern eine komplexbedingte Hämolyse induzieren. Diese kann, bei gesteigerter Hämolyse, ohne Organbeteiligung intravasal, aber auch extravasal, in den Zellen des Monozyten-Makrophagen-Systems in der Leber (intrahepatisch) und/oder der Milz (intralienal) stattfinden. Eine intravasale Hämolyse wird von allen Antikörpern ausgelöst, die bei ihrer Bindung an die korrespondierenden Erythrozyten-Antigene die Komplementkaskade bis C9 aktivieren. Dies sind vor allem die der IgM-Klasse angehörenden Isoagglutinine und die der IgG-Klasse angehörenden Isohämolysine Anti-A und Anti-B, erheblich seltener das Anti-Lea, das auch der IgM-Klasse angehört. Im Rahmen der Komplementaktivierung fallen hier die C5b-9-Komplexe an, die sich an der Erythrozytenmembran anlagern und diese derart schwer schädigen, dass das Membrangefüge zusammenbricht und der Zellinhalt in die Blutbahn austritt. Eine extravasale Hämolyse wird durch Antikörper ausgelöst, die zwar die Komplementkaskade aktivieren, diese Aktivierung aber auf der C3-Stufe verbleibt. Eine andere Gruppe der Antikörper aktiviert kein Komplement. Im ersten Fall werden C3b-beladene Erythrozyten über Makrophagen mit C3b-Rezeptoren vorzugsweise in der Leber (intrahepatisch) abgebaut. Im zweiten Fall werden die antikörperbeladenen Erythrozyten über mononukleäre Zellen mit Fc-Rezeptoren vorwiegend in der Milz zerstört. Dieser Vorgang wird als antikörpervermittelte zelluläre Zytotoxizität bezeichnet. Die C3b-vermittelte intrahepatische Hämolyse kann durch einen Teil der Anti-Lea und wahrscheinlich auch durch die Anti-Leb-Antikörper ausgelöst werden (7 Lewis-Blutgruppensystem). Außerdem wird sie durch Kälteagglutinine wie Anti A1, Anti P1, Anti H und Anti I, das als Autoantikörper auch eine intravasale Hämolyse hervorrufen kann, verursacht, sofern diese auch bei 37 °C wirksam sind. Alle diese Antikörper gehören der IgM-Klasse an. Das Anti M und das Anti N (7 MNS-Blutgruppensystem), ebenfalls 7 Kälteagglutinine der IgMKlasse, führen bei Wärmewirksamkeit gleichfalls zur intrahepatischen Hämolyse, obwohl sie kein Komplement aktivieren. Dasselbe gilt für die kompletten IgM-Antikörper des 7 Rhesussystems, vor allem für das komplette Anti D, das zwar nicht komplementaktivierend, aber primär wärmewirksam ist. Daneben gibt es noch weitere IgG-Anti-

H

610

Hämolysin

körper, die ebenfalls die Komplementkaskade bis zum C3 aktivieren und eine intrahepatische Hämolyse auslösen. Dazu gehören alle KiddAntikörper (Anti Jka, Anti Jkb) und ein Teil der Anti-S-, Anti-Fya-, Anti-Fyb- und Anti-K-Antikörper. Eine intralienale, extravasale Hämolyse rufen alle IgG-Antikörper hervor, die kein Komplement binden. Dies sind praktisch alle IgGAntikörper im Rhesussystem, die Anti s-Antikörper und ein Teil der Anti-S- , Anti-Fya-, Anti-Fyb- und Anti-K-Antikörper. Da Antikörper fast immer ein Gemisch verschiedener Immunglobulin Klassen darstellen, kann in der Realität die Abgrenzung nicht so scharf gezogen werden, weshalb es natürlich durchaus zur Überlappung von intrahepatischem und intralienalem Erythrozytenabbau kommen kann. Auch eine Überlappung von intravasaler und extravasaler Hämolyse ist möglich.

Literatur. Eckstein, R. (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart

Hämolysin K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. hemolysin Definition. Substanzen, die zur Zytolyse von Erythrozyten führen. i Hämolysine sind Substanzen, die zur Hämolyse (Zellzerstörung) der Erythrozyten führen. Dies können bakterielle Exotoxine wie z. B. Hämolysine aus hämolysierenden Strepto- oder Staphylokokken sein oder auch membranzerstörende Toxine bei Spinnen. In der Transfusionsmedizin werden als Hämolysine Antikörper bezeichnet, die zur Komplementaktivierung-bedingten Zytolyse von Erythroyzten führen können. Hämolysierende Antikörper werden als komplette oder inkomplette Hämolysine bezeichnet, je nachdem, ob sie in Anwesenheit von Komplement bereits zur Hämolyse von unbehandelten Zellen führen oder ob die Hämolyse nur bei proteasebehandelten Erythrozyten auftritt.

Literatur. Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Hämolytische Aktivität 7 Komplementsystem, Globalteste

Hämolytische Fetose 7 Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum

Hämolytische Neugeborenengelbsucht 7 Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum

Hämopexin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Genlokalisation auf Chromosom 11p15.4–p15.5. Hpx bindet das potentiell hochtoxische Häm, welches in Lipidmembranen interkaliert und Hydroxylradikale generiert, im molaren 1:1 Verhältnis und verhindert somit Häm-vermittelten oxidativen Stress und renalen Verlust von Häm-gebundenem 7 Eisen. Der Hpx-Häm-Komplex wird mit einer Halbwertszeit von ~8 h rasch und spezifisch von Hepatozyten aufgenommen und dort katabolisiert, freies Hpx hat eine Halbwertszeit von 7 Tagen. Bei physiologischer Hpx-Konzentration von 0,8 g/L bindet die gesamte Hpx-Menge ca. 25 mg Häm, was 0,7 g 7 Hämoglobin oder ca. 10 % des täglichen Hämoglobin-Turnovers entspricht. Hpx bindet zusätzlich weitere Porphyrine und Hämatin vom Methämalbuminkomplex.

Funktion und Pathophysiologie. Hpx ist ein schwach reagierendes Protein der 7 Akute-Phase-Reaktion mit maximal 2-fachem Konzentrationsanstieg. Die extrem beschleunigte 7 Clearance des Häm-HpxKomplexes führt bei intravasaler Hämolyse zu einem raschen Abfall der Hpx-Konzentration, was dessen Einsatz als Kenngröße der intravasalen Hämolyse begründet.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

EDTA-,

Heparin-, Citrat-Plasma, Urin

Probenstabilität. Analytstabilität bei 4 °C ca. 3 Tage, bei –20 °C 6 Monate, bei –70 °C unbegrenzt. Präanalytik. Lipämie- und Hämolyse-freies Serum/Plasma Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Referenzbereich — Erwachsene. 0,5–1,15 g/L Indikation. Diagnosik und Verlaufskontrolle intravasaler Hämolyse (besonders dann, wenn 7 Haptoglobin aufgrund einer überlagernden Akute-Phase-Reaktion angestiegen und deshalb als Hämolysekenngröße nicht aussagekräftig ist). Interpretation. Da Hpx ein nur schwach positiver Reaktant der Akuten-Phase ist, wird dessen Aussagekraft für Hämolyse durch akute und chronische Entzündungen nicht wesentlich beeinträchtigt. Neben schwerer Hämolyse kommen (Protein-) Mangelernährung und Proteinverlustsyndrome sowie chronische Lebererkrankungen (Leberzirrhose) als Ursache von Konzentrationserniedrigungen in Betracht (7 Tab. 1). In der Schwangerschaft über 1,5-fach erhöhte Konzentrationen. Hämopexin. Tab. 1. Bewertung von Serum-Hpx-Veränderungen Erniedrigung

Erhöhung

5 5 5 5

5 5 5 5

starke intravasale Hämolyse Unterernährung Proteinverlust-Syndrome Leberzirrhose

Diabetes mellitus Melanom Hämochromatose Schwangerschaft

Diagnostische Wertigkeit. Im Vergleich zu Haptoglobin reagiert Hpx bei Hämolyse unempfindlicher, erst bei stärkerer Hämolyse kommt es zu Erniedrigungen.

Synonym(e). β-1B-Glykoprotein; β-1B-Globulin; Hpx

Literatur. Delanghe JR, Langlois MR (2001) Hemopexin: a review

Englischer Begriff. hemopexin

of biological aspects and the role in laboratory medicine. Clin Chim Acta 312:13–23

Definition. In der Leber synthetisiertes, spezifisch Häm-bindendes Glykoprotein mit antioxidativer Funktion und klinischer Bedeutung als Kenngröße der (schweren) intravasalen 7 Hämolyse. Molmasse. 60 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das aus einer Polypeptidkette (439 Aminosäuren) bestehende, ganz überwiegend in den Hepatozyten synthetisierte, kohlenhydratreiche, elektrophoretisch in der β1-Globulin-Fraktion wandernde Glykoprotein (Molmasse 60 kDa, 20 % Kohlenhydratmassenanteil) besitzt unter den bekannten Serumproteinen die höchste Bindungsaffinität für Häm (Kd < 1 pmol/L), was Hpx als dessen Detoxifikations- und Transportprotein definiert.

Hämorrhagisches-Krim-Kongo-Fieber-Viren 7 Krim-Kongo-Fieber-Viren

Hämosiderin H. Baum

Englischer Begriff. hemosiderin Definition. Speicherform des Eisens, bestehend aus Eisen(III)hydroxid und Teilen des Apoferritin.

Hanf

611

i Hämosiderin, eine Speicherform des Eisens, besteht aus Ferritin, das voll oder teilweise sein Apoferritin verloren hat und fast ausschließlich aus Aggregaten von (FeOOHx)-Kristallen besteht. Ungefähr 25–30 % des Gesamtanteils des Hämosiderins sind dabei Eisen. Hämosiderin ist in erster Linie in Zellen des Monozyten-Makrophagen-Systems nachweisbar, unter pathophysiologischen Bedingungen können aber alle Organe Eisen in Form von Hämosiderin speichern. Mikroskopisch kann Hämosiderin im ungefärbten Präparat als goldgelbes Pigment in Form von Granula oder als Klumpen nachgewiesen werden. Mit der 7 Berlinerblau-Färbung wird es spezifisch blau angefärbt und ist somit vom Ferritineisen abgrenzbar.

Literatur. Fairbanks VF, Beutler E (1991) Iron metabolism – Hemosiderin. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4. Aufl. International Edition, McGraw-Hill, New York, S 330

Hämosiderophagen im Liquor (CSF) 7 Liquor-Siderophagen

Hämozytometer

H

7 Zählkammer

HAMP 7 Hepcidin

Hämsynthase 7 Ferrochelatase

Ham-Test 7 Säure-Hämolyse-Test

Handspiegelzellen H. Baum

Englischer Begriff. hand mirror cells i Handspiegelzellen sind durch im Ausstrich nachweisbare zyto-

plasmatische Ausläufer charakterisiert, die der Zelle das Aussehen eines Handspiegels geben. Diese Zellform kann bei Patienten mit einer akuten Leukämie im Ausstrich nachgewiesen werden. Überwiegend handelt es sich dabei um akute lymphatische Leukämien, vereinzelt können sie aber auch bei akuten myeloischen Leukämien gefunden werden. Die Ursache dieser morphologischen Entität ist unklar, wahrscheinlich jedoch lediglich ein Ausstrichphänomen.

Literatur. Löffler H (1991) Zytochemische Methoden. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 203

Hanf T. Arndt

Synonym(e). Cannabis Englischer Begriff. hemp; indian hemp; cannabis Definition. Hanf bildet mit Hopfen die kleine Pflanzenfamilie Cannabaceae. Es handelt sich um eine bis zu mehrere Meter hohe einstänglige Pflanze. Es sind 3 Cannabisarten oder -unterarten bekannt: Cannabis sativa (7 Abb. 1), Cannabis indica und Cannabis ruderalis. i Hanf wurde bereits lange vor unserer Zeitrechnung als Faserpflanze, Nahrungs- und Futtermittel, Heilpflanze und Droge verwendet. Seine Heimat ist Zentral- und Vorderasien. Heute ist eine Vielzahl von Züchtungen verfügbar. Neben der genetischen Prägung hat auch das Klima einen entscheidenden Einfluss auf den Gehalt der Hanfpflanze an 7 Cannabinoiden. Diese sind in allen Pflanzenteilen enthalten, in besonders hohen Konzentrationen jedoch im Harz der (weiblichen) Blütenstände. In

Hanf. Abb. 1 Cannabis sativa. Aus: Thomé OW (1885–1905) Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz – in Wort und Bild für Schule und Haus. Reproduziert mit freundlicher Genehmigung von www. biolib.de . Die gefiederten Blätter können nach HagerROM/Hagers Enzyklopädie der Drogen und Arzneistoffe (Springer 2011) 3- bis 7-teilig (hier im Bild 3- bis 5-teilig) und nicht wie zumeist dargestellt nur 7-teilig sein. Unter Wikipedia ist sogar eine Fotografie mit 9 (11)-teiligen Blättern zu finden (http://de.wikipedia.org/wiki/Cannabis_als_Rauschmittel; 21.06.2011)

Abhängigkeit von Sorte und Ursprungsregion enthält Hanf von 0,3 bis deutlich über 10 % (je Trockenmasse) an Δ-9-Tetrahydrocannabinol (THC), als dem wichtigsten rauschauslösenden Inhaltsstoff. Nach jüngsten Meldungen führen genetische Manipulationen und/oder starke Düngung zu Cannabispflanzen mit deutlich höherem THCGehalt, sodass teilweise deren Aufnahme in das Betäubungsmittelgesetz gefordert wird. Hanfpflanze, -blüten und -samen werden durch Trocknung (Marihuana), Auspressen und -kochen (Haschisch) oder Destillation (Hanföl) aufbereitet. Das tabakartige Gemisch aus den getrockneten Blättern und Blüten der weiblichen Hanfpflanze heißt Marihuana (u. a. auch „Gras“, „Shit“, „Pot“), das reine, getrocknete und in Platten gepresste Harz der Cannabis-Blütenspitzen Haschisch. Für beide gibt es eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von sog. Straßennamen (street names, Szenenamen, s. 7 Straßennamen von Drogen). Die gängigste Konsumform ist das Rauchen eines „Joints“, als „Kiffen“ bezeichnet. Die orale Aufnahme durch Cannabis-Gebäck (Hanfkekse, Hanfkuchen) ist seltener. Wirksame Rauschdosis bei Inhalation sind 10–20 mg THC, die minimale, spürbare Effekte auslösende Einzeldosis, 2 mg. Bei oraler Aufnahme werden deutlich größere Mengen benötigt. Zu Wirkungen, Metabolisierung und Nachweis/Bestimmung von THC 7 Cannabinoide.

Literatur. Daunderer M (1995) Drogenhandbuch für Klinik und Praxis: Diagnostik, Therapie, Nachweis, Prophylaxe, Recht, Drogenprofile. ecomed verlagsgesellschaft AG Co. KG, Landsberg Berghaus G, Krüger HP (1998) Cannabis im Straßenverkehr. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart Jena Lübeck Ulm

612

Hanta-Viren

Hanta-Viren

haploiden Chromosomensatz. Erst durch Verschmelzung von Eizelle und Spermium entsteht ein 7 diploider Organismus.

W. Stöcker

Englischer Begriff. Hanta virus Beschreibung des Erregers. Die verschiedenen Hanta-Virus-Typen gehören zum Genus Hanta-Virus (Familie Bunyaviridae mit über 200 Arten). Das Viruspartikel ist 80–110 nm groß und enthält eine einzelsträngige RNA, assoziiert mit einem Nukleokapsid, welches von einer Hülle aus zwei Glykoproteinen (G1, G2) umgeben ist. In den USA und in Südamerika kommen die Virus-Typen Sin-Nombre und Andes vor, in Asien Hantaan und Seoul und in Europa Puumala, Tula und Dobrava. Erkrankungen. Hanta-Viren sind die Erreger des pulmonaren Hantavirus-Syndroms (als interstitielle Pneumonie vorwiegend in Amerika) und des hämorrhagischen Fiebers mit renalem Syndrom (akute Niereninsuffizienz). Auf dem Balkan kommt eine moderate Verlaufsform vor, die Nephropathia epidemica. Die Viren werden über Ausscheidungen infizierter Nagetiere (vorwiegend Mäuse) aerogen durch Staub oder Aerosole auf den Menschen übertragen. Nach einer Inkubationszeit von 2–5 Wochen beginnt die Krankheit mit hohem Fieber und grippeähnlichen Allgemeinsymptomen (Kopfschmerz, Myalgie). Es folgen starke Schmerzen im Lenden- und im Abdominalbereich. Die dritte Phase ist gekennzeichnet durch eine Einschränkung der Nierenfunktion bis zum akuten Nierenversagen. Die Behandlung erfolgt symptomatisch, zur Prävention vermeidet man den Kontakt mit Nagetieren. Analytik. Direktnachweis: In der akuten Phase der Erkrankung ist der direkte Erregernachweis mittels PCR aus Blut oder Biopsiematerial möglich, jedoch nicht bei jedem Patienten erfolgreich. Kultur: Die Virusanzucht gelingt in der Regel nicht. Serologie: Bestimmung Hanta-spezifischer Antikörper der Klassen IgG und IgM durch indirekte Immunfluoreszenz, Enzymimmuntests oder Blot-Techniken. Der Virus-Neutralisationstest bleibt aufgrund der Sicherheitseinstufung der Hanta-Viren Speziallaboratorien vorbehalten. Positive Ergebnisse sind meldepflichtig.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Blut und Biopsien. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Abklärung von Fieberkrankheiten, die mit Nierenfunktionsstörungen und hämorrhagischer Symptomatik einhergehen.

Literatur. Krüger DH (2008) Epidemiologisches Bulletin 19, 147– 156, Robert-Koch-Institut Berlin, www.rki.de Jacob J, Koch J, Krüger DH, Schmidt-Chanasit J, Ulrich RG (2008) Informationen zur Vermeidung von Hanta-Virus-Infektionen, RobertKoch-Institut Berlin, www.rki.de

H-Antigendefizienz 7 Bombay-Phänotyp

Haploidie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. haploid Definition. Vorhandensein eines einfachen Chromosomensatzes i Bei Eukaryonten enthalten Geschlechtszellen, die durch die Reifeteilung (7 Meiose) einen Satz an 7 Chromosomen abgeben, einen

H-Antigen 7 H-Substanz

H-Antigendefizienz 7 Bombay-Phänotyp

Haplotyp 7 DNA-Polymorphismen, gekoppelte

Hapten 7 Antigen

Haptocorrin 7 Vitamin B12

Haptoglobin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Hämoglobin-bindendes Protein; Hp Englischer Begriff. haptoglobin; hemoglobin-binding protein Definition. Eine Gruppe strukturell und funktionell eng verwandter, in der Leber synthetisierter α2-Globuline, die positive Reaktanten der 7 Akute-Phase-Reaktion sind, Bindungs- und Transporteigenschaften für 7 Hämoglobin aufweisen und klinisch als sensitive Kenngröße der intravasalen Hämolyse dienen. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hp wird in den Hepatozyten als Einzelpeptidkette synthetisiert und posttranslational proteolytisch gespalten in eine kleinere aminoterminale α-Kette und eine wesentlich längere carboxyterminale β-Kette. Beide Ketten sind über eine Disulfidbrücke zu einem Kettenpaar verbunden, welches wiederum durch eine Disulfidbrücke mit einem zweiten α-β-Paar zu einem tetrameren Molekül verbunden ist. Diese dem Aufbau von Immunglobulinen ähnelnde Grundstruktur ist durch einen ausgeprägten genetischen 7 Polymorphismus mit drei strukturell differenten Phänotypen (Hp 1-1, Hp 2-1 und Hp 2-2), die das Ergebnis der Expression von zwei differenten Allelen (Hp 1 und Hp 2) des Hp-Gens auf Chromosom 16q22 sind, charakterisiert. Variante α-Polypeptide des Hp 2-Allels mit zwei freien Cysteinresten bedingen die Bildung von polymeren Hp-Strukturen bei Vorliegen des Hp 2-1- und Hp 2-2-Phänotyps, die zu einer wichtigen und ausgeprägten molekularen Heterogenität mit folgenden Molmassen führt: 5 Hp 1-1 mit einer Molmasse von 86 kDa und gut definierter tetramerer Struktur 5 Hp 2-1 mit einer Molmasse von 86–300 kDa und heteropolymerer Struktur 5 Hp 2-2 mit einer Molmasse von 170–1000 kDa mit einer multiplen makropolymeren Struktur. Die Hp-Allel-Frequenzen zeigen ausgeprägte geographische Unterschiede. Halbwertszeit des freien Haptoglobins beträgt ~2 Tage, des Hämoglobin-Hp-Komplexes ~8 min Der Komplex wird von den 7 Makrophagen des retikuloendothelialen Systems in Leber (Kupfferzellen) und Milz phagozytiert und somit aus der Zirkulation eliminiert. Funktionelle Bedeutung: 5 Bindung und Transport des intravasal durch Erythrozytendestruktion freigesetzten Hämoglobins. Es bildet sich ein hochaffiner stöchiometrischer Komplex von Hp und Hämoglobin aus, der aufgrund seiner größeren Molmasse renal nicht filtriert wird und somit der Retention des Hämoglobineisens im Körper sowie einer Protektion der Niere durch massive Hämoglobinurie dient. Der Komplex wird schnell (Halbwertszeit: 8 min) durch den Scavenger-Rezeptor (CD 163) an Gewebemakrophagen (Leber,

Hardy-Weinberg-Gesetz

Milz) gebunden und internalisiert und katabolisiert. Freie Hämoglobinämie und Hämoglobinurie tritt erst dann auf, wenn die Hp-Bindungskapazität für Hämoglobin erschöpft ist, physiologischerweise kann die Hp-Gesamtmenge im Blut ca. 3 g Hämoglobin binden, somit etwas weniger als die Hälfte der täglich degradierten Hämoglobinmenge von ~7 g 5 Positive Reaktion in der Akuten-Phase Akute Entzündungen stimulieren über Interleukin-6 (IL-6) Expression und Sekretion von Hp in Hepatozyten, was zu einem deutlichen Konzentrationsanstieg führt. Da Entzündungen häufig von einer milden bis moderaten Hämolyse begleitet werden, ist die Hp-Konzentrationsveränderung eine Resultante bidirektionaler Veränderungen: Abnahme durch Hämolyse, Anstieg durch 7 Akute-Phase-Reaktion 5 Funktion als Antioxidanz Der Hp-Hämoglobin-Komplex ist funktionell eine aktive (Hämoglobin-)Peroxidase, die lokale Peroxidationen (oxidative Stressreaktion) im Rahmen von Entzündungen inhibiert.

Funktion und Pathophysiologie. Hp ist ein potentes antiinflammatorisches Plasmaprotein, dessen Konzentrationsanstieg bei AkutePhase-Reaktion in Verbindung mit seiner Hämoglobinbindungseigenschaft und Funktion als funktionell aktiver Peroxidasekomplex einerseits einen antioxidativen Schutzmechanismus darstellt und andererseits renalen Häm- bzw. Eisenverlust verhindert und eine Reutilisation im Körper ermöglicht. Unter den verschiedenen Phänotypen sind funktionelle Unterschiede, z. B. im 7 Eisenstoffwechsel und in der Prädisposition zu verschiedenen pathologischen Zuständen mit verändertem Eisenstoffwechsel, z. B. Hämochromatose, Infektionen, Atherosklerose festzustellen.

Indikation.

5 Diagnose, Beurteilung von Schweregrad und Stadium intravasaler Hämolysen 5 Diagnose akut entzündlicher Reaktionen verschiedener Ätiologien 5 Paternitätsdiagnostik (Vaterschaftsdiagnostik) durch Typen- und Subtypendifferenzierung.

Interpretation. Hp ist ein sensitiver Parameter intravasaler Hämolysen unterschiedlicher Ätiologien. Erniedrigungen sind außer durch Hämolyse auch durch Leberzellinsuffizienz, Östrogenmedikation, Schwangerschaft und durch die seltene genetische Anhaptoglobinämie bedingt. Das Verhalten als positiver Reaktant der akuten Phase macht eine Interpretation bei überlagernden akut entzündlichen Zuständen schwierig bzw. unmöglich, weswegen immer eine simultane Bestimmung von 7 C-reaktivem Protein oder α₁-saurem Glykoprotein (7 Glykoprotein, α₁-saures) erfolgen sollte (7 Tab. 2). Haptoglobin. Tab. 2. Klinische Bewertung von Serum-Hp-Veränderungen Erniedrigung

Erhöhung

5 Intravasale Hämolysen

5 Akute-Phase-Reaktion 5 akute Entzündungen 5 rheumatoide Arthritis 5 entzündliche Darmer-

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. Analytstabilität bei 4 °C 3 Tage, bei –20 °C 2 Wochen.

5

Präanalytik. Hämolyse- und lipämiefreies Serum 5

Analytik.

5 Immunologische Methoden am weitesten verbreitet Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie, radiale Immundiffusion (RID) Die molekulare Heterogenität beeinflusst insbesondere die Analytik durch radiale Immundiffusion, da die Diffusionsgeschwindigkeit von der Molmasse abhängig ist, die für Hp 2-1 und Hp 2-2 wesentlich höher als für Hp 1-1 ist. RID-Ergebnisse müssen somit nach Feststellung des Phänotyps korrigiert werden. 5 Indirekte Methode Sättigung des Serums mit Hämoglobin und Bestimmung des an Hp-gebundenen Hämoglobins aufgrund seiner Peroxidaseeigenschaft nach elektrophoretischer oder chromatographischer Abtrennung des freien (nicht-gebundenen) Hämoglobinanteils. Das Verfahren ist in der Routine unüblich, ergibt niedrigere Werte als immunchemische Methoden. 5 Phänotypisierungen Vorzugsweise durch isoelektrische Fokussierung, früher auch durch Stärkegel-Elektrophorese.

Referenzbereich — Erwachsene. Haptoglobin. Tab. 1. Referenzbereiche Alter

Haptoglobinkonzentration (g/L)

Neugeborene

0,05–0,48

613

5 5

verschiedener Ätiologien 5 Transfusionsreaktionen 5 perniziöse Anämie 5 Immunhämolysen 5 toxische Hämolysen 5 enzymopenische Hämolysen 5 ineffektive Erythropoese (Sichelzellanämie) 5 mechanische Hämolysen schwere Leber(zell-)insuffizienz 5 Leberzirrhose Schwangerschaft, Östrogene, orale Kontrazeptiva Kongenitale Anhaptoglobinämie Nephrotisches Syndrom (bei Hp-1-1-Phänotyp)

krankungen

5 Tumoren (in Verbindung mit

Nekrosen)

5 Kortikosteroide 5 Cholestase 5 Verschlussikterus 5 Nephrotisches Syndrom 5 Diabetes mellitus (bei Hp-2-

1- und Hp-2-2-Phänotypen)

Diagnostische Wertigkeit. Sensitive Kenngröße der In-vivo-Hämolyse, reagiert empfindlicher als 7 Hämopexin. Freie Hämoglobinämie und Hämoglobinurie tritt erst nach Überschreiten des Sättigungsbereichs von Hp auf. Keine Beeinflussung durch 7 Myoglobin, welches nicht an Hp bindet. Literatur. Van Vlierberghe H, Langlois M, Delanghe J (2004) Haptoglobin polymorphisms and iron homeostasis in health and in disease. Clin Chim Acta 345:35–42

Haptoglobin-Hämoglobin-Komplex 7 Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl

HARA 7 Human anti-rabbit antibodies

Hardware O. Colhoun

Definition. Sammelbezeichnung für alle materiellen Komponenten 6 Monate–16 Jahre

0,25–1,38

eines Computersystems.

Erwachsene

0,15–2,00

i Dazu zählen alle Bauteile wie die Systemplatine, Chips, Steckkar-

> 60 Jahre

0,35–1,75

ten sowie Peripheriegeräte.

Hardy-Weinberg-Gesetz Referenzbereich — Kinder. (7 Tab. 1)

7 Hardy-Weinberg-Gleichgewicht

H

614

Hardy-Weinberg-Gleichgewicht

Hardy-Weinberg-Gleichgewicht R. Weiskirchen

Synonym(e). Hardy-Weinberg-Gesetz Definition. Gesetzmäßigkeit mit der sich einzelne 7 Allele in einer idealen Population verteilen i In den Jahren 1908 und 1909 zeigten der Engländer G.H. Hardy und der Stuttgarter Stabsarzt W. Weinberg unabhängig voneinander, dass die Häufigkeit der Homozygoten (7 Homozygotie) und Heterozygoten (7 Heterozygotie) in einer idealen Population über Generationen hinweg konstant bleibt, wenn: 1. die Population sehr groß ist, 2. die Individuen sich uneingeschränkt paaren können, vorausgesetzt, 3. sie gehören unterschiedlichen Geschlechtern an und leben zur selben Zeit am selben Ort, 4. es keine Selektion bestimmter Allele gibt, 5. keine Genwanderungen (Genmigrationen) vorkommen und 6. keine Erbänderungen (7 Mutationen) auftreten.

Englischer Begriff. uric acid Definition. Harnsäure ist das Endabbauprodukt des Purinstoffwechsels.

Molmasse. 168,11 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Harnsäure ist das Endprodukt des Purinstoffwechsels in dem die Purinnukleotide ATP und GTP über Hypoxanthin und Xanthin zu Harnsäure abgebaut werden. Exogen mit der Nahrung zugeführte Purine werden ebenfalls teilweise in den Purinstoffwechsel eingeschleust bzw. zu Harnsäure abgebaut. Harnsäure bzw. Urat wird renal eliminiert, hierbei wird Urat zunächst zu 100 % glomerulär filtriert und danach tubulär reabsorbiert und erneut sezerniert. Im Ergebnis erfolgt eine Ausscheidung von ca. 8–10 % des glomerulär filtrierten Urats. Funktion und Pathophysiologie. Bei einem pH = 7,4 liegt Harnsäu-

Harngeruch

re im Serum überwiegend als Urat vor. Eine gesättigte Lösung von Mononatriumurat im Serum entspricht ~420 μmol/L (7 mg/dL). Die klinischen Symptome der Gicht ergeben sich aus der Auskristallisation von Mononatriumurat bzw. Harnsäure aufgrund ihrer schlechten Wasserlöslichkeit. Dies führt in den Gelenken zur Bildung von Mononatriumurat-Kristallen, die von neutrophilen Granulozyten und Monozyten/Makrophagen phagozytiert werden und die akute Entzündungsreaktion, d. h. den akuten Gichtanfall auslösen (Arthritis urica). Langfristig führt die Arthritis urica zur Gelenkzerstörung. In der Niere kommt es zur Ausbildung von Steinen (Uratnephrolithiasis) und im Interstitium zu Uratablagerungen. Diese führen zur interstitiellen Nephritis und häufig zur progredienten Niereninsuffizienz (Gichtniere, Uratnephropathie). In zahlreichen weiteren Geweben kommt es ebenfalls zur Ablagerung von Uratkristallen mit Ausbildung von Tophi. Ursache der primären Hyperuricämie können neben einer verminderten renalen Harnsäure-Ausscheidung (~70–80 %) eine verminderte Aktivität der 7 Hypoxanthin-Guanin-PhosphoribosylTransferase oder, seltener, anderer Enzyme des Purinstoffwechsels sein. Die Therapie der Gicht bzw. der Hyperurikämie kann mit urikosurischen Medikamenten (z. B. Benzbromaron), die zu einer gesteigerten renalen Harnsäureausscheidung führen, oder mit Urikostatika (z. B. Allopurinol), die als kompetitive Inhibitoren der Xanthinoxidase (7 Xanthin) die Bildung von Harnsäure aus Xanthin und 7 Hypoxanthin hemmen, erfolgen.

W.-R. Külpmann

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Ihr mathematischer Ansatz ging als Hardy-Weinberg-Gleichgewicht in die Literatur ein. Nimmt man an, dass eine Population hinsichtlich eines bestimmten Genlocus (7 Locus) aus AA-, Aa- und aa-Typen besteht und setzt man p für den Anteil des Allels A, q für den des Allels a, dann ist p + q = 1 und es besteht in der Population ein bestimmtes Verhältnis von p:q. Die Häufigkeit für Individuen mit der Allelkombination AA beträgt p × p = p2, für Individuen mit der Kombination aa beträgt sie q × q = q2. Bei Individuen mit der Kombination Aa gilt: (p × q) + (p × q) = 2 pq. Das führt zu p2 + 2 pq + q2 = 1.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Harnfarbe 7 Färbung, Urin

Englischer Begriff. smell of urine Bewertung. Zu beurteilen ist nur frisch gelassener Urin. Geruch nach Ammoniak oder Fäkalien findet sich bei schwerer Infektion der Harnwege. Auffälliger Geruch besonders bei Säuglingen oder Kindern weist auf eine Stoffwechselerkrankung hin: 5 Ahornsirupkrankheit: Maggi 5 Isovaleriansäureacidose: Käse, Schweiß 5 Methioninmalabsorption: Hopfen 5 3-Methylcrotonylglyzinurie: Katzenurin 5 Phenylketonurie: Maus 5 Trimethylaminurie: fauliger Fisch 5 Tyrosinämie: Kohl 5 Ketonurie: Aceton. Der Geruch kann auch durch Nahrungsmittel oder Gifte verändert sein.

Literatur. Colombo JP (1994) Klinisch-chemische Urindiagnostik. Labo-Life Verlag, Rotkreuz

Harnproben 7 Urinproben

Serum, Plasma (nicht EDTA, Citrat), Harnsäure-Ausscheidung: 24-h-Sammelurin

Probenstabilität. Lichteinwirkung führt zum Abfall der Harnsäurekonzentration. Proben, insbesondere 24-h-Sammelurin, sollten bei Raumtemperatur unter Lichtabschluss aufbewahrt werden. Im Kühlschrank kommt es zur Präzipitation von Uratkristallen. Bei Hyperuricämie kann es auch bei Raumtemperatur zu Präzipitaten kommen.

Präanalytik. Mindestens 3 Tage vor der Untersuchung purin- und proteinarme Ernährung. Analytik. Die Bestimmung erfolgt mit der Uricase-Methode, bei der in der ersten Reaktion die Harnsäure zu Allantoin und Wasserstoffperoxid umgesetzt wird. Entstehendes Wasserstoffperoxid ist das Substrat verschiedener Indikatorreaktionen: 5 Katalase-Methode, 5 Peroxidase-katalysierte oxidative Kopplung von Phenol und 4-Aminophenazon (Trinder-Methode), 5 Aldehyd-Dehydrogenase-Methode. Bei der Katalase-Methode (Kageyama-Reaktion) wird Methanol in Gegenwart von H2O2 zu Formaldehyd umgesetzt. Dieser reagiert in einer weiteren Reaktion mit Acetylaceton zu 3,5-Diacetyl-1,4-Dihydrolutidin, einem gelben Farbstoff, dessen Absorption bei 410 nm gemessen werden kann.

Harnsäure

Konventionelle Einheit. mg/dL, Urin: g/24 h

H.-D. Haubeck

Internationale Einheit. μmol/L, Urin: mmol/d

Synonym(e). Urat

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL × 59,5 = μmol/L

Harnsediment

Referenzbereich — Frauen. 2,4–5,7 mg/dL (nach der Menopause entspricht der Referenzbereich dem der Männer)

Referenzbereich — Männer. 3,4–7,0 mg/dL, Urin: 1,2–6 mmol/d (0,2–1 g/24 h)

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1 Harnsäure. Tab. 1. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

Harnsäurekonzentration (mg/dL)

0–6

1,7–5,8

7–11

2,2–6,6

12–19 (w)

2,7–5,7

12–19 (m)

3,0–7,7

Indikation. Verdacht auf Störungen des Harnsäure-Stoffwechsels mit Hyperuricämie: z. B. Gicht, Nierenstein-Anamnese, Steinmetaphylaxe. Eine sekundäre Hyperuricämie findet sich u. a. bei Polyzythämie, akuten Leukämien, chronisch-myeloischer Leukämie, perniziösen und hämolytischen Anämien, Tumortherapie (Zytostatika, Bestrahlung), Nephropathien und bei Hunger bzw. Fasten. Hypourikämie bei angeborenen Defekten des Purinstoffwechsels, z. B. Xanthinurie. Interpretation. Bei einer Harnsäurekonzentration > 7,0 mg/dL liegt definitionsgemäß eine Hyperuricämie vor. Dies entspricht der Löslichkeit von Harnsäure im Blut bei 37 °C und einem pH = 7,4. Die Prävalenz der Hyperuricämie ist in industrialisierten Ländern mit bis zu 30 % bei Männern und ca. 3 % bei Frauen sehr hoch. Weniger als 10 % von ihnen entwickeln eine Gicht, d. h. eine Arthritis urica bzw. Gichttophi. Die meisten Fälle von Hypouricämie sind durch eine erhöhte renale Harnsäureausscheidung bedingt und ohne Krankheitswert.

Diagnostische Wertigkeit. Harnsäure ist der wichtigste Parameter

615

jektträger getropft und mit einem Deckglas zugedeckt. Bei neueren Analysatoren (s. Analytik) kann nichtzentrifugierter Harn verwendet werden.

Analytik. Seit dem 19. Jahrhundert ist die Betrachtung des Harnsediments von der visuellen Betrachtung in die mikroskopische Betrachtung übergegangen. Dabei werden, vorteilhafterweise nach Färbung und /oder Phasenkontrasteinrichtung 10 Gesichtsfelder bei niedriger Vergrößerung (10–12 × 10) betrachtet und bei höherer Vergrößerung (10 × 40) quantifiziert. Dabei wird zwischen keine, vereinzelt, häufig oder viel und massenhaft unterschieden. Neuerdings ist eine quantitative Ermittlung im unzentrifugierten Urin möglich [UF-100 und UF-50 (Sysmex); iQ200 (Iris), sediMAX (Menarini)]. Diese Verfahren erlauben Angaben in Partikeln pro Liter Urin.

Referenzbereich. Bevor Referenzbereiche des Harnsediments beschrieben werden, sollte man sich klar werden, wie relativ unbedeutend eine Angabe pro L Urin ist in Anbetracht der großen biologischen Variabilität und der vielfachen präanalytischen Variablen bei der Urinbildung und Gewinnung bis hin zu methodischen Unterschieden. Die folgenden Angaben können also nur als Hinweis auf ungefähre Konzentrationen sein. Die Angaben beschränken sich auf Partikel, die von diagnostischer Bedeutung sind und im normalen Urin vorhanden sind. Dabei wird angenommen, dass die alte Einheit „pro Gesichtsfeld“ bei hoher Vergrößerung einem Volumen von 0,0095 μL entspricht und eine Konzentrierung des Harns um den Faktor 20 angenommen wird. Daher ist eine Konzentration × 106/L = 5,8 × Gesichtsfeldangabe. Leukozyten: 2–10 Mpt (× 106)/L, höher bei Neugeborenen, Frauen > Männer Erythrozyten: 1–14 Mpt/L, davon 50–80 % dysmorph Einzelne Epithelien und gelegentliche hyaline Zylinder sind ebenfalls Bestandteil des normalen Sediments. Bei Verwendung von Durchflusszytometern mit unzentrifugiertem Urin wurden höhere Zahlen gefunden, ein Hinweis auf die Verluste bei der Zentrifugation und Aufbereitung des mikroskopischen Präparats.

zur Erfassung von Störungen des Purinstoffwechsels.

Bewertung. Das Harnsediment ist über 100 Jahre in vielen Ländern

Literatur. Kageyama K (1971) A direct colorimetric determination of

ein fester Bestandteil des sog. Harnstatus gewesen, d. h. der Basisuntersuchung des Urins. Tendenzen, es nur noch dann durchzuführen, wenn der Teststreifen einen Hinweis auf pathologische Hämaturie, Leukozyturie oder Proteinurie gibt, sind als Versuch zu werten, die aufwändige Technik auf pathologische Urine zu beschränken. Dies scheint aber nicht immer gerechtfertigt, so dass auch nach Einführung vollmechanisierter Analysatoren die Rolle des Harnsediments neu von der medizinischen Seite definiert werden muss. Einig sind sich alle Autoren, dass die Analyse der Kristalle bis auf das Auffinden von Zystinkristallen bei Zystinurie keine diagnostische Bedeutung mehr hat. Auch für die Leukozyten und Erythrozyten genügt oft der Teststreifenbefund.Hier hat die Einführung der Bestimmung von 7dysmorphen Eryhrozyten im Urin als Marker einer renalen Ursache der Hämaturie dem Sediment neue Bedeutung gegeben. Diese Funktion ist bisher mit mechanisierten Analysatoren nicht befriedigend zu ersetzen. Wenn eine Proteinanalyse mit Messung von α2-Makroglobulin im Urin durchgeführt wird, ist bei Albuminurie > 100 mg/L die Ursache der Hämaturie hiermit zu lösen. Die große diagnostische Bedeutung der Zylinder hat durch die Einführung tubulärer Marker (7α₁-Mikroglobulin im Urin) stark abgenommen, da diese wesentlich früher, empfindlicher und quantitativ die tubuläre Dysfunktion anzeigen. Auch die Erfassung von Bakterien, gemeinsam mit den 7Teststreifen für Leukozyten und Nitrit können eine wertvolle Aussage über das Vorliegen einer Infektion der ableitenden Harnwege liefern und damit eine Indikation für das Anlegen einer Kultur. Durch die Einführung des digitalmikroskopischen Analysators kann das Harnsediment ohne mikroskopische Kontrolle vollmechanisiert durchgeführt werden, da alle pathologischen Bestandteile als Bilder dokumentiert werden können. Diese Technik ermöglicht mit der quantitativen Erfassung aller Harnpartikel mehr, als medizinische Erfordernisse benötigen. Es bleibt Leitlinien vorbehalten, die Rolle der Bestandteile des Harnsediments neu zu definieren.

uric acid in serum and urine with uricase-catalase system. Clin Chim Acta 31:421–426 Grobner W, Zöllner N (2004) Gicht. Z Rheumatol 63:2–9

Harnsäurekristalle 7 Mononatriumuratkristalle

Harnsediment W.G. Guder

Synonym(e). Urinsediment; Sediment des Harns Englischer Begriff. urinary sediment Definition. Im Rahmen der mittelalterlichen Harnbeschau repräsentierte das Sediment als „Fundus“ die unterste Schicht in der Matula nach Stehenlassen der Harnprobe, in denen charakteristische Bestandteile wie kristalline Sedimente, farbige Trübungen und andere Komponenten als Spiegel der unteren Körperhälfte gedeutet wurden. Mit Einführung der mikroskopischen Harnanalyse wurde die Untersuchung des Harnsediments fester Bestandteil der Harnanalyse, indem man den Harn nach Zentrifugation und Dekantierung der oberen neun Zehntel des Volumens aufschwemmte und unter kleiner (Objektiv 10×) oder starker Vergrößerung (Objektiv 100×) im Mikroskop betrachtete.

Untersuchungsmaterial. Traditionell erster Morgenurin, immer Mittelstrahlurin, der in einem 10-mL-Röhrchen bei 400 g für 5–10 min zentrifugiert und der klare Überstand dekantiert wird. Nach Aufschütteln des Sediments wird die Aufschwemmung auf einen Ob-

H

616

Harnsteinanalyse

Literatur. Atlas des Harnsediments (CD-ROM) (2003) Chronolab, Zug Fogazzi GB, Ponticelli C, Ritz E (1999) The Urinary Sediment. An Integrated View. 2nd edn. Oxford University Press, Oxford Hofmann W, Ehrich JHH, Guder WG, Keller F, Scherberich JE (2011) Diagnostische Pfade bei Nierenerkrankungen. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 40:47–70 Kouri T, Fogazzi G, Gant V, Hallander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European urinanalysis guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60 (Suppl 231) DeLange JR, Kouri T, Huber AR, Hannemann-Pohl K, Guder WG, Lun A, Sinha P, Stamminger G, Baier L (2000) The role of automated urine particle flow cytometry in clinical practice. Clin Chim Acta 301:1–18 Shayanfar H, Tobler U, Eckardstein A von, Bestmann L (2007) Automated urinanalysis: first experience and a comparison between the Iris iQ200 urine microscopy system, the Sysmex UF-100 flow cytometer and manual microscopic particle counting. Clin Chem Lab Med 45:1251–1256

Harnsteinanalyse

(Heparin)-Plasma. Die Bestimmung im Urin wird in einer Probe des Sammelurins vorgenommen.

Probenstabilität. Im Blut 1 Tag (danach Anstieg durch Bildung von Ammoniak, der bei der Messung miterfasst wird), im Plasma/Serum 7 Tage bei Raumtemperatur und im Kühlschrank, eingefroren 1 Jahr stabil. Im Urin 2 Tage bei Raumtemperatur stabil, wenn pH < 7, bei bakterieller Infektion oder Kontamination Abbau durch bakterielles Wachstum mit Alkalisierung durch Ammoniakbildung.

Präanalytik. Einflussgrößen: Verminderung der Trinkmenge führt zum Anstieg des Harnstoffs ohne Anstieg anderer Marker der glomerulären Filtration. So kann auch vermehrte Zufuhr von Stickstoff mit der Nahrung, katabole Zustände (z. B. postoperativ) und Herzinsuffizienz zum Anstieg des Harnstoffs führen, ohne dass die glomeruläre Clearance gestört ist. Infusion von Aminosäuren und starker Anstieg des Ammoniaks(bei fehlender Leerwertbildung in der Analytik, Störfaktor) können ebenfalls zu einem Anstieg der Harnstoffkonzentration führen.

Analytik. Die Analyse erfolgt heute nahezu ausschließlich mit der enzymatischen Ureasemethode und Nachweis des NH4 mit Glutamatdehydrogenase.

7 Steinanalyse

Harnsteine

Konventionelle Einheit. mg/dL, Urin: g/24 h

7 Oxalatsteine; 7 Steinanalyse

Internationale Einheit. mmol/L, Urin: mmol/24 h

Harnstoff

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL × 0,167 = mmol/L

W.G. Guder

Referenzbereich — Frauen. 3–8 mmol/L (20–50 mg/dL) im Plasma / Serum, 300–550 mmol/24 h (18–33 g/24 h) im Sammelurin.

Englischer Begriff. urea; BUN (blood urea nitrogen), wie es in USA gebräuchlich ist, bezeichnet den Stickstoffanteil des Harnstoffs

Definition. Harnstoff wurde im Urin entdeckt als Hauptausscheidungsform des Stickstoffs, seine Synthese wurde von Hans Krebs (1900–1981) als Funktion der Leber aufgeklärt.

Struktur. NH2-CO-NH2 Molmasse. 60,06 g

Referenzbereich — Kinder. Von 2–4 mmol/L (14–25 mg/dL) in den ersten Lebensmonaten ansteigend bis zu den Werten Erwachsener ab dem 10. Lebensjahr: 3–8 mmol/L (20–50 mg/dL) im Plasma /Serum, 300–550 mmol/24 h (18–33 g/24 h) im Sammelurin. Indikation. Im Plasma/ Serum wird Harnstoff häufig neben Kreati-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Harnstoff im Blut wird ausschließlich in der Leber synthetisiert. Pro Tag werden in Abhängigkeit von der Proteinzufuhr mit der Nahrung 0,5–1,5 mmol Harnstoff (30– 90 g) gebildet und über glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion im Urin ausgeschieden. Dabei ist die Harnstoffausscheidung von der Wasserdiurese abhängig. Neben der enteralen und systemischen Aminosäurezufuhr bestimmt der pH-Wert des Bluts die Harnstoffsynthese. Bei Azidose wird die Harnstoffsynthese zugunsten der hepatischen Glutaminsynthese reduziert und der Stickstoff als Ammoniak im Urin ausgeschieden. Dies ist die Ursache, warum bei Hunger der Anteil des Harnstoffs an der Stickstoffausscheidung abnimmt und die Ausscheidung von Ammoniak im Urin steigt.

Halbwertszeit. In der Zirkulation 2–3 min Funktion und Pathophysiologie. Die Harnstoffsynthese wird weitgehend in der Konzentration des Harnstoffs im Plasma widergespiegelt. Bei starker Einschränkung der Leberfunktion kommt es daher zu einer Verminderung der Harnstoffkonzentration bei normaler renaler Ausscheidung. Umgekehrt ist die häufigste Ursache eines Anstiegs der Harnstoffkonzentration im Blut die Verminderung der glomerulären Filtrationsrate und/oder der Wasserausscheidung im Sammelrohr der Niere. Angeborene Ursachen der verminderten Harnstoffsynthese sind ein Fehlen eines der Enzyme des Harnstoffzyklus (Mangel an Arginase, Ornithintranscarbamylase, Arginosuccinat-synthetase oder Argininosuccinatlyase) mit erhöhter Ausscheidung von Citrullin und Hyperammoniämie bei Neugeborenen. Dies kann auch bei der transitorischen Hyperammoniämie vorrübergehend als Reifestörung des Harnstoffzyklus auftreten. Beim Ornithintranscarbamylasemangel wird als Endprodukt Orotat vermehr im Urin ausgeschieden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Referenzbereich — Männer. 3–8 mmol/L (20–50 mg/dL) im Plasma /Serum, 300–550 mmol/24 h (18–33 g/24 h) im Sammelurin.

Serum

oder

nin als Marker der Nierenfunktion im Rahmen des Basisprogramms gemessen. Bei Kindern zum Ausschluss einer Synthesestörung des Harnstoffzyklus. Zur Ermittlung einer Stickstoffbilanzierung wird die Harnstoffausscheidung im Sammelurin gemessen.

Interpretation. Eine erhöhte Harnstoffkonzentration wird meist als Ausdruck einer verminderten Nierenfunktion gesehen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Harnstoff unabhängig von der Muskelmasse, dafür aber in Abhängigkeit von der Nahrung, der Leberfunktion und dem Wasserhaushalt ist. Eine Interpretation einer erhöhten Harnstoffkonzentration sollte daher gemeinsam mit der Interpretation des Kreatinins (oder besser Cystatin C) erfolgen. Ursache diskrepanter Harnstoffanstiege bei normalem Kreatinin sind neben geringer Muskelmasse eine verminderte Trinkmenge und eine katabole Stoffwechsellage (auch z. B. durch Glukokortikoidgaben). Auch erhöhte orale oder parenterale Zufuhr von Stickstoff (Aminosäureinfusion) kann Harnstoff unabhängig von der Nierenfunktion erhöhen. Eine Verminderung der Harnstoffkonzentration findet sich neben angeborener Störung des Harnstoffzyklus bei stark eingeschränkter Leberfunktion und bei metabolischer Acidose. Diagnostische Wertigkeit. Der Harnstoff hat trotz oder wegen seiner eingeschränkten Interpretierbarkeit eine feste Bedeutung bei der Abschätzung der Nierenfunktion, der Stickstoffbilanz und der Leberfunktion.

Literatur. Guder W, Häussinger D, Gerok W (1987) Renal and Hepatic Nitrogen Metabolism in Systemic Acid Base Regulation. J Clin Chem Clin Biochem 25:457–466 Guder WG (2009) Harnstoff. In: Guder WG, Nolte J (Hrsg) Das Laborbuch für Klinik und Praxis. 2. Aufl. Elsevier, Urban und Fischer, München. S 816–817

Häufige Antigene, erythrozytäre

Harnstoff-Urease-Test R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Urease-Schnelltest Englischer Begriff. rapid urease-test Definition. Verfahren zum Nachweis von 7 Helicobacter pylori

in Schleimhautbiopsaten, das auf dem Abbau von 7 Harnstoff zu 7 Ammoniumionen durch die Urease von Helicobacter pylori und dem durch den alkalischen pH ausgelösten Farbumschlag eines Indikators beruht.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Je 2 Biopsien aus Corpus und Antrum werden mit Harnstoff- und Indicator-haltigem Medium (HUTTest, CLO-Test) versetzt. Urease von Helicobacter pylori spaltet Harnstoff zu Ammoniumionen. Dies führt innerhalb von 1–2 h zu einem Umschlag des Indikatorfarbstoffs: NH2–CO–HN2

Urease

2 NH3 + 2 H2O

617

Verdienste. Hasselbach war von 1905–1917 Direktor des FinsenInstituts in Kopenhagen, später Agronom. Brachte die von Henderson (7 Henderson, Lawrence Joseph) formulierte Gesetzmäßigkeit in die logarithmische Form, übernahm die negativ-logarithmische Ausdrucksweise für die Wasserstoffionenkonzentration und entwickelte so die bekannte Henderson-Hasselbalch-Gleichung (7 Säure-BasenStoffwechsel).

Literatur. Hasselbalch KA (1917) Die Berechnung der Wasserstoffzahl des Bluts aus der freien und gebundenen Kohlensäure desselben, und die Sauerstoffbindung des Bluts als Funktion der Wasserstoffzahl. Biochem Z 78:112

H₂-Atemtest nach Laktose R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Wasserstoffexhalations-Test nach Laktose Englischer Begriff. lactose/hydrogen breath tests

2 NH3 + CO2 2 NH4+ + 2 OH–

Einsatzgebiet. Nachweis von Helicobacter pylori im Rahmen der Di-

Definition. H2-Atemtest zum Nachweis einer Laktosemalabsorption Durchführung. Nach oraler Gabe von 50 g Laktose in 400 mL Wasser

agnostik und Therapieüberwachung

wird beim nüchternen Patienten der H2-Gehalt in der endexspiratorischen Atemluft basal sowie nach 30, 60, 90 und 120 min gemessen.

Untersuchungsmaterial. Biopsate aus Corpus und Antrum des Ma-

Funktion und Pathophysiologie. Der Test beruht darauf, dass im

gens.

menschlichen Organismus H2–Gas ausschließlich im Gastrointestinaltrakt durch den bakteriellen Abbau von Kohlenhydraten entsteht. Nach oraler Zufuhr von Laktose wird diese bei Laktasemangel nicht zu Glukose und Galaktose hydrolysiert, sondern gelangt in den Dickdarm, wo Laktose durch Kolonbakterien unter Freisetzung von H2Gas abgebaut wird. Das im Gastrointestinaltrakt gebildete H2-Gas wird zu etwa 10–20 % über die Darmwand resorbiert und gelangt via Blutstrom in die Lunge, wo es ca. 4–8 min nach seiner intestinalen Bildung abgeatmet wird. Das Ausmaß der bakteriellen Metabolisierung wird durch Bestimmung der H2-Menge in der Ausatemluft bestimmt. In 5–10 % der Probanden ist trotz Laktosemalabsorption keine H2Abatmung nachzuweisen (Non-responder), wobei ein Fehlen wasserstoffbildender Bakterien, die Abhängigkeit des Bakterienwachstums vom pH im Kolon und eine besonders effektive H2-Verwertung durch Methanbildung als Ursachen diskutiert werden.

Spezifität. Direkter und spezifischer Erregernachweis im Biopsat. Harnstoff-Urease-Schnellteste haben eine Spezifität und Sensitivität von mehr als 90 %.

Fehlermöglichkeit. Bei Therapie mit Antibiotika und Protonenpumpen-Inhibitoren kann der Harnstoff-Urease-Test falsch negativ ausfallen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es ist ein preiswerter und schnell verfügbarer Test, der jedoch invasiv und mit der Durchführung einer Endoskopie verbunden ist. Literatur. Caspary WF, Rösch W (1996) Diagnostik und Therapie der Helicobacter pylori-Infektion. Dt. Ärzteblatt 93:B2094–2097 Peterson WL, Graham DY (1998) Helicobacter Pylori. In: Feldman M, Sleisenger MD, Scharschmidt BF (eds) Gastrointestinal and Liver Disease. WB Saunders, Philadelphia, pp 604–619

Harntrübung 7 Trübung des Urins

Harnzucker 7 Glukose, Urin

Harnzylinder 7 Zylinder im Urin

Untersuchungsmaterial. Ausatmungsluft Analytik. Elektrochemisch oder gaschromatograpisch Referenzbereich — Frauen. Anstieg der H2-Exhalation ≤ 20 parts per million (ppm) über 120 min Referenzbereich — Männer. Anstieg der H2-Exhalation ≤ 20 parts per million (ppm) über 120 min Indikation. Verdacht auf primären oder sekundären Laktasemangel, Verdacht auf Laktosemalabsorption anderer Genese. Interpretation. Ein Anstieg von H2 in der Atemluft nach Laktosebelastung zeigt eine Laktosemalabsorption an.

Diagnostische Wertigkeit. Die Sensitivität und Spezifität des H2-

Hasch T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Haschisch 7 Cannabinoide

Hasselbalch, Karl Albert O. Müller-Plathe

Atemtests nach Laktose beträgt im Vergleich mit bioptisch bestimmten Enzymwerten je 100 %. Der H2-Atemtest ist besonders zur Erfassung geringer ausgeprägter Formen der Laktoseintoleranz dem oralen Laktosebelastungstest (mit Glukosebestimmung im Serum) überlegen, der eine Sensitivität von 76 % und eine Spezifität von 96 % aufweist.

Literatur. Henning BF, Doberauer C, Tepel M et al (1997) H2-Atemtests. Internist Praxis 37:745–757

Häufige Antigene, erythrozytäre K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Hochfrequente Antigene

Lebensdaten. Dänischer Physiologe, geboren am 1. November 1874,

Englischer Begriff. public antigens; high incidence antigens; high fre-

gestorben am 19. September 1962.

quency antigens

H

618

Haupteffekt

Definition. Die Häufigkeit eines häufigen Antigens liegt über 99 % (meist > 99,9 %). i Im erythrozytären System kommen diese Antigene bei fast allen

Individuen vor. Hochfrequente Antigene, die bisher nicht bekannten Blutgruppensystemen zugeordnet werden konnten, wurden zu der numerischen 901er-Serie zusammengestellt. Bei Bildung von Antipublic-Antikörpern bei Personen ist die Bereitstellung von kompatiblen Blutkonserven deutlich erschwert. Nach Differenzierung der Antikörper-Spezifität mit speziellen, selten vorkommenden Testerythrozyten, kann auf kompatible kryokonservierte Konserven in spezialisierten Blutbanken zurückgegriffen werden. Falls möglich, ist auch eine Eigenblutspende indiziert. Einige Beispiele für häufige erythrozytäre Antigene sind AnWj (Anton), Ata (August), Coa (7 Colton-Blutgruppensystem), Duclos, Emm, Ge (7 Gerbich-Blutgruppensystem), I (7 Ii-Blutgruppensystem), JMH, Jra, k (7 Cellano-Antigen), Kpb (Rautenberg), Lan (Langereis), Lub (7 Lutheran-Blutgruppensystem), MER2 (Ralph), Oka, Sda (Sid), PEL, Ve (7 Vel) und Yta (Cartwight).

Haupteffekt R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Hayem-Lösung H. Baum

Synonym(e). Hayemsche Lösung Englischer Begriff. Hayem’s solution Definition. Quecksilber(II)chlorid-Lösung (Sublimat) zur Stabilisierung der Erythrozyten bei der manuellen Erythrozytenzählung. i Die Hayem-Lösung ist eine blutisotone Quecksilberlösung (0,25 g Quecksilber(II)chlorid, 2,5 g Natriumsulfat, 0,5 g Natriumchlorid ad 100 mL H2O). Bei der Verdünnung zur 7 Erythrozytenzählung werden die 7 Erythrozyten fixiert, ohne dass eine wesentliche Änderung ihrer Morphologie oder Farbe auftritt. Benannt ist die Lösung nach dem französischen Arzt Georges Hayem (1841–1933).

Literatur. Hayem G (1878) Recherches sur l’evolution des Hématies dans le sang de l’homme et des vertébrés. Archives de physiologie normale et pathologique 5:692–734 Merck E (1974) Klinisches Labor. Merck-Verlag Darmstadt, S 11

Englischer Begriff. main effect Definition. Als Haupteffekt werden die Auswirkungen der verschiedenen Kategorien eines Einflussfaktors auf die Zielvariable in einem statistischen Modell (7 Modell, statistisches) wie etwa der 7 Varianzanalyse bezeichnet.

Literatur. Hartung J, Elpelt B, Klösener KH (1995) Statistik, Lehr- und

HbE 7 Hämoglobingehalt, Erythrozyten HbA1 7 Hämoglobin A1

Handbuch der angewandten Statistik. Oldenbourg Verlag, München

HbA₂ Haupthistokompatibilitätskomplex

7 Hämoglobin A2

7 HLA-Allele

HAV

HbA1c 7 Hämoglobin A1c

7 Hepatitis-A-Virus-Antigen; 7 Hepatitisviren

HBcAg HAV-Ag

7 Hepatitis-B-Virus-Core-Antigen

7 Hepatitis-A-Virus-Antigen

HBc-Antikörper HAV-Antikörper

7 Hepatitis-B-Virus-Core-Antigen-Antikörper

7 Hepatitis A-Virus-Antikörper

HBc-IgM-Antikörper HAV-IgM-Antikörper

7 Hepatitis-B-Virus-Core-Antigen-IgM-Antikörper

7 Hepatitis A-Virus-IgM-Antikörper

HBDH, α-HBDH Hawkinsin

7 α-Hydroxybutyratdehydrogenase

A.M. Gressner

Synonym(e). Hawkinsinurie; 4-α-Hydroxyphenylpyruvathydroxylase-Mangel

Englischer Begriff. hawkinsinuria Definition. Bei der durch die 4-Hydroxyphenylpyruvatdioxigenase katalysierten Reaktion entsteht durch Oxidation und Decarboxylierung ein Reaktionsprodukt, das durch Reaktion mit 7 Glutathion oder 7 Cystein zum Hawkinsin entgiftet wird. i Extrem seltene (Inzidenz: 1 : 100.000), durch Gedeihstörungen

und Azidose in der Kindheit gekennzeichnete, später symptomlos verlaufende, durch 4-Hydroxyphenylpyruvathydroxylase-Mangel verursachte, autosomal dominant vererbte metabolische Störung des Tyrosinstoffwechsels (7 Tyrosin). Der Defekt wird vermutet in der Epoxid-Homogentisat-Umlagerungsreaktion nach Oxidation und Decarboxylierung von 4-Hydroxyphenylpyruvat. Bisher nur vier Familien mit Hawkinsinurie bekannt.

Hb-Differenzierung 7 Hämoglobindifferenzierung

HBeAg 7 Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen

HBe-Antikörper 7 Hepatitis B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper

Hb-Elektrophorese 7 Hämoglobinelektrophorese

HbF 7 Hämoglobin F

Heidelberger-Kurve

HbF-Zellen 7 Kleihauer-Betke-Test

Hb-Hp-Komplex 7 Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl

619

Kontraindikation(en). Keine. Nebenwirkung(en). Sehr selten vermehrt Erektionen. Interpretation. Als normal gilt ein mindestens 1,5–2,5-facher Anstieg von Testosteron über den Basalwert (Männer bis zum 60. Lebensjahr). Diagnostische Wertigkeit. Der HCG-Test hat insbesondere bei einer

HBM-I und -II 7 Human-Biomonitoring-Wert

HbS 7 Hämoglobin S

HBsAg 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen

HBs-Antikörper 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper

HBV 7 Dane-Partikel

HBV-DNA 7 Hepatitis-B-Virus-DNA

HCII 7 Heparincofaktor II

hCG, β-hCG 7 Choriongonadotropin

HCG-Test H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Leydigzell-Funktionstest; Testosteron-Stimulation

Anorchie Beweiskraft.

Literatur. Degros V, Cortet-Rudelli C, Soudan B et al (2003) The Human Chorionic Gonadotropin Test is More Powerful than the Gonadotropin-Releasing Hormone Agonist Test to Discriminate Male Isolated Hypogonadotropic Hypogonadism from Constitutional Delayed Puberty. Eur J Endocrinol 149:23–29

hCT 7 Calcitonin

HCV-Antikörper 7 Hepatitis C-Virus Antikörper

HCV-RNA 7 Hepatitis-C-Virus RNA

HCY 7 Homocystein

HDAg 7 Hepatitis-D-Virus-Antigen

HDL 7 High Density Lipoprotein

HDL-Bestimmung, homogen 7 High Density Lipoprotein

HDL-Cholesterin

Englischer Begriff. human chorionic gonadotropin test

7 High Density Lipoprotein

Definition. HCG stimuliert, entsprechend seiner LH-analogen Wirkung, an der Leydigzelle des Hodens die Testosteronsynthese und -sekretion.

7 Hepatitis-D-Virus-Antikörper

Durchführung. Am Vormittag zwischen 8.00 und 10.00 Uhr werden nach der Blutentnahme 5000 IE HCG (Choriongonadotropin [Brevactid®, Predalon®]) i.m. verabreicht. Eine zweite Blutentnahme wird 48 oder besser 72 h nach Injektion von HCG durchgeführt. Funktion und Pathophysiologie. s. Indikation Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Referenzbereich — Frauen. Keine Indikation. Referenzbereich — Männer. Der 1,5–2-fache Anstieg des Basalwertes gilt bis zum 60. Lebensjahr als ausreichend. Referenzbereich — Kinder. Ein Anstieg von Testosteron auf > 100 ng/dL (3,5 nmol) bei präpubertären Jungen schließt eine Leydigzell-Insuffizienz aus.

Indikation. Der Test wird heute zur Differenzialdiagnose zwischen Anorchie und Kryptorchismus eingesetzt. Beim letzteren kommt es zu einem eingeschränkten Anstieg von Testosteron bei primär schon vorhandener Testosteronkonzentration. Darüber hinaus wird der Test zum Nachweis von endokrin aktivem, Testosteron-produzierendem Gewebe bei Intersexualität eingesetzt.

HDV-Antikörper HDV-RNA 7 Hepatitis-D-Virus-RNA

HE4 7 Risk of Ovarian Malignancy Algorithm

Head-Space Gaschromatographie 7 Gaschromatographie

Heidelberger-Kendall-Kurve 7 Heidelberger-Kurve

Heidelberger-Kurve A.M. Gressner

Synonym(e). Heidelberger-Kendall-Kurve; Präzipitationskurve, immunologische

Englischer Begriff. Heidelberger curve

H

620

Heinz-Innenkörper

Definition. Grafische Darstellung der quantitativen Beziehung zwischen Antigen und Antikörper bei der Immunpräzipitation. i Die u. a. von Heidelberger und Kendall (7 Kendall, Edward Calvin)

ausgearbeiteten quantitativen Beziehungen der beiden Reaktionspartner 7 Antigen und 7 Antikörper bei der Immunkomplexbildung und nachfolgenden Präzipitation weisen drei Bereiche des Kurvenverlaufes auf (7 Abb. 1). Werden bei konstanter Antikörper-Konzentration steigende Antigenmengen zugegeben (Bereich 1: aufsteigender Ast, Zone des Antikörper-Überschusses) ergibt sich zunächst eine (nahezu) lineare Beziehung zwischen Präzipitatmenge und Antigen-Konzentration. Die Antigenmenge ist im Bereich 1 nicht ausreichend, um alle Antikörper zu binden. Bei weiter steigender Antigen-Konzentration nimmt die freie Antikörper-Konzentration im Überstand kontinuierlich ab bis zu einem Bereich, bei dem alle Antikörper durch das Antigen gebunden und unter Bildung eines Raumgitters kreuzvernetzt sind und sedimentieren (Bereich 2: Äquivalenzzone, maximale Präzipitatbildung). In diesem Bereich sind weder freies Antigen noch freier Antikörper nachweisbar. Bei weiterer Erhöhung der Antigen-Konzentration nimmt die Präzipitatmenge wieder ab und im Überstand wird zunehmend freies Antigen nachweisbar (Bereich 3: absteigender Ast, Zone des AntigenÜberschusses). In diesem Bereich ist die Raumgitterbildung durch hohe Antigen-Konzentrationen behindert, die entstehenden löslichen Immunkomplexe präzipitieren nicht. Die gemessene Präzipitatmenge ist in Bezug auf die vorliegende Antigen-Konzentration falsch-niedrig (7 High-Dose-Hook-Effekt). Die zur Konzentrationsbestimmung von Plasmaproteinen in Lösungen angewandten Methoden der 7 Immunnephelometrie und 7 Immunturbidimetrie müssen so ausgelegt sein, dass sie im Bereich 1 der Heidelberger-Kurve (Antikörper-Überschuss) messen, in der Antigen-Exzess-Zone (Bereich 3) sind falsch-niedrige Messsignale zu erwarten. Die Präzipitationskurve nach Heidelberger und Kendall bildet somit die Grundlage quantitativer immunologischer Antigen-Bestimmungen in freier Lösung.

Definition. Denaturierte intraerythrozytäre Proteinausfällungen. i Heinz-Innenkörper sind der Zellmembran anliegende, globuläre Erythrozyteneinschlüsse, die nur mit Hilfe einer Supravitalfärbung nachweisbar sind. Heinz-Innenkörper sind insgesamt selten nachweisbar, weisen im positiven Fall jedoch auf instabile Hämoglobine bei Hämoglobinopathien, selten auch auf eine familiäre oder schwere toxische Hämolyse hin.

Literatur. Theml H, Diem H, Haferlach T (2002) Taschenatlas der Hämatologie. 5. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 156

Heitzmann-Hämatoblasten H. Baum

Definition. Pluripotente Stammzelle der Hämatopoese des Knochenmarks. i Der Begriff „Hämatoblast“ beschreibt die pluripotente Stamm-

zelle der Hämatopoese im Knochenmark, aus der alle Zellen der Myelopoese, Erythropoese, Megakaryopoese und Lymphopoese hervorgehen können. Der Begriff wurde bereits im Jahr 1872 von Carl Heitzmann geprägt: „Da ich wiederholt Gelegenheit haben werde, von den beschriebenen Bildungen zu sprechen, will ich, um wiederholte Beschreibungen zu vermeiden, für dieselben den Namen Hämatoblasten wählen.“

Literatur. Fatovic-Ferencic S (2000) The discovery of the hematoblast by Carl Heitzmann (1836–1896) in 1872. Int J Dermatol 39:632–635

Helical Peptide H.-D. Haubeck

Synonym(e). HELP Englischer Begriff. helical peptide Definition. Das „helical peptide“ (HELP) entsteht beim proteolytischen Abbau von Kollagen Typ I im Knochen und ist ein Marker der Knochenresorption. i 7 Kollagen Typ I ist mit einem Anteil von ca. 90 % der organischen Knochenmatrix das wichtigste Protein des Knochens. Dementsprechend lassen sich die durch proteolytischen Abbau von Kollagen Typ I entstehenden Degradationsprodukte als Marker des Knochenumbaus bzw. der Knochenresorption nutzen. Neben den carboxyterminalen und aminoterminalen Typ-I-Kollagen-Telopeptiden (CTX, CrossLaps und NTX) wurde bisher vor allem die Ausscheidung von Desoxypyridinolin (DPD) in den Urin gemessen. Im Gegensatz zu den Kollagenfragmenten aus den Telopeptiden von Kollagen Typ I wird mit HELP ein Peptid (aa 620-633) aus dem tripelhelikalen Bereich der α1-Kette von Kollagen Typ I erfasst. Die Ausscheidung von HELP in den Urin korreliert gut mit der Ausscheidung der carboxyterminalen und aminoterminalen Telopeptide (CTx und NTx) obwohl HELP nicht nur im Kollagen Typ I des Knochens, sondern auch dem aus anderen Organen bzw. Geweben, z. B. der Haut, vorkommt.

Literatur. Taxel P, Fall PM, Prestwood KM et al (2004) Changes in urinary excretion of helical peptide during therapy for osteoporosis in older adults. Clin Chem 50:747–750

Helicobacter pylori W. Stöcker

Heidelberger-Kurve. Abb. 1. Erläuterungen s. Fließtext

Synonym(e). H. pylori; Campylobacter pylori

Literatur. Heidelberger M, Kendall FE (1932) Quantitative studies on

Englischer Begriff. helicobacter pylori

the precipitin reaction. J Exp Med 55:555–561

Heinz-Innenkörper H. Baum

Englischer Begriff. Heinz bodies

Beschreibung des Erregers. Zuerst von Marshall und Warren (1983) aus Magenbiopsiematerial isoliert. Zunächst als Campylobacter pylori bezeichnet, später in Helicobacter pylori umbenannt. Gattung Helicobacter, Familie Helicobacteriaceae, Division der Proteobakterien. Helicobacter pylori ist ein 3–4 × 0,5–1,0 μm großes, gram-negatives, gebogenes, spiralförmiges Stäbchenbakterium, welches sich auf

Heller-Ringprobe

621

Grund seiner 3–7 unipolaren Flagellen (2,5 μm lang, Ø 30 nm) durch eine hohe Beweglichkeit auszeichnet. Eine Reihe von Virulenzfaktoren ist an der Pathogenese beteiligt. Charakteristisch ist die besonders hohe Ureaseaktivität, die das Überleben in der Magenschleimhaut durch Neutralisation der Magensäure über die Spaltung von Harnstoff in Ammoniak und Kohlendioxid sichert. Intensiv erforscht sind die Pathogenitätsfaktoren VacA (vakuolisierendes Zytotoxin A) und CagA-Protein (Zytotoxin-assoziiertes Gen A), deren Präsenz signifikant stärker mit Folgekrankheiten (z. B. Magenkarzinomen) assoziiert ist. Reservoir für Helicobacter pylori ist ausschließlich der menschliche Magen.

Suerbaum S, Vogt K (2004) Helicobacter. In: Hahn H, Falke D, Kaufmann, SH, Ullmann U: Medizinische Mikrobiologie, Springer 5. Aufl. 291–295

Erkrankungen. Helicobacter pylori ist nachweislich an der Pathogene-

Lebensdaten. Tschechischer Chemiker, geboren am 4. Mai 1813 in

se von chronisch-atrophischer Gastritis, Ulcus ventriculi et duodeni und Adenokarzinom sowie MALT-Lymphom beteiligt. Es wurde deshalb 1994 durch die WHO (World Health Organisation) zum „Karzinogen erster Klasse“ ernannt. Mehr als die Hälfte der adulten Weltbevölkerung trägt H. pylori in ihrem Gastrointestinaltrakt. In den Industrienationen beträgt die Infektionsrate 20–50 %, während sie in einigen Entwicklungsländern bei über 95 % liegt. Helicobacter-pylori-Infektionen werden mit einer Tripeltherapie aus zwei Antibiotika und einem Protonenpumpeninhibitor behandelt.

Analytik. Invasive Testmethoden aus gastroendoskopischem Biopsiematerial: 5 Helicobacter-Ureaseschnelltest: Biopsiematerial wird über eine pH-Wert-Änderung durch Farbumschlag eines Indikators auf Ureaseaktivität untersucht. Besonders geeignet für eine schnelle Primärdiagnostik (7 Harnstoff-Urease-Test). 5 Histologie: Mikroskopische Darstellung von H. pylori in der Magenschleimhaut mittels HE-Färbung (Hämatoxylin-Eosin). Nachweis pathologischer Veränderungen (Aktivität und Chronizität). Einsatzgebiete: Primärdiagnostik und Therapiekontrolle. 5 Kultur: Anzucht der Bakterien auf Spezialnährmedien über 5–7 Tage, aus frisch gewonnenen Magenschleimhaut-Biopsien. 5 PCR-Verfahren: Erregernachweis durch Analyse der DNA, gleichzeitig können Antibiotika-Resistenz-assoziierte Punktmutationen aufgedeckt werden. Damit ist eine Resistenzbestimmung auch dann möglich, wenn die konventionelle Kultivierung nicht gelingt. Nichtinvasive Methoden.

5 Stuhlantigentest: Erreger werden mittels monoklonaler Antikörper im Stuhl bestimmt. Geeignet für Primärdiagnostik und Therapiekontrolle. Besonders für Kleinkinder die Methode der Wahl. 5 13C-Harnstoff-Atemtest: Oral zugeführter, markierter Harnstoff wird durch bakterielle Urease gespalten. Die 13CO2-haltige Expirationsluft wird aufgefangen und gemessen. Geeignet für Primärdiagnostik und Therapiekontrolle. 5 Serologie: Indirekte Immunfluoreszenz und Enzymimmuntests besitzen für die Diagnostik einen geringeren Stellenwert als die Direktnachweise, sind jedoch hilfreich, wenn keine Indikation für eine Gastroskopie vorliegt sowie bei reduzierter Koloniedichte in der Magenschleimhaut. Spezifische Antikörper gegen die Virulenzfaktoren CagA und VacA können mittels Immunblot bestimmt werden.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht wird gastroskopisches Biopsiematerial. Es sollte bis zur Weiterverarbeitung in Spezial-Transportmedien bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Material nicht einfrieren! Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. In Deutschland befasst sich ein nationales Referenzzentren mit Helicobacter-pylori-Infektionen.

Literatur. Kist M, Glocker E, Suerbaum S (2005) Pathogenese, Diagnostik und Therapie der Helicobacter-pylori-Infektion. Bundesgesundheitsblatt 48: 669–678

α-Helix 7 Proteinstruktur

Heller, Johann Florian A.M. Gressner. O.A. Gressner

Iglau (Tschechien), gestorben am 21. November 1871 in Wien

Verdienste. Heller erhielt bereits während seiner Gymnasialzeit Unterricht in praktischer Chemie von seinem als Apotheker tätigen Vater, studierte Chemie in Prag, schloss mit einem pharmazeutischen Examen ab und promovierte im Jahr 1837 in Prag zum Dr. chem. Neben dem Studium der Chemie belegte Heller medizinische Vorlesungen und Kurse. Nach Übersiedlung nach Wien im Jahr 1838 widmete er sich dem Studium pathochemischer Prozesse und veranstaltete chemische Kurse für Medizinstudenten und private Kurse für Ärzte in der physiologischen und pathologischen Chemie und Mikroskopie. 1844 übernahm Heller die Leitung des Pathologisch-Chemischen Laboratoriums am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, wurde aber erst 1855 zum offiziellen Leiter ernannt. Seine herausragenden Beiträge zur 7 Klinischen Chemie betreffen die programmatische Definition der Aufgaben der Klinischen Chemie, die Entwicklung neuer Testmethoden (z. B. 7 Heller-Ringprobe), die systematische chemische Analyse von Körperflüssigkeiten in definierten Krankheitszuständen, die medizinische Interpretation klinisch-chemischer Befunde, die Organisation des Pathologisch-Chemischen Laboratoriums am Wiener Allgemeinen Krankenhaus sowie die Tätigkeit als Editor des ersten Journals der Klinischen Chemie („Hellers Archiv für physiologische und pathologische Chemie und Mikroskopie“, das in sechs Bänden zwischen 1844 und 1853 erschien). Heller betonte und entwickelte die pathologische Chemie als eine unverzichtbare adjuvante Disziplin für eine wissenschaftlich orientierte Medizin. Zusammen mit Scherer (7 Scherer, Johann Joseph von) und Simon (7 Simon, Johann Franz) gehört er zu den Begründern der Klinischen Chemie.

Literatur. Schmalhofer J (1980) Das Werk von Johann Florian Heller mit besonderer Berücksichtigung der Entstehung des ersten pathologisch-chemischen Laboratoriums im Allgemeinen Krankenhaus und der Ernennung Hellers zum Vorsitzenden des Laboratoriums. Dissertation, Bonn

Heller-Ringprobe W.G. Guder

Synonym(e). Hellersche Schichtprobe Englischer Begriff. Heller reaction Definition. Methode zum qualitativen Nachweis von 7 Protein, gesamt im Urin, (7 Albumin im Urin) i Im Jahr 1852 beschrieb Heller (7 Heller, Johann Florian) in Wien

ein Verfahren, bei dem Urin nach Zusatz von einem Tropfen Salpetersäure entlang der Wand des Reagenzglases an der Grenzfläche einen scharf begrenzten weißen Ring bildete, der beim Mischen wieder verschwand und bei erneutem Zusatz von Salpetersäure wieder entstand. Der Test wies damit 7 Albumin nach mit einer Empfindlichkeit von 0,02 Promille(!), d. h. 20 mg/L. Das Verfahren hat sich aber nicht durchgesetzt wegen der kurz danach eingeführten 7 Kochproben.

Literatur. Dall’Olio G, Dorizzi RM (2000) Diagnosis of Diabetes Mellitus at the Hospital of Venice in 1863. Clin Chim Acta 297:17–27 Heller JF (1852) Über die Erkennung des Albumins, der Urate, der Knochenerde und einer eigentümlichen Proteinverbindung im Harn. Arch physiol pathol Chemie und Mikroskopie 5:161–171

H

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Hellersche Schichtprobe

Hellersche Schichtprobe 7 Heller-Ringprobe

Helmzellen H. Baum

Synonym(e). Fragmentozyten; Schistozyten

Literatur. Papanikolaou G, Samuels ME, Ludwig EH et al (2004) Mutations in HFE2 cause iron overload in chromosome 1q-linked juvenile hemochromatosis. Nat Genet 36:77–82

Hemp T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Englischer Begriff. helmet cell Definition. Fragmentozyt mit helmförmigem bis mondsichelförmigem Aussehen und ausgefranstem Rand an der konkaven Seite. i Helmzellen sind 7 Fragmentozyten mit einem spezifischen Aussehen. Die fragmentierten Erythrozyten erscheinen im Blutausstrich mondsichelförmig, wobei die konkave Seite dieser Zelle einen ausgefransten Randsaum aufweist und somit das Aussehen des Erythrozytenfragments an einen Helm erinnert. Helmzellen sind, wie alle anderen Formen fragmentierter Erythrozyten, ein Hinweis auf eine intravasale Hämolyse oder mechanische Schädigung der Erythrozyten.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 172

HELP 7 Helical Peptide

Hemker-Thrombinbildungspotenzial 7 Endogenes Thrombinbildungspotenzial

Hemmkörperteste P. Kiefer, T. Stief

Definition. Hemmkörperteste sind Teste, die Inhibitoren gegen einzelne Gerinnungsfaktoren erfassen sollen oder zur Identifizierung eines Lupus-Antikoagulans dienen. Die wichtigsten sind der (Plasma)Mischtest oder Plasmatauschversuch, die Kaolin Clotting Time (KCT) und die Russell Viper Venom Time (RVVT).

Hemojuvelin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). HJV; HFE2 Englischer Begriff. hemojuvelin Definition. Transmembranöses Protein mit Funktionen im Eisenstoffwechsel und durch Mutationen von pathogenetischer Relevanz für die juvenile Hämochromatose. i Hemojuvelin ist ein transmembranöses, sowohl ein RGD-Motif

(Arg-Gly-Asp) als auch eine partielle 7 von Willebrand-Faktor Typ D Domäne aufweisendes Protein, das in fetaler und adulter Leber aber auch in Herz- und Skelettmuskulatur exprimiert wird. Das 7 Gen ist auf Chromosom 1q21 lokalisiert. Durch differentielles 7 RNA-Spleißen werden verschiedene Genprodukte gebildet, die in ihrer Größe variieren, wobei das größte Produkt insgesamt 425 Aminosäuren umfasst. Die einzelnen Genprodukte sind in die Eisenhomöostase funktionell involviert, wahrscheinlich durch Induktion der 7 Hepcidin-Expression. Mutationen von HJV, die mit niedrigen Hepcidin-Konzentrationen einhergehen, sind wie die des Hepcidins pathogenetisch für die juvenile Hämochromatose relevant. Die durch solche Mutationen hervorgerufene Hämochromatose wird autosomal rezessiv vererbt. Jedoch können auch heterozygot auftretende 7 Mutationen die 7 Penetranz einer Hämochromatose erhöhen, falls weitere Mutationen in anderen Genen des Eisenstoffwechsels (z. B. 7 Hämochromatosegen) vorhanden sind.

HEMPAS-Antigen H. Baum

Synonym(e). N-Acetylglucosaminyltransferase-Mangel Englischer Begriff. HEMPAS antigene Definition. Genetisch bedingter Mangel an N-Acetylglucosaminyltransferase mit typischer morphologischer Erythrozytenabnormalität und Lyse der Erythrozyten im angesäuerten Blut. i HEMPAS ist ein Akronym und steht für „Hereditary Erythroblastic Multinuclearity associated with Positive Acidified Serum test“. Es beschreibt die Besonderheiten der „Kongenitalen Dyserythropoetischen Anämie Typ II“. Durch den Mangel an N-Acetylglucosaminyltransferase sind die Erythrozyten an ihrer Oberfläche zu wenig glykosiliert. Dies führt zur Freilegung von Neoantigenen, die durch natürlich vorkommende IgM-Antikörper, die zur Komplementaktivierung führen, erkannt werden und somit die Erythrozyten lysieren. Diese Lyse kann in vitro durch Ansäuerung des Bluts (pH 6,8) induziert werden.

Literatur. Beutler E, Valentine WN (1991) The congenital dyserythropoietic anemias – Congenital dyserythropoietic anemia type II (HEMPAS). In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4. Aufl. International Edition, McGraw-Hill, New York, S 330

Henderson, Lawrence Joseph O. Müller-Plathe

Lebensdaten. Amerikanischer Physiologe, geboren am 3. Juni 1878 in Lynn, USA, gestorben am 10. Februar 1942.

Verdienste. Professor für Physiologie in Harvard. Er beschrieb im Jahr 1908 die physiologische Bedeutung der Kohlensäure für die Pufferung des Bluts mit Hilfe des 1867 von Guldberg und Waage formulierten Massenwirkungsgesetzes. Weiterentwicklung durch Hasselbalch (7 Hasselbalch, Karl Albert).

Literatur. Henderson LJ (1908) The Theory of Neutrality Regulation in the Animal Organism. Am J Physiol 21:427–448

Henderson-Hasselbalch-Gleichung 7 Säure-Basen-Stoffwechsel

Hepadna-Virus K. Ritter

Synonym(e). DNA-Hepatitisvirus Englischer Begriff. hepadnavirus Definition. Taxonomischer Begriff, bezeichnet ein Mitglied der Familie Hepadnaviridae. i Alle Mitglieder dieser Virusfamilie sind hepatotrop (griech.: tò

hépar, hépatos: die Leber) und besitzen eine teilweise doppelsträngige DNA; beide Eigenschaften sind in den Namen Hepadna-Virus eingegangen. Die Viren haben eine sphärische Gestalt mit einem Durchmesser von 45–52 nm. Details im Replikationszyklus der HepadnaViren weisen darauf hin, dass sie sich im Verlauf der Evolution aus Retroviren (RNA-Viren) entwickelt haben.

Heparansulfat-Proteoglykane

Es existieren zwei Genera: Orthohepadna-Virus und Avihepadnavirus. Zum Genus Avihepadna-Virus gehören Viren, die Enten und Reiher infizieren; das Genus Orthohepadna-Virus enthält Hepadnaviren verschiedener Primatenarten und Hörnchen sowie als einzigen humanpathogenen Vertreter das Hepatitis-B-Virus (HBV, 7 Abb. 1 in 7 Dane-Partikel) des Menschen. Die Hepadna-Viren der Ente und des Waldmurmeltiers (Hörnchen) sind zu wichtigen Modellsystemen für das HBV geworden. Orthohepadna-Viren verursachen akute Leberentzündungen (Hepatitis), die in eine chronische Verlaufsform übergehen können; Spätfolgen sind Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom. Der Name „Hepadna“-Virus wurde auch zur Abgrenzung dieses Virustyps gegen 7 Hepatitisviren mit einem RNA-Genom gewählt. Zu den RNA-Hepatitis-Viren gehören (in Klammern die Familienzugehörigkeit): 5 Hepatitis-A-Virus (Picornavirus), 5 Hepatitis-C-Virus (Flavivirus), 5 Hepatitis-D-Virus (noch nicht eingeordnet), 5 Hepatitis-E-Virus (Calicivirus, Hepevirus), 5 Hepatitis-G-Virus (Flavivirus). Ein ursprünglich als Hepatitis-F-Virus bezeichneter Erreger wurde im Jahr 1994 in Frankreich entdeckt. Dieses Virus wird heute nicht mehr zu den Hepatitisviren gezählt.

Heparanase H.-D. Haubeck

Synonym(e). Heparansulfat-Endoglykosidase; Endo-β-D-glukuronidase

Englischer Begriff. heparanase Definition. Heparanase ist eine Endoglykosidase, die spezifisch Heparansulfat-Ketten von Zelloberflächen- und Basalmembran-Heparansulfat-Proteoglykanen spaltet und an wichtigen biologischen Prozessen wie der Tumor-Invasion und Metastasierung beteiligt ist. i 7 Heparansulfat-Proteoglykane (HS-PG) sind wichtige Bestandteile von Basalmembranen und kontrollieren die Zellmigration. Im Rahmen von Entzündungs- und Immunreaktionen müssen Entzündungs- und Immunzellen, d. h. neutrophile Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten aus den Blutgefäßen in das Entzündungsgebiet auswandern und hierfür die Basalmembranen überwinden. Für die Basalmembranpassage ist es notwendig, die Basalmembran lokal zu degradieren und insbesondere die Heparansulfat-Ketten der HS-PG abzubauen. Dementsprechend wird Heparanase von einer Reihe von Zelltypen, vor allem Leukozyten, Thrombozyten aber auch vielen Tumorzellen exprimiert. Durch eine Hemmung der Heparanase lassen sich daher nicht nur Entzündungsreaktionen sondern auch die Invasion und Metastasierung von Tumoren hemmen. Die hohe Expression von Heparanase durch Tumorzellen ist ein prognostischer Marker z. B. beim Pankreas-Karzinom. Die Entwicklung geeigneter Heparanase-Inhibitoren bildet, insbesondere weil beim Menschen lediglich ein Gen für die Heparanase existiert, einen neuen interessanten Ansatz in der Tumortherapie. Heparanase wird zunächst als inaktives Proenzym von ca. 65 kDa gebildet. Aus diesem Proenzym wird proteolytisch ein 6-kDa-Fragment herausgeschnitten und die beiden entstehenden 8- und 50-kDaFragmente bilden das aktive Heterodimer. Heparanase spaltet Heparansulfat und Heparin nur an wenigen definierten Schnittstellen der Polysaccharidkette. Dementsprechend können auf Zelloberflächen, in der Basalmembran aber insbesondere in der extrazellulären Matrix an Heparansulfat gebundene Zytokine und Wachstumsfaktoren (z. B. bFGF) freigesetzt werden und damit Prozesse wie die Angiogenese aber auch Wundheilungs- und Reparaturprozesse steuern. Für die Messung der Heparanase steht ein Enzymimmunoassay verfügbar.

Literatur. Hulett MD, Freeman C, Hamdorf BJ et al (1999) Cloning of mammalian heparanase, an important enzyme in tumor invasion and metastasis. Nature Medicine 5:803–809 Rohloff J, Zinke J, Schoppmeyer K et al (2002) Heparanase expression

623

is a prognostic indicator for postoperative survival in pancreatic adenocarcinoma. Brit J Cancer 86:1270–1275

Heparansulfat-Endoglykosidase 7 Heparanase

Heparansulfat-Proteoglykane H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. heparan sulfate proteoglycans; heparan sulphate proteoglycans

Definition. Heparansulfat-Proteoglykane bilden eine große, heterogene Gruppe von Proteoglykanen, die an zahlreichen wichtigen biologischen Prozessen, wie der Kontrolle von Zellproliferation und Differenzierung, von Tumorinvasion und Metastasierung aber auch der Kontrolle des Gerinnungssystems, beteiligt sind. i Heparansulfat-Proteoglykane bilden eine heterogene Familie von komplexen Makromolekülen, deren Grundstruktur aus einem CoreProtein besteht, an das eine oder mehrere Heparansulfat-Glykosaminoglykan-Ketten gebunden sind. Die Heparansulfat-Ketten bestehen, wie das eng verwandte Heparin (7 Heparin und Heparinoid), aus repetitiven Disaccharid-Einheiten (7 Abb. 1) aus N-Acetyl-Glukosamin und Glukuronsäure bzw. der C5-epimeren Iduronsäure. Diese Heparansulfat-Ketten unterliegen während der Biosynthese umfangreichen Modifikationen, welche die Ausbildung spezifischer Domänen für die Interaktion mit zahlreichen Liganden ermöglichen. Dabei erfolgt, im Anschluss an die Synthese der Bindungsregion (linkage region: Glukuronsäure-Galaktose-Galaktose-Xylose) an spezifischen Serin-Resten des Core-Proteins, die Kettenverlängerung durch die Polymerasen EXT1 und EXT2. Beide Polymerasen besitzen Glukuronyl-Transferase- und N-Acetyl-Glukosamin-Transferase-Aktivität und bilden ein Dimer, das für die maximale Transferase-Aktivität benötigt wird. Beim Menschen führt ein heterozygoter Defekt des EXT1-Gens zum Auftreten von multiplen Exostosen, d. h. benignen Knochentumoren, und weiteren Skelettanomalien, während ein homozygoter EXT1-Gendefekt nicht beschrieben ist. Wahrscheinlich ist dieser Gendefekt letal, wie bei EXT-1-defizienten (Knock-out-) Mäusen, die in der frühen Embryonalphase (Gastrulationsphase) versterben. Die wachsende Heparansulfat-Kette wird durch verschiedene Enzyme (NDST, C5-Epimerase, Sulfotransferasen) weiter modifiziert, wobei der NDST (Glucosaminyl-N-Deacetylase/N-Sulfotransferase), die die Acetylgruppe von N-Acetyl-Glukosamin durch eine Sulfatgruppe ersetzt, eine Schlüsselrolle zukommt, da die weiteren Modifikationen nur in der Nachbarschaft solcher N-Sulfat-Gruppen erfolgen. Die Bedeutung dieser verschiedenen Modifikationen ergibt sich aus dem Phänotyp der entsprechenden gendefizienten (Knock-out-) Mäuse, z. B. der fehlenden Nierenbildung (renale Agenesie) beim 2-O-Sulfotransferase-Defekt. Das Ergebnis des komplexen biosynthetischen Prozesses sind Heparansulfat-Ketten, auf denen Cluster von N- und O-sulfatierten Zuckerresten durch nichtmodifizierte Bereiche getrennt werden. Diese Cluster bilden spezifische Domänen für die Interaktion mit zahlreichen Liganden, zu denen neben Zytokinen und Wachstumsfaktoren (FGFs, VEGF, TGF-β1, TGF-β2, PDGF, IL-8 etc.), Komponenten der extrazellulären Matrix, Proteasen, ProteaseInhibitoren, Lipasen, Lipoproteine, Gerinnungsfaktoren aber auch virale Proteine gehören. Ein Beispiel ist ein Pentasaccharid in Heparin und Heparansulfat, das eine 3-O-Sulfat-Gruppe enthält und spezi-

Heparansulfat-Proteoglykane. Abb. 1. Disaccharidstruktur von Heparin/Heparansulfat

H

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Heparansulfat-Sulfatase

fisch Antithrombin III (AT-III) bindet. Diese Bindung induziert eine Konformationsänderung im AT-III-Molekül, die zu einem starken Anstieg der AT-III-Aktivität, d. h. der Inaktivierung von Thrombin und Faktor Xa, führt. Heparansulfat-Proteoglykane kommen in fast allen Zellen und Geweben vor. Sie sind ein wichtiger Bestandteil von Zellmembranen (7 Abb. 2), Basalmembranen und der extrazellulären Matrix. Verschiedene Familien von Heparansulfat-Proteoglykanen wurden beschrieben. Neben 7 Perlecan und 7 Agrin, die überwiegend in Basalmembranen vorkommen, sind hier die Familie der 7 Syndecane (Syndecan 1-4) und die Familie der 7 Glypicane (Glypican 1-6) zu nennen. Während die Syndecane in der Zellmembran über eine klassische Transmembran-Domäne verankert sind, besitzen die Glypicane einen Glykosyl-Phosphatidyl-Inositol-Anker. Zellmembran-ständige Heparansulfat-Proteoglykane, zu denen auch 7 Betaglycan gehört, besitzen vielfältige Aufgaben u. a. als Corezeptoren für Zytokine und Wachstumsfaktoren.

5 Chlorid: 100–130 mmol/L 5 pH: 6,0–8,0 Die Lösung darf keine Calcium-bindenden Anionen enthalten (Phosphat, Carbonat, Sulfat).

Literatur. Burnett RW, Covington AK, Fogh-Andersen N et al (1995) Approved IFCC Recommendations on Whole Blood Sampling for Simultaneous Determination of pH, Blood Gases and Electrolytes. Eur J Clin Chem Clin Biochem 33:247–253

Heparin und Heparinoide P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Unfraktioniertes Heparin; niedermolekulares oder fraktioniertes Heparin Englischer Begriff. heparin; low-molecular-weight heparin (LMWH) Definition. Heparine und Heparinoide sind hochsulfatierte Polysaccharide, die unmittelbar und konzentrationsabhängig die Gerinnung im Wesentlichen durch die Inhibition der Faktoraktivitäten IIa und/ oder Xa hemmen.

Heparansulfat-Proteoglykane. Abb. 2. Struktur von ZelloberflächenHeparansulfat-Proteoglykanen (HS-PG)

Literatur. Forsberg E, Kjellen L (2001) Heparan sulfate: lessons from knockout mice. J Clin Invest 108:175–180 Park PW, Reizes O, Bernfield M (2000) Cell surface heparan sulfate proteoglycans: selective regulators of ligand receptor encounters. J Biol Chem 275:29923–29926 Esko JD, Lindahl U (2001) Molecular diversity of heparan sulfate. J Clin Invest 108:169–173 Esko JD, Selleck SB (2002) Order out of chaos: assembly of ligand binding sites in heparan sulfate. Annu Rev Biochem 71:435–471 Kramer KL, Yost HJ (2003) Heparan sulfate core proteins in cell signaling. Annu Rev Genet 37:461–484

Heparansulfat-Sulfatase 7 Mukopolysaccharide

Heparin, gepuffertes W.G. Guder

Synonym(e). Elektrolyt-stabilisierte Heparinlösung; Elektrolyt-balancierte Heparinlösung Englischer Begriff. electrolyte balanced heparin solution; buffered heparin solution

Definition. Bei Anwendung von Heparin zur Gewinnung von Blutproben für die Messung von Elektrolyten und Blutgasen im Vollblut verwendete Heparinlösung, die in Zusammensetzung und pH-Wert normalem Plasma angepasst ist. i Bei Gewinnung von arteriellem, venösem oder kapillärem Blut für die Blutgas- und Elektrolytanalyse wird oft gelöstes Heparin verwendet. Um eine Verdünnung der Messergebnisse oder Veränderungen durch atypischen pH der Heparinlösung zu vermeiden, wurden von der IFCC Heparinlösungen empfohlen, deren Lösungsmittel folgender Zusammensetzung entsprechen: 5 Natrium: 120–150 mmol/L 5 Kalium: 3,5–4,5 mmol/L 5 ionisiertes Calcium: 1,2–1,4 mmol/L

i Heparin ist ein sulfatiertes 7 Glykosaminoglykan (GAG), das sich aus einem Gemisch unverzweigter Ketten von 15–100 alternierend 1 zu 4 verbundenen, sulfatierten Monosaccharideinheiten von L-Iduronsäure und D-Glukosaminen zusammensetzt (7 Abb. 1). Natürlicherweise wird Heparin in Mastzellen von Geweben gefunden, die einen direkten Kontakt zur Außenwelt haben (Darm, Lunge, Haut). Die extravaskuläre Lokalisation macht eine direkte Funktion von Heparin in der Regulation der Gerinnung in der Zirkulation eher unwahrscheinlich. Heparansulfat, ein dem Heparin ähnliches GAG, findet sich hingegen auf Endothelzellen und hat antikoagulatorische Aktivität. Die in der Therapie eingesetzten Heparine oder Heparinoide werden in der Regel aus Schweinemukosa gewonnen (7 Abb. 2). Die wesentliche antikoagulatorische Funktion von Heparin besteht darin, dass Heparin an Antithrombin (AT) bindet und hierdurch eine Änderung der Konformation eintritt, die die Antithrombin-vermittelte Hemmung einiger Serinproteasen des Gerinnungssystems deutlich beschleunigt. Die Bindung an Antithrombin ist an die Gegenwart einer spezifischen Pentasaccharidsequenz in der Heparin-/Heparinsulfatkette gebunden (7 Abb. 3). Während für die Inhibition des Faktors Xa die alleinige Bindung an AT hinreichend ist, muss für die Hemmung von 7 Thrombin ein ternärer Komplex aus AT, Thrombin und GAG entstehen. Hierzu ist eine Minimallänge von mindestens 18 Monosaccharideinheiten nötig. Niedermolekulare Heparine bestehen aus ~4–40 Monosacchariden (Molmasse im Mittel 4–6,5 kDa), während nicht fraktioniertes Heparin aus 15–100 Monosacchariden besteht (Molmasse im Mittel: ~15 kDa). Danaparoid ist niedermolekulares Heparinoid, das aus einem Gemisch aus Glykosaminoglykanen (84 % Heparansulfat, 12 % Dermatansulfat, 4 % Chondroitinsulfat) besteht. Niedermolekulares Heparin unterscheidet sich in einigen wesentlichen pharmakologischen Eigenschaften vom unfraktionierten Heparin: Neben AT bindet Heparin auch an andere Proteine wie den Plättchenfaktor 4 oder an das 7 Akute-Phase-Protein histidinreiches Glykoprotein. Durch diese Interaktionen ist die Verfügbarkeit des unfraktionierten Heparins für die Antikoagulation nur ~60 %, während LMWH oder Danaparoid eine 100 % Bioverfügbarkeit zeigen. Die Halbwertszeit von LMWH ist gegenüber Heparin (~60 min) 2- bis 3-mal, die von Danaparoid 20-mal länger. Mittlerweile steht ein vollsynthetisches Pentasaccharid (Fondaparinux) mit der Sequenz der Antithrombinbindungssequenz zur Verfügung, das zu 98 % an Antithrombin bindet und keine signifikante Interaktion mit anderen Proteinen mehr aufweist. Wie LMWH und Danaparoid hat es eine 100 % Bioverfügbarkeit und besitzt eine HWZ von 15 h. Die HWZ von Heparin wird wahrscheinlich durch die Kombination aus einem schnellen, aber saturierbaren Eliminationsmechanismus (Bindung an und Aufnahme in Zellen) und einer dosisabhängigen, nichtsaturierbaren renalen Elimination bestimmt. Danaparoid und LMWH werden im Wesentlichen renal ausgeschieden. Fondaparinux, Danaparoid oder LMWH haben keinen oder nur einen geringen Effekt auf Routine-Gerinnungstests wie die APTT,

Hepatic nuclear factor 1-α

625

k k

k Heparin und Heparinoide. Abb. 3. Pentasaccharidsequenz von Heparin. Der Pentasaccharideinheitengehalt ist entscheidend für die Bindung von Heparin an Proteine oder Zellen.

Aktivität überwacht werden, zum Beispiel im Thrombingenerierungstest EXCA oder INCA.

Literatur. Hirsh J, Warkentin TE, Shaughnessy SG et al (2001) Heparin and Low-Molecular-Weight Heparin: Mechanisms of Action, Pharmacokinetics, Dosing, Monitoring, Efficacy, and Safety. Chest 119:64S–94S

Heparinate als Antikoagulanzien 7 Antikoagulanzien in vitro

Heparincofaktor II P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). HCII Englischer Begriff. heparin cofactor II Definition. Heparincofaktor II (HCII) ist ein Serinproteinaseinhibitor, der von den Gerinnungsfaktoren ausschließlich 7 Thrombin hemmt. Heparin, Heparansulfat und Dermatansulfat verstärken die Hemmwirkung von HCII um das 1000-Fache.

k

k

Heparin und Heparinoide. Abb. 1. Schematische Darstellung der Enzymaktivitäten. Heparin ist ein hoch sulfatiertes Glykosaminoglykan, das in Mastzellen zunächst als ein Heparin-Proteoglykan synthetisiert wird. Das Proteoglykan wird durch lysosomale Enzyme (Proteasen, Endo- und Exoglykosidasen) degradiert und die Abbauprodukte werden in Granula der Mastzellen gespeichert. Acht verschiedene Typen von Enzymen, die an der Synthese des Heparins beteiligt sind, wurden kloniert (N-Acetylglukosamintransferase, 2-, 3-, 6-O-Sulfotransferasen, Epimerase, NAcetylglukosamin N-Deacetylase/N-Sulfotransferase, Kopolymerasen). Die meisten Enzyme gehören zu Familien verwandter Gene. Da sich die enzymatische Aktivität der Isoenzyme geringfügig unterscheiden kann, kann deren selektive Expression als Erklärung für die hohe Variabilität der Saccharidsequenzen in Heparinpräparationen aus verschiedenen Geweben oder Tierspezies dienen.

i HCII, ein 66 kDa Glykoprotein, ist ein physiologischer Serinproteaseinhibitor (Serpin), der neben Thrombin noch Kathepsin und Chymotrypsin inhibiert. Er wird in der Leber synthetisiert und liegt in einer Konzentration von ~1,2 ± 0,4 μM in der Zirkulation vor. Die Halbwertszeit beträgt ~2,5 Tage. HCII-Thrombinkomplexe werden schnell über die Bindung an das Low-Density-Lipoprotein-ReceptorRelated-Protein (LRP) in der Leber aus der Zirkulation genommen. HCII ist das einzige Serpin, das durch Dermatansulfat stimuliert wird. Die eigentliche Funktion des Serpins ist nicht klar. HCII-Knock-outMäuse entwickeln sich völlig unauffällig, jedoch scheinen sie nach einer Schädigung des Endothels schneller thrombotische Verschlüsse zu entwickeln. HCII wurde in der Intima humaner Arterien gefunden und die Fähigkeit von Dermatansulfat, HCII zu stimulieren, ist in atherosklerotischen Gefäßwandläsionen herabgesetzt. Typ-1- und sehr selten Typ-2-Faktorenmangel sind für HCII beschrieben. Doch die Prävenz eines HCII-Mangels scheint in thrombotischen Patienten nicht höher zu sein als in der Kontrollgruppe, weshalb aktuell bei Patienten mit thromboembolischen Erkrankungen eine Routinetestung für einen HCII-Mangel nicht empfohlen wird. Die HCII-Aktivität wird durch die Bestimmung der Hemmung von humanem Thrombin in Gegenwart von Dermatansulfat gemessen. Zugabe von Polybren zur Neutralisation von Heparin erlaubt die Bestimmung auch in Plasmen, die Heparin enthalten.

Literatur. Tollefsen DM (2002) Heparin Cofactor II Deficiency. Arch Pathol Lab 126:1394–1400

Heparin-Konzentration, Blut 7 Anti-F2a-Aktivität; 7 Anti-Xa-Aktivität k Heparin und Heparinoide. Abb. 2. Häufigste Disaccharideinheit, die bis zu 90 % der Struktur des Heparins aus Rinderlunge und 70 % aus der Schweinemukosa repräsentiert.

Hepatic nuclear factor 1-α K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). HNF-1α PT oder TZ, daher müssen Therapien mit diesen Antikoagulanzien, wenn erforderlich (Schwangerschaft, Niereninsuffizienz, erhöhtes Blutungs-oder Thromboserisiko) über ihre Anti-Xa-(Gerinnungs)

Englischer Begriff. hepatic nuclear factor 1-alpha Definition. Homeobox-Domain Transkriptionsfaktor, der zuerst

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626

Hepatic nuclear factor 1-β

in der Leber gefunden wurde, aber auch in anderen Geweben einschließlich des Pankreas exprimiert wird.

Molmasse. 67,4 kD; drei Isoformen (A, B, C), die durch alternatives Splicing entstehen. i Defekte von HNF-1α führen zum „Maturity onset diabetes of the young“(MODY) Typ III. Die Defekte gehen mit einer gestörten Insulinsekretion und Menge von pankreatischen β-Zellen einher.

Literatur. Fajans SS, Bell GI, Polonsky KS (2001) Molecular mechanisms and clinical pathophysiology of maturity-onset diabetes of the young. New Engl J Med 345:971–980

Hepatic nuclear factor 1-β K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). HNF-1β; Hepatocyte nuclear factor-2 Englischer Begriff. hepatic nuclear factor 1-beta Definition. Homeobox-Domain Transkriptionsfaktor, der zuerst in der Leber gefunden wurde, aber auch in anderen Geweben einschließlich des Pankreas exprimiert wird.

Molmasse. 61,3 kD; drei Isoformen (A, B, C), die durch alternatives Splicing entstehen. i Defekte des Transkriptionsfaktors 2 führen zum „Maturity onset

diabetes of the young“(MODY) Typ V. Die Defekte gehen mit einer gestörten Regulation der Insulinsekretion und Entwicklung von pankreatischen Beta-Zellen einher. HNF-1β ist in ein regulatorisches System mit HNF-1α und HNF-4α eingebunden. Anders als Defekte dieser beiden Transkriptionsfaktoren verursachen HNF-1β-Defekte zusätzlich progrediente, renale Störungen bis zur Niereninsuffizienz.

Literatur. Fajans SS, Bell GI, Polonsky KS (2001) Molecular mechanisms and clinical pathophysiology of maturity-onset diabetes of the young. New Engl J Med 345:971–980

Hepatitis-assoziiertes Antigen 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen

Hepatitis-A-Virus-Antigen K. Ritter

Synonym(e). HAV; HAAg; HAV-Ag Englischer Begriff. hepatitis A virus antigen; HAV Ag Definition. Strukturbestandteil des Hepatitis-A-Virions mit antigenen Determinanten auf der Oberfläche, Kondensationsprodukt aus den 4 viralen Proteinen VP1-4 (7 Hepatitisviren). Struktur. 7 Polypeptid-Proteine mit komplexer Tertiär- und Quartärstruktur (7 Peptid). Molmasse. VP1: 33 kDa; VP2: 25 kDa; VP3: 28 kDa; VP4: 2 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese in HAV-infizierten Hepatozyten; Vorkommen im Blut, Speichel und Stuhl; Inaktivierung durch neutralisierende Antikörper; Beseitigung im retikuloendothelialen System Halbwertszeit. 4–6 Tage Funktion und Pathophysiologie. Proteinkomplex aus 60 identischen Untereinheiten, die das 27 nm große, die virale RNA umschließende sphärische Viruskapsid formen (7 Hepatitisviren); besitzt Strukturen zur Anheftung an die Wirtszelle; induziert spezifische zelluläre und humorale Abwehrreaktionen; seine konformationellen 7 Epitope induzieren virusneutralisierende Antikörper. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Stuhl Probenstabilität. HAAg ist außerordentlich hitzestabil (bis 60 °C); Archivierung bei –20 °C oder tiefer ohne Verlust von Antigenität (Infektiosität). Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewin-

Hepatic nuclear factor 4-α K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). HNF-4α Englischer Begriff. hepatic nuclear factor 4-alpha Definition. Transkriptionsfaktor, der zuerst in der Leber gefunden wurde, aber auch in anderen Geweben einschließlich des Pankreas exprimiert wird. Molmasse 51,7 kD; vier Splicevarianten: HNF-4α-1, HNF-4α-2, HNF4α-3, HNF-4α-4. i Defekte von HNF-4α führen zum „Maturity onset diabetes of the young“ (MODY) Typ I. Die Defekte gehen mit einer gestörten Regulation der Insulinsekretion und Entwicklung von pankreatischen BetaZellen einher. HNF-4α ist an der Regulation von HNF-1α. beteiligt, wodurch Defekte zu einem ähnlichen Phänotyp führen.

Literatur. Fajans SS, Bell GI, Polonsky KS (2001) Molecular mechanisms and clinical pathophysiology of maturity-onset diabetes of the young. New Engl J Med 345:971–980

Hepatische Lipase 7 Lipase, hepatische

Hepatischer Eisenindex 7 Leber-Eisen-Index

Hepatitis-A-G-Viren 7 Hepatitisviren

nung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Analytik.

Festphasen gebundener (7 Enzymimmunoassay).

Sandwich-Enzymimmuntest

Konventionelle Einheit. Qualitative Analyse: nachweisbar/nicht nachweisbar quantitative Analyse: Viruspartikel/mL

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar Indikation.

5 Erkennen infizierter Kontaktpersonen vor Ausbruch der Erkrankung; 5 Prüfen der Infektiosität von Patienten

Interpretation.

5 Der Nachweis von HAAg im Stuhl beweist eine frische HepatitisA- Virus-Infektion. 5 Der fehlende Nachweis schließt eine Infektion nicht aus, da HAAg nur kurzzeitig und meistens in der späten Inkubationszeit im Stuhl ausgeschieden wird.

Diagnostische Wertigkeit. Einfach zu messender Parameter, geeignet als Marker für die Virusausscheidung und damit für die Infektiosität einer Person. 5 Der Nachweis von HAAg im Stuhl etwa 10–20 Tage nach Infektion (entsprechend 10 Tage vor Anstieg der Transaminasen (De RitisQuotient) und Beginn der Erkrankung), ermöglicht es, Infizierte

Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper

bereits in der Inkubationszeit zu erkennen und Kontaktpersonen durch Impfprophylaxe zu schützen. 5 Bei Erkrankungsbeginn sind bereits bis zu 50 %, drei Wochen nach Erkrankungsbeginn über 90 % der Patienten HAAg-negativ. 5 Bei Kindern kann der Nachweis von HAAg im Stuhl länger als 6 Wochen nach Erkrankungsbeginn positiv sein (Cave: Wiederzulassen des Besuchs von Kindergarten/Schule).

627

gefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden, Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Kompetitiver Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test Konventionelle Einheit. Meistens kommen qualitative Tests zum

Für spezielle Fragestellungen wie den Nachweis von Infektionsketten oder der Infektiosität in Abwässern und Meeresfrüchten reicht die Sensitivität (7 Sensitivität, analytische) der HAAg-Testverfahren mit einer Nachweisgrenze von 107 Partikel/mL nicht aus, hier stehen molekularbiologische Testverfahren wie Nukleinsäureamplifikationstechniken (z. B. die nested RT-PCR) für den Nachweis von HepatitisA-Virus-RNA zur Verfügung (Nachweisgrenze < 100 Genomäquivalente/mL).

Einsatz: nachweisbar/nicht nachweisbar. Quantitative Messung: mIU/mL; mit den modernen Enzymimmuntesten ist eine Quantifizierung ohne Probenverdünnung bis 100 mIU/mL möglich. Für die standardisierte Messung und Quantifizierung von HepatitisA-Virus-Antikörper stehen ein Referenzimmunglobulin der Weltgesundheitsorganisation und ein Referenzserum des Prüflabors für In-vitro-Diagnostika (IVD) am 7 Paul-Ehrlich-Institut (PEI-IVD), Langen, zur Verfügung.

Literatur. Polish LB, Robertson BH, Khanna B et al (1999) Excretion

Internationale Einheit. IU/L

of Hepatitis A Virus (HAV) in Adults: Comparison of Immunologic and Molecular Detection Methods and Relationship between HAV Positivity and Infectivity in Tamarins. J Clin Microbiol 37:3615–3617

≥ 20 IU/L

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar; Immunität Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar; Immunität ≥ 20 IU/L

Hepatitis-A-Virus-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HAV-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-AVirus; IgG/IgM-Anti-HAV

Englischer Begriff. antibody to HAV; anti-HAV; total (IgG/IgM) antiHAV

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G und M (IgG, IgM) gegen Antigene des Hepatitis-A-Viruskapsids (7 Hepatitis-AAntigen)

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Molmasse. IgG 150 kDa; IgM 950 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-A-Virus-IgMAntikörper sind die primäre Immunantwort auf die Erstinfektion mit HAV (7 Hepatitisviren); Hepatitis-A-Virus-IgG-Antikörper sind bei der Erstinfektion die Zweitantikörper; bei erneutem Kontakt die Erstantikörper (sekundäre Antikörperantwort). Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit viralen Antigenen; etwa die Hälfte der spezifischen IgG-Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; etwa 75 % von Anti-HAV-IgM liegt im Plasma vor; bei Schwangerschaft wird mütterliches Hepatitis-A-Virus-IgG-Antikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. Hepatitis-A-Virus-IgG-Antikörper: 11–21 Tage; maternale Hepatitis-A-Virus-IgG-Antikörper: 30 Tage; Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper: 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. Proteinkomplex aus 60 identischen Untereinheiten, die das 27 nm grHepatitis-A-Virus-Antikörper (IgG und IgM) sind virusneutralisierend und vermitteln Schutz vor Infektion. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungs-

Indikation.

5 Prüfen auf Immunität gegen Hepatitis-A-Virus nach Infektion oder Impfung 5 Ausschluss einer frischen Infektion

Interpretation. Hepatitis-A-Virus-Antikörper(IgG und IgM)-Tests erfassen sowohl IgG- als auch IgM-Antikörper gegen Hepatitis-AVirus (HAV), sie reagieren daher bei akuten und bei abgelaufenen Infektionen positiv; zur Unterscheidung muss ein IgM-spezifischer Anti-HAV-Test (7 Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper) angeschlossen werden. Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper ist noch vor Erkrankungsbeginn in hohen Konzentrationen im Blut vorhanden, daher sind Anti-HAVGesamt-Tests bereits zu Beginn eine Hepatitis-A-Erkrankung positiv; ein zu diesem Zeitpunkt negatives Testergebnis schließt eine Hepatitis-A-Virusinfektion als Ursache der akuten Hepatitis aus. 5 Bei natürlicher Infektion erscheinen Hepatitis-A-Virus-IgG-Antikörper einige Tage nach Erkrankungsbeginn im Blut und bleiben in der Regel lebenslang nachweisbar. 5 Durch aktive Hepatitis-A-Schutzimpfung induzierte Antikörper erscheinen ab der 3. Woche, nach kompletter Impfung können die Impfantikörper mehr als 10 Jahre persistieren. 5 Anti-HAV-negative Personen sind empfänglich für eine HAVInfektion.

Diagnostische Wertigkeit. Sehr zuverlässiger serologischer Marker:

5 zeigt außerhalb einer akuten Hepatitis eine abgelaufene HAV-Infektion oder den Zustand nach aktiver Impfung an, 5 beweist Immunität gegen eine HAV-Infektion; nur bei schwer gestörter Antikörperbildung ist ein falsch negatives Testergebnis zu erwarten, 5 angesichts hoher Sensitivität der Testverfahren, mit maternalen Antikörpern oder durch Blut und Blutprodukte passiv übertragene Hepatitis-A-Virus-Antikörper bis zu einem Jahr nachweisbar; ggf. muss durch Verlaufskontrolle die Herkunft der Antikörper geklärt werden.

Literatur. Frösner GG (1991) Hepatitis A virus. In: Belshe RB (ed) Textbook of Human Virology, 2nd edn. Mosby Year Book, St. Louis, pp 498–516

Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). IgM-Antikörper gegen Hepatitis-A-Virus; Anti-HAVIgM-Antikörper; IgM-Anti-HAV

Englischer Begriff. IgM antibody to HAV; IgM anti-HAV Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse M (IgM) gegen 7 Antigene des Hepatitis-A-Viruskapsids.

H

628

Hepatitis-V-Virus

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, durch Disulfidbrücken miteinander verbunden. Molmasse. 950 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper sind die primäre Immunantwort auf die Erstinfektion mit Hepatitis-A-Viren (HAV; 7 Hepatitisviren); Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit Hepatitis-A-viralen Antigenen; etwa 75 % von Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper liegt im Plasma vor; der Abbau spezifischer IgM-Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper sind virusneutralisierend und vermitteln Schutz vor Infektion.

Verlauf der Infektion gewonnenen Proben; in diesen Fällen liegt das Signal der Probe (S) signifikant höher als bei negativen Kontrollen (S/N>2). 5 Sehr selten werden schwach positive Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper-Werte bei anderen (Infektions-)Erkrankungen messbar, z.B. bei akuten Epstein-Barr Virus-Infektionen oder Autoimmunerkrankungen. 5 Nur bei schwer gestörter Antikörperbildung ist ein falsch negatives Testergebnis zu erwarten.

Literatur. Frösner GG (1991) Hepatitis A virus. In: Belshe RB (ed) Textbook of human virology, 2nd edn. Mosby Year Book, St. Louis, pp 498–516

Hepatitis-V-Virus 7 Dane-Partikel

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Blutproben sind nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Anti-μ-capture-Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; Testhersteller abhängige Ergebniseinheiten, häufig als Verhältnis von Signal der Probe (S) zu Signal der negativen Kontrolle (N) S/N. Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar Indikation. Diagnose oder Ausschluss einer frischen Hepatitis A:

5 Bestimmung von Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper in allen Fällen von akuter Hepatitis unbekannter Ätiologie; 5 auch nach der akuten Phase einer Hepatitis noch sinnvoll, da Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper bis sechs Monate nachweisbar bleibt; 5 Untersuchung bei Personen in der Umgebung von Hepatitis-AErkrankten, wenn ein enger Kontakt oder eine gemeinsame Exposition vorliegen.

Interpretation.

5 Der Nachweis von Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper beweist eine akute Infektion. 5 Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper ist bereits am Beginn der Erkrankung nachweisbar und verschwindet zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. 5 Bei protrahierten Verläufen bleibt Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper bis zu einem Jahr nachweisbar.

Hepatitis-B-Virus-core-Antigen K. Ritter

Synonym(e). Virales Kapsidantigen; Nukleokapsidprotein; HBcAg Englischer Begriff. hepatitis B virus core antigen Definition. Immundominanter Bestandteil des Hepatitis-B-VirusNukleokapsids i Das Hepatitis-B-Virus (HBV) besitzt ein Kapsid von 27 nm Durchmesser, das aus 180 identischen Proteinmolekülen geformt ist und die virale Nukleinsäure (HBV-DNA) schützend umschließt. Die Proteinmoleküle besitzen eine Molekularmasse von 22 kDa und werden als Hepatitis-B-Core-Protein (HBc-Protein) bezeichnet. In der Leberzelle lagern sich die HBc-Proteinmoleküle spontan zu partikulären Strukturen zusammen und spielen so eine wichtige Rolle beim viralen Self-Assembly. Die Core-Partikel des HBV sind sehr starke B- und T-Zellantigene (Hepatitis-B-Core-Antigen, HBcAg). Antikörper gegen das HBcAg (Anti-HBc) treten bereits sehr früh im Verlauf der akuten Hepatitis B zusammen mit der Transaminasenerhöhung (7 De-Ritis-Quotient) auf. HBcAg kommt nicht frei im Serum vor, da es immer von dem im Überschuss gebildeten HBsAg eingehüllt ist. Nach chemisch induzierter Freisetzung aus der HBsAg-Hülle wäre HBcAg in der Serumprobe messbar; ein entsprechendes Testverfahren hat sich in der Routinediagnostik bisher nicht durchgesetzt. 5 Nachweis von HBcAg wird bei chronischer Hepatitis B immunhistologisch durchgeführt. 5 Untersuchung erfolgt an Gefrierschnitten und gibt Auskunft über die Entzündungsaktivität der Erkrankung. 5 gesunde Träger des HBsAg sind HBcAg negativ. 5 bei HBsAg-Trägern mit eingeschränkter Immunaktivität, z. B. Dialysepatienten und Immunsupprimierte nach Organtransplantation, sind die Zellkerne stark HBcAg positiv 5 bei fortgeschrittener Leberzirrhose oder hepatozellulärem Karzinom können die serologischen Marker einer Hepatitis B negativ sein, obwohl das HBV Ursache der Erkrankung ist. In diesen Fällen gibt der Nachweis von HBcAg und/oder Hepatitis-B-Virus DNA im Lebergewebe Aufschluss über die Ätiologie.

Eine verkürzte Form des HBcAg ist das HBeAg, das nach der Synthese aus HBV-infizierten Leberzellen ins Blut sezerniert wird.

Diagnostische Wertigkeit. Zuverlässiger und hoch spezifischer Pa-

Literatur. Kimura T, Rokuhara A, Matsumoto A et al (2003) New

rameter; eine Beeinträchtigung der Messung durch hohe HepatitisA-Virus-IgG-Antikörper-Werte in der Probe ist in den modernen Testsystemen ausgeschlossen. Die Testhersteller definierten Grenzwerte zwischen positiven und negativen Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper-Ergebnissen liegen weit oberhalb der Nachweisgrenze, damit wird sichergestellt, dass positive Resultate zuverlässige Marker einer klinisch manifesten, akuten Hepatitis A oder der frühen Rekonvaleszenz sind. 5 Wiederholungsuntersuchungen in einer zweiten Serumprobe sind normalerweise nicht notwendig. 5 Negative Resultate sind möglich bei sehr früh oder sehr spät im

enzyme immunoassay for detection of hepatitis B virus core antigen (HBcAg) and relation between levels of HBcAg and HBV DNA. J Clin Microbiol 41:1901–1906

Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HBc-Antikörper; IgG/IgM-Anti-HBc Englischer Begriff. antibody to HBc (anti-HBc); total (IgG/IgM) antiHBc

Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G und M (IgG, IgM) gerichtet gegen Antigene des Hepatitis-B-Viruskapsids (7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen)

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Molmasse. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgG-Antikörper 150 kDa; Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper 950 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper stellen die primäre, T-zellunabhängige B-Zellantwort auf die Erstinfektion mit Hepatitis-B-Viren (HBV; 7 Hepatitisviren) dar; Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgG-Antikörper sind bei der Erstinfektion die Zweitantikörper; bei erneutem Kontakt die Erstantikörper (sekundäre Antikörperantwort); Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit dem Hepatitis-B-Core-Antigen. Etwa die Hälfte der spezifischen IgG-Antikörper sind im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; etwa 75 % von Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper liegen im Plasma vor; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-B-Virus-coreAntigen-IgG-Antikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des PlasmaproteinKatabolismus. Halbwertszeit. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgG-Antikörper 11– 21 Tage, maternale Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgG-Antikörper 30 Tage; Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-B-Virus-core-AntigenAntikörper (IgG und IgM) sind nicht virusneutralisierend und tragen nicht zur Viruseliminierung bei. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-), hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Kompetitiver Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test Konventionelle Einheit. Überwiegend kommen qualitative Tests zum

629

Befund bei klinisch akuter Hepatitis erfordert die Untersuchung auf 7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper. Anti-HBc tritt bereits in der späten Inkubationsphase unmittelbar nach HBsAg und zeitgleich mit dem Transaminasen-Anstieg (7 Transaminasen-GLDH-Quotient, 7 De-Ritis-Quotient) auf. Ein negativer Befund bei Beginn einer akuten Hepatitis schließt HBV als Ursache praktisch aus; in der diagnostischen Lücke zwischen dem Verschwinden von HBsAg und dem Auftreten von Hepatitis-B-Virussurface-Antigen-Antikörper ist Anti-HBc (IgG und IgM) der einzige Hinweis auf eine kürzliche HBV-Infektion. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgG-Antikörper bleibt jahrzehntelang positiv, daher bester epidemiologischer Marker einer ausgeheilten oder bestehenden Infektion (Inkubationszeit und defekte Antikörperproduktion ausgenommen). Im Vergleich zur akuten HBV-Infektion (Anti-HBc-Titer 104) sind bei chronischen HBV-Trägern mit hoher Virämie und HBeAg-Trägern 10- bis 100-fach höhere Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-AntikörperWerte messbar. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper ohne Nachweis von HBsAg schließt HBV als ätiologische Ursache einer chronischen Hepatitis nicht aus. Der gleichzeitige Nachweis von Hepatitis-B-Virusenvelope-Antigen-Antikörper deutet auf kontinuierliche Expression von HBcAg und HBeAg in der Leber hin; in diesen Fällen gelingt mit sehr empfindlichen Nukleinsäureamplifikationstechniken häufig der Nachweis von HBV-DNA.

Diagnostische Wertigkeit. Die Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) der Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper-Tests ist gut, akute Infektionen werden praktisch nicht übersehen; über Jahrzehnte fallen die Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper-Werte nur bei wenigen Patienten unter die Nachweisgrenze ab; bei chronischer HBV-Infektion sind die Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-AntikörperWerte gewöhnlich sehr hoch, Ausnahme: Immundefizienz oder Auftreten von HBc/HBe-negativen HBV-Varianten. Die Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) der Hepatitis-B-Viruscore-Antigen-Antikörper-Tests leidet unter einem Serumfaktor, der die Bindung von markiertem Anti-HBc an das rekombinante HBcAg nicht-spezifisch hemmt. Durch Reduktion der Sensitivität kann die Spezifität erhöht werden; die meisten kommerziellen Testsysteme sind so eingestellt, dass sie bei hoher Sensitivität 1–3 % nicht-spezifische Ergebnisse liefern. Nicht-spezifische Ergebnisse sind meistens schwach positiv und bei Testwiederholung grenzwertig; andere serologische HBV-Marker sind gewöhnlich negativ. Literatur. Niermeyer P, Gips CH, Huizenga JR et al (1980) Anti-HBc titers and immunoglobulin (M/G) classes in acute, chronic and resolved hepatitis B. Hepatogastroenteroloy 27:271–276

Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HBc-IgM-Antikörper; IgM-Antikörper gegen

Einsatz (nachweisbar/nicht nachweisbar); für die standardisierte Messung und Quantifizierung der Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper-Konzentration stellt das Prüflabor für In-vitro-Diagnostika (IVD) des 7 Paul-Ehrlich-Instituts (PEI-IVD), Langen, ein Referenzstandard zur Verfügung. Mit den modernen Enzymimmuntesten ist eine Quantifizierung ohne Probenverdünnung bis 2 PEI-Einheiten/mL möglich; in der Literatur finden sich häufig noch Titerangaben.

IgM anti-HBc

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle, bestehend aus zwei schweren

Hepatitis-B-(Virus)-core-Antigen; IgM-Anti-HBc

Englischer Begriff. IgM antibody to hepatitis B virus core antigen; Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse M (IgM) gegen 7 Antigene des Hepatitis-B-Viruskapsids (7 Hepatitis-B-Virus-coreAntigen).

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar

und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Indikation.

Molmasse. 950 kDa

Interpretation. Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper-GesamtTests erfassen sowohl IgG-Antikörper als auch IgM-Antikörper gegen HBc, sie reagieren daher bei akuten und bei abgelaufenen Infektionen positiv; ein positiver Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-B-Virus-coreAntigen-IGM-Antikörper stellen die primäre, T-zellunabhängige B-Zellantwort auf die Erstinfektion mit Hepatitis-B-Viren (HBV; 7 Hepatitisviren) dar; Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit dem Hepatitis-B-core-Antigen; etwa 75 % von Anti-HAV-IgM liegt im Plasma vor; der Abbau spezifischer IgMAntikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus.

5 Nachweis der akuten, chronischen und abgelaufenen HBV-Infektion 5 Marker für die Durchseuchung mit HBV

H

630

Hepatitis-B-Virus-DNA

Halbwertszeit. 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-B-Virus-core-AntigenIGM-Antikörper sind nicht virusneutralisierend. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-), hämolytische und stark lipämische Blutproben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen

patitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörper-Werte nicht erfasst werden, wohl aber die akute Infektion sicher diagnostiziert wird.

Literatur. Gerlich WH, Uy A, Lambrecht F (1986) Cutoff values of immunoglobulin M antibody against viral core antigen for differentiation of acute, chronic and past hepatitis B infections. J Clin Microbiol 24:288–293

Hepatitis-B-Virus-DNA

sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Synonym(e). HBV-DNA

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewin-

Englischer Begriff. hepatitis B virus DNA; HBV DNA

nung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Anti-μ-capture-Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test; Nachweis der spezifischen Antikörper durch direkt markiertes HBcAg (ELA-Prinzip) oder durch markierte, monoklonale Anti-HBc-Antikörper. Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; auch Testhersteller abhängige Ergebniseinheiten, häufig als Verhältnis von Signal der Probe (S) zu Signal der negativen Kontrolle (N) S/N; Quantifizierung durch Probenverdünnung (7 Titration) möglich; für die standardisierte Messung und Quantifizierung von Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörper stellt das Prüflabor für In-vitroDiagnostika (IVD) des 7 Paul-Ehrlich-Instituts (PEI-IVD), Langen, ein Referenzstandard zur Verfügung (PEI-Einheiten/mL). Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar

K. Ritter

Definition. Virale Desoxyribonukleinsäure Struktur. Inkomplett doppelsträngige, zirkuläre DNA, mit einem Minusstrang von etwa 3,3 kb Länge und einem komplementären Strang von 1,7–2,6 kb (7 Hepatitisviren).

Molmasse. Etwa 2 × 106 Da Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HBV-DNA wird im Kern von Hepatozyten repliziert; Einbau in das Genom der Leberzelle möglich; die häufig sehr hohe Virämie ist Folge einer Herabregulierung von Virusrezeptoren in der Zellmembran von Hepatozyten.

Halbwertszeit. Bei Ausheilung nach 20–30 Wochen verschwunden. Funktion und Pathophysiologie. Codiert für virale Funktions- und Strukturproteine; HBV kann sehr langlebige cccDNA (covalently closed circular DNA) bilden, die episomal im Kern der Leberzelle liegt und nach erfolgreicher Therapie zur Reaktivierung und erneuter HBV-Replikation führen kann. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar

Serum, Plasma (EDTA, Citrat); Lebergewebe (nativ, auch Formalin-fixiertes oder Paraffin-eingebettetes Material möglich).

Indikation. Diagnose der akuten Hepatitis-B-Virus-Infektion; Verlaufsbeobachtung der chronischen HBV-Infektion

Probenstabilität. DNA ist äußerst stabil und auch bei Raumtempe-

Interpretation.

Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörper sind in der akuten Phase der Hepatitis B fast immer hoch positiv vorhanden (Titer > 104, bzw. > 500 PEI-Einheiten/mL), höchster Wert in der zweite bis dritte Krankheitswoche; nachweisbar für 2–6 Monate, bei protrahierter Ausheilung auch länger als 12 Monate. Die Bestimmung von Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörpern ist differenzialdiagnostisch von entscheidender Bedeutung: 5 bei der akuten Hepatitis B ohne Nachweis von HBsAg (2–5 % der Hepatitis-B-Erkrankungen); 5 bei einem chronischen HBV-Träger (HBsAg und Anti-HBcpositiv) mit einer non-B-Hepatitis, z.B. nach HDV- oder HCVInfektion, hier zeigen fehlende oder niedrig positive HepatitisB-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörper, dass die akute Hepatitis durch ein anderes Agens als HBV verursacht ist. Diese Situation ist in Risikogruppen, z.B. bei intravenösem Drogenmissbrauch oder in endemischen Gebieten häufig. Etwa 10 % der akuten Hepatitiden mit einem positiven Nachweis von HBsAg sind nicht durch HBV verursacht. 5 Gesunde HBsAg-Träger sind sehr selten Hepatitis-B-Virus-coreAntigen-IGM-Antikörper-positiv, 5 bei chronischer HBV-Infektion dagegen ist Hepatitis-B-Viruscore-Antigen-IGM-Antikörper in 50 % der Fälle niedrig positiv (Titer 102–103, bzw. 10–500 PEI-Einheiten/mL) nachweisbar; 5 die Menge an Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörper korreliert mit der Entzündungsaktivität in der Leber; während der Interferon-Therapie steigt Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGMAntikörper häufig an (prognostisch günstig).

Diagnostische Wertigkeit. Die Testsysteme verschiedener Hersteller können in Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) erheblich differieren. Die Empfindlichkeit der meisten Tests ist so herabgesetzt, dass niedrig positive He-

ratur haltbar.

Präanalytik. Sterile Probengewinnung; Serum und Plasma können bei Raumtemperatur einige Tage ohne DNA-Verlust gelagert werden; Archivierung bei –70 °C; wiederholtes Einfrieren und Auftauen führt nicht zu einem merklichen Verlust spezifischer DNA; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Analytik. PCR; nested-PCR; bDNA-Hybridisierung Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; quantitativ: Genomäquivalente/mL (GÄ/mL); Standard-HBV-DNAPräparationen werden angegeben in ng/mL (1 ng HBV-DNA entspricht 3 × 105 GÄ/mL). Internationale Einheit. IU/mL Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 IU/mL = ~6 × GÄ/mL Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 200 GÄ/mL

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 200 GÄ/mL

Indikation. 5 5 5 5 5

Erkennen von HBV-Trägern Nachweis der Infektiosität und deren Grad Indikationsstellung und Erfolgskontrolle einer Interferontherapie Nachweis von HBV-Mutanten Bestimmen des Genotyps zum Nachweis von Infektionsketten

Interpretation.

5 Nachweis von HBV-DNA bestätigt in jedem Fall eine Infektion;

Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper

631

5 Beim Fehlen serologischer Parameter einer Hepatitis B liegt sehr wahrscheinlich die früheste Phase der Infektion vor, im weiteren Verlauf sollten die serologischen Marker HBsAg, HBeAg und Anti-HBc-IgM folgen.

ben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Bei einer spontan ausheilenden, akuten Hepatitis B ist HBV-DNA meistens nach 6–8 Monaten nicht mehr nachweisbar. 5 Die Infektionsgefährdung von Intimpartnern, Kindern und anderen Haushaltsangehörigen hängt von der Höhe der Virämie ab, bei Werten < 103 GÄ/mL ist auch bei Intimkontakt eine Übertragung eher unwahrscheinlich.

Analytik. Festphasen oder Mikropartikel gebundener Sandwich-En-

Mittels PCR amplifizierte Genomabschnitte der HBV-DNA dienen als Ausgangsmaterial für die Sequenzierung zum Nachweis von Infektionsketten und Mutanten des HBV (Kontakt für die Typisierung: Nationales Konsiliarlabor für Hepatitis B und D, Institut für Medizinische Virologie, Universität Gießen).

Indikation.

Diagnostische Wertigkeit. Der Nachweis von HBV-DNA erlaubt ohne zusätzliche klinische und/oder diagnostische Informationen keine Aussagen über die Aktualität des Infektionsgeschehens. Für die Verlaufsbeobachtung der akuten Hepatitis B ist die Bestimmung von HBV-DNA nicht erforderlich, da die serologischen Parameter ein ausreichend klares Bild geben. Methodenbedingt können auch replikationsdefekte, nichtinfektiöse oder inaktivierte Viruspartikel zu einem positiven Nachweis von HBV-DNA führen. Literatur. Nitschko H, Mairhofer H, abou-Ajram C et al (2001) Nukleinsäureanalytik in der Hepatitisdiagnostik: Methoden, Indikation, Aussagekraft. In: Frösner GG (Hrsg) Moderne Hepatitisdiagnostik. 2. Aufl. Verlag im Kilian, Marburg, S 109–134

Hepatitis-B-Virus-e-Antigen 7 Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen

zymimmuntest (7 Antigen-capture-Assay); passive Hämagglutination (in Asien gebräuchlich).

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar 5 Untersuchung auf HBeAg ist nur in HBsAg-positiven Proben sinnvoll 5 zur Verlaufskontrolle der akuten und chronischen Hepatitis B geeignet 5 Therapiekontrolle bei chronischer Hepatitis B

Interpretation.

5 Auftreten von HBeAg im Blut bereits in der Frühphase der Infektion noch vor Erkrankungsbeginn, aber zeitlich nach HBsAg; rascher Anstieg von HBsAg und HBeAg als Zeichen massiver Virusvermehrung, gleichzeitig Anstieg der Transaminasen (7 DeRitis-Quotient). 5 Abfall von HBeAg unter die Nachweisgrenze und parallel Abfall der Transaminasen innerhalb von 6–10 Wochen signalisiert Ausheilung. 5 Persistenz von HBeAg über 12 Wochen weist auf Chronifizierung hin. 5 Entwicklung von HBeAg-Trägertum häufig bei Immundefizienten oder nach perinataler Infektion; HBeAg-positive HBsAg-Träger können klinisch unauffällig sein, sie besitzen im Gegensatz zu Anti-HBe-positiven HBsAg-Trägern häufig eine hohe Viruslast (HBV-DNA) im Blut (108 vs. 105 Genomäquivalente/mL).

Synonym(e). Hepatitis-B-Virus-e-Antigen; HBeAg

Im HBeAg-positiven Stadium besteht ein erhöhtes Risiko der Virusübertragung auf Kontaktpersonen! Unter antiviraler Therapie signalisieren das Verschwinden von HBeAg und HBV-DNA sowie die Normalisierung der Transaminasen den Erfolg der Therapie.

Englischer Begriff. hepatitis B e antigen

Diagnostische Wertigkeit. Hohe Spezifität des Tests:

Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen K. Ritter

Definition. Lösliche Version des Hepatitis-B-Core-Antigens (HBcAg) mit veränderter Tertiärstruktur („e“ steht für early und extrazellulär)

Struktur. Protein Molmasse. 20 kDa (p20); 16 kDa (p16) posttranslational verkürzte Version des p20 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese während der Virusreplikation in Hepatozyten; wird nicht in das Viruspartikel (7 Dane-Partikel) eingebaut, sondern in das Blut sezerniert; Vorkommen in Blutplasma und anderen Körperflüssigkeiten wie seröse Flüssigkeiten der Körperhöhlen, Sperma; Eliminierung als Antigen-Antikörper-Komplex durch Phagozyten.

Halbwertszeit. 8–10 Tage Funktion und Pathophysiologie. Kein virales Strukturprotein; Funktion bei der Virusvermehrung nicht bekannt; sezerniertes HBeAg verzögert die Immunantwort gegen das HBsAg (7 Hepatitis-B-VirusOberflächenantigen).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin, Citrat, EDTA), hämolytische Proben, z. B. post mortem gewonnene, nicht verwertbar.

Probenstabilität. Stabil in Serum/Plasma bei Raumtemperatur bis

5 5 5 5 5

HBeAg ist kein Screening-Parameter Untersuchung nur sinnvoll, wenn HBsAg nachgewiesen ist Serologischer Marker der akuten HBV-Infektion Marker der chronisch-aktiven HBV-Infektion Wichtiger prognostischer Marker der akuten Hepatitis B (vgl. HBsAg)

HBeAg-Nachweis negativ bei Infektionen mit einer im Prä-CoreBereich mutierten Virusvariante, in diesen Fällen häufig fulminanter Verlauf der Hepatitis B. Falsch-positive Resultate durch Nachgerinnen zu frischer Serumproben oder von Blutproben heparinisierter Dialysepatienten: Wiederholung der Untersuchung ggf. mit Plausibilitätskontrolle durch Messen anderer spezifischer Parameter wie HBsAg, Anti-HBc-Antikörper, Anti-HBe-Antikörper.

Literatur. Korec E, Dostalova V, Korcova J et al (1990) Monoclonal antibodies against hepatitis B e antigen: production, characterization, and use for diagnosis. J Virol Methods 28:165–169

Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HBe-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-BVirus-e-Antigen; Antikörper gegen HBeAg

7 Tage, bei 2–8 °C bis 14 Tage, bei –20 °C über Jahre, Verlust von Antigenität durch wiederholtes Auftauen und Einfrieren.

Englischer Begriff. Antibody to HBeAg; anti-HBe

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewin-

licherweise auch M (IgM) gegen die Epitope a und b des HBe-Antigens (eine Unterscheidung zwischen Hepatitis-B-Virus-envelope-

nung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Pro-

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G (IgG), mög-

H

632

Hepatitis-B-Virus-Hüllantigen, -Oberflächenantigen

Antigen-IgM- und -IgG-Antikörpern ist für die Routinediagnostik nicht erforderlich).

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Molmasse. IgG 150 kD Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper-Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark; T-zellabhängige B-Zellantwort nach Kontakt mit HBe-Antigen; etwa die Hälfte der spezifischen Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. 11–21 Tage; maternales Anti-HBe 30 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper sind nicht virusneutralisierend; sie sind am Entstehen von 7 Immunkomplexen beteiligt und tragen zur extrahepatischen Manifestation der akuten Hepatitis B bei. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-), hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen

körper finden sich im Serum mit oder ohne HBsAg oder 7 HepatitisB-Virus-surface-Antigen-Antikörper, aber niemals ohne Anti-HBc; die Untersuchung ist nur sinnvoll, wenn 7 Hepatitis-B-Virus-coreAntigen-Antikörper positiv ist. Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper fehlen bei Infektion mit einer im Prä-Core-Bereich mutierten Virusvariante, die kein HBeAg produzieren kann. Das HBeAg/Anti-HBe-System gibt Auskunft über den Erfolg körpereigener Immunaktivitäten gegen das 7 Hepatitis-B-Virus-envelopeAntigen, einen wichtigen Marker der Virusreplikation.

Literatur. Korec E, Dostalova V, Korcova J et al (1990) Monoclonal antibodies against hepatitis B e antigen: production, characterization, and use for diagnosis. J Virol Methods 28:165–169

Hepatitis-B-Virus-Hüllantigen, -Oberflächenantigen 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen

Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen K. Ritter

Synonym(e). Hepatitis-B-Virus-Oberflächenantigen; Hepatitis-BVirus-Hüllantigen; Australia-Antigen (Au-Antigen); Hepatitis assoziiertes Antigen; HBsAg

Englischer Begriff. hepatitis B surface antigen

sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Definition. Viraler Strukturbestandteil; formt die Hülle des Hepatitis-B- und D-Virus (7 Dane-Partikel, 7 Hepatitisviren).

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewin-

riationen vor: kleines (S-), mittleres (M-) und großes (L-) HBsAg, jeweils glykosyliert und nichtglykosyliert (s. Abb. 1 im Stichwort 7 Dane-Partikel); rekombinantes HBsAg (Impfstoff) besteht nur aus S-HBsAg.

nung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Kompetitiver Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test Konventionelle Einheit. Qualitativ: Reaktiv/nicht reaktiv; Testhersteller-abhängige Ergebniseinheiten, häufig als Verhältnis von Signal der Probe (S) zu Signal der negativen Kontrolle (N) S/N; für die standardisierte Messung von Hepatitis-B-Virus-envelope-AntigenAntikörpern stellt das Prüflabor für In-vitro-Diagnostika (IVD) des 7 Paul-Ehrlich-Instituts (PEI-IVD), Langen, ein Referenzstandard zur Verfügung (für Testentwickler und Referenzlaboratorien).

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht reaktiv Referenzbereich — Kinder. Nicht reaktiv Indikation.

5 Verlaufsbeobachtung der akuten und chronischen Hepatitis B 5 Abschätzen der Infektiosität von Blutproben

Interpretation. Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper erscheinen in der frühen Rekonvaleszenz der akuten Hepatitis B und ist ein guter prognostischer Marker. Das spontane Auftreten von Hepatitis-B-Virus-envelope-AntigenAntikörper bei der chronischen Hepatitis B sowie die Konversion von HBeAg zu Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörpern unter Interferontherapie zeigen einen günstigen Verlauf an und signalisieren die Besserung der Erkrankung. Der Nachweis von Hepatitis-BVirus-envelope-Antigen-Antikörpern in HBsAg-positiven Proben deutet meistens auf geringe oder fehlende Infektiosität hin; mitunter besteht aber trotz Nachweis von Hepatitis-B-Virus-envelope-AntigenAntikörpern eine hohe Infektiosität. Die Frage nach Infektiosität kann nur durch Messen von HBV-DNA sicher beantwortet werden.

Diagnostische Wertigkeit. Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper liefern zusätzliche Informationen bei chronischer Hepatitis und bei HBsAg-Trägern; Hepatitis-B-Virus-envelope-Antigen-Anti-

Struktur. Protein/Glykoprotein; natürliches HBsAg kommt in 3 Va-

Molmasse. Kleines HBsAg 24/27 kDa; mittleres HBsAg 33/36 kDa; großes HBsAg 39/42 kDa; im Blut nur partikulär vorkommend! (s. Funktion und Pathophysiologie) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Biosynthese in HBV-infizierten Hepatozyten; Einbau in die Membran des endoplasmatischen Retikulums als Vorstufe der Virusreifung; Ausschleusen in partikulärer Form durch Exozytose; Vorkommen in Blutplasma und anderen Körperflüssigkeiten wie seröse Flüssigkeiten der Körperhöhlen, Sperma. Halbwertszeit. 8–9 Tage Funktion und Pathophysiologie. HBsAg-Moleküle bilden den komplexen antigenen Bestandteil der Virusoberfläche mit Zielstrukturen für virusneutralisierende Antikörper; im Überschuss produziert formen HBsAg-Moleküle subvirale Partikel mit sphärischer oder filamentöser Gestalt (7 Dane-Partikel); HBsAg trägt 5 antigene Determinanten: a (gruppenspezifisch) sowie d, y, w, r (subtypspezifisch).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische Proben, z. B. post mortem gewonnene, nicht verwertbar.

Probenstabilität. Stabil in Serum/Plasma bei Raumtemperatur 3 Tage, bei 2–8 °C bis 14 Tage, bei –20 °C über Jahre, Verlust von Antigenität durch wiederholtes Auftauen und Einfrieren.

Präanalytik. Aufgrund der sehr hohen HBsAg-Konzentrationen bis zu 1 mg/mL und der hohen Nachweisempfindlichkeit von 0,1 ng/mL sind Kreuzkontaminationen der Proben unbedingt zu vermeiden; Verschleppen durch Probenverteiler ohne Spitzenabwurf möglich; Vorsicht bei mehreren positiven Ergebnisse in einer Testserie. Für den Versand potentiell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper

Analytik. Festphasen- oder Mikropartikel-Enzymimmuntests; einfaches oder erweitertes „Sandwich“-Verfahren (7Antigen-capture-Assay). Zur Bestätigung grenzwertiger oder niedrig positiver Ergebnisse ist die HBsAg-Neutralisation durch monoklonale Antikörper erforderlich (HBsAg-Bestätigungstest, s. Diagnostische Wertigkeit).

Konventionelle Einheit. Üblicherweise qualitativer Nachweis; semiquantitative Ergebnisse in vom Testhersteller abhängigen Einheiten. Mit den modernen Enzymimmuntesten ist eine Quantifizierung ohne Probenverdünnung nur unterhalb von 50 IU/mL möglich! Werte bei akuter HBV-Infektion zwischen 5.000 und 50.000 IU/mL!

Internationale Einheit. IU/mL Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Umrechnungsfaktor wird vom Hersteller für jede Testcharge angegeben (Messbereich in unverdünnten Proben beachten, s. Angaben unter „Konventionelle Einheit“); allgemein gilt: 1 IU/mL = 2 ng/mL = 2 PEI-Einheiten/mL. Referenzproben für die quantitative HBsAg-Bestimmung stellt das Prüflabor für In-vitro-Diagnostika (IVD) am 7 Paul-Ehrlich-Institut (PEI-IVD), Langen zur Verfügung. Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar; < 0,05 IU/mL

633

weis von Infektionsketten, Hinweis auf geographische Herkunft des Hepatitis-B-Virus, ist die HBs-Antigentypisierung geeignet; sie erfolgt durch Neutralisation der Probe mit monoklonalen Antikörpern (Serotypisierung) oder durch Sequenzierung des HBs-Gens nach Amplifikation mittels 7 Polymerase-Kettenreaktion (Genotypisierung); Kontakt für Typisierung: Nationales Konsiliarlabor für Hepatitis B und D, Institut für Med. Virologie, Universität Gießen.

Literatur. Gerlich WH, Thomssen R (1999) Terminology, structure and laboratory diagnosis of hepatitis viruses. In: Bircher J, Benhamou J-P, McIntryre N et al (eds) Oxford Textbook of Clinical Hepatology. 2nd edn. Oxford University Press, Oxford, pp 828–869

Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HBs-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-BVirus-surface-Antigen; Antikörper gegen Hepatitis-B-Virus-Oberflächenantigen; Antikörper gegen HBsAg

Englischer Begriff. antibody to HBs; anti-HBs

(< 0,1 ng/mL)

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G (IgG),

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar; < 0,05 IU/mL

M (IgM) und A (IgA) gegen antigene Strukturen auf den drei Domänen S, präS1 und präS2 des HBs-Antigens (7 Hepadna-Virus). Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-IgM- und -IgA-Antikörper können im Routinelabor vernachlässigt werden und bleiben im Folgenden unberücksichtigt.

(< 0,1 ng/mL)

Indikation. 5 5 5 5 5

Verdacht auf akute oder chronische Hepatitis Verlaufskontrolle bei akuter Hepatitis B Therapiekontrolle bei chronischer Hepatitis B Untersuchung von Blut- und Organspendern nach Exposition, z. B. Nadelstich-/Schnittverletzungen („DonorUntersuchung“) 5 Mutterschaftsvorsorge (nach den Mutterschaftsrichtlinien Untersuchung möglichst nahe am Geburtstermin, frühestens ab 32. SSW)

Interpretation. Zufälliger HBsAg-Nachweis z. B. bei Blutspendern oder in Mutterschaftsvorsorge erfordert die Komplettierung der HBV-Diagnostik (7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen, 7 Hepatitis BVirus-core-Antigen-IgM-Antikörper, 7 Hepatitis-B-Virus-envelopeAntigen, 7 Hepatitis B-Virus-envelope-Antigen-Antikörper, 7 Hepatitis B-Virus-surface-Antigen-Antikörper). Isolierter HBsAg-Nachweis am Ende der Inkubationszeit, zum späteren Zeitpunkt nur zusammen mit Anti-HBc.

Diagnostische Wertigkeit. Sehr hohe Spezifität (7 Spezifität, diagnostische) der Tests: 5 Frühester serologischer Marker der akuten HBV-Infektion: bereits vor Ausbruch der Erkrankung nachweisbar. 5 Guter prognostischer Marker der akuten Hepatitis B: Abnahme der Konzentration auf die Hälfte in zwei im Abstand von drei Wochen entnommenen Proben signalisiert die beginnende Eliminierung des Hepatitis-B-Virus und die Überwindung der Infektion; fehlende Abnahme der HBsAg-Konzentration weist auf die Entwicklung eines HBsAg-Trägertums verbunden mit einer chronischen Hepatitis B hin. 5 Marker der chronischen HBV-Infektion, bei HBeAg-positiver chronischer Infektion sind die HBsAg-Konzentrationen höher als bei einer HBeAg-negativen Infektion (im Mittel 20.000 IU/mL vs. 4.000 IU/mL). HBsAg-Nachweis negativ bei HBV-Escapemutanten, vorübergehend negativ bei akuter Hepatitis-D-Virus-Infektion (7 Hepatitis-D-Virus-Antigen). Falsch-positive Resultate durch Nachgerinnen zu frischer Serumproben oder von Blutproben heparinisierter Dialysepatienten: Wiederholung der Untersuchung ggf. mit Plausibilitätskontrolle durch Messen anderer spezifischer Parameter wie Anti-HBc, HBeAg, Anti-HBe. Wenige Tage nach aktiver HBV-Impfung kann HBsAG im Blut nachweisbar sein (Impfanamnese!). Bei niedrigen HBsAg-Konzentrationen kann der HBsAg-Neutralisationstest zur Bestätigung eingesetzt werden (s. Analytik). Zur Aufklärung epidemiologischer Zusammenhänge z. B. Nach-

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Molmasse. Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-IgG-Antikörper 150 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-B-Virus-surfaceAntigen-Antikörper-Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark; T-zellabhängige B-Zellantwort nach Kontakt mit sphärischen oder filamentösen HBsAg-Partikeln (Hepadna-Virus); etwa die Hälfte der spezifischen Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. 11–21 Tage, maternales IgG 30 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-B-Virus-surface-AntigenAntikörper sind virusneutralisierend, trägt zur Viruseliminierung bei und bietet Schutz vor HBV-Infektion. Antikörper gegen die PräS1/PräS2-Domänen auf dem MHBs bzw. LHBs erscheinen früh im Infektionsverlauf, sie bilden mit HBsAg 7 Immunkomplexe, die bei 10–20 % der Patienten mit akuter Hepatitis B für das Auftreten extrahepatischer Entzündungserscheinungen verantwortlich sind: Passagere Serumkrankheit mit Exanthem und Polyarthritis, Polyarteritis nodosa, Glomerulonephritis, 7 Kryoglobulinämie, Acrodermatitis bei Kindern (Gianotti-Syndrom). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de). Analytik. Sandwich-Enzymimmuntest (7 Sandwich-Assay) als Festphasen- oder Mikropartikel-Test

H

634

Hepatitis-C-Virus-Antikörper

Konventionelle Einheit. IU/L; zur Quantifizierung von Hepatitis-BVirus-surface-Antigen-Antikörpern steht ein Referenzpräparat der WHO und des Prüflabors für In-vitro-Diagnostika (IVD) am 7 PaulEhrlich-Institut, Langen, zur Verfügung.

Internationale Einheit. IU/L Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar; >10 IU/L Immunität (nach Grundimmunisierung) Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar; >10 IU/mL Immunität (nach Grundimmunisierung)

Indikation. Nachweis einer abgelaufenen, ausgeheilten Hepatitis B Nachweis von Immunität gegen HBV nach aktiver und/oder passiver Impfung

Interpretation. Das Vorhandensein von Hepatitis-B-Virus-surfaceAntigen-Antikörpern zeigt Immunität an 5 nach abgelaufener Hepatitis B (auch Anti-HBc ist positiv); 5 nach aktiver Hepatitis-B-Schutzimpfung (Anti-HBc ist negativ); 5 nach Gabe von Blut oder Blutprodukten, z.B. Immunglobulin (Cave: 7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper können nachweisbar sein oder fehlen, abhängig vom Status des Spenders; passiv zugeführte Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper kann bis zu 6 Monate messbar bleiben). Der Nachweis von Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörpern wird in der Regel einige Wochen nach Verschwinden von HBsAg positiv (diagnostische Lücke, Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper), d.h. Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper erscheinen meistens 4–6 Monate nach der akuten Hepatitis B als Zeichen der Viruseliminierung und Ausheilung bei etwa 90 Prozent der Patienten im Serum; selten wird HBsAg unmittelbar von Hepatitis-BVirus-surface-Antigen-Antikörpern im Serum abgelöst; ebenso selten sind HBsAg und Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper gemeinsam im Serum nachweisbar. Ursachen für das gleichzeitige Vorhandensein von Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper und HBsAg sind: 5 beginnende Ausheilung (beide Marker liegen in niedriger Konzentration vor), bei späterer Kontrolle nur noch Hepatitis-B-Virussurface-Antigen-Antikörper nachweisbar; 5 Infektion trotz vorhandener Hepatitis-B-Virus-surface-AntigenAntikörper mit einem in der a-Determinante (s. HBsAg) mutierten HBV (Austausch z.B. Arginin → Glycin in Position 145 des HBsAg). Infektionen mit derartigen „immune escape“-Mutanten werden bei Anti-HBs positiven Personen nach aktiver oder passiver Impfung beobachtet. Nach einer HBV-Infektion sind Hepatitis-B-Virus-surface-AntigenAntikörper meist nur in geringer Konzentration (< 1000 IU/L) vorhanden; in etwa 20 % der Fälle sinkt Anti-HBs innerhalb weniger Jahre unter die Nachweisgrenze ab; etwa 10 % der Infizierten bilden nach einer Hepatitis B keine Hepatitis-B-Virus-surface-AntigenAntikörper. Nach aktiver Impfung sind Konzentrationen > 10.000 IU/L keine Seltenheit, im Mittel erreicht die Hepatitis-B-Virus-surface-AntigenAntikörper-Konzentration > 1000 IU/L; nach der Grundimmunisierung besteht Schutz ab 10 IU/L (detaillierte Informationen zur HBV-Immunprophylaxe, insbesondere auch für besonders gefährdete Personen, durch die „Ständige Impfkommission“ (STIKO) auf der Internet-Seite des Robert-Koch-Instituts, Berlin; http://rki.de). Etwa 3% der Geimpften bilden auch nach wiederholter aktiver Immunisierung kein Anti-Hbs (Nonresponder).

Diagnostische Wertigkeit. Die meisten kommerziellen Hepatitis-BVirus-surface-Antigen-Antikörper-Tests verwenden rekombinantes SHBs als Antigen, sie erfassen daher nur Antikörper gegen Epitope des SHBs (Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper im engeren Sinn), nicht aber Antikörper gegen die PräS1/PräS2-Domänen auf dem MHBs bzw. LHBs (7 Dane-Partikel); die Hepatitis-B-Virussurface-Antigen-Antikörper-Werte bei immunen Personen sind in der Regel niedrig, entsprechend empfindlich müssen die Testsysteme

sein; die Nachweisgrenze liegt üblicherweise zwischen 2 und 10 IU/ mL, der lineare Messbereich zwischen 100 und 1000 IU/L. In allen Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Antikörper-Testsystemen kommen bei etwa 1 % der Proben falsch positive Ergebnisse vor, Immunität nach früherer Infektion kann daher nur festgestellt werden, wenn auch Anti-HBc nachgewiesen ist, unter Umständen müssen weitere HBV-Marker bestimmt werden, um den Immun-/Infektionstatus sicher feststellen zu können. Die Serokonversion von HBsAg zu Hepatitis-B-Virus-surfaceAntigen-Antikörpern bedeutet nicht in jedem Fall die vollständige Eliminierung des Virus; bei massiver Immunsuppression, z.B. nach Knochenmarktransplantation, kann es zur Reaktivierung der Virusreplikation mit Anstieg von HBV-DNA kommen.

Literatur. Mimms L, Goetze A, Swanson S (1989) Second generation assays for the detection of antibody to HBsAg using recombinant DNA derived HBsAg. J Virol Methods 25:211–232

Hepatitis-C-Virus-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HCV-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-CVirus; Antikörper gegen HCV; Antikörper gegen NonA-NonB-Hepatitis (Bezeichnung vor 1989); Antikörper gegen Transfusionshepatitis (Bezeichnung vor 1989)

Englischer Begriff. antibody to HCV; anti-HCV Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G (IgG) gegen Struktur- und Nichtstrukturproteine des Hepatitis-C-Virus (HCV; 7 Hepatitisviren); (spezifische IgM-Antikörper spielen in die HCVDiagnostik derzeit keine Rolle, s. a. „Diagnostische Wertigkeit“). Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Molmasse. Hepatitis-C-Virus-IgG-Antikörper 150 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-C-Virus-Antikörper-Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit viralen Antigenen; etwa die Hälfte der spezifischen IgG-Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-C-Virus-IgGAntikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. Hepatitis-C-Virus-IgG-Antikörper: 11–21 Tage; maternale Hepatitis-C-Virus-IgG-Antikörper: 30 Tage

Funktion und Pathophysiologie. Gegen das Hüllantigen E2 des HCV gerichtete Hepatitis-C-Virus-Antikörper sind virusneutralisierend. Antikörper gegen das HCV-Nukleokapsid sind neben Rheumafaktoren Bestandteil zirkulierender Immunkomplexe, die bei chronischen HCV-Infektionen mit einer Typ-II-Kryoglobulinämie (7 Kryoglobulin) nachweisbar sind. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Screeningtest: Indirekter Festphasen- oder MikropartikelEnzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) mit 7 rekombinant und synthetisch hergestellten viralen Antigenen; wiederholt grenzwertige

Hepatitis-C-Virus-RNA

oder niedrig positive Hepatitis-C-Virus-Antikörper-Befunde müssen in einem zweiten Testverfahren kontrolliert werden (Bestätigungstest). Bestätigungstest: 7 Immunoblot mit rekombinanten viralen Antigenen

Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; auch Testhersteller-abhängige Ergebniseinheiten Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar

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Molmasse. Etwa 3 × 106 Da Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HCV-RNA wird sehr wahrscheinlich im Zytoplasma der Leberzelle repliziert. Halbwertszeit. Bei Ausheilung nach 10–20 Wochen verschwunden. Funktion und Pathophysiologie. Codiert für virale Funktions- und Strukturproteine (7 Hepatitisviren); HCV-RNA ist Bestandteil zirkulierender 7 Immunkomplexe. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

HCV-Infektion.

Serum, Plasma (EDTA, Citrat), Lebergewebe (nativ, auch Formalin-fixiertes oder Paraffin-eingebettetes Material möglich).

Interpretation.

Probenstabilität. RNA ist gefährdet durch 7 RNasen in biologischen

Indikation. Nachweis einer akuten, abgelaufenen oder chronischen

5 Hepatitis-C-Virus-Antikörper werden in der Regel 2–3 Monate nach der Infektion, also mit oder kurz nach Auftreten der Hepatitis und nach dem Transaminasenanstieg nachweisbar. 5 Das Fehlen von Antikörpern schließt weder eine akute noch eine chronische Hepatitis C sicher aus, vor allem nicht bei immunsupprimierten und immundefizienten Patienten (Antikörpermangelsyndrom, HIV-Infektion, Dialyse, Transplantation). 5 Verzögertes Auftreten von Hepatitis-C-Virus-Antikörpern nach 8–12 Monaten ist nicht selten, es betrifft häufig perinatal infizierte Neugeborene, bei denen die serologische Diagnostik auch durch maternale Antikörper gestört ist; Klarheit kann in allen diesen Fällen nur der Nachweis von HCV-RNA bringen. Das Immunoblot ist empfindlicher als der Enzymimmun-Suchtest; ein im Enzymimmun-Suchtest positives, im Immunoblot nicht bestätigtes Ergebnis, gilt als unspezifisch. Das durch spezifische Antikörper erzeugte Bandenmuster im Immunoblot lässt Rückschlüsse auf den HCV-Infektions- und -Immunstatus zu. Hepatitis-C-Virus-Antikörper können nach Ausheilen der Infektion unter die Nachweisgrenze abfallen.

Diagnostische Wertigkeit. Die Spezifität eines Hepatitis-C-Virus-Antikörper-positiven Befunds ist sehr hoch bei Patienten mit klinischem Verdacht einer chronischen Hepatitis. Bei Personen mit niedriger HCV-Prävalenz, z.B. Blutspender, reagiert der Hepatitis-C-Virus-Antikörper-Suchtest häufig unspezifisch, verursacht durch erhöhte Gammaglobulinkonzentrationen z.B. bei 7 Paraproteinämie oder 7 Gammopathie, 7 Autoantikörperproduktion, 7 Immunkomplexbildung oder durch denaturiertes IgG nach wiederholtem Einfrieren und Auftauen der Probe; zur Prüfung der Spezifität einer positiven Reaktion sollte als Bestätigung der Immunoblot-Test zum Nachweis von Antikörpern gegen einzelne HCVAntigene durchgeführt werden. Aussagen über die Aktivität einer HCV-Infektion können nur durch Nachweis von HCV-RNA z.B. mittels RT-PCR gemacht werden. Der Nachweis von Hepatitis-C-Virus-Antikörpern erlaubt, abgesehen von einer im engen Zeitraum nachgewiesenen Serokonversion, nicht die Unterscheidung einer akuten, abgelaufenen oder chronischen Infektion. Hepatitis-C-Virus-IgM-Antikörper sind bei 50–80 % der akuten und chronischen Infektionen nachweisbar und daher nicht zur Diagnose einer akuten Infektion geeignet. Literatur. Cooper S, Erickson AL, Adams EJ et al (1999) Analysis of a successful immune response against hepatitis C virus. Immunity 10:439–449

Hepatitis-C-Virus-RNA K. Ritter

Synonym(e). HCV-RNA Englischer Begriff. hepatitis C virus RNA; HCV RNA Definition. Virale Ribonukleinsäure Struktur. Einzelsträngige RNA mit positiver Polarität, Länge etwa 9,5 kb.

und nicht speziell behandelten Materialien.

Präanalytik. Sterile Probengewinnung; RNasen-Aktivität beachten: 24-stündige Lagerung der Vollblutprobe bei Raumtemperatur oder 4 °C führt zu einer Degradierung der vorhandenen RNA-Menge um bis zu 45 %; Serum und Plasma können bei 4 °C einige Tage ohne merklichen RNA-Verlust gelagert werden; Gewebeproben sofort einfrieren; Archivierung bei –70 °C; wiederholtes Einfrieren und Auftauen kann zu einem Verlust spezifischer RNA führen; ggf. zum Schutz der RNA RNase-Inhibitoren zusetzen. Für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Analytik. RT-PCR, Ligasekettenreaktion, NASBA, bDNA-Hybridisierung

Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; quantitativ: Genomäquivalente/mL (GÄ/mL)

Internationale Einheit. IU/mL Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 IU/mL entspricht etwa 5 GÄ/mL.

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 50 IU/mL

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 50 IU/mL

Indikation.

5 Diagnose einer HCV-Infektion in der Frühphase vor Auftreten von Anti-HCV (diagnostische Lücke) 5 Infektionsausschluss z. B. bei Blutspenden (Pflicht seit April 2000, 7 Transfusionsgesetz, 7 Paul-Ehrlich-Institut, Langen) oder nach Exposition 5 Genomquantifizierung (= Viruslastbestimmung) zur Abschätzung der Infektiosität und des Übertragungsrisikos 5 zu Indikationsstellung und Verlaufskontrolle der Therapie 5 Genotypisierung zum Nachweis von Infektionsketten sowie als prognostischer Marker für Verlauf und Therapie

Interpretation.

5 Nachweis von HCV-RNA zeigt eine aktive Infektion an und korreliert häufig mit erhöhten Transaminasenwerten 5 Verlaufsuntersuchungen ermöglichen eine Differenzierung zwischen akuter, chronischer, abheilender und abgelaufener Hepatitis C; bei spontan ausheilender akuter HCV-Infektion ist HCVRNA nach 6 Monaten nicht mehr nachweisbar 5 Fehlen von HCV-RNA schließt eine aktive Infektion nicht mit letzter Sicherheit aus, da die Virusreplikation im Verlauf der chronischen Hepatitis C erheblich schwanken kann und phasenweise unter die Nachweisgrenze abfällt 5 bei Vorhandensein von Anti-HCV im Verlauf von 12 Monaten HCV-RNA wiederholt nicht nachgewiesen, ist eine abgelaufene HCV-Infektion wahrscheinlich 5 HCV-Genotyp entscheidet mit über die Therapiestrategie und kann eine wichtige Entscheidungshilfe für oder gegen eine Therapie bei nicht eindeutiger Indikationsstellung sein

H

636

Hepatitis-(D)Delta-Antigen

5 Quantifizierung der HCV-RNA gibt Auskunft über die Virusaktivität und über den Grad der Infektiosität eines Patienten; schlechtes Therapieansprechen bei Patienten mit hoher Viruslast (> 5 × 105 IU/mL)

Diagnostische Wertigkeit. Von den nukleinsäureanalytischen Methoden wird die RT-PCR am häufigsten für den HCV-RNA-Nachweis eingesetzt. Die verschiedenen Testmethoden können quantitativ unterschiedliche Testergebnisse liefern; die Unterschiede sind im oberen Konzentrationsbereich besonders groß, daher sollte für Verlaufsbeobachtungen und Therapiekontrollen immer das gleiche Testsystem verwendet werden. Der lineare Messbereich kommerzieller Tests liegt zwischen 1 × 102– 6 × 105 IU/mL (PCR) und 3 × 103–4 × 107 IU/mL (bDNA-Technologie). Die mit nukleinsäureanalytischen Methoden gemessenen Werte entsprechen nicht dem Infektionstiter, der in der Regel viel niedriger liegt. Für spezielle diagnostische Fragestellungen steht das Nationale Referenzzentrum für Hepatitis C am Institut für Virologie, Universitätsklinikum Essen, zur Verfügung.

Literatur. Langer BCA, Nitschko H, Frösner GG (2001) Hepatitis-CDiagnostik: Aussagekraft von serologischen und molekular-virologischen Testsystemen. In: Frösner GG (Hrsg) Moderne Hepatitisdiagnostik. 2. Aufl. Verlag im Kilian, Marburg, S 57–80

Hepatitis-(D)Delta-Antigen 7 Hepatitis-D-Virus-Antigen

Hepatitis-D-Virus-Antigen

Virus; Antikörper gegen Hepatitis-delta-Antigen; Anti-HDV-IgM/ IgG

Englischer Begriff. antibody to HDV; anti-HDV; total (IgG/IgM) anti-HDV

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G und M (IgG, IgM) gegen das kleine Hepatitis-delta-Antigen (S-HDAg) und das große 7 Hepatitis-D-Virus-Antigen (L-HDAg)

Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Molmasse. Hepatitis-D-Virus-IgG-Antikörper 150 kDa; HepatitisD-Virus-IgM-Antikörper 950 kDa

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-D-Virus-IgMAntikörper sind die primäre Immunantwort auf die Erstinfektion mit Hepatitis-D-Viren (HDV; 7 Hepatitisviren); Hepatitis-D-Virus-IgMAntikörper sind bei der Erstinfektion die Zweitantikörper; bei erneutem Kontakt die Erstantikörper (sekundäre Antikörperantwort). Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit viralen Antigenen. Etwa die Hälfte der spezifischen IgG-Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; etwa 75 % von Hepatitis-D-Virus-IgM-Antikörper liegen im Plasma vor; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-D-Virus-IgG-Antikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus. Halbwertszeit. Hepatitis-D-Virus-IgG-Antikörper: 11–21 Tage; maternales IgG: 30 Tage; Hepatitis-D-Virus-IgM-Antikörper: 5 Tage

Synonym(e). Hepatitis-D-Antigen; Hepatitis-(D)Delta-Antigen; HDAg

Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-D-Virus-Antikörper sind nicht virusneutralisierend und tragen nicht zum Schutz vor Infektion bei.

Englischer Begriff. hepatitis delta antigen

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma (He-

K. Ritter

Definition. Immundominanter Strukturbestandteil des Hepatitis-DVirus-Nukleokapsids i Der italienische Gastroenterologe Rizzetto entdeckte um 1975

ein unbekanntes nukleäres Antigen in Leberzellen von Patienten mit chronischer Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion. Das Antigen ähnelte in seiner Verteilung dem 7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen (HBcAg). Da es aber nicht von Anti-HBc-Antikörpern erkannt wurde, glaubte man, ein bisher nicht erkanntes Antigen des HBV entdeckt zu haben. Es wurde δ-Antigen (Delta-Antigen) und der zugehörige Antikörper Anti-Delta-Antikörper genannt. Durch Infektion von Schimpansen identifizierten Rizzetto und Bonino das Delta-Antigen als Kapsidprotein eines unbekannten, defekten Virus, das für seine Vermehrung HBV benötigt. Das neu entdeckte Hepatitis-Delta-Virus (HDV, 7 Hepatitisviren) verursacht schwer verlaufende akute und chronische Hepatitiden bei gleichzeitig bestehender HBV-Infektion. Die 7 Hepatitis-D-Virus-RNA zeigt eine unter animalen Viren einzigartige Struktur, die große Ähnlichkeit mit den bei Pflanzen vorkommenden Viroiden aufweist. Das Hepatitis-Delta-Antigen (HDAg), von dem eine kürzere Form, S-HDAg und eine längere Form, L-HDAg, existiert, formt um die HDV-RNA ein kompaktes Kapsid, um das sich eine Hülle aus 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen legt. Die Darstellung von HDAg in den Kernen von Leberzellen durch direkte oder indirekte Immunfluoreszenz-Färbung eines Leberstanzpräparates war lange Zeit der 7 Goldstandard für den Nachweis einer aktiven HDV-Infektion. Durch den empfindlichen HDV-RNA-Nachweis im Serum hat die Leberbiopsie für die Diagnostik der HDV-Infektion aber an Bedeutung verloren. Die Biopsie bleibt jedoch für die Beurteilung pathologischer Prozesse in der Leber wichtig.

Hepatitis-D-Virus-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HDV-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-D-

parin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewinnung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

Analytik. Kompetitiver (Festphasen-) Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) mit 7 rekombinant hergestellten Nukleoprotein7 Antigenen. Konventionelle Einheit. Qualitativ: Nachweisbar/nicht nachweisbar Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar Indikation.

5 Diagnose einer frischen, abgelaufenen und chronischen HDVInfektion. 5 HBsAg-positive und/oder Anti-HBc-IgM positive Personen sollten auf Antikörper gegen HDV untersucht werden, wenn eine fulminante Hepatitis oder i.v. Drogenabusus vorliegt oder der Patient aus einem Endemiegebiet (z.B. Mittelmeerraum, Nordafrika, Südosteuropa) stammt.

Interpretation.

5 Hepatitis-D-Virus-IgM-Antikörper ist bei Koinfektion mit HBV oft nur wenige Wochen nachweisbar. 5 Hepatitis-D-Virus-IgG-Antikörper erscheinen häufig erst 12 Wochen nach Erkrankungsbeginn mit niedrigen Werten; die gleich-

Hepatitis-E-Virus-Antikörper

zeitig diagnostizierte akute HBV-Infektion (Hepatitis-B-Viruscore-Antigen-IGM-Antikörper) beweist die Doppelinfektion (Koinfektion) mit HDV und HBV. 5 Der Nachweis von Hepatitis-D-Virus-Antikörpern bei HBsAgnegativen Personen ist Ausdruck einer ausheilten Hepatitis D. 5 Bei einer Superinfektion (HDV-Infektion eines HBV-Trägers) werden Hepatitis-D-Virus-Antikörper mit Ausbruch der klinischen Symptomatik nachweisbar, dabei steigt der IgM-Anteil von Hepatitis-D-Virus-Antikörpern zeitlich nach den Transaminasen (ALT, AST) an, es folgen Hepatitis-D-Virus-IgG-Antikörper im Abstand von 2–4 Wochen. 5 Ein deutlicher Anstieg von Hepatitis-D-Virus-Antikörpern bei negativen oder nur schwach positiven Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IGM-Antikörpern erlaubt die Diagnose einer akuten HDVSuperinfektion. Nach Koinfektion entwickelt sich in etwa 10 %, nach Superinfektion in 70–90 % eine chronische Hepatitis mit persistierend hohen Hepatitis-D-Virus-Antikörper-Werten. Bester prognostischer Hinweis auf die Entwicklung einer chronischen HDV-Infektion ist die Persistenz von 7 Hepatitis-D-Virus-RNA länger als 12 Wochen nach Infektion.

Diagnostische Wertigkeit. Hepatitis-D-Virus-Antikörper sind der wichtigste Parameter zum Aufspüren von HDV-Infektionen; die Antikörper sind bei chronischen Verläufen fast immer in hohen Titern vorhanden; bei Immundefizienz kann die Antikörperbildung unter der Nachweisgrenze liegen. Der Nachweis von Hepatitis-D-Virus-Antikörpern sollte immer im Kontext mit Ergebnissen der HBV-Diagnostik beurteilt werden.

Literatur. Rizzetto M, Smedile A, Verme G (1999) Hepatitis D virus. In: Bircher J, Benhamou J-P, McIntryre N (eds) Oxford Textbook of Clinical Hepatology, 2nd edn. Oxford University Press, Oxford, pp 896–903

Hepatitis-D-Virus-RNA K. Ritter

Synonym(e). HDV-RNA; Hepatitis-delta-Virus-RNA; DeltavirusRNA

Englischer Begriff. hepatitis delta virus RNA; HDV-RNA Definition. Virale Ribonukleinsäure Struktur. Zirkuläre, einzelsträngige RNA mit negativer Polarität, Länge etwa 1,7 kb; selbstkomplementäre, doppelsträngige Struktur (7 Hepatitisviren).

Molmasse. Etwa 5,4 × 105 D Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HDV infiziert aufgrund

seiner 7 Hepatitis-B-Virus-surface-Antigen-Hülle Zielzellen wie das 7 Hepadna-Virus HBV. Vor Ausbruch der Erkrankung sind etwa 70 % der Leberzellen infiziert; HDV-RNA wird im Zellkern repliziert.

Halbwertszeit. Bei Ausheilung der Hepatitis nach 2–10 Wochen verschwunden.

Funktion und Pathophysiologie. Kodiert für zwei virale Strukturund Funktionsproteine (7 Hepatitis-D-Virus-Antigen). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Lebergewebe (nativ)

Probenstabilität. RNA ist gefährdet durch 7 RNasen in biologischen und nicht speziell behandelten Materialien.

Präanalytik. Sterile Probengewinnung; RNasen-Aktivität beachten: 24-stündige Lagerung der Vollblutprobe bei Raumtemperatur oder 4 °C führt zu einer Degradierung der vorhandenen RNA-Menge um bis zu 45 %; Serum kann bei 4 °C einige Tage ohne merklichen RNA-Verlust gelagert werden; Gewebeproben sofort einfrieren; Archivierung bei –70 °C; wiederholtes Einfrieren und Auftauen kann

637

zu einem Verlust spezifischer RNA führen; ggf. zum Schutz der RNA RNase-Inhibitoren zusetzen. Für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de).

Analytik. RT-PCR (7 Polymerase-Kettenreaktion) Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar; quantitativ: Genomäquivalente/mL (GÄ/mL) Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar; Nachweisgrenze 100 GÄ/mL

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar; Nachweisgrenze 100 GÄ/mL

Indikation.

5 Diagnose einer HDV-Koinfektion oder -Superinfektion 5 Therapiekontrolle 5 Genotypbestimmung

Interpretation. Mit der RT-PCR ist HDV-RNA bereits in der ersten Krankheitswoche einer frischen und fast immer bei der chronischen Infektion nachweisbar. 5 sicherster Marker für die Diagnose einer Anti-HDV-negativen Hepatitis D bei immunsupprimierten und immundefizienten Personen 5 Viruslast ist Maß für den Erfolg einer Interferon-Therapie 5 durch genotypspezifische Primer oder durch Sequenzierung des Amplifikats 4 Genotypen mit unterschiedlicher geographischer Verbreitung und Pathogenität unterscheidbar

Diagnostische Wertigkeit. Auch sehr niedrige Hepatitis-D-Virämien von etwa 100 GÄ/mL Serum können mittels RT-PCR nachgewiesen werden, damit ist die PCR bis 104fach empfindlicher als die früher üblichen HDV-RNA-Hybridisierungsverfahren.

Literatur. Negro F, Emerson S, Mcrill C (1991) A polymerase chain reaction-based assay for serum HDV RNA. In: Gerin JL, Purcell RH, Rizzetto M (eds) The Hepatitis Delta Virus. Willey-Liss, NewYork, pp 173–178

Hepatitis-E-Virus-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HEV-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-EVirus; IgG/IgM-Anti-HEV; Anti-HEV-Gesamt (IgG und IgM)

Englischer Begriff. antibody to HEV; anti-HEV; total (IgG, IgM) antiHEV

Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G und M (IgG, IgM) gegen Struktur- und Nichtstrukturproteine des Hepatitis-EVirus (HEV; 7 Hepatitisviren) Struktur. 7 Glykoproteinmoleküle; gemeinsame Grundstruktur, bestehend aus zwei schweren und zwei leichten Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind.

Molmasse. Hepatitis-E-Virus-IgG-Antikörper 150 kDa; Hepatitis-EVirus-IgM-Antikörper 950 kDa

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hepatitis-E-Virus-Antikörper sind die primäre Immunantwort auf die Erstinfektion mit HEV; Hepatitis-E-Virus-IgG-Antikörper sind bei der Erstinfektion die Zweitantikörper; bei erneutem Kontakt die Erstantikörper (sekundäre Antikörperantwort). Synthese durch Plasmazellen im Knochenmark nach Kontakt mit viralen Antigenen; etwa die Hälfte der spezifischen IgG-Antikörper ist im Plasma, die andere Hälfte in den Körperflüssigkeiten verteilt; etwa 75 % von Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörper liegen im Plasma vor; bei Schwangerschaft werden mütterliche Hepatitis-E-Virus-IgGAntikörper diaplazentar auf den Feten übertragen; der Abbau spezifischer Antikörper folgt den Regeln des Plasmaprotein-Katabolismus.

H

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Hepatitis-G-Virus-Antikörper

Halbwertszeit. Hepatitis-E-Virus-IgG-Antikörper: 11–21 Tage; maternale Hepatitis-E-Virus-IgG-Antikörper: 30 Tage; Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörper: 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. Hepatitis-E-Virus-Antikörper sind virusneutralisierend und vermitteln Schutz vor Infektion.

Englischer Begriff. anti-HGV; anti-GBV-C Definition. Spezifische 7 Immunglobuline der Klasse G und M gegen das virale Hüllantigen E2 i

sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg beständig. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

5 Antikörper gegen das Hepatitis-G-Virus-Hüllantigen E2 (AntiHGV) können mittels Enzymimmuntests (Immunoassay) nachgewiesen werden. 5 Kommerzielle Testbestecke werden nicht mehr angeboten, alternative serologisch-diagnostische Verfahren sind nicht in Sicht. 5 Die Diagnose einer akuten oder chronischen HGV-Infektion stützt sich auf den Nachweis von Hepatitis-G-Virus-RNA mittels RTPCR.

Präanalytik. Keine besonderen Anforderungen an Probengewin-

Literatur. Schaade L, Platzer CA, Kleines M et al (2000) GB virus-

nung und Aufarbeitung; für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details auf der Internet-Seite des 7 Robert-Koch-Instituts, Berlin (http://rki.de).

C/Hepatitis G virus infections in traumatologic out-patients, chronic non-A-E hepatitis and extrahepatic malignancies. Infection 28:30–33

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, Citrat-, EDTA-); hämolytische und stark lipämische Proben nicht verwertbar.

Probenstabilität. Patientenproben für Antikörperbestimmungen

Hepatitis-G-Virus-RNA K. Ritter

Analytik. Indirekter Enzymimmuntest (7 Enzymimmunoassay) mit 7 rekombinant oder synthetisch hergestellten 7 Antigenen. Bestätigung positiver Antikörpernachweise mittels 7 Western-BlotAnalyse.

Synonym(e). HGV-RNA

Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar

Definition. Virale Ribonukleinsäure

Quantifizieren durch 7 Titration der Probe möglich

Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar

Englischer Begriff. hepatitis G virus RNA; HGV RNA; GBV-C RNA Struktur. Einzelsträngige RNA mit positiver Polarität, Länge etwa 9,4 kb Molmasse. Etwa 3 × 106 D

Indikation. Nachweis einer frischen oder abgelaufenen HEV-Infektion (in Europa fast ausschließlich bei Reisenden aus Endemiegebieten: Afrika, Asien, Mittel-/Südamerika, Südosteuropa).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HGV-RNA wird im Zytoplasma von Leberzellen repliziert; Replikation in Lymphozyten und anderen Körperzellen umstritten.

Interpretation. Hepatitis-E-Virus-Antikörper der IgG- und IgM-

Halbwertszeit. Bei Ausheilung nach etwa 4–12 Wochen verschwunden

Klasse sind meist bereits zu Beginn der Erkrankung nachweisbar; innerhalb der ersten vier Wochen steigen sie parallel zu den Transaminasen (7 Transaminasen-GLDH-Quotient, 7 De-Ritis-Quotient) deutlich an; zur sicheren Diagnose einer frischen Hepatitis E ist der Nachweis von Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörper erforderlich. Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörper fallen über einen Zeitraum von 8–12 Wochen unter die Nachweisgrenze ab; auch Hepatitis-E-VirusIgG-Antikörper fallen zunächst rasch ab, bleiben aber in der Regel einige Jahre mit niedrigen Werten nachweisbar.

Funktion und Pathophysiologie. Kodiert für ein Polyprotein mit 2900 Aminosäuren (7 Hepatitisviren).

Diagnostische Wertigkeit. Nur etwa 80 % der durch Virusnachweis gesicherten Fälle mit akuter Hepatitis E werden von den derzeit verfügbaren Hepatitis-E-Virus-Antikörper-Testsystemen erkannt; antigenetische Unterschiede zwischen den vier bekannten Virusstämmen dürften für diese eingeschränkte Empfindlichkeit verantwortlich sein; das Fehlen von Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörpern schließt daher eine akute Infektion nicht aus. Da Hepatitis-E-Virus-IgM-Antikörper über die Zeit stark abfällt und vollständig verschwinden kann, erkennen die Hepatitis-E-Virus-Antikörper-Tests nicht sicher alle Personen mit früherer HEV-Infektion. Im Enzymimmuntest grenzwertige und schwach positive Hepatitis-EVirus-IgM- und -IgG-Antikörper-Ergebnisse sollten durch WesternBlot-Analysen bestätigt werden.

Literatur. Aggarwal R, Jameel S (2011) Hepatitis E. Hepatology 54:2218–2226 Frösner GG, von Brunn A, Nitschko H et al (2001) Hepatitis E Diagnostik: Nachweisempfindlichkeit von Anti-HEV und Anti-HEV-IgM, Western-Blot und Peptidassay als Bestätigungstest, Diagnosenstellung durch PCR, Sequenzvariation des HEV in verschiedenen Regionen der Welt. In: Frösner GG (Hrsg) Moderne Hepatitisdiagnostik, 2. Aufl. Verlag im Kilian, Marburg, S 99–107

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. RNA ist gefährdet durch 7 RNasen in biologischen und nicht speziell behandelten Materialien.

Präanalytik. Sterile Probengewinnung; RNasen-Aktivität beachten: 24-stündige Lagerung der Vollblutprobe bei Raumtemperatur oder 4 °C führt zu einer Degradierung der vorhandenen RNA-Menge um bis zu 45 %; Serum kann bei 4 °C einige Tage ohne merklichen RNA-Verlust gelagert werden; Archivierung bei –70 °C; wiederholtes Einfrieren und Auftauen kann zu einem Verlust spezifischer RNA führen; ggf. zum Schutz der RNA RNase-Inhibitoren zusetzen. Für den Versand potenziell infektiöser Proben müssen die „Regelungen für die Beförderung von ansteckungsgefährlichen Stoffen – Brief National“ der Deutschen Post AG und der Deutschen Lufthansa Cargo AG beachtet werden; Details beim 7 Robert-Koch-Institut, Berlin (http://rki.de). Analytik. RT-PCR Konventionelle Einheit. Qualitativ: nachweisbar/nicht nachweisbar Referenzbereich — Erwachsene. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 1000 GÄ/mL

Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar, Nachweisgrenze 1000 GÄ/mL

Indikation. Diagnose einer akuten oder chronischen Non-A-E-Hepatitis.

Interpretation.

Hepatitis-G-Virus-Antikörper K. Ritter

Synonym(e). Anti-HGV-Antikörper; Antikörper gegen Hepatitis-GVirus; Anti-GBV-C

5 mit RT-PCR ist HGV-RNA bereits in der frühen Phase der Erkrankung und fast immer bei der chronischen Infektion nachweisbar 5 Übergang von der chronischen Phase in die Ausheilung wird durch das Auftreten von Antikörpern gegen das Hüllprotein E2 des HGV (Anti-HGV-Antikörper) markiert

Hepatitisviren

Diagnostische Wertigkeit. Mit der nested RT-PCR gelingt der Nachweis von HGV-RNA mit ausreichender Empfindlichkeit. Trotz der weiten Verbreitung der HGV-Infektion z. B. bei intravenös Drogenabhängigen (bis 40 %) sowie bei Polytransfundierten (bis 20 %) und bei Patienten mit Non-A-E Hepatitis (~20 %) ist nicht endgültig geklärt, welcher Krankheitswert der HGV-Infektion tatsächlich zukommt. Etwa 10 % der Patienten mit chronischer Hepatitis B und etwa 20 % mit chronischer Hepatitis C haben eine Koinfektion mit HGV. Literatur. Schaade L, Platzer CA, Kleines M et al (2000) GB virusC/Hepatitis G virus infections in traumatologic out-patients, chronic non-A-E hepatitis and extrahepatic malignancies. Infection 28:30–33

Hepatitisviren

639

ganisation werden die Hepatitisviren 5 verschiedenen Virusfamilien zugeordnet, ihre strukturellen Besonderheiten sind in 7 Abb. 1 dargestellt. Ein im Jahr 1994 in Frankreich entdeckter und ursprünglich als Hepatitis-F-Virus bezeichneter Erreger wird heute nicht mehr zu den Hepatitisviren gezählt. Die Hepatitisviren A und E werden fäkal-oral übertragen; chronische Infektionsverläufe sind bei ihnen nicht bekannt. Dagegen erfolgt die Infektion mit den Hepatitisviren B, C, D und G parenteral; diese Viren können einen chronischen Verlauf der Hepatitis induzieren. Die Diagnostik der Hepatitisvirusinfektionen ist aufgrund der unterschiedlichen Verlaufsformen, der vom Einzelfall abhängigen klinischen Fragestellung und nicht zuletzt aufgrund der zahlreich verfügbaren Laborparameter sehr komplex. 7 Tab. 1 zeigt mögliche Indikationen mit geeigneten Parametern. Sind die Hepatitisviren als Ursache einer Hepatitis ausgeschlossen,

K. Ritter

Synonym(e). Hepatitis A-G Viren; HAV

Hepatitisviren. Tab. 1. Diagnostische Parameter der Hepatitisviren bei verschiedenen klinischen Fragestellungen

Englischer Begriff. hepatitis viruses Virus

Nachweis von

patotropismus.

HAV

Anti-HAV-Antikörper

i Entzündliche Erkrankungen der Leber werden als Hepatitis (griech.: tò hépar, hépatos: die Leber; -itis: Entzündung) bezeichnet. Sie sind mit einer Schädigung der Leberzellen und Störungen der Organfunktion verbunden. Eine häufige Ursache sind Infektionserreger, an erster Stelle die Hepatitisviren. Die durch sie hervorgerufenen Hepatitiden gehören weltweit zu den bedeutendsten Virusinfektionen; in Deutschland zählen sie zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Die Hepatitisviren und die durch sie ausgelösten Erkrankungen werden alphabetisch mit den Buchstaben A–G bezeichnet. Aufgrund deren Morphologie, physikochemischen Eigenschaften und Genomor-

HBV

HBsAg

HCV

Anti-HCV-Antikörper

HDV

Anti-HDV-Antikörper

HEV

Anti-HEV-Antikörper

Definition. Taxonomisch unterschiedliche Viren mit primärem He-

H Anti-HBc-Antikörper

Anti-HBc-Antikörper

Früherkennung/akute Phase HAV

Anti-HAV-IgM

HBV

HBsAg

Anti-HBc-IgM

HCV

HCV-RNA

Anti-HCVAntikörper

HDV

HBsAg

Anti-HDVAntikörper

HEV

Anti-HEV-Antikörper

Anti-HEV-IgM

HGV

HGV-RNA

HBV-DNA

Verlauf/Serokonversion HBV

HBsAg

HCV

Anti-HCV-Antikörper

Anti-HBc-

AntiHBe-

HBeAg

HBV-DNA

AntiHBs-Antikörper

Infektiosität HAV

Hepatitis-A-Antigen

HBV

HBsAg

HCV

HCV-RNA

HGV

HGV-RNA

Therapiekontrolle HBV

HBV-DNA (quantitativ)

HCV

HCV-RNA (quantitativ)

Impfkontrolle

Hepatitisviren. Abb. 1. Schematische Darstellung der Hepatitisviren (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Priv.-Doz. Dr. K.-H. Heeermann, Institut für Virologie, Universität Göttingen)

HAV

Anti-HAV-Antikörper

HBV

Anti-HBs-Antikörper (quantitativ)

HAV Hepatitis-A-Virus, HBV Hepatitis-B-Virus, HCV Hepatitis-C-Virus, HDV Hepatitis-D-Virus, HEV Hepatitis-E-Virus, HGV Hepatitis-G-Virus

640

Hepatitis-Delta-Virus-RNA

müssen differenzialdiagnostisch die Erreger berücksichtigt werden, die eine Begleithepatitis auslösen können.

Hepatitis-Delta-Virus-RNA

Indikation. Therapiekontrolle, Nachsorge und Prognose beim hepatozellulären Karzinom, Bronchialkarzinom, Blasenkarzinom, Magenkarzinom, Non-Hodgkin-Lymphom und multiplen Myelom möglich

Interpretation. Die meisten HGF-Assays sind für die Anwendung im

7 Hepatitis-D-Virus-RNA

Hepatocuprein D. Meissner

Synonym(e). Kupferbindendes Protein Englischer Begriff. hepatocuprein Definition. Kupferbindendes Protein in der Leber i Als Hepatocuprein wurde in der Vergangenheit ein im Zytosol der Hepatozyten lokalisiertes Protein bezeichnet, welches 7 Kupfer reversibel bindet und der Speicherung von Kupfer in der Leber dient. Der Begriff wird heute nur noch selten verwendet.

Literatur. Sunderman FW Jr (1979) Trace Elements. In: Brown SS, Mitchell FL, Young DS (eds) Chemical diagnosis of disease. Elsevier/ North-Holland Biomedical Press, Amsterdam New York Oxford, S 1009–1038

Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die Bestimmung von HGF in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden. Da HGF keine Organspezifität aufweist, ist bei allen soliden Tumorerkrankungen mit positiven Testergebnissen zu rechnen. Hohe Werte wurden u. a. bei hepatozellulären, Bronchial-, Blasen- und Magenkarzinom, bei Non-Hodgkin-Lymphom und multiplen Myelom beobachtet, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium. Ebenso können benigne Erkrankungen des pulmonalen, gastrointestinalen, urologischen und gynäkologischen Organsystems zu erhöhten Werten führen. Insbesondere können erhöhte HGF-Werte durch benigne Erkrankungen der Leberfunktion, z. B. Hepatitiden und cholestatische Lebererkrankungen, sowie Einschränkungen der Nierenfunktion in Abhängigkeit von der glomerulären Filtrationsrate hervorgerufen werden. Trotz der diagnostischen und differenzialdiagnostischen Limitierung kann die Bestimmung von HGF für die Verlaufsuntersuchung während und nach Therapie sowie für die Prognose bei den genannten Karzinomen sinnvoll sein.

Diagnostische Wertigkeit. Therapiekontrolle, Nachsorge und Prog-

Hepatocyte growth factor

nose bei hepatozellulären, Bronchial-, Blasen- und Magenkarzinom, bei Non-Hodgkin-Lymphom und multiplen Myelom möglich

S. Holdenrieder, P. Stieber

Literatur. Yamagamim H et al (2002) Serum concentrations of hu-

Synonym(e). HGF; scatter factor; Hepatozyten-Wachstumsfaktor Englischer Begriff. hepatocyte growth factor Definition. Der hepatocyte growth factor ist ein 92 kDa schweres, multifunktionelles Protein mit einem ausgeprägt mitogenen Effekt auf Hepatozyten.

Struktur. Der hepatocyte growth factor besteht aus einer schweren (60 kDa) und einer leichten Peptidkette (32 kDa). Es bindet an die Zelloberfläche über einen Tyrosinkinaserezeptor, welcher das Produkt des Protoonkogens c-met ist.

Molmasse. 92 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ursprünglich wurde mit dem hepatocyte growth factor ein Peptid isoliert, das an der Regeneration der Leber beteiligt ist und deren Funktionsfähigkeit nach Hepatektomie anzeigt. Der hepatocyte growth factor wird von mesenchymalen Zellen sezerniert, induziert auf parakrinem Weg die Mitogenese verschiedener epithelialer Zellen und stimuliert die zelluläre Motilität. Darüber hinaus weist HGF angiogenetische und antiapoptotische Wirkung auf. Außerdem spielt HGF nach Freisetzung von Osteoklasten und Monozyten eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Knochenmetabolismus und der Hämatopoese. Funktion und Pathophysiologie. Bei einer Reihe von malignen Erkrankungen werden erhöhte HGF-Konzentrationen im Serum gefunden. Aufgrund seiner Fähigkeit, Adhäsion und Migration von Tumorzellen zu unterstützen, fördert HGF die systemische Ausbreitung dieser Erkrankungen. Durch tumorspezifische Mutationen von HGF oder seines c-met-Rezeptors können diese Effekte zusätzlich verstärkt werden. Die klinische Bedeutung der HGF-Bestimmung liegt vor allem im Therapiemonitoring, der frühzeitigen Rezidiverkennung und Prognose maligner Tumore. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Körperflüssigkeiten

Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Konventionelle Einheit. ng/mL Referenzbereich — Erwachsene. Median 0,19 ng/mL (methodenabhängig)

man hepatocyte growth factor is a useful indicator for predicting the occurrence o hepatocellular carcinomas in c-viral chronic liver diseases. Cancer 95:824–834 Gohji K et al (2000) Independent prognostic value of serum hepatocyte growth factor in bladder cancer. J Clin Oncol 18:2963–2971

Hepatocyte nuclear factor-2 7 Hepatic nuclear factor 1-β

Hepatozyten-Wachstumsfaktor 7 Hepatocyte growth factor

Hepcidin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. hepcidin Definition. Ein nahezu ausschließlich in der Leber exprimiertes, niedermolekulares, cysteinreiches, kationisches, antimikrobiell wirksames Protein mit hemmender Wirkung auf die intestinale Eisenresorption und dadurch von zentraler Bedeutung für die Eisenhomöostase des Körpers. i Das humane Hepcidingen (HAMP) umfasst drei Exone und ist

auf dem langen Arm von Chromosom 19 (19q13) lokalisiert. Es kodiert ein Präpropeptid von 84 Aminosäuren (Molmasse 9408 Da), von dem ein 24 Aminosäure-großes Signalpeptid abgespalten wird bei der Bildung von Prohepcidin (60 Aminosäuren). Die weitere Prozessierung ergibt schließlich das reife, C-terminale, 25 Aminosäuren (Molmasse 2797 Da) umfassende Hepcidin, das zusammen mit Pro-Hepcidin in Blut und Urin auftritt. Die Synthese ist nahezu ausschließlich auf die Leber (Hepatozyten) beschränkt; geringe Expressionen finden sich auch in Darm, Magen, Colon, Lunge und Herz. Die Elimination erfolgt aufgrund der niedrigen Molmasse über die Nieren. Es handelt sich um ein evolutionär konserviertes, cysteinreiches, kationisches Protein mit antimikrobieller und antifungaler Wirkung, das strukturell und funktionell den 7 Defensinen und Thioninen ähnlich ist. Die Serumkonzentration steigt bei akuten Entzündungen an. Es gehört zur Gruppe der Typ-II-7 Akute-Phase-Proteine. 7 Interleukin-6 induziert die Hepcidinexpression, 7 Erythropoetin und hohe Eisenkonzentrationen hemmen sie. Hepcidin nimmt eine zentrale funktionelle Stellung in der Regulation des Eisenstoffwechsels ein, indem es die intestinale Eisenresorption hemmt und die Eisenfreisetzung aus

Herpes-simplex-Viren 1 und 2

641

Makrophagen und Synzytiotrophoblasten der Plazenta reduziert. Verlust von Hepcidin bzw. inaktivierende Hepcidinmutationen führen zu Eisenhyperresorption (7 Eisenresorptionstest) und Zunahme der Eisenkonzentration im Blut und Gewebe. Die Assoziation verschiedener 7 Mutationen innerhalb des HAMP-Gens mit der Ausprägung der juvenilen Hämochromatose zeigt, dass es wesentliche Funktionen im Eisenstoffwechsel besitzt. Es sind zahlreiche Hepcidinmutationen beschrieben, die wie die des 7 Hemojuvelin, Ursache der juvenilen (Early-onset-) Hämochromatose sein können. Dabei ist es in der Regel so, dass sie in homozygoter Ausprägung alleine juvenile Hämochromatose bewirken, in heterozygoter (7 Heterozygotie) Ausprägung die 7 Penetranz einer Hämochromatose, bei gleichzeitiger Mutation des 7 Hämochromatose-Gens, erhöhen. Die Konzentrationsbestimmung von Pro-Hepcidin mittels eines kompetitiven Enzymimmunoassays (Konzentrationsbereich 52–153 μg/L, Mittelwert 106 μg/L) und der Nachweis funktionell bedeutender Hepcidingenmutationen befinden sich diagnostisch in den Anfängen.

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

Literatur. Hentze MW, Muckenthaler MU, Andrews NC (2004) Bal-

Synonym(e). HHV-1; humanes Herpes-Virus 1; HHV-2; humanes

ancing acts: molecular control of mammalian iron metabolism. Cell 117:285–297 Kulaksiz H, Gehrke SG, Janetzko A et al (2004) Pro-hepcidin: expression and cell specific localisation in the liver and its regulation in hereditary haemochromatosis, chronic renal insufficiency, and renal anaemia. Gut 53:735–743

Heptacarboxyporphyrin 7 Porphyrine

Heptaporphyrin 7 Porphyrine

Heptest

HER2/neu oncogen 7 Human epidermal growth factor receptor

Hero T. Arndt

Heroin 7 Morphin(derivate)

Herpes-simplex-Viren 1 und 2 W. Stöcker

Herpes-Virus 2

Englischer Begriff. Herpes simplex virus type 1 and type 2 Beschreibung des Erregers. Der Begriff Herpes (griech.: herpein = kriechen) beschreibt die Ausbreitung der Herpesläsionen der Haut. Spezies: Herpes-simplex-Virus-1 und -2 (HSV-1, HSV-2) Familie: HSV-1 und HSV-2 gehören zur Familie Herpesviridae (behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA als Genom), Unterfamilie α-Herpesviridae, Gattung Herpes-simplex-Virus. Die Vertreter der Herpesviridae zählen bezüglich ihres Genoms und ihrer Morphologie zu den größten und komplexesten Viren. Die Herpessimplex-Virionen (Ø 140–180 nm) enthalten ein ikosaedrisches Kapsid (Ø 100–110 nm). Dieses ist von etwa 20 Tegumentproteinen umkleidet und von einer äußeren Virushülle umgeben. Reservoir für Herpes-simplex-Viren ist ausschließlich der Mensch.

P. Kiefer, T. Stief

Definition. Der Heptest ist ein koagulometrischer Test zur Bestimmung der Anti-Xa-Aktivität im Plasma. Er wird eingesetzt zur Messung der Plasmakonzentrationen von Heparinen oder Heparinoiden. i Dem Plasma wird, wie bei den chromogenen Tests, eine definierte Menge an Faktor Xa zugesetzt, der durch Antithrombin gehemmt wird. Die Hemmwirkung ist proportional zur Konzentration an Heparin, an niedermolekularem Heparin oder an Heparinoid. Die Hemmung kann indirekt durch die Verlängerung der Rekalzifizierungszeit bestimmt werden. Nach Inkubation von Plasma mit FXa werden Calciumionen (RECALMIX®) zugegeben und Prothrombinase proportional zum verbleibenden FXa gebildet.

Literatur. Bara L, Maridiguian J, Samama M (1990) In vitro effect on Heptest of low molecular weight heparin fractions and preparations with various anti-IIa ans anti-Xa activities. Thromb Res 57:585–592

Hereditär R. Weiskirchen

Englischer Begriff. hereditary Definition. Allgemeine Bezeichnung für individuelle vererbbare Merkmale i von latein.: hereditarius = erblich, ererbt, die Vererbung betref-

fend

α₂-Heremanns-Schmid-Glykoprotein 7 α2-HS-Glykoprotein

Hermes antigen 7 Hyaluronan-Rezeptor

Erkrankungen. Herpes simplex ist durch Bläschen auf Haut und Schleimhaut gekennzeichnet. Herpes labialis wird häufiger durch HSV-1 und Herpes genitalis überwiegend durch HSV-2 verursacht. Nach einer Erstinfektion, die häufig symptomlos oder als Stomatitis aphthosa abläuft, verbleibt das Virus in einem Ruhezustand (Latenzort: sensorische Nervenganglien) stets lebenslang im Organismus (persistierende Infektion). Die Erkrankung ist weltweit verbreitet und verläuft in der Regel ohne schwere Krankheitssymptomatik. Selten, aber schwerwiegend, sind die Herpes-simplex-Enzephalitis und der Herpes neonatorum bei Neugeborenen (Ansteckung im Geburtskanal). Die Durchseuchung der Bevölkerung mit HSV-1 beträgt 70–90 %, mit HSV-2 lediglich 8–30 %. Für die HSV-Therapie stehen mehrere, hauptsächlich lokal anzuwendende Virostatika zur Verfügung, z. B. Acyclovir und dessen Derivate. Analytik. Erregernachweis: Die klassische Virusisolierung auf Zellkulturen mit anschließender Typisierung über spezifische monoklonale Antikörper ist sehr zeitaufwändig (Kultivierung über mehrere Tage). Schnellere Direktnachweise sind die Bestimmung infizierter Zellen durch direkte Immunfluoreszenz sowie die Detektion von Virus-Partikeln mit dem Transmissionselektronenmikroskop, bei der jedoch die Differenzierung von Unterfamilien nicht möglich ist. Der Nukleinsäurenachweis mittels PCR ist der Goldstandard für die Diagnose einer Herpes-simplex-Enzephalitis. Serologie: Nachweis Virus-spezifischer Antikörper über Komplementbindungsreaktion (KBR), indirekte Immunfluoreszenz sowie Enzymimmuntests. Für die Beurteilung des Risikos eines Herpes neonatorum in der Schwangerschaft sowie für epidemiologische Studien ist die Typ-spezifische Serologie mit ELISA-Tests oder Immunblots von Bedeutung, auf der Basis der Glykoproteine C-1 und G-1 für HSV-1 sowie Glykoprotein G-2 für HSV-2. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Bläschenabstriche, verdächtige Sekrete (z. B. Vaginalsekret), Biopsiematerial oder Liquor. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Di-

H

642

Herzmuskel-Autoantikörper

rektnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren (7 Abb. 1; 7 Abb. 2).

zyklus hochkondensiert bleibt und in dem nur wenige oder gar keine 7 Gene exprimiert werden.

Heterogamie R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für die Fähigkeit eines Organismus, genetisch unterschiedliche 7 Gameten (Keimzellen) auszubilden.

i Organismen sind heterogametisch, wenn sie zwei unterschiedliche Geschlechtschromosomen (7 Chromosomen) enthalten. Heterogametie kommt bei den Männchen der meisten Tier- und Pflanzenarten vor (z. B. 7 X-Chromosom und 7 Y-Chromosom bei männlichen Säugern). Beim Mensch ist das männliche Geschlecht heterogametisch, 50 % der Spermien haben ein X-Chromosom, sind also weibchenbestimmend, 50 % haben ein Y-Chromosom, sind also männchenbestimmend. Bei manchen Gruppen (z. B. Vögel, Schmetterlinge) sind die Weibchen heterogametisch und die Männchen sind homogametisch.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Heterogener Immunoassay 7 Immunoassay, heterogener Herpes-simplex-Viren 1 und 2. Abb. 1. Kombination Linien- (gG 2) mit Western-Blot: Antikörper gegen Herpes-simplex-Viren: a positive Reaktion für HSV-1, b positive Reaktion für HSV-2

Heterolyse 7 Dissoziationskonstante

Heterophile Antikörper 7 Antikörper, heterophile; 7 Human anti-mouse antibodies; 7 Human anti-rabbit antibodies

Heterosiseffekt R. Weiskirchen

Synonym(e). Hybridwüchsigkeit; Bastardwüchsigkeit Definition. Bezeichnung, für die nach experimenteller Kreuzung zwischen zwei Inzuchtlinien auftretende erhöhte Wüchsigkeit in der ersten Nachkommenschaft i Beim Heterosiseffekt (griech.: heteros = anders beschaffen) ent-

Herpes-simplex-Viren 1 und 2. Abb. 2. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen Herpes-simplex-Viren

Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Literatur. Ashley RL, Militoni J, Lee F, Nahmias A, Corey L (1988) Comparison of Western blot (immunoblot) and glycoprotein G-specific immunodot enzyme assay for detecting antibodies to herpes simplex virus types 1 and 2 in human sera. J Clin Microbiol 26:662–667 Center for Disease Control and Prevention. Sexually transmitted diseases treatment guidelines 2006. MMWR Morb Mortal Wkly Rep 55:16–20

stehen nach Kreuzung zweier homozygoter genetisch aber unterschiedlicher Eltern Hybride, die ihre Eltern in Ertrag, Wachstum oder Widerstandsfähigkeit übertreffen können. Den Effekt, der auf vorteilhaften 7 Genkombinationen beruht, macht man sich in der Tier- und Pflanzenzüchtung (Hybridzüchtung) zunutze.

Heterosomen 7 Geschlechtschromosom

Heterozygotentest R. Weiskirchen

Englischer Begriff. heterozygosity test Definition. Nachweisverfahren zur Bestimmung der Mischerbigkeit (7 Heterozygotie) eines Individuums. i In einigen rezessiv vererbten Erkrankungen lässt sich mit emp-

Herzmuskel-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen herzspezifische Antigene

Heterochromatin R. Weiskirchen

Definition. Bereich des 7 Genoms, das während des gesamten Zell-

findlichen Methoden eine gegenüber dem Normalzustand verringerte Aktivität bestimmter Enzyme messen. Im heterozygoten Zustand kann die genetische Information des einen normalen Allels eine ausreichende Enzymproduktion gewährleisten. Aus der Partnerschaft zweier heterozygoter Merkmalsträger können jedoch Individuen entstehen, die das veränderte 7 Allel in homozygoter Ausprägung tragen und daher erkranken. Der Heterozygotentest wird heute oftmals auf DNA-Ebene geführt (7 Gendiagnostik).

Hexokinase-Methode

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Heterozygotie R. Weiskirchen

Synonym(e). Mischerbigkeit Englischer Begriff. heterozygosity

643

Als Di-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI:1655 M+ (m/z): 317 Quant Ion (m/z): 302 Conf. Ion (m/z): 200

Konventionelle Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) Referenzbereich — Kinder. < 2 mmol/mol Kreatinin

Definition. Bezeichnung für das Auftreten zweier unterschiedlicher 7 Allele in dem Genlocus eines Lebewesens

Pathologischer Bereich: 5 2–730 mmol/mol Kreatinin (MCAD) 5 0–300 mmol/mol Kreatinin (Glutaracidurie Typ II)

i Das Gegenteil ist die sog. 7 Homozygotie.

Indikation. Hypoketotische Hypoglykämien, rezidivierende Hepato-

Heterozygotie-Verlust 7 LOH(loss of heterozygosity)-Analysen

HEV-Antikörper 7 Hepatitis-E-Virus-Antikörper

Hexacarboxyporphyrin 7 Porphyrine

Hexanoylglyzin G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Caproylglyzin Englischer Begriff. hexanoylglycine Definition. Das Glyzinkonjugat der Capronsäure tritt als pathologi-

pathien und Enzephalopathien, insbesondere Reye-Syndrom, Myopathien, Rhabdomyolyse

Interpretation. Erhöhte Hexanoylglyzin-Ausscheidung im Urin tritt bei Defekten der mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) auf. Als weitere pathologische Metabolite werden bei diesem Defekt in erster Linie die freien Säuren Adipinsäure und Suberinsäure, aber auch andere Glyzinkonjugate, allen voran Suberylglyzin ausgeschieden. Beim multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenasemangel finden sich zusätzlich u. a. Glutarsäure und Ethylmalonsäure. Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von Hexanoylglyzin weisen bis zum Beweis des Gegenteils auf einen Defekt der mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) hin. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik. Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

scher Metabolit bei mitochondrialen β-Oxidationsstörungen auf.

Struktur. C8H15NO3; (7 Abb. 1)

Hexokinase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Glukosekinase; EC 2.7.1.1; HK Englischer Begriff. hexokinase Hexanoylglyzin. Abb. 1. Struktur

Molmasse. 173,21 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die im Verlauf der mitochondrialen β-Oxidation aus dem trifunktionellen Protein freigesetzten mittelkettigen Fettsäuren werden durch die mittelkettige Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) weiter verkürzt und im weiteren Verlauf zu Acetyl-CoA (geradzahlige Fettsäuren) bzw. zu PropionylCoA (ungeradzahlige Fettsäuren) abgebaut, welche schließlich in den Citratzyklus einfließen. Bei Defekten der mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) wird u. a. die Hexansäure alternativ durch ω-Oxidation zu mittelkettigen Dicarbonsäuren (Adipinsäure) abgebaut oder mit Glyzin zu Hexanoylglyzin konjugiert. Diese pathologischen Metabolite werden im Urin ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Hexanoylglyzin hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin

Definition. Hexokinase katalysiert die Reaktion ATP + D-Hexose → ADP + D-Hexose-6-Phosphat. i Die Hexokinase (HK) ist ein zentrales Enzym des Hexose- und

Glukosestoffwechsels eukaryonter Organismen. Beim Menschen werden 4 Typen des Enzyms zur Hexokinasefamilie gerechnet: 5 Typ I – Gehirntyp 5 Typ II – Muskeltyp 5 Typ III – keine Gewebsspezifität 5 Typ IV – 7 Glukokinase Alle sind an der äußeren Mitochondrienmembran lokalisiert und werden allosterisch reguliert. Splice-Varianten der einzelnen Typen sind bekannt, die gewebespezifisch sind. Beim Typ I sind die Varianten 2 für Erythrozyten, die Varianten 3 und 4 für den Hoden spezifisch. HK I bis III haben ein Molekulargewicht von ca. 100 kDa während HK IV eines von ca. 50 kDa hat.

Hexokinase Typ IV 7 Glukokinase

Analytik.

5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie als Mono- und Di-Trimethylsilylester. Als Mono-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI:1636 M+ (m/z): 245 Quant Ion (m/z): 230 Conf. Ion (m/z): 158

Hexokinase-Methode K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. hexokinase method Definition. Referenzmethode zur Bestimmung der Glukose mit Hilfe der Hexokinasereaktion.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Dabei wird Glukose zunächst durch Hexokinase zu Glukose-6-Phosphat umgesetzt, das dann durch Glu-

H

644

β-Hexosaminidase

Hexokinase-Methode. Abb. 1. Prinzip der Methode

kose-6-Phosphatdehydrogenase (G6-PDH) zu D-Glukonolacton-6Phosphat umgewandelt wird. Dabei wird NADP zu NADPH + H+ reduziert. Die Zunahme von letzterem wird photometrisch erfasst und ist ein Maß für die Glukosekonzentration in der Probe (7 Abb. 1).

Einsatzgebiet. Vorwiegend nasschemische Bestimmung der Glukosekonzentration in Serum, Plasma, Liquor und anderen Körperflüssigkeiten Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Vollblut Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Hexokinase-Methode gilt bei Beachtung methodischer Kriterien u.a wegen ihrer hohen Spezifität, die sie durch die Kopplung der Reaktionen der relativ unspezifischen Hexokinase mit der Glukose-spezifischen Glukose6-Phosphatdehydrogenase erhält, als 7 Referenzmethode zur Glukosebestimmung.

Literatur. Marks V (1996) Blood glucose: its measurement and clinical importance. Clin Chim Acta 251:3–17 Neese JW, Duncan P, Bayse D et al (1976) Development and evaluation of a hexokinase/glucose-6-phosphate dehydrogenase procedure for use as a national glucose reference method. Center for Disease Control DHEW Pub. No. (CDC) 77–8330. Public Health Service, Atlanta

β-Hexosaminidase 7 N-Acetyl-β-D-Glukosaminidase

β-Hexosaminidase bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

HFE 7 Hämochromatose-Gen

HFE2 7 Hemojuvelin

Hg 7 Quecksilber

HGF 7 Hepatocyte growth factor

HGH 7 Wachstumshormon

HGH-Stimulation 7 Wachstumshormon-Stimulationstest

HGH-Stimulationstest (unter körperlicher Belastung) 7 Exercise-Test; 7 Wachstumshormon-Stimulationstest (GHRHund/oder Arginin-induziert)

Hg-Lampe 7 Quecksilberlampe

HGPRT 7 Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase

HGV-Antikörper 7 Hepatitis-G-Virus-Antikörper

HGV-RNA 7 Hepatitis-G-Virus-RNA

Hh-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Nullphänotyp-Blutgruppensystem Englischer Begriff. Hh blood group Definition. Blutgruppensystem, welches das Vorkommen bzw. das Fehlen des H-Antigens beinhaltet, das die Grundstruktur für die AB0-Blutgruppen darstellt. i Die Blutgruppe Hh besteht aus einem singulären Antigen, dem H-Antigen, welches auf allen Erythrozyten vorkommt und die Grundstruktur für die Bildung der AB0-Blutgruppen (7 AB0-Blutgruppensystem) darstellt. Eine H-Antigen-Defizienz, auch als Bombay-Phänotyp (h/h, 0h) bezeichnet, kommt mit einer Frequenz von 1:10.000 bis 1:1 Million vor. Bei Personen mit 7 Bombay-Phänotyp können aufgrund des Fehlens des H-Antigens die Blutgruppen A und B nicht ausgebildet werden (7 Nullphänotyp), weshalb Antikörper der Spezifität Anti-A, Anti-B und Anti-H im Serum dieser Personen zu finden sind. Dies führt bei notwendigen Transfusionen zu Problemen bei der Bereitstellung von Blutkonserven, da einem Empfänger vom BombayPhänotyp aufgrund von Antikörpern gegen das H-Antigen lediglich Blutkonserven von H-Antigen-defizienten Spendern transfundiert werden dürfen. Die Bezeichnung Bombay-Phänotyp resultiert aus der Erstbeschreibung des Hh-Blutgruppensystems: im Jahr 1951 wurde in Bombay (Indien) eine Person beschrieben, deren Serum Antikörper enthielt, die Erythrozyten der Blutgruppen A, B, AB und 0 agglutinierten. Die Erythrozyten dieser Person enthielten augenscheinlich keine AB0-Blutgruppenantigene, zusätzlich fehlte das Vorläuferantigen H, welches die Grundstruktur für die AB0-Blutgruppenantigene bildet. Das H-Antigen ist ein Kohlenhydrat-Antigen mit einer Oligosaccharidstruktur, wobei minimal als terminaler Zucker ein Disaccharid aus α1,2-glykosidisch verknüpfter Fukose und Galaktose vorkommen muss. Die Biosynthese des H-Antigens und der A- und B-Antigene erfolgt durch die sequenzielle Aktivität von unterschiedlichen 7 Glykosyltransferasen. Glykosyltransferasen sind Enzyme, die Monosaccharide aus aktivierten Nukeotidzuckern (UDP-Zucker) auf Akzeptorstrukturen übertragen und eine sehr hohe Donor- und Akzeptorspezifität aufweisen. Die aus dieser Enzymaktivität resultierenden Antigene stellen an Lipide oder Proteine gebundene Oligosaccharidketten dar, die in der Erythrozytenmembran verankert sind. Aufgrund der ubiquitären Verbreitung dieser Antigenstrukturen bei Bakterien sind im Serum von allen erwachsenen Personen, die das jeweilige Antigen nicht selbst tragen, 7 Isoagglutinine, also Antikörper, gegen die AB0-Antigene nachweisbar. Das H-Antigen wird durch die spezifische Fukosyltransferase 1 (H-Transferase) synthetisiert, die vom FUT1-Gen kodiert wird. Dieses H-Antigen wird dann durch Ad-

High Density Lipoprotein

dition eines Glukose- oder Galaktosemoleküls in die Blutgruppen A oder B umgewandelt, während es bei Personen mit der Blutgruppe 0 unverändert bleibt. Neben der Fukosyltransferase 1 existiert im humanen Organismus noch eine hoch homologe Fukosyltransferase 2 (Se-Transferase), die vom FUT2-Gen (Se-Locus) kodiert und in sekretorischen Drüsen exprimiert wird. Die Gene FUT1 und FUT2 sind auf Chromosom 19q13.3 lokalisiert und werden aufgrund ihrer geringen Distanz von nur 35 kb als Haplotyp gekoppelt vererbt. Die Fukosyltransferase 2 weist eine ähnliche Substratspezifität wie die Fukosyltransferase 1 auf und ist für den 7 Sekretorstatus einer Person verantwortlich. „Sekretoren“ (Se/Se oder Se/se) weisen mindestens eine funktionsfähige Kopie des FUT2-Gens auf und synthetisieren eine lösliche Form des H-Antigens, welches in Saliva und anderen Körperflüssigkeiten gefunden wird. „Non-Sekretoren“ (se/se) hingegen produzieren kein lösliches H-Antigen. Die vom FUT2-Gen kodierte Glykosyltransferase ist auch in die Biosynthese der LewisAntigene involviert (7 Lewis-Blutgruppensystem). Wenn weder eine aktive H-Transferase noch eine aktive Se-Transferase vorhanden sind (h/h, se/se), wird kein H-Antigen auf den Erythrozyten und auch kein lösliches H-Antigen in Saliva und Körperflüssigkeiten gebildet. Bei diesen Personen, die den Bombay-Phänotyp aufweisen, kommt es zur Bildung des Anti-H Isoagglutinins, welches mit Erythrozyten der Blutgruppen A, B, AB und 0 reagiert. Antikörper der Spezifität Anti-H sind komplementaktivierende Antikörper primär vom IgM-Typ, die zur intravasalen 7 Hämolyse von H-Antigen tragenden Erythrozyten und zu akuten hämolytischen Transfusionsreaktionen führen können. Auch ein 7 Morbus haemolyticus neonatorum sollte auftreten können, wenn die Mutter den Bombay-Phänotyp aufweist und die fetalen Erythrozyten H-Antigen aufweisen. In seltenen Fällen kann ein Bombay-Phänotyp auch durch einen Defekt im GDP-Fukosetransporter 1 hervorgerufen werden, der für den Transport von GDP-Zucker in den Golgi-Apparat und somit für die Bereitstellung des Substrates der Fukosyltransferasen 1 und 2 verantwortlich ist. Neben dem BombayPhänotyp existiert noch ein Para-Bombay-Phänotyp, bei dem nur sehr geringe Mengen von H-Antigen auf den Erythrozyten nachweisbar sind. Hervorgerufen wird der Para-Bombay-Phänotyp entweder durch eine inaktive H-Transferase bei funktionsfähiger Se-Transferase oder durch eine H-Transferase mit minimaler Restenzymaktivität bei inaktiver Se-Transferase. Bei Personen mit Para-Bombay-Phänotyp sind Anti-H-Antikörper häufig nachweisbar, jedoch im Vergleich zum Bombay-Phänotyp nur in geringer Konzentration. Das alleinige Fehlen der Se-Transferase bei aktiver H-Transferase führt jedoch nur zum Fehlen von löslichem H-Antigen im Speichel (Non-SekretorPhänotyp) und nicht zur Bildung von Anti-H-Antikörpern. Ungefähr 20 % der europäischen Bevölkerung weisen diesen Phänotyp auf. Die Funktion des H-Antigens, außer seiner Rolle als Grundstruktur der AB0-Blutgruppenantigene, ist bislang noch nicht bekannt, jedoch wird eine Beteiligung des H-Antigens bei Zelladhäsionsprozessen diskutiert. Die H-Antigendefizienz führt zu keinen klinischen Effekten bei Personen mit Bombay-Phänotyp, jedoch spielt das Fehlen des HAntigens aufgrund der Präsenz von Anti-H-Antikörpern bei Transfusionen eine große Rolle, da das H-Antigen auf allen Erythrozyten von Personen, die selbst nicht den Bombay-Phänotyp aufweisen, vorhanden ist. Somit können nur H-Antigen negative Erythrozyten von Personen mit Bombay-Phänotyp transfundiert werden.

Literatur. Dean L (2005) Blood groups and red cell antigens. National Library of Medicine, NCBI Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

HH-Formel (HH-Werte) 7 Huber-Herklotz-Formel

HHT 7 Hämagglutinationshemmtest

HHV-1 7 Herpes-simplex-Virus 1

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HHV-4 7 Epstein-Barr-Virus

Hiatus leucaemicus H. Baum

Englischer Begriff. hiatus leucaemicus Definition. Auftreten einer Blastenpopulation neben reifen Granulozyten im peripheren Blut. Zwischenstufen der Myelopoese sind dabei nicht nachweisbar. i Der Hiatus leucaemicus beschreibt eine typische Veränderung der Leukozytenzusammensetzung im peripheren Blut bei Patienten mit einer akuten Leukämie. Neben einer meist kleinen Population an reifen neutrophilen Granulozyten ist nur eine größere Population an unreifen, blastären Zellen nachweisbar. Nicht nachweisbar sind die Zwischenstufen der normalen Myelopoese, also 7 Promyelozyten, 7 Myelozyten, 7 Metamyelozyten und stabförmige Granulozyten (7 Granulozyten, stabförmige).

Literatur. Begemann M (1993) Reaktive Veränderungen der weißen Blutkörperchen und des lymphoretikulären Systems. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 441–442

Hickey-Hare-Test 7 Kochsalz-Belastungstest

High Density Lipoprotein K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). α-Lipoproteine; HDL Englischer Begriff. high density lipoprotein Definition. Lipoproteinfraktion mit einer Dichte zwischen 1,063 und 1,21 g/mL

Struktur. HDL bestehen zu je etwa der Hälfte aus Proteinen und Lipiden. Die wichtigsten Apolipoproteine des HDL sind ApoA-I und ApoA-II. Daneben kommen noch ApoC-I, C-II und C-III, ApoE und eine Reihe anderer Proteine in der HDL-Fraktion vor. Für wissenschaftliche Zwecke werden HDL noch in Subfraktionen unterschieden, die durch Dichtegradientenzentrifugation (HDL2 und HDL3) oder durch Gradientengelelektrophorese definiert werden.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HDL werden zum größten Teil, wenn nicht vollständig in der Zirkulation aus Vorläufern gebildet, die von der Leber sezerniert werden oder beim Stoffwechsel triglyzeridreicher Partikel entstehen. Diese bestehen aus ApoA-I und ApoA-II, Phospholipiden und wenig Cholesterin. Sie nehmen in der Zirkulation weitere Lipide und Apolipoproteine auf. Für die Entstehung reifer HDL-Partikel ist die Funktion der LCAT und des PLTP unverzichtbar.

Halbwertszeit. ~3–5 Tage Funktion und Pathophysiologie. HDL gelten allgemein als antiatherogene Lipoproteine, da ihre Konzentration invers mit dem kardiovaskulären Risiko assoziiert ist. Die HDL sind essentiell für den sogenannten reversen Cholesterintransport, also den Transport von Cholesterin aus der Peripherie zur Leber. Da nichthepatische Zellen Cholesterin nicht abbauen, ist dies der wichtigste Weg zur Abgabe von überschüssigem Cholesterin. Diese Funktion der HDL gilt als ihre wichtigste antiatherogene Eigenschaft. Daneben werden antiinflammatorische Eigenschaften diskutiert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma; es sind auch Vollblutmethoden beschrieben.

EDTA-

Analytik. Die Bestimmung von HDL bezieht sich grundsätzlich auf die Bestimmung des HDL-Cholesterins. Dazu stehen Fällungsmetho-

H

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High-frequency antigens

den sowie direkte Methoden zur Verfügung. Die Bestimmung mittels Lipoproteinelektrophorese ist obsolet. Bei den Fällungsmethoden werden die ApoB-haltigen Lipoproteine aus der Probe ausgefällt, sodass nur noch HDL zurückbleibt. Als Fällungsreagenzien werden Phosphorwolframsäure/MgCl2, Heparin/MnCl2, Dextransulfat/ MgCl2 oder Polyethylenglykol 6000 eingesetzt. Das Cholesterin der in Lösung bleibenden HDL-Fraktion wird dann enzymatisch bestimmt. Die Bestimmung des HDL-Cholesterins nach vorheriger Abtrennung der VLDL-Fraktion mittels Ultrazentrifugation und Fällung der IDL/LDL-Fraktion mit Heparin/MnCl2 mit einer modifizierten Abell-Kendall Methode ist zwar formal keine Referenzmethode, gilt aber als zuverlässigstes Protokoll für eine korrekte Bestimmung und wird von den Centers of Disease Control (CDC) dafür empfohlen. Die am weitesten verbreiteten direkten Methoden beruhen auf der Verwendung Polyethylenglykol-modifizierter Cholesterinesterase und Cholesterinoxidase, denen nach Vorbehandlung der Probe mit alpha-Cyclodextrin nur noch das Cholesterin der HDL-Fraktion zugänglich ist, oder auf Vorinkubation der Probe mit einem PolyanionPolymer/Detergenzgemisch. Auch hier setzen die Cholesterinesterase und -oxidase nur noch das HDL-Cholesterin um. Protokolle, die auf einer Magnetseparation mittels spezifischer Antikörper beruhen, haben sich nicht im Alltag durchgesetzt. Die genannten direkten Methoden erfüllen bei korrekter Handhabung die geforderten Kriterien einer Unrichtigkeit < 5 % gegenüber der o.g. CDC-Methode und einer Unpräzision < 4 %.

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L

High Pressure Liquid Chromatography 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

High throughput Screening R. Weiskirchen

Synonym(e). Hochdurchsatz-Screening Definition. Verfahrenstechniken, bei denen die rasche und massenhafte Durchmusterung von chemischen oder biologischen Molekülen im Vordergrund stehen

Physikalisch-chemisches Prinzip. Voraussetzung ist ein einfaches Testsystem (read out system), dessen Ergebnis zum Beispiel als Farbreaktion schnell und in einfacher Form ausgewertet werden kann. Die Auswertung läuft mit Hilfe von Lesegeräten und Computerprogrammen ebenfalls voll automatisch. Einsatzgebiet. High troughput screening Systeme wurden in der Vergangenheit z. B. zur Genomanalyse (7 Human Genome Organization) eingesetzt. Insbesondere die dort verwendeten Sequenzierungsverfahren oder neuerdings die Hybridisierung auf Chips, stellen Anforderungen zur Analyse hoher Probenzahlen. In der Verbrechensbekämpfung (z. B. Täternachweis) dienen solche Systeme zur Erstellung von 7 DNA-Profilen von Patientenkollektiven. Ebenso werden solche Systeme eingesetzt, um Substanzen auf bestimmte Eigenschaften z. B. auf eine erwünschte pharmakologische Wirkung, zu überprüfen. Untersuchungsmaterial. Chemikalien, Biomoleküle, Substanzgemi-

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,02586

sche

Referenzbereich — Frauen. 35–80 mg/dL

Instrumentierung. Diese Analysen erfordern einen hohen Grad an

Referenzbereich — Männer. 30–65 mg/dL Referenzbereich — Kinder. Keine validen Angaben; aber außer in der Neugeborenenphase nicht grundsätzlich verschieden von den Erwachsenenwerten. Indikation. Bestimmung des kardiovaskulären Risikos Diagnostische Wertigkeit. HDL-Cholesterinspiegel < 40 mg/dL gelten unabhängig von den Verteilungswerten in der Bevölkerung als Risikofaktor für die koronare Herzkrankheit. Werte < 10 mg/dL sollten an eine genetische Form der Hypoalphalipoproteinämie denken lassen. Nach heutigem Kenntnisstand kommt erhöhten HDL-Cholesterinwerten keine klinische Bedeutung zu. Ursachen dafür können Defekte im CETP sein.

Literatur. Schwandt P, Richter O, Parhofer KG (2007) Handbuch der Fettstoffwechselstörungen. Schattauer Verlag, Stuttgart Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

High-frequency antigens 7 Häufige Antigene, erythrozytäre

High Perfomance Capillary Electrophoresis 7 Hochleistungs-Kapillarelektrophorese

High Performance Anion Exchange Chromatography 7 Hochleistungs-Anionenaustauschchromatographie

High Performance Liquid Chromatography 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

High Performance Size Exclusion Chromatography 7 Hochleistungs-Größenausschlusschromatographie mit MALLSDetektor

Instrumentalisierung.

Spezifität. High throughput screening Systeme besitzen in der Regel nur eine geringe Spezifität. Durch nachfolgende Untersuchungen wird das Analyseergebnis bestätigt.

Sensitivität. Die Sensitivität mit der die Analysen durchgeführt werden, wird von Fall zu Fall vorgegeben. Fehlermöglichkeit. Aufgrund des hohen Probenaufkommens ist die Probenverwechslung oftmals ein kritischer Faktor. Ebenso erfordert die Auswertung hoher Analysezahlen ein hohes Maß an Computerisierung, was mit datenrechtlichen Problemen einhergehen kann. Kritisch ist auch die 7 präanalytische Phase der zu vermessenen Proben. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Viele Systeme erlauben eine schnelle und zuverlässige Auswertung von hohen Probenzahlen. In den automatisierten und robotergestützten Prüfstraßen der Pharmaindustrie können so z. B. mehr als 100.000 Tests täglich durchgeführt werden. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Diese Systeme werden in Zukunft mit Sicherheit dazu beitragen, die Entwicklung neuer Produkte voranzutreiben. Jedes der erforderlichen Instrumente mag zwar für sich durchaus teuer sein, der hohe Durchsatz der meisten Methoden wird jedoch zu einer ungeheuren Kostenreduktion beitragen.

High-Dose-Hook-Effekt H. Fiedler

Englischer Begriff. high dose hook effect Definition. Bei Immunreaktionen, besonders Präzpitationsreaktionen, tritt bei sehr hohen Antigenkonzentrationen der High-DoseHook-Effekt auf, führt zu falsch niedrigen Werten und muss vermieden werden. Die quantitativen Beziehungen zwischen Antigen (Ag) und Antikörper (Ak) entsprechen der 7 Heidelberger Kurve. i Bei Antigen(AG)-Unterschuss werden nur einfache Ag-Ak-Komplexe ohne Vernetzung gebildet. In der Äquivalenzzone (2–3 Ak für 1 Ag) bildet sich ein maximales Netzwerk. Bei hohem Ag-Überschuss (schwere Erkrankung!) sind alle Bindungsstellen des Ak durch Ag in

Hippursäure

Form von Ag2Ak abgesättigt und die Quervernetzung entfällt. Der Effekt, auch „Prozoneneffekt“ genannt, tritt bei Sandwich-Immunoassays mit Einschritt-Inkubation auf, da zu wenig Sandwich-Komplexe gebildet werden. Es werden falsch niedrige Werte gemessen. Die Fehler können durch Verdünnung der Probe, Einsatz kleinerer Probenvolumina oder in vielen Fällen durch Einsatz von ZweischrittImmunoassays vermieden werden. Eine wichtige Variante bei der Turbidimetrie von Analyten mit großer Schwankungsbreite (Ferritin, HCG, AFP) ist auch die Herabsetzung des Messbereichs und die Wiederholung aller darüber liegenden Messwerte nach starker Verdünnung. S. Abb. 1 im Stichwort 7 Heidelberger-Kurve.

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HILIC T. Arndt

Synonym(e). Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography Englischer Begriff. HILIC; hydrophilic interaction liquid chromatography; aqueous normal phase chromatography

Definition. Eine Weiterentwicklung der 7 Normalphasen-Chroma-

tographie, bei der auf einer polaren 7 stationären Phase mit einem Gemisch aus organischem Lösungsmittel und Wasser als 7 mobile Phase Probenbestandteile nach ihrer Hydrophilie getrennt werden. i Viele Substanzen (Pharmaka und deren Metabolite, Stoffwech-

High-Molecular-Weight Kininogen P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Williams-Faktor; Fitzgerald-Faktor; HMWK Englischer Begriff. high-molecular-weight kininogen Definition. High-Molecular-Weight Kininogen ist ein Cofaktor für die Aktivierung von 7 Präkallikrein zu Kallikrein. Kallikrein und FXIIa setzen aus HMWK das vasoaktive Bradykinin frei. i Die beiden Pharmakininogene, High-Molecular-Weight Kini-

nogen (HMWK, HK) und das Low-Molecular-Weight Kininogen (LMWK, LK) sind Produkte des gleichen Gens, das auf dem langen Arm des Chromosoms 3 (3q26-qter) lokalisiert ist. Beide Produkte sind das Ergebnis eines alternativen Splicings. LK ist ein 68 kDa großes β-Globulin mit einer Plasmakonzentration von 90 mg/L und HK ein 120 kDa großes α-Globulin mit einer Plasmakonzentration von 80 mg/L. Hepatozyten exprimieren beide Proteine, während Endothelzellen nur HK produzieren. HK konnte auch in Blutplättchen, Granulozyten und in renalen Tubuluszellen nachgewiesen werden. HL und LK sind Multidomän-Proteine, von denen jede spezifische Funktionen übernimmt. So verhindert die Domäne 3 die Bindung von 7 Thrombin an den Glykoprotein-Rezeptor Ib-IX-V der Blutplättchen und die ebenso beiden Kininogenformen gemeinsame Domäne 4 enthält die Bradykininsequenz. FXIIa und Kallikrein spalten HK in ähnlicher Weise, um vasoaktives Bradykinin freizusetzen. Die Domäne 5 von HK vermittelt seine Bindung an artefizielle negativgeladene Oberflächen, an Neutrophile, Endothelzellen und Plättchen. Ein angeborener Mangel (Williams-Faktor-Mangel, Fitzgerald-Faktor Mangel) führt nicht zu einer erhöhten Blutungsneigung. Ein erworbener Faktorenmangel findet sich beim erhöhten Verbrauch von Kontaktfaktoren (Sepsis, Polytraumen, SIRS, Verbrauchskoagulopathien) oder bei schweren Leberfunktionseinschränkungen. Ein HMWKMangel kann mit Einstufentests als Variante der aPTT gemessen werden.

selprodukte) sind zu polar, um in den unpolaren mobilen Phasen (z. B. Alkane) der Normalphasen-Chromatographie gelöst zu werden oder um an den apolaren stationären Phasen der Reversed-Phase7 Chromatographie ausreichend retiniert und damit von der Lösungsmittelfront (7 Retentionszeit) abgetrennt zu werden. In diesen Fällen ist der Einsatz einer polaren stationären Phase und eines organischen Lösungsmittel-Wasser-Gemisches als mobile Phase sinnvoll. Der Trennmechanismus ist noch unklar. Auf der polaren Oberfläche der stationären Phase soll sich ein Wasserfilm bilden, in dem die Probenbestandteile abhängig von ihrem Verteilungsgleichgewicht zwischen Film und mobiler Phase unterschiedlich retiniert und dadurch getrennt werden. HILIC wäre danach eine Form der Verteilungschromatographie (und nicht wie die Normalphasen-Chromatographie auf Dipol- und Wasserstoffbrücken-Wechselwirkungen beruhend). Allerdings sollen auch ionische Wechselwirkungen zwischen den polaren Analyten und funktionellen Gruppen der Oberfläche zur 7 Trennleistung beitragen. Typische Lösungsmittel sind Acetonitril, Methanol, Isopropanol mit einem Wasseranteil bis ca. 40 %.

Literatur. Lorbach V (2009) Ende des Dornröschen-Schlafs – die Normalphasen-Chromatographie kehrt als HILIC zurück. www. analytik-news.de (20.06.2011)

Hippursäure T. Arndt

Synonym(e). N-Benzoylglyzin; N-Benzoyl-Amino-Essigsäure Englischer Begriff. hippuric acid Definition. Von Liebig erstmals aus Pferdeharn (griech.: hippos = Pferd, uron = Harn) isolierte, farb- und geruchlose Substanz mit einer Molmasse von 179,17 g (7 Abb. 1).

Literatur. Colman RW (2001) Contact Activation Pathway: Inflammatory, Fibrinolytic, Anticoagulant, Antiadhesive, and Antiangiogenic Activities. In: Colman RW, Hirsh J, Marder VJ et al (eds) Hemostasis and Thrombosis. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 103–121

Hilfesystem O. Colhoun

Englischer Begriff. help system

Hippursäure. Abb. 1. Strukturformel

Definition. Funktion, durch die der Nutzer des Labor-EDV-Pro-

i Hippursäure ist ein Konjugationsprodukt von je 1 Molekül Benzoesäure und Glyzin. Hippursäure wird hauptsächlich in der Leber synthetisiert und über die Nieren ausgeschieden (unter physiologischen Bedingungen < 1,5 g/L Urin). Seltene Defekte im Harnstoffzyklus wie Carbamoylphosphat-Synthetase- und Ornithin-Transcarbamoylase-Defizienz, die zu einer Anhäufung an Glyzin und Glutamin führen, können durch Gabe großer Mengen Benzoat behandelt und über eine Erfassung der Hippursäureausscheidung im Urin kontrolliert werden. Die weitaus häufigere Indikation für Hippursäure-Analysen sind

gramms Erklärungen und Hinweise zu dessen Bedienung aufrufen kann. i Der Aufruf geschieht entweder mit einer speziellen Taste (F1Taste, Hilfetaste) oder über den Menüpunkt Hilfe. Die gesamte Hilfefunktionalität (also die Hilfetexte und die Navigation durch die Texte) ist üblicherweise in separaten Dateien abgelegt, die als kleine Volltextdatenbanken programmiert wurden. Unter Windows haben diese Dateien meist die Erweiterung „.hlp“.

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Hippursäuretest

arbeitsmedizinische Untersuchungen zur Überprüfung einer ToluolBelastung. Toluol wird nahezu vollständig im Organismus zu Benzoesäure oxidiert und nach Konjugation von Benzoesäure und Glyzin als Hippursäure ausgeschieden. Dabei können die Normalwerte von 1–2 g/L (in Abhängigkeit von der Exposition) deutlich überschritten werden. In geringem Maß wird auch Styrol in Hippursäure umgewandelt. Xylole werden als Methylhippursäuren ausgeschieden. Untersuchungen zur Lösungsmittelbelastung sollten prinzipiell nach der Arbeitsschicht bzw. am Expositionsende durchgeführt werden. Die Analyse erfolgt zumeist mit HPLC. Ein BAT-Wert für die Hippursäurekonzentration im Urin wurde noch nicht definiert (BAT-Wert Toluol 1,0 mg/L Blut). Der BAT-Wert für Xylol ist 1,5 mg/L Blut, für Methylhippursäure 2 g/L Urin (BAT-Liste 2008).

Literatur. Baselt RC (2002) Disposition of toxic drugs and chemicals in man. Chapter: Toluene. Biomedical Publications, Foster City CA Deutsche Forschungsgemeinschaft (2008) Mitteilung 44 der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe vom 1. Juli 2008. MAK- und BAT-Werte-Liste 2008. Wiley-VCH, Weinheim

Hippursäuretest T. Arndt

Englischer Begriff. hippuric acid test Definition. Heute obsoleter Belastungstest zur Erfassung der Detoxifizierungsleistung der Leber. i Der Test wurde im Jahr 1933 von Armand James Quick (7 Quick, Armand James) als Leberfunktionstest eingeführt. Nach oraler Gabe von Benzoesäure (z. B. Gabe von 6 g Natriumbenzoat in 200 mL Wasser) wurde die Hippursäureausscheidung im in den folgenden 4 h gesammelten Urin gemessen. Eine Variante mit intravenöser Gabe von 1,77 g Natriumbenzoat in 20 mL innerhalb 5 min und Harnsammlung über die folgende Stunde wurde ebenfalls beschrieben. Da die Konjugation von Benzoesäure und Glyzin im Wesentlichen in der Leber erfolgt, wurde die Hippursäure-Ausscheidung mit der Detoxifizierungsfähigkeit der Leber korreliert. Eine verminderte Hippursäure-Ausscheidung galt als Ausdruck eines Enzymmangels und/oder einer Leberparenchymschädigung. Eine eingeschränkte diagnostische Aussagekraft, z. B. bei Nierenfunktionsstörungen und extrahepatischen Gallengangsobstruktionen, insbesondere aber der Mangel an routinetauglichen, akkuraten Hippursäure-Analysemethoden schränkten die Bedeutung des Hippursäuretests ein. Heute wird er nicht mehr angewandt.

Literatur. Henry RJ, Cannon DC, Winkelmann JW (eds) (1974) Clinical Chemistry Principles and Technics. Harper & Row Publishers, Hagerstown Maryland

Hirudin als Antikoagulans 7 Antikoagulanzien in vitro

N NH2 N H Histamin. Abb. 1. Strukturformel

zellen/Basophilen und histaminergen Neuronen. Weitaus geringere Mengen werden von Monozyten, Lymphozyten und Thrombozyten synthetisiert. Der Abbau erfolgt über die Histamin-Methyltransferase, die besonders in Colonschleimhaut, Leber, Milz und Lunge vorkommt, und die 7 Diaminooxidase, ein ubiquitär exprimiertes Enzym.

Halbwertszeit. < 1 h Funktion und Pathophysiologie. Über die physiologischen Aufgaben von Histamin ist bisher wenig bekannt. Durch pharmakologische Blockierung der spezifischen Rezeptoren wurden viele Funktionen des Histamins gefunden: 5 Kontraktion der glatten Muskulatur in Darm, Uterus, Bronchien und Gefäßen 5 Juckreiz 5 über H1-Rezeptoren: Adrenalinausschüttung in der Nebennierenrinde; kardial: verstärkte Depolarisation am Sinusknoten, negativ inotrop; immunmodulatorisch: proinflammatorische Effekte, NOFreisetzung aus Gefäßendothel 5 über H2-Rezeptoren: Vasodilatation, Stimulation der Magensaftsekretion, anti-inflammatorisch: Aktivierung von Suppressor-TZellen (auch H1), Reduktion der Antikörpersekretion von Plasmazellen 5 über H3-Rezeptoren: Autoregulation der Transmitterfreisetzung von Histamin. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, Plasma (Heparin-, EDTA-), Urin. Stoffwechselprodukte von Histamin akkumulieren im Urin über einen längeren Zeitraum und weisen höhere Stabilität auf als Histamin.

Probenstabilität. Vollblutproben sollten sofort nach Entnahme zentrifugiert und das Serum/Plasma analysiert werden. Eine längere Lagerung ist nur bei –20 °C möglich.

Präanalytik. Vermeiden von fermentierten Nahrungsmitteln (wie z. B. Käse, Wein oder Sauerkraut), da durch bakterielle Decarboxylasen große Mengen Histamin in vitro gebildet werden können. Ebenso zu meiden sind bestimmte Fischarten (Makrelen), die u.U. hohe Histaminkonzentrationen enthalten können.

Analytik. Gaschromatographie, Massenspektrometrie, HPLC, RIA Konventionelle Einheit. μg/dL

Hirudin-Konzentration, Blut 7 Thrombinaktivität im Plasma

His 7 Histidin

Internationale Einheit. nmol/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: < 9 Urin: 17–68 μg/24 Std

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Diagnose einer möglichen Mastozytose oder Mastzellde-

Histamin

granulation im Rahmen einer allergischen Reaktion.

H. Renz, B. Gierten

Diagnostische Wertigkeit. Im Gegensatz zur systemischen Mastozy-

Englischer Begriff. histamine Definition. biogenes Amin Struktur. 2-(4-Imidazol)ethylamin, C5H9N3 (7 Abb. 1) Molmasse. 111,15 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Histamin entsteht nach Decarboxylierung der Aminosäure Histidin vorwiegend in Mast-

tose gehen Mastzelldegranulation/Basophilendegranulation, in der Regel über H1-Rezeptoren vermittelt, im Rahmen einer allergischen Reaktion mit erhöhten Serumhistaminspiegeln einher, die allerdings bereits nach 1 h wieder abfallen. Durch Bestimmung des 7 TryptaseSerumspiegels können solche Reaktionen besser erfasst werden, da die Halbwertszeit von Tryptase deutlich über der von Histamin liegt. Erhöhte Serumwerte von Histamin können bei systemischer Mastozytose, chronischen myeloproliferativen Erkrankungen und Polyzythaemia vera nachweisbar sein.

Hit

Auch einige Formen von enterochromaffinen oder Karzinoidtumoren (besonders mit gastralem Ursprung) können exzessiver Mengen an Histamin produzieren.

Literatur. McGlashan D (2003) Histamine: A Mediator of Inflammation. J Allergy Clin Immunol 112:S53–S59

Histaminase 7 Diaminoxidase

Histidin A.C. Sewell

Synonym(e). His Englischer Begriff. histidine Definition. Eine semiessenzielle, proteinogene alpha-Aminosäure Struktur. 7 Aminosäuren Molmasse. 155,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. His wird aus Phosphoribosylpyrophosphat und ATP über mehrere Zwischenprodukte, u. a. Imidazolglycerinphosphat, synthetisiert. His ist ein Vorläufer in der Biosynthese von Histamin (7 Histamin) und 7 Carnosin. His kann entweder zum biogenen Amin Histamin decarboxyliert oder vollständig zu Glutamat abgebaut werden.

Funktion und Pathophysiologie. Histidin-Ammonium-Lyase (Histidase) wandelt His in Ammoniak und Urocainsäure um. Der Mangel dieses Enzyms führt zur Histidinämie. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Trockenblut

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereich. 7 Aminosäuren Indikation. Aktuell wird die Histidinämie als eine benigne Erkrankung eingestuft.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

Histidinbelastungstest 7 Folsäure; 7 FIGLU-Test

Histidinreiches Glykoprotein G. Töpfer

Synonym(e). α2-Histidin-reiches Glykoprotein; CM Protein I Englischer Begriff. histidin-rich glycoprotein; histidine-proline-rich glycoprotein

Definition. Histidinreiches Glykoprotein (HRG) ist ein einkettiges 7 Glykoprotein mit 7 Histidin-, 7 Prolin- und 7 Glyzin-reichen Aminosäureabschnitten, das Affinität für Heparin (7 Heparin und Heparinoid), Häm, Metallionen und Plasmaproteine des Gerinnungsund Fibrinolyse-Systems aufweist. i Das im Jahr 1972 von Heimburger, Haupt, Kranz und Baudner chromatographisch aus menschlichem Blutserum isolierte Histidinreiche Glykoprotein kommt in zwei Isoformen mit Molmassen von 75 und 77 kDa und als Mischform (heterozygot) vor. Die Isoformen mit höheren Molmassen weisen höhere Konzentrationen im Plasma/ Serum auf. Referenzbereich etwa 100–200 mg/L. Die 7 Halbwertszeit beträgt etwa 3 Tage. HRG ist in den α-Granula der Thrombozyten gespeichert und wird bei Thrombinaktivierung freigesetzt. Wegen der strukturellen Ähnlichkeit gehört HRG zur „Cystatin-Superfamilie“

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wie Cystatin-SN, -SA und -C (7 Cystatin C) sowie hochmolekulares Kininogen. HRG bindet an 7 Fibrinogen, 7 Gerinnungsfaktor XIII a, 7 Plasminogen, 7 Thrombospondin, einige Komplementfaktoren, Häm, Metallionen (besonders 7 Zink), aktivierte 7 Thrombozyten und 7 TLymphozyten. HRG bindet auch an Heparin – eine HRG-Entfernung aus Plasma führt zu einem verstärkten Heparineffekt 5 auf die Thrombininhibition durch den Heparin-Antithrombineffekt (Thrombinzeitverlängerung) 5 auf die Inhibition des aktivierten Protein C mittels des Protein-CInhibitors Diese Effekte des HRG werden durch Zinkzusatz verstärkt. Dagegen hat HRG geringe oder keine Wirkung auf andere Glykosaminoglykane. Obwohl Plasminogen gebunden wird, wird die Plasminbildung im Plasmamilieu durch HRG nicht beeinflusst. HRG bindet sehr stark an die 7 Immunglobulin-G-Subklassen IgG1 und IgG2, wenn ihre Leichtketten vom „κ“-Typ sind. Immobilisierende Leichtketten vom Typ κ werden fester gebunden als vom Typ λ. Da HRG auch von Monozyten und Makrophagen gebunden wird, könnten sich Erklärungen für die stärkere Ablagerung von (nichtphagozytierten)Immunkomplexen mit λ-Leichtketten und von LeichtkettenAblagerungen des Typs λ ergeben. HRG-Mangel: Beschrieben ist der angeborene Mangel an histidinreichem Glykoprotein: 5 zwei Familien mit Aminosäure-Austausch in Position 85 von Glyzin zu Glutamin (HRG Tokushima 1) und 5 eine Familie mit Aminosäure-Austausch in Position 223 von Zystein zu Arginin (heterozygot, HRG Tokushima 2). Durch den Aminosäure-Austausch kommt es zu einer Proteolyse des HRG unmittelbar nach der Synthese, so dass nur 1/5 bis die Hälfte des Proteins die Zelle verlassen (ähnlich wie bei α1-Antitrypsin-ZVariante und -0-Variante). Bemerkenswert ist, dass in diesen 3 Familien Thrombosen stark gehäuft auftraten. HRG-Erhöhung: In einer Studie mit 695 Patienten mit Thrombophilie wurde neben anderen „Thrombophilie-Markern“ HRG zweimal innerhalb von 5 Jahren (Zeitabstand mindestens 6 Wochen) untersucht. 10 % der Patienten hatten eine erhöhte HRG-Konzentration, davon etwa 1/5 kombiniert mit einem weiteren Thrombophilie-Risiko-Faktor, wobei der erhöhte Plasminogenaktivator-Inhibitor (PAI) und die verminderte t-PA-Freisetzung am häufigsten vorkamen. In 3 Familien mit HRG-Erhöhung kamen Myokardinfarkt, Venenthrombose und Lungenembolie sehr häufig vor, in einer Familie nachweisbar über 4 Generationen. Zusammenfassend ist neben den bezüglich klinischer Relevanz interessanten In-vitro-Beobachtungen die Wirkung des histidinreichen Glykoproteins als Heparininhibitor hervorzuheben. Damit im Zusammenhang könnte die klinische Beobachtung einer Thrombosehäufung bei HRG-Erhöhung stehen. Welche Ursachen die Thromboseneigung bei HRG-Mangel hat, muss noch geklärt werden.

Literatur. Ehrenforth S, Aygören-Pürsün, Hach-Wunderle V, Scharrer I (1994) Prevalence of Elevated Histidine-Rich Glycoprotein in Patients with Thrombophilia – A Study of 685 patients. Thromb Haemost 71:160–161

α₂-Histidin-reiches Glykoprotein 7 Histidinreiches Glykoprotein

Histokompatibilitätsantigen B27 7 HLA-B27

Hit T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

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HIT-Antikörper

HIT-Antikörper 7 Antikörper gegen Heparin/PF4

Hitzedeaktivierung von Phosphatasen, alkalischen 7 Phosphatase, alkalische (AP)

HIV-1 und -2 W. Stöcker

Synonyme. Menschenpathogenes Immunschwächevirus; humanpathogenes Immundefizienz-Virus; AIDS-Virus

Englischer Begriff. Human immunodeficiency viruses (HIV) type 1 (HIV-1) and type 2 (HIV-2)

Beschreibung des Erregers. HIV gehört zur Familie der Retroviren und zur Gattung der Lentiviren. Die bisher bekannten beiden Arten werden als HIV-1 und HIV-2 bezeichnet, ihre Aminosäuresequenzen sind zu etwa 50 % homolog. Beide Infektionen ähneln sich hinsichtlich des klinischen Bildes, bei HIV-2 verläuft die Krankheit jedoch langsamer. HIV-1 und HIV-2 entstanden aus unterschiedlichen Typen der Simian immunodeficiency viruses (SIV) bestimmter Affenpopulationen. Das Viruspartikel hat einen Durchmesser von 100–120 nm und ist von einer Lipoproteinhülle umgeben. In diese eingebettet sind envGlykoproteinkomplexe, die aus einem externen Anteil (gp120) und einem Transmembranprotein (gp41) bestehen. Gp120 ist für die Bindung des Virus an die CD4-Rezeptoren der Zielzellen von entscheidender Bedeutung. Da die Hülle des HIV aus der Membran der Wirtszelle entsteht, enthält sie beispielsweise Moleküle der HLA-Klassen I und II sowie Adhäsionsproteine. Im Inneren des Virions befindet sich das Kapsid (core) mit dem viralen Genom, bestehend aus zwei Kopien Einzelstrang-RNA in Plusstrangorientierung sowie den Enzymen Reverse Transcriptase (RT) und Integrase.

Erkrankungen. Eine Ansteckung mit HIV kann asymptomatisch verlaufen oder nach unterschiedlich langer, meist mehrjähriger Inkubationszeit zum derzeit noch unheilbaren manifesten AIDS („acquired immunodeficiency syndrome“; erworbenes Immundefektsyndrom) führen, das sich als akute primäre Infektion oder als generalisierte Lymphadenopathie manifestieren kann. Die Infektion mit HIV verläuft progredient, besitzt ohne Therapie keine Rückbildungstendenz und endet in der Regel letal. Kennzeichnend für das Stadium der Immundefizienz ist das Auftreten opportunistischer Infektionen (Candidiasis, Mykobakteriose, Toxoplasmose etc.), maligner Tumoren und neurologischer Erkrankungen. HIV ist wirtsspezifisch für den Menschen. In Schimpansen führt eine Infektion mit HIV zu einer chronischen Virämie, jedoch nicht zur Ausbildung des AIDS. Eine Übertragung von HIV ist möglich durch homo- und heterosexuelle Kontakte, vertikale Transmission von der HIV-infizierten Mutter auf das Neugeborene, parenteral durch Blut oder Blutprodukte, Transplantationen, Nadelstichverletzungen im medizinischen Bereich sowie bei Drogenabhängigen durch verseuchtes Injektionsbesteck. Entsprechend der Viruskonzentration in verschiedenen Körperflüssigkeiten variiert die von ihnen ausgehende Infektiosität: Blut und Sperma HIV-infizierter Personen enthalten hohe, andere Körpersekrete wie Speichel, Tränenflüssigkeit, Urin oder Stuhl nur geringe Virusmengen. Die Viruskonzentration im peripheren Blut ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich ausreichend Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an. Homo- und heterosexuelle Personen mit häufig wechselnder Sexualpartnerschaft, Prostituierte und Drogenabhängige sind besonders gefährdet und bilden ihrerseits das höchste Infektionspotenzial. An der Verbreitung des AIDS war gegen 1980 ein maßlos promiskuitiver homosexueller Flugbegleiter beteiligt, der das Virus innerhalb eines Jahres an über einhundert vorwiegend männliche Personen weitergegeben hatte. Die Seuche hat sich in 30 Jahren zu einer Pandemie entwickelt, an der bisher etwa 25 Millionen Menschen gestorben sind. Zurzeit sind 33 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert (2009). Die Prävalenz zeigt in den Regionen der Welt große Unterschiede. Sie

liegt für HIV-1 im Süden Afrikas bei über 40 %; die Neuerkrankungsund Sterberaten sind dort hoch. Stark ansteigende Infektionsraten sind gegenwärtig in Osteuropa, Südostasien und in Lateinamerika zu verzeichnen. HIV-2-Infektionen beschränken sich im Wesentlichen auf Westafrika und Indien. In den USA und in Westeuropa ist die HIV-Inzidenz weitaus geringer, Neuerkrankungen und Sterbefälle halten sich die Waage. Prophylaxe: Eine Impfung gegen HIV ist (noch) nicht etabliert. Deshalb konzentriert sich die Prävention auf die Information der Bevölkerung, sowie auf die sorgfältige Kontrolle von Blutkonserven, Plasmaprodukten und Transplantaten. Die derzeit verwendeten Therapeutika basieren auf einer Hemmung virusspezifischer Enzyme: Reverse Transcriptase (RT) und virale Protease.

Analytik. Kultur: Die Virusanzucht in stimulierten Lymphozytenkulturen wird nur in Ausnahmefällen durchgeführt, etwa bei Neugeborenen HIV-positiver Mütter, da bei diesen aufgrund des Vorliegens maternaler Antikörper eine Infektion serologisch nicht diagnostiziert werden kann. Direktnachweis: Die Reverse-Transcriptase-PCR ist eine der treffsichersten Untersuchungsmethoden. Fällt sie negativ aus, liegt entweder keine HIV-Infektion vor oder die Viruslast ist äußerst gering. Da gerade in der Anfangsphase einer HIV-Infektion die Viruskonzentration hoch ist, kann man einen negativen PCR-Test, der mindestens 15 Tage nach einem Risikokontakt durchgeführt wurde, in der Regel als sicheres Zeichen dafür werten, dass es zu keiner Ansteckung gekommen ist. Die PCR wird bei Infizierten zu Verlaufs- und Therapiekontrolle eingesetzt und findet auch im Blutspendewesen für die Untersuchung von Blut- und Plasmaspenden Anwendung. Bei der Aufnahme in eine Rettungsstelle wird für Patienten ebenfalls regelmäßig eine PCR durchgeführt, wenn Verdacht auf eine akute HIV-Infektion besteht. Serologie: Als Suchtests werden Immuntests der 3. oder 4. Generation verwendet. Alle ELISA, Lumineszenz-Immunoassays oder Mikropartikel-Enzym-Immunoassays der 3. Generation und ihre Vorgänger erfassen nur Antikörper gegen HIV-1 und -2, Immuntests der 4. Generation (seit 1999) erkennen auch das Kapsid-Antigen p24 des HIV-1. Western Blots können Antikörperreaktivitäten gegen unterschiedliche HIV-Proteine anzeigen und dienen als geforderte Bestätigungstests (7 Abb. 1).

HIV-1 und HIV-2. Abb. 1. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen HIV

Um auch in Ländern mit schlechter Laborinfrastruktur HIV-Infektionen rasch nachweisen zu können, wurden Heim- oder Schnelltests („home tests“, „point-of-care tests“, „bedside tests“ oder „rapid/simple test devices“) entwickelt, die auf verschiedenen immundiagnostischen Prinzipien basieren, wie Partikelagglutination, Immundot (Dipstick), Immunfiltration oder Immunchromatographie. Sie sind auch in Situationen nützlich, bei denen es auf ein sofortiges Ergebnis ankommt, z. B. bei der Entscheidung über eine Postexpositionsprophylaxe nach Nadelstichverletzungen (Untersuchung der Infektionsquelle).

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Kultur: Vollblut, Buffy Coat, Plasma, Liquor oder Gewebe. Direktnachweis: Vollblut, Serum, Plasma, Gewebe. Gewebe- und

HLA-Allele

Blutproben für die PCR müssen innerhalb von 6 h bei 5–20 °C an das Labor gesendet werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Für die HIV-Serologie wurden Suchtests (Screeningtests) und Bestätigungstests entwickelt, mit dem Ziel, Antikörper, Antigene oder RNA des HIV zu identifizieren. Ziel eines Suchtests ist es, möglichst sensitiv alle infizierten Personen zu erkennen. Reaktive Proben werden im (aufwändigeren) Bestätigungstest nachuntersucht, der eine höhere Spezifität besitzt als ein Suchtest. Bei einem positiven Ergebnis im Suchtest muss dieser wiederholt und zusätzlich ein Antikörper-Bestätigungstest mittels Western Blot durchgeführt werden. Nach Empfehlung der Weltgesundheits-Organisation (WHO) wird die Diagnose „HIV-positiv“ aufgrund von Antikörpern gegen mindestens zwei verschiedene Virusproteine (z. B. gp160, p120, gp41, p55, p40, p24, p17, p66, p51, p32) gestellt. Das Ergebnis muss nun noch durch eine unabhängig vom ersten Test abgenommene Blutprobe verifiziert werden, um Verwechslungen auszuschließen. Bei „Immuntests der 3. Generation“ konnte eine HIV-Infektion im Regelfall erst nach 12 Wochen sicher diagnostiziert werden („diagnostische Lücke“), da der Organismus im Rahmen der Immunantwort für die Bildung spezifischer Antikörper mehrere Wochen benötigt. Mit Immuntests der 4. Generation kann durch die gleichzeitige Erfassung des HIV-1-p24-Antigens, welches sich schon vor Bildung der Anti-HIV-Antikörper im Blut befindet, die diagnostische Lücke im Regelfall verkürzt werden. Beachtet werden muss jedoch, dass das HIV-1-p24-Antigen nur für ~4 Wochen im Körper nachweisbar ist. Dies ist im Normalfall nicht weiter nachteilig, da sich die Nachweisbarkeit des HIV-1-p24-Antigens und der HIV-Antikörper zeitlich überschneiden. In Einzelfällen kann aber bei Infizierten das p24-Antigen bereits wieder unter die Nachweisgrenze zurückgehen, während die HIV-Antikörper noch nicht messbar sind. Es hat sich somit eine „zweite diagnostische Lücke“ aufgetan. Für die Diagnostik von HIV2-Infektionen ist bei einem Immuntest der 4. Generation statt des p24-Antigens das p26-Antigen zu untersuchen. Zur Überprüfung einer HIV-Infektion bei Neugeborenen seropositiver Mütter kann ein positiver IgG-Antikörper-Test nicht verwertet werden, da das IgG von der Mutter stammen könnte, das diaplazentar in den Blutkreislauf des Kindes gelangte. Man könnte dann möglicherweise spezifische Antikörper der Klassen IgA und IgM bestimmen, da sie die Plazentaschranke nicht passieren können, die gängige Untersuchungsmethode bei Neugeborenen und Säuglingen ist aber der Virusnachweis über die Reverse-Transcriptase-PCR. Die Spezifität der Reverse-Transcriptase-PCR liegt bei nahezu 100 %, und mit einer unteren Nachweisgrenze von 40 Kopien/mL übertrifft das Verfahren alle anderen HIV-Tests an Sensitivität (95 %). Das Verfahren weist daher die kleinstmögliche diagnostische Lücke auf: Bereits 15 Tage nach einem Risikokontakt kann die Aussage über eine mögliche HIV-Infektion gemacht werden.

Literatur. Wilks D, Farrington M, Rubenstein D (eds.) (2003) The infectious disease manual. Blackwell, 2. ed., 143–147 Burtis CA, Ashwood ER, Bruns DE (eds.) (2006) TIETZ Textbook of clinical chemistry and molecular diagnostics. Elsevier, 4. ed., 1567– 1570

2-HIVA 7 2-Hydroxyisovaleriansäure

3-HIVA 7 3-Hydroxyisovaleriansäure

HJV 7 Hemojuvelin

H-Kette 7 Schwerketten

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HKL 7 Hohlkathodenlampe

HL7 7 HL7-Schnittstelle

HLA-Allele W. Stöcker

Synonym(e). Humane Leukozyten-Antigen-Allele Englischer Begriff. human leukocyte antigen alleles; HLA alleles Definition. Allele sind alternative Formen eines Gens, die einen bestimmten Chromosomenort besetzen können. Die Ausprägung eines HLA-Typs wird nach molekulargenetischer Bestimmung HLA-Allel und nach serologischer Bestimmung Antigen genannt. HLA-Allele werden durch ihre Gensequenz definiert. Für die Nomenklatur zur Beschreibung der Gene der HLA-Klasse-I- und -II-Allele existieren internationale Richtlinien.

Struktur. Der als menschlicher Haupthistokompatibilitätskomplex („major histocompatibility complex“, MHC) bezeichnete, auf Chromosom 6 lokalisierte Chromosomenabschnitt ist als HLA-Locus bekannt. Innerhalb dieses Komplexes gibt es mindestens 4 Blöcke von Genen, die mehrere Klassen von Transmembranproteinen codieren. Die MHC-Klasse-I-Gene codieren die HLA-Klasse-I-Moleküle (-Antigene), die auf allen kernhaltigen Körperzellen vorkommen. Ihre Struktur wird beim Menschen von 3 Genorten bestimmt, die als HLAA, HLA-B und HLA-C benannt werden. Die HLA-Klasse-I-Moleküle stellen die klassischen HLA-Gewebetypen dar, da sie zuerst bei Gewebetransplantationsversuchen entdeckt wurden. Die MHC-Klasse-IIGene codieren die HLA-Klasse-II-Moleküle, die auf wenige Zelltypen, wie B-Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen, beschränkt sind. Die Synthese dieser Moleküle wird von der Genregion D (HLA-DP, HLA-DQ und HLA-DR) gesteuert. Die MHC-Klasse-III-Gene codieren u. a. einige Komplement-Komponenten und Isoenzyme, und die MHC-Klasse-IV-Gene Moleküle, welche in ihrer Struktur den KlasseI-Molekülen ähneln. Die MHC-Gene sind durch einen ungewöhnlich hohen Polymorphismus gekennzeichnet, so dass es viele Allele in den Individuen einer Spezies gibt. Von der großen Zahl an MHC-Allelprodukten besitzt jedes seine eigene, individuelle Proteinspezifität. Somit ist die Wahrscheinlichkeit sehr klein, dass zwei nichtverwandte Individuen identische HLA-Klasse-I- und -II-Moleküle besitzen. Es kommt aber zur Transplantatabstoßung, wenn die Genotypen nicht eng übereinstimmen. Pathophysiologie. Die Funktion der HLA-Klasse-I- und -II-Moleküle besteht in der Steuerung der T-Zellen, den zytotoxischen Zellen und den Helfer-Zellen. Die HLA-Moleküle sind an der Erkennung von Antigenen, an Wechselwirkungen zwischen Lymphozyten, an der Entwicklung der körpereigenen Toleranz und der TransplantatAbstoßung beteiligt. Die Natur hat ja Transplantationen nicht vorgesehen und es gäbe keinen evolutionsstrategischen Sinn, sie zu verbieten. Einer der Gründe für die Vielfalt der HLA-Muster dürfte darin bestehen, dass eine Population mit reinerbig identischen Merkmalen der Zelloberflächen und der Immunregulation dagegen sehr anfällig wäre, durch einen bestimmten Infektionserreger quantitativ ausgelöscht zu werden. Untersuchungsmaterial. EDTA-, Citrat- oder Heparin-Blut Analytik. Die HLA-Klasse-I-Moleküle HLA-A, HLA-B und HLA-C werden routinemäßig durch serologische Typisierung, d. h. komplementabhängige zytotoxische Reaktionen mit monospezifischen Antiseren bekannter Spezifität (HLA-Mikrozytotoxizitätstest), nachgewiesen. Ein Individuum wird typisiert, indem man seine Lymphozyten in Anwesenheit von Komplement einem Spektrum solcher Seren aussetzt. Die Typisierung der HLA-Klasse-II-Moleküle kann man mit serologischen Methoden oder durch DNA-Typisierung durchführen. Die serologische Typisierung der Klasse-II-Moleküle läuft nach einem

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HLA-Antigene

ähnlichen Verfahren ab wie bei der Klasse I unter Verwendung von BLymphozyten. Zur DNA-Typisierung werden die RFLP-Analyse und die PCR eingesetzt. Bei der ersten Methode wird die genomische DNA mit Restriktionsenzymen gespalten, gefolgt von Southern Blotting und Hybridisierung mit Sonden für DR, DQ oder DP. In der Regel hat jedes Molekül der Klasse II als charakteristisches Kennzeichen einen eigenen Restriktionsfragment-Längenpolymorphismus (RFLP), den man durch Vergleich mit einem Muster bekannter HLA-Typen zuordnen kann. Bei der zweiten Methode werden die Gene der Klasse II vervielfältigt und mit markierten Oligonukleotidsonden hybridisiert. Unter stringenten Hybridisierungsbedingungen zeigt eine gebundene Sonde an, dass das zugehörige Gen vorhanden ist.

Bewertung. Die HLA-Typisierung spielt in Form der Gewebetypisierung bei Spender und Empfänger eine wichtige Rolle, da Unverträglichkeiten im Haupthistokompatibilitätskomplex zur am schwierigsten beherrschbaren Form der Transplantatabstoßung führen. Die Bestimmung der HLA-Spezifitäten (Antigene und Allele) ist auch wegen der Existenz HLA-assoziierter Krankheiten, wie Autoimmunerkrankungen, malignen Erkrankungen und Stoffwechselkrankheiten von Bedeutung. In vielen Fällen kann die Identifizierung eines HLA-Allels zusätzliche Informationen über ein Krankheitsrisiko geben.

Literatur. Scadding GK, Male D, Roitt IM et al (1991) Klinische Immunologie. VCH, Weinheim, S 2.1–2.10 Lehner PJ, Cresswell P (1996) Processing and delivery of peptides presented by MHC class I molecules. Curr Opin Immunol 8:59–67

HLA-Antigene 7 HLA-Allele

HLA-Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Anti-HLA-Antikörper; MHC-Antikörper Englischer Begriff. HLA antibodies; MHC antibodies Definition. Antikörper gegen Histokompatibilitäts-Antigene i Über eine Aktivierung der Lymphozyten ist das menschliche Immunsystem in der Lage, Antikörper gegen körperfremde Proteine (Antigene) zu bilden. Solche Antikörper können natürlich auch gegen körperfremde HLA-Merkmale gebildet werden. Dies ist vor allem nach Schwangerschaften und Bluttransfusionen der Fall. Während der Schwangerschaft oder der Geburt können geringe Mengen des kindlichen Blutes in den mütterlichen Kreislauf übertreten. Da die kindlichen Leukozyten hinsichtlich der mütterlichen HLAMerkmale haplotyp-identisch sind, kann es bei einem Kontakt des mütterlichen Immunsystems mit den fremden (väterlichen) HLAAntigenen zu einer Produktion spezifischer Antikörper gegen diese Antigene kommen. In Folge dessen findet man bei einem Großteil der Frauen nach einer Schwangerschaft HLA-Antikörper im zirkulierenden Blut. Dies ist vor allem nach mehreren Schwangerschaften der Fall. Zwar sinkt der Antikörpertiter im Laufe der Zeit meist unter die Nachweisgrenze ab, die Antikörperproduktion kann jedoch bei erneutem Antigenkontakt sehr schnell wieder ansteigen (Boosterung). Eine andere Möglichkeit, die zur Bildung von HLA-Antikörpern führen kann, ist die Transfusion von allogenen Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten, da der Blutspender in der Regel andere HLA-Merkmale aufweist als der Patient. Besonders immunogen wirken hierbei die in den Blutkomponenten kontaminierend vorhandenen Lymphozyten und Monozyten, da diese nicht nur Klasse-I-, sondern auch Klasse-II-Antigene tragen. Am häufigsten findet man HLA-Antikörper daher bei polytransfundierten Patienten aus dem hämatologisch-onkologischen Bereich. Man geht davon aus, dass bereits etwa 1 mL Fremdblut ausreicht, um eine HLA-Sensibilisierung auszulösen. Seit der gesetzlichen Einführung der Leukozytendepletion bei Blutspenden ist die Bildung von HLA-Antikörpern aufgrund von Bluttransfusionen in Deutschland allerdings deutlich zurückgegangen. Zu den Folgen einer Immunisierung gegen HLA-Antigene gehören in der Transfusionsmedizin u. a.:

5 5 5 5

Refraktärität nach Gabe von Thrombozytenkonzentraten nicht hämolytisch-febrile Transfusionsreaktion (NHFTR) Graft-versus-host-Erkrankung (GvH) transfusions-assoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI)

HLA-Antikörper spielen auch eine bedeutende Rolle bei der Organund Gewebetransplantation. So sind beim Organempfänger Antikörper gegen HLA-Antigene des Spenders eine häufige Ursache von Abstoßungsreaktionen bei Nieren-, Herz-, Lungen- und Lebertransplantationen. Zum Nachweis von HLA-Antikörpern kommen Methoden wie 7 lymphozytotoxischer Test, Durchflusszytometrie, Enzymimmunoassays und 7 Hämagglutinationsteste zum Einsatz, die sich allerdings nur begrenzt zur Antikörperdifferenzierung eignen. Hierzu müssen Spendertestzellen verwendet werden, deren HLAAntigenmuster bekannt ist. Über das Reaktionsmuster im Lymphozytotoxizitätstest oder Enzymimmunoassay kann dann die Spezifität des Antikörpers ermittelt werden. Ein Definitionspanel für HLA-Antikörper muss Zellen von mindestens 45–50 verschiedenen Spendern umfassen.

HLA-Antikörper-Absorption K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. HLA antibody absorption; HPC adsorption Definition. Verwendung von Thrombozyten-Pools zur Reduzierung oder Entfernung von 7 HLA-Antikörpern aus humanem Serum durch Bindung an thrombozytäre HLA-Antigene. i Antikörper gegen Antigene des HLA-Systems befinden sich häufig im Serum mehrfach transfundierter Patienten und Frauen, die mehrere Schwangerschaften durchgemacht haben. Diese Antikörper führen oft zu Störungen beim Nachweis möglicherweise vorhandener anderer klinisch signifikanter Blutgruppen-Antikörper. Die Identifikation dieser Antikörper lässt sich durch vorherige teilweise oder vollständige Absorption der hämagglutinierenden HLA-gruppenspezifischen Antikörper erleichtern. Obwohl der Grad der Expression außerordentlich variiert, werden HLA-A-, -B- und -C- Antigene auf Thrombozytenoberflächen exprimiert und machen Thrombozyten zu einem hervorragenden Absorptionsmaterial zur Entfernung der HLA bezogenen Antikörper. Die Durchführung von Absorptionen mittels Pools aus Thrombozyten vieler Spender („human platelet concentrate“, HPC) erhöht dabei die Wahrscheinlichkeit, dass ausreichende Mengen an HLA-Antigenen zur Verfügung stehen, um eine gründliche Absorption der Antikörper zu ermöglichen. Der Vergleich der Ergebnisse von absorbiertem Serum mit dem gleichen, nicht absorbierten Serum ermöglicht die Bestätigung der Anwesenheit von HLA-Antikörpern und/oder die Identifikation möglicherweise zusätzlich vorhandener Antikörper. Der Einsatz dieser Methode ist jedoch begrenzt, da zusätzlich zu HLA bezogenen Antikörpern auch andere Spezifitäten absorbiert werden können, wie z. B. A, B, H, I, Lea, Leb, Fya und P. Deshalb sollten Tests, bei Thrombozyten-Pools zur Absorption eingesetzt wurden, durch andere Methoden zum Antikörpernachweis ergänzt werden. Auch die Möglichkeit, dass ein seltener Alloantikörper absorbiert wird, kann nicht eindeutig ausgeschlossen werden.

Literatur. Aster RH, Miskovich BH, Rodey GE (1973) Histocompatibility anfigens of human plasma; localization to HLD 3 lipoprotein fraction. Transplantation 16: 205–210

HLA-B27 C. Krüger, W. Stöcker

Synonym(e). HLA B27; Histokompatibilitätsantigen B27; humanes Leukozyten-Antigen B27 Definition. HLA-B27 findet sich bei etwa 8 % der kaukasischen Bevölkerung auf der Oberfläche von Leukozyten und ist stark mit dem Vorkommen des Morbus Bechterew, aber auch anderer Störungen mit einem Autoimmunhintergrund assoziiert.

HLA-DR

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Struktur. HLA-B27 ist ein Glykoprotein mit einer schweren Protein-

Interpretation. HLA-B*27-positive Personen haben zwar ein höhe-

kette, an die meist β2-Mikroglobulin angelagert ist.

res Risiko, eine ankylosierende Spondylitis zu entwickeln; der Test kann jedoch das Ausbrechen der Krankheit nicht vorhersagen und sollte nicht mit dieser Fragestellung durchgeführt werden.

Molmasse. Schwere Kette von HLA-B27: 44 kDa β2-Mikroglobulin: 12 kDa

Funktion und Pathophysiologie. HLA-B27 gehört zur Gruppe der Klasse-I-HLA-Antigene. Dabei handelt es sich um stark polymorphe Glykoproteine, die auf den Oberflächen aller kernhaltigen Zellen, besonders dicht aber auf Leukozyten vorkommen. Durch Analyse der HLA-B27 codierenden DNS-Sequenzen lassen sich zahlreiche Subtypen (B*2701–B*2743) bestimmen, die sich nur bei wenigen Basenpaaren unterscheiden. Die DNS-Sequenz von HLA-B27 weist eine Homologie zu einem bakteriellen Protein der Spezies Klebsiella auf, ein Hinweis auf die mögliche Beteiligung der Klebsiellen an der Pathogenese der ankylosierenden Spondylitis. Diese Hypothese zur Rolle des HLA-Antigens bei der Entstehung der Autoimmunstörungen konnte aber ebenso wenig wie viele andere stichhaltig bestätigt werden.

Untersuchungsmaterial, Entnahmebedingungen. EDTA-Blut (Humane Patienten-DNS)

Probenstabilität. Je nach verwendeter Extraktionsmethode kann die Proben-DNS in der Regel mehrere Tage bei +2 bis +8 °C aufbewahrt werden.

Analytik. Die Bestimmung von HLA-B27, die von außerordentlicher differenzialdiagnostischer Bedeutung ist, gelingt exakt und präzise mit molekularbiologischen Methoden über den Nachweis des entsprechenden Allels (HLA-B*27) in der genomischen DNA des Patienten. Diese Methode ist in Konkurrenz getreten zu den bisherigen Lymphozytotoxizitätstests. Insbesondere die PCR (7 PolymeraseKettenreaktion) unter Verwendung allelspezifischer Primer hat das Potenzial, zuverlässige Ergebnisse zu liefern, vor allem auch für die verschiedenen HLA-B*27-Subtypen. Aufgrund der bei Antikörpern auftretenden Kreuzreaktivitäten (mit z. B. HLA-B7) und möglicher falsch-negativer Befunde in der Immunphänotypisierung bei niedriger HLA-B*27-Expression ist die molekulargenetische HLA-B*27Bestimmung spezifischer und sensitiver als serologische Methoden, sofern ein gut konzipierter und validierter Test zum Einsatz kommt. Beim EUROArray HLA-B27 z. B. sind die HLA-B*27-Primer so ausgewählt und optimiert worden, dass alle bisher bekannten HLAB*27-Untertypen erfasst werden. Weiterhin wird im positiven Fall angezeigt, ob es sich um die Subtypen HLA-B*2706 oder HLA-B*2709 handeln könnte, die beide nicht mit dem Auftreten der Spondylitis ankylosans assoziert sind. Indikation. Die Bestimmung der HLA-Spezifitäten bzw. der HLAAllele ist wegen der Existenz HLA-assoziierter Krankheiten von Bedeutung. In vielen Fällen kann die Identifizierung eines HLA-Allels Informationen über ein Krankheitsrisiko geben. Außerdem spielt die HLA-Typisierung in Form von Gewebetypisierung bei Spender und Empfänger von Organ-/Gewebetransplantation eine große Rolle, da Unverträglichkeiten im Histokompatibilitätskomplex zur am schwierigsten beherrschbaren Form der Transplantatabstoßung führen. Das membranständige HLA-B27-Protein ist mit dem Auftreten mehrerer Autoimmunerkrankungen assoziiert. Bei Vorliegen von HLA-B27 beträgt das relative Risiko für Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, ankylosierende Spondylitis, AS) 87,4, für Morbus Reiter (Symptomkombination Urethritis, Konjunktivitis/Uveitis, Arthritis) 37,0, für die reaktive Arthritis (para-/postinfektiöse Arthritis) 14,0–21,0 (abhängig vom Erreger), für die akute Uveitis anterior bzw. akute Iridozyklitis 10,4, für die Periarthritis (Periarthropathia) humeroscapularis 6,3, für die Arthritis psoriatica (Psoriasis-Arthritis) 4,0 und für die juvenile idiopathische Arthritis 3,2. Auch Enteropathien (chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, CED) sind mit HLAB27 assoziiert. Mehr als 90 % aller Patienten mit M. Bechterew weisen das Leukocyten-Antigen HLA-B27 auf, jedoch sind mit der Krankheit die Subtypen HLA-B*27:06 und HLA-B*27:09 nicht assoziiert. Bei modernen molekulargenetischen Testverfahren werden diese beiden Subtypen von den krankheitsassoziierten Subtypen abgegrenzt.

Literatur. Bowness P (2002) HLA B27 in health and disease: a double-edged sword? Rheumatology (Oxford) 41:857–868 Khan MA, Mathieu A, Sorrentino R, Akkoc N (2007) The pathogenetic role of HLA-B27 and its subtypes. Autoimmun Rev 6:183–189 López de Castro JA (2007) HLA-B27 and the pathogenesis of spondyloarthropathies. Immunol Lett 108:27–33

HLA-Crossmatch K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). HLA-Kreuzprobe Englischer Begriff. HLA crossmatch Definition. Serologische Verträglichkeitsprobe im Gewebe-HLASystem. i Bei Transplantatempfängern vorkommende Antikörper gegen

HLA-Antigene (7 HLA-Allele) des Spenders können nach Transplantation zu einer Transplantatabstoßung führen. Vor einer Transplantation erfolgt daher ein sogenanntes HLA-Crossmatch, bei dem das Serum des Empfängers gegen B- und T-Lymphozyten des Spenders im lymphozytotoxischen Test untersucht wird, um zu überprüfen, ob beim Empfänger zytotoxische HLA-Antikörper vorhanden sind. Für eine erfolgreiche Transplantation wird ein negatives Crossmatch gefordert.

HLA-DR H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. HLA-DR Definition. Teil des MHC-II-Komplexes Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. HLA-DR, das am stärksten exprimierte Molekül des MHC II-Komplexes ist auf der Oberflächen zahlreicher Zellen (B-Lymphozyten, Makrophagen, Monozyten, aktivierten T-Zellen und humanen Progenitorzellen) nachweisbar. Zur durchflusszytometrischen Analyse von Leukozytenpopulationen im peripheren Blut im Rahmen immunologischer Diagnostik dient HLA-DR als Marker in Kombination mit CD3 (aktivierte T-Zellen) oder CD14 (Monozyten). Funktion und Pathophysiologie. Die Expression von HLA-DR auf Monozyten wird durch zahlreiche Zytokine reguliert, die an der Stimulation der zellulären Immunantwort beteiligt sind (z. B. IFN-γ, GMCSF). Die genannten Zytokine führen direkt zur Stimulation der zellulären HLA-DR-Expression auf Monozyten. Andere Mediatoren (z. B. IL-10, TGF-β) und Medikamtente (Glukokortikoide, Ciclosporin A, Katecholamine) dagegen inhibieren direkt oder indirekt die Expression auf Monozyten. Aufgrund dieser komplexen Regulationsmechanismen kann man die Expression von HLA-DR auf Monozyten als Surrogat der zellulären Immunkompetenz ansehen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Blut Präanalytik. 7 CD14 Analytik. Durchflusszytometrie, auch quantitativ (durch Einsatz fluoreszierender Latexpartikel)

Konventionelle Einheit. HLA-DR-Moleküle/CD14 (absolut oder %) Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Interpretation. Eine starke Verminderung der HLA-DR-Expression auf Monozyten oder des Anteils HLA-DR positiver Zellen kann als Zeichen global eingeschränkter Immunkompetenz angesehen wer-

H

654

HLA-Kreuzprobe

HLA-DR. Tab. 1 HLA-DR/CD14 (abs.)

HLA-DR/CD14 (%)

Interpretation

> 15000

> 70

unauffällig

5000–10000

30–70

kontrollbedürftiger Bereich

< 5000

< 30

Immunparalyse

bestehen aus einer sog. Abstract Message Definition (grundlegende Struktur einer Nachricht) und Encoding Rules (Schreibregeln für die Nachricht). Eine Nachricht besteht aus einzelnen Segmenten, diese wiederum aus Feldern. Die erste Version von HL7 wurde an der Universitätsklinik in Palo Alto 1987 entwickelt. Heute veröffentlicht und vertreibt eine kommerzielle Organisation (http://www.hl7.org) den Standard (aktuelle Version V 3).

HMA 7 Autoantikörper gegen herzspezifische Antigene

den. Sie ist bei Patienten nach schweren Operationen, Traumata, Stress, nach immunsuppressiver Therapie sowie bei schweren systemischen Infektionen nachweisbar. Dabei zeigt die länger persistierende verminderte Expression von HLA-DR ein hohes Risiko für bakteriell/mykotische Infektionen an. Bei immunsupprimierten Patienten (Transplantation) mit stark verminderter HLA-DR-Expression können septische Komplikationen durch starke Reduktion der immunsuppressiven Therapie u.U. vermieden werden ohne eine Transplantatabstoßung zu induzieren. In diesen Fällen zeigt die verminderte Expression von HLA-DR an, dass das Immunsystem weder in der Lage ist, eine Infektion abzuwehren noch das Transplantat abzustoßen. Dieser Zustand ist durch den Begriff „Immunparalyse“ gekennzeichnet. Immunologisch ist sie durch eine Monozytendeaktivierung (und Veränderung der T-Zellfunktion) gekennzeichnet, die durch die stark verminderte HLA-DR-Expression dokumentiert und überwacht werden kann.

Diagnostische Wertigkeit. Bei Risikopatienten (Intensivpatienten mit der Gefahr septischer Komplikationen) sollten im Rahmen der Diagnostik des zellulären Immunsystems u. a. die HLA-DR-Expression auf CD14-Zellen überprüft werden. Mit Hilfe von Verlaufskontrollen können Krankheitsverlauf und Therapie frühzeitig abgeschätzt werden. Persistierend niedrige Expression von HLA-DR deutet auf Immunparalyse hin. Die präanalytischen Bedingungen sind genau einzuhalten, da die Lagerung der Probe bei Raumtemperatur bereits nach kurzer Zeit eine in Vitro-Aktivierung (messbar an gesteigerter Expression von HLA-DR) eintritt und damit falsch-hohe Expressionswerte gemessen werden.

Literatur. Volk HD et al (1999) Immunological Monitoring of the Inflammatory Process: Which Viables? When to Assess? Eur J Surg Suppl 584:70 Kunz D, Kohse P (2002) Entzündungsdiagnostik in der Pädiatrie. Lab Med 26:335–341

HLA-Kreuzprobe 7 HLA-Crossmatch

HLA-Typisierung 7 HLA-Allele

H₂-Lampe 7 Wasserstofflampe

HL7-Schnittstelle O. Colhoun

Synonym(e). HL7 Englischer Begriff. HL7 interface Definition. Schnittstellenbeschreibung für den Datenaustausch im

HMWK 7 High-Molecular-Weight Kininogen

HNA 7 Granulozytäre Antigene

HNF-1α 7 Hepatic nuclear factor 1-α

HNF-1β 7 Hepatic nuclear factor 1-β

HNF-4α 7 Hepatic nuclear factor 4-α

hnRNA 7 Transkript, primäres

Hochauflösende Flüssigchromatographie 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

Hochauflösende-Gaschromatographie 7 Kapillar-Gaschromatographie

Hochauflösung T. Arndt

Englischer Begriff. high resolution Definition. Ein nicht näher definierter Begriff, für besonders leistungsfähige (hochauflösende) Analysensysteme (z. B. „high resolution chromatography“).

Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

Hochdurchsatz-Screening 7 High throughput Screening

Hochfrequente Antigene 7 Häufige Antigene, erythrozytäre

Hochkonservierte Gene R. Weiskirchen

Gesundheitswesen, z. B. auch zwischen Labor-EDV-System und Analysegeräten

Englischer Begriff. conservative genes

i Die Abkürzung HL7 steht für „Health Level Seven“. HL7 ist grund-

Definition. Bezeichnung für 7 Gene oder Basenfolgen, die sowohl

sätzlich eine äußerst detaillierte Arbeitsanleitung für den reibungslosen elektronischen Austausch von Informationen. HL7-Nachrichten

bei frühzeitlichen Lebensformen als auch bei heutigen Lebewesen vorkommen

Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

i Man geht davon aus, dass diese Gene/Genprodukte deswegen un-

verändert blieben, weil sie sich in der 7 Evolution besonders bewährt haben. Diese Sequenzhomologien finden sich z. B. auch bei 7 Genfamilien.

Hochleistungs-Anionenaustauschchromatographie T. Arndt

Englischer Begriff. high performance anion exchange chromatographie; HPAEC

Definition. Eine nicht näher definierte, besonders leistungsfähige Variante der 7 Ionenaustauschchromatographie.

Hochleistungs-Anionenaustauschchromatographie mit gepulster amperometrischer Detektion T. Arndt

Englischer Begriff. high performance anion exchange chromatography with pulsed amperometric detection; HPAEC-PAD Definition. Eine 7 Ionenaustauschchromatographie bei der an Stel-

655

Englischer Begriff. high performance liquid chromatography; high pressure liquid chromatography; HPLC

Definition. Eine besonders leistungsfähige Form der 7 Flüssigkeits-

chromatographie, die wiederum eine Form der 7 Chromatographie ist.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Moderne Formen der Flüssigkeitschromatographie nutzen sehr kleine Teilchen (Durchmesser meist 3–10 μm) als 7 stationäre Phase, die dicht gepackt auf einer Säule (2–20 cm Länge) einen hohen Eingangsdruck erzeugen. Der daraus resultierende hohe Druck im System (nicht selten über 100 at) führte zum Begriff Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie („high pressure liquid chromatography“, HPLC). Allerdings ist diese Bezeichnung veraltet. Stattdessen wird heute mit dem Begriff Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie („high performance liquid chromatography“, HPLC) das hohe Trennvermögen dieser Systeme angesprochen. Die chromatographische Trennung der Probenbestandteile beruht auf der in Abhängigkeit von ihrer physikochemischen Natur unterschiedlich stark ausgeprägten, wiederholten Adsorption und Desorption der Substanzen an der stationären Phase. Dabei führen starke Wechselwirkungen zu einer langsamen, schwach ausgeprägte zu einer schnellen Elution der entsprechenden Substanzen.

le der sonst üblichen Leitfähigkeitsdetektoren ein amperometrischer Detektor mit einem zeitlich variablen (gepulsten) Potential eingesetzt wird.

Untersuchungsmaterial. Blut und alle aus ihm gewonnenen Materiali-

i Die HPAEC-PAD wird zur Bestimmung der Monosaccharid-Zu-

Instrumentierung. Eine HPLC-Analge besteht in ihrer allgemeinsten

sammensetzung von Glykanen (Kohlenhydratketten der Glykoproteine) eingesetzt. Hierzu werden die Glykane durch saure Hydrolyse in die Einzelkomponenten (Monosaccharide) gespalten. Anschließend werden die Monosaccharide über Anionenaustausch-Chromatographie getrennt und im Detektor elektrochemisch oxidiert oder reduziert. Die Änderung des Stroms in der Messzelle in Abhängigkeit von der Zeit wird registriert (Chromatogramm) und über geeignete Kalibrationsfunktionen der Konzentration der einzelnen Monosaccharide zugeordnet. Die Pulsung des in der Messzelle anliegenden Potentials verhindert weitestgehend eine Verschmutzung der Arbeitselektrodenoberfläche (Golddraht oder Glaskohlenstoff) durch Probenbestandteile (z. B. Proteine) und Reaktionsprodukte (Oxidations- oder Reduktionsprodukte der Monosaccharide und anderer Probenbestandteile). Daraus resultiert eine Verbesserung der Empfindlichkeit der Methode und der Reproduzierbarkeit der Analysenergebnisse im Vergleich zur ungepulsten Arbeitsweise. Der Einsatz dieser Technik in der Klinischen Chemie beschränkt sich auf Speziallaboratorien.

Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie W.-R. Külpmann

Synonym(e). HPTLC Englischer Begriff. high performance thin layer chromatography i Bei der HPTLC werden Trennschichten verwendet, die sich aus kleineren Partikeln als bei der 7 Dünnschichtchromatographie (TLC) sonst üblich zusammensetzen. Es resultieren eine vergleichsweise größere Trennleistung und niedrigere Nachweisgrenzen. Nachteilig gegenüber anderen chromatographischen Verfahren, z. B. HPLC, ist die mangelnde Mechanisierbarkeit.

Literatur. Demme U (2009) Neuroleptic drugs and antidepressants: High-performance thin-layer chromatography. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 422– 429

Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie T. Arndt

Synonym(e). HPLC; Hochauflösende-Flüssigchromatographie; Hochleistungs-Säulen-Flüssig-Chromatographie; Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie

en wie Serum, Plasma, Zelllysate etc., Urin, Mageninhalt, Extrakte aus Faeces und Gewebs- und Haarproben, Nahrungsmittel, Pharmaka u. a. Form aus einem Reservoir für die 7 mobile Phase (Eluent), einer oder mehreren HPLC-Pumpen, einem Probenaufgabemodul, einer HPLCSäule ggf. mit Vorsäule zum Schutz der analytischen Säule (stationären Phase) und einem Detektor mit Registriereinheit (Flussschema 7 Chromatographie).

Spezifität. In Abhängigkeit von der Qualität der chromatographischen Trennung und der Selektivität des Detektors ist die Spezifität der Methode ausreichend bis außerordentlich hoch. Deshalb wird die HPLC in Kombination mit massenspektrometrischen Detektoren auch als Referenzverfahren gewertet. Die Kombination aus HPLC und 7 Massenspektrometrie (MS) als LC-MS oder LC-MS/MS ist als rechtssicheres Mittel zum Nachweis oder Ausschluss eines Drogenkonsums allgemein akzeptiert. Sensitivität. Die Sensitivität der Methode ist abhängig von der jeweiligen Applikation, d. h. der Probenverdünnung infolge einer Probenaufbereitung, dem injizierten Probenvolumen und insbesondere vom Detektortyp. Heute sind Nachweisgrenzen im ng/L-Bereich erreichbar. Fehlermöglichkeit. Fehler in der Probenvorbereitung, z. B. durch Analytverluste, können durch Einsatz eines internen Standards (7 Standard, interner) oder durch das Prinzip der Standardaddition kompensiert werden (Standardaddition = Zugabe einer definierten Analytmenge zu einem Aliquot der Probe, Analyse der nativen und aufgestockten (gespikten) Probe, Auswertung der Signalhöhenquotienten anhand geeigneter Kalibrationsfunktionen). Eine unzureichende Selektivität des Detektors bei ungenügender chromatographischer Trennung von mehreren Probenkomponenten kann zu Fehlbestimmungen des Analyten führen. Dies kann durch eine Veränderung der Eigenschaften der mobilen und/oder stationären Phase, durch eine modifizierte Flussrate der mobilen Phase, durch längere oder dichter gepackte Trennsäulen etc. verhindert werden. Die Spezifität einer HPLC-Analyse hängt in entscheidendem Maße von der Qualität der chromatographischen Trennung der Probenbestandteile ab. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es stehen eine Vielzahl von Einzelkomponenten für die HPLC, aber auch Komplettanlagen zur Verfügung. Die Anschaffungspreise betragen für letztere mehrere 10.000 Euro. Komplettkits zur Durchführung von HPLC-Analysen sind teurer (oft zwischen 2–5 Euro/Analyse) als Eigenentwicklungen mit oft geringen Materialkosten. Gewöhnlich erzeugt die HPLC-Säule mit 250–600 Euro die größten Verbrauchskosten. Allerdings sind ge-

H

656

Hochleistungs-Größenausschlusschromatographie mit MALLS-Detektor

wöhnlich mehrere 100–1000 (bei sog. Mikrobore-HPLC-Systemen auch mehrere 10.000) Analysen mit einer Trennsäule durchführbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Vorteile der HPLC gegenüber der klassischen Fest-Flüssig-Chromatographie sind 5 wesentlich höhere Auflösung, sodass bis zu 100 und mehr Komponenten, die sich nur geringfügig in ihren physikochemischen Eigenschaften unterscheiden, getrennt werden können 5 stark verkürzte Analysenzeit (Minuten statt Stunden) 5 verbesserte Empfindlichkeit. Gewöhnlich können alle drei Kriterien nicht gleichzeitig erfüllt werden, sodass bei der Optimierung des Verfahrens oft ein Kompromiss zwischen den drei Bedingungen gefunden werden muss. Die HPLC ist eine ausgereifte Methode mit hoher Robustheit im Routinebetrieb und langer Standzeit. Die Kombination von HPLC und Massenspektrometrie als 7 LC-MS oder 7 LC-MS/MS kommt im klinisch-chemischen und toxikologischen Laboratorium zunehmend zum Einsatz. Die hohen Anschaffungskosten von mehreren 100.000 Euro bremsen diese Entwicklung noch ab. Es scheint jedoch wahrscheinlich, dass massenspektrometrische Detektoren in naher Zukunft einen wesentlichen Anteil der in der HPLC eingesetzten Detektoren ausmachen. In der Methodenhierarchie sind chromatographische Methoden bzgl. Spezifität in oberster Reihe einzuordnen.

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt.

Hochleistungs-Größenausschlusschromatographie mit MALLS-Detektor T. Arndt

Synonym(e). HPSEC-MALLS Englischer Begriff. high performance size exclusion chromatography

Absorption direkt in der Kapillare. Im Unterschied zu den Medien in der Gel- und Folienelektrophorese werden die Kapillaren wiederholt verwendet. i Die elektrophoretische Trennung erfolgt meist in einer Fused-

Silica-Kapillare (amorpher Quarz), wie sie auch in der Gaschromatographie verwendet wird, um UV-Detektion zu ermöglichen. Für manche Anwendungen sind die Kapillaren nur mit Puffer und flüssigen Additiven zur Oberflächenbelegung gefüllt; in speziellen Fällen enthalten die Kapillaren hochviskose Additive oder Gel-Medien. Das Proben-Injektionsvolumen liegt im Bereich weniger nL. Meist wird eine elektrokinetische Injektion der Probe angewandt: Durch Anlegen eines Hochspannungsimpuls an das Probengefäß werden definierte Mengen von Probenkomponenten elektrophoretisch oder elektroosmotisch in die Kapillare transportiert. Die Höhe der benötigten Spannung während der Trennung hängt von der Länge der Trennkapillare ab. Normalerweise wird ein UV-Absorptionsdetektor eingesetzt, für spezielle Anwendungen kann auch ein Fluoreszenz- oder Leitfähigkeits-Detektor verwendet werden. 7 Kapillarelektrophorese eignet sich gut zur Automatisierung und für Analysen mit hohem Durchsatz, weil die Kapillaren wiederholt eingesetzt werden. Speziell für die klinische Chemie gibt es Kapillarelektrophoresegräte mit Mehrfachkapillaren und automatischen Probenaufgabe- und Auswertesystemen. DNA-Sequenzierung wird mittlerweile ausschließlich mittels Kapillarelektrophoresen mit Multikapillaren durchgeführt. Aber auch bei einer ganzen Reihe von DNA-Fragmentanalysen kommt mittlerweile die Kapillarelektrophorese zum Einsatz.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik, 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S 253–284 Westermeier R (2004) Electrophoresis in Practice. Wiley-VCH, Weinheim

Hochleistungs-Säulen-Flüssig-Chromatographie 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

with multiangle laser light scattering; HPSEC-MALLS

Definition. Kombination aus Größenausschlusschromatographie und einem Streulicht-Detektor („multiangle laser light scattering detector“). i Die Größenausschlusschromatographie ermöglicht die Trennung

von Molekülen nach ihrem hydrodynamischen Volumen. Da dieses gewöhnlich mit der Molmasse korreliert, kann die Größenausschlusschromatographie auch zur Molmassen-Bestimmung eingesetzt werden. Streulichtmessungen eignen sich zur Charakterisierung von Zellstrukturen (s. a. Flow-Zytometrie) und Polymerstrukturen. Die Kopplung beider Techniken als HPSEC-MALLS erlaubt die gleichzeitige Fraktionierung von Polymeren nach ihrer Molekülgröße und deren anschließende strukturelle Charakterisierung (z. B. Erkennung von Monomeren, Dimeren usw.). Im klinisch-chemischen Labor findet diese Kombination kaum Anwendung. Sie ist in der angewandten Forschung u. a. zur Charakterisierung von Polymeren, die als Blutplasmaersatzstoffe eingesetzt werden von Bedeutung (Hydroxyethyl- oder Acetylstärke). Molmasse und Substitutionsgrad der Stärkemoleküle sind hier wichtig zur Abschätzung des Volumeneffekts im Blut sowie der Halbwertszeit der Substanzen im Organismus.

Hochleistungs-Kapillarelektrophorese R. Westermeier

Synonym(e). HPCE; Kapillarelektrophorese Englischer Begriff. high performance capillary electrophoresis; HPCE

Definition. Variante der Elektrophorese (alternierend Kapillarelektrophorese oder Hochleistungs-Kapillarelektrophorese bezeichnet) zur Trennung von geladenen Molekülen, wie z. B. Proteinen, Peptiden oder Nukleinsäuren in Kapillaren (mit oder ohne Gel) mit Innendurchmesser < 100 μm. Die Detektion der Zonen erfolgt über UV-

Hochsegmentierung, erblich konstitutionelle H. Baum

Englischer Begriff. hereditary constitutional high segmentation of neutrophilic granulocytes (Undritz)

Definition. Idiopathisch vermehrtes Auftreten von übersegmentierten neutrophilen Granulozyten im peripheren Blut. i Die erblich konstitutionelle Hochsegmentierung nach Undritz ist durch das vermehrte Vorkommen von übersegmentierten neutrophilen Granulozyten (mehr als 5 Kernsegmente) ohne gleichzeitigen Hinweis auf eine auslösende Ursache (z. B. perniziöse Anämie, Hungerzustände, nach Transfusion) charakterisiert. Sie ist, wie alle sogenannten „Rechtsverschiebungen“, ohne differenzialdiagnostische Bedeutung.

Hodgkin-Zelle H. Baum

Synonym(e). Einkernige Granulomzelle Englischer Begriff. Hodgkin cell Definition. Einkernige Riesenzelle mit grobbalkigem Chromatingerüst und sehr großen, unregelmäßig geformten tiefblauen Nukleolen bei Lymphogranulomatose (7 Abb. 1) (Morbus Hodgkin). i Die Hodgkin-Zelle ist, zusammen mit der mehrkernigen 7 ReedSternberg-Zelle das morphologische Korrelat der malignen Zellpopulation bei Morbus Hodgkin. Neueste Untersuchungen deuten darauf hin, dass es sich um eine präapoptotische Keimzentrums-B-Zelle handelt, die durch bisher nicht voll verstandene Mechanismen der negativen Selektion entkommt. Als mögliche pathophysiologische Korrelate wird u. a. eine Aktivierung durch NFκB diskutiert, die auch durch eine EBV-Infektion getriggert werden kann. Auch scheint eine

Hohlkathodenlampe

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Bedside Screening for Urinary Porphobilinogen in Patients with Suspected Porphyria. Clin Chem 20:1438–1440

Höhe über dem Meeresspiegel 7 Geographische Höhe als Einflussgröße

Höhe über Normal Null 7 Geographische Höhe als Einflussgröße

Hohlkathodenlampe J. Knecht

Synonym(e). HKL Englischer Begriff. hollow cathode lamp Hodgkin-Zellen. Abb. 1. Drei einkernige Hodgkin-Zellen bei Lymphogranulomatose, Lymphknotenquetschpräparat 630× May-GrünwaldGiemsa-Färbung

Resistenz des Apoptoserezeptors FAS oder Überexpression des antiapoptotischen c-FLIP in der Entstehung von Hodgkin-Zelle und Morbus Hodgkin beteiligt zu sein.

Literatur. Thomas RK, Re D, Wolf J et al (2004) Part I: Hodgkin’s lymphoma – molecular biology of Hodgkin and Reed-Sternberg cells. The Lancet Oncology 5:11–18

Hoesch-Test

Definition. Bei der Hohlkathodenlampe wird das emittierte Linienspektrum des zu bestimmenden Elements von der Kathode der Lampe ausgesendet. Die Kathode hat die Form eines Hohlzylinders bzw. neuerdings innen die Form einer Halbkugel. i Die Hohlkathodenlampe ist eine exzellente Quelle für die Linien-

spektren der meisten Elemente, die mit der Atomabsorptionsspektrometrie bestimmt werden. 7 Abb. 1 zeigt schematisch die Konstruktion einer solchen Lampe. Die Kathode der Lampe ist ein Hohlzylinder und besteht normalerweise aus dem Metall, dessen Spektrum emittiert wird. Anode und Kathode sind in einem Glaszylinder untergebracht, der mit Neon oder Argon unter geringem Druck gefüllt ist. Am Ende des Glaszylinders ist ein für die emittierte Strahlung durchsichtiges Fenster.

J. Frank

Synonym(e). Aldehydreaktion, umgekehrte Englischer Begriff. Hoesch test Definition. Eher historischer, qualitativer Schnelltest/Screeningtest zur Bestimmung der 7 Porphobilinogen-Konzentration im Urin.

Durchführung. 3–5 Tropfen Urin mit 2–3 mL frischem Ehrlich-Reagenz (7 Ehrlich-Probe) versetzen und kräftig mischen. Rotfärbung weist auf positives Testergebnis hin.

Funktion und Pathophysiologie. Während einer akuten Porphyrie-

Attacke ist die Ausscheidung des Porphyrin-Vorläufers 7 Porphobilinogen auf das 20- bis 50-Fache des Normalwerts erhöht.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 10 mL Urin, entweder aus dem 24-h-Sammel- oder Spontanurin. Urin kühl und lichtgeschützt lagern. Unter akuter Symptomatik bevorzugt Spontanurin, der 2–3 h nach Einsetzen der Beschwerden aufgefangen wurde.

Hohlkathodenlampe. Abb. 1. Schematischer Aufbau

Wenn man zwischen Anode und Kathode ein elektrisches Potenzial legt, werden einige Füllgasatome ionisiert. Die positiv geladenen Füllgasatome werden durch das elektrische Feld beschleunigt und treffen auf die negativ geladene Kathode. Dann schlagen sie aus der Kathode einzelne Metallatome heraus (= Sputtern) und diese werden durch weitere Kollisionen mit den Elektronen und Ionen der Füllgasatome zur Strahlung angeregt (7 Abb. 2).

Referenzbereich — Erwachsene. Porphobilinogen nicht oder nur schwach nachweisbar, d. h. die Rotfärbung bleibt weitgehend aus. Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf akute hepatische Porphyrie

Hohlkathodenlampe. Abb. 2. Ablauf der Anregung in der Hohlkathode

Interpretation. Bei positivem Testergebnis in Zusammenhang mit

Durch das Sputtern werden teilweise Metallatome aus der Kathode entfernt und irgendwo in der Lampe niedergeschlagen. Besonders bei den leichtflüchtigen Elementen wie As, Se usw. ist dieser Verlust beträchtlich. Deshalb verwendet man für diese Elemente heute meist die sog. „Elektrodenlosen Entladungslampen“ („electrodeless discharge lamps“, EDL). Um diesen Verlust möglichst gering zu halten, hat die Kathode innen etwa die Form einer Halbkugel. Während des Lampenbetriebs werden teilweise die Füllgasatome durch verschiedene Prozesse eingefangen und stehen damit nicht mehr für die Ionisation zur Verfügung, was die Lebensdauer der Hohlkathodenlampe zum Teil beträchtlich verringert. Deshalb ist es wichtig, dass die Lampe eine gewisse Mindestgröße hat, damit ausreichend Füllgas vorhanden ist.

charakteristischen klinischen Symptomen ist der Verdacht auf eine akute Porphyrie/akute Porphyrie-Attacke gegeben. Unspezifische Reaktionen durch Begleitstoffe des Urins können zu falsch-positiven Ergebnissen führen.

Diagnostische Wertigkeit. Nur als qualitativen Schnelltest/präliminären Screeningtest einsetzen. Im Anschluss stets differenzierte 7 Porphobilinogen- und 7 Porphyrin-Analyse veranlassen. Der Test ist heute durch die (Säulen-)chromatographische Bestimmung von Porphyrin und delta-Aminolävulinsäure als Porphyrinvorläufer und Marker einer akuten hepatischen Porphyrie weitgehend ersetzt und nur noch von historischem Interesse.

Literatur. Lamon J, With TK, Redeker AG (1974) The Hoesch Test:

H

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Hol-Komm-Liste

Die Kathode besteht normalerweise aus hochreinem Metall und entsprechend besteht das Emissionsspektrum auch nur aus diesem Element. Manchmal ist es möglich, für eine Multielementlampe die Kathode aus mehreren Elementen zu bauen. Im Allgemeinen haben sich diese Lampen wegen der geringeren Intensität pro Element, möglichen Linienüberlappungen und einer verminderten Lebensdauer nicht bewährt.

Literatur. Welz B, Sperling M (1997) Atomabsorptionsspektrometrie. 4. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim

Hol-Komm-Liste O. Colhoun

Englischer Begriff. collection list Definition. Zusammenfassung bestimmter Analysen, für die eine Materialgewinnung durch Laborpersonal zu erfolgen hat. Wird in Listenform vom 7 Labor-EDV-System generiert und ausgedruckt. i Typisches Beispiel ist der Blutzucker-Arbeitsplatz im Zentralla-

bor einer Klinik. Für die Holgänge von MTA zur kapillären Blutentnahme bei den Patienten verschiedener Stationen werden über das Labor-EDV-System entsprechende Listen zusammengestellt, welche die Gänge hinsichtlich Entnahmezeiten (etwa Blutzucker früh, mittags, abends) und/oder Wegstrecken (räumliche Lokalisation der Anforderer) optimiert.

i Eine Beurteilung der endogenen Insulin-Resistenz erlaubt der

HOMA score, der nach folgender Gleichung berechnet wird:

HOMA =

{Serum(Plasma)-Insulinkonzentration [μU/mL] × Serum(Plasma)-Glukosekonzentration [mmol/L]} 22,5

Die Bestimmung der 7 Insulin- und 7 Glukosekonzentration erfolgt im Nüchternzustand nach einer etwa zwölfstündigen Nahrungskarenz.

Literatur. Matthews DR, Hosker JP, Rudenski AS et al (1985) Homeostasis model assessment: insulin resistance and β cell function from fasting plasma glucose and insulin concentrations in man. Diabetologia 28:412–419

Homocystein T. Arndt

Synonym(e). HCY Englischer Begriff. homocysteine; HCY Definition. Homocystein ist eine schwefelhaltige, nicht proteinbildende Aminosäure, die bei der Demethylierung der mit der Nahrung aufgenommenen, essenziellen Aminosäure 7 Methionin entsteht.

Struktur. SH-CH2-CH2-CH(NH2)-COOH

Hollander-Test T. Arndt

Englischer Begriff. Hollander’s test Definition. Funktionstest zur Beurteilung der Effektivität einer selektiven Vagotomie auf die Säureproduktion des Magens mit Hilfe intravenöser Insulingaben. Nur eine völlige Anazidität des Magensafts bei gleichzeitigem Blutzuckerabfall beweist die komplette Vagusdurchtrennung.

Holoenzym R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für die Gesamtheit aus 7 Apoenzym und Cofaktoren eines 7 Enzyms. i Ein Enzym enthält oftmals neben seinem reinen Proteinanteil, der auch als 7 Apoenzym bezeichnet wird, kovalent gebundene 7 prosthetische Gruppen (Agone) und/oder durch Nebenvalenzen gebundene Cofaktoren (z. B. 7 Coenzyme, Metallionen und Effektoren). Die Summe aller dieser Gruppen bildet das Holoenzym.

HoloTC 7 Vitamin B12

Holotranscobalamin 7 Vitamin B12

HOMA 7 Homeostasis Model Assessment

Homeostasis Model Assessment A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). HOMA; Insulin-Resistenzindex Englischer Begriff. insulin resistance index; HOMA score Definition. Zur Abschätzung der endogenen Insulin-Resistenz eingesetzte Formel aus Insulin- und Glukosekonzentration im Serum des nüchternen Probanden.

Homocystein. Abb. 1. Erscheinungsformen des Homocysteins im menschlichen Blut

Molmasse. 135,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Homocystein entsteht bei der Methylierung von Proteinen, DNA, RNA, Phospholipiden und Neurotransmittern durch Methyltransferasen. Die Übertragung der Methylgruppe erfolgt von dem aus der essentiellen Aminosäure

Homocystein

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Homocystein. Abb. 2. Intrazellulärer Homocystein-Metabolismus. 1 = S-Adenosyl-L-Methionin Synthetase = Methionin-Adenosyltransferase; 2 = Transmethylierungsreaktionen; 3 = S-Adenosyl-L-Homocystein-Hydrolase; 4 = Betain-Homocystein-Methyltransferase; 5 = N5-Methyltetrahydrofolat-Homocystein Methyltransferase = Methionin Synthetase, B12-abhängig; 6 = Serin Oxidase, B12-abhängig; 7 = N5,N10-Methylen-TetrahydrofolatReduktase; 8 = Cystathionin-Synthetase, B6-abhängig; 9 = γ-Cystathioninase = Cystathionin-γ-Lyase, B6-abhängig; 10 = Glutamyl-Cystein-Synthetase; 11 = Glutathion-Synthetase. [Modifiziert nach (Resch)]

Methionin gebildetem S-Adenosyl-Methionin. Es bleibt S-Adenosylhomocystein zurück, das unter Wirkung der S-Adenosylhomocystein-Hydrolase zu Homocystein und Adenosin gespalten wird. Die Methylierungsreaktion und die intrazelluläre S-AdenosylmethioninKonzentration werden reguliert durch die 7 5,10-Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR, FAD-abhängiges Enzym, das die Versorgung mit 5-Methyltetrahydrofolat gewährleistet), die Methioninsynthase (7 Vitamin-B12-abhängiges Enzym, das die Synthese von Methionin aus Homocystein und 5-Methyltetrafolat katalysiert) und die Cystathionin-β-Synthase (CBS, 7 Vitamin-B6-abhängiges Enzym, das den Abbau überschüssigen Homocysteins über Transsulfatierung katalysiert).

Funktion und Pathophysiologie. Die intrazelluläre HomocysteinKonzentration wird durch verschiedene Mechanismen auf niedrigem Niveau gehalten: 5 Remethylierung durch die Vitamin-B12-abhängige Methioninsynthase (alle Gewebe) oder Reaktion mit Betain zu Methionin (Leber und Niere mit Betain-Methyltransferase) 5 Abbau über den Transsulfatierungsweg mit durch die VitaminB6-abhängige Cystathionin-β-Synthase katalysierter Reaktion von Homocystein mit Serin zu Cystathionin und weiter durch VitaminB6-abhängige Cystathioninase zu Cystein und alpha-Ketobutyrat, überschüssiges Cystein wird zu Taurin und anorganisches Sulfat oxidiert oder mit dem Harn ausgeschieden, das Sulfat geht u. a. in

die Heparin-, Heparansulfat-, Dermatansulfat- und Chondroitinsulfatsynthese ein. 5 Ausschleusung aus der Zelle Eine Überlastung der Wege des Homocysteinmetabolismus tritt ein: 5 bei hoher täglicher Protein- (und damit Methionin-)Aufnahme (optimal 0,9 g/Tag, oft aber bis zu 2 g/Tag), 5 bei homo- oder heterozygotem Defekt von Enzymen des Homocysteinkatabolismus (besonders MTHFR und CBS), 5 bei Folsäure- und Vitamin-B-Mangel. Der Anstieg der intrazellulären Homocysteinkonzentration führt letztlich zum Austritt in die Zirkulation und damit zu einer erhöhten Plasma-Homocysteinkonzentration. Die Endothelschädigung durch Homocystein ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Vermutet wird ein reaktives Zwischenprodukt (Homocysteinthiolacton), das an 7 Apolipoprotein B von 7 Low Density Lipoprotein (LDL) bindet, dieses verdichtet und dessen spontane Präzipitation auslöst. Makrophagen nehmen diese Partikel von der Arterienwand auf, bilden sich dabei zu Schaumzellen um, die zum Ausgangspunkt für atherosklerotische Plaques werden. Eine andere Hypothese betrachtet die durch Autooxidation von Homocystein gebildeten reaktiven Sauerstoffspezies und eine erhöhte Konzentration an reaktivem NO mit Kontraktion der Blutgefäße als pathognomonisch.

660

Homocystein

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA- oder Heparin-Plasma, NaF/Heparin-Plasma. Optimal ist eine venöse Blutentnahme in ein vorgekühltes Röhrchen und sofortige Zentrifugation (Plasmagewinnung), um die zeit- und temperaturabhängige Bildung und Abgabe von Homocystein aus den Erythrozyten zu verhindern. NaF-Heparin-Plasma ist geeignet, wenn die Blutprobe unmittelbar nach Abnahme gut durchmischt und so die erythrozytäre Homocysteinproduktion durch NaF vollständig inhibiert wurde. Die oft auftretende starke Hämolyse stört bei Einsatz chromatographischer Bestimmungsmethoden gewöhnlich nicht. Serumproben generieren regelmäßig 5–10 % höhere Analysenergebnisse als Plasmaproben, da die Gerinnung unter Raumtemperatur abläuft und somit 30–60 min zur In-vitro-Homocysteinproduktion durch die Erythrozyten verbleiben.

Homocystein. Tab. 1. Obere Referenzbereichsgrenzen für die Homocysteinkonzentration im Nüchternplasma [vgl. Refsum (2004)]. Gruppe

Unter FolatSupplementierung (μmol/L)

Ohne FolatSupplementierung (μmol/L)

Schwangere

8

10

Kinder < 15 Jahre

8

10

Erwachsene 15–65 Jahre

12

15

Erwachsene > 65 Jahre

16

20

Probenstabilität. Probennahme und -vorbereitung zur Homocysteinbestimmung sind aufgrund der erythrozytären Homocysteinproduktion große Aufmerksamkeit zu widmen. Bei Raumtemperatur ist durch die In-vitro-Homocystein-Synthese der Erythrozyten, unabhängig von der Ausgangskonzentration im Plasma, ein Anstieg von ca. 1 μmol/L/h zu erwarten. Dies entspricht einem Anstieg von 10 % in einer Plasmaprobe mit 10 μmol/L bzw. von 3 % in einer Probe mit 30 μmol/L Homocystein. Der Zeitraum bis zum Eintritt vollständiger Gerinnung und Präparation des Serums kann deshalb zu signifikanten In-vitro-Homocystein-Anstiegen und damit grenzwertigen oder pathologischen Befunden führen (weshalb Serum als Untersuchungsmaterial weniger geeignet ist). Es wurden verschiedene Stabilisatoren vorgeschlagen, z. B. Natriumflourid (NaF), 3-Deazaadenosin und Citrat. Für NaF wird ein osmotischer Effekt auf die Erythrozyten mit der Folge einer Plasmaverdünnung, für 3-Deazaadenosin eine Störung von Immunoassays auf der Basis der S-Adenosylhomocystein-Hydroxylase-Aktivität (z. B. Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay von ABBOTT) und für Citrat eine ineffektive Wirkung beschrieben. Insgesamt ist die Stabilisierung der Blutprobe noch immer nicht befriedigend gelöst.

Präanalytik. Kleine Mahlzeiten vor, Sitz- oder Liegeposition während, sowie Jahreszeit der Blutentnahme sind ohne signifikanten Einfluss. Analytik. Die Homocystein-Bestimmung erfolgt mit immunologischen oder chromatographischen Methoden. Nachteil der immunologischen Methoden sind die relativ hohen Reagenzienkosten und die Analytik in einem „Black-Box-System“, sodass Kreuzreaktionen oder Störungen durch Hämolyse, Ikterus, Lipämie etc. schlecht erkannt werden können. Im Unterschied dazu sind chromatographische Methoden von diesen Störfaktoren weitgehend unbeeinflusst. Allerdings ist bei Einsatz einer 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie der Arbeitsaufwand für die Probenvorbereitung erheblich (Probenreduktion, Zentrifugation, Derivatisierung, Erwärmung, Kühlung etc.). Analysenzeiten von 10–15 min sind zudem für große Analysenserien kaum akzeptabel. Die HPLC wurde deshalb weitgehend durch LC-MS/MS-Applikationen abgelöst. Hierdurch können die Probenvorbereitung auf eine einfache Probenverdünnung (ca. 1:240) incl. Reduktion reduziert, die Analysenzeiten auf 2 min verkürzt und unter Verwendung von Mikrotiterplatten eine Hochdurchsatzanalyse mit mehreren hundert Analysen/Nacht bei einer Unpräzision von deutlich unter 10 % erreicht werden.

Konventionelle Einheit. μmol/L Internationale Einheit. μmol/L Referenzbereich — Erwachsene. Nach Empfehlung der DACH-Liga Homocystein e.V. ist für Patienten mit zusätzlichen atherogenen Risikofaktoren ein Wert von < 10 μmol/L und für Patienten ohne zusätzlich erhöhtes atherogenes Risiko von < 12 μmol/L anzustreben (7 Tab. 1). Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1

Indikation.

5 Thrombosen und Entwicklungsstörungen von Kindern und Jugendlichen 5 Diagnose einer (hereditären) Homocystinurie 5 Identifizierung von Personen mit oder nahe am Risiko eines Vitamin-B12- und/oder Folsäure-Mangels 5 Bestimmung als Risikofaktor für eine kardiovaskuläre Erkrankung in Risikogruppen (aber nicht zum Screening auf AtheroskleroseRisiko in der Allgemeinbevölkerung) 5 Risikopersonen mit erworbenem Folsäure-, Vitamin-B12-, -B6(und -B2-)Mangel 5 Therapiekontrolle unter Vitaminsubstitution aufgrund einer erhöhten Homocystein-Plasmakonzentration 5 Schwangerschaftsvorsorge für Schwangere mit frühen Schwangerschaftskomplikationen oder bei Vitaminmangel-Risikopatientinnen

Interpretation. Nach anfänglich sehr positiven Interpretationen zur diagnostischen Wertigkeit der Plasma-Homocysteinkonzentration als Kenngröße eines erhöhten atherogenen Risikos und zur Nützlichkeit der Absenkung erhöhter Homocysteinkonzentrationen durch Vitamin B12-, -B6- und/oder Folsäuregaben wurden diese in den letzten Jahren zunehmend relativiert. Nach Abraham und Cho (2010) lassen sich die derzeit bekannten Ursachen für erhöhte Homocysteinkonzentrationen wie folgt unterteilen: Milde Hyperhomocysteinämie (15–30 μmol/L) 5 milde bis moderate Nierenerkrankung (mit eingeschränkter glomerulärer Filtration, dem Hauptmechanismus der HCY-Elimination) 5 Medikation mit Antiepileptika, Methotrexat, Theophyllin, Immunsuppressiva, Niacin, Fibraten, Levodopa, Metformin 5 Hyperthyreoidismus 5 Hyperproliferative Erkrankungen 5 Psoriasis 5 MTHFR 677C>T Variante (s. o.) 5 milder (bis moderater) Vitamin-B12- oder Folsäuremangel 5 Alter (7 Tab. 1) 5 proteinreiche Kost; vitaminarme Kost 5 Sichelzellanämie Moderate Hyperhomocysteinämie (30–100 μmol/L) 5 terminale Nierenerkrankungen 5 moderater Vitamin-B12-Mangel; schwerer Folsäuremangel 5 MTHFR 677C>T Variante mit Folsäuremangel Schwere Hyperhomocysteinämie (> 100 μmol/L) 5 starker Vitamin-B12-Mangel 5 Cystathionin-β-Synthase-Defizienz (s. o.) Danach kann eine Hyperhomocysteinämie kein spezifischer Marker für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko sein, gilt aber unabhängig davon mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre, zerebrovaskuläre und peripher arterielle Erkrankungen assoziiert. Ob eine Vitaminsupplemention zur Senkung der Plasma-Homocysteinkonzentration tatsächlich eine Reduktion des atherogenen Risikos für Patienten mit oder ohne Zusatzrisiken oder für Patienten mit oder ohne atheroge-

Homologe Chromosomen

661

ner Vorerkrankung bewirkt, bleibt umstritten. Nach Abraham und Cho empfiehlt die American Heart Association z. B. keine Folsäuregaben zur Vermeidung von kardiovaskulären Erkrankungen. Dass Folsäure- plus Vitamin-B12-Gaben das Krebsrisiko von Patienten mit ischämischer Herzerkrankung erhöhen sollen (Ebbing et al.), stellt eine solche Vitaminsupplementierung zur Behandlung einer Hyperhomocysteinämie zusätzlich in Frage.

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Plasma-GesamthomocysteinKonzentrationen sind eine sensitive Kenngröße für Folsäure- und Vitamin-B12(Cobalamin)-Mangel und ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Plasmahomocystein steht außerdem in Beziehung zu genetischen Erkrankungen wie Homocystinurie, Schwangerschaftskomplikationen, psychiatrischen Erkrankungen und altersabhängiger Einschränkung der kognitiven Wahrnehmung. Die Plasma-Homocystein-Konzentration kann zur Diagnose und Therapieführung von Erkrankungen auf der Basis oder im Zusammenhang mit einer Hyperhomocysteinämie beitragen. Literatur. Abraham JM, Cho L (2010) The homocysteine hypothesis: still relevant to the prevention and treatment of cardiovascular disease? Cleveland Clin J Med 77:911–918 (frei unter http://www.ccjm. org/content/77/12/911.full.pdf+html; 08.07.2011) Ebbing M et al (2009) Cancer incidence and mortality after treatment with folic acid and vitamin B12. JAMA 302:2119–2126 (frei unter http://jama.ama-assn.org/content/302/19/2119.full.pdf+html; 08.07.2011) Thomas L (Hrsg) (2005) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main Refsum H et al (2004) Facts and recommendations about total homocysteine determinations: an expert opinion. Clin Chem 50:3–32 Resch K-L, Till U, Riezler R, Pütter S (ohne Jahresangabe) Homocystein. Störungen des Vitamin-B-6-, -B-12- und Folsäure-Metabolismus. Bochum, Ponte Press www.dach-liga-homocystein.org (20.06.2011)

Homocysteinthiolacton 7 Homocystein

Homogametie R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für die Fähigkeit eines Organismus, genetisch einheitliche 7 Gameten (Keimzellen) auszubilden

i Organismen sind homogametisch, wenn sie nur eine Sorte Ge-

schlechtschromosomen (7 Chromosomen) enthalten. Homogametie kommt bei den Weibchen der meisten Tier- und Pflanzenarten vor (z. B. 7 X-Chromosomen bei weiblichen Säugern). Beim Mensch ist das weibliche Geschlecht homogametisch, alle Eizellen besitzen ein X-Chromosom. Männer sind hingegen 7 heterogametisch, da Spermien entweder ein X- oder ein 7 Y-Chromosom enthalten.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Homogentisinazidurie 7 Alkaptonurie

Homogentisinsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Homogentisinsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 168,15 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Transaminierungsprodukt des Tyrosins, 4-Hydroxyphenylbrenztraubensäure, wird durch die 4-Hydroxyphenylpyruvat-Dioxigenase oxidativ zu Homogentisinsäure decarboxyliert. Im weiteren Verlauf des Abbauwegs wird durch die HomogentisatDioxigenase Maleylacetessigsäure gebildet. Dieses wird über Fumarylacetessigsäure zu Fumarsäure und Acetessigsäure gespalten. Homogentisinsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Bei einem Defekt der Homogentisat-Dioxigenase kommt es zu einer Anreicherung der Homogentisinsäure und ihrer oxidierten Form, der Benzochinonessigsäure. Dieses Benzochinon wird als eigentlich toxischer Metabolit angesehen und ist der Precursor des dunklen Pigments, das in verschiedenen bradytrophen Geweben, vorzugsweise in Knorpeln, abgelagert wird.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 Gaschromatographie-Massenspektrometrie-Trimethylsilylester: 5 Retentionsindex RI:1850 5 M+(m/z): 384 5 Quant Ion (m/z): 384 5 Conf. Ion (m/z): 341 5 HPLC 5 Enzymatisch: 5 Spektrophotometrisch mittels der Aspergillus-nidulans-Homogentisat-Dioxygenase

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. < 2 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 1000–5000 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Verdacht auf 7 Alkaptonurie, Arthropathie, Abklärung: dunkelgefärbter Urin

Interpretation. Erhöhte Homogentisinsäure-Ausscheidung im Urin ist typisch für das Krankheitsbild der Alkaptonurie. Bei Alkalisierung des Urins eines Alkaptonurie-Patienten tritt sofort eine dunkelbraune Färbung des Urins ein. Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von Homogentisinsäure weisen auf einen Defekt der Homogentisat-Dioxygenase hin. Eine enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik ist möglich.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Synonym(e). 2,5-Dihydroxyphenylessigsäure Englischer Begriff. homogentisic acid; homogentisate Definition. Die phenolische Carbonsäure tritt als Intermediat im Stoffwechsel der aromatischen Aminosäure Tyrosin auf. Struktur. C8H8O4 (7 Abb. 1)

Homogentisinsäurederivate 7 Alkapton

Homologe Chromosomen 7 Chromosomen, homologe

H

662

Homologie

Homologie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. Howell-Jolly body Definition. Dunkelbasophile, ca. 1 μm große Einschlusskörper in reifen Erythrozyten (7 Abb. 1).

Definition. Bezeichnung für den Grad an Identität, der zwischen

den 7 Nukleotidsequenzen zweier Nukleinsäuremoleküle oder zwischen den Aminosäuresequenzen zweier Proteinmoleküle besteht, der sich aufgrund eines gemeinsamen entwicklungsgeschichtlichen Ursprungs ergibt.

i Der Begriff Homologie (griech.: homologia = Übereinstimmung) wird auch synonym für die beiden Schwesterchromosomen (7 Chromosomen) eines diploiden Chromosomensatzes verwendet.

Homolyse 7 Dissoziationskonstante

Homovanillinsäure 7 Katecholamine

Homozygotie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. homozygosity Definition. Bezeichnung für die Identität der beiden 7 Allele in dem Genlocus eines Lebewesens i Das Gegenteil ist die sog. 7 Heterozygotie.

Honey Oil T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschischöl (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Hook-Effekt 7 High-Dose-Hook-Effekt

Horizontalelektrophorese 7 Flachbett-Elektrophorese

D-Hormon 7 Vitamin D

Horror Pills T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Triazolam (7 Straßennamen von Drogen: Benzodiazepine).

Host-Query O. Colhoun

Englischer Begriff. host query

Howell-Jolly-Körper. Abb. 1. Howell-Jolly Körperchen (Pfeil), 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Howell-Jolly-Körperchen sind Kernreste (DNA) in Erythrozyten. Sie können beim Gesunden normalerweise nicht nachgewiesen werden, da sie bei der Milzpassage herausgefiltert werden. Nach Milzextirpation werden sie somit regelmäßig im peripheren Blut nachweisbar. Aber auch eine funktionelle Insuffizienz der Milz oder eine überstürzte Blutneubildung führen zum Auftreten von Erythrozyten mit Howell-Jolly-Körperchen im peripheren Blut.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 175

Hp 7 Haptoglobin

HPA (human placelet antigene) 7 Thrombozytenantigen

HPA-Antikörper 7 Autoantikörper gegem Thrombozyten

HPCE 7 Hochleistungs-Kapillarelektrophorese

Hp-Hb-Komplex 7 Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl

HPL 7 Plazenta-Lactogen

Definition. Abfrage im Datenbestand des 7 Labor-EDV-Systems. i Beispiel ist die Anfrage eines online angeschlossenen Analyse-

systems beim Labor-EDV-Host nach den angeforderten Analysen für eine Proben-Identifikationsnummer, welche im Gerät soeben gescannt wurde.

Howell-Jolly-Körper H. Baum

Synonym(e). Jolly-Körperchen

HPLC 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

HPLC-MS 7 LC-MS

HPRT 7 Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase

³H-Taurocholat-Absorptionstest

HpSA T. Arndt

Englischer Begriff. Helicobacter pylori stool antigen test Definition. Nachweis einer Helicobacter-pylori-Besiedlung des Verdauungstraktes durch Bestimmung eines H.-pylori-Antigens im Stuhl mit Hilfe eines Immunoassays. i Es handelt sich um einen ELISA-Test (7 Immunoassay), welcher

einen qualitativen Antigen-Nachweis ermöglicht. Dieser Test soll bezüglich Sensitivität wie auch Spezivität dem 7 ¹³C-Harnstoff-Atemtest nur wenig unterlegen sein. Im Gegensatz zum 13C-Harnstoff-Atemtest ist eine Kooperation des Patienten nicht wesentlich, was als besonderer Vorteil in der Pädiatrie gilt. Der Test kann zur Primärdiagnostik und zur Eradikationskontrolle eingesetzt werden.

Literatur. Vaira D, Malfertheiner P, Megraud F, Axon AT, Deltenre M, Hirschl AM, Gasbarrini G, O’Morain C, Garcia JM, Quina M, Tytgat GN (1999) Diagnosis of Helicobacter pylori infection with a new non-invasive antigen-based assay. HpSA European study group. Lancet 354:30–33

663

Rolle als Transportprotein für bioaktive Moleküle, als Calciumcarrier, Inhibitor der Insulinrezeptor-Autophosphorylierung und Inhibierung der Makrophagenaktivität sind bekannt und teilweise an dessen Phosphorylierung gebunden. Es gehört mit den strukturverwandten Glykoproteinen (7 Histidin-reiches Glykoprotein), 7 Kininogenen und Fetuin B zur Cystatin-Superfamilie (7 Cystatin C). Es hemmt 7 Adiponectin und stimuliert 7 Tumornekrosefaktor-α. Zunehmende klinische Bedeutung gewinnt AHSG/Fetuin A als Risikoindikator für Schlaganfall, Myokardinfarkt, Insulinresistenz (Diabetes Typ 2) und die Pathogenese der nichtalkoholischen Fettleber (NAFLD).

Literatur. Wang H, Zhang M, Bianchi M et al (1998) Fetuin (α2-HSglycoprotein) opsonizes cationic macrophage deactivating molecules. Proc Natl Acad Sci USA 95:14429–14434

Hsp70-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Hitzeschockproteine

H-Substanz K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). H-Antigen

HPSEC-MALLS 7 Hochleistungs-Größenausschlusschromatographie mit MALLSDetektor

HPTLC 7 Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie

Hpx 7 Hämopexin

HR-GC 7 Kapillar-Gaschromatographie

hrv 7 V-Antigen

HsEg5 7 Autoantikörper gegen Spindelapparat

α₂-HS-Glykoprotein A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). α2-Heremanns-Schmid-Glykoprotein; AHSG; A2HS; AHS; HSGA; Fetuin A

Englischer Begriff. human fetuin; α2-HS-glycoprotein Definition. Plasma-Glykoprotein, das in Hepatozyten als negatives Akute-Phase-Protein synthetisiert wird, aufgrund seiner negativen Ladung als Transportprotein für bioaktive Moleküle einschließlich Calcium dient und zunehmende Bedeutung als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall) und Insulinresistenz (Typ-2-Diabetes) gewinnt. i AHSG (Alpha-Heremanns-Schmid-Glykoprotein) ist das human-

analoge Protein (Molmasse 48,7 kDa, 13,4 % Kohlenhydratmassenanteil) des bovinen Fetuins; es wird nahezu ausschließlich in Hepatozyten, eine kleine Fraktion in Monozyten/Makrophagen synthetisiert und besitzt durch drei N- und drei O-gebundene Oligosaccharidketten mit terminaler Sialinsäure eine stark negative Ladung (saures Glykoprotein). Plasmakonzentration liegt zwischen 0,3 und 0,6 g/L und nimmt bei akuten Entzündungen (7 Akute-Phase-Reaktion) um 30–50 % ab (negatives 7 Akute-Phase-Protein). Die höchsten Serumkonzentrationen werden während der Fetalperiode erreicht. Physiologische Funktionen sind noch weitgehend unbekannt. Eine

Englischer Begriff. H antigen Definition. Oligosaccharidstruktur auf der Oberfläche von Erythrozyten, die die Grundlage der AB0-Blutgruppenantigene bildet. i Das H-Antigen ist ein Kohlenhydratantigen mit einer Oligosaccharidstruktur, die sich ubiquitär auf der Erythrozytenoberfläche findet und die Grundstruktur für die AB0-Blutgruppenantigene bildet (7 AB0-Blutgruppensystem). Die Biosynthese des H-Antigens erfolgt durch Glykosyltransferasen, die Monosaccharide mit hoher Donorund Akzeptorspezifität aus aktivierten Nukeotidzuckern auf Akzeptorstrukturen übertragen (7 Hh–Blutgruppensystem). Als minimale determinante Struktur des H-Antigens befindet sich das Disaccharid Fukose-α-1,2-Galaktose-β1-Rest auf Glykoproteinen und -lipiden auf der Erythrozytenoberfläche. Diese Struktur wird bei Trägern der Blutgruppen A, B und AB durch die A- bzw. B-Transferasen, die die Addition von N-Acetylgalaktosamin bzw. Galaktose an den Galaktose-Rest des H-Antigens katalysieren, modifiziert. Personen der Blutgruppe 0 exprimieren keine enzymatisch aktive A- oder B-Transferase, weshalb die H-Substanz nicht modifiziert wird. Diese Personen bilden als immunologische Reaktion auf ubiquitär vorkommende A- und B-Antigen-ähnliche bakterielle Strukturen Anti-A- und Anti-B-Antikörper (7 Isoagglutinine). Das Fehlen des H-Antigens, welches aufgrund von Mutationen im H-Transferase-Gen FUT1 und einer daraus resultierenden inaktiven Transferase entsteht, führt zum 7 Bombay-Phänotyp, der durch das Vorkommen von Isoagglutininen der Spezifität Anti-A, Anti-B und Anti-H charakterisiert ist. Neben dem FUT1-Gen existiert im menschlichen Genom noch das homologe Gen FUT2, welches für die Se-Transferase kodiert, eine Fukosyltransferase mit ähnlicher Substratspezifität wie die H-Transferase. Personen, die eine enzymatisch aktive Se-Transferase exprimieren, synthetisieren eine lösliche Form des H-Antigens, welches in Saliva und anderen Körperflüssigkeiten gefunden wird (s. a. 7 Sekretorstatus).

Literatur. Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Deutsches Ärzteblatt 98: B267– B272 Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

³H-Taurocholat-Absorptionstest 7 14C- oder 3H-Taurocholat-Absorptionstest

H

664

HTLA-Antikörper

HTLA-Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). High titer low avidity antibodies Englischer Begriff. HTLA antibodies; high titer low avidity antibodies

Definition. Untergruppe der Antikörper gegen hochfrequente Antigene, die sich durch einen hohen Antikörpertiter und eine niedrige Antigenavidität auszeichnen. i HTLA-Antikörper stellen eine Untergruppe der Antikörper

gegen 7 häufige Antigene dar, wobei die Mehrzahl der HTLA-Antikörper gegen das Chido-Antigen (Cha) (7 Chido/Rodgers-Blutgruppensystem) und gegen das Knops-Antigen (Kna) gerichtet ist. Die im Patientenserum nachgewiesenen Antikörpertiter sind sehr variabel und können Titerhöhen von mehr als 1:10.000 erreichen. Charakteristisch für HTLA-Antikörper ist das Fehlen einer kontinuierlichen Abnahme der Reaktivität in immunhämatologischen Tests bei der Bestimmung des Antikörpertiters, die durch eine niedrige Avidität des Antikörpers zum adressierten Antigen erklärt wird. HTLA-Antikörper sind in der Regel ohne klinische Relevanz, können jedoch die Bereitstellung serologisch verträglicher Blutkonserven für Patienten mit HTLA-Antikörpern sehr verkomplizieren, da Antikörper gegen hochfrequente Antigene im Rahmen der 7 serologischen Verträglichkeitsprobe (Kreuzprobe) und der serologischen Antikörperdifferenzierung mit einer Vielzahl von Testerythrozyten reagieren und so weitere transfusionsmedizinisch relevante Alloantikörper maskieren können. Dies ist bei HTLA-Antikörpern von besonderer Bedeutung, da wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben, dass bei mehr als 10 % der Patienten mit HTLA-Antikörpern weitere Alloantikörper nachweisbar sind.

Literatur. Heuft HG, Genth R, Wittmann G, Salama A (1999) Alloantibodies directed against high-frequency red blood cell antigens. Infusionsther. Transfusionsmed. 26:234–239

HTML O. Colhoun

Synonym(e). Hyper text mark-up language

5-HTOL 7 5-Hydroxytryptophol

5-HTP 7 5-Hydroxytryptophan

Hub O. Colhoun

Englischer Begriff. hub Definition. Verteilereinrichtung im Computernetzwerk, die an zentraler Stelle Netzleitungen sternförmig verbindet. i Meist lassen sich an einen Hub auch weitere Hubs anschließen

(Stackable H.). Man unterscheidet weiter zwischen aktiven Hubs, die eingehende Signale verstärken, und passiven Hubs, bei denen keine Signalverstärkung stattfindet. Ein Switching-Hub ist ein spezieller Hub, der Datenpakete von einem Computer genau an den Zielcomputer weiterleitet, einfache Hubs senden die Datenpakete dagegen an alle angeschlossenen Kommunikationseinrichtungen.

Huber-Herklotz-Formel H. Baum

Synonym(e). HH-Formel Definition. Formel zur Abgrenzung einer α-Thalassämie von anderen hypochromen Anämien mit Hilfe der Erythrozytenzahl, des MCH und der 7 Erythrozytenverteilungsbreite („red cell distribution width“, RDW). i Der Nachweis einer α-Thalassämie ist über die Standardmethoden 7 Hämoglobin-Elektrophorese, Chromatographie oder Quantifizierung von HbA2 und HbF nicht möglich, sodass keine einfachen Methoden zum Screening zur Verfügung stehen. Die Formel nach Huber und Herklotz (HH) erlaubt bei Patienten mit einer hypochromen Anämie (MCH < 27 pg) die einfache Differenzialdiagnose einer α-Thalassämie gegenüber einer Eisenmangelanämie oder Mischformen. Bei MCH-Werten > 27 pg kann die Formel nicht angewandt werden:

Englischer Begriff. HTML

HH = [MCH (pg) × RDW(fL) / 10 × Ery (T/L)] + RDW(fL)

Definition. Eine Beschreibungssprache für Dokumente im world

HH-Werte < 20 sind fast ausschließlich bei einer α-Thalassämie nachzuweisen, Werte zwischen 20–23 können bei einer α-Thalassämie zusammen mit einer hypochromen Anämie anderer Ursache nachgewiesen werden. Werte > 23 sind für eine Eisenmangelanämie typisch (7 Hämoglobin-Elektrophorese).

wide web (www). i Mit ihrer Hilfe wird die logische Struktur eines Dokuments beschrieben, etwa Überschriften, Textabsätze, Listen und Tabellen. Weiter können Grafiken und multimediale Inhalte in den Text integriert sowie anklickbare Verweise (Hyperlinks) auf beliebige andere Webseiten oder Datenquellen im Internet erzeugt werden. Gerade diese Idee der Hyperlinks begründet das world wide web und auch den Erfolg von HTML. So basieren heute die normalen Informationsseiten im www auf HTML. Zur Erleichterung von Formatierungen und zur Ermöglichung von dynamischen Inhalten bietet HTML eine Schnittstelle zu den Erweiterungssprachen Cascading Style Sheets (CSS) und JavaScript bzw. JScript. Außerdem basiert HTML auf der weltweit verbreiteten und anerkannten Auszeichnungssprache SGML, stellt genau genommen eine SGML-Spezifikation dar. Das Auszeichnungsschema von HTML geht von einer hierarchischen Gliederung eines Dokuments aus. Dokumente haben globale Eigenschaften (etwa Namen und Typ), die bei HTML in einem Kopf (engl. head) zusammengefasst werden. Der eigentliche Inhalt, von HTML im sog. Körper (engl. body) organisiert, besteht aus bestimmten Elementen (z. B. Überschrift, Tabelle, Aufzählung, fett gedruckte Stelle), die verschachtelt werden können. So kann ein Tabellenfeld eine Aufzählungsliste enthalten, ein Aufzählungspunkt fett ausgezeichnet sein usw.

Literatur. Brockhaus Computer und Informationstechnologie (2003) Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus Mannheim Leipzig

Literatur. Huber AR, Ottiger C, Risch L et al (2004) ThalassämieSyndrome: Klinik und Diagnose. Schweiz Med Forum 4:947–952

HUGO 7 Human Genome Organization

Hüllproteine R. Weiskirchen

Englischer Begriff. envelope proteins Definition. Virale Proteine, welche die Viruskapsel, in der sich das Erbmaterial befindet, bilden i Die Virushülle übernimmt den Schutz der Nukleinsäure und

ist für die Anheftung des Viruspartikels an die Wirtszelloberfläche verantwortlich. Bei den meisten Viren besteht die Proteinhülle aus zahlreichen Proteinmolekülen einer oder einiger weniger Arten. Die Hülle mancher Virustypen ist aber sehr komplex und besteht aus Proteinmolekülen von fast 50 verschiedenen Arten. Unter geeigneten Bedingungen lagern sich isolierte Hüllproteine zu zylinderförmigen

Humane Herpes-6-Viren

Stäbchen zusammen, die sich bei einer Untersuchung mit dem Elektronenmikroskop nicht von normalen Viruspartikeln unterscheiden lassen. Auf die Hüllproteine eines Virus reagiert das menschliche Immunsystem, z. B. mit der Produktion von spezifischen Antikörpern. In der Vergangenheit wurden einzelne rekombinant erstellte Hüllproteine zur Immunisierung und zur Generierung von Impfstoffen eingesetzt.

Literatur. Knippers R (1985) Molekulare Genetik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Human anti-mouse antibodies S. Holdenrieder, P. Stieber

665

Kontakt mit Tieren jedoch sehr selten auch bei Normalpersonen gefunden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Indikation. Abklärung plötzlich erhöhter oder unerklärlich hoher Tumormarkerwerte ohne klinisches Korrelat und negativen HAMAWerten.

Interpretation. Heterophile Anti-Kaninchen-Antikörper sollten bei plötzlich erhöhten oder unerklärlich hohen Tumormarkerwerten ohne klinisches Korrelat und negativen HAMA-Werten untersucht werden. Erhöhte HARA-Werte erübrigen eine weitere Diagnostik mit Tumormarkern.

Englischer Begriff. human anti-mouse antibodies

Diagnostische Wertigkeit. Abklärung plötzlich erhöhter oder unerklärlich hoher Tumormarkerwerte ohne klinisches Korrelat und negativen HAMA-Werten.

Definition. Heterophile Antikörper, die nach einer Applikation von

Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H (2002) Tumor markers.

Maus-Immunglobulinen im Zuge von diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen gebildet werden.

Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. AACC Press, Washington DC Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

Synonym(e). HAMA

Struktur. 7 Immunglobuline Funktion und Pathophysiologie. Im Rahmen einer Immunszintigraphie oder einer Immuntherapie mit Maus-Immunglobulinen werden heterophile Antimaus-Antikörper gebildet, die in Testsystemen, in denen monoklonale Maus-Antikörper verwendet werden, zu falsch positiven Ergebnissen führen können. Diese heterophilen Antikörper können auch bei Patienten, die mit „Frischzellen“ behandelt worden sind, vorkommen und falsch hohe Tumormarkerwerte vortäuschen. Heterophile Antikörper werden nach intensivem Kontakt mit Tieren jedoch sehr selten auch bei Normalpersonen gefunden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Referenzbereich — Erwachsene. < 40 μg/L (methodenabhängig) Indikation. Abklärung plötzlich erhöhter oder unerklärlich hoher Tumormarkerwerte ohne klinisches Korrelat

Interpretation. Heterophile Antimaus-Antikörper sollten bei plötzlich erhöhten oder unerklärlich hohen Tumormarkerwerten ohne klinisches Korrelat untersucht werden. Erhöhte HAMA-Werte erübrigen eine weitere Diagnostik mit Tumormarkern.

Diagnostische Wertigkeit. Abklärung plötzlich erhöhter oder unerklärlich hoher Tumormarkerwerte ohne klinisches Korrelat Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. AACC Press, Washington DC Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360.

Human-Biomonitoring-Wert D. Meissner

Synonym(e). HBM-I und -II Englischer Begriff. human biomonitoring value Definition. Grenzwert für die Beurteilung der individuellen Belastung des Menschen durch Schadstoffe aus der Umwelt. i Human-Biomonitoring(HBM)-Werte liegen über den Referenz-

werten unbelasteter Personen. Es sind toxikologisch begründete Beurteilungswerte, die angeben, ob eine bestimmte Stoffkonzentration unbedenklich ist oder eine gesundheitliche Gefährdung darstellt. Es werden zwei HBM-Werte, HBM-I und HBM-II festgelegt. Der HBM-I-Wert ist die Konzentration eines Schadstoffs in einem Körpermaterial, bis zu der eine gesundheitliche Gefährdung nicht anzunehmen ist. Wird dieser Wert überschritten, sollten weitere Kontrollen veranlasst werden. Der HMB-II-Wert ist die Konzentration eines Schadstoffs, bei deren Überschreitung eine gesundheitliche Gefährdung möglich und daher eine medizinische Betreuung zu veranlassen ist. Die Festlegung der HBM-Werte, der Bewertungskriterien und der daraus abzuleitenden Maßnahmen erfolgt auf der Grundlage des aktuellen Stands der Bewertung durch die Kommission „HumanBiomonitoring“ des Umweltbundesamtes [bisher nur für Cd, Pb und Hg, sowie für Pentachlorphenol und Diethylhexylphthalat(DEHP)Metabolite].

Literatur. Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundes-

Human anti-rabbit antibodies S. Holdenrieder, P. Stieber

amtes (1996) Konzept der Referenz- und Human-BiomonitoringWerte (HBM) in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl. Nr. 6:221–224

Synonym(e). HARA Englischer Begriff. human anti-rabbit antibodies Definition. Heterophile Antikörper, die nach einer Applikation von Kaninchen-Immunglobulinen im Zuge von diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen gebildet werden.

Struktur. 7 Immunglobuline Funktion und Pathophysiologie. Im Rahmen einer Immunszintigraphie oder einer Immuntherapie mit Kaninchen-Immunglobulinen werden heterophile AntiKaninchen-Antikörper gebildet, die in Testsysteme, in denen monoklonale Kaninchen-Antikörper verwendet werden, zu falsch positiven Werten führen können. Diese heterophilen Antikörper können auch bei Patienten, die mit „Frischzellen“ behandelt worden sind, vorkommen und falsch hohe Tumormarkerwerte vortäuschen. Heterophile Antikörper werden nach intensivem

Humane Anti-Maus-Antikörper (HAMA) 7 Antikörper, heterophile; 7 Human anti-mouse antibodies

Humane Herpes-1-Viren 7 Herpes-simplex-Virus 1

Humane Herpes-4-Viren 7 Epstein-Barr-Virus

Humane Herpes-6-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Human herpes virus type 6

H

666

Humane Herpes-7-Viren

Beschreibung des Erregers. Das humane Herpes-Virus 6 (HHV-6), erstmals im Jahr 1986 beschrieben, wurde bei dem Versuch entdeckt, das HIV aus den Lymphozyten eines AIDS-Patienten zu isolieren. Daher wurde es zunächst als humanes B-lymphotropes Virus (HBLV) bezeichnet. Später konnte jedoch gezeigt werden, dass sich das Virus vorwiegend in T-Zellen vermehrt. HHV-6 gehört zur Familie Herpesviridae (behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA als Genom), Unterfamilie β-Herpesvirinae, Gattung Roseolo-Viren. Die HHV-6-Virionen (Ø 200 nm) bestehen aus einem ikosaedrischen Kapsid, das von Tegumentproteinen umkleidet und einer äußeren Virushülle umgeben ist. Reservoir für HHV-6 ist ausschließlich der infizierte Mensch. HHV-6 existiert als Spezies HHV-6A oder HHV-6B, sie sind auf Nukleotidebene zu 90 % homolog, können jedoch nicht miteinander rekombinieren. Der Übertragungsmodus von HHV-6A ist bisher noch ungeklärt. HHV-6B wird in der Regel als Kontakt- oder Tröpfcheninfektion über den Speichel weitergegeben. Bei Erwachsenen ist die Durchseuchungsrate in der Bevölkerung > 95 %, beide Spezies zusammengenommen.

Erkrankungen. HHV-6A-Infektionen verlaufen eher asymptomatisch. HHV-6B ist das ätiologische Agens des Exanthema subitum (Roseola infantum oder Dreitagefieber), das zu den klassischen Kinderkrankheiten zählt – betroffen sind fast ausschließlich Kinder unter 2 Jahren. Die Erkrankung ist durch plötzliches hohes Fieber gekennzeichnet, als Komplikation können Krampfanfälle auftreten, zum einen Fieberkrämpfe mit meist guter Prognose, zum anderen Enzephalitis-bedingte Krämpfe angesichts einer Beteiligung des ZNS. Seltener sind gastrointestinale und respiratorische Symptome, Schwellung der zervikalen Lymphknoten und rote Flecken an Gaumen und Zäpfchen (Nagayama-Flecken). Bei Entfieberung, nach 3–4 Tagen, tritt ein Hautausschlag mit feinen Flecken oder Papeln an Rumpf und Nacken auf. Behandlung symptomatisch, bei schweren neurologischen Komplikationen Therapie mit Ganciclovir, Forscarnet oder Cidofovir.

Analytik. Bei Dreitagefieber ist in der Regel keine Labordiagnostik erforderlich. Direktnachweis: Die Virus-Kultur wird nur in Speziallaboren durchgeführt und ist diagnostisch unbedeutend. Bei Verdacht auf Enzephalitis besitzt eine Virus-Subtyp-spezifische PCR von Liquor-Proben die höchste Aussagekraft. Serologie: Antikörperbestimmung durch indirekte Immunfluoreszenz oder Enzymimmuntests. Man kann allerdings noch nicht zwischen HHV-6A und HHV-6B unterscheiden. Zu beachten sind Kreuzreaktivitäten mit HHV-7- und Cytomegalie-Viren. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht wird allenfalls Liquor. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt und innerhalb von 24 h untersucht werden. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Literatur. Salahuddin SZ, Ablashi DV, Markham PD, Josephs SF, Sturzenegger S, Kaplan M, Halligan G, Biberfeld P, Wong-Staal F, Kramarsky B et al (1986) Isolation of a new virus, HBLV, in patients with lymphoproliferative disorders. Science 234: 596–601 Gärtner BC, Müller-Lantzsch N (2007) Dreitagefieber/Humanes Herpesvirus 6 und 7. In: Handbuch der Infektionskrankheiten, Hofmann, VIII-6.10, 18

Humane Herpes-7-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Human herpes virus type 7 Beschreibung des Erregers. Das humane Herpes-Virus 7, erstmals im Jahr 1990 beschrieben, repliziert sich in CD4+-T-Lymphozyten und persistiert in Epithelzellen der Mundspeicheldrüsen. HHV-7 gehört

zur Familie Herpesviridae (behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA als Genom), Unterfamilie β-Herpesvirinae. Die HHV7-Virionen (Ø 170 nm) bestehen aus einem ikosaedrischen Kapsid, das von Tegumentproteinen umkleidet und von einer äußeren Virushülle umgeben ist. Reservoir für HHV-7 ist ausschließlich der infizierte Mensch. Das Virus vermehrt sich in Speicheldrüsenepithelien und wird in den Speichel abgegeben.

Erkrankungen. HHV-7 wird als mögliche Ursache einer Reihe verschiedener Krankheiten angesehen. Darunter sind unspezifische fieberhafte Viruserkrankungen mit Exanthem, in seltenen Fällen mit neurologischer Symptomatik, wie Fazialisparese, Meningitis und Krampfanfällen. Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang zu Pityriasis rosea beschrieben. In seltenen Fällen kann sich auch das Bild eines Exanthema subitum zeigen (7 Humane Herpes-6-Viren). Die Primärinfektion findet im Säuglings- bis Kleinkindalter statt (später als die HHV-6-Infektionen), bei Erwachsenen beträgt die Prävalenz 95 %. Behandlung der Primärinfektion allenfalls symptomatisch. Ganciclovir zeigt gegenüber HHV-7, im Gegensatz zu HHV-6, eine schlechte Wirksamkeit und wird nicht zur Therapie empfohlen.

Analytik. Für HHV-7-Infektionen ist eine Labordiagnostik in der Regel nicht erforderlich. Die Viruskultur wird nur in Speziallaboren durchgeführt und ist diagnostisch unbedeutend. Bei Verdacht auf Enzephalitis besitzt eine Virus-Subtyp-spezifische PCR von Liquorproben die höchste Aussagekraft. Für den Antikörpernachweis gegen HHV-7 sind im Wesentlichen ELISA-Verfahren beschrieben, deren Antigene aus Viruskulturen gewonnen werden. Hierbei ist insbesondere die Kreuzreaktivität mit CMV und HHV-6 zu beachten, da den β-Herpes-Viren viele zelluläre Epitope gemeinsam sind.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis: mittels PCR: Liquor Serologie: Serum oder Liquor. Patientenproben für Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Literatur. Frenkel N, Schirmer EC, Wyatt LS, Katsafanas G, Roffman E, Danovich RM, June CH (1990) Isolation of a new herpesvirus from human CD4+ T cells. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 87. 748–752 Gärtner BC, Müller-Lantzsch N (2007) Dreitagefieber/Humanes Herpesvirus 6 und 7. In: Handbuch der Infektionskrankheiten, Hofmann, VIII-6.10, 18

Humane Herpes-8-Viren W. Stöcker

Synonym(e). Human herpes virus type 8 Beschreibung des Erregers. Das humane Herpes-Virus 8, erstmals im Jahr 1994 beschrieben, wird aufgrund seiner Entdeckung im Gewebe von Kaposi-Sarkomen auch als Kaposi-Sarkom-Herpes-Virus (KSHV) bezeichnet. HHV-8 infiziert in erster Linie B-Lymphozyten, die auch den Ort der Latenz darstellen. HHV-8 gehört zur Familie Herpesviridae (behüllte Viren mit einer doppelsträngigen, linearen DNA als Genom), Unterfamilie γ-Herpesvirinae, Gattung Rhadino-Virus. Die Virionen (Ø 140 nm) bestehen aus einem ikosaedrischen Kapsid, das von Tegumentproteinen umkleidet und von einer äußeren Virushülle umgeben ist. Reservoir für HHV-8 ist ausschließlich der infizierte Mensch, der das Virus auch asymptomatisch ausscheiden kann.

Erkrankungen. Die Primärinfektion des Mund- und Rachenraums mit HHV-8 verläuft bei Immungesunden in den meisten Fällen asymptomatisch, gelegentlich treten Fieber oder ein Exanthem auf. HHV-8 ist ätiologisch an der Entstehung des Kaposi-Sarkoms beteiligt, an dem bevorzugt AIDS-Patienten erkranken. Zudem scheinen verschiedene seltene lymphoproliferative Erkrankungen, z. B. das primäre Ergusslymphom (PEL) und eine Variante der multizentrischen CastlemanErkrankung (MCD), mit dem Virus assoziiert zu sein. Das Virus wird insbesondere durch Speichel und auf sexuellem Weg übertragen. Die

Humanes Kallikrein 2

Durchseuchung in Deutschland ist im Vergleich zu anderen HerpesViren mit 1–8 % niedrig, in Afrika liegt die Seroprävalenz bei 50 %.

Analytik. Direkter Erregernachweis mittels PCR. Speichelproben zeigen die höchste Sensitivität, eine negative PCR aus suspektem Tumorgewebe spricht gegen ein Kaposi-Sarkom. Der immunhistochemische Nachweis von HHV8-LNA („latent nuclear antigen“) in formalinfixiertem, paraffineingebettetem Material ist ebenfalls möglich. Antikörperdiagnostik mittels indirekter Immunfluoreszenz oder ELISA.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Speichel, Blut sowie Biopsien aus KaposiSarkomen. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Liquor für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Literatur. Chang Y, Cesarman E, Pessin MS, Lee F, Culpepper J, Knowles DM, Moore PS (1994) Identification of herpesvirus-like DNA sequences in AIDS-associated Kaposi’s sarcoma. Science 266: 1865–1869. Edelman DC (2005) Human herpesvirus 8 – A novel human pathogen. Virol J 2:78 Review

Humane Leukozyten-Antigen-Allele 7 HLA-Allele

Humane Leukozyten-Antigene (HLA) 7 Major histocompatibility complex

Human epidermal growth factor receptor S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). EGFR; ErbB; HER2 Englischer Begriff. human epidermal growth factor receptor Definition. Der human epidermal growth factor receptor ist eine Familie von transmembranösen Proto-Onkogenen mit Rezeptoreigenschaft für den Epidermal growth factor. Struktur. Die human epidermal growth factor receptor-Familie besteht aus vier strukturell verwandten Transmembranproteinen: dem epidermal growth factor receptor (EGFR, ErbB1, HER1); ErbB2 (HER2, neu); ErbB3 (HER3) und ErbB4 (HER4).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die EGFR-Tyrosinkinase spielt eine wichtige physiologische Rolle bei Zellproliferation, und -differenzierung. Überexpression und genetische Mutation des Rezeptors mit der Folge einer veränderten Signaltransduktion sind für den Prozess der malignen Transformation bei einer Vielzahl von Karzinomen von Bedeutung. Neben den membranständigen Rezeptoren wurden auch lösliche Formen für alle Mitglieder der EGFR-Familie identifiziert. Diese aus der extrazellulären Domäne des Rezeptors bestehenden Proteine liegen in mehreren Isoformen mit unterschiedlicher Länge vor.

Funktion und Pathophysiologie. Überexpression und genetische Mutationen der EGFR-Familie sind bei einer Reihe von malignen Tumoren beschrieben, insbesondere beim Mamma-, Ovarial- und Lungenkarzinom und bei gastrointestinalen Karzinomen. Wie in In-vitro- und In-vivo-Studien gezeigt wurde, führen die löslichen EGFR-Spaltprodukte zu einer Verminderung der Zellproliferation, möglicherweise durch kompetitive Bindung an Wachstumsfaktoren oder Heterodimerisierung mit membranständigen EGFR-Rezeptoren und konsekutiver Inhibition des Kinase-Signalwegs. Für Patientinnen mit ErbB2(HER2)-positiven Mammakarzinom wird inzwischen im Rahmen von Nachsorgestudien eine Antikörpertherapie gegen diesen Membranrezeptor angeboten. Ebenso wird

667

die Wirksamkeit dieser Therapie bei anderen Karzinomen untersucht. Insbesondere zur Beurteilung des Therapieverlaufs wurden Assays zur Quantifizierung von löslichem sErbB2 (sHER2) und auch für sErbB1 (sHER1) im Serum entwickelt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Liquor, Pleura-, Aszitesflüssigkeit

Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Median 8,5 μg/L (Bereich 6–14,5 μg/L; methodenabhängig)

Indikation. Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge beim Mam-

makarzinom (mit 7 Carcinoembryonales Antigen und 7 Carbohydrate antigen 15-3) und beim Ovarialkarzinom (mit 7 Carbohydrate antigen 125).

Interpretation. Bisher wurden mehrere Immunoassays für die löslichen Formen des ErbB1 (HER1)- und ErbB2 (HER2/neu)-Rezeptors entwickelt. Da von beiden Proteinen mehrere Isoformen existieren (ErbB1: 60 kDa und 110 kD; ErbB2: 68 kD, 105 kDa und 110 kD) und den Assays unterschiedliche Antikörper, Einheiten und Referenzmaterialien zugrunde liegen, kann derzeit über die Vergleichbarkeit der Teste keine Aussage gemacht werden. Auch existieren zurzeit widersprüchliche Beobachtungen über die Korrelation der Expression von ErbB1 bzw. ErbB2 im Gewebe und der Konzentration im Serum. Die Bedeutung insbesondere des löslichen ErbB1 im Serum ist noch unklar: Während die sErbB1-Konzentration beim Ovarialkarzinom erniedrigt gefunden wurde, ist sie beim Mammakarzinom häufig erhöht. Hingegen wurde für sErbB2 (HER2/neu) eine vermehrte Freisetzung in die Zirkulation bei beiden Karzinomen, insbesondere bei metastasierten Karzinomen beschrieben. Außerdem wurden zumindest leicht erhöhte sErbB2 (HER2/neu)-Werte in Abhängigkeit vom Tumorstadium bei vielen verschiedenen Tumoren (27 % Leberzellkarzinom, 21 % kolorektales Karzinom, 13 % Bronchialkarzinom, 25 % Prostatakarzinom, 22 % Magenkarzinom) gefunden. Somit ist sErbB2 (HER2/neu) weder organspezifisch oder geschlechtsspezifisch. Da auch bei benignen Erkrankungen erhöhte Werte gemessen werden (z. B. 38 % erhöhte Freisetzung bei Leberzirrhose) liegt auch keine Tumorspezifität vor. Bei anderen akuten und chronischen Erkrankungen unterschiedlichster Genese befinden sich die Werte im Bereich von gesunden Personen. Beim Mammakarzinom kennzeichnet eine hohe sErbB2(HER2/neu)Konzentration im Serum eine Patienten-Untergruppe mit ungünstiger Prognose. Darüber hinaus soll sErbB2 (HER2/neu) auch eine additive Aussagekraft in der frühzeitigen Entdeckung einer Rezidivierung zusätzlich zu CEA und CA 15-3 haben und zur Überwachung einer systemischen Herceptin-Therapie im metastasierten Stadium sinnvoll sein. Diagnostische Wertigkeit. Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CEA und CA 15-3), Prognose. Ovarialkarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung CEA 125), Prognose.

(mit

Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H et al (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. AACC Press, Washington DC Sørensen PD, Jakobsen EH, Langkjer ST et al (2009) Serum HER-2 concentrations for monitoring women with breast cancer in a routine oncology setting. Clin Chem Lab Med 47:1117–1123

Humanes Kallikrein 2 S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. human kallikrein 2 Definition. Das humane Kallikrein 2 gehört wie alle Kallikreine einer Untergruppe der sezernierten, Trypsin-ähnlichen SerinproteinasenEnzymfamilie an.

H

668

Humanes Leukozytenprotein

Struktur. Das humane Kallikrein 2 ist eine Serinproteinase, deren Gen auf Chromosom 19q13.4 lokalisiert ist. Es kann durch seinen Genlocus, seine Aminosäuresequenz, seine Substratspezifität und seine kininogene Aktivität von anderen Kallikreinen abgegrenzt werden. Molmasse. 23–26 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Wie andere Kallikreine wird auch hK2 in hormonabhängigen Geweben wie der Prostata, der Brust und den Ovarien exprimiert; hK2 wird in vielen Flüssigkeiten zusammen mit PSA/hK3 angetroffen. Es ist in der Lage, sich selbst autokatalytisch zu aktivieren, wie auch PSA/hK3 zu aktivieren. Funktion und Pathophysiologie. Im Seminalplasma trägt hK2 durch die Spaltung von Seminogelin I und II zur Verflüssigung bei; dabei spaltet es die Substrate allerdings an unterschiedlichen Stellen und mit geringerer Effizienz wie PSA/hK3. Außerdem spaltet hK2 Fibronectin, den Urokinase-Plasminogen-Aktivator sowie Growth-factor-binding-Proteine. Eine Dysregulation der hK-Expression wurde bei einigen malignen Tumoren beobachtet, insbesondere beim Prostata- und Mammakarzinom. Zusammen mit dem Prostata-spezifische Antigen (hK3) wird hK2 als Serummarker beim Prostatakarzinom eingesetzt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. Enzymimmuoassay (EIA) Referenzbereich — Erwachsene. < 0,05 μg/L (methodenabhängig) Indikation. Diagnose, Prognose und Monitoring beim Prostatakarzinom, möglicherweise auch beim Mammakarzinom

Interpretation. Bei Patienten mit Prostatakarzinom wurde eine erhöhte Konzentration von hK2 beschrieben. Auch ist mit einer vermehrten Expression von hK2 eine ungünstigere Prognose verbunden. Hinsichtlich beider Applikationsgebiete wurde für hK2 ein additiver Wert zum 7 Prostataspezifischen Antigen (PSA) (hK3) angegeben. Für das Mammakarzinom stehen die entsprechenden Studien noch aus, jedoch kann hK2 auch bei diesem Hormon-abhängigen Tumor potentiell für die Diagnose und Prognose eingesetzt werden. Diagnostische Wertigkeit. Diagnose, Prognose und Monitoring beim Prostatakarzinom, möglicherweise auch beim Mammakarzinom Literatur. Diamandis EP, Yousef GM (2002) Human tissue kallikreins: a family of new cancer biomarkers. Clin Chem 48:1198–1205 Borgono CA, Michael IP, Diamandis EP (2004) Human tissue kallikreins: physiologic roles and applications in cancer. Mol Cancer Res 2:257–280

Humanes Leukozytenprotein 7 Calprotectin

Humanes Plättchenantigen 7 Autoantikörper gegen Thrombozyten

Humangenetische Beratung 7 Beratung, humangenetische

Human Genome Organization R. Weiskirchen

Synonym(e). HUGO; menschliches Genomprojekt Definition. Aus öffentlichen Geldern gefördertes internationales Konsortium, das die Erforschung des menschlichen 7 Genoms und die Bereitstellung der Information in öffentlich zugänglichen Datenbanken betreibt.

i HUGO wurde auf Initiative der US-amerikanischen Regierung

im Jahr 1988 gegründet. Es unterstützt in seinen Bestrebungen das sog. Human Genome Projekt, das von vielen als das bislang wichtigste Einzelprojekt der biologischen und medizinischen Forschung angese-

hen wird. Primäres Ziel war es zunächst, die ca. 3 Milliarden Nukleotide des haploiden menschlichen 7 Genoms zu bestimmen und damit den genetischen Bauplan des Menschen vollständig zu entschlüsseln. Dieses Ziel wurde im Jahr 2003 erfolgreich erreicht. An diesem globalen Gemeinschaftsprojekt hat sich Deutschland erst 1996 beteiligt.

Human-kidney-injury molecule 1 7 Kidney-injury molecule 1

Human leucocyte antigene 7 HLA-Allele

Humanpathogenes Immundefizienz-Virus 7 HIV-1 und -2

Hungerversuch K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. supervised fast Definition. Funktionstest zum Nachweis und zur Differenzialdiagnostik von spontanen Hypoglykämien unter Nahrungskarenz

Durchführung. Der Hungerversuch gilt als Standardtest in der Diagnostik spontaner Hypoglykämien. Verschiedene Protokolle werden beschrieben. Typischerweise dürfen die Patienten unter klinischer Beobachtung und Kontrolle der Laborwerte bis zu 72 h keine Nahrung oder nährstoffhaltigen Getränke zu sich nehmen. Der Test wird bei Auftreten einer Hypoglykämie (Glukose < 45 mg/dL und klinische Symptome) oder nach 72 h beendet. Solange die Blutglukose über 60 mg/dL liegt, wird alle 6 h eine Blutentnahme zur Bestimmung von Glukose, Insulin und C-Peptid durchgeführt. Bei Werten unter 60 mg/ dL empfiehlt sich eine engmaschigere Kontrolle, z. B. alle 1–2 h. Bei Auftreten einer symptomatischen Hypoglykämie wird nochmals Blut entnommen. Diese Probe ist für die Diagnostik entscheidend. Aus ihr müssen in jedem Fall Glukose und Insulin bestimmt werden. Für die Differenzialdiagnose einer exogenen Insulinzufuhr ist die Bestimmung von C-Peptid erforderlich. Zum Ausschluss der Einnahme von Sulfonylharnstoff muss diese Probe auf Sulfonylharnstoffe untersucht werden. Die Analyse von β-Hydroxybutyrat kann bei der Unterscheidung von nicht durch Insulin verursachten Hypoglykämien nützlich sein. Die Glukosebestimmung für die Diagnostik sollte nur mit Methoden erfolgen, die eine Unpräzision < 4 % und eine maximale Unrichtigkeit < 7 % bzw. < 4,2 mg/dL bei Werten unter 60 mg/dL aufweisen (Richtlinien der Bundesärztekammer). In 7 Tab. 1 sind die möglichen Wertekonstellationen und Interpretationen aufgelistet. Zur weiteren Differenzialdiagnose schließen einige Zentren die i.v. Gabe von Glukagon (1 mg) mit anschließender Bestimmung von Glukose nach 10, 20 und 30 min an. Das Fehlen einer symptomatischen Hypoglykämie innerhalb von 72 h schließt die Diagnose spontaner Hypoglykämien mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus. Eine Verlängerung des Hungerversuchs ist nicht erforderlich.

Literatur. Service FJ (1995) Hypoglycemic disorders. N Engl J Med 332:1144–1152

HUT11 7 Kidd-Blutgruppensystem

HVS 7 Homovanillinsäure; Katecholamine

Hyaluronan A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Hyaluronsäure; HA Englischer Begriff. hyaluronic acid

Hyaluronan

669

Hungerversuch. Tab. 1 Hypoglykämiesymptome

Glukose (mg/dL)

Insulin (mU/L)

C-Peptid (nmol/L)

Sulfonylharnstoffe

Normal



> 40

6

> 0,2

negativ

Exogene Insulinzufuhr

+

< 50

>6

< 0,2

negativ

Sulfonylharnstoffeinnahme

+

< 50

>6

> 0,2

positiv

Modifiziert nach Service (1995)

Definition. Hyaluronan ist ein aus repetitiven Disaccharideinheiten von D-Glukuronsäure und N-Acetyl-D-Glukosamin zusammengesetztes, unsulfatiertes und proteinfreies Kohlenhydratpolymer (7 Glykosaminoglykan), dessen Serumkonzentrationsbestimmung für die Diagnose und Verlaufskontrolle fibrotischer Lebererkrankungen eingesetzt wird. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hyaluronan ist ein lineares, anionisches, unsulfatiertes, proteinfreies Glykosaminoglykan, welches aus den Disaccharideinheiten N-Acetyl-D-Glukosamin (GlcNAc) und D-Glukuronsäure (GlcUA) gemäß folgender Struktur aufgebaut ist (7 Abb. 1): [GlcNAc-β(1→4)-GlcUA-β(1→3)]n Die Molmasse beträgt 2–6 × 106 Da, niedrigmolekulares Hyaluronan der Molmasse 0,1–1,0 × 106 Da tritt ebenfalls auf. HA ist als Bestand-

Hyaluronan. Abb. 1. Stoffwechsel von Hyaluronan

teil der extrazellulären Matrix (Bindegewebe) zahlreicher Gewebe (z. B. Knorpel, Haut, Glaskörper, Nabelschnur) und Körperflüssigkeiten (z. B. Synovialflüssigkeit, Blut, Liquor, Seminalplasma, bronchoalveoläre Lavage) weit verbreitet. Auf Grund seiner einzigartigen hygroskopischen, rheologischen und viskoelastischen Eigenschaften sorgt HA in Verbindung mit 7 Proteoglykanen für die Gewebehydratation (Wasserbindung) und als „Gelenkschmiere“ in der Synovialflüssigkeit für geringen Reibungswiderstand der Gelenkflächen. Hauptsyntheseorte sind gewebespezifische Fibroblasten, in der Leber hepatische Sternzellen (Itozellen) bzw. die aus ihnen in der entzündeten Leber hervorgegangenen Myofibroblasten. Etwa 10–100 mg HA gelangen pro Tag in das Blut, sodass die Serumkonzentration relativ konstant zwischen 10 und 100 μg/L liegt. Die Halbwertszeit von HA in der Zirkulation beträgt 2–9 min, die Elimination erfolgt über einen HA-spezifischen Rezeptor der sinusoidalen (Leber-) Endothelzellen, die Degradation erfolgt in den Lysosomen (7 Abb. 1).

H

670

Hyaluronan-Rezeptor

Funktion und Pathophysiologie. Konzentrationserhöhungen im Serum kommen außer bei rheumatoider Arthritis, Sklerodermie und einigen malignen Tumoren vor allem bei chronischen Lebererkrankungen mit Ausbildung von Fibrose und Zirrhose vor. Ursächlich sind hierfür gesteigerte Produktion vor allem in den aktivierten hepatischen Sternzellen (Myofibroblasten) und reduzierte Clearance durch rezeptorvermittelte Endozytose der sinusoidalen Endothelzellen anzuführen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Synovialflüssigkeit u. a.

Probenstabilität. HA ist bei –20 °C über mehrere Monate stabil. Analytik. Es stehen turbidimetrische und Radioliganden-Assays unter Verwendung HA-bindender Proteine (HABP) wie Knorpel-Proteoglykane (sog. Link-Proteine), Hyaluronectin (aus menschlichem Gehirn isoliert) oder HA-spezifische Antikörper zur Verfügung. Die HA-Bindungspartner werden in unterschiedlichen methodischen Varianten als kompetitive Radioliganden oder als enzymgekoppelte Immunoassays (ELISA) eingesetzt. Die Methoden unterscheiden sich teilweise sehr deutlich hinsichtlich analytischer Unpräzision und Standardisierung, sodass die Vergleichbarkeit der Messergebnisse verschiedener Laboratorien methodenabhängig stark variieren kann.

Referenzbereich — Erwachsene. 10–100 μg/L, altersabhängige Zunahme

Referenzbereich — Kinder. Individuen < 3 Jahre haben deutlich höhere Konzentrationen.

Indikation. (Nichtinvasive) Diagnose und Verlaufskontrolle der fibrotischen Entwicklung chronischer Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis B, C, alkoholische Leberschädigung, primär biliäre Zirrhose) (7 Fibrosekenngrößen).

Interpretation. Die Serum-HA-Konzentration korreliert positiv mit dem Fibrose-Score (Knodell-Metavir-Score u. a.) und dem Child-Pugh-Stadium (7 Child-Turcotte-Pugh-Score). Sie ist dem 7 N-terminalen Prokollagenpeptid des Typ-III-Prokollagens als 7 Fibrosekenngröße überlegen und für die Therapiekontrolle (z. B. Interferon-α) sowie zur Prognosebeurteilung der chronischen Hepatitis C gut geeignet. Eine positive Korrelation der Serum-HA-Konzentration mit dem Portalvenendruck und inverse Korrelationen mit dem 7 Indocyaningrüntest und 7 Galaktosebelastungstest wurden festgestellt. HA ist eine wertvolle Kenngröße zur Überwachung der transplantierten Leber (Endothelzellfunktion). Extrahepatische Ursachen für erhöhte Serum-HA-Konzentrationen sind idiopathische Lungenfibrose, Sarkoidose, Mesotheliom, Wilms Tumor (Nephroblastom), einige andere Karzinome, rheumatoide Arthritis, Sklerodermie, Niereninsuffizienz und Verbrennungen. Diagnostische Wertigkeit. HA-Erhöhungen besitzen für Zirrhose in einem Kollektiv von Lebergesunden und nicht-zirrhotischen Lebererkrankungen eine Sensitivität von 0,87, Spezifität von 0,93, einen positiven (negativen) prädiktiven Wert von 0,87 (0,93), eine Effizienz von 0,90. Die Kenngröße stellt eine wertvolle Ergänzung des 7 ChildTurcotte-Pugh-Scores dar.

Literatur. Guéchot J, Poupon RE, Poupon R (1995) Serum hyaluronan as a marker of liver fibrosis. J Hepatol 22:(Suppl 2):103–106 Körner T, Kropf J, Kosche B, Kristahl H, Jaspersen D, Gressner AM (2003) Improvement of prognostic power of the Child-Pugh classification of liver cirrhosis by hyaluronan. J Hepatol 39:947–953

Hyaluronan-Rezeptor H.-D. Haubeck

Synonym(e). CD 44; Ly-24; ECMR III; Hermes antigen Englischer Begriff. hyaluronan receptor (CD 44) Definition. Der Hyaluronan-Rezeptor (CD 44) ist ein Zelladhäsionsmolekül, das, neben seiner Bedeutung für den Hyaluronan-Metabo-

lismus, eine wichtige Rolle bei Immun- und Entzündungsreaktionen, aber auch beim Tumorwachstum und der Metastasierung spielt. i Der Hyaluronan-Rezeptor (CD 44) ist ein weit verbreitetes Zell-

adhäsionsmolekül, das an zahlreichen wichtigen biologischen Prozessen, insbesondere an Zell-Zell- und Zell-Matrix-Interaktionen vor allem durch seine Affinität für 7 Hyaluronan, aber auch über die Interaktion mit weiteren Liganden, z. B. 7 Osteopontin, 7 Fibronectin, 7 Kollagene, 7 Matrix-Metalloproteasen, Zytokine und Wachstumsfaktoren, beteiligt ist. CD 44 wird von einem einzigen Gen kodiert, das aus 20 Exons besteht. Das Standard CD 44 (CD 44s) besteht aus 12 Exons, während die restlichen Exons in zahlreichen Kombinationen alternativ gespleißt werden und zu einer großen Zahl von CD44-Isoformen (CD 44v) führen. Verschiedene post-translationale Modifikationen, wie Glykosilierung und die kovalente Bindung von 7 Glykosaminoglykan-Ketten, erhöhen die Diversität zusätzlich. CD 44s besitzt ein Molekulargewicht von ~80–100 kDa (abhängig von der Glykosilierung). CD-44-Isoformen (mit einem Molekulargewicht von 100–250 kDa) werden hauptsächlich von Epithelzellen, aktivierten Lymphozyten und Tumorzellen exprimiert. CD 44s besteht aus drei Domänen, d. h. einer zytoplasmatischen Domäne, über die die Interaktion mit dem Zytoskelett erfolgt, einer kurzen TransmembranDomäne und der N-terminalen extrazellulären Domäne. Die Isoformen werden durch Insertion der alternativen Exons an einer membrannahen Position der extrazellulären Domäne erzeugt. Die meisten Zellen exprimieren CD 44 mit einer niedrigen Affinität für Hyaluronan, die durch Aktivierung der Zellen über bisher nicht verstandene Mechanismen in eine hochaffine Form umgewandelt werden kann. Neben der Zellmembran-gebundenen Form von CD 44 werden im Serum, in der Lymphe aber auch in der bronchoalveolären Flüssigkeit lösliche CD-44 (sCD 44)-Formen gefunden. Diese entstehen durch proteolytische Spaltung (Shedding) der extrazellulären Domäne durch verschiedene Proteasen aus der Familie der Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) und der Familie der Disintegrin-Metalloproteasen (ADAMs). Neben seiner Funktion im Rahmen des Hyaluronan-Metabolismus spielt CD 44 eine wichtige Rolle bei Immun- und Entzündungsreaktionen. Bei diesen Prozessen wird CD 44 auf hämatopoetischen Zellen, z. B. auf aktivierten T-Lymphozyten, verstärkt exprimiert und dient u. a. dazu, die T-Lymphozyten am Entzündungsort zu konzentrieren. Experimente mit Anti-CD-44-Antikörpern und CD-44-defizienten (Knock-out-)Mäusen haben gezeigt, dass durch das Fehlen, bzw. die Inhibition von CD-44-Entzündungsreaktionen abgeschwächt oder blockiert werden können. Auch die Atherogenese wird, über die Inhibition der Einwanderung von Makrophagen in atherosklerotische Plaques, reduziert. CD 44 spielt darüberhinaus beim invasiven Tumorwachstum und der Metastasierung eine wichtige Rolle. Hier kommt vor allem der perizellulären Proteolyse der Tumorzellen durch MMPs und ADAMs, durch die u. a. das Zelladhäsionsmolekül CD 44 gespalten wird, eine wichtige Bedeutung zu. Dies ermöglicht die Ablösung der Tumorzellen aus dem Gewebe, d. h. von den umliegenden Zellen bzw. der Extrazellulär-Matrix und ist eine entscheidende Voraussetzung für das invasive Wachstum der Tumorzellen und für die Metastasierung. Bei der Spaltung von CD 44 entsteht das lösliche CD 44, das z. T. in der Extrazellulär-Matrix festgehalten, z. T. aber auch in das Blut freigesetzt wird. Dadurch kann der Nachweis von sCD 44 als prognostischer Marker für die Tumorprogression und die Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung eingesetzt werden. Eine erhöhte Expression von CD 44 im Tumor findet sich vor allem bei Hirntumoren, kolorektalen Tumoren, Magentumoren, Lungentumoren, Mammatumoren, Hauttumoren und Lymphomen. Hier finden sich häufig auch erhöhte Serumkonzentrationen des löslichen CD 44s und/oder CD 44v. Entsprechend der Domänenstruktur von CD 44s und CD 44v werden durch Antikörper gegen CD 44s alle CD-44-Formen erkannt. Der Nachweis einer erhöhten CD-44-Serumkonzentration erfolgt über Enzymimmunoassays für das lösliche CD 44(s) und z. T. auch CD 44(v).

Literatur. Cichy J, Pure E (2003) The liberation of CD 44. J Cell Biol 161:839–843 Naor D, Sionov RV, Ish-Shalom D (1997) CD 44: structure, function and association with the malignant process. Adv Cancer Res 71:241–319

Hydromorphon

Hyaluronsäure 7 Hyaluronan

Hybridgeräte J. Knecht

Synonym(e). Doppelspektrometer Englischer Begriff. hybridspectrometer Definition. Unter Hybridgeräten versteht man in der 7 Atomabsorptionsspektrometrie Doppelspektrometer, mit denen man in einem Gerät ohne Umbau sowohl Flammen- als auch Graphitrohr-Atomabsorptionsspektrometrie oder Flammen- und Hydrid-Atomabsorptionsspektrometerie durchführen kann. i Die Hybridgeräte sind Spezialkonstruktionen, die man bei spezi-

ellen analytischen Fragestellungen in einem eng begrenzten Bereich zur Bestimmung von verschiedenen Elementen verwendet. Sie sind nicht weit verbreitet.

Literatur. Price WJ (1979) Spectrochemical Analysis by Atomic Absorption. Heyden, London

Hybridisiersonde 7 Sonde

Hybridisierung

671

Definition. Eine hybride (chimäre) Zelllinie, die durch spontane oder induzierte Fusion eines normalen Lymphozyten mit einer Myelomzelle entstanden ist. Physikalisch-chemisches Prinzip. Zur Herstellung eines Hybridoms stimuliert man eine Maus oder Ratte mit dem Antigen, gegen das man einen Antikörper erzeugen möchte. Nachdem das Tier eine Immunantwort gegen das Antigen aufgebaut hat, entnimmt man seine Milz, die die Antikörper-bildenden Lymphozyten enthält. Diese fusioniert man massenweise mit einer spezialisierten Myelomzelllinie, die keinen eigenen Antikörper mehr produziert. Die bei der Verschmelzung entstehenden Hybridzellen behalten die Eigenschaften der beiden Ausgangszellen; sie wachsen wie die Myelomzellen kontinuierlich und schnell in Kultur, und sie synthetisieren Antikörper nach der Vorgabe der Lymphozyten des immunisierten Tieres.

Einsatzgebiet. Ein Hybridom produziert nur einen einzigen Antikörpertyp. Ein Hybridom lässt sich als Klon in Kultur halten und wird zur Produktion monoklonaler Antikörper benutzt, die vielseitige Anwendung besitzen.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Erzeugung eines Hybridoms erfordert genaue Kenntnisse der Immunologie und der Zellbiologie. Sie ist daher speziell dafür ausgerichten Labors vorenthalten. Die Erzeugung monoklonaler Antikörper mittels Hybridomtechnologie stellt eine wichtige Methode zur Erzeugung von Substanzen für die Diagnostik dar. Literatur. Watson JD, Gilman M, Witkowski J, Zoller M (1993) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. hybridization Definition. Die Ausbildung eines stabilen Doppelstrangs zwischen komplementären Nukleotidsequenzen über Basenpaarung. Physikalisch-chemisches Prinzip. Die zur Ausbildung einer Hybridisierung erforderliche Komplementarität ergibt sich aus der Möglichkeit der Wasserstoffbrücken-Bindungen zwischen A und T oder U (2 Wasserstoffbrücken) und G und C (3 Wasserstoffbrücken).

Einsatzgebiet. Das Ausmaß einer Hybridisierung wird zum Nachweis komplementärer Sequenzen und zur Überprüfung von Sequenzhomologien genutzt. Es können sich DNA/DNA-, DNA/RNA- oder RNA/RNA-Hybride bilden. Sie stellt die Grundlage vieler molekularbiologischer Methoden dar (z. B. 7 Southern Blot; 7 Northern Blot, 7 Polymerase-Kettenreaktion, 7 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, 7 ASO-Sonde, 7 Single strand confirmation polymorphism).

Hybridomawachstumsfaktor 7 Interleukin-6

Hybridoma-Zelle 7 Hybridom

Hybridwüchsigkeit 7 Heterosiseffekt

Hybridzelle R. Weiskirchen

Synonym(e). Bastard Definition. Eine Zelle, die aus der Verschmelzung nicht genetisch

Untersuchungsmaterial. Zur Hybridisierung können sowohl Nukle-

identischer Elternanteile entsteht, z. B. 7 Hybridome

Instrumentierung. Experimente oder klinische Diagnoseverfahren,

7 Atomabsorptionsspektrometrie

insäuren (DNA, RNA) als auch 7 Oligonukleotide eingesetzt werden. Sie können entweder natürlicher oder synthetischer Natur sein. die auf einer Hybridisierung von Nukleinsäuren basieren, bedürfen verschiedener apparativer Ausstattung.

Spezifität. Die Spezifität einer Hybridisierung wird durch die Reaktionsbedingungen, insbesondere Temperatur und Ionenstärke, festgelegt. Je besser die Sequenzen der beiden Stränge zueinander passen, umso mehr Basenpaarungen entstehen und umso stabiler ist der entstehende Hybrid-Doppelstrang.

Sensitivität. Es genügen oft kurze Bereiche von komplementärer Basenpaarung, um eine Hybridisierung zu erzeugen. Dieses nutzt man z. B. bei der Polymerase-Kettenreaktion aus, bei der spezifische Oligonukleotide an die zu amplifizierende DNA binden.

Hybridom R. Weiskirchen

Hydridtechnik Hydrokortison 7 Kortisol

Hydromorphon W.-R.. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. hydromorphone Definition. Morphinderivat (halbsynthetisch). Hustenmittel und zentral wirksames Analgetikum. Missbrauchsdroge (7 Abb. 1). Molmasse. 285 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Bioverfügbarkeit bei

Synonym(e). Hybridoma-Zelle; Synkaryonten

oraler Applikation beträgt 51 %. Im Urin werden 6 % einer Dosis unverändert ausgeschieden, 30 % in konjugierter Form.

Englischer Begriff. hybridoma

Halbwertszeit. 2–3 h im Plasma

H

672

Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography

Halbwertszeit. 0,3–1 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. GHB wird wegen seiner häufig euphorisierenden Wirkung eingenommen und als K.o.-Mittel eingesetzt. Bei Intoxikation finden sich Schläfrigkeit bis hin zu Atemlähmung und Koma. Häufig wird GHB zusammen mit anderen Drogen (z. B. Amphetamin, Ecstasy, Cocain, Heroin) sowie Ethanol eingenommen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Urin Hydromorphon. Abb. 1. Strukturformel

Analytik. GC-MS (7 Tab. 1)

Funktion und Pathophysiologie. 7 Morphin. Verstärkung der Sedie-

γ-Hydroxybuttersäure. Tab. 1.

rung und Atemdepression von zentral dämpfenden Arzneimitteln (z. B. Hypnotika, Phenothiazine, trizyklische Antidepressiva, zentral wirksame Analgetika) und Alkohol. Antagonist: Naloxon.

Plasmakonzentration (mg/L)

Untersuchungsmaterial. Urin, Serum (S), Plasma (P) Analytik. Screening: Opiat-Immunoassay (Urin) Erhöhung der Nachweisempfindlichkeit durch Hydrolyse der Glucuron- und Sulfonsäure-Konjugate. Als Bestätigungsanalyse: HPLC, GC-MS, LC-MS/MS. Indikation. Der Nachweis wird durchgeführt bei Verdacht auf Drogenabusus.

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,005–0,015 mg/L; toxisch: > 0,1 mg/L; komatös/letal: > 0,2 mg/L Literatur. Käferstein H, Sticht G (2009) Morphine and morphine derivatives. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 240–249

therapeutisch

toxisch

komatös/letal

?

> 50

> 250

Indikation. Nachweis des Abusus, Intoxikationsverdacht Interpretation. GHB wird schnell zu CO2 + H2O abgebaut und damit dem Nachweis entzogen. GHB ist auch Abbauprodukt des Neurotransmitters 7 γ-Aminobuttersäure (GABA). Ein positiver Nachweis von GHB im Urin ist deshalb nicht beweisend für eine GHB-Einnahme. Urinkonzentrationen von > 5–10 mg/L gelten als unphysiologisch. GHB ist max. 24 h nach Gabe in erhöhter Konzentration im Urin nachweisbar. Bei Verdacht auf GHB-Beibringung unbedingt jenen der Verdachtszeit nächstgewinnbaren Urin auffangen und analysieren.

Literatur. Merckel C, Auwärter V, Simmert D, Pragst F (2009)

Hydrophilic Interaction Liquid Chromatography 7 HILIC

γ-Hydroxybutyrate. In: Külpmann WR (ed) Clinical toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 488–492

3-Hydroxybuttersäure

Hydroxocobalamin

7 β-Hydroxybutyrat

7 Vitamin B12

4-Hydroxybuttersäure

11-Hydroxyandrosteron

7 γ-Hydroxybutyrat

7 17-Ketosteroide

β-Hydroxybutyrat

11-Hydroxyätiocholanolon

A.C. Sewell

7 17-Ketosteroide

Synonym(e). 3-Hydroxybuttersäure

γ-Hydroxybuttersäure

Englischer Begriff. beta-hydroxybutyrate; 3-hydroxybutyrate

W.-R.. Külpmann, C. Vidal

Definition. Chirale Verbindung und Ketonkörper

Synonym(e). 4-Hydroxybuttersäure; Liquid Ecstasy

Struktur. 7 Abb. 1

Englischer Begriff. gamma-hydroxybutyrate (GHB); liquid ecstasy

OH

Definition. Sedativum. Struktur 7 Abb. 1.

CH3 O HO

CH

CH2

COO

β-Hydroxybutyrat. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 104,1 g

OH γ-Hydroxybuttersäure. Abb. 1.

Molmasse. 104,1 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach oraler Aufnahme wird GHB rasch resorbiert, sodass nach 0,5–2 h die maximale Plasmakonzentration vorliegt. Es wird im Organismus weitgehend metabolisiert, sodass weniger als 5 % der Dosis unverändert im Urin erscheinen (7 γ-Hydroxybutyrat). 1,4-Butandiol und Gamma-Butyrolacton werden in vivo rasch in GHB umgewandelt.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ausgehend von AcetylCoA (7 Pantothensäure) wird β-Hydroxybutyrat in der Leber synthetisiert. Es ist ebenfalls Endprodukt der Lipidoxidation. Pathophysiologie. Bei Abfall der Blutglukose stellt β-Hydroxybutyrat eine Energiereserve für das Gehirn dar. Erhöhte Werte nach Fastenzuständen und Ketose. Niedrige Werte werden bei Defekten der Ketogenese bzw. Beta-Oxidation gefunden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma, Serum

α-Hydroxybutyratdehydrogenase

Probenstabilität. Gering. Die Bestimmung sollte sofort nach der Gewinnung des Plasmas bzw. Serums erfolgen. Proben dürfen bei –20 °C für ~1 Woche aufbewahrt werden.

Präanalytik. β-Hydroxybutyrat und Glukose sollten parallel bestimmt werden. Für die Hypoglykämiediagnostik im Kindesalter muss die Blutentnahme bei einem Blutzuckerwert < 40 mg/dL erfolgen (7 Abb. 2). Hypoglykämie (Blutzuckerkonzentration 2,5 mmol/L (ketotisch)

673

aufgrund der sehr variablen und instabilen Ausscheidung im Urin häufig erschwert. Referenzwert < 3,0 mmol/mol Kreatinin (Urin)

Literatur. Jaeken J, Jakobs C, Wevers R (2000) Disorders of Neurotransmission. In: Fernandes J, Saudubray J-M, van den Berghe G (eds) Inborn Metabolic Diseases. Diagnosis and Treatment. 3rd edn. Springer-Verlag, Heidelberg Berlin New York, pp 299–304

4-Hydroxybutyrat 7 γ-Hydroxybutyrat

12 Monate

Urin

24 h

48 h

> 12 Monate

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Konzentrationen von 3-Hydroxyisovaleriansäure sind obligat als pathologisch zu werten und Ausdruck einer monogenen Leucin- bzw. Biotinstoffwechselstörung. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

17-α-Hydroxykortexone 7 11-Desoxykortisol

Präanalytik. Erhöhungen bei: Einnahme von Diuretika, Spironalaktone, Natriumentzug, natriumarme Kost, Gravidität.

Analytik. 7 Radioimmunoassay, 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie Konventionelle Einheit. ng/L Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/L × 2,759 = pmol/L

17-Hydroxykortikosteron 7 Kortisol

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 2 18-Hydroxykortikosteron. Tab. 2. Referenzbereiche

18-Hydroxykortikosteron

Untersuchungsmaterial

Referenzbereich

Englischer Begriff. 18-hydroxycorticosterone

Plasma

317–1517 pmol/L

Definition. 18-Hydroxykortikosteron ist ein Hormon der Nebennierenrinde mit mineralokortikoider Wirkung.

Urin

4,1–17,9 nmol/24 h

W. Hubl

Struktur. 4-Pregnen-11β,18,21-triol-3,20-dion, C21H30O5 Molmasse. 362,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

5 Synthese: 18-Hydroxykortikosteron (18-OHB) wird in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde aus dem Cholesterin gebildet. Hierbei sind verschiedene spezifische Enzyme beteiligt: das Cytochrom (CYP)11A1 (Cholesterin-Seitenketten-abspaltende Enzym P450SCC) führt zum Pregnenolon, die 3β-Hydroxysteroiddehydrogenase 3β-HSD bildet das Progesteron, mit Hilfe der CYP21A2 (C-21-Hydroxylase P450C21) wird 11-Desoxykortikosteron gebildet und die CYP11B1 (C-11-Hydroxylase P450C11β) synthetisiert schließlich das Kortikosteron. Mit Hilfe der Aldosteronsynthetase CYP11B2 (P450AS Typ I, 18-Hydroxylase), die ausschließlich in der Zona glomerulosa vorkommt, wird das 18-OHB gebildet. 5 Transport: Im Blut ist 18-OHB an Proteine (vorwiegend Albumin) gebunden. 5 Abbau: Die Inaktivierung des 18-Hydroxykortikosterons erfolgt in der Leber mit einer Reduktion des A-Rings und einer Konjugation

Indikation.

5 Differenzialdiagnose des isolierten Mineralokortikoidmangels 5 Diagnose des CYP11B2 (Aldosteronsynthetase Typ II)-Defektes 5 Frühdiagnostik und Ausschluss des primären Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom)

Interpretation. 7 Tab. 3. 18-Hydroxykortikosteron. Tab. 3. Interpretation der Analyseergebnisse Diagnose 18-Hydroxykortikosteron ↑, Aldosteron ↓

CYP11B2(Aldosteronsynthetase Typ II)-Defekt

18-Hydroxykortikosteron ↑, Aldosteron ↑

idiopathischer Hyperaldosteronismus, Aldosteron-produzierendes Adenom

18-Hydroxykortikosteron ↓

Mineralokortikoidmangel

3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure

Diagnostische Wertigkeit. 7 Tab. 4. 18-Hydroxykortikosteron. Tab. 4. Diagnostische Wertigkeit der Analyse 18-Hydroxykortikosteron

Diagnostische Sensitivität (%)

Diagnostische Spezifität (%)

Aldosteron-produzierendes Adenom

99,2

95,2

Idiopathischer Hyperaldosteronimus

79,7

60,9

Literatur. Ghulam A, Vantyghem MC, Wemeau JL et al (2003) Adrenal Mineralocorticoids Pathway and its Clinical Applications. Clin Chim Acta 330:99–110

Hydroxylapatit 7 Apatit-Kristalle

11-β-Hydroxylase Mangel 7 CYP450 11B1-Mutation

17-Hydroxylase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen steroidproduzierende Zellen

21-Hydroxylase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Nebennierenrinde

Hydroxylysin A.C. Sewell

Englischer Begriff. hydroxylysine Definition. Ein hydroxyliertes Derivat von Lysin i Hydroxylysin (Hyl) ist ein Bestandteil des Kollagens (7 Kollagen). Ausgehend von 7 Lysin wird es durch Einwirkung des Enzyms Lysyl-Hydroxylase synthetisiert. Mangel des Enzyms führt zu EhlersDanlos-Syndrom. Konzentrationen im Plasma sind niedrig. Im Urin wird Hyl als Glykosid ausgeschieden.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

679

Geweben und ist nach den vorliegenden Daten für die Regulation der Fibrillenbildung und der Fibrillenmorphologie von Bedeutung. Als Bestandteil des Typ-II-Kollagens können Hydroxylysin-Glykoside (Galaktosyl-Hydroxylysin und Glukosyl-Galaktosyl-Hydroxylysin) als Marker der Knochenresorption eingesetzt werden. Allerdings ist das Vorkommen von Hydroxylysin-Glykosiden nicht auf das TypII-Kollagen des Knochens beschränkt. Dementsprechend besitzen sie eine geringere Sensitivität und Spezifität als etablierte Knochenresorptionsmarker, z. B. 7 Desoxypyridinolin (DPD), amino- und carboxyterminale Kollagen-Typ-I-Telopeptide (7 aminoterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid, 7 carboxyterminales Typ-I-KollagenTelopeptid) (NTx, CTx, CrossLaps), die z. T. auch im Serum mit Enzymimmunoassays gemessen werden können. Für die Bestimmung der Hydroxylysin-Glykoside (Galaktosyl-Hydroxylysin und GlukosylGalaktosyl-Hydroxylysin) wurde eine HPLC-Methode beschrieben.

Literatur. Rauch F, Georg M, Stabrey A et al (2002) Collagen markers deoxypyridinoline and hydroxylysine glycosides: pediatric reference data and use for growth prediction in growth hormone-deficient children. Clin Chem 48:315–322

Hydroxymethylbilan-Synthase 7 Porphobilinogen-Desaminase

2-Hydroxy-3-Methylbuttersäure 7 2-Hydroxyisovaleriansäure

3-Hydroxy-2-Methylbuttersäure 7 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure

3-Hydroxy-3-Methylbuttersäure 7 3-Hydroxyisovaleriansäure

3-Hydroxy-3-Methylglutarat 7 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure

3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 3-Hydroxy-3-Methylglutarat Englischer Begriff. 3-Hydroxy-3-methylglutaric acid Definition. Die verzweigtkettige Hydroxydicarbonsäure tritt als pathologischer Metabolit im Abbau der Aminosäure Leucin und bei der Ketonkörper-Bildung auf. Struktur. C6H10O5 (7 Abb. 1)

Hydroxylysin-Glykoside H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. hydroxylysine glycosides Definition. Die bei der Kollagenbiosynthese hydroxylierten und anschließend teilweise glykosilierten Lysinreste (Hydroxylysin-Glykoside) können als Parameter der Knochenresorption eingesetzt werden. i Bei der Kollagensynthese müssen Prolyl- und Lysylreste der Kol-

lagenketten durch Prolyl-4- und Lysyl-Hydroxylasen hydroxyliert werden, bevor die Einzelketten sich zur Tripelhelix zusammenlagern können. Die Stabilität der Tripelhelix ist vom Ausmaß der Hydroxylierung, insbesondere der Prolyl-Hydroxylierung, abhängig. Nur hydroxylierte Prokollagenmoleküle werden in die Extrazellulärmatrix sezerniert. Im Anschluss an die Hydroxylierung der Kollagenketten erfolgt eine Glykosilierung, d. h. durch eine UDP-Galaktosyl- und eine UDP-Glukosyl-Transferase werden zunächst Galaktose- und z. T. auch Glukosereste auf Hydroxylysinreste übertragen. Der Grad der Glykosilierung der Kollagene unterscheidet sich in den verschiedenen

3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure. Abb. 1 Strukturformel

Molmasse. 162,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Stoffwechselweg der Aminosäure Leucin entsteht nach Transaminierung und oxidativer Decarboxylierung aus 3-Methylglutaconyl-CoA durch die Wirkung einer Hydratase 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA. Dieses wird durch die Hydroxymethylglutaryl(HMG)-CoA-Lyase in Acetyl-CoA und Acetoacetat gespalten. Die 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird effizient renal ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt der Hydroxymethylglutaryl(HMG)-CoA-Lyase resultiert in einem Anstau der Intermediate vor dem Enzymblock. Unter anderem wird 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA zu 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure gespalten.

H

680

2-Hydroxy-3-Methylvalerat

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin Analytik.

5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) als Di-Trimethylsilylester-Trimethylsilylether. Retentionsindex RI: 1614 M+(m/z): 378 Quant Ion (m/z): 273 Conf. Ion (m/z): 363

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: 11–36 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 200–11000 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Hypoketotische Hypoglykämien, progrediente psychomotorische Retardierung

Interpretation. Erhöhte Ausscheidungen von 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure im Urin (3-Hydroxy-3-Methylglutarazidurie) treten bei einem 3-Hydroxymethylglutaryl-(HMG)-CoA-Lyase-Defekt auf. Durch Rückstau kommt es zu einer Anhäufung von 3-Hydroxyisovaleriansäure, Methylcrotonylglyzin, 3-Methylglutaconsäure und 3-Methylglutarsäure. Die HMG-CoA-Lyase spielt nicht nur eine Rolle im Leucinkatabolismus sondern katalysiert auch den letzten Schritt der Ketonkörper-Bildung. Es entstehen bei Fastenzuständen hypoketotische Hypoglykämien. Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure sind ein sicherer Hinweis auf einen Hydroxymethylglutaryl-(HMG)-CoA-Lyase-Defekt. Dieser kann enzymatisch und/oder molekularbiologisch gesichert werden.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

2-Hydroxy-3-Methylvalerat 7 2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure

2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 2-Hydroxy-3-Methylvalerat Englischer Begriff. 2-hydroxy-3-methylvaleric acid Definition. Die verzweigtkettige Hydroxycarbonsäure entsteht bei Störungen im Abbau der Aminosäure Isoleucin. Struktur. C6H12O3; (7 Abb. 1)

2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird renal effizient ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt der BCKDH (MSUD) führt primär zu einer Akkumulation von 2-Oxo-3-Methylvaleriansäure und nach Reduktion zur Bildung von 2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure. Untersuchungen zur individuellen Toxizität der verschiedenen 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren liegen erst in Ansätzen vor.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) als Trimethylsilylester-Trimethylsilylether. Retentionsindex RI: 1250 M+(m/z): 276 Quant Ion (m/z): 159 Conf. Ion (m/z): 261

Internationale Einheit.

5 mmol/mol Kreatinin (Urin) 5 μmol/L (Plasma, Liquor)

Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: < 2 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 60–400 mmol/mol Kreatinin Indikation. Unerklärte Enzephalopathie bis zum Koma, vor allem im Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindesalter und/oder assoziiert mit interkurrenten Infekten. Differenzialdiagnostik primärer Laktatazidosen. Interpretation. 2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure ist neben anderen verzweigtkettigen 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren pathologisch erhöht bei der Ahornsirupkrankheit (MSUD) sowie bei einem Dihydrolipoyl-Dehydrogenase(E3)-Mangel. Dabei sind gleichzeitig die Funktionen des 2-Oxoglutaratdehydrogenase- und des Pyruvatdehydrogenasekomplexes defekt und führen zur Akkumulation weiterer pathologischer Säuren (Laktat, Pyruvat, 2-Oxoglutarat). Geringere Erhöhungen werden auch bei primären und sekundären Laktatazidosen sowie bei Ketosen in Folge eines erhöhten intramitochondrialen Redoxpotenzials, welches die vermehrte Bildung von 2-Hydroxy-3Methylvaleriansäure aus 2-Oxo-3-Methylvaleriansäure begünstigt, beobachtet. Diagnostische Wertigkeit. In Kombination mit Erhöhungen der korrespondierenden 2-Oxosäure hoch für die Diagnostik einer Ahornsirupkrankheit (MSUD) bzw. eines Dihydrolipoyl-Dehydrogenase(E3)Mangels. Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

2-Hydroxymilchsäure 7 Glyzerinsäure

17-Hydroxyprogesteron W. Hubl

2-Hydroxy-3-Methylvaleriansäure. Abb. 1. Strukturformel

Synonym(e). 17-α-Hydroxyprogesteron

Molmasse. 132,16 g

Englischer Begriff. 17-α-hydroxyprogesterone

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im 2. Schritt des Katabo-

Definition. Metabolit des Progesterons, wird bei fehlgeleiteter Hormonsynthese infolge eines Enzymdefektes in der Nebennierenrinde vermehrt gebildet (Adrenogenitales Syndrom).

lismus der verzweigtkettigen Aminosäure Isoleucin, der über Propionyl-Co A und Succinyl-Co A in den Citratzyklus mündet, wird das Transaminierungsprodukt 2-Oxo-3-Methylvaleriansäure durch den Multienzymkomplex verzweigtkettige 2-Oxosäurendehydrogenase (BCKDH) zu Isobutyryl-Coenzym A umgesetzt. 2-Hydroxy-3Methylvaleriansäure entsteht bei pathologischer Akkumulation der 2-Oxosäure in einem alternativen Reduktionsschritt.

Struktur. 4-Pregnen-17-α-ol-3,20-dion, C21H30O3 Molmasse. 330,5 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese: Das 17-Hydro-

17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut

xyprogesteron (17-OHP) wird in der Nebennierenrinde gebildet. Ausgangsprodukt ist das Cholesterin. Mit Hilfe des Cytochrom (CYP)11A1 (Cholesterin-Seitenketten-abspaltenden Enzyms P450SCC) wird das Pregnenolon synthetisert. Die CYP17 (C-17Hydroxylase P450C17α) bildet das 17-α-Hydroxypregnenolon, das mit Hilfe der 3β-HSD (3β-Hydroxysteroiddehydrogenase) in das 17-α-Hydroxyprogesteron umgewandelt wird. Abbau: 17-OHP wird abgebaut zum Pregnantriol bzw. Ätiocholanolon und diese Metabolite im Urin ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Beim angeborenen oder erworbenen adrenogenitalen Syndrom (AGS) liegt ein Defekt des Enzyms CYP21A2 (C-21-Hydroxylase P450C21) in der Nebennierenrinde vor. Dieses Enzym wandelt das 17-Hydroxyprogesteron in 11-Desoxykortisol um, das mit der CYP11B1 (C-11-Hydroxylase) Kortisol synthetisiert. Beim Ausfall der CYP21A (C-21-Hydroxylase) kommt es zum Kortisolabfall, während die Steroide vor dem Block gestaut werden. Hierdurch kommt es primär zu einem Anstieg des 17-Hydroxyprogesterons. Dieser Anstieg wird als relevantes Kriterium bei der Diagnose des AGS eingesetzt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Speichel, Filterpapierblutstropfen

681

17-OHP (pmol/L) im Speichel: 7 Tab. 3 17-Hydroxyprogesteron. Tab. 3. 17-OHP im Speichel bei Kindern Alter

17-OHP-Konzentration (nmol/L) 7 Uhr

13 Uhr

19 Uhr

1–4 Wochen

168–402

123–450

90–216

1–12 Monate

84–198

84–144

36–93

1–2 Jahre

63–195

24–105

15–66

2–15 Jahre

6–225

3–195

3–93

Indikation.

5 Diagnose eines adrenogenitalen Syndroms mit CYP21A2(21Hydroxylase)-Mangel (AGS) 5 Therapiekontrolle (Glukokortikoidsubstitution) des AGS

Interpretation. 7 Tab. 4 17-Hydroxyprogesteron. Tab. 4. Interpretation der Analyseergebnisse

Probenstabilität. 7 Tab. 1 17-Hydroxyprogesteron. Tab. 1. Probenstabilität Untersuchungsmaterial

Temperatur ( °C)

Stabilität

Serum

22

24 h

Serum

4

48 h

Serum

–20

> 1 Jahr

Filterpapierblutstropfen

22

1 Woche

Präanalytik. 17-OHP zeigt eine ausgeprägte Tagesrhythmik. Aus diesem Grund sollte die Blutentnahme morgens zwischen 6–9 Uhr erfolgen. Die 17-OHP-Konzentrationen sind andererseits auch vom Menstruationszyklus abhängig. Analytik. Radio-, Enzym-, Lumineszenz-Immunoassays (7 Immu-

17-HydroxyprogesteronKonzentration (nmol/L)

Diagnose

↑↑

adrenogenitales Syndrom mit CYP21A2-(21-Hydroxylase)Mangel (klassische Form)

↑ (ACTH-Test: Anstieg auf > 30)

Late-onset-CYP21A2(21Hydroxylase)-Mangel des AGS

normal (ACTH-Test: Anstieg auf 7–30)

heterozygote Form des AGS

Literatur. Hughes I (2002) Congenital Adrenal Hyperplasia: Phenotype and Genotype. J Pediatr Endocrinol Metab 15(Suppl 5):1329– 1340 Gröschl M, Rauh M, Dörr HG (2003) Circadian Rhythm of Salivary Cortisol, 17alpha-Hydroxyprogesterone, and Progesterone in Healthy Children. Clin Chem 49:1688–1691

noassay)

Konventionelle Einheit. ng/dL Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L × 33,05 = ng/dL Referenzbereich — Frauen. Morgens (6–9 Uhr): 5 Follikelphase: 0,3–2,1 nmol/L 5 Lutealphase: 0,8–6,7 nmol/L 5 Postmenopause: 0,3–2,0 nmol/L Referenzbereich — Männer. Morgens (6–9 Uhr): 0,3–6,7 nmol/L

17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). AGS(adrenogenitales Syndrom)-Screening; CAH (congenital adrenal hyperplasia)-Screening

Englischer Begriff. 17-hydroxy progesterone Definition. Bestimmung der Konzentration von 17-Hydroxyprogesteron im Trockenblut von Neugeborenen zum Screening auf das Vorliegen eines adrenogenitalen Syndroms.

Alter

17-OHP-Konzentration 7 Uhr (nmol/L)

1. Tag

0–180

Physikalisch-chemisches Prinzip. Der AutoDELFIA-Neonatal-17OH-Progesteron(17-OHP)-Test ist ein zeitverzögerter FestphasenFluoroimmunoassay (7 Abb. 1), der auf der kompetitiven Reaktion zwischen Europium-markiertem 17-OHP und Proben-17-OHP um eine beschränkte Anzahl von bindenden Stellen auf 17-OHP-spezifischen polyklonalen Antikörpern (vom Kaninchen gewonnen) basiert. Im Extraktionspuffer enthaltenes Danazol erleichtert die 17-OHPFreisetzung von den bindenden Proteinen.

2.–3. Tag

2–14

Einsatzgebiet. Neugeborenenscreening

4. Tag–2 Monate

1–12

Untersuchungsmaterial. Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Tro-

3. Monat–14 Jahre

0,5–5,2

Referenzbereich — Kinder. 17-OHP-Konzentration im Serum: 7Tab. 2 17-Hydroxyprogesteron. Tab. 2. 17-OHP im Serum bei Kindern

ckenblut)

Instrumentierung. Automatisiertes Immunoassay-System 1235 Au-

H

682

17-α-Hydroxyprogesteron

Englischer Begriff. hydroxyproline Definition. Eine alpha-Aminosäure. Bestandteil von Kollagen Struktur. 7 Abb. 1 COOH HO NH Hydroxyprolin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 131,1 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hyp entsteht aus Prolin 17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut. Abb. 1. Prinzip der fluorometrischen 17-OH-Progesteron-Bestimmung

toDELFIA®, Multipuncher oder Handstanzen, Mikrotiter-Filterplatten, Pipetten

(7 Prolin) durch Hydroxylierung unter Einwirkung des Enzyms Prolyl-Hydroxylase.

Pathophysiologie. Hyp ist Hauptbestandteil des Kollagens, aber auch des Elastins. Prolyl-Hydroxylase benötigt Askorbinsäure (7 Ascorbinsäure) als Kofaktor. Vitamin-C-Mangel führt zum Zähne- und Haarausfall (Skorbut) aufgrund einer gestörten Kollagensynthese.

Spezifität. Diagnostische Spezifität im Screening: ~99,5 % Analytische Spezifiät: kreuzreagierend mit Progesteron, 17-Hydroxypregnenolon, und fetalen Steroiden

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Li-

Sensitivität. Diagnostische Sensitivität im Screening: > 99 %, die klassischen Formen des Adrenogenitalen Syndroms (AGS) werden sicher detektiert, 17-OH-Progesteron ist erhöht bei 21-HydroxylaseMangel und bei 11β-Hydroxylase-Mangel. Analytische Sensitivität: 1,5 ng/mL Serum (2 nmol/L Blut)

Referenzbereiche. 7 Aminosäuren

Fehlermöglichkeit. Das 17-OH-Progesteron, eine Kortisolvorstufe, ist beim 21- und 11β-Hydroxylasemangel erhöht, nicht bei den anderen Typen des AGS. 17-OH-Progesteron wird auch in der Plazenta als ein Metabolit des Progesterons hergestellt. Die Konzentrationen sind deshalb im Nabelschnurblut oder im Blut aller normalen Neugeborenen höher als im späteren Säuglingsalter oder bei Erwachsenen. Bei gesunden Neugeborenen sinkt die Konzentration während der ersten Lebenstage rasch ab. Bei Kindern mit AGS bleiben die Konzentrationen hoch oder steigen sogar weiter an. Frühgeborene (< 36 SSW) weisen im Vergleich zu reifen Neugeborenen ebenfalls höhere Konzentrationen an 17-OH-Progesteron auf (z. T. bedingt durch kreuzreagierende fetale Steroide). Zur Bewertung des Testergebnisses bei Frühgeborenen sind deshalb Gestationsalter- oder Gewichts-abhängige Normwerte zu verwenden. Generell gilt: 5 falsch zu hoch: EDTA-Blut, Frühgeborene, Intensivtherapie (Stress), Neugeborene in den ersten 24 h postpartal (fetale Steroide) 5 falsch zu niedrig: nach Bluttransfusion, bei Kortikoidbehandlung des Neugeborenen oder der Mutter während der Schwangerschaft

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Praktikabilität: sehr gut. Automatisierung: nahezu vollständig. Kosten: ca. 2–3 €/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien im Screeningansatz).

quor, Urin, Trockenblut

Analytik. 7 Aminosäuren Indikation. Iminoglycinurie und Hydroxyprolinämie. Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, Springer pp53–90

3-Hydroxypropionsäure 7 Säuren im Urin, organische

1-Hydroxypyren T. Arndt

Englischer Begriff. 1-hydroxypyrene Definition. 1-Hydroxypyren (Molmasse 218,1 g) ist ein Metabolit polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (7 Kohlenwasserstoffe, polyzyklische aromatische; PAK), dessen Ausscheidung im Urin als Kenngröße einer PAK-Exposition und -belastung gilt. i PAK entstehen bei unvollständiger Verbrennung (Hausbrand,

Kfz, Tabakrauchen, Industrie etc.), sind in der Umwelt weit verbreitet und wirken im Tierversuch und beim Menschen krebserregend. Sie werden nach komplexer Metabolisierung hauptsächlich als Pyrene (z. B. 1-Hydroxypyren, 7 Abb. 1) und Phenanthrene (7 Abb. 2; z. B.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die 17-OH-Progesteronbestimmung mittels Autodelphia stellt ein zuverlässiges Verfahren für das AGS-Neugeborenen-Screening dar. Literatur. Zabransky S, Schulze E, Heinrich U (2001) Adreongenitales Syndrom (AGS, 21-Hydroxylasemangel). In: Zabransky S (Hrsg) Screening auf angeborene endokrine und metabole Störungen. Springer-Verlag, Wien New York, S 181–195

17-α-Hydroxyprogesteron

HO

1-Hydroxypyren. Abb. 1. 1-Hydroxypyren-Strukturformel

7 17-Hydroxyprogesteron

Hydroxyprolin A.C. Sewell

Synonym(e). Hyp

1-Hydroxypyren. Abb. 2. Phenanthren-Strukturformel

Hyperchromie

1-Hydroxyphenanthren, 2,9-Dihydroxyphenanthren, 3-Hydroxyphenanthren und 4-Hydroxyphenanthren) ausgeschieden. Die Kommission Human-Biomonitoring (HBM) des Umweltbundesamtes empfiehlt 1-Hydroxypyren als einen Parameter zur Beurteilung der aus allen Aufnahmepfaden resultierenden aktuellen PAK-Belastung des menschlichen Organismus‘. Zur Beschreibung der Grundbelastung der nicht rauchenden Bevölkerung wurde ein Referenzwert von 0,5 μg/L vorgeschlagen. Raucher zeigen im Vergleich zu Nichtrauchern eine etwa doppelt so hohe 1-Hydroxypyren-Ausscheidung im Urin. Langfristig erhöhte Ausscheidungen von PAK-Metaboliten werden als Beitrag zu einem erhöhten Krebsrisiko diskutiert. Toxikologisch begründete HBM-Werte wurden wegen der kanzerogenen Eigenschaften einiger PAK nicht abgeleitet. 1-Hydroxypyren wird zumeist mit chromatographischen Analyseverfahren (7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie, 7 GC-MS) bestimmt. Nach Behandlung der Probe mit β-Glukuronidase kann neben der freien Form auch die ursprünglich glukuronidierte Form, 1-HydroxypyrenGlukuronid, mit erfasst werden.

Literatur. Kommission Human-Biomonitoring (2005) 1-Hydroxypyren im Urin als Indikator einer inneren Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – Referenzwert für 1-Hydroxypyren im Urin. Stellungnahme der Kommission „HumanBiomonitoring“ des Umweltbundesamtes. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 48:1194–1206

5-Hydroxytryptamin 7 Serotonin

683

7 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) in geringen Mengen gebildeter Metabolit des Neurotransmitters 7 Serotonin.

5-Hydroxytryptophol. Abb. 1. Strukturformel i Die ethanolbedingte Hemmung der Aldehyddehydrogenase bzw.

eine Erhöhung des NADH/NAD+-Quotienten sollen zu einer verstärkten Bildung von 5-HTOL führen. In Folge dessen wird bis zu zwei Tagen nach Alkoholaufnahme eine erhöhte 5-HTOL-Ausscheidung im Urin beobachtet. Die diagnostische Aussagekraft des Parameters wird durch eine starke Abhängigkeit von der Serotonin-Aufnahme mit der Nahrung (z. B. Südfrüchte) reduziert. Eine erhöhte diagnostische Spezifität wurde für die 5-HTOL/Kreatinin- bzw. 5-HTOL/5HIES-Quotienten berichtet. 5-HTOL und das glukuronidierte 5-HTOL (5-GTOL) gelten, wie das 7 Ethylglukuronid und 7 Ethylsulfat, als Kurzzeitmarker eines Alkoholkonsums. Sie werden u. a. für die Beurteilung der Abstinenz von Personen unter Alkoholentzugstherapie bestimmt.

Literatur. Arndt T, Gressner AM, Kropf J (1994) Labordiagnostik des Alkoholabusus – ein Plädoyer für Carbohydrate-Deficient Transferrin (CDT). medwelt 45:247–257

5-Hydroxytryptophol/5-HydroxyindolessigsäureQuotient

5-Hydroxytryptophan

7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen; 7 5-Hydroxytryptophol

T. Arndt

Synonym(e). 5-HTP

Hygieneplan

Englischer Begriff. 5-hydroxytryptophan

R. Weiskirchen

Definition. 5-Hydroxytryptophan (Summenformel C11H12N2O3;

7 Abb. 1, Molmasse 220,23 g) ist eine natürlich vorkommende Aminosäure.

HO

HO

O NH2 N H 5-Hydroxytryptphan. Abb. 1. Strukturformel i 5-Hydroxytryptophan kommt u. a. in geringem Mengen in Käse vor. Es wird sowohl in der Leber als auch in den Nervenzellen unter Wirkung der Tryptophandecarboxylase zu Serotonin abgebaut. Es ist also die Vorstufe des 7 Neurotransmitters 7 Serotonin und zudem ein Zwischenprodukt des 7 Tryptophan-Stoffwechsels. Eine 5-Hydroxytryptophangabe soll die zentralnervale Serotoninproduktion stimulieren. Die verstärkte Ausschüttung von Serotonin soll dann stimmungsaufhellende Wirkungen entfalten. Nebenwirkungen und Risiken einer Nahrungsergänzung mit Tryptophan sind unzureichend untersucht. Eine Bewertung des therapeutischen Nutzens sowie des diagnostischen Wertes einer 5-Hydroxytryptophan-Bestimmung im Sinne eines Therapeutischen Drug Monitorings (7 Therapeutisches Drug Monitoring) ist derzeit noch nicht möglich.

5-Hydroxytryptophol T. Arndt

Synonym(e). 5-HTOL Englischer Begriff. 5-hydroxytryptophol Definition. 5-Hydroxytryptophol (7 Abb. 1) ist ein im Vergleich zu

Definition. Zusammenstellung von Maßnahmen, die zur Vermei-

dung von 7 Kontaminationen und Verschleppung in einem gentechnischen Arbeitsbereich beitragen sollen

i Gentechnikrechtlicher Begriff (Anhang III: Gentechnik-Sicherheitsverordnung – Sicherheitsmaßnahmen für gentechnische Anlagen); Im Hygieneplan werden u. a. die Desinfektionsmaßnahmen in gentechnischen Anlagen geregelt; ein Hygieneplan ist ab der Sicherheitsstufe 2 obligatorisch.

Hyp 7 Hydroxyprolin

Hyper text mark-up language 7 HTML

Hyperchromasie 7 Hyperchromie

Hyperchromie H. Baum

Synonym(e). Hyperchromasie Englischer Begriff. hyperchromia Definition. Vermehrung des Hämoglobingehaltes des Einzelerythrozyten. i Hyperchromie bezeichnet Erythrozyten mit einem im Vergleich

zum normalen Erythrozyten erhöhten Hämoglobingehalt. Beim Kleinen 7 Blutbild ist dabei der MCH oberhalb der Referenzbereichsgrenze (32 pg). Die Hyperchromie ist ein Zeichen einer gestörten

H

684

Hypergammaglobulinämie

Erythrozytenreifung, wobei in erster Linie ein 7 Vitamin-B12- oder 7 Folsäuremangel ursächlich sind.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 173

Hypergammaglobulinämie 7 Gammopathie

Hyperphenylalaninämie 7 Phenylalanin im Urin

Hypersensitivitätsreaktion 7 Überempfindlichkeitsreaktion, Typen I-IV

Hypervariable Region (HVR) 7 VNTR-Sequenz

Hyperzellularität, Knochenmark 7 Zellularität, Knochenmark

Hypochromasie 7 Hypochromie

Hypochromie H. Baum

Synonym(e). Hypochromasie Englischer Begriff. hypochromia Definition. Verminderung des Hämoglobingehaltes des Einzelerythrozyten. i Hypochromie bezeichnet Erythrozyten mit einem im Vergleich

zum normalen Erythrozyten erniedrigten Hämoglobingehalt. Beim Kleinen 7 Blutbild ist dabei der MCH unterhalb der Referenzbereichsgrenze (27 pg). Die Hypochromie ist ein Zeichen einer gestörten Erythrozytenreifung, wobei in erster Linie eine Eisenmangelanämie, aber auch Thalassämie-Syndrome und andere Hämoglobinopathien differenzialdiagnostisch in Frage kommen.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 173

Hypokretine 7 Orexine

Hypothesentest 7 Test, statistischer

Hypothyreose-Screening 7 TSH-Bestimmung aus Trockenblut

Hypoxanthin H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. hypoxanthine Definition. Hypoxanthin ist ein wichtiger Metabolit des Purinstoff-

wechsels und wird durch die Purinnucleosid-phosphorylase (PNP) aus Inosin gebildet und durch die Xanthin-oxidase weiter zu Xanthin und Harnsäure abgebaut. i Hypoxanthin wird durch die Purinnucleosid-phosphorylase (PNP) aus Inosin gebildet und durch die Xanthinoxidase weiter zu 7 Xanthin und 7 Harnsäure abgebaut. Daneben kann Hypoxanthin durch die 7 Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase (HGPRT) zu 7 Inosinat (IMP) phosphoryliert und damit wiederverwendet werden („salvage pathway“). Die Bedeutung dieses Stoffwechselweges zeigt das Lesch-Nyhan-Syndrom. Der Nachweis von Hypoxanthin kann über HPLC Methoden und GC-MS erfolgen.

Literatur. Ohdoi C, Nyhan WL, Kuhara T (2003) Chemical diagnosis of Lesch-Nyhan syndrome using gas chromatography-mass spectrometry detection. J Chomatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci 792:123–130

Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase H.-D. Haubeck

Synonym(e). HGPRT; HPRT Englischer Begriff. hypoxanthine-guanine phosphoribosyltransferase (HPRT)

Definition. Hypoxanthin-guanin-phosphoribosyl-transferase ist ein Enzym des Purinstoffwechsels durch das Hypoxanthin zu Inosinat (IMP) und Guanin zu Guanylat (GMP) phosphoryliert werden und damit erneut für die Bildung von ATP und GTP zur Verfügung stehen (salvage pathway). i

Hypoxanthin-guanin-phosphoribosyl-transferase EC 2.4.2.8) katalysiert die beiden Reaktionen: 5 Hypoxanthin + PRPP → Inosinat (IMP) + PPi 5 Guanin + PRPP → Guanylat (GMP) + PPi

(HGPRT,

und erlaubt damit die Wiederverwertung der Purine („salvage pathway“). Die Bedeutung dieses Stoffwechselweges zeigt das LeschNyhan-Syndrom. Bei diesem x-chromosomal rezessiv vererbten HGPRT-Defekt kommt es nicht nur zur juvenilen Gicht mit Hyperurikämie, Hyperurikosurie und Uratnephropathie sondern auch zu schweren neurologischen Schäden mit geistiger Retardierung, spastischen Lähmungen und stark aggressivem Verhalten mit Neigung zur Selbstverstümmelung. Der Pathomechanismus der Gicht und Nephropathie ergibt sich einerseits aus der vermehrten Bildung von Harnsäure, weil die Wiederverwertung von Hypoxanthin und Guanin nicht möglich ist. Andererseits führt die erhöhte Konzentration von PRPP (5’-Phosphoribosyl-1-Pyrophosphat) über die Aktivierung der Amidophosphoribosyl-Transferase (Schrittmacherenzym der Denovo-Purinsynthese) zu einer deutlich erhöhten Synthese von Purinnukleotiden und letztendlich auch deren Abbau zu Harnsäure. Im Gegensatz hierzu sind die molekularen Ursachen der neurologischen Veränderungen noch nicht geklärt. Im HGPRT-Gen, das auf dem langen Arm des X-Chromosoms (Xq26) liegt, sind bisher mehr als 270 Mutationen bekannt. Sie liegen über das ganze Gen verteilt und lassen sich nicht eindeutig mit dem klinischen Phänotyp und nur teilweise mit der Schwere des Krankheitsbilds korrelieren. Der Nachweis des Gendefekts kann über die Metabolite mit HPLCund GC-MS-Verfahren oder durch molekularbiologische Methoden erfolgen.

Literatur. Jinnah HA, De Gregorio L, Harris JC et al (2000) The spectrum of inherited mutations causing HPRT deficiency: 75 new cases and a review of 196 previously reported cases. Mutat Res 463:309– 326

Hypozellularität, Knochenmark 7 Zellularität, Knochenmark

I IAA 7 Autoantikörper gegen Insulin

IA2-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Insulinoma-assoziiertes Antigen 2

Ibuprofen W.-R. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. ibuprofen Definition. Analgetikum, Antirheumatikum: Struktur 7 Abb. 1

ICAM4 7 Landsteiner-Wiener-Blutgruppensystem

ICDH 7 Isocitrat-Dehydrogenase

ICG-Test 7 Indocyaningrün-Test

ICP 7 Inductively coupled plasma

ICP-AES 7 Atomemissionsspektrometrie

ICP-Massenspektrometrie 7 Plasma-Massenspektrometrie

ICP-MS 7 Plasma-Massenspektrometrie

ICTP Ibuprofen. Abb. 1. Strukurformel

Molmasse. 206,27 g

7 Carboxyterminales Typ-I-Kollagen-Telopeptid

IDC

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei oraler Gabe zusammen

7 Agglutinationstest

mit z. B. Lysin beträgt die Bioverfügbarkeit fast 100 %. Ibuprofen wird in der Leber zu zwei inaktiven Metaboliten abgebaut, die renal eliminiert werden. Nur 1 % der applizierten Dosis findet sich unverändert im Urin wieder.

Identifikation

Halbwertszeit. 2–3 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei leichten Intoxikationen mit dem nicht verschreibungspflichtigen Arzneistoff finden sich Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe, bei schweren Vergiftungen, Sehstörungen, Ödembildung, Atemdepression.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P) Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxikation

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 10–30 mg/L; toxisch: > 100 mg/L; komatös-letal: unbekannt.

Literatur. König H, Hallbach J (2009) Nonopioid analgesics and antirheumatics. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 189–214

IC 7 Ionenaustauschchromatographie

ICAM-1 7 Intercellular adhesion molecule

O. Colhoun

Englischer Begriff. identification Definition. Zuordnung eines Erkennungscodes zum Laborauftrag und den zugehörigen Probengefäßen eines Patienten zur Verarbeitung im 7 Labor-EDV-System und in Analysegeräten. i Es muss eine eindeutige Probenidentifizierung erfolgen, die keine Verwechslungen zulässt. Am sichersten und eindeutigsten ist es, die Zuordnung der Auftragsnummer durch den Einsender vornehmen zu lassen: Ausfüllen eines Anforderungsbelegs an das Labor, der mit einer eindeutigen, vom Laboratorium zentral vergebenen und damit einmaliger Auftrags-ID-Nummer versehen ist und eine genügende Anzahl von barcodierten Klebeetiketten für die Identifikation der Proben bereitstellt. Der Anforderungsbogen wird idealerweise mit einem Patientenetikett (Patientenname und -daten, Patientenaufnahmenummer im Klartext sowie barcodiert) und Einsenderidentifikation (z. B. Bezeichnung der anfordernden Station im Krankenhaus in Klartext und Barcode) versehen. Nach diesem Anforderungsverfahren ist prinzipiell auch die beleglose Online-Anforderung im Labor durchführbar (s. a. 7 Probenidentifikation).

Iditol-Dehydrogenase 7 Sorbitdehydrogenase

IDL 7 Intermediate Density Lipoprotein

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

686

Idraparinux

IgE-binding Protein

Idraparinux

7 Galectin

7 Faktor-Xa-Inhibitoren

IGeL

Iduronat-2-sulfatase

7 Gesundheitsleistungen, individuelle

7 Mukopolysaccharide

IGF-1

IEF

7 Insulin-like growth factor 1

7 Isoelektrische Fokussierung

IGF-Bindungsprotein(BP) 3

IFCC 7 International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine

7 Insulin-like Growth Factor Binding Protein-3

IgG

IFE

7 Immunglobulin G

7 Immunfixation

IgG-Antikörper Ig

7 Inkomplette Antikörper

7 Antikörper; 7 Immunglobuline

IgG 1–4 Ig A, sekretorisch

7 Immunglobulin-G-Subklassen

7 Immunglobulin A, sekretorisches

IgG im Urin IgA

7 Immunglobulin G im Urin

7 Immunglobulin A

IgG/IgM-Anti-HAV IgA-Index

7 Hepatitis-A-Virus-Antikörper

T.O. Kleine

IgG/IgM-Anti-HBc

Synonym(e). Link-Index IgA

7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-Antikörper

Englischer Begriff. Link index IgA

IgG/IgM-Anti-HEV

Definition. [IgACSF] / [AlbuminCSF] [IgASerum] / [AlbuminSerum]

oder

[IgACSF] ∙ [AlbuminSerum] [IgASerum] ∙ [AlbuminCSF]

oder QIgA : QAlbumin = ≤ 0,4; CSF = Liquor i Formel zur nicht quantitativen Berechnung der intratheka-

len (autochtonen) IgA-Produktion in Lumbal-, Subokzipital- und Ventrikel-Liquorproben; Ausschlussgrenze: > 0,4 (Grenzbereich: 0,3–0,4) 7 CRM-470-Standard unabhängig; falsch-negative Werte: [AlbuminSerum] < Referenzbereich; falsch-positive Werte: [IgASerum] < Referenzbereich; QIgA-Verzerrung durch monomere und dimere IgA im Serum; falsch negative Werte bei intrathekaler dimer-IgA-Synthese bei ZNS-Entzündungen, wenn immunnephelometrisch auf IgA-Monomer kalibriert wird (7 Liquor/Serum-IgAQuotient). Störfaktor: Blutkontamination in CSF mit Hämolyse

Literatur. Kleine TO, Hackler R, Schlenska GK, Hase HL, Rytlewski D (1991) Zur Evaluierung der intrathekalen Immunglobulin-Produktion. Lab Med 15:193–203

IgD 7 Immunglobulin D

IgE 7 Immunglobulin E

IgE, allergen-spezifisches 7 Immunglobulin E, allergenspezifisches

7 Hepatitis-E-Virus-Antikörper

IgG-Index T.O. Kleine

Synonym(e). Link-Index IgG Englischer Begriff. Link index IgG Definition.           



          

       i Formel zur nicht quantitativen Berechnung der intrathekalen (autochtonen) IgG-Produktion in Lumbal-, Subokzipital- und Ventrikel-Liquorproben; Ausschlussgrenze: > 0,7 (Grenzbereich: 0,6–0,7) 7 CRM-470-Standard unabhängig; falsch-negative Werte: [AlbuminSerum] < Referenzbereich; falsch-positive Werte: [IgGSerum] < Referenzbereich

Literatur. Kleine TO, Hackler R, Schlenska GK, Hase HL, Rytlewski D (1991) Zur Evaluierung der intrathekalen Immunglobulin-Produktion. Lab Med 15:193–203

IgG-Subklassen 7 Immunglobulin-G-Subklassen

IgM 7 Immunglobulin M

Ii-Blutgruppensystem

IHAG

IgM-Anti-HAV 7 Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper

7 Insulin-Hypoglykämie-Test

Ii-Blutgruppensystem

IgM-Antikörper 7 Komplette Antikörper

K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

IgM-Antikörper gegen Hepatitis-A-Virus 7 Hepatitis-A-Virus-IgM-Antikörper

IgM-Antikörper gegen Hepatitis-B-(Virus)-coreAntigen 7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper

IgM-Index T.O. Kleine

Synonym(e). Link-Index IgM Englischer Begriff. Link index IgM Definition. [IgMCSF] / [AlbuminCSF]

7 Agglutinationstest

IHT

IgM-Anti-HBc 7 Hepatitis-B-Virus-core-Antigen-IgM-Antikörper

[IgMSerum] / [AlbuminSerum]

687

oder

[IgMCSF] ∙ [AlbuminSerum] [IgMSerum] ∙ [AlbuminCSF]

oder QIgM : QAlbumin = ≤ 0,1; CSF = Liquor i Formel zur nicht quantitativen Berechnung der intrathekalen (autochtonen) IgM-Produktion in Lumbal-, Subokzipital- und Ventrikel-Liquorproben; Ausschlussgrenze: > 0,1 (Grenzbereich: 0,07– 0,1) 7 CRM-470-Standard unabhängig; falsch-negative Werte: [AlbuminSerum] < Referenzbereich; falsch-positive Werte: [IgMSerum] < Referenzbereich; falsch erhöhte Werte bei intrathekaler monomer-IgMSynthese, wenn immunnephelometrisch auf IgM-Pentamer kalibriert wird (7 Liquor/Serum-IgA-Quotient). Störfaktor: Blutkontamination in CSF mit Hämolyse

Literatur. Kleine TO, Hackler R, Schlenska GK, Hase HL, Rytlewski D (1991) Zur Evaluierung der intrathekalen Immunglobulin-Produktion. Lab Med 15:193–203

IgM-Paraprotein H. Baum

Synonym(e). Monoklonales IgM Englischer Begriff. IgM paraproteinemia Definition. Monoklonale Vermehrung von 7 Immunglobulin M bei Morbus Waldenström. i Die IgM-Paraproteinämie ist ein charakteristischer Befund des

Morbus Waldenström. Die Erhöhung der γ-Globuline des Serums ist allein durch die Vermehrung eines monoklonalen IgM bei meist gleichzeitiger Verminderung der anderen Immunglobuline bedingt. Das IgM-Paraprotein kann Autoantikörpereigenschaften besitzen (7 Kälteagglutinine, 7 Rheumafaktor), gegen Antigene der Haut, des Skelettmuskels oder des Nervensystems gerichtet sein und einer mit entsprechender Symptomatik einhergehen.

Literatur. Nachbaur D, Pohl P, Pastner D et al (1991) Monoklonale Gammopathien – Die Waldenström-Makroglogulinämie. In: Huber H, Löffler H, Pastner D (Hrsg) Diagnostische Hämatologie. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, S 589–592

Englischer Begriff. Ii antigen system Definition. Erythrozytäres Blutgruppensystem, welches aus dem verzweigten Kohlenhydratantigen I und seiner Vorstufe, dem Antigen i, besteht. i Die Ii-Blutgruppenkollektion besteht aus den beiden Antigenen I und i und weist als Besonderheit auf, dass die bei anderen 7 Blutgruppensystemen ausgeprägte Trennung zwischen zwei allelen Antigenen, wie z. B. C/c oder M/N, fehlt. Obwohl das I-Antigen bei Geburt nur sehr schwach ausgeprägt ist und erst ab dem zweiten Lebensjahr die Ausprägungsstärke wie bei Erythrozyten von Erwachsenen aufweist, findet sich sowohl auf Erythrozyten Neugeborener in geringer Menge I-Antigen als auch etwas i-Antigen auf adulten Erythrozyten. Das Fehlen des I-Antigens, also der ii-Phänotyp, tritt bei Erwachsenen nur sehr selten auf. Ii-Antigen-heterozygote Träger können in blutgruppenserologischen Tests in der Regel nicht erfasst werden, da das i-Antigen nur bei fast vollständigem Fehlen des I-Antigens nachweisbar ist. Das i-Antigen scheint ein Kennzeichen unreifer Erythrozyten zu sein, das man bei vielen Anämien und Leukämien detektieren kann. Die i- und I-Antigene sind Kohlenhydratstrukturen, die sich als O- oder N-verknüpfte Glykane auf den extrazellulären Domänen von erythrozytären Membranproteinen und Glykosphingolipiden finden. Sie bestehen aus linearen und verzweigten Zuckereinheiten (N-Acetyllactosamin, Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin-β1,3-Galaktoseβ1,4-N-Acetylglukosamin, Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosaminβ1,3-(Galaktose-β1,4-N-Acetylglukosamin-β1,6)-Galaktose-β1,4N-Acetylglukosamin), die sich beim i-Antigen durchschnittlich 6-mal und beim I-Antigen 8- bis 25-mal wiederholen. Die Synthese dieser Kohlenhydratstrukturen erfolgt durch die enzymatische Addition von Monosacchariden, die durch unterschiedliche Glykosyltransferasen katalysiert werden. Das i-Antigen stellt eine Vorstufe des I-Antigens dar und wird durch die beiden Glykosyltransferasen β1,3-Acetylglukosaminyltransferase und β1,4-Galaktosyltransferase synthetisiert. Die Glykosyltransferase β-1,6-N-AcetylglukosaminTransferase (Iβ-1,6-GlcNAcT, GCNT2) ist verantwortlich für die Umwandlung der linearen Kohlenhydratkette des i-Antigens in die verzweigte Zuckerstruktur des I-Antigens. Das für diese Glykosyltransferase kodierende Gen konnte auf Chromosom 6p24-p23 lokalisiert werden und Mutationen, die zu einem inaktiven Enzym führen, bei adulten Personen mit ii-Phänotyp identifiziert werden. Antikörper gegen die Ii-Antigene sind 7 Kälteagglutinine vom IgMTyp, wobei Autoantikörper der Spezifität Anti-I bei vielen Personen beobachtet werden. Diese haben ein Optimum der Antigen-Antikörperbindung von 4 °C und sind in der Regel ohne klinische Relevanz. Allerdings müssen sie in der Transfusionsmedizin bei bestimmten Situationen berücksichtigt werden, z. B. bei operativen Eingriffen in Hypothermie, wie sie in der kardiovaskulären Chirurgie durchgeführt werden. Hierbei muss bei der Bereitstellung von kompatiblen Blutprodukten eine temperaturabhängige Kreuzprobe (7 serologische Verträglichkeitsprobe) durchgeführt werden, um die Wärmeamplitude des Kälteantikörpers zu ermitteln. Im Rahmen der Hypothermie darf die Körpertemperatur des Patienten nicht niedriger sein, als die Reaktivitätsgrenze des Kälteantikörpers, um eine durch den Kälteantikörper ausgelöste Agglutination der Erythrozyten im Körper oder in der Herz-Lungen-Maschine zu verhindern. Die Transfusion körperwarmen Bluts ist bei Kälteantikörpern der Spezifität Anti-I und Anti-i in der Regel problemlos möglich. Eine Stimulierung von Anti-I-Antikörpern, die zu einer erweiterten Wärmeamplitude oder zu einem deutlichen Anstieg des Antikörpertiters führt, kann zu einer klinischen Manifestation in Form einer 7 autoimmunhämolytischen

I

688

IIF(T)

Anämie vom Kälteantikörpertyp führen. Autoantikörper der Spezifität Anti-i können aufgrund der unvollständigen Umwandlung des i-Antigens in das I-Antigen auch bei I-Antigen-positiven Personen auftreten und können vereinzelt ebenfalls zu hämolytischen Anämien führen.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London http://www.ncbi.nlm.nih.gov/gv/mhc/xslcgi.cgi?cmd=bgmut/systems_info&system=i

IIF(T) 7 Immunfluoreszenz, indirekte

IL-2-Rezeptor 7 CD 25

z. B. aus Nitrocellulose oder Nylon. Der Proteintransfer vom primären auf den sekundären Träger erfolgt durch einfache oder unterstützte Diffusion (Vakuum, Überdruck, Unterdruck), oder elektrophoretisch (Elektroblotting). Nach dem Transfer der Proteine werden durch Blockierungssubstanzen (7 Blockieren) unspezifische Bindungsstellen des sekundären Trägers abgesättigt. Der dritte Arbeitsschritt beinhaltet die spezifische Immunreaktion unter Verwendung spezifischer Antikörper, die bei Einsatz eines enzymmarkierten Zweitantikörpers in einer Farbreaktion sichtbar gemacht wird. Beurteilt wird das entstandene Bandenmuster. Alternativ zu Enzymen kommen auch andere Marker (Betastrahler, 7 Lumineszenzmarker) zur Anwendung.

Einsatzgebiet. Nachweis von Antigenen verschiedenster Art und Antikörpern.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Instrumentierung. Inkubationsautomaten, Scanner, Kamerasysteme, Software für die automatische Auswertung.

Sensitivität. Je nach Detektionssystem gelingen mit der Methode sehr empfindliche und spezifische Nachweise.

Literatur. Peters JH, Baumgarten H (1990) Monoklonale Antikörper

IL-2-Rezeptor, löslicher 7 Interleukin-2-Rezeptor, löslicher

IL-6 7 Interleukin-6

IL-10 7 Interleukin-10

Ile 7 Isoleucin

IMA 7 Kobaltbindungsassay, Albumin

Imipramin 7 Antidepressiva, trizyklische

Immunblot W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Western Blot; Linienblot Englischer Begriff. immunoblot; Western blot Definition. Als „Immunblot“ wird eine Technik bezeichnet, bei der Proteine oder andere Antigene auf Nitrocellulose-, Nylon- oder andere Membranen aufgetragen oder übertragen werden, und Streifen der Membranen dann nacheinander mit Patientenproben, enzymmarkierten Antikörpern und einem präzipitierenden Substrat inkubiert werden. Positive Reaktionen stellen sich auf den Membranstreifen als Farbbanden dar, die visuell oder automatisch mit Scanner- oder Kamerasystemen ausgewertet werden. Eine Sonderform des Immunblots ist der 7 Western Blot, hier werden die Antigene zunächst elektrophoretisch aufgetrennt, bevor man sie durch einen Elektrotransfer auf die Membran überträgt.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Immunblotting (Variante Western Blot) besteht aus drei Arbeitsschritten. Beim ersten Schritt, der elektrophoretischen Trennung eines Proteingemischs in Einzelproteinfraktionen, werden als Trenntechniken vorwiegend die hochauflösende ein- oder zweidimensionale Flachgel-7 Elektrophorese oder die 7 isoelektrische Fokussierung eingesetzt. Trägermaterialien sind 7 Polyacrylamid oder 7 Agarose. Der sekundäre Träger immobilisiert die Proteine, sodass keine Diffusion mehr stattfinden kann, er besteht

– Herstellung und Charakterisierung. 2. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 444–450

Immunchromatographie 7 Immunoassay, homogener

Immundiffusion, doppelte radiale R. Westermeier

Synonym(e). Ouchterlony-Immundiffusion; Immundoppeldiffusion Englischer Begriff. immunodiffusion Definition. Nachweistechnik für Antigene oder Antikörper mittels Immunpräzipitation, bei der beide Reaktionspartner in einem Gel aufeinander zu diffundieren.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Eine der technisch einfachsten Formen von Immuntests. Eine Glasplatte wird mit einem Gel (AgarAgar) beschichtet, und in das Gel werden Löcher gestanzt. Antigenund Antikörper-Lösung werden in sich gegenüberliegende Löcher getropft, sodass sie gegeneinander diffundieren können. Im Falle einer positiven Reaktion bildet sich ein Präzipitat (Präzipitationslinie). Einsatzgebiet. Die Ouchterlony-Technik wird heute nur noch bei speziellen Fragestellungen eingesetzt. Sie eignet sich besonders zur Reinheitsbestimmung von Antigenen, für das Überwachen der Antikörperantwort bei immunisierten Tieren und für einen Spezifitätsvergleich verschiedener Antikörper. Man kann feststellen, ob zu untersuchende Antigene oder Antikörper mit bekannten Antigenen oder Antikörpern übereinstimmen. Im Falle einer Übereinstimmung gehen die Präzipitationslinien bogenförmig ineinander über, im Falle der Nichtidentität überkreuzen sich die Präzipitationslinien und im Falle der Teilidentität entsteht ein Bogen mit einem Sporn.

Sensitivität. Diese Methode kann zwischen 0,1 und 10 g/L Antikörper oder Antigen nachweisen. Es ist möglich, durch empfindliche Färbungen und Auswertung mit einem Lupenmikroskop die Nachweisgrenze auf 1 mg/L zu reduzieren.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es ist keine spezielle Apparatur erforderlich und als Reagenzien können gewöhnlich ungereinigte Extrakte eingesetzt werden. Die Durchführung der Methode ist aber mit einem hohen Aufwand verbunden und kaum automatisierbar. Literatur. Kemeny DM (1994) ELISA. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, S 7–10

Immundiffusion, einfache 7 Immundiffusion, lineare nach Oudin

Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Immundiffusion, lineare nach Oudin R. Westermeier

Synonym(e). Immundiffusion, einfache Englischer Begriff. immunodiffusion according to Oudin Definition. Die einfache Immundiffusion nach Oudin ist eine 7 Immunpräzipitationsmethode zur quantitativen Bestimmung von Antigen in einer Probe. Hierzu füllt man ein antikörperhaltiges 7 Agarosegel in ein enges Röhrchen. Nach dem Erkalten überschichtet man entweder mit gelöstem Antigen oder mit antigenhaltigem Agarosegel. An der Kontaktstelle entsteht eine Präzipitationsbande, welche im Antikörper-Gel nach unten wandert. Am Äquivalenzpunkt stoppt die Bande und fällt als deutliches Präzipitat aus. Die Distanz der Präzipitatbande zur Kontaktstelle ist proportional zur Antigenkonzentration. Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei dieser einfachen Immundiffusion im Röhrchen dient das Agarosegel der Fixierung und Stabilisierung der entstehenden Immunpräzipitate. Während der Diffusion der Präzipitinbande in das antikörperhaltige Gel verringert sich die Antigenkonzentration. Wenn das Antigen genügend verdünnt ist, bildet sich in der Äquivalenzzone an der Front ein unlöslicher Immunkomplex aus. Somit ist die Wanderungsdistanz proportional zur Antigenkonzentration (7 Abb. 1).

Immundiffusion, lineare nach Oudin. Abb. 1. Schematische Darstellung für ein Antigen und für drei verschiedene Antigene

Es ist wichtig polyklonale Antikörper (7 Antikörper, polyklonale) zu verwenden, da monoklonale Antikörper (7 Antikörper, monoklonale) keine dreidimensionalen Immunkomplexe bilden. Bei Antigengemischen bilden sich in Abhängigkeit von der Antigenanzahl mehrere Präzipitatbanden, deren Abstände von der Kontaktfläche jeweils proportional zur Konzentration sind.

Einsatzgebiet. Quantitative Messungen von Antigenen. Untersuchungsmaterial. Serum Instrumentierung. Glasröhrchen Spezifität. Die Spezifität ist abhängig von der Qualität des Antikörpers. Bei hoher Qualität ist sie sehr hoch.

Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich der Antigenkonzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassie-gefärbten Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2.

Fehlermöglichkeit. Leider sind die Immunpräzipitatbanden bei der einfachen Immundiffusion nicht stabil, da die Antikörperkonzentration konstant ist. Es muss also der richtige Zeitpunkt zur Auswertung eingehalten werden.

689

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es gibt keine Automatisierung. Es werden hohe Mengen an Antikörpern benötigt, daher sind die Kosten hoch.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans R. Westermeier

Synonym(e). Einfache Radialimmundiffusion; Mancini-Technik Englischer Begriff. mancini radial immunodiffusion Definition. Bei der radialen Immundiffusion nach Mancini, Carbonara und Heremans werden die antigenhaltigen Proben in runde gestanzte Löcher einer antikörperhaltigen Agarosegelschicht einpipettiert. Die Antigene diffundieren kreisförmig in das Gel. Dabei entstehen Präzipitatringe, deren Durchmesser (zum Quadrat erhoben) proportional zur Antigenmenge in der Probe sind. Physikalisch-chemisches Prinzip. Die einfache radiale Immundif-

fusion nach Mancini, Carbonara und Heremans ist eine 7 Immunpräzipitationsmethode zur quantitativen Bestimmung von Antigen in einer Probe. Hierzu gießt man ein antikörperhaltiges 7 Agarosegel in eine Petrischale oder auf eine Glasplatte. Nach dem Erkalten stanzt man Löcher mit 1–2 mm Durchmesser 1–2 cm voneinander entfernt in die Schicht und befüllt diese mit den Probenlösungen. Es entstehen kreisförmige Präzipitinzonen, welche im Antikörpergel durch die Diffusion nach außen wandern. Die Flächen der Präzipitinkreise sind proportional zur jeweiligen Antigenmenge. Nach einigen Tagen ist der Gleichgewichtspunkt erreicht: die Kreise bleiben konstant. Am Äquivalenzpunkt stoppt die Diffusion und es bilden sich deutliche Präzipitatringe aus (7 Abb. 1). Während der Diffusion der Präzipitinkreise in das antikörperhaltige Gel verringert sich die Antigenkonzentration. Wenn das Antigen genügend verdünnt ist, bildet sich in der Äquivalenzzone an der Front ein unlösliches Präzipitat aus. Somit ist die Kreisfläche proportional zur Antigenkonzentration. Es ist wichtig polyklonale Antikörper (7 Antikörper, polyklonale) zu verwenden, da monoklonale Antikörper (7 Antikörper, monoklonale) keine dreidimensionalen Immunkomplexe bilden. Bei Antigengemischen bilden sich in Abhängigkeit von der Antigenanzahl mehrere Präzipitatkreise, deren Flächen jeweils proportional zur Konzentration sind. Die Präzipitatringe werden nach Auswaschung der Antikörper mit physiologischer Salzlösung mit 7 Coomassie-Färbung detektiert.

Untersuchungsmaterial. Serum Instrumentierung. Man benötigt Glasplatten oder Petrischalen und eine Stanze, die an ein Vakuum oder eine Wasserstrahlpumpe angeschlossen ist. Spezifität. Die Spezifität ist abhängig von der Qualität des Antikörpers. Bei hoher Qualität ist sie sehr hoch. Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich der Antigenkonzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassie-gefärbten Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2.

Fehlermöglichkeit. Die Immunpräzipitatringe sind bei der einfachen radialen Immundiffusion nicht stabil, da die Antikörperkonzentration im Gel konstant ist. Es muss also der richtige Zeitpunkt zur Auswertung eingehalten werden. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es gibt keine Automatisierung. Es werden hohe Mengen an Antikörpern benötigt, daher sind die Kosten hoch.

Literatur. Mancini G, Carbonara AO, Heremans JF (1965) Immunochemical quantitation of antigens by single radial immunodiffusion. Immunochemistry 2:235

I

690

Immundiffusion, zweidimensionale

Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans. Abb. 1. Schematische Darstellung der radialen Immundiffusion im Antikörperhaltigen Agarosegel. Bei der Diffusion der Antikörper entstehen Präzipitatkreise, deren Flächen proportional zur Antigenmenge sind.

Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich der Antigen-

Immundiffusion, zweidimensionale

konzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassie-gefärbten Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2.

R. Westermeier

Synonym(e). Ouchterlony-Technik; Radiale Doppeldiffusion

Fehlermöglichkeit. Ungleichmäßige Gelschicht.

Englischer Begriff. Ouchterlony double diffusion in two dimensions

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methode ist einfach,

Definition. Bei der zweidimensionalen Immundiffusion nach Ouchterlony werden Antigen- und Antikörperlösungen in kleine Löcher einpipettiert, welche in eine leere Agarosegelschicht gestanzt wurden. An den Äquivalenzpunkten der kreisförmig gegeneinander diffundierenden Antigene und Antikörper bilden sich Präzipitatbögen.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Mit der Ouchterlony-Technik erhält man in kurzer Zeit mit wenig Aufwand Informationen über immunologische Identität von Antigenen. Bei dieser Technik enthält das Gel keine Antikörper. Sowohl Antigen als auch Antikörper diffundieren ringförmig aus dem jeweiligen gestanzten Loch und bilden Konzentrationsgradienten. Während beide ineinander diffundieren, bildet sich am Äquivalenzpunkt eine scharfe Präzipitatlinie. Man kann um das Antikörperloch herum mehrere Antigenlöcher stanzen und eine Anzahl verschiedener Proben aufgeben. Die Präzipitatbögen werden mit 7 Coomassie-Färbung detektiert. Aus dem Vorhandensein/Nichtvorhandensein und der Form der Präzipitatbögen wird auf immunologische Identität der Probenantigene geschlossen (7 Abb. 1).

Ag1

Ag2

Ag1

Ag2

Ag1

Ag2

leistungsfähig und in wenigen Stunden durchführbar. Kein automatisiertes Verfahren verfügbar. Die Materialkosten sind wegen der geringen Antikörpermenge im Gel vergleichsweise niedrig.

Literatur. Ouchterlony Ö (1949) Antigen-antibody reactions in gels. Acta Path 26:507 Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Immundoppeldiffusion 7 Immundiffusion, doppelte radiale

Immundot 7 Immunodot

Immunelektrophorese R. Westermeier

Englischer Begriff. immunoelectrophoresis Definition. In der Immunelektrophorese wird eine elektropho-

Ak Antigene sind identisch

Ak Antigene sind partiell identisch

Ak Antigene sind nicht identisch

retische Auftrennung von Proteingemischen im 7 Agarose- oder 7 Polyacrylamidgel mit einer 7 Immundiffusion oder 7 Elektroimmundiffusion im Agarosegel gegen ein mono- oder multispezifisches Antiserum kombiniert.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Immunelektrophoresen ermög-

eine Stanze, die an ein Vakuum oder eine Wasserstrahlpumpe angeschlossen ist.

lichen qualitative und quantitative immunologische Analysen von Antigengemischen. Dabei gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Techniken (s. dort bzw. unter 7 Elektrophorese, zweidimensionale): 5 7 Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams 5 7Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman 5 Tandemkreuzimmunelektrophorese 5 Kreuzimmunelektrophorese mit Zwischengel 5 Raketen-Immunelektrophorese nach Laurell 5 Linien-Immunelektrophorese 5 Fused-rocket-Immunelektrophorese

Spezifität. Diese Methode ist hochspezifisch.

Allen Techniken gemeinsam sind eine elektrophoretische Wanderung

Immundiffusion, zweidimensionale nach Ouchterlony. Abb. 1. Schematische Darstellung von möglichen Ergebnissen. Antigene könne auf immunologische Identität überprüft werden. Ag Antigen, AK Antikörper

Einsatzgebiet. Test auf immunologische Identität von Antigenen. Untersuchungsmaterial. Serum Instrumentierung. Man benötigt Glasplatten oder Petrischalen und

Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams

von Antigenen in einem Agarosegel und die Bildung von Präzipitatbögen am Äquivalenzpunkt. Es ist wichtig polyklonale Antikörper zu verwenden, da monoklonale Antikörper keine dreidimensionalen Immunkomplexe bilden. Ursprünglich wurden Tris-Barbituratpuffer pH 8,2 oder 8,6 verwendet. Wegen des 7 Betäubungsmittelgesetzes bekommt man nur noch sehr schwer Zugang zu Barbitursäure. Deshalb wird heutzutage meist ein Tris-Tricin-Calciumlactat Puffer eingesetzt. Die Präzipitatbögen werden mit 7 Coomassie-Färbung detektiert.

1.

Loch und Rinne in Agarosegel gestanzt

2.

Agarosegelelektrophorese Antigengemisch

Einsatzgebiet.

5 Qualitativer Nachweis und quantitative Bestimmung von spezifischen Proteinen 5 Identifizierung monoklonaler Immunglobuline 5 Identifizierung einzelner Proteinkomponenten in komplexen Proteingemischen

3. Immundiffusion

Die Immunelektrophorese zum Nachweis monoklonaler Gammopathien wurde weitestgehend von der sensitiveren und aussagekräftigeren 7 Immunfixation abgelöst.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Bakterienlysat.

Instrumentierung. 5 5 5 5 5

Elektrophoresekammer Stanzschablone Umlaufkühler Stromversorger Färbeschalen

691

Antikörpergemisch

Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams. Abb. 1. Schematische Darstellung: In das Agarosegel werden Probenlöcher gestanzt und Antiserum-Rinnen geschnitten. Zunächst wird die Probe elektrophoretisch getrennt, danach diffundieren die Antigenfraktionen radial gegen die linear diffundierenden Antikörper. An den Äquivalenzpunkten entstehen Präzipitatbögen.

Spezifität. Diese Methoden sind hochspezifisch. Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im Allgemeinen im μgBereich der Antigenkonzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassie-gefärbten (7 Coomassie-Färbung) Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Der Aufwand des Verfahrens ist analytabhängig. Großer Zeitbedarf durch Immundiffusion ohne elektrisches Feld. Fertiggele kaum verfügbar, weil für jede Applikation, respektive den Nachweis eines spezifischen Proteins ein entsprechender Antikörper im Gel vorliegen muss. Automatisierung ist kaum möglich. Die Kosten sind wegen der großen Mengen an benötigten Antikörpern relativ hoch.

Literatur. Grabar P, Williams CA (1953) Méthode permettant l’etude conjuguée des propriétés électrophorétiques d’un mélange de protéines. Biochim Biophys Acta. 10:193 Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik, 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Scheidegger JJ (1955) Une micro-methode de l'immuno-electrophorese. Intern Arch Allergy Appl Immunol 7:103–110

Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams

Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams. Abb 2. Beispiel eines Immunelektrophoresegeles, gefärbt mit Coomassie Brilliant Blau

R. Westermeier

Englischer Begriff. immunoelectrophoresis according to Grabar and Williams

Definition. Die eindimensionale Immunelektrophorese nach Grabar

5 Identifizierung monoklonaler Immunglobuline 5 Identifizierung einzelner Proteinkomponenten in komplexen Proteingemischen

und Williams ist eine zweistufige Technik, die in einem einzelnen Gel durchgeführt wird. In einem 7 Agarosegel werden erst die Probenproteine elektrophoretisch aufgetrennt. Anschließend wird Antikörperlösung in eine seitlich der Trennspur angeordnete Rinne einpipettiert. Bei der Diffusion der Proteinfraktionen gegen die Antikörper entstehen im Gel zwischen der Trennspur und der Rinne Präzipitatbögen (7 Abb. 1, 7 Abb. 2). Scheidegger hat die Methode so modifiziert, dass sie auf einem Objektträger durchgeführt werden kann.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Bakterien-

Einsatzgebiet. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, beispielsweise: 5 Qualitative und quantitative Untersuchungen auf Vorhandensein bestimmter Proteine und deren Mengen

Spezifität. Diese Methode ist hochspezifisch.

lysat.

Instrumentierung. 5 5 5 5 5

Elektrophoresekammer Stanzschablone Umlaufkühler Stromversorger Färbeschalen

Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich der Antigen-

I

692

Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman

konzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassie-gefärbten (7 Coomassie-Färbung) Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2.

Fehlermöglichkeit. Die quantitative Aussage der Methode ist sehr limitiert, könnte deshalb überinterpretiert werden. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Der Aufwand des Verfahrens ist analytabhängig. Großer Zeitbedarf durch Immundiffusion ohne elektrisches Feld. Automatisierung ist kaum möglich. Die Kosten sind nicht besonders hoch, weil kein antikörperhaltiges Gel verwendet wird.

Literatur. Grabar P, Williams CA (1953) Méthode permettant l’etude conjuguée des propriétés électrophorétiques d’un mélange de protéines. Biochim Biophys Acta. 10:193 Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik, 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Scheidegger JJ (1955) Une micro-methode de l'immuno-electrophorese. Intern Arch Allergy Appl Immunol 7:103–110

Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman R. Westermeier

Synonym(e). Kreuzimmunelektrophorese Englischer Begriff. crossed immunoelectrophoresis according to Clarke and Freeman

Definition. Bei der zweidimensionalen Immunelektrophorese nach Clarke und Freeman erfolgt erst eine elektrophoretische Trennung eines Proteingemisches in einem 7 Agarosegel. Die Trennspur wird ausgeschnitten und an eine antikörpergemischhaltige Agarosegelschicht angegossen. Dann lässt man die getrennten Fraktionen elektrophoretisch in das antikörpergemischhaltige Agarosegel einwandern. An den Positionen von Antigenen entstehen raketenförmige Präzipitatbögen, deren Integralflächen proportional zu den jeweiligen Antigenmengen sind.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die zweidimensionale Immunelektrophorese nach Clarke und Freeman ist eine Kombination einer elektrophoretischen Trennung mit einer 7 Elektroimmundiffusion, auch Raketentechnik genannt. Sie wird verwendet als qualitative und zugleich quantitative Analysemethode für Antigengemische. Im Gegensatz zur eindimensionalen Immunelektrophorese nach Grabar und Williams (7 Immunelektrophorese, eindimensionale nach Grabar und Williams) verwendet man zwei verschiedene Gele. Normalerweise ist die erste Dimension eine 7 Agarosegelelektrophorese; es können

1.

auch andere, hochauflösendere Methoden angewandt werden wie die 7 isoelektrische Fokussierung im Agarose- oder Polyacrylamidgel. Nach der Trennung in der ersten Dimension wird die Trennspur ausgeschnitten und auf eine Glasträgerplatte gelegt. Nachdem zu einem 55 °C warmen Agarosesol das Antikörpergemisch zugegeben wurde, wird es an den Elektrophoresegelstreifen angegossen (7 Abb. 1). Hierbei gelten die gleichen Regeln wie bei der Elektroimmundiffusion nach Laurell. Man lässt nun bei niedriger Feldstärke die Antigenfraktionen in das Antikörpergel einwandern. An den Äquivalenzpunkten bilden sich zwischen Antigenen und Antikörper unlösliche Immunkomplexe in der Form von Raketen aus (7 Abb. 2). Es ist wichtig polyklonale Antikörper (7 Antikörper, polyklonale) zu verwenden, da monoklonale Antikörper (7 Antikörper, monoklonale) keine dreidimensionalen Immunkomplexe bilden. Ursprünglich wurde Tris-Barbituratpuffer pH 8–6 verwendet. Wegen des 7 Betäubungsmittelgesetzes bekommt man nur noch sehr schwer Zugang zu Barbitursäure. Deshalb wird heutzutage meist ein TrisTricin-Calciumlactat-Puffer eingesetzt. Die Präzipitatbögen werden mittels 7 Coomassie-Färbung detektiert. Streng genommen, ist das Integral der Präzipitatbogenflächen proportional zur jeweiligen Antigenmenge. Zur Vereinfachung der Methode wird aber meist die Peakhöhe der Bögen verwendet; dies kommt dem Flächenwert sehr nahe. Zur Quantifizierung von Antigenen wird eine Verdünnungsreihe analysiert und eine Kalibrationskurve erstellt. Von dieser Technik gibt es einige spezielle Varianten: 5 Bei der Tandem-Kreuzimmunelektrophorese wird ein gereinigtes Protein (Antigen) in ein zweites Loch hinter der Probe aufgetragen und ebenfalls aufgetrennt (7 Abb. 3, Punkte 1 und 2). Dieses wandert im konstanten Abstand dem entsprechenden Antigen in der Probe voraus (wie bei einem Tandem) und bildet in der zweiten Dimension ebenfalls eine Präzipitatrakete mit dem Antikörper im entsprechenden Abstand (7 Abb. 3, Peaks a und b). Auf diese Weise kann ein Antigen identifiziert und quantifiziert werden. 5 Bei der Zwischengel-Kreuzimmunelektrophorese wird ein Gelstreifen mit monospezifischem Antikörper zwischen Elektrophoresegel und multispezifischem Antikörpergel eingegossen. Bei der Wanderung in der zweiten Dimension beginnt sich der Präzipitatpeak des „gesuchten“ Antigens bereits in der Zone des Zwischengels auszubilden, während die anderen Präzipitatpeaks erst hinter dem Zwischengel beginnen. 5 Die Fused-rocket-Immunelektrophorese ist eine zweidimensionale Technik mit einer Trennung im flüssigen Medium in der ersten Dimension. Hierbei werden in einen Gelstreifen Löcher in ZickZackform versetzt eingestanzt. Die Probenfraktionen aus z. B. einer Flüssigchromatographie werden nacheinander in die Löcher einpipettiert. Man lässt die Proben ineinanderdiffundieren, schneidet dann den Gelstreifen ab und verfährt wie oben bei der Immunelektrophorese nach Clarke und Freeman beschrieben. Wegen der

3.

2.

Agarosegelelektrophorese, Ausschneiden der Trennspuren

Angießen eines Agarosegeles mit Antikörpergemisch an eine Trennspur

Elektroimmundiffusion der Proteinfraktionen in das Agarosegel mit Antikörpergemisch

Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman. Abb. 1. Schematische Darstellung der Technik: nach einer Agarosegelelektrophorese werden die einzelnen Trennspuren ausgeschnitten und an ein Agarosegel angegossen, welches multispezifisches Antiserum enthält. Die elektrophoretisch einwandernden Antigene bilden mit dem gegen sie gerichteten Antikörper jeweils einen Präzipitatpeak.

Immunfixation

693

5 Umlaufkühler 5 Stromversorger 5 Färbeschalen

Spezifität. Die Methode ist hoch spezifisch. Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im Allgemeinen im μg-Bereich der Antigenkonzentrationen. Die Empfindlichkeit der Coomassiegefärbten Immunpräzipitate liegt bei 18 ng/mm2. Fehlermöglichkeit. Es gibt eine Reihe von Fehlermöglichkeiten: Keine oder die falschen Antikörper werden verwendet, das Antigen-Antikörper-Verhältnis ist inkorrekt, die Feldstärke ist zu hoch gewählt, der Antikörper ist polyvalent. Bei der Quantifizierung wurde extrapoliert; korrekt ist interpolieren innerhalb der Kalibrationskurve. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Fertiggele werden nicht angeboten, unter anderem weil antikörperhaltige Gele verwendet werden. Automatisierung ist kaum möglich. Die Kosten sind wegen der großen Mengen an Antikörpern relativ hoch.

Literatur. Clarke HGM, Freeman T (1968) Quantitative immunoelectrophoresis of human serum proteins. Clin Sci 35:403–413 Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman. Abb. 2. Beispiel der Auftrennung von Humanserum gegen multispezifisches Antiserum.

Immunfixation H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Immunfixationselektrophorese; IFE Englischer Begriff. immunofixation (-electrophoresis) Definition. Qualitativer Test zur Darstellung von Immunglobulinen mittels Antiseren gegen Fc-Teile zur Identifikation der Immunglobulinklassen und Antiseren gegen Leichtketten zur Identifikation des Leichtkettentyps (7 Abb. 1).

Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman. Abb. 3. Beispiel einer Tandem-Kreuzimmunelektrophorese von Humanserum. Gereinigtes Transferrin wurde in ein versetzt gestanztes Loch (2) in der Elektrophorese mit aufgetrennt. In der zweiten Dimension bildet sich im Abstand des zweiten Lochs ein zweiter Peak (b) des gesuchten Antigens (a) aus.

Diffusionsphase wird ein Antigen, das auch in benachbarten Fraktionen vorhanden ist, mit diesen einen gemeinsamen Peak bilden.

Einsatzgebiet. Die Einsatzgebiete sind vielfältig, beispielsweise:

5 Qualitative und quantitative Untersuchungen auf Vorhandensein bestimmter Proteine und deren Mengen 5 Identifizierung monoklonaler Immunglobuline 5 Identifizierung einzelner Proteinkomponenten in komplexen Proteingemischen

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Bakterienlysat.

Instrumentierung.

5 Elektrophoresekammer 5 Stanzschablone

Immunfixation. Abb. 1. Beispiel für Immunfixation aus Serum: Nachweis von monoklonalem IgG lambda (s. Pfeile in der Abbildung)

Physikalisch-chemisches Prinzip. Proteine in Serum oder Urin werden elektrophoretisch in basischem Milieu auf einem 7 Agarosegel aufgetrennt. Sie werden anschließend fixiert und mit Antiserum inkubiert. Das Antiserum präzipitiert die Proteine im Gel. In einem anschließenden Waschschritt werden die nicht-präzipitierten Proteine aus der Probe entfernt. Die verbleibenden Komplexe aus Immunglobulin(-bruchstücken) und Antiseren werden mit einem Proteinfarbstoff (z. B. 7 Ponceaurot-Färbung, 7 Amidoschwarz-Färbung, 7 Coomassie-Färbung) angefärbt. Die eingesetzten Antiseren sind gegen die Fc-Teile der Immunglobuline gerichtet, um deren Klassenzugehörigkeit zu ermitteln. Zusätzlich werden Antiseren gegen 7 Kappa-Ketten und 7 Lambda-Ketten verwendet, die vorliegende 7 Leichtketten identifizieren können. Polyklonal gebildete Immunglobuline stellen sich als diffus ange-

I

694

Immunfixationselektrophorese

färbte Präzipitatzonen dar. Monoklonale Immunglobuline dagegen bilden scharf begrenzte Banden mit hoher Farbintensität. Deren Immunglobulinklasse und Leichtkettentyp sind an den scharf begrenzten Banden, die sich auf derselben Höhe auf der Folie befinden, zu charakterisieren. Oligoklonale Gammopathien sind durch Darstellung von mindestens drei schmalen Banden definiert. 7 Bence-Jones-Proteine, also Leichtketten, im Urin werden als schmale Präzipitatbande im Bereich des Leichtketten-Antiserums dargestellt. Im Urin ausgeschiedene polyklonale Immunglobulinmoleküle zeigen Banden in den Bereichen einer oder mehrerer SchwerkettenAntiseren sowie der beiden Leichtkettenantiseren.

Einsatzgebiet. Darstellung und Identifizierung monoklonaler Immunglobuline in Serum und Urin z. B. bei Myelom, Plasmozytom, Amyloidose.

Untersuchungsmaterial. Serum, Urin Instrumentierung. Elektrophoresekammer, Blotsystem Fehlermöglichkeit. Sehr geringe Ausscheidungsmengen (< 20 mg/L) können übersehen werden. Immunkomplexe verbleiben bei der elektrophoretischen Auftrennung an der Auftragsstelle, sie binden dort die Leichtkettenantiseren und können so fälschlich als Leichtketten identifiziert werden. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Immunfixation stellt eine sensitive Methode zur qualitativen Beurteilung bestimmter Dysproteinämien dar. Quantitative Aussagen anhand der Farbintensität der dargestellten Proteinbanden sind wegen der nicht-konzentrationsabhängigen Proteinfärbung nur in sehr begrenztem Maße möglich. Sie können durch den Einsatz spezifischer Antikörper gegen freie Leichtketten immunnephelometrisch getroffen werden. Die Immunfixation bietet einen eindeutigen Nachweis der Monoklonalität isoliert nachgewiesener Immunglobulinketten. Eine Aussage, die im immunnephelometrischen Test nicht getroffen werden kann. Empfehlenswert ist daher zum Nachweis einer monoklonalen Gammopathie die einmalige parallele Durchführung einer Immunfixation in Serum und Urin. Verlaufskontrolle und Therapieüberwachung sollten jedoch wegen der quantitativen Aussagemöglichkeit immunnephelometrisch durchgeführt werden. Literatur. Thomas L (2005) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1089 Baus M, Müller T et al (1986) Immunfixations-Elektrophorese zum Nachweis monoklonaler Gammopathien: Durchführung, Interpretation, Fehlermöglichkeiten. Lab Med 10:192–200 Renz H (Hrsg) (2003) Integrative Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin. Pathophysiologie, Pathobiochemie, Hämatologie. De Gruyter, Berlin New York

Immunfixationselektrophorese 7 Immunfixation

Immunfluoreszenz, indirekte W. Stöcker

Synonym(e). Indirekter Immunfluoreszenztest; IIF(T) Englischer Begriff. indirect immunofluorescence assay (IIFA) Definition. Die indirekte Immunfluoreszenz ist ein Nachweisverfahren für Antikörper, das auf einer spezifischen Reaktion der Antikörper mit einem geeigneten Antigen-Substrat (z. B. Zellen, Gewebe) und einer darauffolgenden Markierungsreaktion mit einem Fluoreszenzfarbstoff-gekoppelten Zweitantikörper beruht.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Als Substrate für die indirekte Immunfluoreszenz verwendet man Kulturzellen, Gewebeschnitte, Zellausstriche oder mit aufgereinigten, biochemisch charakterisierten Substanzen beschichtete Oberflächen. Die Substrate befinden sich auf Objektträgern und werden mit verdünntem Patientenserum in-

kubiert. Bei positiven Proben binden sich die nachzuweisenden Autoantikörper spezifisch an das Substrat-Antigen. Überschüssige, nicht gebundene Antikörper werden weggewaschen und die gebundenen Autoantikörper daraufhin mit einem gegen humane Antikörper gerichteten Zweitantikörper markiert. An diesen ist ein 7 Fluoreszenzfarbstoff gekoppelt, z. B. das oft verwendete FITC (7 Fluoreszein-Isothiocyanat; FITC-Anti-Human-Immunglobulin). Nach einem weiteren Waschschritt, der überschüssige Zweitantikörper beseitigt, wird das Fluoreszenzmuster des Substrats unter dem Fluoreszenzmikroskop untersucht und dabei auch die Intensität der Reaktion beurteilt.

Einsatzgebiet. Der IIFT wird insbesondere zur Bestimmung von Autoantikörpern und Antikörpern gegen Infektionserreger eingesetzt. Zur Quantifizierung der Antikörper bei positiven Reaktionen wird eine Titration der Serumproben vorgenommen, zum Beispiel in Schritten von 1:10 oder 1:3,2 (Quadratwurzel aus 10). Die einzelnen Verdünnungsstufen lassen sich ohne Zahlenakrobatik leicht angeben (1:3,2, 1:10, 1:32, 1:100, 1:320, 1:1.000 usw.). Wer engere Abstände vorzieht, kann mit einem Verdünnungsfaktor von 2,2 arbeiten (dritte Wurzel aus 10; 1:10, 1:22, 1:46, 1:100, 1:220, 1:460, 1:1.000 usw.). Bisher hat man mit quadratischen Verdünnungsstufen die Genauigkeit übertrieben, mit Titrationsschritten um den Faktor 4 dagegen ein zu grobes Raster vorgegeben. Für jeden Testparameter gibt es eine geeignete Ausgangsverdünnung. Zur Vereinfachung des Testablaufs und der Befundung unterscheidet man zwei Autoantikörper- (AAk-) Kategorien: Antikörper der Gruppe I (meiste organspezifische AAk, ANCA, AAk gegen dsDNS) sind bereits bei einem Titer von 1:10 diagnostisch relevant, Antikörper der Gruppe II (ANA, AMA, ASMA, AAk gegen Skelettmuskel) dagegen erst bei 1:100. Dem für jede Probe ermittelten Titer werden die Symbole (+) bis ++++ zugeordnet, wobei der für beide Gruppen unterschiedlichen klinischen Bedeutung der Antikörpertiter Rechnung getragen wird (7 Tab. 1). Immunfluoreszenz, indirekte. Tab. 1. Gruppe I

1:10 = +

1:100 = ++

1:1000 = +++

Gruppe II

1:100 = +

1:1000 = +++

1:10.000 = ++++

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Spezifität. Unter den vielen Nachweistechniken für Autoantikörper bietet die indirekte Immunfluoreszenz die höchste Spezifität – vorausgesetzt, die Probe wird in einer geeigneten Verdünnung untersucht. Da diese nicht von vornherein bekannt ist, werden Experten für die Bestimmung vieler Autoantikörper zwei unterschiedliche Verdünnungen parallel inkubieren. Mehrere Gesichtspunkte spielen dabei eine Rolle: 5 Blockierungseffekt: Bei zwei von 100 hochtitrigen Seren ergibt sich in der üblichen Ausgangsverdünnung ein untypisches Bild. Manche hochpositiven Seren reagieren sogar falsch-negativ, wenn sie nicht ausreichend verdünnt wurden. Die spezifischen Antikörper scheinen sich gegenseitig zu blockieren. 5 Überdeckung eines Autoantikörpers: Bei zu geringer Verdünnung können unspezifische Antikörper oder zusätzlich vorliegende, optisch dominierende Autoantikörper einen relevanten Autoantikörper überdecken. 5 Unterschiedliches Abklingverhalten bei Titration: Der Titer eines Autoantikörpers sollte ausreichend zuverlässig bestimmt werden: Je höher der Titer, desto höher ist im Allgemeinen die Krankheitsrelevanz des Antikörpers. Autoantikörper verhalten sich aber bei der Titration je nach 7 Avidität sehr unterschiedlich: Manche Proben mit einer schwachen Reaktion in der Ausgangsverdünnung ergeben oft unerwartet hohe Titer, andere Proben mit initial starker Fluoreszenz können niedrige Titer aufweisen. Daher ist es unmöglich, ein positives Ergebnis aus einer einzigen Verdünnung zu quantifizieren: Photometrische Systeme sowohl auf enzymimmun-zytochemischer, als auch auf Fluoreszenzbasis, die das zu leisten versprechen, sind nicht akzeptabel. Ein Parallelansatz mit zwei Verdünnungen im Abstand um den Faktor 10 ermöglicht es dagegen ohne weiteres, einen Titer mit ausreichender Genauigkeit in Schritten von Wurzel aus 10 zu schätzen. Der Befund kann

Immunglobulin, monoklonales

bereits nach dem ersten Testansatz ausgegeben werden, bei realer Titration erst am Folgetag.

Fehlermöglichkeit. Die Herstellung standardisierter Reagenzien für den IIFT in zertifizierbarer Qualität ist kein leichtes Unterfangen. Darüber hinaus setzen die Durchführung der Inkubation und die Befundung der Fluoreszenzmuster ein hohes Maß an Erfahrung voraus. Sind die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben, bietet die IIFT ein weites Feld an Störquellen. Man hat sich exakt an die Arbeitsanleitungen zu halten. Qualitätsmängel der verwendeten Diagnostika und gravierende Fehler bei der Analysetechnik werden größtenteils durch mitgeführte positive und negative Kontrollproben aufgedeckt.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die indirekte Immunfluoreszenz gilt als Standardtechnik für den Nachweis von Autoantikörpern. Ihre hohe Kompetenz basiert auf folgenden Leistungsmerkmalen: Einfachste Präparation der Test-Substrate: Gefrierschnitte, Kulturzellen und Zellausstriche lassen sich ohne großen technischen Aufwand herstellen. Die Antigene müssen nicht mit komplizierten biochemischen Verfahren extrahiert oder an Oberflächen gekoppelt werden. Ein Substrat – Screening 100 verschiedener Autoantikörper: Mit HEp-2-Zellen oder verschiedenen Gefrierschnitten kann man in einem einzigen Analysenansatz eine Vielzahl von Autoantikörpern gleichzeitig untersuchen. Bei einem negativen Befund wird die Präsenz aller dieser Antikörper ausgeschlossen. Eine Methode (eine SOP) – 1000 verschiedene Testparameter: Die Prozedur der Inkubationen ist bei der Immunfluoreszenz für viele Autoantikörper identisch und lässt sich sehr leicht standardisieren. Die Kombination verschiedener Substrate auf einem Testfeld eignet sich hervorragend zur Diagnostik von Autoantikörper-Profilen. Hohe Spezifität durch visuelle Diskriminierung: Die Antikörper sind morphologisch punktgenau wie das korrespondierende Antigen lokalisiert, für jeden Antikörper ergibt sich ein charakteristisches Fluoreszenzmuster, das oft auch bei unspezifischen Begleitreaktionen identifiziert werden kann. Dagegen können viele Antikörper mit histochemischen Enzymimmunfärbungen nicht differenziert werden, da sich hier das Farbprodukt diffus und ungenau um das Antigen herum verteilt. Methode der Wahl, wo definiertes Testantigen nicht verfügbar: Im Gegensatz zu ELISA oder RIA ist bei der Immunfluoreszenz das gesamte Antigenspektrum der Ausgangssubstrate vorhanden. Daher kann man auch Autoantikörper gegen noch unbekannte Antigene untersuchen oder gegen Antigene, die man bisher nicht isolieren kann. Die meisten der heute bekannten Autoantikörper wurden durch indirekte Immunfluoreszenz entdeckt! Die indirekte Immunfluoreszenz ist und bleibt eine hochmoderne serologische Technik, auf die ein gewissenhafter Diagnostiker nicht verzichten wird. Sie wird sinnvoll ergänzt durch Methoden wie ELISA, Western Blot oder Linienblot.

Immunglobulin, autochton 7 Liquor-Immunantwort, humoral

Immunglobulin, monoklonales S. Holdenrieder, P. Stieber

695

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologischerweise werden die Immunglobuline G im Rahmen der primären Antikörperantwort bei Erstinfektion als Zweitantikörper, bei wiederholter Infektion mit dem gleichen Erreger (sekundäre Antikörperantwort) als Erstantikörper von Plasmazellen produziert. IgM hingegen wird bei Erstinfektion als primärer Antikörper gebildet. Das sekretorische IgA wird insbesondere im Rahmen von Infekten des Gastrointestinaltrakts von Plasmazellen des MALT-Systems vermehrt synthetisiert. Daneben kommt es in Körpersekreten des Respirationstrakts, in Speichel, Tränen und Muttermilch vor. Eine Erhöhung der IgE findet sich im Zuge einer Typ I Hypersensitivitätsreaktion des Soforttyps, außerdem bei einer Infektion durch Parasiten oder Würmer. Der Katabolismus der Immunglobuline ist proportional der Plasmakonzentration bei IgG, unabhängig von der Plasmakonzentration bei IgM und IgA, invers dazu hingegen bei IgD reguliert. Die Halbwertszeit der Immunglobuline kann bei niedriger Synthese von IgG bis zu 70 Tage betragen; IgE hat die höchste Katabolisierungsrate mit einer Halbwertszeit von 2,5 Tagen. Halbwertszeit. 2,5–70 Tage Funktion und Pathophysiologie. Bei den Immunglobulinen handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Proteinen mit Antikörperfunktion. Sie haben folgende Funktionen: 5 Immunkomplexbildung mit Antigenen, 5 Bindung an Membranrezeptoren von Abwehrzellen und deren Aktivierung, 5 Reaktion mit Plasmaproteinen wie Komplementkomponenten und Aktivierung derselben zur Elimination des Antigens IgG sind die Immunglobulinklasse mit der physiologisch höchsten Plasmakonzentration, gefolgt von IgA und IgM. Sie werden von Plasmazellen zur wirkungsvollen Bekämpfung von viralen, bakteriellen und parasitären Erregern produziert. Dabei hat das Fc-Fragment durch die Bindung an Fc-Rezeptoren von Immunzellen eine wichtige Bedeutung in der Immunabwehr. Es vermittelt: 5 Aufnahme von mit Immunglobulinmolekülen beladenen Bakterien durch Makrophagen; 5 Beseitigung von Immunglobulin-haltigen Immunkomplexen; 5 Antikörper-abhängige zelluläre Toxizität durch Effektorzellen wie Monozyten, Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten. Daneben können von B-Zellen des Knochenmarks oder extramedullärer Lokalisation monoklonale Immunglobuline im Überschuss synthetisiert werden mit der Folge eines Plasmozytoms oder einer klinischen noch unauffälligen monoklonalen Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS). IgG-Plasmozytome stellen mit etwa 60 % das Gros der multiplen Myelome dar. IgA-Plasmozytome machen einen Anteil von 15–20 %, IgM-Plasmozytome von 10–15 %, Bence-JonesPlasmozytome etwa 5 % aus. IgD- und IgE-Plasmozytome sind mit einem Anteil von < 1 % sehr selten. Entartete Plasmazellen schließen sich zu Knochenzellnestern zusammen, die Osteolysen verursachen und die physiologische Blutbildung beeinträchtigen können. Es kann zu einem Antikörpermangelsyndrom mit der Konsequenz gehäuft auftretender Infektionserkrankungen sowie zu Schädigungen der Nieren kommen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Englischer Begriff. monoclonal immune globuline

Urin, Körperflüssigkeiten

Definition. Monoklonale Immunglobuline sind Produkte eines Plas-

Analytik. Quantitativ: Radiale Immundiffusion, Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie. Qualitativ: Immunelektrophorese, Immunfixationselektrophorese.

mazellklons, der ausschließlich leichte und schwere Immunglobulinketten einer einzigen Art synthetisiert.

Struktur. Monoklonale Immunglobuline bestehen aus ja zwei Schwerketten der Klassen γ, α, μ, δ oder ε (à 50 kDa) und zwei Kappaoder Lambda-Leichtketten (à 25 kDa), die über eine Disulfidbrücke mit dem aminoterminalen Ende der Schwerketten verbunden sind. Während IgG, IgA, IgD und IgE im Serum vornehmlich als Monomere auftreten, liegen das sekretorische IgA als Dimer, das IgM im Serum als Pentamer vor. Molmasse. 150 bzw. 300 kDa (IgA-Dimer) oder 900 kDa (IgM-Pentamer)

Konventionelle Einheit. g/L, mg/dL (IgG, IgA, IgM); kU/L, U/mL (IgD, IgE)

Referenzbereich — Erwachsene. Bei Erwachsenen im Serum: IgG: 7,0–16,0 g/L; IgA: 0,7–4,0 g/L; IgM: 0,4–2,3 g/L; IgD: < 100 kU/L; IgE: 100 kU/L (methodenabhängig)

Indikation. Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge bei 5 Plasmozytom 5 monoklonaler Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS) 5 Morbus Waldenström

I

696

Immunglobulin A

Interpretation. Zur qualitativen Charakterisierung der monoklona-

len Immunglobuline ist die Durchführung einer 7 Elektrophorese (M-Gradient) sowie einer 7 Immunelektrophorese und/oder einer 7 Immunfixation vorzunehmen. Durch Einsatz von monovalenten Antiseren gegen die Schwer- und Leichtketten kann die Art des Plasmozytoms eindeutig bestimmt werden. Hinsichtlich der Sensitivität ist die Immunfixationselektrophorese der Immunelektrophorese deutlich überlegen. Allerdings werden dadurch auch vermehrt monoklonale Gammopathien unbestimmter Signifikanz (MGUS) diagnostiziert, die noch nicht therapiebedürftig sind. Insbesondere bei Personen nach Knochenmarkstransplantation empfiehlt sich jedoch die sensitivere Methode, da sie eine potentielle Rezidivierung früher entdeckt und gegen häufig auftretende oligoklonale Gammopathien besser abgrenzen kann. Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die Bestimmung der Immunglobuline, insbesondere von IgG, IgM und IgA. Dadurch kann in Zusammenschau mit der Elektrophorese die Ausprägung eines Plasmozytoms und ein möglicherweise begleitendes Antikörpermangelsyndrom beurteilt werden. Ferner sind eine quantitative Proteinbestimmung sowie eine elektrophoretische und immunelektrophoretische Untersuchung des Urins durchzuführen, um eine eventuell zusätzlich bestehende Bence-Jones-Proteinurie (7 Bence-Jones-Protein) und/oder eine Schädigung der Niere (Bence-Jones-Tubulopathie, Myelomniere) nachzuweisen. Im Falle eines Leichtkettenmyeloms oder einer begleitenden Bence-Jones-Proteinurie können zur Verlaufskontrolle zusätzlich die freien Leichtketten im Serum quantitativ bestimmt werden

Diagnostische Wertigkeit.

5 Plasmozytom: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge 5 Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz: Diagnose, Verlaufsbeobachtung 5 Morbus Waldenström: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge

Literatur. Thomas L (2008) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1052–1065 Thomas L (2008) Monoklonale Immunglobuline. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1085–1105

Immunglobulin A. Abb. 1. IgA-Dimer

zieren meist monomere Moleküle der Subklasse IgA1. Mucosaassoziierte B-Zellen hingegen produzieren zum weit überwiegenden Teil polymere Moleküle der Klasse IgA2. Die Einzelmoleküle werden, wie die 7 Immunglobulin-M-Moleküle mit der 137 Aminosäuren langen, 17,6 kDa schweren J-Kette miteinander verbunden. Zusätzlich kann den Polymeren noch eine „secretory component“ angefügt werden, diese stellt eine Bindungsstelle für den polyklonalen Immunglobulinrezeptor dar und sorgt für die aktive Ausschleusung des Moleküls aus den Epithelzellen und damit die Expression auf internen Schleimhautoberflächen. (7 Immunglobulin A, sekretorisches). Der Abbau wird wahrscheinlich über auf Granulozyten und Monozyten nachweisbaren Rezeptoren für die Fc-Fragmente von IgA (FcαR) vermittelt. Diese könnten auch am Katabolismus von zirkulierenden IgA-Immunkomplexen beteiligt sein.

Immunglobulin A

Halbwertszeit. 6 Tage

H. Renz, B. Gierten

Funktion und Pathophysiologie. Über die physiologische Funktion

Englischer Begriff. immunoglobulin A

von Serum-IgA ist wenig bekannt. Wichtig ist die Schleimhautbarriere, die von sekretorischem IgA gebildet wird (s. dort). Eigenschaften 7 Tab. 1.

Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse A, der durch die α-Schwerkette definiert wird.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, oder Heparin-Plasma, Liquor, andere Körperflüssigkeiten

Struktur. α2κ2 oder α2λ2 (7 Abb. 1)

Probenstabilität. Serum (7 Tab. 2)

Synonym(e). IgA

EDTA-

Molmasse. 160 kDa Immunglobulin A. Tab. 2. Probenstabilität

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Synthese der Proteinkette und deren Zusammenbau zu Immunglobulinmolekülen erfolgt in IgA-B-Zellen. Nachweisbar sind neben den zwei verschiedenen 7 Leichtkettenformen κ und λ auch zwei unterschiedliche 7 Schwerketten α1 und α2, die zwei IgA-Subklassen definieren. Zusätzlich können IgA-Moleküle als Monomere, Dimere, Trimere und Multimere vorliegen. Die große Anzahl an Molekülformen ist einzigartig in der Gruppe der Immunglobuline. IgA-B-Zellen im Knochenmark produ-

Temperatur (°C)

–20

4–8

Raumtemperatur

Haltbarkeit (Monate)

6

3

3

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Immunglobulin A. Tab. 1. Eigenschaften von IgA

IgA

Syntheserate (mg/kg KG/ Tag)

Komplementfixierung

Opsonisierung

Bakterienlyse

Viruslyse

Fc-Bindung an Makrophagen

Neutrophile

Plazentatransfer

65

+ (alt. Weg)



+

+++



+



Immunglobulin A, sekretorisches

Konventionelle Einheit. g/L Internationale Einheit. g/L Referenzbereich — Erwachsene. 0,78–4,11 g/L

697

Definition. Zwei IgA-Moleküle, die durch eine 71 kDa schwere Polypeptidkette (secretory component) verbunden sind.

Struktur. (α2κ2)2 oder (α2λ2)2 (7 Abb. 1)

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 3 Immunglobulin A. Tab. 3. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

IgA-Konzentration (g/L)

0,5–1

0,03–1,01

1–2

0,06–1,12

2–3

0,11–1,34

3–4

0,16–1,55

4–8

0,31–2,14

8–12

0,43–2,68

12–18

0,65–3,56

I

Indikation.

5 Diarrhoe, glutensensitive Enteropathie 5 gehäufte Infektionen im Respirations-, Gastrointestinal- und Urogenitaltrakt 5 sinopulmonale Infektionen 5 Purpura Schoenlein-Henoch, IgA-Nephritis 5 andere Antikörpermangelsyndrome (bes. IgG-Subklassenmangel) 5 Asthma, atopisches Ekzem.

Interpretation. IgA-Mangel ist das häufigste nachgewiesene Antikörpermangelsyndrom mit einer Frequenz von 1:600. Jedoch sind weitaus die meisten Patienten asymptomatisch. IgA-Mangel kann zusammen mit IgG 2- und IgG 4-Mangel auftreten, daher sollten diese Parameter bei gehäuft auftretenden Infektionen im Respirationstrakt und Autoimmunerkrankungen (z. B. SLE, rheumatische Arthritis) bestimmt werden. Gehäuft tritt der IgA-Mangel bei Patienten mit glutensensitiver Enteropathie auf (~15 %). Die pathophysiologischen Ursachen sind noch nicht endgültig geklärt. Diskutiert wird eine erhöhte Permeabilität der Darmschleimhaut für allergen-wirksame Substanzen wie Gliadin durch verminderte Oberflächenexpression von IgA. Wahrscheinlich trifft diese Annahme ebenso auf die Schleimhäute des oberen Respirationstraktes zu. Purpura Schoenlein-Henoch und IgA-Nephritis gehen häufig mit erhöhten Serum-IgA-Spiegeln einher, das in Form von Immunkomplexen im Mesangium der Niere deponiert wird. Die Ursache der erhöhten IgA-Spiegel liegt in der vermehrten Produktion und nicht, wie zunächst vermutet in vermindertem Abbau des Immunglobulins. Nach bestimmten Infektionen wie Masern oder Toxoplasmose sind familiär gehäuft permanente IgA-Mangelzustände zu beobachten. Diagnostische Wertigkeit. IgA-Mangel kann zusammen mit IgG 2und IgG 4-Mangel auftreten, daher sollten diese Parameter bei gehäuft auftretenden Infektionen im Respirationstrakt und Autoimmunerkrankungen bestimmt werden. Literatur. Cruise JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 115 Cunningham-Rundles C (2001) Physiology of IgA and IgA Deficiency. J Clin Immunol 21:303–309

Immunglobulin A, sekretorisches. Abb. 1. Struktur

Molmasse. 390 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Sekretorisches IgA wird überwiegend von mukosanahen IgA-B-Zellen gebildet und verbleibt überwiegend in und auf der Schleimhaut selbst. Die IgA-Moleküle gehören zur Subklasse IgA2. Sie liegen meist als Dimer vor. Die Verbindung der IgA-Monomere wird durch die 17,6 kDa schwere J-Kette hergestellt, die die beiden CH3-Domänen verbindet. Die genetische Information liegt auf Chromosom 4q21. Außerdem enthält sekretorisches IgA noch eine Bindungsstelle für polymere Immunglobulinrezeptoren („secretory component“), die für die aktive Ausschleusung des Moleküls aus den Epithelzellen sorgt und vor proteolytischem Abbau schützt. Halbwertszeit. Die Sekretkomponente schützt sekretorisches IgA vor proteolytischem Abbau, daher ist die Halbwertszeit länger als die von IgA-Monomeren.

Funktion und Pathophysiologie. Sekretorisches IgA kommt überwiegend auf Schleimhäuten und in Schleimhautsekreten vor. Dort bindet es Toxine, agglutiniert Bakterien und verhindert so deren Bindung und Penetration in die Epithelzellen. Es bindet an verschiedene Nahrungsmittelantigene (auch nach Durchtritt durch die Lamina propria des Darms) intrazellulär und verhindert so deren Eintritt in die Blutzirkulation. Zusätzlich ist polymeres IgA in der Lage, die intrazelluläre Vermehrung von Viren zu unterdrücken. Der Mangel an sekretorischem IgA ist der häufigste angeborene Immundefekt. Er ist häufig in den produzierenden B-Zellen zu suchen. Produktion und Oberflächenexpression sind unverändert, jedoch differenzieren die IgA-B-Zellen nicht zu Plasmazellen und setzen so kein IgA frei. Sehr selten besteht ein Mangel der Sekretkomponente in den Schleimhautepithelzellen, sodass produziertes IgA nicht sezerniert werden kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Speichel, Tränen-

Immunglobulin A, sekretorisches

flüssigkeit, Dünndarminhalt, Stuhl

H. Renz, B. Gierten

Analytik. Enzymimmunoassay, radiale Immundiffusion

Synonym(e). Ig A, sekretorisch

Konventionelle Einheit. mg/L

Englischer Begriff. secretory IgA

Internationale Einheit. mg/L

698

Immunglobulin-A-Subklassen

Referenzbereich — Erwachsene. Speichel: 80–200 mg/L

Internationale Einheit. g/L

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 2.

Indikation.

Immunglobulin-A-Subklassen. Tab. 2. Referenzbereich Frauen

5 IgA-Mangel 5 häufige bakterielle Infektionen oberhalb des Zwerchfells

Diagnostische Wertigkeit. Der selten auftretende Mangel an Sekretkomponente lässt sich durch Bestimmung des sekretorischen IgA z. B. im Speichel ausschließen. Dabei muss bei Säuglingen eine Kontamination mit Muttermilch durch vorhergehende Nahrungskarenz ausgeschlossen werden.

Literatur. Cunningham-Rundle C (2001) Physiology of IgA and IgA Deficiency. J Clin Immunol 21:303–309

Immunglobulin-A-Subklassen H. Renz, B. Gierten

Alter (Jahre) IgA1-Konzentration (g/L)

IgA2-Konzentration (g/L)

> 18

0,06–0,61

0,60–2,94

Referenzbereich — Männer. 7 Tab. 3. Immunglobulin-A-Subklassen. Tab. 3. Referenzbereich Männer Alter (Jahre) IgA1-Konzentration (g/L)

IgA2-Konzentration (g/L)

> 18

0,06–0,61

0,60–2,94

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 4.

Englischer Begriff. Immunoglobulin A subclasses Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse A, der durch verschiedene α-Schwerketten definiert wird.

Immunglobulin-A-Subklassen. Tab. 4. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

IgA1-Konzentration (g/L)

0,5–1

0,01–1,15

0,0–0,19

1–2

0,03–1,2

0,0–0,23

2–3

0,07–1,32

0,01–0,23

3–4

0,11–1,43

0,01–0,25

4–8

0,23–1,75

0,02–0,33

8–12

0,33–2,04

0,02–0,37

12–18

0,4–2,49

0,04–0,5

Struktur. (α1)2κ2, (α2)2κ2, (α1)2λ2, (α2)2λ2 Molmasse. 160 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Synthese der IgA-Subklassen findet in IgA-B-Zellen statt. Ein B-Zell-Klon ist nur zur Synthese einer Leichtkettenart fähig. Die Gene für die Schwerketten α1 und α2 sind im Genom in Leserichtung hintereinander angeordnet, sodass die Produktion von α1-Ketten zeitlich nach der von α2-Ketten möglich ist. Die umgekehrte Reihenfolge kann nicht auftreten, da ein 7 B-Lymphozyt nicht benötigte Genabschnitte in dieser Region nicht mehr exprimiert. α1- und α2-Ketten unterscheiden sich, wie auch die Schwerketten der 7 ImmunglobulinG-Subklassen, hauptsächlich im Bereich der Hinge-Region. Im Knochenmark nachweisbare IgA-B-Zellen produzieren überwiegend monomeres IgA1, dass dann im Serum nachweisbar ist. Von Mucosa-assoziierten IgA-B-Zellen hingegen werden weitaus mehr polyklonale Molekülformen der Subklasse IgA2 synthetisiert, die lokale Schutzfunktionen übernehmen.

Halbwertszeit. 7 Tab. 1. Immunglobulin-A-Subklassen. Tab. 1. Halbwertszeit

Halbwertszeit (Tage)

IgA1

IgA2

6

6

Funktion und Pathophysiologie. Die Funktion der IgA-Subklassen lässt sich anhand des Bildungsortes herleiten. IgA2 welches überwiegend in den mukosaassoziierten Lymphknoten (z. B. Peyer-Plaques) in polymerer Form gebildet wird, hat überwiegend schleimhautprotektive Eigenschaften. Es verhindert eine intrazelluläre Vermehrung von Viren. Zusätzlich werden Fremdantigene komplexiert, die die Lamina propria bereits überschritten und damit die Schleimhautbarriere überwunden haben. IgA1, vorwiegend als Monomer in Knochenmark-B-Zellen synthetisiert und im Serum nachweisbar, aktiviert das Komplementsystem über den alternativen Weg. Man nimmt an, dass dadurch eingedrungene Fremdantigene in Immunkomplexen gebunden und so über das phagozytäre System ohne resultierenden Entzündungsprozess eliminiert werden können.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

EDTA-

oder Heparin-Plasma, andere Körperflüssigkeiten

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Im-

IgA2-Konzentration (g/L)

Indikation. 5 5 5 5

IgA-Nephritis, Purpura Schoenlein-Henoch angeborene und erworbene Immundefekte wiederholte oder persistierende bakterielle Infektionen Allergien

Interpretation. Die meisten Patienten mit einem Mangel an IgASubklassen bleiben klinisch inapparent. In seltenen Fällen treten, besonders im Zusammenhang mit IgG 2-Mangel schwere oder persistierende Infektionen auf. In solchen Fällen sollte die serologische Antwort auf polysaccharidhaltige Antigene, wie Pneumokokkenoder Meningokokkenvakzine, für IgG- und IgA-Subklassen getestet werden. Eine IgA-Defizienz tritt auch medikamenteninduziert nach Applikation von Penicillin, Ciclosporin, Gold, Valproinsäure, Captopril u. a. auf, sie ist jedoch in den meisten Fällen im Verlauf von 3–6 Monaten reversibel. Virale Infektionen (kongenitale Röteln, Epstein-Barr-Virus) können zu persistierendem IgA-Mangel führen. Literatur. Cunningham-Rundles C (2001) Physiology of IgA and IgA Deficiency. J Clin Immunol 21:303–309 Schauer U et al (2003) Establishment of Age-Dependant Reference Values for IgA Subclasses. Clin Chim Acta 328:129–133 Stiehm ER (1996) Immunologic Disorders in Infants & Children. 4th edn. WB Saunders, Philadelphia, pp 426–437

Immunglobulin D H. Renz, B. Gierten

mundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Synonym(e). IgD

Konventionelle Einheit. g/L

Englischer Begriff. immunoglobulin D

Immunglobulin E

699

Immunglobulin D. Tab. 1. IgD-Eigenschaften

IgD

Syntheserate (mg/ kg KG/Tag)

Komplementfixierung

Opsonisierung

Bakterienlyse

Viruslyse

Fc-Bindung an Makrophagen

Neutrophile

Plazentatransfer

0,4





?

?







Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse D, der durch die δ-Schwerkette definiert wird Struktur. δ2κ2 oder δ2λ2 Molmasse. 175 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 B-Lymphozyten können

verbleiben aber permanent auf ca. 10-fach erhöhtem Referenzwertniveau. Hohe IgD-Spiegel wurden bei Hodgkin-Lymphom und nach allogener Knochenmarktransplantation nachgewiesen. Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes oder Mixed connective tissue disease bilden häufig Antikörper gegen IgD, deren medizinische Bedeutung jedoch unklar ist. Einige Erkrankungen, die mit periodischen Fieberschüben einhergehen (familiäres Mittelmeerfieber u. a.) gehen mit zumindest periodisch erhöhten IgD-Spiegeln einher.

drei Formen von membrangebundenem IgD synthetisieren, die sich in Membranverankerung bzw. assoziierten Rezeptoren unterscheiden. Die Expression von IgD findet erst spät in der Ontogenese statt und geht häufig verloren, wenn die reife B-Zelle nach Antigenkontakt zur Plasmazelle differenziert. Gleichzeitig findet dann ein Switch in der Immunglobulinklasse statt: die B-Zelle differenziert zur IgM produzierenden Plasmazelle. Einige B-Zellen differenzieren auch zu IgDPlasmazellen und produzieren dann sekretorisches IgD. Wahrscheinlich wird dieser Vorgang durch posttranslationales Processing der IgD mRNA gesteuert. Die meisten IgD-produzierenden Plasmazellen befinden sich in der nasalen Mukosa und im lymphatischen Gewebe von Pharynx und Larynx.

Literatur. Preud’homme J, Petit E et al (2000) Structural and Functional Properties of Membrane and Secreted IgD. Mol Immunol 37:871–887

Halbwertszeit. 2–3 Tage

Synonym(e). IgE; Reagin

Funktion und Pathophysiologie. Membrangebundenes IgD funktioniert zusammen mit gebundenem IgM als Antigenrezeptor auf BZellen. Es ist die Hauptkomponente des B-Zell-Rezeptors. Die Funktion von Serum-IgD im Rahmen immunologischer Vorgänge ist noch weitgehend unbekannt. Eigenschaften 7 Tab. 1. Pathophysiologische Bedeutung erlangt IgD hauptsächlich im Rahmen von malignen Myelomen (1–2 % der Fälle), was auch im Jahr 1965 zu seiner Entdeckung führte.

Englischer Begriff. immunoglobulin E; IgE

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, oder Heparin-Plasma, Liquor, andere Körperflüssigkeiten

EDTA-

Probenstabilität. Serum (7 Tab. 2) Immunglobulin D. Tab. 2. Probenstabilität Temperatur (°C)

–20

4–8

Raumtemperatur

Haltbarkeit

6 Monate

7 Tage

7 Tage

Analytik. Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie, radiale Immundiffusion.

Konventionelle Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. < 150 mg/L Referenzbereich — Kinder. Geringe altersabhängige Schwankungen im Vergleich zu den Erwachsenenwerten.

Indikation. Malignes Myelom mit begleitender Amyloidose. Hodgkin-Lymphom. Interpretation. Maligne Myelome der Immunglobulinklasse IgD gehen oft mit Amyloidose oder anderen Nierenaffektionen sowie Lokalisation in anderen Weichteilregionen (Leber, Milz, Lymphknoten) einher. Man weist dann häufig eine hochgradige Bence-Jones-Proteinurie mit nur mäßig erhöhtem Serum-IgD nach. Nachweis eines MGradienten in der Elektrophorese fehlt in ca. 40 % der Fälle. Bei HIV-infizierten Patienten kann der Serum-IgD-Spiegel bereits im asymptomatischen Stadium ansteigen und damit ein Fortschreiten der Infektion anzeigen. Die Spiegel steigen kontinuierlich bis zum Stadium des AIDS-related complex an und fallen dann wieder ab;

Immunglobulin E H. Renz, B. Gierten

Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse E, der durch die ε-Schwerkette definiert wird. Struktur. ε2κ2 oder ε2λ2 Molmasse. 190 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Ein IgE-Molekül besteht aus zwei ε-Ketten und entweder zwei κ- oder λ-Ketten. Die entsprechenden B-Zellen sind großenteils an den Eintrittspforten des Körpers für Fremdantigene, also Respirations- und Gastrointestinaltrakt, und den Lymphknoten lokalisiert. Dort und auf der Oberfläche von Basophilen und Mastzellen sind große IgE-Mengen gebunden, sodass Serum-IgE nur einen Bruchteil des vorhandenen IgE repräsentiert.

Halbwertszeit. 2–3 Tage Funktion und Pathophysiologie. IgE vermittelt eine Typ-I-Hypersensitivitätsreaktion durch Bindung an hoch- und niederaffine Rezeptoren. Hochaffine FcεI-Rezeptoren werden konstitutiv auf Basophilen und Mastzellen exprimiert. Der niedrigaffine FcεII-Rezeptor ist identisch mit CD 23. Er kommt auf vielen aktivierten Immunzellen, wie z. B. 7 Makrophagen, 7 B-Lymphozyten und 7 Dendritischen Zellen vor. Die Funktion dieses Rezeptors ist in der Bindung vorhandener geringer Antigenmengen zu sehen, die von Makrophagen dann internalisiert, prozessiert und präsentiert werden können. Bei Erstkontakt mit polyvalenten Fremdantigenen werden mukosaassoziierte B-Zellen zur IgE-Bildung angeregt. Diese binden mit ihren Fc-Rezeptoren an Basophile und Mastzellen. Bei Zweitkontakt mit dem Antigen sind die Zellen bereits sensibilisiert und die eindringenden Antigene (jetzt Allergene) besetzen die IgE-Antigenbindungsstellen, vernetzen so die Rezeptoren und lösen die Freisetzung enzymhaltiger Granula aus. Durch Freisetzung der Mediatoren wie z. B. 7 Histamin, Heparin u. a. werden die klinischen Symptome der Allergie (Asthma, Rhinitis, Ekzem bis zu Kreislaufsymptomatik) ausgelöst. Weitere Eigenschaften 7 Tab. 1. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. oder Heparin-Plasma, andere Körperflüssigkeiten

Probenstabilität. Serum (7 Tab. 2)

Serum,

EDTA-

I

700

Immunglobulin E, allergenspezifisches

Immunglobulin E. Tab. 1. IgE-Eigenschaften

IgE

Syntheserate (mg/ kg KG/Tag)

Komplementfixierung

Opsonisierung

Bakterienlyse

Viruslyse

Fc-Bindung an Makrophagen

Neutrophile

Plazentatransfer

0,016





?

?







Immunglobulin E. Tab. 2. Probenstabilität Temperatur (°C)

–20

4–8

Raumtemperatur

Haltbarkeit

6 Monate

7 Tage

7 Tage

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Konventionelle Einheit. U/L

Im Rahmen der HIV-Infektion entwickelt sich insbesondere im SpätStadium bei ausgeprägter Deletion der CD4-positiven Zellen ein atopieaähnliches Syndrom (Job-like-Syndrom), das mit zum Teil exzessiver Erhöhung des Gesamt-IgE einher geht. Daneben entwickeln sich transiente IgE-Erhöhungen auch nach bestimmten Infektionskrankheiten mit Mykoplasmen, Bordetella pertussis, oder Masernvirus.

Literatur. Cruise JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 116

Immunglobulin E, allergenspezifisches

Internationale Einheit. g/L

H. Renz, B. Gierten

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 U = 2,4 ng Referenzbereich — Erwachsene. < 100 kU/L Referenzbereich — Kinder. Nabelschnur IgE: < 0,9 kU/L IgE, gesamt 7 Tab. 3

Englischer Begriff. allergen specific IgE antibody Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse E, die durch die ε-Schwerkette definiert wird. Struktur. ε2κ2 oder ε2λ2

Immunglobulin E. Tab. 3. Referenzbereich Kinder

Molmasse. 190 kDa

Alter

IgE-Konzentration (kU/L)

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Molekülstruktur und Bil-

< 1 Woche

< 1,5

2–4 Wochen

< 40

1–12 Monate

< 40

dungsort entsprechen denen des Gesamt-IgE. Bei Kontakt mit ungefährlichen polyvalenten Fremdantigenen werden 7 B-Lymphozyten über Zytokine zur Produktion von IgE, spezifisch für das eingedrungene Antigen, das dann zum Allergen geworden ist, angeregt. Der Mechanismus, der ein ungefährliches Antigen zum Allergen klassifiziert ist noch ungeklärt.

1–5 Jahre

< 100

Halbwertszeit. 2–3 Tage

6–9 Jahre

< 130

10–15 Jahre

< 200

oder Heparin-Plasma, andere Körperflüssigkeiten

≥ 16 Jahre

< 100

Probenstabilität. 7 Immunglobulin E. Instabiler sind Antikörper gegen Bienen- und Wespengift.

Funktion und Pathophysiologie. 7 Immunglobulin E Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Indikation.

5 allergische Erkrankungen (in Zusammenhang mit allergen-spezifischem IgE) 5 Atopieneigung (Nabelschnur-IgE) 5 parasitäre Erkrankungen 5 angeborene und erworbene Immundefekte.

Interpretation. Bestimmung des Gesamt-IgE kann im Rahmen eines Atopiescreenings besonders im Zusammenhang mit Spiegeln von spezifischem IgE Auskunft über spezifische Sensibilisierung geben, sie jedoch nie eindeutig nachweisen oder ausschließen. Erhöhte IgE-Werte im Nabelschnurblut können als prädiktiver Faktor für eine Atopieneigung herangezogen werden. Normales NabelschnurIgE schließt jedoch eine Atopieneigung nicht aus. Ein Screening von Nabelschnur-IgE ist daher nur Risikopopulationen, z. B. bei positiver Familienanamnese, zu empfehlen. Eine Interpretation des Werts ist nur möglich bei Ausschluss einer Kontamination mit mütterlichem Blut beispielsweise durch einen negativen IgA-Nachweis. Bei Diagnose und Therapiekontrolle parasitärer Erkrankungen kann die IgE-Bestimmung hilfreich sein. Eine Vielzahl angeborener Immundefekte (z. B. Hyper-IgE-Syndrom, Wiskott-Aldrich-Syndrom, angeborene T-Zelldefekte) kann mit Erhöhung des Gesamt-IgE einhergehen. Die Bestimmung sollte dann Teil des Screenings des humoralen Immunsystems sein und von der quantitativen Bestimmung der anderen Immunglobuline und deren Subklassen begleitet werden.

Serum,

EDTA-

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Indikation. Allergie, Atopie Interpretation. Die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Spiegeln sollte immer von einer Gesamt-IgE-Bestimmung begleitet sein, da sie als Interpretationshilfe dient. Bei niedrigen oder normalen Gesamt-IgE-Spiegeln haben gering erhöhte Spiegel an spezifischen IgE eher eine klinische Relevanz als bei hohem Gesamt-IgE. Niedrige spezifische IgE sind dann eher Ausdruck einer unspezifischen Stimulation von B-Zellklonen. Der Nachweis von spezifischem IgE zeigt eine Sensibilisierung des Patienten an. Die Diagnose „Allergie“, also Sensibilisierung mit begleitenden klinischen Symptomen, kann nur vom behandelnden Arzt gestellt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Der Nachweis spezifischer IgE ist in hohem Maß abhängig von der verwendeten Allergenpräparation. Bisher gibt es keine standardisierte Präparation von nativen Allergenen. Rekombinante Allergene werden in zunehmender Zahl produziert, jedoch ist deren Wertigkeit im Bereich der Diagnostik bisher Gegenstand reger Diskussion. Literatur. Thomas L (2005) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1115–1118

Immunglobulin G im Urin

701

Immunglobulin G. Tab. 1. IgG-Eigenschaften

IgG

Syntheserate (mg/kg KG/Tag)

Komplementfixierung

Opsonisierung

Bakterienlyse

Viruslyse

Fc-Bindung an Makrophagen

Neutrophile

Plazentatransfer

33

+ (klass. Weg)

+

+

+

+

+

subklassenabhängig

Konventionelle Einheit. g/L

Immunglobulin G

Internationale Einheit. g/L

H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). IgG

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Entfällt

Englischer Begriff. immunoglobulin G

Referenzbereich — Erwachsene. Serum: 7,0–16 g/L

Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse G, der durch

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 3

Liquor: < 10 % des Gesamtproteins im Liquor

γ-Schwerketten definiert wird.

Struktur. γ2κ2 oder γ2λ2 (7 Abb. 1)

Immunglobulin G. Tab. 3. Referenzbereich Kinder Alter

IgE-Konzentration (g/L)

0–1 Monat

2,5–9,1

2–4 Monate

1,8–6,0

5–12 Monate

1,7–12,7

1–5 Jahre

3,5–12,5

6–10 Jahre

6,1–15,7

Indikation. 5 5 5 5

Immunglobulin G. Abb. 1. IgG1–IgG4

Molmasse. 150 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das IgG-Molekül besteht aus 2 γ- und 2 κ- oder λ-Ketten, die von B-Zellen synthetisiert werden. Ein B-Zellklon produziert nur eine Art der Leichtketten, kann jedoch unterschiedliche Arten von Subklassen-Schwerketten produzieren. Auch ein „Klassenswitch“ zur Synthese von μ-Schwerketten, also IgMMolekülen anstelle von γ-Ketten ist nachgewiesen. Der Abbau von IgG ist proportional der Serumkonzentration.

Halbwertszeit. 7–21 Tage

Infektionsdiagnostik mono-, polyklonale Gammopathie B-Zell-Defekte primäre oder sekundäre Immunmangelsyndrome

Interpretation. Zur Beurteilung einer Immunantwort können Absolutmenge oder in Longitudinaluntersuchungen ermittelte Werte von Gesamt-IgG oder spezifischem IgG herangezogen werden. Diagnostische Wertigkeit. Bestimmung von spezifischen IgG spielt im Rahmen der Diagnostik wiederholter bakterieller Infektionen eine große Rolle, da sich die Immunantwort, insbesondere die B-Zellfunktion dadurch quantifizieren lässt. B-Zelldefekte werden in diesem Rahmen ebenso auffällig. Literatur. Cruise JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Sprin-

Funktion und Pathophysiologie. IgG werden im Rahmen der Primärantwort auf bakterielle oder virale Infektionen als Zweitantikörper mit geringer zeitlicher Verschiebung nach den IgM gebildet. Bei Zweikontakt mit einem Antigen (Zweitinfektion, nach Impfung) dagegen sind spezifische IgG bereits nach Stunden nachweisbar, da IgG-produzierenden Memory-B-Zellen bereits vorhanden sind. Weitere wichtige Eigenschaften 7 Tab. 1.

ger-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 112–114 Roitt I, Brostoff J, Male D (eds) (1989) Immunology. 2nd edn. Churchill Livingstone, Edinburgh

Immunglobulin G im Urin W.G. Guder

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTAoder Heparin-Plasma, Liquor und andere Körperflüssigkeiten

Synonym(e). IgG im Urin

Probenstabilität. 7 Tab. 2.

Definition. 7 Immunglobulin G

Englischer Begriff. immunoglobulin G in urine Struktur. 7 Immunglobulin G

Immunglobulin G. Tab. 2. Probenstabilität Temperatur (°C)

–20

4–8

Raumtemperatur

Haltbarkeit (Monate)

6

3

3

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Molmasse. 7 Immunglobulin G Funktion und Pathophysiologie. IgG wird durch glomeruläre Filtration, aber auch durch fehlende tubuläre Resorption, Sekretion und postrenale Blutung in den Urin ausgeschieden. Daher ist seine Gegenwart im Urin nur im Zusammenhang mit anderen Leitproteinen der verschiedenen Formen der Proteinurie zu sehen. Bei einer prärenalen Form werden neben IgG isoliert Leichtketten ausgeschieden.

I

702

Immunglobulin-G-Subklassen

Die glomeruläre Form ist durch ihr Verhältnis zu Albumin charakterisiert. Tubuläre Formen sind durch die gleichzeitige Erhöhung eines Mikroproteins (z. B. 7 α1-Mikroglobulin) charakterisiert. Postrenale Formen fallen durch ein plasmaähnliches Verhältnis zu größeren Proteinen auf sowie die oft gleichzeitig vorhandene Hämaturie.

Molmasse. 7 Tab. 2. Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 2. Molmassen IgG-Subklassen IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

150

150

170

150

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. IgG kann im Spontanurin (Mittelstrahlurin) am Vormittag (sog. zweiter Morgenurin) gemessen werden, wenn seine Konzentration auf 7 Kreatinin bezogen wird.

Präanalytik. IgG im Urin ist über mindestens eine Woche stabil bei Raumtemperatur und über einen Monat bei Kühlschranktemperatur. Im eingefrorenen Zustand besteht die Gefahr der Ausfällung, die sich beim wiederauftauen nicht mehr löst.

Analytik. Messung durch Immunturbidimetrie oder Nephelometrie Konventionelle Einheit. mg/g Kreatinin

Molmasse (kDa)

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese 7 Immunglobulin G. IgG- Subklassen (IgG 1– IgG 4) unterscheiden sich am wesentlichsten im Bereich der Hinge-Region in Anzahl und Position der Disulfidbrückenbindungen, die Schwer- und Leichtketten miteinander verbinden. Innerhalb der übrigen Schwerketten betragen die Aminosäuresequenzunterschiede lediglich ca. 5 %. Halbwertszeit. 7 Tab. 3.

Internationale Einheit. g/mol Kreatinin Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Bei Angabe pro L = 1, bei Angabe pro Kreatinin × 0,11 = internationale Einheit

Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 3. Halbwertszeit IgG-Subklassen

Referenzbereich — Erwachsene. < 6 mg/L, < 10 mg/g Kreatinin Referenzbereich — Kinder. Ab dem 2. Lebensjahr < 6 mg/L, < 10 mg/g Kreatinin

Indikation. Aussage über die Selektivität einer glomerulären Proteinurie und damit über die prognostische Wertigkeit einer Albuminurie. Im Rahmen der Urinproteindifferenzierung bei der Unterscheidung prärenaler, glomerulärer, tubulärer und postrenaler Proteinurien. Im Rahmen einer Überwachung von Nierentransplantationen. Interpretation. Eine Erhöhung von IgG im Urin kann im Rahmen einer Quantifizierung von Gesamtprotein, Albumin, α1-Mikroglobulin und ggf. α2-Makroglobulin interpretiert werden; 7 Proteinuriediagnostik.

Diagnostische Wertigkeit. Im Rahmen der Proteinuriediagnostik hat IgG eine gewisse Rolle bei der Charakterisierung der Selektivität der glomerulären Proteinurie wenn prärenale, postrenale und tubuläre Ursachen ausgeschlossen werden. Für die Differenzierung ist es nicht essenziell.

Literatur. Regeniter A, Siede WH, Scholer A (2003) Urindiagnostik bei Nierenerkrankungen. Eine Übersicht. Lab Med Jan:7–12 Hofmann W, Guder WG (1989) A diagnostic programme for quantitative analysis of proteinuria. J Clin Chem Clin Biochem 27:589–600 Hofmann W, Guder WG (1989) Präanalytische und analytische Faktoren bei der Bestimmung von IgG, Albumin, a1-Mikroglobulin und retinol bindendem Protein im Urin mit dem Behring Nephelometer System (BNS). Lab Med 13:470–478 Boesken WH, Guder WG (2008) Niere, Blutdruck, Elektrolyte. In: Guder WG, Nolte J (Hrsg) Das Laborbuch für Klinik und Praxis. 2. Aufl., Elsevier, Urban und Fischer, München, S 147–170

Halbwertszeit (Tage)

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

21

20

7

21

IgG3 wird bei gleicher Syntheserate schneller proteolytisch abgebaut.

Funktion und Pathophysiologie. Die Synthese bestimmter IgG-Subklassen richtet sich nach Art des eindringenden Antigens, Eintrittspforte und Expositionsdauer. IgG1 und IgG3 werden bevorzugt zur Elimination proteinhaltiger Antigene von Viren gebildet. Als Surrogatmarker für die Produktion von IgG1 können vor allem die Impfantikörper gegen Tetanustoxoid dienen. Die Polysaccharide bekapselter Erreger wie z. B. H. influenzae oder Pneumokokken regen dagegen die Bildung von IgG2 an. Pathophysiologisch von Bedeutung sind bestimmte IgG-SubklassenDefizienzen, die durch bestimmte klinische Symptome auffällig werden (s. Indikation). Am besten charakterisiert ist die IgG2-Defizienz, die gelegentlich auch zusammen mit IgG4-Defizienz auftritt. IgG4 erkennt vor allem Umweltallergene. Weitere Eigenschaften 7 Tab. 4. Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 4. Eigenschaften IgG-Subklassen IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

Plazentatransfer

++

+

++



Komplementaktivierung

klassischer Weg

++

+

++



alternativer Weg

+

+

+

+

Immunglobulin-G-Subklassen

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

H. Renz, B. Gierten

oder Heparin-Plasma, Körperflüssigkeiten

Serum,

EDTA-

Synonym(e). IgG 1; IgG 2; IgG 3; IgG 4

Probenstabilität. 7 Immunglobulin G

Englischer Begriff. IgG subclasses

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse G, der durch unterschiedliche γ-Schwerketten definiert wird.

Konventionelle Einheit. g/L

Struktur. 7 Tab. 1.

Internationale Einheit. g/L Referenzbereich — Frauen. Serum (7 Tab. 5).

Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 1. IgG-Strukturen IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 5. Referenzbereich Frauen

h-Kette

γ1

γ2

γ3

γ4

Alter

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

l-Kette

κ oder λ

κ oder λ

κ oder λ

κ oder λ

> 18 Jahre

2,8–8,0

1,15–5,70

0,24–1,25

0,052–1,25

Immunglobulin M

Referenzbereich — Männer. Serum (7 Tab. 6).

703

Struktur. (μ2κ2 )5 oder ( μ2λ2)5

Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 6. Referenzbereich Männer Alter

IgG1

IgG2

IgG3

IgG4

2,8–8,0

1,15–5,70

0,24–1,25

0,052–1,25

Referenzbereich — Kinder. Serum (7 Tab. 7). Immunglobulin-G-Subklassen. Tab. 7. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

IgG1

IgG2

IgG3

0,5–1

1,4–6,2

0,41–1,3

0,11–0,85

0,00–0,008

1,7–6,5

0,4–1,4

0,12–0,87

0,00–0,255

1,5–2

2,2–7,2

0,5–1,8

0,14–0,91

0,00–0,408

2–3

2,4–7,8

0,55–2,0

0,15–0,93

0,006–0,689

3–4

2,7–8,1

0,65–2,2

0,16–0,96

0,012–0,938

4–6

3,0–8,4

0,17–0,97

0,017–1,157

6–9

3,5–9,1

0,85–3,3

0,2–1,04

0,03–1,577

9–12

3,7–9,3

1,0–4,0

0,22–1,09

0,043–1,9

12–18

3,7–9,1

1,1–4,85

0,24–1,16

0,052–1,25

1–1,5

0,7–2,55

IgG4

Indikation.

5 Häufige Infektionen im oberen und tiefen Atemwege 5 rezidivierende Diarrhoe bes. in Zusammenhang mit bronchopulmonalen Erkrankungen 5 IgA-Mangel 5 Antikörpermangelsyndrome 5 Autoimmunerkrankungen.

Interpretation. Ergebnisse von IgG-Subklassenbestimmungen müssen in engem Zusammenhang mit den klinischen Symptomen interpretiert werden. Man sollte die Diagnose nicht auf eine Einzelbestimmung stützen, da die IgG-Subklassen Konzentrationen in vivo zahlreichen Einflussfaktoren, wie Infektionen, Operationen etc. unterliegen. Wie aus den Referenzwerten ersichtlich, sind die prozentualen Anteile der einzelnen Subklassen am Gesamt-IgG sehr unterschiedlich. Man kann daher bei normalem Gesamt-IgG keine Aussage über einen eventuellen Mangel an einer oder mehreren Subklassen machen.

Diagnostische Wertigkeit. Mangel an einer oder mehreren IgGSubklassen tritt häufig in der Bevölkerung auf. Die Signifikanz eines nachgewiesenen Mangels ohne klinische Symptome ist von eher untergeordneter Bedeutung.

Literatur. Schauer U et al (2003) IgG Subclass Concentrations in Certified Reference Material 470 and Reference Values for Children and Adults Determined with the Binding Site Reagents. Clin Chem 49:1924–1929 Herrod HG (1993) Clinical Significance of IgG Subclasses. Curr Opin Pediatr 5:696–699

Immunglobulin M H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). IgM Englischer Begriff. immunoglobulin M Definition. Antikörper der Immunglobulinklasse M, die durch die μ-Schwerkette definiert wird.

I Immunglobulin M. Abb. 1. IgM-Pentamer

Molmasse. 970 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das IgM-Molekül besteht aus μ-Ketten und entweder κ-oder λ-Ketten, die in B-Zellen getrennt voneinander synthetisiert werden. Im Rahmen der B-Zell-Reifung sind μ-Ketten die ersten im Zytoplasma nachweisbaren Immunglobulinketten. Nach Synthese der IgM-Monomere, werden diese mit einer J-Kette zum Pentamer verbunden. Die J-Kette besteht aus 137 Aminosäuren mit einem Gewicht von 17,6 kDa. Die humane Gensequenz ist auf Chromosom 4q21 kodiert. Zusätzlich enthalten die IgM-Pentamere eine Bindungsstelle für den polymeren Immunglobulinrezeptor („secretory component“), der den aktiven Transport des Moleküls durch die Epithelzellen sekretorischer Schleimhäute ermöglicht. IgM ist in 2 Subklassen nachgewiesen, die sich im Bereich der HingeRegion der Schwerketten geringfügig unterscheiden. Bisher fehlen jedoch Erkenntnisse über die pathophysiologische Bedeutung der Subtypen. Der Abbau von IgM ist unabhängig von der Serumkonzentration. Halbwertszeit. 5 Tage Funktion und Pathophysiologie. IgM wird als erstes Immunglobulin im Rahmen der Primärantwort auf Infektionen gebildet. Die wesentliche Aufgabe besteht in Agglutination der Erreger und der Aktivierung des klassischen Weges des Komplementsystems. Von den vorhandenen 10 Valenzen können jedoch aufgrund sterischer Behinderungen nur 5 besetzt werden. IgM-Monomere sind zusammen mit IgD auf der Oberfläche von BZellen nachweisbar, sie funktionieren dort als Antigenrezeptoren. Fetale IgM-Bildung ist ab etwa der 20. Woche nachweisbar. Der Serumspiegel steigt ab dem Zeitpunkt der Geburt stark an und erreicht bei 1- bis 2-jährigen Kindern in etwa Wert von Erwachsenen. Weitere wichtige Eigenschaften des Moleküls entnehmen Sie bitte 7 Tab. 1. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, oder Heparin-Plasma, Liquor, andere Körperflüssigkeiten

EDTA-

Probenstabilität. Serum (7 Tab. 2) Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie, 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Konventionelle Einheit. g/L Internationale Einheit. g/L

704

Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch

Immunglobulin M. Tab. 1. IgM-Eigenschaften

IgG

Syntheserate (mg/kg KG/Tag)

Komplementfixierung

Opsonisierung

Bakterienlyse

Viruslyse

Fc-Bindung an Makrophagen

Neutrophile

Plazentatransfer

7

+++ (klass. Weg)

+++

+++

+

+





Immunglobulin M. Tab. 2. Probenstabilität Temperatur (°C)

–20

4–8

Raumtemperatur

Haltbarkeit

6 Monate

3 Monate

7 Tage

Referenzbereich — Erwachsene. 0,4–2,3 g/L Liquor: < 0,005 g/L

Referenzbereich — Kinder.

5 Serum (7 Tab. 3) 5 Liquor: < 0,005 g/L

Immunglobulin M. Tab. 3. Referenzbereich Kinder Alter

IgM (g/L)

< 1 Monat

0,1–0,3

1–3 Monate

0,1–0,7

4–12 Monate

0,2–1,0

1–2 Jahre

0,4–1,4

3–5 Jahre

0,4–1,6

6–13 Jahre

0,4–2,3

Indikation. 5 5 5 5

Infektionsdiagnostik Screening auf intrauterin erworbene Infektionen mono-, polyklonale Gammopathien primäre oder sekundäre Immundefekte.

Interpretation. IgM ist die spezifische Primärantwort des Immunsystems auf Erstinfektionen bakterieller oder viraler Genese. Der Nachweis bakterien- oder virenspezifischer IgM-Antikörper dient somit zum Nachweis einer frischen Infektion. Produktion und somit auch der Nachweis spezifischer Antikörper gelingt bereits ca. 1 Woche nach Infektion.

Diagnostische Wertigkeit. Diagnostik intrauterin erworbener Infektionen kann mittels Nachweis IgM-spezifischer Antikörper betrieben werden, weil IgM nicht plazentagängig ist, Feten jedoch in geringem Maße IgM bilden können. Literatur. Cruise JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 114–116

Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch T.O. Kleine

Synonym(e). CSF/Serum Quotientendiagramme für IgG, IgA, IgM, Reiber-Schema

Englischer Begriff. Reiber IgG, IgA, IgM diagrams Definition. Diagramme zur Ermittlung von Blut-Liquor-Schranken(BLS-)Funktionsstörungen und intrathekaler Immunglobulin-(Ig-) Produktion. Diagramm mit doppelt logarithmischem Maßstab: Abszisse: QAlbumin, Ordinate: QIgG (7 Abb. 1a), QIgA (7 Abb. 1b), QIgM (7 Abb. 1c); obere Diskriminierungslinien QLim für IgG, IgA

Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch. Abb. 1. CSF/ Serum-Quotientendiagramme für IgG (a), IgA (b), IgM (c) nach H. Reiber. Dicke vertikale Linien geben altersabhängige Ausschlussgrenzen für BLS-Funktionsstörungen an mit QAlbumin = 5 (≤ 15 Jahre), QAlbumin = 6,5 (≤ 40 Jahre), QAlbumin = 8,0 (≤ 60 Jahre). Bereich 1: Normalbereich; Bereich 2: BLS-Funktionsstörung; Bereich 3: Ig-Synthese mit BLSFunktionsstörung; Bereich 4: Ig-Synthese ohne BLS-Funktionsstörung; Bereich unterhalb der unteren Begrenzungslinie (Hyperbelfunktion) des Referenzbereichs: messmethodische Fehler.

Immunglobuline, polyklonale

und IgM von empirisch ermittelten Hyperbelfunktionen sind als dick eingezeichnete Linien eingetragen und entsprechen für

i Intrathekale Immunglobulin(Ig)synthese: Werte für 7 QIgG, 7 QIgA, 7 QIgM oberhalb der Diskriminierungslinien QLim als intrathekale Fraktion IgIF in % von Gesamt-Ig mit 20-, 40-, 60-, 80-%-Linien im Diagramm eingezeichnet; Grenzwert: 10-%-Linie. Folgerung: Quotientendiagramme im Vergleich zu semiquantitativen Referenzmethoden (7 Immunglobuline, oligoklonale) zu unempfindlich eingestellt bei IgIF-Werten > 10 %.

Literatur. Reiber H (1994) Flow rate of cerebrospinal fluid (CSF) – a concept common to normal blood-CSF barrier function and to dysfunction in neurological diseases. J Neurol Sci 122:189–203

Immunglobuline H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Ig Englischer Begriff. immunoglobulins; antibodies Definition. Heterogene Gruppe von Proteinen, die spezifisch eine große Zahl unterschiedlicher Antigene binden können. i Immunglobuline sind Makromoleküle aus heterodimeren Proteinketten, die je nach Immunglobulinklasse unterschiedlich kombiniert werden können. Jedes Grundmolekül besteht aus zwei genetisch determinierten schweren (α-, β-, δ-, ε- oder μ-) und zwei leichten (κ- oder λ-) Proteinketten. Dabei trägt ein Molekül nur eine Art der Schwer- bzw. Leichtkette. Beide Proteinketten sind durch Wasserstoffbrückenbindungen und je eine Disulfidbindung miteinander verbunden. Die N-terminalen Enden der Aminosäureketten haben genetisch unterschiedlich variable Regionen (V-Region), durch deren Kombination eine Vielzahl verschiedener Primär- und damit auch Sekundär-, Tertiär- und Quartärstrukturen denkbar sind. Diese Enden bilden eine „Tasche“ in der mögliche Antigene von Vander-Waals-Kräften, Wasserstoffbrückenbindungen und Ionenpaarbindungen entsprechend ihrer funktionellen Oberfläche gebunden werden. Durch enzymatische Verdauung mit Papain wird 7Immunglobulin G N-terminal der Disulfidbrückenbindung der Schwerketten in konstantes 7Fc-Fragment (c = crystallizable) und zwei variable 7Fab-Fragmente (ab = antigenbindende) gespalten. 7Immunglobulin G, 7Immunglobulin D und 7Immunglobulin E bestehen aus je einem Molekül, dessen Fc-Region variiert und so die unterschiedliche Funktion determiniert. Sie besitzen 2 Antigenbindungsstellen (Valenzen). Zur 7Immunglobulin-M-Synthese werden 5 IgG-Monomere mit Disulfidbrückenbindungen und kleinen J-Ketten am Fc-Fragment miteinander verknüpft (Pentamer). Dadurch entstehen 10 Valenzen. 7 Immunglobulin A kommt als Einzelmolekül vorwiegend im Serum oder als Dimer vorwiegend auf Schleimhäuten vor. Ein Dimer entsteht durch Verbindung zweier IgA-Moleküle mit einer Polypeptidkette (secretory component). Immunglobuline s. a. 7 Blutgruppenantikörper

Literatur.

7 Immunglobulin-Subklassen

705

Definition. Oligoklonale Immunglobuline sind Produkte weniger Plasmazellklone, die vermehrt leichte und schwere Immunglobulinketten einzelner definierter Arten synthetisieren. B-Zellen des Knochenmarks oder extramedullärer Lokalisation können vermehrt mono- oder oligoklonale Immunglobuline synthetisieren. Ursache von oligoklonalen Gammopathien sind Virusinfekte, Autoimmunerkrankungen, Parasitosen, Schleimhautinfektionen und Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Außerdem zeigen oligoklonale Muster in den ersten Wochen nach Organtransplantation eine wieder in Gang kommende Immunglobulinbildung unter immunsuppressiver Therapie an. Zur qualitativen Charakterisierung der oligoklonalen Immunglobuline ist die Durchführung einer Elektrophorese sowie einer Immunfixationselektrophorese vorzunehmen. Durch Einsatz von monovalenten Antiseren gegen die Schwer- und Leichtketten kann die Art der oligoklonalen Gammopathie eindeutig bestimmt werden. Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die Bestimmung der Immunglobuline, insbesondere von IgG, IgM und IgA. Dadurch kann in Zusammenschau mit der Elektrophorese die Ausprägung der oligoklonalen Gammopathie und vor allem das Ausmaß eines möglicherweise begleitenden Antikörpermangelsyndroms beurteilt werden; s. a. 7 Immunglobuline, polyklonale Literatur. Thomas L (2008) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1052–1065

Immunglobuline, polyklonale S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. polyclonal immune globuline Definition. Polyklonale Immunglobuline sind Produkte einer Vielzahl von Plasmazellklonen, die im Rahmen einer Immunantwort verschiedene leichte und schwere Immunglobulinketten synthetisieren. Struktur. Polyklonale Immunglobuline bestehen aus je zwei Schwerketten der Klassen γ, α, μ, δ oder ε (à 50 kDa) und zwei κ-oder λ-Leichtketten (à 25 kDa), die über eine Disulfidbrücke mit dem aminoterminalen Ende der Schwerketten verbunden sind. Während IgG, IgA, IgD und IgE im Serum vornehmlich als Monomere auftreten, liegen das sekretorische IgA als Dimer, das IgM im Serum als Pentamer vor. Molmasse. 150 bzw. 300 kDa (IgA-Dimer) oder 900 kDa (IgM-Pentamer)

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch werden die Immunglobuline G im Rahmen der primären Antikörperantwort bei Erstinfektion als Zweitantikörper, bei wiederholter Infektion mit dem gleichen Erreger (sekundäre Antikörperantwort) als Erstantikörper von Plasmazellen produziert. IgM hingegen wird bei Erstinfektion als primärer Antikörper gebildet. Das sekretorische IgA wird insbesondere im Rahmen von Infekten des Gastrointestinaltrakts von Plasmazellen des MALT-Systems vermehrt synthetisiert. Daneben kommt es in Körpersekreten des Respirationstrakts, in Speichel, Tränen und Muttermilch vor. Eine Erhöhung der IgE findet sich im Zuge einer Typ I Hypersensitivitätsreaktion des Soforttyps, außerdem bei einer Infektion durch Parasiten oder Würmer. Der Katabolismus der Immunglobuline ist proportional der Plasmakonzentration bei IgG, unabhängig von der Plasmakonzentration bei IgM und IgA, invers dazu hingegen bei IgD reguliert. Die Halbwertszeit der Immunglobuline kann bei niedriger Synthese von IgG bis zu 70 Tage betragen; IgE hat die höchste Katabolisierungsrate mit einer Halbwertszeit von 2,5 Tagen. Halbwertszeit. 2,5–70 Tage

Immunglobuline, oligoklonale S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. oligoclonal immune globuline

Pathophysiologie. Bei den Immunglobulinen handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Proteinen mit Antikörperfunktion. Sie haben folgende Funktionen: 5 mit Antigenen Immunkomplexe zu bilden,

I

706

Immunglobulin-κ-Leichtketten

5 an Membranrezeptoren von Abwehrzellen zu binden und diese zu aktivieren, 5 mit Plasmaproteinen wie Komplementkomponenten zu reagieren und diese zur Elimination des Antigens zu aktivieren.

Struktur. Die κ-Leichtketten (à 25 kDa) bestehen aus einer variablen und einer konstanten Region und sind über eine Disulfidbrücke, die an zwei Cysteinmolekülen der Leicht- und Schwerkette ansetzen, mit dem aminoterminalen Ende der Schwerketten verbunden.

IgG ist die Immunglobulinklasse mit der physiologisch höchsten Plasmakonzentration, gefolgt von IgA und IgM. Sie werden von Plasmazellen zur wirkungsvollen Bekämpfung von viralen, bakteriellen und parasitären Erregern produziert. Dabei hat das Fc-Fragment durch die Bindung an Fc-Rezeptoren von Immunzellen eine wichtige Bedeutung in der Immunabwehr. Es vermittelt 5 die Aufnahme von mit Immunglobulin-Molekülen beladenen Bakterion durch Makrophagen, 5 die Beseitigung von Immunglobulin-haltigen Immunkomplexen, 5 die Antikörper-abhängige zelluläre Toxizität durch Effektorzellen wie Monozyten, Makrophagen, Granulozyten und Lymphozyten.

Molmasse. 25 kDa

Im Rahmen einer Immunantwort kommt es bei Erstinfektion zunächst zur Bildung von Immunglobulinen der Klasse IgM und später von IgG. Bei Reinfektion mit demselben Erreger wird bereits initial IgG synthetisiert. Im Gastrointestinal- und Respirationstrakt bewirken potentielle Erreger eine vermehrte Produktion von sekretorischem IgA. Parasiten- oder Wurminfektionen rufen eine Erhöhung der IgE-Konzentration hervor.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin, Körperflüssigkeiten Analytik. Quantitativ: Radiale Immundiffusion, Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie. Qualitativ: Elektrophorese Referenzbereich. Bei Erwachsenen im Serum: IgG: 7,0–16,0 g/L; IgA: 0,7–4,0 g/L; IgM: 0,4–2,3 g/L; IgD: < 100 kU/L; IgE: < 100 kU/L (methodenabhängig) Bewertung. Die qualitative Charakterisierung einer polyklonalen Gammopathie ist mittels einer elektrophoretischen Untersuchung (breitbasige Erhöhung der γ-Fraktion) sowie in unklaren Fällen mit zusätzlicher Hilfe einer Immunfixationselektrophorese möglich. Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die Bestimmung der Immunglobuline, insbesondere von IgG, IgM und IgA. Durch das Muster der Immunglobuline kann in Zusammenschau mit der Elektrophorese der Status einer Entzündungsreaktion sowie deren Ausmaß beurteilt werden. Isolierte IgM-Erhöhungen werden bei akuten Neuinfektionen, außerdem bei primär biliärer Zirrhose und chronisch-destruierender Cholangitis beobachtet, isolierte IgG-Erhöhungen nach Abklingen der IgM-Phase bei anhaltenden Erstinfektionen oder bei akuten Reinfektionen. Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist häufig IgG isoliert oder in Kombination mit IgA erhöht. Dabei können starke IgA-Erhöhungen u. a. auf eine toxische Leberschädigung, z. B. durch Alkohol, Kontrazeptive oder Antidepressiva, hinweisen. Bei einer Leberzirrhose sind oft alle drei Immunglobulinklassen erhöht. Polyklonale IgE-Erhöhungen sind ein charakteristisches Merkmal atopischer oder parasitärer Erkrankungen. Literatur. Thomas L (2008) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1052–1065

Immunglobulin-κ-Leichtketten S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. Kappa light chains Definition. Immunglobuline-Leichtketten Lambda sind in gebundener Form Teil aller Immunglobulinklassen IgG, IgA, IgM, IgD und IgE und können in poly-, oligo- und monoklonaler Form synthetisiert werden. Als freie Leichtketten treten sie beim Leichtkettenmyelom oder als Begleiterscheinung beim Multiplen Myelom auf.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Von den B-Zellen können nur Immunglobuline mit κ- oder mit λ-Leichtketten, jedoch keine gemischten Immunglobuline produziert werden. Das Verhältnis von κ zu λ ist dabei in etwa 2:1. Leichtketten, die aufgrund maligner Entartung der B-Zelle nicht an Schwerketten gebunden und dann frei sezerniert werden, werden als monoklonale freie Leichtketten oder 7 Bence-Jones-Protein bezeichnet. Aufgrund der Cysteinmoleküle neigen sie zur Dimerisierung. Polyklonale freie Leichtketten sind vom Typ κ und λ und gemeinsam im Urin auch bei Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen, einer Hypogammaglobulinämie oder einer Niereninsuffizienz nachweisbar. Funktion und Pathophysiologie. Die Leichtketten sind wesentlicher Bestandteil der Immunglobuline und tragen durch ihren variablen Teil zur Flexibilität der Anpassung der Immunantwort bei Infektionen bei. Sie dienen insbesondere zur Erkennung und Opsonierung der Antigene. Die κ-Leichtkette wird dabei etwa doppelt so häufig gebildet wie λ-Leichtkette. Freie Leichtketten treten physiologisch polyklonal und gemeinsam als κ und λ u. a. im Rahmen von Infektionserkrankungen auf. Monoklonale Leichtketten sind hingegen nur von einem Typ und werden von entarteten B-Zellen synthetisiert. Sie sind ein ungünstiger Prognoseindikator, da sie eine bereits fortschreitende Entartung des Plasmazellklons anzeigen. Aufgrund ihrer geringen Größe sind freie Leichtketten vor allem im Urin nachweisbar; sie können quantitativ im Serum und Urin bestimmt werden. Halbwertszeit. 2–6 Stunden Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Urin, Körperflüssigkeiten

Analytik. Quantitativ: Immunnephelometrie Qualitativ: Immunelektrophorese, Immunfixationselektrophorese im Serum und Urin; zusätzlich Elektrophorese im Urin Konventionelle Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Freie κ-Leichtketten: 3,3–19,3 mg/L; Freie λ-Leichtketten: 5,7–26,3 mg/L; κ/λ-Quotient: 0,26–1,65 (methodenabhängig) Urin: Freie κ-Leichtketten: 1,35–24,2 mg/L; Freie λ-Leichtketten: 0,24–6,66 mg/L; κ/λ-Quotient: 2,04–10,37 (methodenabhängig)

Indikation. Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge bei 5 Plasmozytom, MGUS 5 Leichtketten-Myelom, nicht-sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, Light chain deposition disease Interpretation. Zur qualitativen Charakterisierung der monoklonalen Immunglobuline einschließlich der Leichtketten ist die Durchführung einer Elektrophorese (M-Gradient) sowie einer Immunfixationselektrophorese vorzunehmen. Durch Einsatz von monovalenten Antiseren gegen die Schwer- und Leichtketten kann die Art des Plasmozytoms eindeutig bestimmt werden. Bei Verdacht oder Nachweis auf freie Leichtketten im Serum sollte eine elektrophoretische und immunfixationselektrophoretische Untersuchung des Urins durchgeführt werden, um eine Bence-JonesProteinurie und/oder eine Schädigung der Niere (Bence-Jones-Tubulopathie, Myelomniere) nachzuweisen. Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die nephelometrische Bestimmung der Leichtkettenkonzentration im Serum oder Urin und Quotientenbildung der Anteile beider Leichtkettentypen. Die Verschiebung des κ/λ-Quotienten ist für die Beurteilung des Ausmaßes der monoklonalen Erkrankung und den weiteren Verlauf maßgebend. Die quantitative Bestimmung der Leichtketten im Serum bietet dabei den Vorteil, dass sie unabhängig von der Nierenschädigung gemessen werden kann und unabhängig von Matrixeffekten im Urin ist.

Immunhämatologie

707

Neben dem Leichtketten-Myelom ist der Nachweis von erhöhten Serum-Werten einer Leichtkette sowie eines verschobenen κ/λQuotienten für die Diagnosestellung und die Verlaufsbeobachtung eines nicht-sekretorischen Myeloms, einer primären Amyloidose sowie einer Light chain deposition disease relevant.

Analytik. Quantitativ: Immunnephelometrie Qualitativ: Immunelektrophorese, Immunfixationselektrophorese im Serum und Urin; zusätzlich Elektrophorese im Urin

Diagnostische Wertigkeit.

Referenzbereich — Erwachsene. Serum: Freie κ-Leichtketten:

5 Plasmozytom, MGUS: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge 5 Leichtketten-Myelom, nicht-sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, Light chain deposition disease: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorgee

Literatur. Thomas L (2008) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1052–1065 Thomas L (2008) Monoklonale Immunglobuline. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1085–1105 Thomas L (2008) Freie monoklonale Leichtketten. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1105–1110

Konventionelle Einheit. mg/L 3,3–19,3 mg/L; Freie λ-Leichtketten: 5,7–26,3 mg/L; κ/λ-Quotient: 0,26–1,65 (methodenabhängig) Urin: Freie κ-Leichtketten: 1,35–24,2 mg/L; Freie λ-Leichtketten: 0,24–6,66 mg/L; κ/λ-Quotient: 2,04–10,37 (methodenabhängig)

Indikation. Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge bei 5 Plasmozytom, MGUS 5 Leichtketten-Myelom, nicht-sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, Light chain deposition disease Interpretation. Zur qualitativen Charakterisierung der monoklona-

Struktur. Die λ-Leichtketten (à 25 kDa) bestehen aus einer variablen und einer konstanten Region und sind über eine Disulfidbrücke, die an zwei Cysteinmolekülen der Leicht- und Schwerkette ansetzen, mit dem aminoterminalen Ende der Schwerketten verbunden.

len Immunglobuline einschließlich der Leichtketten ist die Durchführung einer Elektrophorese (M-Gradient) sowie einer Immunfixationselektrophorese vorzunehmen. Durch Einsatz von monovalenten Antiseren gegen die Schwer- und Leichtketten kann die Art des Plasmozytoms eindeutig bestimmt werden. Bei Verdacht oder Nachweis auf freie Leichtketten im Serum sollte unbedingt eine elektrophoretische und immunfixationselektrophoretische Untersuchung des Urins durchgeführt werden, um eine BenceJones-Proteinurie und/oder eine Schädigung der Niere (Bence-JonesTubulopathie, Myelomniere) nachzuweisen. Die quantitative Charakterisierung erfolgt über die nephelometrische Bestimmung der Leichtkettenkonzentration im Serum oder Urin und Quotientenbildung der Anteile beider Leichtkettentypen. Die Verschiebung des κ/λ-Quotienten ist für die Beurteilung des Ausmaßes der monoklonalen Erkrankung und den weiteren Verlauf maßgebend. Die quantitative Bestimmung der Leichtketten im Serum bietet dabei den Vorteil, dass sie unabhängig von der Nierenschädigung gemessen werden kann und unabhängig von Matrixeffekten im Urin ist. Neben dem Leichtketten-Myelom ist der Nachweis von erhöhten Serum-Werten einer Leichtkette sowie eines verschobenen κ/λQuotienten für die Diagnosestellung und die Verlaufsbeobachtung eines nicht-sekretorischen Myeloms, einer primären Amyloidose sowie einer Light chain deposition disease relevant.

Molmasse. 25 kDa

Diagnostische Wertigkeit.

Immunglobulin-λ-Leichtketten S. Holdenrieder, P. Stieber

Englischer Begriff. Lambda light chains Definition. Immunglobuline-Leichtketten Lambda sind in gebundener Form Teil aller Immunglobulinklassen IgG, IgA, IgM, IgD und IgE und können in poly-, oligo- und monoklonaler Form synthetisiert werden. Als freie Leichtketten treten sie beim Leichtkettenmyelom oder als Begleiterscheinung beim Multiplen Myelom auf.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Von den B-Zellen können nur Immunglobuline mit κ- oder mit λ-Leichtketten, jedoch keine gemischten Immunglobuline produziert werden. Das Verhältnis von κ zu λ ist dabei in etwa 2:1. Leichtketten, die aufgrund maligner Entartung der B-Zelle nicht an Schwerketten gebunden und dann frei sezerniert werden, werden als monoklonale freie Leichtketten oder Bence-Jones-Protein bezeichnet. Aufgrund der Cysteinmoleküle neigen sie zur Dimerisierung. Polyklonale freie Leichtketten sind vom Typ κ und λ und gemeinsam im Urin auch bei Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen, einer Hypogammaglobulinämie oder einer Niereninsuffizienz nachweisbar.

Funktion und Pathophysiologie. Die Leichtketten sind wesentlicher Bestandteil der Immunglobuline und tragen durch ihren variablen Teil zur Flexibilität der Anpassung der Immunantwort bei Infektionen bei. Sie dienen insbesondere zur Erkennung und Opsonierung der Antigene. Die κ-Leichtkette wird dabei etwa doppelt so häufig gebildet wie λ-Leichtkette. Freie Leichtketten treten physiologisch polyklonal und gemeinsam als κ und λ u.a. im Rahmen von Infektionserkrankungen auf. Monoklonale Leichtketten sind hingegen nur von einem Typ und werden von entarteten B-Zellen synthetisiert. Sie sind ein ungünstiger Prognoseindikator, da sie eine bereits fortschreitende Entartung des Plasmazellklons anzeigen. Aufgrund ihrer geringen Größe sind freie Leichtketten vor allem im Urin nachweisbar; sie können quantitativ im Serum und Urin bestimmt werden.. Halbwertszeit. 2–6 Stunden Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Körperflüssigkeiten

Serum,

Plasma,

5 Plasmozytom, MGUS: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge 5 Leichtketten-Myelom, nicht-sekretorisches Myelom, primäre Amyloidose, Light chain deposition disease: Diagnose, Therapiemonitoring, Prognose, Nachsorge

Literatur. Thomas L (2008) Angeborene und erworbene Immunantwort. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1052–1065 Thomas L (2008) Monoklonale Immunglobuline. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1085–1105 Thomas L (2008) Freie monoklonale Leichtketten. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1105–1110

Immunglobulinmuster im Liquor 7 Liquor-Immunglobulinklassenmuster

Immunhämatologie K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. immune hematology Definition. Die Immunhämatologie ist ein Teilgebiet der Immunologie. Sie befasst sich in erster Linie mit der 7 Blutgruppenbestimmung, der Untersuchung des Bluts auf Antikörper, vor allem gegen

I

708

Immunkomplexe

andere Blutgruppen-Antigene, und der Verträglichkeitsuntersuchung vor Bluttransfusionen. Das wichtigste Ziel ist es sicherzustellen, dass durch Bluttransfusionen beim Empfänger keine Beeinträchtigungen oder Gesundheitsschäden aufgrund von Unverträglichkeitsreaktionen oder Kontaminationen, z. B. mit Mikroorganismen, hervorgerufen werden.

Immunkomplexe

spiegeln sie in Zusammenschau mit dem klinischen Bild und anderen Laborbefunden die Krankheitsaktivität wider. Im Synovialpunktat können in 80 % der Fälle von seropositiver und 71 % der Fälle von seronegativer rheumatoider Arthritis mittels C1qBindung Immunkomplexe nachgewiesen werden.

Literatur. Hebert LA, Birmingham DJ, Cosio FG et al (1994) Circulating immune complexes. In: Van Oss CJ, Van Regenmortel MHV (eds) Immunochemistry. Marcel Dekker, New York, S 653–680

H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). C1q-Bindungstest Englischer Begriff. circulating immune complexes; immune complex

Immunnephelometrie G. Töpfer

detection

Synonym(e). Nephelometrie

Definition. Immunkomplexe bestehen aus Antigenen und korrespondierenden Antikörpern. Sie werden ständig als Folge der physiologischen Immunantwort des Organismus gebildet, ihre Konzentration im Serum ist normalerweise aber sehr gering. Übersteigt im Krankheitsfall die Menge der gebildeten Immunkomplexe die Aufnahmefähigkeit der Phagozyten, können zirkulierende Immunkomplexe im Serum nachgewiesen werden.

Englischer Begriff. immunnephelometry

Funktion und Pathophysiologie. In der Zirkulation entstehende Komplexe aus Antikörpern und meist exogenen Antigenen werden unter physiologischen Bedingungen von Makrophagen/Phagozyten aufgenommen und abgebaut. Sie sind ein wichtiger Bestandteil bei der Aktivierung der Komplementkaskade und Initiation weiterer immunologischer Prozesse. Nachweisbar werden sie erst, wenn die Kapazität dieses Systems überschritten wird. Sie treten bei vielen Infektionen vorübergehend auf, erlangen jedoch lediglich im Bereich der Diagnostik von chronisch-entzündlichen Prozessen eine gewisse Bedeutung. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Synovialflüssigkeit

Analytik. Man unterscheidet antigenspezifische von antigenunspezifischen Testmethoden: 5 Antigenspezifische Methoden sind kaum im Routinemaßstab durchführbar, da Antigene so von Antikörpern maskiert werden können, dass sie nicht mehr immunologisch nachweisbar sein können 5 Antigenunspezifische Methoden: 5 indirekter Nachweis über C1q (Komplement-fixierend): Immunkomplexe werden von C1q gebunden. Markiert man C1q radioaktiv, kann man nach Trennung von gebundenem und freiem C1q indirekt über die C1q-Bestimmung die Menge der Immunkomplexe quantifizieren. 5 Komplement-unabhängiger Test: Immunkomplexe werden z. B. mittels Polyethylenglykol aus dem Patientenserum ausgefällt. Die Präzipitate können mittels 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie oder anderer immunchemischer Methoden nach Resuspendierung nachgewiesen werden. Durch Einsatz von Sekundärantikörpern können die nachgewiesenen Komplexe den verschiedenen Immunglobulinklassen (IgG, IgA, IgM) zugeordnet werden.

Konventionelle Einheit. mg/dL Referenzbereich — Frauen. < 25 Indikation. Zirkulierende Immunkomplexe können nachgewiesen werden bei: 5 rheumatischen Erkrankungen 5 bestimmten Infektionskrankheiten 5 Neoplasien 5 chronisch entzündlichen Darmerkrankungen 5 thrombotisch thrombozytopenischer Purpura Interpretation. Zirkulierende Immunkomplexe im Serum werden bei den vorgenannten Erkrankungen nicht immer nachgewiesen. Besonders bei den Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis

Definition. Werden 7 Antikörper zu 7 Antigen(verdünnungen) gegeben, so entstehen das Licht absorbierende und streuende 7 Immunkomplexe, wobei das der Antigenkonzentration über einen weiten Bereich proportionale Streulicht mittels eines Photodetektors gemessen wird (7 Abb. 1).

Optik Detektor

Auswertung Immunnephelometrie. Abb. 1. Strahlengang bei der Immunnephelometrie (Streulichtmessung)

Physikalisch-chemisches Prinzip. Antikörper bilden mit Antigenen netzartige dreidimensionale Bindungen aus, wenn der Antikörper mehr als eine Bindungsstelle (Paratop) für das Antigen und das Antigen mehr als eine Bindungsstelle (7 Epitop) für den Antikörper aufweist. Damit sind 7 Fab-Fragmente (nur ein Paratop) und monoklonale Antikörper als Partner von Antigenen (oder Haptenen) ohne mehrere identische Epitope nicht zur Vernetzung (Präzipitationsreaktion) in der Lage. Bei Vorhandensein von geeigneten AntikörperAntigen-Kombinationen kann die bei der Bildung der Antigen-Antikörperkomplexe stattfindende Reaktion anhand der 7 Heidelberger Kurve beschrieben werden. Die Präzipitationsreaktion (Trübungsreaktion) findet in Lösung 30–240 min nach der Zugabe des Antikörpers zum Antigen (z. B. Serumverdünnung) ihren Abschluss. Besonders geeignet für eine Verkürzung dieser Reaktionszeit auf wenige Minuten ist der Zusatz von 4 % Polyethylenglykol 6000 (PEG-6000). Der PEG-Zusatz weitet außerdem das Messintervall aus (Verschiebung des 7 Äquivalenzpunktes zu höheren Antigenkonzentrationen) und senkt die 7 Nachweisgrenze auf ein bis zwei Drittel. Die Nachweisgrenze kann weiter gesenkt werden, wenn die Antikörper oder (Fab)2-Fragmente am Latex-Mikropartikel meist kovalent gebunden werden. Diese quantitative partikelverstärkte Immunnephelometrie (7 Latex-Agglutination) hat eine 1000fach abgesenkte Nachweisgrenze gegenüber dem Verfahren ohne Latex. Üblich ist die Verwendung von 180–250 nm großer Polystyrolpartikel, wobei ausgenutzt wird, dass die Lichtstreuung in Vorwärtsrichtung (7 Mie-Streuung) mit der sechsten Potenz des Durchmessers der streuenden Partikel ansteigt. Werden 200 nm Polystyrolpartikel mit Antigen beladen und Antikörper in einer Konzentration vor dem Äquivalenzbereich ebenfalls als Reagenz zugegeben, dann verringert das Antigen der Probe diese Antikörperkonzentration und damit das Streusignal. Solche Inhibitionsteste weisen eine weitere Empfindlichkeitssteigerung um eine Zehnerpotenz auf. Bei der Lichtquelle werden hohe Anforderungen an Lichtintensität und Stabilität gestellt. Üblich sind Laser (z. B.

Immunoassay, heterogener

Helium, Neon) oder Hochleistungsleuchtdioden (LED). Üblich ist die Verwendung des Fixed-time-Verfahrens, d. h. der erste Messpunkt liegt etwa 15 s nach der Antikörperzugabe, der zweite Messpunkt z. B. 6 min danach.

Einsatzgebiet. alle Serumproteine, Urinproteine, Liquor-IgG Partikel verstärkte Immunnephelometrie 5 Proteine im Serum mit einem weiten Konzentrationsbereich wie Myoglobin und (ultrasensitives) CRP 5 Spurenproteine wie Ferritin, β2-Mikroglobulin und Immunglobulin E 5 als Inhibitionstest einige Hormone wie β-HCG (HCG + β-Kette jedoch in der Empfindlichkeit nur zur quantitativen Bestimmung in der Schwangerschaft, nicht aber als Tumormarkerbestimmung geeignet) 5 IgA, IgM im Liquor, Proteine des Urins Untersuchungsmaterial. Serum, Liquor, Urin, proteinhaltige Körperflüssigkeiten wie Pleuraflüssigkeit, Exsudate, Transsudate Instrumentierung. Immunnephelometer messen die Vorwärtsstreuung in einem Winkel von 0–30° (klassisch wurde bei 90° gemessen) gegenüber dem eingestrahlten Licht. Die Geräte sind in der Regel mit einer Reagenzkühlung versehen, so dass die Antikörper/Latexreagenzien im Gerät verbleiben können. Rechenprogramme ermitteln, ob im Antikörperüberschussbereich der Heidelberger Kurve gemessen wurde und verdünnen, falls nötig, die Probe automatisch („rerun“).

Spezifität. Wird durch die Monospezifität der Antikörper (bzw. Antigene) bestimmt. Mögliche Reaktionen mit Bruchstücken und Aggregaten der Antigene mit 7 Rheumafaktoren, die gegen das Reagenz IgG gerichtet sind, können die Teste stören, aber auch 7 Autoantikörper gegen die zu bestimmenden Antigene, die die Epitope „verdecken“ können. Sensitivität. Sehr methodenabhängig, ohne Partikelverstärkung im Mittel 5 mg/L als Nachweisgrenze. Mit Partikelverstärkung im Mittel 0,005 mg/L = 5 μg/L. Als Inhibitionstest: eine Zehnerpotenz niedriger. Empfindlicher als die 7Immunturbidimetrie (methodenabhängig).

Fehlermöglichkeit. Lichtstreuende Verunreinigungen der Probe [Mikrogerinnsel, Zellen wegen unzureichender Zentrifugation (z. B. bei Liquor)], 7 Lipämie und mikrobielle Verunreinigungen stören umso mehr, je mehr Probe eingesetzt wird und je niedriger die Nachweisempfindlichkeit liegt. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Es ist ein Gerätesystem, das nicht in Analysenautomaten mit hohem 7 Automatisierungsgrad integriert ist. Die Kosten sind vergleichbar denen anderer 7 Immunoassays, wegen der Gerätekosten aber höher als bei der Immunturbidimetrie. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Breit einsetzbar, besonders

Immunoassay, heterogener. Abb. 1. Funktionsprinzip. Ag Antigen; E Enzym

709

zur Bestimmung von „Serum“proteinen in Körperflüssigkeiten wie Urin und Liquor.

Literatur. Gressner AM (1990) Entwicklungstendenzen nephelometrischer und turbidimetrischer Immunoassays. GIT Labormedizin 9:419–429

Immunoassay G. Töpfer

Englischer Begriff. Immunoassay Definition. Unter dem Begriff Immunoassay werden Bestimmungsmethoden zusammengefasst, die unter Einsatz von Antigen-Antikörper-Reaktionen zur Bildung von 7 Immunkomplexen führen, die entweder als Trübung (7 Immunturbidimetrie) oder Lichtstreuung (7 Immunnephelometrie) direkt gemessen werden, oder die wegen der zusätzlichen Bindung von radioaktiven, fluoreszierenden, lumineszierenden Substanzen oder Enzymen (die lumineszierende Substanzen aktivieren oder aus Substraten Farbstoffe bilden) indirekt durch Detektion von radioaktiver oder Lichtstrahlung gemessen werden

Immunoassay, heterogener G. Töpfer

Synonym(e). Festphasen-Immunoassay Englischer Begriff. heterogenous immunoassay Definition. Bestimmungsmethode für Antigene oder Antikörper, wobei die markierten Immunkomplexe vor der Messung der Radioaktivität oder Lichtstrahlung von den ungebundenen Reaktanten abgetrennt werden (7 Abb. 1). Physikalisch-chemisches Prinzip. Man unterscheidet kompetitive Immunoassays von immunometrischen Assays (Two-site-Assay, Sandwichverfahren). 5 Kompetitiver Immunoassay Abgeleitet von 7 Radioimmunoassay, bei dem die Antigenmoleküle der Probe (z. B. Insulin) mit radioaktiv markiertem Antigen (etwa gleicher Konzentration) um die im Unterschuss an der Röhrchenwand fixierten Antikörpermoleküle konkurrieren: Ersetzt man die radioaktive Markierung durch ein Enzym, so liegt ein 7 Enzymimmunoassay vor, desgleichen kann die Markierung auch mit Fluoreszenzfarbstoffen oder Luminogenen erfolgen. Die Kalibrationskurve ist abfallend, d. h. die niedrigste Konzentration des Analyten bringt das höchste Signal. In der Regel stellt man die Bindungskapazität des Antikörpers so ein, dass maximal 50 % des markierten Antigens gebunden werden. In einer anderen Form wird das Antigen oder Hapten (Molekül ohne immunogene Wirkung, meistens mit einer Molmasse < 1500 Da – hier über ein Trä-

I

710

Immunoassay, heterogener

gerprotein) an die Röhrchenwand gebunden. Das Probenantigen (Hapten) konkurriert mit dem fixierten Antigen um die konstanten, im Unterschuss vorhandenen Bindungsstellen des markierten Antikörpers. Der Vorteil ist, dass unspezifische Antikörper weniger an das fixierte Antigen als an den fixierten Antikörper binden (z. B. Rheumafaktoren), damit keine Blockierung der Antikörperbindung stattfindet. 5 Immunometrischer Assay Synonyme sind „Two-site-Assay“ und Sandwichverfahren, bei radioaktiver Markierung immunoradiometrischer Assay „IRMA“, bei Enzymmarkierung „IEMA“ oder ELISA (7 Enzyme-Linked Immunosorbentassay), wobei sich der Begriff ELISA durchgesetzt hat. Die Empfindlichkeit ist höher (untere Nachweisgrenze niedriger) als beim kompetitiven Assay. Antigen-capture-Assay Der Antikörper ist im Überschuss im Vergleich zur Antigenkonzentration der Probe an Röhrchenwand, Mikrotiterplattenvertiefung, magnetische bzw. Latexpartikel fixiert. Entweder werden dann simultan Probe (Antigen) und markierter Zweitantikörper hinzugegeben (Ein-Schritt-Assay) oder dies erfolgt in zwei Schritten mit einem Waschzyklus dazwischen. Der zweite Antikörper kann auch unmarkiert sein. In diesem Fall wird ein enzymmarkierter dritter Antikörper eingesetzt, der gegen IgG (Fc-Fragment) der Tierspezies des zweiten Antikörpers gerichtet ist. Möglich ist der Sandwich-Assay mit größeren Antigenen (Mindestmolekülgröße > 3000 Da), da das Antigen mindestens zwei verschiedene Epitope haben muss. Für Peptide mit 15–20 Aminosäuren und für die meisten Arzneimittel und Drogen ist das Testschema des IEMA nicht möglich. Antibody-capture-Assay Um spezifische Antikörper in der Probe (z. B. Virusantikörper) zu bestimmen, wird an der Festphase entweder das Antigen im Überschuss oder ein klassenspezifischer Anti-Human-Antikörper (meist gegen IgM) als Fänger-Antikörper verwendet. Das Antigen an der Festphase bindet nach Zugabe des Serums nur den spezifischen Antikörper. Nach einem Waschschritt erfolgt der Nachweis dieses gebundenen (Human)-Antikörpers mit enzymmarkiertem Antihumanserum. Im Falle des Fänger- (klassenspezifischen) Antikörpers werden bei Inkubation mit Serum zunächst alle Immunglobulinmoleküle der entsprechenden Klasse (z. B. IgM) des Patientenserums gebunden. Es erfolgt ein Waschschritt. Der spezifische Antikörper wird durch Zugabe des homologen Antigens und einen gegen das Antigen gerichteten enzymmarkierten Antikörper gemessen. Wenn man alternativ das Antigen selbst markiert hinzufügt, wird das Testschema vereinfacht (Enzyme-labeled-antigen-Assay; ELA). Eine weitverbreitete Variante des Antigen- und Antibody-capture-Assays ist der Mikropartikel-Enzymimmunoassay (MEIA). Der monoklonale erste Antikörper oder das Antigen sind an Latexmikropartikel gebunden (große wirksame Oberfläche, kurze Reaktionszeiten). Der nach Serumzugabe an den Mikropartikeln gebildete Immunkomplex wird an einer Glasfasermembran irreversibel gebunden und reagiert mit dem Konjugat aus Zweitantikörper und alkalischer Phosphatase (AP). Danach wird 4-Methylumbelliferyl-Phosphat (MUP) hinzugefügt, das zum fluoreszierenden Methylumbelliferon hydrolysiert wird. Der 7 Elektrochemilumineszenz-Immuno-Assay (ECLIA) wird am ELECSYS-System als heterogener Immunoassay durchgeführt. Mikropartikel-Immunoassays mit Fluoreszenzmarkierung im DurchflussZytometer (Multiplexed immunoassay by flow cytometry-Luminex Assay) Latexpartikel mit etwa 10 μm im Durchmesser werden mit Antikörpern beladen. Die als kompetitiver oder Sandwich-Immunoassay ablaufende Reaktion führt zur Bindung von mehr oder weniger 7 Fluoreszenzfarbstoff. Die Verwendung unterschiedlich großer Latexpartikel (7 Latex-Agglutination), die mit unterschiedlichen Antikörpern besetzt sind, führt dazu, dass simultan mehrere Analyten bestimmbar sind. Das gleiche kann erreicht werden, wenn im Sandwich-Assay spezifische Zweitantikörper mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markiert sind. Mikrospot-Immunoassays (Microarray immunoassay) Ähnlich wie die 7 Mikrochips bei der Genanalyse können die fes-

ten Phasen bei den Immunoassays miniaturisiert werden. Systeme mit 196 Vertiefungen in einem Plastikträger (Vertiefungsdurchmesser = 3 mm), Glas- und Filterträger wurden beschrieben. Als Tracer wurden Fluoreszenz-und Lumineszenzfarbstoffe, aber auch präzipitierende Enzymsubstrate verwendet. Da die Background-Signale bei Verkleinerung der Festphase abnehmen, kann eine ähnliche analytische Sensitivität wie im „Normal“-Ansatz erreicht werden. Neuere Entwicklungen nutzen aus, dass durch Bindung von Antikörpern an Antigene auf Membranen Ionenkanäle der Membranen geöffnet oder geschlossen werden, was zum Anstieg oder Abfall des Stromflusses an Goldelektroden führt. Die Empfindlichkeit des Verfahrens bleibt derzeit allerdings noch um den Faktor 2–3 hinter dem Lumineszenzoder Fluoreszenz-Tracer zurück. Trennung der (markierten) Antigen-Antikörper-Komplexe vom Reaktionsgemisch Üblich ist heute die Solid-phase-Methode in Form der Bindung von Antigen (Antibody-capture-Assay) oder Antikörper (Antigencapture-Assay) an die feste Phase. Damit bildet sich der Immunkomplex an der festen Phase und Waschvorgänge sind möglich. Diese erste Komponente des Sandwich-Komplexes ist entweder adsorptiv oder kovalent an die feste Matrix (Polystyrol, Glas) gebunden. Die Beschichtung mit Antikörpern erfolgt entweder beim Hersteller des Testkits oder es werden Röhrchen mit Streptavidin beschichtet verwendet, die 4 Bindungsstellen für biotinylierte Antikörper oder Antigene aufweisen. Da die Bindungsenergie sehr hoch ist, erfolgt diese Beschichtung direkt vor dem Assay. Die früher (bei RIA und IRMA) übliche unspezifische Abtrennung markierter Immunkomplexe mit Aktivkohle und die spezifische Abtrennung mit einem zweiten Antikörper unter Beschleunigung mit PEG wurden weitestgehend durch die Solid-phase-Methode ersetzt. Eine weitere Möglichkeit der Trennung von gebundenen und ungebundenen Tracermolekülen besteht in einer Auftrennung des Reaktionsgemischs mittels 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie oder 7 Kapillarelektrophorese. Es verfolgt dann die getrennte Detektion beider Komponenten (Prä-column-Immunoassay). HPLC-Methoden sind anderseits geeignet, eine Vorreinigung und Konzentration des Analyten vor dem Immunoassay durchzuführen (z. B. bei Spuren-Analyten, Entfernung von Metaboliten bzw. kreuzreagierenden Substanzen – Post-columnImmunoassay).

Einsatzgebiet. Bestimmung von Antigenen und Antikörpern, selten von Haptenen.

Untersuchungsmaterial. Serum (Plasma), Urin, Liquor und andere Körperflüssigkeiten.

Instrumentalisierung. Geräte mit hohem Automatisierungsgrad und manuelle Abarbeitung sind möglich. Entsprechend dem Selektionsverfahren unterscheiden sich die Sensoren für Farbmessungen, Fluoreszenzmessungen, Lumineszenzmessungen oder Messkammern für die Elektrochemilumineszenz. Spezifität/Fehlermöglichkeiten. Zu niedrige Ergebnisse werden beim immunochemischen Assay im Einschrittverfahren bei Antigenüberschuss (7 High-Dose-Hook-Effekt = Prozonen-Phänomen) beobachtet. Rheumafaktoren der IgM-Klasse erhöhen das Signal bei der Bestimmung von spezifischem IgM im Sandwich-ELISA, wenn die Probe gleichzeitig spezifisches IgG enthält. Die gleichzeitige Anwesenheit von spezifischen IgM und spezifischen IgG kann durch Konkurrenz der Antikörper das IgM-Ergebnis vermindern. Beim Nachweis von Autoantikörpern können falsch-positive Reaktionen durch Antikörper gegen Blockierungsproteine (Rinderserumalbumin, Kasein, Gelatine u. a.) auftreten. Sensitivität. Die Sensitivität der Immunoassays ist in 7 Tab. 1 zusammengefasst. Weitere Erhöhungen der Empfindlichkeit sind mit der Immuno-PCR möglich.

Praktikabilität/Automation/Kosten. Neben der manuellen Bearbeitung von Plattentesten mit der Möglichkeit in einzelnen Kavitäten wenige Proben zu bearbeiten und der manuellen Bearbeitung von Röhrchentesten, vor allem für die Chemilumineszenz-Detektion, gibt es eine Vielzahl hochautomatisierter Analysensysteme.

Immunoassay, homogener

Immunoassay, heterogener. Tab. 1. Nachweisgrenzen ausgewählter Tracer Tracer

Nachweisgrenze (Mol/Ansatz)

Enzyme, Farb-Detektion

10-16

Enzyme, Fluoreszenz-Detektion

2 × 10-18

zeitaufgelöste (zeitverzögerte) Fluoreszenz

10-18

Radioaktivität (125J)

10-18

Chemilumineszenz (direkte LuminogenKopplung)

10-18

Peroxidasen, Lumineszenz-Detektion (Luminol)

6 × 10-19

Alkalische Phosphatase, Lumineszenz-Detektion (Chemilumineszenz) mit AM PP D = Dinatriumsalz des 3-(2’-Spiroadamantyl)-4-Methoxy-4-(3’’phosphoryloxy)-Phenyl-1,2-Dioxetans

10-20

Acetatkinase/Luciferase/Luciferin [nach Ito et al. (2003)]

10-20

Literatur. Ito K, Nakagawa K, Murakami S, Arakawa H, Maeda M (2003) Highly sensitive simultaneous bioluminescent measurement of acetate kinase and pyruvate phosphate dikinase activities using a firefly luciferase-luciferin reaction and its application to a tandem bioluminescent enzyme immunoassay. Anal Sci 19:105–109 Porstmann T, Porstmann B (1987) Immunologische Arbeitsmethoden. 4. Aufl. Fischer, Jena, S 135–150

Immunoassay, homogener G. Töpfer

Englischer Begriff. homogeneous Immunoassay Definition. Antigen (od. Hapten) und Enzym- bzw. Fluoreszenzfarbstoff-konjugiertes Antigen (od. Hapten) konkurrieren um die Bindungsstellen des im Unterschuss vorhandenen Antikörpers (kompetitiver Test; 7 Abb. 1). Die Bindung des markierten Antigens führt in Abhängigkeit zur Konzentration des (unmarkierten Proben-)Antigens zu 5 Aktivitätsminderung (Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Markierung, Galaktosidase-Fragmente-Markierung CEDIA®), 5 Aktivitätserhöhung (Malatdehydrogenase-Markierung).

711

heterogene Immunoassays (7 Immunoassay, heterogener), aber gebundene und freie (markierte) Antigene (Liganden) müssen vor der Messung nicht getrennt werden. Neben Enzymen und Enzymfragmenten werden häufig 7 Fluoreszenz-Tracer eingesetzt. 7 Enzyme multiplied immunoassay (EMIT) (Fa. Syva) Das Testprinzip entspricht dem kompetitiven Immunoassay, ohne Immobilisierung des Antikörpers. Wird das enzymmarkierte Antigen, das mit dem Antigen der Probe um die Bindungsstellen des Antikörpers konkurriert, gebunden, so verringert sich die Enzymaktivität bei Benutzung von Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase oder verstärkt sich bei Malatdehydrogenase, d. h. eine hohe Konzentration in der Probe führt im ersten Fall zu hohen, im zweiten Fall zu niedrigen Enzymaktivitäten. 7 Cloned Enzyme Donor Immunoassay (CEDIA®) (Fa. Roche Diagnostics) Das Antigen (Hapten) ist an Galaktosidase-Fragmente gekoppelt und konkurriert mit Proben-Antigen (Hapten) um die Bindungsstellen des Antikörpers. Antikörperbindung der Fragment-Konjugate verhindert die Assoziation des Enzyms, d. h. wenig Proben-Antigen löst die Antikörperbindung des Fragment-Konjugats aus und führt zu einem geringen Signal. Wie EMIT wird CEDIA zur Bestimmung von Medikamenten und Drogen eingesetzt. 7 Fluorezenzpolarisations-Immunoassy (FPIA®) (Fa. Abbott) Der Analyt der Probe konkurriert mit dem Fluorophor markierten Analyten (als Reagens zugesetzt) um die im Unterschuss vorhanden Bindungsstellen des Antikörpers. Ungebundene Tracer-AnalytMoleküle drehen sich schnell und emittieren Licht in verschiedenen Polarisationsebenen, wodurch das Signal des polarisierten Lichtes geschwächt wird. Der Immunkomplex dreht sich langsamer und emittiert das polarisierte Licht in derselben Ebene, d. h. hohe ProbenAnalyt-Konzentrationen führen zur Signalabschwächung (fallende Eichkurve). Immunchromatographie Antikörper gegen ein zu bestimmendes Antigen wird an 7 Celluloseacetatfolien gebunden. Antigen und markiertes Antigen werden aufgetropft und konkurrieren um die Antikörper-Bindungsstellen. Ungebunden Tracer-Antigen-Moleküle diffundieren aus der Bindungszone und werden z. B. mit Substrat detektiert. Durch die Konzentrierung des Tracers in einer diskreten Zone der Folie steigt die Sensitivität. Zur Immunchromatographie gehören die sogenannten 7 Dot-BlotVerfahren.

Einsatzgebiet. Bestimmung von Haptenen, Antigenen und Antikörpern. Besonders geeignet für die Bestimmung von Haptenen und Antigenen mit geringer Molekülgröße (Arzneimittel, Drogen, Hormone).

Untersuchungsmaterial. Urin, Serum (Plasma) und andere Körperflüssigkeiten.

Instrumentalisierung. Geräte zur manuellen und automatisierten Bearbeitung und Detektion mit folgenden Messverfahren (fotometrisch, fluoreszenzfotometrisch, luminometrisch). Sensitivität. Abhängig vom Detektionsverfahren zwischen 10– 16 mol/L (Farbdetektion) und 10–20 mol/L (7 Chemilumineszenz). Spezifität. Die Antikörper zeigen oft Kreuzreaktivitäten, sodass eine Angabe dieser Unspezifität für eine Vielzahl ähnlicher Substanzen (besonders bei Arzneimitteln und Drogen) erforderlich ist. Fehlermöglichkeit. Homogene Immunoassays erfassen z. B. bei Drogenbestimmungen infolge der 7 Kreuzreaktivität neben der aktiven Substanz auch Abbauprodukte, die weniger biologisch aktiv oder bioinaktiv sind. Fibrinogen in Plasma führt häufig zu Störungen. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Durchführung erfolgt

Immunoassay, homogener. Abb. 1. Funktionsprinzip. H Hapten; E Enzym

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Tests sind unempfindlicher als

in der Regel an Automaten.

Literatur. Greiling H, Gressner AM (1994) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer, Stuttgart, S 159–171

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712

Immunoassay, kompetitiver

Immunoassay, kompetitiver G. Töpfer

Synonym(e). LIA Englischer Begriff. competitive immunoassay Definition. Entweder das Antigen (od. Hapten) der Probe konkurriert mit einem Tracer-markierten Antigen um die im Unterschuss an der festen Phase immobilisierten Antikörper, oder das Antigen (od. Hapten) an die feste Phase gebunden, konkurriert mit flüssigem Proben-Antigen (od. Hapten) um die Bindungsstellen des markierten (zunächst) in der Flüssigphase befindlichen Antikörpers (mit weniger Bindungsstellen als die Antigene insgesamt). An die Bildung der Immunkomplexe schließt sich die Trennung von Antikörper (Antigen) gebundenen Tracermolekülen von nicht im Immunkomplex gebundenen Tracer (Waschzyklus) und die Detektionsreaktion an. i Ist ein heterogener Immunoassay (7 Immunoassay, heterogener),

abgeleitet von 7 Radioimmunoassay, bei dem die Antigenmoleküle der Probe (z. B. Insulin) mit radioaktiv markiertem Antigen (immer gleicher Konzentration) um die im Unterschuss an der Röhrchenwand fixierten Antikörpermoleküle konkurrieren. Ersetzt man die radioaktive Markierung durch ein Enzym, so liegt ein 7 Enzymimmunoassay (EIA) vor, desgleichen kann die Markierung auch mit Fluoreszenzfarbstoffen (FIA) oder Luminogenen (LIA) erfolgen. Die Eichkurve ist abfallend, d. h. die niedrigste Konzentration des Analyten bringt das höchste Signal. In der Regel stellt man die Bindungskapazität des Antikörpers so ein, dass maximal 50 % des markierten Antigens gebunden werden. In einer anderen Form wird das Antigen oder Hapten (hier über ein Trägerprotein) an die Röhrchenwand gebunden. Das Probenantigen (Hapten) konkurriert mit dem fixierten Antigen um die konstanten, im Unterschuss vorliegenden Bindungsstellen des markierten Antikörpers. Der Vorteil ist, dass unspezifische Antikörper weniger an das fixierte Antigen als an den fixierten Antikörper binden (z. B. Rheumafaktoren), damit keine Blockierung. Trennung der (markierten) Antigen-Antikörper-Komplexe vom Reaktionsgemisch Die früher (beim 7 Radioimmunoassay) übliche unspezifische Abtrennung markierter Immunkomplexe mit Aktivkohle oder die spezifische Abtrennung mit einem zweiten Antikörper unter Beschleunigung mit PEG wurden weitgehend durch die Solid-phase-Methode ersetzt. Eine Möglichkeit der Trennung von gebundenen und ungebundenen Tracermolekülen (wenn keine fixierten Antikörper/Antigene eingesetzt wurden) besteht in einer Auftrennung des Reaktionsgemisches mittels 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) oder 7 Kapillarelektrophorese. Es erfolgt dann die getrennte Detektion beider Komponenten (prä-column-Immunoassay). HPLCMethoden sind andererseits geeignet, eine Vorreinigung und Konzentration des Analyten vor dem Immunoassay durchzuführen (z. B. bei Spuren-Analyten, Entfernung von Metaboliten bzw. kreuzreagierenden Substanzen – Post-column-Immunoassay).

Literatur. Porstmann T, Porstmann B (1987) Immunologische Arbeitsmethoden. 4. Aufl. Fischer, Jena, S 135–150

Immunoassay, partikelverstärkter 7 Latex-Agglutination; 7 Partikel-verstärkter nephelometrischer Immunoassy; 7 Partikel-verstärkter turbidimetrischer Immunoassy

Immunoblot 7 Immunblot

Immunodot W. Stöcker

Synonym(e). Immundot Englischer Begriff. immunodot; dot-immunobinding test; dot blot

Definition. Der Immunodot ist ein einfach durchzuführender Test, der zum Nachweis von Antigenen oder Antikörpern verwendet wird. Dabei werden die Antigene oder Antikörper punkt- oder linienförmig auf einer Membran immobilisiert und dort mit dem entsprechenden Bindungspartner des Reagens (dem korrespondierenden Antikörper oder Antigen) zur Reaktion gebracht. Physikalisch-chemisches Prinzip. Antigen oder Antikörper einer Probe werden auf eine Nitrocellulose- oder Nylonmembran aufgetragen. Frei gebliebene Bindungsstellen werden mit Fremdproteinen, z. B. Rinderserumalbumin oder Casein, abgesättigt. Die Membran wird dann nacheinander mit folgenden Nachweisreagenzien inkubiert: Spezifischer Antikörper oder spezifisches Antigen, enzymmarkierter Antikörper und Substratlösung (die einen präzipitierenden Farbniederschlag auf der Membran erzeugt). Positive Reaktionen stellen sich als Farbpunkte in einer hellen Umgebung dar.

Einsatzgebiet. Es lassen sich Antigene verschiedenster Art und Antikörper nachweisen.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Zellüberstand, Zellhomogenat, Zell-Lysat

Instrumentierung. Es gibt Geräte zur simultanen Testung von 96 Proben im 7 Mikrotiterplatten-Format. Mit geringem apparativem Aufwand sind semiquantitative Aussagen möglich.

Sensitivität. Je nach Detektionssystem gelingen mit der Methode sehr empfindliche Nachweise. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Der Immunodotassay kann automatisiert durchgeführt werden.

Literatur. Peters JH, Baumgarten H (1998) Monoklonale Antikörper – Herstellung und Charakterisierung. 2. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 396–403

Immunogen 7 Antigen

Immunometrischer Assay 7 Immunoassay

Immuno-PCR R. Weiskirchen

Synonym(e). Immuno-Polymerase-Kettenreaktion Englischer Begriff. immuno PCR; immuno-polymerase chain reaction

Definition. Immunologische Verfahrenstechnologie zum Nachweis von Proteinen, bei dem der Detektions-Antikörper mit DNA verknüpft ist, die in einer anschließenden Reaktion amplifiziert und nachgewiesen wird. i Die 7 Nachweisgrenze immunologischer Verfahren (z. B. 7 Enzymimmunoassay, 7 Radioimmunoassay) zum Nachweis von Proteinen liegt bei ~100.000 Molekülen. Nukleinsäuren hingegen können mit speziell konzipierten Techniken (z. B. PCR) bis zu einer Nachweisgrenze von ~10 Molekülen detektiert werden. In der Immuno-PCR wird der Nachweisantikörper an DNA gekoppelt und die 7 Amplifikation der DNA mittels PCR als Signalverstärkung ausgenutzt. Die Verknüpfung kann durch ein bispezifisches Protein, durch kovalente Kopplung oder mit Hilfe des Streptavidin/Biotin-Systems erfolgen. Auf diese Weise kann die 7 Nachweisempfindlichkeit gegenüber anderen immunologischen Verfahren um das etwa 1000-fache gesteigert werden. Durch Miniaturisierung, Variation der DNA-Antikörperkopplung und Minimierung falsch-positiver Signale wurde die Immuno-PCR zum routinefähigen Verfahren weiterentwickelt. Heute wird sie diagnostisch eingesetzt, um virale Proteine (z. B. HepatitisB-Oberflächen-Antigen, HBsAg) nachzuweisen. Als 7 SandwichAssay ist der Nachweis eines Antigens auch aus 7 Serum möglich.

Immunstatus

Die Signalerfassung und 7 Amplicon-Quantifizierung erfolgt mittels 7 Gelelektrophorese.

Literatur. Sano T, Smith CL, Cantor CR (1992) Immuno-PCR: very sensitive antigen detection by means of specific antibody-DNA conjugates. Science 258:120–122 Niemeyer CM, Adler M, Blohm D (1997) Fluorometric polymerase chain reaction (PCR) enzyme-linked immunosorbent assay for quantification of immuno-PCR products in microplates. Anal Biochem 246:140–145

Immuno-Polymerase-Kettenreaktion 7 Immuno-PCR

Immunpräzipitation W. Stöcker

Englischer Begriff. immunoprecipitation Definition. Technik zur präparativen Darstellung oder zum Nachweis von Antigenen oder Antikörpern auf der Grundlage der Ausbildung von Immunkomplexen. Physikalisch-chemisches Prinzip. Wenn sich Antikörper mit Antigenen verbinden, bilden sich Immunkomplexe. Bei Antigen-Überschuss werden alle Bindungsstellen der Antikörper besetzt, was zur Bildung kleiner löslicher Immunkomplexe führt. Wenn der Antikörper im Überschuss vorliegt, können alle Bindungsstellen der Antigene gesättigt sein, wodurch ebenfalls kleine lösliche Immunkomplexe gebildet werden. Bei Vorliegen äquivalenter Mengen Antikörper und Antigen entsteht ein großer Immunkomplex, der schwach löslich ist und ausfällt. Der Vorgang wird als Immunpräzipitation bezeichnet. Der GelDiffusions-Test beruht auf dem Prinzip, dass bei vorgegebener Antikörpermenge das Antigen durch Diffusion im Gel soweit verdünnt wird, bis eine Antigen-Antikörper-Äquivalenz vorliegt, bei der die Präzipitatbildung erfolgt.

Einsatzgebiet. Die Immunpräzipitation ist vielseitig und wird zum Beispiel bei der Anreicherung von Antigenen aus Stoffgemischen angewendet: Ein gesuchtes Antigen wird mittels eines spezifischen Antikörpers (insofern ein solcher zur Verfügung steht) ausgefällt, das Immunpräzipitat wird gewaschen und der Antikörper wieder abgesprengt. In vielen Fällen spart man sich durch die Anwendung dieses spezifischen immunologischen Verfahrens einen großen biochemischen Präparationsaufwand. Für die Labormedizin ist der Einsatz der Immunpräzipitation zur Antigen- oder Antikörperbestimmung eher von Bedeutung. Die Techniken der radialen Immundiffusion (7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans), 7 Immunelektrophorese, 7 Immunfixations-Elektrophorese, 7 Elektroimmundiffusion und zweidimensionalen Immunelektrophorese (7 Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman) sind spezielle Ausführungsformen der Immunpräzipitation. Weitere Beispiele für die analytische Verwendung der Immunpräzipitation in Suspension sind die Nephelometrie und die Turbidimetrie. Die Flüssigphasen-Präzipitation, bei der eine Probe mit markiertem Antigen inkubiert wird und der Antigen-Antikörper-Komplex anschließend gefällt wird, ist eine empfindliche Methode zum Antikörpernachweis.

Instrumentierung. Durch die große Vielfalt der verschiedenen Ausführungsformen der Immunpräzipitation werden auch sehr unterschiedliche Geräte für deren Durchführung eingesetzt. Es werden sowohl einfache Apparaturen als auch Automaten verwendet.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Immunpräzipitation kann je nach Einsatzgebiet sowohl manuell als auch automatisiert durchgeführt werden. Literatur. Kemeny DM (1994) ELISA. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, S 7–10

713

Immunprint 7 Papierabklatsch

Immunradiometrischer Assay W. Stöcker, C. Krüger

Synonym(e). IRMA Englischer Begriff. immunoradiometric assay Definition. Der immunradiometrische Assay (IRMA) ist ein nichtkompetitiver Assay (7 Sandwich-Assay) zum Antigennachweis unter Verwendung eines Fängerantikörpers und eines radioaktiv markierten Nachweisantikörpers. Physikalisch-chemisches Prinzip. Beim immunradiometrischen Assay (IRMA) wird der Nachweisantikörper radioaktiv markiert (Antikörpertracer), im Gegensatz zum klassischen Radioimmunoassay (RIA), bei dem das Antigen radioaktiv markiert wird (Antigentracer). Das zu bestimmende Antigen wird von einem Fängerantikörper und dem markierten Antikörper gebunden. Zur Abtrennung der freien und gebundenen Reaktionspartner kann der Fängerantikörper vor der Reaktion mit der Probe an eine Festphase, wie z. B. Kunststoffröhrchen oder Kugeln, immobilisiert werden (Solid-Phase-Technik, Festphasen-Assay). Die Abtrennung ungebundener Komponenten erfolgt durch Waschen der Festphase. Alternativ hierzu kann man die gebundenen Komponenten mit sogenannten Brückenantikörpern präzipitieren (Doppelantikörper-Technik, Flüssigphasen-Assay). Danach wird die an die feste Phase gebundene oder im Sediment vorhandene Radioaktivität im Gammazähler gemessen, sie ist beim IRMA direkt proportional zur Antigenkonzentration in der untersuchten Probe.

Einsatzgebiet. Bestimmung von Antigenen Instrumentierung. Da als radioaktives Isotop im IRMA fast ausschließlich 125I verwendet wird, benötigt man für die Messung Gammazähler (γ-Counter). Sensitivität. Die analytische Sensitivität von IRMA liegt bei 10-16– 10-18 mol/L.

Fehlermöglichkeit. Der 7 High-Dose-Hook-Effekt (Prozonen-Phänomen) kann bei Einschritt-Inkubation zu falsch niedrigen Werten führen. Literatur. Sokolowski G, Wood G (1981) Radioimmunoassay in Theorie und Praxis. Schnetztor-Verlag, Konstanz, S 44–51

Immunstatus W. Stöcker

Englischer Begriff. Immune status; immunity status Definition. Der Immunstatus gibt Auskunft über den Zustand des Immunsystems eines Organismus und seine Fähigkeit, eine adäquate Immunantwort aufzubauen und Infektionen mit Krankheitserregern abzuwehren. i Indikationen zur Erhebung eines Immunstatus: Verdacht auf

Immundefekte, erhöhte Infektanfälligkeit, sich wiederholende Pilzund andere Infektionen, AIDS-Diagnostik und -Kontrolle, Chemotherapie bei Tumoren, immunsuppressive Therapie bei Autoimmunerkrankungen. Eine Überwachung des Immunstatus gehört auch zur Betreuung organtransplantierter Patienten unter immunsuppressiver Therapie. Der Immunstatus liefert Erkenntnisse über die Konzentration der verschiedenen Antikörperklassen im Blut sowie über Zahl und Verteilung der Immunzellen und kann Hinweise auf Ursachen einer verminderten Infektionsresistenz geben. Ein eingeschränkter Immunstatus liegt physiologisch auch während der Schwangerschaft vor. Man unterscheidet nach den Komponenten des Immunsystems den zellulären und den Antikörper-vermittelten humoralen Immunstatus.

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714

Immuntoleranz

Zur Bestimmung des zellulären Immunstatus werden Blutbild (7 Blutbild, großes), Differenzialblutbild und durchflusszytometrisch die Lymphozyten-Subgruppen untersucht, letztere anhand spezifischer Oberflächenmoleküle: B-Zellen (CD19), T-Zellen (CD3), T4Zellen (CD4), T8-Zellen (CD8), NK-Zellen (CD56), aktivierte T-Zellen (DR+). Die Ergebnisse werden mit Normwerten verglichen, die in Abhängigkeit vom Lebensalter variieren. Ein normaler Helferzellwert (CD4-positiv) liegt zwischen 500 und 1200 Zellen pro μL. Liegt er unter 500 Zellen pro μL, kann dies ein Zeichen für eine Immunschwäche sein. Neben der absoluten Zahl sind auch der Anteil Helferzellen an den gesamten Lymphozyten (sogenannte relative Helferzellzahl in %) und das Verhältnis von Helferzellen zu zytotoxischen T-Zellen (sogenannte CD4/CD8-Ratio) von Bedeutung. Die Ergebnisse des zellulären Immunstatus sind Bestandteil der Diagnostik bei Infektionen oder Lymphomen. Die Konzentration der Immunzell-Fraktionen allein gibt jedoch keine Auskunft über deren Funktionsfähigkeit, da auch normale Zellzahlen einen funktionellen Immundefekt nicht ausschließen. Der zelluläre Aktivierungsgrad (Anzahl HLA-DR-positive oder CD25-positive T-Zellen) stellt den einzigen Hinweis auf die Reaktionsfähigkeit der T-Zellen dar. Die TZell-Aktivierung wird auch zur Aktivitätsbeurteilung von Sarkoidose, Transplantatreaktionen und einigen malignen Lymphomen herangezogen. Für den humoralen Immunstatus werden die Immunglobulinklassen (7 Immunglobuline) IgA, IgD, IgE, IgG und IgM sowie die IgG-Subklassen 1–4 (7 Immunglobulin-G-Subklassen) in mg/dL bestimmt. Weitere Parameter können Komponenten des Komplementsystems, C-reaktives Protein, Immunmodulatoren, immunrelevante Vitamine, Mineralstoffe sowie der Zytokin-Status sein. Ein eingeschränkter Immunstatus kann im Falle einer Infektion die Indikation für eine Immunglobulin-Substitution darstellen, insbesondere bei primären (d. h. angeborenen) Immundefekten. Dazu gehören das Antikörpermangelsyndrom, das schwere kombinierte Immundefekt-Syndrom sowie Zustände mit Funktionsstörungen der Granulozyten. Voraussetzung für eine wirksame Therapie ist die Erkennung der Immundefekte zu einem Zeitpunkt, an dem der Organismus noch nicht durch Infektionen irreversibel geschädigt wurde.

Literatur. http://immunologie.charite.de/patientenversorgung/labor diagnostik/

Immuntoleranz W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. immune tolerance Definition. Das Ausbleiben einer Immunreaktion gegenüber bestimmten Antigenen. i Zum Schutz vor einer Autoimmunreaktion ist eine Immuntoleranz gegenüber körpereigenen Antigenen äußerst wichtig. Dazu werden autoreaktive T- oder B-Lymphozyten im Laufe ihrer Entwicklung eliminiert. Bei heranreifenden T-Lymphozyten geschieht dies während der Prägungsphase im Thymus, autoreaktive B-Lymphozyten werden vermutlich im Knochenmark ausgesondert.

Literatur. Pugliese A (2004) Central and peripheral autoantigen presentation in immune tolerance. Immunology 111:138–146

Immunturbidimetrie G. Töpfer

Synonym(e). Turbidimetrie; Trübungsmessung Englischer Begriff. immunoturbidimetry; turbidimetry Definition. Werden 7 Antikörper zu 7 Antigen(verdünnungen) gegeben, so entstehen das Licht absorbierende und streuende 7 Immunkomplexe, wobei die der Antigenkonzentration über einen weiten Bereich proportionale Lichtabsorption (7 Lambert-Beer-Gesetz) fotometrisch gemessen wird (analoges Messprinzip zur Spektralphotometrie, d. a. Lichtabschwächung; 7 Abb. 1).

Immunturbidimetrie. Abb. 1. Strahlengang bei der Immunturbidimetrie

Physikalisch-chemisches Prinzip. Genauso wie bei der 7 Immunnephelometrie wird Polyethylenglykol 6000 (PEG 6000) als Reaktionsbeschleuniger (Akzelerator) verwendet, so dass in der Regel 10–15 s nach der Zugabe des Antikörpers zu der Probenlösung eine kinetische Messung der Absorption beginnt. Registriert wird die Extinktionszunahme pro Minute, die der Antigenkonzentration über einen bestimmten Konzentrationsbereich (nahezu) proportional ist. Die Kalibrationskurven verlaufen zunächst flach, dann fast linear, um bei Antigenüberschuss wieder in einen geringen Anstieg überzugehen (sigmoidaler Verlauf der Eichkurve). Genauso wie bei der 7 Immunnephelometrie lässt sich durch Bindung der Antikörper an Latexpartikel (Polystyrolpartikel) eine Empfindlichkeitssteigerung etwa um den Faktor 1000 erreichen, dabei werden beispielsweise hochaffine monoklonale Antikörper auf große Latexpartikel und niedrigaffine Antikörper auf kleinere Latexpartikel gebunden (DUREL™-Prinzip). Einsatzgebiet. Proteine im Serum, Liquor und Urin ähnlich wie bei

der 7 Immunnephelometrie (beispielsweise im Serum: hoch sensitives 7 C-reaktives Protein, 7 Ferritin, IgE, 7 Transferrinrezeptor, löslicher, 7 β₂-Mikroglobulin, 7 Myoglobin, im Urin: 7 α₁-Mikroglobulin und im Liquor 7 Albumin sowie IgG). Problematisch sind IgA und IgM im Liquor, die mittels (latexverstärkter) Immunnephelometrie präziser und empfindlicher bestimmbar sind.

Untersuchungsmaterial. Serum, Liquor, Urin, Körperflüssigkeiten wie Pleurapunktat, Exsudate und Transsudate Instrumentierung. Ist als fotometrisches Verfahren auf Fotometern und Fotometer-Analysenautomaten (kinetische Messung mit entsprechender Software) durchführbar. Spezifität. Wird durch die Spezifität der Antikörper bestimmt. Mögliche Reaktionen mit Bruchstücken (Abbauprodukten) und Aggregaten sowie Komplexen der Antigene oder Reaktionen der Antikörper mit Rheumafaktoren (mit denen das Reagenz-IgG über das Fc-Stück kreuzreagieren kann) können die Teste stören. Stören können auch Autoantikörper gegen die zu bestimmenden Antigene, indem sie die Epitope „verdecken“.

Sensitivität. Bei vielen Proteinen wird eine ähnliche Sensitivität

wie mit der 7 Immunnephelometrie (auch bei der Latex-verstärkten Immunturbidimetrie) – Beispiel Myoglobin oder ultrasensitives C-reaktives Protein – erreicht. Einige gering konzentrierte Proteine wie IgA und IgM im Liquor werden mit der 7 Immunnephelometrie empfindlicher und präziser bestimmt.

Fehlermöglichkeit. 7 Hämolyse, 7 Lipämie und Hyperbilirubinämie können stören. Beispiel Myoglobin: Zur Entfernung der störenden Lipämie kann man die Flotation der trübenden Lipid-Micellen durch Zentrifugation des Serums bei 15000–20000 × g über 15 min versuchen. Hämolyse stört hier ab 120 μmol/L (etwa 3-mal so hoch wie visuell gerade als Rotfärbung wahrgenommen wird).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Da die Bestimmung an Analysenautomaten möglich ist, sind Praktikabilität und Kosten etwas günstiger als bei der Immunnephelometrie. Die Automatisierung ist dem Verfahren am Immun-Nephelometer vergleichbar, ohne dass die Probe „aufgeteilt“ werden muss.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Praktikabelstes Verfahren der Proteinbestimmung. Da aber für einige Analyte zu insensitiv (Liquor-Immunglobuline), leider (noch) nicht universell dafür einsetzbar.

Impfantikörper gegen Pneumokokken-Polysaccharid

Literatur. Thomas L (1990) Quantitative immunchemische Plasmaproteinbestimmung mittels Nephelometrie und Turbidimetrie. Lab med 14:313–320

Impact 7 Cone and plate(let) analyzer

Impedanzmessverfahren 7 Coulter-Prinzip der Zellzählung

Impfantikörper W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. vaccination induced antibodies Beschreibung. Impfantikörper werden nach Gabe eines erregerspezifischen Tot- oder Lebendimpfstoffs gebildet und dienen dem Schutz vor einer Infektion mit dem Erreger-Wildtyp. Diese Schutzfunktion üben sie aus, indem sie den Erreger nach Bindung neutralisieren, opsonisieren oder das Komplementsystem aktivieren. Die Erreger können viralen oder bakteriellen Ursprungs sein. Im Idealfall bleiben impfinduzierte Antikörper lebenslang im Organismus nachweisbar. Sie entstehen im Rahmen der Reaktion des adaptiven Immunsystems auf die Impfantigene. Nach deren Prozessierung durch Antigen-präsentierende Zellen (dendritische Zellen, Makrophagen, B-Lymphozyten, auch Granulozyten) werden neben den Antigen-spezifischen T-Lymphozyten (zelluläre Immunität) auch Antigen-spezifische BLymphozyten aktiviert (humorale Immunität). Diese B-Lymphozyten exprimieren die spezifischen Antikörper an ihrer Oberfläche, aus ihnen formen sich langlebige B-Gedächtniszellen und Plasmazellen, deren wesentliche Funktion die Produktion dieser Antikörper ist. National und international angewendete Impfstrategien haben zum Ziel, einige Erreger weitestgehend zurückzudrängen oder auszurotten. In Deutschland herrscht keine Impfpflicht. Federführend bei der Ausgabe von Impfempfehlungen und Impfplänen ist die Ständige Impfkommission (Stiko) am Robert-Koch-Institut. Allgemein verbindliche Impfpläne geben die Landesgesundheitsbehörden aus, die sich an die Vorgaben der Stiko halten. Beispiele: Die Impfempfehlung für Hepatitis B (Stand: 2009) sieht eine stufenweise Impfung im Alter von 2, 4 und 11–14 Monaten vor. Eine Grundimmunisierung kann auch im höheren Alter erfolgen bzw. vollendet werden (empfohlen: 9–17 Jahre). Ein Impfantikörpertiter > 10 IE/L gilt als schützend. Eine Auffrischungsimpfung wird alle 10 Jahre empfohlen. Es ist üblich, gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) mittels eines Kombinationsimpfstoffs zu impfen, und zwar sollte man die erste Impfung am besten im Alter von 9 Monaten vornehmen, nicht vorher, damit keine maternalen Antikörper die Impfantigene neutralisieren, und nicht später, wenn bereits ein Kindergarten besucht wird. Mit 15–24 Monaten wird eine zweite Impfung durchgeführt, um ein mögliches Versagen der ersten Impfung (5 %) wettzumachen. Für Röteln wird ein Impfantikörpertiter von über 1:32 im Hämagglutinationshemmtest als schützend angesehen. Eine Röteln-Impfung während der Schwangerschaft ist kontraindiziert.

715

Halbwertszeit. 7 Immunglobulin-G-Subklassen Funktion und Pathophysiologie. Polysaccharide bekapselter Bakterien induzieren die Bildung von IgG2-Immunglobulin.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Analytik. ELISA Konventionelle Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. 0,09–19,5 mg/L Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1. Impfantikörper gegen Haemophilus influenzae B. Tab. 1. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

Anti-HiB-IgG (mg/L)

0,5–1

0,08–9,2

1–2

0,16–40,8

2–3

0,22–42,8

3–4

0,19–21,6

4–8

0,15–29,5

8–12

0,16–37,2

12–18

0,10–34,5

Indikation. Rekurrierende Infektionen mit bekapselten Bakterien (bei Patienten mit unauffälligem Gesamt-IgG). Interpretation. Als adäquate Immunantwort wird nach Impfung der mindestens 3-fache Anstieg (wechselnde Literaturangaben) der spezifischen Immunglobuline gegen HiB-Vakzine angesehen. Diagnostische Wertigkeit. Die Antikörperbildung gegen Haemophilus influenzae(Hi) B gibt die Immunantwort auf kapsuläre Polysaccacharide wieder. Sie induzieren Opsonisierung und anschließende Phagozytose. Die Fähigkeit zur Antikörperbildung ist nach neueren Untersuchungen von einer Subpopulation CD21+ B-Lymphozyten in der Marginalzone der Milz abhängig, die erst ab dem 3. Lebensjahr in signifikanter Anzahl nachweisbar sind. Als Immunantwort auf an Protein gekoppelte HiB-Vakzine (in Deutschland 1990 eingeführt) werden analog der Tetanus-ToxoidAntikörper IgG1 gebildet, die eine Immunität gegen die Infektion gewährleisten. Patienten mit selektiver Immundefizienz in der IgG2Bildung reagieren adäquat auf die Antigene der Vakzine, zeigen jedoch eine defiziente Antwort auf die Infektion mit den bekapselten Bakterien.

Literatur. Schauer U et al (2003) Levels of Antibodies Specific to

Analytik. Indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indi-

Tetanus Toxoid, Haemophilus Influenzae Type B, and Pneumococcal Capsular Polysaccharide in Healthy Children and Adults. Clin Diagn Lab Immunol 10:202–207 Schur RH (1987) IgG Subclasses – A Review. Annals of Allergy 58:89–99

rekte), Enzymimmuntest, Neutralisationstest, Komplementbindungsreaktion, 7 Hämagglutinationshemmtest, Hämolyse-im-Gel-Test.

Impfantikörper gegen Pneumokokken-Polysaccharid

Untersuchungsmaterial/Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

Literatur. Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut/Stand: Juli 2009

H. Renz, B. Gierten

Molmasse. 7 Immunglobulin G-Subklassen

Impfantikörper gegen Haemophilus influenzae B

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Immunglobulin G-Sub-

H. Renz, B. Gierten

klassen

Struktur. 7 Immunglobulin-G-Subklassen

Halbwertszeit. 7 Immunglobulin G-Subklassen

Molmasse. 7 Immunglobulin-G-Subklassen

Funktion und Pathophysiologie. Polysaccharide der Kapsel von

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Immunglobulin-G-Sub-

Streptococcus pneumoniae induzieren die Produktion von IgG2.

klassen

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

I

716

Impfantikörper gegen Tetanus-Toxoid

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2.

Analytik. ELISA Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1.

Impfantikörper gegen Tetanus-Toxoid. Tab. 1. Referenzbereich Kinder

Impfantikörper gegen Pneumokokken-Polysaccharid. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene Anti-Pneumokokken-KapselPolysaccharid IgG (mg/L)

Anti-Pneumokokken-KapselPolysaccharid IgG2 (mg/L)

10,0–191,2

4,7–89,4

Alter (Jahre)

Anti-TetanusToxoid IgG (IU/ mL)

Anti-TetanusToxoid IgG (mg/L)

Anti-TetanusToxoid IgG1 (mg/L)

0,5–1

0,02–3,12

0,34–53,0

0,3–12,6,4

1–2

0,04–3,92

0,68–66,6

1,4–208,0

2–3

0,16–7,87

2,72–133,8

1,7–99,8

3–4

0,11–7,79

1,87–132,4

1,2–108,7

4–8

0,09–12,87

1,53–218,8

0,9–228,5

8–12

0,28–18,78

4,76–319,3

2,6–323,5

12–18

0,26–15,44

4,42–262,5

4,9–180,0

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2. Impfantikörper gegen Pneumokokken-Polysaccharid. Tab. 1. Referenzbereich Kinder Alter (Jahre)

Anti-PneumokokkenKapsel-Polysaccharid IgG (mg/L)

Anti-PneumokokkenKapsel-Polysaccharid IgG2 (mg/L)

0,5–1

0,9–93,0

0,5–117,3

1–2

0,9–29,2

0,5–87,0

2–3

1,4–110,4

1,2–142,8

3–4

0,8–262,1

1,2–113,4

4–8

9,2–225,9

0,8–122,4

8–12

11,0–320,8

1,2–107,1

12–18

8,7–502,6

1,9–69,2

Indikation. Rekurrierende Infektionen bei Patienten (mit unauffälligem Gesamt-IgG) Interpretation. Als adäquate Immunantwort nach Impfung mit Teta-

Indikation. Rekurrierende Infektionen mit bekapselten Bakterien (bei Patienten mit unauffälligem Gesamt-IgG). Interpretation. Als adäquate Immunantwort auf PneumokokkenAntigene wird der mindestens 3fache Anstieg (wechselnde Literaturangaben) nach Impfung gewertet.

Literatur. Schauer U et al (2003) Levels of Antibodies Specific to Tetanus Toxoid, Haemophilus Influenzae Type B, and Pneumococcal Capsular Polysaccharide in Healthy Children and Adults. Clin Diagn Lab Immunol 10:202–207 Schur RH (1987) IgG Subclasses – A Review. Annals of Allergy 58:89– 99

Impfantikörper gegen Tetanus-Toxoid H. Renz, B. Gierten

Molmasse. 7 Immunglobulin-G-Subklassen Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Immunglobulin G-Subklassen

nus-Toxoid wird ein 20-facher Anstieg (wechselnde Literaturangaben) der quantitativen Bestimmung spezifischer Antikörper gewertet. Patienten mit signifikantem IgG1-Mangel fallen häufig bereits bei der quantitativen Bestimmung des Gesamt-IgG auf, da IgG1 ca. 60–70 % des IgG ausmacht. Dennoch kann ein selektiver IgG1-Mangel der Diagnostik durch Gesamt-IgG entgehen. Die betreffenden Patienten werden vor und nach einer Impfung mit Tetanus-Toxoid selektiv auf Bildung spezifischer IgG1-Antikörper untersucht.

Diagnostische Wertigkeit. Durch quantitative Bestimmung spezifischer Antikörper gegen Tetanus-Toxoid werden Informationen über eine eventuelle Immunität des Patienten gegen Tetanus-Infektion erhoben. Zusätzliche Auskunft gibt der Test über die humorale Abwehr proteinhaltiger Antigene bei Patienten mit rekurrenten Infektionen, bei denen der Verdacht auf einen Immundefekt (zellulär oder humoral) besteht. Dabei kann eine Defizienz in der Immunantwort auf allen Ebenen auftreten. Bei Patienten mit Common variable Immunodeficiency liegt die Ursache der inadäquaten Immunantwort oft in insuffizienter T-Zell-Aktivierung und Antigenerkennung.

Literatur. Schauer U et al (2003) Levels of Antibodies Specific to Tetanus Toxoid, Haemophilus Influenzae Type B, and Pneumococcal Capsular Polysaccharide in Healthy Children and Adults. Clin Diagn Lab Immunol 10:202–207 Schur RH (1987) IgG Subclasses – A Review. Annals of Allergy 58:89–99

Implantation R. Weiskirchen

Halbwertszeit. 7 Immunglobulin G-Subklassen

Definition. Bezeichnung für eine Einpflanzung eines Organs, eines

Funktion und Pathophysiologie. Antikörper gegen Tetanus-Toxoid

Gewebes oder einer Zelle von einem in einen anderen Organismus.

als Protein-Antigen gehören überwiegend der Klasse IgG1 an.

i Der Begriff wird in der Medizin, z. B. für die Verpflanzung von

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

Haut oder Zähnen, Organen oder künstlich erstellten Organteilen, wie z. B. Herzklappen oder Blutgefäße, verwendet. In der Reproduktionsmedizin versteht man unter Implantation, die Einnistung des Embryos in die Gebärmutterschleimhaut des weiblichen Organismus nach natürlicher oder künstlicher Befruchtung.

Analytik. ELISA Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1. Impfantikörper gegen Tetanus-Toxoid. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene Anti-TetanusToxoid IgG (IU/mL)

Anti-TetanusToxoid IgG (mg/L)

Anti-Tetanus-Toxoid IgG1 (mg/L)

0,05–39,62

0,85–673,5

0,7–258,1

Impräzision 7 Unpräzision; 7 Messunsicherheit

IMS 7 Ionenmobilitätsspektrometrie

Indikation einer Laboruntersuchung

Index, insulinogener

717

direkter Antihumanglobulintest), führen klinisch aber nicht zu einem 7 Morbus haemolyticus neonatorum.

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Insulinom-Index Englischer Begriff. insulinogenic index Definition. Bezeichnet das für die Insulinomdiagnostik benutzte Verhältnis von Insulin- zu Glukosekonzentration im Serum. i Die Konstellation einer erhöhten 7 Insulinkonzentration bei pathologisch erniedrigter 7 Glukosekonzentration im Serum ist für das Insulinom (B-Zellen-Tumor) typisch. Berechnung:

          Normalwert: < 0,5 Endogener Hyperinsulinismus: > 0,5 Der korrigierte sogenannte Turner-Index berücksichtigt, dass bei adipösen Patienten in Folge einer mäßigen Insulinresistenz (metabolisches Syndrom) ein endogener Hyperinsulinismus vorliegen kann:  

Indikan A.M. Gressner

Synonym(e). Indoxylschwefelsäure Englischer Begriff. indican; uroxanthin Definition. Heute obsolete, früher zur Ileusdiagnostik eingesetzte Kenngröße, die im Rahmen der intestinalen bakteriellen Proteinzersetzung aus Tryptophan entsteht und im Urin ausgeschieden wird. i Indikan (Kaliumsalz der Indoxylschwefelsäure) entsteht vermehrt bei Ileus (Stenose, Peritonitis), chronischer Obstipation, Verdauungsinsuffizienz und intestinaler bakterieller Proteinzersetzung aus Tryptophan, das zunächst in Indol umgewandelt und zu Indoxyl oxidiert wird (7 Abb. 1). Nach Resorption erfolgt in der Leber Veresterung mit Schwefelsäure zu Indoxylsulfat (Indikan), das im Urin ausgeschieden wird (Indikanurie). Der qualitative Nachweis erfolgt mit dem 7 Obermayer-Test (Salzsäure-Eisenchlorid), was im frischen Urin Indikan zu intensiv blau-violettem Indigo oxidiert und in Chloroform löslich ist.

  !

  !

Normal: < 30 Adipositas: 30–100 Endogener Hyperinsulinismus: > 100 Die Bestimmung des insulinogenen Index erfolgt nach einer 12-stündigen Nahrungskarenz und sollte bei pathologischem Ausfall durch einen 7 Hungerversuch ergänzt werden.

Literatur. Nawroth PP, Ziegler R (Hrsg) (2001) Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Indikan. Abb. 1. Struktur von Tryptophanderivaten

Indian(IN)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). CD44, ISBT Collection 203 Englischer Begriff. Indian blood group system

Normalreaktion: leichte Rötung Indikanreaktion: intensiv blau-violette Verfärbung Ausscheidung im Normalurin in geringen Mengen, pathologische Indikanurie bei mechanischem oder paralytischem Ileus, habitueller Obstipation, Dyspepsie, exkretorischer Pankreasinsuffizienz. Indikannachweis heute nicht mehr im Einsatz.

Definition. Das Indian(IN)-Blutgruppensystem befindet sich auf einem 80-kDa-Typ-I-Membranglykoprotein, das als CD44-Antigen bekannt ist (auch „lymphocyte homing receptor“, „human hyaluronate receptor“).

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl., Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

i Das IN-Protein ist stark glykosyliert (N- und O-Glykan) und

7 Obermayer-Test

trägt eine potenzielle Chondroitinsulphat-Attachment-Site. Das InAntigen trägt drei intramolekulare Disulfidbrücken im extrazellulären Teil des Proteins, wodurch seine Sensitivität gegenüber DTT erklärbar ist. Es handelt sich um ein Adhäsionsmolekül, das an verschiedene Komponenten der extrazellulären Matrix bindet. Es ist in der Zell-ZellInteraktionen, Zelladhäsion und Zellmigration involviert. Das Glykoprotein ist ein Rezeptor für Hyaluronsäure und kann mit anderen Liganden wie Osteopontin, Kollagenen und Matrix-Metalloproteinasen interagieren. Verschiedene Isoformen wurden in unterschiedlichen Geweben nachgewiesen, wobei die 80-kDa-Form in hämopoetischen und lymphoiden Gewebe vorherrscht. Derzeit sind nur zwei 7 antithetische Antigen mit Ina (IN1, ISBT 023.001) und Inb (IN2, ISBT 023.002) beschrieben. Die Indian-Antigene sind sensibel gegenüber den Proteasen 7 Ficin, 7 Papain und 7 Bromelin. Antikörper gegen Indian-Antigene können zu einer verminderten Halbwertszeit der Erythrozyten führen, wobei moderate hämolytische Transfusionsreaktionen beschrieben sind. Anti-Indian Antikörper können zu einer Beladung neonataler Erythrozyten führen (positiver

Indikannachweis nach Obermayer Indikation einer Laboruntersuchung A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. test purpose Definition. Auswahl und Veranlassung der Bestimmung einer klinisch-chemischen bzw. labormedizinischen Kenngröße zum Zwecke von Diagnose, Verlaufskontrolle, Prognosebeurteilung und Prädispositionsdiagnostik. i Bei der Auswahl klinisch-chemischer 7 Kenngrößen zum Zwecke der Diagnostik sind Kenntnisse zu 7 Spezifität, diagnostische; 7 Sensitivität, diagnostische; 7 Vorhersagewert, negativer und 7 Vorhersagewert, positiver und zu Merkmalen der Präanalytik (7 Einflussgrößen, 7 Störgrößen) notwendig, um eine auf die klinische Fragestellung bezogene Validitätsbeurteilung zu ermöglichen. Die Auswahl durch den Arzt basiert auf dessen klinischen, pathobiochemischen und labormedizinischen Wissensstand und Erfahrungen, dem klinischen Zustand des Patienten, der klinischen Fragestellung für Diagnostik, Verlaufskontrolle, Prognosebeurteilung und Prädis-

I

718

Indikatorgen

positionsdiagnostik (z. B. Risikofaktoren) und auf den technischen, personellen und ökonomischen Bedingungen, die mit der Erstellung der klinisch-chemischen Kenngröße verbunden sind.

Literatur. Hindmarsh JT, Lyon AW (1996) Strategies to promote rational clinical chemistry test utilization. Clin Biochem 29:291–299 Casscells W, Schoenberger A, Graboys TB (1978) Interpretation by physicians of clinical laboratory results. N Engl J Med 299:999–1001

Indikatorgen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. reporter gene Definition. Ein Gen, das ein leicht nachweisbares Produkt (z. B. ein Enzym, das ein farbiges Substrat umsetzt) codiert i Wird bei einer In-vitro-DNA-Rekombination z. B. ein fremder Promotor vor dieses Strukturgen kloniert (7 Klonen), lässt sich im Zielorganismus die Regulierung dieses 7 Promotors anhand des leicht nachweisbaren Produkts verfolgen. Gängig sind z. B. β-Galaktosidase (lacZ-Gen), bei Pflanzen auch insbesondere GUS7 Gen (β-Glukuronidase) und seit einigen Jahren GFP („green fluorescent protein“).

Indirekter Antihumanglobulintest 7 Agglutinationstest

Indirekter Gentransfer 7 Gentransfer, indirekter

Indirekter Immunfluoreszenztest 7 Immunfluoreszenz, indirekte

Indirektes Bilirubin 7 Bilirubin

5 nach Aufnahme durch die Hepatozyten keine Konjugation und keine Metabolisierung vor Ausscheidung in die Galle 5 keine Interferenzen mit Medikamenten, Hämolyse, Bilirubin oder Hyperlipidämie 5 kein enterohepatischer Kreislauf Die schnelle Elimination hängt von der Leberdurchblutung ab und gestattet die Kalkulation des hepatischen Blutflusses, der mit Hilfe der ICG-Clearance berechnet werden kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Präanalytik. Patient sollte 12 h nüchtern sein und 30 min liegen vor ICG-Injektion Analytik. Absorptionsphotometrie bei 805 nm (nahe am Absorptionsmaximum von 772 nm). Referenzbereich — Erwachsene. Halbwertszeit < 3,5 min Indikation. Verlaufskontrolle der metabolischen und/oder exkretorischen Kapazität der Leber. Interpretation. Die klinische Aussage reduzierter ICG-Clearance

entspricht der des 7 Bromsulphthalein-Testes und weist auf eine reduzierte funktionelle Leberzellmasse im Rahmen schwerer akuter und chronischer Lebererkrankungen oder auf eine Verminderung der Leberdurchblutung hin.

Diagnostische Wertigkeit. Der Test erlaubt keine Differenzierung der zugrunde liegenden Erkrankung. Extrahepatische 7 Einflussgrößen wie Organdurchblutung, Farbstoffbindung an Serumproteine, Dosierung auf Körpergewicht schwächen die diagnostische Spezifität und Sensitivität des ansonsten klinisch nützlichen ICG-Testes. Gute Korrelation mit dem 7 Child-Turcotte-Pugh-Score der Leberzirrhose. Literatur. Brody DH, Leichter L (1979) Clearance Tests of Liver Function. Med Clin North America 63:621–630

Indometacin W.R. Külpmann, C. Vidal

Englischer Begriff. indometacin

Individualentwicklung 7 Ontogenese

Definition. Analgetikum aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (7 Abb. 1).

Indocyaningrün-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Farbstoffeliminationstest der Leber; ICG-Test Englischer Begriff. indocyanine green test Definition. Der ICG-Test ist ein heute nur noch sehr selten eingesetzter, nicht invasiver Leberfunktionstest bei dem die 7 Clearance des intravenös verabreichten cholotropen Farbstoffs ICG aus dem Blut spektrophotometrisch gemessen wird. Durchführung. Innerhalb von 10 s werden 0,5 mg (= 0,1 mL) ICG pro kg KG i.v. als Bolus injiziert und am kontralateralen Arm wird 3, 6 und 9 min später innerhalb von 30 s Blut aspiriert, um im Plasma/ Serum unverzüglich photometrisch bei 772 oder 805 nm die ICGKonzentration zu bestimmen. Alternativ kann die Farbstoffmessung fortlaufend und unblutig mittels dichromatischer Finger- oder Ohrdensitometrie und Angabe relativer Veränderungen der Farbstoffkonzentration erfolgen. Die Testdurchführung ist nicht standardisiert.

Funktion und Pathophysiologie. ICG ist ein anionischer, cholotroper Tricarboxycyaninfarbstoff, der nach i.v.-Injektion mit einer Verschwinderate aus dem Blut von 26 % (Elimination pro Minute in % der applizierten Dosis) bzw. einer Halbwertszeit von 2,7 ± 0,6 min ausschließlich von der Leber extrahiert wird und dabei die folgenden Merkmale einer idealen Testsubstanz aufweist: 5 keine Nebenwirkungen (selbst bei paravenöser Injektion)

Indometacin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 357,80 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Resorption von Indometacin erfolgt rasch und vollständig bei oraler sowie rektaler Gabe. Die Proteinbindung beträgt 90–93 %. Die Substanz wird sowohl renal als auch biliär eliminiert.

Halbwertszeit. 3–11 h (Plasma) Pathophysiologie. Indometacin wird vorwiegend bei rheumatischen Erkrankungen, zur Behandlung der episodischen und chronischen paroxysmalen Hemikranie, sowie beim akuten Gichtanfall einge-

Inductively coupled plasma

719

setzt. Eine Zunahme der Nebenwirkungen (Magen-Darm-Störungen, Kopfschmerz, Schwindel, psychische Veränderungen, Übelkeit) wird bei chronischer Gabe beschrieben und erfordert das Absetzen der Substanz.

man Flüssigkeiten und auch Feststoffe in Atome spalten und diese zur Emission anregen. Meist werden Flüssigkeiten untersucht, da man beim Einbringen von kleinen Feststoffpartikeln oft Probleme mit der Reproduzierbarkeit der Analysenergebnisse hat.

Untersuchungsmaterial. Serum (S), Plasma (P), Urin.

Instrumentierung. Ein Hochfrequenzgenerator induziert ein Hochfrequenzfeld (meist 27 oder 40 MHz) in der aus Kupfer bestehenden Induktionsspule. Da diese außen an den konzentrischen Quarzrohren des Plasmabrenners liegen, kann das Plasma nicht durch Elektroden kontaminiert werden. Als Plasmagas verwendet man normalerweise Argon, manchmal aber auch aus Kostengründen Stickstoff. Das Argon sendet als einatomiges Gas ein einfaches Emissionsspektrum aus und kann aufgrund der hohen Ionisierungsenergie von 15,76 eV fast alle Elemente ionisieren. Als Edelgas bildet es keine stabilen Verbindungen zwischen Argon und dem Analyten. Allerdings bilden sich im Plasma einige instabile Verbindungen mit Wasserstoff wie ArH und ArH+. Das eigentliche Plasma wird in der sogenannten Plasmafackel erzeugt. In das Plasma wird von innen eine Lösung gesprüht. Der Plasmabrenner besteht aus drei konzentrischen Quarzrohren, wovon das äußere dazu dient, das Plasma aufrecht zu erhalten. Das mittlere dient zum Beschleunigen des Plasmagases und das innere Rohr dient als Injektorrohr für die Probenlösung. Das emittierte Spektrum kann entweder in Richtung der Achse (axiale Beobachtung) oder rechtwinklig zur Achse (radiale Beobachtung) abgenommen werden. Bei der radialen Beobachtung ist die Nachweisgrenze etwa um den Faktor 5–10 niedriger als bei der axialen. Gute Spektrometer erlauben die Beobachtung in beiden Richtungen. Die Probenlösung wird durch eine peristaltische Pumpe in die Mitte des Brenners gebracht. Es ist auch möglich, Aufschlämmungen von Feststoffen in Form von Suspensionen in den Plasmabrenner zu bringen. Wenn man Feststoffe direkt analysieren will, kann man die Probe entweder durch Funken (bei elektrisch leitenden Proben) oder durch Verdampfen mit einem Laser in das Plasma bringen.

Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Diagnostische Wertigkeit. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,3– 3,0 mg/L; toxisch: > 5 mg/L; komatös-letal: > 100 mg/L.

Literatur. König H, Hallbach J (2009) Nonopioid analgesics and antirheumatics. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 189–214 Moffat AC, Osselton MD, Widdop B (eds) (2004) Clarke's Analysis of Drugs and Poisons. 3rd ed. Pharmaceutical Press, London – Chicago, p 1133–1135

Indophenolreaktion W.R. Külpmann

Definition. Nachweisverfahren für Paracetamol Bewertung. Paracetamol wird zu 4-Aminophenol hydrolysiert, das mit o-Kresol in ammoniakalischer Lösung einen blauen Indophenolfarbstoff bildet.

Literatur. Hallbach J (1995) Paracetamol In: Gibitz HJ, Schütz H (Hrsg) Einfache toxikologische Laboratoriumsuntersuchungen bei akuten Vergiftungen. VCH, Weinheim, S 190–196

Indoxylschwefelsäure 7 Indikan

Inductively coupled plasma J. Knecht

Synonym(e). ICP Englischer Begriff. inductively coupled plasma Definition. Englischsprachige Abkürzung für ein in der Emissionsspektrometrie und der Plasma-Massenspektrometrie verwendetes Verfahren, bei dem ein im Hochfrequenzfeld ionisiertes Gas (meist Argon) als Atomisierungs- und Anregungsmedium für die Probe dient (7 Abb. 1).

Physikalisch-chemisches Prinzip. Das Plasma ist ein Gemisch aus freien Elektronen, positiven Ionen und neutralen Teilchen eines Gases, welche sich durch ständige Wechselwirkung untereinander und mit Photonen in verschiedenen Energie- bzw. Anregungszuständen befinden. Der Plasmazustand wird auch als vierter Aggregatzustand bezeichnet. Die Methode des induktiv gekoppelten Plasmas beruht auf der Verwendung eines sehr heißen (~10000 K) Argonplasmas zur Aufspaltung der chemischen Verbindungen und der Anregung der optischen Emission der zu bestimmenden Elemente. Die Energieübertragung erfolgt dabei nach der Zündung durch einen Teslafunken durch das in den Kupferspulen anliegende Radiofrequenzfeld. Freie Elektronen werden nun durch das anliegende Feld beschleunigt und heizen durch Kollision mit den Atomrümpfen das Plasma auf. Bedingt durch die hohe Teilchendichte im Plasma erhitzen sich Plasma und Probenaerosol auf 6000–10.000 K. Am wichtigsten ist vor allem der Bereich mit einer Anregungstemperatur von ~6000 K. Einsatzgebiet. Das induktiv gekoppelte Plasma ist heute wohl eine

der wichtigsten Anregungsquellen in der 7 Atomspektrometrie. Man verwendet es für die Anregung von Aerosolen, um die Atome bei der ICP-AES zur Emission zu bringen oder um die Lösungen zu atomisieren bei der ICP-MS (7 Plasmamassenspektrometrie).

Untersuchungsmaterial. Mit dem induktiv gekoppelten Plasma kann

Inductively coupled plasma. Abb. 1. Aufbau eines ICP-Plasmabrenners

I

720

Induktive Statistik

Spezifität. Beim induktiv gekoppelten Plasma handelt es sich um eine Anregungsmethode. Die Spezifität kommt erst durch die mit dem ICP gekoppelten Bestimmungsmethoden wie beispielsweise der optischen Emissionsspektrometrie (OES) oder der 7 Massenspektrometrie (MS) zustande. Sensitivität. Die Sensitivität des induktiv gekoppelten Plasmas bezüglich der Atomisierung ist sehr hoch. Die Atomisierungsrate ist beispielsweise bei der Flammenanregung in der Atomemissionsspektrometrie wesentlich kleiner. Fehlermöglichkeit. Durch die hohe Plasmatemperatur ist die Atomisierungsrate nicht so stark von der chemischen Bindungsart der Atome abhängig wie bei der niedrigeren Temperatur einer heißen Flamme. Deshalb ist auch die Matrixempfindlichkeit des ICP geringer.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Wenn Lösungen der zu untersuchenden Substanzen vorliegen, kann man mit einem PC gesteuerten Spektrometer und einem Roboter die Analysen vollmechanisiert durchführen. Die Kosten sind bei einem induktiv gekoppelten Plasma durch den großen Argonverbrauch recht hoch. Wenn man das Plasma häufig betreibt, kann man die Verbrauchskosten durch den Anschluss an eine Flüssiggasanlage verringern. Im Vergleich zur Flammenemission sind die Kosten (auch ohne Gerätekosten) für ICP-Analysen hoch. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Beim ICP handelt es sich um eine universelle Atomisierungs- und Anregungsmethode für fast alle Flüssigkeiten und, wenn die Partikelgröße gering ist, auch für Feststoffe. Letztere müssen, bevor sie ins Plasma eingebracht werden, erst mit Hilfe von mechanischer Zerkleinerung in sehr kleine Teilchen übergeführt (bei sog. Slurries = Suspensionen) oder durch einen Laser verdampft werden. Literatur. Montaser A, Golightly DW (eds) (1987) Inductively Coupled Plasmas in Analytical Atomic Spectrometry. VCH, Weinheim Broekaert JAC (2002) Analytical Atomic Spectrometry with Flames and Plasmas. Wiley-VCH, Weinheim

Induktive Statistik 7 Statistik, induktive

Ineffektive Erythropoese 7 Erythropoese, ineffektive

kung wird mit den Begriffen latent, subklinisch, klinisch manifest, fulminant, remittierend oder letal beschrieben. Eine wesentliche Möglichkeit zum Schutz vor Infektionen bieten Schutzimpfungen (7 Impfantikörper) mit abgetöteten oder geschwächten (attenuierten) Erregern oder Virulenzfaktoren, z. B. Impfungen gegen Masern-, Mumps-, Röteln-, VZ-Virus, Bordetella pertussis, Diphtherie, Tetanus, Haemophilus influenzae, Hepatitis-BVirus, Humanes-Papilloma-Virus, Polio-Virus, Pneumokokken, Meningokokken oder Influenza-Virus.

Literatur. Robert-Koch-Institut Berlin (2009) Epidemiol. Bull., 30, 280 Forschungsprogramm Infektion und Immunität, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH, www.helmholtz–hzi.de

Infektionsstatus W. Stöcker

Englischer Begriff. Infectious state Definition. Der Infektionsstatus ist die Beschreibung des aktuellen infektiologischen Gesundheitszustands einer Person. Er wird durch eine medizinische Visitation der betroffenen Person ermittelt, unter Berücksichtigung anamnestischer Angaben und labordiagnostischer Befunde. Dazu gehören mikrobiologische, molekularbiologische oder serologische Verfahren. Überprüfungen des Infektionsstatus werden z. B. für arbeitsmedizinische Belange oder im Zusammenhang mit Aus- und Einreisen über Landesgrenzen durchgeführt. Besonders beachtet werden Tuberkulose, Poliomyelitis, infektiöse Hepatitis, Salmonellosen, Paratyphus, Ruhr, Diphtherie, Pertussis und aktuelle Influenza-Erkrankungen. Entsprechende amtliche Bescheinigungen werden als Gesundheitszeugnisse ausgestellt, die auch Nachweise fachgerecht durchgeführter Schutzimpfungen (Impfstatus) enthalten.

Infektstein 7 Struvit

Inferenzstatistik 7 Statistik, induktive

Influenza-Viren A, B und C W. Stöcker, C. Krüger

Infektion

Englischer Begriff. Influenza viruses A, B, and C

W. Stöcker

Beschreibung des Erregers. Familie: Orthomyxoviridae, besteht aus den Genera „Influenza-Virus A, B“ (Spezies „Influenza-A-Virus“ und „Influenza-B-Virus“), „Influenza-Virus-C“ und „Thogoto-ähnliche Viren“. Influenza-A-Viren kommen beim Menschen (Serotypen H1N1, H2N2 und H3N2), bei anderen Säugern und in großer Vielfalt bei Vögeln vor. Die Übertragung zwischen verschiedenen Spezies ist möglich und ist bedeutend für das Entstehen neuer Virusvarianten. Influenza-B- und -C-Viren treten nur beim Menschen auf. Influenza-Viren zeichnen sich durch eine große genetische Variabilität aus, die auf einer hohen Mutationsfrequenz und einem leichten Genaustausch beruht. Die daraus hervorgehende Antigenvariabilität ist eine Ursache für die charakteristische Epidemiologie der Influenza.

Englischer Begriff. infection Definition. Infektion bezeichnet das Eindringen krank machender Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten) in einen Wirtsorganismus, sowie deren Vermehrung. i Die dabei auftretenden Symptome, wie Fieber, Durchfall, Exan-

them usw. sind Kennzeichen der Infektionskrankheit. Treten keine sicht- oder messbaren Symptome auf, spricht man von einer inapparenten Infektion. Die Infektion löst eine Reaktion des wirtseigenen Immunsystems aus, dabei setzt der Organismus unspezifische Faktoren (Komplement, Phagozyten, Killerzellen), sowie zelluläre (Lymphozyten) und humorale Effektoren (Antikörper) zur Bekämpfung, Zerstörung oder Eindämmung der Erreger ein. Überwundene Infektionen führen häufig zu einer monate- bis jahrzehntelang andauernden Immunität gegen weitere Infektionen mit demselben Erregertyp. Eine erstmalige Infektion bei einer Schwangeren kann von ihr auf die Leibesfrucht übertragen werden (z. B. Röteln-, Cytomegalie-, Herpessimplex-Viren oder Toxoplasma gondii), was häufig massive Schäden oder den Tod des Fötus zur Folge hat. Je nach Eintrittsort des Erregers werden enterale, urogenitale, diaplazentare, perkutane oder Inhalationsinfektionen unterschieden. Eine Infektion kann foudroyant, akut, subakut, chronisch, rezidivierend oder latent verlaufen oder persistieren. Der Schweregrad der Erkran-

Erkrankungen. Influenza-Viren sind die Erreger der Grippe (Influenza). Die Krankheit tritt epidemisch auf, wobei sich die einzelnen Epidemien in ihrem Schweregrad deutlich voneinander unterscheiden. Die Influenza-Viren und die durch sie ausgelösten Erkrankungen sind weltweit verbreitet. Allerdings kommen im Gegensatz zu den anderen Virustypen (insbesondere A) Influenza-C-Viren nur sehr selten als Erreger der Virusgrippe vor, sie rufen eher Bronchopneumonien hervor. Jährlich sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 10–20 % der Weltbevölkerung betroffen. Influenza-Viren dringen über die Schleimhaut der Atemwege, des Munds und der Augen in den Körper ein. Sie erreichen diese Ein-

Infrarot-Spektrometrie

trittsorte durch Tröpfchen-, Kontakt- oder Schmierinfektion, durch Kotpartikel erkrankter Wirte und Vektoren oder durch Viren auf Hautschuppen, Haaren, Gefieder und Staub. Symptome treten nach einer Inkubationszeit von 1–5 Tagen auf, jedoch können die Viren bereits 2 Tage vor Auftreten der ersten Symptome auf andere Menschen übertragen werden. Da die Krankheitszeichen – Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, Husten, Übelkeit – relativ unspezifisch sind, kann Influenza mit vielen anderen akuten Atemwegserkrankungen verwechselt werden. Charakteristisch ist allenfalls die schnelle Ausprägung des Vollbilds der Erkrankung. In der Regel dauern die Symptome 1–2 Wochen an. Es können aber auch Symptome wie Tracheitis, Bronchitis, Pneumonie und Komplikationen wie Myokarditis, Meningitis, Enzephalitis sowie bakterielle Superinfektionen auftreten. In ihrer schwersten Verlaufsform führt eine Influenza bei Vorerkrankten, Immungeschwächten oder Jugendlichen zu einer primären Lungenentzündung und zum Tod. Die saisonale Influenza gehört zu den Infektionskrankheiten mit der höchsten Sterblichkeit. Im Winter 2002/2003 wurden in Deutschland 5 Millionen Erkrankungen mit 16.000 bis 20.000 Todesfällen registriert. In den meisten Fällen starben diese Menschen aber nicht unmittelbar am Influenza-Virus, sondern an einer bakteriellen Superinfektion. Weltweite Ausbrüche gab es im Jahr 1889 (Subtyp A/H2N2), 1918 (Spanische Grippe, Subtyp A/ H1N1), 1957 (Asiatische Grippe, Subtyp A/H2N2), 1968 (HongkongGrippe, Subtyp A/H3N2) und 1977 (Russische Grippe, Subtyp A/ H1N1). Grundsätzlich ist eine Impfung gegen die Influenza beim Menschen möglich, und sie gilt als die wirksamste vorbeugende Maßnahme. Allerdings sind Influenza-A-Viren enorm wandlungsfähig, weshalb in der Regel eine jährliche Immunisierung mit einem aktuellen Impfstamm nötig ist. Zur Behandlung einer Infektion mit Influenza-Viren stehen spezifische, antivirale Medikamente zur Verfügung. Diese können bei rechtzeitiger Einnahme die Erkrankung abkürzen und lebensgefährliche Komplikationen bei gefährdeten Patientengruppen eindämmen. Virostatika sollten wegen der möglichen Resistenzentwicklung nur in Ausnahmefällen verabreicht werden. Neben der spezifischen Therapie einer Influenza werden die Beschwerden der Patienten meist nur symptomatisch behandelt.

Analytik. Kultur: Influenza-Viren werden in den ersten Tagen nach Krankheitsbeginn aus Nasen-, Rachen- und Bronchialsekret isoliert. Zur Anzucht dienen Hühnereier oder Hundenierenzellen (MDCKZellen). Die Identifizierung des Isolats erfolgt mittels Hämadsorptionshemmtest (HADH), direkter Immunfluoreszenz (DIFT) oder ELISA. Direktnachweis: Darstellung der Antigene in infizierten Zellen aus Nasen- und Rachensekret durch direkte Immunfluoreszenz. Der Schnelltest liefert ein Resultat innerhalb von 30 min. Influenza-Viren können auch mittels Reverse-Transkriptase-PCR identifiziert werden. Serologie: Serum-Antikörper werden mit ELISA, indirekter Immunfluoreszenz, Komplementbindungsreaktion, Hämagglutinationshemmtest, Neutralisationstest oder Komplementfixierung bestimmt.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Nasenrachen-Absaugsekret, Rachenspülwasser, Rachenabstriche und andere menschliche Proben (PCR). Die Proben sollten gekühlt transportiert und innerhalb von 6 h (PCR) und 24 h (Kultur, direkte Immunfluoreszenz) analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma sind für den Nachweis der Antikörper bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Durch Anzüchtung und Typisierung isolierter Viren lässt sich überprüfen, welche Influenza-Viren (Influenza A oder B, Serotypen) zu der Erkrankung geführt haben. Da die meisten Menschen während ihres Lebens mehrmals mit InfluenzaViren infiziert werden, ist der Nachweis spezifischer Antikörper kein Beweis für das Vorliegen einer frischen Infektion. Eine retrospektive serologische Diagnose ist durch einen signifikanten (vierfachen) Titeranstieg innerhalb 1–3 Wochen möglich. Das Haupteinsatzgebiet für Antikörpermessungen sind Impftiter-Kontrollen im Rahmen klinischer Prüfungen.

721

Literatur. Murphy BR, Webster RG (1996) Orthomyxoviruses. In: Fields Virology, Lippincott-Raven, 3. Aufl., 1397–1445 Wilks D, Farrington M, Rubenstein D (Hrsg) (2003) The infectious disease manual. Blackwell, 2. Aufl., 344–245

Informationszentren für Vergiftungsfälle 7 Vergiftungszentralen in Deutschland

Infrarot-Absorptionsspektrometrie/-spektroskopie 7 Infrarot-Spektrometrie

Infrarotlicht, nahes 7 Infrarot-Spektrometrie

Infrarot-Spektrometrie T. Arndt

Synonym(e). Infrarot-Spektroskopie; IR-Spektrometrie; IR-Spektroskopie; Infrarot-Absorptionsspektrometrie, -spektroskopie; IR-Absorptionsspektrometrie, -spektroskopie Englischer Begriff. infrared spectrometry; infrared spectroscopy; IR spectrometry; IR spectroscopy; infrared absorption spectrometry; infrared absorption spectroscopy; IR absorption spectrometry; IR absorption spectroscopy

Definition. Eine Form der Absorptionsspektrometrie, die Absorptionserscheinungen im Infrarot-Wellenlängenbereich zur Strukturaufklärung von Molekülen sowie zur qualitativen und quantitativen Analyse nutzt.

Physikalisch-chemisches Prinzip. In einem Molekül schwingen die Atome um ihre Ruhelage. Die Kombination der einzelnen Atomschwingungen führt zu Molekülschwingungen, deren Frequenz u. a. von der Atommasse, der Bindungsstärke zwischen den Atomen und deren Anordnung im Molekül abhängt. Schwingungen im Grundzustand bezeichnet man als Grundschwingungen, jene im angeregten Zustand als Oberschwingungen. Es gibt Deformationsschwingungen (Änderung der Bindungswinkel, nicht aber der Atomabstände) und Valenzschwingungen (Änderung der Atomabstände, deshalb auch Streckschwingungen genannt) und Rotationsschwingungen.

Infrarot-Spektrometrie. Abb. 1. (CH3)2CHOH. Aus: Latscha (2004)

IR-Spektrum

von

2-Propanol,

Infrarot-Spektrometrie. Abb. 2. Schema eines konventionellen InfrarotSpektralphotometers. Aus: Latscha (2004)

I

722

Infrarot-Spektroskopie

Ändert sich das Dipolmoment der Bindung während der Eigenschwingung (sog. IR-aktive Schwingungen) kann diese zusätzlich durch infrarotes Licht angeregt werden. Sind die Frequenzen der Eigenschwingung und jene des eingestrahlten infraroten Lichtes gleich (in Resonanz), kann der Dipol Energie aufnehmen (absorbieren), was zu einer Schwächung des IR-Lichts (Absorption) führt. Bestimmte Molekülgruppen absorbieren in charakteristischen IRWellenlängenbereichen (Gruppenfrequenzen). Zeichnet man die IRAbsorption einer Probe in Abhängigkeit von der Wellenlänge des eingestrahlten IR-Lichts auf, erhält man ein IR-Spektrum. Das Vorliegen von charakteristischen Gruppenfrequenzen und deren Intensität lässt Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Molekülgruppen und deren Anteil am Molekül zu. Dabei sind Absorptionsspektren im Frequenzbereich von 1250–600 cm-1 für organische Moleküle so charakteristisch, dass dieser Bereich für den Identitätsnachweis herangezogen werden kann (sog. Fingerprint-Gebiet). Kombiniert man die qualitativen (Gruppenfrequenzen) und quantitativen (Absorptionsintensität) Informationen des IR-Spektrums und/oder vergleicht man das Proben-IR-Spektrum mit IR-Spektren von Referenzsubstanzen (Spektrenbibliothek), lässt sich die Identität der Analyte und unter Hinzuziehung geeigneter Kalibrationsfunktionen deren Konzentration in der Probe bestimmen (Details s. Lehrbücher der Physik und Chemie).

auch der quantitativen Analyse. Die o.g. Störungen durch Wasser, als wesentlicher Bestandteil biologischer Proben, sind der größte Hinderungsgrund für einen breiten Einsatz der IR-Spektrometrie im klinisch-chemischen Labor. Sie hat deshalb im klinisch-chemischen und toxikologischen Routinelabor eine untergeordnete Bedeutung.

Einsatzgebiet. Die IR-Spektrometrie wird im klinisch-chemischen

mere), der α- und der β-Kette und gehört zur TGF-β-Gruppe der Zytokine. Von der β-Kette existieren 2 Typen: A und B. 5 Inhibin A: β-A-Kette 5 Inhibin B: β-B-Kette

Labor für Spezialuntersuchungen wie die Harn-, Nieren- und Gallensteinanalyse, den 13C-Atemtest zum Nachweis einer Helicobacterpylori-Besiedlung des Magens und zur Bestimmung der Fettausscheidung im Stuhl mit NIR-Spektrometrie (NIR = nahes Infrarotlicht) eingesetzt.

Untersuchungsmaterial. Gase (Atemluft), Flüssigkeiten (Blut und seine Präparationen), Urin sowie Feststoffe (Stuhl, Pulver).

Instrumentierung. IR-Spektrometrie wird mit einem IR-Spektrometer durchgeführt. Die Proben werden in IR-durchlässigen Beuteln (Gase), Küvetten (oft NaCL-Einkristalle mit Schichtdicken von 0,02–2,0 mm, nicht für NaCL-lösende Stoffe geeignet, Lösungsmittel deshalb gewöhnlich Schwefelkohlenstoff oder Tetrachlorkohlenstoff) oder in KCl- oder KBr-Presslingen („KBr-Tabletten“) vermessen. Gewöhnlich werden Zweistrahl-IR-Spektrometer eingesetzt. Als IRQuelle dient ein Temperaturstrahler (z. B. aus Keramik [(7 NernstStift) oder Silicium-Carbid (7 Globar)]. Der IR-Strahl wird in einen Messstrahl (passiert die Küvette mit Probe) und einen Hilfsstrahl zur Untergrundkompensation (passiert eine Küvette ohne Probe) geteilt. Das Verhältnis der Intensitäten des Messstrahls und des ungeschwächten Kompensationsstrahls wird von einem IR-sensitiven Detektor (z. B. Thermoelement) in Abhängigkeit von der Wellenzahl (1/λ zumeist in cm-1) und damit direkt proportional zur Energie der Schwingung in Form eines IR-Spektrums aufgezeichnet. Die Quantifizierung beruht auf dem 7 Lambert-Beer-Gesetz.

Spezifität. Die Spezifität der Methode ist hoch, weshalb sie u. a. zu forensischen Untersuchungen eingesetzt wird.

Sensitivität. Die Sensitivität ist stark Analyt- und Matrix-abhängig. Fehlermöglichkeit. Fehler bei der Untersuchung von Feststoffen sind u. a. die inhomogene Verteilung der Probe im KBr-Pressling und/oder ein zu locker geformter Pressling. Verunreinigungen mit Wasser führen zu starken Absorptionen im OH-Valenzschwingsbereich (3700– 3100 cm-1) und können damit zu Fehlzuordnungen zu OH-Gruppen von Alkoholen, Säuren etc. führen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Durchführung und insbesondere Auswertung IR-spektrometrischer Analysen erfordert Erfahrungen. Sie ist deshalb gewöhnlich Speziallaboratorien vorbehalten. Allerdings sind für die in hoher Anzahl anfallende 13C-Atemtest-Analyse inzwischen weitgehend mechanisierte IR-Spektrometer mit automatischer Analysenberichtserstellung verfügbar.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die IR-Spektrometrie und ihre Sonderformen wie NIR-Spektrometrie oder Fourier-Transformations-IR-Spektrometrie sind leistungsfähige Methoden der Strukturaufklärung sowie der qualitativen, für Spezialanwendungen

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie – Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Infrarot-Spektroskopie 7 Infrarot-Spektrometrie

Infusionen als Störgrößen 7 Störgrößen

Inhibin W. Hubl

Englischer Begriff. inhibin Definition. Inhibin ist ein Glykoprotein mit 2 Untereinheiten (Di-

Inhibin A wird in den Granulosazellen der Frau sowie in der fetoplazentaren Einheit während der Schwangerschaft gebildet. Inhibin B wird sowohl in den Sertolizellen des Mannes als auch in den Granulosazellen der Frau produziert. Es inhibiert und reguliert die FSHKonzentration der Hypophyse. i Inhibin wurde im Jahr 1931 durch McCullagh entdeckt. Es existie-

ren 2 Inhibintypen, die vorwiegend in den Gonaden produziert werden: Inhibin A in den Granulosazellen der Frau und Inhibin B sowohl in den Granulosazellen als auch in den Sertolizellen des Mannes. Die Hauptfunktion von Inhibin besteht in der Hemmung der hypophysären Freisetzung von FSH. Zum Zeitpunkt der Geschlechtsdifferenzierung bewirkt Inhibin die Rückbildung der MÜLLER-Gänge (Anti-MÜLLER-Hormon). Inhibin A Analytik: Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay (ELISA) (7 Enzymimmunoassay) Referenzbereich: 90–327 ng/L (nur bei Frauen relevant). Inhibin-A-Bestimmungen stellen einen Indikator der GranulosazellFunktion des Ovars dar. Parallel zu der abfallenden Follikelzahl im Verlauf des Lebens werden absinkende Inibin-A-Konzentrationen gemessen. Die Inhibin-A-Konzentrationen unterliegen dem Menstruationszyklus. Es werden ansteigende Werte zu Beginn des Zyklus mit einem Maximum zum Ovulationszeitpunkt beobachtet. Danach fallen die Inhibin-A-Werte 1–2 Tage nach der Ovulation ab und steigen erneut 3–6 Tage nach der Ovulation an, um schließlich bis zum Ende des Menstruationszyklus stetig abzufallen. Inhibin A unterstützt die FSH-Suppression in der Lutealphase des Menstruationszyklus. Andererseits begrenzt Inhibin A die FSH-Stimulation am Ende bzw. zu Beginn eines neuen Menstruationszyklus, die durch abfallende Estradiol- und Progesteronkonzentrationen bewirkt wird. In der Schwangerschaft wird Inhibin A in der Plazenta synthetisiert und ist in die Regulation der Embryogenese eingeschlossen. Bei fetalen Fehlentwicklungen, wie z. B. einem Down-Syndrom, werden im Serum der Mutter erhöhte Inhibin-A-Werte beobachtet. Aus diesem Grund wird die Inhibin-A-Bestimmung neben AFP, βHCG und Estriol als Quadruple Test im Screening auf Down-Syndrom im 2. Trimester der Schwangerschaft eingesetzt. Allerdings wird die diagnostische Sensitivität durch Inhibin A nicht wesentlich erhöht, sodass die anderen 3 Parameter im sogenannten Triple-Test am häufigsten angewandt werden.

Inosin

Weitere Indikationen der Inhibin-A-Bestimmung: Ovarialtumoren (Tumormasse), Granulosazell-Adenokarzinome Inhibin B Analytik: 7 Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay (ELISA) (WHO Standard 91/624) Referenzbereiche: Frauen: prämenopausal: 10–220 ng/L (abhängig von Menstruationszyklus mit einem Maximum zur Ovulation) postmenopausal: < 10 ng/L Männer: 100–480 ng/L Inhibin B wird sowohl in den Sertolizellen des Mannes als auch in den Granulosazellen der Frau gebildet. Es gilt als Indikator einer gestörten Sertolizell-Funktion bzw. der Spermatogenese. Es unterliegt einer ausgeprägten Tagesrhythmik mit einem Maximum in den frühen Morgenstunden und einem Minimum am Nachmittag. Die Inhibin-B-Konzentration im Serum des Mannes weist eine inverse Korrelation zum FSH auf. Es handelt sich dabei jedoch um keine unabhängigen Faktoren mit unterschiedlicher klinischer Relevanz, sodass die Bestimmung von Inhibin B neben FSH nicht immer zu zusätzlichen Informationen führt. Die Inhibin-B-Bestimmung wird angewandt im Rahmen der Differenzialdiagnose der Azoospermie. Es korreliert signifikant mit der Samenzellzahl, sodass erniedrigte Inhibin-B-Konzentrationen auf eine Azoospermie als Folge einer gestörten Keimzell-Produktion (Spermiogenese) hindeuten und normale Konzentrationen an eine Obstruktion der Samenwege denken lassen. Bei dieser Fragestellung scheint Inhibin B eine höhere diagnostische Relevanz als FSH zu besitzen. Indikationen mit erniedrigten Inhibin-B-Werten: Kallman-Syndrom, Klinefelter-Syndrom, Bilaterale Orchidektomie.

Literatur. Krause W, Bohring C (2002) Inhibin B als Maker der Spermiogenese. Eine neue Dimension in der Andrologie. Hautarzt 53:5– 10 Dighe AS, Hayes FJ, Khosravi J et al (2004) Comparison of Inhibin A Immunoassays: Recommendation for Adoption of Standardized Reporting. Clin Chem 50:767–769

Initiationscodon 7 Start-Codon

Initiationsfaktor

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Inkomplette Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym. IgG-Antikörper Englischer Begriff. IgG antibodies Definition. Bezeichnung in der Transfusionsmedizin für Antikörper der IgG-Klasse, die ohne Zusatz von Anti-Humanglobulin nicht in der Lage sind, im Kochsalzmilieu Erythrozyten, die die entsprechenden Antigene tragen, zu agglutinieren. i Aufgrund ihres Verhaltens bei labortechnischen Nachweisme-

thoden werden in Transfusionsmedizin und Immunhämatologie komplette und inkomplette Antikörper unterschieden. Inkomplette Antikörper sind stets Antikörper der IgG-Klasse und können beim Antikörpernachweis im Labor im Kochsalzmilieu Erythrozyten, die die korrespondierenden Antigene auf der Zelloberfläche tragen, nicht direkt, sondern nur nach Zusatz eines Sekundärantikörpers (AntiHumanglobulin) agglutinieren. 7 Komplette Antikörper hingegen gehören immer der IgM-Klasse an und können direkt die Erythrozyten agglutinieren. Diese unterschiedlichen Eigenschaften von Antikörpern, deren Einteilung in komplette und inkomplette Antikörper rein aufgrund ihres labortechnischen Verhaltens erfolgt, beruht auf den Größenunterschieden von IgM- und IgG-Antikörpern und dem 7 Zetapotenzial der Erythrozyten. Das Zetapotenzial ist eine erythrozytenspezifische Eigenschaft, die dazu führt, dass sich Erythrozyten gegenseitig abstoßen und in physiologischem Milieu einen Abstand zueinander von bis zu 300 Å einhalten. Dieser Abstand kann direkt nur von Antikörpern der IgM-Klasse, die ein Molekulargewicht von ungefähr 900 kDa aufweisen, überbrückt werden und somit eine Agglutination der Erythrozyten im Reagenzglas herbeigeführt werden. IgG-Antikörper sind aufgrund ihres geringeren Molekulargewichtes von ungefähr 160 kDa nicht in der Lage, direkt den Abstand von zwei Erythrozyten zu überbrücken und somit ohne Zusatz eines vernetzenden Sekundärantikörpers (Anti-Humanglobulin) eine Agglutination zu induzieren. Wichtig ist, dass die Unterscheidung von kompletten und inkompletten Antikörpern lediglich aufgrund ihres Verhaltens bei Nachweismethoden im Labor erfolgt und für die Antikörperwirkung in vivo, welche nur über die Antigen-Antikörperwechselwirkung bestimmt wird, ohne Bedeutung ist.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München

Inkretin 7 Gastrointestinales Peptid

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. initiation factor Definition. Bezeichnung für Proteine, die für die Startreaktion der

Biosynthese der Proteine (bei der 7 Translation), der RNA (bei der 7 Transkription) oder DNA (bei der 7 Replikation) von Bedeutung sind

Innergenische Segmentmutation 7 Segmentmutation

Innerklassen-Korrelation 7 Korrelationskoeffizient, Intraklass-

Inkompatibilität

Inosin

R. Weiskirchen

H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. incompatibility

Englischer Begriff. inosine

Definition. In der Medizin versteht man unter Inkompatibilität (lat.: compati = mitleiden, sympathisieren) die Unverträglichkeit gegenüber pharmazeutischen Präparaten. In der Biologie versteht man unter Inkompatibilität die Unverträglichkeit zweier Organismen, aufgrund welcher trotz funktionsfähiger Geschlechtszellen keine Nachkommen erzeugt werden können, z. B. zwischen verschiedenen Arten. In der 7 Gentechnologie sind zwei Vektoren, die inkompatibel sind, nicht in ein- und demselben Wirtsbakterium nebeneinander zu propagieren, da sie einen ähnlichen Replikationsmodus besitzen. Wenn sich zwei solcher 7 Plasmide in derselben Zelle befinden, schaltet deshalb eines das andere aus.

Definition. Inosin ist ein wichtiger Metabolit des Purinstoffwechsels, der über Hypoxanthin und Xanthin zu Harnsäure abgebaut wird. i Inosin (Molmasse 268,23 g; Summenformel C10H12N4O5) wird

durch die Purinnukleosid-phosphorylase (PNP, EC 2.4.2.1) zu 7 Hypoxanthin, und durch die Xanthinoxidase weiter zu 7 Xanthin und 7 Harnsäure abgebaut. Darüber hinaus werden durch die PNP auch Guanosin und Xanthosin zu den entsprechenden Basen abgebaut. Bei dem autosomal rezessiv vererbten PNP-Defekt kommt es zu einem schweren T-Zell-Immundefekt und zu einem komplexen neurologischen Krankheitsbild mit Entwicklungsverzögerung, Ataxia und Spastizität. Die Ursache des T-Zell-Defekts liegt vor allem in der Un-

I

724

INR

fähigkeit aktivierter T-Zellen Desoxyguanosin abzubauen und dessen Umwandlung zu dGTP. Die exzessiv erhöhten dGTP-Spiegel führen in den T-Zellen zu einer allosterischen Inhibition der Ribonukleotidreduktase, zu einem Missverhältnis der für die DNA- und RNASynthese verfügbaren Desoxynukleotide und damit letztlich zu einer Inhibition der DNA-Synthese und Zellproliferation. Der PNP-Enzymdefekt führt zu erhöhten Plasmakonzentrationen von Inosin und Guanosin und einer erhöhten Ausscheidung von Inosin, Guanosin, Desoxyinosin und Desoxyguanosin in den Urin. Die Bestimmung der Inosin- und Guanosinkonzentration kann mit HPLC- und GC-MS-Methoden erfolgen. Der Nachweis des PNP-Enzymdefekts erfolgt mit Hilfe molekularbiologischer Methoden.

Literatur. Chantin C, Bonin B, Boulieu R et al (1996) Liquid-chromatographic study of purine metabolism abnormalities in purine nucleoside phosphorylase deficiency. Clin Chem 42:326–328

INR 7 International Normalized Ratio

Insektizide, chlorierte Kohlenwasserstoffe 7 Kohlenwasserstoffe, chlorierte, insektizide

Inselzell-Amyloidpeptid 7 Amylin

Untersuchungsmaterial.

Gewebeschnitte, Metaphase-Chromoso-

men

Spezifität. Die Spezifität wird durch die verwendete Gensonde und die Bedingungen bei der Hybridisierung festgelegt.

Sensitivität. Die Methode erlaubt z. B. den Nachweis von Einzelkopien von Genen oder integrierten Viren in menschlichen Chromosomen. Ebenso kann mit dieser Methodik die schwache Expression in einem Gewebe nachgewiesen werden.

Fehlermöglichkeit. 7 Hybridisierung Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Diese Verfahrenstechnik ist aufwendig. Insbesondere der Nachweis von RNA erfordert besondere Arbeitstechniken, die eine Degradation der RNA durch endogene oder exogene RNAsen ausschließen.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die In-situ-Hybridisierung sollte nur in speziellen Labors mit ausreichender Routine in dieser Technik durchgeführt werden. In der experimentellen Molekularund Zellbiologie stellt diese Methode ein wichtiges Hilfsmittel zur Beantwortung vieler Fragestellungen dar.

INSTAND e.V. A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien

Inselzell-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Pankreasinseln

Insertion R. Weiskirchen

Synonym(e). Integration Englischer Begriff. integration Definition. Ein 7 Rekombinationsvorgang, der dazu führt, dass ein kleines 7 DNA-Molekül in ein größeres eingesetzt und physikalisch Teil desselben wird.

i Auf diese Weise wird z. B. das 7 Genom eines Retrovirus in ein

Wirtsgenom inkorporiert.

In situ R. Weiskirchen

Definition. In natürlicher Lage (lat.: situs = Lage, Ort), an Ort und Stelle.

In-situ-Hybridisierung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. in situ hybridisation Definition. Verfahrenstechnik, bei der eine einzelsträngige DNA-

oder RNA-Probe dazu verwendet wird, ein 7 Gen oder eine mRNASpezies in einer Zelle oder einem Gewebe zu lokalisieren

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei der In-situ-Hybridisierung wird mit Hilfe einer radioaktiv oder andersartig markierten RNAoder DNA-7 Sonde eine molekulare Hybridisierung mit der in den 7 Chromosomen oder Geweben befindlichen 7 Nukleinsäuren durchgeführt. Die spezifische Hybridisierung kann durch mikroskopische Verfahren nachgewiesen werden. Einsatzgebiet. Die Methode erlaubt z. B. den Nachweis spezifischer Gensequenzen auf Metaphase-Präparationen (7 Fluoreszenz-insitu-Hybridisierung) oder zur Überprüfung, ob ein spezifisches Gen in einem Gewebe exprimiert wird. In der medizinischen Diagnostik wird die In-situ-Hybridisierung zum Nachweis von Virusinfektionen eingesetzt.

Definition. INSTAND ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die die Normung (Standardisierung) medizinischer Bezeichnungen, Methoden und Auswertungen betreibt und als eine von der 7 Bundesärztekammer beauftragte Referenzinstitution 7 Ringversuche zur externen Qualitätssicherung für alle Bereiche der Laboratoriumsmedizin durchführt. i INSTAND ist im Jahr 1966 aus der bereits 1936 gegründeten

Hämometerprüfstelle der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) hervorgegangen. Es ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, die aus dem Zusammenschluss von etwa 300 Wissenschaftlern, wissenschaftlichen Gesellschaften, Diagnostika- und Diagnostikageräteherstellern sowie anderen natürlichen und juristischen Personen, die im oder für das medizinische Laboratorium arbeiten, besteht. Die wesentlichen Aktivitäten von Instand sind: 5 Normung (Standardisierung) medizinischer Bezeichnungen, Methoden und Auswertungen zwecks einwandfreier Verständigung unter Ärzten bei Vorsorge, Früherkennung, Diagnostik und Therapieüberwachung 5 als eine von der Bundesärztekammer beauftragte Referenzinstitution betreibt INSTAND eigene Referenzlaboratorien und führt seit 1968 Ringversuche zur externen Qualitätssicherung in allen Bereichen der Laboratoriumsmedizin durch (gegenwärtig über 65 verschiedene Ringversuche) 5 wissenschaftliche Bearbeitung von Referenzmethodenwerten, wobei gaschromatographische und massenspektrometrische Methoden vorzugsweise eingesetzt werden 5 Veranstaltung wissenschaftlicher Tagungen und Herausgabe wissenschaftlicher Publikationen. Die genannten Aktivitäten werden in Kooperation mit verschiedenen nationalen und internationalen Institutionen und Vereinigungen durchgeführt. Organe von INSTAND sind neben Vorstand und Mitgliederversammlung ein wissenschaftlicher Beirat und ein von der Bundesärztekammer benannter Ringversuchsleiter. Adresse der Geschäftsstelle: Institut für Standardisierung und Dokumentation im Medizinischen Laboratorium e.V. INSTAND e.V. Ubierstr. 20 40223 Düsseldorf Tel.: 0211-1592 130 Fax 0211-1592 1330 E-mail: [email protected]

Insulin-Hypoglykämie-Test

Literatur. www.instand-ev.de

Institut für Standardisierung und Dokumentation im Medizinischen Laboratorium e.V. 7 INSTAND e.V.

725

Reihe proprietärer immunometrischer Testformate sind kommerziell verfügbar. Praktisch alle Assays haben relevante Kreuzreaktivitäten mit Insulinvorstufen.

Konventionelle Einheit. mU/L Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Der Umrechnungsfaktor ist abhängig von der Standardisierung des Assays und damit vom Hersteller. Meist entspricht 1 mU etwa 6–7,5 pmol.

Insulin K.J. Lackner, D. Peetz

Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels

Referenzbereich — Erwachsene. Normwerte sind testabhängig, da unterschiedliche Kreuzreaktivitäten mit einzelnen Vorstufen des Insulins bestehen. Nüchtern: < 5–10 mU/L

Struktur. Heterodimer aus A- (21 Aminosäuren) und B-Kette

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Englischer Begriff. insulin Definition. Zentraler Regulator des plasmatischen und zellulären

(30 Aminosäuren), die über zwei Disulfidbrücken verknüpft sind.

Molmasse. 5808 Da Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Insulin wird als 110 Aminosäuren langes Präproprotein in den pankreatischen β-Zellen synthetisiert. Die 24 Aminosäuren Leadersequenz wird cotranslational abgespalten. Proinsulin (86 Aminosäuren) wird in den sekretorischen Granula proteolytisch zu Insulin prozessiert (7 Abb. 1). Daran sind die Carboxypeptidase H sowie die Prohormonkonvertasen 2 und 3 beteiligt. Aminosäuren 1–30 des Proinsulins entsprechen der B-Kette des reifen Insulins, Aminosäuren 66–86 der A-Kette. Aminosäuren 33–63 bilden das C-Peptid. Nach der Sekretion in die Pfortaderzirkulation wird etwa die Hälfte des Insulins in der Leber direkt abgefangen. Der Rest wird überwiegend in der Niere abgebaut. Wegen des fehlenden First-pass-Effekts erreichen Proinsulin und die anderen Insulinvorstufen zusammen ~20–25 % der Insulinkonzentration.

Indikation. Indikation ist meist die Abklärung von Hypoglykämien. Bei der Diagnostik des Diabetes ist Insulin in aller Regel nur für Studienzwecke und wissenschaftliche Fragestellungen von Interesse. Daneben kann die Insulinbestimmung für die Einschätzung der residualen β-Zellfunktion von Interesse sein. Interpretation. Für die angegebenen Indikationen sind meist Funktionsteste erforderlich, deren Interpretation dort (7 Hungerversuch, intravenöser 7 Glukosetoleranztest) beschrieben ist. Insulinantikörper, die z. B. beim Typ-I-Diabetes auftreten, stören die Analytik und sollten durch Fällung mit Polyethylenglykol entfernt werden. Kreuzreaktivitäten mit 7 Proinsulin und anderen Insulinvorstufen sind zu berücksichtigen.

Diagnostische Wertigkeit. Der Nachweis einer inadäquat hohen Insulinkonzentration im Hungerversuch ist der entscheidende Test zum Nachweis eines Insulinoms. Die Bestimmung der Insulinreserve und Insulinsensitivität gewinnt zunehmend Bedeutung in der Betreuung von Diabetikern. Literatur. Sapin R (2003) Insulin Assays: previously known and new analytical features. Clin Lab 49:113–121 Ross S, Gulve EA, Wang M (2004) Chemistry and biochemistry of type 2 diabetes. Chem Rev 104:1255–1282

Insulin promoter factor-1 K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Glukosesensitiver Faktor, IPF-1 Englischer Begriff. insulin promoter factor-1 Insulin. Abb. 1. Struktur von Proinsulin und Insulin. Die dunkelgrauen Kreise symbolisieren die Aminosäuren des Insulins, die hellgrauen die des C-Peptids. Die weißen Kreise stehen für Aminosäuren, die bei der Prozessierung abgespalten werden. Die schwarzen Kreise repräsentieren Cysteinreste.

Halbwertszeit. 3–5 min Funktion und Pathophysiologie. Insulin stimuliert die Aufnahme von Glukose in Zellen, vor allem Muskelzellen und Adipozyten. Dafür sind Glukosetransporter erforderlich, die durch die Insulin-induzierte Signalkaskade an die Zellmembran transloziert werden. Insulinmangel oder verminderte Ansprechbarkeit des Insulinrezeptors auf Insulin führen zu Störungen des Glukose- und Fettstoffwechsels. Sie sind die Ursache des Diabetes mellitus Typ 1 und 2. Eine inadäquat hohe Insulinproduktion führt zu Hypoglykämien. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma

(EDTA, Heparin)

Probenstabilität. Insulin ist im Vollblut bei Raumtemperatur bis zu

Definition. Homeobox-Domain-Transkriptionsfaktor, der die Insulin- und Somatostatinexpression in Pankreas und Duodenum reguliert. Daneben relevant für die Pankreasentwicklung.

Molmasse. 30,8 kDa. i Defekte von IPF-1 führen zum Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY) Typ IV. Die Defekte gehen mit einer gestörten Regulation der Genexpression bei der Entwicklung von pankreatischen β-Zellen und deren Funktion einher.

Literatur. Fajans SS, Bell GI, Polonsky KS (2001) Molecular mechanisms and clinical pathophysiology of maturity-onset diabetes of the young. New Engl J Med 345:971–980

Insulin-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Insulin

Insulin-Hypoglykämie-Test W. Hubl

24 h stabil; nach Zentrifugation ist Insulin für bis zu 3 Tage bei Raumtemperatur stabil. Bei 4 °C verlängern sich die Zeiten auf 1 bzw. 2 Wochen. Bei –20 °C ist Insulin mindestens über mehrere Monate stabil.

Synonym(e). IHT; ACTH-/Kortisol-Stimulation

Analytik. 7 Radioimmunoassays, 7 Enzymimmunoassays und eine

lation

Englischer Begriff. insulin hypoglycemia test; ACTH-/cortisol stimu-

I

726

Insulin-like growth factor 1

Definition. Funktionstest zur Prüfung der Funktionalität des Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen-Nebennierenrinden-Systems. Durchführung. Patient muss nüchtern sein. 6–9 Uhr: 1. Blutentnahme für die Bestimmung des Basalwertes für ACTH bzw. Kortisol bzw. HGH und einer Bed-side-Glukosemessung. Applikation von 0,1 IE/kg KG als Bolus i.v. Normalinsulin. Weitere Blutentnahmen nach: 15, 30, 45, 60 und 90 min zur Bestimmung von ACTH, Kortisol bzw. HGH und Glukose. Die Blutglukosekonzentration sollte auf mindestens 50 % des Basalwerts gesenkt werden. Es sollte zu leichten Hypoglykämiesymptomen kommen (Schwitzen). Achtung: Der Test sollte stationär unter ständiger Anwesenheit eines Arztes erfolgen! Eine 40-%-ige Glukoselösung ist bereit zu halten, damit bei schweren Hypoglykämiesymptomen der Test sofort unterbrochen werden kann.

Glukosekonzentration zu einem Energiemangel im Gehirnstoffwechsel führt. Die verstärkte CRH-Sekretion stimuliert die Sekretion von 7 Adrenokortikotropem Hormon (ACTH) im Hypophysenvorderlappen und sekundär die 7 Kortisolproduktion in der Nebennierenrinde. Der Test dient somit zur Überprüfung dieses Systems. Bei Patienten mit einer Schädigung im Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen-Nebennierenrinden-System bleibt diese Konzentrationserhöhung von ACTH bzw. Kortisol aus. Die Hypoglykämie stimuliert zusätzlich die Sekretion des 7 Wachstumshormons (HGH), sodass dieser Test auch zur Diagnose eines Wachstumshormonmangels eingesetzt werden kann.

Literatur. Lehnert H (Hrsg) (2009) Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Fehlerquellen Unzureichende Hypoglykämie.

Insulin-like growth factor 1

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. EDTA-Plasma für

H.M. Schulte, J. Jacobeit

ACTH (7 Adrenokortikotropes Hormon) und 7 Kortisol, EDTAFluorid-Blut für 7 Glukose

Analytik. 7 Immunoassay für ACTH, Kortisol und HGH

Synonym(e). Somatomedin C Englischer Begriff. insulin-like growth factor 1; IGF-I; somatomedin-C Definition. Insulin-like growth factor 1 ist ein Polypeptid, welches

Referenzbereich — Erwachsene. 1) Glukose sollte unter 50 % des Basalwerts absinken. 2) ACTH-Anstieg auf > 150 % bzw. auf > 33 pmol/L. 3) Kortisol-Anstieg auf > 150 % bzw. auf > 550 nmol/L.

als Wachstumsfaktor in der normalen körperlichen Entwicklung aber auch an der Tumorentstehung beteiligt ist. IGF-1 wird durch das Wachstumshormon und durch die Nahrungsaufnahme reguliert.

Struktur. 70 Aminosäuren mit 3 Disulfidbrücken

Referenzbereich — Kinder. 1) Glukose sollte unter 50 % des Basalwerts absinken. 2) ACTH-Anstieg auf > 150 % bzw. auf > 33 pmol/L. 3) Kortisol-Anstieg auf > 150 % bzw. auf > 550 nmol/L.

Indikation.

5 Überprüfung der Hypothalamus-Hypophysen-NebenierenrindenFunktion 5 Verdacht auf eine hypothalamische Nebennierenrinden-Insuffizienz 5 In Ausnahmefällen auch zur Sicherung der Diagnose eines Cushing-Syndromes geeignet 5 Verlaufskontrolle nach chirurgischer Entfernung eines ACTHproduzierenden Hypophysenadenoms 5 Verdacht auf Wachstumshormonmangel.

Kontraindikation(en). Epilepsie, Koronare Herzerkrankungen, Glykogenspeicherkrankheit, zerebrale Durchblutungsstörungen. Nebenwirkung(en). Schwere Hypoglykämiesymptome (Somnolenz, Stupor, zerebrale Krampfanfälle) sind Abbruchkriterien.

Interpretation. 7 Tab. 1 Die dosierte Erzeugung einer Hypoglykämie mit Hilfe von Insulingaben bewirkt eine starke Aktivierung des Hypothalamus zur Sekretion von 7 Kortikotropin-Releasing-Hormon (CRH), weil ein Abfall der

Molmasse. 7649 Da Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. IGF-1 wird unter dem Einfluss von Wachstumshormon überwiegend in der Leber, aber auch in Niere und Bindegewebe gebildet und wirkt über spezifische IGF-1Rezeptoren auf Osteoblasten, Fibroblasten und Knorpelgewebe. Im Serum ist es an zahlreiche Transportproteine gebunden (u. a. IGFBP-2 und IGFBP-3, s. u.). Diese Transportproteine sichern eine ausreichend hohe IGF-1-Konzentration und lassen Schwankungen vermeiden, weshalb die IGF-1-Konzentration im Tagesverlauf (im Unterschied zum Wachstumshormon) sehr stabil ist.

Halbwertszeit. Plasma: 10 min Funktion und Pathophysiologie. Die unmittelbare Wirkung des Wachstumshormons am Knochen wird durch die Wachstumsfaktoren erzeugt, die Somatomedine vermittelt. Diese werden unter dem Wachstumshormoneinfluss in der Leber gebildet. Die Somatomedine haben wahrscheinlich auch einen direkten Einfluss auf Stoffwechselfunktionen (diabetogene Wirkung). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL Serum, gefroren; Heparin- und EDTA-Plasma bedingt geeignet Probenstabilität. gefroren stabil Präanalytik. Keine besonderen Maßnahmen erforderlich.

Insulin-Hypoglykämie-Test. Tab. 1. Interpretation der Analyseergebnisse

Analytik. Immunoassays, Chromatographie Konventionelle Einheit. μg/L = ng/mL

ACTHKonzentration (ng/L)

KortisolKonzentration (nmol/L)

< 150

< 550

HGHKonzentration (μg/L)

Interpretation

Internationale Einheit. nmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. ng/mL × 0,131 = nmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1

< 150

< 550

Störung des Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen-Nebennierenrinden-Systems < 10

Hypothalamus-Hypophysen-Insuffizienz

< 10

Wachstumshormonmangel

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 Indikation. Nachweis bzw. Ausschluss von hypophysärem Großwuchs bei Kindern, Akromegalie und bei der Abklärung des Minderwuchses. Interpretation. Erhöht: hypophysärer Großwuchs bei Kindern (Akromegalie) und Akromegalie bei Erwachsenen. Auch bei metabolischem Syndrom und Diabetes mellitus Typ II.

Insulin-like growth factor binding protein-3

Insulin-like growth factor 1. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene

727

Englischer Begriff. insulin-like growth factor binding protein 3 Molmasse. 45 kDa

Alter (Jahre)

Insulin-like-growth-factor-1Konzentration (μg/L)

16–24

182–780

25–39

114–492

40–54

90–360

≥ 55

71–290

Insulin-like growth factor 1. Tab. 2. Referenzbereich Kinder Alter

Insulin-like-growth-factor-1-Konzentration (μg/L) Mädchen

Jungen

2 Monate – 5 Jahre

17–248

17–248

6–8 Jahre

88–474

88–474

9–11 Jahre

117–771

110–565

12–15 Jahre

261–1096

202–957

Erniedrigt: hypothalamisch-hypophysärer Minderwuchs bzw. Zwergwuchs bei Kindern und Erwachsenen; Hypothyreose, Leberzirrhose, Nierenerkrankungen, Malabsorptionssyndrome, Insulinmangel, Diabetes mellitus Typ I. IGF-1 wird in der Differenzialdiagnose bei konstitutioneller Entwicklungsverzögerung eingesetzt. Normale IGF-1-Konzentrationen schließen einen Wachstumshormonmangel aus. Jede Erhöhung von IGF-1 ist verdächtig auf eine autonome Wachstumshormon-Sekretion eines Hypophysentumors und bedarf einer weiteren Differenzialdiagnostik (Glukose-Suppressionstest). Erniedrigte IGF-I-Werte können für einen Wachstumshormonmangel im Rahmen einer Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz, aber auch für eine Unter- bzw. Mangelernährung sprechen. Bei einer Akromegalie sollten entweder postoperativ oder zusätzlich unter einer entsprechenden Therapie die IGF-1-Konzentration maximal im oberen Drittel des Referenzbereichs liegen. Unter einer Therapie mit rekombinantem Wachstumshormon ist es das Ziel, eine physiologische IGF-1-Normalisierung mit Konzentrationen im mittleren Drittel des jeweils alters- und geschlechtsspezifischen Referenzbereichs zu erreichen

Diagnostische Wertigkeit. IGF-1 ist der entscheidende Basisparameter zur Diagnostik eines Wachstumshormonmangels, aber auch zur Diagnose einer Akromegalie. Weiterhin wird er zur Kontrolle der Therapie einer Akromegalie postoperativ bzw. unter einer Therapie mit Sandostatin oder Pevisomant und bei einer WachstumshormonSubstitution mit rekombinantem Wachstumshormon eingesetzt.

Literatur. Brabant G, Muhlen A von zur, Wuster C, Ranke MB et al (2003) German KIMS Board. Serum insulin-like growth factor I reference values for an automated chemiluminescence immunoassay system: results from a multicenter study. Horm Res 60(2):53–60. Ranke MB, Feldt-Rasmussen U, Bang P, Baxter RC et al (2001) How should insulin-like growth factor I be measured? A consensus statement. Horm Res 55 Suppl 2:106–109 (Review). Strasburger CJ, Bidlingmaier M, Wu Z, Morrison KM (2001) Normal values of insulin-like growth factor I and their clinical utility in adults. Horm Res 55 Suppl 2:100–105 (Review)

Insulin-like growth factor binding protein-3 H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). IGF-Bindungsprotein (BP) 3; IGFBP-3

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In diversen Körperflüssigkeiten, z. B. in Serum, Fruchtwasser, Seminalplasma und Urin, wurden bislang 6 verschiedene Insulin-like growth factor-Bindungsproteine (IGFBP) identifiziert. Dabei ist das IGFBP-3 im menschlichen Blut vorherrschend; etwa 95 % des IGF-I (Somatomedin-C) und IGF-II sind an dieses Protein gebunden. Funktion und Pathophysiologie. In der frühen Kindheit sind die Konzentrationen bei beiden Geschlechtern relativ niedrig, steigen langsam an und erreichen während der Pubertät ihren Höhepunkt gefolgt von einer schrittweisen Abnahme. Gegen Ende der zweiten Lebensdekade gibt es keine signifikanten geschlechtsspezifischen Konzentrationsunterschiede mehr. ↑ Kindheit, Pubertät ↑ chronisches Nierenversagen ↑↑ Akromegalie ↓ GH-Mangel (hypophysär, hypothalamisch) ↓ Pan-Hypopituitarismus ↓ Laron-Syndrom ↓ Anti-GH-Autoantikörper ↓ Fasten, chronische Fehlernährung ↓ Leberschaden ↓ Diabetes mellitus I Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparin oder EDTA-Plasma

Probenstabilität. IGFBP-3 ist sehr stabil, mehrtägige Lagerungen als Serum, Plasma oder Vollblut bei 4 oder 22 °C sowie mehrfaches Einfrieren oder Auftauen beeinträchtigen die Bestimmung nicht. Präanalytik. Serum, Heparin- und EDTA-Plasma Analytik. Immunoassays Konventionelle Einheit. mg/L Internationale Einheit. mg/L Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1 Insulin-like growth factor binding protein-3. Tab. 1. Referenzbereich Frauen Alter (Jahre)

Insulin-like-growth-factor-binding-protein-3Konzentration (mg/L)

18–19

2,31–7,48

20–22

2,76–7,35

23–24

2,92–7,00

25–29

2,05–7,60

30–39

2,30–7,26

40–49

2,08–4,31

≥ 50

2,02–3,99

Referenzbereich — Männer. 7 Tab. 2 Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 3 Indikation.

5 Bestimmung des 7 Wachstumshormon(GH)-Status 5 Diagnose bei GH-Mangel (auch bei älteren erwachsenen Patienten) 5 Unterscheidung zwischen GH-abhängigem Minderwuchs und anderen Ursachen von Wachstumshormonstörungen

I

728

Insulinom-Funktionstest

Insulin-like growth factor binding protein-3. Tab. 2. Referenzbereich Männer Alter (Jahre)

Insulin-like-growth-factor-binding-protein-3Konzentration (mg/L)

18–19

2,68–7,29

20–22

2,93–7,38

23–24

2,25–5,48

25–29

2,33–6,68

30–39

1,73–5,59

40–49

2,08–4,31

≥ 50

IGFBP-3 ist bei präpubertären Kindern besser zum Screening geeignet als IGF-1. Beide Parameter haben ihren festen Platz in der Differenzialdiagnostik der Pubertas präcox und der Akromegalie. Weiterhin eignet sich IGFBP-3 neben IGF-1 auch zur Therapiekontrolle unter einer Wachstumshormonsubstitution. IGFBP-3 hat gegenüber IGF-1 den Vorteil, dass es weniger ernährungsabhängig ist.

Literatur. Baxter RC (1994) Insulin-Like Growth Factor Binding Proteins in the Human Circulation: A Review. Horm Res 42:140 Argente J, Barrios V, Pozo J et al (1993) Normative Data for Insulin-Like Growth Factors (IGFs), IGF-Binding Proteins and Growth HormoneBinding Protein in a Healthy Spanish Pediatric Population: Age- and Sex-Related Changes. J Clin Endocrinol Metab 77:1522–1528

Insulinom-Funktionstest 7 Tolbutamid-Test

2,02–3,99

Insulinom-Index 7 Index, insulinogener

Insulin-like growth factor binding protein-3. Tab. 3. Referenzbereich Kinder und Jugendliche Alter (Jahre)

Insulin-like-growth-factor-binding-protein-3Konzentration (mg/L)

Insulin-Resistenzindex (IR) 7 Homeostasis Model Assessment

Insulinrezeptor

Mädchen

Jungen

≤1

1,03–3,09

1,03–3,09

Englischer Begriff. insulin receptor

≤2

1,10–3,62

1,10–3,62

Definition. Zellmembranrezeptor für Insulin

≤3

1,20–3,99

1,20–3,99

≤4

1,40–4,25

1,40–4,25

≤5

1,63–3,15

1,63–3,15

≤7

2,00–4,23

2,00–4,23

≤8

2,06–6,53

1,25–6,35

≤9

2,56–5,53

2,30–5,05

≤ 10

2,86–7,74

2,19–5,19

≤ 11

2,69–7,20

1,80–7,06

K.J. Lackner, D. Peetz

i Der Insulinrezeptor gehört zur Familie der Rezeptortyrosinkinasen. Er wird als Vorläuferprotein synthetisiert, das in eine α- und β-Untereinheit gespalten wird. Der reife Rezeptor ist ein Tetramer aus je 2 α- und β-Untereinheiten. Insulinbindung führt zur Aktivierung der β-Untereinheit mit Transphosphorylierung mehrerer Tyrosinreste. Dies führt zu Tyrosinkinaseaktivität gegenüber Insulinrezeptorsubstraten (IRS) und Aktivierung einer komplexen Signalkaskade.

Literatur. Ross S, Gulve EA, Wang M (2004) Chemistry and bio-

≤ 12

2,30–7,74

2,00–5,47

≤ 13

1,80–8,41

1,82–6,99

≤ 14

2,00–7,11

2,40–7,33

chemistry of type 2 diabetes. Chem Rev 104:1255–1282

Insulinoma-assoziiertes Antigen 2 7 Autoantikörper gegen Insulinoma-assoziiertes Antigen 2

Integration 7 Inserieren

Integrine H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. integrins ≤ 15

2,60–7,32

1,70–6,94

≤ 16

2,40–5,98

2,10–7,17

≤ 18

2,00–6,47

2,59–7,28

5 Erstbeurteilung von GH-bedingten Erkrankungen (pädiatrische Diagnostik) 5 Beurteilung des Ernährungsstatus 5 Therapieüberwachung bei Wachstumshormonsubstitution

Diagnostische Wertigkeit. IGF-1 und sein wichtigstes Bindungsprotein IGFBP-3 sind optimale Screening-Parameter und haben eine deutliche höhere Sensitivität und Spezifität als die Bestimmung von Wachstumshormon.

Definition. Integrine gehören zur Familie der Zelladhäsionsmoleküle und sind als Rezeptoren für die Bindung der Zellen untereinander und an die Extrazellulär-Matrix verantwortlich. i Integrine bestehen aus jeweils zwei nicht kovalent verbundenen Transmembran-Glykoproteinen. Durch die Assoziation von 14 α- und 8 β-Ketten werden mehr als 20 Integrine gebildet. Die α- und β-Ketten bestehen jeweils aus einer großen (α > 100 kDa, β > 70 kDa) N-terminalen extrazellulären Domäne und kurzen Transmembran- und zytoplasmatischen Domänen. Während die extrazelluläre Domäne an spezifische Komponenten der Extrazellulärmatrix oder Liganden auf anderen Zellen bindet, verankert die zytoplasmatische Domäne die Integrine am Zytoskelett. Die Affinität der Integrine für ihre Liganden kann von den Zellen reguliert werden. Diese „Aktivierung“ der Integrine ist vor allem bei den Leukozyten- und Thrombozyten-Integrinen für die Interaktion mit Liganden bzw. anderen Zellen wichtig. Für

Interchromosomale Rekombination

die Bindung der Liganden, die z. T. über spezifische Peptid-Sequenzen (z. B. Arg-Gly-Asp bzw. RGD) erfolgt, sind zweiwertige Ionen, d. a. Ca2+ oder Mg2+ erforderlich. Durch die Bindung der Integrine an ihre Liganden wird auch das Verhalten der Zellen, z. B. Form, Polarität, Bewegung und Differenzierung beeinflusst. Hieran sind verschiedene Signaltransduktionswege, z. B. der Phosphatidyl-Inositol-Weg, beteiligt. Einige Integrine binden spezifisch an bestimmte Makromoleküle der Extrazellulärmatrix, z. B. Laminin, während andere zahlreiche Liganden binden, z. B. kann Integrin β1 mit 12 α-Ketten Dimere bilden, die vor allem als Rezeptoren für Kollagene, Laminine, Tenascine und Fibronectin dienen. Eine zweite Subgruppe bilden die αv-Integrine, die überwiegend Fibronectin und Vitronectin binden. β2-Ketten, die mit verschiedenen α-Ketten Dimere bilden, werden dagegen nur auf der Oberfläche von Leukozyten exprimiert, z. B. αLβ2-Integrin (LFA-1, CD11a/CD18) und αMβ2-Integrin (Mac-1, CD11b/CD18, Komplementrezeptor CR3), und sind für die Fähigkeit dieser Zellen, Infektionen zu bekämpfen von entscheidender Bedeutung. Ein β2Integrin-Defekt führt dementsprechend bei Patienten mit Leukozyten-Adhäsionsmangel zu rezidivierenden Infekten. Bei Patienten mit einer Thrombasthenie Glanzmann, dem ein Defekt der β3-Integrine, u. a. das auf Thrombozyten exprimierte Fibrinogen-bindende αIIbβ3Integrin, zugrundeliegt, kommt es dementsprechend zu schweren Blutungen. Der Nachweis der Expression der Leukozyten- und ThrombozytenIntegrine kann über die Durchflusszytometrie (FACS) erfolgen.

Literatur. Liddington RC, Ginsberg MH (2002) Integrin activation takes shape. J Cell Biol 158:833–839

Intensive Messgröße 7 Messgröße, intensive

729

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immunglobuline wie ICAM-1 vermitteln eine Kationen-unabhängige Adhäsion mit denselben oder anderen Mitgliedern der Immunglobulinfamilie; außerdem können sie als Rezeptor für Integrine und extrazelluläre Matrixproteine dienen. Die Expression von ICAM-1 kann durch eine Reihe inflammatorischer Zytokine stimuliert werden. Die Interaktion von ICAM-1 und verschiedenen Integrinen auf T-Lymphozyten führt zu einer optimalen Antigenerkennung und zur Vermittlung der Interaktion zwischen Effektorzelle und Zielzelle. Funktion und Pathophysiologie. Aufgrund der effektiven Aktivierung von Lymphozyten und der zielgenauen Vermittlung von Immun- und Tumorzellen ist eine erhöhte ICAM-1-Expression in einigen Tumoren mit einer guten Prognose assoziiert, so z. B. beim kolorektalen Karzinom. Allerdings können ICAM-1 exprimierende Tumorzellen in der Zirkulation auch Aggregate mit Leukozyten bilden, wodurch sie in der Blutbahn besser überleben und leichter im Zielgewebe andocken können. Außerdem stellt die ICAM-1 Abspaltung von der Tumorzelloberfläche auch einen wirksamen Mechanismus dar, der Immunüberwachung zu entkommen, indem lösliche ICAM-1 Moleküle die Bindungsstellen der Lymphozyten absättigen. Möglicherweise aus diesen Gründen wurde beim Melanom eine Assoziation einer hohen ICAM-1 Expression mit einer ungünstigen Prognose gefunden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Enzym-linked Immuno-sorbent Assay (ELISA) Referenzbereich — Erwachsene. Median ca. 200 μg/L (methodenabhängig)

Indikation. Prognosemarker bei verschiedenen soliden Tumoren

Interaktion D. Meissner

Englischer Begriff. interaction Definition. Als Interaktion wird die Wechselwirkung oder gegenseitige Beeinflussung zwischen zwei oder mehreren Stoffen bezeichnet. i Der Begriff Interaktion wird vorwiegend auf Medikamente und Spurenelemente angewendet. Bei Medikamenten bedeutet er die wechselseitige Beeinflussung hinsichtlich der quantitativen oder qualitativen pharmakologischen Wirkung. Bei Spurenelementen bedeutet er die chemische oder biologische Wechselwirkung zwischen einzelnen Spurenelementen oder zwischen Spurenelementen und anderen Stoffen. Betroffen können Absorption, Verteilung im Organismus, Speicherung, Ausscheidung und/oder die biochemische Funktion der Spurenelemente sein. Die Interaktion kann dazu führen, dass Überschuss an einem Element zu Mangel an einem anderen führt und umgekehrt (z. B. Cu/Zn, Cu/Fe, Hg/Se). Die Interaktion ist bei der Interpretation der Laborwerte zu beachten, sie kann die Ursache von Fehlinterpretationen sein.

Literatur. Anke MK (2004) Essential and toxic effects of macro, trace and ultratrace elements in the nutrition of animals. In: Merian E, Anke M, Ihnat M et al (eds) Elements and their Compounds in the Environment. Wiley-VCH, Weinheim, S 305–341

Inter-assay-Unpräzision

Interpretation. Generell wurden bei Patienten mit malignen Erkrankungen höhere Plasmaspiegel von ICAM-1 beobachtet als bei gesunden Personen und z. T. auch als bei Patienten mit benignen Erkrankungen. Innerhalb der soliden Tumore korrelierte ICAM-1 häufig, aber nicht immer mit dem Tumorstadium, bzw. der Tumorprogredienz. Allerdings ist der Einfluss von Nieren- und Leberschäden wie auch von Infektionen noch nicht systematisch beschrieben, weshalb eine generelle Empfehlung zum diagnostischen Einsatz derzeit nicht gegeben werden kann. Bis auf eine Arbeit [Mulder (1997)] wurde bei verschiedenen soliden Tumorerkrankungen eine Assoziation einer hohen ICAM-1-Konzentration im Plasma mit einer ungünstigen Prognose gefunden: So beim Melanom, Magenkarzinom, Nierenzellkarzinom, Ovarialkarzinom, beim Lungenkarzinom und bei Lymphomen, jedoch nicht beim hepatozellulären Karzinom. Diagnostische Wertigkeit. Potenzieller Prognosemarker Literatur. Johnson JP (1999) Cell adhesion molecules in the development and progression of malignant melanoma. Cancer Metast Rev 18:345–357 Opala T, Drews K, Rzymski P et al (2003) Evaluation of soluble intracellular adhesion molecule-1 (sICAM-1) in benign and malignant ovarian masses. Eur J Gynaecol Oncol 24:255–257 Mulder WM, Stern PL, Stukart MJ et al (1997) Low intercellular adhesion molecule 1 and high 5T4 expression on tumor cells correlate with reduced disease-free survival in colorectal carcinoma patients. Clin Cancer Res 3:1923–1930

7 Unpräzision von Tag zu Tag

Intercept Intercellular adhesion molecule

7 Achsenabschnitt

S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). ICAM-1 Englischer Begriff. intercellular adhesion molecule 1 Definition. Das intercellular adhesion molecule 1 ist ein 7 Adhäsionsmolekül der Immunglobulin-Superfamilie und bildet vor allem Zell-Zell-Kontakte mit Leukozyten.

Interchromosomale Rekombination 7 Rekombination, interchromosomale

I

730

Interferenz, analytische

Interferenz, analytische W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. analytical interference Definition. Systematischer Messfehler, der durch eine Einflussgröße hervorgerufen wird, die selbst kein Signal im Messsystem auslöst, jedoch zur Erhöhung oder Verringerung des erhaltenen Wertes führt.

Literatur. Detjen AK, Keil T, Roll S, Hauer B, Mauch H, Wahn U, Magdorf K (2007) Interferon-gamma release assays improve the diagnosis of tuberculosis and nontuberculous mycobacterial disease in children in a country with a low incidence of tuberculosis. Clin Infect Dis. Aug 1;45(3):322–328 Schablon A, Nienhaus A (2007) Interferon-gamma Release Assay zur Diagnose latenter Tuberkulose-Infektionen bei Routineuntersuchungen von Beschäftigten im Gesundheitswesen. Hyg Med 32 (11):430–436

Literatur. Darstellung von Referenzmessverfahren (1999). DIN EN 12286, Beuth-Verlag, Berlin

Interferenz, chemische und spektrale T. Arndt

Englischer Begriff. interference Definition. Gesamtheit aller Überlagerungserscheinungen bei einer Analyse. i In der analytischen Chemie versteht man unter chemischer In-

terferenz die für die Validität des Analysenergebnisses negative, unspezifische oder spezifische Wechselwirkung von Substanzen der zu analysierenden Probe untereinander bzw. mit Komponenten der zur Analyse benutzten Reagenzien. In der Spektrometrie verwendet man auch den Begriff spektrale Interferenz.

Interferenzfilter 7 Filter

Interferon-γ-Freisetzungstest

Intergene Region R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für eine zwischen zwei Genen liegende DNA-Region i Als intergene Region wurde ursprünglich die Distanz auf einem

7 Chromosom oder anderen Träger genetischer Information bezeichnet, die zwischen dem Terminationscodon (7 Stopp-Codon) eines 7 Gens und dem Initiationscodon des nächsten Gens liegt. Man dachte, dass diese Regionen aus dem Genom entfernt oder ersetzt werden könnten, ohne die biologische Aktivität des betroffenen Erbinformationsträgers zu verändern. Dieses hat man sich in der Gentechnologie (7 Gentechnik) zunutze gemacht, um Kloniervektoren zu entwickeln. Heute weiß man, dass viele intergene Regionen zumindest im 7 Eukaryonten-Genom wichtige Sequenz-Elemente tragen, die z. B. bei der Regulation übergeordneter Genaktivitäten oder auch für die Stabilität des Genoms entscheidend sind. In den intergenen Regionen befinden sich oft repetitive, variable Sequenzwiederholungen (z. B. 7 VNTR-Sequenz, 7 Short tandem repeat), die in der Diagnostik eingesetzt werden, um Identitäten oder Verwandtschaftsbeziehungen von Personen festzustellen (s. a. 7 DNA-Profil, 7 Vaterschaftstest, 7 forensische DNA-Untersuchungen).

W. Stöcker

Synonym(e). Gamma-Interferon-Freisetzungstest Englischer Begriff. Interferon Gamma releasing test Definition. Der Interferon-γ-Freisetzungstest ist eine Ex-vivo-Testmethode zum Nachweis einer spezifischen Immunität. Er wird beispielsweise zur Diagnostik der Tuberkulose eingesetzt. Beschreibung. Hochspezifische Antigene aus Mycobacterium tuberculosis werden in vitro von Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen. Sie stimulieren Gedächtniszellen, die im Rahmen einer früheren oder aktuellen spezifischen Infektion entstanden sind. Diese produzieren vermehrt verschiedene Botenstoffe, unter anderem γ-Interferon, das im Zellüberstand gemessen werden kann. Zur Stimulation werden die Antigene ESAT-6 (early secreted antigenic target), CFP-10 (culture filtrate protein) und Tb7.7 verwendet. Sie werden in der Frühphase der Tuberkulose-Infektion gebildet und weder von den Nicht-Tuberkulose-Mykobakterien produziert, noch vom Impfstamm BCG (Bacille-Calmette-Guérin-Impfung). Frisches Vollblut des Patienten wird mit diesen Antigenen inkubiert und danach im Zellüberstand die Konzentration an γ-Interferon mittels Enzymimmuntest gemessen. In einem Parallelansatz (ohne spezifisches Antigen) gebildetes γ-Interferon muss von diesem Wert abgezogen werden. Alternativ kann man auch mit der sogenannten ELISPOT-Technik (Enzym-Linked-Immunospot-Assay) die Zahl der γ-Interferon-produzierenden Zellen bestimmen. Einsatzgebiet. Der Interferon-γ-Test wird bei Verdacht auf eine akute oder latente Tuberkulose (Tb), zur Untersuchung von Kontaktpersonen, zum Screening von Risikogruppen oder Mitarbeitern im Gesundheitswesen, sowie zum Ausschluss einer latenten Tuberkulose vor dem Beginn einer immunsuppressiven Therapie durchgeführt. Der Interferon-γ-Test ist eine Alternative zum Tuberkulin-Hauttest nach Mendel-Mantoux, der Kreuzreaktionen zu Mycobacterium bovis und verschiedenen Umwelt-Mykobakterien aufweist, nicht vorhersagbar nach einer BCG-Impfung reagiert oder unangenehme lokale Entzündungen im Testareal hervorrufen kann. Es muss aber mit Kreuzreaktionen zu M. kansasii, M. szulgai und M. marinum gerechnet werden.

Interimszuordnung O. Colhoun

Englischer Begriff. interim allocation Definition. Zuordnung von Laboraufträgen mit laborinterner Interims-Patienten-Identifikationsnummer zu den Befunden der zentralen Patienten-ID. i Patienten, für welche aktuell keine eindeutige Aufnahmenummer

des 7 KIS bereitsteht, werden bei der Auftragserfassung im 7 LaborEDV-System jeweils mit einer Interimsnummer versehen. Die für einen Patienten unter diversen Interimsnummern gemessenen Aufträge werden bei einer späteren manuellen Zuordnung (Interims-Zuordnung) dieses Patienten zu seiner Verwaltungs-Aufnahmenummer dann entsprechend überprüft und dort zusammengeführt.

Interindividuelle Variabilität 7 Variabilität, interindividuelle

Interkalation R. Weiskirchen

Englischer Begriff. intercalation Definition. Allgemeine Bezeichnung für das Einlagern einer Subs-

tanz (z. B. 7 Ethidiumbromid) in die Zwischenräume benachbarter Basen doppelsträngiger DNA oder RNA i Solche interkalierenden Agenzien können die 7 Transkription und 7 DNA-Replikation inhibieren oder auch 7 Mutationen induzieren. Sie werden in der experimentellen 7 Molekularbiologie eingesetzt, um 7 Nukleinsäuren „anzufärben“ (7 Ethidiumbromid) oder die Sedimentationsrate bei verschiedenen Nukleinsäurepräparationen zu verändern.

Interklass-Korrelationskoeffizient 7 Korrelationseffizient, Interklass-

Interleukin-2-Rezeptor, löslicher

Interleukin-1

731

Analytik.

Englischer Begriff. interleukin-1; B-cell activating factor

5 Immunchemische Methoden zur Quantifizierung der Zytokinmasse: 7 Enzymimmunoassay, 7 Radioimmunoassay (ELISA, RIA) 5 Funktionelle Methoden (7 Bioassays) Unter Anwendung verschiedener Zelllinien, z. B. A375, D10, Mono-Mac u. a., indirekter Nachweis durch IL-1-induzierte Zytokinfreisetzung.

Definition. Zwei differente Genprodukte (IL-1α, IL-1β) umfassende,

Referenzbereich — Erwachsene. Methodenabhängig

in aktivierten Makrophagen und anderen Zellen produzierte Zytokine mit außerordentlich vielseitigem, proinflammatorischem Wirkungsspektrum.

Indikation. Ergänzungsdiagnostik systemischer Entzündungsreakti-

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Endogenes Pyrogen (IL-1α); Katabolin (IL-1β); B-Zellen-Aktivierungsfaktor

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese in Monozyten, aktivierten Makrophagen verschiedener Gewebe (Kupfferzellen, peritoneale und alveolare Makrophagen, Milz), peripheren neutrophilen Granulozyten, Endothelzellen, Fibroblasten, glatten Muskelzellen, Keratinozyten, Astrozyten u. a. Stimulation durch TNF-α, Interferon-α, -β, -γ, bakterielle Endotoxine, Viren und Antigene. Syntheseinhibition durch Kortikoide, Prostaglandin E2, 7 Interleukin-6, IL-1-Rezeptorantagonist, 7 α₂-Makroglobulin u. a. IL-1 besteht aus zwei strukturell differenten, funktionell jedoch weitgehend äquivalenten Formen: 5 IL-1α: Molmasse 17 kDa, 159 Aminosäuren, IEP: 5,0, Genlokalisation auf Chromosom 2q13 5 IL-1β: Molmasse 17 kDa, 153 Aminosäuren, IEP: 7,0, Genlokalisation auf Chromosom 2q13-q21.

onen, z. B. Sepsis.

Interpretation. Eine eindeutige klinische Indikation zur Messung der Konzentration von IL-1 im Blut gibt es derzeit nicht. Als wichtiger proinflammatorischer Mediator kann die Konzentrationsbestimmung lediglich als Surrogat-Kenngröße systemischer Entzündungsreaktionen, z. B. Sepsis angesehen werden.

Diagnostische Wertigkeit. Eine klare klinische Bedeutung hat die IL1-Bestimmung im Serum aktuell nicht.

Literatur. Bomford R, Henderson B (eds) (1989) Interleukin-1, inflammation and disease. Elsevier, New York

I

Interleukin-2-Rezeptor, löslicher H. Renz, B. Gierten

Etwa 27 % Aminosäuresequenzhomologie zwischen IL-1α und IL-1β, jedoch weitgehend identische dreidimensionale Struktur. Synthese als höhermolekulare Präkursoren mit der Molmasse 35 kDa und nachfolgender partieller proteolytischer Prozessierung. Intrazelluläre Vorstufen enthalten keine hydrophobische sekretorische Signalsequenz. Zusätzlich biologisch aktive Zellmembran-assoziierte Form (Molmasse 22 kDa), die in juxtakrine Wachstumskontrollen benachbarter Zellen involviert ist und niedermolekulare Formen der Molmassen 11,4 und 2 kDa. Bindung an zwei differente IL-1-Rezeptoren mit intrazellulärer Signalübertragung durch cAMP (Adenylatcyclase), Proteinkinase A (PKA) und NF-kappa-B. Außerordentlich breites biologisches Wirkungsspektrum: 5 Mediator von Entzündungsreaktionen, einschließlich Sekretionsstimulation inflammatorischer Proteine (Akute-Phase-Proteine) 5 Stimulation von T-Helferzellen zur Sekretion von IL-2 5 Proliferation von B-Zellen und Stimulation der Immunglobulinsynthese 5 Proliferation und Aktivierung von NK-Zellen, Fibroblasten, Thymozyten, Glioblastomzellen, Astroglia und Mikroglia 5 Stimulation der Expression von Adhäsionsmolekülen bei neutrophilen Granulozyten, Monozyten, T- und B-Zellen 5 Chemoattraktion von Leukozyten und Aktivierung des oxidativen Stoffwechsels in neutrophilen Granulozyten 5 Wachstumshemmung von Endothelzellen, Hepatozyten und einigen Tumorzelltypen 5 Zytotoxizität für Insulin-produzierende β-Zellen der LangerhansInseln des Pankreas 5 Alteration der Endothelzellfunktionen mit Förderung thrombotischer Prozesse und Hemmung antikoagulatorischer Mechanismen. Förderung venöser Thrombose, Atherosklerose, Vaskulitis und disseminierter intravaskulärer Koagulation 5 Modulation des elektrophysiologischen Verhaltens von Neuronen. Einige biologische Aktivitäten von IL-1 werden indirekt vermittelt durch Induktion der Synthese anderer Mediatoren wie 7 Adrenokortikotropes Hormon (ACTH), Prostaglandin E2, Thrombozytenfaktor 4 (PF-4), colony stimulating factor (CSF), IL-6 und IL-8.

Funktion und Pathophysiologie. Die pleiotrope Funktionalität von IL-1 definiert dieses Zytokin als einen wichtigen Mediator inflammatorischer Prozesse, der Immunabwehr, der Gerinnung, der Wundheilung u. a. Sowohl lokale wie auch systemische Wirkungen sind ausschlaggebend.

Synonym(e). CD 25, lösliches; sIL-2R Englischer Begriff. soluble IL-2 receptor; soluble CD25; sIL2-r Struktur.

5 α-Kette 55 kDa (251 Aminosäuren): enthält den eigentlichen löslichen Rezeptor (TAC-Fragment = CD25) 42 kDa 5 β-Kette 70–75 kDa (525 Aminosäuren) (CD122) 5 χ-Kette 64 kDa.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. IL-2-Rezeptoren werden von aktivierten Lymphozyten auf der Zelloberfläche exprimiert. Bisher wurden drei Isoformen identifiziert, die sich in ihrer Struktur und in der Affinität zu IL-2 unterscheiden. Der medizinisch wichtigste Rezeptor mit der höchsten Affinität stellt ~10 % der gesamten IL-2-Rezeptoren dar. Er ist ein Membranrezeptor, der aus 2 α-Untereinheiten sowie je einer β- und γ-Untereinheit besteht. Die beiden α-Untereinheiten enthalten je ein T-Cell-Activating (TAC-)Fragment, das auch in löslicher Form in Serum und Plasma nachweisbar ist, also dem löslichen IL-2-Rezeptor entspricht. Der Rezeptor mit intermediärer Affinität besteht aus einem Teil der β-Kette (p75) und einer χ-Kette während der niedrig-affine Rezeptor aus einer anderen Untereinheit der β-Kette (p55) besteht. Die χ-Kette wird auch in andere Zytokin-Rezeptoren eingebaut und daher als „common-χ-chain“ bezeichnet. Das 42-kDa-Fragment des TAC-Fragments wird kontinuierlich von aktivierten Lymphozyten freigesetzt. Funktion und Pathophysiologie. Löslicher IL-2-Rezeptor wird ebenso wie IL-2 von aktivierten Lymphozyten produziert. Er wirkt jedoch im Gegensatz zu IL-2 eher antiinflammatorisch. Durch Bindung von IL-2 an zellständige Rezeptoren führt zur Aktivierung und Proliferation von ruhenden T-Helfer-, T-Suppressor- und zytotoxischen T-Zellen. Der lösliche Rezeptor entfaltet seine antiinflammatorische Wirkung vor allem durch Bindung von IL-2, dessen Wirkung dadurch inhibiert wird.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma

Probenstabilität.

5 Serum/Plasma: 2 Tage bei 2–8 °C 5 längere Lagerung bei –20 °C.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

Analytik. Chemiluminiszenz-Immunoassay

Präanalytik. Lipämie- und Hämolyse-freies Serum/Plasma

Konventionelle Einheit. U/mL

Serum,

EDTA-

732

Interleukin-6

Referenzbereich — Erwachsene. 223–710 U/mL

Interleukin-6. Tab. 1. Interleukin-6-Merkmale

Referenzbereich — Kinder. 223–710 U/mL Indikation.

Syntheseorte

Interpretation. Bei Patienten nach schweren allgemeinchirurgischen Operationen, nach schweren Traumata und nach Leber- oder Nierentransplantation können (septische) postoperative Komplikationen neben Markern wie 7 Procalcitonin, 7 Interleukin-6, 7 Interleukin-8 oder 7 HLA-DR auch durch Bestimmung des löslichen IL-2-Rezeptors frühzeitig erkannt werden. Eine Immunparalyse ist bei diesen Patienten durch sinkende Werte eher antiinflammatorisch wirkender Parameter wie z. B. sIL2-R und HLA-DR auf Monozyten gekennzeichnet. sIL2-R deutet auf eine Aktivierung des Immunsystems hin und kann bei Transplantationspatienten z. B. auch auf einen Virusinfekt unter Immunsuppression oder eine Abstoßung hindeuten. Der lösliche IL-2-Rezeptor kann zur Verlaufskontrolle der Sarkoidose eingesetzt werden. Hohe Konzentrationen zeigen eine starke Aktivierung von T-Zellen durch entzündliche Prozesse im Alveolarraum an. In diesen Fällen sind häufig viele aktivierte T-Lymphozyten im Alveolaraum nachweisbar, die mit Spontanremissionen einhergehen.

5 (stimulierte) Monozyten, Fibroblasten,

Endothelzellen, Makrophagen, T-, B-Lymphozyten, Mastzellen, Keratinozyten, Astrozyten, Tumorzellen 5 Stimuli: Monozyten: IL-1, Endotoxine, TNF-α, PDGF 5 Inhibitoren: Glukokortikoide

5 Frühes Zeichen für Komplikationen bei Sepsis- oder Transplantationspatienten 5 Beurteilung der Krankheitsaktivität chronischer Erkrankungen mit T-Zellaktivierung wie Sarkoidose oder rheumatoide Arthritis 5 Frühdiagnostik HIV-assoziierter Erkrankungen. Struktur

5 Polypeptid (184 Aminosäuren) Mr

21–28 kDa, 2 × N-Glykosylierungen,

5 Phosphorylierungen, pI 5,0, Gen auf

Chromosom 7p21-p14 Rezeptor

5 80-kDa-Glykoprotein (gp 80) Typ I 5 Membranproteinrezeptor, Assoziation

mit 2 × 130 kDa

5 Transmembranglykoprotein (gp 130)

unter Bildung eines ternären Komplexes, Signaltransduktion über Jak/STATWeg, 5 lösliche IL-6-Rezeptoren im Blut vorhanden („shedding“) Funktionen

Literatur. www.copewithcytokines.de Rubin LA (1990) The Soluble IL-2-Receptor: Biology Function, and Clinical Applications. Annals Internal Med 113:619–627

5 5 5 5 5 5 5

pleiotropes Wirkungsspektrum Induktion der Akute-Phase-Reaktion Differenzierung von B-Zellen Aktivierung von T-Zellen Wachstumsfaktor für Myelomzellen Thrombopoesestimulation Stimulation der Leberregeneration

Interleukin-6 A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). B-Zellen-Differenzierungsfaktor (BCDF); Hybridomawachstumsfaktor; IL-6

Interleukin-6. Tab. 2. Erkrankungen mit Interleukin-6-Erhöhung Plasma

5 5 5 5 5 5 5

Urin

5 Graft-vs.-host-Reaktion

Liquor

5 Herpes-Enzephalitis 5 Meningitis (viral, bakteriell, Tuberkulo-

Englischer Begriff. interleukin-6; hepatocyte-stimulating factor (HSF-1)

Definition. In vielen Zelltypen, z. B. Monozyten/Makrophagen synthetisiertes, aus einer Polypeptidkette bestehendes Zytokin mit pleiotroper Wirkung, besonders bei der Initiation der 7 Akute-Phase-Reaktion und zunehmender klinischer Bedeutung in der Frühdiagnostik akuter Entzündungen und der neonatalen Sepsis.

Alle Akute-Phase-Reaktionen (APR) Meningokokkensepsis neonatale Sepsis rheumatoide Arthritis kardiales Myxom Graft-vs.-host-Reaktion (Niere) Hypernephrom fulminantes multiples Myelom (Plasmozytom) 5 Plasmazellenleukämie

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. IL-6 ist ein mit zwei NGlykosylierungsstellen ausgestattetes Polypeptid (184 Aminosäuren) der Molmasse 21–28 kDa, das als klassisches sekretorisches Protein in einer Proform (212 Aminosäuren) mit N-terminalem Signalpeptid synthetisiert wird (7 Tab. 1). Das Gen liegt auf Chromosom 7p21p14. Syntheseorte sind zahlreiche Zelltypen von Monozyten/Makrophagen über Fibroblasten, T-, B-Lymphozyten, Endothelzellen, Chondrozyten, Lymphozyten, Granulozyten, Keratinozyten, Mastzellen u. a. (7 Tab. 1). Spezifische Rezeptoren, die der Klasse der Typ-1Membran-Proteine (extrazellulärer N-Terminus, 1 Transmembrandomäne) angehören und aus 2 gp-130 und einer gp-80 (IL-6R, CD126) -untereinheit bestehen, vermitteln nach Ligandenbindung das Signal in Richtung Zellkern durch den gp-130/Jak STAT-Signalweg. Lösliche Rezeptoren sind im Blut nachweisbar. Sehr ähnliche Zytokine und Rezeptorstrukturen sowie Signaltransduktionswege definieren IL-6 als Prototyp einer „IL-6 Typ Zytokinfamilie“, die IL-11, leukaemia inhibitory factory (LIF), ciliary neurotrophic factor (CNTF), cardiotrophin (CT) und Oncostatin M einschließt. Alle Mitglieder stimulieren die 7 Akute-Phase-Reaktion. Die zahlreichen Funktionen betreffen u. a. Differenzierung und Aktivierung von B- und T-Zellen, Wachstumsstimulation von Myelomzellen, Regenerationsprozesse und Initiation der Akute-Phase-Reaktion (7 Tab. 2).

Funktion und Pathophysiologie. Stimulation der Monozyten im Rahmen von septischen und aseptischen Gewebeschädigungen über 7 Interleukin-1, bakterielle Endotoxine, 7 Tumornekrosefaktor-α

se)

5 multiple Sklerose

Synovialflüssigkeit

5 entzündliche Arthritis (rheumatoide

Arthritis) Amnionflüssigkeit, Nabelschnurblut

5 intrauterine Infektionen

(TNF-α), Oncostatin M und platelet-derived-growth-factor (PDGF) führen zur Freisetzung und Konzentrationserhöhung im Blut von IL-6, das für zahlreiche systemische Effekte, wie Initiation der AkutePhase-Reaktion verantwortlich ist. Es gilt daher in vielen Körperflüssigkeiten als frühe Kenngröße entzündlicher Prozesse. Eine Fraktion von IL-6 ist im Blut an 7 α₂-Makroglobulin gebunden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum, EDTA-, Heparin-Plasma, Urin, Liquor, Synovialflüssigkeit, Amnionflüssigkeit, Nabelschnurblut

Probenstabilität. Analytstabilität: bei 4 °C maximal 24 h, bei –20 °C 6 Monate

Präanalytik. Lipämie- und Hämolyse-freies Serum

Interleukin-10

Analytik.

5 Immunologische Methoden zur Bestimmung der Massenkonzentration Enzymimmunoassay oder Radioimmunoassay 5 Funktionelle Methoden (Bioassay): Maus-Hybridoma (B-9)-ZellProliferationsassay für Routinezwecke nicht geeignet. Zu beachten ist, dass durch Vorhandensein löslicher Rezeptoren in der Zirkulation ein Teil der zirkulierenden IL-6-Menge an diese löslichen Rezeptoren gebunden ist und somit zu Differenzen in den Ergebnissen funktioneller und immunologischer Analysen führen kann.

Referenzbereich — Erwachsene. Sehr stark methoden- und standardisierungsabhängig, Richtwert: < 11,3 ng/L. Indikation.

5 Frühdiagnostik akuter systemischer Entzündungsreaktionen (Akute-Phase-Reaktion) 5 Diagnose der neonatalen Sepsis 5 Diagnose der intrauterinen Infektion (Amnionflüssigkeit oder Nabelschnurblut).

Interpretation. Der Konzentrationsanstieg von IL-6 bei beginnender Akute-Phase-Reaktion geht zeitlich dem des 7 C-reaktiven Proteins voraus, verschwindet jedoch aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit von IL-6 (< 20 min) auch wesentlich schneller. Bei einem bereits deutlich erhöhten CRP ist eine zusätzliche IL-6-Bestimmung nicht angezeigt. Klinisch große Bedeutung hat IL-6 in der Diagnostik der (noch) CRP-negativen neonatalen Sepsis bzw. neonatalen bakteriellen Infektionen.

733

Blut ist IL-8 hochaffin an die Erythrozytenmembran gebunden und dadurch biologisch inaktiviert. Funktionen: 5 Spezifische Aktivierung neutrophiler Granulozyten Transienter Anstieg des zytosolischen Calciums, Produktion reaktiver Sauerstoffspezies (respiratory burst), Stimulation von Chemotaxis, Exozytose von Speicherproteinen (Granula), erhöhte Expression von Adhäsionsmolekülen 5 chemotaktische Wirkung auf alle Typen migratorischer Immunzellen 5 Hemmung der Adhäsion von Leukozyten an aktivierte Endothelzellen (antiinflammatorische Aktivität) 5 mitogener Effekt auf epidermale Zellen.

Funktion und Pathophysiologie. IL-8 ist vermutlich von pathogenetischer Relevanz für Psoriasis und rheumatoide Arthritis. Mehrere entzündliche Prozesse unterschiedlicher Ätiologie führen zu erhöhten IL-8-Konzentrationen, insbesondere auch septische Prozesse. Exzessiv erhöhte Konzentrationen in der Synovialflüssigkeit bei chronischer Polyarthritis, wodurch es zu einem konstanten Einstrom von Granulozyten in die Gelenkflüssigkeit kommt. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Synovialflüssigkeit, Punktionsflüssigkeit

Probenstabilität. Analytstabilität bei 4 °C 2 Tage, bei –20 °C mehrere Wochen. Serum/Plasma muss innerhalb von 2 h nach Abnahme von dem Blutkuchen getrennt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Im Vergleich zu CRP ist IL-6 ein noch früherer, allerdings kurzfristigerer Parameter der hyperinflammatorischen Phase der Sepsis, insbesondere bei Neonaten. In anderen Körperflüssigkeiten wie Liquor, Synovialflüssigkeit, Amnionflüssigkeit und Nabelschnurblut weist die IL-6-Erhöhung auf (bakterielle) Infektionen bzw. intrauterine Infektionen hin.

Präanalytik. Lipämie- und Hämolyse-freies Serum/Plasma

Literatur. Buck C, Bundschu J, Gallati H et al (1994) Interleukin-6: A

ders Sepsis, Psoriasis, rheumatoide Arthritis (Synovialflüssigkeit)

sensitive parameter for the early diagnosis of neonatal bacterial infection. Pediatrics 93:54–58

Interpretation. Eine ausgewiesene klinische Bedeutung hat die Be-

Interleukin-8 A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Neutrophile-aktivierendes Protein (NAP-1) Englischer Begriff. interleukin-8; neutrophil-chemotactic factor (protein); NCF

Definition. Zur Chemokin-Superfamilie gehörendes, vorwiegend in aktivierten Monozyten synthetisiertes, unglykosyliertes, niedermolekulares Zytokin mit aktivierender Wirkung auf neutrophile Granulozyten und klinischer Bedeutung in der Pathogenese entzündlicher Prozesse.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Synthese vor allem in stimulierten Monozyten, aber auch Makrophagen, Fibroblasten, Endothelzellen, Keratinozyten, Synoviazellen, Hepatozyten, Melanozyten, Chondrozyten und einer Reihe von Tumorzellen. Expressionsstimulation durch Interleukin-1 (IL-1), 7 Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Phorbolester, bakterielle Lipopolysaccharide u. a. Interferon-γ wirkt als Costimulator. Inhibitoren sind Glukokortikoide, Interleukin-4 (IL-4), 7 transforming growth factor-β (TGF-β), 1,25 (OH)2-Vitamin D3 (7 Vitamin D) u. a. Synthese erfolgt als höhermolekulare Proform (99 Aminosäuren), die durch spezifische Proteasen in das nichtglykosylierte Polypeptid (72 Aminosäuren) der Molmasse 8 kDa prozessiert wird. Ausgeprägte Resistenz gegenüber Plasmapeptidasen, Hitze, extremen pH und anderen denaturierenden Einflüssen. Auftreten mehrerer, biologisch aktiver N-terminaler Varianten mit längeren (77–79 Aminosäuren) und kürzeren Formen (69 Aminosäuren). Zwei intramolekulare Disulfidbrücken. Genlokus auf Chromosom 4q12q21. Signalübertragung erfolgt über ein dimeres Glykoprotein (Molmassen der Untereinheiten 59 und 67 kDa), das zur Familie der GProtein-gekoppelten Rezeptor-Protein-Familie gehört (CD128). Im

Analytik. 7 Enzymimmunoassay Referenzbereich — Erwachsene. stark methodenabhängig, Richtwerte für Serum/Plasma: < 62 ng/L

Indikation. Entzündliche Prozesse unterschiedlicher Ursache, beson-

stimmung von IL-8 in Körperflüssigkeiten zurzeit nicht. Es kann lediglich als Surrogat-Kenngröße, insbesondere bei Sepsis, Psoriasis und rheumatoider Arthritis dienen.

Diagnostische Wertigkeit. Gegenwärtig eingeschränkt. Literatur. Hoch RC, Schraufstätter IU, Cochrane CG (1996) In vivo, in vitro and molecular aspects of interleukin-8 and the interleukin-8 receptors. J Lab Clin Med 128:134–145 www.copewithcytokines.de

Interleukin-10 A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). T-Zellen-Wachstumsinhibitor; IL-10 Englischer Begriff. interleukin-10; T-cell growth inhibitory factor; TGIF; cytokine synthesis inhibitory factor; CSIF Definition. Von aktivierten peripheren T-Lymphozyten synthetisiertes Zytokin mit pleiotropen immunosuppressiven und -stimulatorischen sowie antiinflammatorischen Wirkungen. i IL-10 wird synthetisiert von aktivierten CD8 (+) peripheren TLymphozyten, von T-Helfer CD4 (+) T-Zellklonen nach Antigen-spezifischer und polyklonaler Aktivierung, von B-Zell-Lymphomen, von Monozyten nach Aktivierung durch bakterielle Lipopolysaccharide und von Mastzellen. Homodimeres Protein der Molmasse 35–40 kDa und einer Untereinheitenlänge von 160 Aminosäuren. Signalübertragung über einen Rezeptor der Molmasse ~110 kDa (CDw 210).

Biologische Wirkungen: 5 Hemmung der Synthese mehrerer inflammatorischer Zytokine: IFN-γ, TNF-β, GM-CSF, IL-1, IL-2, IL-6, IL-8, IL-12, TNF-α, (abhängig vom jeweiligen Zelltyp)

I

734

Interleukine

5 Hemmung der Mitogen- oder Anti-CD3-induzierten Proliferation von T-Zellen 5 Potente und spezifische Chemoattraktion von humanen T-Lymphozyten 5 Kostimulator der Proliferation von Mastzellen (in Gegenwart von IL-3 und/oder IL-4) und peripheren Lymphozyten 5 Kostimulator des Wachstums von reifen und unreifen Thymozyten (zusammen mit IL-2, IL-4 und IL-7) und Funktionen als zytotoxischer T-Zellen Differenzierungsfaktor. Konzentrationsbestimmungen im Serum können entweder funktionell mit einem Bioassay unter Verwendung der murinen Mastzellenlinie D36 oder mit ELISA bzw. verwandten immunologischen Methoden erfolgen. Eine klinische Indikation zur Konzentrationsbestimmung besteht gegenwärtig nicht. Ein Einsatz in der Sepsisdiagnostik ist Studien vorbehalten.

Literatur. Fickenscher H, Hor S, Kupers H et al (2002) The interleukin-10 family of cytokines. Trends Immunol 23:89–96

Interleukine H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. interleukins; IL Definition. Proteine, die von verschiedenen Zellarten sezerniert werden und physiologische Prozesse innerhalb derselben (autokrine Wirkung) oder anderer Zellen (para- oder endokrine Wirkung) einleiten oder modifizieren zu können. i Interleukine gehören als Zytokine zu den Molekülen, die Signale

von Zelle zu Zelle vermitteln. Die Interleukine beeinflussen 7pleiotrop Homöostase, Entwicklung, Zellaktivität und Differenzierung verschiedener immunkompetenter Zellarten. Außerdem regulieren Interleukine neben der eigenen Produktion auch ihren Wirkeffekt, indem sie Zahl und Dichte ihrer Rezeptoren auf der Zelloberfläche beeinflussen. Die Effekte werden durch Bindung an spezifische Rezeptoren vermittelt. Gegenwärtig sind 31 Interleukine charakterisiert. Einige wenige Interleukine, wie 7 Interleukin-6 und 7 Interleukin-8 haben im Rahmen der Sepsisdiagnostik Eingang in die labormedizinische Routinediagnostik gefunden. Der weitaus größere Teil der bisher bekannten Interleukine bleibt Anwendungen im Bereich von Forschung und Entwicklung vorbehalten.

Literatur. www.copewithcytokines.de

Interleukine als Sepsismarker 7 Sepsiskenngrößen

Intermediäre Merkmalsausbildung R. Weiskirchen

Definition. Phänotypische Ausprägung eines bestimmten Erbmerkmals durch Zusammenwirkung zweier verschiedener 7 Allele.

umgebaut zu LDL. In der konventionellen Diagnostik werden sie meist unter die LDL-Fraktion subsumiert, auch wenn dies nicht ganz korrekt ist.

International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). IFCC Definition. Die IFCC ist eine weltweit agierende, internationale, 73 nationale Gesellschaften umfassende Organisation der Klinischen Laboratoriumswissenschaften, die in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Fachgesellschaften, der Diagnostika-Industrie sowie nationalen und internationalen Entscheidungsträgern Interessen der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin vertritt. i Die IFCC wurde im Jahr 1952 gegründet als ein international

zusammengesetzter und agierender Verband aus gegenwärtig 73 nationalen wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin, die in vier regionale Föderationen gegliedert sind und etwa 35.000 laboratoriumsmedizinische Spezialisten weltweit vertritt. Die Ziele sind: 5 Vertretung der Interessen von Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin auf internationaler Ebene 5 Bereitstellung eines Forums für Standardisierungen mit Aufstellung von Referenzsystemen, welche auf internationaler Kollaboration basieren 5 Verbesserung der Qualität der Gesundheitsfürsorge für Individuen und Gemeinschaften 5 Förderung kontinuierlicher Weiterbildung durch Organisation von Kongressen, Konferenzen und Symposia 5 Entwicklung globaler Konzepte für die Laboratoriumsmedizin. Diese Ziele werden erreicht durch internationale Kooperationen, z. B. mit der World Health Organisation (WHO), 7 International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC), International Organisation for Standardisation (ISO), 7 National Committee for Clinical Laboratory Standards (NCCLS), World Association of Societies of Pathology and Laboratory Medicine (WASP). Strukturell setzt sich IFCC aus einem Council und einem Executive Board zusammen, dem verschiedene Committees, Divisions und Working Groups zugeordnet sind. Adresse IFCC OFFICE Via Carlo Farine 81 20159 Milano, Italien Telefon: + 39 02 66809912 Telefax: + 39 02 60781846 E-Mail: [email protected] Internet: www.ifcc.org

International Normalized Ratio P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). Prothrombinzeit-Ratio

Intermediate density lipoprotein

Englischer Begriff. international normalized ratio; INR

K.J. Lackner, D. Peetz

Definition. Um die Überwachung der oralen Antikoagulation zu verbessern, wurde von der WHO im Jahr 1983 eine Standardisierung des Quick-Tests (7 Thromboplastinzeit) vorgenommen und die INR eingeführt. Die INR soll zu einer Verbesserung der Vergleichbarkeit der Messungen mit verschiedenen Thromboplastinen führen.

Synonym(e). IDL Englischer Begriff. intermediate density lipoprotein Definition. Lipoproteine mit einer hydratisierten Dichte von 1,006– 1,019 g/mL. i IDL sind eine kleine Lipoproteinfraktion, die in Dichte, Größe,

Lipid- und Proteinzusammensetzung zwischen 7 Very low density lipoprotein (VLDL) und7 Low density lipoprotein (LDL) liegen. Sie entstehen im Stoffwechsel der plasmatischen Lipoproteine aus VLDL hauptsächlich durch die Einwirkung der Lipoproteinlipase und stellen im Prinzip ein VLDL-Remnant-Partikel dar. IDL werden weiter

i Die Verwendung verschiedener Thromboplastine, die Kalibrie-

rung an verschiedenen Normalplasmen und Benutzung verschiedener Gerätetypen führt dazu, dass die Ergebnisse des Quick-Tests zwischen den einzelnen Laboren nicht übereinstimmen. Die INR, gemessen in der stabilen Phase einer oralen Antikoagulationstherapie, bezieht das laboreigene Messergebnis auf einen Standard. Hierzu wird jedem Reagens ein International Sensitivity Index (ISI) zugeordnet, der dessen Empfindlichkeit gegenüber einem Faktorenmangel (Cumarin-indu-

Internationales Wörterbuch der Metrologie

ziertem Mangel an 7 Vitamin-K-abhängigen Faktoren) angibt. Der ISI des 1. WHO-Standards beträgt 1,0. An ihm werden alle weiteren WHO-Standards und kommerzielle Thromboplastine kalibriert. Die INR berechnet sich folgendermaßen: INR = [Prothrombinzeit-Ratio]ISI, wobei die Prothrombinzeit-Ratio = Thromboplastinzeit des Patientenplasmas/ Thromboplastinzeit vom Normalplasmapool Die ISI eines Thromboplastins wird dadurch bestimmt, dass man die Prothrombinzeit-Ratio von einem Normalplasmapool und Patienten unter oraler Antikoagulation, die man mit diesem Reagenz erhält, gegen die Werte, die man mit dem WHO-Thromboplastin misst, logarithmisch aufträgt. Der ISI ist die Steigung der Kalibrierungsgeraden.

Literatur. Barthels M, Poliwoda H (1998) Gerinnungsanalysen. Thieme, Stuttgart

International Organization for Standardization T. Arndt

Synonym(e). ISO; Internationale Organisation für Normung Englischer Begriff. International Organization for Standardization; ISO

Definition. ISO ist ein Netzwerk von nationalen Normungsinstitutionen aus 156 Ländern mit einem Mitglied pro Land und Zentrale in Genf, die das Netzwerk und dessen Aktivitäten koordiniert. i ISO ist eine regierungsunabhängige Organisation, da die Mitglie-

der nicht Delegierte ihrer jeweiligen Regierung sind. Dennoch nimmt ISO eine Sonderstellung zwischen öffentlichem und privatem Sektor ein. Einerseits sind die Mitglieder Teil der Regierungsstrukturen der einzelnen Länder oder durch ihre Regierungen bevollmächtigt und andererseits stammen die Mitglieder oft aus nationalen Vereinigungen von Industrieverbänden, d. h. aus dem privatem (Wirtschafts-) Sektor. Die internationale Standardisierung begann im Jahr 1906 auf dem Gebiet der Elektrotechnik mit der International Electrotechnical Commission (IEC), 1926 wurde die International Federation of the National Standardizing Associations (ISA) gegründet, deren Tätigkeitsschwerpunkt auf dem Gebiet des mechanischen Ingenieurwesens lag. Die ISA stellte ihre Arbeit 1942 ein. Im Jahr 1946 trafen sich Delegierte aus 25 Ländern in London. Dort wurde die am 23. Februar 1947 realisierte Gründung der ISO beschlossen. Je Land wird nur ein Mitglied in die ISO aufgenommen. Dieses vertritt die Landesinteressen. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies seit 1951 das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN). Die internationalen ISO-Normen (ISO standards) werden in englischer Sprache veröffentlicht und in Verantwortung von den nationalen Normungsorganisationen in die Landessprache übersetzt. Es gibt verschiedene Formen von Normen, von denen für das klinisch-chemische Labor u. a. die ISO 1000 (SI-Einheiten) und die ISO 9001 und 9004 (Qualitätsmanagement) von Bedeutung sind.

Literatur. www.iso.org

International Sensitivity Index (ISI) 7 International Normalized Ratio

International Society of Blood Transfusion K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). ISBT; Société Internationale de Transfusion Sanguine (SITS)

Definition. Im Jahr 1935 gegründete internationale wissenschaftliche Gesellschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, Studien zur Bluttransfusion zu unterstützen und die Transfusionsmedizin zu fördern. Die Gesellschaft fördert die Standardisierung und Harmonisierung im Bereich

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der Bluttransfusion. Es wurde dabei u. a. eine Klassifikation der verschiedenen humanen 7 Blutgruppensysteme unter einer allgemeinen Nomenklatur erarbeitet.

International Union of Pure and Applied Chemistry A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). IUPAC Definition. Internationale wissenschaftliche, regierungsunabhängige Organisation mit dem Ziel, die weltweite Anwendung der Chemie zu fördern u. a. durch Standardisierung der chemischen Nomenklatur, Terminologie, Messmethoden und Symbole. i IUPAC wurde im Jahr 1919 von Chemikern aus Industrie und

Universitäten gegründet mit dem Ziel, die weltweite Kommunikation der chemischen Wissenschaften durch Publikationen und Tagungen zu fördern und den akademischen, industriellen und öffentlichen Sektor der Chemie zu verbinden. IUPAC ist die Weltautorität bei Empfehlungen zur Standardisierung von Gewichten, Maßen, Namen und Symbolen und erarbeitet Vorschläge zur chemischen Nomenklatur, Terminologie, zur Standardisierung von 7 Messmethoden und Atomgewichten sowie physikalischen Konstanten. IUPAC ist weiterhin fokussiert auf die Etablierung von Verfahren zur 7 Qualitätssicherung in Analytik und Präanalytik sowie auf die Entwicklung von Protokollen zur Zertifizierung analytischer Laboratorien nach ISO 9000. Die Aufgaben werden von ständigen Komitees und Divisionen übernommen, die einem Council unterstehen. Geschäftsstelle: IUPAC Secretariat PO Box 13757 Research Triangle Park, NC 27709-3757, USA Telefax: +1-919-485-8706 E-Mail: [email protected]

Literatur. http://www.iupac.org

Internationale Organisation für Normung 7 International Organization of Standardization

Internationales Einheitensystem 7 Einheitensystem, internationales; 7 SI-Einheiten

Internationales Größensystem W.-R. Külpmann

Synonym(e). ISQ Englischer Begriff. International system of quantities Definition. Größensystem auf der Grundlage der sieben Basisgrößen Länge, Masse, Zeit, elektrische Stromstärke, thermodynamische Temperatur, Stoffmenge und Lichtstärke [VIM 2010]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Internationales Wörterbuch der Metrologie W.-R. Külpmann

Synonym(e). Vocabulaire international de métrologie; VIM Definition. Zusammenstellung der Definitionen von grundlegenden Begriffen der Metrologie (Lehre von den Maßen, Gewichten und Maßsystemen). i Das VIM gibt Definitionen für grundlegende Konzepte in der Metrologie sowie der dazugehörigen Begriffe. Es kommt ihm auf diesem Gebiet die höchste Priorität zu. Zahlreiche Kommissionen aus

I

736

Interphase

verschiedenen Fachgebieten haben sich am VIM beteiligt, um einen einheitlichen Gebrauch der Begriffe über Schranken der jeweiligen Wissensgebiete hinweg zu gewährleisten. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur besseren Verständigung zwischen den Disziplinen geleistet. Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn jeder die vereinbarten Definitionen wortwörtlich übernimmt und entsprechend anwendet. In der 3. Auflage wird die Messunsicherheit nicht mehr ausgehend von einem wahren Wert behandelt. Vielmehr geht man davon aus, dass eine Messung nur die Zuordnung eines Intervalls von sinnvollen Werten für eine Messgröße erlaubt. Ein einziger Wert für eine Messgröße kann wegen der stets nur unvollständig definierbaren Messgröße (7 Eigenunsicherheit) trotz der zuverlässigsten Messung nie angegeben werden. Gemäß GUM (Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement 1993; korrigiert und neuaufgelegt 1995) geht man allerdings davon aus, dass die Unsicherheit in der Messgrößendefinition gegenüber anderen Beiträgen zur Messunsicherheit vernachlässigbar ist. Aus dem neuen, in der 3. Auflage gewählten Ansatz ergibt sich, dass manche Begriffe der 2. Auflage nun fehlen und andererseits einige Begriffe lediglich in der 3. Auflage zu finden sind.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM). Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Interphase R. Weiskirchen

Definition. Zeitabschnitt zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zellteilungen (7 Mitose). Sie wird unterteilt in G1-, S-, und G2-Phase (7 Zellzyklus).

nen mit separatem genetischen Ursprung besteht. Das native Molekül besitzt zwei Schwerketten, H1 und H2, der Molmassen 65–101 bzw. 70–106 kDa. H1 und H2 sind kovalent über ein Chondroitinsulfat mit einer glykosylierten Leichtkette (Bikunin) mit der Molmasse von ~30 kDa verbunden. Die ungewöhnliche kovalente Verbindung dieser 3 Peptidketten, als Protein-Glykosaminoglykan-Protein-Crosslinking bezeichnet, ist einzigartig. Funktionen: 5 Serin-Proteinaseninhibitor: Trypsin, Chymotrypsin, Acrosin, Kathepsin G, Granulozytenelastase. |α| macht weniger als 5 % der gesamten Trypsin-inhibitorischen Kapazität des Plasmas aus 5 Stabilisierung der extrazellulären Matrix 5 Hemmung der Bildung von Calciumoxalatkristallen (-Steinen) in anorganischen Lösungen (Funktion des Bikunins) Mögliche pathogenetische Bedeutung für Alzheimer-Erkrankung, verschiedene Entzündungsprozesse wie septischer Schock, Karzinom und akutes Atemnotsyndrom (ARDS). Serumkonzentration: 0,2–0,7 g/L Eine klinische Indikation zur Konzentrationsbestimmung im Serum gibt es nicht.

Literatur. Zhuo LS, Hascall VC, Kimata K (2004) Inter-alpha-trypsin inhibitor, a covalent protein-glycosaminoglycan-protein complex. J Biol Chem 279:38079–38082

Intervallschätzer; Intervallschätzung 7 Schätzer

Intervallskala W.-R. Külpmann

Interquartilsabstand R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Quartilsabstand Englischer Begriff. interquartile range; quartile range Definition. Der Interquartilsabstand ist definiert als die Differenz

zwischen dem 7 75 %-Quantil und dem 7 25 %-Quantil.

i Der Interquartilsabstand ist ein ausreißerunempfindliches (robustes) Maß für die 7 Variabilität der Messergebnisse. Er beschreibt das Ausmaß der Variabilität der zentralen 50 % der Daten. Während Addition bzw. Subtraktion einer Konstanten zu allen Messwerten den Wert des Interquartilsabstands nicht beeinflussen, wirken sich Multiplikation bzw. Division aller Messwerte mit bzw. durch einen konstanten Faktor derart auf den Interquartilsabstand aus, dass sich dieser gemäß derselben mathematischen Operation ändert. Die letztgenannte Eigenschaft des Interquartilsabstands findet insbesondere bei einer Änderung der Messskala Verwendung.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Synonym(e). Differenzskala Englischer Begriff. interval scale; difference scale i Die Intervallskala besteht aus einem Satz von Werten, die aus

dem Produkt einer Zahl und einer Einheit bestehen. Sie sind ihrer Größe gemäß angeordnet. Im Gegensatz zur 7 Ordinalskala bedeuten gleiche Differenzen der Zahlenwerte gleiche Größenunterschiede. Beispiel: Temperaturskalen.

Literatur. Dybkaer R, Jorgensen K (1989) Measurement, value, and scale. Scand J Clin Lab Invest 49, Suppl 194: 69–76

Intestinale alkalische Phosphatase 7 Kasahara-Isoenzym

Intra-assay-Unpräzision 7 Unpräzision in der Serie

Intrachromosomale Rekombination 7 Rekombination, intrachromosomale

Interstitial cell stimulating hormone (ICSH) 7 Luteinisierendes Hormon

Intraindividuelle Variabilität 7 Variabilität, intraindividuelle

Inter-α-Trypsininhibitor A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). π-Protein Englischer Begriff. inter-α-trypsin inhibitor, protein π Definition. Komplexes Molekül mit einer durch Protein-Glykosaminoglykan-Protein Cross-linking gekennzeichneten besonderen Struktur und der Funktion eines Serin-Proteinaseinhibitors ohne klinisch-diagnostische Bedeutung. i In den Hepatozyten synthetisiertes, komplex strukturiertes Molekül (Molmasse ~200 kDa), das aus 3 differenten, glykosylierten Protei-

Intraklass-Korrelation 7 Korrelationskoeffizient nach Pearson

Intraklass-Korrelationskoeffizient 7 Korrelationskoeffizient, Intraklass-

Intranet O. Colhoun

Englischer Begriff. intranet

Inverse Transformation

Definition.

Privates (unternehmenseigenes/krankenhauseigenes) Netzwerk, das mit der Technologie des Internet arbeitet.

i Es verwendet also Protokolle der Reihe 7 TCP/IP, die Beschreibungssprachen 7 HTML und 7 XML sowie Web-Browser zur Darstellung der Inhalte. Die Netzstruktur basiert wie beim Internet auf einer Client-Server-Architektur. Im Unterschied zum Internet steht das Intranet aber nur einem begrenzten und lokalen Benutzerkreis zur Verfügung.

Intrathekale Immunglobulin(Ig)-Synthese 7 Liquor-Immunantwort, humoral

Intravasale Hämolyse 7 Hämolyse

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geführten Inulin-Clearance wurde Inulin als Einzelinjektion oder Infusion in den Kreislauf gebracht und durch Messung nach definierter Zeit im Plasma die Abnahme der Inulinkonzentration gemessen und daraus die Clearance berechnet. Alternativ wurde eine Methode eingeführt, bei der die Ausscheidungsrate in drei genau definierten Sammelperioden gemessen wurde. Eine Dosis von 25 mL einer 10 %igen Lösung von Inulin wird intravenös injiziert, gefolgt von einer Infusion von 500 mL 1,5 %iger Lösung in physiologischer Kochsalzlösung. Die Infusion wird mit 4 mL/min fortgesetzt. Nach Leerung der Blase 30 min nach Injektion werden drei 20-minSammelperioden angeschlossen. In allen drei Urinen wird Inulin gemessen und die Clearance aus dem Mittelwert berechnet. In Folge wurden Verfahren mit radioaktiv markiertem Inulin verwendet, um als Marker der nuklearmedizinischen Clearance zu dienen.

Analytik. Photometrisch chemisch oder durch Messung des verwendeten Isotops

Intrazellulärer Raum 7 Wasserhaushalt

Intrinsic Faktor 7 Vitamin B12

Intrinsic-Faktor-Bindungstest 7 Vitamin B12; 7 Vitamin-B12-Resorptionstest

Intron R. Weiskirchen

Synonym(e). Sequenz, intervenierende Definition. Nicht-codierender Teil eines 7 Gens, der die in den Exons angeordnete genetische Information unterbricht und nicht in Eiweißmoleküle umgeschrieben wird i Diese Sequenzelemente werden zusammen mit den codierenden

Sequenzabschnitten (7 Exons) transkribiert und dann aus der Prä7 mRNA ausgeschnitten (7 RNA-Spleißen) und die Exons gleichzeitig kovalent verknüpft. Introns können wichtige Regulationssignale enthalten, die Auswirkung auf die 7 Transkription haben.

Konventionelle Einheit. mL/min Internationale Einheit. mL/s (nicht eingeführt) Referenzbereich — Frauen. 84–150 mL/min Referenzbereich — Männer. 68–152 mL/min Referenzbereich — Kinder. nicht angewendet Diagnostische Wertigkeit. Diese Verfahren blieben mit Einführung der endogenen 7 Kreatinin-Clearance auf wissenschaftliche Fragestellungen und als 7 Goldstandard auf wenige Kliniken beschränkt und werden seit den 60er Jahren nicht mehr durchgeführt. Auch das als Alternative beschriebene Verfahren mit Iohexol hat sich wegen der Verwendung exogener Stoffe zur Injektion nicht allgemein durchsetzen können. In der nuklearmedizinischen Bestimmung der glomerulären Clearance haben andere Marker wie 99Tc-DTPA oder 51Cr-EDTA Eingang gefunden. Literatur. Schmidt HAE (1966) Die Bestimmung des Glomerulumfiltrats mit nuklearmedizinischer Technik. Klin Wochenschr 44:625– 628 Tietz NW (1995) Clinical Guide to Laboratory Tests. 3rd edn. WB Saunders, Philadelphia

Invasion Inulin W.G. Guder

W.R. Külpmann

Definition. Aufnahme eines Pharmakons in den Organismus

Synonym(e). Polyfruktosan Englischer Begriff. inulin; polyfructosan Definition. Komplexe pflanzliche Zuckermoleküle aus Chicorée-, Zichorie-, Dahlienwurzeln u. a. Pflanzen aus 5–40 glykosidisch verknüpften D-Fruktosemonomeren, die alle wasserlöslich sind. i Hochpolymeres Inulin (Molmasse 5,2 kDa) wird als Marker für die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (7 Filtration, glomeruläre; 7 Clearance, glomeruläre) verwendet. Als Polyfructosan wurde ein niedermolekulares Inulin (Molmasse 3 kDa) für den gleichen Zweck verwendet. Oligomeres Inulin mit 5–10 Fruktoseresten dient als Balaststoff in Nahrungsmitteln und als Präbiotikum, um das Wachstum von Bifidusbakterien im Darm zu fördern.

Inulin-Clearance W.G. Guder

Englischer Begriff. inulin-clearance Definition. Verwendung des Fruktosepolymers 7 Inulin mit einer Molmasse von 5,2 kDa zur Messung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) (7 Filtration, glomeruläre).

Durchführung. Bei der im Jahr 1935 erstmals am Menschen durch-

Inverkehrbringen R. Weiskirchen

Definition. Gentechnologische Bezeichnung für die Freisetzung von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen. i Gentechnikrechtlicher Begriff, der Begriff wurde erstmalig defi-

niert im § 3 des Gesetzes zur Regelung der 7 Gentechnik in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066); Der Gesetzgeber untersagt die Weitergabe von gentechnisch veränderten Organismen (7 gentechnisch veränderter Organismus, GVO) an Dritte und das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes, soweit die Produkte nicht zu gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen bestimmt oder Gegenstand einer genehmigten Freisetzung sind. Das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zwecke der klinischen Prüfung gilt nicht als Inverkehrbringen.

Literatur. Buschhausen-Denker G, Deitenbeck D (Hrsg) (1995) Sicherheit in der Gentechnik, Handbuch für Projektleiter und Mitarbeiter in gentechnischen Anlagen. Ed. Temmen, Bremen

Inverse Transformation 7 Transformation, inverse

I

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Inverse Voltammetrie

Inverse Voltammetrie 7 Voltammetrie

Inversion R. Weiskirchen

Definition. Strukturanomalie eines Chromosoms bei dem ein Teilstück um 180° gedreht vorliegt i Vermutlich entsteht eine Inversion nach schleifenartigem Über-

kreuzen eines 7 Chromosoms und falschem Basenaustausch an der Kontaktstelle. Da kein Genverlust eintritt, wirken sich Inversionen meist nur dann phänotypisch erkennbar aus, wenn ihre Grenzen innerhalb von 7 Genen liegen.

Invertierte Sequenzwiederholung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. inverted repeat Definition. Allgemeine Bezeichnung für Sequenzelemente, die sich in umgekehrter Richtung (invertiert) in 7 Nukleinsäure-Molekülen wiederholen.

i Diese können nur wenige 7 Nukleotide lang sein, sich u.U. aber auch über mehrere hundert Basenpaare erstrecken. Eine invertierte Sequenzwiederholung liegt vor, wenn das gleiche Sequenzelement auf dem gleichen DNA-Strang einmal in Richtung 5’→3’ und einmal in Richtung 3’→5’ vorkommt. Aufgrund ihrer inversen Anordnung sind sie zu unterscheiden von direkten Sequenzwiederholungen (z. B. 7 Alu-Sequenzen), bei der das gleiche Sequenzelement auf einem DNA-Strang in der gleichen Leserichtung ein zweites Mal auftaucht. Ein Spezialfall der invertierten Sequenzwiederholung ist das sog. 7 Palindrom, bei dem zwei invertierte Sequenzwiederholungen innerhalb einer DNA direkt aufeinander folgen.

In vitro T. Arndt

Englischer Begriff. in vitro; in-vitro Definition. Von lat.: im (Reagenz-)Glas; in der Biochemie: Bezeichnung für Prozesse in einem isolierten, zellfreien Extrakt; in der Zellbiologie: Zellen, die in Kultur wachsen.

oder in Verbindung miteinander – nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern 5 über physiologische oder pathologische Zustände 5 über angeborene Anomalien 5 zur Prüfung auf Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei den potentiellen Empfängern 5 zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen Probenbehältnisse gelten als In-vitro-Diagnostika. Probenbehältnisse sind luftleere wie auch sonstige Medizinprodukte, die von ihrem Hersteller speziell dafür gefertigt werden, aus dem menschlichen Körper stammende Proben unmittelbar nach ihrer Entnahme aufzunehmen und im Hinblick auf eine In-vitro-Diagnose aufzubewahren. Erzeugnisse für den allgemeinen Laborbedarf gelten nicht als In-Vitro-Diagnostika, es sei denn, sie sind aufgrund ihrer Merkmale nach ihrer vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung speziell für Invitro-Untersuchungen zu verwenden. Vor dem Inverkehrbringen eines In-vitro-Diagnostikums hat der Hersteller sicherzustellen, dass die Anforderungen erfüllt werden. Der Nachweis wird im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens geführt. Dass die Anforderungen der Richtlinie erfüllt werden, wird durch die CE-Kennzeichnung (7 CE-Label) bestätigt. Im Allgemeinen kann das CE-Kennzeichen durch den Hersteller ohne Einschaltung von Dritten auf das In-vitro-Diagnostikum angebracht werden. Nur bei In-vitro-Diagnostika gemäß Anhang II, Listen A und B (Hochrisiko- und Risikoprodukte), der Richtlinie, ist eine benannte Stelle einzuschalten. Die benannte Stelle prüft, ob der Hersteller die besonderen Anforderungen der Richtlinie für die Invitro-Diagnostika gemäß Anhang II, Listen A und B, erfüllt. Die Anwendung von In-vitro-Diagnostika, z. B. von medizinischen Laboratorien, ist in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung geregelt.

Literatur. Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika Gesetz über Medizinprodukte vom 02. August 1994 (Medizinproduktegesetz – MPG) Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten vom 01. Januar 2002

In-vitro-Fertilisation R. Weiskirchen

i Im klinisch-chemischen Labor Bezeichnung für all jene Ana-

Synonym(e). Künstliche Befruchtung; IVF

lysen, die außerhalb bzw. ohne Kontakt zum lebenden Organismus in einer zumeist künstlichen Umgebung (Reagenzglas, Küvette etc.) durchgeführt werden. Hierzu gehören faktisch alle Untersuchungen des klinischen-chemischen Labors in Blut, Urin, Stuhl usw. Hiervon sind 7 In-vivo-Analysen, das heißt, Analysen im oder unmittelbar am lebenden Organismus abzugrenzen, z. B. In-vivo-Blutglukosemessungen bei Diabetikern.

Englischer Begriff. in vitro fertilization

In-vitro-Diagnostika-Richtlinie A. Steinhorst, U. Zimmermann

Synonym(e). IvD-Richtlinie Englischer Begriff. IVD-Directive (European Directive 98/79/EC on in vitro diagnostic medical devices) i Die Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des

Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (IvD-Richtlinie) legt die notwendigen Mindestanforderungen an In-vitro-Diagnostika fest, um den freien (Waren-)Verkehr in Europa unter optimalen Sicherheitsbedingungen zu gewährleisten. In Deutschland wurde die IvD-Richtlinie im 7 Medizinproduktegesetz verankert. Als „In-vitro-Diagnostikum“ gilt gemäß der Richtlinie jedes Medizinprodukt , das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System – einzeln

Definition. Bezeichnung für eine Fusion von 7 Gameten (Keimzellen), die künstlich herbeigeführt wird und außerhalb des Körpers stattfindet

Physikalisch-chemisches Prinzip. In einem ersten Schritt werden die Eierstöcke mit Fruchtbarkeitshormonen zur Reifung mehrerer Eizellen angeregt. Dies erhöht die Erfolgsaussichten der Behandlung. Mit Hilfe des Ultraschalls und einer feinen Nadel werden die Eizellen meist durch die Scheide gewonnen und in einer Nährflüssigkeit mit den Samen des Mannes zusammengebracht. In einem Brutschrank werden sie so lange bebrütet, bis die erfolgreich befruchteten Eizellen sich mehrfach geteilt haben. Sie werden dann über einen dünnen Schlauch (Katheter) zurück in die Gebärmutterhöhle injiziert (maximal drei befruchtete Eizellen). Man unterscheidet homologe und heterologe In-vitro-Fertilisationen (homologe IVF: mit Samen des Partners; heterologe IVF: mit Fremdsamen).

Einsatzgebiet. Die IVF wird seit dem Jahr 1978 in der Behandlung des unerfüllten Kinderwunschs eingesetzt. Instrumentierung. Der Transfer in die Gebärmutter erfolgt unter Ultraschallkontrolle. Fehlermöglichkeit. Komplikationen sind selten und betreffen direkte

In-vivo-Effekte von Medikamenten

Verletzungen, Eileiterschwangerschaften, Drillingsschwangerschaften.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Voraussetzungen für eine IVF sind eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, die Paare, von denen Ei- und Samenzellen verwendet werden, müssen verheiratet sein, die Durchführung muss durch einen entsprechend ermächtigten Arzt vorgenommen werden, negativer HIV- und Hepatitis-B-Status beider Partner; eine Rötelimmunität der Frau muss vorliegen, die Frau darf ihr 40. Lebensjahr nicht vollendet haben.

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Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (Hrsg) (2008) Bioanalytik. 2. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Watson JD, Gilman M, Witkowski J, Zoller M (1993) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford

In-vitro-Transkription R. Weiskirchen

Englischer Begriff. in vitro transcription; cell-free transcription Definition. Bezeichnung für die spezifische Synthese von RNA im

In-vitro-Mutagenese

zellfreien System

R. Weiskirchen

Physikalisch-chemisches Prinzip. Als Matrize wird gereinigte DNA

Synonym(e). Gezielte Genmodifikation; ortsspezifische Mutagenese Englischer Begriff. in vitro mutagenesis Definition. Sammelbegriff für In-vitro-Methoden, die gezielt eingesetzt werden, um die spontane 7 Mutationsrate eines Gens zu erhöhen Physikalisch-chemisches Prinzip. Moderne Methoden der 7 Molekularbiologie erlauben, einzelne oder mehrere Basen zu verändern bzw. kleine Insertionen oder Deletionen in die DNA einzubringen. Besonders die Mutagenese mittels Verwendung von synthetischen 7 Oligonukleotiden und Einsatz von 7 Restriktionendonukleasen sowie 7 Polymerase-Kettenreaktion-Technologie erlauben die Durchführung vielseitiger In-vitro-Mutagenesestrategien. Dabei unterwirft man die zu verändernde DNA, die das fragliche 7 Gen enthält, in vitro einer mutationsauslösenden Behandlung, wobei die DNA entweder chemisch oder enzymatisch verändert wird.

Einsatzgebiet. Die verschiedenen Verfahren zur Mutagenese lassen sich grob in zufällige und zielgerichtete Methoden einteilen. Zufällige Methoden setzen irgendwo in einer DNA Mutationen, sie eignen sich am besten zur Lokalsierung und Abgrenzung eines funktionellen Bereichs innerhalb eines DNA-Abschnittes. Zielgerichtete Ansätze erlauben das orts- oder sequenzspezifische Setzen von Mutationen und dienen oft der Untersuchung der Proteinfunktion.

Untersuchungsmaterial. Als Ausgangsmaterial für die gezielte Genmodifikation können alle Formen von DNA (genomische DNA, klonierte DNA, 7 cDNA) eingesetzt werden.

Instrumentierung. Für eine In-vitro-Mutagenese bedarf es eines molekularbiologischen Labors mit einer entsprechenden Umgangsgenehmigung für gentechnische Arbeiten.

Spezifität. Die ungerichtete Einführung von Mutationen findet i. d. R. nach dem Zufallsprinzip statt. Bei orts- und sequenzspezifischen Mutageneseverfahren wird vorab festgelegt, was man an der DNA verändern will.

Sensitivität. In der experimentellen Molekularbiologie kann nahezu

verwendet, die in spezielle Transkriptionsvektoren (7 Vektor) einkloniert ist. Unter Einsatz eines Proteinextraktes, der alle für die spezifische 7 Transkription essentiellen Proteinkomponenten, die vier Ribonukleotide, eine definierte Konzentration von Kationen (Mg2+, K+ etc.) und Puffersubstanzen sowie eine geeignete 7 RNA-Polymerase enthält, kann diese DNA in vitro transkribiert werden. Viele Vektoren tragen die Sequenzen von 7 Bakteriophagenpromotoren, die meist die Klonierungsstellen („multiple cloning site“, Polylinker) flankieren und durch spezifische RNA-Polymerasen aus Phagen (z. B. T3-, T7-, SP6-Phagen) transkribiert werden können.

Einsatzgebiet. Experimentell wird die In-vitro-Transkription ausgenutzt um eine Funktionsanalyse von Transkriptionsfaktoren zu erforschen. Fehlt z. B. ein für die Transkription wichtiger Faktor, so werden keine Transkripte hergestellt.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die In-vitro-Transkription wird in der Regel nur in der Grundlagenforschung eingesetzt. Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (Hrsg) (2008) Bioanalytik. 2. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

In-vitro-Translation R. Weiskirchen

Englischer Begriff. in vitro translation; cell-free translation Definition. Bezeichnung für die spezifische Biosynthese von Proteinen im zellfreien System. i Als Vorlage dient gereinigte mRNA, die in Gegenwart von Ribosomen, Proteinfaktoren, tRNA-Molekülen, Aminoacyl-Synthetasen, ATP, GTP, Aminosäuren in ein Proteinprodukt translatiert wird. Die notwendigen Komponenten werden insbesondere aus Retikulozytenlysaten von Kaninchen oder aus Weizenkeimlingen gewonnen. Komplementiert werden diese Lysate mit GTP, ATP bzw. einem ATPregenerierenden System sowie Magnesiumionen. Die In-vitro-Translation wird eingesetzt, um Proteine einer neu isolierten mRNA zu erstellen, die z. B. zur Immunisierung bei der Herstellung von Antikörpern eingesetzt werden können.

an jeder Position einer Ziel-DNA eine Mutation eingefügt werden.

Fehlermöglichkeit. Als Chemikalien zur Erzeugung von Mutationen werden insbes. alkylierende Verbindungen mit hohem mutagenen und karzinogen Potenzial eingesetzt. Die Personen, die eine In-vitroMutagenese durchführen, sind darüber aufzuklären.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die In-vitro-Mutagenese hat sich zu einer molekularbiologischen Standardmethode entwickelt. Die Einführung speziell konzipierter Reagenziensysteme zur Mutagenese, hat zu einer weiten Verbreitung dieser molekularbiologischen Technologie beigetragen. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die rekombinante DNATechnologie ermöglicht Gene als molekulare Klone zu isolieren, ihre Sequenz zu modifizieren, sie wieder zurück ins ursprüngliche System zu geben und ihre Funktion zu testen. Die In-vitro-Mutagenese ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel, die die genetische Forschung an höheren Organismen revolutioniert hat.

In vivo T. Arndt

Englischer Begriff. in vivo; in-vivo Definition. Untersuchungen bzw. Analysen, die im oder am lebenden Organismus durchgeführt werden. i Bezeichnung für klinisch-chemische Analysen, die im oder direkt

am lebenden Organismus durchgeführt werden, wie z. B. die Messung von Glukose in der Blutzirkulation mittels implantierbarer Glukosesonden. In-vivo-Analysen sind im klinisch-chemischen Labor im Vergleich zu den dort üblichen In-vitro-Untersuchungen (7 In vitro) selten, ggf. auf intensivmedizinische Überwachungen beschränkt.

In-vivo-Effekte von Medikamenten 7 Drogen als Einflussgrößen

I

740

Inzidenz

Inzidenz W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. incidence Definition. Unter der Inzidenz einer Krankheit versteht man die Anzahl der Krankheitsfälle, die in einer bestimmten Zeit neu auftreten.

Iod

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L = 0,00788 × μg/L, μg/L = 126,905 × μmol/L

Referenzbereich — Erwachsene. Serum: 40–80 μg/L (0,31– 0,63 μmol/L), Urin: 20–70 μg/Tag, von der WHO gefordert mindestens 100 μg/L Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf Iodmangel

Englischer Begriff. iodine

Interpretation. Die Iodversorgung wird durch die Bestimmung im Urin beurteilt. Die Ausscheidung soll mindestens 100 μg/L oder 150 μg/Tag betragen. Sie liegt in Deutschland jedoch nur bei 50– 70 μg/L. MAK-Wert: 1 mg/m3 (0,2 mL/m3)

Definition. Iod (chemisches Symbol: I) gehört zur Gruppe der Ha-

Diagnostische Wertigkeit. Beurteilung der Iodversorgung und des

D. Meissner

Synonym(e). Jod

logene, hat die Ordnungszahl 53 und ist ein essenzielles Spurenelement.

Struktur. Iod kommt in den Oxidationsstufen von –1 bis +7 vor. Im menschlichen Organismus liegt es hauptsächlich als Iodid oder als Bestandteil der Hormone 7 Triiodthyronin und 7 Thyroxin vor. Mehrere Isotope (123I, 125I, 131I) werden zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken verwendet.

Iodstatus.

Literatur. Köhrle J (2002) Iod. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 172–182 Zimmermann MB (2008) Jodine requirements and the risk and benefits of connecting iodine defiency in populations. J Trace Med Biol 22:8192

Molmasse. Relative Atommasse: 126,905 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Iod wird als Iodid oder organisch gebunden mit der Nahrung zugeführt, im proximalen Intestinaltrakt resorbiert und über das Blut in die Schilddrüse transportiert, wo es mit Hilfe eines Transporters, dem Natrium-Iodid-Symporter, in den Thyreozyten angereichert wird und nach Oxidation (7 Thyreoperoxidase, TPO) zur Synthese der Schilddrüsenhormone 7 Triiodthyronin (T3) und 7 Tetraiodthyronin (Thyroxin, T4) beiträgt. In der Schilddrüse werden 75 % des Iods gespeichert. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich mit dem Urin, daneben mit Schweiß und Stuhl. Körperbestand: 10–20 mg. Bedarf: Männer 75 μg/Tag, Frauen 65 μg/ Tag. Empfohlene Zufuhr: 200 μg/Tag (Schwangere 230, Stillende 260 μg/Tag). Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 15 μg/kg KG. Iodreich sind Seefische, Lebertran, Milch, Eier, Vollkorn. Eine wichtige Iodquelle ist iodiertes Speisesalz.

Halbwertszeit. Schilddrüse, Ganzkörper: 138 Tage, diverse Organe: 7–14 Tage

Funktion und Pathophysiologie. Die größte Bedeutung hat Iod als Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Die Hauptursache von Schilddrüsenfunktionsstörungen ist der Iodmangel, der in Mitteleuropa, auch in Deutschland, mit einer deutlichen Zunahme von Nord nach Süd weit verbreitet ist. Merkmale der unzureichenden Iodversorgung sind erhöhtes Wachstum der Schilddrüse (Struma) und die Bildung von kalten und heißen Knoten. Iodmangel in der Schwangerschaft kann zu schweren Schädigungen des Föten führen (Unterfunktion der Schilddrüse, Kretinismus). Von Experten wird gefordert, dem Iodmangel durch den Einsatz von iodiertem Speisesalz zu begegnen. Empfohlen wird eine tägliche Aufnahme zwischen 180 und 250 μg Iod, abhängig von Alter und Bedarf. Nebenwirkungen in Form von Fehlfunktionen der Schilddrüse oder Allergien sind erst ab Mengen von mehr als 1 mg/Tag zu erwarten.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin Probenstabilität. Proben nach Möglichkeit ohne Zeitverzug untersuchen oder sofort nach der Materialgewinnung einfrieren und bei –20 °C aufbewahren. Präanalytik. Alle Geräte, Gefäße und Chemikalien müssen iodfrei sein. Nach dem Reinigen Tenside, welche die Analytik stören, sorgfältig abspülen (Triton X-100 stört nicht).

Analytik. Fotometrie (7 Sandell-Kolthoff-Reaktion), Neutronenaktivierungsanlage (NAA), Ionenchromatographie Konventionelle Einheit. μg/L Internationale Einheit. μmol/L

Iodbestimmung nach Sandell-Kolthoff 7 Sandell-Kolthoff-Reaktion

Ion 7 Nettoladung

Ion, nicht-resonantes 7 Massenspektrometrie

Ion, resonantes 7 Massenspektrometrie

Ionen, mehrfach geladene B. Güssregen

Englischer Begriff. multiple charged ions i In der Massenspektrometrie erfolgt die Massentrennung von Ionen nach dem Masse/Ladungsverhältnis m/z. Doppelt oder mehrfach (n) geladene Ionen werden daher bei halber bzw. 1/n Masse detektiert.

Ionenaktivität 7 Elektrolyte

Ionenaustausch 7 Reinstwasser

Ionenaustauschchromatographie T. Arndt

Synonym(e).

Anionenaustausch-Chromatographie; Kationenaustausch-Chromatographie; Ionenchromatographie; IC

Englischer Begriff. ion exchange chromatography; anion exchange chromatography; cation exchange chromatography; IC Definition. Eine Form der 7 Flüssigkeitschromatographie, die zur Analyse von Substanzen, die als Ionen vorliegen, eingesetzt wird. i Die Trennung der Probenbestandteile beruht auf elektrostati-

schen Wechselwirkungen der Analyte mit der 7 stationären Phase.

Ionenpaar-Chromatographie

Diese enthält über eine Abstandsgruppe kovalent an eine polymere Matrix gebundene ionische Gruppen (z. B. -SO3– Na+, -N+R3Cl–). Während des Ionenaustauschprozesses werden die Gegenionen von der Oberfläche der stationären Phase (z. B. Na+ oder Cl–) gegen Analytionen (z. B. 7 Katecholamine oder 7 5-Hydroxyindolessigsäure) ausgetauscht. Damit wird der Analyt aus der Probenmatrix abgetrennt und gleichzeitig auf der Ionenaustauscher-Oberfläche angereichert. Durch anschließende Elution mit einem Ion stärkerer Affinität zum Ionenaustauscher oder deutlich höherer Konzentration werden die Analytionen eluiert und bei Eintreffen im Detektor detektiert. Dabei bewirkt eine starke Affinität der Analytionen zu den ionischen Gruppen der stationären Phase eine lange Elutionszeit. Unter Berücksichtigung der Ladung der ausgetauschten Ionen spricht man auch von Kationenaustausch-Chromatographie und Anionenaustausch-Chromatographie. Werden anorganische Ionen getrennt und z. B. mit Leitfähigkeitsdetektoren nachgewiesen, bezeichnet man dies auch als Ionenchromatographie (IC).

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag GmbH, Darmstadt

Ionenbeziehung H. Fiedler

Synonym(e). Ionenbindung; elektrovalente Bindung Englischer Begriff. ionic bond; electrovalent linkage Definition. Die freien Carboxyl- und Aminogruppen eines Peptids oder Proteins liegen im physiologischen pH-Bereich in ionisierter Form vor. Die elektrostatischen Anziehungskräfte bezeichnet man als elektrovalente oder Ionenbindungen. i Es handelt sich um die ionisierbaren Endgruppen der Peptidketten, die zweite Carboxylgruppe der sauren bzw. die zweite Amino- oder Guanidingruppe der basischen Aminosäuren. Es gibt einen kontinuierlichen Übergang zu den schwachen Anziehungskräften zwischen polaren Gruppen (Dipolen) und den London-van der Waalsschen Dispersionskräften (7 Van-der-Waals-Kräfte), die nur bei Atomabständen von < 0,5 nm wirksam werden und auf der Asymmetrie der Elektronenverteilung beruhen. Die Unterschiede der elektrostatischen Kräfte der Proteine werden zu Trennverfahren genutzt, wie bei der 7 Ionenaustauschchromatographie.

Ionenbindung 7 Ionenbeziehung

Ionenchromatographie 7 Ionenaustauschchromatographie

Ionenfalle 7 Massenspektrometrie

Ionenmobilitätsspektrometrie T. Arndt

741

schen des entsprechenden Objekts aufgenommen und auf eine Membran überführt oder mit Hilfe eines hierfür entwickelten Staubsaugers auf einem Membranfilter aus Teflon gesammelt. Nach Einbringen des Filters in das Analysensystem werden die adsorbierten Substanzen thermisch desorbiert und in die Gasphase überführt. Mit einem Strom eines Drift- oder Trägergases (gefilterte, trockene Umgebungsluft) werden die Gasmoleküle in die Reaktionskammer transportiert und durch Beschuss mit hochenergetischen Elektronen (63Ni-Quelle als β-Strahler) ionisiert. Dabei entstehen positiv und negativ geladene Ionen. Zur Detektion positiver Ionen werden dem Driftgas Spuren von Nicotinamid beigemischt, welches als Reaktant in der Reaktionskammer fungiert. Dort überträgt das protonierte Nicotinamid ein Proton auf Analytmoleküle mit einer vergleichsweise höheren Protonenaffinität (z. B. die meisten Alkaloide). Alle 20 ms gelangen die Ionen über ein elektronisch angesteuertes und nur 200 μs offenes Gitter in die beheizte Driftstrecke. Unter dem Einfluss des elektrischen Feldes und entgegen dem Driftgasstrom werden die Ionen in Richtung der Kollektorelektrode beschleunigt. Unter definierten Bedingungen (Driftstrecke, Druck, Feldstärke, Temperatur etc.) wird die Driftgeschwindigkeit und damit die Driftzeit jedes Ions u. a. von dessen Masse und Ionengeometrie bestimmt. Die Driftzeit ist somit substanzspezifisch. Sie kann zur Identifizierung von Probenbestandteilen genutzt werden. Die Höhe des Messsignals ist dabei der Menge der vom Detektor registrierten Ionen und damit der Analytmenge proportional. Zur Detektion von unter das 7 Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanzen wird im positiven Ionenmodus gearbeitet. Im negativen Modus werden z. B. organische Sprengstoffe detektiert.

Einsatzgebiet. Zivile und militärische Umweltüberwachung. Es handelt sich hierbei um die ursprüngliche Anwendung der Ionenmobilitätsspektrometrie mit sog. „Schnüffeldetektoren“, d. h. tragbaren Ionenmobilitätsspektrometern, die z. B. gasförmige Kampfstoffe direkt in der Umgebungsluft nachweisen (Spürpanzer „Fuchs“). Später wurde das Einsatzgebiet um die Detektion von Rauschmitteln und Sprengstoffen in forensisch-chemischen und kriminalistischen Laboratorien erweitert. Untersuchungsmaterial. Fingernagelschmutz, Nasenabstriche, Pulver und Tabletten, Aufnahme von geringsten Drogenspuren von Oberflächen von Geräten und Instrumenten zur Drogenherstellung und -verteilung, Kleidungsstücken, Brief- und Paketsendungen durch Wischen oder Saugen (ohne Öffnung der Sendung). Instrumentierung. Ionenmobilitätsspektrometer sind als Handgeräte für Vorortuntersuchungen und als Tischgeräte für das Labor verfügbar.

Spezifität. Die Spezifität ist hoch. Ein positives Analysenergebnis wird dennoch im Rahmen der Beweiskette aus Screening- und Bestätigungsanalyse durch eine zweite, von der IMS unabhängige Analysenmethode, wie GC-MS aber auch DC sowie FT/IR-Spektroskopie überprüft.

Sensitivität. Die Sensitivität ist außerordentlich hoch. Substanzmengen im ng- bis pg-Bereich sind nachweisbar. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Anschaffungskosten für ein Ionenmobilitätsspektrometer betragen 50.000–100.000 Euro. Die Kosten für Verbrauchsmaterialien sind gering (< 1 Euro). Der hohe Stellenwert der Methode bei der Verhinderung und Aufdeckung von Verbrechen rechtfertigen die insgesamt relativ hohen Analysenkosten (Apparat und Personal).

Synonym(e). Plasmachromatographie; IMS

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die IMS ist eine sehr schnel-

Englischer Begriff. ion mobility spectrometry; IMS

le, präzise und spezifische forensisch-chemische und kriminalistische Analysenmethode, die aus forensischer Sicht auf gleicher Ebene mit HPLC, GC und GC-MS gesehen wird.

Definition. Analysenmethode bei der chemische Verbindungen aufgrund ihrer Mobilität in der Gasphase und einem elektrischen Feld charakterisiert und quantifiziert werden können. Physikalisch-chemisches Prinzip. Ein Ionenmobilitätsspektrometer besteht stark vereinfacht aus einem Probenträger, einer Ionisierungsquelle, einem elektronischen Gitter, einer Driftröhre mit einer definierten Driftstrecke und einem Detektor. Zunächst wird das zu untersuchende Probenmaterial durch Abwi-

Literatur. Keller T, Binz R, Regenscheit P et al (1996) Ionenmobilitätsspektrometrie. Kriminalistik 1:67–70, 137–141

Ionenpaar-Chromatographie T. Arndt

Englischer Begriff. ion-pair chromatography

I

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Ionenquelle

Definition. Eine Form der Chromatographie, bei der den zu bestimmenden Ionen zumeist in der mobilen Phase ein Gegenion (mit entgegengesetzter Ladung) angeboten wird, sodass beide Ionen ein nach außen neutrales Ionenpaar bilden. i Im klinisch-chemischen Labor wird gewöhnlich eine Kombination aus einer Umkehrphase (hydrophobe 7 stationäre Phase) und einer wässrigen (hydrophilen) 7 mobilen Phase eingesetzt. Für die Analyse von Säuren (Anionen) wird der mobilen Phase ein Tetraalkylammoniumsalz, für die Bestimmung von Basen (Kationen) ein Salz einer langkettigen organischen Säure (z. B. Octan- oder Octadecylsulfonsäure) zugesetzt. Die Ionenpaare (Analyt und Gegenion) zeigen ein im Vergleich zum freien Analyten verändertes Retentionsverhalten (eher ladungsneutral und deshalb auf einer Umkehrphase besser retiniert), während jenes der nichtionischen Probenbestandteile nicht beeinflusst wird, sodass insgesamt eine bessere Trennung von Analyt und Matrixbestandteilen resultiert. Die Ionenpaarbildung wird durch die Dissoziationsgleichgewichte der sauren oder basischen Analyte, des Ionenpaarreagenzes und des Ionenpaars beeinflusst. Durch Optimierung des pH-Werts der mobilen Phase kann dieses Dissoziationsgleichgewicht mit dem Ziel einer optimalen Trennung von Analyt und Matrixbestandteilen verschoben werden. Die Ionenpaar-Chromatographie wird im klinisch-chemischen Labor u. a. zur Analyse der 7 Katecholamine (und ihrer Metabolite) in Urin und Plasma mit 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) eingesetzt.

Literatur. Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 – Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

Ionenquelle 7 Massenspektrometrie

Ionenselektive Elektrode O. Müller-Plathe

Synonym(e). ISE; ionensensitive Elektrode Englischer Begriff. ion-selective electrode Definition. Elektrochemischer Sensor, der mit einem aktivitätsabhängigen Messsignal weitgehend spezifisch auf eine bestimmte Ionenart reagiert. i Eine ionenselektive Messeinrichtung („Kette“) besteht aus zwei Elektrodeneinheiten, der eigentlichen ionenselektiven Messelektrode und der Referenzelektrode, die beide im Kontakt zur Messflüssigkeit stehen und mit einem Voltmeter verbunden sind. (7 Abb. 1)

Messelektrode Ag/AgClElektrode Innere Bezugslösung Ionenselektive Membran

Referenzelektrode

Kalomel-Elektrode KCl-Lösung Messflüssigkeit Diaphragma

Ionenselektive Elektrode. Abb. 1. Prinzipieller Aufbau einer ionenselektiven Messkette

Messelektrode Funktion: Grundlage der Ionenselektivität sind reversible Ionenbewegungen zwischen der Messlösung, der für die betreffende Ionenart penetrierbaren Membran und der inneren Bezugslösung, die eine konstante Zusammensetzung hat. Dabei entsteht ein Membranpoten-

zial, das auf Seiten der Messlösung mit der Referenzelektrode und aus der inneren Bezugslösung mit der Ag/AgCl-Elektrode abgeleitet wird. Aus der 7 Nernst-Gleichung [Hermann Walter Nernst (1854–1941), deutscher Physikochemiker, Nobelpreis 1920] ergibt sich bei konstanter Ionenaktivität der inneren Bezugslösung und unter Berücksichtigung unspezifischer Diffusionspotenziale (Eʹ) das Gesamtpotenzial E der Messkette:   



R = allgemeine Gaskonstante [8,31431 J K-1 mol-1]; T = Abs. Temperatur [K, Kelvin]; F = Faraday-Konstante [96487 C·mol-1]; z = Ladungszahl; ln 10 = 2,303 Für die Messtemperatur von 37 °C (310,15 K) ergibt sich für einwertige Ionen E = Eʹ + 61,5 lg αm. 61,5 mV ist der sog. Nernst-Faktor und gibt die theoretische Steilheit der Elektrode bei 37 °C an. Für zweiwertige Ionen beträgt er 30,77 °C. Praktisch bedeutet das: Bei Aktivitätsänderung um eine Zehnerpotenz nimmt die Spannung theoretisch um 61,5 bzw. 30,8 mV zu oder ab. Diese Werte werden fast nie vollständig erreicht. Die tatsächliche Steilheit, oft als „sensitivity“ oder „slope“ bezeichnet, beträgt in der Regel 90–98 % des theoretischen Wertes und wird ebenso wie E‘ durch eine Zweipunktkalibration erfasst und ausgeglichen. Das Potenzial der Messelektrode wird in der Regel mit einer Silber-/SilberchloridElektrode, einem thermisch oder elektrolytisch mit AgCl beschichteten Silberstift, abgeleitet. Als innere Bezugslösung dient meistens 0,1 m KCl-Lösung. Selektivität: Ionenselektive Membranen reagieren nicht absolut spezifisch auf die zu bestimmende Ionenart. In geringerem Umfang beteiligen sich ähnlich strukturierte Ionen am Übertritt in die Membran, vergrößern die gemessene Spannung und täuschen zu hohe Messwerte vor. Die bekanntesten Beispiele hierfür sind der Natriumfehler der pH-Glaselektrode und der Ca2+-Einfluss auf die Magnesiumelektrode. Der Einfluss von Störionen wird in der Nikolski-Gleichung, einer Erweiterung der Nernst-Gleichung, durch den Selektivitätskoeffizienten Kxy ausgedrückt, der möglichst klein sein sollte [Einzelheiten s. IFCC (2000)]. Mangelnde Selektivität wirkt sich vor allem im niedrigen Konzentrationsbereich störend aus und erhöht die Nachweisgrenze für das interessierende Ion. Interferenzen: Sie entstehen vor allem durch Proteinablagerungen und Netzmittelreste an der Membran und beeinträchtigen die Reproduzierbarkeit. Sie sind durch geeignete Spülung zu vermeiden. Ansprechzeit: Definiert als das Intervall zwischen dem Zeitpunkt, da die Probe die Membran bedeckt und dem Augenblick, da die Spannungsänderung den Wert 0,1 mV/min erreicht. Referenzelektrode und Flüssigkeitsverbindung Die Referenzelektrode besteht aus einer inneren Elektrode (Kalomelelektrode [Hg/Hg2Cl2] oder Ag/AgCl), die in eine konzentrierte KCl-Lösung (3,5–4,0 m) eintaucht. Diese muss zur Messflüssigkeit so abgegrenzt sein, dass eine möglichst unveränderliche, leitende Verbindung zwischen dieser und der KCl-Lösung entsteht. Diese Flüssigkeitsverbindung kann statisch ausgebildet sein („Diaphragma“ z. B. aus keramischer Fritte oder Cellophanmembran) oder sie ist – besonders vorteilhaft für Messungen im Blut – dynamisch gestaltet, indem zu jeder Messung frische KCl-Lösung in geringen Mengen an die Phasengrenze gefördert wird. An der Flüssigkeitsverbindung bildet sich ein Phasengrenzpotenzial aus, vorwiegend durch unterschiedliche Diffusionsgeschwindigkeiten der beteiligten Ionen, aber auch durch Einflüsse seitens der Erythrozyten. Dieses muss möglichst konstant gehalten werden (E‘ in o.a. Gleichung!). Hochkonzentrierte KClLösung führt zu annähernd gleichen Diffusionspotenzialen sowohl gegenüber Kalibrationslösung als auch gegenüber Blut. Die dennoch bestehen bleibende Differenz wird als Residualpotenzial bezeichnet und entspricht mit ~1,4 mV z. B. einer pH-Differenz von –0,02. Eine Referenzelektrode kann gleichzeitig mehreren Messelektroden, z. B. pH und Elektrolyten zugeordnet sein. Kalibration Ionenselektive Elektroden werden mit zwei sekundären Standardlösungen kalibriert, deren Zusammensetzung auf international anerkannte Referenzmaterialien zurückführbar sein soll [7 pH-Wert

Ionensuppression

743

(Blut)]. Oft wird mit kompliziert zusammengesetzten Gebrauchsstandards gearbeitet, die die gleichzeitige Kalibration mehrerer Elektroden einer Messkammer (pH und Elektrolyte) zulassen. Mit ionenselektiven Elektroden wird bei Einsatz im unverdünnten Probenmaterial primär die molale Aktivität gemessen. Zum Zusammenhang zwischen dieser und der in der medizinischen Diagnostik üblichen molaren Substanzkonzentration 7 Elektrolyte.

5 5 5 5

Elektrodenarten 1. Glaselektrode a) pH-Messung Die Glaselektrode ist bei weitem die älteste ionenselektive Elektrode. Zuerst entwickelt im Jahr 1909 durch Haber [Fritz Haber (1868– 1934), deutscher Chemiker, Nobelpreis 1918], erhielt sie die für pHMessungen im Blut ausgereifte Form um 1960. pH-sensitive Glasmembranen (0,01–0,1 mm dick) sind aus Siliciumdioxid gefertigt, dem etwa 20–25 % Alkalimetalloxide (Na2O oder Li2O) und 6–7 % CaO zugesetzt sind, und zeichnen sich durch hohes Quellungsvermögen mit Ausbildung einer oberflächlichen Gelschicht aus, in die H+-Ionen reversibel eindringen können. Der bekannte „Alkalifehler“, mangelnde Selektivität gegenüber Na+ in pH-Bereichen über 8, konnte bei neueren Elektroden mit einem Selektivitätskoeffizienten von 10-15 eliminiert werden. Durch spezielle Gestaltungen wurde die pH-Elektrode an besondere Anforderungen angepasst: Bei der Einstabelektrode (7 Abb. 2) ist die Referenzelektrode mit der KCl-Lösung mantelförmig um den Schaft der Glaselektrode angeordnet und hat seitlich ein Keramik-Diaphragma. Dieser Typ ist geeignet für Messungen in wässrigen Lösungen sowie im Urin, in Sekreten und Punktaten. Der Messbereich umfasst pH 1–13. Anzeige von einer Dezimalstelle. Erforderliches Probenvolumen einige Milliliter.

Diesen Anforderungen wird dadurch entsprochen, dass in temperierter Umgebung entweder die sensitive Membran als Glaskapillare ausgebildet ist, die von der inneren Bezugslösung mit ableitender Elektrode ummantelt ist, oder dass die Messkammer als Kapillare mit seitlichen Öffnungen gestaltet wird, denen die Messelektrode und die Referenzelektrode fest aufsitzen. Bei dieser Anordnung ergibt sich die Möglichkeit, mehrere Elektroden in einer Kammer zu kombinieren und sie mit einer gemeinsamen Referenzelektrode zu betreiben, wie es bei modernen Blutgas-pH-Elektrolyt-Analysatoren in miniaturisierter Form üblich ist. b) Natriumbestimmung Na+-selektive Glaselektroden enthalten neben Siliciumdioxid als Grundsubstanz einen relativ hohen Anteil Aluminiumoxid und nur 11 % Na2O. Sie sind weitgehend selektiv gegenüber K+ und H+. Räumliche Anordnung für Messungen im Blut entsprechend der Blut-pHMessung. 2. Flüssigmembranelektrode mit neutralem Carrier In eine Matrix aus wasserunlöslichem Plasticizer und PVC ist ein Ionophor (z. B. eine makrozyklische Substanz) gelöst, in dessen Hohlraumstruktur das zu messende Ion „passt“ und damit dieses durch eine Membran transportieren kann. Bekannte Beispiele: Valinomycin für K+, ETH 1001 für Ca2+, ETH 5220 oder ETH 7025 für Mg2+, 3. Flüssigmembran mit hydrophobem geladenem Carrier a) anionisch, z. B. Bis-(di-p-octylphenylphophat) für Ca2+, Methylmonensin für Na+ b) kationisch, z. B. quarternäre Ammoniumsalze für Cl–. 4. Festkörperelektroden enthalten in der Membran kristallines Material, bevorzugt Halogensalze wie z. B. Silberchlorid für die Chloridbestimmung auf der Hautoberfläche oder Lanthanfluorid für die Fluoridbestimmung. Die Elektrode reagiert auf den Bestandteil in der Probe, der mit einer der Komponenten in der Membran das geringste Löslichkeitsprodukt hat. 5. Ionenselektive Feldeffekt-Transistoren (ISFET) sind im eigentlichen Sinne keine Elektroden. Es handelt sich um Feldeffekt-Transistoren, deren Eingangsisolator mit einer ionensensitiven Schicht bezogen ist. Die enge Integration von ionenselektiver Membran und Verstärker ermöglicht eine sehr weitgehende Miniaturisierung, die eine Anwendung im Bereich der patientennahen Diagnostik begünstigt.

Messbereich 6,5–8,0 Höchste Genauigkeit, Anzeige von 3 Dezimalstellen Probenvolumen < 100 μL Vermeidung von Luftkontakt bei Einfüllung und Messung der Probe 5 Temperierung der gesamten Messkette auf 37 ± 0,1 °C 5 Automatische Spülung und Kalibration

Literatur. International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC) (2000) Use of ion-selective electrodes for blood-electrolyte analysis. Recommendations for nomenclature, definitions and conventions. Clin Chem Lab Med 38:363–370

Ionensensitive Elektrode 7 Ionenselektive Elektrode

Ionenstärke 7 Elektrolyte

Ionensuppression B. Güssregen

Englischer Begriff. ion suppression

Ionenselektive Elektrode. Abb. 2. Einstab-pH-Elektrode [aus MüllerPlathe, O (1982) Säure-Basen-Haushalt und Blutgase. 2. Aufl., Thieme Stuttgart]

Bei Blut-pH-Messungen (7 Blutgasanalyse) sind besondere Anforderungen zu erfüllen:

Definition. In der 7 LC-MS Unterdrückung der Ionisierung (7 Massenspektrometrie) eines Analyten durch Matrixkomponenten (7 Matrix) i Nicht abgetrennte Matrixkomponenten können in der LC-MS-

Analytik zur Verminderung des Messsignals und damit zu falschen quantitativen Ergebnissen führen. Ionensuppression kann durch Probenvorbereitung (Extraktion, Proteinfällung) und durch Anpassung

I

744

Ionisierungsmethoden (sanfte)

der HPLC-Methode z. B. durch eine verlängerte Retentionszeit vermieden bzw. durch die Verwendung von deuterierten internen Standards (7 Isotopenverdünnung) ausgeglichen werden.

Literatur. Annesley TM (2003) Ion Suppression in Mass Spectrometry. Clin Chem 49,1041–1044

Ionisierungsmethoden (sanfte) 7 Massenspektrometrie

Ionogramm 7 Wasserhaushalt

Ionophor T. Arndt

Englischer Begriff. ionophor Definition. Bezeichnung für meist makrozyklische Verbindungen mit im allg. Molmassen < 2000 g, die reversibel Chelate oder Komplexe mit Ionen bilden und aufgrund ihrer relativ hydrophoben Oberfläche diese als Carrier durch sonst für Ionen undurchlässige Membranen transportieren können (nach Falbe und Regitz 1990). S. a. 7 Ionenselektive Elektrode.

Literatur. Falbe J, Regitz M (1990) Römpp Chemie Lexikon, Band H-L. Thieme, Stuttgart New York

Ion(t)ophorese 7 Schweißanalytik

i Irreguläre Antikörper sind eine Gruppe von Alloantikörpern, die gegen fremde, nicht auf der Oberfläche der eigenen Erythrozyten vorhandenen Blutgruppenstrukturen gerichtet sind (7 Blutgruppenantikörper). Sie werden auch als „nichtnatürliche“ Antikörper bezeichnet, da sie im Gegensatz zu den natürlichen Antikörpern oder Isoagglutininen nicht obligat bei jeder erwachsenen Person zu finden sind. Irreguläre Antikörper entstehen nach Kontakt mit immunogenen Blutgruppenstrukturen, die nicht auf den eigenen Erythrozyten zu finden sind und so als fremde Struktur vom Immunsystem identifiziert werden. Dieser Kontakt entsteht entweder während der Schwangerschaft durch Übertritt fetaler Erythrozyten in den mütterlichen Blutkreislauf oder durch transfundierte zelluläre Blutkomponenten. Während der Schwangerschaft und bei Bluttransfusionen kommt es immer zu einem Kontakt mit fremden Antigenen auf der Erythrozytenoberfläche, da mehr als 300 unterschiedliche Erythrozytenantigene bekannt sind, von denen die meisten nicht transfusionsmedizinisch bei der Auswahl von zu transfundierenden Blutkomponenten berücksichtigt werden können. Der Kontakt fremder Erythrozytenantigene führt allerdings nicht zwangsläufig zur Bildung von Antiköpern gegen diese Erythrozytenantigene. Die Immunisierungswahrscheinlichkeit und damit auch die Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Antigenen im Rahmen von Transfusionen unterscheiden sich je nach Antigen. Das Rhesusmerkmal D (7 Rhesusfaktor) ist für rhesusnegative Menschen ein sehr starkes Antigen, gegen welches mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Antikörperbildung erfolgt. Irreguläre Antikörper können zu hämolytischen Transfusionszwischenfällen oder auch zu Neugeborenenerythroblastosen führen und müssen während der Schwangerschaft und bei Transfusionen berücksichtigt werden. Die Erkennung irregulärer Antikörper gegen erythrozytäre Antigene im Serum des Patienten erfolgt durch den Antikörpersuchtest. Der Antikörpersuchtest ist Bestandteil jeder Blutgruppenbestimmung und jeder serologischen Verträglichkeitsprobe (7 Kreuzreaktivität).

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusions-

IP-Adresse O. Colhoun

Definition. Zahlenkombination aus vier Dezimalzahlen von 0–255, jeweils durch einen Punkt getrennt, die jeden Computer im Internet eindeutig identifiziert (z. B. „172.49.30.2“). i Die Zuordnung von Namen für einen Rechner (z. B. „www.

dgkl.de“) zu einer IP-Adresse erfolgt durch 7 DNS (Domain Name Server). Bei fest mit dem Internet verbundenen Rechnern ist die IPAdresse im Allgemeinen unveränderlich, während bei Einwahl über einen Internet-Provider für jede Sitzung eine neue IP-Adresse aus einer Liste verfügbarer Adressen vergeben wird.

¹³¹I-Polyvinylpyrrolidin-Test 7 Gordon-Test

¹³¹I-PVP-Test 7 Gordon-Test

IR-Absorptionsspektrometrie/-spektroskopie 7 Infrarot-Spektrometrie

IRMA 7 Immunradiometrischer Assay

Irreguläre Antikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Synonym. Nicht-natürliche Antikörper Englischer Begriff. irregular antibody

medizin. Urban & Fischer, München Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Irrtumswahrscheinlichkeit α R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Wahrscheinlichkeit für den Fehler 1. Art Englischer Begriff. level of significance; significance level; type I error probability

Definition. Die Irrtumswahrscheinlichkeit α ist die Wahrscheinlichkeit für den 7 Fehler 1. Art, d. h. die Wahrscheinlichkeit für die Ablehnung der 7 Nullhypothese, obwohl diese richtig ist. i Wird vor dem Versuch eine Irrtumswahrscheinlichkeit von

α = 0,05 (5 %) gewählt, so bedeutet dies, dass im Durchschnitt in 5 von 100 gleichartigen Experimenten der statistische Test (7 Test, statistischer) zu einer fälschlichen Ablehnung der Nullhypothese führt, d. h., für den Fall, dass die Nullhypothese zutrifft, wird sie mit 5 %iger Wahrscheinlichkeit irrtümlicherweise abgelehnt. Die Irrtumswahrscheinlichkeit α entspricht im diagnostischen Test (7 Test, diagnostischer) der Wahrscheinlichkeit für ein falsch-positives Testergebnis (7 Testergebnis, falsch-positives) und berechnet sich dort als (1–Spezifität) (7 Spezifität, diagnostische).

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Irrtumswahrscheinlichkeit β R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Wahrscheinlichkeit für den Fehler 2. Art

Definition. Nicht ubiquitär vorhandener Antikörper gegen körper-

Englischer Begriff. level of significance; significance level; type II er-

fremde Erythrozytenantigene

ror probability

Isoagglutinine

Definition. Die Irrtumswahrscheinlichkeit β ist die Wahrscheinlich-

keit für den 7 Fehler 2. Art, d. h. die Wahrscheinlichkeit für die Beibehaltung der 7 Nullhypothese, obwohl die 7 Alternativhypothese richtig ist.

i Die Irrtumswahrscheinlichkeit β entspricht im diagnostischen

Test (7 Test, diagnostischer) der Wahrscheinlichkeit für ein falschnegatives Testergebnis (7 Testergebnis, falsch-negatives) und berechnet sich dort als (1–Sensitivität). Die Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) lässt sich demnach als (1–β) darstellen; diese Größe wird im Zusammenhang mit statistischen Tests (7 Test, statistischer) als 7 Power bezeichnet. Die Irrtumswahrscheinlichkeit β lässt sich in praktischen Situationen lediglich anhand von Modellrechnungen abschätzen. Eine solche Simulationsrechnung kann zur Fallzahlplanung verwendet werden.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

IR-Spektrenbibliothek 7 Infrarot-Spektrometrie

IR-Spektrometrie/-Spektroskopie 7 Infrarot-Spektrometrie

745

Definition. Funktionstest zur Erkennung von Störungen des muskulären Kohlenhydratstoffwechsels bei Patienten mit Muskelschmerzen und schneller Ermüdung. Durchführung.

5 Nach 8-stündiger Fastenperiode Blutdruckmanschette am Oberarm anlegen 5 Butterfly legen 5 Blutentnahme zur Bestimmung der basalen Laktat- und Ammonium-Konzentration 5 Manschette bis zum doppelten systolischen Blutdruck aufpumpen 5 1 min rhythmischer Faustschluss (~1×/s) mit maximaler Kraft 5 Druck ablassen 5 Blutentnahme nach 1, 3, 5, 10, 20 min 5 Laktat- und Ammonium-Konzentrationsbestimmung Nicht selten werden Modifikationen des Tests angewandt.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Plasma, 7 Ammonium: EDTA-Plasma

7 Laktat:

NaF-

Probenstabilität. Beide Analyte sind bei Raumtemperatur instabil. Plasma in gekühlter Zentrifuge abzentrifugieren und gefroren bis zur Analyse aufbewahren (7 Laktat, 7 Ammonium).

Präanalytik. Patient 8 h nüchtern Analytik. 7 Laktat, 7 Ammonium

IS 7 Standard, interner

ISBT 7 International Society of Blood Transfusion

ISBT-Collection 203 7 Indian(IN)-Blutgruppensystem

ISBT collection 205 7 Knops-Blutgruppensystem

ISBT 004.010 7 V-Antigen

ISBT 006.015 7 Kx-Blutgruppensystem

ISBT 007 7 Lewis(Le)-Blutgruppensystem

ISBT 022.005 7 York-Antigen

ISBT 901.001 7 Vel-Antigen

Ischämie-modifiziertes Albumin 7 Kobaltbindungsassay, Albumin

Ischämie-Test T. Arndt

Synonym(e). Laktat-Ischämie-Test, Ischämischer Laktat-AmmoniakTest, McArdle‘s test Englischer Begriff. lactate-ischemia test; lactate-ammonia-exercise ratio; LAER; McArdle’s disease test

Referenzbereich-Erwachsene. 7 Laktat, 7 Ammonium Interpretation. Normalbefund: Laktatanstieg > 100 % des Basalwerts, Ammoniumanstieg > 0,7 % des Laktatanstiegs. Ausbleibender Laktatanstieg: Hinweis auf Glykogenosen Typ III, V, VII. Ausbleibender Ammoniumanstieg: Hinweis auf Myoadenylat-Deaminasemangel. Ausbleibender Laktat- und Ammoniumanstieg: unzureichende Muskelarbeit, Parese. Test birgt die Gefahr einer Provokation einer Rhabdomyolyse. Seine Resultate sind nicht selten schwer interpretierbar. Letztlich hilft er bei der Indikationsstellung zu einer Muskelbiopsie oft nicht weiter [Knop (2004)]. Literatur. Livingstone C, Chinnery PF, Turnbull DM (2001) The ischaemic lactate-ammonia test. Annals of Clinical Biochemistry (Review). Ann Clin Biochem 38:304–310. Knop KC, Rosenkranz T, Vogel P (2004) Muskelkrankheiten des Erwachsenenalters – Symptomatik, moderne Diagnostik, Therapie. Ärztekammer Hamburg, Ärzteblatt online (10.04.2004) 162–173

Ischämischer Laktat-Ammoniak-Test 7 Ischämie-Test

ISE 7 Ionenselektive Elektrode

ISI 7 International Normalized Ratio

ISI 7 International Sensitivity Index

ISO 7 International Organization for Standardization; 7 DIN EN ISO

Isoagglutinine K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, C. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. iso-agglutinins

I

746

Isoamylase

Definition. Ubiquitär vorkommende Antikörper gegen fremde, nicht auf der Oberfläche der eigenen Erythrozyten vorhandene Blutgruppenstrukturen i Isoagglutinine sind eine Gruppe von Alloantikörpern, die ge-

gen fremde, nicht auf der Oberfläche der eigenen Erythrozyten vorhandenen Blutgruppenstrukturen gerichtet sind und bei jedem erwachsenen Individuum vorkommen. Aufgrund ihrer ubiquitären Verbreitung bezeichnet man sie auch als „natürliche Antikörper“ im Gegensatz zu den nicht-natürlichen oder irregulären Alloantikörpern (7 irreguläre Antikörper), die nicht bei allen erwachsenen Personen zu finden sind. In der Regel handelt es sich bei den Isoagglutininen um eine Mischung von IgM, IgG und IgA, wobei der IgM-Anteil deutlich überwiegt und in Gegenwart von Komplement Hämolysen auslösen kann. Klassische Isoagglutinine sind die Antikörper Anti-A und Anti-B im 7 AB0-Blutgruppensystem. So weisen Menschen der Blutgruppe A das Isoagglutinin Anti-B auf, während bei Personen mit der Blutgruppe B Anti-A-Isoagglutinine nachweisbar sind. Personen der Blutgruppe 0 besitzen im Serum sowohl Anti-A als auch Anti-B, während bei Personen mit der Blutgruppe AB keine Isoagglutinine nachzuweisen sind. Die Isoagglutinine sind nicht von Geburt an vorhanden, sondern werden erst in den ersten Lebensmonaten gebildet. Hintergrund ist, dass Isoagglutinine wie alle anderen Antikörper als Leistung des Immunsystems nach Kontakt mit fremden Antigenen entstehen und nicht genetisch präformiert sind. Das ubiquitäre Vorkommen der Isoagglutinine ist durch die weite Verbreitung von AB0ähnlichen Substanzen bei unterschiedlichen Lebewesen bedingt. Die Glykoproteine des AB0-Systems, gegen die die Isoagglutinine gerichtet sind, finden sich nicht nur auf humanen Erythrozyten, sondern beispielsweise auch in großer Anzahl auf der Oberfläche verschiedener Bakterien. Eine Antikörperbildung gegen nicht körpereigene Aund B-Kohlenhydratstrukturen erfolgt nach Kontakt zu diesen Strukturen, z. B. während der bakteriellen Besiedlung des Darms in den ersten Lebensmonaten. So sind bei mehr als 90 % der Kinder im Alter von 6 Monaten die korrespondierenden Isoagglutinine nachweisbar. Die Titer der Isoagglutinine erreichen ihr Maximum in der Regel im Alter von 5–7 Jahren und nehmen mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. Wegen der ubiquitären Verbreitung von Isoagglutininen gegen fremde A- und B-Zuckerstrukturen müssen bei Transfusionen zur Vermeidung von tödlichen Transfusionszwischenfällen immer die Isoagglutinine berücksichtigt werden. Auch bei der 7 Blutgruppenbestimmung ist der Nachweis der AB0-Antigene und der antigenkonträren Isoagglutinine erforderlich (Serumgegenprobe). Die Titer, also die Antikörperkonzentration, der Isoagglutinine unterliegt großen interindividuellen Schwankungen, wobei bei Anti-A-Isoagglutininen im Allgemeinen höhere Titer nachweisbar sind als bei Anti-B-Isoagglutininen. Mit Ausnahme von Personen mit der Blutgruppe AB ist die Abwesenheit von Anti-A- und Anti-B-Isoagglutininen ein extrem seltenes Ereignis. Bei Patienten mit Hypogammaglobulinämie sind Anti-A- und Anti-B-Isoagglutinine häufig nur in sehr geringen Konzentrationen nachweisbar, während sie bei beim X-chromosomal vererbten Wiskott-Aldrich-Syndrom ganz fehlen. Ursächlich hierfür ist ein Defekt in der Immunantwort bei diesen Patienten, die nicht in der Lage sind, Antikörper gegen Polysaccharidantigene zu bilden, während die Immunreaktion auf Proteinantigene häufig nicht betroffen ist. Folglich bilden diese Patienten auch keine Isoagglutinine gegen AB0-Glykostrukturen. Niedrige Isoagglutinin-Titer werden manchmal auch bei immunsupprimierten Personen nachgewiesen.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London

Isoamylase 7 Amylase

Isobare B. Güssregen

Englischer Begriff. isobar Definition. Moleküle mit gleicher Molmasse i Als Isobare werden in der 7 Massenspektrometrie Moleküle mit unterschiedlicher Summenformel, aber gleicher Molmasse bezeichnet. Die Benzodiazepine Clonazepam (C15H10ClN3O3) und Bromazepam (C14H10BrN3O) besitzen beide eine monoisotopische Masse (7 Masse, monoisotopische) von 315,0 g/mol und sind damit isobar.

Isocitrat-Dehydrogenase A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 1.1.1.42; ICDH Englischer Begriff. isocitrate dehydrogenase; ICD; ICDH Definition. Das mit zwei Isoenzymen und höchster spezifischer Gewebeaktivität in der Leber vorkommende, die oxidative Decarboxylierung von D-Isocitrat zu 2-Oxoglutarat katalysierende Enzym diente früher im Serum als Kenngröße der Leberzellnekrose.

Molmasse. 64 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Neben einem zytoplasmatischen (löslichen), NADP+-verbrauchenden Isoenzym (EC 1.1.1.42) tritt ein weiteres Isoenzym (EC 1.1.1.41) in Mitochondrien auf, wo es in den Citronensäurezyklus eingeschaltet ist und NAD+ als Koenzym benötigt. Beide Isoenzyme (mitochondrial und zytoplasmatisch) bestehen aus zwei identischen Untereinheiten, katalysieren die oxidative Decarboxylierung von D-Isocitrat über Oxalsuccinat als Zwischenprodukt zu 2-Oxoglutarat (α-Ketoglutarat) unter Abspaltung von CO2 und Reduktion von NADP+ zu NADPH + H+. Das Enzym benötigt divalente Kationen (Mn2+, Mg2+ oder Co2+) zur Aktivierung. Außer in der Leber kommen höhere Aktivitäten in Myokard, Skelettmuskel, Niere, Magenschleimhaut, Thrombozyten und Erythrozyten vor. Das im Serum vorkommende Enzym ist zytoplasmatischen Ursprungs, weitgehend leberspezifisch und besitzt eine kurze Halbwertszeit (~1 h). Halbwertszeit. ca. 1 h Funktion und Pathophysiologie. Hohe spezifische Gewebeaktivität und zytoplasmatische Lokalisation führen bei Parenchymzellschädigungen zu einem frühzeitigen und massiven Austritt des Enzyms in die sinusoidale Strombahn und mithin in die Zirkulation.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Citrat-

Plasma

Probenstabilität. Das Enzym ist bei Raumtemperatur ca. 6 h, bei 4 °C etwa 2 Wochen stabil.

Präanalytik. Serum ist sofort vom Zellkuchen zu trennen, da 7 Thrombozyten hohe ICDH-Aktivität enthalten. Hämolyse und Lipämie stören.

Analytik. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt im einfachen optischen Test gemäß folgender Reaktion: D-Isocitrat + NADP+

ICDH

2-Oxoglutarat + NADPH + H+ + CO2

Die Reduktionsrate von NADP+, gemessen an der Absorptionszunahme pro Zeiteinheit bei 334, 340 oder 366 nm, ist der ICDH-Aktivität proportional.

Referenzbereich — Erwachsene. Messtemperatur 37 °C: 3,0–8,5 U/L (0,05–0,14 μkat/L). Keine Geschlechts- und Altersabhängigkeit. Referenzbereich — Kinder. Neugeborene haben in den ersten Tagen eine etwa 4-fach höhere Aktivität.

Isoelektrische Fokussierung

Indikation.

+2

berparenchymschädigung eingesetzt, wobei das zytoplasmatische, NADP+-abhängige Enzym das diagnostisch relevante Isoenzym ist.

+1

Diagnostische Wertigkeit. Anstiege im Serum haben sehr hohe Le-

0

berspezifität. Keine Erhöhungen finden sich bei unkompliziertem Myokardinfarkt, Nieren- und Lungenerkrankungen sowie in der Gravidität. Schwere Myokardinfarkte mit Stauungsleber und hypoxischem Parenchymschaden können zu ICDH-Aktivitätsanstiegen führen. Heute wird das Enzym nicht mehr in der Leberdiagnostik eingesetzt, u. a. weil niedrige Serumaktivitäten und sehr kurze Halbwertszeiten (~1 h) nachteilig sind.

3

8

9

10 pH

B A

-3

10

Physikalisch-chemisches Prinzip. Bei der isoelektrischen Fokussierung ist es theoretisch (aber nicht immer unter praktischem Aspekt) unwichtig an welcher Position innerhalb des pH-Gradienten die Probe aufgegeben wird. Proteine mit einem höheren 7 isoelektrischen Punkt als der gewählte pH-Wert erhalten positive Nettoladunge(n), Proteine mit niedrigerem isoelektrischem Punkt negative Nettoladunge(n) (7 Abb. 1). Im elektrischen Feld wandern die positiv geladenen Analyte solange in Richtung 7 Kathode und die negativ geladenen Moleküle solange an die 7 Anode, bis sie an ihren isoelektrischen Punkten angelangt sind und eine Nettoladung von Null bekommen, die sie elektrophoretisch unbeweglich macht. Ein Standardgemisch von Proteinen mit bekannten isoelektrischen Punkten kann im gleichen Gel wie die Analysenproben getrennt werden (unterschiedliche Spuren für Standard und jede Probe) und dient der Ermittlung der isoelektrischen Punkte der Probenproteine durch Vergleich der Position der Standardproteine und der Probenproteine in Bezug zur Probenaufgabestelle. Die Methode erzeugt scharf gebündelte Proteinzonen, weil sie der Diffusion entgegenwirkt: Diffundiert ein Protein von seinem isoelektrischen Punkt weg, bekommt es wieder eine Nettoladung und wandert sofort wieder elektrophoretisch zum isoelektrischen Punkt zurück, wo es wieder entladen wird. Dadurch wird auch eine sehr hohe Auflösung erreicht. Dieser „Fokussierungseffekt“ funktioniert nur bei hohen elektrischen Feldstärken effizient. Hierzu werden Hochspannungsstromversorger benötigt, die Kammern müssen entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen genügen. Als stabilisierende Medien kommen nur elektroendoosmosefreie oder -arme Gele aus Polyacrylamid oder spezieller gereinigter Agarose in Frage. Es werden großporige Gele ohne Siebwirkung verwendet, weil die Molekülgröße ohne Einfluss auf die Elektrophorese sein soll. Zur besseren Handhabung und für die Dokumentation werden die Gele fast ausschließlich auf eine Plastikträgerfolie polymerisiert oder gegossen. In Einzelfällen werden auch ausreichend gute Ergebnisse mit der Kapillartechnik erzielt. Weil die isoelektrischen Punkte stark von der Temperatur abhängig sind, lässt man Fokussierungsgele auf einer Kühlplatte mit exakter, aktiver Temperaturkontrolle laufen. Es gibt 2 Arten von pH-Gradienten: 5 Trägerampholyten pH-Gradienten: Hierbei enthält das Gel ein Gemisch von ca. 700 verschiedenartigen amphoteren Puffern mit

7

Probenaufgabe

pH

Definition. Bei der isoelektrischen Fokussierung werden Proteingemische in einem pH-Gradienten elektrophoretisch aufgetrennt. Mit dieser Methode lassen sich die isoelektrischen Punkte von Proteinen bestimmen. Man erreicht dabei eine außerordentlich hohe Auflösung, weil die Proteine im elektrischen Feld an ihren isoelektrischen Punkten scharf gebündelt (fokussiert) werden.

6

-2

R. Westermeier

Englischer Begriff. isoelectric focusing; IEF

5

-1

Isoelektrische Fokussierung Synonym(e). Elektrofokussierung; IEF

4

9 8

B

7 6 5

Fokussierung

Interpretation. ICDH wurde früher als sensitiver Indikator der Le-

Nettoladung +3

Diffusion

5 Diagnose von Leberzellnekrosen bei viraler Hepatitis, infektiöser Mononukleose und toxischen Lebererkrankungen 5 Differenzierung erhöhter AST-Aktivitäten zwischen hepatischer und myokardialer Ursache.

747

Probenaufgabe A

4 3

Isoelektrische Fokussierung. Abb. 1. Schematische Darstellung: die Proteine wandern aufgrund ihrer Ladung elektrophoretisch von der Aufgabestelle in die Richtung ihres isoelektrischen Punkts, wo sie entladen und aufgrund des Fokussierungseffekts scharf gebündelt werden.

einem Spektrum von isoelektrischen Punkten von sauer bis basisch (Trägerampholyten). Diese besitzen hohe Pufferkapazitäten an ihren isoelektrischen Punkten, sind kleiner als 1000 Da, und befinden sich in freier Lösung. Beim Durchschnitts pH-Wert des Gemisches ist die eine Hälfte positiv, die andere Hälfte negativ geladen. Wenn man ein elektrisches Feld anlegt, wandern die positiv geladenen – die basischen Moleküle – in Richtung Kathode, die negative geladenen – die sauren Moleküle – in Richtung Anode. Dabei bildet sich ein pH-Gradient aus, der sich automatisch zwischen Anode und Kathode stabilisiert, weil die Trägerampholyten an ihrem isoelektrischen Punkten hohe Pufferkapazitäten haben. 5 Immobilisierte pH-Gradienten: Diese immobilisierten pHGradienten gibt es nur in Polyacrylamidgelen; sie werden bei der Gelherstellung erzeugt. Hierzu verwendet man Acrylamidderivative mit Carboxylgruppen (schwache Säuren) und mit tertiären Aminogruppen (schwache Basen), die man mit den gelbildenden Acrylamidmonomeren ko-polymerisiert. Einen Gradienten erzeugt man mit Hilfe eines Gradientenmischers, mit welchem zwei verschiedene Monomerlösungen beim Gießen in eine Kassette graduell gemischt werden. Die eine Lösung enthält mehr saure Derivate und 20 % Glyzerol zur Stabilisierung des Gradienten, die andere mehr basische Derivate. Die Rezepturen sind mehrfach publiziert. Meist wird diese Technik für die erste Dimension der Zweidimensional-Elektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale) angewendet: Es gibt fertige foliengestützte Gelstreifen mit immobilisierten pH-Gradienten für diese Anwendung. In der Praxis ist es wichtig, an welcher Position im pH-Gradienten die

I

748

Isoelektrischer Punkt

Probe aufgegeben wird. Dieser Punkt wird für die bestimmten Proben entweder durch einen Stufentest ermittelt oder aus der Literatur oder Labordokumentation entnommen. Das gleiche gilt für die Trennzeiten, -temperaturen und -bedingungen. In manchen Anwendungen müssen der Matrix Additive beigegeben werden, z. B. 8 mol/L Harnstofflösung zu Polyacrylamidgelen zur Erzeugung denaturierender Bedingungen oder 10 % Sorbit zur Stabilisierung von Agarosegelen. Bei der Anfärbung von Fokussierungsgelen ist darauf zu achten, dass die Proteine in den großporigen Gelen effektiv fixiert werden, während die Trägerampholyte komplett aus dem Gel ausgewaschen werden; sie würden einen starken Hintergrund verursachen. Meist wird zur Fixierung 20 % Trichloressigsäure verwendet, die man bei sonstigen Elektrophoresemethoden nicht benötigt. Die am häufigsten angewandten Nachweismethoden sind 7 Coomassie-Färbung, 7 Silberfärbung und Zymogramm-Färbungen (7 Zymogramm-Technik).

Einsatzgebiet. 5 5 5 5

Analyse von Enzymen und Enzyminhibitoren in Humanserum Bestimmung von Apolipoprotein E Nachweis von abnormen Hämoglobinvarianten Detektion von oligoklonalem IgG in Liquor durch differenzielle isoelektrische Fokussierung von Liquor und Serum (7 Abb. 2)

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Isoelektrischer Punkt R. Westermeier

Synonym(e). pI Englischer Begriff. isoelectric point Definition. Der isoelektrische Punkt beschreibt jenen pH-Wert, an welchem sich die positiven und negativen Ladungen einer amphoteren Substanz, z. B. eines Proteins, eines Peptids oder einer Aminosäure gegenseitig aufheben. Am isoelektrischen Punkt ist die Nettoladung einer solchen Substanz gleich Null. i Einen isoelektrischen Punkt besitzen nur amphotere Substanzen,

also Moleküle mit sauren und basischen Gruppen wie Aminosäuren, Peptide und Proteine. Wenn man die positiven und negativen Nettoladungen z. B. eines Proteins über einer pH-Skala aufträgt (7 Abb. 1), ergibt sich eine Nettoladungskurve. Diese schneidet die X-Achse im isoelektrischen Punkt. Bei der 7 isoelektrischen Fokussierung wandern Proteine im pH-Gradienten elektrophoretisch an ihren isoelektrischen Punkt und bleiben dort stehen, weil sie dort keine Ladung mehr besitzen. Manche Proteine werden an ihrem isoelektrischen Punkt unlöslich und präzipitieren. Nettoladung +3 +2

Isoelektrischer Punkt

+1

Isoelektrische Fokussierung. Abb. 2. Detektion von oligoklonalen IgG-Banden in Liquor (Liquor-Banden, oligoklonale) im 0,5 mm dünnen Polyacrylamidfertiggel. Proben: Liquor (L) und Serum (S) jeweils eines Patienten paarweise in Probenwannen aufgetragen. Liquor ist häufig erkennbar an der sehr basischen Gamma-Trace-Bande. Detektionsmethode: ammoniakalische Silberfärbung. Von Serva, Heidelberg, Deutschland.

Untersuchungsmaterial. Humanserum, Liquor, Hämolysat Instrumentierung. 5 5 5 5 5

Elektrophoresekammer mit Kühlplatte Umlaufthermostat Hochspannungs-Stromversorger Färbeschalen ggf. Färbeautomat für Silberfärbung

Spezifität. Hängt von der Nachweismethode ab. 7 Zymogrammtechniken zeichnen sich durch hohe Spezifität für die nachzuweisenden Enzyme aus. Bei 7 Silberfärbung zum Nachweis von oligoklonalem IgG sind eine hohe Auflösung des Gels und einige Erfahrung notwendig, um z. B. eine Hämoglobin- nicht als IgG-Bande zu identifizieren. Sensitivität. Für Silberfärbung im Bereich ≤ 0,1 ng, für 7 Coomassie-Färbung bei ungefähr 20 ng. Fehlermöglichkeit. Es gibt relativ viele Fehlermöglichkeiten. Fehler der Verdünnung von Serumproben auf gleiche IgG-Konzentration wie im Liquor. Silberfärbung: Wichtig ist gute Qualität des deionisierten oder destillierten Wassers und der verwendeten Reagenzien. Die Verwendung eines Silberfärbekits ist zu empfehlen. Auch die Inkubations- und Waschzeiten müssen exakt eingehalten werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist eine gewisse Erfahrung wichtig.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Handhabung ist relativ komplex, der Geräteaufwand höher als bei Agarosegel-, Celluloseacetatfolien- oder Polyacrylamid-Gelelektrophoresen (s. dort).

0

3

4

5

6

7

8

9

10

11 pH

-1 -2 -3

Isoelektrischer Punkt. Abb. 1. Schematisch Darstellung der Nettoladungskurve eines Proteins. Der isoelektrische Punkt befindet sich an der Schnittstelle zwischen der Nettoladungskurve und der x-Achse

Der isoelektrische Punkt ist stark von der Temperatur abhängig, weil auch die pK-Werte der puffernden Gruppen temperaturabhängig sind. Unter nativen Bedingungen kann ein Protein mehrere unterschiedliche isoelektrische Punkte haben, da es mehrere unterschiedliche Konfigurationen der Tertiärstruktur einnehmen kann. Der isoelektrische Punkt kann auch durch posttranslationale Modifikationen modifiziert sein, z. B. durch Phosphorylierung oder Glykosylierung. Unter denaturierenden Bedingungen besitzt ein Protein, wenn es ein reines Polypeptid ist, nur einen isoelektrischen Punkt. Weil unter diesen Bedingungen alle puffernden Gruppen im Lösungsmedium exponiert sind, kommt der gemessene isoelektrische Punkt sehr nahe an den theoretischen isoelektrischen Punkt heran, der sich aus der Aminosäuresequenz berechnen lässt. Bei der 7 Elektroimmundiffusion und der zweidimensionalen Immunelektrophorese (7 Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman) ist es wichtig, den pH-Wert des Puffers nahe dem isoelektrischen Punkt von Immunglobulinen (Antikörper) einzustellen, um zu verhindern, dass die Antikörper elektrophoretisch wandern. Man kann den isoelektrischen Punkt eines Proteins verändern, indem man saure oder basische Gruppen (z. B. durch Carbamylierung) blockiert.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Isoprotein

Isoenzym R. Weiskirchen

Synonym(e). Isozym Englischer Begriff. isoenzyme Definition. Multiple Formen eines Enzyms, die die gleiche Reaktion katalysieren, sich jedoch in ihrer Primärstruktur (Aminosäuresequenz) unterscheiden. i Isoenzyme werden durch differente Gene codiert und besitzen neben ihrer unterschiedlichen Aminosäuresequenz abweichende katalytische Eigenschaften, die sich in ihrer Affinität zu Substraten, Inhibitoren, Aktivatoren, in der Hitzelabilität und im pH- und Temperaturoptimum unterscheiden. Sie können mit biochemischen (z. B. Chromatographie, Elektrophorese, katalytischen Verfahren) und immunologischen (z. B. monoklonale Antikörper) Methoden differenziert werden. Mittels Isoenzymen ist der 7 Organismus in der Lage, einzelne Stoffwechselwege organspezifisch zu regulieren. Auf der Grundlage organspezifischer Verteilungsmuster der Isoenzyme ergibt sich klinisch-chemisch die Möglichkeit, durch Isoenzymbestimmung die Organherkunft zu bestimmen und damit auch die diagnostische Aussagekraft einer im Serum erhöht gemessenen Enzymaktivität wesentlich zu steigern (Beispiele für Enzyme mit diagnostisch relevanten Isoenzymen: 7 Amylase, 7 Kreatinkinase, 7 Laktatdehydrogenase, 7 alkalische Phosphatase.

Isoenzymelektrophorese R. Westermeier

Synonym(e). Elektrophorese von Isoenzymen Englischer Begriff. isoenzyme electrophoresis Definition. Die Isoenzymelektrophorese ist eine Zonenelektrophore-

koppelt sind. Alle AP Isoenzyme können mit Zonenelektrophorese aufgrund ihrer unterschiedlichen elektrophoretischen Mobilität differenziert werden, mit Ausnahme der Knochen- und Leber-Isoenzyme, die sich nur in den Sialinsäureresten unterscheiden. Knochen- und Leber-Isoenzyme können durch 7 Affinitätselektrophorese (ein im Gel vorliegendes Lektin immobilisiert die Knochen-AP) oder nach Abspaltung bestimmt werden.

Literatur. Rothe GM (1994) Electrophoresis of Enzymes. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York Manchenko GP (1994) Detection of enzymes on electrophoretic gels. A handbook. CRC Press Inc., Boca Raton

Isokoproporphyrin 7 Porphyrine

Isoleucin A.C. Sewell

Synonym(e). Ile Englischer Begriff. isoleucine Struktur. 7 Aminosäuren Molmasse. 131,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Eine essenzielle verzweigtkettige Aminosäure, die in mehreren Schritten zu Acetyl-CoA (7 Pantothensäure) und Succinyl-CoA abgebaut wird. Funktion und Pathophysiologie. Ile wird nicht nur in der Leber, sondern auch in Muskel, Niere und Gehirn metabolisiert. Ile, Leu und Val (7 Valin) werden zur Berechnung des Fischer-Quotienten (7 Fischer-Quotient) benötigt. Bei Patienten mit Ahorn-Sirup-Krankheit wird Ile zu Alloisoleucin (7 Alloisoleucin) umgewandelt. Urin, Liquor, Trockenblut

i Verschiedene Isoformen eines Enzyms besitzen unterschiedliche

Indikation. Ahorn-Sirup-Krankheit

Alkalische Phosphatase (AP) (7 Phosphatase, alkalische): AP ist ein dimeres Protein, dessen Isoformen mit verschiedenen Zuckern ge-

I

Definition. 2-Amino-3-Methylpentansäure

se in einer Celluloseacetatfolie (7 Celluloseacetatfolien-Elektrophorese), einem Agarosegel (7 Agarosegelelektrophorese) oder Polyacrylamidgel (7 Polyacrylamid-Gelelektrophorese) zur Auftrennung und Darstellung von 7 Isoenzymen. Meist werden die Isoenzyme spezifisch mit einer Zymogrammfärbung (7 Zymogramm-Technik) detektiert. Bestimmte Isoenzymmuster ermöglichen Rückschlüsse auf die Organherkunft der Enzymerhöhung. Ladungseigenschaften und damit unterschiedliche elektrophoretische Mobilitäten. Die Isoform eines Enzymes kann organspezifisch sein; im Serum können Enzymisoformen aus unterschiedlichen Organen zu finden sein. Zum Programm des klinisch-chemischen Labors gehören die folgenden Isoenzymelektrophoresen: 7 Laktatdehydrogenase (LDH): Bei Verletzungen, Gewebeschädigungen oder bestimmten Tumoren werden entsprechende Isoenzyme der betroffenen Gewebe im Serum gefunden. LDH ist ein tetrameres Protein, das sich aus zwei verschiedenen Untereinheiten zusammensetzt: die H(Herz)- und M(Muskel)-Ketten. Dabei gibt es fünf Kombinationsmöglichkeiten: 4H, 3H + 1M, 2H + 2M, 1H + 3M, 4M. Die Zymogrammbanden aus 5 μL Serum oder Plasma werden mit dem Densitometer vermessen; die Konzentrationsverteilung der Isoenzyme lässt auf die organtypische Herkunft der LDM-Erhöhungen schließen. 7 Kreatinkinase (CK): CK ist ein dimeres Protein, das sich aus 2 Untereinheiten zusammensetzt: die M- und B(Brain)-Kette. Im Serum treten 3 Isoenzyme auf: 5 CK MB wird 3–4 h nach Myokardnekrosen (z. B. Herzinfarkt) erhöht im Serum gefunden. 5 CK-BB deutet auf Schädigung des Gehirns u. a. Organe hin. Bei der Zymogrammfärbung entstehen fluoreszierende oder eingefärbte Banden, die mit einem entsprechenden Densitometer ausgewertet werden. 5 CK-MM ist als Skelettmuskel-Isoform bei Rabdomylosen (Skelettmuskelnekrosen) vorzugsweise erhöht.

749

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereich — Erwachsene. 7 Aminosäuren Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore

Isoprotein H. Fiedler

Englischer Begriff. isoprotein Definition. Ein Protein kann in mehreren Modifikationen vorkommen, die unter der Bezeichnung Isoproteine (besonders auch 7 Isoenzyme) zusammengefasst werden. i Isoproteine leiten sich von demselben Gen durch alternatives Spleißen oder von verschiedenen Genen ab bzw. entstehen durch posttranslationale Modifikation (7 Modifikation, posttranslational). Sie unterscheiden sich in ihren antigenen Eigenschaften, 7 isoelektrischen Punkten und anderen Strukturmerkmalen (Beispiel: saure und basische Isoferritine). Isoenzyme haben gleiche Substratspezifitäten, aber verschiedene Molekularstrukturen und physikalisch-chemische Eigenschaften wie elektrophoretische Mobilität, Inhibitoraffinität und Hitzedenaturierbarkeit. Sie entstehen auch bei unterschiedlicher Kombination von verschiedenen 7 Untereinheiten mit differenten KM- und VmaxWerten, wie von den Isoenzymen 7 Kreatinkinase und 7 Laktatdehydrogenase bekannt ist. Die Biosynthese der beiden Ketten der Laktatdehydrogenase wird durch zwei verschiedene Gene transkribiert und

750

Isoschizomer

in den Organen unterschiedlich exprimiert und allosterisch reguliert. Isoenzyme sind in tierischen Zellen weit verbreitet und häufig spezifisch in Organen, Zellen oder Zellorganellen verteilt, weshalb durch Bestimmung der Isoenzyme die Lokalisierung einer Schädigung möglich ist.

und damit unterschiedliche Massen aufweisen. Nur wenige Elemente kommen als 7 Reinelemente, also ohne Isotope vor, wie z. B. 7 Fluor. Isotope mit besonderer Bedeutung für das klinisch-chemische Labor sind z. B. 2H (Deuterium), 3H (Tritium), 13C, 57Co, oder künstlich erzeugtes 125I.

Isoschizomer

Isotopenmuster

R. Weiskirchen

B. Güssregen

Englischer Begriff. isoschizomer; isoschizomeric enzyme

Englischer Begriff. isotopic pattern

Definition. Bezeichnung für ein Restriktionsenzym, das die gleiche

i Organische Verbindungen liefern in der 7 Massenspektrometrie

Erkennungssequenz auf der DNA erkennt wie ein anderes 7 Restriktionsenzym, wobei die eigentliche Spaltungsstelle unterschiedlich sein kann

Isotachophorese R. Westermeier

ein charakteristisches Intensitätsmuster, welches auf der unterschiedlichen Häufigkeit der 7 Isotope eines Elements beruht. So kommen die Chlorisotope 35Cl und 37Cl im Verhältnis 3:1 vor. Das Massenspektrum von CH3Cl (7 Abb. 1) weist demnach ein Molekülion mit der Masse 49,9 u (12C1H335Cl) und ein 7 Molekül-Ion der Masse 51,9 u (12C1H337Cl) auf, die relative Intensität der Molekül-Ionen beträgt 3:1.

Synonym(e). Gleichgeschwindigkeitselektrophorese Englischer Begriff. isotachoelectrophoresis Definition. Die Isotachophorese ist eine Modifikation der Elektrophorese: In einem diskontinuierlichen Puffersystem wird das Probengemisch in der Grenzzone zwischen Leit- und Folgeion appliziert. Im elektrischen Feld wandern dann alle Ionen (Pufferionen und geladene Probenkomponenten) mit gleicher Geschwindigkeit direkt hintereinander in der Reihenfolge ihrer 7 elektrophoretischen Mobilitäten als Fraktionenstapel. i Die Isotachophorese wird in nichtrestriktiven Medien oder in trägerfreien Systemen durchgeführt, wie z. B. in offenen Kapillaren oder Küvetten. Bei dieser Methode geschehen mehrere Dinge gleichzeitig: In einem diskontinuierlichen Puffersystem, bestehend aus hochmobilen Leitionen (z. B. Cl–), weniger mobilen Folgeionen (z. B. Glycin–) und einem gemeinsamen Gegenion (z. B. Tris+), sind alle geladenen Substanzen gezwungen, mit selber Geschwindigkeit zu wandern. Würden bestimmte Ionen schneller und andere langsamer wandern, ergäben sich Ionenlücken, welche den elektrischen Stromfluss unterbrächen. Da die Ionen und die geladenen Probenkomponenten unterschiedliche elektrophoretische Mobilitäten besitzen, muss sich zwangsläufig ein stufenförmiger Feldstärkegradient einstellen, mit niedriger Feldstärke in der Zone der hochmobilen Ionen und hoher Feldstärke im Bereich der niedrig mobilen Ionen. Dadurch entsteht ein Zonenschärfungseffekt: Fällt ein Ion in den Bereich niedrigerer Mobilität zurück, wird es von der dahinter herrschenden höheren Feldstärke nach vorn beschleunigt; wandert es hingegen schneller, wird es im Bereich der davor herrschenden niedrigeren Feldstärke verlangsamt. Zudem existiert ein Konzentrations-Regulierungseffekt: Die Ionenkonzentration jeder Zone ist proportional zur Konzentration der Leitionen. Die Breite einer Zone ist das Maß für die Menge einer Komponente und nicht die Peakfläche wie bei 7 Chromatographie und Zonenelektrophorese. Der Isotachophorese-Effekt wird bei 7 Polyacrylamid-Gelelektrophorese und der 7 SDS-Elektrophorese zum verbesserten Probeneintritt in das Gel und zur Zonenschärfung ausgenutzt. Die Isotachophorese wird auch als eigenständige Methode für Analysen von Ionen aller Art eingesetzt. Bisweilen wird Isotachophorese in granulierten SephadexGelen für präparative Trennungen durchgeführt.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl., Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim

Isotopenmuster. Abb. 1. Massenspektrum von CH3Cl.

Isotopenverdünnung B. Güssregen

Englischer Begriff. isotope dilution i In der Massenpektrometrie wird häufig eine isotopenmarkierte Verbindung (z. B. 13C oder D), aber ansonsten identische Verbindung dem Analyten als interner Standard zugesetzt. Dies ist eine ideale Kalibrationsmethode, da dadurch eine Vielzahl von Einflüssen auf das Analysenergebnis kompensiert werden (z. B. Probenahmeartefakte, Verluste während der Probenvorbereitung).

Isovalerylglycin G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. isovalerylglycine Definition. Das Glycinkonjugat der Isovaleriansäure tritt als pathologischer Metabolit bei Störungen im Leucin-Metabolismus auf.

Struktur. C7H13NO3 (7 Abb. 1)

Isotope B. Güssregen

Englischer Begriff. isotopes i Isotope sind Atome eines Elements, die sich lediglich durch die unterschiedliche Anzahl von Neutronen im Atomkern unterscheiden

Isovalerylglycin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 159,18 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Stoffwechsel der Ami-

ivGTT

nosäure Leucin wird das Transaminierungsprodukt 2-Oxoisocapronsäure oxidativ zu Isovaleryl-Coenzym A decarboxyliert. Dieses wird durch das Enzym Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase, einem mitochondrialen Flavoprotein, weiter abgebaut. Ein Defekt der Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase resultiert in einer Anreicherung verschiedener Derivate des Isovaleryl-Coenzym A, wobei neben freier Isovaleriansäure und 3-Hydroxyisovaleriansäure Isovalerylglycin dominiert. Ursache dafür ist die hohe Affinität des Isovaleryl-CoA zu der Glycin-N-Acylase. Isovalerylglycin wird effizient renal ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Die Bildung von Isovalerylglycin stellt einen wichtigen Entgiftungs- und Eliminationsweg für sich anstauendes Isovaleryl-Coenzym A dar.

751

5 Gedeihstörung 5 progrediente psychomotorische Retardierung

Interpretation. Erhöhte Ausscheidungen von Isovalerylglycin im Urin, ggf. mit 3-Hydroxyisovaleriansäure, wird bei der Isovalerianazidämie beobachtet, die auf einem Defekt des Apoenzyms der Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase beruht. Desweiteren führt auch ein Defekt der multiplen Acyl-CoA-Dehydrogenase im Falle der Glutaracidurie Typ II zu erhöhten Isovalerylglycin-Ausscheidungen, wobei im Unterschied zur Isovalerianazidämie auch Milchsäure, Glutarsäure, Ethylmalonsäure und verschiedene Dicarbonsäuren erhöht sind.

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Konzentrationen von Isovale-

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin

rylglycin sind obligat als pathologisch zu werten als Ausdruck einer Störung der Isovaleryl-CoA-Dehydrogenase.

Analytik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physi-

5 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 Gaschromatographie-Massenspektrometrie als Mono- und DiTrimethylsilylester. Als Mono-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI:1488 M+ (m/z): 231 Quant Ion (m/z): 130 Conf. Ion (m/z): 145

cian’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Isozyme 7 Isoenzym

ISQ 7 Internationales Größensystem

Als Di-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI:1520 M+ (m/z): 303 Quant Ion (m/z): 261 Conf. Ion (m/z): 176

7 International Union of Pure and Applied Chemistry

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin)

7 In-vitro-Diagnostika-Richtlinie

Referenzbereich — Kinder. 0–10 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 290–4980 mmol/mol Kreatinin

Indikation.

5 Unerklärliche Ketoacidosen, insbesondere im Säuglings- und Kleinkindesalter 5 Hypoglykämie oder Hyperammonämie

IUPAC IvD-Richtlinie IVF 7 In-vitro-Fertilisation

ivGTT 7 Glukosetoleranztest, intravenös

I

J Jablonski-Termschema 7 Lumineszenz

Jacob, François R. Weiskirchen

Lebensdaten. Französischer Genetiker, Mediziner und Physiologe, geboren am 17. Juni 1920 in Nancy, Promotion in Medizin 1947 (Paris), ab 1950 arbeitete er am Pariser Pasteur-Institut, 1956 wurde er dort zum Forschungsgruppenleiter und 1960 zum Institutsleiter des Institutes für Zell-Genetik berufen.

Verdienste. Jacob erhielt im Jahr 1965 zusammen mit André-Michael Lwoff und Jacques Monod (7 Monod, Jaques) den Nobelpreis für Medizin für fundamentale Entdeckungen auf dem Gebiet der Genregulation in Bakterienzellen (s. a. 7 Jacob-Monod-Modell). Literatur. http://www.nobel.se/medicine/laureates/1965/jacob-bio. html Jacob F (1995) The Statue Within: An Autobiography. Basic Books, New York

Jacob-Monod-Modell R. Weiskirchen

Synonym(e). Operonmodell Definition. Von François Jacob (7 Jacob, François) und Jacques Monod (7 Monod, Jaques) im Jahr 1961 entwickeltes Modell zur prokaryontischen Genregulation. i Bei der Regulation der Transkriptionsaktivität und damit der RNA-Synthese werden in dem Modell von Jacob und Monod drei Gruppen von 7 Genen unterschieden (7 Abb. 1). 5 Strukturgene: beinhalten die Information zur Synthese von Enzymen oder Strukturproteinen

5 Operatorgene: enthalten die regulative Kontrolleinheiten, die einer bestimmten Gruppe von Strukturgenen übergeordnet sind und deren Aktivität steuern 5 Regulatorgene: codieren die sog. Repressoren, die an die regulatorischen Einheiten eines Operatorgens binden und so zu Inaktivierung oder Aktivierung dieses Operators führen In dem Modell bilden die drei Gengruppen eine funktionelle Einheit (7 Operon), die die Genaktivität in Abhängigkeit von einem Substrat, das von den Strukturgenen verstoffwechselt werden kann, steuern. Bei der sog. Substratinduktion löst diese Verbindung (Effektor) eine Genaktivität aus, indem sie einen Repressor inaktiviert. Ist die Verbindung nicht im Nährmedium vorhanden, so bindet der vom Regulatorgen codierte Repressor an den Operator und verhindert die Synthese der downstream gelegenen Strukturgene. Bindet das Substrat an den Repressor, so erfährt dieser eine Konformationsänderung, der zur Freisetzung des Operators und zur nachfolgenden Synthese der Strukturgene führt. Die induzierbare Proteinsynthese ist bei vielen katabolischen Stoffwechselvorgängen bei 7 Prokaryonten verbreitet. Beim Abbau von Substraten ist es metabolisch sinnvoll, die abbauenden Enzyme erst dann zu synthetisieren, wenn das Substrat vorliegt. Bei der sog. Endproduktrepression ist der durch das Regulatorgen gebildete Repressor inaktiv. Als Effektor fungiert das Endprodukt der zugehörigen Synthesekette. Reichert sich dieses Endprodukt durch Aktivität der Operons in der Zelle an, so bewirkt seine Bindung an den Repressor eine allosterische Konformationsänderung, die zu einer Inaktivierung des Operatorgens führt.

Literatur. Jacob F, Monod J (1961) Genetic Regulatory Mechanisms in the Synthesis of Proteins. J Mol Biol 3:318–356 Stryer L (1990) Biochemie. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, Heidelberg

Jaffe-Reaktion W.G. Guder

Synonym(e). Kreatininbestimmung, chemische

Jacob-Monod-Modell. Abb. 1. Schematische Darstellung der prokaryontischen Genregulation

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_10, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

754

Japanische-Enzephalitis-Viren

Englischer Begriff. Jaffe color rection Definition. Als Jaffe-Reaktion wird die Reaktion von Pikrinsäure in alkalischer Lösung mit Kreatinin bezeichnet. Sie ist seit ihrer Erstbeschreibung von Max Jaffe (1841–1911) die weltweit am häufigsten angewandte Methode zur Quantifizierung von Kreatinin im Blutplasma/Serum und Urin.

Einsatzgebiet. Bestimmung von 7 Kreatinin im Blutplasma und Urin

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin und andere Körperflüssigkeiten

Spezifität. Es wurde versucht die Spezifität durch kinetische Varianten zu steigern, um die nicht mechanisierbare Eiweißfällung und Extraktion mit 7 Fullererde (Lloyd’s reagent) zu umgehen. Dennoch misst die Methode im Plasma und Serum bei Normalpersonen ~10 % höhere Werte als mit der Referenzmethode oder einer entsprechenden enzymatischen Methode. Fehlermöglichkeit. Die Jaffe-Reaktion wird durch eine Reihe von sog. 7 Pseudokreatininen in ihrer Spezifität eingeschränkt, so wirken 7 Acetoacetat und 7 3-Hydroxybutyrat ab 5 mg/L, aber auch Medikamente wie Cephalosporine, Methyldopa, Nitrofurantoin steigernd auf das Messergebnis. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Untersuchung kann mit jedem Gerät, das eine photometrische Methode mit Kinetik oder Endpunktanalyse und Leerwert ermöglicht, durchgeführt werden. Sie ist leicht automatisierbar und preislich günstig (10–20 Cent/Test für Reagenz). Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Jaffe-Reaktion ist noch immer die meist angewandte Methode zur Messung von Kreatinin im Blut und Urin. Sie wird zur Messung der glomerulären Clearance (7 Clearance, glomeruläre) angewandt, die durch die höhere Messung in Serum/Plasma zu einer der 7 Inulin-Clearance ähnlichen Clearance führt. Anmerkung: Nach dem Originaltitel der Arbeit aus dem Jahr 1886 ist die richtige Schreibweise des Autors Jaffe (nicht Jaffé, wie häufig zu sehen; 7 Abb. 1 und 2).

Jaffe-Reaktion. Abb. 2. Grabstein Max Jaffes auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee (Beachte: Jaffe, nicht Jaffé)

Spezies: Japanische-Enzephalitis-Virus (JEV) Plusstrang-RNA-Genom, behüllt, 50 nm Durchmesser.

Erkrankungen. Japanische Enzephalitis Verbreitung: Südostasien, China, Japan, Korea, indischer Subkontinent, Ostsibirien, Australien (Nordosten). Vektoren: Arthropoden: verschiedene Culex-Arten, Aedes togoi, japonicus und vexans nipponii, Anopheles annularis und vagus. Wirte: Vögel, Nutztiere (v. a. Schwein), Reptilien, Fledermäuse, Mensch. Übertragung auch transplazentar möglich; Infektionen durch Bluttransfusion oder Organtransplantation sind denkbar, wurden bisher aber noch nicht nachgewiesen. Klinik: Plötzlich auftretendes hohes Fieber und grippeähnliche Symptomatik, Meningoenzephalitis; neurologische und psychische Dauerschäden bei 30–50 % der Betroffenen – meist Kleinkindern und alten Menschen; Letalität bei Hirnhautentzündung 10–30 %. Therapie und Prophylaxe: Nur symptomatische Behandlung möglich. Es ist ein inaktivierter Impfstoff verfügbar. Schutz vor Mückenstichen, Bekämpfung der Vektoren.

Analytik. Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert ein Laboratorium

Jaffe-Reaktion. Abb. 1. Titel der Originalarbeit aus dem Jahr 1886 (mit freundl. Genehmigung von J. Delanghe, Gent)

Literatur. Spencer K (1986) The estimation of creatinine. Ann Clin Biochem 23:1–25 Jaffe M (1886) Über den Niederschlag, welche Pikrinsäure in normalem Harn erzeugt und über eine neue Reaktion des Kreatinins. Hoppe-Seylers Z Physiol Chem 10:391–400

Japanische-Enzephalitis-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. Japanese encephalitis virus Beschreibung des Erregers. Familie: Flaviviridae Gattung: Flavivirus

der Sicherheitsklasse 3. Direktnachweis: Virusnachweis aus dem Blut oder Liquor mittels RTPCR oder Virusanzucht in Zellkultur. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper (IgG, IgM) in Serum oder Liquor durch indirekte 7 Immunfluoreszenz, ELISA, 7 Neutralisationstest und 7 Hämagglutinationshemmtest.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Blut, Blutbestandteile, Liquor oder Biopsiematerial. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig (Liquor eine Woche), bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Direktnachweis: Während der akuten Krankheitsphase möglich; in der Regel wegen früh auftretender neu-

JWH-Isomere

tralisierender Antikörper nur kurze Virämie (max. 1 Woche), Isolierung schwierig. Serologie: Nachweis spezifischer Serum-Antikörper (IgG, IgM) bereits kurz nach Beginn der Erkrankung. Innerhalb einer Woche können bei mehr als 65 % der Patienten JEV-IgM-Antikörper festgestellt werden. Auch ein signifikanter Titeranstieg des spezifischen IgG beweist eine akute Infektion. Zu beachten sind Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren (FSME, Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber, Gelbfieber etc.). Darüber hinaus sind impfinduzierte Antikörper zu bedenken. Differenzialdiagnosen: Andere viral oder bakteriell bedingte Meningitiden und Enzephalitiden.

Literatur. Diagana M, Preux PM, Dumas M (2007) Japanese encephalitis revisited. J Neurol Sci 262(1–2):165–170 Ghosh D, Basu A (2009) Japanese encephalitis-a pathological and clinical perspective. PLoS Negl Trop Dis 3(9):e437 Schönrich G (2009) Japanisches Enzephalitisvirus. In: Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen, 3. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Jka und Jkb 7 Kidd-Blutgruppensystem

Jo-1-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Aminoacyl-t-RNS-Synthetase

Jod 7 Iod

Jodprobe nach Rosin

Jolly-Körperchen 7 Howell-Jolly-Körper

Jsa und Jsb 7 Kell-Blutgruppensystem

Jugendhormon 7 Melatonin

Junk T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Heroin (7 Straßennamen von Drogen: Opiate).

Justierung eines Messsystems W.-R. Külpmann

Synonym. Justierung Englischer Begriff. adjustment of a measuring system; adjustment Definition. Reihe von Tätigkeiten, die an einem Messsystem ausgeführt werden, sodass dieses festgelegte Anzeigen liefert, die Werten einer zu messenden Größe entsprechen [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

7 Rosin-Iodprobe

JWH-018 Joint (Sticks)

7 Spice

T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

755

JWH-Isomere 7 Spice

J

K K15 7 Kx-Blutgruppensystem

KM 7 Michaelis-Menten-Konstante Kachectin 7 Tumornekrosefaktor-α

Kadmium 7 Cadmium

Kageyama-Reaktion 7 Harnsäure

Kalibration, innere 7 Standard, interner

Kalibrationsmaterial 7 Standardlösungen

Kalibrator 7 Kalibriernormal

Kalibriernormal W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. calibrator Definition. Bei der Kalibrierung verwendetes Normal [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Kalibrierlaboratorium 7 Referenzlaboratorium

Kalibriermaterial 7 Standardlösungen

Kalibrierung W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. calibration Definition. Tätigkeit, die unter festgelegten Bedingungen in einem ersten Schritt eine Beziehung zwischen den durch Normale zur Verfügung gestellten Größenwerten mit ihren 7 Messunsicherheiten und den entsprechenden Anzeigen mit ihren beigeordneten Messunsicherheiten herstellt und in einem zweiten Schritt diese Information verwendet, um eine Beziehung herzustellen, mit deren Hilfe ein 7 Messergebnis aus einer Anzeige erhalten wird [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Kalium O. Müller-Plathe

Englischer Begriff. potassium Definition. Kalium (chemisches Symbol: K) (7 Nettoladung) ist mengenmäßig das wichtigste Kation des intrazellulären Raums mit großer Bedeutung für die neuromuskuläre Erregbarkeit. Molmasse. Relative Atommasse: 39,098 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Aufnahme und Bedarf: Tägliche Kaliumaufnahme mit der Nahrung etwa 1 mmol pro kg KG, also 2,5–3,0 g. Mindestbedarf 25 mmol (~1 g). Bestand: Bei 70 kg KG etwa 3500 mmol, davon rasch austauschbar 2800 mmol. Verteilung 5 Intrazellulärer Raum (IZR) 90 % 5 Knochensubstanz 8 % 5 Extrazellulärer Raum (EZR) 2 % Die hohe intrazelluläre Kaliumkonzentration (im Skelettmuskel 160, im 7 Erythrozyten 100 mmol/L) wird bewirkt durch die Na-KATPase, die K+ energieabhängig in das Zellinnere transportiert. Die Aufrechterhaltung des Konzentrationsgradienten ist Voraussetzung für die nervale Reizleitung und für die Kontraktilität von Herz- und Skelettmuskel. Elimination: Mit dem Urin > 90 %, mit dem Stuhl < 10 %.

Funktion und Pathophysiologie. Renale Ausscheidung Das glomerulär filtrierte K+ wird zu 70–80 % im proximalen Tubulus und zu 10–20 % in der Henleschen Schleife reabsorbiert. Im distalen Tubulus wird K+ mit Hilfe der Na-K-ATPase im Austausch mit Na sezerniert. Dieser Vorgang wird vor allem durch die folgenden Faktoren beeinflusst: 1. Extrazelluläre K+-Konzentration: Hierdurch werden Unterschiede in der Kaliumzufuhr mit einer Anpassungsbreite von < 10 mmol/ Tag bei K+-Mangel bis zu mehreren Hundert mmol/Tag bei K+Überschuss ausgeglichen. 2. Plasma-pH: Alkalose führt in den Tubuluszellen zur Zunahme der zellulären K+-Konzentration, damit zu erhöhter K+-Ausscheidung und in vielen Fällen zur Hypokaliämie. Umgekehrt verhält es sich bei der Azidose. 3. 7 Aldosteron: Es stimuliert die aktive Na+-Reabsorption und fördert dadurch die K+-Sekretion. Jede Aktion der Funktionskette Renin → Angiotensin → Aldosteron → distales Nephron (7 Wasserhaushalt) beeinflusst daher auch den Kaliumstoffwechsel. 4. Distal-tubuläre Harnflussmenge: Ist sie hoch wie bei osmotischer Diurese oder Salureticagabe, wird K+ vermehrt sezerniert. Ist sie stark erniedrigt wie bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz, wird zu wenig K+ ausgeschieden. Kaliumverteilungstörungen Normalerweise ist das Plasmakalium gut mit dem Gesamtkalium des Organismus korreliert. Eine Veränderung um 1 mmol/L entspricht bei Hypokaliämie einem Kaliumdefizit von 200–400 mmol und bei Hyperkaliämie einem Kaliumüberschuss von 100–200 mmol. Das gilt jedoch nicht, wenn durch einen der folgenden Faktoren die normale Kaliumverteilung zwischen EZR und IZR gestört ist.

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_11, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

758

Kalium

1. Plasma-pH: Alkalose, sowohl metabolischer als auch respiratorischer Natur, führt zur Kaliumverschiebung in die Zellen und damit zur Hypokaliämie. Acidose, die metabolische stärker als die respiratorische, geht mit Kaliumaustritt aus den Zellen einher und führt damit zur Hyperkaliämie. Eine pH-Änderung um 0,1 vermindert bei der Alkalose oder erhöht bei der Acidose das Plasmakalium um etwa 0,5 mmol/L. 2. 7 Insulin fördert die Kaliumaufnahme in Muskel- und Leberzellen. 3. 7 Katecholamine stimulieren die zelluläre Kaliumaufnahme und steigern zudem über eine vermehrte Reninausschüttung die distaltubuläre Kaliumsekretion. Folgen von Hypo- und Hyperkaliämie Hypokaliämie 5 Skelettmuskulatur: Adynamie, Reflexabschwächung, schlaffe Lähmungen, Atemlähmung 5 Abdominalorgane: Magen- und Darmatonie, paralytischer Ileus, Blasenentleerungsstörungen 5 Myokard: (Tachy)-Arrhythmie, Verstärkung von Digitaliswirkungen, charakteristische EKG-Veränderungen (ST-Senkung, flache T-Welle, TU-Verschmelzung) 5 Stoffwechsel: Kaliopenische Alkalose. Kaliummangel im EZR führt zum Ausstrom von K+ aus dem IZR im Austausch mit Na+ und H+. Die distale Tubuluszelle reagiert durch gesteigerter K+-Reabsorption und vermehrter H+-Sekretion mit der Folge einer metabolischen Alkalose. Hyperkaliämie Sie zeigen sich bevorzugt am Myokard durch bradykarde Rhythmusstörungen und Überleitungsstörungen. Abschwächung von Digitaliswirkungen. Im EKG QRS-Verbreiterung und hohe spitze T-Zacken. Kammerflimmern.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1. Für herkömmliche Messung als Gesamtkalium: Heparinplasma oder Serum nach venöser Abnahme. Abtrennung von den Blutzellen innerhalb von 1 h. Hämolytisches Material inakzeptabel! Wegen Kaliumaustritt aus den Thrombozyten bei der Gerinnung (ΔK+ normalerweise 0,3–0,5 mmol/L, bei Thrombozytose bis 2,0 mmol/L) ist Heparinplasma das bevorzugte Material. 2. Für Messung als „Ionisiertes Kalium“: Heparinblut, am besten in einer mit lyophilisiertem, elektrolytadaptierten Heparin präparierten Plastikspritze abgenommen. 3. Urin: Einzelproben oder 24-h-Sammelurin. 4. Weitere Flüssigkeiten: Sekrete, Drainageflüssigkeiten, Schweiß u. a. zur Feststellung von Elektrolytverlusten.

Probenstabilität. Plasma, Serum: Bei 25 °C und bei 4–8 °C 1 Woche, bei –20 °C 1 Jahr. Heparinblut: Messung innerhalb 1 h erforderlich. Präanalytik. Bei venöser Abnahme Stauung < 2 min; keine Muskelkontraktion. Kapillarblut ist wegen Kontamination mit Zellflüssigkeit ungeeignet für die K+-Messung.

Analytik.

1. 7 Flammenatomemissionsspektrometrie (FAES), „Flammenphotometrie“: Sehr zuverlässiges, mechanisierbares Verfahren mit geringen Reagenzienkosten. Kaum zu integrieren in klinisch-chemische Analysenautomaten. Sicherheitsauflagen wegen der Benutzung brennbarer Gase. Grundlage der IFCC-Referenzmethode. 2. 7 Ionenselektive Elektrode (ISE, indirekt) nach Verdünnung der Probe: Meistens mit Valinomycin beschickte Membranelektrode. Weit verbreitetes, zuverlässiges Routineverfahren, mechanisierbar und gut in Analysegeräte zu integrieren. 3. Enzymatische Methoden: Photometrische Methode, beruhend auf der Aktivierung von Pyruvatkinase [Berry (1989)] oder Tryptophanase [Kimura (1992)]. 4. Ionophor-Methode: Photometrische Methode mit Hilfe eines Kspezifischen makrozyklischen Ionophors, dessen ChromophorAnteil bei Bindung von K an den Ionophor-Anteil sein Absorptionsspektrum ändert [Kumar (1988)]. Methoden 3 und 4, die ohne zusätzliche Messeinrichtungen in Analysegeräte integriert werden können, sind wegen höherer Kosten weniger verbreitet.

5. 7 Ionenselektive Elektrode (ISE, direkt) im unverdünnten Heparinblut oder Heparinplasma: Sehr schnelle Messung im Vollblut (< 1 min), ohne den Aufwand der Zentrifugation und der Probendilution. Nicht geeignet für Messungen in anderen Flüssigkeiten. Die Methoden 1–4 erfassen messtechnisch unmittelbar die molare Kaliumkonzentration im Plasma. Sie sind auf den Konzentrationsbereich im Plasma eingestellt. Bei Messungen in anderen Medien muss auf den Linearitätsbereich der Methode geachtet und ggfs. die Verdünnung entsprechend angepasst werden. Methode 5 erfasst messtechnisch die Aktivität des ionisierten Kaliums im Plasmawasser, also die molale Aktivität (7 Elektrolyte). Durch ein entsprechendes Kalibrationsverfahren wird das Messsignal jedoch auf ein Plasma mit normalem Protein- und Lipidgehalt, also auf ein etwa 7,2 % größeres Verteilungsvolumen bezogen, um die Ergebnisse kompatibel mit denen der konventionellen Kaliumbestimmung zu machen. Es handelt sich also um eine „justierte Molalitätmessung“, für die in Analogie zum Ionisierten Calcium die Bezeichnung „Ionisiertes Kalium“ eingeführt wurde. Im Prinzip bestehen zwischen Gesamtkalium und ionisiertem Kalium die gleichen Unterschiede wie zwischen den analogen Natriumgrößen. Sie würden sich beim Kalium jedoch nur in der zweiten Dezimalstelle auswirken und sind daher klinisch bedeutungslos (7 Natrium).

Konventionelle Einheit. mval/L oder mEq/L Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 Referenzbereich — Erwachsene. Plasma: 3,5–4,5 mmol/L Serum: 3,5–5,1 mmol/L 24-h-Sammelurin: 35–100 mmol/Tag

Referenzbereich — Kinder. Serum: Neugeborene 3,7–5,9 mmol/L Kleinkinder 4,1–5,3 mmol/L

Indikation. K+ im Plasma oder Serum: Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Nierenkrankheiten, endokrine Erkrankungen (Nebennieren, Hypothalamus), Störungen des Säure-Basen-Haushalts, Erbrechen, Durchfallerkrankungen, Entgleisung anderer Elektrolyte, Einnahme von Diuretika und Laxantien, intensivmedizinische Überwachung. K+ im Urin: Klassifizierung der Hypo- und Hyperkaliämie.

Interpretation. Vorkommen der Hypokaliämie Verminderte Kaliumzufuhr oder erhöhte gastrointestinale Verluste (U-Kalium < 10 mmol/L) 5 Fehlerhafte parenterale Ernährung 5 Diarrhoe, Ileus, Laxantienabusus. Kaliumverluste renaler Ursache (U-Kalium > 30 mmol/L) 5 Renal-tubuläre Acidose 5 Diuretika, Osmotische Diurese 5 Mangel an resorbierbaren Anionen (Chlorid) im Urin 5 Überschuss an nichtresorbierbaren Anionen im Urin: Penicilline, Aminoglykoside, Cisplatin 5 Hypomagnesiämie 5 Erhöhte Mineralokortikoidwirkung: Primärer und sekundärer Hyperaldosteronismus, Cushing-Syndrom, Nierenarterienstenose, Bartter-Syndrom, Enzymdefekte (11β-Hydroxylasemangel, 17α-Hydroxylasemangel), Glycyrrhizinsäure-Abusus (Lakritze). Kaliumumverteilung: K+ → IZR (U-Kalium unterschiedlich) 5 Extrazelluläre Alkalose 5 Erhöhte Insulinkonzentration (Therapie des dekompensierten Diabetes mellitus, Insulinom) 5 Erhöhte Katecholaminkonzentration (Stress-Hypokaliämie): Adrenalin, Isoproterenol 5 Rapides Zellwachstum: Akute myeloische Leukämie, Retikulozytenkrise 5 Paroxysmale hypokaliämische Lähmung. Vorkommen der Hyperkaliämie Vermehrte Kaliumzufuhr (U-Kalium > 60 mmol/L) 5 Zu hoch dosierte i.v.-Kaliumapplikation (Cave > 20 mmol/h!)

Kallikrein-Kinin-System

Renale Kaliumretention (U-Kalium < 30 mmol/L) 5 Oligurie, Nierenversagen (GFR < 15 mL/min) 5 Störung der tubulären Kaliumsekretion 5 Verminderte Mineralokortikoidwirkung: Primärer Hypoaldosteronismus (M. Addison), Hyporeninämischer Hypoaldosteronismus (z. B. bei diabetischer und interstitieller Nephropathie), 21-Hydroxylasemangel, Tubuläre Resistenz gegen Aldosteron (Pseudohypoaldosteronismus), ACE-Hemmer, Angiotensin- und Aldosteronantagonisten 5 Diuretika: Triamteren, Amilorid. Kalium-Umverteilung: K+ → EZR (U-Kalium > 60 mmol/L) 5 Metabolische Acidose 5 Insulinmangel (dekompensierter Diabetes mellitus) 5 Massiver Zellzerfall (intravasale Hämolyse, gastrointestinale Massenblutung, Rhabdomyolyse, zytostatische Therapie, maligne Hyperthermie) 5 Familiäre hyperkaliämische Lähmung.

Diagnostische Wertigkeit. Hypokaliämie: 3,5–3,0 mmol/L meistens symptomlos, < 2,5 mmol/L fast immer mit klinischer Symptomatik, < 2,0 akute Lebensgefahr. Hyperkaliämie: Ab 6,5 mmol/L Lebensgefahr, bei 9–10 mmol/L Tod durch Kammerflimmern.

Literatur. Berry MN, Mazzachi RD, Pejakovic M, Peake MJ (1989) Enzymatic determination of potassium in serum. Clin Chem 35:817–820 Kimura S, Asari S, Hayashi S et al (1992) New enzymatic method with tryptophanase for determining Potassium in serum. Clin Chem 38:44–47 Kumar A, Chapoteau E, Czech BP, Gebauer CR, Chimenti MZ, Ralmondo O (1988) Chromogenic ionophor-based methods for spectrophotometric assay of sodium and potassium in serum and plasma. Clin Chem 34:1709–1712

Kalium, ionisiertes 7 Kalium

Kaliumkanal-Komplex-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Kaliumkanäle

Kaliumselektive Elektrode 7 Ionenselektive Elektrode; 7 Kalium

Kallidin 7 Kallikrein-Kinin-System

759

Kallikrein 7 Präkallikrein

Kallikrein-Kinin-System W. Hubl, S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). Bradykinin; Kallidin; Kininogen; Kininase Englischer Begriff. kallikrein-kinin system Definition. Kallikreine sind eine Untergruppe der sezernierten, Trypsin-ähnlichen Serinproteinasen-Enzymfamilie. Kallikreine sind Peptidasen, die das Substrat Kininogen durch Abspaltung von Peptiden in die Kinine umwandelt. Die wichtigsten Vertreter dieser Kinine stellen das Bradykinin und das Kallidin dar. Diese Kinine werden unter dem Einfluss von Kininasen zu kleineren Peptiden abgebaut. Die wesentlichen physiologischen Wirkungen der Kinine bestehen in der Blutdrucksenkung durch Erweiterung der Gefäße, in der Erhöhung der Kapillarpermeabilität, der kontrahierenden Wirkung auf die glatte Muskulatur (Darm, Uterus, Bronchien) sowie der Schmerzauslosung. Sie gehören zu den stärksten Entzündungs- und Schockmediatoren. Das Bradykinin gilt als eine langsam reagierende Substanz, woraus sich auch der Name ableitet: „brady“ bedeutet langsam und „kinin“ Bewegung. Struktur. Die humane Gewebs-Kallikreinfamilie besteht aus 15 strukturell homologen Serinproteinasegenen, die alle auf Chromosom 19q13.4 lokalisiert sind. Auf Proteinebene werden alle Kallikreine als Präpropeptide synthetisiert mit einem Signalpeptid von 17–20 Aminosäuren am Aminoterminus, einem Aktivierungspeptid von 4–9 Aminosäuren und dem reifen, enzymatisch aktiven Protein. i Die Peptidase Kallikrein wird in zahlreichen Organen des Körpers

produziert und trennt als Kininogenase von dem Substrat Kininogen Peptide ab, wodurch die Kinine gebildet werden. Man unterscheidet Plasma-Kallikreine, die das Bradykinin bilden und Organkallikreine, die das Kallidin bilden. Der Abbau der Kinine zu inaktiven Peptiden erfolgt mit den Kininasen. Man unterscheidet zwei Kininasen: 5 Kininase I spaltet die basische Aminosäure Arginin vom C-terminalen Ende des Bradykinins ab 5 Kininase II spaltet Phenylalanyl-Arginin vom Bradykinin ab Die Kininase II ist mit dem Angiotensin-konvertierenden-Enzym (ACE) identisch, das Angiotensin I durch Entfernung eines Histamin-Leucin-Fragments in das hochwirksame Angiotensin II überführt. Hieraus leitet sich eine enge Verknüpfung des Kallikrein-KininSystems mit dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (7 Renin) ab (7 Abb. 1), wobei die Bildung des Angiotensin II auch von der

Kallikrein-Kinin-System. Abb. 1. Beziehungen zwischen Kallikrein-Kinin- und Renin-Angiotensin-System

K

760

Kalomelelektrode

Bradykininkonzentration beeinflusst wird. Das Angiotensin-konvertierende Enzym (Kininase II) katalysiert also einerseits die Bildung von Angiotensin II mit einer verstärkten vasokonstriktorischen Wirkung und inaktiviert gleichzeitig den Vasodilatator Bradykinin. Im Ergebnis kommt es zur Blutdrucksteigerung. Weitere Verbindungen des Kallikrein-Kinin-System existieren zum Gerinnungssystem (7 Gerinnungsfaktoren) mit einer Aktivierung der Blutgerinnung, Fibrinolyse und Komplementaktivierung. Eine Dysregulation der Kallikrein-Expression ist bei vielen Erkrankungen zu beobachten, vor allem bei malignen Tumoren. Das 7 Prostata-spezifische Antigen (PSA; hK3) und das humane glanduläre Kallikrein (hK2) werden als Serummarker beim Prostatakarzinom eingesetzt. HK6, hK10 und hK11 sind potenzielle neue Tumormarker für Diagnose und Prognose von Ovarial- und Prostatakarzinom. Außerdem kommen die Kallikreine als Ziele für therapeutische Interventionen bei malignen Tumoren in Betracht.

tem). Der sicherste Nachweis gelingt mit der Inkubation von kompatiblen Normalerythrozyten in Verdünnungen des Patientenserums und Bestimmung des Agglutinin-Titers bei +4 °C.

Literatur. Fritz H, Muller-Esterl W, Jochum M et al (1998) Biochemistry and Molecular Biology of the Kallikrein-Kinin-System. Birkhäuser Verlag, Basel Diamandis EP, Yousef GM (2002) Human tissue kallikreins: a family of new cancer biomarkers. Clin Chem 48:1198–1205 Borgono CA, Michael IP, Diamandis EP (2004) Human tissue kallikreins: physiologic roles and applications in cancer. Mol Cancer Res 2:257–280

Definition. Antikörper, deren Reaktionsoptimum der Antigen-Antikörperbindung in blutgruppenserologischen Tests bei 4 °C liegt

Kalomelelektrode 7 Referenzelektrode

Kälteabhängige Kreuzprobe 7 Serologische Verträglichkeitsprobe

Kälteagglutinin H. Baum

Literatur. Huber H, Nachbaur D, Pohl P et al (1992) Diagnose und Differentialdiagnose hämolytischer Anämien – Hämolytische Anämien durch Kälteautoantikörper. In: Huber H, Löffler H, Pastner D (Hrsg) Diagnostische Hämatologie. 3. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 68–72

Kälteantikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Kältereaktive Antikörper Englischer Begriff. cold antibodies

i Die Klassifizierung in Wärmeantikörper und Kälteantikörper

erfolgt anhand des Optimums der Antigen-Antikörperbindung der jeweiligen Antikörper in blutgruppenserologischen Testverfahren. Zu den Kälteantikörpern zählt man Antikörper, deren Antigenbindung bei 4 °C am schnellsten erfolgt und bei Temperaturen von 20–25 °C zunehmend schwächer ausgebildet ist. Bei Temperaturen oberhalb von ~30 °C findet keine Antigen-Antikörperreaktion mehr statt. Wärmeantikörper haben hingegen ihr Optimum der Antigenbindung bei 37 °C. Kälteantikörper sind meistens natürlich vorkommende, d. h. ohne Immunisierung durch transfundierte Fremderythrozyten entstehende, Antikörper vom IgM-Typ. Die Spezifität der Kälteantikörper ist häufig gegen die 7 Blutgruppensysteme AB0, MN, P, Le oder Ii gerichtet. Die Kälte- bzw. Wärmereaktivität der Antigen-AntikörperBindung hängt jedoch nicht oder nur wenig von den gebildeten Antikörpern, sondern mehr von der chemischen Natur der Antigene und ihrer Temperaturbeeinflussung ab.

Literatur. Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seatle Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London

Synonym(e). Kälteautoantikörper Englischer Begriff. cold agglutinin Definition. Autoantikörper mit bevorzugter Bindungsfähigkeit an Erythrozytenantigene bei 0–4 °C und Hämolyse. i Kälteagglutinine sind 7 Autoantikörper der Klasse IgM, seltener auch IgG mit Spezifität für erythrozytäre Antigene. Klinisch und hämatologisch stehen Befunde einer erworbenen hämolytischen Anämie im Vordergrund. Differenzialdiagnostisch können drei Krankheitstypen unterschieden werden (7 Tab. 1). Daneben stützt sich die Diagnose auf den Nachweis eines erhöhten Kälteagglutinin-Titers und andere, für diese hämolytische Anämien typischen serologischen Befunde (direkter Antihumanglobulintest mit Anti-IgG negativ, mit Anti-C3d häufig positiv, Spezifität im Blutgruppen-Antigen-Ii-Sys-

Kälteautoantikörper K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Kälteagglutinin; komplette Kälteautoantikörper Englischer Begriff. cold autoantibodies Definition. Kältereaktive Antikörper, die meist der IgM-Klasse angehören, gegen erythrozyteneigene Glykostrukturen gerichtet sind und ein Reaktionsoptimum bei 4 °C aufweisen. i Kälteautoantikörper sind häufig gegen Zuckerstrukturen auf der

Kälteagglutinin. Tab. 1. Krankheitstypen Typ

Häufigkeit (%)

Antikörperklasse

Spezifität

Besonderheiten

Idiopathische Kälteagglutininkrankheit

45

IgM, selten IgA, IgG

Anti-I, selten Anti-i, Anti-Pr

meist hochtitrig und monoklonal, hohe Temperaturamplitude

27 9 2

IgM IgM IgM und/ oder IgG

Anti-I meist Anti-I Anti-I oder Anti-I und Anti-IgG

Symptomatische hämolytische Anämien durch Kälteagglutinine a. Pneumonien (v. a. Mykoplasmen) b. lymphatische Systemerkrankungen c. infektiöse Mononukleose

Hämolytische Anämie durch DonathLandsteiner-Antikörper a. idiopatisch b. symptomatisch

niedrige Temperaturamplitude, relativ niedrige Titer 9 8

IgG IgG

Kapillarelektrophorese

Erythrozytenoberfläche gerichtet, wobei diese meistens als I- oder i-Struktur identifiziert werden können (7 Ii-Blutgruppensystem). I- und i-Antigene sind Zuckerstrukturen, die ubiquitär auf Erythrozyten vorkommen und Vorstufen der A- und B-Blutgruppenantigene sind. Kälteautoantikörper können sich auch gegen Glykophorin-Zuckerketten richten, die dann als Anti-Pr bezeichnet werden. Klinisch bedeutsam sind die als 7 Donath-Landsteiner-Antikörper bezeichneten biphasischen Kältehämolysine, die bei juvenilen Patienten nach Virusinfektionen auftreten können und gegen das Antigen P gerichtet sind. Die genaue Antigenspezifität vieler Kälteautoantikörper ist mittlerweile bekannt, jedoch wird deren Differenzierung in der immunhämatologischen Praxis angesichts fehlender klinischer Konsequenzen in der Regel nicht durchgeführt. Kälteautoantikörper, die als Anti-I zusammengefasst werden, können z. B. gegen die erythrozytären Antigene IF, ID, J, ICH, IB, ich, IT, IP1, ITP1, IP, IBH, IAB gerichtet sein, während die Antigene Pr1h, Pr1d, Pr2, Pr3h, Pr3d, Pra, PrM, oder PrN Zielstrukturen für Kälteautoantikörper vom Typ Anti-Pr darstellen können. Bei Temperaturen von 37 °C und im indirekten Coombstest führen die Kälteautoantikörper in der Regel nicht zu einer Agglutination, jedoch können hochtitrige Kälteautoantikörper oder Kälteantikörper mit einer erweiterten Wärmeamplitude zu unterschiedlichen Agglutinationsreaktionen auch im Antihumanglobulintest (7 Coombs-Test) führen, die entweder die Präsenz eines Alloantikörpers vortäuschen oder auch einen vorhandenen 7 Alloantikörper maskieren können. In diesen Fällen empfiehlt sich nach einer Wärmeelution eine Kälteautoabsorption des Patientenserums, um den vorhandenen Kälteautoantikörper selektiv aus dem Probenmaterial zu eliminieren. Hierzu wird eine Absorption des im Patientenserum vorhandenen Kälteautoantikörpers an die patienteneigenen Erythrozyten bei 4 °C durchgeführt und die mit Kälteautoantikörper beladenen Erythrozyten durch Zentrifugation und Waschen entfernt. Der Antihumanglobulintest wird anschließend mit dem so behandelten Serum wiederholt, um eventuell präsente Alloantikörper zu detektieren. Kälteautoantikörper sind bei niedrigen AntikörperTitern in der Regel klinisch unbedeutend, können jedoch manchmal zu schweren Hämolysen, insbesondere nach Kälteexposition führen. Eine Assoziation des Vorhandenseins von Kälteautoantikörpern mit Infektionen ist beschrieben worden, wobei ein molekulares Mimikry von antigenen Strukturen auf den Pathogenen mit körpereigenen Strukturen auf den Erythrozyten als ursächlich für die Bildung der Kälteautoantikörper diskutiert wird. So sind Kälteautoantikörper der Spezifität Anti-I mit Mycoplasma pneumoniae assoziiert, während Anti-i-Antikörper häufiger nach Epstein-Barr-Virus-Infektionen und Anti-Pr-Antikörper nach Infektionen mit Varizellen und RubellaVirus auftreten können. Klinisch bedeutsam ist das Auftreten von Donath-Landsteiner-Antikörpern, welches biphasische Kältehämolysine sind, die meistens gegen das P-Antigen gerichtet sind und bei Kindern nach Virusinfektionen auftreten können.

Literatur. Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York

Kältereaktive Antikörper 7 Kälteantikörper

Kalzitonin 7 Calcitonin

Kalzium 7 Calcium

Kammer-Zellzählung mit Liquor (CSF) 7 Liquor-Zellzählung, mikroskopisch

Kanten T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Marihuana (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

761

Kanüle nach Sprotte und Whitacre 7 Liquor-Gewinnung

Kanülen 7 Nadeln zur Blutentnahme

Kaolin Clotting Time P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). KCT Englischer Begriff. kaolin clotting time Definition. Die Kaolin Clotting Time (KCT) wurde im Jahr 1978 erstmals zur Erfassung von Lupus-Antikoagulans eingesetzt und gilt als sensitivster Test für die Erfassung von Inhibitoren. i Die KCT beruht auf dem Prinzip der partiellen 7 Thromboplastinzeit (APTT), wobei plättchenarmes Plasma mit Kaolin als Oberflächenaktivator ohne Zusatz von Phospholipiden inkubiert wird. Die im plättchenarmen Plasma noch vorhandenen Thrombozyten und Fettmoleküle aus HDL/LDL-Partikeln dienen als Quelle für Phospholipide. Die Methode ist daher sehr abhängig von den präanalytischen Bedingungen. Zur Bestätigung eines Lupus-Antikoagulans wird ein Plasmatauschversuch mit Normalplasma angesetzt und dann die KCT bestimmt. Das Ergebnis kann als Index for circulating (anticoagulans) activity (ICA) nach Rosner (Rosner-Index) angegeben werden.

Rosner-Index (RI) =

[KCT (Mix) – KCT (Normalplasma)] KCT (Patient)

KCT (Mix): KCT-Bestimmung mit 1+1-Mischung von Patientenund Normalplasma KCT (Patient): KCT-Bestimmung mit dem Patientenplasma Bei Anwesenheit von Lupus-Antikoagulans: KCT (mix) ≈ KCT (patient) Bei Abwesenheit von Lupus-Antikoagulans: KCT (mix) ≈ KCT (normal)

Literatur. Rosner R, Pauzner R, Lusky A (1987) Detection and Quantitative Evaluation of Lupus Antikoagulant Activity. Thromb Haemostas 57:144–147

Kapillarblut aus der Ferse 7 Fersenblut

Kapillarelektrophorese R. Westermeier

Synonym(e). Kapillarzonenelektrophorese; CE Englischer Begriff. capillary electrophoresis Definition. In der Kapillarelektrophorese werden geladene Molekülen, z. B. Proteine, Peptide, Nukleinsäuren oder Arzneimittel im elektrischen Feld in Kapillaren mit Innendurchmesser < 100 μm, mit oder ohne Gel, aufgetrennt. Die Detektion der Zonen erfolgt über UV-Absorption direkt in der Kapillare. Im Unterschied zu den Medien in der Gel- und Folienelektrophorese werden die Kapillaren wiederholt verwendet.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die elektrophoretische Trennung erfolgt meist in einer Fused-Silica-Kapillare (amorpher Quarz), wie sie auch in der Gaschromatographie verwendet wird, um UV-Detektion zu ermöglichen. Für manche Anwendungen sind die Kapillaren nur mit Puffer und flüssigen Additiven zur Oberflächenbelegung gefüllt; in speziellen Fällen enthalten die Kapillaren hochviskose Additive oder Gelmedien (7 Gel). Das Proben-Injektionsvolumen liegt im Bereich weniger nL. Meist wird eine elektrokinetische Injektion der Probe angewandt: Durch Anlegen eines Hochspannungsimpuls an das Probengefäß werden definierte Mengen von Probenkomponenten elektrophoretisch oder elektroosmotisch in die Kapillare transportiert. Die Höhe der benötigten Spannung während der Trennung hängt von der Länge der Trennkapillare ab. Normalerweise wird ein

K

762

Kapillar-Gaschromatographie

UV-Absorptionsdetektor eingesetzt, für spezielle Anwendungen kann auch ein Fluoreszenz- oder Leitfähigkeits-Detektor verwendet werden. 7 Abb. 1 zeigt die schematische Darstellung einer Kapillarelektrophorese.

Fused-SilicaKapillare

Säulen genannt) sind im klinisch-chemischen Labor von besonderer Bedeutung: 5 Dünnfilm-Kapillarsäulen mit einem dünnen Flüssigkeitsfilm als stationäre Phase für die Gas-Flüssig-Chromatographie 5 Dünnschicht-Kapillarsäulen mit einer dünnen Schicht imprägnierten Trägermaterials als stationäre Phase für die Gas-FestChromatographie. In beiden Fällen haben Kapillarsäulen (im Unterschied zu gepackten Säulen) einen offenen Längskanal, wodurch der Strömungswiderstand stark herabgesetzt ist und in der Folge Trennsäulenlängen von in der Regel bis zu 100 m, im Einzelfall aber auch erheblich länger möglich sind.

Integrator

Literatur. Jennings W (ed) (1980) Gas chromatography with glass Detektor

HochspannungsStromversorger 30.000 V

Elektrodengefäße

capillary columns. Academic Press, New York Rood D (2000) Practical guide to the care, maintenance and troubleshooting in capillary gas chromatographic systems. Wiley-VCH, Weinheim New York

Kapillarpyknometer 7 Pyknometer Autosampler Kapillarelektrophorese. Abb. 1. Schematische Darstellung des Funktionsprinzips

Kapillarelektrophorese eignet sich gut zur Automatisierung und für Analysen mit hohem Durchsatz, weil die Kapillaren wiederholt eingesetzt werden. Speziell für die klinische Chemie gibt es Kapillarelektrophoresegeräte mit Mehrfachkapillaren und automatischen Probenaufgabe- und Auswertesystemen. DNA-Sequenzierung wird mittlerweile ausschließlich mittels Kapillarelektrophoresen mit Multikapillaren durchgeführt. Aber auch bei einer ganzen Reihe von DNA-Fragmentanalysen kommt mittlerweile die Kapillarelektrophorese zum Einsatz.

Einsatzgebiet. 7 Serumproteinelektrophorese; Nukleinsäureelektro-

Kapillarzonenelektrophorese 7 Kapillarelektrophorese

Kappa-Ketten H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). K-Ketten Englischer Begriff. kappa chain; k-chain Definition. Leichtkette vom Typ k im Immunglobulin-Molekül i Die κ-Kette repräsentiert eine der beiden 7 Leichtketten der Im-

phorese; Nachweis von Metaboliten, Peptiden, Drogen, Arzneimitteln in Serum und Urin; DNA-Sequenzierung; DNA-Fragment-Analysen, z. B. für Forensik, Genetik und Typisierung von Mikroorganismen.

munglobuline. Die 23 kDa schwere, 214 Aminosäuren lange Proteinkette besteht aus einem konstanten und einem variablen Teil, der an der spezifischen Antigenbindung beteiligt ist. Etwa 60 % der von 7 B-Lymphozyten produzierten Leichtketten gehören zum Typ κ.

Untersuchungsmaterial. Humanserum, Urin, Nukleinsäurenamplifi-

Literatur. Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. Springer-

kate

Verlag, Berlin Heidelberg New York

Instrumentierung. Kapillarelektrophoresegerät mit PC für Kontrolle des Geräts und Auswertung der Ergebnisse.

Sensitivität. Die Empfindlichkeit mit der meist üblichen UV-Ab-

Kardinalskala 7 Skala, metrische

sorption liegt im Bereich pmol bis fmol.

Fehlermöglichkeit. Durch Automatisierung werden Fehlermöglichkeiten stark herabgesetzt. Bei Proteinelektrophoresen können präzipitierende Proteine die Kapillaren unbrauchbar machen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Kapillarelektrophorese hat einen hohen Automatisierungsgrad. Die Kosten für das Gerät sind hoch, die für Verbrauchsmittel sehr gering. Literatur. Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik. 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Kapillar-Gaschromatographie T. Arndt

Synonym(e). GC²; HR-GC; Hochauflösende-Gaschromatographie Englischer Begriff. capillary gas chromatography; high resolution gas chromatography; HR-GC, GC²

Definition. Eine Variante der 7 Gaschromatographie, bei der Trennsäulen (7 Chromatographie) mit einem Innendurchmesser von ca. 0,1–0,5 mm verwendet werden. i Zwei Arten von Kapillarsäulen (nach ihrem Erfinder auch Golay-

Kartenleser-Test O. Colhoun

Englischer Begriff. card reader-check Definition. Programm der 7 Labor-EDV zur Testung der Funktionen eines angeschlossenen Beleglesers. i Zur Fehlersuche bei der Auftragserfassung wichtige Funktion,

mit deren Hilfe etwa Lesefehler eines angeschlossenen BelegkartenLesers, ausgeblendete Bereiche der Markierungskarte u. ä. analysiert werden können.

Kartenmatrix O. Colhoun

Englischer Begriff. order form matrix Definition. Hinterlegung der Anordnung von Elementen auf dem Markierungsbeleg für die 7 Labor-EDV in einer Datei. i Definition der Anordnung von Markierungspositionen des Anforderungsbelegs in Zeilen und Spalten. Durch Hinterlegung der Kartenmatrix verschiedenartiger Anforderungsbelege in entsprechenden

Katalytische Aktivität

Definitionsdateien der Labor-EDV erfolgt dort die Umsetzung der Markierungen zu Anforderungen. Beispiel: In Spalte 14 Zeile 23 des mit „15“ codierten Anforderungsbelegs kann vom Einsender die Analyse „CRP“ markiert werden. Beim Einscannen des Markierungsbelegs wird zunächst die Kartenart decodiert (hier also die „15“ z. B. für die Karte zur Anforderung von klinisch-chemischen Untersuchungen), die entsprechende Definitionsdatei der Labor-EDV für diese Karte wird betrachtet und die dortige Hinterlegung „1423 CRP“ als Analysenauftrag erfasst.

7 Säulenagglutinations-Test

S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). Intestinale alkalische Phosphatase; Fetale intestinale AP

Englischer Begriff. Kasahara isoenzyme Definition. Fetale intestinale Isoform der alkalischen Phosphatase

Struktur. Die intestinale AP besteht aus zwei Untereinheiten. Sie ist zu den anderen organspezifischen Isoenzymen – der plazentaren und der Keimzell-AP – zu über 90 % homolog.

Kartierung 7 Genetische Karte

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das Kasahara-Isoenzym wird bei gastrointestinalen Karzinomen der Leber und des Magens aber auch des Nasopharynx, der Lunge und der Blase freigesetzt, jedoch nicht von gesunden Geweben.

Kartierung von Deletionsmutanten 7 Deletionskartierung

Karyogramm R. Weiskirchen

Englischer Begriff. karyogram Definition. Ein Karyogramm ist die geordnete Darstellung der einzelnen durch ein Mikroskop fotografierten 7 Chromosomen eines Individuums (7 Abb. 1)

2

6

Kasahara-Isoenzym

(AP; 7 Phosphatase, alkalische), die bei einigen gastrointestinalen Karzinomen freigesetzt wird.

Kartentest

1

763

7

3

8

4

9

5

Funktion und Pathophysiologie. Es existiert eine fetale und eine adulte Form der intestinalen AP, die sich in ihrer elektrophoretischen Mobilität und ihrer Reaktivität gegenüber verschiedenen Inhibitoren unterscheiden. Das Kasahara-Isoenzym entspricht der fetalen intestinalen AP, deren genetische Expression bei bestimmten gastrointestinalen Karzinomen reaktiviert wird. Indikation. keine Interpretation. Obwohl eine Freisetzung des Kasahara-Isoenzyms bei verschiedenen Karzinomen, so der Leber, des Magens, des Nasopharynx, der Lunge und der Blase beschrieben wurde, hat die Quantifizierung in der klinischen Routine keine diagnostische Bedeutung erlangt. Literatur. Higashano K, Kudo S, Ohtani R et al (1976) Further ob-

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11

12

servation of Kasahara isoenzyme in patients with malignant diseases. Gann 67:909–911 Moss DW (1987) Diagnostic aspects of alkaline phosphatase and its isoenzymes. Clin Biochem 20:225–230

16

17

18

7 Kath

X

Y

7 Interleukin-1

Kat 13

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Katabolin (IL-1β) 21

22

Karyogramm. Abb. 1. Karyogramm einer männlichen Person. Die Autosomen sind in doppelter, die Gonosomen (X, Y) in einfacher Ausführung vorhanden. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H. M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen i Dazu werden die Chromosomen zu homologen Paaren ange-

ordnet. Kriterien sind die Länge der Chromosomen sowie die Lage des Centromers, der Satelliten, sekundärer Einschnürungen und des Nukleolusorganisators. Oftmals werden die einzelnen Chromosomenbänder durch spezifische Färbungen kenntlich gemacht. In der Darstellung werden die 7 Autosomen für gewöhnlich von den Gonosomen abgesondert.

Karyotyp R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für den für ein bestimmtes Individuum, eine Gruppe oder eine Art charakteristischen 7 Phänotyp des 7 Chromosomensatzes in der Metaphase der 7 Mitose. i Der Karyotyp wird als 7 Karyogramm dargestellt.

Katal W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. katal Definition. Ein Katal (kat) entspricht einer Enzymaktivität, die den Umsatz von einem Mol Substrat pro Sekunde katalysiert. i In praxi sind die Enzymaktivitäten so niedrig, dass die Angaben

in μkat (10-6 kat), nkat (10-9 kat) oder pkat (10-12 kat) erfolgen. Katal ist die SI-kohärente Maßeinheit für Enzymaktivitätsangaben. Umrechnung: Katal in internationale Enzymeinheit (U) (μmol/min): U = kat × 60 × 106 U = μkat × 60 U = nkat × 60 × 10-3

Literatur. WHO (1977) The SI for the health professions. WHO, Geneva

Katalytische Aktivität W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. catalytic activity

K

764

Katalytische Konzentration

Definition. Eigenschaft eines Bestandteils, die der katalysierten Umwandlungsrate eines Stoffes in einer bestimmten chemischen Reaktion in einem bestimmten Messsystem entspricht. i

5 Anmerkung 1: In dieser Norm ist der „Bestandteil“ ein Enzym 5 Anmerkung 2: Die Größe „katalytische Aktivität“ bezieht sich auf die Menge des aktiven Enzyms und nicht auf ihre Konzentration. 5 Anmerkung 3: Die abgeleitete kohärente SI-Einheit ist „Katal“ (kat), die „Mol je Sekunde“ (mol × s-1) entspricht 5 Anmerkung 4: Das Messverfahren stellt einen wesentlichen Bestandteil der Messgröße dar 5 Anmerkung 5: In vielen Fällen wird anstelle der im Kurznamen des enzymatischen Analyten angegebenen Umwandlungsrate eines Substrates, z. B. „Kreatin“ bei „Kreatinkinase“, die Umwandlungsrate einer Indikatorsubstanz als Substrat einer kombinierten Reaktion gemessen. Die Messgröße sollte dann als „katalytische Aktivität eines Enzyms, gemessen durch die Umwandlungsrate einer Indikatorsubstanz in einem bestimmten System nach einem festgelegten Messverfahren“, z. B. „katalytische Aktivität von Kreatinkinase, gemessen durch die Umwandlungsrate von NADP+ nach dem IFCC-Referenzverfahren in humanem Serum“, definiert werden. 7 Enzymaktivität

Literatur. EN ISO 18153, 2003

Katalytische Konzentration 7 Konzentration der katalytischen Aktivität

Katecholamine W. Hubl

Synonym(e). Nebennierenmark-Hormone; Adrenalin; Noradrenalin; Epinephrin; Norepinephrin; 3-Methoxytyramin; Vanillinmandelsäure; Homovanillinsäure; biogene Amine

Englischer Begriff. catecholamines; epinephrine; norepinephrine; dopamine

Definition. Katecholamine ist die Gruppenbezeichnung für die biogenen Amine Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin sowie deren Metabolite, Metanephrin, Normetanephrin, 3-Methoxytyramin, Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure.

Katecholamine. Tab. 2. Molmassen Katecholamine und Metabolite

Molmasse (g)

Adrenalin

183,2

Noradrenalin

169,1

Dopamin

153,18

Metanephrin

197,23

Normetanephrin

183,20

3-Methoxytyramin

168,35

Vanillinmandelsäure

198,17

Homovanillinsäure

182,17

dient das Tyrosin, das mit der Nahrung aufgenommen wird bzw. in der Leber aus Phenylalanin synthetisiert wird. Tyrosin gelangt über einen aktiven Transportmechanismus in die chromaffinen Zellen. Hier katalysiert die mitochondriale Tyrosinhydroxylase mit molekularem Sauerstoff die Umwandlung von Tyrosin in 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA). Im nächsten Schritt wandelt die L-Aminosäuredecarboxylase das Dopa zum Dopamin um. Innerhalb der Granula erfolgt mit der Dopamin-β-Hydroxylase die Oxidation zum Noradrenalin. Im Nebennierenmark wird das Noradrenalin mit S-Adenosylmethionin und der Phenylethanolamin-N-Methyltransferase zu Adrenalin umgewandelt. Während Adrenalin nahezu ausschließlich im Nebennierenmark synthetisiert wird, wird Noradrenalin auch außerhalb des Nebennierenmarks in den Ganglienzellen des sympathischen Nervensystems produziert. Speicherung Die Katecholamine werden in den Granula der chromaffinen Zellen und den sympathischen Nervenendigungen gespeichert. Nach der Freisetzung durch Exozytose gelangen die Katecholamine über den synaptischen Spalt zur Effektorzelle.

Katecholamine und Metabolite

Struktur

Adrenalin

4-(1-Hydroxy-2-(Methylamino)ethyl)-1,2Benzendiol

Noradrenalin

1-(3,4-Dihydroxyphenyl)-2-Aminoethanol

Dopamin

2-(3,4-Dihydroxyphenyl)Ethylamin

Metanephrin

4-(1-Hydroxy-2-Methylaminoethyl)-2Methoxy-Phenol

Normetanephrin

4-(2-Amino-1-Hydroxy-Ethyl)-2-MethoxyPhenol

Abbau und Inaktivierung Der enzymatische Abbau (7 Abb. 2) der Katecholamine erfolgt mit 2 Enzymen, die oxidative Desaminierung mit der 7 Monoaminooxidase (MAO) und die O-Methylierung durch die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) (7 Methyltransferase). Im Detail wird Adrenalin zunächst mit der COMT zu Metanephrin und mit der MAO zu 3,4-Dihydroxymandelsäure metabolisiert. In einem zweiten Schritt werden beide Metaboliten mit der MAO bzw. der COMT zum Hauptabbauprodukt der Katecholamine, der Vanillinmandelsäure, umgewandelt. Das Noradrenalin wird analog zunächst zum Normetanephrin bzw. zur 3,4-Dihydroxymandelsäure und anschließend zur Vanillinmandelsäure abgebaut. Ein alternativer Weg führt zum Sulfat- bzw. Glukuronidester des Adrenalins bzw. Noradrenalins. Das Dopamin wird mit der MAO zur 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure desaminiert. Nach der O-Methylierung ensteht hieraus die Homovanillinsäure (HVS). Parallel hierzu wird aus Dopamin mit der COMT das 3-Methoxytyramin gebildet, das ebenfalls zur Homovanillinsäure abgebaut wird.

3-Methoxytyramin

3-Methoxy-4-Hydroxyphylethylamin

Halbwertszeit. Noradrenalin: 2 min

Vanillinmandelsäure

α,4-Dihydroxy-3-Methoxybenzylessigsäure

Pathophysiologie. Die Katecholamine spielen im Rahmen der Blut-

Homovanillinsäure

4-Hydroxy-3-Methoxyphenylessigsäure

Struktur. 7 Tab. 1, 7 Abb. 1. Katecholamine. Tab. 1. Struktur

Molmasse. 7 Tab. 2 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Biosynthese Als Ausgangsprodukt der Biosynthese der Katecholamine (7 Abb. 1)

hochdruckerkrankungen eine herausragende Rolle. Die 3 natürlich vorkommenden Katecholamine Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin werden im Nebennierenmark (80 % Adrenalin und 20 % Noradrenalin) und im sympathischen Nervensystem (vorwiegend Noradrenalin) produziert. Die Markzellen sind chromaffin, d. h. sie lassen sich mit Chromsalzen anfärben. Zwischen dem Nebennierenmark und dem sympathischen Nervensystem gibt es eine enge Abstimmung. Bei intensiven Reaktionen, wie

Katecholamine

PhenylalaninHydroxylase (EC 1.14.16.1)

NH2 COOH

NH2

TyrosinHydroxylase (EC 1.14.16.2)

COOH

HO

DOPA 3,4-Dihydroxyphenylalanin

Tyrosin

Phenylalanin

NH2

HO

COOH

HO

aromatische AminosäureDecarboxylase (EC 4.1.1.28)

OH

H N

HO

CH3

NoradrenalinN-MethylTransferase (EC 2.1.1.28)

OH NH2

HO

HO

Dopamin-βHydroxylase (EC 1.14.17.1)

CO 2

NH2

HO HO

HO Adrenalin

765

Dopamin

Noradrenalin

Katecholamine. Abb. 1. Biosynthese der Katecholamine OH

OH

HO

COMT HN

H3C

HN

CH3

HO

O

HO

Adrenalin

MAO

CH3

O

Metanephrin OH OH

COMT

HO

O H3C

NH2

HO

CH3

OH COOH

HO MAO

Vanillinmandelsäure

NH2

HO

Normetanephrin Noradrenalin

O

COMT NH2

HO

OH

O

H3C

HO

NH2

HO 3-Methoxytyramin

H3C MAO

HO

O

Homovanillinsäure

Dopamin

Katecholamine. Abb. 2. Abbau der Katecholamine. COMT Catechol-O-Methyltransferase (EC 2.1.1.6) MAO Monoaminooxidase (EC 1.4.3.4)

z. B. bei extremer Kälte oder starker körperlicher Belastung, reagieren beide Systeme gleichzeitig. Beim Übergang von der liegenden in die aufrechte Körperhaltung wird vorwiegend das sympathische Nervensystem stimuliert, wobei die Plasma-Noradrenalinwerte nach 5 min ruhigen Stehens auf das 2- bis 3-Fache ansteigen. Bei Eintritt einer Hypoglykämie wird hingegen nur das Nebennierenmark stimuliert mit einer Erhöhung insbesondere des Adrenalins. Die Katecholamine wirken auf alle wichtigen Organsysteme innerhalb weniger Sekunden. Besondere Bedeutung haben die Katecholamine innerhalb des Herz-Kreislauf-Systems erlangt. Sie stimulieren über α-Rezeptoren die Vasokonstriktion, über β-Rezeptoren die Herzfrequenz sowie den Sauerstoffverbrauch im Myokard. Phäochromozytom Als Phäochromozytome bezeichnet man Tumore im Nebennierenmark (80 % einseitig, 10 % bilateral) oder in den chromaffinen Zellen bzw. in den sympathischen Ganglien (extraadrenale Phäochromozytome, ~10 %), die in der Lage sind, Katecholamine zu produzieren. Die Häufigkeit der Phäochromozytome beträgt ~0,1 % der Bluthochdruckpatienten (0,005 % der Gesamtbevölkerung). Da es sich hierbei um eine wichtige und erfolgreich korrigierbare Ursache des

Bluthochdruckes handelt, sollte das Phäochromozytom rechtzeitig erkannt und diagnostiziert werden. Bemerkenswert ist, dass weniger als 10 % der Phäochromozytome maligne sind. Bei rechtzeitiger Operation beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate insgesamt über 95 % und bei malignen Phäochromozytomen weniger als 50 %. Die Rezidivrate liegt unter 10 %. Eine Normalisierung der Katechoalminausscheidung sollte 1 Woche nach der Operation überprüft werden. Nachkontrollen der Katecholamine sollten bei erneutem Auftreten von Symptomen bzw. einmal pro Jahr erfolgen. Im ersten Schritt besitzen die Harn-Katecholamin- oder die HarnMetanephrin-Bestimmungen die höchste diagnostische Sensitivität. In den letzten Jahren wurden aussichtsreiche Ergebnisse mit der Bestimmung der Plasma-Metanephrine publiziert. Nach diesen Ergebnissen erzielt man eine höhere diagnostische Sensitivität und eine niedrigere falsch Positiv-Rate als bei anderen Verfahren, sodass die Bestimmung der Plasma-Metanephrine als PhäochromozytomScreeningmethode der Zukunft empfohlen wird. Die traditionelle Vanillinmandelsäurebestimmung ist hingegen mit einer geringeren diagnostischen Sensitivität verbunden, sodass diese zunehmend weniger zur Anwendung kommt.

K

766

Katecholamine

Die Konzentrationen der Katecholamine liegen im Plasma um das 100- bis1000-Fache niedriger als im Harn, sodass hochempfindliche Verfahren herangezogen werden müssen, wie z. B. die HPLC mit elektrochemischer Detektion oder hochempfindliche Immunoassays. Bei grenzwertigen Hormonspiegeln im Urin bzw. bei Hochdruck-Krisen kann die Plasma-Katecholaminbestimmung eine zusätzliche Klärung bringen. Zum anderen wird die Plasma-Katecholaminbestimmung bei Funktionstesten benötigt. Der Clonidin-Suppressionstest dient zum Nachweis eines Phäochromozytoms, insbesondere bei grenzwertigen Befunden einschließlich bildgebender Verfahren, unter der Voraussetzung erhöhter Noradrenalin-Basalwerte. In besonders seltenen Fällen wird der Glukagon-Stimulationstest eingesetzt zum Ausschluss einer bilateralen medullären Hyperplasie bei Patienten mit einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN). Hierbei handelt es sich um ein autosomal-dominant vererbtes Phäochromozytom (5 % der Patienten). Neuroblastom Die Neuroblastome gehören mit einem Anteil von ~10 % nach der Leukämie und den Gliomen zu den dritthäufigsten Tumorerkrankungen im Kindesalter, wobei 80 % in den ersten beiden Lebensjahren auftreten. Im Erwachsenenalter werden Neuroblastome selten beobachtet. Es handelt sich um einen malignen Tumor der Neuroblasten aus dem Nebennierenmark oder dem Grenzstrang des Sympathikus. Es zeichnet sich aus durch ein schnelles Wachstum und eine ausgedehnte Metastasierung, ist jedoch auch häufig durch Spontanremissionen gekennzeichnet. Es kommt nicht zur Ausbildung einer Hypertonie. Im Vordergrund der diagnostischen Relevanz stehen hier Dopamin, Homovanillinsäure bzw. Noradrenalin und Normetanephrin. Ganglioneurom Im Gegensatz zum Neuroblastom handelt sich beim Ganglioneurom um einen gutartigen Tumor, der sowohl im Kindes- wie auch im Erwachsenenalter vorkommt. Als Hauptsymptom tritt der Bluthochdruck in Erscheinung. Im Rahmen der Labordiagnostik werden erhöhte Werte des Noradrenalins beobachtet. Unterfunktion des sympathoadrenalen Systems Unterfunktionen des Nebennierenmarks gehören zu den sehr seltenen Erkrankungen. Es ist interessant, dass das autonome Nervensystem selbst bei einem Totalausfall (z. B. nach bilateraler Adrenalektomie beim Cushing-Syndrom) die komplette Katecholaminproduktion übernimmt.

5 Primäre orthostatische Hypotonie (Shy-Drager-Syndrom) 5 Familiäre Dysautonomie (Riley-Day-Syndrom).

Untersuchungsmaterial. Lithium-Heparin-Plasma, 24-h-Sammelurin Probenstabilität. Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin; Metanephrin, Normetanephrin: Stabilität im Blut: bei Zimmertemperatur: 1 h, deshalb ist eine Zentrifugation und Abtrennung des Plasmas möglichst rasch innerhalb 60 min und Einfrieren bei –20 °C empfehlenswert. Stabilität im Plasma: bei Zimmertemperatur 24 h, bei 4–8 °C 2 Tage, bei –20 °C > 1 Monat. Stabilität im Urin: Stabilisierung des 24-h-Sammelurins für die Katecholamine mit 2 g Ascorbinsäure bzw. 10 ml 10%-iger Salzsäure; für die Metanephrine ist keine Stabilisierung des 24-h-Sammelurins erforderlich; Stabilität: bei Zimmertemperatur 3 Tage, bei 4–8 °C 7 Tage, bei –20 °C > 1 Monat. VMS, HVS: Stabilität im angesäuerten Urin (Stabilisierung des 24-h-Sammelurins mit 2 g Ascorbinsäure bzw. 10 ml 10%-iger Salzsäure): bei Zimmertemperatur 7 Tage, bei 4–8 °C 14 Tage, bei –20 °C > 3 Monate.

Präanalytik. Katecholamine und Metanephrine Störeinflüsse: Zahlreiche Faktoren, wie Ernährung, Medikamente und Stress, können die Auswertung der Bestimmungen der Katecholamine und der Metanephrine beeinflussen. Erhöhte Werte: Psychischer und physischer Stress, Operationen, Angiographie, Schlaganfall, Herzinfarkt, Hypoglykämie. Nikotin, Koffein; Methyldopa, L-Dopa, Nitroglycerin, Theophyllin, Tetrazykline, Alkohol, Clonidinentzug. Aufrechte Körperhaltung (Orthostase) führt zu einem Anstieg des Metanephrins um ca. 30%. Erniedrigte Werte: Reserpin, Alpha-Methylparatyrosin Geringere Beeinflussung: Diuretika, Calciumantagonisten, ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Antagonisten

Analytik. 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie, 7 Immunoassay

Referenzbereich. Referenzwerte der Katecholamine und Metabolite

7 Tab. 3 und 7 Tab. 4. Die Methoden sind noch nicht standardisiert, deshalb verzeichnen die Referenzwerte von Labor zu Labor deutliche Differenzen!

Katecholamine. Tab. 3. Referenzbereiche und Umrechnungsfaktoren Erwachsene Material

Katecholamine

Harn

Noradrenalin

Umrechnungsfaktor

Methode

136–620 nmol/24 h

23–105 μg/24 h

nmol/L × 0,1695 = μg/L

HPLC

Adrenalin

22–109 nmol/24 h

4–20 μg/24 h

nmol/L × 0,1832 = μg/L

HPLC

Dopamin

400–2900 nmol/24 h

62–446 μg/24 h

nmol/L × 0,154 = μg/L

HPLC

Normetanephrin

400–4400 nmol/24 h

73–808 μg/24 h

nmol/L × 0,1837 = μg/L

HPLC

Metanephrin

374–1502 nmol/24 h

74–297 μg/24 h

nmol/L × 0,1977 = μg/L

HPLC

10–38 μmol/24 h

1,82–6,92 mg/24 h

μmol/L × 0,1822 = mg/L

HPLC

8,1–36,8 μmol/24 h

1,6–7,3 mg/24 h

μmol/L × 0,1982 = mg/L

HPLC

0,46–3,08 nmol/L

78–524 ng/L

nmol/L × 169,5 = ng/L

HPLC

Adrenalin

0,055–1,07 nmol/L

10–195 ng/L

nmol/L × 183,2 = ng/L

HPLC

Dopamin

0,20–0,55 nmol/L

30–85 ng/L

nmol/L × 154 = ng/L

HPLC

Normetanephrin

0–700 pmol/L

0–129 ng/L

pmol/L × 0,1837 = ng/L

ELISA

Metanephrin

0–455 pmol/L

0–90 ng/L

pmol/L × 0,1977 = ng/L

ELISA

Homovanillinsäure Vanillinmandelsäure Plasma

Referenzbereiche

Noradrenalin

Plasma

Harn

Material

2–8 Wochen

54–249 μg

Normetanephrin

60–520 pmol/L

110–530 pmol/L

Dopamin

Metanephrin

0–464 ng/L

0–60 ng/L

Adrenalin

5–18 Jahre

31–398 μg

11–139 μg

Normetanephrin

0–1251 ng/L

Noradrenalin

3–15 Jahre

25–117 μg

5–9 Jahre

3 Monate– 4 Jahre

Metanephrin

0–1,30 mg

0–2,0 mg

Vanillinmandel- 0–0,85 mg säure

0–1,5 mg

0–2 Wochen

Homovanillinsäure

0–240 μ

0–180 μg

Dopamin

0–3,5 μg

0–2,5 μg

Adrenalin

0–17 μg

1–2 Jahre

0–10 μg

Noradrenalin

0–1 Jahr

67–503 μg

51–275 μg

10–13 Jahre

0–1,50 mg

0–2,9 mg

2–6 Monate

0–320 μg

0–6,0 μg

0–30 μg

2–4 Jahre

Katecholamine Referenzbereiche Kinder: pro 24 h

9–12 Jahre 51–474 μg

30–378 μg

69–531 μg

40–189 μg

14–17 Jahre

0–1,70 mg

0–3,4 mg

0–2,20 mg

0–4,8 mg

7–12 Monate 1–5 Jahre

0–320 μg

3–8 Jahre

0–14,0 μg

0–65 μg

7–10 Jahre

0–320 μg

0–10,0 μg

0–45 μg

4–7 Jahre

Katecholamine. Tab. 4. Referenzbereiche bei Kindern [nach Soldin et al. (2007), Fisher et al. (2007)]

0–3,60 mg

0–6,9 mg

6–10 Jahre

51–645 μg

13–17 Jahre

0–320 μg

0–20,0 μg

0-70 μg

10–14 Jahre

0–4,8 mg

0–8,8 mg

8,3 mg/g Kreatinin 5 μmol/mmol Kreatinin 10–13 Jahre 34–357 μg/g Kreatinin 20–206 nmol/mmol Kreatinin 38–523 μg/g Kreatinin 23–320 nmol/mmol Kreatinin

11,0 mg/g Kreatinin 6 μmol/mmol Kreatinin 5–9 Jahre 106–527 μg/g Kreatinin 61–304 nmol/ mmol Kreatinin 149–781 μg/g Kreatinin 91–477 nmol/ mmol Kreatinin

32,6 mg/g Kreatinin 20 μmol/mmol Kreatinin

10–16 Jahre

10–19 Jahre

234–684 μg/g Kreatinin 173–505 nmol/ mmol Kreatinin

14–302 μg/g Kreatinin 9–185 nmol/mmol Kreatinin

24–302 μg/g Kreatinin 14–174 nmol/mmol Kreatinin

14–17 Jahre

8,3 mg/g Kreatinin 5 μmol/mmol Kreatinin

15,1 mg/g Kreatinin 12,8 mg/g Kreatinin 9 μmol/mmol 8 μmol/mmol Kreatinin Kreatinin

5–9 Jahre

22,0 mg/g Kreatinin 14 μmol/mmol Kreatinin

2–4 Jahre

32,6 mg/g Kreatinin 20 μmol/mmol Kreatinin

11–15 Jahre 0–1 Jahr

6–10 Jahre

0–35 μg/g Kreatinin 0–35 μg/g Kreatinin 0–22 nmol/mmol 0–22 nmol/mmol Kreatinin Kreatinin

86–806 μg/g Kreatinin 64–595 nmol/mmol Kreatinin

0–55 μg/g Kreatinin 0–34 nmol/mmol Kreatinin

0–75 μg/g Kreatinin 0–47 nmol/ mmol Kreatinin

10–19 Jahre

0–90 μg/g Kreatinin 0–80 μg/g Kreatinin 0–60 nmol/mmol 0–53 nmol/mmol Kreatinin Kreatinin

5–9 Jahre

3–6 Jahre

0–120 μg/g Kreatinin 0–80 nmol/mmol Kreatinin

0–420 μg/g Kreatinin 0–280 nmol/ mmol Kreatinin

239–995 μg/g Kreatinin 176–735 nmol/ mmol Kreatinin

2–4 Jahre

0–1 Jahr

Referenzbereiche Kinder: bezogen auf die Kreatininausscheidung

Katecholamine 767

K

768

Kath

Bewertung. Hormondiagnostik des Phäochromozytoms 7 Tab. 5. s. a. 7 Metanephrine

Katecholamine. Tab. 6. Neuroblastomdiagnostik

Katecholamine. Tab. 5. Phäochromozytomdiagnostik

Such- und Bestätigungsteste

Katecholamine und Metabolite

Diagn. Sensitivität (%)

Diagn. Spezifität (%)

freie Plasma-Metanephrine

95,8 (92–99)

79,9 (70–95)

Gesamt-Metanephrine im Harn

93,3 (90–97)

75,0 (45–90)

freie, unkonjugierte Katecholamine im 24-h-Sammelurin: Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin

93,3 (67–100)

58,5 (50–93)

Plasma-Katecholamine: Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin

b) bei Hochdruckkrisen

Neuroblastom

Diagn. Sensitivität (%)

Diagn. Spezifität (%)

Homovanillinsäure

erhöht

68–93

95–100

Dopamin

erhöht

72–95

95–100

Noradrenalin

normal bis erhöht

78–90

95–100

Normetanephrin

normal bis erhöht

63–95

95–100

Katecholamine. Tab. 7. Ganglioneuromdiagnostik

Spezialdiagnostik a) bei grenzwertigen Hormonspiegeln im Urin oder

Hormone im Harn

71–100

99–100

86–100

89–100

c) Funktionsteste Nachweisdiagnostik, nur wenn Noradrenalin im Plasma > 4,4 nmol/L oder unklaren Befunden bildgebender Verfahren

Clonidin-Suppressionstest (0,3 mg per os): kein Abfall (< 30 % oder Noradrenalin < 2,96 nmol/L) der erhöhten PlasmaKatecholamine nach 60, 180 und 240 min: Phäochromozytom

97

Bei normalem Suppressionstest und zum Ausschluss einer bilateralen medullären Hyperplasie bei MENPatienten

Glukagon-Stimulationstest in stationärer Kontrolle (!). (50 μg i.v. – 5 min Blutdruck- und Pulskontrolle; wenn kein Blutdruckanstieg erkennbar: 500 ug Glukagon i.v. bei ständiger Blutdruck- und Pulskontrolle): Blutentnahmen nach 2, 5 und 10 min zur Katecholaminbestimmung; Anstieg der Katecholamine auf über 200 %: Phäochromozytom

81

Hormone

Ganglioneurom

Noradrenalin (und Adrenalin) im Harn

erhöht

Vanillinmandelsäure im Harn

grenzwertig bis erhöht

Metanephrine im Harn

grenzwertig bis erhöht

Noradrenalin im Plasma (Adrenalin < 20 % der Gesamt-Katecholamine)

erhöht

67

Defizit zu ziehen. Der Noradrenalin/Adrenalin-Quotient wird jedoch bis zum heutigen Tag insbesondere in der Sportmedizin eingesetzt. Folgende Bewertungen dieses Quotienten werden diskutiert: 5 Referenzbereich: 3–6 5 < 3 (Noradrenalindefizit): bei starker chronischer Belastung, physischer Stress 5 7–12 (erhöhte Noradrenalinausschüttung): bei akutem bzw. chronischen kompensiertem Stress 5 > 12: bei übermäßiger Belastung bis zum Vollbild des Burn-outSyndroms 100

Hormondiagnostik des Neuroblastoms 7 Tab. 6. Hormondiagnostik des Ganglioneuroms 7 Tab. 7. Noradrenalin/Adrenalin-Quotient: Der in früheren Jahren zur Phäochromozytomdiagnostik empfohlene Adrenalin/Noradrenalin-Quotient ist heute durch sensitivere Methoden abgelöst worden. Mit diesem Quotienten wurden außerdem Versuche unternommen, Rückschlüsse auf ein Tyrosin-Hydroxylase-

NA/DHPG-Quotient: (Noradrenalin /3,4-Dihydroxyphenylglykol-Quotient): DHPG wird vorwiegend in den Neuronen aus dem Noradrenalin produziert und erscheint deshalb im Blut nur in geringerer Konzentration. Ein erhöhter NA/DHPG kann ein Phäochromozytom mit vorwiegender Noradrenalinüberproduktion anzeigen. Bei erhöhter Adrenalinproduktion liefert der Quotient falsch-normale Werte. Auch bei Herzinsuffizienz werden falsch-erhöhte Quotienten beobachtet. Aus diesen Gründen wird der NA/DHPG-Quotient nicht mehr empfohlen.

Literatur. Soldin SJ, Brugnara C, Wong EC, Hicks JM (2007) Pediatric References Intervals; 6th Edition, Washington, DC: AACC Press Fisher DA, Salameh W, Furlanetto RW (2007) Endocrinology. Test Selection and Interpretation. The Quest Diagnostics Manual. Quest Diagnostics Incorporated, Fourth Edition Westermann J, Hubl W, Kaiser N et al (2002) Simple, rapid and sensitive determination of epinephrine and norepinephrine in urine and plasma by non-competitive enzyme immunoassay, compared with HPLC method. Clin Lab 48:61–71 Wisser H (2005) Katecholamine, Katecholaminmetabolite. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1425–1440

Kath T. Arndt

Synonym(e). Kat; Quath; Qath

Katheterblutentnahme

Englischer Begriff. Kath Definition. Auf der arabischen Halbinsel und in Ostafrika weit verbreitete Droge, die in Form der Blätter des bis zu 3 m hohen, immergrünen Kathstrauchs (Catha edulis Forsk.) gekaut wird.

769

collagen fragments ICTP and CTX reveal distinct enzymatic pathways of bone collagen degradation. J Bone Min Res 18:859–867 Fujita Y, Nakata K, Yasui N et al (2000) Novel mutations of the cathepsin K gene in patients with pycnodysostosis and their characterization. J Clin Endocrinol Metabol 85:425–431

i Die frischen Zweigtriebe enthalten u. a. die Alkaloide Kathinon

als den Hauptwirkstoff und die weniger psychoaktiven Norephedrin und Kathin. Letzteres wird bei dem Welken der Blätter vermutlich enzymatisch aus Kathinon gebildet, weshalb nur frische Blätter wirksam sind. Um die geernteten Zweigbündel frisch zu halten, werden diese in Plastiktüten oder in Bananenblätter eingewickelt transportiert. Die häufigste Konsumform ist das Kauen frischer Blätter. Kathgetränke und -pasten kommen seltener zur Anwendung. Kath wirkt zunächst stimulierend und euphorisierend, später folgt Müdigkeit. Kath unterdrückt das Hungergefühl. Nebenwirkungen treten auf physischer, psychischer und sozialer Ebene auf. Der Dauerkonsum kann zu suchtähnlichen Erscheinungen führen. Deshalb unterliegt Kathinon in Deutschland dem 7 Betäubungsmittelgesetz (BtmG). Der Nachweis eines Kathkonsums kann über die Ausscheidung von Kathinon (ca. 1 Tag) und Kathin und Norephedrin (ca. 3–4 Tage nach einmaligem einstündigem Kathkauen) durch 7 HochleistungsFlüssigkeitschromatographie (HPLC) oder 7 Gaschromatographie mit 7 Massenspektrometrie (GC-MS) erfolgen. Er ist derzeit nicht Bestandteil der üblichen 7 Drogenscreening-Programme. Aufgrund der zunehmenden Migration aus den o.g. Gebieten gewinnen der Kathmissbrauch und dessen Nachweis in Europa an Bedeutung.

Literatur. Toennes SW, Kauert GF (2002) Excretion and detection of cathinone, cathine, and phenylpropanolamine in urine after Kath chewing. Clin Chem 48:1715–1719 Daunderer M (1995) Drogenhandbuch für Klinik und Praxis: Diagnostik, Therapie, Nachweis, Prophylaxe, Recht, Drogenprofile. ecomed verlagsgesellschaft, Landsberg

Kathepsin K H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. cathepsin K Definition. Kathepsin K wird von Osteoklasten sezerniert und spielt eine wichtige Rolle bei der Degradation des Typ-I-Kollagens der Knochenmatrix. i Die Regulation des Knochenumbaus erfolgt durch die abge-

stimmte Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten. Kollagen Typ I, der quantitativ wichtigste (> 90 %) Bestandteil der organischen Matrix des Knochens, wird während der Knochenresorption durch die Cysteinprotease Kathepsin K und verschiedene 7 Matrix-Metalloproteinasen (MMP) abgebaut. Hierbei lagern sich zunächst die Osteoklasten an die mineralisierte Knochenoberfläche an und senken, durch Carboanhydrase-II vermittelte Sekretion von Protonen, in einem abgeschlossenen Bereich an der Oberfläche den pH ab. Hierdurch und durch die Wirkung saurer Phosphatasen wird die mineralische Matrix aufgelöst. Anschließend kann Kathepsin K die organische Matrix und insbesondere Kollagen Typ I abbauen. Hierbei entstehen eine Reihe von Kollagen-Typ-I Fragmenten, u. a. das carboxyterminale Kollagen Typ I-Telopeptid (CTx). Anschließend können, nach Anhebung des pH verschiedene MMP den Abbau der organischen Matrix abschließen. Die Bedeutung von Kathepsin K, das überwiegend von Osteoklasten exprimiert wird, für die Knochenresorption ergibt sich aus dem Phänotyp der Kathepsin K-defizienten (knock out) Maus mit Kleinwuchs, Knochenfragilität, Osteosklerose und verschiedenen Knochendeformationen. Der Phänotyp entspricht dem der humanen Pycnodysostosis, bei der verschiedene Mutationen im Kathepsin K-Gen gezeigt werden konnten. Entsprechend der Funktion von Kathepsin K bei der Knochenresorption eignet sich Kathepsin K, wie die Kollagen-Typ-I-Fragmente CTx, NTx, CrossLaps, Helical Peptide und Desoxypyridinolin, grundsätzlich als Marker des Knochenumbaus bzw. des Knochenabbaus. Für Kathepsin K steht seit kurzem ein Enzymimmunoassay zur Verfügung.

Literatur. Garnero P, Ferreras M, Karsdal MA et al (2003) The type I

Kathepsine S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). Cathepsine Englischer Begriff. cathepsines Definition. Kathepsine sind eine Gruppe lysosomaler Enzyme, die an der intrazellulären Proteolyse beteiligt sind.

Struktur. Die Kathepsine sind Endopeptidasen mit einer Molmasse von 25–100 kDa und können in die Untergruppen A, B, C, D, E, K und L unterteilt werden. Die Kathepsine A–E haben ihr Wirkungsoptimum im schwach sauren Bereich (pH 2,5–6,0) und hydrolysieren mit Ausnahme von Kathepsin D und E auch synthetische niedermolekulare Substrate. Die restlichen im Neutralbereich wirksamen Kathepsine greifen hingegen nur Proteine an. Die Kathepsine B1, B2, C und einige neutrale Kathepsine haben Thiolcharakter.

Molmasse. 25–100 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die höchsten Konzentrationen an Proteinasen finden sich in der Leber, Milz und der Niere. Wie alle bekannten Proteinasen werden Kathepsine zunächst als hochmolekulare, inaktive Vorform synthetisiert. In die aktive Form werden sie nach Spaltung durch eine andere Proteinase überführt. Pathophysiologie. Generell kann eine Proteolyse extrazellulär (z. B. bei der Verdauung von Nahrungsproteinen) und intrazellulär (durch lysosomale Kathepsine) ablaufen. In intakten Zellen wird die Proteolyse reguliert und findet vornehmlich in den Lysosomen statt (Autophagie). In stark geschädigten Zellen erfolgt ein unregulierter Gesamtabbau der Zelle, für den die aus den Lysosomen freigesetzten Kathepsine mit verantwortlich sind (Autolyse). Während Kathepsine in normalem Gewebe überwiegend in den Lysosomen lokalisiert sind, können sie in Tumorzellen auch in Assoziation zur Zellmembran stehen oder sezerniert werden. In der Folge werden Substrate der extrazellulären Matrix wie 7 Fibronektin, 7 Laminin und Kollagen IV (7 Kollagene) abgebaut, und somit die Voraussetzungen für eine spätere Metastasierung geschaffen. Die prominentesten Vertreter der Kathepsin-Familie sind Kathepsin B, D und K (7 Kathepsin K). Kathepsin B und D sind insbesondere bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen der Brust, des Gastrointestinaltrakts und der Lunge erhöht. Insbesondere beim Mammakarzinom wurde ein unabhängiger prognostischer Wert dieser beiden Kathepsine berichtet. Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Bewertung. Hohe Werte von Kathepsin B und D gehen mit einer schlechteren Prognose beim Mammakarzinom einher. Beide Marker erwiesen sich in der multivariaten Analyse als unabhängige prognostische Parameter. Literatur. Fallert-Müller A (2000) Lexikon der Biochemie. SpektrumVerlag, Heidelberg Sturgeon CM, Duffy MJ, Stenman UH et al (2008) National Academy of Clinical Biochemistry laboratory medicine practice guidelines for use of tumor markers in testicular, prostate, colorectal, breast, and ovarian cancers. Clin Chem 54:e11–79

Katheterblutentnahme W.G. Guder

Englischer Begriff. sampling with catheter; repeated sampling

K

770

Katheterurin

Definition. Blutentnahme für diagnostische Zwecke aus einem liegenden Katheter oder einer liegenden Kanüle. i Bei kontinuierlich im Gefäßsystem ruhenden Kanülen und Kathetern ist eine Blutentnahme unter Beachtung besonderer Kriterien möglich: 5 Die Katheter sind durch Einspritzen von Heparin zu spülen. Die ersten 1–2 mL Blut sind zu verwerfen, da das zweifache Volumen des Katheters kontaminiert sein kann (z. B. mit therapeutischen Maßnahmen wie Infusionslösungen und Medikamenten). 5 Die danach entnommenen Proben sollen in der Reihenfolge Heparinplasma, dann Proben ohne oder mit anderen Zusätzen abgenommen werden.

Literatur. Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B (2000) Proben zwischen Patient und Labor. 2. Aufl. GIT-Verlag Darmstadt

Katheterurin W.G. Guder

Englischer Begriff. catheterized urine Definition. Mittels Katheterisierung der Harnblase gewonnene Urinprobe i Wegen der Infektionsgefahr wird die Gewinnung von Katheteru-

rin nicht empfohlen, wenn die Uringewinnung der einzige Zweck der Katheterisierung ist. Sie ist dann indiziert, wenn ein Zugang zur Blase nur durch Katheterisierung möglich ist, aus therapeutischen Gründen ein Dauerkatheter angelegt ist oder die Katheterisierung mit einer therapeutischen (z. B. Injektion von Zytostatika) oder anderen diagnostischen Maßnahme (z. B. Zystoskopie) verbunden wird. Dabei wird die erste gewonnene Harnprobe verworfen und die zweite in ein steriles Gefäß aufgefangen. Bei Dauerkathetern sollte vor der Uringewinnung für mikrobiologische Diagnostik der Katheter desinfiziert und die Probe mit einem geschlossenen System entnommen werden. Urin aus Drainagesystemen sollte nicht für mikrobiologische Untersuchungen verwendet werden.

Kathin 7 Kath

Kathinon 7 Kath

Kathode T. Arndt

Kaugummitest D. Meissner

Synonym(e). Speicheltest Englischer Begriff. chewing gum test Definition. Test zur Messung des Übergangs von 7 Quecksilber aus Amalgamfüllungen in die Mundflüssigkeit i Beim Kaugummitest wird die Quecksilberkonzentration in der Mundflüssigkeit vor und nach zehnminütigem Kauen eines zuckerfreien Kaugummis bestimmt. Nach dem Kauen ist die Quecksilberkonzentration bei Patienten mit Amalgamfüllungen höher als bei Patienten ohne Amalgamfüllungen und in der Regel von der Anzahl der Füllungen abhängig. Deshalb wurde versucht, den Test zur Bewertung der Quecksilberbelastung durch Amalgam heranzuziehen. Dieser Test ist nicht standardisiert, es liegen keine gesicherten Referenzwerte vor, es werden mehrere Einflussgrößen (Kaudruck, Speichelfluss, Qualität der Kauflächen, Übertritt von Quecksilber vom Speichel in das Blut) nicht berücksichtigt. Deshalb wird er, auch in Übereinstimmung mit Bundeszahnärztekammer und Umweltbundesamt, nicht als Beweismittel für eine Belastung oder Intoxikation durch Quecksilber anerkannt.

Literatur. Staehle HJ (1998) Gesundheitsstörungen durch Amalgam? Med Klin 93:99–106

Kavität 7 Mikrotiterplatte

kb 7 Kilobasenpaare

KBR 7 Komplementbindungsreaktion

KBr-Presslinge 7 Infrarot-Spektrometrie

KBr-Tabletten 7 Infrarot-Spektrometrie

KCT 7 Kaolin Clotting Time

Synonym(e). Pol, negativer Englischer Begriff. cathode Definition. Kathode (griech. kathodos = abwärts) ist die Bezeichnung für die negativ geladene Elektrode einer elektrolytischen Zelle, durch die der Strom (Elektronen) in den Elektrolyten austritt. i In einer Elektrolytlösung wandern Kationen (positiv geladene

Ionen) zur Kathode. Sie nehmen dort Elektronen auf und werden reduziert (ihre Oxidationszahl wird erniedrigt). Die Kathode ist der Gegenpol zur positiv geladenen 7 Anode. Beide werden unter dem Begriff Elektroden zusammengefasst.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Kation 7 Nettoladung

Kationenaustausch-Chromatographie 7 Ionenaustauschchromatographie

Keimbahn-Gentherapie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. germ line gene therapy Definition. Gezielte Veränderung von DNA-Abschnitten (7 Genen) in Ei- oder Samenzellen beziehungsweise befruchteten Eizellen. i Die entsprechenden Genveränderungen werden auf nachfolgende Generationen vererbt. Die Durchführung einer Keimbahn-Gentherapie ist in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten (7 Gentherapie).

Keimesentwicklung 7 Ontogenese

Keimzahlbestimmung im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Bakterienkonzentration im Urin

Kell-Cellano-Blutgruppensystem

Englischer Begriff. number of bacteria; colony forming bacteria (CFB/mL, CFB/L)

Definition. Zur Definition der Infektion der ableitenden Harnwege wird eine definierte Keimzahl festgestellt, ab der eine Infektion der Harnwege anzunehmen ist.

Funktion und Pathophysiologie. Normaler Urin ist keimfrei (steril). Die Keimzahl im Urin kann ansteigen durch glomeruläre Filtration von Bakterien aus dem Plasma bei Sepsis, durch Übertragung und Sekretion in den ableitenden Harnwegen und meist durch Wuchs in den ableitenden Harnwegen, dem Nierenbecken (Pyelonephritis), der Blase (Cystitis), der Prostata (Prostatitis) sowie dem Urether, der Urethra (Urethritis). Zusätzlich können Bakterien während der Uringewinnung durch Kontamination aus dem äußeren Genitale, der Vagina, aus der Umgebung und aus verwendeten Materialien (Katheter, Tupfer, unsaubere Behälter) stammen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 Mittelstrahlurin,

phozyten im Kortex eines Lymphknotens oder eines anderen Organs des lymphatischen Systems. i Der Kortex (Rinde) des Lymphknotens sowie die Milz und die Peyer-Plaques enthalten Ansammlungen von reifen 7 B-Lymphozyten (primäre Follikel). Nach Antigenstimulation kommt es in diesen Primärfollikeln zur Proliferation und morphologischen Änderung der B-Lymphozyten in Follikelzentrumszellen und zur Ausbildung eines Keimzentrums. Je nach morphologischer Ausprägung können dabei 7 Zentrozyten und 7 Zentroblasten unterschieden werden.

Literatur. Sagaert X, De Wolf-Peeters C (2003) Classificatin of b-cells according to their differentiation status, their micro-anatomical localisation and their development lineage. Immunol Lett 90:179–186

Kell-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

gegebenenfalls Blasenpunktionsurin

Synonym(e). CD238, Kell-Cellano-Blutgruppensystem

Analytik. Zur Abschätzung der Keimzahl im Urin wurde ein Kulturträger eingeführt, der auf der Basis des Nährstoffbodens auf einem Träger erlaubt, nach einmaligem Eintauchen in den Urin die Keimzahl abzuschätzen (Uricult®). Da dieser aber nur gemeinsam mit einem Test von Hemmstoffen des Keimwachstums interpretierbar ist, wurde er nicht in die Empfehlungen aufgenommen, sondern die Keimzahlbestimmung in Kultur mit Hemmstoffkontrolle empfohlen. Nur positive Befunde sind klinisch relevant und führen zur Keimidentifizierung mit Kultur. Die mikroskopische Bestimmung der Keimzahl scheint in Anbetracht der vielen präanalytischen Variablen obsolet. Auch Färbungen nach Gram und mit Acridin-Orange haben die Empfindlichkeit dieser Methode nicht erhöht, weshalb sie nicht mehr empfohlen werden kann. Neuerdings ist es möglich, mit Hilfe der 7 Durchflusszytometrie oder Digitalphotomikroskopie eine Bakterienzahl zu ermitteln (7 Harnsediment). Hier wurde gezeigt, dass zumindest Keimzahlen unter der kritischen Marke sicher erkannt und damit Kulturen reduziert werden konnten. Der Vorteil der Methode ist eine rasche Ermittlung. Nachteilig ist, dass bei erhöhten Werten im einen Falle nicht zwischen anderen kleinen Partikeln (Staub) und Bakterien unterschieden werden kann, und beide Methoden keine Unterscheidung zwischen kontaminierenden und pathogenen Keimen erlauben.

Englischer Begriff. Kell blood group system

Indikation. Eine Keimzahlbestimmung ist immer dann indiziert, wenn ein Verdacht auf Infektion der ableitenden Harnwege von der Symptomatik her oder vom Teststreifenbefund (Leukozyten- und/ oder Nitrittest positiv) besteht.

Interpretation. Untersuchungen bei Männern und Frauen ergaben als kritische Menge eine Keimzahl von 108/L (105/mL), bei der der positiv prädiktive Wert 0,98 war. Andererseits war der negativ prädiktive Wert bei 105/L (102/mL) 0,94. Als Empfehlung gelten Keimzahlen zwischen 104 und 108/L Urin als suspekt, Keimzahlen über 108 als sehr wahrscheinlich für das Vorliegen einer bakteriellen Infektion.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bestimmung der Keimzahl ist eine Voruntersuchung vor kultureller Bestimmung der Keimart. Eine nicht verdächtige Keimzahlbestimmung schließt eine Infektion nicht aus. Auch tuberkulöse oder abgekapselte Infektionen werden mit dieser Methode nicht erfasst. Die Eintauchkulturmethoden sind nur auswertbar, wenn Hemmstoffe ausgeschlossen werden können. Dabei sind insbesondere antimikrobielle Therapeutika auszuschließen.

Keimzellen 7 Gameten

Keimzentrum H. Baum

Englischer Begriff. germinal centre Definition. Sekundärer Follikel mit aktiv proliferierenden B-Lym-

771

Definition. Das Kell-System ist nach AB0- und Rhesus-Blutgruppensystem das drittwichtigste System bei Bluttransfusionen. Die Kell-Antigene sind auf dem 732 Aminosäuren (Molekulargewicht 93 kDa) Typ-II-Membran-Glykopreotein (single-pass) lokalisiert, das als zinkabhängige Endopeptidase verantwortlich für die Spaltung von Endothelin-3 ist. i Das Kell-Glykoprotein ist über eine Disulfidbindung an das 444 Aminosäure integrale Membranprotein Kx (7 Kx-Blutgruppensystem) gebunden. Aufgrund der phänotypischen Kopplung der Kell- und Kx-Antigene werden beide in einem Blutgruppensystem zusammengefasst. Ein Fehlen des Kx-Proteins führt zur deutlichen Reduktion der Kell-Antigendichte auf Erythrozyten, wohingegen ein Kell-7 Null-Phänotyp (K0) das Kx-Protein nicht beeinflusst. Das Kell-Gen ist aus 19 Exons aufgebaut und liegt auf Chromosom 7 (7q33). Die Hauptantigene sind die antithetischen Antigenpaare (7 antithetische Antigene) Kell (K, KEL1, ISBT 006.001) und Cellano (k, KEL2, ISBT 006.002), Kpa (Penney, KEL3, ISBT 006.003), und Kpb (Rautenberg, KEL4, ISBT 006.004), bzw. Jsa (Sutter, KEL6, ISBT 006.006) und Jsb (Matthews, KEL7, ISBT 006.007). Die phänotypische Verteilung im Kell-Blutgruppensystem liegt bei 92 % Kell-negativ (kk), 7,8 % heterozygot Kell-positiv (Kk) und 0,2 % homozygot Kell-positiv (KK). Das Kpa-Antigen kommt in der mitteleuropäischen Bevölkerung mit 0,02 %, das antithetische Kpb-Antigen mit 99,98 % vor. Das Jsb-Antigen überwiegt mit fast 100 % Antigenfrequenz über das seltene Antigen (7 seltene Antigene, erythrozytäre) Jsa. Die Kell-Antikörper (Anti-K, K1) und Cellano-Antikörper (Anti-k, K2) sind meist vom IgG-Typ und können zu schweren Zwischenfällen bei Transfusionen und Schwangerschaften (7 Morbus haemolyticus neonatorum) führen. Das Kell-Antigen ist nach dem Rhesus D (7 Rhesusfaktor) das am stärksten immunogene Antigen im erythrozytären System.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2nd edn. Elsevier New York http://en.wikipedia.org/wiki/Kell_antigen_system – cite_refpmid7849312_0-0 Lee S, Wu X, Reid M, Zelinski T, Redman C (1995) Molecular basis of the Kell (K1) phenotype. Blood 85:912–916 Lee S, Lin M, Mele A, Cao Y, Farmar J, Russo D, Redman C (1999) Proteolytic processing of big endothelin-3 by the Kell blood group protein. Blood 94:1440–1450

Kell blood group precursor 7 Kx-Blutgruppensystem

Kell-Cellano-Blutgruppensystem 7 Kell-Blutgruppensystem

K

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Kendall, Edward Calvin

Kendall, Edward Calvin W. Hubl

Lebensdaten. US-amerikanischer Biochemiker, geboren am 8. März 1886 in South Norwalk (Connecticut, USA), gestorben am 4. Mai 1972 in Princeton (New Jersey, USA). Kendall wurde im Jahr 1910 Ph.D. an der Columbia Universität, 1910–1914 begann er mit seinen Forschungsarbeiten zur Wirkungsweise der Schilddrüse am St.Luke’s Hospital in New York City. Im Jahr 1914 übernahm er die Leitung der Abteilung für Biochemie an der Mayo Klinik und erhielt 1921 eine Professur für Physiologische Chemie an der Mayo Foundation (Universität von Minnesota). Hier gelang ihm die Isolierung und Aufklärung der chemischen Struktur von 7 Thyroxin sowie von Glutathion.

Verdienste. Kendalls wichigste Entdeckung war im Jahr 1935 die

Isolierung des 7 Steroidhormones Kortison aus der Nebennierenrinde, das von ihm ursprünglich als „compound E“ bezeichnet wurde. Zwei weitere Arbeitsgruppen isolierten Kortison in rascher Folge und bezeichneten dieselbe Substanz als „compound F“ durch Wintersteiner und Substanz Fa durch Reichstein (7 Reichstein, Tadeus). Gemeinsam mit Philip Showalter Hench setzte er im Jahr 1948 dieses Nebennierenrindenhormon erstmals zur entzündungshemmenden Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit großartigem Erfolg ein. 1951 beendete Kendall altershalber seine Tätigkeit an der Mayo Foundation. Ab 1952 arbeitete er als Visiting Professor für Chemie in der Abteilung für Biochemie an der Universität von Princeton. Nobelpreis für Medizin im Jahr 1950 gemeinsam mit Tadeus Reichstein und Philip S. Hench: „Für die Entdeckungen bei den Hormonen der Nebennierenrinde, ihrer Struktur und ihrer biologischen Wirkungen.“

Literatur. Kendall EC, Osterberg AE (1919) The Chemical Identification of Thyroxin. J Biol Chem 40:265–334 Ingle DJ (1975) Biographical Memoir of Edward C.Kendall. Vol 47. National Academy of Sciences, Washington DC Raju TN (1999) The Nobel Chronicles. 1950: Edward Calvin Kendall (1886–1972); Philip Showalter Hench (1896–1965); and Tadeus Reichstein (1897–1996). Lancet 353(9161):1370

Kendall’s compound F 7 Kortisol

Kendall’s deoxy compound B 7 11-Desoxykortikosteron

Kenngröße, klinisch-chemische A.M. Gressner

Synonym(e). Parameter, klinisch-chemischer Englischer Begriff. test; parameter; marker Definition. Resultat einer quantitativen Bestimmung oder eines qualitativen Nachweises eines Analyten zur Beurteilung des Gesundheitsbzw. Krankheitszustandes eines Probanden bzw. Patienten. i Eine klinisch-chemische Kenngröße mit pathologischem Ergebnis kann als ein biochemisches Krankheitssymptom verstanden werden, welches mit dem Hilfsmittel einer 7 Messmethode messbar bzw. nachweisbar gemacht wird. Sie trägt zur Beurteilung des Gesundheits- bzw. Krankheitszustandes eines Patienten (Diagnose), zur (therapeutischen) Verlaufskontrolle, Prognosebeurteilung und Prädispositionsdiagnostik bei. Eine klinisch-chemische Kenngröße ist durch folgende Angaben charakterisiert: 5 Untersuchungsgut, z. B. Blut, Serum, Plasma, Urin, Liquor, Speichel u. a. (7 Spezimen) 5 Analyt, z. B. Enzym, Substrat, Medikament, Toxin, morphologische Bestandteile 5 Quantitatives oder qualitatives Merkmal: Numerische Angabe des Ergebnisses bei quantitativen Bestimmungen; Positiv-/Negativan-

gabe des Ergebnisses bei qualitativen Nachweisen; rasterförmige, halb-quantitative Ergebnisse (Punkte, Score) bei semiquantitativen Nachweisen 5 Einheiten der 7 Messgrößen zur Vergleichbarkeit der 7 Messergebnisse; international definierte Mengenangaben für Stoffmengenkonzentrationen in mmol/L, Stoffmassenkonzentration in g/L und Zellzahl in Zahl/L. Die Bestimmung der klinisch-chemischen Kenngröße erfolgt nach einer genau definierten (standardisierten) Messmethode.

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Klinisch-chemische Analytik. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer-Verlag, Stuttgart

Kenngrößen der Sepsis 7 Sepsiskenngrößen

Keratansulfat-Proteoglykane H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. keratan sulfate proteoglycans; keratan sulphate proteoglycans

Definition. Keratansulfat-Proteoglykane bilden eine heterogene Familie von Makromolekülen der extrazellulären Matrix mit einer bevorzugten Expression im Knorpel. Die Eignung von Keratansulfat als Parameter einer Gelenkschädigung bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen wird aktuell untersucht. i Die biochemischen Eigenschaften der Keratansulfat-Proteoglykane werden im wesentlichen durch (eine oder mehrere) Keratansulfat-Glykosaminoglykan-Ketten, die an das jeweilige Core-Protein N- oder O-glykosidisch gebunden sind, bestimmt. Die Keratansulfatketten bestehen aus repetitiven Disaccharid-Einheiten von Galaktose (Gal) und N-Acetyl-Glukosamin (GlucNAc) der folgenden Struktur: [→ 3Galβ1-4GlucNAcβ1 → 3]. Die Disaccharideinheiten werden in unterschiedlichen Mustern mit Sulfatresten substituiert. Keratansulfat-Proteoglykane lassen sich in zwei Familien einteilen: 5 Große Proteoglykane der Aggrecan-Familie, zu der neben Aggrecan und Versican die ausschließlich im Gehirn vorkommenden Proteoglykane Neurocan und Brevican gehören. 5 Kleine Keratansulfat-Proteoglykane, die zu der Familie der Leucin-reichen Proteoglykane gehören und in ihrem Core-Protein 3–30 Leucinreiche Regionen aufweisen. Zu diesen kleinen Keratansulfat-Proteoglykanen gehören Fibromodulin, Lumican, Keratocan und Mimecan/Osteoglycin.

Während Aggrecan fast ausschließlich im Knorpel vorkommt, wird Fibromodulin in Knorpel, Sehnen und der Sklera gefunden. Lumican, Keratocan und Mimecan werden bevorzugt in der Cornea exprimiert. Fragmente des Aggrecan und insbesondere der Keratansulfatketten können, entsprechend ihrem bevorzugten Vorkommen im Knorpel, im Rahmen von entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen vermehrt in die Zirkulation freigesetzt werden. In der Synovialflüssigkeit betroffener Gelenke wurden entsprechend erhöhte Konzentrationen von Keratansulfat nachgewiesen. Im Serum wird dieser Nachweis durch Keratansulfat, das im Rahmen des normalen turnover aus anderen Quellen, z. B. Knorpel der Trachea, der Rippen oder der Zwischenwirbelscheiben, freigesetzt wird, beeinträchtigt. Verbesserungen werden sich durch den Einsatz neuer Immunoassays mit Antikörpern, die spezifische Epitope des Keratansulfats aus dem Gelenkknorpel erkennen, ergeben. Störungen beim Abbau des Keratansulfats durch lysosomale Enzymdefekte können zur Mukopolysaccharidose Typ IV (Morquio-Syndrom) führen.

Literatur. Funderburgh JL (2000) Keratan sulfate: structure, biosynthesis, and function. Glycobiology 10:951–958 Fischer DC, Kolbe-Busch S, Stöcker G, Hoffmann A, Haubeck HD (1994) Development of enzyme immunoassays specific for keratan

Ketamin

sulphate- and core-protein-epitopes of the large aggregating proteoglycan from human articular cartilage. Eur J Clin Chem Clin Biochem 32:285–291

773

Ketamin T. Arndt

Synonym(e). K; synthetisches Kokain; Ketanest

Kernchromatin H. Baum

Englischer Begriff. nuclear chromatin Definition. Struktur des Zellkerns in der morphologischen Begutachtung. i Die Struktur des Chromatins der Zellkerne der einzelnen Subpo-

pulationen der Hämatopoese hängt von Zellreife und -art ab. Grundsätzlich können 3 Arten der Kernchromatinstruktur unterschieden werden: eine netzartige (retikuläre), eine dichte streifige und eine schollige Kernstruktur. Innerhalb der retikulären Kernstruktur lassen sich wiederum eine mehr fein- von einer stärker grobretikulären Form unterscheiden. Einen feinretikulären, wie feiner Gries aussehenden Zellkern haben alle unreifen, blastären Zellformen der Hämatopoese. Während der Zellreifung verändert sich die Kernchromatinstruktur, wodurch linienabhängige Unterschiede nachweisbar werden. Das Kernchromatin der Granulopoese wird kompakter, wobei streifige Zonen mit dichterem und lockerem Chromatin sichtbar werden. Dies gibt diesen Zellkernen die typische striemig-streifige Struktur. Die reifen Zellen der Lymphopoese haben dagegen ein Kernchromatin aus dunklen Schollen, die von helleren Zonen umgeben sind. Das Kernchromatin der reifen Zellen der Monopoese zeigt eine vergröberte retikuläre Struktur.

Kernkörperchen 7 Nukleolus

Englischer Begriff. ketamine Definition. Schwach basische, dem 7 Phencyclidin strukturell und pharmakologisch ähnliche Aminoverbindung, die als Anästhetikum eingesetzt wird. Aufgrund der halluzinogenen Nebenwirkungen wird Ketamin als Droge konsumiert. Struktur. 7 Abb. 1

Ketamin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 237,75 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Applikation als schnellwirkendes Mittel für Kurznarkosen gewöhnlich intravenös, als Droge oral (Pulver, Tabletten, oft in Kombination mit anderen Drogen wie z. B. Amphetaminen). Ketamin wirkt über die spezifischen N-Methyl-DAspartat (NMDA)-Rezeptoren. Abbau zu mindestens zwei Metaboliten, durch N-Demethylierung zu Norketamin (N-Desmethylketamin) und dieses weiter durch Dehydrierung zu Dehydronorketamin. Ausscheidung hauptsächlich über die Niere, als Ketamin, Norketamin, Dehydronorketamin und konjugierte hydroxylierte Metabolite. Halbwertszeit. 3–4 h

Kernmagnetische Resonanzspektrometrie/ -spektroskopie 7 NMR-Spektroskopie

Kernschatten H. Baum

Funktion und Pathophysiologie. Ketamin-Nebenwirkungen sind Halluzinationen, Delirium, irrationales Verhalten, verschwommenes Sehen, Übelkeit, Erbrechen, Atemstimulation oder -depression, Tachykardie, Hypertonus, Arrhythmien. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin, Mageninhalt

Probenstabilität. Keine Angaben zu Instabilität unter Raumtempe-

Englischer Begriff. nuclear shadow

ratur.

Definition. Im Ausstrich- oder Quetschpräparat nachweisbares, schwach eosinophiles Gebilde, das zerstörten Zellen oder deren Kernen entspricht, die gehäuft bei Vorliegen mechanisch instabiler Zellen auftreten.

Präanalytik. Wie für Bestimmungen im Rahmen von 7 Drogenscreenings üblich, Urinabgabe unter Sichtkontrolle.

i Beim Ausstreichen von Blut oder Gewebematerial (z. B. Kno-

chenmark) auf einem Objektträger kann es auf Grund von Scherkräften an der Kante des Ausstrichplättchens zur Zerstörung von Zellen kommen. Die Kerne oder Zellreste sind in der Färbung nach Pappenheim dann als schwach eosinophile Gebilde nachweisbar. Die Zuordnung zu einer definierten Zellpopulation ist in der Regel jedoch nicht möglich. Kernschatten werden häufig gefunden bei der Ausschwemmung niedrig maligner Non-Hodgkin-Lymphome, akuten Leukämien aber auch bei akuten Virusinfektionen, Sepsis oder älteren Blutproben. Bei der morphologischen Differenzierung sollen die Kernschatten als eigene Population mitgezählt werden, da sonst der Anteil der mechanisch stabilen Zellen überschätzt und die der mechanisch instabilen Zellen unterschätzt wird. Die semiquantitative Angabe mit „wenig“, „viel“ und „sehr viel“ sollte nicht mehr verwendet werden (7 Gumprecht-Kernschatten).

Literatur. Kernschatten im Blutausstrich (2001) Empfehlungen der Arbeitskreise „Laboratorium“ der DGHO (www.dgho.de) und ÖGHO (www.oegho.at) zum Thema Morphologie

Analytik. Analyse mit 7 Gaschromatographie, Gaschromatographie7 Massenspektrometrie oder 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie.

Konventionelle Einheit. Bei Drogenuntersuchungen nur qualitativer bzw. halbquantitativer Nachweis.

Internationale Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. nicht nachweisbar Referenzbereich — Kinder. nicht nachweisbar Indikation. Häufigste Indikation ist der Nachweis eines missbräuchlichen Ketaminkonsums/einer Ketaminintoxikation bei entsprechender Symptomatik des Patienten. Eine Überwachung der Ketaminmedikation bei der Kurznarkose durch Bestimmung von Serum- oder Plasmakonzentration erfolgt gewöhnlich nicht. Interpretation. In der Notfallmedizin wird Ketamin in Kombination mit Benzodiazepinen verabreicht, um halluzinogene Aufwachreaktionen zu vermeiden. Diese werden jedoch gerade von den Drogenkonsumenten angestrebt. Eine Potenzierung ist durch die häufige Kombination mit

K

774

Ketanest

anderen Drogen (7 Amphetamine, 7 LSD) zu erreichen. Die Symptomatik des intoxikierten Patienten kann deshalb sehr variabel sein. Wiederholt wurde über Todesfälle berichtet. Ketamin ist kein regulärer Bestandteil von z. B. verkehrs- und arbeitsmedizinischen Drogenuntersuchungen (7 Drogenscreening). In letzter Zeit wurde eine Zunahme des Ketaminmissbrauchs beobachtet, sodass bei unklarer Sachlage auch eine Ketaminintoxikation zu erwägen ist.

Literatur. Baselt RC (2002) Disposition of Toxic Drugs and Chemicals in Man. Biomedical Publications, Foster City Forth W, Henschler D, Rummel W et al (2001) Pharmakologie und Toxikologie. Urban und Fischer, München

Ketanest 7 Ketamin

2-Ketoadipinsäure (α-Ketoadipinsäure) 7 2-Oxoadipinsäure

Ketoamin 7 Fruktosamin

Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) für Leucin das höchste. Die 2-Ketoisocapronsäure ist ab Plasmakonzentrationen von 1 mmol/L wesentlich für die zerebrale Toxizität verantwortlich.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether nach vorangegangener Oximierung mit Pentafluorbenzylhydroxylamin (PFBHA) 5 Mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Pentafluorbenzyloxim-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1621 (syn), 1646 (anti) M+ (m/z): 397 Quant Ion (m/z): 181 Conf. Ion (m/z): 382

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. < 2 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 400–4400 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Unerklärliche Enzephalopathie bis zum Koma, vor allem

11-Ketoandrosteron 7 17-Ketosteroide

11-Ketoätiocholanolon 7 17-Ketosteroide

2-Ketoisocapronsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 2-Oxoisocapronsäure; 2-Oxoisocapronat; KIC Englischer Begriff. 2-oxoisocaproic acid Definition. Die verzweigtkettige 2-Oxosäure ist ein Intermediat im Stoffwechsel der Aminosäure Leucin. Struktur. C6H10O3 7 Abb. 1

im Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindesalter und/oder assoziiert mit interkurrenten Infekten. Differenzialdiagnostik primärer Laktatacidosen.

Interpretation. Erhöhte Konzentrationen der 2-Ketoisocapronsäure sind obligat als pathologisch zu werten und Ausdruck einer Störung der BCKDH. Neben der 2-Ketoisocapronsäure sind bei der Ahornsirupkrankheit (MSUD) die anderen verzweigtkettigen 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren pathologisch erhöht. Vermehrte Ausscheidung von 2-Ketoisocapronsäure wird auch bei einem Dihydrolipoyl Dehydrogenase (E3) Mangel beobachtet. Dabei sind gleichzeitig die Funktionen des 2-Oxoglutaratdehydrogenase- und des Pyruvatdehydrogenasekomplexes defekt und führen zur Akkumulation weiterer pathologischer Säuren (Laktat, Pyruvat, 2-Oxoglutarat).

Diagnostische Wertigkeit. Hoch für die Diagnostik einer Ahornsirupkrankheit (MSUD) bzw. eines Dihydrolipoyl Dehydrogenase (E3) Mangels. Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician¢s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

2-Ketoisocapronsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 130,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 2-Ketoisocapronsäure ist das Transaminierungsprodukt der verzweigtkettigen Aminosäure 7 Leucin. Im zweiten Schritt des Katabolismus der Aminosäure Leucin, der letztlich über Acetyl-Co A in den Citratzyklus mündet, wird das Transaminierungsprodukt 2-Ketoisocapronsäure durch den Multienzymkomplex Verzweigtkettige 2-Oxosäurendehydrogenase (BCKDH) zu Isobutyryl-Coenzym A umgesetzt. Die BCKDH setzt sich aus 3 Untereinheiten zusammen: 5 Decarboxylase (E1) mit Thiaminpyrophosphat als Koenzym 5 Dihydrolipoyl Acyltransferase (E2) 5 Dihydrolipoamid Dehydrogenase (E3)

2-Ketoisovaleriansäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 2-Oxoisovaleriansäure; 2-Oxoisovalerat Englischer Begriff. 2-oxo-isovaleric acid; KIV Definition. Die verzweigtkettige 2-Oxosäure ist ein Intermediat im Stoffwechsel der Aminosäure Valin. Struktur. C5H8O3; 7 Abb. 1

2-Ketoisocapronsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird renal ausgeschieden.

2-Ketoisovaleriansäure. Abb. 1. Strukturformel

Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt einer der drei Unter-

Molmasse. 116,12 g

einheiten der BCKDH resultiert im Krankheitsbild der Ahornsirupkrankheit (MSUD). Labordiagnostisch wird ein Anstieg verzweigtkettiger 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren im Plasma, Urin und CSF detektierbar. Bei einem Defekt der BCKDH ist die Ratio der toxischen 2-Oxosäure zur korrespondierenden Aminosäure unter den verzweigtkettigen

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 2-Ketoisovaleriansäure ist das Transaminierungsprodukt der verzweigtkettigen Aminosäure Valin. Im Abbau der Aminosäure Valin, der letztlich über PropionylCoA und Succinyl-CoA in den Citratzyklus mündet, wird das Transaminierungsprodukt 2-Ketoisovaleriansäure duch den Multienzym-

2-Keto-3-Methylvaleriansäure

komplex verzweigtkettige 2-Oxosäurendehydrogenase (BCKDH) zu Isobutyryl-Coenzym A umgesetzt. Die BCKDH setzt sich aus drei Untereinheiten zusammen: einer Decarboxylase (E1) mit Thiaminpyrophosphat als Koenzym, einer Dihydrolipoyl Acyltransferase (E2) und einer Dihydrolipoamid Dehydrogenase (E3). Die 2-Ketoisovaleriansäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird renal effizient ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt der BCKDH resultiert im Krankheitsbild der Ahornsirupkrankheit (MSUD). Labordiagnostisch wird ein Anstieg verzweigtkettiger 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren im Plasma, Urin und CSF detektiert. Die 2-Oxosäure/Aminosäure Ratio ist im pathologischen Fall eines BCKDH-Mangels niedrig und begünstigt die Akkumulation der weniger toxischen Aminosäure.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether nach vorangegangener Oximierung mit Pentafluorbenzylhydroxylamin (PFBHA) 5 Mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Pentafluorbenzyloxim-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1554 (syn), 1574 (anti) M+ (m/z): 383 Quant Ion (m/z): 181 Conf. Ion (m/z): 368

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor)

Referenzbereich — Kinder. < 2 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 300–800 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Unerklärliche Enzephalopathie bis zum Koma, vor allem im Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindesalter und/oder assoziiert mit interkurrenten Infekten. Differenzialdiagnostik primärer Laktatazidosen.

Interpretation. Erhöhte Konzentrationen der 2-Ketoisovaleriansäure sind obligat als pathologisch zu werten und Ausdruck einer Störung der BCKDH. 2-Ketoisovaleriansäure ist neben anderen verzweigtkettigen 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren pathologisch erhöht bei der Ahornsirupkrankheit (MSUD). Vermehrte Ausscheidung von 2-Ketoisovaleriansäure wird auch bei einem Dihydrolipoyl Dehydrogenase (E3) Mangel beobachtet. Dabei sind gleichzeitig die Funktionen des 2-Oxoglutaratdehydrogenase- und des Pyruvatdehydrogenasekomplexes defekt und führen zur Akkumulation weiterer pathologischer Säuren (Laktat, Pyruvat, 2-Oxoglutarat).

775

2-Keto-3-Methylvaleriansäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 130,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 2-Keto-3-Methylvaleriansäure ist das Transaminierungsprodukt der verzweigtkettigen Aminosäure Isoleucin. Im zweiten Schritt des Katabolismus der Aminosäure Isoleucin, der über Acetyl-Co A, Propionyl-Co A und Succinyl-Co A in den Citratzyklus mündet, wird das Transaminierungsprodukt 2-Keto-3-Methylvaleriansäure duch den Multienzymkomplex Verzweigtkettige 2-Oxosäurendehydrogenase (BCKDH) zu 2-Methylbutyryl-Coenzym A umgesetzt. Die BCKDH setzt sich aus drei Untereinheiten zusammen: einer Decarboxylase (E1) mit Thiaminpyrophosphat als Koenzym, einer Dihydrolipoyl Acyltransferase (E2) und einer Dihydrolipoamid Dehydrogenase (E3). 2-Keto-3-methylvaleriansäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird renal ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt einer der drei Untereinheiten der BCKDH resultiert im Krankheitsbild der Ahornsirupkrankheit (MSUD). Labordiagnostisch wird ein Anstieg verzweigtkettiger 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren im Plasma, Urin und CSF detektiert. Bei einem Defekt der BCKDH ist die Ratio der toxischen 2-Oxosäure zur korrespondierenden Aminosäure unter den verzweigtkettigen Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) für die 2-Keto-3-methylvaleriansäure relativ klein und begünstigt die Bildung der weniger toxischen Aminosäure. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether nach vorangegangener Oximierung mit Pentafluorbenzylhydroxylamin (PFBHA) 5 Mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Pentafluorbenzyloxim-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1620 (syn), 1624 (anti) M+ (m/z): 397 Quant Ion (m/z): 181 Conf. Ion (m/z): 382

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor)

Diagnostische Wertigkeit. Hoch für die Diagnostik einer Ahornsirupkrankheit (MSUD) bzw. eines Dihydrolipoyl-Dehydrogenase(E3)Mangels.

Referenzbereich — Kinder. < 2 mmol/mol Kreatinin

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003)

im Neugeborenen-, Säuglings- und Kleinkindesalter und/oder assoziiert mit interkurrenten Infekten. Differenzialdiagnostik primärer Laktatazidosen.

Physician¢s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Pathologischer Bereich: 500–2500 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Unerklärliche Enzephalopathie bis zum Koma, vor allem

Interpretation. Erhöhte Konzentrationen der 2-Keto-3-Methylva-

2-Keto-3-Methylvaleriansäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 2-Oxo-3-Methylvaleriansäure; 2-Oxo-3-Methylvalerat; KMV

Englischer Begriff. 2-oxo-3-methylvaleric acid Definition. Die verzweigtkettige 2-Oxosäure ist ein Intermediat im Stoffwechsel der Aminosäure Isoleucin. Struktur. C6H10O3; 7 Abb. 1

leriansäure sind obligat als pathologisch zu werten im Sinne einer Störung der BCKDH. Neben der 2-Keto-3-Methylvaleriansäure sind bei der Ahornsirupkrankheit (MSUD) die anderen verzweigtkettigen 2-Oxo- und 2-Hydroxysäuren pathologisch erhöht. Vermehrte Ausscheidung von 2-Keto-3-Methylvaleriansäure wird auch bei einem Dihydrolipoyl-Dehydrogenase(E3)-Mangel beobachtet. Dabei sind zusätzlich der 2-Oxoglutaratdehydrogenase- und der Pyruvatdehydrogenasekomplex defekt mit konsekutiver Akkumulation weiterer pathologischer Säuren (Laktat, Pyruvat, 2-Oxoglutarat).

Diagnostische Wertigkeit. Hoch für die Diagnostik einer Ahornsirupkrankheit (MSUD) bzw. eines Dihydrolipoyl-Dehydrogenase(E3)Mangels.

K

776

β-Ketonbuttersäure

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

β-Ketonbuttersäure 7 Acetoacetat

Keton-Index 7 Ketonkörper-Ratio, arterielle

Ketonkörper K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. ketone bodies Definition. Unter Ketonkörpern im medizinischen Sinn werden Aceton, Acetoacetat und β-Hydroxybutyrat verstanden.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

Ketonkörper entstehen hauptsächlich im Stoffwechsel von Fettsäuren in der Leber (7 Abb. 1). Entscheidender Vorläufer ist Acetyl-CoA, das entweder in den Citratzyklus geschleust oder zu Ketonkörpern umgewandelt werden kann. Im Hungerzustand oder bei Insulinmangel kommt es zu einer verstärkten Umwandlung zu Ketonen. Ketonkörper werden

Ketonkörper. Abb. 1. Mitochondriale Ketonkörperbildung (Ketogenese) in Leberparenchymzellen (Hepatozyten)

Kidd-Blutgruppensystem

in der Diagnostik entweder quantitativ mit enzymatischen Testen (meist β-Hydroxybutyrat, seltener Acetoacetat) oder semiquantitativ mit dem Nitroprussidtest erfasst. Letztere erfasst vorwiegend Acetoacetat, aber auch Aceton. Da unter pathologischen Bedingungen β-Hydroxybutyrat am stärksten ansteigt, kann der Nitroprussidtest häufig negativ sein, obwohl eine Ketose vorliegt. Das Urinmonitoring auf Ketone bei Diabetikern wird immer noch bei Krankheit, in Stresssituationen oder anderen Situationen mit einem hohen Potenzial zur Stoffwechselentgleisung empfohlen. Verglichen mit der Glukosebestimmung im Blut haben die Ketonkörper aber an Bedeutung verloren.

Englischer Begriff. 17-ketosteroids; etiocholanolone; androsterone; dehydroepiandrosterone; 11-keto-androsterone; 11-keto-etiocholanolone; 11-hydroxy-androsterone; 11-hydroxy-etiocholanolone Definition. Als 17-Ketosteroide werden Metabolite der Nebennierenrindenhormone sowie der Androgene bezeichnet, die am C17-Atom des Steroidrings eine Ketogruppe tragen (7 Tab. 1). 17-Ketosteroide. Tab. 1. Androsteron

11-Ketoandrosteron

11-HydroxyAndrosteron

Ätiocholanolon

11-Ketoätiocholanolon

11-HydroxyÄtiocholanolon

Literatur. Laffel L (1999) Ketone bodies: a review of physiology, pathophysiology and application of monitoring to diabetes. Diabetes Metab Res Rev 15:412–426

Ketonkörpernachweis im Urin 7 Lange-Test; 7 Legal-Test

Ketonkörper-Ratio, arterielle A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Keton-Index; AKBR Englischer Begriff. arterial ketone body ratio; KBR; AKBR Definition. AKBR ist der Quotient aus den arteriellen Serumkonzentrationen von 7 Acetoacetat (Acetessigsäure) und 3-Hydroxybutyrat (3-Hydroxybuttersäure), der weitgehend dem mitochondrialen Redoxpotenzial der Hepatozyten (Leberparechymzellen) und somit dem Energiestatus der Leber entspricht und prognostische Bedeutung bei schweren Lebererkrankungen hat. i Die im Jahr 1981 in die klinische Praxis eingeführte AKBR gibt

das Verhältnis der arteriellen Serumkonzentrationen von Acetoacetat zu Hydroxybutyrat an, was als systemischer Indikator des mitochondrialen Redoxpotentials der Hepatozyten und dessen Energiestatus angesehen wird. Acetoacetat wird enzymatisch durch die β-Hydroxybutyratdehydrogenase (EC 1.1.1.30) unter Verbrauch von NADH2 in den Mitochondrien der Hepatozyten zu β-Hydroxybutyrat reduziert. Zusammen mit dem aus Acetoacetat durch spontane Decarboxylierung entstehenden 7 Aceton stellen diese Metabolite die 7 Ketonkörper dar (s. Abb. 1 im Eintrag 7 Ketonkörper). Eine Erniedrigung der AKBR ist prognostisch ungünstig im Rahmen von Lebertransplantationen, fulminanten Leberversagen, hämorrhagischen Schock, septischen Schock, Herz- und Leberchirurgie. Es besteht eine signifikante Korrelation mit dem Grad der Leberschädigung, doch werden auch Einschränkungen in der Zuverlässigkeit und Richtigkeit dieser Kenngröße beschrieben, die u. a. durch den extrahepatischen Stoffwechsel der Ketonkörper bedingt sind. Die AKBR wird auch als Prädiktor der Donorqualität bei Lebertransplantation eingesetzt. Die Bestimmung beider Metabolite erfolgt enzymatisch mit β-Hydroxybutyratdehydrogenase nach Williamson et al. (1962) in mehreren Varianten [z. B. Uno et al. (1995)]. Die AKBR Gesunder liegt bei ca. 2,0 ± 0,9 [Yamaoka et al. (1998)].

Literatur. Williamson DH, Mellanby J, Krebs HA (1962) Enzymatic determination of D(-)-beta-hydroxybutyric acid and acetoacetic acid in blood. Biochem. J. 82:90–96 Uno S, Takehiro O, Tabata, Ozawa K (1995) Enzymatic Method for Determining Ketone Body Ratio in Arterial Blood. Clin Chem 41:1745–1750 Yamaoka K, Kanayama M, Tajiri K, Yamane M, Marumo F, Sato C (1998) Clinical Significance of Arterial Ketone Body Ratio in Chronic Liver Disease. Digestion 59: 360–363

17-Ketosteroide

777

DHEA

Die 17-Ketosteroide werden im Harn in relativ großen Mengen ausgeschieden. Aus diesem Grund war es möglich, diese Steroidgruppe mit einer einfachen Farbreaktion mit Hilfe von m-Dinitrobenzol und Kalilauge zu erfassen. Diese Methode wurde im Jahr 1935 erstmalig von Zimmermann beschrieben. Mit der Zimmermann-Reaktion werden sehr unspezifisch alle Steroide mit einer Methylenketogruppe am C17-Atom erfasst. Es handelt sich um Metabolite von Steroidhormonen aus unterschiedlichen Organen, sodass diese Bestimmung eine geringe diagnostische Relevanz besitzt. Die 17-Ketosteroidbestimmung gilt heute als obsolet und wird nicht mehr empfohlen, da zahlreiche Bestimmungsmethoden für organspezifische Hormone mit hoher klinisch-diagnostischer Relevanz zur Verfügung stehen (7 Testosteron, 7 Kortisol, 7 Aldosteron, 7 Dehydroepiandrosteronsulfat, 7 17-Hydroxyprogesteron etc.). i Die 17-Ketosteroide besitzen 19 C-Atome und sind durch eine

Ketogruppe am C17-Atom des Steranmoleküls charakterisiert. Es handelt sich um Abbauprodukte der Kortikosteroide und Androgene, wobei durch CYP17 (17,20-Lyase, das Seitenketten-spaltende Enzym) die C17-Seitenkette abgespalten wird. Es entstehen aus dem 17-Hydroxypregnenolon das Dehydroepiandrosteron (DHEA) und aus dem 17-Hydroxyprogesteron das Androstendion. Ein weiteres 17-Ketosteroid, das Ätiocholanolon, wird durch Reduktion des Testosterons gebildet. Zu den 17-Ketosteroiden gehören des weiteren 11-Ketoandrosteron, 11-Ketoätiocholanolon, 11-Hydroxy-Androsteron und 11-Hydroxy-Ätiocholanolon.

Literatur. Hübener HJ, Staib WH (1965) Biochemie der Nebennierenrinden-Hormone. Georg Thieme Verlag, Stuttgart Hubl W, Büchner M (1968) Die Bestimmung von Steroidhormonen in der Klinik. In: Büchner M (Hrsg) Moderne chemische Methoden in der Klinik. Georg Thieme, Leipzig, S 194–232

L-Ketten 7 Lambda-Ketten; 7 Leichtketten

Kettenabbruchverfahren 7 Didesoxysequenzierung

K-Glypican 7 Glypicane

KIC 7 2-Ketoisocapronsäure

Kidd-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

W. Hubl

Synonym(e). 17-Oxosteroide; Ätiocholanolon; Androsteron; 11-Ketoandrosteron; 11-Ketoätiocholanolon; 11-Hydroxyandrosteron; 11-Hydroxyätiocholanolon

Synonym(e). JK; SLC14A1 (Solute carrier family 14, member 1); HUT11

Englischer Begriff. Kidd blood group system

K

778

Kidney-injury molecule 1

Definition. Das Kidd(JK)-Glykoprotein ist der Harnstofftransporter der Erythrozyten. Als Multi-pass-Protein mit 10 Membrandurchgängen wird Harnstoff aus den und in die Zellen transportiert. Das JKProtein erhält die osmotische Stabilität und Form der Erythrozyten und stellt ein wichtiges 7 Blutgruppensystem dar.

Hodgkin-Lymphome unter morphologischen und klinischen Gesichtspunkten. Sie wird nicht mehr verwendet und ist durch die 7 WHO-Klassifikation ersetzt.

Literatur. Lennert K, Feller A (1992) Histopathology of Non-Hodgkins Lymphomas. 2nd edn. Springer-Verlag, New York

i Das Kidd-Glykoprotein wird daneben auch in der Niere expri-

miert, wo es an der Harnstoff-Konzentrierung bei der Bildung des Urins beteiligt ist. Mit 14000 Molekülen pro Erythrozyt ist das KiddGlykoprotein das vorherrschende Protein. Das SLC14A-Gen (chromosomale Lokalisation 18q12-q21) kodiert den Harnstofftransporter und ist in 11 Exons über 30 kb organisiert. Das prozessierte Protein mit 391 Aminosäuren hat ein Molekulargewicht von 45 kDa. Im Kidd-Blutgruppensystem sind die beiden antithetischen Hauptantigene (7 antithetische Antigene) Jka (JK1, ISBT 009.001) und Jkb (JK2, ISBT 009.002) beschrieben. Daneben kommt das Jk3 (Jkab, ISBT 009.003) vor, das eine Antigenfrequenz nahe 100 % aufweist. Der seltene JK-7 Null-Phänotyp wurde in Asien, Polynesien und Finnland gefunden. Die Jk(a-b)-Erythrozyten weisen in vitro eine erhöhte Resistenz gegenüber Lyse mit 2M Harnstoff auf. Kidd-Antigene sind bei der Geburt voll ausgebildet und bereits ab der 7. (Jkb) bzw. 11. Schwangerschaftswoche (Jka) auf fetalen Erythrozyten nachweisbar. Antikörper gegen Kidd-Antigene sind Immunantikörper, die vorwiegend der IgG-Klasse zugehören und komplement-bindend sind. Sie können schwere akute oder verzögerte hämolytische Transfusionsreaktionen auslösen und zu einem 7 Morbus haemolyticus neonatorum führen. Der immunhämatologische Nachweis von Jk-Antikörpern kann aufgrund schwacher Reaktivität oder niedriger Titer Schwierigkeiten bereiten.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2nd edn. Elsevier New York Daniels G (2002) Human Blood Groups. 2nd edn. Blackwell Scientific, Oxford

Kidney-injury molecule 1 A.M. Gressner

Kiff T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Haschisch (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Killing-Test H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). NK-Zell-Test Englischer Begriff. cytotoxicity-assay; NK-cell-assay Definition. Test zur Erfassung der Lyse-Aktivität vitaler NK-Zellen Durchführung. Zunächst werden mononukleäre Zellen aus heparinisiertem Vollblut über 7 Dichtegradientenzentrifugation isoliert. Anschließend werden fluoreszenzmarkierte Zielzellen (z. B. K562) mit den zuvor isolierten Effektorzellen (NK-Zellen) in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen inkubiert. Zusätzlich wird ein Inkubationsansatz mit IL-2 als zusätzlichem Stimulator versehen, in dieser Probe ist die maximale Zell-Lyse zu erwarten. Nach Ablauf der Inkubationszeit wird ein DNA-Farbstoff zugefügt, der die intakte Zellmembran nicht durchdringen kann. Durchflusszytometrisch (7 Durchflusszytometrie) werden die Zellen mit Doppelfluoreszenz (lysierte Zellen) im Verhältnis zu den vitalen Zellen ermittelt. Funktion und Pathophysiologie. 7 CD16/56 Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparinblut Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur

Synonym(e). human-kidney-injury molecule-1; KIM-1

Analytik. 7 Durchflusszytometrie

Definition. KIM-1 ist ein in dedifferenzierten und regenerierenden

Konventionelle Einheit. % lysierte Zielzellen

proximalen Tubulusepithelzellen der geschädigten Niere exprimiertes Typ-I-transmembranöses Glykoprotein, dessen Konzentration in Blut und Urin bei akuten und chronischen toxischen sowie ischämischen Tubulusschädigungen diagnostisch relevant ansteigt.

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Killing-Test. Tab. 1. Referenzbereiche

i Die extrazelluläre Domäne (Ectodomäne) von KIM-1 besteht

aus einer Immunglobulin-ähnlichen Domäne, die eine lange Muzinähnliche Domäne bedeckt und auf deren Funktion bei der Zelladhäsion und Vermittlung der Phagozytose in der geschädigten Niere hinweist. In Tubulusepithelzellen der gesunden Niere ist KIM-1 nicht nachweisbar, aber stark exprimiert bei ischämischen und toxischen Tubuluschädigungen/-nekrosen. Die freigesetzte Ectodomäne ist in Urin und Serum/Plasma bei akuten und chronischen Nephropathien (z. B. IgA-Nephropathie), Transplantatabstoßung und toxischen Nephropathien mittels ELISA (7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay) messbar. Die Kenngröße besitzt eine hohe diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) und Spezifität (7 Spezifität, diagnostische). Der klinische Einsatz kann in Verbindung mit Biomarkern ähnlicher Indikation wie 7 Neutrophilen-Gelatinase-assoziiertes Lipocalin (NGAL), 7 Cystatin C und Interleukin-18 erfolgen.

Literatur. Devarajan, P (2011) Biomarkers for the early detection of acute kidney injury. Curr Opin Pediatr 23:194–200

Kiel-Klassifikation H. Baum

lysierte Zellen (%) Spontan-Lyse

0–5

mit Effektor:Target-Ratio 25:1

5–15

mit Effektor:Target-Ratio 50:1

5–25

mit Effektor:Target-Ratio 50:1 + IL2

10–35

Indikation.

5 Insbesondere Störung der NK-Zell-Aktivität 5 insbesondere Chediak-Higashi-Steinbrinck-Syndrom (CHS) 5 Abschätzung der zytotoxischen Aktivität der NK-Zellen bei Patienten mit HIV-Infektion (7 HIV-1, 7 HIV-2), multipler Sklerose

Interpretation. Im Testansatz werden Resultate einzelner, physiologischer Vorgänge überprüft: Erkennung der Zielzelle durch die NKZellen, Bindung an die Zielzellen, Lyse der Zielzellen. Beim CHS sowie einigen Tumor- und HIV-Patienten ist die Aktivität stark vermindert.

Englischer Begriff. Kiel classification

Diagnostische Wertigkeit. Wie bei allen funktionellen Tests, sollte

Definition. Schema zur Einteilung der Non-Hodgkin-Lymphome.

eine gesunde Kontrolle mitgeführt werden. Der verwendete Testansatz muss eine exakte Diskriminierung zwischen Effektor- und Zielzellen ermöglichen, dies ist am einfachsten zu

i Die Kiel-Klassifikation ist ein Schema zur Einteilung der Non-

Kjeldahl-Methode

bewerkstelligen, indem man die Zielzellen mit Fluoreszenzfarbstoff markiert. Monozyten können die NK-Zell-Aktivität supprimieren. Man kann daher eine Elimination der Monozyten z. B. durch Plastikadhärenz erwägen.

Kilobasenpaare R. Weiskirchen

Synonym(e). kb

779

Kininase II 7 Angiotensin-konvertierendes Enzym

Kinine 7 Kallikrein-Kinin-System

Kininogen 7 Kallikrein-Kinin-System

Definition. Eine Längeneinheit, die 1000 7 Basenpaaren eines doppelsträngigen Nukleinsäuremoleküls (oder 1000 Basen eines einzelsträngigen Moleküls) entspricht. i Eine Kilobase doppelsträngiger DNA besitzt eine Länge von

0,34 μm und eine Masse von etwa 660 kDa.

Literatur. Stryer L (1990) Biochemie. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg

KIM-1 7 Kidney-injury molecule 1

KIMS 7 Kinetic Interaction of Microparticles in Solution

Kinetic Interaction of Microparticles in Solution T. Arndt

Kirchhoff, Gustav Robert T. Arndt

Lebensdaten. Deutscher Physiker, geboren am 12. März 1824 in Königsberg (Preußen), gestorben am 17. Oktober 1887 in Berlin

Verdienste. Entwicklung der Spektralanalyse gemeinsam mit Bunsen, die er auch auf die Sonnenstrahlung ausdehnte. Beschreibt die Gesetze der Lichtabsorption und -emission sowie der Stromflüsse in verzweigten elektrischen Leitern. Entwicklung der Kirchhoffschen Gleichung. Studium der Mathematik und Physik in Königsberg. 1848 Dozent in Berlin, 1850 Professor für Experimentalphysik in Breslau. Ab 1854 in Heidelberg.

KIS O. Colhoun

Synonym(e). KIMS

Synonym(e). Krankenhaus-Informationssystem; Verwaltungssystem

Englischer Begriff. kinetic interaction of microparticles in solution

Englischer Begriff. HIS

Definition. Sonderform des 7 Immunoassays und hier des latexverstärkten Immunoassays (7 Immunoassay, latexverstärkter).

Definition. Integriertes EDV-System für Krankenhaus-Management, Patientenverwaltung und medizinische Dokumentation

i Im Reaktionsansatz konkurrieren Antigen-beschichtete Latex-

i Ein KIS ist ein ganzheitliches Informationssystem für die Ab-

partikel mit Antigenen der Patientenprobe um eine limitierte Anzahl von gegen das Antigen gerichteten Antikörpern. Sind in der Patientenprobe keine oder wenig Antigene vorhanden, binden die Antikörper vorrangig an die auf den Latexpartikeln fixierten Antigene und vernetzen dabei mit ihren beiden Bindungsstellen einzelne Latexpartikel zu einem Netzwerk. Im Ergebnis wird der Reaktionsansatz trüb. Enthält die Patientenprobe Antigenmoleküle, bindet ein Teil dieser Antigene an die limitiert verfügbaren Antikörper. In der Folge stehen weniger Antikörper zur Vernetzung der Latexpartikel zur Verfügung. Die Trübung des Reaktionsansatzes fällt dann schwächer aus. Zwischen der Trübung des Reaktionsansatzes und der einhergehenden Abschwächung der Lichtintensität vor Eintritt in den Reaktionsansatz und nach dessen Passage besteht ein mathematischer Zusammenhang (7 Lambert-Beer-Gesetz). Über eine geeignete Kalibrationsfunktion ist aus der Trübung (oder der Extinktion) des Reaktionsansatzes auf die Konzentration des zu bestimmenden Antigens in der Patientenprobe zu schließen. Das Testprinzip findet u. a. Anwendung im 7 Drogenscreening.

Kinetisches Verfahren

laufsteuerung einer Klinik, welches alle Bereiche integriert. Aspekte eines Systems sind Patientenverwaltung (Aufnahme, Entlassung, Datenerfassung, Abrechnungsorganisation), Organisation von Transporten und Verlegungen, Terminplanung für Funktionsabteilungen, Leistungsabrechnung, Medizincontrolling, Lagerverwaltung, Einkauf, Dienstplanmanagement, OP-Management, medizinische Dokumentation bis hin zur elektronischen Patientenakte und Arztbriefschreibung, Bildmanagement und -präsentation (Radiologie), Befundserverfunktion (Befunde aller Funktionsabteilungen).

KIT-Ligand 7 Stem Cell Factor

Kjeldahl-Methode T. Arndt

Synonym(e). Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl Englischer Begriff. Kjeldahl method

7 Enzymaktivität

Definition. Eine Kombination aus Aufschluss- und Säure-Base-Tit-

Kinetochor

rationsverfahren zur quantitativen Bestimmung des Stickstoffgehaltes von biologischen Proben.

R. Weiskirchen

i Der Aufschluss der Stickstoffverbindungen erfolgt gewöhnlich

Definition. Komplexe proteinenthaltende Struktur an einem 7 Mitosechromosom, an die sich die Mikrotubuli anheften. i Das Kinetochor bildet sich an einem 7 Chromosomenbereich, der als Centromer bezeichnet wird.

Kininase 7 Kallikrein-Kinin-System

durch siedende Schwefelsäure (H2SO4) und Zusatz von Katalysatorgemischen wie Titandioxid/Kupfersulfat. Bei der Oxidation mit Schwefelsäure wird aus Kohlenstoff und Wasserstoff der Probe Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O) gebildet. Amino- und Amidostickstoff wird als Ammoniak (NH3) durch Hydrolyse freigesetzt und liegt am Ende als Ammoniumsalze vor. Durch Zugabe eines Überschusses an konzentrierter Natronlauge (NaOH) wird daraus Ammoniak gasförmig ausgetrieben und unterstützt durch einen Wasserdampfstrom (Wasserdampfdestillation) in ein Titrationsgefäß überführt. In die-

K

780

KIV

sem liegt eine überschüssige, genau definierte Menge an Säure vor, die durch den eintretenden Ammoniak teilweise neutralisiert wird. Die verbleibende Säure wird mit Natronlauge in Gegenwart eines geeigneten Indikators titriert. Der Verbrauch an Natronlauge kann abschließend in den Stickstoffgehalt der eingewogenen Probe umgerechnet werden. Eine Variante der Kjeldahl-Methode verwendet Natriumborat-Lösung als Vorlage im Titriergefäß. Hierbei wird durch den aus der Probe überführten Ammoniak Natronlauge entsprechend der Gleichung NH3 + NaB(OH)4 → H3NB(OH)3 + NaOH freigesetzt. Diese wird anschließend mit Salzsäure titriert. Es existieren eine Vielzahl von Modifikationen der 1883 von Kjeldahl beschriebenen Methode hinsichtlich der Katalysatormischungen und der Säure-BaseTitration. Die Kjeldahl-Methode findet Anwendung im Rahmen von Stickstoffbilanz-Untersuchungen nach der Gleichung Stickstoffretention = Stickstoffaufnahme (Nahrung) – Stickstoffverlust (Stuhl, Urin, Haare) sowie bei Stickstoffanalysen in der Lebens- und Futtermittelchemie (s. a. 7 Veraschung).

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie Chemie-Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

KIV 7 2-Ketoisovaleriansäure

K-Ketten 7 Kappa-Ketten

Klebereiweiß 7 Gluten

Klebsiella pneumoniae W. Stöcker

Englischer Begriff. Klebsiella pneumoniae Beschreibung des Erregers. Klassifikation: Familie: Enterobacteriaceae, Gattung: Klebsiella (K), Spezies: K. oxytoca, K. planticola, K. terrigena, K. ornithinolytica, K. granulomatis, K. pneumoniae (Subspezies: pneumoniae, ozaenae, rhinoscleromatis). Klebsiellen sind gramnegative, unbewegliche, kurze, plumpe und sporenlose Stäbchenbakterien. Sie bilden eine charakteristische Polysaccharid-haltige Kapsel und wachsen aerob bzw. fakultativ anaerob.

Erkrankungen. Klebsiellen sind ubiquitär verbreitete, opportunistische Mikroorganismen. Sie kommen im Nasen-Rachenraum sowie im Darm von Mensch und Tier vor, ohne Symptome hervorzurufen. Bei Menschen mit geschwächter Immunität, etwa bei prädisponierenden Grunderkrankungen, insbesondere aber bei hospitalisierten Patienten, kann K. pneumoniae schwerwiegende Erkrankungen verursachen, unter anderem Pneumonie (Friedländer-Pneumonie), Harnwegsinfekte, Gastroenterocolitis, Wundinfektionen und Septikämien. K. pneumoniae gehört inzwischen zu den 6 häufigsten Erregern nosokomialer Infektionen auf deutschen Intensiv- und Frühgeborenenstationen. Ihre Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Kontakt mit Ausscheidungen (Stuhl, Urin, Wundsekret) hospitalisierter Patienten, überwiegend durch nicht ausreichend desinfizierte Hände des Personals oder kontaminierte Gegenstände. Zu besonderen therapeutischen und klinikhygienischen Problemen kommt es bei Ausbrüchen mit multiresistenten Stämmen. K. pneumoniae ist ein β-Lactamase-Produzent und deshalb resistent gegen viele Breitband-Antibiotika, die strukturell auf einem β-Lactamring basieren (z. B. Penicilline, Cephalosporine). Es gibt aber auch Stämme mit erweitertem Resistenzspektrum (ESBL: Extended-Spectrum-βLactamasen). Ihr Anteil liegt, einer Studie aus dem Jahr 2001 zufolge, bei 8,2 %. Antibiotika zur Therapie von Klebsiella-Infektionen sollten daher immer auf der Grundlage eines Antibiogramms ausgewählt werden.

Analytik. Klebsiella pneumoniae kann mittels PCR oder Kultur direkt im Blut nachgewiesen werden. Sie wachsen gut auf Laktose-haltigen,

selektiven und nicht-selektiven Nährmedien (Ausnahme: K. granulomatis). Klebsiellen können anhand ihrer Stoffwechselleistungen biochemisch differenziert werden. Die Polysaccharid-haltige Kapsel lässt sich im Tuschepräparat nachweisen und mit der Kapsel-Quellungsreaktion in etwa 77 Kapselantigene differenzieren. Die zunehmende Ausbreitung multiresistenter ESBL-Stämme erfordert vor allem für klinisch relevante Isolate die Durchführung von Empfindlichkeitsprüfungen. Geeignete Methoden sind der modifizierte Agardiffusionstest, der MHK-Differenztest und der Mikrobouillontest. Der differenzierte Nachweis des ESBL-Typs ist nur mit molekularbiologischen Methoden (PCR) möglich.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Probenmaterial wie Urin, Wundabstrich, Eiter, Atemwegssekret, Punktat, Sputum, Blut, Liquor, Stuhl, Darmbiopsien oder Tupferproben ist in sterilen Röhrchen in einem geeigneten Transportmedium zu lagern und zu verschicken, gegebenenfalls unter Zugabe von etwas steriler Kochsalzlösung zum Schutz vor Austrocknung. Es sollte gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h bearbeitet werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Eine Infektion mit Klebsiella pneumoniae ist vor allem von anderen nosokomialen Infektionen abzugrenzen. Die meist typische Kolonie- und Kapselform gibt in extraintestinalen Proben erste Hinweise auf den Erreger. Direktnachweise (in Blut oder Liquor) sind vor allem in der Diagnostik einer Sepsis relevant. Die Untersuchung von Darm- und Stuhlproben ist weniger aufschlussreich, da Klebsiellen dort auch ohne Krankheitsrelevanz gefunden werden. Durch serologische und biochemische Differenzierung lässt sich die Diagnose absichern. Neben den etablierten Verfahren zur Resistenzprüfung kommt der Bestimmung von ESBL-Resistenztypen durch PCR immer größere Bedeutung zu. Der serologische Antikörpernachweis spielt in der Klebsiellen-Diagnostik nur eine untergeordnete Rolle (z. B. bei Mucoviscidose-Patienten).

Literatur. Kresken M et al (2001) PEG-Resistenzstudie. Paul-EhrlichGesellschaft für Chemotherapie e.V. Burak S et al (2006) Nosokomiale Ausbrüche multiresistenter Klebsiella-pneumoniae-Stämme auf Intensivstationen. Chemother J, 4:112–118 Tschäpe H, Reissbrodt R, Prager R (2009) In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart, New York, 441–442 Rodloff A (2009) In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart, New York, 280–286

Kleesäure 7 Oxalsäure

Kleihauer-Betke-Test H. Baum

Synonym(e). HbF-Zellen Englischer Begriff. Kleihauer-Betke staining Definition. Semiquantitative Bestimmung von 7 Hämoglobin F (HbF) im Blutausstrich mit der Säure-elutionsmethode i Mit einer sauren Pufferlösung (z. B. Citratpuffer pH 3,3) kann das

HbA aus auf einem Objektträger fixierten Erythrozyten herausgelöst werden. Nach Anfärbung mit einer Hämatoxylin-Eosin-Lösung können die 7 Erythrozyten dann als farblose „Geisterzellen“ dargestellt werden. HbF ist dagegen säureresistenter, wird nicht aus den Erythrozyten herausgelöst und kann somit durch die HämatoxylinEosin-Lösung rötlich angefärbt werden. Angegeben wird der Anteil HbF-haltiger Erythrozyten in Prozent bei Auszählung von 5 Feldern bei einer Vergrößerung von 1000×. Der Kleihauer-Betke-Test findet seine Anwendung vor allem im Be-

Klinische Chemie

reich der Geburtshilfe und Neonatologie, z. B. bei einer vaginalen Blutung der Mutter zur Differenzierung der Blutungsquelle maternal vs. fetal oder um fetales Blut im Kreislauf der Mutter nachzuweisen. Dabei können Blutübertragungen > 1 mL nachgewiesen werden. Aber auch bei den verschiedensten Formen der Hämoglobinopathien mit einer erhöhten Expression des HbF kann dieser Test zur Differenzialdiagnostik eingesetzt werden.

Literatur. Kleihauer E, Braun H, Betke K (1957) Demonstration von fetalem Hämoglobin in den Erythrozyten eines Blutausstriches. Klin Wochenschr 35:637–638

Klenow-Enzym R. Weiskirchen

Synonym(e). Klenow-Fragment Englischer Begriff. Klenow fragment; Klenow enzyme Definition. Carboxy-terminales Ende der 7 DNA-Polymerase I, der spezifisch die 5’→3’-Exonuklease-Aktivität fehlt. i Die Spaltung der DNA-Polymerase I kann experimentell mit einer

Protease (z. B. Subtilisin) erfolgen. Das Klenow-Fragment beinhaltet noch die 5’→3’ Polymerase-Aktivität und die 3’→5’ Exonuklease-Aktivität der DNA-Polymerase I. Experimentell wird dieses Teilfragment zur enzymatischen DNA-Sequenzierung nach Sanger (7 Didesoxysequenzierung) und für sog. 7 Fill-in-Reaktionen eingesetzt, bei denen 5’-überhängende Enden eines doppelsträngigen DNA-Moleküls, wie sie z. B. nach Schneiden mit einem 7 Restriktionsenzym entstehen können, geglättet werden.

Klenow-Fragment 7 Klenow-Enzym

Kletten-Zellen H. Baum

Synonym(e). Echinozyt Englischer Begriff. echinocyte; burry cell Definition. Erythrozyt mit zahn- bis stechapfelförmigem Zytoplasmarand (7 Abb. 1).

Kletten-Zellen. Abb. 1. Kletten-Zellen, 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung i Echinozyten oder Kletten-Zellen sind im Ausstrichpräparat nachweisbare 7 Erythrozyten, die sich durch einen gezahnten Rand von anderen Erythrozyten unterscheiden lassen. Sie sind meist ein Artefakt, das auf eine pH-Verschiebung der Färbelösung zurückzuführen ist, können aber auch ein Hinweis auf eine Urämie, ein Pyruvatkinasemangel (7 Pyruvatkinase in Erythrozyten) oder eine Hyponatriämie sein.

781

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung) In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 172

Klinische Biochemie 7 Klinische Chemie

Klinische Chemie A.M. Gressner

Synonym(e). Klinische Biochemie Englischer Begriff. clinical chemistry Definition. Klinische Chemie umfasst die Erforschung chemischer Aspekte des menschlichen Lebens in Gesundheit und Krankheit und die Anwendung chemisch-analytischer Methoden zu Diagnose, Therapiekontrolle und Verhinderung von Krankheit. i Der Begriff „Klinische Chemie“ wurde von Johann Joseph von Scherer (7 Scherer, Johann Joseph von) um 1840 geprägt und eingeführt. Zu den Begründern der Klinischen Chemie gehören neben Scherer in Würzburg Johann Franz Simon (7 Simon, Johann Franz), der als „chemischer Assistent“ das Labor der Klinik von Johann Lucas Schönlein (1793–1864) an der Charité in Berlin leitete und Johann Florian Heller (7 Heller, Johann Florian), der dem chemischen Laboratorium am Allgemeinen Krankenhaus in Wien vorstand. Die Aufgabengebiete der Klinischen Chemie betreffen die Krankenversorgung, die klinisch-chemische (pathobiochemische) Forschung sowie die Lehre. 5 Krankenversorgung: Dieses Aufgabenfeld umfasst den qualitativen Nachweis und die quantitative Bestimmung von klinisch-chemischen Kenngrößen, welche den Zustand von Körpersubstanzen und deren Stoffwechsel am Gesunden wie am Kranken beschreiben. Eine klinisch-chemische Kenngröße (Parameter) als Resultat einer quantitativen Analyse gibt den normalen oder veränderten Gehalt eines Bestandteils einer Körperflüssigkeit oder eines Gewebes an. Ein besonderes Gewicht im Aufgabenfeld der Klinischen Chemie kommt der Erstellung des klinisch-chemischen Befundes zu. Er ist das Ergebnis einer auf den einzelnen Patienten bezogenen klinisch-chemischen Untersuchung und einer abwägenden wissenschaftlichen Wertung einer klinisch-chemischen Kenngröße. Letztere stützt sich auf die analytische und medizinische Beurteilung der Untersuchungsergebnisse. 5 Klinisch-chemische Forschung: Durch die Stellung der Klinischen Chemie zwischen den theoretischen Fächern der Medizin einerseits und der Klinik andererseits ergeben sich im Forschungssektor vielfältige Überschneidungen und Berührungspunkte mit benachbarten Fachdisziplinen. Die Grundlagenforschung der Klinischen Chemie geht im Wesentlichen von der Frage nach den den Erkrankungen zugrunde liegenden pathobiochemischen Veränderungen aus, welche die Auswahl klinisch-chemischer Kenngrößen zur Krankheitserkennung ermöglichen. Diese pathobiochemisch orientierten Projekte sind neben Untersuchungen am Material kranker Menschen in besonderer Weise auf Modellversuche, vor allem auf Tierexperimente angewiesen. Die pathobiochemische Fragestellung umfasst die ganze Breite der biologischen Funktionen und der sie tragenden Strukturen. 5 Lehre: Sie umfasst die Aus-, Weiter- und Fortbildung in Ausbildung stehender und bereits ausgebildeter Ärzte und Naturwissenschaftler auf dem speziellen Gebiet der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin ebenso wie in benachbarten Fachdisziplinen. Darüber hinaus schließt die klinisch-chemische Lehre auch den Personenkreis Medizinisch-Technischer Laboratoriumsassistenten, Chemisch-Technischer Assistenten, Chemielaboranten und Chemotechniker ein. Die Ausbildung der Medizinstudenten im Fach Klinische Chemie erfolgt nach der jeweils gültigen Approbationsordnung studienbegleitend mit Vorlesungen, Seminaren und Praktika.

Literatur. Büttner J (1985) Die Entwicklung der Klinischen Chemie im Spannungsfeld zwischen Medizin und Chemie. J Clin Chem Clin Biochem 23:797–804

K

782

Klinische(r) Chemiker(in) (DGKL)

Klinische(r) Chemiker(in) (DGKL) A.M. Gressner

Synonym(e). Anerkannte(r) Klinische Chemiker(in) der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V.

Englischer Begriff. clinical chemist Definition. Die sich über fünf Jahre erstreckende, strukturierte Weiterbildung der durch ein medizinisches oder geeignetes naturwissenschaftliches Eingangsstudium berechtigten Bewerber/Innen für das Fachgebiet Klinische Chemie ist eine satzungsgemäße Aufgabe der 7 Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL), die für den Weiterzubildenden nach erfolgreicher Abschlussprüfung mit der Anerkennung (Qualifikation) als Klinische(r) Chemiker(in) endet. i Mit Bildung der Sektion Klinische Chemie in der Gesellschaft für

Physiologische Chemie im Jahr 1955 wurden Richtlinien zu Ausbildung und Funktionen der Leiter eines klinisch-chemischen Labors erarbeitet, die als Grundlage für die „Anerkennung als Klinischer Chemiker“ dienten. Mit Gründung der 7 Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. (DGKC) im Jahr 1964 in Mosbach wurde die Weiterbildung zu einer zentralen, satzungsgemäßen Aufgabe der DGKC, die nach Fusion mit der 7 Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin e.V. (DGLM) zur DGKL e.V. am 08. Mai 2003 von dieser in die Satzung übernommen wurde. Richtliniendetails, Prüfungs- und Verfahrensordnungen zur Erteilung der Anerkennung als Klinischer Chemiker wurden wiederholt den wechselnden Gegebenheiten angepasst: Als abgeschlossene Eingangsstudiengänge zur Weiterbildung sind Humanmedizin (Staatsexamen) sowie Chemie, Biochemie oder Biologie, jeweils als Diplom oder Master of science, zugelassen. Von der Weiterbildungszeit mit insgesamt fünf Jahren sind mindestens vier Jahre unter der Leitung eines/einer zur Weiterbildung durch die DGKL befugten Klinischen Chemikers/Klinischen Chemikerin in einem der Krankenversorgung dienenden klinischchemischen Laboratorium abzuleisten. Zu Beginn der Weiterbildung ist eine Anmeldung bei der Weiterbildungskommission erforderlich. Während der Weiterbildung wird eine wissenschaftliche Betätigung erwartet. Nach Durchsicht der erforderlichen Unterlagen erfolgt eine mündliche Abschlussprüfung, die bei Erfolg mit der Aushändigung der Urkunde endet. Für Details s. aktuelle Richtlinien in den Mitteilungen der Klinischen Chemie und auf der Homepage der DGKL (www.dgkl.de).

Literatur. Büttner, J (2004) Kurze Chronologie der geschichtlichen Entwicklung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie e.V. bis zur Verschmelzung zur Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. Klinische Chemie Mitteilungen 35 (5): 89–95

Klonen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. to clone, cloning Definition. Im biologischen Sinn die Vermehrung genetisch identischer (genotypisch gleicher) Individuen (sog. Klone); im molekularbiologischen Sinn vor allem die Vermehrung eines bestimmten DNA-Abschnitts, insbesondere auf einem Plasmid und insbesondere in E. coli. i Beim experimentellen Klonieren wird meist mit 7 Restriktions-

enzymen geschnittene DNA von 7 Ligasen wieder zusammengefügt und neu kombiniert. Ziel der Bemühungen ist es oft, ein 7 Gen zu klonieren. Hierzu gibt es ausgehend von den biologischen Vorgaben eine Vielzahl möglicher methodischer Ansätze in der 7 Molekularbiologie. In der modernen Medizin werden Methoden erforscht, die zur Herstellung einer genetisch identischen Kopie eines Gesamtorganismus zu Fortpflanzungszwecken (reproduktives Klonen) oder zur Reparatur eines genetischen Defektes in Embryonen (therapeutisches Klonen) verwendet werden können. Dazu werden embryonale

Stammzellen kultiviert, um daraus Gewebe oder ganze Organe zur Transplantation zu gewinnen oder sie zum Testen und Entwickeln von neuen Medikamenten einzusetzen. Diese Forschung steht erst am Beginn, doch wurden bereits erste Patentanträge auf die Kultivierung von Stammzellen und Zelllinien beantragt. Das britische Patentamt hat bereits ein Patent gewährt, das ausdrücklich das Klonen von menschlichen Embryonen einschließt.

Klonierung 7 DNA-Klonierung

Klub-Drogen 7 Club-Drogen

KMV 7 2-Keto-3-Methylvaleriansäure

Kn 7 Knop-Blutgruppensystem

KN5 7 York-Antigen

Knochen-Alkalische Phosphatase 7 Phosphatase, alkalische

Knochenmark H. Baum

Englischer Begriff. bone marrow Definition. Organ der Hämatopoese in den Knochencavitae. i Das Knochenmark besteht aus den Zellen der Hämatopoese, die in einer Matrix aus Gefäßen, den Sinus, sowie einer zellulären und extrazellulären Matrix liegen. Die Hämatopoese selbst findet extrasinusoidal statt, wobei die unreifen hämatopoetischen Zellen über spezifische Rezeptoren an Peptide der extrazellulären Matrix immobilisiert sind. So bindet z. B. das 7 Fibronektin spezifisch erythrozytäre Vorläuferzellen an das Stroma. Reife Zellen verlieren diese Rezeptoren und können so in die Sinus und das periphere Blut auswandern. Die zelluläre Matrix selbst besteht überwiegend aus Retikulum- und Fettzellen (7 Knochenmarkausstrich).

Literatur. Erstev AJ, Lichtman MA (1991) Structure and function of the bone marrow. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4. Aufl. International Edition, McGraw-Hill, New York, S 330

Knochenmark als Probe W.G. Guder

Synonym(e). Knochenmarkbiopsie Englischer Begriff. bone marrow biopsy Definition. Knochenmarkinhalt als Probe für diagnostische Zwecke ist ein in vivo durch Punktion gewonnenes Material, das meist als Ausstrich auf Objektträgern zur Differenzierung ins hämatologische oder pathologische Labor versandt wird. i Die Untersuchung von Knochenmark ist indiziert, wenn eine hämatologische Erkrankung nicht durch Blutausstrich nachzuweisen ist. Immer indiziert ist diese Untersuchung bei Verdacht auf Osteomyelosklerose, Retikulose, Morbus Waldenström, Granulozytose, Plasmozytom, Polycythaemia vera und Panmyelophthise. Als Ort der Gewinnung von Knochenmark wurde die Sternalpunktion früher bevorzugt, meist wird heute eine Beckenkammbiopsie

Knochenmarkzytologie

vorgezogen. Die gewonnenen Knochenmarkpartikel werden auf Objektträgern ausgestrichen und frisch oder getrocknet zur Färbung und mikroskopischen Untersuchung gegeben.

783

Knochenmarkausstrich. Tab. 1. Referenzwerte der relativen Verteilung der Knochenmarkzellen bei Patienten ohne hämatologische Erkrankungen bei normaler Zelldichte [nach Theml et al. (2002)]

Literatur. Begemann H (1982) Praktische Hämatologie. 8. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zellart

Knochenmarkausstrich H. Baum

Synonym(e). Bröckchenausstrich Englischer Begriff. bone marrow smear

Mittelwerte (%)

Streuung (%)

Lymphozyten

7,5

2,5–15

Plasmazellen

1

0,5–3

0,5–5

% der Reihe

myelomonozytäre Reihe

Definition. Ausstrichpräparat eines Knochenmarkpunktates. Physikalisch-chemisches Prinzip. Knochenmarkbröckchen werden

Blasten (Myelo-, Mono-, Lymphoblasten)

1

nach Entnahme auf einen Objektträger gebracht und mit einem zweiten Objektträger mit mäßigem Druck planparallel verschoben und dadurch ausgestrichen. Nach mindestens 3 h Lufttrocknung kann das Präparat dann gefärbt werden.

Promyelozyten

3

0–7,5

5

Myelozyten

15

5–25

24

Metamyelozyten

15

5–20

24

stabkernige Granulozyten

15

5–25

24

segmentkernige Granulozyten

7

0,5–15

11

eosinophile Granulozyten

3

1–7

5

basophile Granulozyten

0,5

0–1

1

Monozyten

2

0,5–3

3

Einsatzgebiet. Differenzierung der Zellen des Knochenmarks bei allen Erkrankungen mit Verdacht auf eine Veränderung der qualitativen und/oder quantitativen Zellzusammensetzung im Knochenmark.

2

Untersuchungsmaterial. Bröckchen einer Knochenmarkpunktion Fehlermöglichkeit.

5 Beimengung von peripherem Blut verfälscht die wahren Anteile der einzelnen Zellpopulationen. 5 Zu hoher Druck führt zu vielen kaputten Zellen, die keiner Reihe mehr zugeordnet werden können. 5 Zu niedriger Druck lässt die Zellen schrumpfen, weshalb sie schlechter zu differenzieren sind. 5 Färbung des Präparats ist schlecht.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Herstellung eines Knochenmarkausstriches erfordert viel Übung. Sie sollte unmittelbar nach Entnahme vorgenommen werden, um in vitro Artefakte zu vermeiden. Eine Automatisierung ist nicht möglich.

erythrozytäre Reihe Proerythroblasten basophile Erythroblasten

50 mmHg hinaus. Bei schwerer metabolischer Acidose werden pCO2-Werte von 10– 15 mmHg erreicht (Kußmaulsche Atmung!).

Literatur. Severinghaus JW, Bradley AF (1958) Electrodes for pO2 and pCO2 Determinations J Appl Physiol 13:515–520

Kohlenhydrat-defizientes Transferrin 7 Carbohydrate-deficient transferrin

Kohlenmonoxid 7 Kohlenmonoxidhämoglobin

Kohlenwasserstoffe, aromatische polyzyklische

789

oxide with Human Hemoglobin in Whole Blood. Ann N Y Acad Sci 174:Art.1,177 Dijkhuizen P, Buursma A, Gerding AM, van Kampen EJ, Zijlstra WG (1977) Carboxyhaemoglobin, spectrophotometric determination tested and calibrated using a new reference method for measuring carbon monoxide in blood. Clin Chim Acta 80:95–104

Kohlenmonoxidhämoglobin O. Müller-Plathe

Synonym(e). COHb; Carboxyhämoglobin Englischer Begriff. carboxyhemoglobin Definition. Hämoglobinderivat von kirschroter Farbe, bei dem CO an Stelle von O2 reversibel an das Fe2+ des Häms gebunden ist.

Kohlenwasserstoffe, aromatische polyzyklische T. Arndt

Molmasse. 16114 Da (Monomer)

Synonym(e). PAK; PAH

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das mit der Einatmungs-

luft aufgenommene CO blockiert den 7 Sauerstofftransport durch seine feste Bindung an das Hämeisen, die mit etwa 260-mal höherer Affinität als zum Sauerstoff erfolgt [Roughton (1970)]. Das bedeutet, dass bereits ein Anteil von 0,08 vol % CO bei genügend langer Einatmung ein fCOHb von 0,5 und damit eine schwere Vergiftung herbeiführen kann. Da zusätzlich die O2-Affinität des nicht vergifteten Hb beträchtlich erhöht ist (Linksverschiebung der ODK mit Halbsättigungsdruck von etwa 12 mmHg), resultiert bei einem fCOHb von 0,5 ein weitaus schwereres Krankheitsbild als bei einer entsprechenden Anämie ( f = Fraktion). MAK-Wert: 30 ppm Vergiftungen vor allem durch fehlerhafte Öfen, Feuerungsanlagen und Kamine, durch Leuchtgas alter Zusammensetzung und durch Autoabgase. Symptome: 5 fCOHb 0,20 Luftnot, Kopfschmerzen, Herzklopfen 5 f0,30 Schwindel, Bewusstseinseinschränkung, Gliederschlaffheit 5 f0,40–0,60 Kreislaufkollaps, Bewusstlosigkeit, Lähmung 5 f0,60–0,70 Tod

Englischer Begriff. polycyclic aromatic hydrocarbons (PAH) Definition. Gruppe von Kohlenwasserstoffen, die aus mindestens zwei miteinander verbundenen, in einer Ebene liegenden, aromatischen Ringsystemen bestehen (7 Abb. 1).

Benzo(a)pyren

K

Spätfolgen: Myokardnekrosen und neurologische Störungen Therapie: Zufuhr von reinem Sauerstoff oder Carbogen (95 % O2 und 5 % CO2).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Heparin-

oder

EDTA-Blut

Probenstabilität. Bei Aufbewahrung im Kühlschrank mehrere Monate

Präanalytik. Probengefäß möglichst vollständig füllen und luftdicht verschließen.

Analytik. COHb kann mit der Mehrwellenlängen-Oximetrie (7 Oximetrie) zuverlässig und mit geringstem Zeitaufwand bestimmt werden. Ältere spektrophotometrische Bestimmungen beruhen auf Quotientenbildung aus den Extinktionen bei zwei Wellenlängen, entweder direkt im Hämolysat oder, wegen der Ähnlichkeit der Spektren von COHb und O2Hb (s. Abb. 1 im Stichwort 7 Oximetrie), nach Vorbehandlung mit Natriumdithionit. O2Hb wird dadurch deoxgeniert, COHb bleibt unverändert. Ablesung von fCOHb aus Tabellen oder Eichkurven. Als Referenzmethode kann das Verfahren von Dijkhuizen et al. (1977) angesehen werden. Konventionelle Einheit. Prozent (von GesamtHb) Internationale Einheit. Dimensionslos (Fraktion von GesamtHb) Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,01 Referenzbereich — Erwachsene. 0,5–1,5 %; als Fraktion 0,005–0,015; Raucher: 4–9 %.

Referenzbereich — Kinder. 0,5–1,5 %; als Fraktion (f) 0,005–0,015 Indikation. CO-Vergiftung und CO-Exposition im gewerblichen und privaten Bereich Interpretation. s. Pathophysiologie. Raucher haben 4–9 % COHb! Literatur. Roughton FJW (1970) The Equilibrium of Carbon Mon-

Pyren Kohlenwasserstoffe, aromatische polyzyklische. Abb. 1. Strukturformeln i PAK sind ein natürlicher Bestandteil von Kohle und Erdöl.

Hauptquelle der aktuellen PAK-Umweltbelastung ist die unvollständige Verbrennung von organischem Material (Kohle, Öle, Kraftstoffe). Für die PAK-Belastung des Menschen sind auch die bei der Tabakverbrennung entstehenden PAK bedeutsam, wobei nicht nur Raucher, sondern auch Passivraucher gegenüber Nichtrauchern eine erhöhte PAK-Belastung aufweisen. PAK entstehen, z. T. in bedeutenden Mengen, auch bei der Zubereitung von Nahrungsmitteln über offenem Feuer und beim Räuchern. PAK werden, an Staubpartikel gebunden, mit der Atemluft aufgenommen, bei direktem Kontakt aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften durch die Haut resorbiert und gastrointestinal nach oraler Aufnahme mit der Nahrung resorbiert. Für Benzo(a)pyren liegen die meisten toxikologischen Informationen vor, während die Informationen zu vielen anderen PAK noch sehr lückenhaft sind. Benzo(a)pyren gilt deshalb als Modellsubstanz für die PAK-Forschung. Nur etwa 10 % der aufgenommenen Benzo(a)pyren-Menge werden gastrointestinal resorbiert, während der größte Teil den Magen-Darm-Trakt ohne Resorption passiert. PAK werden im Rahmen des Phase-I-Metabolismus zu Arenoxiden (Epoxiden) metabolisiert, die ultimativ als kanzerogen gelten. Epoxidhydrolasen wandeln diese in Dihydrodiole bzw. Dihydrodiolepoxide um. Schließlich werden diese im Phase-II-Metabolismus in Phenole, Diole oder Tetrole umgewandelt, glukuronidiert oder sulfatiert und in Form von Merkaptursäuren, Sulfaten und Glukuroniden vor allem renal ausgeschieden. Die meisten Erfahrungen über das Ausscheidungsverhalten der PAK im Harn des Menschen sind für Pyren verfügbar. PAK liegen gewöhnlich als Gemische mit bis zu 100 Einzelsubstanzen vor, deren individuelle Bestimmung aus ökonomischen und analytischen Gründen kaum möglich ist. Zudem werden PAK mit zuneh-

790

Kohlenwasserstoffe, chlorierte insektizide

mender Molmasse (und damit Lipophilie) bevorzugt über den Stuhl ausgeschieden und sind damit für eine Urinanalyse kaum zugängig. Für umwelt- und arbeitsmedizinische Untersuchungen wählt man deshalb einzelne, charakteristische PAK aus, z. B. das Benzo(a)pyren. Eine Liste der von der US-Umweltbehörde zum Monitoring empfohlenen 16 PAK findet sich beim Umweltbundesamt. Häufig beschränkt man sich jedoch noch auf die Bestimmung von 7 1-Hydroxypyren als Pyrenmetabolit.

Literatur. Bekanntmachung des Umweltbundesamtes (2005) 1-Hydroxypyren im Urin als Indikator einer inneren Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – Referenzwert für 1-Hydroxypyren im Urin. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 48:1194–1206

Kohlenwasserstoffe, chlorierte insektizide W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. chlorinated hydrocarbon insecticides Definition. Gruppe der Organo-Chlor-Insektizide (7 Abb. 1–3).

Kohlenwasserstoffe, chlorierte insektizide. Abb. 1. Strukturformel DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan)

Köhler, Georges Jean Franz W. HUBL

Lebensdaten. Deutscher Biologe, geboren am 17. März 1946 in München, gestorben am 1. März 1995 in Freiburg im Breisgau. Nach dem Abitur in Kehl studierte Köhler ab 1965 an der Universität Freiburg Biologie und beendete das Studium mit dem Diplom für Biologie im Jahr 1971. Danach ging er an das Institut für Immunologie der Firma Roche in Basel. Er arbeitete bei Fritz Melchers an der Enzymologie des Immunsystems und erhielt 1974 den Dr. rer. nat. für seine Arbeiten zu den immunologischen Studien bei der β-Galaktosidase. Richtungsweisend war seine Tätigkeit als Postdoc im Labor für Molekulare Biologie am Medical Research Council Laboratory in Cambridge (UK) bei Cesar Milstein.

Verdienste. Gemeinsam mit ihm entdeckte er die Möglichkeit zur Bildung monoklonaler Antikörper durch Zellfusion von Lymphozyten mit Krebszellen. Köhler und Milstein hatten die geniale Idee, eine Tumorzelle (Myelomzelle) der Maus mit einer genetisch gleichartigen Zelle zu verschmelzen, die einen spezifischen Antikörper produziert. Die daraus resultierenden Hybridzellen verfügten nun über die Eigenschaft des unbegrenzten Wachstums und gleichzeitig einer spezifischen Antikörperproduktion. Diese Entdeckung gehört zu den größten wissenschaftlichen Erfolgen auf dem Gebiet der Immunologie. 1976 kehrte Köhler zurück nach Basel. Im Jahr 1984 wurde er zum Direktor des Max-Planck-Instituts für Immunologie in Freiburg berufen. Im selben Jahr erhielt er eine Professur an der Universität in Freiburg. 1984 erhielt Köhler gemeinsam mit Cesar Milstein und Niels Kaj Jerne den Nobelpreis für Medizin: „Theorien zur Spezifität in der Entwicklung und Kontrolle des Immunsystems und die Entdeckung des Prinzips für die Produktion von monoklonalen Antikörpern.“ Literatur. Köhler G, Milstein C (1975) Continuous Cultures of Fused Cells Secreting Antibody of Predefined Specificity. Nature 256:495– 497 Eichmann K (2005) Köhler’s Invention. Birkhäuser Verlag, Basel

Kokain W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Kohlenwasserstoffe, chlorierte insektizide. Abb. 2. Strukturformel Hexachlorcyclohexan (γHCH: Lindan)

Synonym(e). Cocain Englischer Begriff. cocaine Definition. Das zentral erregende Sympathomimetikum und Lokalanästhetikum Kokain ist eine verkehrsfähige und verschreibungsfähige Substanz, die jedoch praktisch ausschließlich illegal verwendet wird (7 Abb. 1; s. a. Kokastrauch).

Kohlenwasserstoffe, chlorierte insektizide. Abb. 3. Strukturformel Methoxychlorhexan

Molmasse. DDT: 354,49 g; HCH 290,8 g; Methoxychlorhexan 345,7 g Funktion und Pathophysiologie. Die Insektizide wirken beim Men-

Kokain. Abb. 1. Strukturformel

schen als Nervengifte. Sie werden bei Exposition aufgenommen. Lindan ist auch in einem Präparat zur externen Scabiesbehandlung (Jacutin) enthalten.

Molmasse. 303,36 g

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Serum, Urin Analytik. GC-MS, LC-MS/MS Diagnostische Wertigkeit. Nachweis einer Exposition oder Vergiftung

Literatur. Geldmacher-von Mallinckrodt M, Degel F, Daldrup T et al (2002) Pestizide. In: Külpmann WR (Hrsg) Klinisch-toxikologische Analytik. Wiley-VCH, Weinheim, S 467–471

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Kokain wird geschnupft, aber auch durch Rauchen oder intravenös zugeführt. Es wird rasch zu Benzoylecgonin metabolisiert, aber auch zu Norkokain, Ecgoninmethylester und Ecgonin. Die Metabolite werden überwiegend in den ersten 24 h nach Applikation renal eliminiert, Kokain selbst erscheint nur in geringen Mengen im Urin.

Halbwertszeit. 0,5–1 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Kokain führt zunächst zu Euphorie, gesteigerter körperlicher Leistungsfähigkeit und Unterdrückung von

Kollagene

791

Müdigkeit. Später treten Störung der Wahrnehmung und Halluzinationen auf. Bei Abfall der Kokainkonzentration bildet sich ein depressives Stadium aus mit dringendem Verlangen nach erneuter Kokainaufnahme („craving“). Das Suchtpotenzial von Kokain ist besonders hoch. Bei schweren Vergiftungen kommt es zu Krampfanfällen, Bewusstlosigkeit und Tod.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma (P), Serum (S), NaF-Blutröhrchen

Analytik. GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Drogenscreening Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,1–0,3 mg/L; toxisch: > 0,3 mg/L; komatös/letal: > 1 mg/L

Literatur. Käferstein H, Sticht G (2009) Cocaine. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, p 480– 488

Kokain-Stein T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Crack (Kokainprodukt) (7 Straßennamen von Drogen: Kokain).

Kokardenzelle

K

7 Target-Zelle

Kokastrauch T. Arndt

Kokastrauch. Abb. 1.

Englischer Begriff. coca shrub; coca tree; coca plant; Erythroxylum coca

Definition. Strauchartige zur ca. 300 Arten großen Gattung Erythroxylum gehörende Pflanze (7 Abb. 1). Nur die Arten Erythroxylum coca und Erythroxylum novogranatense enthalten nennenswerte Mengen an Kokain.

Koks T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Kokain (7 Straßennamen von Drogen: Kokain).

i Die Heimat des Kokastrauchs sind die Anden von Peru. Verwert-

bare Mengen von Kokain finden sich nur in den Blättern, die 0,5– 2,5 % an verschiedenen Alkaloiden enthalten, von denen bis zu 75 % Kokain sein können. Traditionell werden die luftgetrockneten Blätter mit Asche und Kalk gekaut oder als Tee getrunken. In der Drogenszene wird Kokain („Schnee“) gewöhnlich als Pulver gehandelt. Oft wird Kokain mit Additiven wie z. B. Milchpulver oder Zucker verschnitten (gestreckt). Zur Wirkungssteigerung können andere Drogen z. B. die relativ billigen 7 Amphetamine zugesetzt sein. Besonders gefährlich und schädlich sind Mischungen mit Heroin (7 Morphinderivate) und dem Nervengift Strychnin. Der Verschnitt von Kokain mit Natriumbicarbonat (Backpulver), mit Wasser zu kleinen Klümpchen verbacken, wird „Crack“ bezeichnet. Crack wird in der Pfeife geraucht (und ist im Unterschied zum 7 Haschisch geruchlos, d. h. unauffällig). Der Name Crack wurde vom knackenden Geräusch während des Abbrennens abgeleitet. Für die vielfältigen Gemische und Darreichungsformen existiert eine Vielzahl von sogenannten „Straßennamen“ (weitere Informationen bei http://www. whitehousedrugpolicy.gov). Die häufigste Konsumform ist das Schnüffeln von Kokainpulver. Die auf dem Pulverträger (Spiegel, Papier, Banknoten) verbleibenden Kokainreste werden gewöhnlich mit dem Finger aufgenommen und auf die Mundschleimhaut aufgebracht. Zu Wirkungen, Metabolisierung und Nachweis/Bestimmung: 7 Kokain.

Literatur. Daunderer M (1995) Drogenhandbuch für Klinik und Praxis: Diagnostik, Therapie, Nachweis, Prophylaxe, Recht, Drogenprofile. ecomed verlagsgesellschaft, Landsberg

Kolbenhubpipette 7 Messvorrichtungen, volumetrische

Kollagen-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Kollagen

Kollagene H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. collagens Definition. Quantitativ die wichtigste Proteinfamilie des Körpers. Sie bilden nicht nur den Hauptbestandteil der Binde- und Stützgewebe, sondern sind auch für die mechanische Stabilität und Integrität der meisten Organe von entscheidender Bedeutung. i Die Extrazellulär-Matrix aller Gewebe und Organe wird im We-

sentlichen von Proteinen aus drei Großfamilien gebildet. Neben der Kollagenfamilie gehören hierzu die 7 Proteoglykan-Familie und eine heterogene Gruppe von Struktur-Glykoproteinen. Die Familie der Kollagene umfasst aktuell 27 Mitglieder, die von mindestens 41 Genen kodiert werden. Die Kollagene lassen sich anhand ihrer Struktur und der von ihnen gebildeten supramolekularen Strukturen in verschiedene Unterfamilien einteilen. Neben den Fibrillen-bildenden Kollagenen (z. B. Kollagen Typ I) gibt es eine Familie von Fibrillenassoziierten Kollagenen („fibril-associated collagens with interrupted triple helices“; FACIT, z. B. Kollagen Typ IX) und die heterogene

792

Kollagenpeptidase

Gruppe der nichtfibrillären Kollagene (z. B. Kollagen Typ IV). Charakteristisches Merkmal aller Kollagene ist, dass zumindest ein Teil des Moleküls aus einer Tripelhelix besteht, die aus drei (identischen oder nichtidentischen) Polypeptidketten gebildet wird. Die Polypeptidketten der tripelhelikalen Bereiche bestehen aus der charakteristischen sich wiederholenden Tripeptid-Sequenz Gly-X-Y, wobei X und Y häufig die Aminosäuren Prolin und 7 Hydroxyprolin bilden. Der hohe Anteil von Glycin, aber auch von Prolin und Hydroxyprolin, der die Ausbildung der engen Helix und über zahlreiche Wechselwirkungen die Stabilität der Helix ermöglicht, unterscheidet die Kollagene von fast allen anderen Proteinen. Zur Familie der Fibrillen-bildenden Kollagene gehören die Kollagene Typ I, II, III, V und XI. Kollagen Typ I ist der wichtigste Bestandteil des Knochens (ca. 90 % der organischen Matrix), der Haut, Sehnen und Bändern, während Kollagen-Typ II das Hauptkollagen des Knorpels bildet. Die Kollagenfasern des Kollagen Typ I, die z. B. den Sehnen ihre extreme Zugfestigkeit verleihen, werden aus zahlreichen parallelen Fibrillen und diese wiederum aus Mikrofibrillen aufgebaut. Die Mikrofibrillen werden durch eine versetzte Anordnung der Tropokollagen-Moleküle gebildet und durch intra- und intermolekulare Quervernetzungen (Cross-Links) stabilisiert. Zu den Fibrillen-assoziierten Kollagenen (FACITs) gehören Kollagen Typ IX, XII, XIV, XVI, XIX, XX und XXI. Die Funktion der FACITs ist bisher erst teilweise bekannt. Die bisher vorliegenden Daten sprechen für eine wichtige Funktion der FACITs bei der Bildung der Kollagenfibrillen und bei zahlreichen Interaktionen mit weiteren Komponenten der Extrazellulär-Matrix. Zu den nicht-fibrillären Kollagenen gehören u. a. Kollagen Typ IV, von dem zahlreiche Isoformen existieren, die in den verschiedenen Basalmembranen des Körpers zweidimensionale Netzwerke bilden und damit den Basalmembranen u. a. die mechanische Stabilität verleihen. Sie sind darüber hinaus, gemeinsam mit den HeparansulfatProteoglykanen, u.a auch an der Kontrolle der Zellmigration, z. B. von Entzündungs- und Tumorzellen, und in der Niere an der Kontrolle der ladungs- und größenabhängigen glomerulären Filtration beteiligt. Kollagen Typ VII ist ein weiteres nicht-fibrilläres Kollagen, das an der Grenze von Dermis und Epidermis die Basalmembran in dem darunterliegenden Gewebe verankert. Zu den Transmembran-Kollagenen („membrane-associated collagens with interrupted triple helices; MACIT) gehören u. a. Kollagene vom Typ XIII, XVII, XXIII und XXV. Die Biosynthese (7 Abb. 1) von Kollagen Typ I erfolgt zunächst als Präpro-Kollagen, aus dem nach Abspaltung des Signalpeptids Prokollagen entsteht. Während der Synthese bildet sich die helikale Struktur aus, wobei zunächst ein Teil der Prolin- und Lysinreste durch Prolin- und Lysin-Hydroxylasen hydroxyliert werden müssen. Die Hydroxylierung von Prolin ist nicht nur Voraussetzung der Helixbildung, sondern auch für die Sekretion des Prokollagens. Nach der Sekretion werden vom Prokollagen durch spezifische Enzyme, die ProkollagenPeptidasen, die amino- und carboxyterminalen Propeptide abgespalten. Nur hierdurch ist, analog zur Polymerisierung des Fibrins während der Gerinnung, eine Zusammenlagerung der ProkollagenTripelhelices zu Mikrofibrillen möglich. Die Stabilierung der Mikrofibrillen erfolgt durch intra- und intermolekulare Quervernetzung zwischen Lysinresten in den Telopeptiden, d. h. den nichthelikalen Bereichen der Kollagenmoleküle, und Lysinresten im tripelhelikalen Bereich des Kollagens. Hierbei werden die (Hydroxylysyl)-Pyridinolin (PYD)- und (Lysyl)-7 Desoxypyridinolin (PYR)-Quervernetzungen bzw. Crosslinks gebildet. Kollagene besitzen in der Regel sehr lange Halbwertszeiten (Monate bis Jahre) und werden im Rahmen des normalen Turnover, aber auch bei zahlreichen Krankheitsprozessen durch verschiedene Enzyme aus der Familie der 7 Metalloproteinasen (MMP) abgebaut. Neben Hydroxyprolin (frei und peptidgebunden) werden hierbei die amino- und carboxyterminalen Telopeptide, Pyridinolin und Desoxypyridinolin und das helikale Peptid freigesetzt und können als Marker des Kollagenstoffwechsels in den verschiedenen Organen eingesetzt werden.

Burgeson RE, Bruckner P, Bruckner-Tuderman L (2004) A novel marker of tissue junctions, collagen XXII. J Biol Chem 279:22514– 22521 Bateman JF, Lamande SR, Ramshaw JAM (1996) Collagen superfamily. In: Comper WD (ed) Extracellular Matrix, Vol 2. Molecular compounds and interactions. Harwood Publishers, Amsterdam

Literatur. Tuckwell D (2002) Identification and analysis of collagen

Definition. Es handelt sich um einen Funktionstest, der bei Ernied-

alpha 1 (XXI), a novel member of the FACIT collagen family. Matrix Biol. 21: 63–66 Koch M, Schulze J, Hansen U, Ashwodt T, Keene DR, Brunken WJ,

Kollagenpeptidase A.M. Gressner

Synonym(e). KP Englischer Begriff. collagen peptidase Definition. Kollagenpeptidase (KP) ist eine in verschiedenen Geweben (nicht nur Leber) vorkommende, wahrscheinlich lysosomale Proteinase, deren Aktivität im Serum bei chronisch aktiven, fibrosierenden Lebererkrankungen erhöht ist und früher für dieses Erkrankungsspektrum diagnostisch eingesetzt wurde.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Für die KP ist ein physiologisches Substrat noch nicht bekannt. Natives Kollagen wird nicht abgebaut, weshalb seine Bedeutung für die Kollagenolyse unklar bleibt.

Funktion und Pathophysiologie. Deutliche Aktivitätserhöhungen dieser Proteinase finden sich in der Leber und im Serum bei chronisch aktiven Hepatitiden und manifesten Zirrhosen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. Bei –20 °C ist die Enzymaktivität über mehrere Wochen stabil.

Analytik. Die Messung der katalytischen Aktivität erfolgt über die Abspaltung des chromophoren PZ-Pro-Leu-Fragments aus einem analog zum apolaren Bereich der Kollagenkette synthetisierten PZPeptid (p-Phenylazobenzyloxycarbonyl-Pro-Leu-Gly-Pro-D-Arg). Das chromophore Fragment wird bei 334 nm photometrisch gemessen. Die KP-Aktivität wird in CU (Kollagenpeptidase-Units: μM bei pH 7,2 gespaltenes Substrat/L Serum/h) angegeben. Referenzbereich — Erwachsene. 55 ± 10 CU (sehr stark methodenabhängig)

Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen (chronisch aktive Hepatitiden, Leberzirrhose).

Interpretation. Deutliche Aktivitätserhöhungen finden sich in Leber und Serum bei chronisch aktiven Hepatitiden und manifesten Zirrhosen, wohingegen Normalwerte bei Verschlussikterus, chronischpersistierenden und akuten Hepatitiden zu beobachten sind. Die KPBestimmung soll in über 90 % der Fälle eine diagnostische Abgrenzung der chronisch aktiven Hepatitis und Zirrhose von allen übrigen Lebererkrankungen ermöglichen. Diagnostische Wertigkeit. Da die KP kein leberspezifisches Enzym ist, muss mit deren Erhöhung im Serum auch bei nichthepatischen, z. B. einigen dermatologischen Erkrankungen gerechnet werden. Die Enzymaktivitätsbestimmung wird heute nicht mehr diagnostisch eingesetzt. Literatur. Gressner AM (1979) Klinisch-biochemische Parameter der hepatischen Fibrogenese. Lab med 3:201–208

Koller-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Vitamin-K-Belastungstest Englischer Begriff. Koller’s test rigung der 7 Thromboplastinzeit (TPZ, Quicktest) auf ≤ 60 % zur Differenzierung zwischen Leberparenchymschaden (Syntheseinsuffizienz für hepatogene Gerinnungsfaktoren) und Vitamin-K-Mangel

Koller-Test

793

K

Kollagene. Abb. 1. Kollagen-Biosynthese

794

Kolligative Eigenschaften

(7 Vitamin K, z. B. durch Resorptionsstörung) eingesetzt wird, da parenterale Vitamin-K-Substitution nur bei normaler Leberfunktion zu einer Normalisierung innerhalb von 24 h führt.

Durchführung. Voraussetzung für die Durchführbarkeit des im Jahr 1961 durch F. Koller eingeführten Tests ist die Verminderung der Thromboplastinzeit auf 60 % oder niedriger. Es werden 10 mg Vitamin K intravenös appliziert und 24 h später die Thromboplastinzeit erneut bestimmt. Die Testdurchführung ist einfach, ohne Nebeneffekte und preiswert.

Funktion und Pathophysiologie. Im gesunden Leberparenchym kommt es nach Vitamin-K-Gabe innerhalb von 24 h zu einer Normalisierung der Thromboplastinzeit (> 75 %), was auf eine Resorptionsstörung des fettlöslichen Vitamin K, z. B. bei mechanischer Cholestase aufgrund verminderter Gallensäuren und damit der Fettresorption zurückzuführen ist. Ein fehlender Anstieg der TPZ zeigt eine Leberzellinsuffizienz als Ursache der Thromboplastinzeiterniedrigung an, da die 7 Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X Vitamin-K-abhängig synthetisiert werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Citratplasma Analytik. Thromboplastinzeitbestimmung Referenzbereich — Erwachsene. Normalisierung der Thromboplastinzeit (> 75 %) innerhalb von 24 h nach Vitamin-K-Applikation. Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Differenzierung einer Thromboplastinzeiterniedrigung durch Leberzellinsuffizienz von der durch Vitamin-K-Mangel. Interpretation. Bei fehlender Normalisierung (auch nach mehrmaliger Gabe von Vitamin K) liegt eine schwere Leberparenchymschädigung mit Syntheseinsuffizienz der Vitamin-K-unabhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX, X vor. Eine Normalisierung innerhalb von 24 h weist auf eine Resorptionsstörung, z. B. bei Verschlussikterus oder ausgeprägten Vitamin-K-Mangel, hin. Diagnostische Wertigkeit. Der Koller-Test wird nahezu nicht mehr eingesetzt, da es valide Alternativkenngrößen der anabolen Kapazität der Leber gibt und Vitamin-K-Bestimmungen mit HPLC routinemäßig durchgeführt werden können.

Kolligative Eigenschaften T. Arndt

Synonym(e). Additive Eigenschaften Englischer Begriff. colligative properties Definition. Bezeichnung für solche Stoffeigenschaften, die nur von der Zahl (z. B. Menge oder Konzentration) nicht aber von der chemischen Natur der Teilchen abhängen (z. B. Gasvolumen, Dampfdruck). i Ein typisches Beispiel für eine kolligative Eigenschaft mit Bedeu-

tung im klinisch-chemischen Labor ist die 7 Gefrierpunktserniedrigung.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Kolloiddisperses System 7 Kolloide

Aggregate) von 1–100 nm (innere disperse Phase, Dispersum) in einem Dispersionsmittel (Dispergens). i Kolloiddisperse Systeme trennen molekulardisperse von grobdispersen Systemen. Die Kolloide werden unterschieden nach 5 Gestalt als Sphäro- bzw. Linearkolloide 5 Beziehungen zum Dispergens als lyophile (hydrophile) oder lyophobe (hydrophobe) Kolloide.

Hydrophobe Kolloide bilden instabile Systeme, die durch hydrophile Schutzkolloide oder grenzflächenaktive Substanzen stabilisiert werden. Das flüssige System des Hydrosols (Alkosol usw.) wird abgegrenzt von dem formbeständig-elastischen System des 7 Gels, in dem infolge hoher Viskosität das Dispersum nicht mehr freibeweglich ist. In Abhängigkeit vom Wassergehalt werden Lyogele (Gallerte) von Xerogelen (Agar-Agar, Gelatine) unterschieden. Die Trennung von Kolloiden, besonders der monodispersen Proteine, erfolgt durch 7 Dialyse. Kolloide sind messbar: 5 7 Tyndall-Phänomen, 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie 5 Polarisationsmessungen (Asymmetriegrad) 5 Sedimentation 5 7 Kolloidosmotischer Druck Anwendung von Kolloiden: 5 Serologische (obsolete) Kolloidreaktionen zur Erfassung des Proteingehalts und/oder einer Albumin-Globulin-Veränderung (Goldsol-, Normomastixreaktion besonders im Liquor) 5 Volumenersatz mit kolloidalen Lösungen (Dextrane und Hydroxyethylstärke als Plasmaexpander).

Kolloidosmotischer Druck O. Müller-Plathe

Synonym(e). Onkotischer Druck; KOD Englischer Begriff. colloid osmotic pressure Definition. Der kolloidosmotische Druck (KOD) ist der Anteil des osmotischen Drucks, der von den kolloidal gelösten, nicht diffusiblen Makromolekülen des Plasmas, vorzugsweise 7 Albumin, verursacht wird. i Die Proteine bewirken den kolloidosmotischen Druck von etwa 25 mmHg (3,3 kPa) zum einen als Solute mit einer Konzentration von ~1 mmol/L, zum anderen über eine Donnan-Verschiebung von Ionen (7 Donnan-Gleichgewicht). Der KOD ist im Kapillarbereich als Gegenspieler des dort herrschenden hydrostatischen Drucks maßgeblich an der Regulierung des Wasseraustauschs mit dem Interstitium beteiligt. Ein zu geringer KOD begünstigt bei unverändertem oder erhöhtem hydrostatischen Druck den Wasseraustritt in den extravasalen Raum (Gewebsödeme, Lungenödem). Die Messung des KOD wird zur Kontrolle der postoperativen Flüssigkeitstherapie genutzt. Sie ist darin, weil sie neben den Proteinen auch die Wirkung großmolekularer Plasmaexpander für die Erhaltung des intravasalen Volumens erfasst, der Messung von Gesamtprotein oder Albumin überlegen. Methode: Das Onkometer besteht aus zwei durch eine semipermeable Membran getrennte Kammern, deren eine die Plasmaprobe aufnimmt, während die andere als Referenzzelle physiologische Kochsalzlösung enthält und mit einem Drucksensor ausgestattet ist. Dieser erfasst die durch die Kolloide ausgelöste Flüssigkeitsverschiebung als Druckabfall in der Referenzzelle.

Referenzbereich — Erwachsene. 20–35 mmHg; 2,7–4,7 kPa

Kolloide H. Fiedler

Synonym(e). Kolloiddisperses System Englischer Begriff. colloids Definition. Homogener Verteilungszustand von Teilchen (Moleküle,

Literatur. Kaminski MV, Haase TJ (1992) Albumin and Colloid Osmotic Pressure. Implications for Fluid Resuscitation. Crit Care Clin 8:311–321

Kolonepithel-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Enterozyten

Kommunikationsstatus

Kolonien-bildende Einheiten Granulozyt/Makrophage 7 CFU-C

Kolonie-stimulierender Faktor Granulozyt/Monozyt 7 GM-CSF

Kolorimeter T. Arndt

Synonym(e). Farbintensitätsmessgerät Englischer Begriff. colorimeter Definition. Gerät zur Messung von Farbintensitäten einer Probe auf der Basis des Vergleichs mit Standardfarben oder -farblösungen (IUPAC-Definition). i Durch eine geeignete optische Anordnung wird das Gesichtsfeld des Kolorimeters in zwei Hälften geteilt, wobei eine Hälfte die Färbung der Probe und die andere Hälfte die Färbung der Standardlösung(en) zeigt. Nach Abgleichen der beiden Farbfelder kann über eine geeignete Kalibrationsfunktion die Farbintensität der Probe gemessen und die Analytkonzentration in der Probe bestimmt werden. Ein anderer Kolorimetertyp basiert(e) auf der Tatsache, dass mit steigender Schichtdicke einer Lösung deren von oben betrachtete Farbintensität zunimmt. Hier wurde durch unterschiedliches Auffüllen der Küvette mit der Standardlösung ein Farbabgleich mit der Probenlösung erreicht. Über eine geeignete Kalibrationsfunktion konnte aus dem Füllstand in der Vergleichsküvette die Farbintensität und damit die Konzentration der Probe ermittelt werden. Kolorimeter und 7 Kolorimetrie kommen im klinisch-chemischen Labor praktisch nicht mehr zum Einsatz. Sie wurden durch selektivere, empfindlichere und präzisere spektrometrische Methoden und Verfahren abgelöst (7 Spektrometrie/Spektroskopie)

Literatur. Inczedy J, Lengyel T, Ure AM (1998) Compendium of Analytical Nomenclature (definitive rules 1997). 3rd edn. Blackwell Science (online frei zugängig unter www.iupac.org/publications/analytical_compendium). Kortüm G (1962) Kolorimetrie. Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

Kolorimetrie T. Arndt

Synonym(e). Farbintensitätsmessung Englischer Begriff. colorimetry Definition. Methode zur Messung von Farbintensitäten einer Probe auf der Basis des visuellen Vergleichs mit jener von Standardfarben oder -farblösungen. i Die Kolorimetrie ist eine Sonderform der 7 Spektroskopie. Der Farbvergleich kann mit dem unbewaffneten Auge, z. B. bei dem Vergleich der Färbung eines Teststreifens mit einer Farbskala oder mit einem 7 Kolorimeter erfolgen. Im klinisch-chemischen Labor werden kolorimetrische Verfahren, mit Ausnahme der visuellen Auswertung von Teststreifen, kaum noch angewandt.

Literatur. Inczedy J, Lengyel T, Ure AM (1998) Compendium of Analytical Nomenclature (definitive rules 1997). 3rd edn. Blackwell Science (online frei zugängig unter www.iupac.org/publications/analytical_compendium). Kortüm G (1962) Kolorimetrie. Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. Springer-Verlag, Berlin Göttingen Heidelberg

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Kolostrum O.A. Gressner

Synonym(e). Erstmilch; Vormilch Englischer Begriff. colostrum Definition. Vor und in den ersten Tagen nach der Geburt abgesondertes Sekret der weiblichen Brustdrüse (von lat. colostrum = „Biestmilch“). i Aufgrund seines hohen Kohlenhydrat- und Proteingehalts sowie niedrigem Lipidgehalts ist das Kolostrum viskös (7 Viskosimetrie) und von gelblicher Farbe. Es wird dem Neugeborenen direkt nach der Geburt zur Verfügung gestellt und ändert beim Menschen innerhalb der nächsten 18–36 h seine Zusammensetzung, bis nach etwa 5 Tagen die eigentliche „Muttermilch“ sezerniert wird. Die Kolostralmilch ist sehr reich an Immunglobulinen aller Klassen und Wachstumsfaktoren (z. B. IGF).

Literatur. Korhonen H, Marnilaa1 P, Gill HS (2000) Milk immunoglobulins and complement factors. Brit J Nutr. 84:75–80

KO-Mittel 7 KO-Tropfen

Kommentare und Hinweise O. Colhoun

Englischer Begriff. comments and hints Definition. Kurze Erläuterungen zu den 7 Messwerten im Befund der 7 Labor-EDV. i Sie sind Teil des Messwerts, da sie zur medizinischen Bewertung desselben herangezogen werden müssen (Hinweis auf Hämolyse, v. a. Patientenverwechslung etc). Kommentare sollen daher stets eindeutig dem Messwert (7 Messwertprotokoll) zugeordnet werden und auf demselben Befundblatt wie dieser abgedruckt sein. Die Charakterisierung bestimmter Parameterkonstellationen markiert den Grenzübergang zum 7 Befund, hinterlegte Regelwerke und Berechnungen für die automatische Generierung von Kommentaren aufgrund von Messwerten den Übergang zu wissensbasierten 7 Expertensystemen.

Kommission zur Festlegung der Nomenklatur in der Enzymologie G. Schumann

Englischer Begriff. Enzyme Commission i Die Kommission wurde im Jahr 1956 gegründet und befasst sich seitdem mit der systematischen und beschreibenden Nomenklatur der Enzyme. Der systematische Name eines erfassten Enzyms beginnt mit EC. Daran schließt sich die Ziffer für eine der 6 Hauptklassen zur Beschreibung des katalysierenden Reaktionstyps an (z. B. Transferase), gefolgt von der Unterklasse (z. B. Phosphotransferase). Dahinter folgt die Ziffer für die Sub-Unterklasse und zuletzt die Enzymnummer innerhalb der Sub-Unterklasse. Beispiel: ATP: Creatin-Phosphotransferase = EC 2.7.3.2. Der Katalog der Kommission wird regelmäßig überarbeitet und ergänzt.

Literatur. http//www.chem.qmul.ac.uk/iupac/jcbn/

Kommunikationsstatus O. Colhoun

Englischer Begriff. communication status Definition. Funktion der 7 Labor-EDV zur Übersicht über Funktion und Status der Online-Anschlüsse. i Nach Aufruf der Funktion zeigt eine Übersicht alle aktuell vor-

handenen online angebundenen Analysengeräte und weitere Periphe-

K

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Kommutabilität eines Referenzmaterials

riegeräte (z. B. Belegkarten-Scanner) und deren aktuellen Kommunikationsstatus: in Betrieb, Datentransfer ohne Fehler, im Wartestatus, keine Antwort.

Kommutabilität eines Referenzmaterials 7 Referenzmaterial, Austauschbarkeit

Kompartiment R. Weiskirchen

Englischer Begriff. compartimentation Definition. Von franz.: compartiment = Abteilung;

5 In der Zytologie versteht man unter Kompartiment die interne Unterteilung einer Eukaryonten-Zelle in Membran-umschlossene, voneinander abgegrenzte Reaktionsräume (Zellkompartimente). Diese Kompartimentierung in mehrere Räume ist ein wichtiges Hilfsmittel, um Reaktionen des Aufbaus (anabole Reaktionswege) und des Abbaus (katabole Reaktionswege) getrennt und nebeneinander durchführen und regulieren zu können. Der Begriff deckt sich nicht genau mit dem Begriff des Organells, doch sind die meisten Kompartimente auch als Organellen zu bezeichnen. 5 In der Pharmakologie wird dieser Begriff benutzt, um die modellhafte Aufteilung des Körpers in verschiedene gedachte Räume zu veranschaulichen. Dabei wird das sog. zentrale Kompartiment, das sich kinetisch gesehen wie das Transportorgan Blut verhält, und das sog. periphere Kompartiment unterschieden. Geht der Substanzaustausch zwischen einem peripheren Kompartiment und dem zentralen Kompartiment sehr langsam vor sich, so spricht man von einem tiefen Kompartiment.

Literatur. Lindl T, Bauer J (1994) Zell- und Gewebekultur: Einführung in die Grundlagen sowie ausgewählte Methoden und Anwendungen. 3. Aufl. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart Jena New York Mutschler E (2001) Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart

Grundlage für die Kommunikation von Software aus unterschiedlichen Welten sorgen, etwa die Datenkommunikation zwischen 7 Labor-EDV und 7 KIS. Nach Erweiterung bestimmter Normen sorgt die „Abwärtskompatibilität“ für die problemlose weitere Bearbeitung der Daten der vorigen Normdefinition.

Kompetente Zellen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. competent cells Definition. Bezeichnung für Zellen (oder auch 7 Mikroorganismen), die mit geeigneten Methoden so vorbehandelt wurden, dass sie in Lösung befindliche DNA leicht aufnehmen können. Diese Aufnahme wird auch als 7 Transfektion bezeichnet.

Kompetitiver Immunoassay 7 Immunoassay, kompetitiver

Komplement W. Stöcker

Englischer Begriff. complement Definition. Multifunktionelles System von mindestens 11 chemisch und immunologisch unterscheidbaren Serumproteinfaktoren, die durch Antigen-Antikörper-Reaktionen, aber auch durch unspezifische Faktoren in einer streng festgelegten Reihenfolge (Komplementkaskade) aktiviert werden können. Struktur. Die einzelnen Komponenten (Komplementfaktoren) werden mit C1, C2 usw. bis C9 bezeichnet. Sie finden sich als inaktive Vorläufer im Blut und werden im Verlauf einer Abwehrreaktion aktiviert. Man unterscheidet bei der Komplementaktivierung den klassischen und den alternativen Weg (7 Komplementsystem). Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Probenstabilität. Frisches oder bei –70 °C (kurzfristig bei –20 °C)

Kompartiment eines Pharmakons W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. compartment

tiefgefrorenes Serum und EDTA-Plasma. Probenmaterial gekühlt transportieren oder spätestens nach 1 h tieffrieren und auf Trockeneis versenden.

Analytik. Als Eingangsuntersuchung zur Komplementdiagnostik

das benutzt wird, um mathematisch die Änderungen der Plasmakonzentration eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Zeit zu erfassen. Es gibt Ein-, Zwei- und Mehr-Kompartiment-Modelle. Beim EinKompartiment-Modell wird angenommen, dass sich die Substanz augenblicklich gleichmäßig auf alle Körpergewebe verteilt. Das ZweiKompartiment-Modell geht von zwei (hypothetischen) Räumen aus, einem zentralen Kompartiment und einem peripheren. Bei Applikation verteilt sich der Arzneistoff rasch im zentralen Kompartiment, während sich mit dem peripheren Kompartiment sehr viel langsamer ein Gleichgewicht einstellt. „Tiefe“ Kompartimente sind Räume, in die das Pharmakon noch viel langsamer eindringt, die es aber auch viel langsamer verlässt z. B. Liquor, Pleuraflüssigkeit, Aszites.

werden zwei Globalteste durchgeführt, die bei normalem Ergebnis eine weitere differenzierte Komplement-Diagnostik erübrigen, und zwar zur Kontrolle des klassischen Weges der CH50-Test und zur Überprüfung des Alternativweges der AH50-Test. Dazu wird noch die Konzentration des Komplement-Aktivierungsproduktes C3d bestimmt. CH50: Titration der gesamthämolytischen Aktivität des Komplementsystems. Das Testprinzip beruht auf der Komplement-vermittelten Lyse sensibilisierter (Antikörper-beladener) Zielzellen. AH50: Titration der gesamthämolytischen Aktivität des alternativen Weges. Das Testprinzip beruht auf der Antikörper-unabhängigen lytischen Wirkung von Komplement auf geeignete Zielzellen. C3d: Bestimmung in EDTA-Plasma durch Immunpräzipitation in einem Agarosegel. C3d stellt einen Parameter für die Aktivierung sowohl des klassischen als auch des alternativen Weges der C-Aktivierung dar.

Literatur. Taylor WJ, Diers Caviness MH (1986) A textbook for the

Referenzbereich — Erwachsene. Komplementdiagnostik:

clinical application of therapeutic drug monitoring. Abbott, Irving

CH50 – hämolytischer Test: 65–135 % APH50 – hämolytischer Test: 80–120 % C3-Protein – nephelometrisch: 0,75–1,40 mg/mL C4-Protein – nephelometrisch: 0,10–0,34 mg/mL C1q-Protein – RID: 5–25 mg/dL C1-Inhibitor-Protein – nephelometrisch: 0,21–0,39 mg/mL C1-Inhibitor-Protein – einfache Immundiffusion: 0,05–0,25 mg/dL C1-Inhibitor-Protein – funktionell: 15–28 E/mL C3d im Plasma – RIE: < 40 mU/L C3d im Serum – RIE: < 55 mU/L C3-Nephritis-Faktor – funktionell: negativ/positiv

Definition. Hypothetischer Raum im Organismus, der durch ein Volumen charakterisiert ist. i Ein Kompartiment ist Teil eines pharmakokinetischen Modells,

Kompatibilität O. Colhoun

Englischer Begriff. compatibility Definition. Eigenschaft von Software oder Hardware, trotz unterschiedlicher Herkunft oder Struktur zusammenarbeiten zu können. i Normen und internationale Standards sollen für eine einheitliche

Komplement-Spaltprodukte

Properdin – ELISA: 9–18 μg/mL Faktor I – RIE/ELISA: 20–46 μg/mL Faktor H – RIE/ELISA: 284–528 μg/mL Faktor B – RID: 0,19–0,39 μg/mL C4A – ELISA: 70–200 μg/mL C4B – ELISA: 200–400 μg/mL MBL – ELISA: < 50 ng/mL C1-C9-Einzeltitration – funktionell RID = Radiale Immundiffusion (7 Immundiffusion, doppelte radiale); RIE = Rocket Immunelektrophorese; ELISA = 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay

Diagnostische Wertigkeit. Die moderne Komplementdiagnostik erlaubt eine sichere Identifizierung primärer (fehlende oder zu geringe Bildung oder Bildung defekter Moleküle) und sekundärer (zu starker Verbrauch) Defekte. Am Beginn jeder Diagnostik sollte die (einfache) orientierende Bestimmung der Gesamtaktivität (CH50, AH50 und C3d) stehen (Komplementstatus). Normale Werte dieser Parameter schließen einen relevanten Komplementdefekt weitgehend aus. Eine fehlende oder stark reduzierte hämolytische Aktivität kann durch einen Komplementdefekt, aber auch durch einen massiven Verbrauch infolge einer überschießenden Aktivierung bedingt sein. Die Analyse von Spaltprodukten (z. B. C3d, C3a, S5b-9) und der Nachweis aktivierungsspezifischer Proteinkomplexe helfen bei der Differenzierung. Weisen die Befunde auf einen Defekt hin, so kann dieser mittels funktioneller Titration von Einzelkomponenten identifiziert werden. Bei Verdacht auf Quincke-Ödem sind immer der Proteinspiegel und die Funktion des C1-Inhibitors zu messen. Bei Nephritis, insbesondere bei Verdacht auf Membranproliferative Glomerulonephritis (MPGN) ist die Untersuchung des C3-Nephritisfaktors (7 Autoantikörper gegen C3-Konvertase) angezeigt. In Fällen des atypischen hämolytischurämischen Syndroms (HUS) ist die Untersuchung auf einen möglichen Defekt des Regulators Faktor H zu empfehlen. Bei Meningitis im fortgeschrittenen Kindesalter und bei Erwachsenen sollten neben den Komponenten der terminalen Komplementsequenz (C5-C9) auch die Faktoren Properdin und Mannose-bindendes Lektin (MBL) untersucht werden. Indikation: Komplementverbrauch bei: 5 Nephritis 5 Vaskulitis 5 Meningitis 5 Kryoglobulinämie 5 SLE 5 Immunkomplexkrankheiten 5 Transfusionszwischenfällen 5 Verdacht auf Immundefekt bei rezidivierenden Infektionen (Verlauf wichtiger als Einzelbefund!) Literatur. http://www.immunochemistry.de/complementdiagnostik/ html/index.htm

Komplementbeladung 7 C3D-Beladung

Komplementfaktoren 7 Komplement; 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung; 7 Komplementsystem, klassische Aktivierung; 7 Komplementsystem Mannoseweg

Komplementär R. Weiskirchen

Englischer Begriff. complementary Definition. Eine 7 Nukleinsäure ist komplementär zu einer anderen, wenn sie mit dieser einen Doppelstrang bilden kann, in dem alle 7 Nukleotide nach den Regeln von Watson (7 Watson, James Dewey) und Crick (7 Crick, Francis Harry Compton) durch Wasserstoff-Brückenbindungen gepaart vorliegen. i Die Basen A und T bzw. C und G sind komplementär zueinander,

797

sie bilden, wenn sie sich in der DNA gegenüberliegen, aufgrund dieser Passform ein 7 Basenpaar aus, sie verhalten sich komplementär.

Komplementbindungsreaktion K. Ritter

Synonym(e). KBR Englischer Begriff. complement fixation reaction Definition. Biologisches Verfahren zur Antikörpermessung in flüssiger Phase (Flüssigphasen-Immuntest). i Die Komplementbindungsreaktion (KBR) wurde im Jahr 1901 von den belgischen Bakteriologen Jules Bordet und Ocatave Gengou entwickelt. Das Verfahren wurde rasch zu einer der wichtigsten serologischen Methoden. Mit dem relativ komplexen Testsystem werden komplementaktivierende 7 Antikörper der Klasse IgM und IgG1 und 3 nachgewiesen. Das Prinzip beruht auf der Bindung eines im Serum oder einer Serumverdünnung vorhandenen Antikörpers an das in definierter Menge vorgegebene Antigen. Der entstehende 7 Immunkomplex führt zu strukturellen Veränderungen am Fc-Teil des Antikörpers, der das in definierter Menge zugegebene 7 Komplement über den klassischen Weg aktiviert. Durch die nachfolgende Zugabe eines hämolytischen Systems (Indikator) aus antikörperbeladenen Schafserythrozyten wird der Komplementverbrauch sichtbar gemacht. Die Menge spezifischer Antikörper wird als Titer (die höchste in log-2-Stufen ansteigende Serumverdünnung, die in dem gewählten Testverfahren noch ein positives Resultat anzeigt) semiquantitativ bestimmt. Da komplementbindene Antikörper in der Regel höhere Titerwerte nur bei akuten oder reaktivierten Infektionen erreichen, kann die Titerhöhe Aufschluss über die Aktualität eines Infektionsgeschehens geben. Bei Ausheilung erfolgt innerhalb weniger Monate ein rascher Titerabfall, häufig bis unter die Nachweisgrenze; Ausnahmen: persistierende Infektionen. Eine Modifikation der KBR in flüssiger Phase ist der Hämolysis-inGel-Test (HiG), bei dem die Immunreaktion in einem Agarosegel sichtbar und messbar gemacht wird. Testsysteme auf der Basis der KBR sind verhältnismäßig kompliziert, da zahlreiche biologisch aktive Materialien sehr eng aufeinander abgestimmt werden müssen. Sie sind bedingt automatisierbar und deutlich unempfindlicher als moderne Festphasen-7 Enzymimmunoassays. Prinzip der KBR zum Nachweis erregerspezifischer Antikörper: 5 Erhitzen der Serumprobe auf 56 °C für 30 min zur Inaktivierung des Eigenkomplements. 5 Herstellung einer Serumverdünnungsreihe (1:2, 1:4, 1:8...). 5 Zugabe des Antigens bzw. des Kontrollantigens und der Komplementlösung (frisches Meerschweinserum), Inkubation des Reaktionsgemisches für 18–24 h bei 4 °C; diese Komponenten müssen in Vorversuchen auf optimale Konzentrationen eingestellt werden. 5 Zugabe des hämolytischen Systems (Antikörper beladene Schafserythrozyten), Inkubation des Ansatzes für 1 h bei 37 °C; das hämolytische System muss in einem Vorversuch eingestellt werden. 5 Ablesen auf Hämolyse oder sedimentierbare, intakt gebliebene Erythrozyten; höchste Serumverdünnung mit intakt gebliebenen Erythrozyten entspricht dem Titer der komplementbindenen, spezifischen Serumantikörper.

Literatur. Komplementbindungsreaktion (1977) In: Mayr A, Bachmann A, Bibrack B et al (Hrsg) Virologische Arbeitsmethoden Band II – Serologie, Fischer-Verlag, Jena, S 333–455

Komplement-Spaltprodukte H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. complement split products; C3a; C3e; C4a; C5a Definition. Kleine biologisch aktive Bruchstücke, die nach enzymatischer Spaltung der inaktiven Komplementfaktoren C3, C4 und C5 entstehen.

Struktur. Einzelne Polypeptidketten von 77 (C3a, C4a) bzw. 74 (C5a)

K

798

Komplementsystem, alternative Aktivierung

Aminosäuren entstehend aus den N-terminalen Enden der α-Ketten ihrer entsprechenden Komplementfaktoren.

Molmasse. 7 Tab. 1 Komplement-Spaltprodukte. Tab. 1. Molmassen Spaltprodukt

Molmasse (kDa)

C3a

9

C3e

10

C4a

9

Komplementsystem, alternative Aktivierung. Abb. 1 Initiation des alternativen Wegs

C5a

11

Molmasse. Komponenten des alternativen Aktivierungswegs (7Tab. 1)

Funktion und Pathophysiologie. Komplement-Spaltprodukte wirken als Anaphylatoxine und erhöhen die Gefäßpermeabilität. Weitere spezielle Funktionen: 7 Tab. 2

Komplementsystem, alternative Aktivierung. Tab. 1. Molmassen Protein

Molmasse (kDa)

C3

185

Komplement-Spaltprodukte. Tab. 2. Spezielle Spaltproduktfunktionen

Faktor B

95

Faktor D

24

Spaltprodukt

Funktionen

Membrane-Attack-Komplex

C3a

5 Degranulation und Histaminfreisetzung von Mast-

zellen und Basophilen

5 Suppression der Antikörperproduktion

C3e

5 Mobilisation von Leukozyten aus dem Knochenmark

C4a

5 ähnlich C3a und C5a

C5a

5 Chemotaxis von Neutrophilen, Eosinophilen und

Monozyten

5 Histaminfreisetzung aus Mastzellen 5 IL-1-Freisetzung aus Monozyten

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

7 Komplement-

system, alternative Aktivierung

Präanalytik. Lagerung von Serum- oder Plasmaproben bei Raumtemperatur führt durch spontane Komplementaktivierung zu erhöhten Konzentrationen der Komplementspaltprodukte. Analytik. Immunchemischer Nachweis mit RIA, ELISA Literatur. Thomas L (2005) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1136 Klein J, Horejsi V (1997) Immunology. 2. Aufl. Blackwell Sciences, Oxford, pp 358–364

Komplementsystem, alternative Aktivierung H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. complement system; alternative pathway Durchführung. Einzelfaktorbestimmungen: Durch Einsatz spezifischer monoklonaler Antikörper sind immunchemische Bestimmungen der Konzentrationen einzelner Komplementkomponenten möglich. Aktivitätsbestimmungen einzelner Komplementkomponenten sind durch Zusatz von Mangelplasmen zum Patientenserum möglich. Funktionelle Tests: 7 Komplementsystem, Globaltests. Struktur. Das Komplementsystem besteht aus verschiedenen (Serin-) Proteasen und zellständigen Rezeptoren, die kaskadenartig aktiviert werden (7 Abb. 1) und mittels Bildung eines terminalen lytischen Komplexes Zellmembranen durchtunneln. Sie lösen damit die osmotische Lyse der Zielzelle aus.

C5

190

C6

120

C7

110

C8

155

C9

79

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die am alternativen Aktivierungsweg des Komplementsystems beteiligten Komponenten C3 (7 C3-Komplement), Faktor B, Faktor D und C5-9 werden in Hepatozyten konstitutiv synthetisiert. Im Rahmen einer Akute-Phase-Reaktion steigen die Syntheseraten signifikant an. Der Abbau der Faktoren erfolgt über Zerfall und/oder raschen proteolytischen Abbau. Funktion und Pathophysiologie. Der alternative Weg des Komplementsystems wird in erster Linie durch eine Vielzahl von Proteinen aktiviert, zu denen auch Oberflächenmoleküle auf Bakterien gehören. Weitere untergeordnete Aktivatoren sind aggregierte Immunglobuline, Pilze, Viren u. a. Auch Selbstinitiierung ist möglich, da im Plasma dauernd geringe Mengen C3b entstehen und wieder abgebaut werden. Zur Aktivierung des alternativen Weges sind keine präformierten spezifischen Antikörper nötig, daher stellt er einen Teil der angeborenen Immunität dar. Erster Schritt ist die Spaltung kleiner Mengen von C3 im Plasma zu C3b. Dieses bindet Faktor B und D. Entstehende Bruchstücke, die sich aneinanderlagern bilden eine Verstärkerkonvertase. Andere Bruchstücke bilden die Oberflächenkonvertase, die durch Properdin stabilisiert wird. Liegen genügende Mengen der Oberflächenkonvertase in der Umgebung von C3b vor, so ändert sich deren Konformation so, dass sie C5 aktivieren kann. C5 lagert sich mit C6 und C7 zum terminalen lytischen Komplex zusammen. Hydrophobe Komponenten an C7 erleichtern die Anlagerung an die Zellwand der Zielzelle und Bindung von C8 und C9. Der Komplex aus C5–9 durchtunnelt die Zellmembran und führt so zur osmotischen Zell-Lyse. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Blutproben sollten unter strenger Vermeidung einer Komplementaktivierung entnommen werden. Dazu eignen sich am besten (Glas-)Röhrchen ohne Gel oder andere Gerinnungsaktivatoren. EDTA-Plasma für AH50 und weitere funktionelle Tests. Serum für immunchemische Einzelfaktorbestimmung.

Präanalytik. Da die Komplementkomponenten sehr instabil sind, sollten Serum und Plasma bis zur Gerinnung und Zentrifugation bei 4 °C gelagert werden.

Komplementsystem, Globalteste

Nach der Zentrifugation sollte der Überstand zügig entnommen und bei –70 °C bis zur Analyse gelagert werden. Wiederholtes Auftauen und Einfrieren der Proben sollte vermieden werden.

Analytik. Funktionelle Tests: 7 Komplementsystem, Globalteste Immunchemische Tests: s. Durchführung Konventionelle Einheit. mg/dL Referenzbereich — Erwachsene. (7 Tab. 2) Komplementsystem, alternative Aktivierung. Tab. 2. Referenzbereiche Protein

Konzentration (mg/dL)

C3

< 1300

Faktor B

< 20

Faktor D

20 g/L wirken steigernd auf die Bestimmung von Kreatinin. Demgegenüber kann eine hohe Dosis von Ascorbinsäure (Vitamin C) senkend auf die enzymatische Methode wirken. Dies ist vor allem bei Messungen im Urin relevant. Analytik. Seit der Entdeckung des Kreatinins durch Justus von Liebig wurden chemische Methoden zur Messung dieses Metaboliten angewandt. Von diesen hat sich die von Jaffe beschriebene Reaktion mit Pikrinsäure als Routinemethode bis heute gehalten. Sie wird meist in der Modifikation der kinetischen Reaktion angeboten. Von den seit den 70er Jahren entwickelten enzymatischen Methoden hat sich die enzymatische Methode mit Kreatininase und Detektion mit der 7 Trinder-Reaktion (PAP) durchgesetzt. Als Referenzmethode auch bei der externen Qualitätskontrolle dient die 7 Massenspektrometrie mit 7 Isotopenverdünnung. Ein Vergleich der derzeit gebräuchlichen Methoden mit der Referenzmethode ergaben bis zu 0,3 mg/dL niedrigere Werte für die der Referenzmethode ähnlichen Ergebnisse im Vergleich mit der kinetischen Jaffe-Methode. Dies wird teilweise mit einer sog kompensierten Kalibration versucht, auszugleichen.

K

814

Kreatinin bei Kindern

Konventionelle Einheit. mg/dL im Plasma/Serum, g oder mg/L im Urin

Internationale Einheit. μmol/L im Plasma/Serum und anderen Körperflüssigkeiten

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. konv (mg/dL) × 88,4 = SI-Einheit (μmol/L)(Plasma/Serum), konv (g/L) × 8840 = μmol/L (Urin) Referenzbereich — Frauen. < 84 μmol/L (< 0,95 mg/dL enzymatisch) Morgenurin: 260–2170 mg/L

Referenzbereich — Männer. < 104 μmol/L (< 1,17 mg/dL enzymatisch) Morgenurin: 390–2590 mg/L

Referenzbereich — Kinder. Enzymatisch bestimmt mit Kreatinin plus (Roche; 7 Tab. 1).

Kreatinin. Tab. 1. Referenzbereich Kinder Alter

tigen, nicht kompensiert werden, ist nach besseren Markern gesucht worden. Nachdem exogene Marker (Inulin, Iohexol) wegen der aufwändigen Durchführung keinen breiten Eingang in die Klinik gefunden haben, und nuklearmedizinische Verfahren nur gezielt eingesetzt werden, ist derzeit 7 Cystatin C als beste Alternative im Stadium der Standardisierung und klinischen Evaluation soweit, dass man eine Reduktion der Bedeutung der Kreatininbestimmung voraussagen kann.

Literatur. Panteghini M (2008) Enzymatic assays for creatinine: Time for action. Scand J Clin Lab Invest 68; supp 241:84–88 Arndt T (2007) Urin-Kreatinin-Konzentration: Kenngröße zur Prüfung auf Probenverwertbarkeit? Kritische Überlegungen aus ca. 25.000 Urin-Kreatininbestimmungen in einem klinisch-chemischen Labor. Toxichem Krimtech 74(2):94–99

Kreatinin bei Kindern 7 Schwartz-Formel

Kreatininbestimmung, chemische

Kreatininkonzentration mg/dL

μmol/L

1–14 Tage

< 0,88

< 77

2–12 Monate

< 0,39

< 34

1–3 Jahre

< 0,35

< 31

4–7 Jahre

< 0,47

< 42

8–13 Jahre

< 0,53–0,77

< 47–68

7 Jaffe-Reaktion

Kreatinin-Clearance W. Guder

Synonym(e). Messung der endogenen Kreatinin-Clearance Englischer Begriff. creatinine clearance

Indikation. Kreatinin wird bei Erwachsenen im Rahmen der Basisuntersuchung zum Ausschluss einer Verminderung der glomerulären Clearance angefordert. Zur Messung der glomerulären Clearance (7 Clearance, glomeruläre) aus dem Serum/Plasma-Wert mit Hilfe der 7 Cockroft-Gault-Formel oder daraus abgeleiteter Formeln. Messung der Clearance aus der Ausscheidungsrate im Sammelurin. Im Urin bei manchen Messungen als Maß für die Urinkonzentration (z. B. bei Urinproteinen).

Interpretation. Jede Erhöhung der Kreatininkonzentration ist als Hinweis auf eine reduzierte glomeruläre Filtrationsrate zu deuten. Mit Hilfe verschiedener Rechenformeln (7 Kreatinin-Clearance; MDRDFormel) kann aus der Plasma/Serumkonzentration auf die Clearance geschlossen werden. Vorher müssen andere Einflussgrößen und Störgrößen, welche eine erhöhte Kreatininkonzentration verursachen oder vortäuschen, ausgeschlossen werden (s. Präanalytik).

Diagnostische Wertigkeit. Seit Ihrer Einführung als Messgröße zur Erfassung einer reduzierten glomerulären Filtrationsrate hat die Bestimmung des Plasma/Serum-Kreatinins eine feste Rolle im Rahmen der internistischen Untersuchung gehabt. Zum Ausschluss und zur Früherkennung einer reduzierten Nierenfunktion war es in allen Empfehlungen zur Erfassung der Nierenfunktion eingebunden. Erst die Entwicklung spezifischer Messverfahren und der Referenzmethode haben die lange bekannten Limitierungen der Bestimmung bewusst gemacht. Diese umfassen 5 Kreatinin wird neben der Filtration auch tubulär sezerniert 5 bei niedriger Muskelmasse wird eine Reduktion der glomerulären Clearance erst unterhalb 50 mL/min angezeigt. Dies trifft vor allem für ältere Patienten wie z. B. Diabetiker über 60 Jahre zu 5 Erhöhte Muskelmasse, vermehrte Fleischzufuhr und systemische Erkrankungen mit Abbau von Muskelmasse erhöhen die Konzentration von Kreatinin, ohne dass die glomeruläre Clearance reduziert ist. Da diese Nachteile auch durch noch so differenzierte Rechenformeln, welche den Körperumfang, das Geschlecht und das Alter berücksich-

Definition. Die Kreatinin-Clearance beschreibt die Rate der renalen Clearance (glomerulären Filtration und tubuläre Sekretion) des endogenen Moleküls 7Kreatinin.Sie umfasst bei richtiger Messung zu ~80 % die glomeruläre Filtration und zu 20 % die tubuläre Sekretion.

Funktion und Pathophysiologie. 7 Clearance, glomeruläre Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Je nach angewandter Methode Plasma/Serum allein mit Berechnung der Clearance oder zeitlich definierter Sammelurin mit einer Plasma/Serumprobe am Ende der Sammelperiode. Die höchste Sicherheit gibt der 24-hSammelurin. Probenstabilität. 7 Kreatinin Präanalytik. 7 Kreatinin Analytik. 7 Kreatinin Aus den Messwerten im Plasma/Serum und Sammelurin wird die 7 Clearance berechnet nach der Formel: Clearance [ml/min] =

CU × VU CP × SZmin

Dabei ist CU die Konzentration, VU das Volumen des Sammelurins (mL), CP die Konzentration im Plasma/Serum und SZmin die Sammelzeit (min). Von Cockroft und Gault (7 Cockroft-Gault-Formel) wurde die Gleichung eingeführt, welche die Abschätzung der Clearance allein aus dem Serum/Plasmawert (Cp) erlaubt und dabei neben Geschlechtsunterschieden die Muskelmasse über das Körpergewicht (KG) berücksichtigt: Clearance [ml/min] =

(140 – Alter [Jahre]) × KG [kg]] CP × 72

Bei Frauen wird das Ergebnis mit 0,85 multipliziert unter der Annahme der geringeren Muskelmasse am Körpergewicht. Bei Kindern wurde von Schwartz die Körperoberfläche und die Länge als Mass für die Muskelmasse eingeführt und damit die Clearance auf eine Normaloberfläche eines Erwachsenen bezogen (1,73 m2): Clearance [mL/min/1,73 m2] = 0,55 × Körperlänge [cm]/CP Bei Neugeborenen und Säuglingen im ersten Lebensjahr wird der Faktor 0,43 statt 0,55 eingesetzt. Im Jahr 2000 wurde von der MDRD (modification of diet in renal di-

Kreatinkinase

sease) study group eine Formel erarbeitet, die ähnlich neben dem Alter Geschlechtsunterschiede berücksichtigt. Nach Anwendung einer referenzmethodenbasierten Kreatininbestimmung wurde die Formel ab 2006 korrigiert und der Faktor für Männer auf 175, für Frauen auf 130 reduziert. Für schwarze Menschen wurde der größeren Muskelmasse wegen ein höherer Faktor (212) empfohlen. Clearance [ml/min] =

Mann: 175 × C –1,154 × (Alter [Jahre])–0,203 P Frau: 130

Konventionelle Einheit. mL/min und bei Kindern normalisiert auf 1,73 m2

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Clearance, glomeruläre Referenzbereich — Kinder. 7 Clearance, glomeruläre Diagnostische Wertigkeit. 7 Kreatinin Ein Expertenkreis der europäischen Nephrologen hat die MDRDFormel für den täglichen Gebrauch empfohlen. Dabei waren die Fehlerquellen beim Urinsammeln und weitere Limitierungen durch Sekretion des Kreatinins und bei fehlender Muskelmasse sowie bei Kindern bewusst. Auch die bei Kindern angewendeten Formeln sind unter Berücksichtigung der Referenzmethode für Kreatinin kaum noch anwendbar (7 Schwartz-Formel). Wegen der geringen Altersabhängigkeit wird für Kinder 7 Cystatin C empfohlen.

Literatur. Coresh J, Auguste P (2008) Reliability of GFR formulas based on serum creatinine, with special reference to the MDRD study equation. Scan J Clin Lab Invest 68; Suppl 241:30–38 Delange JR (2008) How to establish glomerular filtration rate in children. Scan J Clin Lab Invest 68; Suppl 241:46–51 Levey AS, Coresh J, Greene T et al (2007) Expressing the modification of diet in renal disease study equation for estimating glomerular filtration rate with standardized serum creatinine values. Clin Chem 53:766–772 Schwartz GJ, Haycock GB, Edelmann CM Spitzer A (1976) A simple estimate of glomerular filtration rate in children derived from body length and plasma creatinine. Pediat 58:259–263

815

Chromosoms 19 (19q13). In der Herz- und Skelettmuskulatur wird vornehmlich CK-MM synthetisiert („Skelettmuskelform“). CK-MM ist für ~97 % der Gesamt-CK-Aktivität im Blut verantwortlich. Daneben wird in beiden Geweben CK-MB gebildet. Da der relative Anteil von CK-MB in der (geschädigten) Herzmuskulatur höher als in der Skelettmuskulatur ist, wird CK-MB auch als „Myokardform“ bezeichnet. Das ursprünglich im Gehirn gefundene Isoenzym CK-BB wird auch in in der glatten Muskulatur von Blase, Darm, Prostata, Uterus in den Gefäßwänden synthetisiert. In Mitochondrien werden zwei Formen von CK-MiMi synthetisiert, eine Muskelsarkomer-spezifische und eine ubiquitär vorkommende Form. CK unterliegt im Blut postsynthetischen Modifikationen, die zu CKVarianten (Isoformen) führen. So werden von der Gewebeform der CK-MM (CK-MM3) sukzessive die C-terminalen Lysinreste der MKetten abgespalten, sodass die Varianten CK-MM2 und CK-MM1 entstehen. Von der M-Untereinheit der Gewebeform der CK-MB (CKMB2) wird ebenfalls ein Lysinrest abgespalten, es entsteht CKMB1. CK ist relativ instabil und wird im Blut durch Oxidation und Bildung interner Disulfidbrücken zwischen Thiolgruppen inaktiviert. Die Metabolisierung des Enzyms erfolgt hauptsächlich über Lebermakrophagen.

Halbwertszeit. 18 h (CK-MM), 12 h (CK-MB), 5 h (CK-BB), 4 h (CKMiMi)

Funktion und Pathophysiologie. Die Muskulatur benötigt zur schnellen Überbrückung der Energieversorgung eine ATP-Reserve, die in Form von Kreatinphosphat zur Verfügung steht. In der Kreatinkinasereaktion wird aus Kreatinphosphat ATP generiert: Kreatinphosphat + ADP

CK

  Kreatin + ATP .

Energiestoffwechsels, das reversibel Phosphatgruppen zwischen ADP und ATP überträgt.

Das Gleichgewicht der Reaktion liegt im leicht sauren Milieu des Muskelzytosols auf der Seite der ATP-Bildung, sodass ein konstanter ATP-Pool gewährleistet werden kann. Die Regeneration des 7 Kreatins zu Kreatinphosphat erfolgt in Ruhephasen der Muskulatur im Mitochondrium mittels CK-MiMi. Über die Energiebereitstellung in der Muskulatur hinaus hat die CK auch eine allgemeinere Funktion im Transfer von energiereichen Phosphatgruppen von den Mitochondrien zu Orten der Nutzung im Zytoplasma. So findet man CK auch in Geweben mit hohem Energiebedarf, wie z. B. den distalen Nierentubuli. Nach akuter Schädigung der Herz- oder Skelettmuskulatur kommt es zu einem Anstieg der CK-Aktivität im Blut, die bei 50 % der Patienten nach 4–6 h pathologische Werte erreicht. Bei ausreichend großer Gewebsschädigung zeigen alle Patienten nach 8–24 h pathologische Werte. Das Konzentrationsmaximum wird nach 12–24 h erreicht. Nach 48–72 h fallen die Werte wieder in den Referenzbereich ab. Makro-CK Typ 1 wird häufig bei älteren Menschen (bis zu 10 % der älteren Frauen) beobachtet und besitzt keinen Krankheitswert. Makro-CK Typ 2 wird dagegen bei schwerer Gewebsschädigung (Tumoren, Leberzirrhose, Lyell-Syndrom, schweren kardiovaskulären Erkrankungen) aus den Mitochondrien frei gesetzt.

Struktur. Kreatinkinase ist ein dimeres Molekül bestehend aus Kom-

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

binationen der Monomere M (Muskulatur), B (Gehirn, „brain“) und Mi (Mitochondrien). Die Monomere sind aus jeweils ca. 360 Aminosäuren aufgebaut und enthalten Thiolgruppen. In humanen Geweben finden sich die drei zytoplasmatischen Isoenzyme CK-MM, CK-MB und CK-BB sowie in den Mitochondrien CK-MiMi. Durch postsynthetische Modifikationen entstehen zusätzlich die Isoformen CK-MM3, 2 und 1 sowie CK-MB2 und 1 (7 Kreatinkinase-Isoformen). In Form von Makro-CK (7 Makrokreatinkinase) tritt CK-BB an Immunglobulin G oder A gebunden auf (Makro-CK Typ 1). CK-MiMi kann bei Freisetzung ins Blut als Oligomer auftreten (Makro-CK Typ 2).

Präanalytik. Moderne Testmethoden weisen eine hohe analytische Stabilität gegenüber Hämolyse, Hyperbilirubinämie und Lipämie auf. Entsprechende Grenzwerte sind den Herstellerangaben zu entnehmen.

Kreatinin-Clearance aus Serumkreatinin 7 Cockroft-Gault-Formel

Kreatinkinase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Creatinphosphokinase; Creatinkinase; CK Englischer Begriff. creatine kinase Definition. Kreatinkinase (CK) ist ein intrazelluläres Enzym des

Molmasse. Jedes CK-Monomer weist eine Molmasse von ca. 40 kDa

Analytik. Kinetische Bestimmung bei 37 °C nach Empfehlung der International Federation of Clinical Chemistry: Kreatinphosphat + ADP ATP + Glukose

CK

Hexokinase

  Kreatin + ATP

ADP + Glukose-6-Phosphat G6PDH

auf, die Dimere von ca. 80 kDa. Die Molmasse von Makro-CK-Formen beträgt > 200 kDa.

Glukose-6-Phosphat + NADP+

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Genorte für die CK-

CK = Kreatinkinase, G6PDH = Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase

Synthese liegen für die B-Untereinheit auf dem langen Arm des Chromosoms 14 (14q32), für die M-Untereinheit auf dem langen Arm des

Glukonat-6-Phosphat + NADPH + H+

Durch Zugabe von N-Acetylcystein wird die CK vor Oxidation ge-

K

816

Kreatinkinase-Isoenzyme

schützt und inaktivierte CK während der Inkubationsphase reaktiviert (Reaktivierungszeit). Der Abbau von ATP durch Adenylatkinase aus Erythrozyten, Leber, Muskulatur oder Thrombozyten wird durch Inhibition des Enzyms durch Zugabe von AMP und Diadenosinpentaphosphat verhindert. Eine mögliche Interferenz durch Calciumionen wird durch Zugabe von EDTA inhibiert.

Englischer Begriff. creatine kinase isoforms Definition. Durch postsynthetische Abspaltung C-terminaler Lysinreste aus CK-MM und CK-MB entstehende CK-Isoformen.

Referenzbereich — Frauen. < 167 U/L

i CK unterliegt im Blut postsynthetischen Modifikationen, die zu CK-Varianten (Isoformen) führen. So werden von der Gewebeform der CK-MM (CK-MM3) sukzessive die C-terminalen Lysinreste der M-Ketten abgespalten, so die Varianten CK-MM2 und CK-MM1 entstehen. Von der M-Untereinheit der Gewebeform der CK-MB (CKMB2) wird ebenfalls ein Lysinrest abgespalten, es entsteht CKMB1. Eine Quantifizierung der Isoformen ist durch hochspannungselektrophoretische Auftrennung möglich.

Referenzbereich — Männer. < 190 U/L

Analytik. Die Kreatinkinase-Isoenzyme können auf Celluloseacetat-

Referenzbereich — Kinder. 1 Tag: < 712 U/L, 2–5 Tage: < 652 U/L,

Folie oder Agarosegel elektrophoretisch aufgetrennt werden. Anschließend kann eine fluorimetrische Visualisierung der Banden mit dem CK-Aktivitäts-Reagenz erfolgen, da das in dieser Reaktion gebildete NADPH2 Fluoreszenzeigenschaften aufweist. Insgesamt lassen sich mit dieser Methode die Isoenzyme und Varianten (7 Kreatinkinase) CK-MM3, 2 und 1, CK-MB2 und 1 sowie CK-BB unterscheiden. Wenn im Serum Makro-CK vorliegt ist, eine Unterscheidung in Makro-CK Typ 1 und 2 möglich, wenn die Proben mit inhibierenden Anti-CKMB-Antikörpern vorbehandelt wird.

Konventionelle Einheit. U/L Internationale Einheit. μkat/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. U/L × 0,0167 = μkat/L

6 Tage–6 Monate: < 295 U/L, 7–12 Monate: < 203 U/L, 1–3 Jahre: < 228 U/L, 4–6 Jahre: < 149 U/L, 7–12 Jahre: weibl. < 154 U/L, männl. < 247 U/L, 13–17 Jahre: weibl. < 123 U/L, männl. < 270 U/L

Indikation. Diagnose und Verlaufsbeobachtung von Herz- und Skelettmuskelerkrankungen, Therapiekontrolle bestimmter Tumorformen. Interpretation. Für die Interpretation der CK ist neben dem zeitlichen Verlauf und der Höhe des Aktivitätsanstieges die Beurteilung des relativen Anteils der CK-MB an der Gesamt-CK-Aktivität wegweisend. Beim akuten Myokardinfarkt werden maximale CK-Aktivitätskonzentrationen von 7500 U/L beobachtet. Darüber hinausgehende Werte weisen auf eine zusätzliche Skelettmuskelbeteiligung hin (z. B. Reanimation). Bei akuten Schädigungen der Skelettmuskulatur können CK-Aktivitäten weit über 5000 U/L beobachtet werden, bei Myositiden und Rhabdomyolyse Werte von weit über 20.000 U/L. Chronische Schädigungen der Skelettmuskulatur weisen eine konstante CK-Erhöhung auf und dynamische Veränderungen innerhalb einiger Stunden sind selten. Die höchsten CK-Aktivitäten werden dabei bei der Duchenne-Muskledytrophie beobachtet (> 25000 U/L). Bei Proben mit Makro-CK kann die gemessene CK-Aktivität sowohl im Referenzbereich liegen (insbesondere Makro-CK Typ 1) als auch eine konstant erhöhte Aktivität aufweisen. Diagnostisch wegweisend ist in diesen Fällen der zeitliche Verlauf ohne Dynamik der Messwerte und ein (über 25 %) erhöhter CK-MB-Anteil.

Diagnostische Wertigkeit. Die ursprünglichen Hauptindikationen der CK beim akuten Koronarsyndrom (AKS) haben durch die zunehmende Verbreitung von Troponin- und CK-MB-Konzentrationsbestimmung erheblich an Wertigkeit verloren. Aktuelle Empfehlungen der internationalen Gesellschaften für Kardiologie sehen daher die Bestimmung von CK beim AKS nicht mehr vor (7 Troponine). Zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Skelettmuskelerkrankungen ist die CK jedoch weiterhin der Marker der Wahl. Literatur. Thomas L (2005) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main Homburg JJ, Friedman DL, Perryman MB (1991) Metabolic and diagnostic significance of creatine kinase isoenzymes. Trends Cardiovasc Med 1:195–200 Schumann G, Bonora R, Ceriotti F et al (2002) IFCC primary reference procedures for the measurement of catalytic activity concentrations of enzymes at 378C. Part 2. Reference procedure for the measuremnet of catalytic activity concentration of creatine kinase wATP: creatine N-phosphotransferase (CK), EC 2.7.3.2x. Clin Chem Lab Med 40:635–642

Kreatinkinase-Isoenzyme 7 Kreatinkinase

Bewertung. Die Bestimmung der CK-MB-Isoformen ist theoretisch von gewisser praktischer Bedeutung für die Diagnose des akuten Myokardinfarkts. Im normalen Plasma liegen die beiden Varianten CKMB2 (Gewebsform) und CK-MB1 (postsynthetische Variante im Blut) im Verhältnis 1:1 vor. Bei Freisetzung von CKMB2 aus geschädigten Myokardgewebe verschiebt sich das CKMB2:CKMB1-Verhältnis von 1:1 zu 2:1 innerhalb von 2–4 h nach dem myokardialen Ereignis. Diese Verschiebung ist auch dann bereits schon nachweisbar, wenn sich die CK-MB-Plasmakonzentration noch im Referenzbereich befindet. Das CKMB2:CKMB1-Verhältnis ist somit ein Frühmarker der myokardialen Schädigung. Eine Ratio von > 1,5:1 gilt als diagnostisches Kriterium. Wenn 6 h nach dem Ereignis eine Ratio von 1:1 ermittelt wird, kann ein Myokardinfarkt sicher ausgeschlossen werden. Da sich das CKMB2:CKMB1-Verhältnis innerhalb von 18–30 h wieder normalisiert, ist die Bestimmung theoretisch als Reinfarktmarker einsetzbar. Die hohen technischen und zeitlichen Anforderungen der Analytik sowie die Verfügbarkeit anderer Methoden (v. a. der Troponine) verhindern jedoch eine Anwendung dieses Verfahren in der Routinediagnostik. Daneben führen auch Skelettmuskelschädigungen zu einem Anstieg des CKMB2:CKMB1-Verhältnisses.

Literatur. Roberts R (1998) Early diagnosis of myocardial infarction with MB CK isoforms. Clin Chim Acta 272(1):33–45

Krebsgene R. Weiskirchen

Englischer Begriff. oncogene Definition. In Retroviren (v-onc) und Zellen (c-onc) vorhandene 7 Gene, die die Transformation einer normalen Zelle zur Krebszelle verursachen können

i Das virale 7 Onkogen kann mit dem Virus übertragen und ins

7 Genom der Wirtszelle integriert werden. In gesunden Zellen codieren Onkogene (auch als Proto-Onkogene bezeichnet) für die Synthese bestimmter Proteine mit Schlüsselfunktionen bei der Wachstumskontrolle. Mutationen, die zu einer Überexpression oder einem veränderten 7 Genprodukt dieser Gene führen, können daher unkontrolliertes Zellwachstum, zelluläre 7 Transformation und Krebsbildung hervorrufen. Der Name eines Onkogens richtet sich oftmals nach dem Organismus bzw. dem Virusstamm aus dem es isoliert wurde (7 Tab. 1).

Kreatinkinase-Isoformen K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Kreatinkinase-Varianten

Krebserzeugende Arbeitsstoffe (Kategorien 1–3) 7 EKA-Wert

Krim-Kongo-Fieber-Viren

Krebsgene. Tab. 1. Onkogenbeispiele Kurzform

Virusstamm

Infektionsquelle

v-abl

Abelson Murine Leukemia V.

Maus

v-K-ras

Kirsten Murine Sarcoma V.

Ratte

v-myc

Avian Myelocytomatosis V.

Huhn

v-sis

Simian Sarcoma V.

Affe

v-src

Rous Sarcoma V.

Huhn

817

5 Hohe Sequenzhomologie zwischen Erreger und Wirt (Heat-shockProteine) 5 Zufällige Epitopengemeinsamkeit unterschiedlicher Proteine (MProtein von Streptococcus pyogenes mit Epitopen auf menschlichem Herzmuskel oder Helicobacter pylori mit CD15). Kreuzreaktivität erschwert die Allergiediagnostik.

Literatur. Ingrand J, Naudin C (1993) Special Aspects in Immunoanalysis. In: Haeckel R (ed) Evaluation Methods in Laboratory Medicine. VCH, Weinheim, S 117–139

Kreuztabelle 7 Vierfeldertafel

Krim-Kongo-Fieber-Viren Kresolphthalein-Komplex-Methode 7 Calcium

Kreuzhybridisierung R. Weiskirchen

Englischer Begriff. cross hybridization Definition. Bildung eines Doppelstrangs zwischen zwei nicht 7 kom-

plementären 7 Nukleinsäuren

i Diese kann durch 7 Annealing von Sequenzbereichen mit teil-

weise komplementären Basenabfolgen hervorgerufen werden. Eine mögliche Kreuzhybridisierung wird durch hohe Salzkonzentrationen und niedrigen Temperaturen begünstigt.

Kreuzimmunelektrophorese 7 Immunelektrophorese, zweidimensionale nach Clarke und Freeman

Kreuzprobe 7 Serologische Verträglichkeitsprobe

Kreuzprodukt 7 Odds Ratio

Kreuzreaktivität

W. Stöcker

Synonym(e). Hämorrhagisches-Krim-Kongo-Fieber-Viren Englischer Begriff. Crimean Congo hemorrhagic fever virus (CCHFV)

Beschreibung des Erregers. Familie: Bunyaviridae, Gattung: Nairovirus, Spezies: Hämorrhagisches-Krim-Kongo-Fieber-Virus. Einzelsträngiges Negativ-RNA-Genom, dreisegmentig, behüllt, Durchmesser 80–120 nm.

Erkrankungen. Hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber. Verbreitung: Ost- und Südosteuropa, Zentralasien, indischer Subkontinent, Afrika, mittlerer Osten. Vektor: Zecken, vor allem Hyalomma-Arten. Ansteckung: Auch durch Kontakt mit infektiöser Körperflüssigkeit und Gewebe oder durch Bluttransfusion und Organtransplantation möglich. Wirte: Nutz- und Wildtiere (Wiederkäuer, Hasen), Mensch. Risikogruppen: In der Landwirtschaft oder in Schlachthöfen tätige Personen, Camper, medizinisches Personal. Klinik: Plötzlich auftretendes hohes Fieber und grippeähnliche Symptomatik, Bradykardie, Abdominalgie, Petechien, Hämorrhagien, Hepatitis mit Leberversagen, Enzephalitis. Letalität zwischen 2 und 50 %. Therapie und Prophylaxe: Nur symptomatische Behandlung möglich, in Einzelfällen wirkt Ribavirin. Bisher gibt es keinen Impfstoff. Prävention: Schutz vor Zeckenbiss, Bekämpfung der Vektoren, Vermeidung des Kontakts mit infizierten Individuen, strikte Isolation der Patienten.

H. Fiedler

Englischer Begriff. cross reactivity Definition. Kreuzreaktivität ist das Ausmaß der Reaktion eines Antikörpers mit einem Antigen, das sich von dem die Immunreaktion auslösenden Antigen unterscheidet. Bei Enzymen wird die Mitreaktion von mit dem Substrat verwandten Molekülen als analytische 7 Unspezifität bezeichnet. i Substanzen mit gleichen oder ähnlichen Epitopen (Determinanten) zeigen Interferenzen bei Antikörperreaktionen. Bei Immunoassays werden die Interferenzen als prozentuale Kreuzreaktivität bezeichnet und als Massenverhältnis von Analyt zu interferierender Substanz bei einer 50 %igen Verdrängung des markierten Antigens berechnet. Störend sind Kreuzreaktionen besonders auch bei serologischen Tests, wie zwischen Borrelia burgdorferi und Treponema pallidum. Andererseits sollen die in der ersten Stufe eingesetzten Tests gegen Borrelien die Antigenheterogenitäten zwischen B. burgdorferi sensu stricto, B. garinii und B. afzelii erfassen. Die Kreuzreaktivitäten von monoklonalen Antikörpern sind bei guter Auswahl wesentlich niedriger als die von polyklonalen Antikörpern. Die Auslösung einer Autoimmunreaktion kann durch eine Kreuzreaktion zwischen Epitopen eines Erregers und Substanzen des Wirts erfolgen (molekulare Mimikry):

Analytik. Das Arbeiten mit dem Erreger erfordert ein Laboratorium der Sicherheitsklasse 4. Direktnachweis: Virusnachweis aus dem Blut mittels RT-PCR oder Virusanzucht in Zellkultur. Serologie: Bestimmung spezifischer Antikörper (IgG, IgM) im Serum: Indirekte 7 Immunfluoreszenz, ELISA (7 Enzyme-linked Immunosorbent-Assay), 7 Hämagglutinationshemmtest. In einem neuentwickelten Test (IIFT) werden rekombinante Proteine eingesetzt, die den beiden Antigenen CCHFV-GPC und CCHFV-N der Virusmembran entsprechen. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Untersucht werden Blut oder Blutbestandteile, Liquor oder Biopsiematerial. Die Proben sollten bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt und transportiert werden. Direktnachweis: innerhalb von 24 h durchführen, Kulturen: innerhalb von 6 h anlegen. Serologie: Serum oder Plasma sind für den Nachweis der Antikörper bei +4 °C bis zu vier Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Zur vollständigen Diagnostik gehört der Nachweis sowohl von Virusbestandteilen als auch spezifischer Antikörper – in bestimmten Krankheitsphasen lässt sich nur mit einem

K

818

Kristalle im Urin

der beiden diagnostischen Prinzipien das Vorliegen einer spezifischen Infektion beweisen. Die Vermehrung in der Zellkultur und die sich anschließende positive spezifische Immunreaktion ebenso wie eine reaktive PCR beweisen die Anwesenheit der Viren. Im negativen Fall kann die Infektion aber nicht ausgeschlossen werden, insbesondere da der Organismus bereits innerhalb weniger Tage spezifische Antikörper bildet, die das Virus neutralisieren. Direktnachweis: Während der ersten 5 Krankheitstage möglich. Die Virusanzucht benötigt 4–7 Tage, ist wenig sensitiv und nur in Laboratorien der höchsten Sicherheitsstufe erlaubt. Serologie: Spezifische Antikörper erscheinen im Serum ab dem 6. Krankheitstag. Die Serumdiagnostik hat auch epidemiologische Bedeutung. Spezifische IgM-Antikörper können 4 Monate lang und spezifische IgG-Antikörper noch 5 Jahre nach Infektion nachweisbar sein. Der Einsatz rekombinanter Proteine als Zielantigene steigert die diagnostische Kompetenz für die Erkennung CCHFV-spezifischer Antikörper. Differenzialdiagnostik: Andere virusbedingte hämorrhagische Fiebererkrankungen [Rift-Valley-Fieber (7 Rift-Valley-Viren), DengueFieber (7 Dengue-Viren), Lassa-Fieber (7 Lassa-Fieber-Viren), Ebola- und Marburg-Fieber], sonstige Infektionen, die mit Hämorrhagie einhergehen können (Rickettsiosen, Leptospirosen, Läuserückfallfieber, Malaria, Meningokokken-Infektionen)

Literatur. Flick R, Whitehouse CA (2005) Crimean-Congo hemorrhagic fever virus. Curr Mol Med 5(8):753–760 Vorou R, Pierroutsakos IN, Maltezou HC (2007) Crimean-Congo hemorrhagic fever. Curr Opin Infect Dis 20(5):495–500 Mardani M, Keshtkar-Jahromi M (2007) Crimean-Congo hemorrhagic fever. Arch Iran Med 10(2):204–214

Kristalle im Urin 7 Harnsediment

Kryoglobuline H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. cryoglobulins; cryoglobulinemia Definition. Kryoglobuline sind 7 Immunglobuline, die spontan und reversibel bei Temperaturen unterhalb der Körperkerntemperatur präzipitieren. Struktur. Immunglobuline oder -ketten aller Immunglobulinklassen Funktion und Pathophysiologie. Nachgewiesen sind 3 Formen der Kryoglobuline: Typ 1: Monoklonale Immunglobuline häufig Typ IgM/κ 5 ~25 % der Fälle 5 häufig assoziiert mit Multiplem Myelom, M. Waldenström u. a. immunoproliferativen Erkrankungen mit IgM-Komponenten, idiopathisch 5 Vollblut kann bereits bei Abnahme gelieren, da große Mengen Kryoglobuline (> 5 mg/dL Serum) nachweisbar sind 5 Schwere Symptomatik (z. B. Raynaud-Symptomatik, Gangrän ohne Nachweis anderer Ursachen). Typ 2: gemischte Kryoglobulinämie: Monoklonale Immunglobuline mit Anteilen mindestens einer polyklonalen Immunglobulinklasse (meist IgM/IgG), immer Nachweis von Rheumafaktor (RF) 5 ~25 % der Fälle 5 assoziiert mit lymphoproliferativen und Autoimmunerkrankungen, chronischer Hepatitis-C-Infektion, Sjögren-Syndrom, Immunkomplexnephritis 5 RF in hoher Konzentration ohne rheumatische Symptomatik 5 Komplementkomponente C4 erniedrigt.

Kryofibrinogen

Typ 3: gemischte polyklonale Kryoglobulinämie (meist IgM/IgG) 5 ~50 % der Fälle 5 nachweisbar in geringen Mengen (< 1 mg/dL Serum) in Gesunden 5 assoziiert mit lymphoproliferativen Erkrankungen, Bindegewebserkrankungen (SLE), Vaskulitis und/oder Nephritis im Rahmen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, Hepatitis, persistierende Infektionen (bakterielle Endokarditis, Hepatitis-C-Infektion, Pilze, Parasiten).

P. Kiefer, T. Stief

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

Kritische Differenz 7 Differenz, kritische

Englischer Begriff. cryofibrinogene Definition. Kryofibrinogene sind in der Kälte präzipitierbare Prote-

inkomplexe aus 7 Fibrin, 7 Fibrinogen und Fibrinspaltprodukten.

i Als wichtige Unterscheidung zu 7 Kryoglobulinen findet sich

Kryofibrinogen nur im Plasma nicht im Serum. Fibringerinnsel, die sich langsam bilden (z. B. bei Hämophilie) lassen sich dadurch unterscheiden, dass sich Kryopräzipitate nach Erwärmung wieder auflösen müssen. Präzipitiertes Kryofibrinogen kann nach Erwärmung und nachdem es wieder in Lösung gegangen ist, durch 7 Thrombin zur Gerinnung gebracht werden. Kryofibrinogenämien finden sich meistens begleitend bei Tumoren, Nekrosen, akuten oder chronischen Entzündungen, bei lymphoproliferativen Erkrankungen und bei Autoimmunerkrankungen. Selten sind sie primär, obwohl von familiärem Auftreten von Kryofibrinogenämien berichtet wurde. Bei einer ausgeprägten Kryofibrinogenämie kann es zu Nekrosenbildung in den Akren kommen. Für die Diagnostik sollten Serum und Plasmaproben (nicht Heparinplasma) entnommen und bei einer Temperatur von 37 °C gehalten werden. Plasma- und Serumaliquots werden für 24 h (bis zu 7 Tagen) bei 1 °C gehalten und ein sich bildendes Präzipitat wird erwärmt und erneut abgekühlt, um nachzuweisen, dass sich die Präzipitate reversibel bilden können. Wenn sich Präzipitate nur im Plasma bilden, spricht dies für ein Kryofibrinogen.

Literatur. Klein AD, Kerdel FA (1991) Purpura and Recurrent Ulcers on the Lower Extremites. Essential Cryofibrinogenemia: Arch Dermatol 127:113–118

Präanalytik. Interpretationsschwierigkeiten bei Antikoagulanzientherapie (bes. Heparin i.v.) und vorangegangener Plasmapherese. Entnahme und Gerinnung der Proben bei 37 °C. Nach Zentrifugation wird das Serum dekantiert und erneut zentrifugiert. Analytik. Das nach Zentrifugation gewonnene Serum wird für 1 Woche bei 4 °C gelagert und täglich auf Präzipitate untersucht. Treten innerhalb dieser Woche keine Präzipitate auf, wird die Kryoglobulinämie ausgeschlossen. Bei Auftreten von Präzipitaten werden diese in 0,9 %-NaCl gelöst und z. B. mittels Immunfixation aufgetrennt. Durch Inkubation mit Antiseren gegen Ig/κ, Ig-λ, Ig-α-, Ig-γ- oder Ig-μ-Kette kann der Kryoglobulintyp charakterisiert werden. Andere Trennmethoden: 5 Immunblot nach Agarose-Polyacrylamid-Gelelektrophorese 5 Zweidimensionale Gelelektrophorese (7 Elektrophorese, zweidimensionale) 5 Kapillarzonenelektrophorese (7 Kapillarelektrophorese). Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mg/dL Referenzbereich — Erwachsene. Kein Nachweis von Kryoglobulinen Referenzbereich — Kinder. Kein Nachweis von Kryoglobulinen Indikation.

5 Purpura 5 Meltzer-Triade aus Purpura, Arthralgie, Schwäche

Kryptopyrrol

5 5 5 5

unspezifische neuronale und/oder renale Symptome Raynaud-Phänomen Sicca-Symptomatik Arthritis

Kryptantigen Tn 7 Tn-Antigen

Interpretation. s. Pathophysiologie

Kryptomer

Diagnostische Wertigkeit. Durch Identifikation des Kryoglobulintyps

R. Weiskirchen

mittels Immunfixation können bei unklarer klinischer Symptomatik Rückschlüsse auf die Grunderkrankung gezogen werden.

Literatur. Monti G et al (1995) Cryoglobulinaemias: A Multi-Center Study of the Early Clinical and Laboratory Manifestations of Primary and Secondary Disease. Q J Med 88:115 Kallemuchikkal U, Gorevic PD (1999) Evaluation of Cryoglobulins. Arch Pathol Lab Med 123:119–125

819

Definition. Bezeichnung für ein 7Gen in einem Genlocus (7Locus), das erst dann zur phänotypischen Ausprägung kommt, wenn ein anderer Genlocus mit einem bestimmten Gen (Genkombination) besetzt ist.

Krypton T. Arndt

Englischer Begriff. Krypton

Kryokrit P. Kiefer, T. Stief

Englischer Begriff. cryocrit Definition. Durch Zentrifugation bestimmter Volumenanteil präzipitierter 7 Kryoglobuline am Gesamtvolumen des Serums. i Kryoglobuline sind Immunglobuline, die bei Temperaturen un-

terhalb der Körpertemperatur unlöslich sind. Als Screeningmethode wird Blut, das bei 37 C abgenommen und zentrifugiert wurde, in ein Kryoröhrchen (graduierte Spitzröhrchen nach Nissl oder Wintrobe) überführt und für 72 h bei 4 C inkubiert. Nach Zentrifugation wird das Kryopräzipitat als sogenannter Kryokrit bestimmt. Der Kryokrit ist hierbei der prozentuale Volumenanteil des Kryopräzipitats am Gesamtvolumen des Serums (Referenzbereich: < 0,4 %). Da der Kryokrit nicht mit gewaschenen Kryoglobulinen bestimmt wird, und die Durchführung nicht standardisiert ist, sollte der Kryokrit nicht als Index zur Beurteilung der Krankheitsaktivität benutzt werden, wenn verschiedene Patienten verglichen werden.

Kryoskopie 7 Gefrierpunktserniedrigung; 7 Osmometrie

Kryptantigen K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. crypt antigen Definition. Durch einen erworbenen Synthesedefekt generiertes, erythrozytäres Antigen, das zur Tn-Polyagglutinabilität mit AB0Blutgruppen-kompatiblen Seren führt. i Kryptantigene sind immunogene Strukturen auf Zelloberflä-

chen, die normalerweise nicht auf Zelloberflächen vorhanden sind und erst durch Modifikation bestehender Zelloberflächenstrukturen oder durch einen Ausfall der Synthese dieser Strukturen entstehen. Die Bildung der Kryptantigene, die sogenannte Aktivierung, kann auf vielfältige Weise erfolgen, u. a. durch somatische Mutationen von Stammzellen, durch onkogene Veränderungen des zellulären Genexpressionsmusters oder durch virale oder bakterielle Enzyme. Bekannteste Beispiele für Kryptantigene sind die T- (7 T-Antigen) und 7 Tn-Antigene, die zur T- bzw. Tn-Polyagglutinabilität führen.

Literatur. Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seattle Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York

Kryptantigen T 7 T-Antigen

Definition. Handelsname für eine Mischung von 7 Kratomblättern mit weiteren vorgeblich seltenen Kräutern, die mit O-Desmethyltramadol, dem 2- bis 4-fach stärker wirksamen, hepatogenen Metaboliten des Opioids 7 Tramadol dotiert wurde. Wurde abgeräuchert oder als Teeaufguss konsumiert. Zwischenzeitlich weitgehend vom Drogenmarkt verschwunden. Literatur. Arndt T et al (2010) „Krypton“-Konsum als Ursache eines positiven O-Desmethyltramadol-Nachweises im Urin einer Opiatabhängigen in der Entwöhnungstherapie. Toxichem Krimtech 77:23–28

Kryptopyrrol

K

T. Arndt

Synonym(e). Mauve Faktor; Malvenfaktor; Pyrrol, verborgenes Englischer Begriff. cryptopyrrol; Mauve factor Definition. Sammelbezeichnung für strukturell nicht eindeutig definierte Pyrrole, deren Ausscheidung im Urin in der Orthomolekularen- oder Umweltmedizin (7 Medizin, orthomolekulare) als Kenngröße einer sog. Pyrrolurie propagiert wird (7 Abb. 1).

H3C

H3C

CH3

N H

Kryptopyrrol. Abb. 1. 2,4-Dimethyl-3-Ethyl-Pyrrol (Kryptopyrrol); rot Pyrrol-Struktur [nach Pzryrembel (2007)] i Nach Przyrembel und Schwenk (2007) sind weder die Identität der Pyrrole, noch deren Herkunft und Bezug zu einem Krankheitsbild wissenschaftlich gesichert. Angeblich soll der vermehrte Anfall von (Krypto-)Pyrrol aus einer gestörten Hämoglobinsynthese oder einem abnormalen Hämoglobinabbau resultieren. Diese Pyrrole sollen mit Pyridoxal-5-Phosphat (ein 7 Vitamin B6-Derivat) und 7 Zink unter Bildung eines (Krypto-)Pyrrol-Pyridoxal-5-Phosphat-Zink-Komplexes reagieren. Da dieser über die Niere ausgeschieden wird, soll ein signifikanter Verlust an Vitamin B6 und Zink eintreten. Die Symptomatiken einer (Krypto-)Pyrrolurie (Malvarie) werden im Internet und der einschlägigen Literatur als so vielfältig beschrieben, dass sie für beinahe jeden Menschen zutreffen. Die Autoren kommen zu folgender Bewertung: „Die in der Literatur geäußerten Hypothesen über einen Zusammenhang zwischen Pyrrolen im Urin und verschiedenen Erkrankungen wurden nicht bestätigt. (…) Eine darauf aufbauende Diagnose oder gar Therapieform entbehrt beim heutigen Kenntnisstand der wissenschaftlichen Grundlage. Die Pyrrolurie ist ein Befund, der nach wissenschaftlichen Kriterien keiner Krankheit zugeordnet werden kann. (…) Untersuchungen zur Diagnose der Pyrrolurie können demnach (…) nicht empfohlen werden.“

Literatur. Przyrembel H, Schwenk M (Federführung) (2007) Die (Krypto-)Pyrrolurie in der Umweltmedizin: eine valide Diagnose?

820

KS-Antikörper

Mitteilung der Kommission Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin. Bundesgesundheitsbl. – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 50:1324–1330

KS-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Aminoacyl-t-RNS-Synthetase

KTQ 7 Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen

Kt/V-Wert T. Arndt

Synonym(e). Dialyseeffizienz-Wert; Daugirdas-Formel Englischer Begriff. Kt/V-value Definition. Kenngröße der Dialyseeffizienz. i Nach der „Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse“ Anlage 3

(s. Lit.) wird der Kt/V-Wert über die Daugirdas-Formel berechnet: Kt/V = –ln (R – 0,008 × T) + (4 – 3,5 × R) × UF/KG. Hierbei sind: R = postdialytische Harnstoffkonzentration/prädialytische Harnstoffkonzentration; T = effektive Dialysedauer [h]; UF (Ultrafiltration) = Körpermasse vor Dialyse – Trockengewicht KG [kg]; KG = Trockengewicht [kg] Die einzelnen Variablen sind in den Anlagen 1–4 folgend definiert: T = Zeitintervall zwischen Beginn und Ende = Pumpenlaufzeit = alternativ: Zeit zwischen An- und Abhängen. Prädialytischer Harnstoff: Blutabnahme unmittelbar vor Beginn aus arterieller Kanüle, vor Kochsalz- oder Heparingabe. Bei Verwendung eines Zentralvenenkatheters erste 10 mL Blut verwerfen. Postdialytischer Harnstoff: Blutentnahme 15–30 s nach Dialyseende. Prä- und postdialytischer Harnstoff sind in derselben Sitzung und mit demselben Laborgerät zu ermitteln. Trockengewicht = Körpermasse unmittelbar nach Dialysebehandlung. Ein Kt/V-Wert von > 1,2 gilt als Zeichen einer effektiven Dialysebehandlung.

Literatur. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Sicherung der Qualität von Dialyse-Behandlungen nach den 136, 136a (SGB V) (Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse). Fassung vom 18.04.2006 zuletzt geändert am 19.07.2007. www.g-ba.de.

Ku-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Ku

Kubelka-Munk-Funktion 7 Reflexion

Kühlschranktest. Abb. 1.

Kugelkoagulometer 7 Koagulometer

Kugelzelle 7 Sphärozyt

Kühlkontaktflüssigkeit R. Westermeier

Englischer Begriff. cooling contact liquid Definition. Die Kühlkontaktflüssigkeit wird bei Horizontalelektrophoresen zwischen der Kühlplatte und dem Gelträger (Glasplatte oder Trägerfolie) verwendet, um eine effiziente Ableitung der Jouleschen Wärme aus dem Gel zu erreichen. i Wenn sich Luft zwischen Kühlplatte und Gelträger befindet, ist

die Abführung der bei der 7 Elektrophorese entstehenden Jouleschen Wärme ungenügend, sodass sich das Gel ungleichmäßig erwärmt. Die Folgen sind eine Verkrümmung der Lauffront und damit auch der Banden, Austrocknen des Gels. Der Temperaturtransfer wird durch eine Kühlkontaktflüssigkeit entscheidend verbessert. Früher wurde hauptsächlich Kerosin verwendet. Aus mehrfachen Gründen wurde dies inzwischen weitgehend durch ein Gemisch aus Glycerin, Sorbit und einer zwitterionischen Detergenz ersetzt.

Literatur. Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim

Kühlschranktest A.M. Gressner

Synonym(e).

Dyslipoproteinämie-Suchtest;

Dyslipoproteinämie-

Screeningtest

Englischer Begriff. refrigerator test Definition. Visuelle Inspektion des in transparenten Röhrchen über Nacht bei Kühlschranktemperaturen (4–8 °C) aufbewahrten Nüchternserums (-plasmas) zur Erkennung von 7 Trübungen und Aufrahmungen zum Zwecke der phänotypischen Dyslipoproteinämiediagnostik. i Der sogenannte Kühlschranktest geht von nach mindestens 12-stündiger Nahrungs- und Alkoholkarenz gewonnenem Serum oder Plasma aus, welches in transparente Röhrchen gefüllt und über Nacht im Kühlschrank (4–8 °C) aufbewahrt wird. Die visuelle Beurteilung von Aufrahmungen und Trübungen erfolgt am Morgen (7 Abb. 1): 5 Klare Seren: normale Triglyzeridkonzentration (7 Triglyzeride), normale oder erhöhte Cholesterinkonzentrationen (7 Cholesterin)

Kupfer

5 Trübe Seren: erhöhte Triglyzerid- bzw. VLDL-Konzentration (7 Very low density lipoprotein) 5 Aufgerahmte Seren: Vorhandensein von Chylomikronen. Extreme monoklonale 7 Gammopathien (7 Gammopathie, monoklonale), besonders der IgM-Fraktion, können zu ähnlichen Trübungen von Serum/Plasma führen. Die orientierende 7 Fredrickson-Klassifikation ist nach folgenden Kriterien möglich: 5 normal: klar, keine Aufrahmung 5 Typ I: milchig-trüb, Aufrahmung, Unterstand klar 5 Typ IIa: klar 5 Typ IIb: klar oder trüb 5 Typ III: trüb 5 Typ IV: trüb/milchig 5 Typ V: milchig, Aufrahmung, Unterstand trüb Ein wiederholt pathologisches Ergebnis verlangt eine differenzierte Analytik des Lipidstoffwechsels (z.B. 7 Ultrazentrifugation).

Literatur. Assmann G (1982) Lipidstoffwechsel und Atherosklerose. Schattauer-Verlag, Stuttgart

Kühlung der Proben W. Guder

Englischer Begriff. cooling of samples; refrigeration of samples Definition. Eine Kühlung der Probe liegt dann vor, wenn sie nach Gewinnung auf Temperaturen unterhalb der Raumtemperatur gehalten wird. Man unterscheidet dabei Kühlschranktemperaturen (2–8 °C) von gefrorenem Zustand (unter –5 bis –6 °C) und tiefgefrorenem Zustand (unter –20 °C). i Eine Kühlung der Probe (Untersuchungsmaterial Blut, Urin, Li-

quor etc.) ist dann nach Gewinnung empfohlen, wenn die Aufbewahrung der Probe zur erhöhten Stabilität des zu messenden Analyten beiträgt. Dabei sind je nach gewünschter Untersuchung verschiedene Regeln einzuhalten: Vollblut sollte nicht gekühlt werden, weil dieser Vorgang die metabolischen Prozesse der Zellen hemmt und dadurch den Austausch der Elektrolyte zwischen Zellen und Plasma eher beschleunigt (7 Kalium, 7 Chlorid, ionisiertes 7 Calcium). Andererseits ist eine Stabilisierung des Stoffwechsels Grundvoraussetzung zur Erhaltung der 7 Blutgase, des pH und der 7 Glukose, wenn die Zeit über 15 min hinausgeht. Angaben zur Stabilität aller Analyten finden sich in der angegebenen Literatur. Einige Analyten vertragen aus verschiedenen Gründen keine Kühlung unter Kühlschranktemperatur: Lipoproteine, Hämatologische Proben, Urin IgG, 7 Harnsediment und 7 Harnsäure im Urin. Beim Auftauen ist zu berücksichtigen, dass sich während der Kühlung eine Inhomogenität der Analyten einstellt. Diese muss beim Auftauen durch vorsichtiges Mischen vor Abnahme der analytischen Probe wieder aufgelöst werden. Bei auskristallisierten Bestandteilen ist eine vorsichtige Erwärmung zur Wiederlösung des Analyten zu empfehlen.

Literatur. Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B (2009) Diagnostic Samples: From the Patient to the Laboratory. 4th edn. WileyBlackwell, Weinheim Guder WG, da Fonseca-Wollheim F, Heil W et al (2012) Die Qualität diagnostischer Proben, 7. Aufl. BD Diagnostics, Heidelberg

Kulturflasche 7 Blutkulturflasche

Kumulation W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. accumulation Definition. Vorgang, bei dem die Zufuhr einer Substanz ihre Elimination übersteigt.

821

i Kumulation tritt regelmäßig auf zu Beginn einer Arzneimitteltherapie bei Verwendung eines festen Dosierungsschemas bis das 7 Fließgleichgewicht erreicht ist. Bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion ist bei vielen Pharmaka die Elimination reduziert, sodass beim üblichen Dosierungsschema die Gefahr der Intoxikation durch Kumulation besteht.

Literatur. Wellhöner HH (1997) Pharmakologie und Toxikologie. 6. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Kumulativbefund 7 Befund

Künstliche Befruchtung 7 In-vitro-Fertilisation

Kunststoffgranulat, gerinnungsförderndes 7 Trennhilfen

Kupfer D. Meissner

Englischer Begriff. copper Definition. Kupfer (chemisches Symbol: Cu) gehört zu den 7 Übergangsmetallen mit der Ordnungszahl 29. Es ist ein für den lebenden Organismus sehr wichtiges essenzielles Spurenelement. Struktur. Kupfer kommt hauptsächlich in der Oxidationsstufe +2 vor, Verbindungen mit ein- und dreiwertigem Kupfer sind selten. Im Blutplasma liegt Cu zu 90 % an 7 Coeruloplasmin, in den Organen an verschiedene Proteine (7 Cerebrocuprein, 7 Hepatocuprein, 7 Metallothionein) gebunden vor. Es ist Bestandteil einer großen Zahl von Enzymen. In ungebundener Form ist es potenziell toxisch.

Molmasse. Relative Atommasse: 63,546 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Kupfer ist nach Eisen und Zink das dritthäufigste Spurenelement im Organismus. Zugeführt wird es über die Nahrung und Getränke. Es wird im proximalen Dünndarm resorbiert. Vom Plasma wird es, an Transportproteine (Transcuprein, Histidin, Albumin) gebunden, zur Leber transportiert, wo es in Coeruloplasmin und andere Cu-Enzyme eingebaut wird. Hauptspeicherorte sind Leber und Gehirn. Die Ausscheidung erfolgt über die Galle mit dem Stuhl, in geringen Mengen auch über die Nieren. Im Vollblut verteilt sich Kupfer zu 61 % auf Plasma, 31 % auf Erythrozyten und 8 % auf Thrombo- und Leukozyten. 7 Interaktion ist mit 7 Eisen und 7 Zink bekannt. Kupfer unterliegt einer ausgeprägten homöostatischen Regulierung. Körperbestand: 80–150 mg. Bedarf: Männer 0,80 mg/Tag, Frauen 0,70 mg/Tag. Empfohlene Zufuhr: nach EU-Daten 1,1 mg/Tag, nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Säuglinge 0,2– 0,7 mg/Tag, für Kinder bis 7 Jahre 0,5–1,0 mg/Tag, für ältere Kinder und Erwachsene 1,0–1,5 mg/Tag, in der Schwangerschaft und Stillzeit 1,5–3,0 mg/Tag. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 175 μg/kg KG. Kupferreich sind Leber, Nieren, Schellfisch, Nüsse, Hülsenfrüchte, Vollkorn.

Funktion und Pathophysiologie. Kupfer übt seine Hauptfunktionen als Bestandteil zahlreicher Enzyme aus und ist somit an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. Wichtige Cu-Enzyme sind: Ferrioxidase I (= 7 Coeruloplasmin, Oxidation von Fe2+ zu Fe3+), 7 Cytochromoxidase (oxidatve Phosphorylierung), Superoxiddismutase (Schutz vor Radikalen), 7 Lysyloxidase (Vernetzung von Elastin und Kollagen), Tyrosinase (Pigmentierung), Butyryl-CoA-Dehydrogenase (Fettsäureoxidation), Cholesterolhydrolasen (Cholesterolabbau) und Dopamin-β-hydroxylase (Adrenalin-/Noradrenalinsynthese, Katecholamine). Die bekannteste Cu-Stoffwechselstörung ist der Morbus Wilson (hepatolentikuläre Zirrhose), eine autosomal vererbte Erkrankung (Defekt im ATPase-Gen), die durch Transport- und Ausscheidungs-

K

822

Kupferbindendes Protein

störungen des Kupfers gekennzeichnet ist. Im Serum ist Kupfer sehr stark vermindert, Coeruloplasmin in der Regel ebenfalls, dagegen ist der Kupfergehalt des Urins und der Leber sehr stark erhöht. Die Behandlung erfolgt mit 7 D-Penicillamin, auch eine Therapie mit 7 Zink ist möglich. Kupfermangel, erkennbar an erniedrigten Cu-Werten im Serum und im Urin und in der Leber, ist selten und meist die Folge unzureichender Zufuhr, erhöhten Bedarfs, von Cu-Verlusten, gestörter Absorption oder der Interaktion, z. B. mit Zink, Eisen oder Chelatbildnern sowie dem Vorliegen von genetischen Defekten. Typische Mangelerscheinungen sind hypochrome Anämie bei Kindern (gestörte Erythropoese), Störungen in der Cholesterin- sowie in der Elastin- und Kollagensynthese (Gefäßschäden, Osteoporose) oder Pigmentstörungen (Menkes-Syndrom, Kinky hair disease, Albinismus). Erhöhte Cu-Werte im Serum, die meist unspezifisch und diagnostisch nur begrenzt verwertbar sind, findet man bei akuten und chronischen Infektionen, verschiedenen Tumoren, schweren Leber- und Pankreasschädigungen und Galleabflussstörungen, bei Herzkreislaufkrankheiten und Herzinfarkt sowie bei Stress oder im Schock und bei erhöhter Zufuhr. Serum-Cu ist auch in der Schwangerschaft und bei Therapie mit Estrogenen oder hormonellen Kontrazeptiva etwa zweifach erhöht. Die Toxizität des Kupfers ist zwar gering, doch sind Vergiftungen durch erhöhte Zufuhr aus der Arbeitsumwelt, über Cu-haltige Gefäße und Wasserleitungen oder leicht lösliche Cu-Verbindungen sowie in suizidaler Absicht möglich. Akute Vergiftungen äußern sich in Erbrechen, Übelkeit und Durchfall, in schweren Fällen sind Ikterus und Hämolyse, auch Koma und Tod möglich. Chronische Vergiftungen durch Trinkwasser, das aus Brunnen über Cu-haltige Leitungen oder Boiler transportiert wird, kommen auch heute noch vor. Typisch sind ein Anstieg des Kupfers im Serum, die Speicherung in der Leber mit schwerster Leberschädigung, die besonders bei Kleinstkindern unter dem Krankheitsbild der Indian Childhood Cirrhosis zum Tod führen kann.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparinplasma, Urin, Organgewebe

Probenstabilität. Vollblut: 20 °C 7 Tage, Serum/Plasma: 20 °C 14 Tage, 4–8 °C 14 Tage, –20 °C 1 Jahr; Urin: 20 °C 3 Tage, 4–8 °C 7 Tage, –20 °C 1 Jahr; Organgewebe: –20 °C 1 Jahr Präanalytik. Spurenelementfreie Abnahme- und Aufbewahrungsgefäße und Reagenzien verwenden. Starke Stauung vermeiden. Analytik. Serum/Plasma: Flammen-Atomabsorptionsspektrometrie, Photometrie. Urin, Gewebe: elektrothermische Atomabsorptionsspektrometrie, Potentiometrische Strippinganalyse

Konventionelle Einheit. μg/dL, μg/d, μg/g Internationale Einheit. μmol/L, μmol/d, μmol/g Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μmol/L = 0,1574 × μg/ dL, μg/dL = 6,3546 × μmol/L μmol/d (g) = 0,01574 × μg/d (g), μg/d (g) = 63,546 × μmol/d (g) Referenzbereich — Frauen. Serum/Plasma: 13,5–23,5 μmol/L (86–150 μg/dL); Urin: 0,15–0,95 μmol/Tag (10–60 μg/Tag); Leber: < 0,30 μmol/g TG (< 20 μg/g TG) (TG = Trockengewicht)

Referenzbereich — Männer. Serum/Plasma: 11–22 μmol/L (70– 140 μg/dL); Urin, Leber: s. Frauen

Referenzbereich — Kinder. Serum, Plasma, Urin, Leber: wie Männer Serum/Plasma bei Neugeborenen: 1,6–8,0 μmol/L (10–50 μg/dL) Leber bei Neugeborenen: etwa 8- bis 10-mal höher als bei Erwachsenen

Indikation. Verdacht auf Störungen des Kupferstoffwechsels, die als Cu-Verteilungsstörungen, Cu-Mangel oder Cu-Überschuss vorliegen und sowohl Auslöser als auch Folge von Krankheiten sein können. Überwachung einer Zink-Therapie. Verdacht auf Cu-Intoxikation. Interpretation. Infolge der homöostatischen Regulation werden geringe Änderungen der Kupferkonzentration im Organismus ausge-

glichen, was die Beurteilung des Kupferstatus, der am besten durch Cu im Serum und 7 Coeruloplasmin beschrieben wird, erschwert. Schwere Störungen im Cu-Stoffwechsel sind durch die Bestimmung in Serum, Urin (entscheidend bei Morbus Wilson) oder Organgewebe zu erkennen. Geschlechts- und Altersunterschiede sowie Einflüsse durch Hormone und das Rauchen sind zu beachten, die ergänzende Bestimmung von Enzymaktivitäten ist zu empfehlen. 7 MAK-Wert: 0,1 mg/m3, Grenzwert im Trinkwasser: 2,0 mg Cu/L

Diagnostische Wertigkeit. Erkennung von Störungen des Kupferstoffwechsels sowie von Kupfermangel oder übermäßiger Aufnahme, Belastung oder Vergiftung durch Kupfer. Literatur. Schümann K (2002) Kupfer. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 147–151

Kupferbindendes Protein 7 Hepatocuprein

Kurvennomogramm 7 Siggaard-Andersen-Nomogramm

Kurzzeitarchiv O. Colhoun

Englischer Begriff. short term archives Definition. Das im aktuellen Benutzerzugriff stehende Datenmaterial der 7 Labor-EDV.

i Abhängig von Speicherplatz und Performance des Labor-EDV-

Servers werden die Messwerte der letzten Wochen bis Jahre auf dem Server zum sofortigen Zugriff zur Verfügung gehalten, um den Nachdruck von Befunden und Schlussberichten zu ermöglichen sowie eine sofortige Auskunft über die erhobenen Werte geben zu können. Ältere Befunddaten sind archiviert und stehen im Archivzugriff (nach Einspielen der Werte vom Archivdatenträger in den aktuellen Serverdatenbestand) zur Einsicht.

Küvette T. Arndt

Synonym(e). Messküvette; Quarz-Küvetten; NaCl-Küvetten Englischer Begriff. cuvette Definition. Küvetten sind zumeist kleine, durchsichtige Behälter aus Glas, Quarz, anorganischen Salzen oder Kunststoff mit genau definierter Geometrie. i Eine Küvette muss im Bereich der Messwellenlänge optisch

durchlässig sein. Für Messungen im UV-Bereich werden deshalb Quarzküvetten, für Messungen im Infrarot (IR)-Bereich NaCl-Küvetten eingesetzt. Formen und Volumen von Küvetten schwanken in Abhängigkeit vom Einsatzgebiet stark, müssen aber innerhalb einer Anwendung klar definiert und mit hoher Genauigkeit ausgeführt sein. Übliche Formate sind Küvetten mit quadratischer oder rechteckiger Grundfläche. Bei sog. Mikroküvetten verjüngt sich das Volumen von oben nach unten. Hiermit wird eine Minimierung des Küvetten- und damit des erforderlichen Proben- und Reagenzienvolumens erreicht. Eine zunehmend häufiger eingesetzte Sonderform der Küvette sind die in 7 Mikrotiterplatten eingelassenen Kavitäten. Unabhängig vom Küvettentyp muss der für den Strahlengang wirksame Durchmesser der Küvette (Schichtdicke) exakt ausgeführt und konstant sein, da dieser direkt in das zur quantitativen Auswertung der (spektrometrischen) Analyse anzuwendende 7 Lambert-BeerGesetz eingeht. Durch parallelen Einsatz von Mess- und Referenzküvette kann der Einfluss von Blindwerten durch unspezifische Absorption (Proben-

Kynurenin

matrix) und Eigenabsorption der Küvette unmittelbar kompensiert werden. Im klinisch-chemischen Labor werden Einzelküvetten für Analysen mit geringen Serienlängen eingesetzt. Analysenautomaten arbeiten dagegen häufig mit Ringen aus bis zu mehreren Hundert Küvetten, die aufgrund einer effizienten Spülung mehrfach verwandt werden können. In der 7 Chromatographie kommen gewöhnlich Durchflussküvetten zum Einsatz, die eine kontinuierliche Aufzeichnung (7 Chromatogramm) des Absorptions- oder Emissionsvermögens einer Lösung innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls gestatten.

823

Kynurenin A.C. Sewell

Englischer Begriff. kynurenine Definition. Kynurenin ist der Hauptmetabolit von 7 Tryptophan und Ausgangspunkt im Kynureninabbauweg (7 Abb. 1).

O

NH2 COOH

Kx-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). XK, K15, ISBT 006.015, Kell blood group precursor Englischer Begriff. Kx blood group system i Das Kx-Protein ist als Multi-pass-Membranprotein mit 444 Aminosäuren kovalent an das Kell-Protein gebunden (7 Kell-Blutgruppensystem). Das Fehlen des Kx-Proteins ist assoziiert mit dem McLeod-Syndrom (7 Null-Phänotyp), das sich in choreatiformer Bewegungsstörung, selten Dystonien und zerebrale Anfälle, axonale Polyneuropathie, Myopathie, Kardiomyopathie, Hämolyse und Akanthozytose darstellt. Das Kx-Gen ist auf dem X-Chromosom lokalisiert (Xp21.1) und besteht aus 3 Exons. Das Kx-Protein ist ein Membrantransportprotein unbekannter Funktion.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl. Elsevier New York Malandrini A, Fabrizi GM, Truschi F, Di Pietro G, Moschini F, Bartalucci P, Berti G, Salvadori C, Bucalossi A, Guazzi G (1994) Atypical McLeod syndrome manifested as X-linked chorea-acanthocytosis, neuromyopathy and dilated cardiomyopathy: report of a family. J Neurol Sci 124:89–94 Ho MF, Monaco AP, Blonden LA, van Ommen GJ, Affara NA, Ferguson-Smith MA, Lehrach H (1992) Fine mapping of the McLeod locus (XK) to a 150-380-kb region in Xp21. Am J Hum Genet 50:317–330 Jung HH, Russo D, Redman C, Brandner S (2001)Kell and XK immunohistochemistry in McLeod myopathy. Muscle Nerve 24:1346–1351

NH2 Kynurenin. Abb. 1. Strukturformel i Kynurenin entsteht nach der Umwandlung von Tryptophan zu Formylkynurenin und wird weiter zu Anthranilinsäure, Kynureninsäure, 3-Hydroxykynurenin, Xanthureninsäure und 3-Hydroxyanthranilinsäure abgebaut. Im Bereich der angeborenen Stoffwechselerkrankungen wurden bisher nur zwei Defekte im Abbauweg des Kynurenins postuliert: die Tryptophanurie (Kynurenin-Formylase-Mangel) und die Hydroxykynureninurie (Kynureninase-Mangel). Bis heute wurden ca. 6 Patienten weltweit beschrieben. Freies Kynurenin kommt in Plasma bzw. Serum nicht vor. Kynurenin, 3-Hydroxykynurenin, Kynureninsäure und Xanthureninsäure können allerdings im Urin nachgewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Störung im Kynureninabbau, wird zur Bestätigung eine orale Tryptophan-Belastung empfohlen. In den letzten 20 Jahren weckten Kynurenin und seine Metabolite im Bereich der neuroaktiven Peptide großes Interesse. Kynurenin-Metabolite sind an Glutamat-Rezeptoren aktiv. Ob sie neurotoxisch oder neuroprotektiv wirken ist aktuell noch nicht bekannt. Vermutet wird allerdings, dass die bei Glutarazidurie Typ 1 bekannten neurologischen Schäden durch die vermehrte Bildung von Quinolinsäure – ein weiterer Metabolit im Kynureninabbau – verursacht werden.

Literatur. Bender DA (1983) Biochemistry of Tryptophan in Health and Disease. Mol Aspects Med 6:101–197 Varadkar S, Surtees RJ (2004) Glutaric Aciduria Type 1 and Kynurenine Pathway Metabolites: a Modified Hypothesis. J Inherit Metab Dis 27:835–842

K

L Labeling-Index

Laboratoriumsmedizin, personalisierte

S. Holdenrieder, P. Stieber

A.M. Gressner

Synonym(e). Plasmazell-Labeling-Index

Englischer Begriff. personalised laboratory diagnostics

Englischer Begriff. labeling index

Definition. Personalisierte Labordiagnostik als Teil der personali-

Definition. Der Plasmazell-Labeling-Index ist der prozentuale Anteil monoklonaler Plasmazellen in der S-Phase. Er erlaubt die Differenzialdiagnose zwischen einem progredient verlaufenden multiplen Myelom und einem Smouldering Multiplen Myelom (SMM) bzw. einer monoklonalen Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS). Er ist ein aussagekräftiger prognostischer Parameter.

Funktion und Pathophysiologie. Bei progredient verlaufenden multiplen Myelomen (MM) ist der Anteil monoklonaler Plasmazellen in der S-Phase erhöht und zeigt eine gesteigerte Proliferation an. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Knochenmarksaspirat

Analytik. Immunfluoreszenz unter Verwendung von Bromdesoxyuridin (BrdU) und Antikörper gegen BrdU; autoradiographische Methode des (3H)-Thymidineinbaus Konventionelle Einheit. % Referenzbereich — Erwachsene. < 0,8 SMM oder MGUS; > 0,8 aktives MM

Indikation.

5 Differenzialdiagnose zwischen einem progredient verlaufenden MM und einem SMM bzw. einer MGUS 5 Prognose eines MM

Interpretation. Ein Plasmazell-Labeling-Index > 0,8 % weist auf ein aktives MM hin. Ein Plasmazell-Labeling-Index < 0,8 % hingegen spricht für ein SMM oder eine MGUS. Allerdings liegt auch bei etwa einem Drittel der Patienten mit aktivem MM ein normaler PCLI vor. Ebenso erniedrigt ist der Index bei behandelten Patienten, während er bei Rezidivierung > 2 % beträgt. Hinsichtlich der Prognose, wurde bei Patienten mit einem PCLI > 0,8 % eine mediane Überlebenszeit von 17 Monaten beobachtet, gegenüber 42 Monaten bei Patienten mit einem niedrigen Proliferationsindex. Diagnostische Wertigkeit.

5 Differenzialdiagnose zwischen einem progredient verlaufenden MM und einem SMM bzw. einer MGUS 5 Prognose eines MM

Literatur. Thomas L (2007) Monoklonale Immunglobuline. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Labilitätsreaktionen des Serums 7 Serumprotein-Labilitätsreaktionen

Laboratorien der Schutzstufen 1–4 7 Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien

Laboratoriumsdiagnostik, patientennahe 7 patientennahe Sofortdiagnostik

sierten Medizin umfasst die Analyse von ausgewählten Bereichen des individuellen Patienten-Genoms (-Metaboloms, -Proteoms) (7 Metabolomik, 7 Proteomik) zur Erkennung krankheitsrelevanter genetischer Varianten als Voraussetzung einer personalisierten (individualisierten) medikamentösen Therapie. Sie ist Bestandteil der „Theranostik“, die eine Therapie auf der Grundlage eines personenspezifischen Medikamenten-bezogenen genetischen Profils erlaubt. i Ausgehend von der frühen Beobachtung schnell und langsam (Medikamenten-) Metabolisierer (auf Basis des CYP2D6-Genotyps; 7 Cytochrome, 7 Cytochrom P450) wurden und werden weitere individualspezifische, genetisch determinierte Bedingungen (z.B. Mutationen) erkennbar, die für Auswahl und Dosierung einer medikamentösen Tumortherapie bestimmend sind: z.B. HER-2-Genamplifikation, CYP2D6-Genotyp für das Mammakarzinom, K-ras-Wildtyp für das Kolonkarzinom, EGFR(Rezeptor)-Mutation für ein nichtkleinzelliges Lungenkarzinom, Bcr-Abl-Fusionsgen (7 Philadelphia-Chromosom) bei chronisch-myeloischer Leukämie (CML). Die Optionen einer personalisierte Medizin in Prädiktion, Diagnostik, Therapie und Prävention erweitern sich ständig mit Detektion neuer genetischer (zukünftig eventuell auch epigenetischer) Varianten (7 Epigenomik), der methodischen und instrumentellen Analytik und dem Einsatz der modernen Informationstechnologie.

Literatur. Samani N, Tomaszewski M, Schunkert H (2010) The personal genome – the future of personalised medicine? The Lancet 375: 1497–1489 Niederlag W, Lemke, HU, Rienhoff, O (2010) (Hrsg) Personalisierte Medizin und Informationstechnologie. Health Academy Band 15, Frankfurt

Laboratoriumsmedizin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. laboratory medicine Definition. Das Gebiet der Laboratoriumsmedizin umfasst die Beratung und Unterstützung der in der Vorsorge und Krankenbehandlung Tätigen bei der Vorbeugung, Erkennung und Risikoabschätzung von Krankheiten und ihren Ursachen, bei der Überwachung des Krankheitsverlaufes sowie bei der Prognoseabschätzung und Bewertung therapeutischer Maßnahmen durch die Anwendung morphologischer, chemischer, physikalischer, immunologischer, biochemischer, immunchemischer, molekularbiologischer und mikrobiologischer Untersuchungsverfahren von Körpersäften, ihrer morophologischen Bestandteile sowie Ausscheidungs- und Sekretionsprodukten, einschließlich der dazu erforderlichen Funktionsprüfungen sowie der Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen Befundes. i Die Weiterbildungszeit zum Arzt für Laboratoriumsmedizin

beträgt fünf Jahre an einer ermächtigten Weiterbildungsstätte. Sie umfasst Innere Medizin, Medizinische Mikrobiologie, Medizinische Immunologie, Klinische Chemie und ein weiteres Gebiet der Laboratoriumsmedizin. Inhalt und Ziel der Weiterbildung sind Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in den theoretischen, medizinischen, physikalischen und chemischen Grundlagen des Gebiets (7 Laboratoriumsmedizin, Fachärztin/Facharzt für).

Literatur. Weiterbildungsordnung (http://www.aekno.de)

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_12, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

826

Laboratoriumsmedizin, Fachärztin/Facharzt für

Laboratoriumsmedizin, Fachärztin/Facharzt für O.A. Gressner

Synonym(e). Ärztin/Arzt für Labor(atoriums)medizin Englischer Begriff. specialist of laboratory medicine Definition. Nach Abschluss des Studiums der Humanmedizin und Erlangung der Approbation führt die Ableistung der in der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und -inhalte über fünf Jahre zur Facharztkompetenz, die durch eine erfolgreich abgelegt Prüfung vor der zuständigen Landesärztekammer zu bestätigen ist. i Im Jahr 1956 beschloss der 59. Deutsche Ärztetag, die 7 Labora-

toriumsmedizin als eigenständiges Fachgebiet anzuerkennen. Schon zu dieser Zeit waren die Komplexität und die rasante Entwicklung dieses Fachgebiets in Diagnostik, Verlaufs- und Therapiekontrolle, Präventivmedizin und (genetischen) Krankheitsprädisposition sowie in der instrumentellen Analytik und ordnungsgemäßen Präanalytik (7 Präanalytische Phase) erkennbar, was sich in der Folgezeit durch Erweiterung der Molekulardiagnostik, Einsatz der modernen 7 Massenspektrometrie auf der Grundlage eines standardisierten Qualitätskontrollsystems (7 Qualitätsmanagement) bestätigte. Die Weiterbildungszeit von insgesamt 60 Monaten (5 Jahre) ist für 12 Monate in der stationären Patientenversorgung in Innere Medizin und Allgemeinmedizin und/oder Kinder- und Jugendmedizin sowie an einem von der Landesärztekammer hierfür teil- oder vollermächtigten (befugten) Institut/Laborarztpraxis in folgenden Teilgebieten abzuleisten: 5 6 Monate Mikrobiologie, 5 6 Monate Infektionsserologie, 5 6 Monate Immunhämatologie. Es können bis zu 12 Monate in Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie bis zu 6 Monate Transfusionsmedizin angerechnet werden. Drei Jahre dürfen bei einem niedergelassenen, befugten Laborarzt abgeleistet werden. Die zu erwerbenden Weiterbildungsinhalte, Untersuchungs- und Behandlungsverfahren sind in den Richtlinien der Landesärztekammern im Einzelnen festgelegt und dort in der jeweils aktuellen Form nachzulesen. Am Ende der dokumentierten Weiterbildung erfolgt eine Prüfung der erworbenen Kenntnisse bei der zuständigen Landesärztekammer. Mit Stand von Dezember 2007 gab es in Deutschland 945 Laboratoriumsmediziner(innen), überwiegend im ambulanten Bereich.

Literatur. Richtlinien (Weiterbildungsordnungen) der für die/den Weiterzubildende(n) zuständigen regionalen Landesärztekammer

Laborauftrag O. Colhoun

Englischer Begriff. laboratory order Definition. Anforderung der Messung bezeichneter Messgrößen im medizinischen Laboratorium durch einen Einsender. i Derzeit am häufigsten in Form eines Anforderungsbelegs mit Markierung der gewünschten Parameter ausgeführt. Auch die elektronische beleglose Anforderung („Online Order Entry“) z. B. innerhalb einer Klinik oder die händische Beschriftung eines Überweisungsscheins gelten als Laborauftrag.

Laborauskunft 7 Befundauskunft

Definition. Spezielles Softwareprogramm für die Unterstützung aller Arbeitsabläufe im medizinischen Laboratorium. i Sehr umfassende und komplexe Programme für alle Aspekte der

Arbeit des medizinischen Laboratoriums: Auftragserfassung, Datenübernahme von Fremdsystemen, Probenverteilung, Analytik, Qualitätskontrolle, technische und medizinische Validation, Notfallanalytik, Befunderstellung, Statistik, Abrechnung, aber auch Anforderung durch den Einsender und Befundauskunft, Kommunikation mit Analysegeräten zur Auftrags- und Messwertübermittlung, Sicherstellung der Qualitätskontrolle, statistische Aufbereitung der Messwerte und Abrechnung mit den Kostenträgern.

Laborergebnis-Begutachtung, LaborergebnisFerninterpretation 7 Tele-Laboratoriumsmedizin

Laborgemeinschaft T. Arndt

Synonym(e). LG Definition. Eine Form der 7 Praxisgemeinschaft, die wiederum eine Form der ärztlichen Gruppenpraxis ist. i Es handelt sich um einen Zusammenschluss von Ärzten gleicher

oder verschiedener Fachrichtungen zur gemeinsamen Nutzung von Laboreinrichtungen und Personal innerhalb oder außerhalb der eigenen Praxisräume zwecks Erbringung der in den eigenen Praxen anfallenden Laboruntersuchungen. Die in Laborgemeinschaften erbrachten Leistungen werden nicht von der Laborgemeinschaft als Institution, sondern von den dort zusammengeschlossenen Ärzten als ärztliche Leistungen erbracht und gegenüber den Patienten, der KV oder einem sonstigen Kostenträger abgerechnet. Dabei gelten für Patienen der gesetzlichen Krankenversicherung der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM; 7 Einheitlicher Bewertungsmaßstab) und für privatversicherte Patienten („Privatpatienten“) die 7 Gebührenordnung für Ärzte. Zu weiteren Rechtsgrundlagen s. Rieder H-J (2002).

Literatur. Rieder H-J (2002) (Hrsg) Lexikon des Arztrechts. Loseblattwerk. 2. Aufl. CF Müller, Heidelberg

Laborinfomationssystem 7 Labor-EDV

Labormedizinische Befunderstellung 7 Befunderstellung, Teilschritte

Labornummer O. Colhoun

Englischer Begriff. laboratory identification code Definition. Laborinterne Probennummer für die Optimierung der Arbeitsabläufe. i

Zusätzlich zur eindeutigen Proben-Identifikationsnummer (meist 6- bis 12-stellige Zahl, Auftragsnummer) wird bei der Probeneingangsbestätigung oder -verteilung in der 7 Labor-EDV eine laborinterne Probennummer generiert und auch auf den Arbeitslisten mit ausgedruckt. Meist handelt es sich um einen Buchstaben, welcher für den Arbeitsplatz codiert sowie eine angehängte fortlaufende Nummer der Probe des aktuellen Arbeitstages.

Labor-EDV

Laborprobe

O. Colhoun

W.R. Külpmann

Synonym(e). elektronische Labordatenverarbeitung

Englischer Begriff. laboratory sample

Englischer Begriff. laboratory data processing

Definition. 7 Primärprobe oder eine Teilprobe von dieser, wie sie in

Lagerung von Proben

ein Laboratorium versandt wird oder dort eingeht und die für Messungen vorgesehen ist (7 Probe).

Literatur. EN 12286 (1998)

Laborstatus

827

Laevulose 7 Fruktose

Lagerung von Proben W.G. Guder

O. Colhoun

Synonym(e). Tagesinformation

Synonym(e). Probenaufbewahrung Englischer Begriff. storage of samples; storage of blood, urine and

Englischer Begriff. laboratory status

CSF

Definition. Funktion der 7 Labor-EDV, die jederzeit eine Übersicht

Definition. Die Lagerung von diagnostischen Proben umfasst die Aufbewahrung vor und nach der Durchführung der Analyse.

über den Stand der Arbeiten verschafft, um gezielt Schwachstellen im Ablauf zu lokalisieren. i Angezeigt werden die Zahl der Aufträge, Materialien, Anfor-

derungen und Ergebnisse aus verschiedenen Sichtweisen: Anzahl der Anforderungen pro Laborbereich oder/und Arbeitsplatz und Zeitintervall, Anteil der jeweils fertig bearbeiteten Aufträge, Anzahl der Aufträge pro Befundtyp zur Validation bzw. zum Druck anstehend.

Labtestonline O.A. Gressner

Englischer Begriff. labtestsonline Definition. Öffentliches, mehrsprachiges Informationsportal zur medizinischen Labordiagnostik. i Labtestsonline.de ist als Teil eines Europäischen Kooperations-

projekts von Fachgesellschaften der Laboratoriumsmedizin und Klinischen Chemie entstanden. Derzeit sind die deutsche, englische, italienische, polnische, spanische und ungarische nationale Fachgesellschaft aktiv an der Entwicklung beteiligt. Ursprünglich wurde das Konzept für Labtestsonline von der American Association for Clinical Chemistry (AACC) entwickelt. Suchkriterien sind Labortests, Screeningtests und Erkrankungen bzw. Syndrome.

i Die Lagerung von diagnostischem Untersuchungsmaterial (Proben und Probenmaterial) dient verschiedenen ärztlichen und technischen Zwecken: 5 Sicherung der Probe bis zur Durchführung der Untersuchung mit dem Ziel der Ermittlung der beim Patienten in vivo vorhandenen Zusammensetzung 5 Sicherung der Probe nach Durchführung der Untersuchung zur Ermöglichung der Durchführung weiterer Untersuchungen, der Wiederholung der durchgeführten Untersuchung oder der Weitergabe für andere Zwecke 5 Aufbewahrung zur Sicherung der Identität, als Beweismittel für darin enthaltene Fehler oder anderer ärztlicher und/oder juristischer Gründe.

Zu diesen Zwecken ist die Art der Probe und Temperatur der Lagerung so zu wählen, dass eine Veränderung des Zustandes möglichst ausgeschlossen ist. Nach Definition der geplanten Lagerungszeit wird aus einer der vorliegenden Informationsquellen die für die durchgeführten und evtl. geplanten Untersuchungen kritischste Situation ausgewählt und nach ihr die Form der Probe (z. B. Plasma oder Vollblut nach Zentrifugation auf dem Trenngel ) und die Lagertemperatur festgelegt. Dabei wird zwischen Raumtemperatur, Kühlschranktemperatur, gefroren und tiefgefroren unterschieden. Gegebenenfalls werden der Probe noch Zusätze zur Stabilisierung hinzugefügt. Derzeit gelten zur Lagerung eingesandter Proben die in 7 Tab. 1 genannten allgemeinen Regeln.

Literatur. Labtestsonline Deutschland: www.labtestonline.de Labtestsonline USA: www.labtestonline.com Lagerung von Proben. Tab. 1. Regeln

β-Lactamase R. Weiskirchen

Synonym(e). Penicillinase; Cephalosporinase; EC 3.5.2.6

Probenart

Untersuchungszweck

empfohlene maximale Lagerungszeit

EDTA-Blut

Hämatologie

3 h Raumtemperatur

Zitrat-Blut

Gerinnungsuntersuchungen

4 h nach Zentrifugation bei Raumtemperatur, als Plasma tiefgefroren bis 3 Monate

Serum, HeparinPlasma

Klinisch-chemische Untersuchungen

1 Woche über dem Trenngel bei Kühlschranktemperatur, bis 6 Monate eingefroren

Spontanurin

Teststreifen, Sediment

4 h bei Raumtemperatur

Liquor cerebrospinalis

Liquorzellen, Proteine, Glukose, Laktat

30 min (Laktat) – 2 h (Glukose, Zellen) bei Raumtemperatur, 1–5 h im Kühlschrank. Proteine bis 7 Tage im Kühlschrank

Blut

Blutgruppenbestimmung

3 Tage (für Kreuzprobe) bis 1 Woche im Kühlschrank (aus zweiter Probe)

Proben

zur Bestimmung toxikologischer Analyten

4–6 Wochen im Kühlschrank oder eingefroren, je nach Probe oder Analyt

Definition. Bezeichnung für bakterielle Enzyme, die den β-Lactam-

ring von β-Lactam 7 Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine) spalten und damit inaktivieren können

i β-Lactamasen sind eine Hauptursache für die 7 Resistenz von

Bakterien gegen diese Gruppe von Antibiotika. Sie wurden erstmalig im Jahr 1940 entdeckt und aufgrund ihrer Substratspezifität in drei Gruppen unterteilt: Penicillinasen, Cephalosporinasen und Breitband-β-Lactamasen.

Literatur. Braham EPA, Hain EC (1940) An Enzyme from Bacteria Able to Destroy Penicillin. Nature (London) 146:837–839 Mutschler E (2001) Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart

Lady Mary Jane T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Marihuana (7 Straßennamen von Drogen: Cannabinoide).

Laetril 7 Vitaminoide

L

828

Laktase

Weitere Angabe zur Stabilität einzelner Analyten sind der Literatur zu entnehmen und bei den einzelnen Analyten aufgeführt.

Englischer Begriff. lactase mutation; lactase-phlorizin hydrolase mu-

Literatur. Guder WG, daFonseca-Wollheim F, Heil W Schmitt Y, Töp-

Definition. Über Assoziationsstudien gefundener Genpolymorphis-

fer G, Wisser H, Zawta B (2012) Die Qualität diagnostischer Proben. Empfehlungen der Arbeitsgruppe Präanalytik der DGKL, 7. Aufl. BD Heidelberg

mus (7 Polymorphismus), der mit der primären Laktoseintoleranz korreliert ist.

Laktase R. Weiskirchen

Synonym(e). Laktase-Phlorizinhydrolase; Laktase-Glykosylceramidase; EC 3.2.1.62

tation; lactase-glycosylceramidase mutation

i Dieser Genpolymorphismus, befindet sich in der sog. 7 Enhancer-Region des Laktasegens rund 13,9 kbp upstream des Laktasecodierenden Gens (LCT). Obwohl dieser 7 Basenaustausch, der über gendiagnostische Analysen (7 Gendiagnose) dargestellt werden kann, nicht zu einer geänderten Laktase führt, ist er mit einer deutlich reduzierten Expression der Laktase verbunden. Daher spricht man im Laborjargon oft von der „Laktase-Mutation“.

Englischer Begriff. lactase; lactase-phlorizin hydrolase; lactase-glycosylceramidase

Definition. Disaccharidase der Bürstensaummembran des Dünndarms, die als β-Galaktosidase Laktose zu Glukose und Galaktose spaltet. i Laktase spaltet Laktose der Nahrung zu 7 Glukose und 7 Galak-

tose. Diese Hydrolyse ist die Voraussetzung für die Resorption und somit für die Utilisierung von Laktose. Laktase wird durch das sog. LCT-Gen kodiert und ist ein Typ-1-Membranprotein, das auf der apikalen Oberfläche von Enterozyten des Dünndarms exprimiert wird. Die Laktaseaktivität ist hoch während der Kindheit, wenn Milch ein Hauptbestandteil der Nahrung ist. Im Erwachsenenalter wird die Laktaseaktivität durch einen genetischen 7 Polymorphismus beeinflusst. Der primäre, d. h. genetisch determinierte Laktasemangel ist die häufigste Ursache der Laktosemalabsorption, die mittels des 7 Laktosetoleranz-Tests oder mittels Dünndarmbiopsie nachweisbar ist. Beim primären Laktasemangel ist die Aktivität anderer Disaccharidasen nicht beeinträchtigt. Dagegen sind beim sekundären Laktasemangel, der in der Folge von Störungen der Integrität der Bürstensaummembran bei einer Vielzahl von Dünndarmerkrankungen auftreten kann, auch andere Disaccharidasen betroffen. Ist die Aktivität des Enzyms reduziert, so wird überschüssige Laktose in tieferen Abschnitten des Verdauungstrakts durch Bakterien fermentiert. Die bakteriellen Gärungsprodukte (CO2, kurzkettige Fettsäuren, Wasserstoff und Methan) von unverdauten Laktosemolekülen im Dickdarm führen zu Symptomen wie Völlegefühl, Blähungen, Meteorismus und krampfartigen Bauchschmerzen. Zusätzlich sind die verbleibenden Disaccharide osmotisch wirksam und bedingen daher in vielen Fällen eine Diarrhoe. Genetische Assoziationsstudien haben gezeigt, dass die primäre Laktoseintoleranz mit zwei genetischen Polymorphismen (C/T-13910 und G/A-22018), die sich im Enhancer-Bereich des Laktasegens befinden, assoziiert ist.

Literatur. Lomer MC, Parkes GC, Sanderson JD (2008) Review article: lactose intolerance in clinical practice-myths and realities. Aliment Pharmacol Ther 27:93–103 Enattah NS, Sahi T, Savilahti E, Terwilliger JD, Peltonen L, Järvelä I (2002) Identification of a variant associated with adult-type hypolactasia. Nat Genet 30:233–237 Tag CG, Oberkanins C, Kriegshäuser G, Ingram CJ, Swallow DM, Gressner AM, Ledochowski M, Weiskirchen R (2008) Evaluation of a novel reverse-hybridization StripAssay for typing DNA variants useful in diagnosis of adult-type hypolactasia. Clin Chim Acta 92:58–62

Laktase-Glykosylceramidase 7 Laktase

Laktase-Glykosylceramidase-Mutation 7 Laktase-Mutation

Laktase-Mutation R. Weiskirchen

Synonym(e). Laktase-Phlorizinhydrolase-Mutation; Laktase-Glykosylceramidase-Mutation

Laktase-Phlorizinhydrolase 7 Laktase

Laktase-Phlorizinhydrolase-Mutation 7 Laktase-Mutation

Laktat K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Milchsäure Englischer Begriff. lactic acid Definition. Einfache Ketocarbonsäure mit 3 Kohlenstoffatomen. Endprodukt der anaeroben Glykolyse. Struktur. C3O3H6; 7 Abb. 1

Laktat. Abb. 1. Milchsäure

Molmasse. 89,08 g (als Base); 90,08 g (als Säure) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Laktat entsteht im Stoffwechsel ganz vorwiegend als Endprodukt der anaeroben Glykolyse. Es kann entweder im Citratzyklus vollständig abgebaut werden oder als Baustein für die Glukoneogenese wiederverwertet werden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Vollblut oder Liquor. Die Werte im arteriellen und Kapillarblut liegen ca. 20 % unter denen des venösen Bluts. Längere Stauung führt zu einem Anstieg der venösen Laktatkonzentration.

Probenstabilität. Der Probe ist, wenn keine direkte Bestimmung möglich ist, ein Inhibitor der Glykolyse beizusetzen (7 Glukose). Ansonsten werden falsch hohe Werte gemessen, da ex vivo in den Erythrozyten signifikant Laktat produziert wird. Liquor wird in der Regel ohne Zusätze ins Labor transportiert. Im normalen Liquor kommt es dabei nicht zu relevanten Konzentrationsveränderungen. Leukozytose oder Bakterien können zu einer Erhöhung der Laktatkonzentration ex vivo führen.

Präanalytik. Bei Verwendung eines Glykolyseinhibitors ist es nicht erforderlich, die Probe auf dem Transport zu kühlen. Analytik. Die Bestimmung erfolgt meist enzymatisch mit Hilfe der Laktatdehydrogenasereaktion. Die Bildung von NADH2 wird photometrisch verfolgt und ist proportional der Laktatkonzentration der Probe. Da die Laktatdehydrogenase die Reaktion von Laktat zu Pyruvat in beide Richtungen katalysiert, ist es erforderlich, das Reaktionsgleichgewicht zum Pyruvat zu verschieben. Dies erfolgt durch Einstellung eines alkalischen pH und die Umwandlung des neugebildeten Pyruvats durch Transaminierung zu L-Alanin. Neben der konventionellen enzymatischen Bestimmung kann Laktat auch am-

Laktatdehydrogenase

perometrisch (7 Amperometrie) gemessen werden. Dabei wird durch Laktatoxidase H2O2 generiert, das an einer entsprechenden 7 Elektrode ein Potenzial erzeugt.

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL × 0,11 = mmol/L Referenzbereich — Erwachsene. venös: 0,5–2,2 mmol/L; arteriell: < 1,8 mmol/L; Liquor: 1,2–2,1 mmol/L (7 Liquor-L-Laktat)

Referenzbereich — Kinder. Neugeborene (Kapillarblut): 0,3– 2,2 mmol/L

Indikation. Anstiege der Laktatkonzentration sind Hinweise auf eine anaerobe Glykolyse. Deshalb wird sie zur Verlaufskontrolle bei Kreislaufversagen und Intoxikationen, zur Überwachung des Feten unter der Geburt oder zur Steuerung der Trainingsintensität bei Leistungssportlern genutzt. Außerdem ist Laktat für die Differenzialdiagnose von metabolischen Azidosen von Bedeutung. Interpretation. Eine erhöhte Laktatkonzentration ist meist Ausdruck einer gesteigerten Produktion von Laktat z. B. bei anaerober Glykolyse. Beim Diabetes kann auch im Rahmen verstärkter Fettsäureutilisation aufgrund der erhöhten Verfügbarkeit von NADH vermehrt Laktat produziert werden. Grundsätzlich kann zwischen Hyperlaktatämien mit Gewebshypoxie und ohne Gewebshypoxie unterschieden werden. Zu den letzteren werden Infektionen, verschiedene Intoxikationen, die diabetische Laktatazidose und hereditäre Formen der Laktatazidose gerechnet.

Literatur. Thomas L (2007) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

L-Laktat, im Liquor 7 Liquor-L-Laktat

Laktatdehydrogenase K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. lactate dehydrogenase Definition. Laktatdehydrogenase (LDH) ist ein in allen Körperzellen vorkommendes Enzym, das die reversible Reduktion von 7 Pyruvat zu 7 Laktat katalysiert. Struktur. LDH ist ein zytoplasmatisches, tetrameres Enzym. Aus zwei verschiedenen Untereinheiten, H-Typ (Herz auf Chromosom 12) und M-Typ (Muskulatur auf Chromosom 3), werden insgesamt fünf verschiedene, gewebstypische Isoenzyme gebildet.

Molmasse. ~34 kDa je Untereinheit Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In Herzmuskulatur, Erythrozyten und den Nieren werden die Isoenzyme LDH-1 (HHHH) und LDH-2 (HHHM) synthetisiert, in Granulozyten und der Lunge LDH-3 (HHMM), sowie in Leber, Skelettmuskulatur, Milz und Lunge LDH-4 (HMMM) und LDH-5 (MMMM). Prinzipiell werden in Geweben mit hohem Sauerstoffbedarf vornehmlich Isoenzyme mit einem hohen H-Untereinheitenanteil, in Geweben mit hoher glykolytischer Aktivität Isoenzyme mit einem hohen M-Untereinheitenanteil gebildet. Halbwertszeit. 110 h (bedingt durch LDH-1-Isoenzym) Funktion und Pathophysiologie. LDH ist ein zytoplasmatisches Enzym und kommt ubiquitär vor. LDH katalysiert die reversible Reduktion von Pyruvat zu Laktat. Die LDH-Konzentration ist in Abhängigkeit vom Gewebe intrazellulär ca. 500-fach höher als im Blut. In Abhängigkeit vom geschädigten Organ kommt es zu einer unterschiedlich starken Freisetzung der verschiedenen Isoenzyme, die die Höhe des LDH-Anstiegs und wegen der unterschiedlichen Halbwertszeiten, die Dauer der LDH-Erhöhung bestimmen.

829

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Probenstabilität. Serum: 20–25 °C: 7 Tage; 4–8 °C: vermeiden, da LDH-4 und -5 kältelabil sind; –20 °C: 6 Wochen Präanalytik. Herstellung von Thrombozyten-armem Plasma (Zentrifugation bei 3000 g), da Thrombozyten eine hohe LDH-Konzentration enthalten. Serum innerhalb von 2 h vom Blutkuchen trennen. Hypotones Reagenz führt bei Thrombozytenkontamination zu falsch hohen Messwerten, während mit normotonem Reagenz Thrombozyten durch optische Interferenz stören können. In-vitro-Hämolyse führt aufgrund des hohen LDH-Gehalts der Erythrozyten zu falsch hohen Messwerten.

Analytik. Kinetischer Einschritt-Test mit Vorwärtsreaktion (Umwandlung von Laktat zu Pyruvat) bei 37 °C (IFCC-Methode): Laktat + NAD+

LDH

Pyruvat + NADH + H+

Die NADH2-Bildungsgeschwindigkeit ist direkt proportional zur LDH-Aktivität und wird durch Extinktionszunahme bei 340 nm gemessen (optischer Test nach Warburg, 7 Enzymaktivität).

Konventionelle Einheit. U/L Internationale Einheit. μkat/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. U/L × 0,0167 = μkat/L Referenzbereich — Erwachsene. < 260 U/L (IFCC, 37 °C) Referenzbereich — Kinder. Neugeborene: < 600 U/L (IFCC, 37 °C), Kinder: < 300 U/L (IFCC, 37 °C) Indikation.

5 Diagnose einer hämolytischen Anämie 5 Diagnose einer megaloblastären Anämie 5 Prognoseparameter beim Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom 5 Diagnose und Verlaufsbeurteilung des ovariellen Dysgerminoms.

Interpretation. Bei der akuten hämolytischen Anämie werden LDHAnstiege auf das 1,2- bis 13,7-Fache der oberen Referenzbereichsgrenze (ORG) beobachtet, die Sensitivität beträgt nahezu 100 %. Bei der chronischen hämolytischen Anämie können LDH-Anstiege dagegen fehlen. Patienten mit megaloblastärer Anämie weisen LDHAktivitäten zwischen dem 1,9- bis 29,2-Fachen der ORG mit einer Sensitivität von ca. 90 % auf. Patienten mit Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphom und LDHWerten über der ORG weisen eine signifikant schlechtere Überlebensrate auf als Patienten mit einer LDH im Normbereich. Beim ovariellen Dysgerminom weisen nahezu 100 % der Patientinnen erhöhte LDH-Werte auf. Gegenüber einem Kontrollkollektiv von Patientinnen mit gutartigen Ovartumoren liegt die diagnostische Sensitivität der LDH bei > 90 %, die Spezifität bei ~60 %. Diagnostische Wertigkeit. Aufgrund ihrer ubiquitären Verteilung ist die LDH bei einer Vielzahl von Erkrankungen erhöht. Größtenteils stehen jedoch sensitivere und vor allem spezifischere Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Relevant zur Diagnose, Verlaufsbeobachtung und/oder prognostischen Einschätzung trägt die LDH-Bestimmung jedoch nur bei den oben genannten Erkrankungen bei. Die Bestimmung von LDH und LDH-1/2 (7 Hydroxybutyratdehydrogenase, HBDH) wird häufig noch für die Spätdiagnose eines akuten Myokardinfarktes (> 36–48 h nach Symptombeginn) erwähnt. Prinzipiell ist die Bestimmung von LDH/HBDH dafür geeignet. Praktisch wird sie für diese Indikation jedoch nicht mehr verwendet, da mit den herzspezifischen 7 Troponinen sensitivere und spezifischere Marker verfügbar sind. Literatur. Huijgen HJ, Sanders GT, Koster RW et al (1997) The clinical value of lactate dehydrogenase in serum: a quantitative review. Eur J Clin Chem Clin Biochem 35:569–579 Thomas L (2007) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

L

830

Laktatdehydrogenase, Isoenzyme

Laktatdehydrogenase, Isoenzyme K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. lactate dehydrogenase isoenzymes Definition. Im menschlichen Körper kommt Laktatdehydrogenase als tetrameres Enzym, bestehend aus zwei Untereinheiten, in Form von fünf verschiedenen Isoenzymen vor. Struktur. Jedes Molekül Laktatdehydrogensase besteht aus vier Untereinheiten der Typen (Herz) und M (Muskulatur). Die Untereinheiten weisen jeweils ein Molekulargewicht von 34 kDa auf und werden von zwei verschiedenen Genloci kodiert. Molmasse. 170 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In Herzmuskulatur, Erythrozyten und den Nieren werden die Isoenzyme LDH-1 (HHHH) und LDH-2 (HHHM) synthetisiert, in Granulozyten und der Lunge LDH-3 (HHMM), sowie in Leber, Skelettmuskulatur, Milz und Lunge LDH-4 (HMMM) und LDH-5 (MMMM). Prinzipiell werden in Geweben mit hohem Sauerstoffbedarf vornehmlich Isoenzyme mit einem hohen H-Untereinheitenanteil, in Geweben mit hoher glykolytischer Aktivität Isoenzyme mit einem hohen M-Untereinheitenanteil gebildet. Halbwertszeit. LDH-1: 110 h, LDH 5: 8–12 h Pathophysiologie. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Erkrankung werden verschiedene LDH-Isoenzyme mit unterschiedlichen Halbwertszeiten ins Blut freigesetzt. So ist der Nachweis von LDH-1 und -2 prinzipiell zur Spätdiagnostik eines Herzinfarktes oder einer Hämolyse geeignet (7 Hydroxybutyratdehydrogenase), während bei Leberschäden LDH-4 und -5 häufig nur für kurze Zeit im Blut nachweisbar sind. Untersuchungsmaterial. Serum Analytik. Die LDH-Isoenzyme können auf 7 Celluloseacetatfolie oder 7 Agarosegel im alkalischen Milieu elektrophoretisch aufgetrennt werden. Die Wanderungsgeschwindigkeit im Gel ist abhängig vom jeweiligen Anteil an Untereinheiten. H-Untereinheiten wandern schnell, M-Untereinheiten langsam zur Anode. Die Visualisierung der Banden erfolgt nach enzymatischer Umwandlung von 7 Laktat zu Pyruvat mittels Koppelung des Pyruvats an Terazoliumsalz (Celluloseacetatfolie) bzw. mittels fluoreszenzspektrometrischer Detektion (7 Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie) der NADPH2-Bildung (Agarosegel). Bewertung. Anhand der elektrophoretischen Auftrennung können verschiedene LDH-Isoenzym-Muster unterschieden werden: 5 Eine anodische Konzentrierung der Isoenzyme tritt bei Erkrankungen auf, die vor allem LDH-1 und -2 freisetzen (z. B. Herzinfarkt, Hämolyse [auch in vitro!], Muskeldystrophie [relatives Fehlen von LDH-4 und -5], Niereninfarkt). 5 Intermediäres LDH spiegelt LDH-3-Freisetzung wider (z. B. Thrombozytolyse, Lymphome, Milzinfarkt). 5 Eine kathodische Konzentrierung findet sich bei LDH-4 und -5-Freisetzung (z. B. Lebererkrankungen, Leberstauung bei Rechtsherzinsuffizienz, Skelettmuskelschädigung) Die LDH-Isoenzym-Differenzierung hat keine relevante Verbreitung für die Diagnostik gefunden, da bei nahezu allen Indikationen sensitivere und vor allem spezifischere alternative Parameter verfügbar sind.

Literatur. Thomas L (2007) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Laktatdehydrogenase/AspartataminotransaminaseQuotient A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). LDH/AST-Quotient; LDH/ASAT-Quotient; LDH/ GOT-Quotient; Gerlach-Quotient

Englischer Begriff. lactate dehydrogenase/aspartate aminotransferase-ratio; LDH/AST-ratio Definition. Der LDH/AST-Enzymaktivitätsquotient wird als zusätzliche Kenngröße zur Differenzialdiagnostik des Ikterus empfohlen. i Der für die Differenzialdiagnostik des hämolytischen und hepatozellulären Ikterus eingesetzte LDH/AST-Quotient benutzt einen Cut-off von 12: Quotienten über 12 sprechen für einen hämolytischen, Quotienten unter 12 für einen hepatozellulären Ikterus. Starke Erhöhungen des LDH/AST-Quotienten treten auch bei Hepatitis mononucleosa auf.

Literatur. Schmidt E, Schmidt FW (1978) Normwerte und Befundmuster bei Lebererkrankungen. Therapiewochen 28:1788–1799

Laktoferrin H. Fiedler

Synonym(e). Laktotransferrin Englischer Begriff. lactoferrin; lactotransferrin Definition. Laktoferrin ist ein multifunktionales eisenbindendes Protein, das für die Abwehr von Bakterien, Viren und Pilzen bei der angeborenen Immunität notwendig ist.

Struktur. Laktoferrin besteht aus einer Peptidkette mit zwei an Asparagin gebundenen Oligosacchariden, gehört zur 7 Transferrin-Familie und ist im Blut als Monomer und Tetramer vorhanden. Molmasse. 80 kDa (abhängig vom Glykosylierungsgrad) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Laktoferrin wird in neutrophilen Granulozyten (deponiert in azurophilen und spezifischen Granula) und in Drüsenepithelzellen synthetisiert. Es wird in Serum, Galle, Speichel (0,55 mg/L), Urin, Sperma, Pankreassekret, Stuhl (< 2,4 μg/g), Bronchialsekret und besonders in der Muttermilch (4,9– 5,5 g/L) gefunden. Durch Proteolyse werden Peptide (Laktoferricin, Kaliocin-1) mit antimikrobieller Wirkung gebildet. Funktion und Pathophysiologie. Laktoferrin bindet zwei Eisenionen (Fe3+), inhibiert in Neutrophilen die Fe-abhängige Lipidperoxidation, reguliert die Granulopoese und beseitigt reaktive Sauerstoffspezies. Durch Entzug von Eisen hemmt Laktoferrin das Wachstum von Bakterien und Pilzen und schützt besonders vor deren Schleimhautbefall. Bei rekurrierenden Infekten von Kindern ist der Verdacht eines Laktoferrinmangels in den Neutrophilen auszuschließen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTAPlasma, Leukozyten. Schnelle Bearbeitung des Blutes ist wegen der Freisetzung aus Leukozyten notwendig. Konzentrationen im Serum meist höher als im Plasma. Analytik. 7 Radio-, 7 Enzym- und 7 Lumineszenzimmunoassays (analytischer VK < 4 %, intraindividueller VK 10–14 %). Immunhistochemie. Referenzbereich — Frauen. Serum 41–163 μg/L. Es werden auch höhere Werte (170–440 μg/L) dokumentiert.

Referenzbereich — Männer. Serum 53–195 μg/L. Es werden auch höhere Werte (170–440 μg/L) dokumentiert. Referenzbereich — Kinder. Nicht verfügbar Diagnostische Wertigkeit. Laktoferrin wird bei 7 Akute-PhaseReaktionen vermehrt und parallel zur 7 Elastase aus Neutrophilen freigesetzt. Als Entzündungsparameter hat Laktoferrin im Vergleich zu anderen 7 Akute-Phase-Reaktanten keine Bedeutung. Der Einsatz der Laktoferrinbestimmung beschränkt sich auf Spezialfälle besonders in der Pädiatrie (auch in neutrophilen Granulozyten). Literatur. Antonsen S (1993) Within-Subject Variation of Elastase/ α1-Protease Inhibitor Complexes and Lactoferrin in Plasma. Scand J Clin Lab Invest 53:611–616

Lambda-Ketten

Ward PP, Paz E, Conneely OM (2005) Multifunctional roles of lactoferrin: a critical overview. Cell Mol Life Sci 62: 2540–2548

Laktosereaktion nach Wöhlk 7 Wöhlk-Test

831

Funktion und Pathophysiologie. 7 Laktosetoleranz-Test Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Abhängig von der Bestimmungsmethode: Kapillarblut, Venenblut, Plasma Analytik. Enzymatische Messung der Konzentration von Galaktose Referenzbereich — Erwachsene. Galaktosekonzentration in Vollblut

Laktosetoleranz-Test

oder Serum ≥ 5 mg/dL (0,3 mmol/L)

R. Tauber, F.H. Perschel

Literatur. Lembcke B (2007) Laktose-Toleranz-Test. In: Thomas L

Englischer Begriff. oral lactose tolerance test Definition. Funktionstest zum Nachweis einer Laktosemalabsorption, der auf der Messung der Blutglukosekonzentration nach oraler Gabe von Laktose beruht.

Durchführung. Beim nüchternen Patienten sowie 0, 30, 60, 90, 120 min nach oraler Gabe von 50 g Laktose gelöst in 400 mL Wasser wird die Konzentration der Blutglukose bestimmt. Die Laktosebelastung bei Kindern wird mit 2 g Laktose/kg KG durchgeführt.

Funktion und Pathophysiologie. Oral zugeführte Laktose wird phy-

siologisch im Dünndarm durch 7 Laktase zu 7 Glukose und 7 Galaktose hydrolysiert. Beide Monosaccharide werden aktiv resorbiert. Bei primärem wie sekundärem Laktasemangel läuft die Laktasespaltung nicht oder verzögert ab, so dass in der Folge der Anstieg der Blutglukose ausbleibt. Die Passage von Laktose in den Dickdarm führt zu osmotischer Diarrhoe und durch die bakterielle Fermentation zur CO2-Bildung und zu Blähungen und Bauchkrämpfen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Abhängig von der Bestimmungsmethode: Kapillarblut, Venenblut, Plasma Analytik. Enzymatische Messung der Konzentration von 7 Glukose: Hexokinase-Methode, Glukoseoxidase-Methode, Glukose-Dehydrogenase-Methode Referenzbereich — Erwachsene. Glukoseanstieg im Vollblut oder Serum um ≥ 20 mg/dL (1,11 mmol/L), im Kapillarblut ≥ 25 mg/dL (1,39 mmol/L)

Indikation. Verdacht auf primären oder sekundären Laktasemangel, Verdacht auf Laktosemalabsorption anderer Genese Interpretation. Ein verminderter Anstieg der Blutglukosekonzentration nach oraler Laktosebelastung zeigt einen Laktasemangel an.

Diagnostische Wertigkeit. Wegen seiner niedrigen diagnostischen Sensitivität von etwa 75 % und einer diagnostischen Spezifität von etwa 83 % ist der orale Laktosetoleranztest dem 7 H2-Atemtest nach Laktose unterlegen und zum Ausschluss eines Laktasemangels nicht ausreichend.

Literatur. Lembcke B (2007) Laktose-Toleranz-Test. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Laktosetoleranz-Test mit Ethanol R. Tauber, F.H. Perschel

(Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Laktotransferrin 7 Laktoferrin

Laktotropes Hormon 7 Prolaktin

Laktulose-H₂-Atemtest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Laktulose-Wasserstoff-Exhalationstest Englischer Begriff. lactulose-hydrogen breath test Definition. Der zur Diagnostik einer bakteriellen Überbesiedlung des Dünndarms eingesetzte Atemfunktionstest misst die durch bakterielle Metabolisierung der oral verabreichten Laktulose (nicht resorbierbares semisynthetisches Disaccharid) entstehende und abgeatmete Wasserstoffmenge in einem definierten Zeitraum nach Testbeginn. i Nach oraler Belastung des nüchternen Patienten (12-h-Nüchternperiode) mit 20 g Laktulose (ein natürlich nicht vorkommendes, semisynthetisches Disaccharid, welches aus β-glykosidisch verbundener D-Galaktose und D-Fruktose besteht und nicht resorbiert wird, isotone Lösung von 10 g Laktulose in Wasser) erfolgt bei bakterieller Besiedlung des Dünndarms bereits in diesem Darmabschnitt eine Vergärung der Laktulose mit Bildung von Wasserstoff, der nach Resorption in die Blutbahn und Transport in die Lunge abgeatmet wird. Die Messung des exhalierten Wasserstoffs erfolgt in 30 min-Intervallen 10 min bis 3 h nach Testbeginn. Ein frühzeitig, ca. 30–60 min nach Testbeginn exhalierter Wasserstoff weist auf pathologische bakterielle Besiedlung des Dünndarms hin. Ein spät nach Testbeginn (2–3 h) exhalierter Wasserstoff weist auf Vergärung im Kolon in Folge Kohlenhydratmalassimilation im Dünndarm hin. Sensitivität und Spezifität des Laktulose-H2-Atemtests werden mit 55–65 % bzw. 44–100 % angegeben im Vergleich zum 7 Glukose-H2-Atemtest mit 75–91 % bzw. 75–83 %.

Literatur. Stein J, Wehrmann T (Hrsg) (2005) Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie, 2. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Laktulose-Wasserstoff-Exhalationstest 7 Laktulose-H2-Atemtest

Englischer Begriff. oral lactose tolerance test with ethanol Definition. Funktionstest zum Nachweis einer Laktosemalabsorpti-

Lambda-Ketten

on, der auf der Messung der Blutglukosekonzentration nach oraler Gabe von 7 Laktose beruht und bei dem gegenüber dem einfachen Laktosetoleranz-Test die Umwandlung von 7 Galaktose zu 7 Glukose in der Leber durch zusätzliche Gabe von Ethanol gehemmt wird.

Synonym(e). L-Ketten; 7 Leichtketten, Serum und Urin

Durchführung. 15 min vor Laktosegabe werden dem nüchternen Pa-

Definition. Leichtkette im Immunglobulinmolekül

tienten 300 mg Ethanol pro kg KG per os gegeben. Die weitere Durchführung entspricht der des normalen 7 Laktosetoleranz-Tests, wobei jedoch die Blutgalaktosekonzentration anstelle der Blutglukosekonzentration bestimmt wird.

H. Renz, B. Gierten

Englischer Begriff. lambda chain; l-chain; λ-chain

i Die λ-Kette repräsentiert eine der beiden Leichtketten der Im-

munglobuline. Die 23 kDa schwere, 214 Aminosäuren lange Proteinkette besteht aus einem konstanten und einem variablen Teil, der

L

832

Lambda-Phagen-Vektoren

an der spezifischen Antigenbindung beteiligt ist. Ca. 40 % der von BZellen produzierten Leichtketten gehören zum Typ κ.

Literatur. Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, p 107

Form c = Eλ,T/ελ,T × d angewandt, wobei ελ,T und d durch die Messbedingungen festgelegt, d. h. konstant sind. Die Konzentration des gelösten Stoffes (Analyten) ist dann über geeignete Kalibrationsfunktionen aus E (Extinktion, Absorption, Lichtschwächung) erhältlich.

Literatur. Näser KH, Peschel G (1986) Physikalisch-chemische Mess-

Lambda-Phagen-Vektoren R. Weiskirchen

Definition. Bakterienvirus, der in der Gentechnik verwendet wird, um größere, meist genomische DNA-Abschnitte zu 7 klonen und bakteriell zu vermehren

i Der Bakteriophage Lambda besitzt einige nicht essenzielle Sequenzen, die durch neu zu klonierende Genabschnitte ersetzt werden können (Replacement-Vektoren). Genau wie bei einer Klonierung in 7 Cosmide besteht gegenüber der Klonierung in 7 Plasmide der Vorteil, dass die In-vitro-Verpackung in Phagenköpfe und die 7 Infektion von E. coli sehr effizient verläuft und dass bei diesem Prozess eine Größenselektion (auf relative große Rekombinationsprodukte) zwischen 75 und 105 % des Lambda-Wildtyp-Genoms abläuft. Derivate dieses 7 Bakteriophagen besitzen spezielle Klonierstellen mit für die Klonierung günstigen 7 Restriktionsschnittstellen. Der Phage bringt seine DNA über 7 Transduktion in das Bakterium ein und kann dort sowohl seinen lytischen (produktiven) als auch einen lysogenen (ruhenden) Lebenszyklus einschlagen.

Literatur. Watson JD, Gilman M, Witkowski J, Zoller M (1993) Rekombinierte DNA. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin Oxford

Lambert-Beer-Gesetz T. Arndt

Synonym(e). Bouguer-Lambert-Gesetz Englischer Begriff. Lambert-Beer law Definition. Das Lambert-Beer-Gesetz besagt, dass die Absorptionsintensität (Lichtschwächung) eines monochromatischen Lichtstrahls in einer Lösung unter bestimmten Bedingungen der durchstrahlten Schichtdicke (der Länge des Lichtwegs in) dieser Lösung und der molaren Konzentration der gelösten Substanz proportional ist. i Das Lambert-Beer-Gesetz wurde durch die Vereinigung des BeerGesetzes (nach dem der Lichtabsorptionskoeffizient einer farbigen Lösung proportional der Konzentration der im farblosen Lösungsmittel gelösten Substanz ist) und des Bouguer-Lambert-Gesetzes (nach dem die differenzielle Lichtabsorption einer Lösung bei konstanter Konzentration der gelösten Substanz der Schichtdicke der durchstrahlten Lösung proportional ist) erhalten. In seiner einfachsten Form lautet das Gesetz:

Eλ,T = log I0/I = ελ,T × c × d Dabei sind Eλ,T die Extinktion (Absorption, spektrales Absorptionsmaß) bei der Wellenlänge λ und der Temperatur T, I0 die Intensität des eingestrahlten und I die des austretenden Lichts, ελ,T der molare, dekadische Extinktionskoeffizient bei λ und T, c die Konzentration der gelösten Substanz und d die Wegstrecke des Lichtstrahls in der Lösung (gewöhnlich die Messküvettendicke). Der Quotient I/I0 wird auch als Durchlässigkeit oder Transparenz bezeichnet, der Quotient I0/I als Opazität oder optische Dichte. Die nach DIN zu verwendenden Begriffe Strahlungsfluss und molarer Absorptionskoeffizient werden noch immer selten angewandt. Hiernach entspricht der Quotient τi = Φex/Φin der Transmission mit Φex = Strahlungsfluss des durchgelassenen und Φin des einfallenden Lichtstrahls. Die Extinktion ist dann log 1/τi. Das Lambert-Beer-Gesetz gilt streng genommen nur für verdünnte Lösungen (c < 10-2 mol/L) und wird bei Vorliegen mehrerer gelöster Komponenten komplexer. Alle im klinisch-chemischen Labor auf Lichtabsorption beruhenden Analysenmethoden beruhen auf dem Lambert-Beer-Gesetz. Zur Konzentrationsbestimmung eines Analyten wird das Gesetz in der

methoden. 4. Aufl. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig Kortüm G (1962) Kolorimetrie. Photometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. SpringerVerlag, Berlin Göttingen Heidelberg

Lamin-B-Rezeptor-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Lamin-B-Rezeptoren

Laminine H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. laminin Definition. Laminine bilden eine Familie komplexer ExtrazellulärMatrix Proteine, die für die Funktion von Basalmembranen von entscheidender Bedeutung sind. i Laminine bilden eine Familie von großen Glykoproteinen, die

als Heterotrimere aus je einer α-, β-, und γ-Kette zusammengesetzt sind (7 Tab. 1) und die Form eines lateinischen Kreuzes bilden. Bisher wurden 11 Isoformen von Laminin beschrieben, die aus einem Repertoire von 5 α-Ketten, 3 β-Ketten und 2 γ-Ketten mit einer Molmasse von ca. 150–400 kDa gebildet werden. Darüber hinaus können durch alternatives Spleißen und durch proteolytische Prozessierung weitere Varianten entstehen. Laminine besitzen eine entscheidende Bedeutung für die strukturelle Integrität und die Funktion der verschiedenen Basalmembranen. Laminine, die sich wie Kollagen Typ IV zu zweidimensionalen Netzwerken zusammenlagern können, werden in der Embryogenese bei der Ausbildung der Basalmembranen bereits vor Kollagen Typ IV exprimiert. Über die Bindung von Heparansulfat-Proteoglykanen, Nidogen und Kollagen Typ IV sind die Laminine für die Ausbildung und Stabilität der Basalmembranen und über die Bindung an spezifische 7 Integrine der Zellmembran für die Verankerung der Basalmembranen in den Geweben verantwortlich. Die Laminin-Isoformen zeigen, entsprechend der unterschiedlichen Aufgaben der verschiedenen Basalmembranen (z. B. in der Haut, der Blut-Hirn-Schranke, der Blutgefäße oder der glomerulären Basal-

Laminine. Tab. 1. Laminintypen Typ

molekulare Zusammensetzung

Synonym

Laminin-1

α1β1γ1

EHS-Laminin

Laminin-2

α2β1γ1

Merosin

Laminin-3

α1β2γ1

s-Laminin

Laminin-4

α2β2γ1

s-Merosin

Laminin-5

α3β3γ2

Kalinin

Laminin-6

α3β1γ1

k-Kaminin

Laminin-7

α3β2γ1

ks-Laminin

Laminin-8

α4β1γ1

Laminin-9

α4β2γ1

Laminin-10

α5β1γ1

Laminin-11

α5β2γ1

Landsteiner-Regel

membran), wie die Kollagen-Typ-IV-Isoformen gewebespezifische Expressionsmuster. Die Bedeutung der Laminine für die Funktion der verschiedenen Basalmembranen ergibt sich aus der Analyse einer Reihe von Laminin-Gendefekten, z. B. ist die fehlende Expression der γ1-Kette, bedingt durch das Fehlen von Basalmembranen, in den entsprechenden Knock-out-Mäusen bereits in der frühen Embryonalphase letal. Eine Reihe weiterer Gendefekte, z. B. der Laminin-α5Kette, die vorwiegend in Blutgefäßen exprimiert wird, sind ebenfalls lethal, während weitere Defekte teilweise durch andere LamininKetten kompensiert werden können. Mutationen der α2-Kette in Laminin-2, als wichtiger Bestandteil der neuromuskulären Endplatte, führen zu einer Form der Muskeldystrophie, obwohl partiell eine Kompensation durch Laminin-1 erfolgen kann. Mutationen in den verschiedenen Ketten von Laminin-5, einer Epithel-spezifischen Laminin-Isoform, die Bestandteil der sog. „anchoring filaments“ in der Basalmembran zwischen Dermis und Epidermis ist, führen zu einer Form der humanen Epidermolysis bullosa (Herlitz-Syndrom). Die ausgeprägte Blasenbildung bei diesem Krankheitsbild wird durch die unzureichende Verankerung der Basalmembran und die daraus resultierende mangelnde Scherfestigkeit der Haut verursacht. Die Expression von Laminin-5 bzw. der durch Matrix-Metalloproteinasen proteolytisch prozessierten γ2-Kette wird aber auch mit einem invasiven Verhalten epithelialer Tumoren, u. a. kolorektaler Karzinome und Pankreas-Karzinome, in Verbindung gebracht. Die Bestimmung von Laminin(fragmenten) erfolgt mit 7 Immunoassays.

Literatur. Timpl R, Brown JC (1994) The laminins. Matrix Biol 14:275–281 Li S, Harrison D, Carbonetto S et al (2002) Matrix assembly, regulation and survival functions of laminin and its receptors in embryonic stem cell differentiation. J Cell Biol 157:1279–1290 Colognato H, Yurchenko PD (2000) Form and function: the laminin family of heterotrimers. Dev Dyn 218:213–234 Katayama M, Sanzen N, Funakoshi A et al (2003) Laminin γ2-chain fragment in the circulation: A prognostic indicator of epithelial tumor invasion. Cancer Res 63:222–229

Lamotrigin W.R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. lamotrigine Definition. Antiepileptikum (7 Abb. 1)

833

LAN O. Colhoun

Synonym(e). Local area network Englischer Begriff. LAN Definition. Rechnernetz, welches Geräte auf einem begrenzten Gebiet verbindet (Gelände, Haus, Abteilung), z. B. innerhalb eines Krankenhauses. i Ein lokales Netzwerk kann dem Zusammenschluss von gleichberechtigten PC dienen (Peer-to-peer-Netzwerk), dem Zusammenschluss von Servern mit ihren zugehörigen Arbeitsstationen (Clients), was den häufigsten Fall darstellt (7 Labor-EDV), oder es kann auch Großrechner mit den zugehörigen Terminals verbinden. Auch Drucker und andere Peripheriegeräte werden in das LAN integriert.

Landsteiner, Karl O.A. Gressner

Lebensdaten. Österreichischer Pathologe und Serologe, geboren am 14. Juni 1868 in Baden bei Wien, gestorben am 26. Juni 1943 in New York, USA

Verdienste. Medizinstudium und Promotion im Jahr 1891 in Wien, anschließend Studium der Chemie in Würzburg, München und Zürich. Chirurgische Ausbildung bei Theodor Billroth (1829–1894), anschließend bis 1897 Assistent bei Max von Gruber (1853–1927) am Hygieneinstitut der Universität und bis 1908 Prosektor am Pathologisch-Anatomischen Institut bei Anton Weichselbaum (1845–1920). 1911 außerordentlicher Professor in Wien. 1901 Entdeckung des 7 A-, B-, 0-Blutgruppensystems (4 Blutgruppen: A, B, 0, AB) mit Veröffentlichung in der Wiener Klinischen Wochenschrift (XIV, Nr. 46) unter dem Titel: „Über Agglutinationserscheinungen normaler menschlicher Blute“. Ab 1919 Tätigkeit in Den Haag und ab 1922 am Rockefeller Institute for Medical Research in New York, wo er 1943 starb. Neben der Erstbeschreibung (1901) des A-, B-, 0-Blutgruppensystems Entdeckung des 7 Rhesusfaktors (Rh+, Rh-) im Jahr 1940 gemeinsam mit P. Lewine und A.S. Wiener. Landsteiner schuf die Grundlagen für die spätere Entwicklung eines Impfstoffs gegen Kinderlähmung (SalkImpfstoff) und beschäftigte sich intensiv mit onkologischen Fragestellungen. Im Jahr 1930 erhielt er den Nobelpreis für Medizin und Physiologie für die Entdeckung des A-, B-, 0-Blutgruppensystems.

Landsteiner-Regel K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. Landsteiner’s rule Lamotrigin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 256,10 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Lamotrigin wird oral appliziert, die Bioverfügbarkeit beträgt 90 %.

Halbwertszeit. 25 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Lamotrigin wird zur Behandlung partieller und tonisch-klonischer Anfälle eingesetzt. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P) Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 3–14 mg/L; toxisch: > 15–30 mg/L; komatös/letal: > 50 mg/L Literatur. Hannak D, Külpmann WR, Hallbach J (2009) Anticonvulsants. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 287–300

Definition. Grundregel, dass sich nur diejenigen 7 Isoagglutinine im Blut bilden, die sich nicht gegen die agglutinable Substanz der eigenen Erythrozyten richten. i Von Karl Landsteiner (7 Landsteiner, Karl) entwickelte Regel, die besagt, dass Antikörper nur gegen solche Blutgruppenantigene gebildet werden, die das Individuum selbst nicht besitzt. Grundlage für die Regel war die Entdeckung, dass eine Antigen-Antikörperreaktion zwischen dem Serum und den Erythrozyten derselben Blutgruppe nicht stattfand, während sowohl das Serum von Blutgruppe A die Erythrozyten von Blutgruppe B agglutinierte als auch Zusatz von Serum der Blutgruppe B die Erythrozyten von Blutgruppe A zur Agglutination brachte (7 AB0-Blutgruppensystem, 7 Isoagglutinine). Mit seiner Entdeckung der antigenen Blutgruppenmerkmale A, B, AB und 0 hatte Landsteiner die Grundlage für die gefahrlose Durchführung von Bluttransfusionen gelegt.

Literatur. Metaxas-Bühler M (1993) Blutgruppen und Transfusionsmedizin. Verlag Hans Huber, Bern Göttingen Toronto Seattle Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg New York Landsteiner K (1900) Zur Kenntnis der antifermentativen, lytischen

L

834

Landsteiner-Wiener(LW)-Blutgruppensystem

und agglutinierenden Wirkungen des Blutserums und der Lymphe. Zentralblatt Bakteriologie 27:357–366 Landsteiner K (1901) Über Agglutinationserscheinungen normaler menschlicher Blute. Wien Klin Wschr 14:1132

Landsteiner-Wiener(LW)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synomym(e). ICAM4 Englischer Begriff. Landsteiner-Wiener blood group system Definition. Das Protein, das die Antigene des Landsteiner-Wiener (LW)-Blutgruppensystems trägt, ist ein Typ-1-Membran-Glykoprotein („single-pass protein“). In dem extrazellulären Anteil des LWProteins sind zwei Domänen der Immunglobulin-Superfamilien enthalten. Es handelt sich um interzellulare Adhäsionsmoleküle (ICAM), die eine Rolle bei der interzellularen Adhäsion spielen. Das LW-Protein ist der Ligand der leukozytären CD11-/CD18-Integrine.

Längsschnittbeurteilung 7 Longitudinalbeurteilung

Langzeitarchiv O. Colhoun

Englischer Begriff. long term archives Definition. Langfristige Speicherung von speziellen Befunden für die ständige, sofortige Verfügbarkeit zur Abfrage im 7 Labor-EDVSystem.

i Beispiele sind Archive für transfusionsmedizinische Befunde

(Antikörperdatei, Blutgruppenserologie, Zuordnung transfundierter Blutpräparate zu Patienten für Look-back-Verfahren) oder Archive für die Speicherung z. B. der Langzeitverläufe bei der Tumormarkerbestimmung.

i Die beiden antithetischen Hauptallele (7 antithetische Antige-

Lanzetten

ne) LWa (LW5, ISBT 16.005) und LWb (LW7, ISBT 16.007) haben eine Antigenfrequenz von nahezu 100 % bzw. um 1 % in der mitteleuropäischen Bevölkerung. Daneben ist LWab (LW6, ISBT 16.006) ein seltenes Antigen, das bisher nur bei zwei Personen gefunden wurde und zu einem Null-Phänotyp (7 Null-Phänotyp im Blutgruppensystem) führt. Die Expression der LW-Antigene scheint eng mit der des Rhesus-D-Antigens (7 Rhesusfaktor) gekoppelt zu sein, da D-negative Individuen auch immer eine niedrige LW-Expression aufweisen. RhNull-Individuen sind, trotz Vorliegen intakter LW-Gene, phänotypisch LW(a-b-). Das LW-Blutgruppensystem hat transfusionsmedizinisch keine große Bedeutung, da Antikörper gegen LW-Antigene klinisch nicht relevant sind und nicht im Zusammenhang mit hämolytischen Transfusionsreaktionen oder Fällen von 7Morbus haemolyticus neonatorum stehen.

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl. Elsevier New York

Längenstandard R. Weiskirchen

Synonym(e). Größenmarker Englischer Begriff. size standard Definition. Gemisch von DNA-Fragmenten oder Proteinen bekannter Länge (Größe), die in der 7 Elektrophorese mit aufgetrennt werden, um DNA-Fragmente oder Proteine unbekannter Länge (Größe) bestimmen zu können.

Lange-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Ketonkörper-Nachweis im Urin; Lange-Probe Englischer Begriff. Lange-test Definition. Heute obsoletes, semiquantitatives Nachweisverfahren von 7 Ketonkörpern im Urin. i 7 Aceton und 7 Acetoacetat (Ketonkörper) bilden mit der NO-

Gruppe des Nitroprussid-Natriums in Gegenwart von Essigsäure bei Überschichtung mit Ammoniaklösung an der Schichtgrenze einen violetten bis braunen Ring. Die Reaktion erfasst Acetessigsäure (Acetoacetat) empfindlicher als Aceton, falsch-positive Reaktionen durch einige Arzneimittel (s.a 7 Legal-Test).

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Langerhans-Zelle 7 Dendritische Zelle

Synonym(e). Stechinstrumente für Kapillarblutentnahme Definition. Aus Metall bestehendes, für den Einmalgebrauch ausgelegtes lanzettförmiges Stechinstrument mit begrenzter Einstichtiefe für die Kapillarblutentnahme. i Handelsübliche Lanzetten sind zum Einmalgebrauch für die

kapilläre 7 Blutentnahme ausgelegt und besitzen eine begrenzte Einstichtiefe von ~5–7 mm. Übliche Punktionsorte bei Erwachsenen sind Ohrläppchen und Fingerbeere, bei Säuglingen die mediale Fersenkante.

LAP 7 Leuzinarylamidase(n)

Large unstained cells 7 LUC

LASA 7 Sialinsäure, lipidgebundene

Laser T. Arndt

Englischer Begriff. laser Definition. Abkürzung für Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation. i Es handelt sich um Lichtquellen, die Strahlung mit hoher spektraler Dichte in einem sehr kleinen Raumwinkel emittieren. Bei der Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit Materie unterscheidet man Absorption und Emission (spontane und stimulierte). Konventionelle Strahlungsquellen (Glüh- und Gasentladungslampen) entwickeln ihre Strahlung durch spontane Emission. Hier kehrt das System ohne zusätzliche Einwirkung von außen vom angeregten in den Ausgangszustand zurück. Dabei werden Photonen in willkürlicher Richtung abgegeben (großer Raumwinkel). Bei Laserquellen wird das sich im angeregten Zustand befindliche System durch Photonen passender Energie dazu stimuliert, in den Ausgangszustand zurückzuspringen. Die dabei freiwerdenden Photonen stimmen in Energie, Ausrichtung und Phase mit den eingestrahlten überein. Der Verstärkereffekt besteht dann darin, dass ein Photon einläuft und zwei identische austreten. Hierdurch wird eine kohärente Strahlung hoher Strahlungsdichte erzeugt. Der Einsatz von Lasern im klinisch-chemischen Labor ist vielfältig. Erwähnt seien 7 Durchflusszytometrie, 7 Kapillarelektrophorese mit laserinduzierter 7 Fluoreszenz-Detek-

LC-MS

tion, Laserdioden in der 7 Immunnephelometrie und MALDI-TOF7 Massenspektrometrie.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Laserdesorption 7 Massenspektrometrie

L-Aspartat-2-Oxoglutarat-Aminotransferase 7 Aspartat-Aminotransaminase

Lateral Flow Assay 7 Teststreifen

Latex-Agglutination H. Fiedler

Synonym(e). Latexagglutinationstest; Latexfixationstest

835

Latexverstärkter Immunoassay 7 Immunoassay, latexverstärkter

Laufstrecke 7 Dünnschichtchromatographie

Laurell-Technik 7 Elektroimmundiffusion

Laurinsäure 7 Fettsäuren

LBP 7 Lipopolysaccharid-bindendes Protein

LBR-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Lamin-B-Rezeptoren

Englischer Begriff. latex agglutination; latex fixation Definition. Bei Partikel-verstärkten 7 Agglutinationsmethoden wird die sichtbare Verknüpfung von Antigen- oder Antikörper-beschichteten Partikeln (Zellen, Latexpartikel) als Indikator einer Antigen-Antikörper-Reaktion verwendet. Die früher häufig verwendeten instabilen Erythrozyten (7 Hämagglutinationstest) wurden im Jahr 1956 von Singer und Plotz durch inerte Polyisoprenteilchen etwa einheitlicher Größe abgelöst (s. a. 7 Immunoassay, latexverstärkter). Physikalisch-chemisches Prinzip. Antikörper führen bei Reaktion mit Antigenen zu einer Vergrößerung und Verknüpfung von Partikeln. Der Effekt ist bei Verwendung von IgM-Antikörpern wesentlich stärker als bei IgG-Antikörpern, die zur Vervollständigung der Agglutination entweder eine herabgesetzte Ionenstärke oder den Zusatz von polymeren Molekülen (Dextran, Polyethylenglykol) benötigen.

Einsatzgebiet. Bestimmung von 7 Rheumafaktoren, 7 C-reaktives Protein und HCG (Agglutinationshemmtest) sowie Antigenen von und Antikörpern gegen bakterielle und virale Infektionserreger. Untersuchungsmaterial. Serum, Liquor, Pleuraflüssigkeit Instrumentierung. Die Quantifizierung mittels Verdünnungsstufen wird nur noch selten benutzt. Die analytische Sensitivität wird durch 7 Immun-Turbidimetrie und 7 Immun-Nephelometrie erhöht. Ein empfindliches (fmol/L), aber technisch aufwendigeres Verfahren ist der Particle Counting Immunoassay (PACIA), bei dem elektronische Signale nichtagglutinierter Latexpartikel selektioniert und gezählt werden.

Spezifität. Die Spezifität ist definiert durch die Qualität der Antikörper. Antigen bzw. Antikörper befinden sich auf dem Partikel in einer Mikroumgebung, die die Bildung von niedrig- und hochaffinen Antigen-Antikörper-Komplexen durch stärkere 7 Van-der-WaalsKräfte und Dipol-Dipol-Interaktionen begünstigt, verglichen mit den Reaktionen in Lösung. Sensitivität. Die höchste analytische Sensitivität wird in der Partikelverstärkten 7 Immunturbidimetrie und 7 -nephelometrie sowie dem PACIA erreicht. Fehlermöglichkeit. Ungünstiges Antigen-Antikörper-Verhältnis (7 High-Dose-Hook-Effekt) kann die Aggregation hemmen. Störfaktoren sind Mikrogerinnsel, Chylomikronen und zelluläre Verunreinigungen. Literatur. Kricka LJ (1999) Principles of Immunochemical Techniques. In: Burtis CA, Ashwood ER (eds) Tietz Textbook of Clinical Chemistry. 3rd edn. WB Saunders, Philadelphia, pp 205–225

Latextest 7 Latex-Agglutination

LC 7 Flüssigkeitschromatographie

LC-MS B. Güssregen

Synonym(e). HPLC-MS Englischer Begriff. LC-MS Definition. Eine besonders leistungsfähige Analysenmethode, bei der

ein Substanzgemisch mit Hilfe der 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) aufgetrennt und mit 7 Massenspektrometrie detektiert wird.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Kombination der HPLC mit Massenspektrometrie gelang durch die Entwicklung spezieller Ionenquellen (z. B. ESI und APCI), welche das von der HPLC stammende Lösungsmittel entfernen und den Analyten in die für das Massenspektrometer notwendige Gasphase überführen. Je nach Anwendung werden die entstandenen Ionen im Massenspektrometer im 7 Scan oder im 7 SIM Mode detektiert. Eine Weiterentwicklung der LCMS ist die Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS), bei der die Ionen selektiv durch hintereinandergeschaltete Quadrupole gezielt selektiert, fragmentiert und detektiert werden. Sehr häufig wird bei Quantifizierungen der SRM(„selective reaction monitoring“)- bzw. MRM(„multiple reaction monitoring“)-Modus angewandt (bei SRM und MRM handelt es sich je nach Gerätehersteller um unterschiedlich bezeichnete, jedoch identische Methoden). Hierbei passieren nur Ionen eines vorselektierten Masse/Ladung-Verhältnisses den ersten Quadrupol und gelangen in den zweiten Quadrupol. Dieser dient als Kollisionszelle und ist mit einer geringen Menge eines inerten Kollisionsgases gefüllt. Die Ionen zerfallen aufgrund der Stoßenergie in hochspezifische Bruchstücke, die im dritten Quadrupol getrennt und anschließend detektiert werden. Da in diesen Geräten 3 Quadrupole seriell angeordnet sind, spricht man auch von einem Tripel-Quadrupol-Massenspektrometer. Als weitere Scan-Techniken können Daughter-Ion-Scan- oder 7 Precursor-Ion-Scan-Techniken verwendet werden (7 Massenspektrometrie).

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin, Mageninhalt, Extrakte aus Faeces und Haarproben, Nahrungsmittel, Pharmaka u. a. Instrumentierung. Eine LC-MS besteht aus einer HPLC-Anlage (7 Chromatographie) und einem Massenspektrometer. Je nach Anwendung kommen verschiedene Massenspektrometer zum Einsatz, z. B. Ionenfallen, Single-Quadrupole-Massenspektrometer und Tripel-Quadrupole-Massenspektrometer.

Spezifität. Besonders die Weiterentwicklung der Tandem LC-MS/

L

836

LC-MS/MS

MS Techniken zeichnet sich durch eine außerordentlich hohe Spezifität bei hoher Sensitivität aus. Die Identifikation eines Analyten erfolgt über die 7 Retentionszeit und über die selektierten Fragmentionen. Durch den Einsatz von isotopenmarkierten internen Standards wird die Spezifität erhöht. Zusätzlich werden Verhältnisse der einzelnen SRM-Scans bestimmt. Das Verhältnis dieser SRMs zueinander muss eine Konstante ergeben. Durch die hohe Spezifität und die Sensitivität wird die Probenvorbereitung im Vergleich zu HPLC mit UV/ VIS Detektion(7 UV/VIS-Spektrometrie) enorm vereinfacht. Meist wird die zu analysierende Probe nach 7 Proteinfällung verdünnt aufgespritzt, die eigentliche Messung dauert in der Regel nur wenige Sekunden bis Minuten. Durch die Ionenselektivität der LC-MS/MS ist diese auch für Multiparameteranalysen wie z. B. das Neugeborenenscreening geeignet.

LDH 7 Laktatdehydrogenase; 7 Liquor-Laktatdehydrogenase

LDH im Liquor 7 Liquor-Laktatdehydrogenase

LDH/ASAT-Quotient 7 Laktatdehydrogenase/Aspartataminotransaminase-Quotient

LDH/AST-Quotient 7 Laktatdehydrogenase/Aspartataminotransaminase-Quotient

Sensitivität. Höchste Sensitivität bei außerordentlicher Spezifität. Die Nachweisgrenzen liegen je nach Analyt und Methode in Extremfällen bei 20 pg/mL (z. B. Pramipexol im Serum).

LDH/GOT-Quotient 7 Laktatdehydrogenase/Aspartataminotransaminase-Quotient

Fehlermöglichkeit. Die häufigste Ursache für Fehler bei Quantifizie-

LDL

rungen mit Hilfe der LC-MS/MS ist die Unterdrückung der Ionisierung (7 Ionensuppression), welche durch analog deuterierte Standards ausgeglichen und durch längere HPLC-Retentionszeiten bzw. bessere Probenvorbereitung vermieden werden kann.

7 Low-density-Lipoprotein

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Single-Quadrupol-LC-MS

7 Low-density-Lipoprotein-Cholesterin

ca. Eur 150.000, LC-MS/MS ca. Eur 200.000–300.000. Den hohen Anschaffungskosten stehen niedrige Verbrauchskosten entgegen und höherwertige Abrechnungskennziffern nach GOÄ und EBM gegenüber.

Bewertung/Methodenhierarchie. Die Vorteile gegenüber der HPLC mit UV/VIS-Detektion sind: 5 höhere Spezifität und Empfindlichkeit 5 weniger Probenvorbereitung 5 keine Derivatisierung erforderlich 5 verkürzte Analysenzeit 5 deutlich weniger Probenmaterial erforderlich Die Vorteile gegenüber der 7 GC-MS sind: 5 keine Derivatisierung erforderlich 5 kürzere Analysenzeit 5 LC-MS ist auch bei Analyten mit höherer Molekularmasse einsetzbar

Literatur. Bowers LD (1989) High-performance liquid chromatography/mass spectrometry: state of the art for the drug analysis laboratory. Clin Chem 35:1282–1287 Chace DH, Kalas TA, and Naylor EW (2003) Use of tandem mass spectrometry for multianalyte screening of dried blood specimens from newborns. Clin Chem 49:1797–1817 Vijaya Bharathi D, Hotha KK, Vidya Sagar PV et al (2009) Development and validation of a sensitive LC-MS/MS method with electrospray ionization for quantitation of pramipexole in human plasma: application to a clinical pharmacokinetic study. Biomedical Chromatography 23:212–218

LC-MS/MS 7 LC-MS

LCAT 7 Lecithin Cholesterin Acyltransferase

lcn2 7 Neutrophilen-Gelatinase-assoziiertes Lipocalin

LCT-Test 7 Lymphozytotoxischer Test

LDL-Cholesterin LDL/HDL-Quotient 7 Low-density-Lipoprotein-Cholesterin

LDL-Rezeptor 7 Low-density-Lipoprotein

LDL-Rezeptor related Protein 7 Low-density-Lipoprotein

LE 7 Lewis(Le)-Blutgruppensystem

Leach-Phänotyp K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. leach phenotype Definition. Erythrozyten mit dem Leach-Phänotyp weisen eine elliptozytische Form auf und sind osmotisch fragil. Es handelt sich um einen heriditäre Elliptozytose mit einer Prädisposition für hämolytische Anämien (7 autoimmunhämolytische Anämie). Dabei sind verschiedene Gene involviert, die für Komponenten des Zytoskeletts kodieren (u. a. Spektrin, Protein 4.1, Glykophorin C; 7 Gerbich-Blutgruppensystem).

Leader-Sequenz R. Weiskirchen

Synonym(e). Präsequenz Englischer Begriff. leader sequence Definition. Die leader-Sequenz ist eine vorgeschaltete Abfolge von Aminosäuren („Prä-Sequenz“) am NH2-Kettenende von sezernierten Proteinen. i Sie dient in erster Linie der Zuordnung (Targeting) des Proteins

zu einem Zellkompartiment (7 Kompartiment). Der Begriff LeaderSequenz wird auch synonym für nichtcodierende Bereiche im 5’-Bereich einer mRNA verwendet. Dieser kann über komplementäre Wechselwirkung Sekundärstrukturen ausbilden, die die 7 Translation der mRNA verhindert oder Einfluss auf deren Stabilität ausübt.

Legal-Test

Lebensnummer O. Colhoun

Englischer Begriff. lifetime identification code Definition. Zuordnung einer eindeutigen Identifikationsnummer zu einem Patienten übergreifend über alle Krankenhausaufenthalte oder medizinische Behandlungen. i Im Krankenhaus kommt die Aufgabe der Zuordnung und Verwaltung einer Lebensnummer für Patienten primär dem 7 KIS zu. Die Lebensnummer dient der eindeutigen Identifikation eines Patienten auch bei Wiederaufnahme, um sofortigen Zugriff zu evtl. vorhandenen Vorbefunden zu erhalten. Eine wichtige Rolle spielt sie bei den 7 Langzeitarchiven, wo sie bei sorgfältiger Verwaltung die richtige Zuordnung der Patientenbefunde auch bei mehreren Aufenthalten unterstützt.

Leberaldolase 7 Aldolase B

Leber-Eisen-Index A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Hepatischer Eisenindex Englischer Begriff. hepatic iron index; HIC Definition. Zur Abschätzung des Leber-Eisen-Gehalts durchgeführte, semiquantitativ (färberisch) oder quantitativ (7 Atomabsorptionsspektrometrie) ermittelte Eisenkonzentration im Leberparenchym (dividiert durch die Zahl der Lebensjahre). i Ein Leberbiopsiezylinder von etwa 2,5–3 cm Länge wird aliquo-

tiert in Fragmente von 0,5–1,0 cm und entweder sofort tiefgefroren oder in 10 % Formalin fixiert. Der 7 Eisengehalt kann semiquantitativ durch Anfärbung mit Perls Preußischblau (Eisenfärbung mit saurem Ferrocyanid) und nachfolgender Auswertung anhand eines Scoring-Systems (z. B. Ludwig-Batts-System mit Bestimmung des prozentualen Anteils eisengefärbter Hepatozyten) oder quantitativ mittels Atomabsorptionsspektrometrie nach Salpetersäureaufschluss erfolgen. Normalkonzentrationen: Männer: ≤ 30 μmol/g Trockengewicht, Frauen: ≤ 17 μmol/g Trockengewicht Konzentrationen > 40 μmol/g Trockengewicht weisen auf eine deutliche Eisenüberladung, z. B. bei Hämochromatose hin.

Literatur. Tavill AS (2001) Diagnosis and Management of Hemochromatosis. Hepatology 33:1321–1328

Leberfibrose-Index nach Forns 7 Forns-Index

Leberfibrose-Index nach Wai 7 Wai-Index

Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 2.3.1.43; LCAT Englischer Begriff. lecithin cholesteryl acyltransferase Definition. Plasmatisches Enzym, das Cholesterin und andere Sterole mit einer Fettsäure verestert. i LCAT ist ein ~67-kDa-Glykoprotein, das als 440 Aminosäuren langes Proprotein in der Leber und in geringer Menge im Gehirn synthetisiert wird. Im Plasma ist LCAT an HDL und LDL gebunden. Die wichtigste katalysierte Reaktion ist die Übertragung einer Fettsäure

837

aus Phosphatidylcholin (PC) auf Cholesterin unter Bildung eines Cholesterinesters und Lyso-PC. Entsprechend hat LCAT eine Phospholipase-A2-Aktivität. Das Enzym kann andere Sterole verestern, u. a. Pregnenolon und Dehydroepiandrosteron. LCAT wird durch ApoA-I aktiviert. Genetische Defekte der LCAT führen zu zwei verwandten, aber unterschiedlichen Krankheitsbildern. Eine vollständige LCAT-Defizienz ist charakterisiert durch das Fehlen von Cholesterinestern im Plasma, vermindertes HDL-Cholesterin, eine progrediente Proteinurie und Niereninsuffizienz, Hornhauttrübungen und Hämolyse. Vorzeitige Atherosklerose wurde beschrieben. Eine partielle, auf HDL beschränkte LCAT-Defizienz wird wegen der prominenten Hornhauttrübungen als Fischaugen-Krankheit bezeichnet. Außer dem verminderten HDL-Cholesterin fehlen die weiteren Symptome des vollständigen LCAT-Mangels. LCAT-Bestimmung erfolgt in wenigen, spezialisierten Labors mittels radioaktiver oder fluoreszenter Substrate.

Literatur. Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

Lecithin/Sphingomyelin-Verhältnis R. Weiskirchen

Synonym(e). L/S-Ratio Englischer Begriff. lecithin-sphingomyelin ratio Definition. Methode zur Lungenreife-Diagnostik des ungeborenen Kindes aus dem Fruchtwasser i Gegen Ende der Schwangerschaft gibt die fetale Lunge Flüssig-

keit (~100 mL/Tag) ab, in der eine charakteristische Verteilung von Phospholipiden enthalten ist. Der Lecithin/Sphingomyelin-Quotient im Fruchtwasser kann daher als Maß für die der Beurteilung der fetalen Lungenreife verwendet werden. Bei einem Wert > 2 ist mit einem Neugeborenen-Atemnot-Syndrom nicht zu rechnen. Die Originalmethode nach Gluck, die als zweidimensionale Dünnschichtchromatographie durchgeführt wird, gilt als der Goldstandard.

Literatur. Kulovich MV, Gluck L (1979) The Lung Profile I. Normal Preganancy. Am J Obstet Gynecol 135:57–63 Ashwood ER (1997) Standards of Laboratory Practice: Evaluation of Fetal Lung Maturity. Clin Chem 43:1–4

Legal-Test W.G. Guder

Synonym(e). Ketonkörper-Nachweis im Urin; Legal-Probe Englischer Begriff. ketone test; acetest (test strip) Definition. Qualitativer Test im Urin auf 7 Ketonkörper (7 Aceton und 7 Acetoacetat) mit Essigsäure und Natriumnitroprussid.

i Nach Emmo Legal (Arzt aus Breslau 1859–1922) beschriebenes Nachweisverfahren auf Ketonkörper im Urin, das bis heute die Grundlage für den 7 Teststreifen auf Ketonkörper bildet. Dabei wird 5 mL Harn mit 2 mL frisch bereiteter wässriger Natriumnitroprussid-Lösung versetzt und geschüttelt. Dann gibt man 2 mL 25-%ige Natronlauge hinzu. Durch Zufügen von 2 mL konzentrierter Essigsäure wird das Gemisch überlagert. Die bereits vorhandene Rotfärbung geht in burgunderrote Farbe über. 5 Pupurfarbe verschwindet nach Essigsäurezusatz: kein Aceton 5 Purpurfarbe bleibt und blasst dann langsam aus: 4 mg/L Aceton 5 Himbeersaftfarbe entsteht und bleibt: ca. 30 mg/L Aceton 5 Flüssigkeit noch dunkler als Himbeersaft, aber noch durchsichtig: 100 mg/L Aceton 5 Flüssigkeit dunkelrot und undurchsichtig: Aceton > 100 mg/L Urin 5 Umschlag in Blaugrün: Verdacht auf Melatonin

Dieses Verfahren wurde von Lange modifiziert (7 Lange-Probe) und bildet die Grundlage der 7 Teststreifen auf Ketonkörper im Urin. Der mit Natriumnitroprussid getränkte Teststreifen setzt beim Zusatz von

L

838

Legeröhrentest

Urin nach Eintauchen alkalischen Puffer frei und bildet eine violette Farbe, die im positiven Falle Konzentrationen > 50 mg/L Urin nachweisen kann.

Literatur. Kutter D (1983) Schnelltests in der klinischen Diagnostik. 2. Aufl. Urban und Schwarzenberg, München Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Legeröhrentest 7 Bitterlings-Test zum Nachweis einer Schwangerschaft

Legionellen W. Stöcker

Englischer Begriff. Legionella Klassifikation. Familie: Legionellaceae Gattung: Legionella (L.) Spezies: L. micdadei, L. pneumophila (L. pneumophila pneumophila, L. pneumophila fraseri, L. pneumophila pascullei), L. longbeachae, L. jordanis, L. gormanii, L. dumoffii, L. bozemani u. a. Beschreibung des Erregers. Legionellen gehören zur Familie der Legionellaceae mit nur einer Gattung Legionella, welche derzeit 51 Spezies und 73 Serogruppen (SG) umfasst. Potenziell sind alle Legionellen humanpathogen, die Mehrzahl der Erkrankungen geht aber auf L. pneumophila pneumophila (90 %) zurück, von der heute 21 SG registriert sind. Unter ihnen wird die SG 1 am häufigsten in Umweltund Patientenproben nachgewiesen. Neben L. pneumophila gibt es eine Vielzahl weiterer Legionellen-Spezies (L. non-pneumophila), von denen L. micdadei, L. longbeachae, L. jordanis, L. gormanii, L. dumoffii und L. bozemani die bekanntesten sind. Legionellen sind gramnegative (in der 7 Giemsa-Bandenfärbung stellen sie sich deutlicher dar), in Süßwasser vorkommende, aerob wachsende, kapnophile Stäbchenbakterien, die weder Kapseln noch Sporen bilden. Die meisten sind durch eine oder mehrere polare oder subpolare Flagellen (temperaturabhängig) beweglich. Typisch für die Gattung Legionella ist ihr Unvermögen, Kohlenhydrate zu verwerten, sie sind Katalase-, einige Oxidase-positiv und benötigen zum Wachstum Cystein. Legionellen werden bereits durch physiologische NaClKonzentrationen im Wachstum gehemmt. Wassertemperaturen von 25–45 °C sind Voraussetzung für ihre Vermehrung, die überwiegend intrazellulär in Amöben und anderen phagozytierenden Protozoen bzw. – nach Infektion – vornehmlich in Makrophagen stattfindet. Temperaturen ≥ 50 °C verzögern ihre Entwicklung, Temperaturen > 60 °C inaktivieren Legionellen, was für Hygienemaßnahmen von Bedeutung ist.

Erkrankungen. In ihrem natürlichen Habitat stellen Legionellen kaum eine gesundheitliche Bedrohung für den Menschen dar. Erst die Verbreitung technischer Errungenschaften wie Klima- und Warmwasseranlagen, in denen sich die Bakterien gut vermehren können, führten zu ihrer heutigen humanpathogenen Bedeutung. Legionellen werden überwiegend durch Inhalieren von Aerosolen bakterienhaltigen Wassers übertragen (Dusche), eine Infektion durch Aspiration ist ebenfalls möglich. Als Infektionsquellen sind vor allem ältere und weitverzweigte Warm- und Kaltwassersysteme, Kühltürme, Befeuchter von Klimaanlagen, Sprudelbäder sowie Beatmungs- und Inhalationsapparate beschrieben. Bei der Legionellose dominieren zwei Erkrankungsformen: 5 selbstlimitierendes Pontiacfieber, welches einem Influenza-Infekt ähnelt und hauptsächlich durch Fieber, Husten und Muskelschmerzen charakterisiert ist 5 Legionärskrankheit, meist schwerer verlaufend, bei der eine multifokale nekrotisierende Pneumonie im Vordergrund steht, mit zusätzlichen Symptomen wie Verwirrtheit, Benommenheit, Durchfall oder Erbrechen. Nach dem Ursprung der Infektion wird zwischen nosokomialen und ambulant erworbenen Legionellosen unterschieden. Sonderformen ambulanter Legionellosen sind reiseassoziierte Infektionen. Zu den Personen mit erhöhtem Risiko gehören vor allem ältere

Menschen, chronisch Kranke, Menschen mit kardiopulmonalen Grunderkrankungen, Defekten im zellulären Abwehrsystem, Immunsupprimierte nach Transplantation, zytostatischer Behandlung oder Kortikoid-Dauereinnahme. Alkoholmissbrauch und Rauchen gelten ebenfalls als Risikofaktoren. Männer erkranken häufiger als Frauen. Nur etwa 1 % der exponierten Personen erkrankt an einer Legionellose. Für die Manifestation der Infektion sind die Infektionsdosis, die Virulenz des Legionellen-Stammes und die Stärke des individuellen Abwehrsystems entscheidend. Im Jahr 2008 wurden in Deutschland 522 Fälle Legionellen-bedingter Pneumonien vom 7 Robert-KochInstitut registriert. Besonders die Verkeimung warmwasserführender, Aerosol-bildender Systeme stellt ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, das durch gezielte Maßnahmen (Temperaturen > 60 °C, Desinfektion, bauliche Sanierung) verringert werden kann. In Einrichtungen wie Krankenhäusern ist die mikrobiologische Überwachung von Wasser- und Klimaanlagen sinnvoll, in besonders sensiblen Bereichen (Intensivstationen) sind Filter einzubauen. Es gibt keinen Anhalt für ein Trägerstadium, bei dem von inapparent infizierten Personen eine Ansteckung ausginge, oder generell für eine Übertragung von Mensch zu Mensch. Die klassische Antibiotikatherapie basiert auf der Gabe von Erythromycin, in schweren Fällen kombiniert mit Rifampicin (dieses nicht als Monotherapie). Mittel der Wahl sind Makrolide (z. B. Azithromycin) und Chinolone (z. B. Ciprofloxacin, Moxifloxacin) der neuesten Generation.

Analytik. Für den direkten Erregernachweis aus respiratorischem Probenmaterial kommen verschiedene Methoden zum Einsatz: Der direkte Immunfluoreszenztest basiert auf monoklonalen Fluoreszenzfarbstoff-markierten Antikörpern. Mit der PCR wird Erreger-DNA in Urin und Serum nachgewiesen. Mit einem ELISA-Antigentest und einem immunchromatografischen Schnelltest wird hauptsächlich L. pneumophila der SG 1 im Urin identifiziert. Für den kulturellen Nachweis (Goldstandard) müssen Legionellen auf Spezialnährböden (BCYE, auch supplementiert, BMPA) angezüchtet werden. Die Anzucht gelingt allerdings häufig nicht, und ein positives Ergebnis liegt frühestens nach 3–5 Tagen vor. Spezifische Serum-Antikörper werden durch indirekte 7 Immunfluoreszenz nachgewiesen (7 Abb. 1), ELISA und Mikroagglutination sind weitere Verfahren. In der Regel werden Antikörper gegen L. pneumophila der SG 1-14 und weitere 6 L.-non-pneumophila-Spezies parallel in einem Testansatz untersucht, wobei „Biochip-Mosaiken“ mit je einer Spezies pro Baustein sofort ein differenziertes Ergebnis bringen. Ein Immunfluoreszenz-Screening mit Antigen-Gemischen ist wenig sinnvoll, da die Resultate schwer zu bewerten sind und sich im positiven Fall doch noch eine Differenzierung anschließen muss.

Legionellen. Abb. 1. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen Legionella pneumophila

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Bronchiallavage-Flüssigkeit, Lungengewebe, Trachealsekret, Pleuraexsudat, Sputum, Urin (besonders bei Patienten, die nicht ausreichend repräsentatives Sputum produzieren), Serum. Der Aufnahmepuffer darf kein Natriumchlorid enthalten. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 °C bis +8 °C aufbe-

Leichtketten, Serum und Urin

wahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnose einer Legionellose (Legionärskrankheit) basiert auf dem klinischen und röntgenologischen Bild einer Pneumonie und dem labordiagnostischen Erregernachweis. Weil Legionellen nicht zur normalen menschlichen Bakterienflora gehören, ist ein positiver Befund beweisend für eine Infektion. Der direkte Immunfluoreszenztest ist angesichts unbefriedigender Sensitivität und möglicher Spezifitätsprobleme bei der mikroskopischen Auswertung als alleiniger Test nicht ausreichend. Der Nachweis von Legionellen-DNA mittels PCR ist eine schnelle und sensitive Methode, mit der auch schwierig zu kultivierende Legionellen-Spezies diagnostiziert werden können. Der DNA-Nachweis gelingt auch in Urin und Serum. Dominierend ist mit einem Anteil von mehr als 60 % der Urin-Antigentest mittels ELISA, der leider nur auf die Serogruppe 1 beschränkt ist. Diagnostischer Goldstandard ist nach wie vor die LegionellenKultur. Trotz mangelnder Sensitivität sollte sie zumindest bei Risikopatienten angestrebt werden. PCR und Kultur bilden eine ideale Basis für Stammtypisierungen und epidemiologische Studien. Standardtest zum Antikörpernachweis ist der IIFT. Titer > 1:100 gelten als diagnostisch relevant. Ein Anstieg der Konzentration spezifischer Antikörper um den Faktor 10 nach 2–3 Wochen ist serologisch beweisend für eine Legionellen-Infektion. Da die Antikörperbildung teilweise verzögert abläuft, sollte ggf. nach 6–8 Wochen eine weitere Probe untersucht werden. Ein einmalig gemessener hoher Titer ist kein Beweis für eine Legionellen-Infektion, das findet man gelegentlich auch in der gesunden Bevölkerung. Kreuzreaktivitäten zwischen den einzelnen Spezies können vorkommen. Ein negativer Antikörpernachweis schließt eine Legionellen-Infektion nicht aus. Die Serologie hat auch epidemiologische Bedeutung. In Deutschland besteht Meldepflicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 26 Infektionsschutzgesetz.

Literatur. Fiore AE, Butler JC, Emori TG, Gaynes RP (1999) A survey of methods used to detect nosocomial legionellosis among participants in the National Nosocomial Infection Surveillance System. Infect Control Epidemiol 20:412–416 Robert-Koch-Institut Berlin (2007) Epidemiologisches Bulletin 50:469–475; Falldefinitionen:86–87 Robert-Koch-Institut Berlin (2008) Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2007:120–124 Lück C (2009) Legionella ssp. In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik, 2. Aufl. Thieme, Stuttgart New York 511–518

839

masse von ca. 23 kDa, von denen immer nur eine in einem Immunglobulinmolekül vorkommt. Sie werden N-terminal der Disulfidbindung der Schwerketten durch eine weitere Disulfidbindung an diese gebunden. Wie die Schwerketten bestehen auch sie aus einem konstanten (C-terminal) und einem variablen Teil (N-terminal). Die variable Region ist Teil der Antigenbindungsstelle. Eine breite Variabilität wird durch unterschiedliche Kombinationen verschiedener Genbereiche (VL, JL, CL) gewährleistet. Medizinisch bedeutsam sind monoklonale freie Leichtketten, die nicht an Schwerketten gebunden werden. Man bezeichnet sie auch als 7 Bence-Jones-Proteine. Sie neigen wegen der Cysteinmoleküle zur Dimerisierung.

Literatur. Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of Immunology. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, p 107

Leichtketten, monoklonale im Urin 7 Bence-Jones-Protein; 7 Leichtketten (freie, gebundene); 7 Leichtketten, Serum und Urin

Leichtketten, Serum und Urin H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). L-Ketten; Bence-Jones-Protein Englischer Begriff. light chains Definition. Leichte Ketten der 7 Immunglobuline Molmasse. ca. 23 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Physiologisch werden neben der weit überwiegenden Menge intakter Immunglobulinmoleküle auch geringe Mengen freier Immunglobulinketten synthetisiert. Funktion und Pathophysiologie. Bei maligner Entartung eines BZell-Klons (Plasmozytom) überwiegt der Teil der inkomplett sezernierten Immunglobulinketten den der intakten Moleküle. Man kann diese monklonale Gammopathie bei ~60 % der Patienten in der 7 Serumeiweißelektrophorese und 7 Immunfixation in Serum und Urin nachweisen. Aufgrund ihrer geringen Molmasse werden die freien Leichtketten renal filtriert und bis zu einer bestimmten Menge tubulär rückresorbiert. Überschreitet die filtrierte Menge die tubuläre Resorptionsfähigkeit, sind sie im Urin als 7 Bence-Jones-Proteine nachweisbar.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, 24-h-Sammelurin

Probenstabilität. 7 Tage bei 4 °C. Präanalytik. Probenlagerung in durchsichtigen Röhrchen, damit Sedimentationen erkannt werden können. Sedimente müssen vor der Analytik durch Erwärmen auf 37 °C gelöst werden.

Leichtketten (freie, gebundene) H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Bence-Jones-Protein

Analytik. Gesamtzahl Leichtketten: Immunelektrophorese, Immunfixation (qualitativ) Freie Leichtketten: Immunnephelometrie, Immunturbidimetrie (quantitativ)

Englischer Begriff. light chains Definition.

5 leichte Proteinketten der Immunglobuline 5 nachgewiesen sind 2 Typen: κ und λ

Konventionelle Einheit. mg/L (freie Leichtketten)

i Beschrieben sind zwei Formen von Leichtketten mit einer Mol-

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1

Leichtketten, Serum und Urin. Tab. 1. Referenzbereiche Probenmaterial

freie κ-Ketten mg/L

freie λ-Ketten mg/L

Quotient freie κ/λ

κ-Ketten (frei, gebunden)

λ-Ketten (frei, gebunden)

Serum

< 19,4

< 26,3

0,26–1,65

nicht nachweisbar

nicht nachweisbar

Urin

< 24,2

< 6,7

2,0–10,4

nicht nachweisbar

nicht nachweisbar

Quotient gesamt κ/λ

1–5

L

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Leishmania donovani

Indikation. Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Plasmozytom Interpretation. Der Nachweis monoklonaler Immunglobuline in Serum und Urin deutet auf Proliferation eines B-Zell-Klons hin. Er sollte durch eine Zweituntersuchung bestätigt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Leichtkettenparaproteinämien oder -urien weisen bei wiederholter Bestimmung außerhalb des Referenzbereichs liegende Quotienten der κ/λ-Ketten und/oder Erhöhung eines Leichtkettentyps auf. Zur Erstdiagnostik eines Plasmozytoms wird zur Bestätigung der Monoklonalität einmalig eine Immunfixation in Serum und/oder Urin empfohlen. Die Absolutkonzentration an freien Leichtketten kann bei bekannter monoklonaler Gammopathie zur Verlaufskontrolle und Therapieüberprüfung herangezogen werden. Literatur. Thomas L (2007) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main Baus M, Müller T et al (1986) Immunfixations-Elektrophorese zum Nachweis monoklonaler Gammopathien: Durchführung, Interpretation, Fehlermöglichkeiten. Lab Med 10:192–200 Bradwell AR, Carr-Smith HD et al (2001) Highly Sensitive, Automated Immunoassay for Immunoglobulin Free Light Chains in Serum and Urine. Clin Chem 47:673–680 Bradwell AR, Carr-Smith HD et al (2003) Serum Test for Assessment of Patients with Bence Jones Myeloma. Lancet 361:489–491

Leishmania donovani W. Stöcker

Englischer Begriff. Leishmania donovani Klassifikation. Ordnung: Kinetoplastida Familie: Trypanosomatidae Gattung: Leishmania (L.) Spezies: L. donovani, L. infantum, L. tropica, L. major, L. aethiopica, L. chagasi, L. peruviana, L. braziliensis, L. panamensis, L. guyanensis, L. mexicana, L. amazonensis und weitere.

Beschreibung des Erregers. Leishmania donovani gehört zur Familie der Trypanosomatidae, welche sich in neun Gattungen untergliedert, von denen Trypanosoma und Leishmania humanpathogen sind. Neben L. infantum und L. chagasi gehört L. donovani zu den Erregern der viszeralen Leishmaniose. Leishmanien sind parasitäre Protozoen. Während ihres zweiphasigen Lebenszyklus verändern sie ihre Zellmorphologie drastisch: Im Darm des Insektenvektors (Schmetterlingsmücken) liegen sie als Promastigote vor. Nach Übertragung auf den Säugerwirt differenzieren sie sich in den Makrophagen zu Amastigoten. Promastigote besitzen einen spindelförmigen Zellkörper mit einer Länge von 10–20 μm, an dessen vorderem Ende ein bis zu 20 μm langes Flagellum verankert ist. Bei Amastigoten handelt es sich hingegen um kugelförmige Zellen mit einem Durchmesser von nur 2–4 μm und einem stark verkürzten Flagellum, das in der Flagellartasche verborgen bleibt.

Erkrankungen. Die Leishmaniose manifestiert sich je nach Leishmania-Art in drei unterschiedlichen Hauptformen. Die kutane oder Hautleishmaniose (cutaneous leishmaniasis; CL), kommt sowohl in der „alten“ (Afrika, Asien und Europa), als auch in der „neuen“ Welt (Amerika) vor; sie ist mit 75 % die häufigste Krankheitsform. Die Läsionen bleiben auf den Eintrittsort lokalisiert und heilen häufig spontan aus. Die mukokutane oder Schleimhaut-Leishmaniose (mucocutaneous leishmaniasis, MCL) findet sich ausschließlich in der „neuen“ Welt. Über Lymph- und Blutgefäße gelangt der Parasit zu Mund, Nase und Rachen. Durch Zerstörung der Schleimhäute und umgebender Gewebe kommt es zu einer starken Entstellung des Erkrankten. Unbehandelt kann MCL, meist ausgelöst durch Superinfektionen, zum Tod führen. Die schwerste Manifestation stellt die viszerale Leishmaniose (VL) dar, die auch als Kala-Azar oder Dumdum-Fieber bezeichnet wird. Der Parasit befällt das gesamte retikuloendotheliale System mit Milz, Leber und Knochenmark, und es kommt zu Spleno- und Hepatomegalie, Anämie und Gewichtsverlust – ohne Behandlung sterben die Patienten innerhalb von 2 Jahren. 90 % aller weltweit registrierten

VL-Fälle treten in Indien, Nepal, Bangladesch, dem Sudan und Brasilien auf. Bislang gibt es keine Impfung und keine Chemoprophylaxe gegen Leishmaniose. Zu den Präventionsmaßnahmen zählen das Tragen langer Kleidung sowie die Nutzung von Repellentien und imprägnierten Insektennetzen. Als Medikamente kommen pentavalente Antimonverbindungen, Amphotericin B, Miltefosin und Paromomycin zum Einsatz. Die Therapiemöglichkeiten werden häufig durch starke Nebenwirkungen und Resistenzentwicklungen beschränkt. Die Leishmaniose ist eine Anthropozoonose, bei der häufig Hunde und kleine Nagetiere die Reservoirwirte darstellen. Leishmanien kommen hauptsächlich in ländlichen Gegenden tropischer und subtropischer Gebiete der Erde vor. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich auf alle Kontinente mit Ausnahme von Australien. Unter den 88 betroffenen Ländern sind 72 Entwicklungsländer. Aber auch in 16 europäischen Ländern findet man den Parasiten (L. infantum und L. tropica), darunter in Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland. Pro Jahr sind 2 Millionen Leishmania-Neuinfektionen zu verzeichnen, 12 Millionen Menschen sind derzeit erkrankt und 350 Millionen Menschen sind ständig dem Risiko einer Infektion ausgesetzt. In Mitteleuropa ist das Infektionsrisiko gering, da Schmetterlingsmücken der Gattung Phlebotomus, die von Leishmanien in der „alten“ Welt als Vektor genutzt werden, hier nicht vorkommen. Risikogruppen sind jedoch Reisende, Migranten oder Flüchtlinge aus Endemiegebieten.

Analytik. Direkter Antigennachweis: Kultur, Mikroskopie und molekularbiologische Methoden (PCR). Serologie: Antikörpernachweis durch indirekte Immunfluoreszenz, ELISA und Immunblot/Western Blot. Für Felduntersuchungen gibt es unter anderem Schnelltests, die auf Partikelagglutination beruhen.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Knochenmarkpunktat, Biopsiematerial (Lymphknoten, Leber, Milz) und Zitrat- oder EDTA Blut (BuffyCoat). Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, Liquor eine Woche, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnose einer viszeralen Leishmaniose wird vorrangig durch den direkten Erreger- bzw. Antigennachweis gestellt. Der mikroskopische Direktnachweis der meist amastigoten Leishmanien-Formen in Giemsa gefärbten Ausstrich- oder Tupfpräparaten ist schwierig. Eine Differenzierung der Leishmanienarten ist generell morphologisch nicht möglich. Die kulturelle Anzucht der Leishmanien gelingt auf speziellen Nährböden (z. B. NNN-Medium) in der Regel recht gut, kann aber je nach Art, Ausgangsgehalt und Teilungsrate bis zu 3 Wochen dauern. In der Leishmanien-Diagnostik spielen inzwischen molekularbiologische Nachweismethoden die entscheidende Rolle: Die PCR ist sensitiv, spezifisch und schnell, und sie erlaubt eine Differenzierung der Leishmanien. Die Bestimmung spezifischer Antikörper im Serum ist eine etablierte Nachweismethode und dient als als Screeningtest bei Verdacht auf eine Leishmaniose. Vor allem bei immunkompetenten Patienten findet man nach einer viszeralen Leishmanien-Infektion in der Regel hohe Antikörper-Konzentrationen, deren diagnostischer Vorhersagewert über 90 % liegt. Ein negativer Befund schließt eine Infektion allerdings nicht aus. Der indirekte Immunfluoreszenztest ist für die Leishmaniose-Serologie besonders sensitiv und spezifisch und eignet sich als Screeningmethode, besonders bei Einsatz amastigoter Leishmanien als Substrat, er erlaubt aber keine serologische Differenzierung der LeishmanienArten. Kreuzreaktionen wurden bei Chagas, Schlafkrankheit, Malaria, Lepra und Tuberkulose beschrieben. Literatur. Reiter-Owona I, Leishmania In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (2009) (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart, New York, 1065–1070

Leitlinien

Darai G, Handermann M, Sonntag HG (2009) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. 3. Aufl. Springer Verlag Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) (2010) AWMF-Register-Nr. 042/004

Leistungsdatenübergabe O. Colhoun

Synonym(e). Leistungsübermittlung Englischer Begriff. delivery of performance figures Definition. Übermittlung der Zahl und Spezifität der tatsächlich aufgrund von Leistungsanforderungen an das medizinische Labor dort durchgeführten Untersuchungen für Kostenrechnung und Medizincontrolling. i Übergeben werden die Art der Leistung (nach Hausleistungska-

talog oder Standard-Katalogen wie 7 Gebührenordnung für Ärzte), Zahl der Anforderungen und Leistungsanforderer. Für die Datenübergabe an ein 7 KIS wird eine entsprechende Schnittstelle für die Datenkommunikation benötigt.

Leistungsstatistik O. Colhoun

Englischer Begriff. service statistics Definition. Erfassung der gesamten Leistungen des medizinischen Laboratoriums. i Neben den von den Ärzten angeforderten und den durchgeführten analytischen Leistungen werden hier noch die Sekundärund Hilfsanalysen sowie nichtanalytische Leistungen festgehalten. Auswertung der in der 7 Labor-EDV gespeicherten abrechenbaren Leistungen nach unterschiedlichen Kriterien. Ziel ist u. a. eine nach Kosten bewertbare Leistungserfassung. Leistungsstatistiken können nach den Aspekten Einsender, Diagnosen/DRG, Laborbereiche, Nettoleistungen, Bruttoleistungen oder/ und Leistungsziffer/Parameter ausgewertet werden. Ein beliebiger Zeitraum für die jeweilige Betrachtung kann eingegrenzt werden.

Leistungsübermittlung 7 Leistungsdatenübergabe

Leitfähigkeit, elektrische

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higkeiten. Leitfähigkeitsmessungen sind deshalb nicht für die Bestimmung einer bestimmten Ionensorte einer Lösung geeignet. Ihre Anwendung beschränkt sich auf die Analyse einer Einkomponentenlösung und auf die Bestimmung der Gesamtleitfähigkeit einer Multikomponentenlösung (z. B. Wasserreinheitsuntersuchungen). Zum Messprinzip mit Brückenschaltung nach Wheatstone und zu speziellen Anwendungen der konduktometrischen Titration (Titrationen unter Endpunkterkennung durch Leitfähigkeitsmessung) s. Lehrbücher der (physikalischen) Chemie.

Literatur. Latscha HP, Linti GW, Klein HA (Hrsg) (2004) Analytische Chemie. Chemie – Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Leitfähigkeit des Urins W.G. Guder

Englischer Begriff. conductivity of urine i Moderne Messinstrumente zur Überwachung des Urinflusses von Intensivpatienten, Auswertung von Teststreifen (z. B. Aution Max, Menarini) oder zur Analyse der Partikel im Urin (z. B. UF 100 Sysmex, iQ200, Iris) haben eine Leitfähigkeitsmessung der Urine eingebaut, um die Konzentration des Urins zu messen. Die Leitfähigkeit ist jedoch im Wesentlichen abhängig von der Zahl der elektrisch leitenden Teilchen (d. h. Ionen). Eine Untersuchung bei Patienten ergab, dass die 7 Leitfähigkeit im Urin am besten korreliert mit der Summe der Konzentrationen von Natrium und Kalium, (R = 0,873), schwächer mit der 7 Osmolalität (R = 0,732) und schlecht mit der relativen Dichte (R = 0,628). Bei Intensivpatienten war diese Korrelationen noch schwächer. Mit dem Teststreifenergebnis, bei dem ebenfalls die Dichte der Kationen als Maß für das spezifische Gewicht verwendet wird, war die Korrelation noch schlechter. Dennoch wird die Leitfähigkeit bei allen medizinischen Anwendungen in relativer Dichte angegeben, die mit empirisch ermittelten Korrelationsgleichungen bei Normalen umgesetzt wird:

Relative Dichte = A × Leitfähigkeit (S) + B A= Korrelationsfaktor bei Normalpersonen B= Schnittpunkt der Korrelation mit der y-Achse S= Leitfähigkeit in Siemens Aus diesem Grund sind auch keine Normalbereiche in Siemens angegeben; 7 Gewicht, spezifisches des Urins.

Literatur. Hofmann W, Miller B, Guder WG (1996) Spezifisches Gewicht, Leitfähigkeit, Dichte und Osmolalität im Harn. Vergleich bei Normalpersonen, stationären Patienten und Intensivpatienten. J Lab Med 20:697–703

T. Arndt

Synonym(e). Leitvermögen, elektrisches Englischer Begriff. electric conductivity Definition. Die elektrische Leitfähigkeit ist das Reziproke des elektrischen Widerstandes eines (metallischen oder flüssigen) Leiters. Ihre Einheit ist S (Siemens). Dabei ist ein Siemens = 1/Ohm (1 S = 1/Ω). i Im klinisch-chemischen Labor ist im Wesentlichen nur die elektrische Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen von Interesse, z. B. zur Reinheitskontrolle von destilliertem oder deionisiertem Wasser. Da Elektrolytlösungen bis zu einer bestimmten Spannung dem Ohm’schen Gesetz (R = U/I, d. h. Widerstand = Spannung/Stromstärke) gehorchen, lässt sich deren spezifische Leitfähigkeit κ nach der Formel κ [S × cm–1] = L [cm] /R [Ω] × q [cm2] ermitteln. Dabei bezeichnen L den Elektrodenabstand und q den Querschnitt der Flüssigkeitssäule (also die wirksame Elektrodenoberfläche) zwischen den beiden Elektroden z. B. einer Leitfähigkeitselektrode. Die spezifische Leitfähigkeit einer Elektrolytlösung ist proportional der Konzentration aller freibeweglichen Ionen und der Summe der Ionenleitfähigkeiten der Kationen und Anionen (s. Lehrbücher der physikalischen Chemie). Enthält eine Lösung mehrere Elektrolyte gleichzeitig, ist die Gesamtleitfähigkeit der Lösung gleich der Summe der aus den verschiedenen Elektrolyten resultierenden Einzelleitfä-

Leitlinien A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. guidelines Definition. Leitlinien sind systematisch entwickelte Darstellungen und Empfehlungen mit dem Zweck, Ärzte und Patienten bei der Entscheidung über angemessene Maßnahmen der Krankenversorgung (Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge) unter spezifischen medizinischen Umständen zu unterstützen. Sie unterscheiden sich von den Richtlinien dadurch, dass letztere Handlungsregeln einer gesetzlich, berufsrechtlich, standesrechtlich oder satzungsrechtlich legitimierten Institution sind und für den Rechtsraum dieser Institution Verbindlichkeit haben, sodass deren Nichtbeachtung definierte Sanktionen nach sich ziehen kann. i Leitlinien sind in zahlreichen Ländern veröffentlicht worden.

Erstellt bzw. herausgegeben werden sie im In- und Ausland von ärztlichen Körperschaften, Berufsverbänden, Expertengruppen, wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Einzelexperten, kommerziellen Unternehmen (Pharmazeutische Industrie, Medizintechnikindustrie, Beratungsindustrie), Krankenhäusern, Krankenkassen, Praxisnetzwerken, Qualitätszirkeln, Regierungsagenturen und wissenschaftlichen Instituten.

L

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Leitvermögen, elektrisches

Sie sollen einfach (checklistenartig), aber auch umfassend sein. Sie sollen die Diagnostik, Indikation, Gegenindikation, Therapie und Nachbehandlung enthalten und klar ausführen, was notwendig, überflüssig oder obsolet ist. Sie sollen den Stand des Wissens (Ergebnisse von kontrollierten klinischen Studien und Wissen von Experten) über effektive und angemessene Krankenversorgung wiedergeben. Die Fortschritte wissenschaftlicher Erkenntnisse machen eine periodische Überarbeitung, Erneuerung und Korrektur notwendig. Wichtige Leitlinien deutschsprachiger Organisationen sind: 5 Leitlinien der 7 Arbeitsgemeinschaften der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF, www.awmf.org) 5 Leitlinien von Gremien der ärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften in Deutschland 5 Leitlinienprogramme ausgewählter Fachgesellschaften und Berufsverbände 5 Leitlinien aus dem ambulanten Bereich/vertragsärztliche Qualitätszirkel 5 Leitlinien aus Universitäten, Kliniken und Klinikverbünden.

Literatur. Hofmann W, Aufenanger J, Hoffmann G (Hrsg) (2011) Klinikhandbuch Labordiagnostische Pfade. Verlag de Gruyter, Berlin Oosterhuis WP, Bruns DE, Watine J et al (2004) Evidence-based guidelines in laboratory medicine: principles and methods. Clin Chem 50:806–818

Lenz-Regel 7 Paramagnetismus

Lepirudin 7 Thrombininhibitoren

Leptin H. Fiedler

Englischer Begriff. leptin Definition. Leptin (griechisch: „dünn“) ist ein Adipozytokin (7 Adipokin) und Hormon mit einem pleiotropen Wirkprofil, das vorwiegend über das Zentralnervensystem (Hypothalamus) den Energieund Fettstoffwechsel beeinflusst. Struktur. Leptin ist ein Protein mit 167 Aminosäuren (und einem Signalpeptid von 21 Aminosäuren), das eine 84 %ige Homologie zu dem im Jahr 1994 in der ob/ob-Maus entdeckten Proteinprodukt des ob-Gens besitzt. Die Sekundärstruktur ähnelt den helikalen Zytokinen. Molmasse. 16 kDa

Leitvermögen, elektrisches 7 Leitfähigkeit, elektrische

Lektin-Affinitätschromatographie T. Arndt

Englischer Begriff. lectin affinity chromatography Definition. Sonderform der 7 Affinitätschromatographie bei der

7 Lektine als Ligand auf der Oberfläche der stationären Phase immobilisiert sind.

Lektine R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Phytohämagglutinine Englischer Begriff. lectins Definition. Kohlenhydratbindende Proteine aus 7 Prokaryonten und 7 Eukaryonten, die weder zu den 7 Immunglobulinen zählen noch enzymatische Aktivität gegenüber den gebundenen Zuckern aufweisen.

i Lektine stellen teilweise hochdiversifizierte, phylogenetisch äußerst alte Familien von Proteinen dar, die spezifisch an Kohlenhydratstrukturen binden. Zu ihren Liganden zählen freie Oligo- und Polysaccharide sowie die Glykane von Glykoproteinen und Glykolipiden. Tierische Lektine vermitteln wichtige intra- und extrazelluläre Adhäsions- und Kommunikationsprozesse, besitzen Opsoninfunktion, sind als Endozytoserezeptoren an der Clearance von Serumglykoproteinen beteiligt und wirken als Chaperone mit an der regulierten ko- und posttranslationalen Proteinfaltung während der Proteinbiosynthese. Bakterielle und virale Lektine vermitteln durch Bindung an komplexe Kohlenhydrate von Wirtszellen Teilschritte der Infektion. Pflanzliche Lektine wie Concanavalin A werden aufgrund ihrer Bindungsspezifität für bestimmte Zuckerstrukturen für den analytischen Nachweis von 7 Glykoproteinen und Glykolipiden eingesetzt.

Literatur. Köttgen E, Reutter W, Tauber R (2003) Endogene Lektine des Menschen und ihre Zuckerliganden. Med Klin 98:717–738

Lektin-Weg 7 Komplementsystem Mannoseweg

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Synthese des Leptins erfolgt vorzugsweise im subkutanen, schwächer im viszeralen Fettgewebe sowie in der Plazenta und im Magen. Im Blut ist Leptin an den löslichen Leptin-Rezeptor gebunden. Die in verschiedenen Geweben (Hypothalamus, Chorioidplexus, Leber, Lunge, Herz, Niere, Testes, Fettgewebe) lokalisierten Leptin-Rezeptoren gehören zu der Klasse IZytokin-Rezeptorfamilie. Neben den übereinstimmenden extrazellulären und transmembranösen Domänen ist die intrazelluläre Domäne in drei Isoformen vorhanden. Die kurzkettige Isoform ist offenbar für den Transport in das Zentralnervensystem verantwortlich. Im Plasma zirkuliert eine lösliche Form des Rezeptors, der bei schlanken Personen fast das gesamte Leptin im Blut bindet.

Funktion und Pathophysiologie. Bei Nagetieren führt die Gabe von Leptin zu Gewichtsverlust, verminderter Futteraufnahme (anorektische Wirkung durch Verminderung des 7 Neuropeptids Y) und erhöhter Thermogenese. Beim Menschen wurden enge Beziehungen zwischen der Fettgewebsmenge („Lipostat“) und der Plasmaleptinkonzentration festgestellt. Die unerwartet hohen Leptinkonzentrationen bei adipösen Menschen erklärt man mit einer Leptinresistenz (Antikörper?, Transport?, Postrezeptordefekte?). Bei normalgewichtigen Personen stimuliert Leptin das Sättigungsgefühl, die Fettsäureoxidation, das 7 Entkopplungsprotein 2 sowie die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (7 Stress, oxidativer) und 7 Stickstoffmonoxid. Epidemiologische Untersuchungen zeigten auch Assoziationen zu Insulinresistenz und Atherogenese. Weitere pleiotrope Effekte wurden bei Störungen der Fertilität und Hämatopoese gefunden. Insulin, Glukokortikoide und Estrogene stimulieren, dagegen Androgene und Sympathomimetika supprimieren die Leptinsekretion. Die endokrinmetabolischen Wechselwirkungen bedürfen beim Menschen weiterer Aufklärung. Die Erwartungen auf eine Lösung des Adipositasproblems haben sich bisher nicht erfüllt. Patienten mit einer (seltenen) hereditären Leptindefizienz entwickeln im Frühkindesalter eine exzessive Adipositas und Fresssucht, die durch Gabe von rekombinantem humanen Leptin gebessert werden. Patienten mit Lipodystrophie (angeboren oder bei Therapie der HIVInfektion) haben niedrigere Leptinspiegel eine extreme Insulinresistenz, reduzierte T-Zellproliferation und gestörte Zytokinsynthese.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum oder Plasma, Blutentnahme am Morgen oder am frühen Nachmittag. Höchste Werte um 2.00 Uhr.

Probenstabilität. Stabil 1 Woche bei 4 °C. Analytik. Radio- und Enzymimmunoassay (Intraassay-VK < 8 %)

LEMS-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Calciumkänale

Referenzbereich — Frauen. 8,2–23,7 μg/L; 19,8 ± 2,5 μg/L; abhängig von Alter und Körpermassenindex (BMI): 2,1 × BMI – 29 μg/L

Leucinarylamidase(n)

Referenzbereich — Männer. 1,9–15,8 μg/L; 9,5 ± 1,1 μg/L; abhängig von Alter und Körpermassenindex (BMI): 1,5 × BMI – 34 μg/L Referenzbereich — Kinder. 1,3–4,1 μg/L (signifikante Korrelation

843

Leuchtelektron T. Arndt

zum BMI und den Tanner-Stadien)

Englischer Begriff. optical electron

Indikation. Potentielle Anwendungen der Leptinbestimmung Bei Anorexia nervosa und Bulimie ist Leptin reduziert und 7 Ghrelin erhöht. Nach erfolgreicher Auffütterung normalisieren sich die Hormone. Weniger als 5 % aller adipösen Patienten haben eine Leptininsuffizienz und können mit Leptin unterstützend behandelt werden. Bei Patientinnen mit hypothalamischer Amenorrhoe wird nach Gabe von rekombinantem Leptin die hypothalamisch-gonadale Achse normalisiert und die Ovulation induziert. Die 7 Adiponectin/Leptin-Ratio (0,2–0,5) ist bei jugendlichen Typ-2-Diabetikern (Adiponectin↓, Leptin 17,1–31,5 μg/L durch Adipositas und Insulinresistenz) gegenüber Typ-1-Diabetikern (3,8–8,8) und Nichtdiabetikern (11,3–29,0) signifikant erniedrigt. Weitere diagnostische Anwendungen sind in den nächsten Jahren zu erwarten.

Definition. Bezeichnung für ein einzelnes (Valenz-)Elektron, das durch Anregung von seiner Grundbahn mit der Energie EG auf ein höheres Energieniveau (eine höhere Elektronenschale) mit der Energie EA gehoben werden kann.

Literatur. Meier U, Gressner AM (2004) Endocrine regulation of energy metabolism: review of pathobiochemical and clinical chemical aspects of leptin, ghrelin, adiponectin, and resistin. Clin Chem 50:1511–1525 Welt CK, Chan JL, Bullen J et al (2004) Recombinant human leptin in women with hypothalamic amenorrhoe. N Engl J Med 351:987–997 Morales A, Wasserfall C, Brusko T et al (2004) Adiponectin and leptin concentrations may aid in discriminating disease forms in children and adolescents with type 1 and type 2 diabetes. Diabetes Care 27:2010–2014 Koh KK, Park SM, Quan MJ (2008) Leptin and cardiovascular disease. Response to therapeutic interventions. Circulation 117:3238–3249

Leptozyt 7 Anulozyt; 7 Target-Zelle

Leseraster, offenes 7 Open reading frame

Leseraster R. Weiskirchen

i Beim Zurückfallen des angeregten Elektrons auf sein Ausgangs-

niveau wird Licht emittiert. Dessen Frequenz (ν) entspricht der Energiedifferenz (ΔE = EA–EG) zwischen angeregtem Niveau und Grundzustand entsprechend der Planckschen Gleichung ΔE = h × ν. Die Frequenz bzw. Wellenlänge (1/ν) des emittierten Lichtes ist charakteristisch für bestimmte Elemente (z. B. Lithium, Natrium, Kalium) und kann zur qualitativen (Flammenfärbung) und quantitativen (Lichtintensität) Analyse von Metallen eingesetzt werden.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Leucin A.C. Sewell

Synonym(e). Leu Englischer Begriff. leucine Definition. 2-Amino-4-Methylpentansäure Struktur. 7 Aminosäuren

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Eine essenzielle verzweigtkettige Aminosäure, die über die Nahrung aufgenommen werden muss. Leu wird in 7 2-Ketoisocapronsäure und weiter zu 7 Acetoacetat und 7 Acetyl-CoA umgewandelt.

Funktion und Pathophysiologie. Leu wird nicht nur in der Leber, sondern auch in Muskel, Niere und Gehirn metabolisiert. Ile, Leu und Val (7 Valin) werden zur Berechnung des 7 Fischer-Quotienten benötigt. Eine gestörte oxidative Oxidierung von u. a. Leu führt zur Ahorn-Sirup-Krankheit. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Analytik. 7 Aminosäuren

Englischer Begriff. frame-shift

Referenzbereiche. 7 Aminosäuren

ner RNA-Sequenz, das durch das Startcodon AUG und einem StoppCodon (UAG, UAA oder UGA) festgelegt ist i Bei Verschiebung dieses Rasters um eine oder zwei Stellen würde

eine völlig andere Proteinsequenz entstehen; bei einer dreistelligen Verschiebung erhält man wieder das ursprüngliche offene Leseraster (7 Open reading frame).

Letalitätsdosis (LD50), mittlere 7 Toxin

LETS (large external transformation sensitive-) Protein 7 Fibronectin

Leu 7 Leucin

Serum,

Plasma,

Urin, Liquor, Trockenblut

Synonym(e). Leserahmen

Definition. Leserahmen für die Codierung der Aminosäuren in ei-

L

Molmasse. 131,2 g

Indikation. Ahorn-Sirup-Krankheit Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, Munich and Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, pp53–90

Leucinaminopeptidase 7 Leucinarylamidase(n)

Leucinarylamidase(n) A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). „Leucinaminopeptidase“; EC 3.4.11.1; Arylamidase; Naphthylamidase; LAP

Englischer Begriff. leucine arylamidase; leucine aminopeptidase Definition. LAP bilden eine Gruppe von weitverbreiteten Exopepti-

844

Leukämoide Reaktion

dasen, die die Abspaltung aminoterminaler Aminosäuren von Peptiden katalysieren und zur Diagnose hepatobiliärer Erkrankungen eingesetzt werden.

Definition. Nachweis von unreifen myeloischen Zellen bis zum Blas-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. LAP kommt in zahlreichen

verschiebung bei akuten und chronischen Infektionen, in der Erholungsphase nach Agranulozytose oder nach Gabe von hämatologischen Wachstumsfaktoren (z. B. 7 G-CSF). Sie entspricht dem phänotypischen Bild einer chronischen Myelose mit dem vermehrten Auftreten von 7 Myelozyten, 7 Promyelozyten und meist wenigen Blasten im peripheren Blut.

Organen und Geweben mit relativ hoher spezifischer Aktivität vor, wie Leber- und Gallengangsepitelzellen, Pankreas, Darmmukosa, Nierentubulus, Testes, Mamma und Stromazellen des Uterus. In der Leber ist LAP ähnlich wie die alkalische Phosphatase (7 Phosphatase, alkalische) verteilt mit hohen Aktivitäten im Gallengangsepithel und geringeren Aktivitäten in den Hepatozyten. LAP katalysieren den Protein- und Peptidabbau durch Abspaltung aminoterminaler Aminosäuren mit größter Aktivität, wenn Leuzin die N-terminale Aminosäure ist. LAP kommt mit mehreren, klinisch bedeutungslosen Isoenzymen im Serum vor.

Funktion und Pathophysiologie. Anstiege im Blut sind ein nahezu

ten im peripheren Blut ohne Hinweis auf eine chronische Myelose. i Die leukämoide Reaktion ist eine ausgeprägte, reaktive 7 Links-

Literatur. Kaboth W (1993) Chronisch Myeloische Leukämie. In: In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 570

Leukoerythroblastisches Blutbild H. Baum

spezifisches Merkmal hepatobiliärer, vor allem obstruktiver (cholestatischer) Erkrankungen. Der Enzymaustritt erfolgt bevorzugt aus Gallengangsepithelzellen.

Englischer Begriff. leucoerythroblastosis

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Heparin-

Definition. Nachweis von wenigen Blasten und Vorstufen der Erythropoese im peripheren Blut bei Osteomyelofibrose.

Plasma

Probenstabilität. Das Enzym ist mindestens 1 Woche bei Raumtemperatur und mehrere Monate bei –20 °C stabil.

Präanalytik. EDTA hemmt das Enzym. Leichte Hämolyse stört nicht.

Analytik. Die Aktivitätsbestimmung erfolgt auf der Grundlage einer optimierten Standardmethode nach den Empfehlungen der 7 Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie gemäß folgender Reaktion: LAP pH 7,5

   L-Leucin  4-Nitroanilin L-Leucin-4-nitroanilid   LAP hydrolysiert das synthetische, farblose Substrat L-Leuzin-4-Nitroanilid unter Freisetzung von 4-Nitroanilin, dessen gelbe Farbe bei 405 nm fortlaufend gemessen wird. Die Geschwindigkeit der Absorptionszunahme ist der Aktivität der LAP proportional.

Referenzbereich — Frauen. Messtemperatur 25 °C: 16–32 U/L (0,27–0,54 μkat/L)

Referenzbereich — Männer. Messtemperatur 25 °C: 20–35 U/L (0,34–0,60 μkat/L)

Indikation.

5 Differenzialdiagnose hepatobiliärer Erkrankungen mit und ohne Cholestase 5 Abklärung erhöhter Aktivitäten der alkalischen Phosphatase aus hepatobiliärer oder ossärer Ursache.

Interpretation. LAP gehört zu den 7 Cholestase-anzeigenden Enzymen. Im Gegensatz zur alkalischen Phosphatase steigt ihre Aktivität bei Knochenerkrankungen mit erhöhter Osteoblasten-Aktivität nicht an. Dieser diagnostische Vorteil aufgrund der höheren Organspezifität für die Leber kann zur Abklärung pathogenetisch unklarer Erhöhungen der alkalischen Phosphatase herangezogen werden.

Diagnostische Wertigkeit. Eine normale LAP bei erhöhter AP weist auf eine ossäre Ursache der Hyperphosphatasämie hin und schließt eine Cholestase aus. Extrahepatische Ursachen von LAP-Erhöhungen sind Schwangerschaft (drittes Trimester, am Ende der Schwangerschaft das 3- bis 5-Fache der Norm), Mammakarzinom, orale Kontrazeptiva. Das Enzym ist heute in der klinischen Hepatologie nur noch selten im Gebrauch.

Literatur. Weber H (1969) Die Bedeutung der Leucin-Aminopeptidase. Dtsch med Wschr 94:181–184

Leukämoide Reaktion H. Baum

Englischer Begriff. leukemoid reaction

i Im fibrotischen Stadium der Osteomyelofibrose kommt es zur extramedullären Blutbildung in der Leber und Milz sowie dem Auftreten von Blasten und kernhaltigen Vorstufen der Erythropoese im peripheren Blut. Dabei ist die Gesamtzellzahl meist normal oder nur leicht erhöht, der Blastenanteil < 10 % bei einer gleichzeitigen Anämie sowie Poikilozytose (7 Poikilozyten) der Erythrozyten mit Dakrozyten. Im präfibrotischen Stadium der Erkrankung ist meist keine oder nur eine milde Leukoerythroblastose nachweisbar.

Literatur. Thiele J, Pierre R, Imbert M et al (2001) Chronic idiopathic myelofibrosis. In: Jaffe ES, Harris NL, Stein H et al (eds) Pathology and genetics of tumors of haematopoietic and lymphoid tissues. IARC Press, Lyon, S 35–38

Leukotrien-Freisetzung H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Zellulärer Antigen-Stimulationstest; CAST Englischer Begriff. cellular antigen stimulation test; CAST Definition. In-vitro-Test mit vitalen Basophilen zur Diagnostik von Typ-I-Allergien Durchführung. Aus Vollblut isolierte Leukozyten werden nach Vorbehandlung mit IL-3 (zur Aktivierung) mit potentiellen Allergenen stimuliert. Bei Vorliegen bereits sensibilisierter Basophiler werden Leukotrien C4 (LTC4) und dessen Abbauprodukte D4 und E4 (LTD4, LTE4) produziert. Im Anschluss an die Stimulation werden die freigesetzten Leukotriene mittels ELISA im Inkubationsmedium quantifiziert. Für jede Probe wird eine basale LT-Freisetzung (Background) nach IL-3-Stimulation ohne Allergenzusatz bestimmt. Die maximale Stimulation und damit Vitalitätskontrolle der eingesetzten Zellen wird z. B. durch Zusatz von Anti-IgE-Rezeptor(FcεRI)-Antikörpern anstelle des Allergens mit anschließender Leukotrienbestimmung durchgeführt. Funktion und Pathophysiologie. 7 Basophilen-Degranulation Neben den genannten gespeicherten Mediatoren produzieren Basophile auf den Allergenreiz hin Leukotrien C4, das zusammen mit seinen Abbauprodukten als Messgröße in zellulären Antigenstimulationstests genutzt werden kann. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Heparin-Blut Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur Analytik.

5 Allergenstimulation in vitro 5 Leukotrienbestimmung mit ELISA.

Leukozyten im Urin

Konventionelle Einheit. pg/mL (ng/L) Referenzbereich — Erwachsene. Nach Antigenstimulation (Inhalations- Lebensmittel-, Insektengift-, Latex) um > 200 pg/mL gesteigerte LT-Konzentration im Inkubationsmedium

Indikation. 7 Basophilen Degranulation Interpretation. Medikamenten-Allergene sowie chemische Allergene und einige Lebensmittelzusatzstoffe ergeben erfahrungsgemäß geringere Freisetzungsraten von Leukotrienen bei sensibilisierten Patienten als die im Referenzbereich genannten Allergene. Denkbar ist für diesen Test neben der Einsendung der Vollblutprobe die Einsendung der potenziell allergieauslösenden Substanz. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Präparation keine Leukotriene oder zytotoxische Chemikalien, Stabilisatoren oder Konservierungsmittel enthält. Diagnostische Wertigkeit. 7 Basophilen Degranulation Literatur. 7 Basophilen Degranulation

Leukozyt H. Baum

Synonym(e). weiße Blutzelle Englischer Begriff. leukocyte; white blood cell Definition. Kernhaltige Zelle des peripheren Blutes, die Abkömmling der Myelopoese, Monozytopoese oder Lymphopoese ist.

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut Analytik. 7 Leukozytenzählung Referenzbereich. 7 Tab. 1 Leukozyt. Tab. 1. Referenzbereiche Alter Erwachsene Kinder

Leukozytenzahl (G/L) 4,3–10,0

Neugeborene

9,0–30,0

bis 14 Tage

6,0–20,0

1 Jahr

5,0–17,5

6 Jahre

5,0–13,5

Urin gelangen. Sie sind Ausdruck einer sekretorischen Funktion der die Harnwege umgebenden Epithelien, die durch entzündliche, selten durch maligne Reize vermehrt in den Urin gelangen. Dabei überwiegen als Ursachen und Pathomechanismen bakteriell entzündliche Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Andere Formen von Leukozyten wie Lymphozyten, eosinophile Granulozyten und Makrophagen werden als Ausdruck von interstitiellen Immunreaktionen chronischer Art, akuter interstitieller Nephritis und immunologischer Abstoßungsreaktion gedeutet.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Zur Erfassung der Granulozytenzahl ist am ehesten der erste Morgenurin geeignet, der als 7 Mittelstrahlurin gewonnen werden muss, um die Kontamination mit Leukozyten aus dem äußeren Genitale zu verhindern. Probenstabilität. Der Nachweis von Leukozyten mit Teststreifen hat eine geringere Stabilität (1 h) wie der von Leukozyten als mikroskopisch sichtbare Zellen (4–24 h je nach pH und Osmolalität). Während die Zellzahl mit der Zeit abnimmt, nimmt die Aktivität der mit Teststreifen gemessenen Esterase mit der Zeit zu.

Analytik. Die Leukozyten wurden historisch im Rahmen der mikroskopischen Analyse des 7 Harnsediments bestimmt. Der Nachweis erfolgte meist ohne Färbung. Dieses Verfahren erlaubte bei Verwendung standardisierter Volumina eine halbquantitative Aussage, die durch Verwendung von Zählkammern im 7 Addis-Count oder im Test nach Stansfeld Webb zu quantitativen Aussagen führen. In den 60er Jahren wurde ein Teststreifen zum Nachweis der Leukozyten entwickelt, der inzwischen zum Standard jeder Harnuntersuchung geworden ist. Dabei wird die in Granulozyten gebildete Esterase, die auch in den Extrazellulärraum ausgeschieden wird, gemessen, indem man Indoxylester als Substrat anbietet, aus denen eine Indigofarbe entsteht. Nach 2 min kann anhand der violetten Farbe die Esterase, kalibriert als Zahl der Granulozyten abgeschätzt werden. Die Teststreifen erlauben eine Einteilung in 4 Stufen (+), + bis +++, was einer Leukozytenzahl von 10 bis > 100 Mpt/L (10 bis > 100/μL) entspricht. Mit der Entwicklung von Durchflusszytometern und digitalen Photoanalysatoren für das Harnsediment ist eine mechanisierte quantitative Analyse der Leukozyten im unzentrifugierten Urin möglich. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass durch die konventionellen Verfahren eine Reihe präanalytischer Variablen wie Verluste von Granulozyten bei der Zentrifugation unterschätzt wurden. Daher sind die Referenzbereiche stark abhängig von der angewandten Methode. Hier werden die Zahlen mit Flowzytometrie angegeben, die mit den in der Kammer quantifizierten übereinstimmen. Konventionelle Einheit. halbquantitativ negativ, (+) , + – +++ quantitativ: Zahl/μL Urin Internationale Einheit. Zahl pro L Urin = Mpt/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit.

Bewertung. Die Bestimmung der Leukozyten erfolgt zur:

5 Erkennung einer Erhöhung oder Erniedrigung der Gesamtzellzahl im peripheren Blut 5 Als Bezugsgröße für die morphologische Differenzierung zur Absolutzellzählung der einzelnen Subpopulationen

Literatur. Stobbe H (1991) Leukozyten-Partikelkonzentration. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 78–84

Leukozyten im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Weiße Blutkörperchen (meist Granulozyten) im Urin Englischer Begriff. urine leukocytes; urine white blood cells Definition. Anzahl der Granulozyten im Urin, da Lymphozyten und andere Zellen von den verwendeten Verfahren nicht erfasst werden.

Funktion und Pathophysiologie. Granulozyten im Urin können durch renale, postrenale und kontaminierende Mechanismen in den

845

konv. (Zahl/

μL) × 106 = intern. (Mpt/L) Einheit

Referenzbereich — Erwachsene. < 10 Mpt/L Referenzbereich — Kinder. 4–8 Mpt/L Unterschiede zwischen Mädchen < 90 Mpt/L und Jungen (< 50 Mpt/L) wurden bei Verwendung von Katheterurin bei den gleichen Personen auf einheitlich < 10 Mpt/L nicht bestätigt, so dass bei Kindern von 2–16 Jahren ein kontaminierender Anteil bei Mittelstrahlurin vom 5bis 9-fachen der aus der Blase stammenden Leukozyten angenommen werden muss.

Indikation. Die Leukozyten (Granulozyten) sollten qualitativ bei jeder Urinuntersuchung erfasst werden. Eine Quantifizierung ist bei der Überwachung und Verlaufskontrolle bakterieller Infektionen sinnvoll.

Diagnostische Wertigkeit. Der Ausschluss von Leukozyten im Urin ist eine der festen Bestandteile der Basisuntersuchung im Urin. Gemeinsam mit dem Testreifenfeld für Nitrit ist die Untersuchung zum Ausschluss und zur Indikationsstellung einer bakteriellen Kultur empfohlen worden. Die mikroskopische Untersuchung auf Granulozyten ist demgegenüber bei Verwendung eines genügend empfind-

L

846

Leukozytenphosphatase, alkalische

lichen Teststreifens oder einer mechanisierten Partikelanalyse nicht mehr indiziert. Die Quantifizierung ist in ihrer Aussage wesentlich eingeschränkt durch präanalytische Variable bei der Gewinnung, Behandlung und analytischen Methode.

der Leukozytenzahl errechnet. Aus diesem Mittelwert lässt sich dann die absolute Leukozytenzahl abschätzen.

Literatur. Kutter D (1983) Schnelltests in der klinischen Diagnostik. 2. Aufl. Urban und Schwarzenberg, München Kouri T, Fogazzi G, Gant V et al (2000) European Urinalysis Guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60,Suppl 231 Stansfeld JM, Webb JKG (1953) Observations on Pyuria in Children. Arch Dis Child 28:386–391 Györy AZ, Kesson AM, Talbot JM (1980) Microscopy of Urine – Now You See it, Now You Don’t. Am Heart J 99:537–538 Lun A, Ziebig R, Hammer H et al (1999) Reference Values for Neonates and Children for the UF 100 Urine Flow Cytometer. Clin Chem 45:1879–1880 DeLange JR, Kouri TT, Huber AR et al (2000) The Role of Automated Urine Particle Flow Cytometry in Clinical Practice. Clin Chim Acta 301:1–18

Fehlermöglichkeit.

Leukozytenphosphatase, alkalische

Untersuchungsmaterial. Ausstrichpräparat 5 falsche Stelle innerhalb des Ausstrichpräparates (die Verteilung der Zellen im Ausstrich ist nicht gleichmäßig) 5 falsche Vergrößerung gewählt

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Einfache Methode, die allerdings keine genauen Werte liefert. Sie ist nicht automatisierbar, die Kosten sind gering.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Methode sollte nur in solchen Fällen eingesetzt werden, in denen keine Möglichkeit einer exakten Zellzählung vorhanden ist. Dabei ist nur eine sehr grobe Einteilung möglich [7 Tab. 1; aus Stobbe (1991)] Leukozytenzahlschätzung. Tab. 1. Angaben gelten für eine 450-fache Vergrößerung Leukozytenmittelwert aus 5 Gesichtsfeldern

wahrscheinliche Leukozytenzahl (× 109/L)

Englischer Begriff. leukocyte alkaline phosphatase

0,05

< 1,5

Definition. Enzym der neutrophilen Granulozyten, das die Hydrolyse

0,6–1,0

1,5–3,5

1,1–1,5

3,5–5,9

1,6–2,0

5,0–6,9

2,1–3,0

6,5–8,0

3,1–4,0

8,0–9,0

4,1–5,0

9,0–10,0

5,1–6,0

10,0–20,0

6,1–8,0

20,0–50,0

8,1–10,0

50,0–100,0

> 10,0

> 100,0

H. Baum

Synonym(e). Alkalische Neutrophilenphosphatase

von Phosphatestern im alkalischen Milieu katalysiert. i Der Nachweis der alkalischen Leukozytenphosphatase in den

neutrophilen Granulozyten dient der Abgrenzung einer chronisch myeloischen Leukämie (CML) von anderen Erkrankungen des myeloproliferativen Formenkreises oder entzündlichen und anderen tumorösen Prozessen. Der Stärkegrad der Färbung wird in 5 Intensitätsklassen (0–4) eingeteilt: 5 0 = keine Reaktion 5 1 = homogene blasse Farbschleier 5 2 = zunehmend granuläre Farbniederschläge 5 3 = kräftig schwarzbraune Präzipitate 5 4 = maximale Schwärzung des Zytoplasmas Es werden 100 segmentkernige neutrophile Granulozyten beurteilt, den Intensitätsstufen zugeordnet und mit dem Klassenfaktor multipliziert. Die Addition ergibt dann den Färbeindex (ALLP-Index, dimensionslos). Der Referenzbereich ist 10–100. Werte < 10 sind für die aktive Krankheitsphase einer CML typisch. Selten können hämolytische Anämien, eine Eisenmangelanämie oder eine Virusinfektion ähnlich tiefe Werte zeigen. Werte > 100 können bei entzündlichen Prozessen und in > 70 % der Fälle einer Polycythaemia vera gefunden werden.

Literatur. Nerl C (1993) Zellen der Granulozytopoese – Funktionen und Lebensäußerungen der Granulozyten. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 70–74

Literatur. Stobbe H (1991) Leukozytenpartikelkonzentration. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 80

Leukozytenzählung H. Baum

Englischer Begriff. white blood cell count

Leukozyten-Reaktionen im Liquor (CSF) 7 Liquor-Zellreaktionen

Leukozytenverteilungskurve 7 Hämogramm nach Schilling

Leukozytenzahlschätzung H. Baum

Definition. Abschätzung der Konzentration der Leukozyten im peripheren Blut durch die Anzahl pro Gesichtsfeld im Ausstrichpräparat. Physikalisch-chemisches Prinzip. Es werden 5 Gesichtsfelder bei einer etwa 450-fachen Vergrößerung ausgezählt und daraus der Mittelwert

Definition. Bestimmung der Leukozytenzahl in einem definierten Volumen.

Physikalisch-chemisches Prinzip.

5 manuelle Zählung einer 1:10 mit 3-%iger Essigsäure verdünnten Blutprobe in einer Neubauer-Zählkammer 5 mechanisierte Zählung nach Lyse der Erythrozyten mit oberflächenaktiven Substanzen (Saponine). Dabei können zwei Messprinzipien unterschieden werden: 5 Impedanzmessung (Coulter-Prinzip): Messung der Widerstandsänderung zwischen zwei Elektroden bei Durchtritt der Leukozyten durch eine Kapillare im elektrischen Feld. Die in einer isotonen Salzlösung suspendierten Leukozyten führen beim Durchtritt durch die Kapillare zu einer Änderung des Widerstands, da ihre elektrische Leitfähigkeit im Vergleich zur

Lewis(Le)-Blutgruppensystem

Salzlösung geringer ist. Die Höhe der Widerstandsänderung ist dabei proportional der Größe. 5 Streulichtmessung im kontinuierlichen Durchfluss (optisches Dunkelfeld-Prinzip): Die Leukozyten passieren einzeln eine Kapillare. Ein durch diese Kapillare geleiteter monochromatischer Lichtstrahl wird an den Leukozyten gestreut. Das auf eine Photozelle auftreffende Streulicht ist dabei proportional des Zellgröße, die Anzahl der Impulse proportional der Zellzahl.

Einsatzgebiet.

5 Erkennung einer Erhöhung oder Erniedrigung der Gesamtleukozytenzahl im peripheren Blut. 5 Als Bezugsgröße für die morphologische Differenzierung zur Absolutzellzählung der einzelnen Subpopulationen.

Untersuchungsmaterial. EDTA-Blut Fehlermöglichkeit. Kernhaltige erythrozytäre Vorstufen und Mikrokaryozytenkerne zählen nicht zu den Leukozyten und dürfen deshalb nicht mitgezählt werden. 5 Bei der manuellen Zählung ist die Erkennung der erythrozytären Vorstufen bei sorgfältigem Mikroskopieren möglich. 5 Bei der mechanisierten Zählung werden alle kernhaltigen Zellen wie auch Riesenthrombozyten mit gemessen, was zu falsch hohen Leukozytenwerten führt, da nur Partikel einer vorher definierten Größe als Leukozyten erfasst werden. Zur Ermittlung des wahren Leukozytenwerts ist dann die Anzahl der Nichtleukozyten auf 100 Leukozyten mit Hilfe eines Ausstrichpräparates zu ermitteln und in folgende Formel einzusetzen: Leukozyten = Anzahl der kernhaltigen Zellen × 100/(100 + gezählte kernhaltige Erythrozyten + gezählte Mikrokaryozyten)

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die mechanisierte Zählung wird routinemäßig eingesetzt. Die Kammerzählung wird normalerweise nur zur Kontrolle einer primär unplausiblen automatisierten Messung herangezogen.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die manuelle Zählung ist mit einem hohen VK behaftet (> 10 %), sodass der mechanisierten Messung (VK < 2 %) der Vorzug zu geben ist.

Literatur. Seeger HT, Poppy U (1991) Zählgeräte. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 132–145

Levetiracetam W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. levetiracetam.

847

len Anfällen. Als häufige Nebenwirkungen sind Somnolenz, Asthenie und Schwindel beschrieben.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P), Urin.

Analytik. HPLC, LC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring, Verdacht auf Intoxikation

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 10–37 mg/L; toxisch: 400 mg/L (Fallbericht); komatös-letal: unbekannt.

Literatur. Baselt RC (2008) Disposition of Toxic Drugs and Chemicals in Man. 8rd ed. Biomedical Publications, Foster City, p 827–828 Schulz M, Schmoldt A (2003) Therapeutic and toxic blood concentrations of more than 800 drugs and other xenobiotics. Pharmazie 58:447–474

Levomethadon 7 Methadon

Lewis-II-Antigen 7 Gerberich-Blutgruppensystem

Lewis(Le)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synomym(e). FUT3, LE, ISBT 007 Englischer Begriff. Lewis blood group system Definition. Die Lewis-Antigene sind strukturell verwandt zu den antigenen Determinanten des AB0- (7 AB0-Blutgruppensystem) und 7 H/h-Blutgruppensystems. Sie werden durch sequenzielle Addition von spezifischen Monosacchariden an einen terminalen Glukan-Präkursor (Gal-β1,3-GlcNAcβ-R) auf Glykolipiden oder Glykoproteinen synthetisiert. Auf den Erythrozyten sind sie auf Typ-1-Glykosphingolipiden lokalisiert, die aus dem Blutplasma auf der Erythrozytenoberfläche adsorbiert wurden. i Die Synthese der Lewis-Antigene resultiert aus der Interaktion

der beiden unabhängiger Genloci LE (FUT3) und SE (FUT2). Der FUT2 oder 7 Sekretor(Se)-Locus des H/h-Blutgruppensystems kodiert eine α-(1,2)-Fukosyltransferase (FUT2), der FUT3-Locus kodiert eine α-(1,3/1,4)-Fukosyltransferase (7 Tab. 1). Dabei verwendet die FUT3-Transfersase Typ 1 und Typ 2 Kohlenhydratketten als Substrat, wobei eine α-1,3- oder α-1,4-Bindung entsteht. Le a und b sind dabei Produkte der Typ-1-, Le X und Y sind die äquivalenten Produkte des Substrats in Typ-2-Konfiguration. Über die Fukosylie-

Definition. Antiepileptikum. Struktur. 7 Abb. 1

Lewis(Le)-Blutgruppensystem. Tab. 1. Phänotypen und Genotypen des Lewis-Blutgruppensystems unter Berücksichtigung der Sekretoreigenschaften

O

Le-Phänotyp Erythrozyten

Genotyp Lewis

Sekrete Sekretor

Lea

Leb

GenotypFrequenz (%)

Le(a-b+)

Le/Le oder Le/le

Se/Se oder Se/se

+

+

72

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei oraler Verabreichung

Le(a+b-)

Le/Le oder Le/le

se/se

+



22

wird Levetiracetam rasch resorbiert, die Bioverfügbarkeit beträgt 100 %, die Proteinbindung liegt unter 10 %. Die Substanz wird kaum hepatisch metabolisiert. Die Ausscheidung erfolgt fast vollständig renal.

Le(a-b-)

le/le

Se/Se oder Se/se





4,5

Le(a-b-)

le/le

se/se





1,5

NH2

N O Levetiracetam. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 170,21 g

Halbwertszeit. ca. 7 h Pathophysiologie. Levetiracetam wird vor allem verordnet bei foka-

L

848

Lexos

rung des Glukan-Präkursors durch die FUT3-Aktivität entsteht das Lea-Antigen, wobei das Leb-Antigen durch die zusätzliche Aktivität der FUT2-Transferase gebildet wird. Die Funktion der Lea- und Leb-Antigene ist bisher nicht geklärt, wobei auch keine pathologischen Konsequenzen in Lewis-Null-Individuen (7 Null-Phänotyp) auftreten. Die sialysierte Form ist möglicherweise an der Bindung an E-Selektinen beteiligt. Ihre Funktion ist nicht bekannt, sie werden aber als 7 Tumormarker eingesetzt (s. CA 19-9 [7 carbohydrate antigen 19-9 oder sialysiertes Lea-Antigen]). Die Lexund sLex-Antigene spielen eine wichtige Rolle bei der Zelladhäsion. Lewis-Antigene werden nicht in erythroiden Vorläuferzellen synthetisiert, sondern werden aus dem Plasma an die Erythrozytenoberfläche passiv adsorbiert. Daher variiert die Konzentration der Lewis-Antigene individuell; auf Erythrozyten der Neugeborenen sind sie noch nicht nachweisbar. Die Antigendichte kann während der Schwangerschaft reduziert sein. Der Verdauungstrakt ist der Hauptsyntheseort der Lewis-Antigene im Plasma. Daneben werden sie im Kolon, Pankreas und Sekreten (Muttermilch, Speichel) gebildet. Das Leb-Glykan wird als Rezeptor für Helicobacter pylori angesehen. Antikörper der Spezifität Anti-Lea werden ausschließlich von Personen mit dem Phänotyp Le(a-b-) gebildet, Anti-Leb von Le(a-b-)-Individuen und seltener auch von Individuen mit dem Phänotyp Le(a+b-) der Blutgruppe A1B oder A1. In der Regel gehören die Lewis-Antikörper zur IgM-Klasse und kommen meist als natürliche Antikörper vor. Der klinisch-relevante Anti-Lea-Antikörper kann zu schweren hämolytischen Transfusionsreaktionen führen, beim Anti-Leb-Antikörper kommt es seltener zu hämolytischen Transfusionsreaktionen. Ein 7 Morbus haemolyticus neonatorum durch Lewis-Antikörper tritt nicht auf, da zum einen IgM-Antikörper nicht die Plazenta passieren und zum anderen die Erythrozyten von Feten und Neugeborenen den Phänotyp Le(a-b-) aufweisen.

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl. Elsevier New York Blood Group Antigen Gene Mutation Database, NCBI Borén T, Falk P, Roth KA, Larson G, Normark S (1993) Attachment of Helicobacter pylori to human gastric epithelium mediated by blood group antigens. Science 262:1892–1895

Lexos T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Bromazepam (7 Straßennamen von Drogen: Benzodiazepine).

Leydig-Zwischenzell-Antikörper 7 Autoantikörper gegen steroidproduzierende Zellen

Leydig-Zell-Funktionstest 7 HCG-Test

LE-Zellen 7 Autoantikörper gegen Zellkerne

LIA 7 Immunoassay, kompetitiver

Lichtbrechung 7 Refraktion

Lichteinflüsse auf Messgrößen 7 Einflussgrößen

Lidocain W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. lidocaine Definition. Antiarrhythmikum (Klasse IB), Lokalanästhetikum (7 Abb. 1)

Lidocain. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 234,34 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Bei oraler Gabe beträgt die Bioverfügbarkeit nur 25 %, da die Substanz einem ausgeprägten First-Pass-Effekt unterliegt. Beim hepatischen Abbau erfolgt Desalkylierung und Amidspaltung. Im Urin finden sich ganz überwiegend Metaboliten neben wenig Muttersubstanz (5–10 % der Dosis). Halbwertszeit. 1–4 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei Intoxikation finden sich Verwirrtheit, Parästhesien, Hypotonie, Krämpfe, Atemlähmung. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum (S), Plasma (P) Analytik. Immunoassay, HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 1,5–5,0 mg/L; toxisch: > 6 mg/L; komatös/letal: > 10 mg/L

Literatur. König H, Schmoldt A (2009) Antidysrhythmic agents. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 271–285

Lidocain-Eliminationstest A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). MEGX-Test; Monoethylglycinxylidid-Test

LG 7 Laborgemeinschaft

LH 7 Luteinisierendes Hormon

LH-RH 7 Luteinisierendes Hormon-Releasing Hormon

LH-RH-Test 7 GnRH-Test

Englischer Begriff. Monoethylglycinexylidide test Definition. Quantitativer Leberfunktionstest, bei dem die hepatische

Metabolisierungsrate von i.v. appliziertem 7 Lidocain durch die Konzentrationszunahme des Primärmetaboliten Monoethylglycinxylidid (MEGX) im Blut gemessen wird.

Durchführung. Venöse Blutentnahme vor sowie 15 und 30 (ggf. 60) min nach intravenöser Bolusinjektion einer subtherapeutischen Dosis von 1 mg/kg KG Lidocain-Hydrochlorid (Xylocain in 20 mL physiologischer NaCl-Lösung) innerhalb von 2–4 min unter EKGKontrolle. In Serum oder Plasma wird die Konzentration von MEGX mit Hilfe eines Fluoreszenzpolarisations-Immunoassays (FPIA) (7 Immunoassay, homogener) mit dem TDx-System (Abbott La-

Lidocain-Eliminationstest

849

L Lidocain-Eliminationstest. Abb. 1. Schematische Darstellung der Lidocain-Elimination

boratories) oder mit HPLC bestimmt. Die Serumkonzentration von MEGX steigt innerhalb der ersten 15 min schnell an, hat bei 30 min ein Plateau erreicht und bleibt während der folgenden 30 min (1-hWert) nahezu konstant.

Funktion und Pathophysiologie. In der Leber erfolgt die oxidative N-Demethylierung zu MEGX, die vorzugsweise durch Cytochrom P450 III A4 katalysiert wird (7 Abb. 1). Da oral appliziertes Lidocain vollständig intestinal resorbiert und zu 70 % bei der ersten Leberpassage extrahiert wird, kann auch eine orale Testvariante eingesetzt werden. Als 7 Einflussgrößen auf das Testergebnis sind zu nennen: Leberdurchblutung, fluktuierende Cytochrom-P450-III-A4Aktivität, Alter, Nierenfunktion und interferierende Medikamente (C iclosporin, Rifampicin, Barbiturate, Propranolol, Cimetidin u. a.). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

venöse

Blutentnahme

Präanalytik. Patient sollte 12 h nüchtern sein und vor Testbeginn 30 min liegen. 7 Fluoreszenzpolarisations-Immunoassay, 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

Analytik.

Referenzbereich — Frauen. Die Bereiche sind definiert durch die 16.–84. Perzentile für gesunde Personen unterhalb von 45 Jahren (7 Tab. 1). Lidocain-Eliminationstest. Tab. 1. Referenzbereich Frauen (Konzentrationsangaben in μg/L) Zeitpunkt (min)

Frauen

Leberspender

15

25–60

46–269

30

41–70

50–149

Referenzbereich — Männer. Die Bereiche sind definiert durch die 16.–84. Perzentile für gesunde Personen unterhalb von 45 Jahren (7 Tab. 2). Lidocain-Eliminationstest. Tab. 2. Referenzbereich Männer (Konzentrationsangaben in μg/L) Zeitpunkt (min)

Männer

Leberspender

15

42–90

46–269

30

58–98

50–149

Indikation.

5 Verlaufskontrolle chronisch aktiver Lebererkrankungen unterschiedlicher Ätiologie 5 Funktionsbeurteilung nach Leberteilresektion 5 Kurzfristige Prognoseabschätzung (< 1 Jahr) von präfinalen Lebererkrankungen bei Erwachsenen und Kindern 5 Funktionsbeurteilung in der Frühphase nach Lebertransplantation zur Erkennung perioperativer ischämischer Organschäden 5 Funktionsbeurteilung einer potentiellen Spenderleber.

Interpretation. Der Verlauf des MEGX-Testes korreliert mit der Verschlechterung der Leberhistologie von der milden über die schwere chronische Hepatitis bis zur Zirrhose und gestattet die Beurteilung der funktionellen Kapazität einer Spenderleber bzw. transplantierten Leber. Er ergänzt die Prognoseaussage des 7 Child-Turcotte-PughScores, des 7 MELD-Scores und des 7 Indocyaningrün-Testes. Nebenreaktionen durch Lidocaininjektion wie Schwindel, Parästhesien, Kopfdruck, Herzrhythmusstörungen sind selten. Literatur. Oellerich M, Schütz E, Polzien F et al (1994) Influence of Gender on the Monoethylglycinexylidide Test in Normal Subjects and Liver Donors. Ther Drug Monit 16:225–231

850

Liebig, Justus von

Liebig, Justus von A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Deutscher Chemiker, geboren am 12. Mai 1803 in Darmstadt, gestorben am 18. April 1873 in München

Verdienste. Studium der Chemie in Bonn, Promotion 1822 an der Universität Erlangen, Assistent bei Joseph Louis Gay-Lussac in Paris. Im Jahr 1824 Professor an der Universität Gießen, ab 1852 Professor für Chemie an der Universität München und ab 1859 bis zu seinem Tode Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Liebig ist einer der bedeutendsten Chemiker des 19. Jahrhunderts aus dessen Schule 44 Nobelpreisträger hervorgingen. Forschungsschwerpunkte: Pflanzlicher und tierischer Stoffwechsel, Agrikulturchemie, analytische Chemie und Elementaranalytik. Entdeckungen von Chloral und Chloroform und Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von Cyaniden und Silberspiegeln. Entwicklung des Liebig-Fleischextrakts. Gründung der Annalen der Pharmazie (später Liebigs Annalen der Chemie).

Literatur. http://www.Liebig-Museum.de/Justus.html

Ligand H. Fiedler

Englischer Begriff. ligand Definition. Ligand ist eine Substanz oder Teil einer Substanz, die sich an einen Rezeptor im weitesten Sinn bzw. eine ligandenspezifische Bindungsdomäne bindet oder an ein Zentralatom gebunden ist. Anschaulich gilt das Schlüssel-Schloss-Prinzip bzw. angesichts der konformativen Flexibilität das Hand-in Hand-Prinzip (Induced-fit-Konzept). i Varianten der Kombination zwischen Ligand und spezifischem Bindungsmolekül finden sich in 7 Tab. 1.

Ligand. Tab. 1. Spezifisches Bindungsmolekül und Ligand Bindungsmolekül

Ligand

Metall(ion)

Chelatbildner

Bindungs-, Trägerproteine

Proteohormone, Steroide

Antikörper

Antigen (Epitop), Protein A

Enzym

Substrat, Koenzym, Kofaktor, Inhibitor (Antimetabolit)

Rezeptor (im engeren Sinn)

Hormone, Zytokine, Neurotransmitter, Lipoproteine

Lektine, Phytagglutinine

Glykoproteine

Streptavidin, Avidin

Biotin

immobilisierten Liganden zur Trennung von Enzymen, Antigenen, Antikörpern und Rezeptoren 5 Entwicklung von Antimetaboliten gegen Viren, Bakterien und Karzinome 5 Blutgruppenbestimmungen

Liganden-Bindungsassay H. Fiedler

Synonym(e). Proteinbindungsanalyse; -assay Englischer Begriff. ligand-binding assay Definition. In Ligandenbindungsassays kommen polyklonale oder monoklonale 7 Antikörper, Rezeptoren oder Bindungsproteine (Transportproteine) zur Anwendung. 7 Ligand ist der Analyt. Bei der Kombination Antigen-Antikörper spricht man von einem 7 Immunoassay. Physikalisch-chemisches Prinzip. Einer der Reaktionspartner muss mit einem Marker („tracer, label“) versehen sein: Radioaktive Isotope, Enzyme, Fluorogene oder Luminogene. Der gebildete Komplex kann in homogener Phase oder nach Trennung der gebundenen von der ungebundenen Form (heterogen) gemessen werden. Die Trennung erfolgt entweder spezifisch (Kopplung des Antikörpers an eine Festphase oder Einsatz eines zweiten Antikörpers) oder unspezifisch (mit Polyethylenglykol, Ethanol, Aktivkohle, Ionenaustauscher).

Einsatzgebiet. Proteinbindungsassays werden für niedrigmolekulare Substanzen (Haptene) eingesetzt, die keine immunogene Aktivitäten besitzen: Kortisol-bindendes Globulin für Kortisol, Thyroxin-bindendes Globulin für T4 und T3, Intrinsic Factor für Vitamin B12 und weitere. Die Nutzung dieser Assays ist stark zurückgegangen. Rezeptorassays werden wegen der aufwendigen Isolierung und Reinigung von Rezeptorproteinen im Wesentlichen zu Forschungszwecken eingesetzt. Sie erfassen aus einem Hormonkomplex (natives Hormon, Prohormon, proteolytische Zwischenprodukte) nur jene Entität, die mit dem Rezeptor reagiert und biologisch aktiv ist. Eine andere Anwendungsmöglichkeit ist die Messung von Steroidrezeptoren (für Estradiol, Progesteron) in Biopsien von Mammakarzinomen, wodurch die Erfolgsaussichten einer Chemotherapie oder Antihormonbehandlung eingeschätzt werden können. Die Labordiagnostik konzentriert sich auf die Nutzung von Immunoassays. Die übrigen Ligandenbindungsassays werden in hochspezialisierten und Forschungseinrichtungen genutzt.

Ligase R. Weiskirchen

Methoden zur Ermittlung der Bindungsaffinitäten: 5 Gleichgewichtsdialyse 5 Kofraktionierung bei Gelchromatographie 5 Bimolekulare Interaktionsanalyse: der gelöste Ligand wird an einem immobilisierten Bindungsmolekül vorbeigepumpt und die Bindung mittels Brechungsindex gemessen 5 isotherme Titrationskalorimetrie 5 Stimulierung von Ionenkanälen nach Bindung an den Rezeptor (Patch-clamp-Technik) Anwendungen: 5 7 Ligandenbindungsassays 5 Ligandenchromatographie bzw. 7 Affinitätschromatographie mit

Englischer Begriff. ligase Definition. Enzym, das die Bildung einer neuen Phosphodiesterbrücke aus einem 3’-OH-Ende und einem 5’-Phosphatende zweier DNAMoleküle unter ATP-Verbrauch katalysieren kann i Häufig benutzt wird die T4-DNA-Ligase aus dem gleichnamigen

7 Bakteriophagen. In der Gentechnik (7 Gentechnik) sind dies, zusammen mit den 7 Restriktionsenzymen, die elementaren Werkzeuge, um Erbsubstanzmoleküle neu zu kombinieren.

Ligation R. Weiskirchen

Definition. Prozess, bei dem eine 5’-3’-Phosphodiester-Bindung im Zuckerphosphat-Rückgrat der DNA zwischen zwei benachbarten Basen geknüpft wird i In der Zelle dient dieser Vorgang bei der DNA-Reparatur zum Schließen einer Lücke in einem der beiden Doppelstränge. In der 7 Molekularbiologie macht man sich diesen Prozess beim Klonieren zunutze, um zwei DNA-Moleküle miteinander zu verknüpfen. Die Reaktion wird durch sog. DNA-7 Ligasen katalysiert.

Line-Assay

851

Definition. Gesättigte ultralangkettige Fettsäure (C24:0). Kommt

lassen sich auch für Gruppen definieren, die in mehr als zwei Kategorien vorliegen. Anhand der Likelihood Ratios lässt sich – basierend auf den Ergebnissen des 7 A priori odds – das A posteriori odds ermitteln. Insofern beschreibt das Likelihood Ratio den Informationsgewinn gegenüber dem A-priori-Wissen, wenn ein positives Testergebnis vorliegt. Das Likelihood Ratio entspricht der Steigung der 7 ROC-Kurve pro Schwellenwert (7 Schwellenwert der ROC). Formal lässt sich das A posteriori odds durch Multiplikation des A priori odds mit dem positiven Likelihood Ratio berechnen. Dies mag der Grund dafür sein, dass man in der Literatur häufig nur das positive Likelihood Ratio bespricht und dieses auch kurz „Likelihood Ratio“ nennt.

vorwiegend in Sphingomyelin vor. Kleiner Bestandteil pflanzlicher Fette. Großer Bestandteil des Sekretes der vorderen Drüsen der untererdigen Formosa-Termiten (Coptotermes formosanus).

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Lignin-Test 7 Zeitungspapier-Test

Lignocerinsäure A.C. Sewell

Synonym(e). Tetracosansäure Englischer Begriff. lignoceric acid; tetracosanoic acid

i Lignocerinsäure, bekannt als eine der ultralangkettigen Fettsäuren (VLCFA, very long-chain fatty acids), spielte eine Rolle in der Diagnostik der peroxisomalen Erkrankungen. VLCFA werden in Peroxisomen β-oxidiert. Genetische Defekte der peroxisomalen Oxidation ultralangkettiger Fettsäuren weckten großes Interesse an der VLCFA-Analytik. VLCFA können in Plasma mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7 GC-MS) oder mittels Tandem-Massenspektrometrie nachgewiesen werden. Lignocerinsäure spielt in der Analyse VLCFA nur noch eine untergeordnete Rolle. Eine erhöhte Plasmakonzentration von u. a. der Lignocerinsäure kann für die Diagnose des Zellweger-Syndroms wegweisend sein.

Literatur. Singh I, Moser AE, Goldfischer S et al (1984) Lignoceric acid is oxidised in the peroxisome: Implications for the Zellweger cerebro-hepato-renal syndrome and adrenoleukodystrophy. Proc Natl Acad Sci USA 81:4203–4207 Chen J, Henderson G, Laine RA (1999) Lignoceric acid and hexacosanoic acid: Major components of soldier frontal gland secretions of the Formosan subterranean termite (Coptotermes formosanus). J Chem Ecol 254:817

Likelihood Ratio, negatives R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Likelihood Ratio für ein negatives Testergebnis; Likelihood-Quotient; LR-

Englischer Begriff. negative likelihood ratio Definition. Das negative Likelihood Ratio ist definiert als der Quotient von (1-Sensitivität) und Spezifität (7 Sensitivität, diagnostische; 7 Spezifität, diagnostische).

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Likelihood Ratio, positives R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Likelihood Ratio für ein positives Testergebnis; Likelihood-Quotient; LR+

Lineare Regression 7 Regression, lineare

Linearität G. Schumann

Englischer Begriff. linearity Definition. Bereich, in dem sich die Vorgabe- und Wiederfindungswerte nur zufällig unterscheiden. i Diese Definition hat sich in der Praxis noch nicht durchgesetzt.

Hier wird der Begriff „Linearität“ ausschließlich im Sinne der „linearen Kalibrationskurve“ gebraucht.

Literatur. Qualitätsmanagement in der Laboratoriumsmedizin (2001) Teil 2: Begriffe zur Qualität und Anwendung von Untersuchungsverfahren. DIN 58936-2, 3.3.1. Beuth-Verlag, Berlin

Linearitätsbereich W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. linear range Definition. Konzentrationsbereich, in dem die Intensität des Messsignals direkt proportional ist der Konzentration der Messgröße, die das Signal hervorruft. i Typischerweise wird ab einer bestimmten Konzentration das Verhältnis kleiner und die Kalibrationskurve knickt ab. Ab dieser Konzentration müssen entsprechende Proben verdünnt werden, damit die Messung wieder im linearen Bereich liegt und in einfacher Weise vom Signal auf die Konzentration geschlossen werden kann. Bei immunchemischen Messverfahren oder reflektometrischen Messungen bestehen in der Regel komplexe Beziehungen zwischen Messsignal und Konzentration der Messgröße, sodass ein Linearitätsbereich nicht abgrenzbar ist.

Literatur. McNaught AD, Wilkinson A (1997) Compendium of chemical terminology. IUPAC recommendations, 2nd ed. Blackwell Science, Oxford

Englischer Begriff. positive likelihood ratio Definition. Das positive Likelihood Ratio ist definiert als der Quotient von Sensitivität und (1-Spezifität) (7 Sensitivität, diagnostische; 7 Spezifität, diagnostische). i Das positive Likelihood Ratio (LR+) beschreibt das Verhältnis der Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis unter den Erkrankten zur Wahrscheinlichkeit für ein positives Testergebnis unter den Gesunden (7 Testergebnis, falsch-positives). Es gibt an, wie wahrscheinlich es ist, ein positives Testresultat bei einer erkrankten Person zu finden, im Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit, ein positives Testresultat bei einer nicht erkrankten Person zu finden. Entsprechend der Definition wird das LR+ geschätzt durch den Quotienten (a / (a + c)) / (1 – d / (b + d)) (Bezeichnungen 7 Vierfeldertafel, Tab. 2). Likelihood Ratios sind unabhängig von der 7 Prävalenz. Sie

Line-Assay W. Stöcker, W. Schlumberger

Definition. Der Line-Assay ist ein einfach durchzuführender Test zum Nachweis von Antigenen oder Antikörpern. Die Antigene oder Antikörper werden linienförmig auf einer Membran immobilisiert und dort mit dem entsprechenden Reaktionspartner der Probe zur Reaktion gebracht. Durch eine parallele Anordnung der Linien sind Multiparametertests möglich.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Verschiedene Antigene oder Antikörper werden in Form parallel verlaufender Linien auf eine Nitrocellulose- oder Nylonmembran gedruckt. Jede Linie repräsentiert ein individuelles Antigen oder einen individuellen Antikörper. Da

L

852

Linker

feren Formen der Myelopoese wie Myelozyten, Promyelozyten und Blasten) und dem 7 Hiatus leucaemicus bei akuten Leukosen (neben wenigen reifen Granulozyten nur blastäre Zellen nachweisbar).

eventuell freie Bindungsstellen im weiteren Verlauf noch andere Proteine, und damit auch unspezifisch die Nachweisreagenzien, binden können, müssen sie mit Fremdproteinen, z. B. Rinderserumalbumin oder Casein, abgesättigt (blockiert) werden. Die Membran wird dann nacheinander mit einer Patientenprobe, mit enzymmarkierten Antikörpern und mit einem chromogenen Substrat inkubiert, das bei positiven Reaktionen einen präzipitierenden Farbstoff bildet. Diese stellen sich als Linien dar.

Literatur. Begemann M (1993) Reaktive Veränderungen der weißen Blutkörperchen und des lymphoretikulären Systems. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 441–442

Einsatzgebiet. Es lassen sich Antigene und Antikörper mit dem Line-Assay nachweisen. Der Line-Assay eignet sich besonders für Mehrparameterbestimmungen.

7 Fettsäuren

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma Instrumentierung. Line-Assays können mit Hilfe von Inkubationsautomaten, Scannern, Kamerasystemen und entsprechender Software automatisiert durchgeführt und ausgewertet werden.

Sensitivität. Je nach Detektionssystem gelingen mit dieser Methode sehr empfindliche Nachweise.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die automatisierte Durchführung des Line-Assay zur Mehrparameteranalyse macht diesen Test sehr preisgünstig.

Linolensäure Linolsäure 7 Fettsäuren

Lin’s Konkordanz-Korrelationskoeffizient 7 Konkordanz-Korrelationskoeffizient nach Lin

Linux O. Colhoun

Englischer Begriff. Linux

Linker R. Weiskirchen

Synonym(e). Adaptor Definition. Chemisch synthetisierter DNA-Doppelstrang, der die Erkennungsstelle für eine Restriktionsendonuklease trägt i Ein Linker wird benutzt, um DNA-Moleküle mit klebrigen Enden (7 sticky ends) an solche mit glatten Enden (7 blunt ends) anzukoppeln oder umgekehrt.

Link-Index IgA 7 IgA-Index

Link-Index IgG 7 IgG-Index

Link-Index IgM 7 IgM-Index

Linksverschiebung H. Baum

Englischer Begriff. left shift Definition. Relative Vermehrung von unreifen Zellen im peripheren Blut oder Knochenmark. i Die Linksverschiebung beschreibt das vermehrte Auftreten von

unreifen Zellen im peripheren Blut oder Knochenmark. Im Knochenmark kann dieses vermehrte Auftreten von unreifen Vorstufen alle Zellpopulationen, also die Erythropoese, Granulozytopoese und Thrombopoese betreffen. Bei der Linksverschiebung der Erythropoese bedeutet dies eine Vermehrung der 7 Proerythrobasten und polychromatischen Erythroblasten an der Gesamtzahl der kernhaltigen erythrozytären Vorstufen. Innerhalb der Granulozytopoese beschreibt die Linksverschiebung im Knochenmark das vermehrte Auftreten von 7 Myelozyten, 7 Promyelozyten und 7 Myeloblasten. Im peripheren Blut beschreibt die Linksverschiebung das vermehrte Auftreten von unreifen Stufen der Granulozytopoese. Unterschieden werden dabei die reaktive Linksverschiebung [überwiegen von reiferen Formen der Myelopoese wie 7 Metamyelozyten und Stabkernigen (7 Granulozyten, stabkernige)] und die pathologische Linksverschiebung bei myeloproliferativen Erkrankungen (überwiegen von unrei-

Definition. 7 UNIX-ähnliches Betriebssystem für Personal Computer und Workstations, das im Bereich der 7 Labor-EDV-Server zunehmend Bedeutung erlangt. i Linux wurde seit 1991 von dem Finnen Linus Torvalds entwickelt und zeichnet sich durch hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit und Stabilität aus. Die Besonderheiten von Linux liegen darin, dass es kostenlos ist bzw. nur zum Preis des Vertriebsmediums verkauft werden darf und dass der Quellcode von Anfang an frei zur Verfügung gestellt wurde. Seine Architektur ist komponentenbasiert: Der Betriebssystemkern (Kernel), die grafische Benutzeroberfläche (z. B. KDE) und Hilfsprogramme sind strikt voneinander getrennt. Das Dateisystem unterscheidet sich von dem in 7 Windows: Anders als bei diesem, wo jedes Laufwerk ein eigenes Verzeichnis hat (z. B. C:\), gibt es bei Linux nur ein einziges Verzeichnis, das Root-Verzeichnis. Alle verwendeten Datenträger werden diesem Verzeichnis untergeordnet. Sorgfältige Benutzerverwaltung, Mehrbenutzerbetrieb: Linux kann für mehrere Benutzer eingerichtet werden, deren Zugriffsrechte und Arbeitsumgebung individuell eingerichtet werden können.

Liothyronin 7 Triiodthyronin, freies

Lipämie W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. lipaemia Definition. Trübung des Plasmas (Serums) durch erhöhte Lipidkonzentration. i Lipämie findet sich häufig nach fettreicher Mahlzeit. Bei Störungen im Fettstoffwechsel kann Lipämie auch bei Proben von nüchternen Patienten beobachtet werden. Lipämie ist eine wichtige 7 Störgröße des Messverfahrens, da die Trübung des Untersuchungsmaterials Farbreaktionen maskieren oder Trübungsmessungen (7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie) verfälschen kann. Zur Untersuchung des Fettstoffwechsels (z. B. Triglyzeridbestimmung), aber auch für andere Messgrößen wird deshalb nach Möglichkeit Blut beim nüchternen Probanden entnommen. Lipämische Proben können evtl. erst nach Zentrifugation mit einer 7 Ultrazentrifuge untersucht werden.

Literatur. Young DS (1997) Effects of preanalytical variables on clinical laboratory tests. AACC Press, Washington DC

Lipase, pankreatische

Lipase 7 Triglyzeridlipase

Lipase, hepatische K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). EC 3.1.1.3 Englischer Begriff. hepatic lipase

cerolester langkettiger 7 Fettsäuren (7 Triglyzeride) an hydrophoben Grenzflächen (7 Mizellen) in Gegenwart von Colipase sequenziell in Glycerol und freie Fettsäuren; die Enzymaktivität im Serum dient als 7 Kenngröße von Pankreasnekrosen, z. B. bei (akuter) Pankreatitis.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Lipase ist ein Glykoprotein (15 % Kohlenhydrate) mit einer Peptidkette von 420–449 Aminosäuren, pH-Optimum 7,5–10,0. Es sind zwei humane Pankreasisolipasen mit isoelektrischen Punkten von 5,80 und 5,85 und variablem Sialinsäuregehalt bekannt. Die Molmassenverteilung 7 Tab. 1.

Definition. Glykoprotein;

Lipase, pankreatische. Tab. 1. Molmassenverteilung

Molmasse. ca. 55 kDa

Lipasetyp

Molmasse (kDa)

Pankreaslipase

46–56

Serumlipase

32–39

Colipase

9,9

i Die hepatische Lipase (HL) ist eine der beiden hauptsächlichen

Triglyzeridlipasen im Plasma. Wie die Lipoproteinlipase ist die HL an das Endothel gebunden und kann dort durch Heparin freigesetzt werden. Im Gegensatz zur Lipoproteinlipase lässt sich die HL nicht durch hohe Salzkonzentrationen (1 M NaCl) oder Protamin inhibieren. HL benötigt kein Apolipoprotein als Cofaktor. Bevorzugtes Substrat sind wahrscheinlich Triglyzeride aus Remnant Partikeln und IDL. Wie die Lipoproteinlipase hat auch die hepatische Lipase eine Phospholipaseaktivität (A1). Individuen mit genetischen Defekten der HL haben einen relativ unauffälligen Phänotyp mit einer leichten gemischten Hyperlipidämie. Die Aktivität der HL kann ähnlich wie die der Lipoproteinlipase bestimmt werden. Eine Unterscheidung der beiden Aktivitäten kann durch Zugabe inhibierender Antikörper für die HL bzw. Inkubation in Gegenwart von 1 M NaCl erreicht werden. Die Untersuchung ist derzeit nur von wissenschaftlichem Interesse.

Literatur. Connelly PW (1999) The role of hepatic lipase in lipoprotein metabolism. Clin Chim Acta 286:243–255

Lipase, pankreatische A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 3.1.1.3; Pankreas-Lipase Englischer Begriff. lipase; triacylglycerol acylhydrolase Definition. Humane Pankreaslipase hydrolysiert im Duodenum Gly-

853

Synthese und Sekretion erfolgen durch die Azinuszellen des Pankreas, 99 % werden über den apikalen Pol in den Ductus pancreaticus und somit in das Duodenum sezerniert, 1 % wird in entgegengesetzter Richtung über den basalen Pol in Lymph- und Blutkapillaren sezerniert. Das Enzymaktivitätsverhältnis zwischen Blut und Duodenalsaft beträgt etwa 1:800, der Enzymgradient zwischen Serum und Pankreas etwa 1:20.000. Das Lipasegen ist auf Chromosom 10, Colipasegen auf Chromosom 6 lokalisiert. Die enzymatische Funktion im Duodenum betrifft die sequenzielle Hydrolyse von Glyzerolestern langkettiger 7 Fettsäuren (7 Triglyzeride) in Gegenwart des wasserlöslichen, hitzestabilen pankreatischen Glykoproteins Colipase und 7 Gallensäuren (7 Abb. 1): Zunächst Spaltung der Esterbindung an C1 (α-Position), gefolgt von Esterhydrolyse an C3 (γ-Position) zum β-Monoacylglyzerid und zwei Molekülen Fettsäuren, Isomerisierung zum α-Monoacylglyzerid mit folgender Esterhydrolyse zum freien Glyzerol und einem Molekül freier Fettsäuren. Das Substrat muss in emulgierter oder mizellarer Form an der hydrophoben Grenzfläche Substrat-Wasser in Gegenwart von 7 Gallensäuren vorliegen. Nur in Anwesenheit von Colipase wird eine Substratkonfiguration mit hoher Affinität und Spezifität für Pankreas-Lipase erreicht.

Lipase, pankreatische. Abb. 1. Substratabbau durch humane Pankreaslipase

L

854

Lipid research clinics

Die Lipaseaktivität im Serum ist nahezu ausschließlich pankreatischen Ursprungs, extrapankreatische Lipase entstammt der Zungenspeicheldrüse, Magen, Lunge, intestinaler Mukosa, 7 Leukozyten, Fettzellen, Leber und der endothelialen Postheparinlipase. Die genannten Lipasen haben ein von der Pankreaslipase abweichendes pH-Optimum. Pankreaslipase wird glomerulär filtriert und tubulär vollständig resorbiert und ist deshalb im Urin normalerweise nicht nachweisbar.

Halbwertszeit. 7–14 h Funktion und Pathophysiologie. Pankreasnekrosen im Rahmen akuter und chronisch-rezidivierender Entzündungen oder Traumatisierungen führen zur Enzymfreisetzung über den basalen Pol der Azinuszellen in das Lymph- und Blutgefäßsystem. Pankreasgangobstruktion, Tumoren und Gewebeödeme bewirken über Steigerung des Sekretionsdrucks die Freisetzung des Enzyms in das Interstitium und die Blutzirkulation. Die Höhe des Aktivitätsanstiegs im Serum (2- bis 50-fach) korreliert nicht streng mit dem Ausmaß der Azinusschädigung. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma, Aszites, Pleuraflüssigkeit, Drainagesekret

Probenstabilität. Probenstabilität beträgt 7 Tage bei Raumtemperatur und 4 °C, 1 Jahr bei –20 °C.

Lipase, pankreatische. Abb. 2. Entwicklung der Lipasekonzentration bei einem Patienten mit akuter Pankreatitis

Analytik.

5 Titrimetrische Aktivitätsbestimmung: Als Substrat dient eine mit calciumhaltiger Gummi-arabicum-Lösung stabilisierte Emulsion von Triolein oder Olivenöl in Wasser, als Aktivator Na-Glykocholat und Colipase. Bei pH 8,6 werden die freigesetzten Protonen mit 0,01 mol/L NaOH kontinuierlich automatisch (pH-Stat) titriert. Reaktion: Lipase pH 8,6

Triolein  H 2 O  Diolein  Fettsäureanion  H + Variationskoeffizient ca. 2,5 %, aufwendige, für Routineeinsatz nicht geeignete Referenzmethode (7 Titrimetrie). 5 Turbidimetrische oder nephelometrische Aktivitätsbestimmung: Die Trübung einer durch Na-Desoxycholat, CaCl2 und SchweineColipase stabilisierten Trioleinemulsion nimmt infolge Hydrolyse durch Lipase (bei pH 9,2) ab, was turbidimetrisch bei 340 nm (Trübungsmessung) oder nephelometrisch (Streulichtmessung) fortlaufend registriert wird (kinetische Messung). Die Ergebnisse werden über einen mitgeführten Lipasestandard berechnet, dessen Aktivität mit der kontinuierlichen titrimetrischen Referenzmethode (s. o.) bestimmt wird. Variationskoeffizient ~3,4 %. Die Methode ist unempfindlich, ein Teil der Proben zeigt einen nicht-linearen Reaktionsverlauf, dennoch ist sie als Routinemethode im Einsatz. Reaktion: Lipase pH 9,2

Triolein  H 2 O  Diolein  Fettsäureanion  H + 5 Enzymatischer Farbtest: Das Lipasefarbsubstrat 1,2-O-DilaurylRac-Glycero-3-Glutarsäure-(6-Methylresorufin)-Ester wird durch Lipase in alkalischer Lösung zu 1,2-O-Dilauryl-Rac-Glycerol und einem instabilen Zwischenprodukt, dem Glutarsäure-(6-MethylResorufin)-Ester gespalten. Dieser zerfällt in alkalischer Lösung spontan in Glutarsäure und Methylresorufin. Die Zunahme der Farbintensität pro Zeiteinheit des gebildeten roten Farbstoffs wird bei 570 nm gemessen und ist der Lipaseaktivität direkt proportional. Variationskoeffizient ~1,2 %, praktikable Routinemethode 5 Immunologische Bestimmung der Lipasekonzentration: ELISA zur Messung der immunreaktiven Konzentration. Selten eingesetzt, sehr empfindlich, kostenintensiv.

Interpretation. Bei unkompliziertem Verlauf der akuten Pankreatitis steigt die Lipaseaktivität im Serum innerhalb von 4–8 h an, erreicht Gipfel bei 24 h und fällt über eine Zeitspanne von ca. 8–14 Tagen zu 7 Referenzwerten ab (7 Abb. 2). Aktivitäten bleiben länger als die der 7 α-Amylase erhöht. Die Amplitude variiert zwischen dem 2- und 50-fachen des oberen 7 Referenzbereichs und ist damit größer als die der Amylase. Der Grad der Erhöhung steht nicht in direkter Proportionalität zur Schwere der akuten Erkrankung. Weitere Ursachen: ERCP (endoskopische retrograde Cholangio-Pankretikographie), Niereninsuffizienz (7 Kreatinin > 3 mg/dL), Diabetische Ketoazidose, Virushepatitis, Opiate (durch Kontraktion des Sphincter Oddi), Normalaktivitäten bei akuter Parotitis (Mumps).

Diagnostische Wertigkeit. Im Vergleich zur Amylase hat die Lipase überlegene diagnostische Kriterien mit Sensitivitäten um 87 % (82–100 %) und Spezifitäten um 99 % (82–100 %), weist einen früheren und größeren Aktivitätsanstieg als die Amylase auf und bleibt längerfristig erhöht mit Normalisierung nach 8–14 Tagen. Ätiologisch unklare Amylaseerhöhungen lassen sich durch Lipasebestimmung klären. Der Einsatz der hochempfindlichen immunologischen Lipasekonzentrationsbestimmung im Serum wurde zur Diagnostik der exkretorischen Pankreasinsuffizienz (Lipaseabnahme) empfohlen. Bei moderaten Lipaseerhöhungen ohne klinischem Korrelat und normaler Amylaseaktivität ist das Vorliegen der sehr seltenen Makrolipase (Komplex aus Lipase und Immunglobulin G, Molmasse > 200 kD) auszuschließen. Einmalig, wiederholt oder dauerhaft auftretende Lipaseerhöhungen im Serum ohne klinische Befunde sind in diesen Fällen berichtet worden, die teilweise familiär gehäuft auftreten können. Literatur. Tietz NW, Shuey DF (1993) Lipase in Serum – the Elusive Enzyme: An Overview. Clin Chem 39:746–756

Lipid research clinics K.J. Lackner, D. Peetz

Referenzbereich — Erwachsene. Alle Referenzbereiche sind metho-

Synonym(e). LRC

denabhängig verschieden, eine Alters- und Geschlechtsabhängigkeit besteht nicht.

Englischer Begriff. lipid research clinics

Indikation.

5 Diagnose der akuten Pankreatitis 5 Diagnoseunterstützung von Pakreaskarzinom, zystischer Pankreasfibrose und Pankreasbeteiligungen bei akuten abdominellen Erkrankungen 5 Verlaufskontrolle der chronisch-rezidivierenden Pankreatitis.

i Das lipid research clinics program wurde in den 70er Jahren in den USA aufgelegt. An ihm beteiligten sich eine Anzahl spezialisierter Kliniken. Es wurden Methodenprotokolle für die Bestimmung der wichtigsten Lipoproteinfraktionen entwickelt, die noch heute als Referenz gelten (7 Low-density-Lipoprotein), und populationsbasierte Verteilungen der Lipidwerte in den USA erhoben. Und schließlich

Lipopolysaccharid-bindendes Protein

wurde eine der ersten Interventionsstudien zur Untersuchung des Effekts einer medikamentösen Cholesterinsenkung auf das kardiovaskuläre Risiko durchgeführt. Ähnlich wie bei der Framingham-Studie und anderen großen epidemiologischen Studien erfolgen bis heute Auswertungen der erhobenen Daten.

Lipidassoziierte Sialinsäure 7 Sialinsäure, lipidgebundene

Lipid-Elektrophorese 7 Lipoprotein-Elektrophorese

Lipidomics R. Weiskirchen

Englischer Begriff. lipidomics; lipid profiling Definition. Lehre, die sich mit der Erforschung von nichtwasserlöslichen Substanzen (meist Lipiden) beschäftigt. i In dieser sich entwickelnden Teildisziplin der Diagnostik werden

insbesondere Techniken der 7 Massenspektrometrie und 7 Flüssigkeitschromatographie eingesetzt, um das in einer Zelle, einem Organ oder einem Organismus synthetisierte oder enthaltene Gemisch von Fetten zu erfassen. Ziel ist u. a. die Diagnose von Lipid-Stoffwechselerkrankungen.

Literatur. Roberts LD, McCombie G, Titman CM, Griffin JL (2008) A matter of fat: An introduction to lipidomic profiling methods. J Chromatogr B 871:174–181

Lipidtransferprotein II 7 Phospholipid Transferprotein

Lipocalin 2 7 Neutrophilen-Gelatinase-assoziiertes Lipocalin

Lipocaline A.M. Gressner, O.A. Gressner

855

denbindungsproteinen, den 7 Fettsäurebindungsproteinen (FABPs) und Avidinen die strukturelle Superfamilie der Calycine. Sie besitzen funktionelle Bedeutung für die Prostaglandinsynthese, Modulation der Immunantwort und als Carrierproteine sowie in der Clearance endogener und exogener Komponenten. Lipocaline bilden die Basis für gentechnologisch erzeugte artefizielle Bindungsproteine (Anticaline) mit hochspezifischen, diversen Bindungseigenschaften für biologische Zielmoleküle. Zu den natürlichen Lipocalinen zählen unter anderem α1-saures-Glykoprotein (Orosomukoid, 7 Glykoprotein, α1-saures), 7 α1-Mikroglobulin, Retinol-bindendes Protein, 7 Apolipoprotein D, Bilin-Bindungsprotein, Prostaglandin-D-Synthase, β-Laktoglobulin (s. a. 7 Neutrophilen-Gelatinase-assoziiertes Lipocalin).

Literatur. Flower DR (1996) The lipocalin protein family: structure and function. Biochem J 318:1–14

Lipocalin-Superfamilie 7 Lipocaline

α-Liponsäure 7 Vitaminoide

Lipopolysaccharid 7 Endotoxin

Lipopolysaccharid-bindendes Protein H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). LBP

L

Englischer Begriff. lipopolysaccharid-binding protein Definition. 7 Akute Phase Protein Struktur. LBP gehört zu einer Familie von lipidbindenden Proteinen wie BPI („bacterial permeability increasing protein“), CETP („cholesterol ester transfer protein“) u. a. Molmasse. 58 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. LBP wird konstitutiv von

Synonym(e). Lipocalin-Superfamilie

Hepatozyten synthetisiert. Die Synthese wird nach Stimulation mit LPS deutlich gesteigert.

Englischer Begriff. lipocalins; lipocalin protein family

Funktion und Pathophysiologie. LBP (LPS) bindet an den Lipid-A-

Definition. Eine gegenwärtig mehr als 200 Mitglieder umfassende Familie natürlicher Proteine mit evolutionär hochkonservierter Tertiärstruktur, die funktionell meistens der Speicherung oder dem Transport von kleinen wasserunlöslichen oder chemisch sensitiven organischen Komponenten (z. B. 7 Vitamin A) dienen. i Lipocaline sind bei Vertebraten und Invertebraten verbreitet. Ihr

gemeinsames strukturelles Merkmal besteht in einer hochkonservierten Tertiärstruktur mit einer tassenförmigen Bindungsstelle für natürliche Liganden, zum Beispiel für Vitamin A beim 7 Retinol-bindenden Protein (RBP). Die Aminosäuresequenzhomologie hingegen beträgt im Allgemeinen weniger als 20 %. Mitglieder der Lipocalinfamilie sind charakterisiert durch einige gemeinsame molekulare Erkennungseigenschaften: 5 Fähigkeit, ein Spektrum kleiner, hydrophober Moleküle zu binden 5 Bindungseigenschaften für spezifische Zelloberflächenrezeptoren 5 Bildung von Komplexen mit löslichen Makromolekülen Die Vielzahl biologischer Funktionen werden vermittelt durch eine oder mehrere dieser Eigenschaften, wobei die Bindung und der Transport von kleinen, hydrophoben Molekülen und/oder chemisch empfindlichen organischen Komponenten (z. B. Retinol, Retinsäure (Vitamin A), 7 Fettsäuren, 7 Biliverdin, 7 Prostaglandin H2) im Vordergrund stehen. Strukturell und funktionell ähneln Lipocaline den 7 Immunglobulinen mit einer extremen Vielfalt von Bindungsspezifitäten. Lipocaline bilden mit zwei anderen Familien von Ligan-

Anteil von bakteriellen Lipopolysacchariden, die in der Zellwand gram-negativer Bakterien vorkommen und in weit geringeren Konzentrationen auch in der Zellwand gram-positiver Bakterien nachweisbar sind. Es katalysiert bereits in niedrigen Konzentrationen dessen Transfer zu CD-14 Rezeptoren, die beispielsweise auf Monozyten und anderen immunkompetenten Zellen nachweisbar sind und einen Teil des membranständigen LBP-Rezeptors bilden. Ein zweiter Teil dieses Rezeptors wird vom Toll-like-Rezeptor 2 (TLR-2) gebildet. Die LPS-aktivierten Zellen setzen proinflammatorische Zytokine wie z. B. 7 Interleukin-6, 7 Interleukin-1 oder 7 Tumornekrosefaktor-α frei. Zellen die kein 7 CD14 exprimieren, können durch Bindung eines Komplexes aus LPS, LBP und löslichem CD14 stimuliert werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

(Heparin-, EDTA-)

Analytik. Immunologischer Chemilumineszenzassay Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Erwachsene. < 15 μg/L Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Erhöhte Werte bei: 5 Sepsis 5 SIRS („systemic inflammatory response syndrome“)

Plasma

856

Lipoprotein, obstruktives

5 abdominellen Infektionen, Colitis ulcerosa 5 hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) 5 nach ACVB-Operation

Diagnostische Wertigkeit. Bei gram-negativer Sepsis sind Werte zu erwarten, die innerhalb von 6–12 h nach LPS-Exposition bis zum 30-fachen der Norm ansteigen. Maximalwerte werden im Allgemeinen nach ~48 h erreicht. Erste klinische Studien zeigen, dass deutlich erhöhte LBP-Werte bei Patienten mit gram-negativer Sepsis mit signifikant erhöhter Mortalität verbunden sind. Literatur. Schumann RR et al (1990) Structure and Function of Lipopolysaccharid Binding Protein Science 249:1429–1431

Lipoprotein, obstruktives 7 Lipoprotein X

den. Daraus folgt, dass die in mg/dL angegebene Lp(a)-Konzentration etwa 5- bis 6-mal höher liegt als die Lp(a)-Cholesterinkonzentration. Eine adäquate Standardisierung der Verfahren ist wegen verschiedener Probleme noch nicht gelungen. Ein stabiles Referenzmaterial, auf das alle Methoden kalibriert werden könnten, ist derzeit nicht verfügbar. Die Angabe als Gesamtpartikelmasse bringt das Problem mit sich, dass die heterogene, individuell variable Lipidzusammensetzung der Partikel nicht berücksichtigt werden kann. Eine Angabe in mol Apo(a), von dem 1 Molekül pro Partikel vorhanden ist, hat sich nicht durchgesetzt, obwohl äquimolare Bestimmungen in den Ligandenbindungsassays möglich sind, wenn geeignete Kombinationen monoklonaler Antikörper ausgewählt werden. Hier ist zu berücksichtigen, dass Apo(a) hochpolymorph ist und Epitope des Kringel 4 in unterschiedlicher Zahl im Molekül vorkommen, was im ungünstigen Fall, dass ein monoklonaler Antikörper ein solches repetitives Epitop erkennt, zur Bindung einer unterschiedlichen Zahl von Antikörpern an ein Molekül Apo(a) führen kann.

Lipoprotein(a)

Konventionelle Einheit. mg/dL

K.J. Lackner, D. Peetz

Referenzbereich — Erwachsene. < 30 mg/dL

Synonym(e). Lp(a)

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Englischer Begriff. lipoprotein(a)

Indikation. Abschätzung des kardiovaskulären Risikos, bei Kindern

Definition. LDL-ähnliches Lipoproteinpartikel, in dem ein zusätzli-

ches Molekül 7 Apolipoprotein(a) kovalent an ApoB-100 gebunden ist.

Struktur. Lp(a) unterscheidet sich von LDL hauptsächlich durch ein

zusätzliches 7 Apolipoprotein, das Apo(a), das über eine Disulfidbrücke kovalent an ApoB-100 gebunden ist. Ansonsten sind Protein- und Lipidzusammensetzung von Lp(a) und LDL weitgehend identisch. Aufgrund des zusätzlichen Moleküls Apo(a) ist die Dichte von Lp(a) mit 1,043–1,115 g/mL höher als die der LDL.

Thrombophilieabklärung

Interpretation. Die klinische Bedeutung erhöhter Lp(a)-Werte ist noch offen. Eine spezifische Therapie erhöhter Lp(a)-Konzentrationen ist nicht verfügbar. Lp(a) hat bisher keinen Eingang in die allgemein verfügbaren Risikokalkulationen gefunden.

Literatur. Leischik R, Dworrak B, Gulker H (2005) Lipoprotein (a) in coronary heart disease: clinical significance and therapeutic options. Deutsche Med Wochenschr 130: 2518–2523 Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press Washington DC

Molmasse. Ca. 3–3,5 × 106 Da Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Lp(a) wird ausschließlich in der Leber synthetisiert. Es wird vermutlich direkt als Lp(a) sezerniert, ein VLDL-ähnliches Vorläuferpartikel konnte nicht identifiziert werden. Der Stoffwechsel weicht von dem der LDL ab, ist aber noch nicht in allen Einzelheiten klar.

Funktion und Pathophysiologie. Ob Lp(a) eine eigenständige Funktion im Lipoproteinstoffwechsel wahrnimmt, ist bis heute ungeklärt. Epidemiologische Studien haben nachgewiesen, dass erhöhte Lp(a)Konzentrationen im Serum einen unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktor darstellen. Dies gilt allerdings möglicherweise nur für Individuen unter 60 Jahren. Aus diesem Grund hat Lp(a) noch keinen Eingang in die inzwischen weit verbreitete individuelle Risikoberechnung gefunden. Bei Kindern scheinen erhöhte Lp(a)-Konzentrationen mit einem erhöhten Thromboserisiko einherzugehen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum oder Plasma; wie bei allen Lipoproteinen sind die Werte bei Orthostase höher als im Liegen.

Probenstabilität. Lp(a) ist im Serum oder Plasma bei Raumtemperatur etwa 1 Tag, bei 4 °C etwa 1 Woche stabil. Bei –80 °C kann Serum einige Monate gelagert werden. Bei Lagerung über 6 Monate konnte allerdings gezeigt werden, dass die kleinen Apo(a)-Isoformen schneller abnehmen als große, was zu einer Angleichung der Werte von Patienten mit hohen und niedrigen Lp(a)-Konzentrationen führt. Insoweit kann eine Lagerung für mehrere Jahre, wie sie in epidemiologischen Studien oft erforderlich ist, nicht empfohlen werden. Präanalytik. Hier gelten die allgemeinen Empfehlungen für die Lipoproteinanalytik. Lp(a) wird durch Nahrungsaufnahme kaum beeinflusst. Blutentnahme im Sitzen führt zu ca. 5–10 % höheren Werten als im Liegen. Analytik. Lp(a) wird entweder immunologisch mit Ligandenbindungsassays oder durch Präzipitationsverfahren mit anschließender Trübungsmessung bestimmt. Dabei ist zu beachten, dass Lp(a)-Konzentrationen nicht wie für alle anderen Lipoproteine üblich als Lp(a)Cholesterin, sondern als Gesamtmasse des Partikels angegeben wer-

Lipoprotein(a)-Polymorphismus K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Lp(a)-Polymorphismus Englischer Begriff. lipoprotein(a) polymorphism Definition. Größenpolymorphismus des Lipoprotein(a), der durch die verschiedenen genetisch bedingten Varianten des Apolipoprotein(a) verursacht wird. i Aufgrund der starken Variabilität der Anzahl der Kringle-4-Motive im Apolipoprotein(a) kann dessen Molmasse zwischen 300 und 700 kDa liegen. Dies beeinflusst die Molmasse des Lipoprotein(a)Partikels signifikant. Die Größe des Apolipoprotein(a)-Moleküls korreliert invers mit der Konzentration des Lipoprotein(a), die deshalb stark genetisch determiniert ist. Diagnostisch kann der Polymorphismus mit zwei Methoden bestimmt werden: gelelektrophoretisch wird die Molmasse von Apolipoprotein(a) analysiert; molekularbiologisch wird die Anzahl der Tandem-Repeats des Kringle-4-Motivs bestimmt. Beide Methoden sind technisch aufwändig und vorwiegend von wissenschaftlichem Interesse. Diagnostisch haben sie wegen ihrer engen Beziehung zur sehr viel einfacher zu bestimmenden Lipoprotein(a)Konzentration keine Bedeutung erlangt.

Lipoprotein-assoziierte Phospholipase A2 7 Phospholipase-A2, Lipoprotein-assoziierte

Lipoprotein X A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Lipoprotein, obstruktives; Lp-X Englischer Begriff. lipoprotein-X Definition. Lp-X ist ein bei intra- und extrahepatischer Cholestase im Serum auftretendes, abnormes 7 Low-Density-Lipoprotein (LDL),

Lipoproteine

das früher zur Diagnostik der Cholestase eingesetzt wurde, aber heute seine Bedeutung als 7 Kenngröße verloren hat.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Lp-X ist durch einen hohen Gehalt an 7 Albumin, 7 Phospholipiden und freiem 7 Cholesterin sowie Fehlen von 7 Apolipoprotein B gekennzeichnet (7 Tab. 1).

857

5 Quantitatives Verfahren: Elektrophoretische Trennung und enzymatische Bestimmung des Phospholipid- bzw. Cholesteringehaltes.

Referenzbereich — Erwachsene. Im Serum gesunder Erwachsener ist Lp-X nicht nachweisbar.

Referenzbereich — Kinder. Frühgeborene und Neugeborene bis zur 24. postnatalen Woche haben in 86 % positiven Lp-X-Befund.

Lipoprotein-X. Tab. 1. Zusammensetzung des Lipoprotein-X Protein: 5 Albumin: 40 % 5 Apo-C + Apo-D: 60 %

6 % des Gewichtes

Cholesterinester

3 % des Gewichtes

freies Cholesterin

22 % des Gewichtes

Indikation. Diagnostik intra- und extrahepatischer Cholestasen unterschiedlicher Ätiologien.

Interpretation. Lp-X ist ein spezifischer, Cholestase anzeigender Pa-

Triglyzeride

3 % des Gewichtes

Phospholipide (Lecithin)

66 % des Gewichtes

Dichte

1035–1063 g/mL

Durchmesser

5–700 Å

Es weist eine starke Tendenz zur Aggregation in Form elektronenmikroskopisch sichtbarer aufgestapelter Scheiben auf. Die Halbwertszeit im Blut ist speziesabhängig zwischen 10 und 40 h, der Abbau erfolgt enzymatisch durch 7 Lecithin-Cholesterin-Acyltransferse (LCAT), 7 Phospholipase C, 7 Phospholipase D, 7 Lipoproteinlipase und durch 7 Clearance in Nicht-Parenchymzellen der Leber (Kupfferzellen), Milzzellen und Lymphozyten.

rameter, der bei intrahepatischer Cholestase etwas geringer ansteigt als bei extrahepatischen Ursachen. Er kann zur Abgrenzung des cholestatischen Ikterus von anderen Ikterusursachen dienen. Außer bei Cholestase kommt es bei familiärem 7 Lecithin-CholesterinAcyltransferase(LCAT)-Mangel zum positiven Lp-X-Nachweis. Bei Heparin-aktivierter Phospholipase (z. B. Heparin-Therapie oder -Prophylaxe) kommt es zu einem beschleunigten Lp-X-Abbau und möglichen falsch-negativen Ergebnissen.

Diagnostische Wertigkeit. Die Verwendung von Lp-X als Kenngröße der Cholestase ist heute obsolet. Literatur. Meredith JT (1986) Lipoprotein-X. Arch Pathol Lab Med 110:1123–1127 Seidel D, Alaupovic P, Furman RH (1969) A lipoprotein characterizing obstructive jaundice. I. Method for quantitative separation and identification of lipoproteins in jaundiced subjects. J Clin Invest 48:1211–1223

bei funktionellen oder mechanischen, intra- oder extrahepatischen Cholestasen bildet sich Lp-X aus der Verbindung von Albumin mit biliärem Lipoprotein. Seine Bildung ist unabhängig von energieliefernden oder enzymatisch gesteuerten Prozessen. In vitro-Inkubation von Albumin oder Lp-X negativem Serum mit Galle resultiert in der Bildung von Lp-X.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

EDTA-

Plasma

Probenstabilität. Analytstabilität für 4 Tage bei 4 °C. Serum nicht einfrieren.

Präanalytik. Patient sollte für 12 h nüchtern sein. Analytik.

5 Qualitatives Verfahren: Agargelelektrophorese (Überwanderungselektrophorese) mit nachfolgender Polyanionenpräzipitation (Heparin-MgCl2 oder -MnCl2). Im Gegensatz zu allen anderen Lipoproteinen wandert Lp-X zur Kathode.

L

Lipoproteine

Funktion und Pathophysiologie. Durch Regurgitation von 7 Galle

K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. lipoproteins Definition. Komplexe aus Lipiden und Proteinen. Bezieht sich meist auf die Lipoproteine im Serum. i Lipoproteine bestehen aus Lipiden und Proteinen, den sog.

7 Apolipoproteinen. Im Kern der Lipoproteine finden sich apolare Lipide, vorwiegend 7 Triglyzeride und 7 Cholesterinester, an der Oberfläche sind polare Lipide, 7 Phospholipide und unverestertes Cholesterin lokalisiert. Die Apolipoproteine vermitteln durch ihren meist amphipathischen Charakter die Löslichkeit des Partikels in wässriger Lösung. Lipoproteine können durch 7 Ultrazentrifugation, Elektrophorese oder Gelfiltration in verschiedene Klassen aufgetrennt werden. Die gängigen Nomenklaturen beziehen sich entweder auf die hydratisierte Dichte der Partikel oder ihre elektrophoretische Mobilität. Wesentliche physikalische Eigenschaften der Lipoproteine und deren Lipidanteil zeigt 7 Tab. 1.

Lipoproteine. Tab. 1. Klasse

Dichte (g/mL)

Diameter (nm)

Lipidanteil (%)

Apolipoproteine

Chylomikronen

< 0,950

100–1200

> 97

B-48, A-I, A-IV, C-I, C-II, C-III

VLDL

< 1,006

30–100

90–95

B-100, C-I, C-II,C-III, E

IDL

1,006–1,019

25–35

85

B-100, C-I, C-II,C-III, E

LDL

1,019–1,063

18–25

75

B-100

Lipoprotein(a)

1,043–1,115

23–26

55–60

B-100, (a)

HDL2

1,063–1,125

8–12

60

A-I, A-II, C-I, C-II, C-III, E

HDL3

1,125–1,210

5–9

45

A-I, A-II, C-I, C-II, C-III

858

Lipoproteine, modifizierte

Lipoproteine, modifizierte K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. modified lipoproteins Definition. Durch chemische oder physikalische Einflüsse, die nicht den normalen Stoffwechselvorgängen entsprechen, veränderte Lipoproteine. i Verschiedene Modifikationen von 7 Lipoproteinen und ins-

besondere von 7 Low-density-Lipoproteinen wurden beschrieben: Oxidation, enzymatische Modifikation, nichtenzymatische Glykierung und Sialylierung. Oxidation kann sowohl in vivo durch reaktive Sauerstoff- oder Stickstoffradikale als in vitro durch verschiedene Methoden erzielt werden. Oxidiertes LDL hat veränderte biologische Eigenschaften. Besonders zu erwähnen sind proinflammatorische und zytotoxische Eigenschaften. Außerdem wird oxidiertes LDL nicht mehr über den LDL-Rezeptor sondern über sog. 7 ScavengerRezeptoren aufgenommen. Die Oxidation von LDL gilt gemeinhin als ein entscheidender Schritt in der Atherogenese. Die enzymatische Modifikation von LDL durch Proteinasen und 7 Cholesterinesterhydrolase wurde ebenfalls als potenziell proatherogen identifiziert, weil die so veränderten LDL-Partikel Komplement aktivieren können. Nichtenzymatische Glykierung beim Diabetiker führt ebenfalls zu veränderten Eigenschaften von LDL und HDL, die diese Partikel stärker atherogen bzw. im Fall von HDL weniger antiatherogen machen. Diagnostisch spielt der Nachweis von modifizierten Lipoproteinen bisher keine Rolle.

α-Lipoproteine 7 High-density-Lipoprotein

β-Lipoproteine 7 Low-density-Lipoprotein

Lipoproteine sehr niedriger Dichte 7 Very-low-density-Lipoprotein

Lipoprotein-Elektrophorese

5 Stromversorger 5 Färbeschalen 5 Densitometer

Spezifität. Aufgrund der spezifischen Anfärbung der Lipide werden nur die Lipoproteine detektiert.

Sensitivität. Die Empfindlichkeit liegt im μg-Bereich Fehlermöglichkeit. Vielfältige Fehlermöglichkeiten bei der Selbstherstellung von Agarosegelen durch falsches Einwiegen von Agarosepulver, Verwenden von Agarose mit falscher Elektroendosmose oder zu hohem Wasseranteil, zu kurzes Aufkochen, mechanische Belastung der Agarosemoleküle durch Mischer, ungleichmäßige Gelschicht, falsche Pufferzusammensetzung. Im klinisch-chemischen Labor kommen gewöhnlich kommerzielle Fertiggele und Celluloseacetfolien mit gebrauchsfertigen Pufferlösungen zum Einsatz, die die Fehlerquellen deutlich reduzieren. Celluloseacetatfolien sollen durch Auflegen („Floaten“) der Folien auf die Pufferoberfläche gleichmäßig mit Puffer getränkt werden. Folien dürfen nur mit Pinzetten und Gummihandschuhen berührt werden (sonst Einschleppung von Verunreinigungen von der Hautoberfläche). Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Kommerzielle Lipoprotein-Elektrophorese-Reagenzien und automatisierte Elektrophoreseund Densitometersysteme erleichtern den Einsatz in der klinischchemischen Routineanalytik. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der Nachweis von Chylomikronen gilt als Hinweis auf eine Blutentnahme nach Nahrungsaufnahme oder auf eine morphologische Störung der Lymphbahnen, z. B. in Folge einer OP. Durch die Zuordnung der einzelnen Banden α-, prä-β und β- zu HDL, VLDL und LDL lassen sich qualitative, bei Einsatz eines Densitometers auch semiquantitative, Aussagen zum Anteil dieser Lipoproteinfraktionen am Gesamtcholesterin machen. Eine mitunter detektierbare weitere Fraktion zwischen der prä-β- und α-Bande wird dem 7 Lipoprotein(a) zugeordnet. Die Lipoprotein-Elektrophorese hat heute für Routineanwendungen kaum noch Bedeutung, da die einzelnen Lipoproteinfraktionen gewöhnlich durch mechanisierte, nasschemische Verfahren quantitativ bestimmt werden.

Literatur. Michov B (1996) Elektrophorese – Theorie und Praxis. W. de Gruyter, Berlin New York, S 295–298

K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Lipid-Elektrophorese

Lipoproteinlipase K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. lipoprotein electrophoresis Definition. Die Lipoproteinelektrophorese von Serum erfolgt unter

Englischer Begriff. lipoprotein lipase; LPL

ähnlichen Bedingungen wie die 7 Serumproteinelektrophorese in Celluloseacetatfolien oder Agarosegelen. Der Unterschied liegt in der Nachweistechnik, die sich spezifischer Farbstoffe für den Lipidanteil bedient, wie z. B. Sudanschwarz B oder Ölrot O.

Definition. Plasmatische Triglyzeridlipase

Physikalisch-chemisches Prinzip. Mit der Lipoproteinelektrophorese

Molmasse. ~55 kDa, davon Peptidanteil ~50,4 kDa

erhält man maximal vier Fraktionen: Chylomikronen, β-Lipoproteine (LDL), Prä-β-Lipoproteine (VLDL) und α-Lipoproteine (HDL). Die elektrophoretischen Mobilitäten (7 Mobilität, elektrophoretische) steigen mit dem Proteinanteil. Die Chylomikronen haben die geringste Dichte, sind die größten Moleküle und haben die geringste Eigenladung; sie bleiben an der Auftragsstelle liegen. Die β-Lipoproteine bilden die Fraktion mit dem höchsten Cholesteringehalt (45 %). Die Prä-β-Lipoproteine enthalten 19 % Cholesterin, 54 % Triglyzeride und 18 % Phospholipide und laufen hinter der schnellsten Fraktion, den α-Lipoproteinen. Letztere habe den höchsten Protein- (50 %) und den höchsten Phospholipidanteil (24 %).

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. LPL wird von verschiede-

Einsatzgebiet. Lipoproteinstoffwechsel-Störungen. Untersuchungsmaterial. Plasma oder frisches Serum Instrumentierung.

5 Elektrophoresekammer

Struktur. Glykoprotein aus der Familie der Serinesterasen; aktives Enzym im Plasma liegt als Homodimer vor.

nen Geweben, vor allem Muskulatur und Fettgewebe, synthetisiert und sezerniert. Im vaskulären Kompartiment wird LPL an Glykosaminoglykane des Endothels gebunden, weshalb die messbare Aktivität im nativen Plasma gering ist. Wahrscheinlich wird LPL als freies Enzym oder an Chylomikronen gebunden in die Leber aufgenommen und abgebaut.

Funktion und Pathophysiologie. Die LPL ist die wichtigste plasmatische Triglyzeridlipase im Stoffwechsel der 7 Chylomikronen und VLDL. Sie spaltet vorwiegend die Fettsäuren (FFS) in Position 1 und 3 vom Glyzerin ab. LPL hat auch eine Phospholipaseaktivität. LPL ist auf 7 Apolipoprotein-C-II als Kofaktor angewiesen. Defekte der LPL oder des ApoC-II führen zur Hyperchylomikronämie.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Postheparin-EDTAPlasma. Zunächst wird EDTA-Plasma vom nüchternen Patienten gewonnen. Danach werden ca. 60–100 IE/kg KG unfraktioniertes He-

Liquor, basisches Myeloprotein

parin als Bolus i.v. injiziert. Die zweite Blutentnahme erfolgt 20 min (Angaben hier etwas unterschiedlich) nach der Heparininjektion.

Probenstabilität. Probe sollte unmittelbar eisgekühlt und möglichst schnell bei 4 °C zentrifugiert werden. Lagerung des Plasmas bei –70 °C für einige Wochen ist möglich. Analytik. Es existieren eine Reihe von unterschiedlichen Protokollen, die alle auf der Hydrolyse markierter Substrate – Triglyzeride – beruhen. Die meisten Methoden verwenden radioaktiv markierte Substrate, es wurden aber auch fluoreszente Substrate beschrieben. Einige Gruppen versuchen auch die Enzymmasse zu bestimmen, was bei den genetischen Defekten sicher nicht sinnvoll ist, da inaktive Enzymvarianten beschrieben sind. Die Massebestimmung kann in klinischen Studien von Interesse sein, da sie normalerweise relativ gut mit der Aktivität korreliert. Eine Standardisierung der Methodik existiert nicht. Insbesondere die Ergebnisse der Funktionsteste hängen stark vom verwendeten Substrat ab. Aus diesem Grund gibt es keine allgemein brauchbaren Normwerte. Die molekularbiologische Analyse des LPL-Gens ist möglich, aber aufwändig. Bei nicht beschriebenen Mutationen muss in jedem Fall eine Aktivitätsmessung erfolgen. Außerdem schließt eine normale LPL-Sequenz einen ApoC-II Defekt nicht aus, dagegen fallen die Cofaktor-Defekte bei den Aktivitätstesten zuverlässig auf. Konventionelle Einheit. nmol freie Fettsäuren/min/mL Referenzbereich — Frauen. nicht verfügbar; als Anhaltspunkt kann ein Wert von ca. 200 nmol FFS/min/mL angesehen werden (FFS = freie Fettsäuren). Indikation. Abklärung schwerster Hypertriglyzeridämien bei Kindern. Erstmalig im Erwachsenenalter aufgetretene Hypertriglyzeridämien sind nur in Ausnahmefällen auf genetische Defekte der LPL zurückzuführen.

Interpretation.

Ein eindeutiger Anstieg der Lipaseaktivität (> 100 nmol FFS/min/mL) nach Heparingabe macht einen Lipasedefekt unwahrscheinlich. Interpretation hängt stark vom verwendeten Testsystem ab. Ein fehlender Anstieg kann auch auf einen ApoC-IIDefekt zurückzuführen sein. Dies kann durch Zugabe von Normalplasma mit ApoC-II aber inaktivierter Lipase geklärt werden.

Diagnostische Wertigkeit. Entscheidender diagnostischer Test zum Nachweis einer familiären Chylomikronämie.

Literatur. Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC Schwandt P, Richter O, Parhofer KG (2007) Handbuch der Fettstoffwechselstörungen. 2. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Lipoproteinsubklassen K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. lipoprotein subclasses Definition. Untergruppen von Lipoproteinen i Für praktisch alle 7 Lipoproteine sind Untergruppen mit ver-

schiedenen Methoden definiert worden. Dabei werden 7 Dichtegradientenzentrifugation, elektrophoretische, spektroskopische oder immunologische Verfahren eingesetzt. Zur Unterdifferenzierung von LDL und HDL liegen die meisten Arbeiten vor. In der täglichen klinischen Diagnostik haben die Subklassen wegen der komplexen Analytik bisher keine Bedeutung erlangt, wenn auch der Anteil kleiner, dichter LDL-Partikel mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einhergeht.

Literatur. Superko HR (1996) What can we learn about dense low density lipoprotein and lipoprotein particles from clinical trials? Curr Opin Lipidol 7:363–368 Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press, Washington DC

859

Liquid E T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für 7 γ-Hydroxybuttersäure (7 Straßennamen von Drogen: γ-Hydroxybuttersäure).

Liquid Ecstasy 7 γ-Hydroxybuttersäure

Liquid X T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für 7 γ-Hydroxybuttersäure (7 Straßennamen von Drogen: γ-Hydroxybuttersäure).

Liquid XTC T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für 7 γ-Hydroxybuttersäure (7 Straßennamen von Drogen: γ-Hydroxybuttersäure).

Liquor 7 Liquor cerebrospinalis

Liquor, basisches Myeloprotein T.O. Kleine

Synonym(e). MBP im Liquor Englischer Begriff. myelin basic protein in CSF Definition. Kenngröße für die Destruktion von Nervenscheiden der Oligodendrozyten im Zentralnervensystem (ZNS-MBP in CSF) und der Schwann-Zellen im peripheren Nervensystem (PNS-MBP in Blutplasma).

Struktur. Entfaltetes Protein ohne Tertiärstruktur mit großer Mikroheterogenität durch post-translationale Modifikationen (Phosphorylierungen, Verlust von C-terminalem Arginin, Deamidation, Methylierung von Arg106).

Molmasse. ZNS-MBP: 17,2 kDa, 18,5 kDa, (21,5 kDa); PNS-MBP: ~15 kDa (P2), 17,2 kDa, 18,5 kDa (P1), 21,5 kDa

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Schneller Turnover von MBP in Myelin bzw. in weißer Substanz; MBP lokalisiert an zytoplasmatischer Seite der Myelinmembranen; Anteil ca. 30 % vom GesamtProtein im ZNS, 5–18 % im PNS in langen Nerven mehr als in kurzen; mögliches Transportprotein für Lipide und Retinoide.

Funktion und Pathophysiologie. MBP ist Antigen für experimentelle allergische Enzephalomyelitis (EAE), P2-Antigen für experimentelle allergische Neuritis (EAN). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 0,5–1 mL Ventrikel-, Subokzipital-, Lumbal-Liquor.

Probenstabilität. Entzellte Proben müssen verschlossen bei –20 °C lagern; nur einmal auftauen. Präanalytik. Sterile Plastikröhrchen mit Verschluss. Analytik. Doppel-Antikörper-Radioimmunoassay (RIA): Antigen: gesamtes MBP-Molekül von 18 kDa, Antikörper: Anti-human-MBP von Kaninchen, Anti-Kaninchen-Gamma-Globulin von der Ziege; unspezifische Bindung 2–8 %, Nachweisgrenze 0,1–0,2 μg/L; VK interseriell < 8 %. Enzymimmunoassays sind weniger empfindlich. Einflussgröße: Anti-MBP-Autoantikörper

Referenzbereich — Erwachsene. Altersabhängig mit 0,5–1,9 μg/L Anstieg pro Lebensjahr (7 Tab. 1).

L

860

Liquor, xanthochrom

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 1

Liquor, xanthochrom T.O. Kleine

Liquor, basisches Myeloprotein. Tab. 1. MBP im Lumballiquor (μg/L)

Synonym(e). Gelber Liquor

Alter (Jahre)

Median

5. –95. Perzentile

Englischer Begriff. xanthochromic cerebrospinal fluid (CSF)

1

0,30

0,12–0,72

Definition. Gelbe Liquorfarbe primär infolge Gewebekompression

20

0,40

0,17–0,95

40

0,52

0,22–1,21

60

0,70

0,30–1,57

oder Sperr-Liquor (Stauungs-Xanthochromie), bakterieller Meningitis (primäre Xanthochromie) oder sekundär nach Hämoglobinabbau alter Blutungen zu Bilirubin (sekundäre Xanthochromie), die auch bei ausgeprägter Hyperbilirubinämie in CSF nachweisbar wird (7 Liquor-Pigmente).

Liquor cerebrospinalis Interpretation. BMP-Gehalt in CSF wird bestimmt durch Entfer-

T.O. Kleine

nung des Krankheitsprozesses in ZNS von inneren und äußeren Liquorräumen, Ausmaß und Schweregrad des ZNS-Schadens, möglichen endogenen proteolytischen MBP-Abbau. Erhöhte CSF-Werte bei ZNS-Entzündungen, ZNS-Trauma, aktiver MS: MBP > S100B > NSE. Bei ischämischen ZNS-Prozessen korrelieren MBP mit S100B und 7 Liquor-Neuronen-spezifische Enolase (NSE) in CSF (7 LiquorS100-Proteine).

Synonym(e). Nervenwasser; Liquor; Cerebrospinal-Flüssigkeit; CSF

Diagnostische Wertigkeit. Einflussgrößen: endogener proteolytischer

50 % in Schädelkapsel und Spinalraum), Kinder: 50–150 mL, Säuglinge: 40–60 mL mit > 50 % in Schädelkapsel. CSF Funktionen: schützende, Metaboliten klärende, nutritive, regulative Aufgaben im ZNS. CSF ist ein Gemisch aus Primärliquor (50–70 %), Intramuralliquor (ca. 30 %) und wenig Hirnhautliquor, das im Spinalraum weiter modifiziert wird (7 Abb. 1). Sekundärliquor entsteht durch Zugabe von Plasmaproteinen und Elektrolyten durch Löcher in der BHS (7 BlutHirn-Schranke-Funktionsteste, BHS).

Abbau von MBP, Auto-MBP-Antikörper. CSF-BMP-Kenngröße zur Kontrolle der MS-Therapie z. B. mit Methyl-Prednisolon.

Literatur. Lamers KJB, van Engelen BGM, Gabtreels FJM, Hommes OR, Borm GF, Wevers RA (1995) Cerebrospinal neuron-specific enolase, S100 and myelin basic protein in neurological disorders. Acta Neurol Scand 92:247–251

Englischer Begriff. cerebrospinal fluid; CSF Definition. Wasserklare, farblose, zellarme Flüssigkeit in der Schädelkapsel und im Rückenmarkskanal (7 Abb. 1). i CSF-Gesamtmenge (100 %): Erwachsene: 100–160 mL (je ca.

Liquor cerebrospinalis. Abb. 1.a. CSF-bulk-flow-Modell I mit unidirektionalen Liquorfluss aus inneren Liquorräumen in äußere (große schwarze Pfeile); Resorption mittles Arachnoidalzotten (Pacchioni-Granulationen) in Schädelkapsel und im Spinalkanal; b Pulsatiles CSF-Fluss-Modell II mit bidirektionalen Liquorfluss (rote und blaue Pfeile). Abnahme der Pulsationen im subkortikalen Bereich bei gleichzeitiger Diffusion von Plasmaproteinen durch Löcher in der BHS. CSF-Mengenverteilung (100 %): innere Liquorräume: Primärliquor (50–70 %): proteinarmes Plasmafiltrat (hellblau) des Choroid-Epithels (dunkelblau) in Ventrikel 1–4; Intramuralliquor (~30 %): proteinfreies Filtrat der Hirnkapillaren plus Oxidationswasser der Nervenzellen in Interstitialflüssigkeit des ZNS (gelb) mit Abfluss in innere und äußere Liquorräume (kleine schwarze Pfeile); äußere Liquorräume: proteinarmer Hirnhautliquor im Subarachnoidalraum der Schädelkapsel (hellblau). CSF-Modifikationen mit Sekundärliquor durch Löcher in der BHS spinal bzw. subkortikal mit vermehrter Pinozytose in Arteriolen (kleine schwarze Pfeile, Liquor tiefblau).

Liquor-AB1-42-Peptid

CSF-Umsatz (turnover): 3- bis 5-mal pro Tag (~0,4 mL/min), lokale Pulsationen (To-and-fro-flow-Mischung) und Resorption (~0,4 mL/ min) über Hirnnerven, cervikale Lymphbahnen > Arachanoidalzotten sind im dynamischen Verteilungsgleichgewicht. Einsatzgebiet: Ventrikelliquor zur Untersuchung von BHS(Blut-HirnSchranken)- und BLS(Blut-Liquor-Schranken)-Funktion, Zisternen(SOP)-Liquor von BLS-Funktion, weniger der BHS-Funktion; Lumballiquor: maskierter SOP-Liquor durch Zugabe von Sekundärliquor.

Literatur. Greitz D, Frank A, Nordell B (1993) On the pulsatile nature of intracranial and spinal CSF-circulation demonstrated by MR imaging. Acta Radiol 34:321–328

Liquor-AB1-42-Peptid

861

Proteinase BACE1, Phenyl-Proteinase BACE2 membrangebunden im Golgi-Apparat und an Plasmamembran; Carboxypeptidase B setzt größeres 12-kDa-Fragment im Zytoplasma von Neuronen im Hippocampus frei. 5 C99 [Aβ-p6] → p6 + Aβ1-40 (Val-C-terminal) oder Aβ1-42 (AlaC-terminal) oder Aβ1-43 (Thr-C-terminal) mittels γ-Sekretasen-4Proteine-Komplex von 220–250 kDa bestehend aus Nicastrin, Presinilin-1 und -2 (PSEN1,2), Aph-1-2 (~29 kDa), Pen-2 (~10 kDa) u. a. Aus C83-Peptid (APPs-α) werden kürzere Aβ-Peptide mittels γ-Sekretasen abgespalten (s. o.). Durch C-terminale Aminosäuren-Abspaltung entstehen Aβ1-39, Aβ1-38, Aβ1-37. – Aβ1-42 aggregiert schneller als Aβ1-39, Aβ1-40, Aβ1-41 und dominiert in Plaques. Kürzere Aβ diffundieren bevorzugt in CSF und von dort ins Blut.

T.O. Kleine

Liquor-AB1-42-Peptid. Tab. 1. Aus Amyloid-Precursor-Protein abgespaltene Aβ-Peptide

Funktion und Pathophysiologie. Senile Demenz ist definiert als progressiver Verlust des Gedächtnisses und anderer kognitiver Funktionen nach 65. Lebensjahr; presenile Demenz vor 65. Lebensjahr. Demenz-Symptome, evaluiert mittels mild cognitive impairment (MCI) und mini-mental scores (MMS), bei M. Alzheimer (Alzheimer’s Disease; AD, mit sporadischem oder familiärem Auftreten) und anderen Demenz-Erkrankungen. Diffuse Amyloid-Plaques (= senile Plaques mit dem Alter im ZNS zunehmend) enthalten normalerweise geringe Mengen von Aβ-Monomeren, -Dimeren und -Oligomeren, gebildet mittels β-SekretaseWegs; bei AD und anderen Demenz-Krankheiten Aktivierung des β-sekretorischen Weges mit vermehrter Produktion von anderen AβPeptiden mit größerer Fähigkeit zur Aggregation. → vermehrte Bildung von Protofibrillen PF (= metastabile Zwischenprodukte) (s. u.) in diffusen Plaques. Ausbildung von Peptid-Fibrillen von 7–8 nm Länge. Vermehrte extrazelluläre Deposition von Aβ-Peptiden ist ein sehr frühes spezifisches Ereignis bei AD noch vor Entwicklun von „neurofibrillary tangles“ (NFT). Neuritische Plaques mit Amyloidkern binden neurotrophe Faktoren wie Somatotstatin, „corticotropin-releasing factor“ und ziehen damit gewucherte Fortsätze überlebender Neuronen an („sprouding fibers“), ebenso Fortsätze von Astrozyten und Mikroglia, die aktiviert werden und proinflammatorische Zytokine exprimieren (IL-1β, IL-6, TNF-α; 7 Tumornekrosefaktor-α).

Aβ-Peptid

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 4–5 mL Lumbal-

Synonym(e). Amyloid-β-Peptide (Aβ) im Liquor Englischer Begriff. CSF-Aβ42; Amyloid-β protein in CSF Definition. CSF Aβ-Peptide sind Kenngrößen von Alzheimer-Krankheit (AD) und für andere Demenz-Erkrankungen mit progressivem Verlust des Gedächtnisses und anderer kognitiver Funktionen, bei denen mittels Proteinasen aus Amyloid-Precursor-Protein (APP) verschieden große Aβ-Peptide mit amyloidogenen und neurotoxischen Eigenschaften abgespalten werden, die sich extrazellulär in neuritische Plaques im Zentralnervensystem (ZNS) ablagern und in CSF nachweisbar sind. Struktur. APP (β-APP), auf langem Arm von Chromosom 21q21.2-3 codiert, wird mit 3 Spleiß-Varianten synthetisiert: APP695 (~105 kDa) mit 695 Aminosäuren in Neuronen, APP751 mit 751 Aminosäuren in Neuronen und Astrozyten, APP770 (~140 kDa) mit 770 Aminosäuren in Astrozyten. Aus APP werden verschiedene Aβ-Peptide proteolytisch abgespalten (7 Tab. 1).

Molmasse. 7 Tab. 1

Molmasse (kDa)

Aβ-Peptid

Molmasse (kDa)

Aβ1-27

3,1

Aβ1-28

3,3

Aβ1-30

3,4

Aβ1-35

3,9

Aβ1-37, Aβ1-38

4,1

Aβ1-39, Aβ1-40

4,3

Aβ1-42

4,5

Aβ3-34

3,6

Aβ6-27

2,5

Aβ6-34

3,2

Aβ6-35

3,3

Aβ11-34

2,6

Aβ11-43

3,4

Aβ12-43

3,3

Stabiles Dimer Aβ1-40: 8,7 kDa; stabile Trimere: Aβ1-35: 11,8 kDa, Aβ6-42: 11,7 kDa.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Normaler α-sekretorischer Haupt-Weg (neurotrophisch): APP → APPs-α + C83 [p3-p6] mittels 3 α-Sekretasen extrazellulär: membrangebundene Zn-Metalloproteinasen der Adamalysin-Familie (ADAM9, ADAM10, ADAM17). APPs-α mit neurotrophischen Eigenschaften, intrazelluläre Kommunikation (Axonaler Transport von APP zu peripheren und zentralen Synapsen), C83 [p3-p6] membrangebundenes Polypeptid, involviert in Membran-zu-Nukleus-Signaling: Notch-Signaltransduktion mit intrazellulärer p6-Domäne. β-sekretorischer amyloidogener Weg (normalerweise Neben-Weg): 5 APP → APPs-β + C99 [Aβ-p6] mittels 3 Proteinasen: Aspartyl-

Liquor sofort entzellt (2000 g für 10 min); fraktionierte Lagerung bei –20 bis –80 °C in Polypropylen-Röhrchen mit oder ohne Zusatz von 20 mmol/L Phosphat-Puffer/Triethanolamin, 0,1 mol/L NaCl, 0,5 g/L TritonX-100/NaN3, 1 mmol/L DTPA/EGTA, pH 7,4. Proben nur einmal auftauen.

Analytik. Präanalytik: Proben-Erhitzen 3 min bei 100 °C, anschließende Lagerung bei 4 °C über Nacht erhöht Ausbeute an Aβ-Peptiden in CSF-Proben. 7 Enzyme-Linked Immuno-Sorbent Assay (ELISA) mit monoklonalen Fang-Antikörper spezifisch für C-Terminus Aβx-42, DetektorAntikörper spezifisch für N-Terminus Aβ1-x. Geforderte Spezifität für Aβ1-42-Peptid. ELISA mit monoclonalen Antikörpern mit Bindung anderer Epitope von Aβ-Peptiden, z. B. Aβ13-28-Peptide als Fang-Antikörper und AβPeptide1-16 als Detektor-Antikörper können kürzere Aβ-Fragmente, bzw. Anti-Aβ35-43-Peptid und Anti-Aβ1-40-Peptid-Antikörper längere Peptide detektieren. VK interseriell < 11 %, Wiederauffindung in CSF zu 75–85 %, Nachweisgrenze 0,05–0,1 ng/mL. Zu niedrige CSF Werte mit nicht adäquaten Standards, z. B. bei Kalibration mit synthetischem Aβ1-28-Peptid. Zu niedrige Werte in CSF von Demenz-Patienten infolge Epitop-Maskierung in Aβ-PeptidAggregaten und Aβ-Oligomeren speziell von AD-Patienten, weniger von Kontrollen. Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Umrechnungsfaktor zwischen pg/mL und ng/L × 1 bzw. zwischen ng/mL und μg/L × 1 Referenzbereich — Erwachsene. Für Lumbal-Liquor, keine spinalen

Gradienten vorhanden, 7 Tab. 2.

L

862

Liquor-Agarosegelelektrophorese

Untersuchungsmaterial. CSF und Serum-Proben in sterilen Plastik-

Liquor-AB1-42-Peptid. Tab. 2. Referenzbereiche Aβ-Peptid

Konzentration (ng/mL)

Besonderheit

röhrchen mit Verschluss Lagerung: 7 Tage bei Raumtemperatur, 14 Tage im Kühlschrank, 3,5 Monate bei –20 °C mit 3 Einfrieren-Tauen-Zyklen.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Einfache Durchführung, CSF-Aβ-Peptide gesamt

CSF-Aβ1-42-Peptid

8,0–35,6

0,15–6,00

CSF-Aβ1-40-Peptid

5,09–17,04

CSF-Aβ1-39-Peptid

0,81–3,68

CSF-Aβ1-38-Peptid

1,30–4,73

CSF-Aβ1-37-Peptid

0,74–3,08

CSF-Aβ1-40-Peptid/ CSF Aβ1-42-Peptid

2,7–13,7

CSF-Aβ-Peptid/CSF APPs-β-Peptid

1,1–4,4

leichte Abnahme mit zunehmendem Alter

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Unempfindliches Routine-

leichte Abnahme im mittleren Lebensalter

Literatur. Fortini AS, Sanders EL, Weinshenker BG et al (2003) Cere-

zusätzliche Kosten für CSF-Konzentrierung verfahren mit geringerem methodischem Aufwand als 7 isoelektrische Fokussierung.

brospinal fluid oligoclonal bands in the diagnosis of multiple sclerosis. Am J Clin Pathol 120:672–675

Liquor-Antikörper, spezifischer Index T.O. Kleine

Synonym(e). Erreger-spezifische Antikörper (ASI) im Liquor (CSF) Englischer Begriff. intrathecal (virus-)specific antibody response in central nervous system

Definition. Erreger-spezifische Antikörper (Igspec) in CSF, berech-

Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden.

net mittels Antikörper-spezifischen Index (ASI)-Formeln aus CSF/ Serum-Verhältnis von Igspec in Relation zum Anteil von Plasma-Immunglobulin (Ig) an CSF-Ig, zeigen ZNS-Erkrankungen mit Erregerspezifischer Immunantwort an bzw. polyspezifische Immunantwort in ZNS bei Autoimmunkrankheiten.

Indikation. Alle Demenz-Erkrankungen wie M. Alzheimer (AD),

i ASI wird in CSF/Serum-Probenpaar ermittelt mit Hilfe von

Lewy-Body-Demenz (LBD), „mild cognitive impairment“ (MCI), vaskuläre Demenz (VD), frontotemporale Demenz (FTD), Alkoholdemenz, Non-Alzheimer-Demenz (Non-AD), psychiatrische Erkrankungen, z. B. Altersdepression; chronische neurologische Erkrankungen wie M. Parkinson, progressive supranukleäre Lähmung; Creutzfeld-Jakob Disease (CJD), Neurosyphilis; Hypothyroidismus; Normal-Druck-Hydrocephalus; multiple System-Atrophie.

Interpretation. Aβ-Peptide im Blutplasma nachweisbar aus extracerebralen Aβ-Peptid-Bildungsstätten (Skelettmuskel, Gefäßendothel, Thrombozyten, keine Freisetzung durch Thrombozytenaktivierung); keine sichere Korrelation der Aβ-Serum-Peptide mit M. Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen. Diagnostische Wertigkeit. Klinische und neuropsychologische Evaluation von AD (Prävalenz 5–11 % bei ≥ 65-Jährigen, ≥ 50 % bei über 85-Jährigen) und anderen Demenzerkrankungen mit 65–90 % diagnostischer Sicherheit in spezialisierten Zentren vergleichbar mit Effizienz der CSF-Aβ-Peptid-Kenngrößen (Biomarkern). Geforderte Sensitivität von ≥ 80 %, Spezifität von ≥ 80 % bei AD-Diskriminierung nicht immer erreicht. Verbesserung von Spezifität und Sensitivität mit 7 Liquor-tau-Protein, phosphoryliert-Testen. Test-Kombination Aβ1-42-Peptid plus tau-Protein, gesamt, in CSF verbessert nicht individuelle Sensitivität; keine verbesserte Diskriminierung mit 7 Liquor-Neuronen-spezifische Enolase (erhöht), 7 Liquor-S100Proteine (nicht erhöht).

Literatur. Turner PR, O’Connor K, Tate WP, Abraham WC (2003) Roles of amyloid precursor protein and its fragments in regulating neural activity, plasticity and memory. Progress in Neurobiology 70:1–32

7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) zur Bestimmung von Erreger-spezifischen IgG-Antikörpern (IgGspec) und immunspezifischer Bestimmung des aus Serum stammenden IgG-Anteils mittels QIgG bzw. QAlbumin ohne bzw. mit Blut/Hirn-Schranken(BHS)-/ Blut/Liquor-Schranken(BLS)-Funktionsstörung. OD-Ermittlung in verdünntem CSF/Serum-Probenpaar (Verdünnungsfaktoren F1, F2) mittels Erreger-spezifischem ELISA, Auswertung mittels ELISA-Eichkurve: Abszisse: Verdünnungen von IgGspec von Kontrollserum (beliebige Einheiten), Ordinate: dazugehörige ELISA-Extinktion (Sollbereich 0,05–2,0 OD, logarithmischer Maßstab), immunchemische Bestimmung von QIgG. Auswertung mit Berechnungen: Q IgGspec = (IgGspec in CSF) × F1 / (IgGspec in Serum) × F2; QLim (IgG) aus IgG-Reiber-Diagramm (7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch) oder Formel: 2

QLim ( IgG )  0, 93  QAlbumin   6  10 6  1,7  10 3 Wenn QIgG < QLim (IgG) (keine polyspezifische IgG-Synthese, keine BHS/BLS-Funktionsstörung) in Index-Formel QAlbumin durch QIgG ersetzen: Formel a:

ASI = Q IgGspec / QIgG; normal < 1,5;

wenn QIgG > QLim (IgG) (polyspezifische IgG-Synthese, keine BHS/ BLS-Funktionsstörung) in Index-Formel QIgG durch QLim (IgG) ersetzen, um die Sensitivität von ASI zu erhöhen: Formel b:

ASI = Q IgGspec / QLim (IgG); normal < 1,5.

Bei BHS/BLS-Funktionsstörung wird QIgG durch QAlbumin ersetzt:

Liquor-Agarosegelelektrophorese

Formel c:

T.O. Kleine

Spezifische IgM-Antikörper IgMspec in CSF werden mit Formel entsprechend ermittelt, z. B. bei Borreliose, Röteln, FSNE, Herpes simplex, Masern, Varizella, Mumps. Bewertung: Um den Plasma-Immunglobulin(Ig)-Anteil an spezifischen Antikörpern (Igspec) in CSF zu berücksichtigen, wird in der Index-Formel QAlbumin durch QIgG ersetzt bzw. im Reiber-Diagramm (7 ReiberSchema) als cutt-off die 30-%-Linie der intrathekalen Ig-Fraktion

Englischer Begriff. agarose gel electrophoresis in CSF Definition. Elektrophoretische Auftrennung von CSF-Proteinen, z. B. von γ-Globulin, in konzentrierten CSF-Proben im Vergleich zu verdünnten Serum-Proben, z. B. zur nichtspezifischen Abschätzung einer intrathekalen Immunglobulin-Produktion; Basis-Verfahren für Agarose-IEF mit spezifischer Detektion.

ASI = Q IgGspec / QAlbumin, normal < 2,0 bzw. < 1,5.

Liquor-Banden, oligoklonale

IgIF verwendet (Abb. 1 im Stichwort 7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch). Bei polyspezifischen Ig, d. h. Vorliegen mehrerer Igspec gegen verschiedene Antigene in CSF, wird QIg auf QLim (IgG) reduziert, wobei in Formel b der Anteil des untersuchten Igspec am gesamten polyspezifischen Igspec nicht berücksichtigt wird und damit falsch-positive Igspec ermittelt werden. Methodenvergleiche mit erregerspezifischen oligoklonalen Banden (Igspec-OB) zeigten häufiger IgGspec als IgMspec in CSF bei Viruserkrankungen des ZNS, wobei mögliche Kreuzreaktionen zwischen Varizella-Zoster- und Herpes simplex-Virusantikörpern ausgeschlossen werden müssen. Evaluation der MRZ-Reaktion [intrathekale Synthese von Masern-, Röteln-, (Varizella-)Zoster-IgG-Antikörpern] bei multipler Sklerose (MS) mit Formeln a,b im Vergleich zu Antigen-spezifischen oligoklonalen IgG-Banden (IgGspec-OB) ergab vergleichbare Sensitivität von Masern- (70–75 %), Röteln- (60–65 %), Varizella-Zoster-Antikörpern (40–55 %). Fazit: Nachweis erregerspezifischer Antikörper, als ASI für IgG, IgM bestimmt, erscheint weniger empfindlich und spezifisch als IgG-OBTest bei chronischer Aktivierung des Immunsystems bei MS und anderen Entzündungen in ZNS bzw. bei Autoimmunkrankheiten.

Literatur. Reiber H (2005) Erregerspezifische Antikörper. In: Zettl UK, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik.2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 200–207

Liquor-Asialotransferrin T.O. Kleine

Synonym(e). Tau-Globulin im Liquor (CSF); aTf in CSF Englischer Begriff. CSF asialotransferrin

863

Analytik. aTf-Nachweis semiquantitativ mittels aTf-Banden-IEF-Assay (isoelektrischer Fokussierung gleicher TF-Mengen mit immunchemischer Tf-Detektion; 7 Liquor-Isoelektrische Fokussierung). Diagnostische Wertigkeit. aTf-Banden-IEF-Assay weist CSF-Kontamination ab ≥ 5 % CSF-Volumen in Sekreten nach; vgl. β-trace-Test (7 Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase; s. a. 7 Carbohydrate-deficient transferrin). Literatur. Kleine TO, Damm T, Althaus H (2000) Quantification of b-trace protein and detection of transferrin isoforms in mixtures of cerebrospinal fluid and blood serum as models of rhinorrhea and orthorrhea diagnosis. Fresenius J Anal Chem 366:382–386

Liquor-Banden, oligoklonale T.O. Kleine

Englischer Begriff. oligoclonal bands in cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Oligoklonale Banden (OB) in Cerebrospinalflüssigkeit (CSF), mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) und nicht-spezifischer Bandendetektion dargestellt, sind Kenngröße subakut/chronischer Entzündungsprozesse im Zentralnervensystem (ZNS) bei Ausschlussgrenze von 3–4 CSF-OB. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Grundmuster von ProteinBanden in CSF- und Serum-Proben mittels IEF parallel-lokalisiert (Normaler Befund, I in 7 Abb. 1), bestehend aus Immunglobulinen (Ig) und anderen Plasma-Proteinen, z. B. Albumin, Transferrin, sowie ZNS-Proteinen (7 Immunglobuline, oligoklonale, 7 Immunglobuline, polyklonale).

Transferrin (Tf), ist Kenngröße für CSF-Kontamination mit Körpersekreten und anderen Flüssigkeiten sowie von Primärliquor-Produktion.

Funktion und Pathophysiologie. Oligoklonale Banden (OB) sind CSF-beschränkte Banden von Ig und anderen Proteinen (s. o.), die u. a. Ig-Synthese in ZNS in B-Zell-Klonen bei permanenter AntigenStimulation anzeigen bei subakut/chronischen Entzündungsprozessen im ZNS.

Struktur. Glykosylierte Polypeptidkette ohne Neuraminsäure(Sialinsäure)-Reste.

zipital(SOP)-, Lumbal-Liquor sofort entzellt.

Definition. aTf, in Choroid Plexus-Epithel asialinisiertes Serum-

Molmasse. 7 Liquor-Transferrin Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Verlustfreie Probengewinnung der Sekrete ohne Konzentrierung, Verdünnung oder Denaturierung bei Adsorption an Trägermaterial, da Volumen Bezugsgröße; 1–2 mL Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor, entzellt, gleichzeitige Gewinnung von venösem Blutserum.

Probenstabilität. Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei –20 °C/ –80 °C.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel-, SubokProbenstabilität. Entzellte Proben aliquotiert und verschlossen bei –80 °C Lagerung bis zu 1 Jahr. Präanalytik. Sterile Plastikröhrchen mit Verschluss. Analytik. 7 Isoelektrische Fokussierung, 7 Silberfärbung Referenzbereich — Erwachsene. Normaler Befund: OB-Test negativ: Grundmuster von identisch lokalisierten parallelen Banden in CSFund Serum-Probenpaar (7 Abb. 1, Spuren I).

Liquor-Banden, oligoklonal. Abb. 1. Darstellung von 6 möglichen Befundmustern in 6 Serum(S)- und Liquor(L)-Probenpaaren bei IEF mit nichtspezifischer Bandendetektion: Befund I: Normaler Befund mit Grundmuster von parallel gleichen Banden in CSF-/Serum-Probenpaar; Befund II: > 3–4 CSF-beschränkte OB (Punkte) in Grundmuster: intrathekale Ig-Synthese; Befund III: > 3–4 CSF-beschränkte OB (Punkte) plus zusätzliche identische Banden (Striche) in Grundmuster von CSF-/Serum-Probenpaar: intrathekale Ig-Synthese; Befund IV: identische Banden in Grundmuster von CSF-/ Serum-Probenpaar: keine intrathekale Ig-Synthese; Befund V: > 3 Banden mit ähnlichem pI in Grundmuster von CSF-/Serum-Probenpaar: systemisches Paraprotein, keine intrathekale Ig-Synthese; Befund VI: zwei im Serum beschränkte OB (schwarze Striche): keine intrathekale Ig-Synthese

L

864

Liquor-Basis-Programm

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Subakut/chronische ZNS-Entzündungen, Verdacht auf Antikörper-produzierende Tumore im ZNS z. B. Lymphom; MS-Verdacht bei klinischen Symptomen mit mindestens zwei anatomischen Orten der Myelindestruktion im ZNS mit Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) nachgewiesen.

Interpretation. 7 Abb. 1 Diagnostische Wertigkeit. Höhere Ausschlussgrenze für positiven OB-Test mit 3 bis 4 zusätzlichen (unspezifischen) Banden in CSF im Vergleich zu 1 bis 2 oligoklonalen Banden in IgG-OB-Test (7 LiquorIgG, oligoklonal); unspezifische oligoklonale Banden in CSF durch β-trace (bis 4 oligoklonale Banden im leicht alkalischen Bereich, 7 Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase), γ-trace (eine oligoklonale Bande bei pI 9,2 bzw. pI 8,2 in nativen CSF; 7 Liquor-Cystatin C), mehrere Banden von Transferrin und Hämoglobin im neutralen Bereich.

Literatur. Kleine TO (1999) Heterogeneous humoral immune responses in cerebrospinal fluid from inflammatory diseases of the human central nervous system. Detection of oligoclonal immunoglobulin bands after isoelectric focusing. Analytica Chimica Acta 393:83–93

Analytik. Begrenzte CSF-Probenmenge, die nicht beliebig oft gewonnen werden kann, erfordert Kenngrößenauswahl im Stufenprogramm: 7 Tab. 1. Literatur. Kleine TO, Hackler R, Lehmitz R et al (1994) Liquordiagnostik: Klinisch-chemische Kenngrößen – eine kritische Bilanz. DG Klinische Chemie Mitteilungen 25:199–214

Liquor-Betrachtung, makroskopische T.O. Kleine

Synonym(e). Visuelle Betrachtung von Liquor (CSF) Englischer Begriff. visual examination of cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Visuelle Beurteilung der Liquor-Probe auf Durchsichtigkeit und Farbe.

Untersuchungsmaterial. > 1 mL nativer Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor bei 4 °C bis zu 2 h gelagert.

Instrumentierung. Visuelle Betrachtung bei Tageslicht bzw. Tageslicht ähnlicher Lichtquelle vor schwarzem Hintergrund (schwarz bezogene Pappe).

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten.

Einfache praktikable Durchführung ohne Automatisierung, kostengünstig (keine Instrumentalisierung erforderlich).

Liquor-Basis-Programm T.O. Kleine

Englischer Begriff. basic program of cerebrospinal fluid (CSF) diagnosis

Definition. Zweite Stufe im Stufenprogramm der CSF-Diagnostik mit 8–15 klinisch-chemischen Kenngrößen zur Bestätigung, Präzisierung und Erweiterung der Befundkonstellationen des Liquor-NotfallProgramms.

Untersuchungsmaterial. Präanalytik 7 Liquor-Notfall-Programm 3–6 mL Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor nicht älter als 1–2 h nach Abnahme ohne Zusatz in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen z. B. aus Polypropylen. 1 mL venöses Blut in Na-Fluorid-EDTA-Röhrchen, ~3 mL venöses Blut für Serum, 5 mL Heparin-CSF/Blut für PCR-Diagnostik. Zum Ausschluss einer artifiziellen Blutbeimengung drei sukzessiv gewonnene Proben von je > 1 mL bei Kindern, > 3 mL bei Erwachsenen (beschriftet). Probenlagerung s. einzelne Kenngrößen. Liquor-Basis-Programm. Tab. 1. Mess- und Kenngrößen Messgrößen (semi-)quantitativ

Kenngrößen

CSF-Differenzialzellbild mit Phagen

Liquor-May-Grünwald-GiemsaFärbung, Liquor-Differenzialzellbild, Liquor-Zellreaktionen, Liquor-Erythrophagen, LiquorSiderophagen

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Liquor-Betrachtung ist der erste Schritt im Liquor-Notfall-Programm und zeigt die in 7 Tab. 1 genannten Befunde an. Weitere Abklärung der Befunde in 7 Liquor-Notfall-Programm und 7 Liquor-Basis-Programm.

Liquor-Betrachtung, makroskopische. Tab. 1. Befunde Liquorbeschaffenheit

Befund

farblos, wasserklar

Normalbefund, Liquor-Notfall- und Liquor-BasisProgramme erforderlich

gelblich-opal

Proteinvermehrung > 5–10 g/L, Liquor-Pandy-Reaktion +++; Bilirubin neg.; starke Blut/Liquor- Blut/ Hirn-Schranken-Funktionsstörung

trüb weißgelblich

Leukozytenzahl 1000/μL (M/L): Meningitis: LiquorGranulozyten-Teststreifen-Test positiv: akute Entzündung im ZNS

trüb rosa

Erythrozytenzahl 1000/μL (M/L): Blutung: LiquorDrei-Gläser-Probe; Hämoglobin-Test positiv ab Hämoglobin (Hb) 10 Erythrozyten pro μL (M/L)

klar, farblos nach Entzellung

Hämoglobin-Test negativ bei frischer Blutung (artifiziell) < 2 h, bei älterer Blutung in die Liquorräume > 4 h positiv

CSF-Protein, CSF-Albumin QAlbumin

Liquor-Protein manuell, BlutHirn-Schranke-Funktionsteste, Liquor/Serum-AlbuminQuotient

rosa-rot, klar (nach Entzellung)

freier Hb-Nachweis: Liquor-Hb-Teststreifen-Test nach Entzellung positiv: ältere Blutung in die Liquorräume (> 4 h alt) oder artifizielle Blutung > 2 h bei Zimmertemperatur gelagert

IgG in CSF und Serum IgM in CSF und Serum fakultativ IgA in CSF und Serum fakultativ

Liquor/Serum-IgG-Quotient (QIgG), IgG-Index, Liquor/Serum-IgM-Quotient (QIgM), IgM-Index fakultativ, Liquor/Serum-IgA-Quotient (QIgA), IgA-Index fakultativ, Immunglobulinbestimmung intrathekal empirisch, Reiber-Schema

xanthochrom, klar (nach Entzellung)

durch Bilirubin > 2 mg/dL: Liquor-Bilirubin-Teststreifen-Test positiv: alte Blutung in die Liquorräume > 3 Tage alt oder Hyperbilirubinämie

braun, klar (nach Entzellung)

Hb/Bilirubin-Gemisch: Liquor-Hb-Teststreifen-Test +++, Liquor-Bilirubin-Teststreifen-Test Interferenz: ältere und alte Blutung in die Liquorräume

Gerinnsel rosa, Gerinnsel gelblich

Blutung geronnen, starke Proteinvermehrung mit Gerinnung; Sperr-Liquor

CSF-Laktatdehydrogenase und andere CSF-Enzyme fakultativ

Liquor-Laktatdehydrogense (LDH)

Liquor-D-Laktat

Literatur. Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl U, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik. 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 127–134

865

Liquor-CD8-T-(Suppressor)-Lymphozyten T.O. Kleine

Synonym(e). CD3+8+ Zellen im Liquor (CSF); Suppressor/zytotoxi-

Liquor-Bilirubin, Teststreifen-Test T.O. Kleine

sche T-Zellen

Englischer Begriff. CSF CD8 T lymphocytes; suppressor/cytotoxic

Synonym(e). Schnelltest für Bilirubin im Liquor (CSF)

lymphocytes

Englischer Begriff. rapid testing method of bilirubin in cerebrospinal

Definition. CSF CD3+8+-Zellen sind T-Zellen, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. ZNS ihr passendes AntigenPeptid mit Hilfe von MHC-Klasse-I-Oberflächenmolekülen suchen (7 CD8).

fluid (CSF)

Definition. Schnelltestverfahren zum semiquantitativen 7 BilirubinNachweis in gelber CSF als Kenngröße alter Blutungen im Zentralnervensystem (ZNS). Struktur. 7 Bilirubin Diagnostische Wertigkeit. Bilirubin-Teststreifen-Test ausreichend empfindlich, um gelbe Farbe als Bilirubin in xanthochromer CSF nachzuweisen (gelb ab > 2 mg/dL Bilirubin). CSF-Bilirubin Kenngröße einer alten ZNS-Blutung in CSF bei etwa einem Viertel aller xanthochromer Liquorproben positiv.

Literatur. Kleine TO (1980) Neue Labormethoden für die Liquordia-

Liquor-Cystatin C T.O. Kleine

Synonym(e). Gamma-trace Englischer Begriff. cystatin C in cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Cystein-Proteinasen-Inhibitor, basisches Protein (13 kDa) in CSF und Kenngröße der CSF-Probenalterung, detektiert mittels IEF und Silberfärbung (7 Liquor-Banden, oligoklonale; 7 Cystatin C).

gnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-Delpech-Quotient Liquor-B-Lymphozyten (CD19-B-Zellen)

7 IgA-Index; 7 IgG-Index; 7 IgM-Index

T.O. Kleine

Synonym(e). CD19+3– Zellen im Liquor Englischer Begriff. CSF B lymphocytes Definition.

CSF-CD19+-B-Zellen

sind spezifisch aktivierte Lymphozyten, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. ZNS ihr passendes Antigen mit Hilfe von MHC-Klasse-II-Oberflächenmolekülen suchen; 7 CD19.

Liquor-CD3-T-Lymphozyten T.O. Kleine

Synonym(e). CD3+-Zellen im Liquor Englischer Begriff. CSF T lymphocytes Definition. Kleine Zufall-Sets in CSF von T-Zell-Klonen des Immunsystems, aktiviert im peripheren Immunsystem, permeiert BHS und BLS zur ZNS/CSF-Immunüberwachung, die CSF jedoch binnen 24–48 h noch nicht verlassen haben; 7 CD3.

Liquor-CD4-T-(Helfer)-Lymphozyten T.O. Kleine

Synonym(e). CD3+4+-Zellen im Liquor Englischer Begriff. CSF CD4 lymphocytes; helper/inducer T cells CD3+4+-Zellen

Definition. CSF sind T-Zellen, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. ZNS ihr passendes Antigen-Peptid mit Hilfe von MHC-Klasse-II-Oberflächenmolekülen suchen; 7 CD4.

Liquor-CD4/CD8-Quotient T.O. Kleine

Englischer Begriff. CSF CD4/CD8 ratio Definition. Dimensionsloser Quotient von CD4/CD8-T-Zellen pro L Probe (Zell-Quotient) bzw. in % der Lymphozytengesamtzahl (%-Quotient) in CSF oder peripherem Blut; 7 CD4, 7 CD8.

Liquor-Differenzialzellbild T.O. Kleine

Synonym(e). Differenzierung der Leukozyten im Liquor (CSF) Englischer Begriff. differential CSF cell count; differential WBC count in CSF

Definition. Auszählung und Differenzierung von CSF-Leukozyten in lymphozytäre, monozytäre und granulozytäre Zellen sowie atypische kernhaltige Zellen nach Anfärbung von abgeflacht-denaturierten Zellen mit kationischen/anionischen Kern-/Zytoplasma-Farbstoffen (7 Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung oder nach Vitalfärbung mittels 7 Liquor-Objektträger-Methode). Untersuchungsmaterial. 1–5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit lichtgeschützt in durchsichtigen, farblosen Polypropylen-Röhrchen steril bei 4 °C 1–2 h gelagert. Instrumentierung. Binokulares Lichtmikroskop mit 40-facher und 100-facher Vergrößerung (Immersions-Objektive), mechanisierte Zählvorrichtung, evtl. Photomikroskop; mechanisierte Zelldifferenzierung 7 Liquor-Zellzählung, mechanisierte; Anfärbung von Liquor-Zellen 7 Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung, 7 LiquorObjektträger-Methode. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Teil von 7 Liquor-BasisProgramm zur Analyse von Entzündungsreaktionen, Tumorzellen, Liquor-Zellreaktionen; praktiziertes Routine-Verfahren mit mehr Probenvolumen, Zell-Verlusten und -Denaturierungen bei LiquorSedimentierkammer-Verfahren bzw. Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren im Vergleich zu Liquor-Objektträger-Methode, jedoch mit der Möglichkeit von Spezialfärbungen; 7 Liquor-Tumorzellen.

Literatur. Kleine TO (1981) Liquorzytologie mit farbbeschichteten Objektträgern. Vergleich mit Sedimentkammerverfahren und Zytozentrifuge. Dtsch med Wschr 106:865–870

Liquor-D-Laktat T.O. Kleine

Synonym(e). D-Milchsäure im Liquor (CSF)

L

866

Liquor-Drei-Gläser-Probe

Englischer Begriff. CSF D-lactate Definition. D-Laktat, ein spezifischer Bakterien-Metabolit, ist für die Diagnostik einiger bakterieller Meningitiden in CSF geeignet.

Molmasse. 90,08 (Milchsäure, 7 Abb. 1); 89,08 (Laktat)

Lumbal-Liquor in 3 Röhrchen mit ≥ 3 mL bei Erwachsenen und ≥ 1 mL bei Kindern, bei 4 °C in sterilen, beschrifteten Plastikröhrchen mit Verschluss bis zu 2 h gelagert.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Teiluntersuchung bei 7 Liquor-Betrachtung, makroskopisch; Prozesslokalisierung in Liquorräumen bei Konzentrationsänderung von Laktat (7 Liquor-L-Laktat, 7 Liquor-D-Laktat), von Glukose (7 Liquor-Glukose), Leukozyten- und Erythrozyten-Zahl (7 Liquor-Zellzählung, mechanisierte, 7 Liquor-Zellzählung, mikroskopische) zwischen erster und dritter Portion; bei artifizieller Blutbeimengung Abnahme der Erythrozytenzahl mit zunehmender Probenzahl.

Liquor-D-Laktat. Abb. 1. D-Milchsäure

Literatur. Kleine TO (1980) Neue Labormethoden für die Liquordia-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. D-Laktat ist spezifischer

gnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Metabolit einiger gramnegativer und grampositiver Meningitis-Erreger, z. B. von Haemophilus influenzae, Escherichia coli, Staphylokokken, Enterobacter, Klebsiellen, Salmonellen, Shigellen, und kann bei bakterieller Meningitis erhöhte Konzentrationen in CSF verursachen. Geringe Konzentrationen im Blut (< 0,20 mmol/L) stammen von Darmbakterien.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 0,5 mL Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, Lumbal-Liquor; venöses EDTA-Blutplasma mit NaF-Zusatz. Probenstabilität. In sterilen, verschlossenen Plastikröhrchen entzellt mit Na-Fluorid-Zusatz oder bei –20 °C lagern. Analytik. Photometrisch-vollenzymatisch mit käuflichen Reagenzien für D-Laktat-Spezifität, mechanisierbar. Nachweisgrenze ≤ 0,20 mmol/L, VK ≤ 8 %, Unrichtigkeit ≤ 9 %. D-Laktat + NAD+

D-LDH

Pyruvat + NADH + H+

D-Laktatdehydrogenase (D-LDH, EC 1.1.1.28) katalysiert Oxidation von D-(+)Laktat zu Pyruvat. 

          Kopplung beider Reaktionen im alkalischen Natriumcarbonatpuffer. Messung der NADH-Zunahme entsprechend dem optischen Test nach Warburg.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Umrechnung von konventioneller Einheit mg/dL in internationale Einheit mmol/L mit Umrechnungsfaktor × 0,111. Referenzbereich — Erwachsene. Ausschlussgrenze ist ≥ 0,20 mmol/L (≥ 1,8 mg/dL) in CSF und Blut-Serum/Plasma.

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Diagnostische Wertigkeit. Wegen Ausschlussgrenze von D-Laktat in Größenordnung der D-Laktat-Nachweisgrenze muss Probenleerwert berücksichtigt werden. Bei erhöhten D-Laktat-Werten in CSF ist eine bakterielle ZNS-Infektion sehr wahrscheinlich, auch bei L-Laktat (7 Liquor-L-Laktat) < 3,5 mmol/L (< 31,5 mg/dL). Hämoglobin > 7 g/L kann o. g. Nachweis stören.

Literatur. Kleine TO (1991) D-Lactat und L-Lactat im Liquor cerebrospinalis bei akuten entzündlichen Erkrankungen des Zentralnervensystems (ZNS) Lab med 15:114–116

Liquor-Durchflusszytometrie (FACS) T.O. Kleine

Synonym(e). Durchflusszytometrische Analyse von Leukozyten im Liquor (CSF)

Englischer Begriff. CSF flow cytometry; Fluorescence-activated cell sorter (FACS) of CSF leukocytes Definition. Optisches Messsystem zur Analyse von Streulicht- und Fluoreszenzsignalen einer in einem Flüssigkeitsstrom fokussierten CSF-Zelle mit gleichzeitiger Evaluierung von physikalischen und biochemischen Zellparametern zur Erstellung des zellulären Immunstatus in CSF im Vergleich zu venösem Blut. Beschreibung Angleichung der Verfahren für Blut an CSF durch erhöhtes Probenvolumen für mindestens 1000 Leukozyten: 5 700–1000 μL nativer CSF-Probe mit ≤ 5/μL (M/L) Leukozyten, 5 Anreicherung von CSF mit < 10 M/L Leukozyten mittels Zentrifugation (15 min bei 200 × g, 4 °C). 5 100 μL nativer CSF mit ≥ 10 Leukozyten/μL oder 50 μL 20-fach angereicherte CSF-Suspension (s. 2.), 10 μL Nukleinsäuren-Fluoreszenzfarbstoff (LDS-751), 5 μL Antikörperreagenz mit 4 oder 6 spezifischen monoklonalen fluoreszenzmarkierten Antikörpern. 5 Versuchsansatz für EDTA-Blutproben: 100 (50) μL Blut, 20 (10) μL gleiches Antikörperreagenz wie für CSF-Analyse, Lyse der Erythrozyten z. B. mit FACS Lysing Solution automatisiert, einmaliges Waschen des Zellsediments.

Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Durchflusszytometrie Untersuchungsmaterial. 5–10 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor in Polypropylen-Röhrchen, Lagerung bei Zimmertemperatur (20–25 °C) ≤ 2 h, in Eiswasser 5–6 h; venöses EDTA-Vollblut Lagerung bei Zimmertemperatur < 6 h; gleichzeitige Gewinnung von Liquor- und Blutprobe.

Literatur. Kleine TO, Albrecht J (1991) Vereinfachte Durchflußzytometrie von Liquorzellen mit FACScan. Lab med 15:73–78

Liquor-Erythrophagen T.O. Kleine

Synonym(e). Erythrozyten-Makrophagen im Liquor (CSF)

Liquor-Drei-Gläser-Probe

Englischer Begriff. erythrophages in CSF

T.O. Kleine

Synonym(e). Drei-Gläser-Probe zur Diagnostik von Liquor (CSF)

Definition. Aktivierte monozytäre Zellen in CSF, in deren Zytoplasma mehrere Erythrozyten oder Erythozyten-Membranen nachweisbar sind; Kenngröße für frische Blutung in die Liquorräume älter ≥ 2 h.

Englischer Begriff. Three-glas CSF test

Interpretation. Kenngröße einer frischen Blutung älter ≥ 2 h in die

Definition. Visuelle Betrachtung von mindestens drei sukzessiv ge-

Liquorräume sind 2–3 Erythrophagen jeweils mit Phagozytose von mehr als 1 Erythrozyt im Zellpräparat; weniger Erythrophagen mit Phagozytose von weniger Erythrozyten in Proben mit artifizieller Blutbeimengung > 1 h alt, besonders bei Zimmertemperatur-Lagerung (vgl. 7 Liquor-Drei-Gläser-Probe), Verwechslung mit Vakuolen in Makrophagen ohne Reste von (gelben) Erythrozyten.

wonnenen Liquor-Proben von je ≥ 3 mL in beschrifteten, durchsichtig-farblosen Liquorröhrchen (skaliert) auf Farbe und Trübung sowie Evaluation der klinisch-chemischen Zusammensetzung.

Untersuchungsmaterial. Nativer Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-,

Liquor-Gewinnung

867

Diagnostische Wertigkeit. Nachweis von Erythrophagen und Si-

i Der Neurologe Alfred Fuchs (1870–1927) entwickelte zusammen

derophagen bei Subarachnoidal-Blutung oder Massenblutung mit Ventrikeleinbruch, Insult, Z.n. operativem Eingriff, Tumoren mit Blutungsereignis > 3 Tage nach Ereignis (7 Liquor-Siderophagen); Sickerblutung/Blutungsrezidiv bei Siderophagen + Erythrophagen bis zu 8 Tage nach Ereignis nachweisbar (7 Liquor-Betrachtung, makroskopische).

mit dem amerikanischen Pharmakologen Sanford Morris Rosenthal (1897–1989) im Jahr 1904 die Zählkammer von 3,2 μL Volumen aus Glas (7 Abb. 1), die heute geeicht zur manuellen Zählung von Leukozyten und Erythrozyten in der Liquordiagnostik verwendet wird. Berechnung der Zellzahl:

Literatur. Kleine TO (1984) Liquor. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 2. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main S 940–947

Liquor-Erythrozytenzahl 7 Liquorzellzählung

Liquor-Fistel T.O. Kleine

Synonym(e). Liquorrhoe Englischer Begriff. CSF fistula; rhinorrhea; otorrhea Definition. Abfluss von Cerebrospinalflüssigkeit (CSF) durch Verbindung der Liquorräume nach außen, z. B. im Bereich der Nase (Rhinorrhoe) oder Ohr (Otorrhoe).

     

         

   

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-Gesamt-Eiweiß 7 Liquor-Protein

Liquor-Gewinnung T.O. Kleine, W.G. Guder

Synonym(e). Punktion von Liquor, lumbal, subokzipital, ventrikulär Englischer Begriff. puncture (sampling) of cerebrospinal fluid (CSF),

i CSF-Nachweis in Sekreten erfordert verlustfreie Probennahme

lumbar, ventricular, suboccipital

ohne Konzentrierung oder Verdünnung (Bezugsgröße Probenvolumen) bzw. Denaturierung zum Nachweis von CSF-spezifischen Komponenten wie 7 Liquor-Asialotransferrin (aTF) oder ProstaglandinD-Synthetase (β-trace); gleichzeitig gewonnenes Blutserum dient als Kontrolle.

Definition. Unter Liquor-Gewinnung versteht man die Gewin-

Literatur. Kleine TO, Damm T, Althaus H (2000) Quantification of b-trace protein and detection of transferrin isoforms in mixtures of cerebrospinal fluid and blood serum as models of rhinorrhea and orthorrhea diagnosis. Fresenius J Anal Chem 366:382–386

Liquor-Fuchs-Rosenthal-Zählkammer T.O. Kleine

Synonym(e). Liquor-Zählkammer Englischer Begriff. Fuchs-Rosenthal counting chamber Definition. Geeichte Zählkammer zur Zellzählung in Cerebrospinalflüssigkeit (CSF).

Liquor-Fuchs-Rosenthal-Zählkammer. Abb. 1. Berechnung des Volumens des gesamten Zählbereichs mit 16 kleinen Quadraten von je 1 mm Länge = 16 mm2 Fläche × 0,2 mm Tiefe = 3,2 mm3 (μl); von den 4 Bereichen über den 3 äußeren Begrenzungslinien werden jeweils 2 mitgezählt, z. B. obere und linke seitlichen 3 Linien (rote L-Form)

nung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) aus dem lumbalen, okzipitalen oder ventrikulären Bereich. Sie ist die erste Maßnahme zur Durchführung von 7 Liquor-Notfall-Programm, 7 Liquor-Basis-Programm und 7 Liquor-Spezial-Programm. i Die Lumbalpunktion ist der wichtigste labordiagnostische Zugang

zu den Erkrankungen des Zentralnervensystems. Die dadurch gewonnene Flüssigkeit aus dem lumbalen oder subokzipitalen Liquorraum ist die Grundlage zur Beurteilung entzündlicher und degenerativer Erkrankungen des Zentralnervensystems. Wegen des besonderen Charakters des Eingriffs bei der Gewinnung von Liquor bedarf es zu seiner Indikation einer besonders strengen Fragestellung, die teilweise mit einer therapeutischen (z. B. Entlastung bei hohem Liquordruck) oder anderen diagnostischen Maßnahme (z. B. Eingabe von Kontrastmittel) gekoppelt sein kann. Präanalytik: Die Entscheidung über den Ort der Gewinnung von Liquor ist von anatomischen und medizinischen Kriterien abhängig. Der Ort der Entnahme ist in jedem Fall festzuhalten. Die Punktionsstelle wird desinfiziert und mit einem Lokalanästhetikum schmerzfrei gemacht. Wahl der Punktionsnadel (Störgröße: artifizielle Blut-Kontamination): 5 Sprotte-Kanüle mit Introducer für Haut-Vor-Punktion und Kanüle mit konisch abgerundeter Spitze, Öffnung seitlich für atraumatische Punktion (7 Sprotte-Nadel). 5 Quincke-Kanüle mit schräger Öffnung (Durchmesser 0,7–1,2 mm) mit Traumatisierung von Durafasern; dadurch Leck mit epiduralem Liquorabfluss (postpunktionelles Liquorunterdruck-Syndrom mit Reiz-Pleozytose und Liquor-Protein-Erhöhung (Störgrößen)) (7 Quincke-Schliff). Die Punktion erfolgt vorwiegend mit sog. atraumatischen Nadeln sagittal und nach oben gerichtet. Erste austretende Tropfen Liquor werden verworfen und die benötigte Menge in ein steriles Röhrchen tropfen lassen. Die notwendige Probenmenge beträgt 2 mL für mikrobiologische und 5–10 mL für zytologische und klinisch chemische Untersuchungen (3–5 mL von Kindern). Diese sind in 1–3 durchsichtige Röhrchen (skaliert und steril mit Schraubverschluss beschriftet) zu verteilen (7 Liquor-Drei-Gläser-Probe). Zusätzliche Proben: 1–2 mL venöses Blut in Na-Fluorid-EDTARöhrchen, 5 mL venöses Blut zur Serumgewinnung, 5 mL HeparinCSF/Blut für PCR-Diagnostik. (unterschiedliche Probenstabilität einzelner Kenngrößen s. dort).

L

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Liquor-Glial fibrillary acidic protein

Fehlermöglichkeiten: 5 Adsorption von Leukozyten (besonders Monozyten, Makrophagen) an Polypropylen < Glas, Polystyrol. 5 Adsorption von Einzel-Proteinen im μg-Bereich an Polypropylen < Polycarbonat; Glas < Polystyrol. 5 Keine Adsorption in Liquor-Proben von Immunglobulinen, Albumin, Präalbumin in Polystyrol-Röhrchen. 5 Lagerung > 2 h bei Zimmertemperatur (Verminderung der Zellzahl durch Autolyse, Hämolyse) 5 Probenverwechslung bei Drei-Gläser-Probe 5 Einflussgröße: ventrikel-lumbale Gradienten z. B. von CSF-Zellen (Liquor-Zellzählung; Liquor-Differenzialzellbild), CSF-Proteinen (Liquor-Protein, QAlbumin, Liquor-Immunantwort, humoral, QIgG, QIgA, QIgM), CSF-Substraten (Liquor-Glukose); Gradienten-Nivellierung durch sorgfältiges Mischen ausgesuchter LiquorPortionen 5 Störgröße bei Zellzählung: Probenröhrchen mit Zusatz von z. B. EDTA, Na-Fluorid 5 Störgröße: Entzellung bei > 220 g und Zimmertemperatur mit Zellzerstörung (Leukozyten-Reste, Hämolyse) und/oder FestwinkelRotor (kein Zell-Sediment). 5 Störgröße: artifizielle Blutkontamination: mehr oder weniger stark ausgeprägt bei etwa der Hälfte aller CSF-Proben infolge intralumbaler Venenverletzung; Erkennung und Evaluation mittels 7 Liquor-Drei-Gläser-Probe Die Probe wird verschlossen umgehend ins Labor transportiert (bis zu einer Stunde ohne Kühlung). Bis zu 3 h nach Ankunft ist eine Untersuchung möglich, wenn die Probe gekühlt wurde. Einfrieren ist nicht sinnvoll, da Bakterien und/oder Zellen zerstört werden können.

Literatur. Kleine, TO (1980) Liquordiagnostik: Untersuchungen mit Schnelldiagnostica. Untersuchungen zur Adsorption von Proteinen in Glas- und Kunststoffröhrchen. J Clin Chem Clin Biochem 18:7–11 Felgenhauer K, Beuche W (1999) Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B (2000) Proben zwischen Patient und Labor, 2. Aufl. GIT-Verlag, Darmstadt Oschmann P, Kunesch E, Zettl UK (2005) Liquorpunktion – Indikation, Techniken und Komplikationen. In: Zettl UK, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik, 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 21–38

Referenzbereich — Erwachsene. Lumbal-Liquor: 7,2 μg/L (144 pmol/L), Ausschlussgrenze: 11,6 μg/L (232 pmol/L). Blutserum: 0,15–0,76 μg/L (3–15,2 pmol/L). Referenzbereich — Kinder. Keine Werte vorhanden. Interpretation. GAFP ist in CSF erhöht bei akuter ZNS-Schädigung, subakuten/chronischen neurologischen Erkrankungen mit Astrogliosis wie Alzheimer-Krankheit, normal-Druck-Hydrozephalus, zerebraler Vaskulitis, multipler Sklerose, Neuroborreliose, HIV-Infektion ohne ZNS-Komplikationen. GFAP in CSF korreliert mit Alter und Demenzformen (Ausnahme Frontal Lobe Dementia), nicht mit QAlbumin. GFAP im Serum ist erhöht bei akuten neurologischen Erkrankungen während erster Woche bei Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, korreliert mit Infarktgröße wie S100B. Diagnostische Wertigkeit. Astrozyten-Destruktions-Kenngröße mit hoher Spezifität, da fast ausschließlich in reifen Astroglia im ZNS synthetisiert, geeignet für ZNS/Blut-Untersuchungen, da Lumballiquor/Serum-Gradient von 15:1 und ausreichende methodische Sensitivität im Blutserum: Nachweis von pGFAP und S100B-Proteinen im venösen Blut für ca. 3 Wochen proportional zum Volumen des geschädigten ZNS-Gewebes (bei kleinen Infarkten pGFAP im Serum früher erhöht messbar). Freisetzung von basischem Myelin Protein (BMP) aus Nervenscheiden in CSF erfolgt 1 Woche später. GAFP scheint besser mit dem outcome von Infarkt-Patienten zu korrelieren als S100B-Proteine, obwohl GAFP- und S100B-Konzentrationen im Serum signifikant korrelieren.

Literatur. Herrmann M, Vos P, Wunderlich MT et al (2000) Release of glial tissue-specific proteins after acute stroke. A comparative analysis of serum concentrations of protein S100B and glial fibrillary acidic protein. Stroke 31:2670–2677

Liquor-Glukose T.O. Kleine

Englischer Begriff. CSF glucose

Liquor-Glial fibrillary acidic protein

Definition. D-Glukose, Hauptenergielieferant der ZNS-Zellen, wird durch spezifische Transporter aus Blut durch Blut-Hirn-Schranke (BHS) und Blut-Liquor-Schranke (BLS) ins Zentralnervensystem (ZNS) transportiert und ist Marker für CSF-Fluss aus Ventrikeln in Lumballiquor und die Stoffwechselaktivität von ZNS-Zellen.

T.O. Kleine

Struktur. 7 Glukose.

Englischer Begriff. glial fibrillary acidic protein in CSF

Molmasse. 180,16 g

Definition. Liquor-Glial fibrillary acidic protein (GFAP) in CSF und Blut ist frühe Destruktion-Kenngröße von Astrozyten und Astrogliose im ZNS, Blutserum-Konzentrationen korrelieren mit Ausmaß geschädigter Astrozyten bzw. der Astrogliose.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Patientenvorbereitung: nüchtern. 0,2 mL Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, LumbalLiquor nativ oder entzellt, mit oder ohne Na-Fluorid-Zusatz und gleichzeitig gewonnenes venöses EDTA-Blut mit Fluorid-Zusatz. CSF Glukose ohne Na-Fluorid-Zusatz 5 h stabil bei Raumtemperatur mit ≤ 6 G/L Leukozyten und ≤ 30 G/L Erythrozyten, bei 4 °C 24 h, entzellt bei –20 °C > 1 Monat.

Molmasse. Monomere Untereinheit GFAP: 49,9–51 kDa, Abbauprodukt pGFAP: 40–50 kDa

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. ~1 mL entzellter Lumbal(L)-, Subokzipital(SOP)-, Ventrikel(V)-Liquor und gleichzeitig gewonnenes venöses Serum (beides hämolysefrei). Kurze Lagerung bei etwa 5 °C, bei –20 °C > 1 Monat, bei –80 °C länger in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol.

Analytik. 7 Hexokinasemethode (7 Glukose; 7 QGlukose)

Probenstabilität. s. Untersuchungsmaterial

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL × 0,0555 = mmol/L

Analytik. 7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), kein Hämolyse-Effekt; 2-Seiten Immunoradiometrischer Assay; Immunofluoreszenz-Sandwich-Immunoassay, VK interseriell 8–15 %, mit 0,24 μg/L GFAP 25 %.

Referenzbereich — Erwachsene. Lumbal-Liquor: 62 mg/dL, 5–95 %-Bereich: 49–75 mg/dL für Erwachsene und Kinder, entsprechend 3,4 mmol/L, 5–95 %-Bereich: 2,7–4,2 mmol/L. In SOP-und Ventrikel-Liquor etwas höhere Werte.

Konventionelle Einheit. μg/L

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Internationale Einheit. pmol/L

Literatur. Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl K, Lehmitz

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. μg/L × 20 = pmol/L

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L

R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik. 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 127–134

Liquor-IgG, oligoklonal

Liquor-Hämosiderophagen 7 Liquor-Siderophagen

Liquor-IgA, oligoklonal T.O. Kleine

Synonym(e). Oligoklonale Immunglobulin-IgA-Banden im Liquor Englischer Begriff. oligoclonal IgA bands in CSF Definition. Oligoklonale IgA Banden (IgA-OB) in CSF, mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) und immunspezifischer Bandendetektion von monomerem und dimerem IgA in Agarosegel mit Ausschlussgrenze von zwei IgA-OB dargestellt, sind Kenngröße von subakut/chronischen Entzündungsprozessen im ZNS mit geringerer Häufigkeit als IgG-OB.

Struktur. 7 Immunglobulin A Molmasse. Monomer 160 kDa; Dimer 335 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel-, Subok-

869

Englischer Begriff. oligoclonal IgG bands Definition. Oligoklonale IgG-Banden (IgG-OBs) mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) in Agarosegel oder Polyacrylamid-Gel (PAG) und immunspezifischer Bandendetektion dargestellt, sind Kenngröße subakut/chronischer Entzündungsprozesse im ZNS bei Ausschlussgrenze von 1–2 IgG-OB. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Polyklonales Grundmuster von parallel-lokalisierten IgG-Banden mit unterschiedlichen pI im CSF-/Serum-Probenpaar (Normaler Befund, Befund I in 7 Abb. 1), die ein Gleichgewicht von Plasma-IgG, filtriert durch BLS und diffundiert durch Löcher in BHS, im CSF-/Serum-Probenpaar anzeigen (7 Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). Funktion und Pathophysiologie. 7 Liquor-Banden, oligoklonal Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. CSF-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor

Probenstabilität. Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhrchen mit einem Schraubverschluss und stabil bei –80 °C bis zu 1 Jahr gelagert.

zipital(SOP)-, Lumbal-Liquor

Analytik. 7 Agarosegelelektrophorese, 7 Liquor-isoelektrische Fo-

Probenstabilität. Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhr-

kussierung

chen mit Schraubverschluss und stabil bei –80 °C bis zu 1 Jahr gelagert.

Referenzbereich — Erwachsene. OB-Test negativ: polyklonales IgG-

isoelektrische Fokussierung)

Grundmuster von parallel gleichen IgG-Banden im CSF- und SerumProbenpaar mit unterschiedlichem pI (Befund I in 7 Abb. 1; weniger ausgeprägt bei Immunblotting)

Diagnostische Wertigkeit. Detektion von IgA-OB mittels IEF mit

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Analytik. IEF in Agarosegel (7 Agarosegelelektrophorese, 7 Liquor-

spezifischer Immundetektion ist verfahrensabhängig: IgA-OB-Test mit monomer/dimerer-IgA-Detektion in nativer CSF ist 4-mal weniger häufig positiv als mit Reiber-Diagramm von 1987, bei monomerer IgA-Detektion in reduziertem CSF seltener positiv (59 % der Fälle) als mit Reiber-Felgenhauer-Formel von 1987 (83 %). Falschnegative Werte bei IgA-Index durch Unterbestimmung von dimerem IgA (7 Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt, QIgA). Fazit: falsch-positive Ergebnisse bei Berechnung von intrathekaler IgA-Produktion durch Unterkompensation von Plasma-IgA in CSF [7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch (Reiber-Schema)].

Literatur. Sindic CJM, Monteyne P, Bigaignon G et al (1994) Polyclonal and oligoclonal IgA synthesis in the cerebrospinal fluid of neurological patients: an immunoaffinity-mediated capillary blot study. J Neuroimmunol 49:109–114

Liquor-IgG, oligoklonal T.O. Kleine

Synonym(e). Oligoklonale Immunglobulin IgG-Banden im Liquor (CSF)

Indikation. Verdacht auf subakut/chronische ZNS-Entzündungen, Verdacht auf Antikörper-produzierende Tumore im ZNS z. B. Lymphom; MS-Verdacht bei klinischen Symptomen mit mindestens zwei anatomischen Orten der Myelindestruktion im ZNS bei Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Interpretation.

5 OB-Test positiv: mehr als 1–2 deutliche IgG-Banden (Grenzwert 1 IgG-OB) nur in CSF im polyklonalen IgG-Grundmuster: permanente intrathekale IgG-Synthese (Befund II in 7 Abb. 1). 5 OB-Test positiv: mehr als 1–2 deutliche IgG-Banden auf CSF beschränkt im polyklonalen IgG-Grundmuster plus zusätzliche identische IgG-Banden mit unterschiedlichen pI im CSF- und Serum-Probenpaar: permanente intrathekale und systemische IgG-Synthese (Befund III in 7 Abb. 1). 5 OB-Test negativ: identische IgG-Banden in CSF und Serum mit unterschiedlichem pI zusätzlich im polyklonalen IgG-Grundmuster: permanente systemische IgG-Synthese (Befund IV in 7 Abb. 1). 5 OB-Test negativ: mehr als 3 parallele IgG-Banden mit ähnlichen pI im polyklonalen IgG-Grundmuster bei systemischem IgG-Paraprotein (Befund V in 7 Abb. 1).

Liquor-IgG, oligoklonal. Abb. 1. Darstellung von 6 Befundmustern in 6 Serum(S)- und Liquor(L)-Probenpaaren bei IEF mit IgG-spezifischer Immundetektion (Erläuterung s. Interpretation)

L

870

Liquor-IgM, oligoklonal

5 OB-Test negativ: zusätzliche IgG-Banden nur in Serumprobe in polyklonalen IgG-Grundmuster: frische, vorübergehende IgGSynthese im System (Befund VI in 7 Abb. 1).

Diagnostische Wertigkeit.

Englischer Begriff. immunoglobulin pattern in CSF Definition. Intrathekale Synthese von IgM mit oder ohne Isotypenwechsel zu IgG und IgA in „geprimten“ Plasmazellen in CSF bzw. ZNS bei der humoralen Immunantwort, bei der Immunglobulinklassenmuster in CSF entstehen.

IgG-OB-Muster verfahrensabhängig: falsch-negative Ergebnisse bei Berechnung von intrathekaler IgGProduktion durch nicht relevante Kompensation von Plasma-IgG in CSF. IgG-OB nicht Multiple-Sklerose-spezifisch; Mikroheterogenität von IgG-OB als individuell einzigartiges IgG-Muster abhängig vom Therapieverlauf; OB-Korrelation mit aktivierten CSF Lymphozyten und IgG-Index. IgG-OB-Test kann mäßige Sensitivität und Spezifität von Bildgebenden Verfahren (Magnetic Resonance Imaging (MRI)) bei der Multiplen Sklerose-Diagnostik verbessern.

bulin M

Literatur. Kleine TO, Damm T (2003) Distinct heterogeneity of IgG

munglobulin M

immune response in cerebrospinal fluid (CSF) detected by isoelectric focusing (IEF) with extended immunofixation. Brain Research Bulletin 61:309–320

Untersuchungsmaterial. Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, LumbalLiquor (entzellt) und Serum-Proben, simultan gewonnen, bei 4 °C verschlossen in sterilen Polystyrolröhrchen ohne Verluste bis zu 2 Monate lagerbar; bei –80 °C > 1 Jahr, fraktioniert einfrieren, nur einmal auftauen.

Liquor-IgM, oligoklonal T.O. Kleine

Synonym(e). Oligoklonales IgM im Liquor (CSF) Englischer Begriff. oligoclonal immunoglobulin M in CSF Definition. Oligoklonale IgM-Banden (IgM-OB) in CSF, mittels isoelektrischer Fokussierung (IEF) und immunspezifischer Detektion in Agargosegelen dargestellt, sind Kenngröße früher humoraler Immunantwort bei Entzündungsprozessen im ZNS mit Ausschlussgrenze von 1–2 IgM-OB.

Struktur. 7 Immunglobulin M Molmasse. Monomer: 179 kDa, Pentamer: 970 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. CSF-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor

Probenstabilität. Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhrchen mit Schraubverschluss und bei –80 °C bis zu 1 Jahr gelagert; intensives Mischen nach Auftauen. Analytik. 7 Agarosegelelektrophorese, 7 Liquor-isoelektrische Fokussierung

Referenzbereich — Erwachsene. Normaler Befund: polyklonales IgM-Grundmuster von parallel gleichen IgM-Banden im CSF- und Serum-Probe mit unterschiedlichen pI: IgM-OB-Test negativ (vgl. im Stichwort 7 Liquor-IgG, oligoklonal, Abb. 1, Befund I).

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Diagnostische Wertigkeit. IgM-OB-Test zuverlässiger und empfindlicher als quantitative Ermittlung von intrathekaler IgM-Synthese mit Formeln mit falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen: bei verschiedenen ZNS-Krankheiten; falsch-positive Werte durch ungenügende Kompensation von Plasma-IgM in CSF mittels zu kleinen Albuminmoleküls bei BHS/BLS-Funktionstörung [7 Immunglobulinbstimmung, intrathekal empirisch (Reiber-Schema)] und Unterschiede bei Quantifizierung von IgM monomer und pentamer mit Mikropartikel-verstärkter Immunnephelometrie (7 Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt); bei MS-Verdacht und negativem IgG-OB-Test und negativem IgG-Index ist IgM-OB positiv in 40 % der Fälle.

Literatur. Sindic CJM, Monteyne P, Laterre EC (1994) Occurrence of oligoclonal IgM bands in the cerebropsinal fluid of neurological patients: an immunoaffinity-mediated capillary blot study. J Neurol Sci 124: 215–219

Liquor-Immunglobulinklassenmuster T.O. Kleine

Synonym(e). Immunoglobulinmuster im Liquor

Struktur. 7 Immunglobulin G, 7 Immunglobulin A, 7 ImmungloMolmasse. 7 Immunglobulin G, 7 Immunglobulin A, 7 Immunglobulin M

Halbwertszeit. 7 Immunglobulin G, 7 Immunglobulin A, 7 Im-

Analytik. 7 Liquor-Immunzytologie, 7 IgM-Index, 7 IgG-Index, 7 IgA-Index, 7 Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch (Reiber-Schema), 7 Liquor-IgA, oligoklonal, 7 Liquor-IgG, oligoklonal, 7 Liquor-IgM, oligoklonal, 7 Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt. Bewertung. Die Bestimmung der humoralen Immunreaktionsmuster ist abhängig vom Krankheitsbeginn bzw. -verlauf, (der sich nicht zeitlich eindeutig definieren lässt), von Sensitivität, Spezifität und Effizienz der Untersuchungsverfahren (s. dort); mit empirischer und rechnerischer Ermittlung der intrathekalen Immunglobulinbestimmung: 5 starke IgG-Dominanz bei multipler Sklerose, Neurosyphilis, chronischer HIV-Enzephalitis; 5 Zweiklassenreaktion 5 von IgG + IgA bei eitriger Meningitis, tuberkulöse Meningitis 5 von IgG + IgM bei Frühsommer-Meningoenzephalitis, progressiver Paralyse 5 Dreiklassenreaktion von IgG + IgM + IgA bei Neuroborreliose, Mumps-Meningoenzephalitis, opportunistischen Infektionen im ZNS.

Literatur. Lehmitz R (2005) Intrazelluläre Immunglobuline-B-Lymphozyten-Aktivierung. In Zettl UK, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik. 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 167–176

Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt T.O. Kleine

Englischer Begriff. nephelometry using latex particles coated with specific antibodies

Definition. Verstärkung der Streulicht-Intensität bei Immunnephelometrie um Faktor 10–1000 durch Kopplung monospezifischer Antikörper an Mikropartikel. Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Immunnephelometrie Untersuchungsmaterial. Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, LumbalLiquor, Körpersekrete, entzellt, gleichzeitige Gewinnung von Blutserum zum Vergleich; Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei 2–8 °C verschlossen für < 8 Tage, bei –20 °C/–80 °C Monate haltbar. Fehlermöglichkeit. Proben mit Mikro-Partikeln, die 10 min bei 15.000 × g nicht abzentrifugiert werden; zu niedrige Werte bei Antigenüberschuss, erkennbar mittels Antigenüberschuss-Test; nicht Einhalten der Herstellervorschriften. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Anwendung für niedrige Konzentrationen von CSF-Proteinen unter Nachweisgrenze von Immunnephelometrie/Immunturbidimetrie. Deshalb sollen CSF- und Serum-Proben mit gleichen Verfahren und derselben Kalibration

Liquor-Link-Index

untersucht werden bzw. mit identischem Kalibrator (CRM 470) kalibriert und unter Verwendung von identischer Antikörper-Reagenz.

Literatur. Kleine TO, Hackler R, Simon J et al (1996) Standardization of immunoassays for measuring cerebrospinal fluid (CSF) proteins with CRM 470: consequences to formulae for calculation of intrathecal IgG, IgA, and IgM production. J Lab Med 20:306–308

Liquor-isoelektrische Fokussierung

871

Liquor-Laktatdehydrogenase. Tab. 1. Referenzbereich Alter

Laktatdehydrogenase-Konzentration (U/L) Lumbal-Liquor

Blutplasma

Neugeborene

40–140

600–800

Kinder 0–4 Jahre

20–54

< 450

Erwachsene

10–56

< 220

T.O. Kleine

Englischer Begriff. isoelectric focusing of cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Isoelektrische Fokussierung (IEF) in Agarosegel oder Polyacrylamid-Gel (PAG) von gleichen Proteinmengen, z. B. Immunglobulin (Ig) im CSF/Serum-Probenpaar, mit nichtspezifischer oder immun-spezifischer Bandendetektion zum empfindlichen Nachweis von (oligoklonalen) Protein-Banden, z. B. Ig-OB.

Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Agarosegelelektrophorese, 7 iso-

elektrische Fokussierung, 7 Silberfärbung

Untersuchungsmaterial. Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, Lumbal-Liquor, sofort entzellt, und Blutserum gleichzeitig gewonnen, aliquotiert verwahrt in sterilen Plastikröhrchen mit Verschluss bei –80 °C. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Größere Sensitivität und Spezifität semiquantitativer IEF-Verfahren mit immunspezifischer Bandendetektion im Vergleich zu quantitativen Bestimmung der intrathekalen Ig-Produktion (7 Immunglobulinbestimmung, empirisch; 7 Liquor-IgG, oligoklonal, 7 Liquor-IgM, oligoklonal, 7 Liquor-IgA, oligoklonal).

Literatur. Hackler R, Kleine TO (1991) Modifikation des PhastSystemTM zum automatisieren Nachweis oligoklonaler Banden im nativen Liquor cerebrospinaölis durch IEF mit Immundetektion. Lab med 15:185–192

Literatur. Kleine TO (1980) Neue Labormethoden für die Liquordiagnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-Leichtketten T.O. Kleine

Englischer Begriff. free light chains in CSF Definition. Freie λ und κ-Ketten (oligoklonal) sind Kenngröße für beginnende humorale Immunantwort im Zentralnervensystem (ZNS) und Ergänzung zu oligoklonalen IgG-Banden (IgG-OB) sowie Kenngröße subakut/chronische Entzündung im ZNS.

Molmasse. Monomer: 23 kDa, Dimer: 46 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, Lumbal-Liquor, sofort entzellt, in sterilen Plastikröhrchen mit Verschluss, gleichzeitig gewonnenes Serum.

Probenstabilität. Lagerung bei –70 bis –80 °C ≥ 3 Monate. Analytik. κ- und λ-7 Leichtketten, Serum und Urin: Particle-Counting-Immuno-Assay (PACIA) bzw. Sandwich-ELISA

Liquor-Laktatdehydrogenase T.O. Kleine

Synonym(e). LDH

Referenzbereich — Erwachsene. Semiquantitativ: negativ in CSF; quantitativ: < 25 bzw. < 2 μg/L CSF für freie κ-Kette, < 50 μg/L CSF für freie λ-Kette; Berücksichtigung von QAlbumin bei Freie-κ-KettenIndex < 2,9 bzw. < 5,5 und Freie-λ-Ketten-Index < 17.

Englischer Begriff. CSF lactic dehydrogenase activity Definition. CSF-LDH-Aktivität, Summe aus ZNS-Zellen in CSF frei-

Freie Ketten Index =

gesetztem und aus Blut in CSF filtriertem LDH-Protein, ist Kenngröße für Zellschäden mit geringer diagnostischen Validität. Beschreibung: Laktatdehydrogenase (EC 1.1.1.27)

=

Molmasse. ~136 kDa; 7 Laktatdehydrogenase im Serum

[CSFfreie L-Ketten] ÷ [Serumfreie L-Ketten] [CSFAlbumin] ÷ [SerumAlbumin] [Qfreie L-Ketten] [QAlbumin]

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1–2 mL Ventrikel-,

Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden.

Subokzipital SOP)-, Lumbal-Liquor, sofort entzellt.

Diagnostische Wertigkeit. OB von freien Ketten haben eine gute Korrelation mit Magnetresonanztomographie (MRT) bei MS: freie leichte Ketten-OB (κ > λ) korrelieren mit frischer demyelinisierender Aktivität im MS-ZNS, Freier-κ-(λ-)Gehalt und Freie-κ-(λ-)Ketten-Index mit IgG-OB und IgG-Index. Freie-κ-Ketten-Test: Sensitivität 90 %, Spezifität 93 % im Vergleich zu IgG-Index mit Sensitivität 68 %, Spezifität 97 %. Empfehlung von κ-OB in CSF neben IgG-OB zur vergleichenden MS-Diagnostik mit bildgebenden Verfahren (MRT).

Probenstabilität. Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei 4 °C verschlossen für 24 h, bei –20 °C/–80 °C Monate haltbar; gleichzeitige Gewinnung und Verwahrung von venösem Blutplasma.

Analytik. 7 Laktatdehydrogenase im Serum Konventionelle Einheit. U/L Internationale Einheit. kat Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 1 U = 16,67 nkat Referenzbereich — Erwachsene. Laktatdehydrogenase (5.-95. Per-

zentil); 7 Tab. 1

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene

Literatur. Fagnart OC, Sindic CJM, Laterre C (1988) Free kappa and lambda light chain levels in the cerebrospinal fluid of patients with multiple sclerosis and other neurological diseases. J Neuroimmunol 19:119–132

Liquor-Leukozytenzahl

Diagnostische Wertigkeit. Validität gering bei Differenzialdiagnostik

7 Liquorzellzählung

akute bakterielle Meningitis/aseptische (virale) Meningitis mit 50 % Überschneidung erhöhter Werte; Zunahme von LDH-Blutanteil besonders bei BHS-Funktionsstörungen mit Verzerrung des CSF-Isoenzymmusters im Vergleich zu Plasma-LDH evaluieren.

7 IgA-Index; 7 IgG-Index; 7 IgM-Index

Liquor-Link-Index

L

872

Liquor-L-Laktat

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-L-Laktat T.O. Kleine

Liquor-Monozyten

Englischer Begriff. CSF L-lactate Definition. CSF-L-Laktat, Kenngröße der akuten ZNS-Durchblu-

T.O. Kleine

tungsstörung und Kenngröße der akuten bakteriellen Meningitis mit Ausschlussgrenze ≥ 3,5 mmol/L, ist Endprodukt der anaeroben Glykolyse von Zellen des Zentralnervensystem (ZNS), das bei O2-Mangel ansteigt.

Synonym(e). CD14+3-19--Zellen in CSF

Molmasse. 7 Laktat

Blut/Hirn-Schranke (BHS) und Blut/Liquor-Schranke (BLS) ähnlich wie Lymphozyten migrieren, um sich an der Immunüberwachung des Zentralnervensystems (ZNS) zu beteiligen; 7 Monozyten.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Lagerung von 0,5 mL Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, Lumbal-Liquor in sterilen, verschlossenen Plastikröhrchen. Klarer, zellarmer CSF (nativ oder entzellt) 3 h ohne Zusatz bei Raumtemperatur stabil; trübe oder blutige Proben entzellen, mit Na-Fluorid-Zusatz oder bei –20 °C lagern. Venöses Blut ist nicht erforderlich.

Probenstabilität. s. Untersuchungsmaterial

Englischer Begriff. CSF monozytes Definition. Monozytäre Zellen des Immunsystems, welche durch die

Liquor-natürliche-Killerzellen T.O. Kleine

Synonym(e). CD16+56+3–-Zellen in CSF; NK-Zellen im Liquor Englischer Begriff. CSF natural killer cells

Analytik. 7 Laktat

Definition. Liquor-NK-Zellen suchen im Rahmen der Immunüberwachung in ZNS bzw. CSF Zellen mit viralen oder bakteriellen Pathogenen bzw. aggregierte IgG, um diese zu zerstören; 7 Natural-KillerLymphozyt.

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,111 Referenzbereich — Erwachsene. in Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-,

Lumbal-Liquor 7 Tab. 1

Liquor-Neuronen-spezifische Enolase (NSE) T.O. Kleine

Synonym(e). γ-Enolase, Liquor; NSE, Liquor Liquor-L-Laktat. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene

Englischer Begriff. CSF neuron specific enolase

Alter (Jahre)

Definition. γγ-NSE in CSF und Blut ist empfindliche DestruktionsKenngröße für ZNS-Neuronen des Zentralnervensystems (ZNS) mit verminderter Spezifität bei Hämolyse durch Freisetzung von αγ-NSE aus Erythrozyten.

L-Laktat-Konzentration im Liquor mmol/L

mg/dL

16–50

1,5–2,1

13,5–18,9

> 51

1,7–2,6

15,3–23,4

Referenzbereich — Kinder. in Ventrikel-, Subokzipital (SOP)-, Lumbal-Liquor: 0–15 Jahre: 1,1–1,8 mmol/L (9,9–16,2 mg/dL)

Diagnostische Wertigkeit. Im Vergleich zu anderen CSF Tests zeigt der L-Laktat-Test mit Ausschlussgrenze ≥ 3,5 mmol/L (≥ 31,5 mg/L) höchste Praktikabilität bei der Differenzialdiagnostik bakterielle/ aseptische (virale) Meningitis mit 100 % Sensitivität und 99,6 % Spezifität.

Literatur. Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl K, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik. 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 127–134

Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung T.O. Kleine

Englischer Begriff. Pappenheim’s stain Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 May-Grünwald-Lösung

Struktur. Monomer: α, β, γ, Dimere: γγ, αγ, αα Molmasse. Monomer 39 kDa, Dimer 87–88 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. ~1 mL entzellter Lumbal(L)-, Subokzipital(SOP)-, Ventrikel(V)-Liquor und gleichzeitig gewonnenes venöses Serum (beides hämolysefrei). Probenstabilität. Kurze Lagerung bei ca. 5 °C, bei –20 °C > 1 Monat, bei –80 °C länger in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol.

Analytik. Immunologischer 7 Sandwich Assay oder 7 Enzyme-

linked Immunosorbent Assay (ELISA), 7 Immunoassay, heterogener, 7 Immunoassay, homogener, 7 Immunoassay, kompetitiver, 7 Luminex-Assay

Referenzbereich — Frauen. Lumbal-Liquor: ca. 25 % niedriger als bei Männern (s. Männer). Blutserum Ausschlussgrenze: bis 13 μg/L keine Geschlechtsunterschiede; Im Blutplasma um Faktor > 2 niedrigere Werte: ≤ 6 μg/L. Referenzbereich — Männer. Lumballiquor: Ausschlussgrenze: 3,7– 16,6 μg/L Hämolyse-abhängig mit Hb-Teststreifen prüfen!

Referenzbereich — Kinder.

Lumballiquor:

Ausschlussgrenze:

Einsatzgebiet. 7 Liquor-Basis-Programm

10,2 μg/L (s. o.)

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten.

Diagnostische Wertigkeit. γγ-NSE ist die Destruktions-Kenngröße

Praktikable manuelle Technik mit horizontaler Farbbeschichtung einzelner Objektträger auf Färbebank oder senkrecht bei Küvetten-Färbung für geringe Probenzahl kostengünstig; Mechanisierung der Färbebank zeitsparend.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Panoptische CSF-Zellfärbung für Liquor-Differenzial-Zellbild des Liquor-Basis-Programmes.

für ZNS-Neurone, geeignet zum Nachweis eines neuronalen Zellschadens in CSF und Blutserum. Absicherung durch weitere ZNS-Marker wie Glial-fibrillary acidic protein (GFAP → 7 Liquor-Glial fibrillary acidic protein). Spezifität erniedrigt bei Hämolyse in CSF und Serum, besonders bei geringen Konzentrationserhöhungen; erhöhte Ausschlussgrenzen vermindern Sensitivität.

Liquor-Pandy-Reaktion

Literatur. Kleine TO, Benes L, Zöfel P (2003) Studies of the brain specificity of S100B and neuro-specific enolase (NSE) in blood serum of care patients. Brain Research Bulletin 61:265–279

Liquor-Notfall-Programm T.O. Kleine

Synonym(e). Notfallprogramm für die Liquordiagnostik Englischer Begriff. emergency program of cerebrospinal fluid (CSF) diagnosis

Definition. Erste Stufe des Stufenprogramms der CSF-Diagnostik mit bis zu 13 Befundkonstellationen (Verdachtsdiagnosen) mit Hilfe 10 klinisch-chemischer Kenngrößen (7 Tab. 1). Liquor-Notfall-Programm. Tab. 1.

873

Evaluation des Störfaktors artifizielle Blutbeimengung (bei ~50 % der Proben) in Abhängigkeit von Kenngrößenkonzentration: Liquor-Leukozytenzahl erhöht ab 500–2500 Erythrozyten/μL, Liquor-Granulozytenzahl (%) erhöht ab 100 bis > 10.000 Erythrozyten/μL, Liquor-Protein erhöht ab 2000–20.000 Erythrozyten/μL. Rechnerische Korrektur einzelner Kenngrößen mittels Erythrozytenzahl in CSF- und Blut-Probe ist ungenau.

Literatur. Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl K, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik. 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York, S 127–134

Liquor-Objektträger-Methode T.O. Kleine

Englischer Begriff. prestained slides for vital staining of cerebrospinal fluid (CSF) cells

Messgrößen (semi-)quantitiativ

Kenngrößen

Visuelle Beurteilung auf Farbe, Trübung, Bodensatz

Liquor-Betrachtung, makroskopisch, Liquor-Drei-Gläser-Probe, Liquor-Spinnwebgerinnsel, LiquorGerinnsel

Zellzahl in CSF quantitativ für Leukozyten, Erythrozyten

Liquor-Zellvitalfärbung, Liquor-Zellzählung mikroskopisch, mechanisiert, Liquor-Leukozytenzahl, Liquor-Erythrozytenzahl, Liquor-Erythrozyten-Teststreifen-TestPlausibilität

CSF-Granulozyten semiquantitativ

Liquor-Granulozyten-Teststreifen-Test mit nativem Liquor

Liquor-Differentialzellbild fakultativ

Liquor-Objektträger-Methode

freies Hämoglobin semiquantitativ

Liquor-Hämoglobin-Teststreifen-Test nach Entzellung

CSF-Bilirubin semiquantitativ

Liquor-Bilirubin-Teststreifen-Test nach Entzellung, Liquor-xanthochrom, Liquor-Pigmente

Gesamt-Protein in CSF

Liquor-Pandy-Reaktion semiquantitativ orientierend, Liquor-Protein quantitativ mechanisiert

L-Laktat in CSF

Liquor-L-Laktat vollenzymatisch

Glukose in CSF und Blut

Liquor-Glukose, Liquor/Serum-Glukose-Quotient

Definition. Vitalfärbung und Differenzierung von bis zu 20 verschiedenen Zelltypen in 10–20 μL nativer CSF ca. 15 min nach Probengewinnung in Bezug auf Zellgestalt, Kernform, Menge und Aussehen von Zytoplasma (Kern/Plasma-Relation) ohne Verluste und Denaturierung durch Zell-Anreicherung. Einsatzgebiet. 7 Liquor-Notfall-Programm, 7 Liquor-Basis-Programm

Untersuchungsmaterial. > 0,5 mL frischer Ventrikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal(L)-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit lichtgeschützt in durchsichtigen, farblosen Polypropylen-Röhrchen steril bei 4 °C, < 1 h gelagert.

Instrumentierung. Farbbeschichtete Objektträger käuflich erhältlich; binokulares Lichtmikroskop mit 400-facher Vergrößerung zur Durchmusterung, 800- bis 1000-facher Vergrößerung zur Differenzierung (Immersions-Objektive), mechanisierte Zell-Zählvorrichtung, Photomikroskop zur Dokumentation.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Schnelles praktikables Vitalfärbeverfahren für Liquor-Notfalldiagnostik mit weniger Probenvolumen, Zellverlusten und -denaturierungen als mit 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren bzw. 7 Liquor-Zytozentrifugation-Verfahren im Liquor-Basis-Programm, jedoch mit statistischen Zählfehlern bei Proben mit < 10 Leukozyten/μL und Differenzierung von < 50 Zellen; keine Spezialfärbungen wie bei 7 Liquor-Differenzialzellbild, 7 Liquor-Tumorzellen.

Literatur. Kleine TO, Flury R, Tritschler W (1977) Liquorzytologie mit vorgefärbten Objekten. Dtsch med Wschr 102:1216–1221

Liquor-Pandy-Reaktion T.O. Kleine

Synonym(e). Pandy-Reaktion Untersuchungsmaterial. 1–2 mL Ventrikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal(L)-Liquor nicht älter als 1–2 h nach Abnahme ohne Zusatz in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen z. B. aus Polypropylen. Störgröße: EDTA- oder Na-Fluorid-Zusatz bei Zellanalytik. Zum Ausschluss einer artifiziellen Blutbeimengung drei sukzessiv gewonnene Proben von je > 1 mL bei Kindern, > 3 mL bei Erwachsenen (beschriftet). 1 mL venöses Blut in Na-Fluorid-EDTA-Röhrchen, 5 mL venöses Blut zur Serumgewinnung, 5 mL Heparin-CSF/Blut für PCR-Diagnostik. Probenstabilität. s. einzelne Kenngrößen Analytik. 7 Tab. 1 Bewertung. Plausibilität der visuellen Beurteilung mit Kenngrößen des Notfall-Programms: klarer CSF und Zellzahl ≤ 1000/μL, rosa CSF nach Entzellung und Hb-Test+, Pandy-Reaktion und Liquor-Protein und QGlukose u. a.

Englischer Begriff. Pandy’s test Definition. Semiquantitativer Schnelltest zur Beurteilung von BlutHirn-Schranken-(BHS-)/Blut-Liquor-Schranken-(BLS)-Funktionsstörung mittels Ausfällung von Liquor-Proteinen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor; Lagerung in sterilen Plastikröhrchen verschlossen bei Zimmertemperatur 1 Tag, bei 4–8 °C < 30 Tage, bei –20 °C ca. 1 Jahr.

Analytik. Zu 2 mL Pandy-Reagenz (gesättigte wässrige Phenollösung) auf schwarzem Untergrund (geschwärztes Glasschälchen) 30 μL entzellte CSF mit Eppendorf-Pipette einspritzen, sofort ablesen evtl. mit seitlicher Beleuchtung (Taschenlampe). Störgröße: Interferenz mit unentzellter CSF.

Konventionelle Einheit. semiquantitativ

L

874

Liquor-Pappenheim-Färbung

Referenzbereich — Erwachsene. Keine Trübung (negativ)

Liquor-Pappenheim-Färbung

Referenzbereich — Kinder. Keine Trübung (negativ)

7 Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Interpretation. 7 Tab. 1

Liquor-Pigmente T.O. Kleine

Liquor-Pandy-Reaktion. Tab. 1. BHS-/BLS-Funktionsstörung

Ausmaß der Trübung in PandyReaktion (semiquantitativ)

Quantitativer Vergleich mit Biuret-Reaktion (mg/L)

keine

negativ/opal

< 500

gering bis moderat

+

500–1000

schwer

++

1000–3000

schwer oder Zusammenbruch*

+++

> 3000

Synonym(e). Farbstoffe im Liquor (CSF) Englischer Begriff. pigments in cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Pigmente rosa/rot oder braun/gelb, in entzellter CSF durch Blutung in die Liquorräume primär oder sekundär entstanden, sind von primärer/sekundärer Xanthochromie zu unterscheiden

Untersuchungsmaterial. 1–3 mL Ventrikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal(L)-Liquor oder subdurale Zystenflüssigkeit; lichtgeschützt in durchsichtigen, farblosen Plastikröhrchen steril bei 4 °C bis zu 2 h gelagert; für Drei-Gläser-Probe (7 Liquor-Drei-Gläser-Probe) drei sukzessiv gewonnene Proben von ≥ 3 mL von Erwachsenen, ≥ 1 mL von Kindern.

BHS Blut-Hirn-Schranke; BLS Blut-Liquor-Schranke; *Gerinnsel bei Schrankenzusammenbruch; vgl. 7 Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste

Analytik. Semiquantitative visuelle Betrachtung der Liquor-Probe (7 Liquor-Betrachtung, makroskopisch). Referenzbereich. wasser-klare, farblose CSF (7 Liquor-Pandy-Reaktion negativ)

Diagnostische Wertigkeit. Pandy-Reaktion ist unspezifische ProteinFällung besonders von Globulinen und Albumin; Pandy-Reaktion im Grenzbereich einer BHS-/BLS-Funktionsstörung (> 0,4 bis < 0,75 g/L Biuret-Protein) empfindlicher als Teststreifen-Tests zum semiquantitativen Albumin-Nachweis mit 74–90 % bzw. 36–53 % positiven Ergebnissen; leichte Trübung von CSF mit erhöhten γ-Globulinen und ≤ 0,4 g/L Biuret-Protein; keine eindeutige Zuordnung semiquantitativer Ergebnisse zum Ausmaß der BHS/BLS-Funktionsstörung.

Literatur. Kleine TO (1980) Liquordiagnostik: Untersuchungen mit Schnelldiagnostica. Untersuchungen zur Adsorption von Proteinen in Glas- und Kunststoffröhrchen. J Clin Chem Clin Biochem 18:7–11

Bewertung. In entzellter CSF (vgl. 7 Liquor-Betrachtung, makroskopisch); 7 Tab. 1.

Literatur. Richterich R, Colombo JP (1971) Klinische Chemie, Theorie, Praxis, Interpretation. S. Karger, Basel New York

Liquor-Polymerase-Kettenreaktion (Liquor-PCR) T.O. Kleine

Synonym(e). PCR Englischer Begriff. polymerase chain reaction (PCR) in cerebrospinal fluid (CSF)

Liquor-Pigmente. Tab. 1. Farbe

Farbstoff-Nachweis

Pathophysiologie

Prozess im ZNS

rosa, rot

Hb +/+++ semiquantitativ; Hb, Oxy-Hb, Met-Hb spektroskopisch

in-vivo-Hämolyse, StechapfelformErythrozyten

intrazerebrale Blutung 4 h nach Ereignis

rot-braun, gelb-rot, braun

Hb + semiquantitiativ; verdünnt quantitativ Hb, Oxy-Hb, Met-Hb spektroskopisch Bilirubin quantitativ verdünnt

Farb-Mischung aus Bilirubin und Hb; unvollständiger Hb-Abbau nach Blutung

Blutung, intrazerebral 1–7 Tage alt subdurales Hämatom, eingekapselt

gelb

Bilirubin +/+++; quantitativ direkt und indirekt Hb negativ

Blutung mit vollständigen Hb-Abbau zu Bilirubin, teilweise an Protein gebunden

alte intrazerebrale Blutung ≥ 3 Tage alt; Ereignis bis 4 Wochen nachweisbar

gelb

Bilirubin (+)/+; quantitativ direkt und indirekt Hb negativ

Bilirubin z. T. an Protein gebunden durch Blut/Hirn-Schranke transferiert

Ikterus ausgeprägt über Wochen, extrazerebral neonataler Ikterus

gelb

Bilirubin negativ semiquantitiativ; Hb negativ

Blut-Eintritt in CSF mit gelben SerumFarben verdünnt

frische Blutung < 4 h alt stark intrazerebral; Blutung stark artifiziell;

gelb

Bilirubin negativ semiquantitiativ; Hb negativ

Lymph-Eintritt in CSF mit gelben Serum- Farben verdünnt

Rückstau von Lymphe in CSF durch Block in äußeren Liquorräumen

gelb, gelblich

Bilirubin negativ Hb negativ, nicht-Hb-Banden bei Spektroskopie

Kompression/Zerfall von Gewebe; Bakterien-Metabolite

Tumor, benigne/maligne spinal oder in Gehirn; bakterielle Meningitis

Liquor-Protein

Definition. Liquor-PCR infektiöser Genome mittels outer und nested Primers ermöglicht Diagnostik früher oder schwebender Infektionen des Zentralnervensystems (ZNS); 7 Polymerase-Kettenreaktion i Detektion infektiöser Genome in CSF mittels PCR ist zeitlich

beschränkt durch frühe (> 7 Tage) intrathekale Synthese spezifischer oligoklonaler Antikörper gegen infektiöses Agens selbst bei schwerer systemischer Immundefizienz. Höhere analytische Effizienz durch Kombination von PCR und Detektion spezifischer oligoklonaler Banden bei der Diagnostik viraler und chronischer Infektionen des ZNS.

Literatur. Sindic CJM, van Antwerpen MP, Goffette S (2003) Clinical relevance of polymerase chain reaction (PCR) assays and antigendriven immunoblots for the diagnosis of neurological infectious diseases. Brain Research Bulletin 61:299–308

Liquorprobennahme 7 Liquor-Gewinnung

875

β-trace protein and detection of transferrin isoforms in mixtures of cerebrospinal fluid and blood serum as models of rhinorrhea and othorrhea diagnosis. Fresenius J Anal Chem 366:382–386

Liquor-Protein T.O. Kleine

Synonym(e). Liquor-Gesamt-Eiweiß Englischer Begriff. protein in cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Liquor-Protein bzw. QGesamt-Protein ist Kenngröße der Blut-Hirn-Schranken(BHS)- bzw. Blut-Liquor-Schranken(BLS)Funktionsstörung in CSF ohne bzw. mit Berücksichtigung der SerumProtein-Konzentration. Molmasse. 10 bis > 1000 kDa Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 0,5–1,0 mL CSF entzellt.

Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase T.O. Kleine

Englischer Begriff. β-trace; Lipocalin prostglandin D synthase (PGDS)

Definition. Kenngröße für CSF-Kontamination in Sekreten und anderen Körperflüssigkeiten unter Berücksichtigung von Serum-PGDS; Kenngröße der Schlafregulation und ZNS-Restaurierung in CSF; Kenngröße für ZNS-N-Glykosylierungsdefekte in CSF. Beschreibung: Bifunktionales Protein: H2-D2-Isomerase (EC 5.3.99.2.) isomerisiert PGH2 zu PGD2 Molmasse. 25 bzw. 20–31 kDa in Abhängigkeit vom Glykosylierungsgrad und Vorhandensein der Signal-Sequenz (fehlt bei CSF-PGDS). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. CSF: 1–2 mL Ven-

Probenstabilität. Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei Zimmertemperatur 1 Tag, bei 4–6 °C < 30 Tage und bei –20 °C ~1 Jahr. Analytik. Methode 1: Biuret-Methode (empfohlene Referenzmethode) mit 0,5 mL CSF angereichert durch Proteinfällung mit Perchlorsäure (66 g/L), zusätzliche Fällung kleiner Eiweißmoleküle (AkutePhase-Proteine) mit Trichloressigsäure (30 g/L) bzw. Phosphorwolframsäure (2 g in 2 mol/L H2SO4); dadurch werden CSF-Störfaktoren eliminiert, z. B. Glukose, Ascorbinsäure; Lösen des Sediments in 2 mol/L NaOH, Photometrie gegen Reagenzien-Leerwert bei 545 nm (d = 2 cm) oder 340 nm, Nachweisgrenze 40 mg/L. 1a: ohne Proteinfällung mechanisiert mit 0,080 mL CSF, Nachweisgrenze: 100 mg/L 1b: Trockenchemie mit 0,01 mL CSF, Photometrie bei 670 nm, Nachweisgrenze: 100 mg/L, mechanisiert mit Störfaktoren.

kreten

Methode 2: Folin-Ciocalteu-Methode mit 0,1 mL CSF: Biuret-Reaktion plus Phosphorwolframsäure-Phosphormolybdänsäure-Reagenz plus Folinreagenz (Farbbildung mit Tryptophan, Tyrosin), Photometrie gegen Reagenzien-Leerwert bei 578 nm, Nachweisgrenze 25 mg/L, Störfaktor: Medikamente u. a., Einflussgröße: Gehalt an aromatischen AS der Proteine. Methode 3: Benzethoniumchlorid-Turbidimetrie bei 505 nm mit 0,015 mL CSF, Nachweisgrenze 20 mg/L, mechanisierbar, wenige Störfaktoren z. B. Plasmaersatzmittel auf Gelatinebasis. Methode 4: Turbidimetrie mit Trichloressigsäure (30 g/L) und 0,2 mL CSF bei 436 nm gegen Reagenzien-Leerwert, Nachweisgrenze 20 mg/L, bzw. nephelometrisch mit 0,02 mL CSF, Nachweisgrenze 100 mg/L mechanisierbar, Störfaktor: nicht abzentrifugierbare Partikel. Methode 5: Pyrogallol-Rot-Molybdat-Methode bei 578, 598, 604 nm mit 0,02 (0,05) mL CSF, Nachweisgrenze 6–10 mg/L, mechanisierbar, wenige Störfaktoren. Methode 6: Coomassie-Blau-Methode mit Orthophosphorsäure und 0,02 mL CSF, Photometrie bei 578 nm, 623 nm, Nachweisgrenze 2–10 mg/L, mechanisierbar, wenige Störfaktoren Geforderter VK interseriell ≤ 8 %, Unrichtigkeit ≤ 11 % Allgemeiner Störfaktor: Hämolyse, Xanthochromie; Korrektur mittels Leerwert erforderlich. Allgemeine Einflussgröße: abgenommene Liquormenge. Bestimmung von QGesamt-Protein = [Liquor-Protein]/ [Serum-Protein] (7 Protein im Serum).

Diagnostische Wertigkeit. Robustes Protein, resistent gegen Hitzebe-

Konventionelle Einheit. mg/dL

trikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal(L)-Liquor, entzellt. Sekrete: verlustfreie Probengewinnung ohne Konzentrierung, Verdünnung oder Denaturierung bei Adsorption an Trägermaterial (Probenvolumen ist Bezugsgröße). Blutserum: gleichzeitige Gewinnung von 1 mL venösem Blutserum.

Probenstabilität. Lagerung in sterilen Plastikröhrchen sofort bei –20/–80 °C.

Analytik. N-Latex-β-Trace-Protein Assay (β-TP-Assay) mit polyklonalen Anti-human-PGDS-Antikörper, Nachweisgrenze 3 μg/L. 2-Seiten-Immunofluorometrischer Assay (PGDS-Assay) mit monoklonalen Anti-human-PGDS-Antikörper, Nachweisgrenze 0,2 μg/L. VK interseriell: 4–7 %, ausreichende Wiederauffindung in Sekreten.

Referenzbereich — Erwachsene. Lumballiquor: 10–25 mg/L Zunahme mit Alter, Männer > Frauen. Serum: 0,2–0,8 mg/L; keine Alters- und Geschlechtsabhängigkeit. Lumballiquor/Serum-Gradient 35:1–24:1; Zunahme mit Alter. Ausschlussgrenze in Sekreten: > 0,4 mg/L; Sekret/Serum-Quotient > 2 ab CSF-Kontamination von > 5 %; Einflussgröße: Blut-PGDS; Kontamination mit Kammerwasser, Innenohrflüssigkeit. Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene, Ausschlussgrenze in Se-

handlung und Proteinase-Digestion. Kenngröße für CSF-Kontamination: Sensitivität 91 %, Spezifität 100 % bei Ausschluss von erhöhten PGDS-Serumwerten bei verminderter glomerulärer Filtration (Niereninsuffizienz), Bluthochdruck und Proben-Kontamination mit Kammerwasser, Innenohrflüssigkeit in konzentrierter Probe. PGDS-Test zuverlässiger, schneller und präziser als semiquantitativer Nachweis von aTF-Bande mittels isoelektrischer Fokussierung und Tf-spezifischer Immunfixation [LiquorAsialotransferrin (aTf)].

Literatur. Kleine TO, Damm T, Althaus H (2000) Quantification of

Internationale Einheit. mg/L bzw. g/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Faktor × 10 bzw. 0,001. Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 Interpretation. Liquor-Protein bzw. QGesamt-Protein (CSF/SerumProtein-Konzentrationsquotient) erhöht bei geringen (450–600 mg/L), moderaten (601–1000 mg/L), schweren (1001–10000 mg/L Liquor-

L

876

Liquor-14-3-3-Protein

Liquor-Protein Tab. 1. Median und 5- bis 95-%-Bereich der BiuretMethode 1 VentrikelLiquor (mg/L)

SOP-Liquor (mg/L)

LumbalLiquor (mg/L)

Gesamtprotein

114 (50–180)

200 (133–267)

325 (209–421)

QGesamtprotein 10-3

1,6 (0,7–2,5)

2,8 (1,9–3,6)

4,6 (2,3–6,2)

Liquor-Protein Tab. 2. Median und 5- bis 95-%-Bereich der BiuretMethode 1

akute ZNS-Destruktion; Labor-unterstütze Diagnostik der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (JCD).

Struktur. Körbchenstruktur mit neun α-Helices in jedem Monomer mit zwei Bindungsstellen im Dimer (z. B. von 14.3.3 ζ und τ) zur Anpassung an Helix-Form von über 100 Liganden (phosphorylierte und nicht phosphorylierte Proteine); 14.3.3 Isotypen haben ChaperonFunktion: Aktivitätserhöhung von Enzymen z. B. Proteinkinasen durch Konformationsänderungen, Aggregationshemmung von Invitro-Proteinen. Molmasse. Monomer 27–30 kDa, Dimere mit sieben Isoformen β, γ, ε, ζ, η, σ, τ/θ als Homodimere oder Heterodimere mit Unterschieden in Primärstruktur; β ist phosphorylierte Isoform von α, ζ phosphorylierte Isoform von δ. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. ZNS 14.3.3 Proteine, ca.

Alter

Lumbal-Liquor (mg/L)

1. Monat

236–995

2. Monat

116–624

3. Monat

136–477

1 % des löslichen ZNS-Proteins, sind lokalisiert in Neuronenkörper und Fortsätzen, 14.3.3 γ-, ε-, β-, ζ-Isoformen in synaptischen Vesikeln und Membran, in einigen Gliazellen; Abgabe (z. B. durch Entleerung synaptischer Vesikel) in Interstitialflüssigkeit und CSF mit > 1 % Anteil an Liquor-Protein. 14.3.3 Proteine modifizieren Zellproliferation, -differenzierung, -transformation (Apoptose, Onkogenese) via transkriptionale Kontrolle, Signal-Transduktion, intrazelluläres Trafficking, Regulation von Ionen-Kanälen.

4. Monat

157–493

Funktion und Pathophysiologie. Deposition von 14.3.3 Isotyp ζ

5.–6. Monat

102–516

7.–12. Monat

87–491

2–4 Jahre

87–291

4–6 Jahre

42–326

6–8 Jahre

65–378

8–10 Jahre

108–315

10–13 Jahre

114–344

Protein) BLS/BHS-Funktionsstörungen; Schrankenzusammenbruch bei Stop-Liquor (> 10000 mg/L) evtl. mit CSF-Gerinnung. Liquor-Protein bzw. QGesamt-Protein vermindert bei Hirnatrophie, Liquorresorptionsstörungen, z. B. bei Hydrocephalus; lumbaler Liquor-Dränage.

Diagnostische Wertigkeit. Liquor-Protein ist eine Kenngröße der BLS/BHS-Funktionsstörung mit 87–88 % Sensitivität bzw. Spezifität bei der Meningitisdiagnostik in Lumballiquor. Folin-CiocalteuMethode 2 100mal empfindlicher als Biuret-Methode 1, beide wenig praktikabel; Störfaktoren aller Methoden sind Hämolyse und Xanthochromie. Methoden 1, 3, 4, 5, 6 mechanisierbar; Methoden 1a, 1b, 4 für Ventrikelproben zu unempfindlich; Matrix-Unterschiede zwischen Kalibrator und CSF-Proben bzw. verschiedene Kalibrator-Proteine (z. B. Albumin, verdünntes Serum) und Reaktions- bzw. Farbstoffabsorptionsunterschiede bei Analyse einzelner Proteine können Abweichungen von 11 bis > 27 % verursachen.

Literatur. Kleine TO (1984) Liquor. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 2. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main S 947–949

Liquor-14-3-3-Protein T.O. Kleine

Englischer Begriff. 14.3.3 proteins in CSF Definition. Name eines Proteins mit besonders saurer Wanderungsposition bei DEAE-Chromatographie und Stärke-Gelelektrophorese. CSF 14.3.3 Isotypen sind Kenngröße für akuten Neuronenverlust,

mit sich-selbst-replizierenden Prion Protein PrPSc in diffusen ZNSAmyloid-Plaques bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) und neuen Variante von CJD, nicht bei anderen Demenzen, macht Beteiligung von 14.3.3 Protein(en) bei molekularen pathologischen Prozessen im CJD-ZNS wahrscheinlich, möglicherweise bei der Transformation von normalen löslichen PrPC zur wenig löslichen PrPSc-Isoform, die Neuronen-Untergang mittels Apoptose induziert; PrPSc-Peptid aktiviert Glutamat-Rezeptorkanal von Neuronen; 14.3.3 Proteine werden kurz vor Erscheinen klinischer Zeichen und atypischer Erregungsmuster im EEG (PSWCs) in CSF nachweisbar. Kolokalisation von ε-, γ-, ζ-, θ-Isotypen mit α-Synuclein in Lewy Bodies im ZNS bei M. Parkinson und Hemmung der TyrosinhydrolaseAktivität mit verminderter Dopamin-Produktion. 14.3.3. Proteine in Astrozyten, Oligodendrozyten, Mikroglia, Makrophagen in Multiple Sklerose-Plaques verhindern Apoptose von Oligodendrozyten.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor

Probenstabilität. Sofort auf Trockeneis ohne Zusatz einfrieren, Lagerung bei –80 °C.

Analytik. Quantitativer 14.3.3-Capture Assay, der 14.3.3 an sein Phosphorylierungsregion-Peptid-Motiv im Monomer bindet; gebundenes Monomer aggregiert zu 14.3.3-Dimer, dessen freier C-terminaler Teil 226–245 mit Anti-14.3.3-γ detektiert wird; Kreuzreaktion mit 14.3.3-η. Nachweisgrenze Optical Density (OD): 27 OD405 nm bzw. > 0,5 μg/L 14.3.3. Semiquantitative 2-dimensionale SDS-PAG-Elektrophorese mit Silberfärbung und Detektion von zwei 30-kDa-Banden: p130 und p131. Semiquantitative modifizierte Western Blot-Technik mit Detektion von 14.3.3-Protein mittels polyklonaler Anti-β-Isoform-Antikörper; Nachweisgrenze 4 μg/L (7 Western Blot).

Referenzbereich — Erwachsene. Semiquantitativ: negativ, keine p130 und p131 Banden bzw. 14.3.3-Banden; quantitativ: < 27 OD405 nm (optical density) für 14.3.3 γ-/η-Isoform in CSF. Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Mensch: V. a. transmissible spongiforme Enzephalitis (TSE): Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD, neue Variante: nvCJD), Gerstmann-Sträussler-Scheinker Syndrom (GSS), fatale familiäre Insomnia (FFI), spinocerebrellare Ataxie Typ 1 (SCA1), amyotrophe Lateralsklerose, Motor-Neuronen Krankheit; bei Schaf/Rind: V. a. Scrapie, bovine spongiforme Enzephalitis. Interpretation. CSF-14.3.3-Isotypen in CSF nachgewiesen bei

Liquor/Serum-IgA-Quotient

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) (β, γ, ε, η), Alzheimer Krankheit (AD) (η), Herpes-Enzephalitis (η). Modifizierte Western Blot-Technik mit 14.3.3-β-Immundetektion positiv bei ca. 50 % der CJD-Fälle, mit 14.3.3-Capture-Assay erhöhte Werte bei 95 % der CJD-Fälle inklusive sporadische und genetische CJD, nicht erhöht bei anderen neurodegenerativen Demenz-Formen mit 8 % falsch-positiven Ergebnissen; 14.3.3 erhöht bzw. positiv bei aktiver Multiple Sklerose (ca. 20 % der Fälle), seltener bei ZNS-Entzündungen (bakterielle, virale Meningitis, Neuroborreliose, transverse Myelitis, (Herpes-) Enzephalitis), hypoxischem ZNS-Schaden (akuter Insult), Subarachnoidalblutung, sekudären ZNS-Tumoren; Barbiturat-Intoxikation, Parkinsonismus, progressive multifokale Leukenzephalopathie, Rett-Syndrom; Korrelation von CSF 14.3.3 und IgG-Index bei Multipler Sklerose.

Diagnostische Wertigkeit. CSF Prä-mortem-Diagnostik der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD) mit Predictive Value < 95 %, Sensitivität 90–95 %; bei CJD-Variante (nvCJD) Sensitivität 60–90 %; Sensitivität < 70 % bei typischen periodischen sharp und Slow-wave-Komplexen (PSWCs) im EEG; parallele CSF-Erhöhung von Destruktionsmarkern von Neuronen (CSF-NSE, CSF-τ-Proteine) und Gliazellen (LiquorS100-Proteine); deshalb blinde Probendiagnostik ohne klinischen Befunde nicht möglich. Kombinierter 14.3.3-Protein-Nachweis mit Genanalysen zum Ausschluss von Mutationen. Günstiges Prognosezeichen bei bakterieller Meningitis: schnelle CSF Clearance von 14.3.3 Isoform β. Literatur. Peoc’h K, Schröder HC, Laplanche JL, Ramljak S, Müller WEG (2001) Determination of 14-3-3 protein levels in cerebrospinal fluid from Creutzfeldt-Jakob patients by a highly sensitive capture assay. Neuroscience Letters 301:167–170

Liquorprotein-Labilitätsreaktionen A.M. Gressner

877

Einsatzgebiet. 7 Liquor-Basis-Programm, 7 Liquor-Spezial-Programm

Untersuchungsmaterial. > 1 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit. Sterile durchsichtige, Plastikröhrchen (Polypropylen) mit Verschluss. Proben bei 4 °C < 1–2 h lichtgeschützt gelagert.

Instrumentierung. Liquor-Sedimentierkammer nach Sayk mit Zubehör, Färbevorrichtung für Liquorzellen (7 Liquor-May-GrünwaldGiemsa-Färbung); binokulares Lichtmikroskop mit 400-facher Vergrößerung zur Durchmusterung, 800- bis 1000-facher Vergrößerung zur Differenzierung (Immersions-Objektive), mechanisierte ZellZählvorrichtung, evtl. Photomikroskop zur Dokumentation.

Fehlermöglichkeit. Degenerierung und Autolyse von CSF-Zellen in unterschiedlicher Weise während langer Sedimentier- und Trocknungszeiten bei Zimmertemperatur, weniger im Kühlschrank; statistische Zählfehler bei bis zu 50 % und mehr nicht differenzierbaren Zellen besonders von zellarmen CSF Proben. Relative Anreicherung von großen monozytären und granulozytären Zellen bei Verlust von kleinen lymphozytären Zellen (Verzerrung der 7 Liquor-Zellreaktionen).

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Teil von Liquor-Basis-Programm/Liquor-Spezial-Programm zur Analyse von zellulären Entzündungsreaktionen, Tumorzellen, 7 Liquor-Zellreaktionen); praktiziertes Routine-Verfahren mit mehr Probenvolumen, Zell-Verlusten und –Denaturierungen im Vergleich zu 7 Liquor-Objektträger-Methode oder 7 Liquor-Zytozentrifugations-Verfahren, jedoch mit der Möglichkeit von Spezialfärbungen 7 Liquor-Tumorzellen. Literatur. Lehmitz R, Kleine TO (1994) Liquorzytologie: Ausbeute, Verteilung und Darstellung von Leukozyten bei drei Sedimentationsverfahren im Vergleich zu drei Zytozentrifugen-Modifikationen. Lab med 18:91–99

Englischer Begriff. protein-turbidity tests of cerebrospinal fluid Definition. Heute obsolete chemische Fällungsreaktionen der Proteine im Liquor durch Zugabe von Salzen oder Säuren zum Nachweis von Verschiebungen des Globulin/Albumin(G/A)-Verhältnisses im Rahmen von akuten und chronischen Entzündungen (Meningitiden). i Verschiebungen des G/A-Verhältnisses von normal 1:4 bei akuten

Entzündungen (Abnahme) und chronischen Entzündungen (Zunahme) werden je nach Test durch definierte Zugabe von Salpetersäure (7 Heller’sche Ringprobe), Ammoniumsulfat (Liquor-Nonne-ApeltReaktion), Quecksilberchlorid (Weichbrodt-Reaktion), Karbolsäure (7 Liquor-Pandy-Reaktion) oder (kolloidales) Mastix-Sol (LiquorMastix-Reaktion) durch die einsetzende Trübungsreaktion visuell qualitativ nachgewiesen. Eine semiquantitative (Stufen-)Bewertung der Trübung kann vorgenommen werden.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Thieme-Verlag, Stuttgart

Liquor-p-tau-Protein 7 Liquor-tau-Protein, phosphoryliert

Liquorrhoe 7 Liqiuor-Fistel

Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren T.O. Kleine

Englischer Begriff. Sayk’s sedimentation technique of cerebrospinal fluid (CSF) cells

Definition. Einfaches Routine-Verfahren zur Anreicherung von CSFZellen mittels Sedimentation auf Objektträger mit Zell-Verlusten und -Denaturierung.

Liquor/Serum-Albumin-Quotient 7 QAlbumin

Liquor/Serum-Glukose-Quotient 7 QGlukose

Liquor/Serum-IgA-Quotient T.O. Kleine

Synonym(e). QIgA Englischer Begriff. QIgA Definition. Liquor (CSF)/Serum Quotient der IgA-Konzentration [IgA]

Struktur. 7 Immunglobulin A Molmasse. Monomer: 160 kDa, Dimer: 335 kDa (Immunglobulin A) Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL native entzellte CSF (Ventrikel-, SOP-, Lumbal-Liquor) 1–2 h alt, 0,5 mL simultan gewonnenes Blutserum, hämolysefrei.

Probenstabilität. Lagerung bis zu 2 Monaten bei ca. 5 °C in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol. Analytik. 7 Immunnephelometrie Referenzbereich — Erwachsene. (Median, 0- bis 100-%-Bereich): Lumbal-Liquor: 0,8 (0,24–2,6) × 10-3, SOP-Liquor: 0,17 (0– 0,77) × 10-3 Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden; QIgA ist abhängig von der BHS-Funktion und damit ein Schrankenparameter, der von [Monomer-IgA + Dimer-IgA] im Serum beeinflusst wird. Dazu kommt

L

878

Liquor/Serum-IgG-Quotient

Altersabhängigkeit von QIgA, die besonders bei Kleinkindern mit unreifer BHS-Funktion ausgeprägt ist.

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Konzentrationen von dimeren IgA bei ZNS-Entzündungen in CSF liefern falsch erniedrigte [IgA] und QIgA-Werte, wenn CSF Dimer-IgA mit Monomer-IgA-Standard bestimmt wird mittels Serum-Standard. QIgA ist beeinflussbare und störanfällige Kenngröße des LiquorRoutine-Programmes, die bei der IgA-Bestimmung, intrathekal rechnerisch oder empirisch, benötigt wird. Bei Ringversuchen wird QIgA nicht zertifiziert, da in den Richtlinien der Bundesärztekammer hierzu keine Angaben gemacht werden.

Bestimmung, intrathekal rechnerisch oder empirisch, benötigt wird. Bei Ringversuchen wird QIgG nicht zertifiziert, da in den Richtlinien der Bundesärztekammer hierzu keine Angaben gemacht werden.

Literatur. Kleine TO (2004) Qualitätskontrolle in der Liquordiagnostik: Anmerkungen zur Analyse von Proteinen und Interpretation von Liquor/Serum-Konzentrationsquotienten sowie zu Formeln bei der Diagnostik der Blut/Liquor-Schranken-Funktion und intrathekalen Immunglobulinproduktion. J Lab Med 28:6–13

Liquor/Serum-IgM-Quotient T.O. Kleine

Literatur. Kleine TO (2004) Qualitätskontrolle in der Liquordiagnostik: Anmerkungen zur Analyse von Proteinen und Interpretation von Liquor/Serum-Konzentrationsquotienten sowie zu Formeln bei der Diagnostik der Blut/Liquor-Schranken-Funktion und intrathekalen Immunglobulinproduktion. J Lab Med 28:6–13

Synonym(e). QIgM Englischer Begriff. QIgM Definition. Liquor/Serum Quotient der IgM-Konzentration [IgM] Struktur. 7 Immunglobulin M

Liquor/Serum-IgG-Quotient

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL native, ent-

T.O. Kleine

zellte CSF (Ventrikel, SOP, lumbal) 1–2 h alt, 0,5 mL simultan gewonnenes Blutserum, hämolysefrei.

Synonym(e). QIgG Englischer Begriff. QIgG Definition. Liquor (CSF)/Serum Quotient der IgG-Konzentration [IgG] Struktur. 7 Immunglobulin G Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 1 mL native, entzellte CSF (Ventrikel, SOP, lumbal) 1–2 h alt, 0,5 mL simultan gewonnenes Blutserum, hämolysefrei.

Probenstabilität. Lagerung bis zu 2 Monaten bei ca. 5 °C in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol. Analytik. 7 Immunnephelometrie Referenzbereich — Erwachsene. (Median, 0- bis 100-%-Bereich)

7 Tab. 1

Liquor/Serum-IgM-Quotient. Tab.1.

Probenstabilität. Lagerung bis zu 2 Monaten bei ca. 5 °C in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polysterol oder Polypropylen.

Analytik. 7 Immunnephelometrie, 7 Immunturbidimetrie; QIgG ist methodenabhängig.

Liquor

Liquor/Serum-IgM-Quotient

Lumbal

0,11 (0,04–0,38) × 10-3

SOP

< 0,11 × 10-3

Referenzbereich — Erwachsene. (Median, 0- bis 100-%-Bereich)

7 Tab. 1

Liquor/Serum-IgG-Quotient. Tab. 1. Liquor

Liquor/Serum-IgG-Quotient

Lumbal

2,1 (1,2–3,5) × 10-3

SOP

1,0 × 10-3

Ventrikel

0,7 × 10-3

Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 Liquor/Serum-IgG-Quotient. Tab. 2. Alter

Liquor

Liquor/Serum-IgG-Quotient

Geburt bis 1 Monat

Lumbal

4,0 × 10-3

1–6 Jahre

Lumbal

1,2 × 10-3

7–15 Jahre

Lumbal

1,3 × 10-3

QIgG ist abhängig von der BHS-Funktion und damit ein Schrankenparameter, der von [IgG] im Serum beeinflusst wird. Dazu kommt eine Altersabhängigkeit von QIgG, die besonders bei Kleinkindern mit unreifer BHS-Funktion ausgeprägt ist.

Diagnostische Wertigkeit. QIgG ist eine beeinflussbare und störanfällige Kenngröße des Liquor-Routine-Programms, die bei der IgG-

Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden; QIgM ist abhängig von der BHS-Funktion und damit ein Schrankenparameter, der von [IgM] im Serum beeinflusst wird. Dazu kommt eine Altersabhängigkeit von QIgM, die besonders bei Kleinkindern mit unreifer BHS-Funktion ausgeprägt ist. Diagnostische Wertigkeit. Hohe Konzentrationen von MonomerIgM in CSF liefern falsch erhöhte [IgM] und QIgM-Werte, wenn CSFMonomer-IgM mit Pentamer-IgM-Standard bestimmt wird mittels Serum-Standard. QIgM ist eine beeinflussbare und störanfällige Kenngröße des LiquorRoutine-Programms, die bei der IgM-Bestimmung, intrathekal rechnerisch oder empirisch, benötigt wird. Bei Ringversuchen wird QIgM nicht zertifiziert, da in den Richtlinien der Bundesärztkammer hierzu keine Angaben gemacht werden.

Literatur. Kleine TO (2004) Qualitätskontrolle in der Liquordiagnostik: Anmerkungen zur Analyse von Proteinen und Interpretation von Liquor/Serum-Konzentrationsquotienten sowie zu Formeln bei der Diagnostik der Blut/Liquor-Schranken-Funktion und intrathekalen Immunglobulinproduktion. J Lab Med 28:6–13

Liquor-Siderophagen T.O. Kleine

Synonym(e). Hämosiderophagen im Liquor (CSF) Englischer Begriff. siderophages in CSF Definition. CSF-Makrophagen mit braun-schwarzen HämosiderinGranula im Zytoplasma (wahrscheinlich Hämoglobin-Abbauprodukt); Kenngröße für ältere Blutung (> 3 Tage) bzw. alte Blutung (mehrere Monate alt) in die Liquorräume.

Liquor-spezifische Proteine

Struktur. 7 Siderophagen Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. > 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.

Probenstabilität. Lagerung bei 4 °C < 1–2 h, lichtgeschützt. Analytik. Mikroskopie nach Zellanreicherung. 7 Liquor-Objektträger-Methode (7 Abb. 1), 7 Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren (7 Abb. 2), 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren, 7 Liquor-MayGrünwald-Giemsa-Färbung

Liquor-Siderophagen. Abb. 1. Dargestellt mittels Liquor-ObjektträgerMethode und Vitalfärbung. Vitaler Makrophag einkernig mit verschieden großen braun-roten Granula im Zytoplasma

879

Definition. Dritte Stufe im Stufenprogramm der CSF-Diagnostik mit fakultativen klinisch-chemischen Kenngrößen zur Charakterisierung von Kenngrößen des Liquor-Notfall- und Liquor-Basis-Programmes und Erweiterung der CSF-Diagnostik. Untersuchungsmaterial. Präanalytik 7 Liquor-Notfall-Programm, 7 Liquor-Basis-Programm, 7 Liquor-Drei-Gläser-Probe; Einfluss von Probenlagerung s. einzelne Kenngrößen. Analytik. Begrenzte CSF-Probenmenge, die nicht beliebig oft gewonnen werden kann, erfordert Kenngrößenauswahl im Stufenprogramm unter Berücksichtigung von klinischer Fragestellung und Vor-Befunden im Liquor-Notfall- und Liquor-Basis-Programm: Kenngrößen zur Charakterisierung von akuter Entzündung im ZNS: 7 Liquor-Polymerase-Kettenreaktion (PCR), 7 Liquor-D-Laktat, 7 Liquor-L-Laktat Kenngrößen zur Charakterisierung von subakut-chronischer Entzündung in ZNS:7 Liquor-IgG oligoklonal, 7 Liquor-IgM oligoklonal; 7 Liquor-IgA oligoklonal; 7 Immunglobulinbestimmung intrathekal empirisch, 7 Liquor-Antikörper-spezifischer Index, 7 LiquorImmunglobulinklassenmuster, 7 Liquor-Leichtketten Kenngrößen zur Charakterisierung von CSF-Zellen: 7 LiquorDurchflusszytometrie (FACS), 7 Liquor-B-Lymphozyten (CD19 BZellen), 7 Liquor-CD3-T-Lymphozyten, 7 Liquor-CD4-T-(Helfer)Lymphozyten, 7 Liquor-CD8-T-(Suppressor)-Lymphozyten, 7 Liquor-CD4/CD8-Quotient, 7 Liquor-Natürliche-Killerzellen (NKZellen), 7 Liquor-Tumorzellen, 7 Liquor-Tumor-Marker; Kenngrößen der ZNS-Destruktion: 7 Liquor-Neuronen-spezifische Enolase (NSE), 7 Liquor-Glial fibrillary acidic protein (GFAP), 7 Liquor-S100-Proteine, 7 Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase, 7 Liquor-14.3.3-Protein; 7 Liquor-basisches Myeloprotein (MBP), 7 Liquor-tau-Protein, gesamt; 7 Liquor-tau-Protein, phosphoryliert; Kenngrößen von Demenzprozessen im ZNS: 7 Liquor-tau-Protein, phosphoryliert; Liquor-Amyloid-β1-42-Peptid; Kenngrößen zum Nachweis von CSF in Flüssigkeiten:7 Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase, 7 Liquor-Asialotransferrin (aTf), 7 LiquorGlukose, 7 Liquor-Cystatin C Referenzbereich. s. einzelne klinisch-chemische Kenngrößen des Liquor-Spezialprogramms (s. o.). Bewertung. Einmaligkeit der CSF-Probe und ihre begrenzte Menge erfordert optimalen Untersuchungsgang unter Evaluation der diagnostischen Effizienz der auszuwählenden Kenngrößen (bei Berücksichtigung der klinischen Fragestellung und Vorbefunde); analytische Wertung s. Reihung der Kenngrößen bei Analytik. Bewertung einzelner Kenngrößen s. dort. Literatur. Kleine TO, Hackler R, Lehmitz R et al (1994) Liquordiagnostik: Klinisch-chemische Kenngrößen – eine kritische Bilanz. DG Klinische Chemie Mitteilingen 25:199–214

Liquor-Siderophagen. Abb. 2. Dargestellt mittels Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren und Liquor-Pappenheim-Färbung: Große platte Zelle einkernig mit feinen braun-schwarzen Granula im Zytoplasma und großen und kleinen Vakuolen

Interpretation. Mehr als ein Siderophag im Zellpräparat beweisend für ältere Blutung ≥ 3 Tage in die Liquorräume, mehrere Monate nachweisbar. Diagnostische Wertigkeit. Sickerblutung/Blutungsrezidiv bei Siderophagen + Erythrophagen bis zu 8 Tage nach Ereignis nachweisbar. In Melanophagen bei Melanoblastom(-Metastasen im ZNS) feinere dunkel-braun bis grauschwarze Granula bei Pappenheim-Färbung; nach Berliner-Blau-Reaktion keine blaue Hämosiderin-Färbung.

Literatur. Kleine TO (1980) Neue Methoden für die Liquordiagnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-Spezialprogramm T.O. Kleine

Englischer Begriff. special programm for cerebrospinal fluid (CSF) diagnosis

Liquor-spezifische Proteine T.O. Kleine

Synonym(e). Proteine im Liquor (CSF) Englischer Begriff. proteins specifically found in cerebrospinal fluid (CSF)

Definition. Proteine mit höherer Konzentration in CSF als im BlutPlasma(-Serum), gleichzeitig gewonnen von Kontroll-Probanden, infolge höherer Syntheserate im Zentralnervensystem (ZNS) im Vergleich zu extrazerebral.

Bewertung. Zum Nachweis von CSF in Körperflüssigkeiten sind CSF-Proteine mit CSF/Blutserum-Konzentrationsquotienten > 10 geeignet: quantitativ mit Prostaglandin-D-Synthetase (7 LiquorProstaglandin-D-Synthetase, 7 Liquor-Asialotransferrin). Zur Evaluation der Öffnung von Hirn/Blut-Schranke (HBS) bzw. Liquor/ Blut-Schranke (LBS) nach Infusion mit 1,4 mol/L Mannitol intraarteriell S100b-Protein in A. Carotis-Blut bei Zytostatika-Behandlung des Zentralnervensystems (ZNS) (7 Liquor-S100-Proteine), Glial fibrillary acidic protein (GFAP) wegen fester intrazellulärer Bindung ungeeignet (7 Liquor-Glial fibrillary acidic protein).

L

880

Liquor-S100-Proteine

Literatur. Felgenhauer K, Beuche W (1999) Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Liquoranalytik und -zytologie, Diagnoseund Prozessmarker. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Liquor-tau-Globulin 7 Liquor-Asialotransferrin

Liquor-S100-Proteine

Liquor-tau-Protein, phosphoryliert

T.O. Kleine

T.O. Kleine

Englischer Begriff. CSF S100 proteins

Synonym(e). Liquor-p-tau-Protein

Definition. S100B-Proteine sind in CSF Kenngrößen für ZNS-Zelldestruktion (hauptsächlich von Astrozyten), im Serum – validiert mit anderen Zellmarkern – Kenngrößen für Multi-Organ-Dysfunktion bzw. Kenngröße für iatrogene BHS-Öffnung. S100-Proteine sind löslich in gesättigter Ammoniumsulfatlösung.

Englischer Begriff. phosphorylated tau in CSF

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Saure Calcium-bindende Proteine mit Monomeren S100A und S100B, Dimeren mit 21 kDa. Vorkommen im ZNS: S100BB und S100A1B im Zytoplasma von Glia (Astrozyten), Schwann-Zellen, einigen Neuronen; extrazerebral: S100B Homo- und Heterodimere in Fettgewebe (Adipozyten), Knorpelgewebe (Chondrozyten), Epidermis und Dermis, S100A1A1 in Muskulatur.

Halbwertszeit. Im Blutplasma ca. 60 min , in CSF 6–8 h. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. CSF: ca.1 mL entzellter Lumbal(L)-, Subokzipital(SOP)-, Ventrikel(V)-Liquor und gleichzeitig gewonnenes venöses Serum. Kurze Lagerung bei ca. 5 °C, bei –20 °C > 1 Monat, bei –80 °C länger in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol, fraktioniert eingefroren. Blutserum: Als BHS-Marker ZNS → Blut: Serum aus A. carotis unmittelbar vor und nach intraarterieller Infusion von 1,4 mol/L Mannitol zur Öffnung der BHS, 45 s nach Zytostatikumapplikation, 4–6 h später. Analytik. Immunologischer Sandwich Assay mit monoklonalem Anti-S100B z. B. auf paramagnetischen Partikeln, Detektion mittels Lumineszenz (7 Luminex-Assay); S100BB und S100A1B werden detektiert, nicht S100A1; keine Interferenz mit Hämoglobin. VK interseriell 9–13 %, Unrichtigkeit ≤ 3 %. Referenzbereich — Erwachsene. Lumbal-Liquor Ausschlussgrenze: 0,5–6,8 μg/L mit Zunahme von ca. 1 % pro Lebensjahr. Blutserum Ausschlussgrenze: 0,09–0,16 μg/L alters- und geschlechtsunabhängig. Referenzbereich — Kinder.

Lumbal-Liquor: Ausschlussgrenze

2,6 μg/L.

Diagnostische Wertigkeit. CSF: S100B-Proteine sind Destruktionskenngröße von ZNS-Zellen Astrozyten > anderen Gliazellen > Neuronen; Lumbal-Liquor/Serum-Gradient von 40:1 geeignet für ZNS → Blut-Untersuchungen, dabei Diskriminierung von extracerebralen S100B-Proteinen erforderlich. Venöses Blut: Nachweis von S100B-Proteinen und Glial-fibrillaryacidic-protein-Abbauprodukt (pGFAP) für ca. 3 Wochen proportional zum Volumen des geschädigten ZNS-Gewebes (S100B-Peak später). Freisetzung von basischem Myelin Protein (BMP) aus Nervenscheiden in CSF erfolgt 1 Woche später. Bei der Evaluation von Infarktvolumen und klinischem outcome erscheinen in seriellen Serumbestimmungen S100B-Proteine besser geeignet als NSE. S-100B-Proteine im Blutserum sind keine spezifischen ZNS-Zellmarker: Evaluation von ZNS-Zellschaden nur zusammen mit anderen ZNS-Zellmarkern, Evaluation von peripheren Gewebe- und Organschäden mit anderen Zellmarkern. Arterielles Blut: kurzer Anstieg von S100B-Proteinen in A.-carotis-Serum bei vorübergehender BHS-Öffnung nach Infusion mit 1,4 mol/L Mannitol, Indikator für effiziente arterielle medikamentöse ZNS-Therapie.

Literatur. Kleine TO, Benes L, Zöfel P (2003) Studies of the brain specificity of S100B and neuro-specific enolase (NSE) in blood serum of care patients. Brain Research Bulletin 61:265–279

Definition. CSF-tau-Proteine sind Kenngröße spezifisch für Demenzerkrankungen mit überphosphorylierten tau-Proteinen in CSF und gleicher oder höherer Effizienz als klinische und neuropsychologische Demenz-Evaluation. Struktur. Basisches Protein mit bis zu 14 Arginin- und 44 Lysinresten in bis zu sechs Isoformen T1–T6 mit 55–60 kDa (7 Liquor-tauProteine, gesamt) Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. In Neuronen und GliaZellen des Zentralnervensystems (ZNS) Synthese von bis zu sechs Isoformen T1–T6 durch alternatives Pro-mRNA-Spleißing von einem Gen auf Chromosom 1 mit posttranslationaler Phosphorylierung an selektierten Serin- und Threonin-Resten mittels „Routine“-Kinasen (7 Liquor-tau-Protein, gesamt). Unter pathologischen Bedingungen Zunahme der Phosphorylierung anderer selektierter Ser-, Thr- und Tyr-Resten

Funktion und Pathophysiologie. Paired helical filaments (PHFs), neurofibrillary tangles (NTFs). Drei überphosphorylierte gekürzte tau-Proteine als Grundeinheit (Triplet) formen spontan unlösliche, helical-gewundene, gepaarte Filamente von ca. 10 nm Länge (paired helical filaments (PHFs)) vermischt mit straight filaments von ca. 15 nm Länge, wobei (Heparansulfat-) Proteoglykane, Aluminium, Mg, Ca, Fe eine Chaperon-ähnliche Wirkung an Samen-Filamenten haben. Proteinase-resistente PHFs akkumulieren zu „neurofibrillary tangles“ (NTF) perikaryal sowie in Axonen dystrophischer Neuronen und induzieren Apoptose; hyperphosphoryliertes (holo-)tau-Protein diffundiert in CSF. – Resultat: intrazelluläre Verminderung von tauProtein → Destabilisierung von Zytoskelett mit Mikrotubuli-Dysfunktion (7 Liquor-tau-Protein, gesamt) → neuronale Malfunktion mit gestörtem vesikulären-tubulären Transport u. a. mit APP-Anhäufung → neuronaler Zelltod, eventuell Demenz.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor, feste Abnahmezeiten, z. B. zwischen 10 und 12 Uhr in Polypropylen-Röhrchen in Eis in 0,5 mL Aliquots, entzellen bei 10000 × g, 10 min, 4 °C, gelagert –70 bis –80 °C; zyklisches Auftauen-Frieren von Aliquots beeinflusst Ergebnisse.

Analytik. Sandwich Enzyme-Linked-Immunoassay bzw. EnzymeLinked Immuno-Sorbent Assay (ELISA) mit monoklonalen Antikörpern bindet spezifisch an eine phosphorylierte (p) Aminosäure: Thr181 (p-tauThr181), Thr231 (p-tauThr231), Ser199 (p-tauSer199), Ser235 (p-tauSer235), oder 2 phosphorylierte Aminosäuren Thr231 plus Ser235 (ptauThr231/Ser235), Ser396 plus Ser404 (p-tauSer396/Ser404) Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Umrechnung von pg/ mL in ng/L mit Faktor 1

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden Indikation. Alzheimer-Krankheit (AD), frontotemporale Demenz (FTD), vaskuläre Demenz (VD) mit 30–50 % der Fälle mit AD-Pathologie, Lewy-Body-Demenz (LBD), Depression, M. Parkinson (PD), progressive supranukleäre Lähmung, corticobasale Degeneration.

Interpretation. CSF p-tauThr181-Protein erhöht bei AD im Vergleich zu LBD, FTD, VD, Demenz bei M. Parkinson, normal bei akutem Schlaganfall.

Diagnostische Wertigkeit. CSF p-tau-Protein-Test mit größerer Spezifität für Demenz-Pathologie ist weniger abhängig von Alter

Liquor-t-tau-Protein

Liquor-tau-Protein, phosphoryliert. Tab. 1. Referenzbereich Erwachsene für Lumbal-Liquor

881

Nachweisgrenze 25 pg/mL, VK < 13 %; Kalibrationsprobleme mit verschiedenen Standards.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. Umrechnungsfaktor Liquor-tauProtein-Konzentration (pg/mL)

Liquor-tauProtein-Konzentration (pmol/L)

CSF p-tauThr181

7–69

2,9–27,3

CSF p-tauSer199

< 100

0,2–1,6

CSF p-tauThr231

< 70

CSF p-tauThr181/Ser231

180–1100

CSF p-tauSer396/Ser404

< 120

und Grad der kognitiven Abnahme als CSF t-tau-Protein- und CSF Aβ1-42-Test: CSF p-tauThr231-Test erhöht AD-Sensitivität von 58 auf 90 % bei 92 % Spezifität im Vergleich zu CSF t-tau-Protein-Test; CSF p-tauThr231-Test früher erhöht vor „minimal cognitive impairment“ (MIP), korreliert mit PHF-Bildung, Abnahme im AD-Verlauf; CSF ptauThr231/Ser235 erkennt mit 65 % Sensitivität MIP-Patienten, die ADentwickeln bei 100 % Spezifität. p-tauThr181-Protein-Test differenziert FTD von AD mit 42 % Sensitivität bei 85 % Spezifität, p-tauSer199Protein-Test mit 79 % Sensitivität bei 85 % Spezifität. Damit übertreffen CSF p-tau-Protein-Tests klinische und neuropsychologische Evaluation von Demenzen mit 65–90 % diagnostischer Sicherheit in spezialisierten Zentren. Nicht standardisierte Methoden, Ausschlusswerte, Patientenkollektive machen p-tau-Protein-Bestimmung methoden- und laborabhängig.

Literatur. Hampel H, Mitchell A, Blennow K et al (2004) Core biological marker candidates of Alzheimer’s disease – perspectives for diagnosis, prediction of outcome and reflection of bilogical activity. J Neural Transm 111:247–272

von pg/mL in ng/L mit Faktor 1

Referenzbereich — Erwachsene. Im Lumbal-Liquor altersabhängiger tau-Protein-Bereich: 9–833 pg/mL bzw. 1,3–1,7 pmol/L. Referenzbereich — Kinder. Nicht vorhanden. Diagnostische Wertigkeit. Klinische und neuropsychologische Evaluation von Demenz-Erkrankungen mit 65–90 % diagnostischer Sicherheit in spezialisierten Zentren vergleichbar mit Effizienz des tau-Protein-Tests: 57–99 % Sensitivität, 77–97 % Spezifität bei ADDiskriminierung gegen Kontrollen. CSF-tau-Protein nicht spezifisch für AD, da normal bis erhöht bei anderen Demenz-Erkrankungen (VAD, LBD), Normal-Druck-Hydrocephalus (NPH); stark erhöht bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD): Ausschlussgrenze 2130 pg/mL mit 93 % Sensitivität, 100 % Spezifität; selten erhöht bei alkoholischer Demenz, M. Parkinson, progressiver supranukleärer Lähmung, Depression. Keine deutlich verbesserte Diagnostik mit CSF-tau-Protein plus CSF-Aβ1-42. Nicht standardisierte Methoden, Ausschlusswerte, Patientenkollektive machen tau-Protein-Bestimmung methoden- und laborabhängig.

Literatur. Blennow K, Vanmechelen E (2003) CSF markers for pathogenic processes in Alzheimer’s disease: diagnostic implications and use in clinical neurochemistry. Brain Res Bulletin 61:235–242

Liquor-γ-trace-Protein 7 Liquor-Cystatin C

Liquor-Transferrin (Tf) T.O. Kleine

Synonym(e). Transferrin im Liquor

Liquor-tau-Proteine, gesamt

Englischer Begriff. CSF transferrin

T.O. Kleine

Definition. Transferrin (Tf), Eisentransporter durch Blut-Hirn-

Synonym(e). Liquor-t-tau-Proteine; Mikrotubulin assoziiertes Protein tau (MAP-tau)

Englischer Begriff. total tau level in CSF Definition. CSF tau-Proteine sind Kenngröße für neuronale Degeneration im Zentralnervensystem (ZNS), unspezifisch für M. Alzheimer.

Struktur. Basische tau-Proteine mit sechs Isoformen T1-T6 von 55–60 kDa durch alternatives Spleißen mit 3 Exons A, B, C, wenig phosphoryliert an Serin- und Threonin-Resten Funktion und Pathophysiologie. Störungen der α/β-Tubulin-DimerBildung mittels GTP-Bindung bzw. des Mikrotubuli-turnover setzen tau-Proteine frei und erhöhen den intrazellulären tau-Protein-Pool, aus dem bei vermehrter Durchlässigkeit der Plasmamembran tauProteine (mit physiologischem Phosphorylierungsmuster) extrazellulär diffundieren und in CSF vermehrt nachweisbar werden.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Ventrikel(V)-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal(L)-Liquor, feste Abnahmezeiten, z. B. zwischen 10 und 12 Uhr, sofortige Aliquotierung in nichtabsorbierende Röhrchen und Lagerung bei –80 °C. CSF-tau-Proteingehalt bleibt konstant bei wiederholtem Einfrieren und Auftauen.

Analytik. Enzyme-Linked Immuno-Sorbent Assay (ELISA) mit unterschiedlichen monoklonalen Fang-Antikörpern für alle tau-Isoformen (phosphoryliert oder nicht) und C-terminal-gekürztes tauProtein durch Bindung an nicht-phosphorylierte und nicht gespleißte Bereiche der Polypeptidkette.

Schranke (BHS) in ZNS, ist in CSF ein Gemisch aus sialyliertem Plasma-Tf und Sialinsäure-freiem CSF-Tf, das in Choroid Plexus Epithel Primärliquor zugegeben wird.

Molmasse. 7 Transferrin Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 Liquor-Asialotransferrin (aTf)

Referenzbereich — Erwachsene. Lumbal-Liquor 9–31 mg/L, Serum 2000–3600 mg/L

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Tf quantitativ als Kenngröße für BHS/BLS-Funktionsstörung; aTf als Kenngröße für Liquorrhoe (Rhinorrhoe, Otorrhoe). Interpretation. Plasma-Tf in Lumbal-Liquor erhöht bei ausgeprägten BHS/BLS-Funktionsstörungen wie bakterieller Meningitis, ZNS-Tumoren, weniger bei neuroimmunologischen Erkrankungen (Multiple Sklerose, Opticus-Neuritis), Epilepsie, systemischer ZNSAtrophie; erniedrigt bei verminderter Liquorproduktion in Choroid Plexus Epithel. Diagnostische Wertigkeit. Geringe Validität von CSF und Plasma-Tf als BHS/BLS-Kenngröße; hohe Validität von Asialo-Tf als Liquorrhoe-Marker (7 Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase, 7 Liquor-Asialotransferrin).

Liquor-t-tau-Protein 7 Liquor-tau-Proteine, gesamt

L

882

Liquor-Tumormarker

Liquor-Tumormarker T.O. Kleine

Englischer Begriff. tumour markers in cerebrospinal fluid (CSF) Definition. CSF-lösliche, von Tumorzellen im Zentralnervensystem (ZNS) stammende Substanzen, bestimmt mittels Immunoassays in CSF im Vergleich zum Blutserum; 7 Tumormarker.

Liquor-Tumorzellen T.O. Kleine

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Diagnostische Wertigkeit. Zur Diagnostik hirneigner Tumoren kann SOP- und Ventrikel-Liquor besser geeignet sein als Lumbal-Liquor; Berücksichtigung der BHS-Reifung für Blutzellen bei Kindern. Sensitivität bei hirneigenen Tumoren Liquorraum-fern: 5–10 %; Liquorraum-nah bis 50 %; Artdiagnose eines Tumors selten möglich. Sensitivität bei Meningoenzephalopathie bei Haemoblastom (Meningeosis leukaemica) ≥ 50 %. Bestätigung evtl. durch Biopsie.

Literatur. Kölmel HW (1976) Atlas of cerebrospinal fluid cells. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Englischer Begriff. CSF tumor cells Definition. Mit konventioneller Liquorzytologie detektierte CSFTumorzellen sind Kenngrößen für Meningeosis carcinomatosa blastomatosa bzw. Meningoenzephalopathie bei Hämoblastosen (Meningeosis leucaemica), die primäre/sekundäre ZNS-Tumoren bzw. leukämische Infiltration in Zentralnervensystem (ZNS) anzeigen. Acht Kriterien für tumorartige Zellen in CSF im Vergleich zu benignen CSF-Zellen: 5 Zellpolymorphie: Isozytose oder Variation von Zellgröße > Makrophagen > 20 μm (Riesenzellen); Zellpyknose bei Leukämiezellen, Zell-Synzytium, Zellverbände. 5 Kernpolymorphie: > 1 Zellkern, hyperchrom, polyploid, Polychromasie bzw. Hyperchromasie (gesteigerte Anfärbbarkeit von Zellkern). 5 Kernatypie: Kerneinkerbungen, Kernabschnürungen, Chromatinfragmentation „mit offenen Zonen“, schnurartiges Chromatinmuster bei Leukämiezellen. 5 Aneuploidie: Abweichung einzelner Chromosomen von normaler Zahl. 5 Mitotische und amitotische Teilungen mit ≥ 0,5 ‰ Häufigkeit. 5 Vermehrte Zahl und Größe der Nukleoli. 5 Gestörte Kern-Plasma-Relation mit größerem Zellkernanteil. 5 Basophilie des Zytoplasmas (Nukleinsäurenreichtum), Fehlen der acidophilen prinuklearen Zone bei Lymphozyten, ZytoplasmaAusstülpungen, -Anhängsel, -Vakuolen; Siegelringbildung von mukoiden Material.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

Primäre ZNS-Tumoren metastasieren via CSF mit der Häufigkeit Medulloblastom > Glioblastom > Pinealom > Ependymom mit Tu-Zellen in CSF (Meningeosis carcinomatosa blastomatosa); tertiäre Metastasen nach hämatogener Streuung und Tumorzell-Infiltration in Leptomeningen mit Tu-Zellen in CSF mit der Häufigkeit Bronchial-Ca > Karzinome des Magen-Darm-Traktes > Mamma-Ca > Melanoblastom (Meningeosis carcinomatosa blastomatosa); Meningoenzephalopathie bei akuten (selten bei chronischen) Hämoblastosen mit Infiltration myeloischer/lymphatischer Zellen in Hirnhäute und Rückenmarksubstanz, davon wenige in CSF (Meningeosis leucaemica).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Nativer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-) und Lumbal-Liquor in sterilen beschrifteten Polypropylenröhrchen mit Verschluss und Lagerung bei 4 °C lichtgeschützt nicht älter als 1–2 h; eventuell simultan gewonnenes EDTAVollblut.

Analytik. 7 Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren, 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren bzw. mittels spezieller Techniken verifiziert: 7 Liquor-Durchflusszytometrie; 7 Fluoreszenz in situ Hybridisation (FISH), 7 Chromosomenanalyse, Zell-Zyklus-Markierung Indices (MIB-I), Immunphenotyping von Lymphomen. Störgröße: artifizielle Blutbeimengung bei Leukämien, KnochenmarkKontamination Referenzbereich — Erwachsene. Normale Zellgröße Durchmesser < 20 μm; Rate für mitotische und amitotische Teilungen < 0,5 ‰; ca. 5 und > 5 Leukozyten/μL ohne Tumorzellen/Leukämiezellen im Zellsediment. Weniger als die Hälfte der Kriterien für tumorartige Zellen (s. o.) normal bei Zellen in CSF.

Liquor-Xantochromie 7 Liquor, xanthochrom

Liquor-Zählkammer 7 Liquor-Fuchs-Rosenthal-Zählkammer

Liquor-Zellreaktionen T.O. Kleine

Synonym(e). Leukozyten-Reaktionen im Liquor (CSF) Englischer Begriff. WBC reactions of CSF Definition. Zelluläre Reaktionen in CSF, detektiert als Veränderung der relativen Anteile von lymphozytären, monozytären, granulozytären Leukozyten in % der CSF-Leukozyten, sind zelluläre Kenngrößen in CSF, die verschiedenartige Krankheitsprozesse im Zentralnervensystem (ZNS) anzeigen.

Untersuchungsmaterial. > 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.

Analytik. Präanalytik: Durchsichtige, farblose Polypropylenröhrchen, steril mit Verschluss. Probenstabilität: Lagerung bei 4 °C, < 1–2 h, lichtgeschützt. 7 Liquor-Objektträger-Methode, 7 Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren, 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren, 7 Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Referenzbereich. Referenzbereiche von Leukozytenpopulationen in % im Lumbal-Liquor von Erwachsenen in Abhängigkeit von Präparationstechniken A–E (Mittelwerte bzw. 5.–95. Perzentil; Σ aller differenzierbaren Leukozyten = 100 %); 7 Tab. 1 und 7 Tab. 2.

Bewertung. Ausreichende Validität der Zellreaktionen im LumbalLiquor mit > 30 % Zellausbeuten, > 100 differenzierten Zellen und ≤ 15 % nicht differenzierbaren Zellen: 5 zelluläre Kenngröße von akuter ZNS-Entzündung: granulozytäre Reaktion mit segmentkernigen und stabförmigen granulozytären Leukozyten bei ≥ 50 % der differenzierten CSF-Leukozyten. 5 zelluläre Kenngröße von subakuter ZNS-Entzündung: lymphozytäre Reaktion mit kleinen, großen und transformierten (lymphoiden) lymphozytären Zellen bei > 80 % der differenzierten CSFLeukozyten. 5 zelluläre Kenngröße von meningealer Reizung: monozytäre Reaktion mit monozytären, aktivierten monozytären Zellen und Makrophagen bei > 40 % der differenzierten CSF-Leukozyten; 5 zelluläre Kenngröße von streuendem Prozess im ZNS: Zellen der granulozytären, lymphozytären und monozytären Reaktion zu etwa gleichen Teilen (gemischtzellige Reaktion auch bei sich wiederholenden Reizeinwirkungen im ZNS). 5 zelluläre Kenngröße von Fremdkörper-Reaktion im ZNS: eosinophilem Granulozyten bis zu > 50 % der differenzierbaren CSFLeukozyten (eosinophile Reaktion). 5 zelluläre Kenngröße von neuroimmunologischen Reaktionen im ZNS: Plasmazellen und große, transformierte (lymphoide) neben

Liquor-Zellzählung, mikroskopisch

Liquor-Zellreaktionen. Tab. 1. Lumbal-Liquor von Erwachsenen Verfahren

Zellart

883

Definition. Mechanisierte Zählung und Differenzierung von nativen CSF-Zellen in Hämatologie-Analyzern mittels Streuung am Laserstrahl oder elektrischer Impedanz-Messung und chemischer Zell-Präparation oder Fluoreszenz-Durchflusszytometrie von Kerngefärbten CSF-Zellen mit erhöhter Sensitivität in offenen Systemen durch Vermehrung des Probenvolumens.

lymphozytäre (%)

monozytäre (%)

Makrophagen (%)

nichtdifferenzierbare* (%) (Ausbeute in %)

A: Phasenkontrast-Mikroskop nativer Zellen

63–99

0–28

0–9

1 (52–74)

B: Liquor-Objektträger-Methode

79

18

3

4 (> 50)

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Schnellere praktikablere

C: Zytozentrifuge Cytospin I, II (Shandon)**

70

29

1

11 (< 10, < 50)

Zellzählung mit größerem Probenvolumen (≥ 100 μL) als mit zeitaufwendiger Kammerzählung (10–20 μL) bei vergleichbar hohen VK bei niedrigen und hohen Zellzahlen (30–90 % bzw. < 10 %); hohe Anschaffungs- und Unterhaltungskosten von Hämatologie-Analyzern.

D: Zytozentrifuge (Hettich) PDDAbeschichtete Objektträger**

77–91

8–22



15 (37–59)

ten und Erythrozyten in CSF 7 Liquor-Zellzählung, mikroskopisch; Leukozytenzählung geeignet im 7 Liquor-Notfall-Programm, Erythrozyten-Zählung und Leukozytendifferenzierung in geschlossenen Hämatologie-Analyzern für zellarme CSF-Proben zu unempfindlich.

E: Sedimentierkammer nach Sayk, nicht beschichtete Objektträger**

33

67



> 25 (< 10)

Literatur. Kleine TO (1991) Mechanisierte Zählung und Differenzie-

Physikalisch-chemisches Prinzip. 7 Liquor-Durchflusszytometrie Untersuchungsmaterial. Präanalytik: durchsichtige, farblose Polypropylenröhrchen steril mit Verschluss. Probenstabilität: lichtgeschützt bei 4 °C < 1–2 h gelagert. Entnahmebedingungen: > 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Referenzwerte für Leukozy-

rung von Liquorzellen. Lab med 15:51–59

Liquor-Zellzählung, mikroskopisch T.O. Kleine

*Nichtdifferenzierbare Zellen (Zellschatten) wurden bei Differenzierung nicht berücksichtigt. **Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Synonym(e). Kammer-Zellzählung mit Liquor (CSF) Englischer Begriff. cell counting of cerebrospinal fluid (CSF) Definition. Visuelle Zählung und Differenzierung von Leukozyten

Liquor-Zellreaktionen. Tab. 2. Referenzbereiche von Leukozytenpopulationen im SOP- und Ventrikel-Liquor von Erwachsenen* CSF

lymphozytäre Zellen (%)

monozytäre Zellen (%)

SOP-Liquor

80–95

20–5

Ventrikel-Liquor

90–100

10–0

∑ aller differenzierbaren Leukozyten = 100 % ohne Berücksichtigung von liquorraumbegrenzenden Zellen *Zytozentrifugen-Verfahren, Pappenheim-Färbung

kleinen lymphozytären Zellen (plasmazelluläre Reaktion) bis zu > 80 % der differenzierbaren CSF-Leukozyten. 5 zelluläre Kenngröße von Gewebe-Abbau im ZNS: monozytäre Reaktion mit Speicherzellen (Lipophagen, Siegelring-Zellen u. a.). 5 zelluläre Kenngrößen von Blutungen in die Liquorräume 7 Liquor-Erythrophagen, 7 Liquor-Siderophagen; 5 zelluläre Kenngröße von Tumoren in ZNS 7 Liquor-Tumorzellen.

Literatur. Lehmitz R, Kleine TO (1999) Routine cytodiagnosis and immune-cytodiagnosis in cerebrospinal fluid (CSF). Melo E (ed) XX World Congress of Pathology and Laboratory Medicine. IV Mercosil, XXXIII Brazilian III Laboraotry Management. Monduzzi Editore International Proceedings Division, Bologna, S. 157–161

Liquor-Zellzählung, mechanisiert T.O. Kleine

Englischer Begriff. mechanized counting and differentiation of cerebrospinal fluid (CSF) cells

und Erythrozyten in CSF mittels geeichter Zählkammer.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Visuelle Zellzählung mit Diskriminierung von Leukozyten und Erythrozyten nach Zellgröße, Form, Zellkern sowie Leukozyten-Differenzierung in monokuleäre und polynukleäre Zellen mittels Beschaffenheit des Zellkerns, Kern/Zytoplasma-Verhältnis und Zytoplasma-Beschaffenheit. Verbesserung der Leukozyten/Erythrozyten-Spezifität 5 durch Zellkern-Anfärbung der Leukozyten mit Vitalfarbstoffen (Liquorzellvitalfärbung) 5 durch Erythrozyten-Lyse mit verdünnter Essigsäure (1–3 mL Eisessig in 100 mL Aqua dest.).

Untersuchungsmaterial. Präanalytik: Durchsichtige, farblose Polypropylen-Röhrchen, steril mit Verschluss. Probenstabilität: Lagerung bei 4 °C, < 1–2 h, lichtgeschützt. Entnahmebedingungen: 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.

Instrumentierung. Geeichte Fuchs-Rosenthal-Zählkammer, Eppendorf-Mikropipetten und -Reaktionsgefäße für Liquor-Zellzählung mit Vitalfärbung, Mikroskop mit 40-facher Vergrößerung (Objektiv), ca. 400-fache Endvergrößerung. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Schnelles, einfaches, manuelles Verfahren ohne großen technischen Aufwand bei geringer Probenzahl kostengünstig im Vergleich zu 7 Liquor-Zellzählung, mechanisiert. Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Mikroskopische LiquorzellZählung ist Teil von Liquor-Notfall-Programm, Liquor-Basis-Programm und kann mechanisiert werden (Liquor-Zellzählung, mechanisiert); 7 Tab. 1. Literatur. Kleine TO (1984) Liquor. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 2. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main S 939–940

L

884

Liquor-Zentrifugationsverfahren

Liquor-Zellzählung, mikroskopisch. Tab. 1. Referenzbereiche für frische Cerebrospinalflüssigkeit (1–2 h alt) Leukozyten

Liquor Lumbal(pro μL)

Subokzipital- (pro μL)

Ventrikel(pro μL)

Erwachsene

0–5

0–3

0–1

Kinder (Alter)

Lumbal-Liquor (pro μL)

1. Monat

1–27

2. Monat

0–6

3. Monat

0–6

4. Monat

0–9

5.–6. Monat

0–11

~100 kDa); entfettete Objektträger 45 min in wässriger PDDA-Lösung (0,4–1,0 g/L) inkubieren, spülen mit Aqua dest., Lufttrocknen) oder Poly-L-Lysin; Zytozentrifuge mit Zubehör von Shandon Cytospin I, II bzw. von Hettich mit Ausschwingrotor.

Bewertung/Methodenhierarchie. Teil von 7 Liquor-Basis-Programm zur Analyse von Entzündungsreaktionen, Tumorzellen, Liquor-Zellreaktionen; praktikables Routine-Verfahren mit hohen Ausbeuten differenzierbarer CSF-Zellen in weniger Probenvolumen als mit 7 Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren mit hohen ZellVerlusten und -Denaturierungen; Möglichkeit von Spezialfärbungen 7 Liquor-Tumorzellen. Literatur. Lehmitz R, Kleine TO (1994) Liquorzytologie: Ausbeute, Verteilung und Darstellung von Leukozyten bei drei Sedimentationsverfahren im Vergleich zu drei Zytozentrifugen-Modifikationen. Lab med 18:91–99

LISS K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Lösung mit geringer Ionenstärke 7.–12. Monat

0–5

2.–16. Jahr

0–9

Englischer Begriff. low ionic strength solution Erythrozyten 0/μl CSF; < 50/μl CSF gering artifiziell blutig

Liquor-Zentrifugationsverfahren 7 Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren

Liquor-Zytozentrifuge 7 Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren

Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren T.O. Kleine

Englischer Begriff. cerebrospinal fluid (CSF) cytocentrifugation Definition. Anreicherung zellarmer nativer CSF-Proben mittels Zentrifugalkraft auf Objektträgern in Spezial-Zentrifuge zur Zellanalyse.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Anreicherung von nativen CSFZellen durch Zentrifugationskraft (bis 200 g tolerierbar für native CSF-Zellen) mittels: 5 Shandon-Zytozentrifuge Cytospin I, II vertikal auf Objektträger bei 50–80 g (800–1000 rpm) für 6–10 min von ≤ 400 μL Aliquot von nativer CSF (keine entzellte CSF); 5 Hettich-Zytozentrifuge: Vorzentrifugation der gesamten CSF-Probe mit ≤ 50 Leukozyten/μL 20 min bei 220 g zur Gewinnung von zellfreiem Überstand und Zellsediment; Resuspension des Zellsedimentes mit entzelltem Liquor zu 200 μL Zell-Portionen + 50 μL steriles Medium mit Rinderserumalbumin (50 g/L Endkonzentration) und Antibiotika-Zusatz (bei > 50 Leukozyten/μL 200 μL native CSF-Probe + 50 μL Medium ohne Anreicherung). Anheften der CSF-Zellen auf Polykationen-beschichteten Objektträgern vertikal 5 min bei 220 g; Abpipettieren von 200 μL Überstand, Trockenzentifugation von < 50 μL Rest auf Filterpapier 1 min 800 g. Resultat: Luftgetrocknete, abgeflachte CSF-Zellen ohne alkohollösliches Material nach Alkoholfixation, Darstellung mittels 7 LiquorMay-Grünwald-Giemsa-Färbung.

Untersuchungsmaterial. > 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital(SOP)-, Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit. Lichtgeschützt in durchsichtigen, farblosen Polypropylenröhrchen steril bei 4 °C < 1–2 h gelagert. Instrumentierung.

Polykationen-beschichtete Objektträger, beschichtet mit Poly-Dimethyl-Diallyl-Ammoniumchlorid (PDDA

Definition. LISS beschreibt eine Lösung mit geringer Ionenstärke. i Die Benutzung einer Lösung mit geringer Ionenstärke (LISS) ist

eine Technik, die in der immunhämatologischen Diagnostik eingesetzt wird, um Reaktionen von Antikörpern mit ihren korrespondierenden Antigenen auf Erythrozyten in einer Suspension zu verstärken. Die Ionenstärke des Reaktionsmediums ist eine der physikochemischen Bedingungen, welche eine wichtige Rolle bei der Bindung des Antikörpers an die Erythrozytenantigene spielen. Die Ionenstärke ist ein Maß für das elektrische Feld, das wiederum von den Ionen in der Lösung abhängt. Erythrozyten besitzen eine hohe negative Ladung, die eine spontane 7 Agglutination (Aggregation) verhindert. Werden Erythrozyten in einer Elektrolytlösung suspendiert, werden die Kationen von dem negativ geladenen Erythrozyten angezogen und bilden eine diffuse „Ionenwolke“, die sich gleichförmig mit den Erythrozyten bewegt. Die äußere Oberfläche dieser Ionenwolke wird als „Scheroberfläche“ bezeichnet. Die effektive Ladung der Erythrozyten, 7 Zetapotenzial genannt, wird auf dieser Ebene gemessen und ist für die elektrostatische Abstoßung zwischen den einzelnen Erythrozyten verantwortlich. In der ersten Phase einer Agglutination verringert die Abnahme der Ionenstärke des Mediums die elektropositive Kationenwolke, welche die Erythrozyten umgibt, und erleichtert die Wechselwirkung zwischen elektropositivem Antikörper und den negativ geladenen Erythrozyten. Die Adsorption des Antikörpers an den Erythrozyten reduziert die negative Ladung des Erythrozyten und damit das Zetapotenzial, wodurch die zweite Phase der Agglutination beschleunigt wird. Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass durch eine Reduzierung der Ionenstärke (LISS-Effekt) die erste Phase der Agglutination, die Anlagerung des Antikörpers an das entsprechende Antigen (z. B. Anti-D mit RhD-positiven Erythrozyten), um das 1000-Fache im Vergleich zu physiologischer Kochsalzlösung erhöht werden kann. LISS-Reagenzien sind insofern Ausdruck experimenteller und empirischer Forschung mit dem Zweck einer Verbesserung des Agglutinationsverhaltens zwischen Antikörpern und Antigenen der Erythrozyten. LISS-Reagenzien enthalten neben NaCl häufig Zucker- und Glyzinanteile. Die zweite Phase einer Agglutination entscheidet, inwieweit die Erythrozyten nach Adsorption des Antikörpers direkt agglutinieren (häufig bei Antikörpern der Immunglobulinklasse IgM) oder ob beispielsweise 7 Antiglobulinserum als Brücke zur Agglutination erforderlich ist (7 Coombstest).

Literatur. Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s 11th Edition, Blood Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th edition written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M, Blackwell Publishing, Oxford

Lithium

Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2004) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. 3. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York Eckstein, R. (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin, 5. Auflage, Gustav Fischer, Stuttgart Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie), Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut, Gesamtnovelle, Deutscher Ärzteverlag, Köln

Listengenerator O. Colhoun

Englischer Begriff. listings generation program Definition. Definitionsdatei der Labor-EDV für die Steuerung der Befundausgabe, Definition und Formatierung der Befunde. i Listengeneratoren sind Textdateien, welche im proprietären Format des 7 Labor-EDV-Systems oder in standardisierter Syntax wie 7 XML den Inhalt (Datenfelder, Textzeilen) und das Layout der Laborbefunde definieren (Einzel- oder Kumulativbefund, Anordnung der Patienten- und Labordaten).

Listeria monocytogenes W. Stöcker

Englischer Begriff. Listeria monocytogenes Klassifikation. Familie: Listeriaceae Gattung: Listeria (L.) Spezies: L. monocytogenes, L. ivanovii, L. seeligeri, L. welshimeri, L. innocua, L. murrayi (L. grayi) Beschreibung des Erregers. Die Gattung Listeria umfasst diverse Arten, von denen nur Listeria monocytogenes humanpathogene Bedeutung hat, sehr selten Listeria ivanovii oder seeligeri. Listeria monocytogenes lässt sich in 13 Serovare subdifferenzieren. Hauptsächlich die Serovare 1/2a, 1/2b, 4b sind mit Erkrankungen des Menschen assoziiert. Listerien sind kurze, regelmäßig geformte, teils kokkoide, bewegliche (bis 28 °C), aerobe oder fakultativ anaerobe, grampositive Stäbchenbakterien. Sie sind unbekapselt, bilden keine Sporen und sind in der Lage, sich fakultativ intrazellulär zu vermehren. Ihre Befähigung, auch bei 4 °C zu wachsen, wird zur selektiven Anreicherung ausgenutzt.

Erkrankungen. Listerien sind anspruchslose Bakterien, die überall in der Umwelt vorkommen. Das Wirtsspektrum ist breit gefächert. L. monocytogenes ist ein 7 saprophytärer Keim, er kann aber auch pathogen werden, sowohl für Tiere (Haus- und Wildtiere, Nager, Vögel, Reptilien, Fische, Krustentiere, Arthropoden etc.) als auch für Menschen. Die Übertragung erfolgt in erster Linie über kontaminierte Lebensmittel, wie Kohl, Salat, Produkte aus Rohmilch, Fleisch und Fisch. Obwohl Listerien weit verbreitet sind, kommt es selten zur manifesten Listeriose, die besonders für Schwangere und deren ungeborene Kinder (konnatale Listeriose), Neugeborene, immunsupprimierte und alte Menschen dramatische Folgen haben kann. Beruflich Exponierte wie Metzger oder Tierärzte unterliegen ebenfalls einem erhöhten Infektionsrisiko. Neben uncharakteristischen Allgemeininfektionen, Enteritis und lokalen Wundinfekten kann es zu schweren Verläufen mit Meningitis, Enzephalitis und Sepsis kommen. Infektionen in der Schwangerschaft können zu Fehl-, Früh-, Mangel- und Totgeburten führen. Im Jahr 2008 wurden vom Robert-Koch-Institut 306 Listeriosefälle registriert. Darunter waren 26 Schwangerschafts-Listeriosen, bei denen 7 Kinder starben. Von den über 60-Jährigen verstarben 13 % der Erkrankten. Der Kontakt mit Listerien lässt sich nicht generell vermeiden, sie vermehren sich in Biofilmen auf der Oberfläche diverser Lebensmittel, auch bei Kühlschranktemperatur. Das Risiko einer Infektion kann jedoch durch Einhaltung hygienischer Standards bei der Lebensmittelherstellung minimiert werden. Für Risikopatienten gilt, vor dem Verzehr rohes Gemüse besonders gründlich zu waschen und auf den

885

Genuss tierischer Rohprodukte wie Rohmilch, Rohmilchkäse, Salami, Mett, Meeresfrüchte zu verzichten. Listerien sind empfindlich gegen diverse Antibiotika wie Amoxicillin, Aminoglykoside, Erythromycin, Co-Trimoxazol; unwirksam sind Cephalosporine und Fluorchinolone. Aufgrund der unklaren Symptomatik beginnt die Therapie aber oft zu spät. Zudem können sich die Bakterien teilweise dem Angriff der Antibiotika entziehen, indem sie sich im Wirt intrazellulär vermehren. Die Infektabwehr findet vornehmlich T-Zell-vermittelt und durch Makrophagen statt.

Analytik. Der Direktnachweis von Listerien in Patientenproben durch molekularbiologische Techniken (z. B. PCR) ist noch nicht allgemein etabliert. Im Phasenkontrast-Mikroskop erkennt man die Listerien an ihrer taumelnden Beweglichkeit. Es können Ausstriche angefertigt und durch Gramfärbung dargestellt werden. Die anspruchslosen Bakterien lassen sich unkompliziert auf Blut- und selektiven Nährböden züchten. Eine Kälteanreicherung bei Proben mit Begleitflora ist sinnvoll. Die isolierten Stämme werden biochemisch charakterisiert und typisiert: L. monocytogenes lässt sich von anderen Listerien-Spezies durch das Zuckerverwertungsmuster (Rhamnose +, Xylose –) und den positiven CAMP-Test differenzieren. Nur L. monocytogenes zeigt eine β-Hämolyse auf Blutagar und ist positiv im CAMP-Test gegen einen β-Hämolysin-produzierenden Staphylococcus aureus (stark) und gegen Rhodococcus equi (schwach). Die β-Hämolyse gilt als wichtiges Pathogenitätsmerkmal, Lysteriolysin als Virulenzfaktor. Eine Einteilung in Serovare wird mit oligoklonalen spezifischen Antikörpern gegen O- und H-Antigene durchgeführt. Die Feintypisierung von Isolaten ist mit molekularbiologischen Verfahren schnell und sicher möglich. Die Serum-Antikörper können mittels Widal-Reaktion, Komplementbindungsreaktion, indirekter Immunfluoreszenz und anderen Methoden bestimmt werden, was aber diagnostisch wenig hilft. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Ausstrich und Kultur: Blut, Liquor, Amnionflüssigkeit, Mekonium, Biopsiematerial und Eiter, Vaginalsekret. Stuhlproben sind weniger geeignet, da Listerien auch bei Gesunden (~10 %) vorkommen können. Listerien stellen angesichts ihrer Umweltstabilität keine besonderen Bedingungen an Probennahme, Transport und Lagerung. Probenmaterial kann bei 4 °C transportiert und bis 24 h gelagert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, Liquor eine Woche, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Der PCR-Direktnachweis hat sich hauptsächlich zur Identifizierung von Listerien in Lebensmitteln und Umweltproben etabliert. Als möglicher Erreger von Meningitis, Enzephalitis, Sepsis oder intrauterinen Infektionen in der Schwangerschaft sollte Listeria monocytogenes kulturell identifiziert und ein Antibiogramm für die antibiotische Therapie erstellt werden. Die Serologie spielt für die Diagnose allenfalls eine untergeordnete Rolle. Meldepflichtig nach § 7 IfSG. Literatur. Hof, H (2009) Listeria spp. In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart New York, S 364–368

Lithium D. Meissner

Englischer Begriff. lithium Definition. Lithium (chemisches Symbol: Li) gehört zu den Alkalimetallen, hat die Ordnungszahl 3 und eine relative Atommasse von 6,941. Für den Menschen ist es ein nicht essenzielles 7 Ultraspurenelement. i Beim Menschen konnte für Lithium, im Gegensatz zum Tier, bisher keine essenzielle Funktion gefunden werden. Lithium wird bei oraler Gabe fast vollständig resorbiert. Die Ausscheidung erfolgt zu 95 % über die Nieren. Sie ist von der Natriumkonzentration abhängig, da beide Elemente bei der Rückresorption konkurrieren. Die Halbwertszeit beträgt 16–24 h.

L

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Lithocholsäure

In der Medizin hat Lithium als Therapeutikum Bedeutung. Indikationen sind die Prophylaxe und Therapie manischer Schübe, die Prophylaxe depressiver Erkrankungen und der Clusterkopfschmerz (Horton-Neuralgie). Über die Wirkung des Lithiums bestehen verschiedene Theorien, der Mechanismus ist noch nicht vollständig geklärt. Die unerwünschten Nebenwirkungen sind vielfältig. In den ersten 4 Monaten der Schwangerschaft, zur Zeit der Geburt und in der Stillzeit darf Lithium nicht angewendet werden. Toxische Wirkungen sind bereits ab einer Serumkonzentration von 2 mmol/L zu erwarten, Konzentrationen > 4 mmol/L sind potenziell letal. Der therapeutische Bereich ist streng begrenzt und liegt zwischen 0,4 und 1,2 mmol/L. Während der Therapie ist die Kontrolle der Lithiumkonzentration im Serum erforderlich. Da die Ausscheidung des Lithiums vorwiegend renal erfolgt, können bei eingeschränkter Nierenfunktion (z. B. auch bei älteren Menschen) bereits im therapeutischen Bereich toxische Wirkungen auftreten. Kontraindikationen für die Li-Therapie sind Niereninsuffizienz, schwere Herzfunktionsstörungen oder ein gestörter Natriumhaushalt. Die Blutentnahme erfolgt 12 h nach der letzten Gabe. Bevorzugte Methoden zur Lithiumbestimmung sind Flammenphotometrie, Atomabsorptionsspektrometrie und ionensensitive Elektroden.

Literatur. Schümann K, Hunder G, Adam O (2002). Lithium. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 244–246

Lithocholsäure 7 Gallensäuren

L-Ketten 7 Lambda-Ketten; 7 Leichtketten, Serum und Urin

Lloyd’s Reagenz 7 Fullererde

Local area network 7 LAN

LOCI™ Assay 7 Luminescent Oxygen Channeling Immunoassay

Locking O. Colhoun

Definition. Sicherheitsmaßnahmen eines Labor-EDV-Systems, um bei simultaner Arbeit mehrerer Benutzer fehlerhafte Daten zu vermeiden, die durch gleichzeitigen Zugriff auf denselben Datensatz entstehen können.

Lock-Masse B. Güssregen

i Sie gibt die Lage eines 7 Gens im 7 Genom an und wird in der Regel durch die Zuordnung zu einem 7 Chromosom angegeben.

Logarithmische Normalverteilung 7 Log-Normalverteilung

Logarithmische Transformation 7 Log-Transformation

Logical Observation Identifiers Names and Codes 7 LOINC

Logistische Regression 7 Regression, logistische

Logistische Transformation 7 Transformation, logistische

Logit-Transformation 7 Transformation, logistische

Log-Normalverteilung R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Logarithmische Normalverteilung Englischer Begriff. log normal distribution; logarithmic normal distribution

Definition. Die Messergebnisse in der Grundgesamtheit entstammen einer Log-Normalverteilung, wenn die logarithmierten Messergebnisse normalverteilt sind. i Der große Beliebtheitsgrad der 7 Normalverteilung in der angewandten Statistik begründet sich unter anderem darin, dass die Normalverteilung als Voraussetzung für die Durchführung vieler statistischer Tests (7 Test, statistischer) sowie zur Berechnung von 7 Konfidenzintervallen benötigt wird. Allerdings sind im Bereich der Biowissenschaften viele 7 Merkmale nicht symmetrisch, sondern rechtsschief verteilt. In diesen Fällen ist es häufig möglich, durch eine 7 Log-Transformation (7 Transformation, Log-) der Messergebnisse eine angenäherte Normalverteilung der logarithmierten Messergebnisse zu erhalten. Die gemäß dieser Log-Transformation veränderten ursprünglichen Messwerte werden als log-normalverteilt (logarithmisch normalverteilt) bezeichnet.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

LogP B. Güssregen

Englischer Begriff. Lock Mass

Synonym(e). n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient

i Bei der Präzisionsmassenbestimmung in der Massenspektrome-

Englischer Begriff. logP

trie wird zur internen Massenkalibrierung ein interner Standard mit bekannter Molmasse (Lock-Masse) zugesetzt.

Definition. n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient einer chemischen Verbindung

Locus

i Der n-Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient logP ist ein dimen-

R. Weiskirchen

sionsloser Verteilungskoeffizient, der den Logarithmus des Verhältnisses der Konzentrationen einer Chemikalie in einem Zweiphasensystem aus 1-Oktanol und Wasser angibt (logcOktanol/cWasser). Dieser Wert kann entweder gemessen oder berechnet werden. Bei dem berechneten Wert spricht man vom clogP (computed logP). Der logP oder clogP ist ein Maß für die Hydrophilie einer chemischen Verbindung. Sehr polare Substanzen wie Methanol zeigen einen negativen

Synonym(e). Genort Englischer Begriff. loci Definition. Bezeichnung für eine Position, die genetisch definiert ist; Plural: Loci

Longitudinalbeurteilung

Wert (logP = −0,824), unpolare Substanzen besitzen deutlich höhere Werte.

LOH(loss of heterozygosity)-Analysen R. Weiskirchen

Synonym(e). Heterozygotie-Verlust; Allelinstabilitätenanalyse Englischer Begriff. loss of heterozygosity Definition. Eine, meist auf 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR) beruhende Technik, mit der ein Allelverlust auf einem 7 Chromosom nachgewiesen werden kann. Physikalisch-chemisches Prinzip. PCR, Vergleich der DNA aus gesundem und Tumorgewebe, alternativ aus Blut- und Tumorproben. Einsatzgebiet. Hat ein Patient verschiedene, z. B. durch spezifische 7 Mikrosatelliten unterscheidbare Allele von seiner Mutter und seinem Vater geerbt, so ist er bzgl. dieses Allels 7 heterozygot. Trägt eines dieser Allele eine Mutation, so kann der Verlust des anderen (normalen) Allels (Verlust der Heterozygotie) während der Mitose, die Entstehung einer Erkrankung initiieren. Nachweis des Verlustes von Tumorsuppressorgen (z. B. Retinoblastom). Wenn der Merkmalsträger also heterozygot für dieses Allel war, kann ein Verlust eines Allels die Entstehung eines Tumors begünstigen. Der Patient erscheint in dem entsprechenden Tumorareal analytisch gesehen 7 homozygot bzw. 7 hemizygot. In der Vergangenheit wurden diese Analysen verwendet, um sogenannte Tumorsuppressorgene chromosomal zu lokalisieren.

887

daher Anforderungen, Ergebnisse und Werte nur über jeweils spezifische Zuordnungstabellen (integriert in Schnittstellen und OnlineGeräte-Anschlüsse) korrekt zuordnen. LOINC-Codes sind Universalbezeichner für Laborwerte und klinische Befunde. Der Laborteil der LOINC-Datenbank enthält die Analyte aller labormedizinisch relevanten Kategorien wie Klinische Chemie, Hämatologie, Serologie, Mikrobiologie (einschließlich Parasitologie und Virologie) und Toxikologie sowie Drogenbestimmungen und Zellzählungen. Die Entwicklung des LOINC-Systems wurde im Jahr 1994 vom Regenstrief-Institut (www.regenstrief.org) initiiert und seither zusammen mit dem LOINC-Komitee weiterentwickelt. Die formulierten Laborbezeichner stellen einen Standard für die Identifikation individueller Laborergebnisse zur Verfügung. Die Datenbank enthält derzeit über 38.000 Einträge; gut 20.000 davon beziehen sich auf Messgrößen im medizinischen Labor. Jeder Bezeichner besteht aus einem individuellen Nummerncode plus angehängter Prüfziffer, einem formalen Namen sowie Codes für Eigenschaft, Zeitbezug, Probenmaterial, Skala und Methode (Beispiel: 5193-8:HEPATITIS B SURFACE AB:ACNC:PT:SER:QN:EIA. LOINC-Bezeichnungen treffen auf alle Tests mit gleichwertigen klinischen Resultaten zu, unabhängig von Analysegerät und Testhersteller. Von 7 C-NPU, einem von 7 IUPAC und 7 IFCC getragenem Komitee, wurde eine Datenbank für denselben Zweck entwickelt.

Literatur. http://www.regenstrief.org/loinc

Longitudinalbeurteilung A.M. Gressner, O.A. Gressner

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Gewebe, Blut

Synonym(e). Längsschnittbeurteilung; Verlaufskontrolle klinisch-

Instrumentierung. 7 Polymerase-Kettenreaktion

chemischer Messgrößen

Spezifität. Der spezifische Nachweis einzelner LOH-Regionen ist für

Englischer Begriff. longitudinal judgement

einzelne Tumoren spezifisch. So ist z. B. LOH bei 5q21 in der Nähe des APC-Gens mit der Entstehung von Dickdarmkrebs assoziiert.

Definition. Sie erfolgt durch Betrachtung der zeitlichen Abfolge (Zeitreihen) spezifischer Analysenergebnisse eines Individuums (eines Patienten).

Sensitivität. Korreliert mit dem prozentualen Anteil des Gewebes, das die zu untersuchende Gen- oder Chromosomenregion verloren hat. Durch die Analyse einer Vielzahl bekannter polymorpher Mikrosatelliten für entsprechende Genabschnitte wird die Sensitivität erhöht. Fehlermöglichkeit. 7 Polymerase-Kettenreaktion Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. 7 Polymerase-Kettenreaktion

Bewertung/Methodenhierachie (allg.). Klassische LOH-Untersuchungen haben den Nachteil, dass man eine große Anzahl von Markern testen und die Daten durch quantitative Auswertung der Bandenintensität analysieren muss. Oftmals können mit der vergleichenden Genomhybridisierung und in zytogenetischen Untersuchungen große Deletionen viel einfacher detektiert werden. Literatur. Tomlinson IP, Lambros MB, Roylance RR (2002) Loss of heterozygosity analysis: practically and conceptually flawed? Genes Chromosomes Cancer; 34:349–353

LOINC W.R. Külpmann

Synonym(e). Logical Observation Identifiers Names and Codes Englischer Begriff. LOINC Definition. Datenbank, welche als Grundlage für eine standardisierte Identifikation von Untersuchungsergebnissen dient, z. B. zum Austausch von Laborwerten zwischen Analysegeräten und Labor-EDV. i In der Praxis verwenden medizinische Laboratorien jeweils eigene interne Verschlüsselungssysteme, welche die Messgrößen meist über eine eindeutige Kurzbezeichnung in der Labor-EDV codieren. Analysegeräte und nachgeschaltete Informationssysteme können

i Es gibt zwei Arten der medizinischen Beurteilung von Analysenergebnissen: 5 Transversalbeurteilung 5 Longitudinalbeurteilung.

Bei der Longitudinalbeurteilung wird das aktuelle Analysenergebnis x1 mit den diesbezüglichen früheren Ergebnissen (x2–xn) desselben Patienten verglichen, die während einer längeren Beobachtungszeit gewonnen worden sind. Die Streuung der Analysenergebnisse einer 7 Messgröße von demselben Individuum ist wesentlich geringer als die 7 Streuung der Ergebnisse eines alters- und geschlechtsentsprechenden 7 Referenzintervalls, was zur Definition individueller 7 Referenzwerte geführt hat. In diesem Falle ist der Patient ein eigenes 7 Referenzindividuum. Die Longitudinalbeurteilung ermöglicht die Erkennung sich langsam entwickelnder Veränderungen des Stoffwechsels früher als die Transversalbeurteilung. Voraussetzungen der Longitudinalbeurteilung sind: 5 Das analytische System muss während der ganzen Beurteilungszeitspanne unverändert sein 5 Kontinuierliche Maßnahmen der Qualitätssicherung zur Erkennung systematischer Fehler und Trends müssen durchgeführt werden 5 Mögliche Einflussgrößen müssen ausgeschlossen oder zumindest standardisiert sein, z. B. standardisierte Blutentnahmebedingungen 5 Bedingungen der Präanalytik müssen normiert sein 5 Die der Longitudinalbeurteilung unterworfenen Ergebnisse sollten aus demselben Laboratorium stammen, da die Streuung der Ergebnisse aus verschiedenen Laboratorien auch bei kontrollierter gleicher Analysenmethodik etwa doppelt so groß ist, wie die Streuung von Tag zu Tag in einem Laboratorium. Für die Longitudinalbeurteilung von zwei Analysenergebnissen (x1, x2) ist die kritische Differenz oder das 7 Konfidenzintervall zu berücksichtigen: Zwei Analysenergebnisse x1 und x2 sind unter analyti-

L

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Loschmidtsche Zahl

schen Gesichtspunkten signifikant verschieden, wenn der Absolutbetrag ihrer Differenz größer ist als die kritische Differenz. Die Ergebnisse x1 und x2 sind unter analytischen Gesichtspunkten signifikant verschieden, wenn sich deren Vertrauensbereiche nicht überdecken.

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Beurteilung Klinisch-Chemischer Analysenergebnisse. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Loschmidtsche Zahl 7 Masse, molare

Löslicher Serum Transferrinrezeptor (sTfR) 7 Transferrinrezeptor, löslicher

ßere Rolle. LDL wird zu etwa zwei Drittel hepatisch abgebaut. Dabei spielt der LDL-Rezeptor, der für die Internalisierung von LDL und den lysosomalen Abbau verantwortlich ist, eine entscheidende Rolle. Allerdings konnte gezeigt werden, dass auch Abbauwege für LDL existieren, die nicht vom LDL-Rezeptor abhängen.

Halbwertszeit. 12–24 h Funktion und Pathophysiologie. Die genaue Stoffwechselrolle von LDL jenseits der von VLDL und LDL ist ungeklärt. Der Transport von Lipiden könnte auch ohne LDL effizient bewerkstelligt werden. Seine klinische Bedeutung erlangt LDL durch seine Korrelation zum kardiovaskulären Risiko. Erhöhte LDL-Cholesterinkonzentrationen im Serum gehen mit einem erhöhten Risiko einher. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. Die LDL-Konzentration kann über die 7 Friedewald-Formel errechnet oder direkt gemessen werden. Als beste Methode gilt die sog. βcd-Quantifizierung, bei der triglyzeridreiche Partikel durch Ultrazentrifugation bei einer Dichte von 1,006 g/mL abgetrennt werden und im Unterstand HDL Cholesterin nach Ausfällung der ApoBhaltigen Partikel gemessen wird (7 High-density-Lipoprotein). LDLCholesterin wird aus der Differenz zwischen der Konzentration von Cholesterin im Unterstand und von HDL-Cholesterin errechnet. Die Entfernung der VLDL ist für eine optimale Fällung erforderlich. Eine Reihe von Methoden zur direkten Bestimmung von LDL wurde beschrieben. Gegenüber der Friedewald-Formel ergeben sie meist um ~5–10 % niedrigere Werte.

Löslichkeitskoeffizienten für O2 und CO2

7 Partialdruck

Lösungsmittelfront 7 Retentionszeit

Love Drug T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für MDA (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. mmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL × 0,02586 =

Low-density-Lipoprotein

mmol/L

K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). β-Lipoproteine; LDL Englischer Begriff. low density lipoprotein Definition. Lipoproteinfraktion mit einer Dichte zwischen 1,019 und 1,063 g/mL

Referenzbereich — Erwachsene. Referenzbereiche werden für LDLCholesterin nicht angegeben. Es gibt umfangreiche Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften. Modifizierte ATP-III-Empfehlungen zur Behandlung von Hypercholesterinämien (2004) 7 Tab. 1. Indikation. Bestimmung des kardiovaskulären Risikos. Sollte bei je-

Struktur. LDL besteht zu ca. 25 % aus Protein, vorwiegend ApoB-100,

dem Erwachsenen zumindest einmal durchgeführt werden.

zu ca. 50 % aus Cholesterin, das zu 80 % verestert ist, zu ca. 20 % aus Phospholipiden und 5 % Triglyzeriden. Die Partikel haben eine Molmasse von ~2,5 × 106 Da und einen Durchmesser von etwa 20 nm

Diagnostische Wertigkeit. Die Bewertung erfolgt wie oben beschrieben anhand von Risikotabellen oder Algorithmen.

Molmasse. ~2,5 × 106 Da

Literatur. Grundy SM, Cleeman JI, Merz NB et al (2004) Implications

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. LDL entstehen überwiegend aus der plasmatischen Konversion von VLDL durch die Einwirkung von 7 Lipoproteinlipase und hepatischer Lipase. Eine direkte hepatische Sekretion wird postuliert, spielt aber quantitativ keine grö-

of recent clinical trials for the National Cholesterol Education Program adult treatment panel III guidelines. Circulation 110:227–239 Rifai N, Warnick GR, Dominiczak MH (2000) Handbook of Lipoprotein Testing. 2nd edn. AACC Press Washington DC Assmann G, Cullen P, Schulte H (2002) Simple scoring scheme for

Low-density-Lipoprotein. Tab. 1. Behandlungsempfehlungen bei Hypercholesterinämien Risikogruppe

10-JahresRisiko** (%)

LDL-Cholesterin Zielwert (mg/dL)

Nicht-medikamentöse Intervention (mg/dL)

Medikamente (mg/dL)

Hochrisiko – bestehende KHK oder Äquivalent*

> 20

< 100 (evtl. < 70)

100

100

Mittleres Risiko – mehr als ein Risikofaktor***

10–20

< 130 (evtl. < 100)

130

130

< 10

< 130

130

160

entfällt

< 160

160

190

Niedriges Risiko – bis zu einem Risikofaktor

*) KHK-Äquivalente sind eine periphere AVK, Diabetes sowie eine Risikokonstellation mit einem 10-Jahres-Risiko > 20 % **) Risikorechner stehen unter www.chd-taskforce.de/procam_interactive.html. und www.nhlbi.nih.gov/guidelines/cholesterol zur Verfügung ***) Risikofaktoren: Rauchen, Hypertonus (RR ≥ 140/90 ohne antihypertensive Therapie), HDL-Cholesterin < 40 mg/dL, positive Familienanamnese für frühzeitige KHK (Verwandter 1. Grades männlich < 55 Jahre, weiblich < 65 Jahre), Alter (Männer > 45 Jahre; Frauen > 55 Jahre) KHK = koronare Herzkrankheit

LSD

calculating the risk of acute coronary events based on the 10-year follow-up of the Prospective Cardiovascular Münster (PROCAM) Study. Circulation 105:310–315

Low-frequency antigens 7 Seltene Antigene, erythrozytäre

Lowry-Methode 7 Folin-Ciocalteu-Methode

LOX 7 Lysyloxidase

Lp(a) 7 Lipoprotein(a)

LpA-I K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. LpA-I

LPS 7 Endotoxin

LPS-Rezeptor 7 CD 14, lösliches

LPS-Vollblut-Stimulationstest 7 Tumornekrosefaktor-α-Stimulationstest ex vivo

Lp-X 7 Lipoprotein X

LR+ 7 Likelihood Ratio, positives

LR– 7 Likelihood Ratio, negatives

LRC

Definition. HDL-Partikel, der nur ApoA-I und kein ApoA-II enthält.

7 Lipid research clinics

i Über Immunaffinitätsmethoden lassen sich HDL-Partikelfraktionen mit bestimmten Apolipoproteinzusammensetzungen identifizieren, denen unterschiedliche Funktionen im Stoffwechsel zukommen. Die Methode wurde von der Arbeitsgruppe um J.C. Fruchart in Lille beschrieben. Sie wird bisher nur in wissenschaftlichen Untersuchungen eingesetzt.

7 Sialinsäure, lipidgebundene

Literatur. Fruchart JC, De Geteire C, Delfly B et al (1994) Apolipoprotein A-I-containing particles and reverse cholesterol transport: evidence for connection between cholesterol efflux and atherosclerosis risk. Atherosclerosis 110 (suppl):S35–S39

889

LSA LSD W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). Lysergsäurediethylamid; Lysergid Englischer Begriff. lysergic acid diethylamide; lysergide Definition. Halluzinogen (7 Abb. 1)

LpA-I:A-II K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. LpA-I:A-II Definition. HDL-Partikel, der ApoA-I und ApoA-II enthält i HDL-Partikelpopulation, die ApoA-I und ApoA-II enthält und

weitgehend der HDL3-Fraktion (d = 1,125–1,210) entspricht.

Literatur. Fruchart JC, De Geteire C, Delfly B et al (1994) Apolipoprotein A-I-containing particles and reverse cholesterol transport: evidence for connection between cholesterol efflux and atherosclerosis risk. Atherosclerosis 110 (suppl):S35–S39 LSD. Abb. 1. Strukturformel

LP-Antikörper 7 Autoantikörper gegen SLA

Lp(a)-Polymorphismus 7 Lipoprotein(a)-Polymorphismus

LPL 7 Lipoproteinlipase

Lp-PLA2; Lp-PLA2 IIA 7 Phospholipase A2, Lipoprotein-assoziierte

L1-Protein 7 Calprotectin

Molmasse. 323,44 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach Zufuhr von 50– 300 μg p.o. wird LSD rasch resorbiert, sodass die maximale Plasmakonzentration nach 30–60 min auftritt. LSD wird hepatisch hydroxyliert und glukuronidiert. Die Metabolite werden überwiegend mit der Galle ausgeschieden. Geringe Mengen LSD erscheinen 1–5 Tagen nach Einnahme unverändert im Urin. Halbwertszeit. 3 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Ca. 1 h nach Einnahme treten Störungen der optischen und akustischen Wahrnehmung auf, sowie eine Aufhebung der Persönlichkeitsgrenzen. Es werden Tachykardie, Hyperthermie, Speichelfluss, Parästhesien, Hyperreflexie und Störung der Atmung beobachtet. Todesfälle durch LSD selbst sind selten, häufiger kommt es zu tödlichen Unfällen infolge der durch LSD gestörten Wahrnehmung oder von LSD bedingten Wahnvorstellungen.

L

890

L/S-Ratio

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma (P), Serum (S), Haare

Analytik. Immunoassay (Urin), HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Verdacht auf LSD-Einnahme. Die Immunoassays ergeben bei Anwesenheit einiger Pharmaka ein falsch-positives Ergebnis. Deshalb ist eine Bestätigungsanalyse zur Absicherung besonders wichtig.

Interpretation. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,0005–0,005 mg/L; toxisch: > 0,001 mg/L; komatös/letal: > 0,002–0,005 mg/L Literatur. von Meyer L, Külpmann WR (2009) Lysergic acid diethylamide. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 494–498

L/S-Ratio 7 Lecithin/Sphingomyelin-Verhältnis

L2-Statistik O. Colhoun

Definition. Statistik der Leistungsarten und -mengen sogenannter Sekundärleistungen im Krankenhaus, zu denen die Labordiagnostik gezählt wird. i Dient der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nicht-bettenführender Abteilungen. Es werden die erbrachten Analysen anhand der Hinterlegung mit Gebührenpunkten nach der 7 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) aufgeführt.

LTR-Sequenz R. Weiskirchen

Englischer Begriff. LTR sequence Definition. Generelle Bezeichnung für längere Sequenzbereiche, die an beiden Enden eines linearen 7 Genoms zu finden sind. Derartige Sequenzbereiche kommen z. B. in den Genomen von 7 Retroviren vor. Sie enthalten starke 7 Promotoren, die nach Integration in die chromosomale DNA zum einen die 7 Transkription des retroviralen Genoms bzw. flankierender Wirtssequenzen steuern und gleichzeitig als Signal für die Verpackung des viralen Genoms in die 7 Hüllproteine dienen.

LUC

Werden mehr als 4,5 % LUC detektiert, muss eine morphologische Differenzierung durchgeführt werden.

Luciferase R. Weiskirchen

Synonym(e). EC 1.13.12.5–1.13.12.8, 1.14.14.3 und 1.14.99.21 Definition. Sammelbezeichnung für Enzyme, die durch enzymatische Umsetzung von Luciferin Lichtsignale erzeugen i Die Luciferase (lat.: lucifer = lichtbringend) gehört zu den Oxi-

doreduktasen und katalysiert die Oxidation von Luciferinen oder strukturverwandten Verbindungen und kann auf diese Weise Biolumineszenz induzieren, die leicht mit einem Chemilumineszenz-Assay nachgewiesen werden kann. Verschiedene Luciferasen können aus marinen Organismen (Quallen) bzw. Insekten gewonnen werden. Die Luciferase wird in der Diagnostik, 7 Gentechnik, und Grundlagenforschung als Reporterprotein verwendet. Sie ist besonders gut geeignet, um die Aktivität schwacher 7 Promotoren zu verfolgen. Organismen, die das 7 Gen erhalten und in ihr 7 Genom eingebaut haben, leuchten bei Zufuhr von Luciferin.

Luciferin-Luciferase-System T. Arndt

Englischer Begriff. luciferin luciferase system Definition. Kombination von Luciferinen und Luciferasen mit dem Ziel der Erzeugung von Biolumineszenz z. B. zum Nachweis ATPoder NADH-abhängiger Reaktionen. i Luciferine (lat.: lucifer = lichtbringend) sind Verbindungen, die unter Einwirkung einer Luciferase 7 Biolumineszenz (s. a. 7 Lumineszenz) erzeugen. Luciferine kommen in verschiedenen Organismen, wie Bakterien, Krebsen, Muscheln, Quallen, Tiefseefischen, Würmern und Käfern vor – ein allgemein bekanntes Beispiel ist das Glühwürmchen (Lampyris noctiluca) – und sind entsprechend strukturell sehr heterogen. Die Biolumineszenz von Käfern ist relativ gut untersucht. Sie geht von der Startsubstanz Luciferin I aus, welches enzymatisch oxydiert wird. Luciferin I ist der Namensgeber der strukturell heterogenen Gruppe der Luciferine. Luciferase ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe von Enzymen aus verschiedenen Organismen, die zu den Oxidoreduktasen gehören und durch Oxidation von Luciferinen Biolumineszenz auslösen können. Im Allgemeinen wird für die Lichterzeugung der in der nachstehenden Formel gezeigte Reaktionsmechanismus angegeben.

H. Baum

Synonym(e). Large unstained cells Englischer Begriff. Large unstained cells Definition. Im Peroxidase-Kanal des ADVIA®120-Blutanalysators

Luciferinred + O2 + ATP

Mg2+ Luciferase

Luciferinox + CO2 + H2O + AMP + PPi + hv

nicht anfärbbare, große Zellen.

Luciferin-Luciferase-System. Abb. 1. Allgemeines Schema einer Luciferin-Luciferase-Reaktion

i Die Differenzierung der Leukozyten erfolgt im ADVIA®120 in verschiedenen Kanälen. Zur Differenzierung der neutrophilen und eosinophilen 7 Granulozyten wird deren Gehalt des Enzyms 7 Myeloperoxidase herangezogen. In der zweidimensionalen Darstellung (Leukogramm) sind diese dann abgrenzbar, wobei die neutrophilen Granulozyten als Myeloperoxidase-positive und im Streulicht als große Zellen imponieren. Zellen, die an Hand ihrer Größe ein gleiches Streulichtsignal haben wie neutrophile Granulozyten, aber Myeloperoxidase negativ sind, werden dementsprechend als „große, nichtgefärbte Zellen“ oder als „large unstained cells“ (LUC) bezeichnet. Diese LUC können verschiedenen Populationen angehören. Differenzialdiagnostisch kommen große 7 Lymphozyten, lymphozytäre Reizformen, 7 Lymphoblasten und 7 Myeloblasten sowie hämatopoetische Stammzellen in Frage. In seltenen Fällen kann auch ein Defekt in der Myeloperoxidase der neutrophilen Granulozyten Ursache sein.

Eine klassische Anwendung von Luciferin-Luciferase-Systemen ist der Nachweis von ATP- und NADH-abhängigen Reaktionen. Bei entsprechender Reaktionsführung, bei der die Stärke der Biolumineszenz der Substratmenge proportional ist, kann ein Luciferin-Luciferase-System auch zur quantitativen Bestimmung von ATP eingesetzt werden. Anwendungsbeispiele der Luciferin-Luciferase-Reaktion sind Hygienekontrollen auf der Basis von ATP-Bestimmungen (Zerstörung der im Prüfmaterial enthaltenen Bakterien, Freisetzung von ATP, Luciferin-Luciferase-Reaktion unter ATP-Verbrauch führt zu Biolumineszenz, deren Intensität der ATP-Menge proportional ist). In der Gentechnik werden sogenannte Reportergene mit dem in eine Zelle (Organismus) zu übertragenden Gen gekoppelt und zusammen eingeschleust. Im Falle der Luciferase bedeutet dies, dass nach einer erfolgreichen Genübertragung die entsprechende Zelle oder der Organismus nach Zugabe von Luciferin Licht emittiert.

Lumineszenz

891

Im klinisch-chemischen Routinelabor kommen Biolumineszenz bzw. Luciferin-Luciferase-Systeme nicht zum Einsatz.

nichtkompetitiver Immunoassays nachgewiesenen Konzentrationen im fmol/L-Bereich.

Literatur. Sonnenwirth AC, Jarett L (Hrsg) (1980) Gradwohl’s clinical laboratory methods and diagnosis. Vol. 2. CV Mosby, St. Louis Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Fehlermöglichkeit. Bei zu langer Inkubationsdauer kommt es zu unspezifischer Aggregation der Beads und damit zu falsch positiven Reaktionen. Hohe Konzentrationen von Ascorbinsäure im Urin stören den LOCI, weshalb hier verdünnte Urinproben (< 1 %) eingesetzt oder Oxidationsmittel zugesetzt werden müssen.

Lumbalpunktion, diagnostische 7 Liquorprobennahme

Lumbalpunktionsnadel 7 Liquor-Gewinnung

Luminescent Oxygen Channeling Immunoassay W. Stöcker, C. Krüger

Synonym(e). LOCI™ Assay Definition. Der Luminescent Oxygen Channeling Immunoassay

(LOCI) ist ein homogener 7 Immunoassay unter Verwendung der 7 Chemolumineszenz als Detektionssystem. Er basiert auf dem Zusammenwirken zweier unterschiedlicher Populationen von 7 Mikropartikeln (Beads) in Suspension.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Eine der beiden Bead-Populationen („donor beads“, „sensitizer beads“) enthält eine lichtempfindliche Substanz, z. B. einen Photosensibilisator wie Phthalocyanin, die bei Bestrahlung mit Licht dazu in der Lage ist, Sauerstoff vom elektronischen Grundzustand (Triplettzustand) in den ersten elektronischen Anregungszustand (Singulettzustand) zu überführen (7 Lumineszenz). Die andere Beadpopulation („acceptor beads“, „chemiluminescer beads“) enthält ein Olefin, welches mit dem entstandenen Singulett-Sauerstoff unter Bildung eines Dioxetans reagiert (Photooxygenierung). Das gebildete Dioxetan zersetzt sich spontan unter Emission von Licht (Chemilumineszenz). Die Donor- und Akzeptor-Beads sind mit Antigenen bzw. spezifischen Antikörpern beschichtet. Bei kompetitiven Assays kann z. B. eine Bead-Population mit Antigen und die andere mit dem korrespondierenden Antikörper, bei nichtkompetitiven Assays können z. B. beide Bead-Populationen mit spezifischen Antikörpern beschichtet sein. Während der Inkubation der beschichteten Donor- und AkzeptorBeads mit der Probe werden infolge spezifischer Wechselwirkungen beide Bead-Populationen in räumliche Nähe zueinander gebracht. Die in der Probe suspendierten Beads werden mittels eines 7 Lasers bestrahlt (680 nm; 0,1–1 s). Der in den Donor-Beads unter Lichteinfluss freigesetzte Singulett-Sauerstoff diffundiert in den Innenraum der Akzeptor-Beads und bewirkt dort die Chemilumineszenz-Reaktion. Die darauf folgende, innerhalb einer definierten Zeitspanne auftretende Chemolumineszenz-Emission bei 550–650 nm wird gemessen. Das Messsignal ist proportional zur Anzahl der innerhalb einer bestimmten Zeit auftretenden Donor-Bead-Akzeptor-BeadWechselwirkungen, und damit zur Konzentration des zu bestimmenden Analyten.

Einsatzgebiet. Der LOCI wird zur Bestimmung von Antigenen mit großer und kleiner Molekularmasse sowie Antikörpern eingesetzt. Da sich die Chemilumineszenz-Reaktion im Inneren der Beads abspielt, wird sie nicht von höhermolekularen Bestandteilen der flüssigen Probe beeinflusst, was den LOCI sehr sensitiv, spezifisch und wenig störanfällig macht. Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Urin Instrumentierung. Der LOCI kann manuell und automatisiert durchgeführt werden. Entsprechende Geräte zur Automatisierung des Tests sind auf dem Markt erhältlich.

Sensitivität. Der LOCI ermöglicht den sehr sensitiven Nachweis einzelner Analyte. Die mit kompetitiven Immunoassays nachgewiesenen Konzentrationen liegen im pmol/L-Bereich, und die mittels

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Der LOCI ermöglicht den schnellen (5–15 min) Nachweis einzelner Analyte unter Verwendung geringer Probenvolumina (20 μL). Literatur. Wild D (2001) The Immunoassay Handbook. Nature Publishing Group, New York, S 192–194 Ullman EF, Kirakossian H, Singh S et al (1994) Luminescent oxygen channeling immunoassay: measurement of particle binding kinetics by chemiluminescence. Proc Natl Acad Sci 91:5426–5430

Lumineszenz T. Arndt

Englischer Begriff. luminescence Definition. Lumineszenz ist eine spontane Emission von Strahlung von Objekten, die sich in einem angeregten Zustand und nicht im thermischen Gleichgewicht mit ihrer Umgebung befinden (IUPACDefinition). i Atome und Moleküle liegen normalerweise im Grundzustand vor,

das heißt im Zustand kleinster potentieller Energie. Bei Aufnahme (Absorption) von Energie (z. B. Licht) durch einen Dipol, das heißt ein Objekt mit räumlich ungleichmäßiger Ladungsverteilung, können nicht nur die äußeren Elektronen von Atomen auf ein höheres Energieniveau gehoben werden, sondern auch die Molekülschwingungen und/oder -rotationen verstärkt werden. Die Energiezustände für die elektronischen und vibratorischen Niveaus eines Moleküls lassen sich nach dem Jablonski-Termschema (7 Abb. 1) charakterisieren. Man unterscheidet zwischen Singulett (S0, S1, S2; Elektronen haben antiparallelen Spin) und Triplett-Zuständen (T1, T2; Elektronen haben parallelen Spin). Bricht die Anregung ab, kehren die Moleküle in den Grundzustand zurück. Dies geschieht durch Schwingungsrelaxation, das heißt einen strahlungsfreien Übergang aus dem angeregten in den normalen Schwingungs- und/oder Rotationszustand und dann, unter Emission von Strahlung, durch Rückkehr der Elektronen auf ihr Ausgangsniveau. Die strahlungsfreie Schwingungsrelaxation ist die Ursache für eine Differenz zwischen der Energie der Anregungsstrahlung und jener der emittierten Strahlung. Infolge dessen ist die Wellenlänge des emittierten Lichts größer (d. h. nach Rot verschoben) als jene des anregenden Lichts: 5 EnergieAnregung > EnergieEmission 5 WellenlängeAnregung < WellenlängeEmission (Stokes-Regel) In Abhängigkeit von der Verweildauer der Objekte im angeregten Zustand und daraus folgend der Sichtbarkeit des emittierten Lichts nach Abbruch der Anregungsstrahlung unterscheidet man 7 Fluoreszenz (~10-8 s, d. h. die Lichtemission überdauert die Anregungsphase nicht) und 7 Phosphoreszenz (bis zu Stunden Nachleuchten nach Abschalten der Anregung; sog. verbotener Übergang vom T- in den S-Zustand, der länger dauert). Fluoreszenz und Phosphoreszenz sind also Varianten der Lumineszenz. In Abhängigkeit von ihrer Ursache unterscheidet man verschiedene Lumineszenztypen. Für das klinisch-chemische Labor sind die Photolumineszenz (Lichtanregung) und 7 Chemolumineszenz (im Ergebnis chemischer Reaktionen) von Bedeutung. 7 Biolumineszenz, eine durch chemische Reaktionen in lebenden Organismen hervorgerufene Lumineszenz hat dagegen keine Bedeutung im Routinelabor. Grundlage für die Nutzung von Lumineszenzeffekten in der klinischchemischen Analytik ist die Emission von Licht im UV/VIS- oder IR-Wellenlängenbereich: Lumineszenz kann auf die Präsenz einer bestimmten Verbindung hinweisen. Mit geeigneten Kalibrationsfunktionen kann man aus der Intensität der Lumineszenzstrahlung die Konzentration eines Analyten in der Probe bestimmen.

L

892

Luminex-Assay

Lumineszenz. Abb. 1. Jablonsky-Termschema für ein photolumineszierendes System. Aus: Latscha (2004)

Literatur. www.iupac.org/goldbook/L03641.pdf Greiling H, Gressner AM (1995) (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. Chemie – Basiswissen III. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Luminex-Assay W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Multiplex-Assay Englischer Begriff. luminex assay; multiplexed particle-based flow cytometry assay

Definition. Ein auf Kodierung und Dekodierung von Beads basieren-

verwendeten Fluoreszenzfarbstoffe, sodass die Klassifizierung der Polystyrolkugeln und die Quantifizierung der Analyten nebeneinander durchgeführt werden können. Die Analyse der Polystyrolkugeln und die Auswertung der Fluoreszenzintensitäten erfolgt in einem dreikanaligen Durchflusszytometer. Mittels der xMAP™-Technologie ist es möglich, bis zu 100 verschiedene Analyte simultan innerhalb einer einzigen Probe zu detektieren und zu quantifizieren. Als Resultat eines Multiplex-Immunoassays erhält man ein Mehranalytenprofil.

Einsatzgebiet. Luminex-Assays verfügen über vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Sie sind geeignet für Anwendungen in der medizinischen Diagnostik, im pharmazeutischen HochdurchsatzScreening sowie in anderen verwandten Bereichen, wo mehrere unterschiedliche Proteine oder Nukleinsäuren simultan in einer Probe untersucht werden sollen.

des Analysesystem, mit dem eine Vielzahl von Proteinassays (sogenannte Multiplex-Assays), wie z. B. Immunoassays, Protein-ProteinInteraktionsassays und Enzymassays, synchron, schnell und effizient in Suspension durchgeführt werden können.

Untersuchungsmaterial. Protein- und Nukleinsäure-haltige Proben wie Körperflüssigkeiten, Zellkulturüberstände, Extrakte und Präparate.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die von der Firma Luminex Corpo-

ohne Waschen der festen Phase durchgeführt. Die feste Phase kann durch Filtration, Zentrifugation oder bei Verwendung von Magnetbeads durch Einwirken eines magnetischen Feldes abgetrennt werden. Zur Auswertung der Luminex-Assays wird ein Analysegerät benötigt, welches auf der Methode der 7 Durchflusszytometrie basiert.

ration (USA) entwickelte xMAP™-Technologie bildet die Grundlage für eine neue, interessante Analysetechnik auf der Basis der Mehrkanal-Durchfluss-Fluorometrie. Als feste Phase werden hier mikroskopisch kleine sphärische Polystyrolpartikel eingesetzt, welche mit zwei verschiedenen 7 Fluoreszenzfarbstoffen eingefärbt sind, die in unterschiedlichen Bereichen des optischen Spektrums emittieren. Die Kombination dieser beiden Farbstoffe in jeweils zehn verschiedenen Konzentrationsstufen führt zu 100 spektral unterscheidbaren Fluoreszenzkodierungen. Jede dieser Fluoreszenzkodierungen definiert eine Population von Polystyrolkugeln. Die interne Farbkodierung der Polystyrolkugeln gestattet deren präzise Identifizierung durch das Analysegerät und die exakte Zuordnung zu ihrer jeweiligen Population. Jede Population von Polystyrolkugeln kann mit einem anderen spezifischen Biomolekül, z. B. Antigen oder Antikörper, beladen werden und bildet die Festphase für einen individuellen Assay. In jedem Multiplex-Assay wird eine Mischung unterschiedlicher Polystyrolkugel-Populationen mit der zu analysierenden Probe inkubiert. Reaktanden der Probe binden sich in spezifischer Weise an die entsprechenden immobilisierten Biomoleküle und werden anschließend durch ein Nachweisreagenz mit einem weiteren Fluoreszenzfarbstoff dargestellt. Der spektrale Bereich dieses Fluoreszenzfarbstoffes unterscheidet sich von denen der für die Kodierung der Polystyrolkugeln

Instrumentierung. Luminex-Assays werden in Suspension mit oder

Spezifität. Zur Spezifität der Luminex-basierten Nachweisreaktionen im Vergleich zu konventionellen Festphasenassays liegen noch nicht genügend Erkenntnisse vor.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Der Luminex-Assay kommt speziell für Mehrparameter-Bestimmungen mit etwa 5 bis zu 100 Parametern in Frage. Luminex-Assays können manuell oder automatisiert durchgeführt werden. Sie setzen mit einem dreikanaligen Zytofluorometer ein zu aufwendiges Messsystem voraus, dessen Kapazität sehr begrenzt ist und dessen Investition sich unter Umständen nicht rentiert, weil sequentiell mit großem Zeitaufwand ausgewertet werden muss. Allein die zytofluorometrische Messung einer Probe dauert mindestens 30 Sekunden, der niedrige Probendurchsatz rechtfertigt möglicherweise nicht den Einsatz eines technisch sehr anspruchsvollen dreikanaligen Zytofluorometers. Modernen Flächenarrays werden in dieser Hinsicht größere Chancen eingeräumt, bei denen die Identifikation des Parameters durch die geometrische Position festgelegt

Lundh-Test

ist und das Messsignal durch ein viel schnelleres Bildauswertesystem erfasst wird.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Der Luminex-Assay ist als Mikropartikel-Array-Technologie eine sehr junge Multiparametermethode, die zwischen den konventionellen Einzelparameter-Testsystemen wie dem konventionellen Immunoassay und den auf höchste Multiplizität ausgelegten Mikroarraytechnologien eingeordnet werden kann. Literatur. Fulton RJ, McDade RL, Smith PL et al (1997) Advanced multiplexed analysis with the FlowMetrixTM system. Clin Chem 43:1749–1756 Spain M, McDade R (2000) A workstation approach to bioassays. IVD Technol 6:35–42

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ersten Fraktion, gefolgt von 30-minütigen Sammelabständen bis zu 120 min. Aspirate werden in eisgekühlten Messzylindern asserviert bis zur Messung der Bicarbonatkonzentration und -menge sowie Enzymaktivitäten und -menge.

Funktion und Pathophysiologie. Im Gegensatz zum Sekretin-Pankreozymin-Test erfolgt die Stimulation des exokrinen Pankreas endogen durch die Lundh-Testmahlzeit, somit werden nicht nur dessen Sekretionsleistung sondern auch der nervale und humorale Stimulationsmechanismus geprüft. Die endogene Hormonfreisetzung kann bei Dünndarmerkrankungen (z. B. einheimische Sprue) beeinträchtigt sein und somit falsch pathologische Ergebnisse hervorrufen. Nach Vagotomie und Magenresektion ist der Test nicht anwendbar.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Aspirierter Duodenalsaft

Luminex-Immunoassay 7 Immunoassay, heterogener

Lundh-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. Lundh-test Definition. Eine Variante des Sekretin-Pankreozymin-Testes zur Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz bei dem vor und nach Aufnahme einer standardisierten Testmahlzeit über eine Sonde Duodenalsaft zur Bestimmung von Volumen, Bicarbonatgehalt und verschiedenen pankreatogenen Enzymaktivitäten aspiriert wird.

Durchführung. Nach 12-stündiger Nahrungskarenz wird unter Rönt-

genkontrolle eine doppelläufige Lagerlöf-Sonde (wie beim 7 SekretinPankreozymin-Test) in Rechtsseitenlage des Patienten so eingeführt, dass am Sphinkter Oddi alkalischer, gallig gefärbter Duodenalsaft aspiriert werden kann (7 Abb. 1). Während der ersten 30 min wird eine Plateauphase erreicht, der sich die Sammlung des Nüchternsekrets über 30 min anschließt (Basalsekretion), danach orale Aufnahme einer Lundh-Testmahlzeit mit folgender Zusammensetzung: 5 % Proteine, 6 % Fette, 16 % Kohlenhydrate, 725 mosmol/L, pH 6,5 (entsprechend 15 g Milcheiweiß, 18 g Sojaöl und 50 g Glukose in 300 mL Wasser), exakt 15 min nach Testmahlzeit-Einnahme Aspiration der

Lundh-Test. Abb. 1. Eine Variante des Sekretin-Pankreozymin-Tests

Präanalytik. 3 Tage vorher Absetzen von Enzymsubstitutionspräparaten, 12-stündige Nahrungskarenz vor Testbeginn. Eisgekühlte Asservierung des Duodenalsafts bis zu 8 h. Analytik. Messung von Volumen, Bicarbonatkonzentration und den Aktivitäten von 7 Trypsin, 7 Chymotrypsin, 7 Amylase und 7 Lipoproteinlipase (ggf. weiteren pankreatogenen digestiven Enzymen). Referenzbereich — Erwachsene. methodenabhängig, nicht allgemeingültig

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz Interpretation. Die Bewertung entspricht im Wesentlichen der des Sekretin-Pankreozymin-Testes, doch können sich aufgrund veränderter nervaler und/oder humoraler Stimulationsmechanismen (z. B. Sprue, Vagotomie, Magenresektion) deutliche Unterschiede in dem Testergebnis einstellen. Wegen der hohen funktionellen Reservekapazität des Pankreas fällt der Lundh-Test erst nach Verlust von deutlich mehr als 50 % pathologisch aus, ist damit jedoch sensitiver als indirekte Pankreasfunktions-Teste und der Nachweis einer Steatorrhoe. Erlaubt durch gleichzeitige Bestimmung von Glukose im Serum auch eine Beurteilung der endokrinen Funktionsleistung des Organs. Diagnostische Wertigkeit. Bei Berücksichtung der zu falsch-patholo-

L

894

Lupus-Antikoagulans

gischen Ergebnissen führenden Einflussgrößen (entzündliche Darmerkrankungen, Vagotomie, Magen-Darm-Operationen) entspricht der Lundh-Test dem Sekretin-Pankreozymin-Test, weist jedoch gegenüber diesem bei leichteren Formen eine geringere diagnostische Sensitivität (7 Sensitivität, diagnostische) auf. Vergleichbar den Kriterien des 7 PABA-Testes.

Englischer Begriff. luteinizing hormone; LH

Literatur. Lankisch PG (1982) Progress report: exocrine pancreatic function tests. Gut 23:777–798

Struktur. Aus 121 Aminosäuren und drei Zuckerketten bestehende Proteohormon ist als Glykoprotein aus 2 Polypeptidketten (α- und β-Untereinheit) aufgebaut.

Definition. LH ist Produkt des Hypophysenvorderlappens und ein Glykoproteinhormon wie TSH (7 Thyreotropin), FSH (7 Follikelstimulierendes Hormon) und HCG (7 Choriongonadotropin) und besteht aus einer α- und β-Untereinheit.

Lupus-Antikoagulans

Molmasse. ~30 kDa

W. Stöcker, W. Schlumberger

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. LH wird ebenso wie FSH

Synonym(e). Anti-Prothrombinase Englischer Begriff. lupus anticoagulant Definition. Lupus-Antikoagulans sind Antikörper verschiedener Immunglobulinklassen (IgG, IgM, IgA), die sich an PhospholipidProtein-Komplexe binden. Sie sind mit Phospholipid-Antikörpern verwandt, aber nicht mit ihnen identisch.

Funktion und Pathophysiologie. Als Lupus-Antikoagulans werden nur solche Antikörper bezeichnet, die die Phospholipid-abhängige Umwandlung von 7 Prothrombin zu 7 Thrombin verzögern. Sie können somit in vitro zu einer Verlängerung vor allem der partiellen Thromboplastinzeit (PTT), aber auch der 7 Thromboplastinzeit (TPZ) führen. Klinisch resultiert jedoch selten eine Blutungsneigung, sondern bei Vorliegen dieser Antikörper findet man vielmehr arterielle oder venöse Thrombosen. Wenn die Plazenta der Ort der Thrombosierung ist, kommt es zu rezidivierenden Aborten.

Analytik. Lupus-Antikoagulans wird mittels Gerinnungstests bestimmt. Suchtest ist die Phospholipid-abhängige PTT (partielle Thromboplastinzeit)-Bestimmung. Bei positivem Suchtest erfolgt ein Bestätigungstest (DRVVT, Dilute-7 Russell-Viper-Venom-Test). Die PTT erfasst die endogene Aktivierung des Gerinnungssystems sowie die gemeinsame Endstrecke. Verlängerung durch Mangel an den Faktoren I, II, V, VIII, IX, X, XI, XII, XIV und XV. Beim DRVVT führt das Schlangengift Russell-Viper-Venom zu einer direkten Aktivierung von FX. Wenn die Phospholipid-Konzentration des Testansatzes gesenkt wird, bleibt die Gerinnung bei Anwesenheit von Lupus-Antikoagulans aus. Lupus-Antikoagulans sollte durch entsprechende Folgeuntersuchungen bestätigt sowie ein passageres Lupus-Antikoagulans durch Verlaufskontrollen ausgeschlossen werden. Untersuchungsmaterial/Entnahmebedingungen. Citrat-Plasma Probenstabilität. Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Lupus-Antikoagulans wird zur serologischen Diagnostik des Antiphospholipid-Syndroms (APS) bestimmt. Zur Abklärung einer Thromboseursache, einer klinisch nicht erklärbaren Thrombozytopenie oder von wiederholten Aborten ist eine Lupus-Antikoagulans-Diagnostik stets geboten. S. a. 7 Autoantikörper gegen Phospholipide.

Literatur. Brandt JT, Triplett DA, Alving B, Scharrer I (1995) Criteria for the diagnosis of lupus anticoagulants: an update. Thromb Haemost 74:1185–1190 Tripodi A (2007) Laboratory testing for lupus anticoagulants: a review of issues affecting results. Clin Chem 53:1629–1635

pulsatil ausgeschüttet. Die Frequenz und Amplitude der LH-Impulse werden durch das hypothalamische Hormon GnRH (7 Gonadotropin-Releasing-Hormon) gesteuert. In der Follikelreifungsphase erfolgen die Gonadotropinimpulse alle 90 min, in der Lutealphase 3–6 h, je nach Dauer der Lutealphase.

Halbwertszeit. Wenige Minuten Funktion und Pathophysiologie. Bei Frauen findet man erhöhte LHKonzentrationen zusammen mit erhöhten (hypergonadotropen) FSH-Werten im Klimakterium, der Postmenopause bzw. bei Vorliegen eines Klimakterium praecox und bei allen anderen primären Störungen der Gonadenfunktion und -entwicklung (Gonadendysgenesie). Physiologisch steigt in Zyklusmitte der LH-Wert als Folge der Follikelreifung akut an und löst nicht nur die Luteinisierung des Follikels und die Progesteronsynthese/-sekretion aus, sondern auch dessen ovulatorische Ruptur. LH ist das Luteotrope Hormon. Unmittelbar nach der Implantation wird seine luteotrope Funktion abgelöst durch HCG, dessen biologische Wirkung von der des LH kaum unterscheidbar ist. Hohe LH-Werte bei noch normalen FSH-Konzentrationen und damit einen hohen LH-FSH-Quotienten findet man auch bei chronisch anovulatorischen Zyklen und bei der Oligomenorrhoe speziell bei Frauen, die ein polyzystisches Ovarsyndrom haben. Niedrige bzw. unterhalb der Nachweisgrenze liegende LH-Werte findet man zusammen mit niedrigen oder nicht nachweisbaren FSH-Werten und niedrigen Estrogen-Konzentrationen bei Amenorrhoen hypothalamisch-hypophysärer Genese, insbesondere auch bei Anorexia nervosa, nach Hypophysenstielläsionen oder anderweitiger Zerstörung der Hypophyse. Bei Männern findet man hohe LH- und FSH-Konzentrationen bei niedrigen Testosteronwerten als Folge einer primären Schädigung des Hodengewebes. Niedrige bzw. nicht nachweisbare LH- (und FSH-) Konzentrationen findet man bei hypothalamisch-hypophysären Ursachen des männlichen Hypogonadismus. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 0,5 mL Serum Probenstabilität.

5 Vollblut: 7 Tage bei 20–25 °C 5 Serum/Plasma: 1 Jahr bei –20 °C; 5 Tage bei 4–8 °C; 3 Tage bei 20–25 °C

Präanalytik. Keine besonderen Anfordernisse. Postversand ist ungekühlt möglich. Analytik. Radioimmoassays haben eine minimale Kreuzreaktivität zu FSH, TSH und β-HCG. Verwendet werden Immunoassays mit monoklonalen oder polyklonalen Antikörpern.

Konventionelle Einheit. mIE/mL Internationale Einheit. IU/L

Lupus-erythemadodes-Zellen

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mIE/mL = IU/L

7 Autoantikörper gegen Zellkerne

Referenzbereich — Frauen. Follikelphase: 1,90–12,5 mIE/mL; Ovu-

Luteinisierendes Hormon

lationsphase: 8,70–76,3 mIE/mL; Lutealphase: 0,50–16,9 mIE/mL; Postmenopause: 15,9–54,0 mIE/mL

H.M. Schulte, J. Jacobeit

Referenzbereich — Männer. 1,40–9,20 mIE/mL

Synonym(e). Interstitial cell stimulating hormone; ICSH; LH

Indikation. Beurteilung der Pubertätsentwicklung.

Lymphe

Frauen: Sterilitätsdiagnostik und Beurteilung von Zyklusstörungen. Männer: Diagnose eines primären oder sekundären Hypogonadismus.

Interpretation. Frauen (s. Funktion und Pathophysiologie): 5 primäre Ovarialinsuffizienz, Klimakterium praecox, präovulatorischer Gonadotropinanstieg, polyzystische Ovarien (PCO-Syndrom) 5 sekundäre Ovarialinsuffizienz bei Hypophysenunterfunktion, hypothalamische Störungen (z. B. Kallmann-Syndrom, massives Untergewicht, Anorexia nervosa u. a.). Männer (s. Funktion und Pathophysiologie): 5 bei primärem Hypogonadismus, Anorchie, Kastration, KlinefelterSyndrom 5 bei sekundärem Hypogonadismus (hypophysäre Störung, Estrogentherapie, Leberzirrhose).

Diagnostische Wertigkeit. Zur weiteren Abklärung niedriger FSHund LH-Konzentrationen eignet sich in bestimmten Fällen der GnRH-Test. Bei Männern sollte zusammen mit LH auch FSH, 7 Testosteron und 7 Prolaktin sowie fakultativ 7 Estradiol bestimmt werden. Medikamente, die die Hypothalamus-Hypophysen-Ovarachse supprimieren, wie z. B. Ovulationshemmer oder GnRH-Analoga, blockieren auch die LH-Synthese und -Sekretion. Der Zeitpunkt der Bestimmung von LH hängt von der klinischen Fragestellung ab. Bei Zyklusstörungen, aber noch vorhandener Menstruation sollte die LH-Bestimmung zusammen mit der von FSH zwischen Tag 1 und 5 im Rahmen der Primärdiagnostik der gestörten Ovarfunktion erfolgen. Bei der Frage nach der ovulatorischen Reaktion hängt der Zeitpunkt der LH-Bestimmung vom Grad der sonographisch und hormonal zu bestimmenden Follikelreifung ab. Die LH-Bestimmung erfolgt dann in der Zyklusmitte. Anhand des präovulatorischen LH-Anstiegs kann man den Zeitpunkt der Ovulation abschätzen. Literatur. Thijssen JH et al (1991) Multicenter Evaluation of New Enzyme-Linked Immunoassays of Follitropin and Lutropin in Serum or Plasma. Clin Chem 37:1257–1263 Mitchell R, Hollis S, Crowley V et al (1995) Immunometric Assays of Luteinizing Hormone (LH): Differences in Recognition of Plasma LH By Anti-Intact and Beta-Subunit-Specific Antibodies in Various Physiological and Pathophysiological Situations. Clin Chem 41:1139– 1145 Elmlinger MW, Kuhnel W, Ranke MB (2002) Reference Ranges for Serum Concentrations of Lutropin (LH), Follitropin (FSH), Estradiol (E2), Prolactin, Progesterone, Sex Hormone-Binding Globulin (SHBG), Dehydroepiandrosterone Sulfate (DHEAS), Cortisol and Ferritin in Neonates, Children and Young Adults. Clin Chem Lab Med 40:1151–1160

Luteinisierendes-Hormon-Releasing-Hormon 7 Gonadotropin-Releasing-Hormon

Luteohormon 7 Progesteron

Lutheran(Lu)-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). Auberger; B-CAM; AU; MSK19 Englischer Begriff. Lutheran blood group system Definition. Das Protein, das die Antigene des Lutheran-Blutgruppensystems trägt, ist ein Typ-1-Membranprotein (single-pass protein). i Das LU-Antigen kommt in zwei Isoformen mit einem Moleku-

largewicht von 85 bzw. 78 kDa vor. Dabei differieren die beiden Isoformen aufgrund von alternativem Splicen bei der Genexpression im C-Terminus des Proteins. Die 85-kDa-Isoform ist das vorherrschende

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Protein, wobei die 78-kDa-Variante auch als B-CAM bekannt ist. Die Lu-Glykoproteine gehören der Ig-Superfamilie an und weisen ähnliche extrazelluläre Domänen aus fünf Ig-homologen Domänen auf. Sie fungieren als Adhäsionsmoleküle bei der Zell-Zell- und Zell-SubstratAdhäsion und sind der Rezeptor für Laminin während der Erythropoese. Lu-Glykoproteine werden in Erythrozyten und einer Vielzahl humaner Zellen und Gewebe exprimiert. Derzeit sind 19 Antigene im Lutheran-Blutgruppensystem bekannt. Die meisten davon zeigen eine hohe Antigenfrequenz. Bisher sind 10 Paare von 7 antithetischen Lu-Antigenen beschrieben. Das Antigenpaar LU18/LU19, auch als Aua/Aub bekannt, wurde früher zu dem eigenständigen 7 Auberger-Blutgruppensystem gezählt. Die Hauptantigene stellen antithetischen Antigene Lua (LU1, ISBT005.001) und Lub (LU2, ISBT005.002) dar, wobei Lua mit einer Antigenfrequenz von 8 % und Lub mit 99,8 % vorkommt. Wie in anderen Blutgruppensystemen kennt man im Lu-System ein 7 Null-Phänotyp (Lunull), der beispielsweise in Großbritannien bei ca. 0,005–0,032 % vorkommt. Lua-Antikörper sind selten, da das Lua-Antigen selten vorkommt und ein schwaches Antigen darstellt. Sie kommen häufig als reguläre 7 Antikörper vor und sind meist vom IgM-Typ. Das Reaktionsoptimum dieser Antikörper liegt bei 12–18 °C, wodurch sie bei der Transfusion meist zu keine Komplikationen führen. Neugeborenenerythroblastosen (MHN) durch Lua-Antikörper sind nicht bekannt. Das seltene Anti-Lub kann zu hämolytischen Transfusionsreaktionen führen. Ein 7 Morbus haemolyticus neonatorum ist auch aufgrund der schwachen Expression des Lub-Antigens auf fetalen Erythrozyten bisher nicht beschrieben worden. Meist kommen Anti-Lub als IgGIgM-Gemisch vor. Die Beschaffung Lub-negativer Blutkonserven ist besonders schwierig, da die Frequenz Lub-Antigen negativer Konserven bei etwa 0,15 % liegt (7 seltene Antigene).

Literatur. Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl. Elsevier, New York Blood Group Antigen Gene Mutation Database, NCBI Parsons SF, Lee G, Spring FA, Willig TN, Peters LL, Gimm JA, Tanner MJ, Mohandas N, Anstee DJ, Chasis JA (2001) Lutheran blood group glycoprotein and its newly characterized mouse homologue specifically bind alpha5 chain-containing human laminin with high affinity. Blood 97:312–320 Mankelow TJ, Burton N, Stefansdottir FO, Spring FA, Parsons SF, Pedersen JS,Oliveira CL, Lammie D, Wess T, Mohandas N, Chasis JA, Brady RL, Anstee DJ (2007) The Laminin 511/521-binding site on the Lutheran blood group glycoprotein is located at the flexible junction of Ig domains 2 and 3. Blood 110:3398–3406 Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s 11th edition, Blood Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th editition written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M, Blackwell Publishing, Oxford

LW-Antigen 7 Landsteiner-Wiener-Antigen

Luxusgene R. Weiskirchen

Englischer Begriff. luxury genes Definition. Allgemeine Bezeichnung für 7 Gene, die nur in einer bestimmten Zelle oder einem bestimmten Gewebe exprimiert werden i Sie werden unterschieden von den sog. Haushaltsgenen (house-

keeping genes), die in nahezu allen Zelltypen exprimiert werden.

Ly-24 7 Hyaluronan-Rezeptor

Lymphe O.A. Gressner

Synonym(e). Lympha; Lymphflüssigkeit; Chylus

L

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Lymphoblasten

Englischer Begriff. lymph Definition. Als Lymphe (lat.: lympha = klares Wasser) wird die in den Lymphgefäßen enthaltene, wässrige, hellgelbe Flüssigkeit bezeichnet, die das Zwischenglied zwischen Interzellularflüssigkeit und Blutplasma darstellt. i Aus den Kapillaren gelangt ein Teil des Blutplasmas auf Grund der Differenz zwischen onkotischem Druck und Perfusionsdruck in das umliegende Gewebe. Mit den gelösten und zum Abtransport bestimmten Stoffwechselendprodukten werden ca. 90 % dieser zellfreien Gewebsflüssigkeit wieder in den venösen Schenkel des Kapillarsystems rückresorbiert. Die übrigen 10 % (beim Menschen etwa 1,5– 2 mL/min oder 2–3 L/Tag) werden als Lymphe über das Lymphgefäßsystem in den Blutkreislauf transportiert. Das Lymphgefäßsystem bildet im Unterschied zu den Blutgefäßen kein geschlossenes System. Es beginnt blind endend („cul-de-sac“) oder als feines Netz („Plexus“) aus Lymphkapillaren im Gewebe, welche sich im weiteren Verlauf zu größeren Lymphgefäßen vereinigen. Mit dem Ductus thoracicus als gemeinsamen Lymphsammelstamm wird die Lymphe schließlich im Truncus jugularis dem venösen Blutsystem zugeführt. Lymphe hat primär nährstoff- und exkrettransportierende Funktionen, insbesondere von Substanzen, deren große Molekularmasse den direkten Transport aus dem Gewebe in die Zirkulation durch die Kapillarwand nicht zulässt. Dazu gehören auch zahlreiche intestinal resorbierte Proteine und Lipide. Weiterhin kommt ihr eine zentrale immunologische Rolle zu, da sie Fremdkörper und Erreger den Lymphknoten zuführt, wo es im Rahmen der sog. Keimzentrumsreaktion zur spezifischen Vermehrung von T- und B-7 Lymphozyten kommt. Diese zellulären Strukturen werden wiederum in die Lymphe aufgenommen und somit der Zirkulation zugeführt um eine systemische Immunantwort zu ermöglichen. Lymphe besteht aus geformten Elementen und Lymphplasma. Erstere umfassen v. a. Lymphozyten (s. o.). Ihr pH-Wert beträgt 7,41. Anfangs besitzt die Lymphe eine der Gewebsflüssigkeit, aus der sie ableitet, ähnliche Zusammensetzung. So enthält sie Harnstoff, Kreatinin, Glukose, Natrium-, Kalium-, Phosphat- und Calciumionen. Hinzu kommen zahlreiche Enzyme wie Diastase, Katalase, Dipeptidasen und Lipase, außerdem Fibrinogen und Fibrinvorläufer. Fibrinogen und Fibrin sind für die Gerinnung länger extracorporal stehender Lymphe verantwortlich. Dabei werden auch die Lymphozyten eingeschlossen, die überstehende Flüssigkeit wird Lymphserum genannt. Die Konzentration von Proteinen in der Gewebsflüssigkeit beträgt etwa 2 g/L. In den Lymphgefäßen des Verdauungstraktes kann diese Konzentration auf bis zu 4 g/L, in denen der Leber auf bis zu 6 g/L ansteigen. Durch Vermischung beträgt der durchschnittliche Proteingehalt der Lymphe drei bis 5 g/L. Nach einer lipidreichen Mahlzeit kann die Konzentration der Lipide in der Lymphe 1–2 % betragen. Lipidreiche Lymphe sieht milchig aus und wird als Chylus bezeichnet.

Literatur. Schmidt RF, Lang F (2004) Lymphe. In: Thews G (Hrsg) Physiologie des Menschen. Mit Pathophysiologie. Springer, Berlin

Lymphoblasten H. Baum

Lymphoblasten. Abb. 1. Lymphoblasten (L1 in der FAB-Klassifikation), 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Lymphoblasten. Tab. 1. Einteilung und zytomorphologische Charakteristika der Lymphoblasten bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) nach der FAB-Klassifikation [Bennett (1976)] L1

L2

L3

Zellgröße

überwiegend kleine Zelle bis zur doppelten Größe kleiner Lymphozten

größer als L1, von variabler Größe

große Zellen

Chromatinstruktur

homogen strukturiert, manchmal schollig

variabel – überwiegend heterogen

gleichmäßig fein

Kernform

regelmäßig, gelegentlich Einkerbungen

unregelmäßig mit häufig Einkerbungen

regelmäßig rund bis oval

Nukleoli

meist nicht vorhanden

ein oder mehrere, oft groß

ein oder mehrere vorhanden

Zytoplasmaanteil

wenig Zytoplasma

variabel, meistens aber reichlich

reichlich vorhanden

Basophilie des Zytoplasmas

schwach basophil

variabel mit einigen intensiven Stellen

sehr intensiv

zytoplasmatische Vakuolen

variabel

variabel

sehr häufig ausgeprägt

Synonym(e). Lymphozytoblast Englischer Begriff. lymphoblast Definition. Unreife blastäre Zelle (7 Abb. 1) mit zytochemischen und

immunologischen Eigenschaften der 7 Lymphozyten.

i Lymphoblasten sind unreife lymphatische Zellen und die vorherrschende Zellpopulation bei akuten lymphatischen Leukämien (ALL), aber auch bei einigen Formen der Non-Hodgkin-Lymphome. Lymphoblasten können auf Grund morphologischer Kriterien in drei Typen (L1- bis L3-Blasten; 7 Tab. 1) eingeteilt werden. Diese Kriterien beinhalten Größe, Chromatinstruktur, Vorhandensein von Nukleolen, Zytoplasmaanteil, Basophilie des Zytoplasmas und Vakuolisierung. Zytochemisch sind die Lymphoblasten durch eine positive, grob-granuläre 7 PAS-Reaktion abgrenzbar. Die morphologisch unterscheidbaren Lymphoblastentypen sind jedoch nicht mit spezifischen akuten Leukämien oder Lymphomen assoziiert, sodass

nur durch eine weiterführende immunologische und zytogenetische Differenzierung eine Klassifizierung möglich ist.

Literatur. Bennett JM, Catovsky D, Daniel MT et al (1976) Proposal for the Classification of the Acute Leucaemias. Brit J Haematol 33:451

Lymphoidzelle 7 Türk-Zelle

Lymphozyten-Crossmatch

Lymphopoese H. Baum

Englischer Begriff. lymphopoiesis Definition. Ausdifferenzierung und Reifung der Lymphozyten aus der hämatologischen Stammzelle zu den Effektor- und Gedächtniszellen der T- und B-Lymphozyten. i Die pluripotente hämatopoetische Stammzelle des Knochenmarks

ist die Vorläuferzelle der Lymphopoese. Nach spezifischer Induktion entsteht daraus die pluripotente lymphatische Vorläuferzelle, die sowohl zur B-Zelle als auch zur T-Zelle und NK-Zelle ausdifferenzieren kann. In Abhängigkeit der weiteren Migration dieser Vorläuferzelle erfolgt die Ausprägung. Im Thymus sich weiterentwickelnde Zellen werden zu 7 T-Lymphozyten, während die Differenzierung zur BZelle im Knochenmark stattfindet. Beiden gemein ist die Ausreifung in zwei Schritten. Der erste Schritt beinhaltet das Rearrangement der Antigen-erkennenden Rezeptoren. Dieser Teilschritt ist antigenunabhängig. Diese reifen immunkompetenten Zellen werden vom Thymus bzw. dem Knochenmark in die Peripherie abgegeben und differenzieren sich nach Stimulation durch das für den jeweiligen Rezeptor spezifische Antigen in den sekundären lymphatischen Organen zu den Effektorzellen der Immunabwehr oder Memoryzellen aus.

Literatur. Mondelli MU, Parks DE, Chisari FV (1991) Cellular kinetics of lymphocytes and plasma cells. In: Williams WJ, Beutler E, Ersler AJ et al (eds) Hematology. 4. Aufl. International Edition. McGraw-Hill, New York, S 945–949

Lymphozyt

897

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York S 181–182

Lymphozyt, plasmozytoider H. Baum

Englischer Begriff. plasmocytoidic lymphocyte Definition. Lymphozyt mit verbreitertem dunkelbasophilem Zytoplasmasaum und mehr randständig liegendem Kern. i Plasmozytoide Lymphozyten sind Lymphozyten, die morphologisch 7 Plasmazellen ähneln. Sie haben einen etwas verbreiterten dunkelbasophilen Zytoplasmasaum und ihr Kern kommt etwas randständig zum Liegen. Es handelt sich um Abkömmlinge von 7 B-Lymphozyten. Sie können bei vielen verschiedenen Zuständen, wie Infektionen, Entzündungen aber auch bei Non-Hodgkin-Lymphomen nachgewiesen werden.

Literatur. Theml H, Diem H, Haferlach T (2002) Taschenatlas der Hämatologie. 5. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 48–49

Lymphozyten, gereizte H. Baum

Synonym(e). Virozyten Englischer Begriff. virocyte Definition. Große transformierte Lymphozyten bei Virusinfektionen (7 Abb. 1).

H. Baum

Englischer Begriff. lymphocyte Definition. Morphologisch differenzierbare immunkompetente Zelle mit kleinem gobscholligem Kern und wenig basophilem Zytoplasmasaum (7 Abb. 1).

Lymphozyten, gereizte. Abb. 1. Gereizter Lymphozyt (Virozyt), charakteristisch ist auch die Anschmiegung des Zytoplasmasaums an die Erythrozyten. 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Lymphozyt. Abb. 1. Kleiner Lymphozyt mit scholliger Kernchromatinstruktur und wenig basophilem Zytoplasmasaum; 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Der Lymphozyt ist eine morphologisch einheitlich erscheinende Zellpopulation, die funktionell verschiedenen 7 Lymphozyten-Populationen angehören kann. Die Zelle erscheint morphologisch etwa 7–9 μm groß, rund, mit einem runden Kern und grobscholligem, dunkelviolettem 7 Kernchromatin. Das Zytoplasma ist basophil gefärbt und meist ohne Granula. Vereinzelt können sie auch etwas größer sein mit einem Zelldurchmesser von bis zu 13 μm. Diese Lymphozyten haben einen lockerer strukturiertes Kernchromatin und ein verbreitertes Zytoplasma sowie einzelne Granula (LGL-Zellen). Eine weitere Differenzierung ist nur durch eine 7 Lymphozyten-Phänotypisierung möglich.

i Gereizte Lymphozyten sind morphologisch darstellbare größere 7 Lymphozyten mit einem verbreitertem hell- bis dunkelbasophilem Zytoplasmasaum und häufig feiner azurophiler Granulation. Der Nachweis dieser transformierten Lymphozyten im peripheren Blut ist ein Hinweis auf einen viralen Infekt, wobei differenzialdiagnostisch in erster Linie eine Toxoplasmose, Rubeolen, Hepatitiden und eine EBVInfektion in Frage kommen. Gereizte 7 Lymphozyten mit dunklerem, breiterem Zytoplasmasaum die an Plasmazellen erinnern, werden als Türck’sche Reizformen bezeichnet. Differenzialdiagnostisch muss auch an eine Leukose gedacht werden, da die transformierten Zellen morphologisch Blasten ähneln können.

Literatur. Theml H, Diem H, Haferlach T (2002) Taschenatlas der Hämatologie. 5. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 66–69

Lymphozyten-Crossmatch 7 HLA-Crossmatch

L

898

Lymphozyten-Phänotypisierung

Lymphozyten-Phänotypisierung W. Stöcker

Englischer Begriff. Lymphocyte phenotype analysis Definition. Differenzierung der Subpopulationen von B-Lymphozyten und T-Lymphozyten. i Lymphozyten-Subpopulationen können morphologisch nicht voneinander unterschieden werden. Dazu bedarf es spezifischer Oberflächenmarker, wie der Proteine der CD („cluster of differentiation“)Klassifizierung oder Immunglobulinen (nur B-Lymphozyten). Die Lymphozyten werden zuerst mittels 7 Dichtegradientenzentrifugation von den übrigen Blutbestandteilen getrennt (Separationslösung: Ficoll). Anschließend wird die Lymphozytenmischung mit einem oder mehreren spezifischen Antikörpern gegen die Oberflächenantigene inkubiert, die für die Diagnose relevant sind. Die Detektion der einzelnen Lymphozyten-Subpopulationen erfolgt mit 7 Durchflusszytometrie anhand der Intensität der ausgesandten 7 Fluoreszenz. In einer Variante geht man von Vollblut aus und spart sich die Zentrifugation.

H. Baum

Synonym(e). Lymphozytentransformationstest; LTT

Definition. In vitro-Test mit vitalen Lymphozyten, die durch Antigen- oder Mitogenzugabe zur Proliferation angeregt werden. Die Proliferation der Lymphozyten kann durch verschiedene Methoden nachgewiesen werden.

Englischer Begriff. subpopulations of lymphocytes Definition. Einteilung der Lymphozyten in distinkte Gruppen an Hand immunologischer Marker. i Die Lymphogenese in den primären und sekundären lymphatischen Geweben führt zur Bildung unterschiedlicher LymphozytenPopulationen mit definierten Aufgaben in der Immunabwehr. So können grundsätzlich 3 Subpopulationen abgegrenzt werden: TLymphozyten (7 T-Zell-Differenzierung), B-Lymphozyten und NKZellen (7 Natural-Killer-Lymphozyten). In Abhängigkeit der von den Zellen exprimierten Oberflächenantigenen können die Zellen dieser 3 Lymphozyten-Populationen weiter differenziert werden (7 Tab. 1). Dabei kann einerseits der Reifegrad an Hand des Expressionsmusters erkannt werden, andererseits zum Teil die Funktion innerhalb der Im-

Lymphozyten-Populationen. Tab. 1. Oberflächenmarker für die Linienzuordnung und Referenzbereiche (Mittelwert ± 2s) der Lymphozyten im peripheren Blut (n = 30) Referenzbereich Erwachsene Anteil (%) Lymphozyten

Zellen (pro μL) 1000–3500

B-Lymphozyten

CD19 positiv

6–24

90–580

T-Lymphozyten

CD3 positiv

57–85

850–2580

T-Helferzellen

CD3 und CD4 positiv

29–66

490–1760

T-Suppressorzellen/ zytotoxische T-Lymphozyten

CD3 und CD8 positiv

11–33

140–880

NK-Zellen

CD16 und/ oder CD56 positiv

2–35

60–1020

Verhältnis CD4/ CD8

H. Renz, B. Gierten

formation assay

Synonym(e). Lymphozyten-Subpopulationen

Marker

Lymphozyten-Proliferation

Englischer Begriff. lymphocyte proliferation assay; lymphocyte trans-

Lymphozyten-Populationen

Zelltyp

munabwehr sowie eine mögliche Aktivierung. Der Nachweis erfolgt durch die Immunphänotypisierung, wobei fluoreszenz-markierte monoklonale Antikörper, die gegen spezifische Oberflächenantigene gerichtet sind, an einzelne Subpopulationen binden. Durch die simultane Verwendung mehrerer, mit verschiedenen Fluorochromen markierter monoklonaler Antikörper in einem Messansatz, können simultan bis zu 4 oder mehr Oberflächenantigene identifiziert und eine Zuordnung zu definierten Subpopulationen erreicht werden. Die Differenzierung der Lymphozyten-Subpopulationen dient vor allem 5 der Erkennung von Vermehrungen oder Verminderungen einzelne Subpopulationen im Rahmen der Diagnostik von primären und sekundären Immundefekten 5 der Erkennung von akuten Leukämien und leukämisch verlaufenden Non-Hodgkin-Lymphomen 5 der Aktivitätsbeurteilung von rheumatischen Erkrankungen 5 der Transplantationsnachsorge

1,0–5,8

Durchführung. Zunächst werden mononukleäre Zellen aus heparinisiertem Vollblut über Dichtegradientenzentrifugation isoliert und dann mit dem fraglichen Allergen/Antigen oder Mitogen inkubiert und deren Proliferation gemessen. Zur Proliferationsmessung kann der Einbau von 3H-Thymidin in die genomische DNA mit anschließender Messung der emittierten β-Strahlung genutzt werden. Neuere Methoden verwenden Oberflächenmarker aktivierter CD4-positiver Lymphozyten, wie z. B. CD69, das durch fluoreszenzmarkierte Antikörper durchflusszytometrisch gemessen wird. Als Kontrollprobe sollte in jedem Ansatz eine Probe eines gesunden Spenders mitgeführt werden. Zusätzlich sollten die isolierten Lymphozyten mit dem Lösungsmittel des Allergens/Mitogens zur Kontrolle der Spontanproliferation inkubiert werden. Ersatzmethoden für radioaktive Proliferationsmessungen sind auf dem Vormarsch. Gemessen werden (Fluoreszenz-)Farbstoffe, die in proliferierende Zellen eingebracht werden. Funktion und Pathophysiologie. Alle antigenspezifischen Immunreaktionen, auch Allergien, werden durch T-Zellen reguliert. Periphere sensibilisierte CD4-T-Zellen können besonders zur Diagnostik von Medikamentenallergien herangezogen werden, da sie nicht immer IgE-vermittelt sind und so nicht in RAST- oder 7 Basophilen-Degranulationstests zu diagnostizieren sind. Klassischer Test für T-Zell vermittelte Allergien vom Spättyp ist die Epikutantestung. Bei negativem Testergebnis kann der Lymphozytenproliferationstest, als Voraussetzung einer Hautreaktion, direkt als Zeichen für eine Substanz-spezifische Aktivierung der T-Zellen eingesetzt werden. Der Test kann prinzipiell für alle wasserlöslichen Medikamente durchgeführt werden. Viele dieser Medikamente und deren Metabolite liegen als Haptene vor. Der physiologische Mechanismus der T-Zell-Aktivierung über Haptene ist noch nicht endgültig geklärt. Dennoch ermöglicht der LTT eine diagnostische Aussage. Als Marker für die Proliferation der CD4-T-Zellen kann die DNASynthese, indirekt über den Einbau von ≥ H-Thymidin, herangezogen werden. Die maximale DNA-Synthese wird in vitro innerhalb 72–150 h nach Antigen-Exposition erwartet. Schneller ist die Proliferation durchflusszytometrisch über Markierung verschiedene Oberflächenmarker zu detektieren. 7 CD69 ist der bei Aktivierung von Lymphozyten am schnellsten (bereits innerhalb von 8 h) ansteigende Oberflächenmarker. Andere Aktivierungsmarker wie 7 CD25 (IL-2Rezeptor), 7 CD71 (Transferrin-Rezeptor) oder 7 HLA-DR werden erst später exprimiert.

Lysin

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 10–20 mL Heparinblut

Probenstabilität. 24 h bei Raumtemperatur Präanalytik. Lagerung bei Raumtemperatur. Die Untersuchung sollte innerhalb von 24 h durchgeführt werden.

Analytik.

5 Zellkultur 5 Proliferationskontrolle durch Messung radioaktiver Strahlung, Farbstoffeinbau oder Durchflusszytometrie.

Referenzbereich — Erwachsene. 2,5–3fach gesteigerte Proliferationsrate der Lymphozyten gegenüber der Negativ- und Gesund-Kontrolle bei Antigenstimulation.

Indikation. 5 5 5 5 5

Verdacht auf angeborene Immundefekte Überprüfung der zellulären Immunität nach Impfung nicht-IgE-vermittelte allergische Reaktionen Verdacht auf Typ-IV-Allergie (Antigenstimulationstest) Immundefekte mit Ursprung im lymphozytären Zellsystem bei Patienten mit rezidivierenden Pilz- und Virusinfektionen.

Interpretation. Ein Lymphozytenproliferationstest sollte nur nach sorgfältiger Indikationsstellung und Anamneseerhebung durchgeführt werden. Nur so sind spezifische und sensitive Testergebnisse möglich. Er ermöglicht vor allem Aussagen über T-Zell-vermittelte Reaktivität in einem Zeitraum von 14 Tagen bis 3 Monaten nach dem Ereignis. Bei negativem Epikutantest bietet er die Möglichkeit, eine Sensibilisierung auf zellulärer Ebene zu diagnostizieren. Der Einsatz verschiedener Kontrollproben in jedem Testansatz erleichtert die individuelle Festlegung eines Cut-off für jeden Patienten. Dennoch sind zweifelhafte Ergebnisse zu erwarten, die nur von erfahrenen Untersuchern interpretiert werden sollten. Die aufwändige Präanalytik und Analytik stellen hohe Anforderungen. Der Test sollte daher nur von Laboratorien durchgeführt werden, die über entsprechende Erfahrung verfügen.

Diagnostische Wertigkeit. Der LTT stellt eine komplexe und daher, auch bei korrekter Indikation, sehr von der Erfahrung des Untersuchers abhängige Testmethode dar. Sensitivität und Spezifität lassen sich durch genaue Anamneseerhebung und damit möglichst exakt eingegrenzte Fragestellung verbessern. Die Interpretation der Testergebnisse sollte anhand der mitgeführten Kontrollen erfolgen. Literatur. Peter H-H, Pichler WJ (Hrsg) (1996) Klinische Immunologie. 2. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München, S 205 Weber-Mani U, Pichler WJ (2003) Der Lymphozytentransformationstest (LTT) in der Diagnostik von Medikamentenallergien. Schweiz Med Forum 15:357–361

Lymphozyten-Subpopulationen 7 Lymphozyten-Populationen

899

vitro-Nachweis einer zellulären und/oder humoralen Immunreaktion an Lymphozyten. i Lymphozyten werden mit Hilfe eines Dichtegradienten aus antikoaguliertem Blut gewonnen und auf Mikrotiterplatten mit antikörperhaltigem Serum inkubiert, nachdem dieses 30 min auf 56 °C erhitzt wurde, um die noch im Serum vorhandene Komplementaktivität zu inaktivieren. Bei Anwesenheit eines korrespondierenden Antikörpers im Serum kommt es nach Zugabe von Komplement zur Lyse der Lymphozyten. Diese wird mit einem Farbstoff (z. B. Eosin) sichtbar gemacht. In die beschädigten Lymphozyten dringt der Farbstoff ein und färbt die Zellen an. Die Beurteilung der lysierten und vitalen Lymphozyten erfolgt mit dem inversen Phasenkontrast-Mikroskop. Der Lymphozytotoxizitätstest wird u. a. auch zur Bestimmung der verschiedenen Loci des 7 HLA-Systems eingesetzt.

Lyophilisation T. Arndt

Synonym(e). Gefriertrocknung Englischer Begriff. lyophilisation Definition. Verfahrenstechnologie zur schonenden Trocknung und Haltbarmachung eines Materials im Vakuum, bei dem das Lösungsmittel (i. d. R. Wasser) ausgefroren und anschließend verdampft wird. i Die Lyophilisation ist ein weitverbreitetes Verfahren zur scho-

nenden Konservierung temperaturempfindlicher Güter. Dabei wird das Ausgangsprodukt zunächst auf Temperaturen von bis zu –70 °C tiefgefroren. Anschließend werden ihm im Hochvakuum 95–98 % des Wassers durch 7 Sublimation entzogen, wobei die Struktur und äußere Form der Inhaltsstoffe erhalten bleiben. Eingesetzt wird die Lyophilisation bei der Haltbarmachung von Lebensmitteln (Instantprodukten), Pharmazeutika und biologischen und medizinischen Materialien (z. B. Blutplasma, Seren, Viren, Qualitätskontrollmaterial). Gefriergetrocknete Güter sind sehr leicht und können leicht durch Wasserzugabe in ihre alte Form rekonstituiert werden.

Literatur. Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Lys 7 Lysin

Lysergid 7 LSD

Lysergsäurediethylamid 7 LSD

Lysin A.C. Sewell

Lymphozyten-Transformationstest 7 Lymphozyten-Proliferation

Lymphozytoblast 7 Lymphoblasten

Lymphozytotoxischer Test K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). LCT-Test; (Mikro-)Lymphozytotoxizitätstest; Terasaki-

Synonym(e). Lys Englischer Begriff. lysine Definition. Essenzielle, verzweigtkettige α-Aminosäure Struktur. 7 Aminosäuren Molmasse. 146,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Da Lys nicht synthetisiert wird, muss diese Aminosäure über die Nahrung aufgenommen werden (1–1,5 g/Tag).

Test, Zytotoxizitätstest

Pathophysiologie. Lys ist eine Base und eine Aminosäure, die be-

Englischer Begriff. lymphocyte toxicity test

vorzugt posttranslational modifiziert wird (Methylierung und Acetylierung). Im 7 Kollagen wird ein modifiziertes Lys gefunden, das Hydroxylysin. Glutarazidurie Typ 1 resultiert aus einem angeborenen

Definition. In der Transplantations- und Tumorimmunologie der In-

L

900

Lysolecithin

Defekt im Lysinabbau. Erhöhte Werte im Urin können einen Hinweis auf zwei verschiedene angeborene Erkrankungen des Aminosäurentransportes geben: Cystinurie u. lysinurische Proteinintoleranz.

Untersuchungsmaterial/Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Urin, Liquor, Trockenblut

Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereiche. 7 Aminosäuren Literatur. Mönch E, Link R (2006) Diagnostik und Therapie bei angeborenen Stoffwechselstörungen. 2. überarb. und erw. Auflage. SPSVerlag, Heilbronn Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics. SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York pp 53–90

Lysolecithin 7 Lysophosphatidylcholin

sungen sowie falsch eingestellte Proteinkonzentrationen der Probe können am ehesten zu falsch positiven Ergebnissen führen. Ebenfalls kann Probenmaterial, das über einen zu langen Zeitraum und/oder nicht ausreichend temperiert transportiert oder schlecht aufgearbeitet wurde, zu falsch positiven Ergebnissen führen. Desweiteren gibt es Fälle, bei denen trotz Vorliegen eines Enzymdefektes ein falsch negatives Ergebnis bei der Bestimmung der Enzymaktivität erhalten wird (z. B. photometrischer Test auf NiemannPick Typ B mit der Mutation Q292K). Eine weitere Fehlermöglichkeit ist, dass nicht das Enzym selbst, sondern das zugehörige Aktivatorprotein defekt ist. Dies kann z. B. bei der Arylsulfatase A (Metachromatischen Leukodystrophie) in seltenen Fällen vorkommen. Bei Vorliegen eines Defekts der Arylsulfatase A muss immer auch die Sulfatid-Ausscheidung im Urin getestet werden. Ist die SulfatidAusscheidung normal, handelt es sich um eine Pseudodefizienz ohne klinische Relevanz. Heterozygote weisen häufig erniedrigte Enzymaktivität auf, die jedoch ohne klinische Relevanz ist.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten.

Lysophosphatidylcholin K.J. Lackner, D. Peetz

Synonym(e). Lysolecithin; Lyso-PC Englischer Begriff. lysophosphatidylcholine Definition. Durch Einwirkung von 7 Phospholipase A2 auf Phosphatidylcholin (PC) entsteht Lyso-PC. Dabei wird die Fettsäure an der sn2-Position des Glyzerins abgespalten. i Lysophosphatidylcholin ist ein biologisch relevanter Mediator besonders bei inflammatorischen Prozessen.

Lysosomale Enzyme, Aktivitätsbestimmung G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. determination of activities of lysosomal enzymes (fluorimetric)

Definition. Bestimmung der Aktivität einzelner lysosomaler Enzyme mittels fluorogen-markierten Substrats. Physikalisch-chemisches Prinzip. Jedes zu untersuchende lysosomale Enzym spaltet spezifisch ein bestimmtes Substrat. Bei der Bestimmung lysosomaler Enzymaktivitäten werden meist künstliche Substrate verwendet, die eine fluorogene Gruppe enthalten, z. B. eine 4-Methylumbelliferyl (4-MU)-Gruppe. Das Substrat wird mit dem jeweiligen Probenmaterial (Plasma, Serum, Leukozytenhomogenat, Fibroblastenhomogenat) inkubiert. Anschließend wird die vom Enzym freigesetzte 4-MU-Gruppe durch Zugabe eines basischen Puffers in das 4-MU-Anion überführt. Dieses kann mittels 7 Fluorimetrie bei λex= 365 nm und λem= 445 nm detektiert werden. Die gemessene Aktivität wird anhand einer gleichzeitig gemessenen Eichgerade berechnet.

Einsatzgebiet. Bei Verdacht auf Vorliegen einer speziellen lysosomalen Speichererkrankung oder einer Gruppe der lysosomalen Speichererkrankungen, wie z. B. Mukopolysaccharidosen, Sphingolipidosen, Mukolipidosen und Oligosaccharidosen Untersuchungsmaterial. Serum, Heparin-Plasma, Leukozyten (Heparin-Vollblut), Fibroblasten (Hautstanze) Instrumentierung. Wasserbad, Trockenschrank, Fluorometer, Photometer, Ultraschallstab und pH-Meter Spezifität. Abhängig vom untersuchten Enzym und dem jeweils verwendeten Substrat Sensitivität. Abhängig vom untersuchten Enzym und dem jeweils verwendeten Substrat Fehlermöglichkeit. Falsch angesetzte Puffer- und/oder Substratlö-

Serum/Plasma: 5 Leicht durchzuführen 5 Automatisierung möglich 5 Kosten sind abhängig vom jeweils verwendeten Substrat. Leukozyten/Fibroblasten: 5 Relativ aufwändig, da zunächst eine Proteinbestimmung des jeweiligen Homogenats durchgeführt werden muss. Anhand dieser müssen die für die jeweiligen Enzymaktivitätsbestimmungen benötigten Proteinkonzentrationen eingestellt werden. Erst dann kann die eigentliche Enzymaktivitätsbestimmung erfolgen 5 Automatisierung nur bei sehr hohem Probendurchsatz sinnvoll 5 Kosten sind abhängig vom jeweils verwendeten Substrat.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Zur Diagnosestellung ist die Bestimmung des Enzymdefektes unbedingt erforderlich. Neben der Bestimmung des Enzymdefekts sollte auch der molekulargenetische Defekt bestimmt werden. Letzteres ist insbesondere bei weiblichen Patienten mit Morbus Fabry notwendig, da diese in der Regel nur eine mäßig erniedrigte Aktivität der α-Galaktosidase A aufweisen.

Lysosomale Speicherkrankheiten, Diagnostik G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. diagnostics of lysosomal storage disorders Definition. Untersuchung lysosomaler Abbaustörungen komplexer Makromoleküle i Lysosomale Speicherkrankheiten sind seltene, genetisch vererbte

Stoffwechselkrankheiten. Sie werden autosomal rezessiv vererbt, mit Ausnahme von Morbus Fabry und Morbus Hunter, die beide X-chromosomal vererbt werden. Sie beruhen in der Regel auf einem Defekt eines einzigen lysosomalen Enzyms. Lysosomen sind Zellorganelle und kommen in allen kernhaltigen Zellen vor. Ihre Aufgabe besteht vor allem im hydrolytischen Abbau komplexer Makromoleküle, wie z. B. 7 Mukopolysaccharide, Sphingolipide, Mukolipide und Oligosaccharide, in ihre einfachen Bausteine. Dieser Abbau erfolgt überwiegend durch eine Vielzahl von sauren Hydrolasen, wie z. B. Glykosidasen, Sulfatasen und Phosphatasen. Die meisten dieser Hydrolasen sind Substrat-spezifische Exohydrolasen mit einem pH-Optimum bei etwa pH 4–5. Exohydrolasen spalten nur endständige Bausteine eines Makromoleküls ab. Folglich führt fehlende Aktivität eines solchen Enzyms zum unvollständigen Abbau eines Makromoleküls, welches dann zur abnormen Speicherung in den Lysosomen führt. Viele lysosomale Enzyme werden sezerniert und dann von anderen Zellen durch Endozytose aufgenommen; daher können sie auch in Körperflüssigkeiten untersucht werden. Bisher sind etwa 40 lysosomale Speicherkrankheiten bekannt, die entsprechend des abnorm gespeicherten Materials wie folgt klassifiziert werden: Mukopolysaccharidosen, Sphingolipidosen, Mukolipidosen

Lysozym

und Oligosaccharidosen. Darüber hinaus gibt es noch die lysosomalen Transportdefekte, die Glykogenose Typ II (Morbus Pompe) und den multiplen Sulfatasedefekt. Die Akkumulation der unvollständig abgebauten Substrate führt zur Funktionsstörung betroffener Zellsysteme, was sich klinisch durch Anschwellen von Zellverbänden und Organen manifestiert. Die Diagnostik dieser Krankheiten beginnt daher in der Regel aufgrund dieser typischen klinischen Symptome mit einem allgemeinen Urinscreening mittels 7 Oligosaccharid-Dünnschichtchromatographie, Bestimmung der Gesamtglykosaminoglykane und eventuell mittels 7 Mukopolysaccharid-Elektrophorese. Daran anschließend können spezifische zur klinischen Symptomatik passende Enzymaktivitäten bestimmt werden. Diese werden im Plasma und in Leukozyten bestimmt, da diese Materialien relativ einfach zu erhalten sind und relativ schnell zu einem Ergebnis führen. Führt dies nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, erfolgt weitere Diagnostik in Hautfibroblasten. Während früher ein Screening in Form des 7 Methylamin-Tests und/ oder des 7 Sulfatstoffwechsel-Tests radioaktiv vorgeschaltet war, wird heute der Bestimmung einzelner Enzymaktivitäten der Vorzug gegeben, deren Auswahl sich nach der klinischen Symptomatik richtet. Sobald die Diagnose einer lysosomalen Speicherkrankheit gestellt ist, sollte eine molekulargenetische Analyse bezüglich der verursachenden Mutation(en)/Deletion(en) erfolgen. Ist ein Indexpatient, d. h. ein Familienmitglied, das an einer lysosomalen Speicherkrankheit erkrankt ist, in der Familie bekannt, kann bei Vorliegen einer Schwangerschaft eine Pränataldiagnostik nach erfolgter 7 Chorionzottenbiopsie und/oder 7 Amniozentese auf biochemischer und/oder molekulargenetischer Ebene durchgeführt werden.

901

Probenstabilität. Analytstabilität bei Raumtemperatur weniger als 6 h, bei 4 °C 6 Tage, bei –20 °C mindestens 1 Monat.

Präanalytik. Hämolyse- und Lipämie-freies Serum/Plasma Analytik.

5 Funktioneller Test (Katalytische Aktivitätsbestimmung): Turbidimetrische oder nephelometrische Messung der durch Lyse einer Suspension von Micrococcus lysodeicticus auftretenden Abnahme der Trübung durch Lysozym. Die Hydrolyse der β (1-4)-Glykosidbindungen im Polysaccharidgerüst des Peptidoglykans erzeugt Disaccharide aus N-Acetyl-D-Glukosamin und N-Acetyl-Muraminsäure mit gebundenen Peptidseitenketten, die die Suspension transparent machen. Die pro Zeiteinheit abnehmende Trübung ist der Lysozymaktivität proportional. 5 Geldiffusionsassay: Ähnlich der radialen Immundiffusion wird die mit M. lysodeicticus imprägnierte Gelplatte in einer ausgestanzten zylindrischen Kavität mit der zu untersuchenden Körperflüssigkeit beschickt. Durch radiale Diffusion des Lysozym-haltigen Materials kommt es zu einer kreisförmigen Bakteriolyse und Aufhellung, deren Durchmesser dem Logarithmus der Lysozymkonzentration proportional ist. 5 Immunologische Methoden: 7 Enzyme-linked ImmunosorbentAssay (ELISA)

Referenzbereich — Erwachsene. 7 Tab. 1 Lysozym. Tab. 1. Referenzbereiche Erwachsene (methodenabhängig)

Literatur. Weibel TD, Brady RO (2001) Systematic approach to the diagnosis of lysosomal storage disorders. Mental Retardation and Developmental Disabilities Research Reviews 7:190–199

Lysozym

Serum/Plasma/Liquor

4,0–13,0 mg/L

Urin

≤ 1,5 mg/L; 1,3–3,6 mg/Tag

Stuhl

< 1,0 μg/g Stuhl (Transport/ Lagerung tiefgefroren)

A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Muramidase; Muraminidase; EC 3.2.1.17 Indikation.

Englischer Begriff. lysozyme; muramidase Definition. In Plasma und anderen Körperflüssigkeiten auftretendes basisches, niedermolekulares Protein mit enzymatischer Aktivität gegenüber bakteriellen Zellwänden (Bakteriolyse), das der lokalen bakteriellen Abwehr dient und bei einigen hämatologischen Systemerkrankungen (monozytäre und myelomonozytäre Leukämie) im Serum und bei Nierenerkrankungen im Urin stark erhöht ist.

Molmasse. 14 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Vorwiegend in 7 Makrophagen, 7 Monozyten und neutrophilen 7 Granulozyten synthetisiertes und in spezifischem Granula der Neutrophilen gespeichertes, niedermolekulares (Molmasse 14 kDa), unglykosyliertes, sehr basisches Protein (P 10,5–11,0) mit enzymatischer Aktivität gegenüber [N-Acetyl-Glukosamin-N-Acetyl-Muraminsäure]-Bindungen. Dadurch Hydrolyse bakterieller Zellwände mit Bakteriolyse zur lokalen Abwehr bakterieller Pathogene. Elektrophoretische Lokalisation am kathodischen Ende der γ-Globulinfraktion oder dahinter. Vorkommen in zahlreichen Körperflüssigkeiten wie Urin, Sputum, Tränen, Speichel und Organen (Niere, Lunge). Entdeckung im Jahr 1922 durch Alexander Fleming (1881–1955). Funktion und Pathophysiologie. Synthese und Vorkommen in Monozyten/Makrophagen führt bei akuten monozytären und myelomonozytären Leukämien zu sehr stark erhöhten Serum- bzw. Plasmakonzentrationen, bei chronisch-myeloischer Leukämie zu etwas niedrigeren Erhöhungen. Komplette glomeruläre Filtration mit vollständiger Reabsorption im proximalen Tubulus. Bei Tubulusschädigung, z. B. Schwermetallintoxikation (z. B. 7 Cadmium) und anderen Ursachen erhöhte renale Ausscheidung von Lysozym aufgrund verminderter tubulärer Reabsorption. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Urin, Speichel, Sputum, Faeces

Serum,

EDTA-

5 Diagnose und Verlaufskontrolle der akuten monozytären oder myelomonozytären Leukämie 5 Diagnose und Verlaufskontrolle der chronisch-myeloischen Leukämie 5 Urin: Diagnose einer proximalen Tubulusschädigung 5 Urin: Diagnose und Verlaufskontrolle einer Abstoßungsreaktion 5 Liquor: Differenzialdiagnose bakterieller und viraler Meningitiden 5 Stuhl: Diagnose entzündlicher Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa).

Interpretation. Starke Erhöhungen im Serum/Plasma sind ein wertvoller Indikator für Monozytenproliferation, weniger für Neutrophilenproliferation. Ein über 3facher Anstieg ist ein wichtiges Kriterium für die Diagnose der akuten monozytären oder myelomonozytären Leukämie, mäßige Erhöhungen bei der chronisch-myeloischen Leukämie, bei Polycythaemia vera und chronischen Infektionen wie Tuberkulose und Sarkoidose. Lymphatische Leukämien haben normale Konzentrationen. Neutropenie geht mit einer Verminderung einher. Im Urin starke Erhöhungen bei proximaler Tubulusschädigung, z. B. durch Schwermetalle (z. B. Cadmium), Nierentransplantatabstoßungen und anderen Schädigungen. Im Speichel Erhöhungen bei Sjögren Syndrom. Im Liquor Erhöhungen (> 1,5 mg/L) bei bakteriellen Meningitiden, Normalkonzentrationen bei viralen und tuberkulösen Meningitiden, bei ZNS-Tumoren und Guillain-Barré-Syndrom (Bewertung im Zusammenhang mit weiteren Entzündungsparametern). Im Stuhl Zunahme der Lysozymausscheidung bei entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) in Abhängigkeit von der Entzündungsaktivität. Diagnostische Wertigkeit. Nützliche Kenngröße für o.g. diagnostische und differenzialdiagnostische Fragestellungen. Literatur. Taylor PW (1983) Bacterial and Bacteriolytic Activity of Serum Against Gram-Negative Bacteria. Microbiological Reviews 47:46–83

L

902

Lysyloxidase

Lysyloxidase A.M. Gressner, O.A. Gressner

5 Cutis laxa 5 Menkes-Syndrom 5 Ehlers-Danlos-Syndrom Typ V

Synonym(e). EC 1.4.3.13; LOX

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum

Englischer Begriff. lysyl oxidase

Präanalytik. keine Angaben

Definition. LOX ist ein extrazellulär wirkendes, kupferhaltiges En-

Analytik. Es stehen zwei Methoden zur Verfügung: 5 Radioenzymatische Aktivitätsbestimmung des aus Serum chromatographisch partiell gereinigten Enzyms mit [3H]-Lysin biosynthetisch markiertem Kollagen als Substrat (Tritium-release assay) 5 Immunologische Quantifizierung des Enzymproteins.

zym der Kollagen- und Elastinsynthese, welches die Quervernetzung der genannten Matrixmoleküle und damit deren mechanische Stabilität initiiert und mit erhöhter Serumaktivität bei fibroproliferativen Lebererkrankungen vorkommt (7 Fibrosekenngröße).

Molmasse. 30 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Lysyloxidase, ein kupferhaltiges Glykoprotein der Molmasse 30 kDa, katalysiert die oxidative Desaminierung der ε-Aminogruppen von bestimmten Lysin- und Hydroxylysinresten in den 7 Kollagen- und 7 Elastinpolypeptidketten zu δ-Semialdehyden, die mit freien ε-Aminogruppen anderer Kollagen- bzw. Elastinketten Schiff-Basen oder Aldol-crosslinks bilden und dadurch die tripel-helikalen Polypeptidketten quervernetzen und mechanisch stabilisieren. Gegenwärtig sind vier LOX-Isoenzyme bekannt. Funktion und Pathophysiologie. Als ein von Fibroblasten sezerniertes extrazelluläres Enzym ist ihre Aktivität bei experimentellen Leberfibrosen und humanen fibroproliferativen Lebererkrankungen im Serum erhöht. Durch das Auftreten von Enzyminhibitoren im Serum ist seine direkte Aktivitätsbestimmung erschwert. LOX könnte eine direkte Funktion in der Tumorsuppression haben. LOX-Defekte liegen bei drei X-chromosomalen, rezessiven Bindegewebserkrankungen vor:

Referenzbereich — Erwachsene. Methodenabhängig, nicht allgemeingültig

Indikation. Diagnostik und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen. Interpretation. Das Enzym wurde bei experimentellen Fibrosen in 15-fach erhöhter Aktivität im Serum nachgewiesen, auch bei chronisch-aktiven Hepatitiden, primär biliärer Zirrhose, Leberkarzinom und alkoholischen Lebererkrankungen sind signifikante Aktivitätsanstiege feststellbar. Normale Aktivitäten sind hingegen bei chronischpersistierender Hepatitis und voll entwickelter Zirrhose messbar. Es besteht keine Korrelation zum histologischen Grad der Leberfibrose.

Diagnostische Wertigkeit. Die Aktivitätsbestimmung hat in der klinischen Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer (Leber-) Erkrankungen heute nur noch wissenschaftliche Bedeutung.

Literatur. Murawaki Y, Kusakabe Y, Hirayama C (1991) Serum Lysyl Oxidase Activity in Chronic Liver Disease in Comparison with Serum Levels of Prolyl Hydroxylase and Laminin. Hepatology 14:1167–1173

M α2M 7 α2-Makroglobulin

M2-PK 7 Tumor-M2-Pyruvatkinase

Mäanderausstrich H. Baum

Definition. Ausstrichtechnik zur Zelldifferenzierung eines Knochenmarkpunktats

Physikalisch-chemisches Prinzip. Ein bei einer Knochenmarkpunktion gewonnener Knochenmarkbröckel wird z. B. mit der Spitze einer Kanüle aufgenommen und mäanderförmig auf einem Objektträger ausgestrichen und an der Luft getrocknet (7 Knochenmarkausstrich).

Einsatzgebiet. Morphologische Differenzierung eines Knochenmarkpunktats (7 Knochenmarkzytologie) Untersuchungsmaterial. Knochenmarkbröckel Fehlermöglichkeit.

5 Blutbeimengung, diese führt zu einer Verfälschung der normalen Zellzusammensetzung im Knochenmark.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. 5 einfach durchzuführende Methode 5 nicht automatisierbar 5 geringe Kosten

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Anwendung dieser Technik zum Ausstreichen eines Knochenmarkpunktats erleichtert die Beurteilung der Zelldichte und Differenzierung eines Knochenmarkpunktats ohne Verunreinigung durch peripheres Blut. Literatur. Enne W (1993) Knochenmark – Untersuchungsmethoden des Knochenmarks. In: Begemann H, Rastetter J (Hrsg) Klinische Hämatologie. 4. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 32

Ma(Ma1, Ma2/Ta)-Autoantikörper 7 Autoantikörper gegen Ma

Mac-Lagan-Test 7 Thymol-Trübungstest

Macrophage migration inhibitory factor S. Holdenrieder

Synonym(e). MIF Englischer Begriff. Macrophage migration inhibitory factor; MIF Definition. MIF ist ein 37 kDa schweres Protein, welches ursprünglich als ein durch T-Zellen induziertes Zytokin identifiziert wurde, das die Migration von Makrophagen bei der verzögerten Hypersensitivitätsreaktion inhibiert.

Struktur. MIF ist ein Homotrimer mit einer charakteristischen Protein-Faltstruktur. Aufgrund der strukturellen Homologie mit bakteriellen Enzymen besitzt MIF neben seiner Zytokinwirkung eine spezielle Tautomerase Aktivität, die die Konversion von nicht-physiologi-

schen Dopachrommethylestern in ihre Indolderivate katalysiert. Das MIF-Gen ist auf dem Chromosom 22q11.2 lokalisiert.

Molmasse. 37 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. MIF wurde ursprünglich als Zytokin der T-Zellen mit einer Vielzahl an immunostimulatorischen und proinflammatorischen Eigenschaften beschrieben, welches u. a. in die Vermittlung des Mitogen-aktivierten-Protein-Kinase (MAPK)Signals, in die Sekretion des Tumornekrosefaktors α (TNF-α) und die Aktivierung der Cyclooxygenase-2 (COX-2) involviert ist. Darüber hinaus wird MIF auch von verschiedenen parenchymalen und Tumorzellen sezerniert und spielt eine wesentliche Rolle in der Regulation der zellulären Homöostase während der Kanzerogenese durch eine Steigerung der Proliferation und eine Inhibition der p53-vermittelten 7 Apoptose sowie durch die Förderung der Tumor-Neoangiogenese. Außerdem wird MIF von Epithelzellen, Endothelzellen, B-Lymphozyten, Makrophagen, Monozyten, dendritischen Zellen, Mastzellen sowie eosinophilen und basophilen Granulozyten exprimiert und wird bei einer Vielzahl von inflammatorischen Prozessen aktiviert. Zusätzlich wird MIF aus dem Hypophysenvorderlappen freigesetzt, was seine Mittlerfunktion zwischen inflammatorischen und endokrinen Prozessen unterstreicht.

Funktion und Pathophysiologie. MIF wird als ein wesentliches Molekül an der Schnittstelle von Inflammation und Kanzerogenese angesehen, das sowohl die unmittelbare Umgebung (Microenvironment) für das Tumorwachstum vorbereitet wie auch die Proliferation von Tumorzellen und deren Invasivität fördert. Eine Überexpression von MIF wurde bei verschiedenen Tumorzelllinien nachgewiesen und die Expressionslevel korrelierten mit der Schwere der Erkrankung und der Metastasierung. Erhöhte Serumkonzentrationen wurden bislang bei Patienten mit Magen-, Ösophagus-, kolorektalen, Prostata-, Mamma- und Ovarialkarzinomen beschrieben. Bemerkenswert ist, dass in einigen Studien deutlich erhöhte MIF-Konzentration bereits in frühen Tumorstadien gefunden wurde. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. 7 Enzymimmunoassay (EIA) Konventionelle Einheit. ng/mL (μg/L) Referenzbereich — Erwachsene. Methodenabhängige Grenzwerte Interpretation. Aufgrund der vielfältigen Ursachen für eine MIFSekretion ist die klinische Bedeutung der MIF-Serumbestimmung noch unklar. Für einzelne Tumorarten ist MIF als möglicher Marker zur diagnostischen Abgrenzung von malignen und benignen Prozessen diskutiert; allerdings sind MIF-Erhöhungen insbesondere bei inflammatorischen Erkrankungen als limitierend für die Differenzialdiagnose anzusehen. In einigen Studien wird eine prognostische Wertigkeit von MIF bei einzelnen Tumorarten berichtet. Eine umfassende Untersuchung von MIF im Vergleich mit organbezogenen Tumormarkern wurde bislang nur in einzelnen Studien durchgeführt. Diagnostische Wertigkeit. Noch unklar; evtl. Staging, Prädiktion des Therapieansprechens und Prognose Literatur. Calandra, T, Roger, T (2003) Macrophage migration inhibitory factor: a regulator of innate immunity. Nat Rev Immunol; 3:791–800 Conroy H, Mawhinney L, Donnelly SC (2010) Inflammation and cancer: macrophage migration inhibitory factor (MIF)--the potential missing link. QJM; 103:831–836

MAG-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Myelin-assoziiertes Glykoprotein

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_13, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

904

Magenlipase

Magenlipase R. Tauber, F.H. Perschel

Englischer Begriff. gastric lipase Definition. Sekretorisches lipolytisches Enzym der Magenmukosa i Magenlipase ist ein von der Magenmukosa in den Magensaft sezerniertes lipolytisches Enzym, welches die Verdauung von Triglyzeriden der Nahrung einleitet. Magenlipase ist durch seine molekularen und funktionellen Eigenschaften von der Pankreaslipase unterschieden. Magenlipase besitzt ein pH-Optimum von 5,4, Pankreaslipase von 8–9. Im Unterschied zu Pankreaslipase (7 Lipase, pankreatische) spaltet Magenlipase Antikörper Triglyzeride präferenziell zu Diglyzeriden und Fettsäuren und wird durch Gallensalze und Pankreaseproteasen inaktiviert.

Literatur. Aoubala M, Douchet I, Laugier R et al (1993) Purification of Human Gastric Lipase by Immunoaffinity and Quantification of this Enzyme in the Duodenal Contents Using a New ELISA Procedure. Biochim Biophys Acta 1169:183–189

Magensaft R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Magensekret Englischer Begriff. gastric juice; stomach secrete Definition. Als Magensaft wird das wässrige und stark saure Sekret der hauptsächlich im Fundus gelegenen Magendrüsen bezeichnet. i Magensaft wird in einer Menge von 1–3 L pro Tag gebildet und

weist einen pH von 1,0–1,5 auf. Er enthält HCl, Proteinasen und Schleim, der den Intrinsic Factor enthält. Die quantitative Zusammensetzung der Hauptbestandteile ist in 7 Tab. 1 aufgeführt. Magensaft. Tab. 1. Quantitative Magensaftzusammensetzung Bestandteil (Untersuchung)

Referenzbereich

Ammoniak

0,1–17 mmol/L im Nüchternsekret, bei Patienten mit perforiertem Duodenalulkus: Konzentrationen von 2,5–16 mmol/L

Literatur. Thomas L (2007) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main

Magensekret 7 Magensaft

Magensekretionsanalyse R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Pentagastrin-Magensäure-Sekretionstest; Fraktionierte Magensekretionsanalyse; Pentagastrin-Test

Englischer Begriff. pentagastrin gastric secretory testing Definition. Der Pentagastrin-Magensäure-Sekretionstest ist ein Funktionstest zur Erkennung einer Störung der Magensäuresekretion. Durchführung. Nach Legen einer Magensonde wird über eine Stunde das Magensekret abgesaugt und in 4 Portionen von jeweils 15 min aufgefangen. Das Volumen der einzelnen Fraktionen wird gemessen, und aus einem Aliquot jeder Fraktion wird durch 7 Titration mit 0,01 N NaOH die mEq-Menge an HCl errechnet. Durch Summation der vier Fraktionen wird die basale Säuresekretion (BAO) in mEq/h ermittelt. Anschließend erfolgt die s.c. Injektion von 6 μg Pentagastrin pro kg KG. Analog zur basalen Säuresekretion wird die maximale Säuresekretion (MAO) ermittelt.

Struktur. Pentagastrin ist ein synthetisches Analogon des 7 Gastrins, das den C-terminalen Anteil (5 Aminosäuren) des Gastrinmoleküls enthält. Molmasse. 768 g Funktion und Pathophysiologie. Pentagastrin bewirkt über spezifische Rezeptoren auf enterochromaffinen Zellen die Freisetzung von Histamin, das seinerseits über H2-Rezeptoren der Parietalzellen die Säuresekretion stimuliert. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Magensekret(-saft) Analytik. Titrimetrie (pH-Titration mit NaOH) (7 Titration) Referenzbereich — Frauen. BAO: 0–7,4 mEq/h; MAO: 1,9–

Calcium

1,0–2,3 mmol/L

Chlorid

77,5–159 mmol/L

Freie Säure

≤ 115 mmol/L

Gesamtprotein

2,0–3,5 g/L, erhöhtes Gesamtprotein beim Ménétrier-Syndrom, z. B. 15 g/L unter Basalbedingungen; das Elektropherogramm entspricht dem der Serumprotein-Elektrophorese

Kalium

6,5–16,5 mmol/L

Magnesium

0,25–1,5 mmol/L

Muzin

0,5–15 g/L

Natrium

18,5–69,9 mmol/L

Pepsin I–II

Männer: 19 kU/24 h (38 °C) Frauen: 29 kU/24 h (38 °C)

Phosphat anorgisch

0,19–5,8 mmol/L

37,6 mEq/h; PAO: 4,8–44,9 mEq/h

Referenzbereich — Männer. BAO: 0–12,3 mEq/h; MAO: 6,7– 52,8 mEq/h; PAO: 11,3–63,5 mEq/h

Indikation. V. a. Störung der Magensäuresekretion, Ausschluss einer Achlorhydrie bei Magenulkus (chronisch atrophische Gastritis); V. a. Zollinger-Ellison-Syndrom Interpretation. Achlorhydrie: BAO und MAO < 1 mEq/h, Hypochlorhydrie: BAO < 3 mEq/h bzw. MAO < 10 mEq/h Hyperchlorhydrie: BAO > 7,4 mEq/h und MAO > 12 mEq/h; PAO > 45 mEq/h (Frauen) bzw. BAO > 12 mEq/h und MAO > 50 mEq/h; PAO > 60 mEq/h (Männer)

Literatur. Metz DC, Starr JA (2000) A Retrospective Study of the Usefulness of Acid Secretory Testing. Aliment Pharmacol Ther 14:103–111 Goldschmidt M, Feldman M (1997) Gastric Secretion in Health and Disease. In: Sleisenger MH, Fordtran JS (eds) Gastrointestinal Disease. Vol 1. Elsevier, New York, pp 524–544

Magic Dust T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Phencyclidin (7 Straßennamen von Drogen: Phencyclidin)

Magische Pilze 7 Pilze als Rauschmittel

Mailserver

Magnesium W.-R. Külpmann,

Synonym(e). Mg Englischer Begriff. magnesium Definition. Erdalkalimetall Molmasse. Relative Atommasse: 24,305 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Der tägliche Magnesiumbedarf von 15 mmol wird mit der Nahrung zugeführt. Magnesium ist neben Kalium mengenmäßig das bedeutendste intrazellulare Kation. Die Regulation der Magnesiumkonzentration im Plasma erfolgt durch die Anpassung der renalen Elimination. Im Plasma liegt etwa 65 % in freier Form vor, 35 % sind gebunden, überwiegend an Proteine (7 Albumin).

Funktion und Pathophysiologie.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, Urin Analytik. Die Bestimmung der Gesamtmagnesiumkonzentration erfolgt im Plasma überwiegend nach Farbreaktion z. B. mit XylidylBlau, seltener mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS). Für die Bestimmung im Urin wird die AAS-Messung eingesetzt. Die Bestimmung der freien Magnesiumkonzentration im Plasma (sog. ionisiertes Magnesium) erfolgt mittels ionenselektiver Elektrode. Wegen der pH-abhängigen Proteinbindung ist die Konzentrationsbestimmung des ionisierten Magnesiums mit einer gleichzeitigen pH-Messung verknüpft.

Referenzbereich — Erwachsene. Der Referenzbereich für Plasma unterstellt eine ausreichende hohe Magnesiumzufuhr, die häufig nicht erreicht wird (7 Tab. 1). Magnesium. Tab. 1. Referenzbereich Analyt

Magnesiumform

Referenzbereich (mmol/L)

Plasma

Magnesium, gesamt

0,75–1,10

Magnesium, ionisiert (pH 7,40)

0,53–0,67

Magnesium, gesamt

2,5–8,5

Ursachen der Hypomagnesiämie: Negative äußere Bilanz Verminderte Zufuhr 5 Malnutrition 5 Alkoholismus 5 Magnesiumarme Ernährung Vermehrte Verluste 5 Renale Verluste 5 Diuretische Phase nach akutem Nierenversagen 5 Postobstruktive Diurese 5 Polyurie 5 Angeborene tubuläre Defekte 5 Conn-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus) 5 SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) 5 Hypercalcämie (einschließlich primärer Hyperparathyreoidismus) 5 Hyperthyreose 5 Therapie mit Schilddrüsenhormon 5 Metabolische Acidose 5 Diuretica 5 Sonstige Pharmaka (Aminoglykoside, Amphotericin B, Ciclosporin, D-Penicillamin) 5 Gitelman-Syndrom 5 Gastrointestinale Verluste 5 Chronische Diarrhoen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) 5 Malabsorption (einheimische und tropische Sprue, pankreatogen) 5 Dünndarmresektion Störung der inneren Bilanz (Magnesium-Shift aus dem Extrazellulärraum) 5 „Hungry-bone“-Syndrom nach totaler Parathyreoidektomie 5 Akute Pankreatitis 5 Gravidität 5 Insulingabe Ursachen der Hypermagnesiämie Positive äußere Bilanz Erhöhte Zufuhr 5 Parenteral: Magnesiumtherapie 5 Enteral: Magnesiumhaltige Antacida 5 Rectal: Magnesiumhaltige Klysmen Verminderte Ausfuhr 5 Akute oder chronische Niereninsuffizienz Störung der inneren Bilanz (Magnesiumfreisetzung aus dem Intrazellulärraum) 5 Rhabdomyolyse 5 Zelllyse nach Zytostatikatherapie 5 Verbrennung 5 Trauma

905

Urin

Referenzbereich — Kinder. nicht verfügbar Indikation. Die Gesamt-Magnesiumbestimmung ist indiziert bei Verdacht auf Hypomagnesiämie (s. o.). Die Ursache einer Hypomagnesiämie kann aufgedeckt werden durch die Bestimmung von Magnesium im Urin: Eine Magnesiumausscheidung < 0,5 mmol/L spricht für extrarenale Ursachen, eine Ausscheidung > 1,5 mmol/L für eine renal bedingte Hypomagnesiämie. Die Bestimmung des ionisierten Magnesiums ist besonders indiziert bei Veränderungen der gebundenen Magnesiumfraktion (z. B. Hypalbuminämie, Citratgabe)

Literatur. Külpmann WR, Stummvoll HK, Lehmann P (2003) Elektrolyte, Säure-Basen und Blutgase. 3. Aufl. Springer-Verlag, Wien New York

Magnesium-Ammonium-Phosphat-Hexahydrat 7 Struvit; 7 Tripelphosphat-Kristalle

Magnetismus 7 Paramagnetismus

Magnetpartikel 7 Immunoassay, heterogener

MAIEA 7 Monoclonal Antibody-specific Immobilization of Erythrocyte Antigens

MAIGA 7 Monoclonal Antibody Immobilization of Granulocyte AntigensTest

Maillard-Reaktion 7 Advanced Glycation End Products

Mailserver 7 E-Mail-Server

M

906

Major Histocompatibility Complex

Major Histocompatibility Complex H. Renz, B. Gierten

Makroarray W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Humane Leukozyten-Antigene (HLA); MHC-Komplex

Synonym(e). Protein-Array; Peptid-Array; DNA-Array; Membran-

(MHC I und II)

Array; Filter-Array

Englischer Begriff. MHC; human leucocyte antigens (HLA)

Englischer Begriff. macroarray

Definition. Antigene, die auf verschiedenen Zellen exprimiert wer-

Definition. Flächiges Substrat für die parallele Analyse von bis zu 10.000 Parametern in einer Flüssigkeit (Multiparameter-Analytik). Das Substrat enthält in einer definierten Anordnung (Array) bis zu 10.000 “spots“ oder “dots“ aus unterschiedlichen Testsubstanzen, z. B. Nukleinsäuren (DNA-Array) oder Proteinen (Proteinarray). Der Abstand zwischen benachbarten Spots beträgt bei Makroarrays in der Regel > 500 μm, die Übergänge zum Mikroarray sind fließend.

den und die Erkennung von Epitopen in Zusammenhang mit dem T-Zellrezeptor (TCR) durch T-Zellen ermöglichen. Sie tragen so zur Diskriminierung von Fremd- und Eigenepitopen bei. i Der MHC-Komplex besteht aus 2 Hauptklassen von Molekülen, die sich in Expression und physiologischer Funktion grundlegend unterscheiden. Die genetische Information ist auf Chromosom 6 neben zahlreichen Genen für das Komplementsystem lokalisiert. MHC-I: Für MHC-I codieren die Gene HLA-A, HLA-B und HLAC mit zahlreichen Allelen, sodass interindividuell große Varianzen entstehen. Verschiedene MHC-I-Moleküle wiederum können unterschiedliche Antigene binden. MHC-I wird auf allen kernhaltigen Zellen exprimiert. Die Moleküle besitzen eine Bindungsgrube in der Peptide (etwa 8–11 Aminosäuren) endogener Antigene gebunden werden. Unter endogenen Antigenen versteht man intrazelluläre Antigene, wie z. B. virale/bakterielle Proteine oder Tumorantigene. Diese werden ebenso wie zelleigene Proteine in Proteosomen enzymatisch in Peptide gespalten. Ein Transporterprotein (TAP) an der Membran des endoplasmatischen Retikulums (ER) transportiert die Peptide in das ER. Dort werden sie an neusynthetisierte MHC-I-Moleküle gebunden und über den Golgi-Komplex und Exozytose-Vesikel auf der äußeren Oberfläche der Zellmembran exprimiert. Nun können die Antigene über einen Komplex von Oberflächenrezeptoren (CD8/TCR) auf naiven oder zytotoxischen T-Zellen erkannt werden. Der TCR erkennt das gebundene Peptid (Antigen) während CD8 das MHC-I-Molekül erkennt. MHC II: Die Gene für MHC II (HLA-DR, HLA-DQ und HLA-DP) liegen analog der genetischen Information für MHC I in verschiedenen Allelen vor. MHC-II-Moleküle werden überwiegend von Antigen-präsentierenden Zellen wie Makrophagen, Dendritischen Zellen und B-Lymphozyten exprimiert. Sie binden in ihrer Vertiefung Peptide von 12–16 Aminosäuren von exogenen Antigenen (T-ZellEpitope). Darunter versteht man extrazelluläre Antigene wie z. B. Bakterien, Pilze, Protozoen oder freie Viren. Diese Antigene werden von den Zellen aufgenommen und ihr Proteinanteil in Phagolysosomen in Peptide gespalten. Im rauen ER werden MHC-II-Moleküle synthetisiert. Deren Proteinbindungsstelle ist jedoch zunächst durch eine Peptidkette („invariant chain Ii“) blockiert, so dass keine Antigene, die durch MHC I gebunden und präsentiert werden sollen an ihr binden können. Die MHC II enthaltenden Vesikel fusionieren intrazytoplasmatisch mit den Phagolysosomen und nach Entfernung der Ii-Kette können Peptide an die Antigenbindungsstelle binden. Die Komplexe werden zu äußeren Zellmembran transportiert und dort exprimiert. An MHC II gebundene Antigene werden über komplementäre TZell-Rezeptoren auf CD4-positiven T-Zellen erkannt.

Majorkreuzprobe 7 Serologische Verträglichkeitsprobe

MAK 7 Arbeitsplatzkonzentration, maximale

Makroamylase 7 Amylase

Analyseprinzip. Das Makroarray wird mit einer Probenflüssigkeit inkubiert und anschließend zur Entfernung ungebundener Probenbestandteile gewaschen. Bei den meisten Anwendungen werden dann die gebundenen Reaktanden in einem zweiten Reaktionsschritt markiert, z. B. über eine chemische oder enzymatische Reaktion, oder nach dem Prinzip eines 7 Sandwich-Assays über einen markierten sekundären Antikörper. Im Ergebnis erhält man im positiven Fall Farb-Präzipitate, 7 Fluoreszenz- oder 7 Lumineszenz-Signale, oder, bei Verwendung radioaktiver Isotope zur Markierung, die Schwärzung eines photographischen Films. Die Reaktionen werden mit optischen Scannern erfasst. Die Intensität des Signals ist ein Maß für die Konzentration der betreffenden Substanz in der Probe. Die Herstellung von Makroarrays erfolgt durch positionsdefiniertes Applizieren kleiner, die Testsubstanzen in gelöster Form enthaltender Tropfen von wenigen Nanolitern bis zu einem Mikroliter mit geeigneten Dispensier-Robotern auf ein Trägermaterial, in der Regel eine Membran. Einsatzgebiete. Makroarrays werden für den parallelen Nachweis von bis zu mehreren 1000 unterschiedlichen Nukleinsäuresequenzen, Peptiden, Proteinen oder Antikörpern eingesetzt, zum Beispiel um cDNAKlon- sowie Protein-Expressionsbibliotheken zu durchsuchen. Untersuchungsmaterial. Protein- oder Nukleinsäure-Isolate aus Geweben und Zellen, Plasma, Serum, Liquor, Urin; für Proteinarrays auch direkter Einsatz von Körperflüssigkeiten. Ausrüstung. Zum Auslesen von Makroarrays werden in der Regel 7 Chemolumineszenz- oder Fluoreszenz-Imager oder, bei kolorimetrischer Detektion, auch einfache Flachbettscanner eingesetzt. Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Angesichts des Einsatzschwerpunkts in der Forschung ist eine standardisierte automatische Bearbeitung in der Regel nicht vorgesehen. Die Herstellung der Arrays ist vergleichsweise einfach, da im Gegensatz zu 7Mikroarrays konventionelle Dispensiergeräte zur Arrayherstellung ausreichend sind. Bewertung/Methodenhierarchie. Makroarray-Analysen sind insbesondere in der Forschung von Bedeutung, wenn es darum geht, mit einfachen Mitteln eine große Anzahl (100 bis mehrere tausend) Parameter in einer Vielzahl von Proben parallel zu bestimmen. Der Vorteil liegt in der Einfachheit der Arrayherstellung. Makroarrays sind in vielen Fällen Vorläufer der Mikroarrays, von denen sie aufgrund der Fortschritte in der Miniaturisierung zunehmend verdrängt werden. In der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik ist der Einsatz von Makroarrays bisher kaum verbreitet.

Makroblasten H. Baum

Englischer Begriff. macroblast Definition. Kernhaltige unreife Vorstufe der Erythropoese i Makroblasten sind unreife, kernhaltige Vorstufen der Erythropo-

Makro-AP 7 Phosphatase, alkalische

ese. Sie haben einen großen runden Kern mit dichtem, grobretikulärem 7 Kernchromatin und 7 Nukleolus. Das dunkelbasophile Zytoplasma ist gleichmäßig um den Kern angeordnet und zeigt teilweise

Makroenzyme

eine perinukleäre Aufhellungszone. Im Knochenmark ist der Anteil der Makroblasten beim Gesunden bei 1 % der Gesamtzellzahl bzw. 5 % innerhalb der erythrozytären Zellreihe.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 291

Makro-CK

907

pathogenetische Bedeutung der Makroenzyme ist nicht bekannt. Ebenso ist eine diagnostische Relevanz nicht erkennbar, da ein Vorkommen bei klinisch Gesunden oder als Epiphänomen bei anderen autoimmunologischen oder Immunkomplex-Erkrankungen bekannt ist. Aufgrund der hohen Molmasse und dadurch eingeschränkter 7 Clearance kommt es häufig, jedoch nicht immer zu mäßig erhöhten, persistierenden und isolierten, klinisch unerklärlichen Enzymaktivitätsanstiegen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma

7 Makrokreatinkinase

Analytik. Es stehen mehrere Separationsmethoden zur Verfügung,

Makroenzyme A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. macro enzymes Definition. Hochmolekulare Komplexe von verschiedenen Enzymen mit 7Immunglobulinen und 7Lipoproteinen oder oligomere bzw. polymere Formen normalerweise dimerer Enzyme bei erhaltener, oft mäßig erhöhter enzymatischer Aktivität im Blut ohne Krankheitswertigkeit Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Hochmolekulare Komplexe (Molmasse um 450 kDa für Makroamylase) von Enzymen und 7 Immunglobulinen vorwiegend der Klassen IgG und IgA, seltener von Enzymen und Lipoproteinen (γ-Glutamyltransferase) oder oligobzw. polymeren Formen normalerweise dimerer Enzyme (Typ-2-Makrokreatinkinase). Die katalytische Aktivität bleibt in dem Komplex erhalten, die bindenden Immunglobuline haben möglicherweise die Eigenschaft spezifischer 7 Autoantikörper. Makroformen sind bisher für folgende Enzyme beschrieben (7 Tab. 1): 7 α-Amylase, 7 Kreatinkinase (CK), alkalische Phosphatase (AP; 7 Phosphatase, alkalische), 7 Aspartat-Aminotransaminase (AST), 7 γ-Glutamyltransferase (γGT), 7 Laktatdehydrogenase (LDH), 7 Lipase, pankreatische und 7 Glukose-6-Phosphatdehydrogenase (G6PDH). Funktion und Pathophysiologie. Eine pathophysiologische oder

die je nach zu untersuchendem Enzym eingesetzt werden: 5 7 Gelelektrophorese, 7 Immunelektrophorese, 7 Immunfixation 5 Gelchromatographie (Molekularsiebchromatographie) 5 Ultrazentrifugation (7 Ultrazentrifuge) 5 Polyethylenglykolpräzipitation (PEG) 5 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC).

Indikation. Die Indikation besteht in der Abklärung klinisch nicht erklärbarer, persistierender, isolierter Enzymaktivitätserhöhungen im Serum mit Verdacht auf Makroenzym.

Interpretation. Der eindeutige Nachweis eines zirkulierenden Makroenzyms schließt weitere diagnostische Maßnahmen aus. Der Befund eines Makroenzyms selbst hat keine bisher erkennbare klinische Wertigkeit, doch kann es wegen persistierender, isolierter, klinisch nicht erklärbarer Enzymaktivitätserhöhungen zu unnötiger zusätzlicher Diagnostik Anlass geben. Bei gegebener klinischer Situation mit CK-Erhöhung sollte eine weitere Abklärung durch zusätzliche Bestimmung der CK-MB erfolgen, um eine kardiale Ursache zu sichern. Im Falle der Makroamylase weisen persistierende Hyperamylasämie, extrem niedrige renale Amylaseclearance, 7 Amylase/ Kreatinin-Clearence-Quotient und fehlende klinische Symptomatik auf die Makroform hin. Angaben über die Inzidenz der Makroenzyme schwanken erheblich, insgesamt handelt es sich eher um eine Rarität (7 Tab. 1).

Makroenzyme. Tab. 1. Bekannte Makroenzyme im Humanserum Enzym

Mechanismus

klinisch-chemische Befundkonstellation

Krankheitswertigkeit

Häufigkeit

α-Amylase

Bindung von α-Amylase (vorwiegend Speicheltyp) an IgG, IgA oder abnorme hochmolekulare Plasmaproteine

persistierende Hyperamylasämie (bis zu 8-fach) extrem niedrige renale Amylase-Clearance fehlende klinische Symptomatik

keine

ca. 0,1–2 %

Kreatinkinase (CKMiMi)

Typ I: Bindung von CK-BB an IgG im Verhältnis 2:1 (selten von CK-MM an IgA)

moderate bis deutliche Erhöhung der Gesamt-CK, Normalaktivitäten ebenfalls möglich, hitzestabiler als CK-MB oder CK-BB, pathophysiologisch ohne Bedeutung

keine

ca. 1 %

Typ II: oligomere Form der normalerweise dimeren mitochondrialen CK (CK-Mi)

bisher nur bei schweren Krankheiten, z. B. Tumoren, Leberzirrhose, Lyell-Syndrom beobachtet, bei fortgeschrittenen Erkrankungen evtl. zusammen mit CK-BB im Serum

alkalische Phosphatase (AP)

Bindung an IgG

Auftreten mit anderen Immunkomplexen und Autoimmunphänomenen

keine

ca. 3 ‰

Aspartat-Aminotransaminase (AST)

Bindung an IgG und IgA

isolierte, persistierende, klinisch unerklärliche AST-Erhöhung

Auftreten bei Gesunden und Leberkranken



γ-Glutamyltransferase (γ-GT)

Bindung an Apolipoprotein A und B sowie IgA

nur bei hepatobiliären Erkrankungen

wahrscheinlich keine

?

Laktatdehydrogenase (LDH)

Bindung an „abnormes“ IgA

LDH erhöht

krankheitsunspezifisch

1:10000

Glukose-6-PhosphatDehydrogenase (aus Erythrozyten)

Bindung an β-Globulin oder Immunglobulin



unbekannt



Lipase

Bindung an IgG oder IgM

Lipase erhöht (bis zu 7-fach) bei normaler Amylase

keine

sehr selten

M

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α₂-Makroglobulin

Literatur. Selberg O, Chemnitz G, Ehlers B et al (1997) Macrolipasaemia in a patient with pancreas divisum and acute abdominal pain: a case report. Scand J Clin Lab Invest 57:435–444

α₂-Makroglobulin G. Töpfer

Synonym(e). α2M Englischer Begriff. α2-macroglobulin Definition. 7 Glykoprotein mit vier identischen 7 Polypeptid-Ketten (je 180 kDa, Kohlenhydratanteil 8–13,7 %), dessen Funktion in der Inhibition von Proteasen und dem Transport von 7 Zytokinen und Wachstumsfaktoren besteht, wobei seine klinische Bedeutung hauptsächlich als Marker für Blut im Urin besteht (Quotient aus α2M/ Albumin im Urin). Struktur. Je zwei 180 kDa-Polypeptid-Ketten sind über Disulfidbrücken verbunden. Zwei dieser Untereinheiten werden wiederum über starke nicht kovalente Interaktionen zusammengehalten. In einer Entfernung von zwei Drittel der Gesamtkettenlänge von der N-terminalen Seite hat jede der 4 Einzelketten eine β-Cysteinyl-γThiol-Ester-Bindung. Elektronenmikroskopisch erscheint das native α2-Makrogloblin in verschiedenen Erscheinungsformen in einer ovalen Form. Nach Komplexbildung mit Proteasen oder Zerstörung der inneren Thiol-Ester-Bindung nimmt es die Form des Buchstaben „H“ an (Hohlzylinder ähnliche Struktur).

Molmasse. 725–800 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Wird von einem einfachen Kopiergen auf Chromosom 12p12-13 kodiert. Ein genetisch bedingter Mangel ist nicht bekannt, lediglich ein Funktionsdefekt des Proteinmoleküls bei einem Patienten mit chronischer Lungenkrankheit. Die Synthese findet hauptsächlich in den Hepatozyten statt, obwohl andere Zellen wie Fibroblasten, Monozyten, Makrophagen, Astrozyten und Tumorzellen ebenfalls α2M bilden können. Beim Menschen ist α2M im Gegensatz zur Ratte kein 7 Akute-Phase-Protein. In vitro stimuliert IL-6 (7 Interleukin-6) die Synthese nur gering. Entzündungsherde wie Gelenkräume (Synovia) oder Zahnfleisch (Speichel) können erhöhte Konzentrationen des α2M aufweisen. α2M ist im Plasma und im interzellulären Raum im Verhältnis 3:1 enthalten. Im Fetus ist es schon nach 4 Wochen nachweisbar. Unter physiologischen Bedingungen konnte α2M in geringen Konzentrationen in verschiedenen Körperflüssigkeiten wie der Synovia, der Gallenflüssigkeit, in Sekreten des Magen-Darm-Traktes und der Speicheldrüsen, im Liquor cerebrospinalis, Urin und Seminalplasma gefunden werden. Die 7 Halbwertszeit des intakten Proteins beträgt einige Tage. Dagegen werden α2M-Proteasekomplexe und Neuraminsäure depletierte α2M-Moleküle innerhalb von Minuten abgebaut (7 Low density Lipopotein-receptor-related protein bzw. Asialoglykoprotein-Rezeptor, 7 Galaktose erkennend).

Halbwertszeit. Intaktes Protein: 5 Tage α2M-Protease-Komplex: 5 min (6–10 min) Asialo-α2M: 3–5 min Funktion und Pathophysiologie. Die wichtigsten Funktionen des α2M sind neben der Transportfunktion für Metalle (besonders für 7 Zink) die Inhibition von Proteinasen (Trypsin, Chymotrypsin, Pepsin, 7 PMN-Elastase, 7 Kollagenpeptidase, 7 Kathepsin K, Plasmin, 7 Thrombin und 7 Kallikreine) und der Transport von Zytokinen und Wachstumsfaktoren. Das α2M-Molekül wird von Proteasen in der sogenannten Köder Region, die pro Untereinheit 25 Aminosäuren umfasst, an mindestens 10 Stellen verändert (limitierte Proteolyse), was zu einer 7 Konformationsänderung führt, bei der die Protease in einem Hohlzylinder gefangen ist. Wegen dieser sterischen Verhältnisse behält die Protease gegenüber kleinen Substraten Aktivität, nicht aber gegenüber Proteinen. Jedes α2M-Molekül kann 1 oder 2 Moleküle Proteinase binden. Bei der Konformationsänderung wird eine Aktivierung der Thiol-Ester erreicht, was zur kovalenten Bindung zu 7 Lysin-Resten im Proteinase-Molekül und zur Bildung von Sulfhydrylgruppen in jeder der tetrameren α2M-Ketten führt. Diese kovalente

Bindung ist allerdings für die Proteinasehemmung nicht erforderlich. Diese irreversibel an Proteinasen gebundene Form des α2M (inaktive Form, zu weiterer Proteinasebindung unfähig) ist die elektrophoretisch schnelle Variante mit einem pl von 5,1, die elektrophoretisch langsame Form [pl = 5,4 (F = fast, S = slow)] ist die voll aktive strukturell intakte Form (voll aktiv, um Proteasen zu binden und zu inaktivieren). Die „schnelle“ Form des α2M kann allerdings nicht kovalent TGF-β mit hoher Affinität binden. Außerdem kann eine Bindung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren an die elektrophoretisch schnelle Form in der Region der Sulfhydryl-Gruppen erfolgen. Ist 7 Insulin bei der Umwandlung von Thiolbindungen in der Nähe (z. B. während des Proteaseeinschlusses), so kann es selbst kovalent an α2M gebunden werden. Zytokine und Wachstumsfaktoren, die kompetitiv zu Proteasen an die „schnelle“ Form des α2M gebunden werden, sind: Platelet derived growth factor, IL-6, IL-1b, 7 Fibroblast Growth Factor 23, nerve growth factor, 7 Transforming Growth Factor-β (β1 und β2), Tumornekrosefaktor-α, 7 Insulin und hPL. Die Zytokine, Wachstumsfaktoren werden durch die Bindung an α2M inaktiviert und durch rezeptorvermittelte Endozytose eliminiert.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, EDTAPlasma, Citratplasma, Urin Wie bei allen Proteinen besteht auch für dieses Makroglobulin eine Abhängigkeit der Konzentration im Serum von der Orthostase. Probenstabilität. Serum und Urin: 20–25 °C 7 Tage 4–8 °C 7 Tage –20 °C: mehrere Monate Lyophilisierung vermeiden, da Unlöslichkeit hervorgerufen werden kann. Mehrfaches Frieren/Tauen führt zur Verminderung der Konzentration. Die Lagerung bei 4–8 °C führt zur Umwandlung von „S“in die „F“-Form. Präanalytik. Nur Venenstauung < 1 min zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck zulässig. Trübungen und Lipämie des Serums durch Zentrifugation (15000 × g, 10 min) entfernen.

Analytik.

5 Immunnephelometrie 5 Immunturbidimetrie 5 mit chromogenem Substrat Standard: 7 CRM 470

Konventionelle Einheit. mg/dL Internationale Einheit. g/L (im Urin mg/L) Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. mg/dL/100 = g/L Referenzbereich — Erwachsene. Im Serum: 1,30–3,00 g/L, im Urin < 9,4 mg/L Quotient im Urin: α2M/Albumin < 0,02 Indikation.

5 Im Serum zur Aufklärung unklarer α2-Globulinerhöhungen 5 Im Urin bei dreifach positivem Teststreifenbefund für Blut im Urin und bei Albumin im Urin von > 100 mg/L ist ein Quotient von α2Makroglobulin/Albumin > 0,02 (mehr als 2 % der Albuminkonzentration ist α2-Makroglobulin im Urin) ein Marker für Blut im Urin. Bei Quotienten von < 0,02 kann eine Blutbeimengung nicht ausgeschlossen werden. Weitere noch nicht gesicherte Indikationen können sein: 5 α2-M steigt bei Neuralrohrdefekten im Fruchtwasser an 5 Ähnlich wie α1-Antitrypsin wird es bei exsudativen Enteropathien im Darm ausgeschieden. Im Sammelstuhl gemessenes α2-M kann als Aktivitätsmarker von entzündlichen Darmerkrankungen verwendet werden (beispielsweise bei Morbus Crohn) 5 Bedeutung könnte auch der α2-Makroglobulin-PSA-Komplex erlangen. Der Quotient α2M-PSA/Gesamt-PSA soll eine gute Trennung der benignen Prostatahyperplasie vom Prostatakarzinom erlauben.

Makroprolaktin

909

Interpretation. Erhöhte Werte im Serum werden beobachtet bei 5 5 5 5 5

Nephrotischem Syndrom Diabetes mellitus Kontrazeptiva Schwangerschaft in der Kindheit

Erniedrigte Werte treten auf bei: 5 Hyperfibrinolyse 5 nach großen Operationen (zusammen mit Albumin und Hämoglobin) 5 Sepsis 5 schwerer Leberzellinsuffizienz Bei akuten Entzündungen, rheumatoider Arthritis und Neoplasien werden in der Regel Normalwerte gefunden.

Diagnostische Wertigkeit. Die Bedeutung der Messung im Serum ist gering. Urin-α2-Makroglobulin ist ein zuverlässiger Marker für Blut im Urin (extrarenale Blutbeimengung) (7 Proteinurie, diagnostische).

Literatur. Davies III AE (1996) α2-Macroglobulin. In: Ritchie RF, Navolotskaia O (eds) Serum Proteins in Clinical Medicine. Vol. 1, Laboratory Section. 1st edn. Kap. 8.02. Foundation for Blood Research, Scarborough, pp 1–8

Makrophagen. Abb. 1. Phagozytierende Makrophagen im Liquor nach Subarachnoidalblutung: Hämosiderin (gestrichelter Pfeil), Bilirubinkristalle (Pfeil); 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Englischer Begriff. macro(molecular) creatine kinase

i Makrophagen sind die Effektorzellen der Monozytopoese. Nach Ausreifung der Monozyten im Knochenmark werden diese in das periphere Blut abgegeben, wo sie durchschnittlich 3 Tage nachweisbar sind. Nach Übertritt der 7 Monozyten in das Gewebe erfolgt die terminale Differenzierung zu den gewebsständigen Makrophagen mit der Fähigkeit zur Phagozytose. In Abhängigkeit des Organsystems bzw. Funktion werden die Makrophagen dabei unterschiedlich bezeichnet (7 Osteoklasten, Langerhans-Zellen, Alveolarmakrophagen, Kupffer-Sternzellen etc.). Die physiologische Funktion der Makrophagen umfasst die Phagozytose und den Abbau infektiöser Erreger und intrazellulärer Parasiten oder defekter und abgestorbener Zellen. Zudem sind sie antigenpräsentierende Zellen für die spezifische Immunabwehr durch 7 T-Lymphozyten.

Definition. CK-Varianten mit erhöhter Molmasse, die durch Bin-

Literatur. Neumann S, Lang H (1995) Entzündung – Monozyten

α₂-Makroglobulin im Urin 7 Proteinuriediagnostik

Makrokreatinkinase K.J. Lackner, D. Peetz

dung von IgG- oder IgA-Autoantikörpern an CK-BB (Makro-CK Typ 1) oder durch Freisetzung und Oligomerbildung von CK-MiMi (Makro-CK Typ 2) entstehen (7 Makroenzyme). i Makro-CK Typ 1 wird häufig bei älteren Menschen (bis zu 10 %

der älteren Frauen) beobachtet und besitzt keinen Krankheitswert. Makro-CK Typ 2 wird dagegen bei schwerer Gewebsschädigung (Tumoren, Leberzirrhose, Lyell-Syndrom, schweren kardiovaskulären Erkrankungen) aus den Mitochondrien frei gesetzt. Bei Proben mit Makro-CK kann die gemessene CK-Aktivität sowohl im Referenzbereich liegen (insbesondere Makro-CK Typ 1) als auch eine konstant erhöhte Aktivität aufweisen. Diagnostisch wegweisend sind in diesen Fällen der zeitliche Verlauf ohne Dynamik der Messwerte und eine unplausibel erhöhte CK-MB-Aktivität. Eine Kreatinkinase-Isoenzymelektrophorese kann die CK-Makroenzyme sicher nachweisen.

Literatur. Lee KN, Csako G, Bernhardt P et al (1994) Relevance of macro creatine kinase type 1 and type 2 isoenzymes to laboratory and clinical data. Clin Chem 40:1278–1283

Makrolaktatdehydrogenase 7 Laktatdehydrogenase; 7 Makroenzyme

Makro-LDH 7 Laktatdehydrogenase; 7 Makroenzyme

Makrophagen H. Baum

Englischer Begriff. macrophage Definition. Terminal differenzierte Zelle der Monozytopoese nach Übertritt aus dem Blut in das Gewebe (7 Abb. 1)

und Makrophagen. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 1296–1299

Makrophosphatase, alkalische 7 Phosphatase, alkalische; 7 Makroenzyme

Makroprolaktin T. Arndt

Synonym(e). Big-big-Prolaktin Englischer Begriff. Macroprolactin Definition. Makromolekularer Komplex aus 7 Prolaktin und zumeist 7 Immunglobulin-G-Antikörpern. i Prolaktin liegt im menschlichen Serum in verschiedenen molekularen Formen vor: einem 23-kDa-Monomer als vorherrschende Form, als 50-kDa-Form (sog. Big-Prolaktin) und in einer 150- bis 170-kDa-Form als Makroprolaktin (Big-big-Prolaktin). Die makromolekularen Formen zeigen aufgrund der o. g. Komplexbildung eine verminderte biologische Aktivität, reagieren aber ggf. mit den 7 Immunoassays zur Prolaktinbestimmung mit. Liegt in der Blutprobe eine hohe Makroprolaktinkonzentration vor (die als solche unbedenklich ist, weil Makroprolaktin biologisch faktisch inaktiv ist), kann es (abhängig vom Prolaktintest unterschiedlich stark ausgeprägt) zu Prolaktinüberbestimmungen und damit falsch-positiven Diagnosen bzgl. Hyperprolaktinämie kommen. Um derartige Fehlinterpretationen zu vermeiden, wird empfohlen, Proben mit hohen Prolaktin-Messergebnissen nach Makroprolaktinfällung mit Polyethylenglykol (PEG) in einer zweiten Analyse noch einmal zu analysieren. Der hierfür eingesetzte Prolaktin-Test muss bzgl. seiner korrekten Funktionalität in Gegenwart von PEG validiert sein. Ist das Messergebnis in der Zweitmessung signifikant niedriger

M

910

Makrozyt

als vor PEG-Fällung, kann auf eine Makroprolaktinämie geschlossen werden.

der Akutdiagnostik der Malaria haben diese Verfahren jedoch noch keine Bedeutung (7 Abb. 1).

Literatur. Suliman AM, Smith TP, Gibney J, McKenna TJ (2003) Fre-

Literatur. Seitz HM, Maier W (1994) Parasitologie – Plasmodien, Erreger der Malaria. In: Brandis H, Köhler W, Eggers HJ et al (Hrsg) Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, S 658–665 Köhler W, Eggers HJ, Fleischer B, Marre R, Pfister H, Pulverer G (2001) (Hrsg) Medizinische Mikrobiologie. 8. Aufl. Urban & FischerVerlag München

quent misdiagnosis and mismanagement of hyperprolactinemic patients before the introduction of macroprolactin screening: application of a new strict laboratory definition of macroprolactinemia. Clin Chem 49:1504–1509

Makrozyt H. Baum

Englischer Begriff. macrocyte

Malariaerreger 7 Plasmodien

Definition. Besonders großer Erythrozyt (7 Abb. 1)

Malatdehydrogenase A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). EC 1.1.1.37; MDH Englischer Begriff. malate dehydrogenase Definition. Ubiquitär in Geweben und Organen verbreitetes Enzym des Zitronensäurezyklus, welches die NAD+-abhängige Oxidation von Malat zu Oxalacetat katalysiert und früher zur Diagnostik zellnekrotischer Prozesse, besonders der Leber, klinisch eingesetzt wurde.

Makrozyt. Abb. 1. Makrozyt (Pfeil); 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Makrozyten sind besonders große 7 Erythrozyten mit einem Durchmesser von 10–14 μm. Ihr Nachweis ist ein Zeichen einer gestörten 7 Erythropoese. Sie können in erster Linie bei einer megaloblastären Anämie, aber auch bei hämolytischen Anämien nachgewiesen werden.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 170–171

MAK-Wert 7 Arbeitsplatzkonzentration, maximale

Malaria 7 Plasmodien

Malaria-Diagnostik H. Baum

Englischer Begriff. malaria diagnostic Definition. Nachweis von Plasmodien im „Dicken Tropfen“ oder Blutausstrich i Die Diagnostik der Malaria erfolgt durch den direkten Erregernachweis im Blut. Im Fieberschub abgenommenes Blut soll möglichst rasch ausgestrichen und ein „7 Dicker Tropfen“ hergestellt werden. Nach Giemsa- (7 Giemsa-Bandenfärbung) oder 7 Pappenheim-Färbung können die 7 Plasmodien im Ausstrichpräparat als intraerythrozytäre Einschlüsse nachgewiesen werden. Angesichts ihrer individuellen Charakteristika kann auch eine Zuordnung zu den einzelnen Malariaformen erfolgen. Neben dem direkten morphologischen Erregernachweis können auch serologische und molekularbiologische Techniken zur Diagnostik und Differenzierung eingesetzt werden. In

i MDH kommt als Enzym des Zitronensäurezyklus (Tricarbonsäurezyklus) in den Mitochondrien sowie zytosolisch als Enzym des Malat-Aspartat-Shuttle vor. Es katalysiert die NAD+-abhängige Oxidation von L-Malat zu Oxalacetat. MDH diente früher zur Diagnostik zellnekrotischer Leberschädigungen, der Myokardnekrose (Herzinfarkt) und der Megaloblastenanämie. Skelettmuskelnekrosen (Rhabdomyolysen) und Karzinome gehen ebenfalls mit MDH-Erhöhungen einher. MDH-Bestimmungen sind in der Diagnostik heute obsolet.

MALDI-TOF 7 Massenspektrometrie

Malondialdehyd T. Arndt

Englischer Begriff. malondialdehyde Definition. Hochreaktive Verbindung der Strukturformel CH2(CHO)2 (7 Abb. 1) mit Keto-Enol-Tautomerie. Oxidationsprodukt der mehrfach ungesättigten Fettsäuren u. a. in der Zellmembran, dessen Plasmakonzentration als Maß für den sog. oxidativen Stress (7 Stress, oxidativer) der Zellen gilt.

O

OH

Malondialdehyd-Enol-Form

O

O

Malondialdehyd-Keto-Form

Malondialdehyd. Abb. 1. Strukturformel i Malondialdehyd (Molmasse 72,06 g) wird insbesondere in der sog. Anti-Aging- oder orthomolekularen Medizin (7Medizin, orthomolekulare) als Kenngröße einer erhöhten Lipidoxidation durch freie Radikale interpretiert. Untersuchungsmaterial: Plasma; Probenversand: gefroren (Plasma in gekühlter Zentrifuge abtrennen); Stabilität: bei –18 °C 4 Wochen, bei 2–8 °C 12 h. Analytik: HPLC nach Proteinfällung, Umsetzung mit Thiobarbitursäure oder 1-Methyl-2-Phenylindole zu einem 7Fluorophor und 7Fluoreszenz-Detektion. Referenzbereich: Die Angaben schwanken zwischen < 0,2 und < 1,0 μmol/L. Die diagnostische Aussagekraft der Malondialdehyd-Bestimmung ist noch nicht hinreichend evaluiert.

Literatur. Grune T, Siems W, Esterbauer H (1992) Comparison of different assays for malondialdehyde using thiobarbituric acid. Fresenius. J Anal Chem 343:135

Maltase

911

M

Malaria-Diagnostik. Abb. 1. Morphologie der Malariaerreger im Blutausstrich (Giemsa-Bandenfärbung). Das Chromatin der Parasiten stellt sich rot dar, das Zytoplasma blau (hier schwarz). Die rötliche zytoplasmatische Tüpfelung der Erythrozyten entspricht Hämozoinablagerungen (SchüffnerTüpfelung), die jedoch häufig nicht darstellbar sind [aus: Köhler (2001)]

Maltase R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). Glukoamylase Englischer Begriff. maltase; glucoamylase Definition. Glykohydrolase der intestinalen Bürstensaummembran, welche die Hydrolyse der α(1–4)-glykosidischen Bindung vom nicht-

reduzierenden Ende von Amylose, Amylopektin, Glykogen und Maltose katalysiert. i Maltase (EC 3.2.1.20) (Molmasse ~335 kDa) ist eine membranständige Glykohydrolase der intestinalen Bürstensaummembran insbesondere von Duodenum und Jejunum. Das Enzym besteht aus zwei Untereinheiten mit jeweils ähnlicher, vermutlich jedoch nicht gänzlich identischer katalytischer Aktivität. Maltase spaltet unter Freisetzung von Glukose vom nichtreduzierenden Ende die α(1–4)-glykosidische Bindung von Amylose, Amylopektin, Glykogen und Maltose.

912

Mancini-Technik

Literatur. Semenza G, Auricchio S (1995) Small-Intestinal Dissacharidases. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (eds) The Metabolic and Molecular Basis of Inherited Disease. Vol. 3. McGraw-Hill, New York, pp 4451–4480

Mancini-Technik 7 Immundiffusion, radiale nach Mancini, Carbonara und Heremans

Mangan D. Meissner

Englischer Begriff. manganese Definition. Mangan (chemisches Symbol: Mn) gehört zu den 7 Übergangsmetallen mit der Ordnungszahl 25. Es ist ein essenzielles Spurenelement. Struktur. Mangan liegt in den Oxidationsstufen +2 bis +7 vor, wobei nur das divalente Kation eine essenzielle Funktion ausübt. Es ist Bestandteil zahlreicher Enzyme. Im Organismus liegt es an Proteine oder an andere organische Verbindungen gebunden vor.

Molmasse. Relative Atommasse: 54,938 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Mangan wird über Nahrungsmittel und Getränke aufgenommen und im Dünndarm absorbiert. Im Blut liegt es als Mn(III)-β1-Globulin im Plasma und als Mn-Porphyrin in den Erythrozyten vor. Gespeichert wird es in Mitochondrien, hauptsächlich in Leber, Nieren und Pankreas, ferner in Knochenmark und Haar. Die Ausscheidung erfolgt zu 95 % über die Galle, in geringen Mengen über den Urin. Körperbestand: 10–20 mg. Bedarf: < 1 mg/Tag. Empfohlene Zufuhr: 2–5 mg/Tag. Tolerierbare Aufnahme: unbekannt. Manganreich sind Vollkorn, Hülsenfrüchte, Nüsse, Tee.

Halbwertszeit. Zwei Phasen: 4 Tage mit einer Elimination von 30 % und 6–7 Wochen (70 %), bei beruflich exponierten Personen werden 15 Tage angenommen. Funktion und Pathophysiologie. Die Bedeutung des Mangans ergibt sich aus seiner hauptsächlichen Funktion als Bestandteil oder Aktivator von Enzymen und damit aus seinem Einfluss auf wichtige physiologische Prozesse: Pyruvatcarboxylase (Glukoneogenese), Mevalonatkinase (Cholesterinsynthese), Mn-Superoxid-Dismutase (Schutz vor Radikalen), Glykosyltransferasen (Synthese der Glykosaminoglykane). Mangan ist mit der Blutgerinnung, der Spermatogenese und der Entwicklung des Zentralnervensystems verbunden und hat einen positiven Einfluss auf Herz-Kreislauf-Krankheiten. Manganmangel beim Menschen ist bisher nicht entdeckt worden, auch ist die Umwelt kaum mit Mangan belastet. Erhöhte Aufnahme und Intoxikationen sind bei Arbeitern in Metallhütten, Braunsteinmühlen oder in der Metall-, Glas-, Keramik-, Düngemittel- und Farbenindustrie sowie bei der Herstellung von Trockenbatterien möglich. Je nach Belastung sind unspezifische Beschwerden bis schwere Schädigungen des ZNS möglich, die von allgemeinen vegetativen Anzeichen über den sog. Manganismus bis zu den Symptomen des Parkinson-Syndroms reichen. Mangan zeigt mutagene und karzinogene Wirkungen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin Probenstabilität. 20 °C: 7 Tage, 4–8 °C: 14 Tage, –20 °C: 1 Jahr Präanalytik. Hohe Kontaminationsgefahr durch Abnahmegeräte (Kanülen!), Gefäße, Reagenzien. Geprüfte spurenelementfreie Materialien verwenden, unter Reinraumbedingungen arbeiten. Hämolyse führt zu falsch-hohen Werten im Serum. Spektrale Interferenzen durch Untergrundkompensation und Matrixinterferenzen durch Matrixmodifier korrigieren.

Analytik. Elektrothermische Atomabsorptionsspektrometrie, Inductively Coupled Plasma, Neutronenaktivierungsanalyse Konventionelle Einheit. μg/L (d) Internationale Einheit. nmol/L (d)

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L (d) = 18,202 × μg/L (d), μg/L (d) = 0,05494 × nmol/L (d)

Referenzbereich — Erwachsene. Vollblut: 6,0–11,0 μg/L (110– 200 nmol/L); Serum: 0,3–1,1 μg/L (5–20 nmol/L); Urin: 0,1–1,5 μg/L (2–27 nmol/L)

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Patienten mit unklaren toxikologischen Beschwerden. Verdacht auf Vergiftung durch Mangan. Interpretation. Erhöhte Werte findet man bei Belastung, wenn das Mangan in resorptionsfähiger Form aufgenommen wird. Die Serumwerte sind auch erhöht bei ischämischer Herzkrankheit, Zirrhose und Hepatitis, speziell wenn die Ausscheidung gestört ist. MAK-Wert: 5 mg/m3 Grenzwert im Trinkwasser: 50 μg Mn/L (bei Anlagen ≤ 1000 m3/Jahr ≤ 200 μg Mn/L) Diagnostische Wertigkeit. Erkennen einer übermäßigen Aufnahme, Belastung oder Vergiftung durch Mangan.

Literatur. Meißner D (2002) Mangan. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 233–234

Mangelmutante 7 Defekt-Mutante

Mannose-Lektin-Weg 7 Komplementsystem Mannoseweg

Mantelzone H. Baum

Englischer Begriff. mantle zone Definition. Morphologisch abgrenzbarer Bereich um das Keimzentrum der sekundären Follikel im lymphatischen Gewebe und der Milz. i Das 7 Keimzentrum der 7 Sekundärfollikel des lymphatischen

Gewebes wird von einem Mantel von 7 B-Lymphozyten umgeben, die auf ihrer Oberfläche überwiegend Pan-B-Zellantigene sowie 7 Immunglobulin D und 7 Immunglobulin M exprimieren. Es handelt sich dabei um naive, aktiv zirkulierende reife B-Zellen. Daneben können auch Memory-B-Zellen in der Mantelzone nachgewiesen werden.

Literatur. Sagaert X, De Wolf-Peeters C (2003) Classification of B-cells according to their differentiation status, their micro-anatomical localisation and their development lineage. Immunol Lett 90:179–186

M-Antigen 7 MNS-Blutgruppensystem

M30-Antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). M30; CK18-Asp396-NE Englischer Begriff. M30 antigen Definition. Das M30-Antigen ist ein Cytokeratin-18-Fragment, das durch spezifische Caspasen-Spaltung der Peptidbindung 396–397 am C-Terminus während der frühen 7 Apoptose entsteht. Hierbei wird ein Neoepitop freigelegt, welches durch die M30-Antikörper detektiert wird. Struktur. Die sauren Cytokeratine 18 (CK18) sind Typ-I-Intermediärfilamente (IF) und liegen in epithelialen Zellen im Verbund mit

M65-Antigen

basischen Cytokeratinen (IF Typ II), insbesondere mit CK8, vor. Im frühen Stadium des apoptotischen Zelltods entsteht durch eine erste Caspasenspaltung des CK18 am Aspartat in Position 396 ein etwa 40 kDa CK18-Fragment; durch eine weitere Spaltung am Aspartat in Position 238 ein zusätzliches etwa 24 kDa großes CK18-Fragment während der späteren Apoptose. Beide werden durch die M30-Antikörper erfasst, die das Neoepitop an der C-terminalen Schnittstelle (Aminosäuren 387–396) detektieren.

Molmasse. Etwa 40 kDa bzw. 24 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CK 18 finden sich in Zellen epithelialen Gewebes sowie in Tumorzellen. Intrazellulär kommen ihnen neben stabilisierenden auch funktionelle Aufgaben zu. Durch Fragmentierung werden CK18 wie auch andere Cytokeratine (z. B. CK19-Fragmente, CYFRA 21-1) löslich und können im Serum nachgewiesen werden. Die Freisetzung erfolgt bei Zelltodvorgängen aller Art, z. B. Apoptose, Nekrose und Autophagie. Während die CK18- und CK19-Fragmente keine Zelltodspezifität aufweisen, werden CK18Asp396-NE (M30-Antigene) nur beim apoptotischen Zelltod nach entsprechender Spaltung durch die Caspasen 9 bzw. 3 freigesetzt. Das Verhältnis von CK18-Asp396-NE zu Gesamt-CK18 (detektierbar im M65-Test; 7 M65-Antigen) wird von einigen Gruppen vorgeschlagen zur Unterscheidung der vorliegenden spontanen oder induzierten Zelltodprozesse.

Funktion und Pathophysiologie. Eine vermehrte Freisetzung der M30-Antigene wurde bei verschiedenen epithelialen Tumoren beschrieben, u. a. beim Mamma-, Lungen-, gastrointestinalen, gynäkologischen, Hoden- und Prostatakarzinomen. Außerdem wurden erhöhte M30-Serumkonzentrationen bei Patienten mit Sepsis und mit benignen hepatischen Erkrankungen gefunden. Während einer systemischen Chemotherapie stiegen die M30-Werte bereits nach 24–48 h deutlich an. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. Enzymimmunoassay (EIA) Konventionelle Einheit. U/L Referenzbereich — Erwachsene. keine Grenzwerte verfügbar Interpretation. Aufgrund der beträchtlichen individuellen Streuung der M30-Werte bei gesunden Personen und unterschiedlicher Ergebnisse in klinischen Studien existieren derzeit keine verbindlichen Grenzwerte. In mehreren Studien weisen Tumorpatienten höhere Serum-M30-Werte als Kontrollpersonen auf. Allerdings wurden auch erhöhte Werte bei differenzialdiagnostisch relevanten benignen Erkrankungen beschrieben, so dass die diagnostische Wertigkeit derzeit limitiert ist. Der frühe Anstieg der M30-Werte 24–48 h nach systemischer Chemotherapie war in einzelnen Studien mit dem späteren Therapieansprechen assoziiert. Allerdings sind diese Ergebnisse nicht durchgängig. Auch die prognostische Wertigkeit von M30 bei Tumorpatienten ist noch fraglich. Umfassende klinische Studien mit derzeit etablierten Biomarkern für die einzelnen Tumorentitäten stehen noch aus. Momentan wird in Studiensettings das Verhältnis von CK18Asp396-NE zu Gesamt-CK18 zur Differenzierung der Zelltodprozesse Apoptose und Nekrose verwendet. Diagnostische Wertigkeit. Noch unklar; evtl. Prädiktion des Therapieansprechens und Prognose

Literatur. Leers MP, Kölgen W, Björklund V, Bergman T, Tribbick G, Persson B, Björklund P, Ramaekers FC, Björklund B, Nap M, Jörnvall H, Schutte B (1999) Immunocytochemical detection and mapping of a cytokeratin 18 neo-epitope exposed during early apoptosis. J Pathol; 187:567–572 Linder S (2007) Cytokeratin markers come of age. Tumour Biol; 28:189–195

M65-Antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). M65; CK18-Fragmente

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Englischer Begriff. M65 antigen Definition. Mit dem M65-Test werden alle Cytokeratin-18-Fragmente nachgewiesen. Struktur. Die sauren Cytokeratine 18 (CK18) sind Typ-I-Intermediärfilamente (IF) und liegen in epithelialen Zellen im Verbund mit basischen Cytokeratinen (IF Typ II), insbesondere mit CK8, vor. Während des Zelltods entstehen u. a. die löslichen CK18-Fragmente, die mit dem M65-Test erfasst werden. Die beiden Antikörper M5 und M6 des M65-Tests binden zwischen den Aminosäuren 300 und 380 und detektieren sowohl intakte wie auch Caspasen-gespaltene CK18Fragmente. Es besteht eine hohe Korrelation zwischen dem M65-Test und dem 7 Tissue polypeptide specific antigen(TPS)-Assay, welcher ebenfalls CK18-Fragmente nachweist; allerdings sind beide Teste nicht identisch. Molmasse. 43 kDa und kleinere Fragmente Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. CK18 finden sich in Zellen epithelialen Gewebes sowie in Tumorzellen. Intrazellulär kommen ihnen neben stabilisierenden auch funktionelle Aufgaben zu. Durch Fragmentierung während des Zelltods werden CK18 wie auch andere Cytokeratine (z. B. CK19-Fragmente, CYFRA 21-1) löslich und können im Serum nachgewiesen werden. Die Freisetzung erfolgt bei Zelltodvorgängen aller Art, z. B. 7 Apoptose, Nekrose und Autophagie. Mit dem M65-Test werden alle Arten von Cytokeratin-18Fragmente nachgewiesen, d. h. die kompletten CK18 wie auch die durch 7 M30-Antikörper detektierten Fragmente. Das Verhältnis von CK18-Asp396-NE (M30) zu Gesamt-CK18 (M65) wird von einigen Gruppen vorgeschlagen zur Unterscheidung von apoptotischen und nekrotischen Zelltodprozessen. Funktion und Pathophysiologie. Eine vermehrte Freisetzung der CK18-Fragmente (M65) wurde bei einer Vielzahl epithelialer Tumoren beschrieben, u. a. bei Mamma-, Lungen-, HNO-, gastrointestinalen, gynäkologischen und Prostatakarzinomen. Außerdem wurden erhöhte CK18-Serumkonzentrationen bei Patienten mit benignen, insbesondere hepatischen, Erkrankungen gefunden. Während einer systemischen Chemotherapie stiegen die CK18-Werte bereits nach 24–48 h deutlich an. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. Enzymimmunoassay (EIA) Konventionelle Einheit. U/L Referenzbereich — Erwachsene. keine Grenzwerte verfügbar Interpretation. Aufgrund der beträchtlichen individuellen Streuung der M65-Werte bei gesunden Personen und unterschiedlicher Ergebnisse in klinischen Studien existieren derzeit keine verbindlichen Grenzwerte. In mehreren Studien weisen Tumorpatienten höhere Serum-M65-Werte als Kontrollpersonen auf, wobei der Unterschied der Patientengruppen häufig deutlicher ausfällt als bei M30. Allerdings wurden auch erhöhte Werte bei differenzialdiagnostisch relevanten benignen Erkrankungen beschrieben, weshalb die diagnostische Wertigkeit derzeit noch unklar ist. Der frühe Anstieg der M65-Werte 24–48 h nach systemischer Chemotherapie war in einzelnen Studien mit dem späteren Therapieansprechen assoziiert. Auch wurde bei einzelnen Tumoren eine prognostische Wertigkeit von M65 beschrieben. Umfassende klinische Studien mit derzeit etablierten Biomarkern für die einzelnen Tumorentitäten stehen noch aus. Momentan wird in Studiensettings das Verhältnis von CK18-Asp396-NE (M30) zu Gesamt-CK18 (M65) zur Differenzierung der Zelltodprozesse Apoptose und Nekrose verwendet. Diagnostische Wertigkeit. Noch unklar; evtl. Prädiktion des Therapieansprechens und Prognose

Literatur. Kramer G, Erdal H, Mertens HJ, Nap M, Mauermann J, Steiner G, Marberger M, Bivén K, Shoshan MC, Linder S (2004) Differentiation between cell death modes using measurements of different soluble forms of extracellular cytokeratin 18. Cancer Res; 64:1751–1756

M

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M(1-9)-Antikörper

Scott LC, Evans TR, Cassidy J, Harden S, Paul J, Ullah R, O’Brien V, Brown R (2009) Cytokeratin 18 in plasma of patients with gastrointestinal adenocarcinoma as a biomarker of tumour response. Br J Cancer; 101:410–417

M(1-9)-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Mitochondrien

MAO 7 Maximal acid output; 7 Monoaminooxidase

Marginalzone H. Baum

Englischer Begriff. marginal zone Definition. Äußerer Teil der Mantelzone der sekundären Follikel des lymphatischen Gewebes. i Der äußere Teil der 7 Mantelzone der 7 Sekundärfollikel der lymphatischen Gewebe wird als Marginalzone bezeichnet. Diese Zone ist am ausgeprägtesten in den lymphatischen Geweben, in denen der Zufluss an Antigenen besonders hoch ist, wie in der weißen Pulpa der Milz, den Peyer’schen Plaques oder den Tonsillen. Die Zellen der Marginalzone setzen sich aus 7 T-Lymphozyten, Granulozyten, 7 Plasmazellen, kleinen Lymphozyten und den sog. MarginalzonenB-Lymphozyten zusammen. Letztere sind durch ein weiteres Zytoplasma und einen blassen, zentral gelegenen Kern charakterisiert (monozytoide B-Zellen). Diese B-Zellen können T-Zell-unabhängig durch Antigene vom Typ 2, wie Polysaccharide von Bakterienkapseln, direkt stimuliert werden.

Literatur. Sagaert X, De Wolf-Peeters C (2003) Classification of Bcells according to their differentiation status, their micro-anatomical localisation and their development lineage. Immunol Lett 90:179– 186

Marihuana 7 Hanf

Marker, klinisch-chemischer 7 Kenngröße

Markergen R. Weiskirchen

Englischer Begriff. marker gene Definition. Jedes 7 Gen, das in einen anderen Organismus eingebracht wird, um dort eine leicht erkennbare und damit selektionsfähige Eigenschaft auszulösen i Bei einer Genübertragung (7 Transformation) nimmt nur ein Bruchteil der Empfängerzellen die übertragene DNA auf. Bei gleichzeitiger Gabe eines Markergens (Antibiotika-Resistenz, 7 Luciferase, Green Fluorescent Protein) kann der geringe Anteil an Zellen gefunden werden, der bei der Transformation die neuen Gene aufgenommen hat. Dazu wird das Markergen, über das eine Selektion vorgenommen werden kann, zusammen mit dem gewünschten Gen (Zielgen) übertragen.

Markierung pathologischer Analysenergebnisse O. Colhoun

Englischer Begriff. marking Definition. Kennzeichnung eines 7 Messwertes in der Labor-EDV. i Die jeweilige Kennzeichnung weist auf Über- oder Unterschreitung des 7 Referenzbereiches (in mehreren möglichen Ausprägungen

von leicht bis extrem pathologisch) oder präanalytische 7 Einflussgrößen (Hämolyse, Hyperbilirubinämie usw.) hin, die bei der Beurteilung des Messwertes mit einbezogen werden müssen. Die jeweiligen Beurteilungsgrenzen sind in den 7 Stammdaten der 7 Labor-EDV für die Messgröße hinterlegt.

Markierung mit Fluoreszenz-Farbstoffen 7 Fluoreszenz-Markierung

Markierungsbeleg 7 Anforderungsbeleg

Masern-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff. measles virus Beschreibung des Erregers. Morbilli-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae. Die Virus-Partikel sind von pleomorpher Gestalt und haben eine Größe von 110–250 nm. Sie enthalten ein unsegmentiertes, einzelsträngiges RNS-Genom negativer Polarität. Zusammen mit Nukleokapsidprotein, Phosphoprotein und Polymerase bildet die RNS einen helikalen Ribonukleoproteinkomplex, der von einer Lipidhülle umgeben ist. Diese wird an der Innenseite von einem Matrixprotein ausgekleidet, während außen Spikes aus Hämagglutinin und Fusionsprotein erscheinen. Im Gegensatz zu anderen Paramyxo-Viren enthält das Masern-Virus keine Neuraminidase. Es existiert nur ein einziger Serotyp, der eine hohe Antigenstabilität besitzt. Das Virus ist sehr empfindlich gegenüber Hitze, Licht, UV-Strahlung, Detergenzien und Desinfektionsmitteln.

Erkrankungen. Die Masern sind eine weltweit verbreitete, hochfieberhafte und schwere Infektionskrankheit, die überwiegend im Kindesalter auftritt. Morbidität und Mortalität sind vor allem in Entwicklungsländern sehr hoch. Nach Angaben der WHO starben im Jahr 2008 weltweit 164.000 Personen an Masern. In Europa ist die Zahl der Masernfälle seit Einführung der Schutzimpfung stark zurückgegangen, von 850.000 (1980) auf nur noch 9.000 (2008), davon 10 % gemeldete Fälle in Deutschland. Jedoch treten immer wieder lokale Epidemien auf. Das einzige natürliche Reservoir des Masern-Virus ist der Mensch. Die Übertragung des hochkontagiösen Erregers erfolgt durch Tröpfcheninfektion sowie durch Kontakt mit Nasopharyngealsekret. Akute Masern beginnen nach einer Inkubationszeit von ca. 10 Tagen mit einem katarrhalischen Prodromalstadium (Fieber, Rhinitis, Pharyngitis, Husten, Konjunktivitis). Pathognomonisch sind die Koplik-Flecken der Wangenschleimhaut. Am 14.–15. Inkubationstag tritt unter erneutem Fieberanstieg das charakteristische makulopapulöse Masernexanthem auf. Es erscheint zunächst hinter den Ohren und im Gesicht, breitet sich rasch auf den gesamten Körper aus und klingt nach 5–7 Tagen wieder ab. Häufig liegt eine generalisierte Lymphadenopathie vor. Zudem führen Masern zu einer transienten Schwächung des Immunsystems und damit zu einer Prädisposition für bakterielle Sekundärinfektionen mit Otitis media, Bronchitis, Pneumonie, Myokarditis und Diarrhoe. Nur bei 0,1 % der Erkrankungen kommt es zu einer Meningoenzephalitis, diese verläuft jedoch in einem Fünftel der Fälle tödlich, bei weiteren 30 % bleiben dauerhafte Schädigungen des Gehirns zurück. Zu den folgenschwersten Komplikationen zählen die akute postinfektiöse Enzephalitis (Inzidenz: 1:1.000 Masernfälle) und die stets tödlich verlaufende subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE; Latenz: 7–10 Jahre; Inzidenz: 7–11 pro 100.000 Masernfälle). Eine Maserninfektion während der Schwangerschaft kann zu Abort, Frühoder Totgeburt führen. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Zur Prävention wird eine aktive Immunisierung mit attenuiertem Lebendimpfstoff empfohlen, in der Regel als Kombinationsimpfung: Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV-Vakzine). Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Masern sowie der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers sind meldepflichtig. Analytik. Direktnachweis des Masern-Virus mittels RT-PCR, direkter Immunfluoreszenz oder Antigen-ELISA. Zur Virusanzucht

Maßeinheit

werden Kulturen aus Affennierenzellen eingesetzt, im positiven Fall beobachtet man einen zytopathischen Effekt (mit Syncytienbildung). Serologie: Antikörperbestimmung durch ELISA (7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay), indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte) unter Verwendung Masern-Virus-infizierter Kulturzellen, 7 Hämagglutinationshemmtest, 7 Komplementbindungsreaktion oder 7 Neutralisationstest.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Das Virus wird in der Regel nicht direkt nachgewiesen. Zur Differenzialdiagnose werden Nasen-, Rachen-, Bronchialsekret und Konjunktivalflüssigkeit untersucht. Bis zur Weiterverarbeitung muss das Material bei +4 °C bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 h anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen.

Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnose der Masern kann häufig aufgrund der typischen klinischen Symptomatik gestellt werden, manchmal in Verbindung mit der aktuellen epidemischen Situation. Aufgrund der zunehmenden Seltenheit des Krankheitsbilds gewinnt die Labordiagnostik jedoch an Bedeutung. Mittels RT-PCR kann bereits im frühen Krankheitsstadium (Exanthembeginn) ein schneller Virusnachweis erfolgen. Bei positivem RNA-Nachweis lässt sich auch der Genotyp des Erregers feststellen, wodurch Infektionsquellen und Transmissionswege erkundet und zwischen Wild- und Impfstämmen differenziert werden kann. Die Virusanzucht ist dagegen aufwändig und nicht sehr zuverlässig. Weder beim RNA-Nachweis noch bei der Virusisolierung rechtfertigt ein negatives Ergebnis den Ausschluss einer Masernerkrankung. Sicherster Marker akuter Masern sind Virus-spezifische IgM-Antikörper. Sie können bei 50 % der Patienten bereits 3 Tage nach Exanthembeginn nachgewiesen werden, bei mehr als 90 % innerhalb von 10 Tagen. Eine Serokonversion oder ein signifikanter Titeranstieg des spezifischen IgG sind weitere sichere Zeichen einer frischen Infektion. In Zweifelsfällen untersucht man die Avidität des spezifischen IgG, ist sie hoch, kann man eine akute Maserninfektion ausschließen. Bei Verdacht auf eine Masern-Enzephalitis werden spezifische IgGAntikörper im Liquor bestimmt: SSPE-Patienten zeigen extrem hohe IgG-Titer in Serum und Liquor. Die Möglichkeit von Kreuzreaktionen mit anderen Paramyxoviren ist zu berücksichtigen. Als Differenzialdiagnosen sind u. a. Scharlach, Röteln, Kawasaki-Syndrom und Arzneimittelexantheme auszuschließen.

Literatur. Köhler W, Eggers HJ, Fleischer B, Marre R, Pfister H, Pulverer G (2001) (Hrsg) Medizinische Mikrobiologie. 8. Aufl. Urban & Fischer Verlag München. S 641–644 Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (2009) (Hrsg) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen. 3. Aufl. Springer-Verlag Heidelberg Berlin New York. S 512–515

Maske O. Colhoun

915

Masse, molare T. Arndt

Englischer Begriff. molecular mass Definition. Die auf die Stoffmenge 1 Mol bezogene Atom- bzw. Molekülmasse wird als molare Masse eines Stoffs bezeichnet. Sie hat die Einheit g/mol. Dabei entspricht 1 Mol einer Substanz jener Stoffmenge (Teilchenzahl), die aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Kohlenstoffatome in genau 12 g des Kohlenstoffisotops 12C enthalten sind, also 6,022 × 1023 (Loschmidt- bzw. Avogadro-Zahl). i Im Jahr 1961 wurde beschlossen, die Atommassen einheitlich auf das zu 98,893 % im Kohlenstoff enthaltene leichteste Isotop der Masse 12 [12C] zu beziehen. Auf die 12C-Atommasse bezogen, hat z. B. Wasserstoff eine relative Atommasse von 1,008, Sauerstoff von 15,999 und Kohlenstoff (Isotopengemisch) von 12,011. Die relative Atommasse ist dimensionslos. Addiert man die relativen Atommassen der in einem Molekül enthaltenen Atome (z. B. für H2O: 1,008 + 1,008 + 15,999 = 18,015), so erhält man die relative Molekülmasse (früher Molekulargewicht oder Molekularmasse) der Verbindung. Die Masse von 1 Mol eines Elements oder einer Verbindung (früher Molmasse) ist numerisch identisch mit der relativen Molmasse, hat jedoch die Einheit g. In der organischen Chemie und Biochemie wird häufig das Dalton als Masseeinheit verwendet. Dabei entspricht ein Dalton (D oder Da) der Masse eines Wasserstoffatoms (1,66 × 10-24 g) und ist damit gleich der atomaren Grundeinheit. Ein Kohlenstoffatom hat die Masse von 12 Da, ein Wassermolekül von 18 Da. Die Masseeinheit Dalton wird allerdings meist nur bei großen Molekülen wie Peptiden und Proteinen verwendet. Im vorliegenden Lexikon für Verbindungen mit einer molaren Masse von ≥ 1000 g/mol (= Molmasse ≥ 1000 g). Die IUPAC-Nomenklatur wurde und wird oft nicht konsistent angewandt. In der Literatur sind deshalb weitere Begriffe zu finden (7 Tab. 1.)

Literatur. Holleman AF, Wiberg E (1995) Lehrbuch der Anorganischen Chemie. W. de Gruyter, Berlin New York

Masse, monoisotopische B. Güssregen

Englischer Begriff. monoisotopic mass i Mit monoisotopischer Masse wird die Molmasse bezeichnet, welche sich aus den häufigsten Isotopen berechnen lässt. Beispielsweise für CH3Cl ergibt sich aus 12C, 1H und 35Cl eine monoisotopische Masse (Molmasse) von 49,9923 g.

Literatur. Murray KK et al (2005) IUPAC standard definitions of terms relating to mass spectrometry. www.msterms.com

Masse, spezifische 7 Dichte, spezifische und relative

Synonym(e). Bildschirmmaske Englischer Begriff. mask

Maßeinheit

Definition. Formularartiger Eingabebildschirm des 7 Labor-EDV-

W.-R. Külpmann

Systems, der zum Ausfüllen vorgegebener Felder dient.

Synonym(e) Einheit im Messwesen; Einheit

i Die Maske besteht aus beschreibbaren Feldern, sog. Eingabe-

Englischer Begriff. measurement unit

feldern (z. B. für Patientenname, Auftragsnummer, Material, angeforderte Analysen). In Laborinformationssystemen mit graphischer Benutzeroberfläche stehen eine Reihe sinnvoller Formularfeatures zur Verfügung: Auswahlfelder, Rollbalken, Ankreuzfelder, Arbeitsblattreiter etc.

Maßanalyse 7 Titration

Definition. Reelle skalare Größe, durch Vereinbarung definiert und angenommen, mit der jede andere Größe gleicher Art verglichen werden kann, um das Verhältnis der beiden Größen als Zahl auszudrücken [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

M

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Maßeinheiten, Präfixe von

Masse, molare. Tab. 1. Begriff

Bedeutung

Symbol und Beispiel

Atommasse

Masse eines einzelnen Atoms

mH = 1,673 × 10-24 g

Molekülmasse

Masse eines einzelnen Moleküls (entspricht der Summe der Atommassen aller am Aufbau eines Moleküls beteiligten Atome)

mH2 = 3,346 × 10-24 g

Molmasse

Masse von Mol, Atom oder Verbindung

1 Mol H = 1,008 g 1 Mol H2 = 2,016 g 1 Mol Glukose = 180,16 g 1 Mol Transferrin = ~79600 g = 79600 Da = 79,6 kDa

Relative Atommasse („Atomgewicht“)

Relatives Gewicht des Atoms im Verhältnis zu 1/12 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C

Ar(H) = 1,008

Relative Molekülmasse („Molekulargewicht“)

Relatives Gewicht eines Moleküls im Verhältnis zu 1/12 der Masse eines Atoms des Kohlenstoff-Isotops 12C

Mr(H2) = 2,016

molare Masse

Relatives Gewicht eines Mols, eines Elements oder einer Verbindung im Verhältnis zu 1/12 eines Mols des Kohlenstoff-Isotops 12C

MH = 1,008 g/mol MH2 = 2,016 g/mol

Grammatom

Den relativen Atommassen numerisch entsprechende Atommenge (historische Mengenangabe)

1 Grammatom (TOM) H = 1,008 g H

Grammmolekül

Den relativen Atommassen numerisch entsprechende Molekülmenge (historische Mengenangabe)

1 Grammmolekül H2 = 2,016 g H2

Mol

Zähleinheit, Definition

1 Mol H = 6,022 × 1023 H-Atome 1 Mol H2 = 6,022 × 1023 H2-Atome

Maßeinheiten, Präfixe von 7 Einheiten, Präfixe von

Masse-Ladungs-Verhältnis 7 Massenspektrometrie

Massenbestimmung, akkurate 7 Präzisionsmassenbestimmung

Massenbestimmung, exakte 7 Präzisionsmassenbestimmung

Massendefekt B. Güssregen

Englischer Begriff. mass deficiency; mass defect i Als Massendefekt bezeichnet man in der Kernphysik den Masse-

unterschied zwischen der tatsächlichen Masse eines Atomkerns und der größeren Summe der Massen der in ihm enthaltenen einzelnen Nukleonen (Protonen und Neutronen). Der Massendefekt resultiert aus der Kernbindungsenergie der Nukleonen. So beträgt z. B. die Masse des Iod Isotops 127I nicht 127 u sondern 126,904477 u, der Massendefekt beträgt 0,095 u. IUPAC: Differenz zwischen monoisotopischer Masse (7 Masse, monoisotopische) und Nominalmasse eines Moleküls oder Atoms.

Literatur. Murray KK et al (2005) IUPAC standard definitions of terms relating to mass spectrometry. www.msterms.com

Massendichte 7 Dichte, spezifische und relative

Massenspektren-Bibliothek 7 Bibliotheksuche

Massenspektrometrie B. Güssregen

Synonym(e). MS; Tandem-Massenspektrometrie Englischer Begriff. mass spectrometry Definition. Analytisches Verfahren, welches Ionen entsprechend ihres Verhältnisses Masse/Ladung (m/z) auftrennt und detektiert. i In der Massenspektrometrie wird die zu untersuchende Probe im Hochvakuum in den gasförmigen Zustand überführt und ionisiert. Als bewegte geladene Teilchen lassen sich die Ionen in einem Analysator auf verschiedene Weise nach ihrem Masse-zu-LadungsVerhältnis (m/z) auftrennen und anschließend detektieren. Die Registrierung der im Massenspektrometer (7 Abb. 1) aufgetrennten Ionen erfolgt entweder auf einer Photoplatte oder häufiger als Ionenstrom mit einem Sekundärelektronenvervielfacher („electron multiplier“). Im ersten Fall spricht man von Massenspektroskopie, im zweiten von Massenspektrometrie. Die Massenspektrometrie findet u. a. Anwendung in der Bestimmung der Molekülmasse einer chemischen Verbindung und in der Peptidanalytik. Häufig resultiert aus der Ionisierung eine Fragmentierung des Moleküls, wodurch wertvolle Informationen über die Struktur einer chemischen Verbindung erhalten werden können. In der klinischen Chemie sind die Identifizierung sowie die Quantifizierung von Arzneimitteln bzw. Drogen Hauptanwendungsgebiete der Massenspektrometrie. Der qualitative Nachweis von Drogen erfolgt häufig durch die Kopplung der 7 Gaschromatographie mit Massenspektrometrie (GC-MS). Nach geeigneter Derivatisierung (z. B. Acetylierung) der zu analysierenden Probe werden die erhaltenen Massenspektren mit Substanzbibliotheken verglichen und identifiziert (7 Bibliotheksuche). Die Quantifizierung von chemischen Substanzen erfolgt nach der internen oder externen Stan-

Massenspektrometrie

917

Massenspektrometrie. Abb. 1. Schematischer Aufbau eines Massenspektrometers

dardmethode häufig in Kombination von 7 GC-MS, 7 LC-MS (Liquid-Chromatographie-Tandem Massenspektrometrie) oder LC-MS/ MS (Liquid-Chromatographie-Massenspektrometrie). Als interne Standards werden häufig isotopenmarkierte Analoga verwendet, da diese gleiche Fragmentierungsmuster und gleiche chromatographische Eigenschaften wie der Analyt besitzen. Vor allem die TandemMassenspektrometrie LC-MS/MS (s. u.) findet immer mehr Anwendung, da hier durch Erhöhung der Selektivität der Aufwand für die Probenvorbereitung minimiert werden kann. Prinzipiell lässt sich ein Massenspektrometer in die 4 Komponenten aufgliedern: 5 Probenaufgabe 5 Ionisierung (Ionenquelle) 5 Massentrennung 5 Detektion. Durch die Probenaufgabe wird der Analyt in den gasförmigen Zustand überführt. Feste Probensubstanzen können direkt über eine Schubstange in die Ionenquelle eingebracht werden (Direkt-Einlass). Für flüssige oder gasförmige Proben eignet sich der Direkt-Einlass, die Kopplung mit einem Gaschromatographen (7 Gaschromatographie) oder Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographen (7 HochleistungsFlüssigkeitschromatographie). In Abhängigkeit vom Analyten werden verschiedene Ionisierungsmethoden angewandt, wobei man prinzipiell zwischen Verdampfung vor der Ionisation (Elektronenstoßionisation (EI), Chemischen Ionisation (CI), Sprayverfahren (ESI, APCI) und Desorptionsmethoden (MALDI, FAB) unterscheiden kann. Die älteste Methode stellt die Elektronenstoßionisation EI dar. Zur Ionisation wird die Probe mit einem Elektronenstrahl von 70 eV beschossen. Durch Wechselwirkungen der Elektronen mit den neutralen Molekülen entstehen positiv geladene 7 Molekülionen. Die Bildung negativ geladener Ionen ist unter diesen Bedingungen nahezu ohne Bedeutung, sodass im Regelfall EI-Spektren positive Ionen zeigen. Die Elektronenstoßionisation wird häufig in Verbindung mit der Gaschromatographie (GC-MS) angewandt. Bei dieser harten Ionisierungsmethode werden die Moleküle weitgehend fragmentiert. Da das Fragmentierungsmuster reproduzierbar ist, sind Spektrenvergleiche mit Substanzbibliotheken möglich. Bei der Chemischen Ionisation (CI) handelt es sich um eine sanfte 7 Ionisierungsmethode. Bei sanften Ionisierungsmethoden bleibt

Massenspektrometrie. Abb. 3. ESI-Probe

das Molekülion weitgehend erhalten, die Massenspektren sind weniger reproduzierbar und daher für den Aufbau einer Spektrenbibliothek weniger geeignet. Bei der chemischen Ionisierung wird der Analyt durch ein Reaktionsgas (z. B. CH4+) ionisiert. Bei den Sprayverfahren ESI („electrospray ionization“) und APCI („atmospheric chemical pressure ionization“) handelt es sich ebenfalls um milde Ionisierungsmethoden, die häufig in Kombination mit HPLC (LCMS) eingesetzt werden. Beim Elektrospray wird der Analyt in Lösung in einem elektrischen Feld unter Atmosphärendruck zu einem Nebel feinster, hoch geladener Teilchen versprüht, wobei aus sauren oder basischen Analyten je nach Bedingung positive oder negative Ionen entstehen. Beim APCI wird der gelöste Analyt ähnlich wie beim Elektrospray durch eine Kapillare zerstäubt, wobei ein Spray entsteht. Dieses Spray wird durch eine beheizte Keramik (300–400 °C) geführt, wobei das Lösungsmittel vollständig verdampft. Das dabei entstehende Aerosol strömt über eine Corona-Entladungsnadel, wobei Lösungsmittelmoleküle ionisiert werden, die ihre Ladung auf den Analyten übertragen. APCI eignet sich aufgrund der hohen Temperaturen nicht für thermisch labile Verbindungen. Dafür lassen sich mit APCI auch unpolare Substanzen ionisieren, sodass sich APCI (7 Abb. 2) und ESI (7 Abb. 3) ergänzen.

Massenspektrometrie. Abb. 2. APCI-Probe

Vor der Entwicklung von ESI war FAB („fast atom bombardment“) die Methode der Wahl für schwer oder nicht verdampfbare Moleküle. Der Analyt wird mit einer flüssigen Matrix (z. B. Glyzerol, Thioglyzerin) gemischt. Durch Beschuss mit schnellen Neutralatomen werden

M

918

Massenspektrometrie

Stoßkaskaden ausgelöst, die zur Desorption von Ionen führen. Ähnlich arbeiten Laserdesorptionsmethoden, wie z. B. MALDI („matrix assisted laser desorption/ionization“), nur stammt die auf den Analyten übertragene Energie von einem Laserpuls. Die Probe wird mit einem kurzen Laserpuls unter Verwendung einer Matrixsubstanz (Beispiel 2,5-Dihydroxybenzoesäure) verdampft und ionisiert. MALDI eignet sich für Proben mit hohen Molmassen (z. B. Proteine) und wird deshalb häufig wegen ihres unbegrenzten Massenbereichs in Kombination mit TOF-Massenspektrometern (s. u.) eingesetzt. Weitere Ionisierungsmethoden sind FI (Feldionisation, „field ionization“) oder FD (Felddesorption, „field desorption“). Bei der FI werden die Proben in extrem hohen elektrischen Feldern (109–1010 VM-1) ionisiert. Bei FD erfolgt die Ionisierung ebenfalls in einem elektrischen Feld, wobei die Probe auf einen Emitter aufgetragen (Wolfram Filament) wird. Diese Methode eignet sich besonders für thermisch empfindliche Analyte. Die bei den unterschiedlichen Ionisierungsmethoden entstandenen Ionen werden im Analysator entsprechend ihres Masse/Ladungsverhältnis aufgetrennt. Bei den Analysatoren werden mehrere Typen unterschieden, die sich in der Scanzeit, der Empfindlichkeit, der Auflösung, dem messbaren Massenbereich und der Massengenauigkeit unterscheiden. Die Auflösung ist definiert als A = m / Δm, wobei m als die zugehörige Masse eines Signals und Δm der Abstand zur Nachbarmasse bezeichnet wird. Die benachbarten Massensignale müssen bei gleicher Intensität noch getrennt sein, wobei hierfür verschiedene Definitionen existieren. Als getrennt gelten Signale, wenn sie bei gleicher Intensität nicht mehr als 10 % (je nach Definition auch 50 %) überlappen. Eine andere Definition FWHM („full width half maximum“) bezieht sich auf die Breite des Signals bei halber Höhe. Eine Auflösung von 2000 beispielsweise bedeutet, dass ein Ion der Masse m = 1999 von einem der Masse m = 2000 getrennt wird. Systeme mit Auflösungen von mehr als 10000 werden als hochauflösend bezeichnet. Hochauflösende Massenspektrometer werden bei 7 Präzisionsmassenbestimmungen eingesetzt. Die Messgenauigkeit gibt den maximalen Fehler bei der Bestimmung einer Masse an. Diese wird häufig absoluter Fehler in Masseneinheiten „u“ oder als relativer Fehler in „ppm“ angegeben. Für Präzisionsmessungen werden meist Sektorfeldgeräte herangezogen. Bei den Sektorfeldgeräten handelt es sich um den ältesten Typ von Massenspektrometern. In SektorfeldMassenspektrometern werden die Ionen in elektrischen und magnetischen Feldern abgelenkt. Der Radius der Kreisbahnen, die sie in den Feldern durchlaufen, hängt von der Energie (im elektrischen Feld) und vom Impuls (im magnetischen Feld) der Ionen ab. In Kenntnis der Ladung, der Energie und des Impulses kann dann die Masse bestimmt werden. Sektorfeld-Massenspektrometer sind die genauesten, aber auch die teuersten Geräte. Sie erreichen eine Auflösung (definiert als Verhältnis der Ionen-Masse zur Linienbreite) von bis zu 100.000.

Durch die hohe Auflösung finden Sektorfeld-Massenspektrometer Anwendung in der Bestimmung von Bruttosummenformeln in der Strukturaufklärung. Einer der wegen seines günstigen Preis/Leistungsverhältnisses am häufigsten im analytischen Labor eingesetzten Analysatoren ist das Quadrupol-Massenspektrometer (7 Abb. 4). Der Quadrupol-Massenfilter besteht aus vier symmetrisch angeordneten Metallstäben, von denen die jeweils gegenüberliegenden elektrisch verbunden sind. An diese Stabpaare wird eine elektrische Wechselspannung gelegt. Ionen, die in Längsrichtung zwischen die Stäbe eingeführt werden, fliegen mit einer taumelnden Bewegung um die Mittenachse. Die Wechselspannung kann so gewählt werden, dass nur die Ionen innerhalb eines engen m/z-Fensters das Stabsystem vollständig passieren. Quadrupol Massenspektrometer sind relativ kleine Geräte (Benchtop-Geräte), die sehr robust sind. Ihre Leistung bezüglich der Auflösung, der Genauigkeit der Massenbestimmung und des messbaren Massenbereiches ist eingeschränkt. Durch das Hintereinanderschalten von drei Quadrupolen entstehen Tandem-Massenspektrometer („triple quadruple“). Diese werden für gezielte Fragmentierungen bei der Strukturaufklärung sowie bei der Quantifizierung eingesetzt. Bei der gezielten Fragmentierung wird der erste Quadrupol als selektiver Filter für ein Ion einer bestimmten Masse (Parent Ion) benutzt. Im zweiten Quadrupol wird das Parent Ion mit einem inerten Gas fragmentiert („collision induced dissociation“, CID, Stoßaktivierung), die entstehenden Fragmente werden im dritten Quadrupol nach ihren Massen aufgetrennt. Alle entstehenden Fragmente (7 Fragmentionen) sind echte Tochterionen („daughter ions“). Der große Vorteil der Tandem-MS besteht darin, dass auch komplexere Mischungen ohne Vortrennung analysiert werden können. Bei Quantifizierungen werden im dritten Quadrupol nur Ionen einer bestimmten Masse herausfiltriert („selected reaction monitoring“, SRM bzw. „multiple reaction monitoring“, MRM), die dann detektiert werden. Der große Vorteil von SRM oder MRM zur Quantifizierung liegt in der hohen Spezifität der Methode (7 Abb. 5). Ionenfallen-Massenspektrometer („ion traps“; 7 Abb. 6) sind Speicher-Massenspektrometer. Die Ionenfalle besteht aus drei Elektroden: Zwei gegenüberliegenden hyperbolischen Endkappen auf Erdpotenzial mit Eintrittsöffnung für die Ionen von der Ionenquelle bzw. austretenden Ionen zum Sekundärelektronenvervielfacher und einer dazwischenliegenden hyperbolischen Ringelektrode, an der eine Radiofrequenz-Hochspannung und gegebenenfalls zusätzlich eine konstante Gleichspannung anliegen. Dadurch entsteht im Inneren der Ionenfalle ein periodisches, inhomogenes, dreidimensionales Quadrupolfeld, mit dem Ionen gespeichert bzw. nach ihren Massen analysiert werden können. Helium im Inneren der Ionenfalle dient zum Abbremsen der aus der Ionenquelle eintretenden Ionen oder als Stoßpartner im MS/MS-Betrieb. Mit

Massenspektrometrie. Abb. 4. Ein Quadrupol-Massenspektrometer besteht aus vier Metallstäben, die als Elektroden dienen. Jeweils die beiden gegenüberliegenden Paare sind an eine um 180 Grad phasenverschobene Hochfrequenz-Spannung angeschlossen. Zusätzlich liegt an den Stabpaaren noch Gleichspannung an. Die Ionen werden im Quadrupol durch die anliegenden Spannungen auf eine spiralförmige Bahn gezwungen. Abhängig vom Verhältnis von Frequenz und Amplitude der Wechselspannung sowie der Gleichspannung können nur Ionen mit einem bestimmten Verhältnis von Masse zu Ladung (m/z) das Quadrupol passieren. Ionen mit einem anderen m/z geraten auf Spiralbahnen deren Durchmesser zunimmt und schlagen infolgedessen auf die Stäbe des Quadrupols auf.

Massenspektrometrie

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M

Massenspektrometrie. Abb. 5. Vergleich von Full-scan-, SIM- und SRM-Modus am Beispiel von Homocystein im Plasma. Im Full-scan-Modus ist die Identifikation von Homocystein (Molekulargewicht 135) nicht möglich. Im SIM(selected ion monitoring)-Modus sind mehrere Ionen der Masse m/z 136 (Homocytein + H+) erkennbar, die Identifizierung von Homocystein erfolgt über den Vergleich der Retentionszeit mit einem Homocysteinstandard. Beim SRM(selective reaction monitoring)-Experiment passieren nur Ionen der Masse m/z = 136 (Homocystein + H+) (parent ions) den ersten Quadrupol. Diese Ionen werden im zweiten Quadrupol fragmentiert; den dritten Quadrupol passieren nur Fragmente (daughter ions) mit der Masse 90 (neutraler Verlust von CO2; Homocystein + H+ – CO2), welche anschließend detektiert werden

Hilfe von Ionenfallen-Massenspektrometer können 7 MSn-Spektren erzeugt werden welche häufig zur Strukturaufklärung von organischen Verbindungen verwendet werden. In der klinischen Chemie dienen sie auch der Quantifizierung von Arzneimitteln oder Drogen (7 Abb. 7 und 8). In Flugzeit-Massenspektrometern („time of flight“, TOF) werden die in der Ionenquelle erzeugten Ionen durch einen kurzen Spannungsstoß beschleunigt und auf einer feldfreien Flugstrecke allein durch ihre massenabhängige Flugzeit unterschieden. TOF-Geräte arbeiten somit nicht nach dem Scanprinzip. Flugzeit-Massenspektrometer werden häufig in Kombination mit MALDI verwendet (MALDITOF). Vorteile des Flugzeit-Massenspektrometers liegen in dem

nahezu unbegrenzten Massenbereich, der hohen Empfindlichkeit sowie in der sehr schnellen Aufnahmegeschwindigkeit. Das Hauptanwendungsgebiet liegt in der Strukturaufklärung von biologischen Makromolekülen.

Literatur. Hübschmann HJ (1996) Handbuch der GC-MS, Grundlagen und Anwendung. VCH, Weinheim Barker J (1999) Mass Spectrometry. Wiley, New York Gerhards P, Bons U, Sawazki J et al (1996) GC/MS in der klinischen Chemie. VCH, Weinheim Lehmann WD (1996) Massenspektrometrie in der Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

920

Massenspektroskopie

Massenspektrometrie. Abb. 6. Ionenfalle Massenspektrometrie. Abb. 8. Die Fragmentierung von Kokain erfolgt auf drei unterschiedlichen Wegen

Massenspektrometrie. Abb. 7. ESI-Massenspektrum von Kokain (70 eV): neben dem Molekülpeak bei m/z bei 303 sind Fragmentationen erkennbar (vgl. Fragmentierung von Kokain), der Peak höchster Intensität wird als Basispeak bezeichnet (hier bei m/z 82)

Massenspektroskopie 7 Massenspektrometrie

Massenspuren B. Güssregen i Die Massenspur beschreibt die Intensität eines Ions m/z als Funktion der Zeit oder der Scannummer. Massenspuren werden in der Kombination 7 LC-MS oder 7 GC-MS häufig zur Identifizierung einer Targetsubstanz mit bekannter Masse herangezogen.

Massenwirkungsgesetz T. Arndt

Synonym(e). MWG Englischer Begriff. mass action law

dukte und dem Produkt der Konzentrationen der Ausgangsstoffe einem charakteristischen Zahlenwert, der Gleichgewichtskonstanten, entspricht. i In seiner allgemeinen Form für eine chemische Reaktion der Art

yA + zB → ← mD + nE lautet das Massenwirkungsgesetz Kc =

m × cn k cD E = k cAy × cBz

d. h. ein mit mehreren Molekülen an der Umsetzung teilnehmender Reaktionspartner geht mit der zur Potenz erhobenen Molzahl in die Gleichung ein. Für die Umsetzung „2A + B → ← Α2B“ lautet das MWG dann Kc =

cA2B cA2 × cB

Definition. Das Massenwirkungsgesetz besagt, dass eine chemische Reaktion in einem geschlossenen System bei konstanter Temperatur einen dynamischen Gleichgewichtszustand annimmt, in dem der Quotient aus dem Produkt der Konzentrationen der Reaktionspro-

Welche Einzelwerte die Konzentrationen cA, cB, cC und cD im Gleichgewichtszustand annehmen, ist gleichgültig, sofern o.g. Gleichung erfüllt ist. Ist der Quotient der Konzentrationsprodukte kleiner oder

Material, infektiöses

größer als Kc, so verläuft die Reaktion so lange von links nach rechts (Hinreaktion) bzw. rechts nach links (Rückreaktion), bis durch die Konzentrationsänderung der Reaktionsteilnehmer Kc erreicht und damit das Massenwirkungsgesetz erfüllt ist. Das chemische Gleichgewicht ist auch nach Erreichen des Gleichgewichtzustandes nicht statisch. Vielmehr findet permanent eine Hinund Rückreaktion statt; nur hebt sich der gegenseitige Umsatz gerade auf, d. h. die Geschwindigkeiten der Hin- und Rückreaktion sind gleich (v→ = v←). Die Konzentrationen der Reaktionspartner bleiben konstant. Es liegt ein dynamisches Gleichgewicht vor. Aus dem Massenwirkungsgesetz leitet sich ab, dass durch Erhöhung der Konzentration eines Ausgangsstoffes oder Entfernung eines Reaktionsproduktes das Gleichgewicht in Richtung Hinreaktion, das heißt verstärkte Umsetzung der Ausgangsstoffe zu Reaktionsprodukten, verschoben werden kann (und zwar solange bis die Gleichgewichtskonstante Kc im System wieder erreicht ist). Zusätzlich kann die Lage des Gleichgewichts durch Temperatur- und/oder Druckveränderungen (bei der Beteiligung von Gasen) in Richtung Ausgangsstoffe oder Reaktionsprodukte verschoben werden. Man bezeichnet diese Zusammenhänge auch als Prinzip vom kleinsten Zwang. Das Massenwirkungsgesetz und seine speziellen Anwendungen auf die Dissoziations-, Hydrolyse-, Löslichkeits-, Puffer-, Komplexbildungs-, Säure-Basen-Gleichgewichte, oft auch in seiner logarithmierten Form angewandt (z. B. pH- und pK-Werte) sind von universeller Bedeutung für die Chemie und damit auch für deren Teilgebiete Biochemie und Klinische Chemie. Die im klinisch-chemischen Labor angewandten Analysemethoden und -verfahren beruhen letztlich alle auf dem Massenwirkungsgesetz, auch wenn nicht immer Gleichgewichtszustände abgewartet oder eingehalten werden und stattdessen in offenen Systemen und im Ungleichgewichtszustand gearbeitet wird.

Literatur. Hollemann AF, Wiberg E (1995) Lehrbuch der anorganischen Chemie, 101. Aufl. W. de Gruyter, Berlin New York

mAST, Aspartataminotransaminase, mitochondriale 7 Aspartat-Aminotransaminase

mAST bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Mast Cell Growth Factor 7 Stem Cell Factor

Mastzelle 7 Gewebsmastzelle

Maßverkörperung W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. material measure Definition. Messgerät, das während seines Gebrauchs permanent Größen einer oder mehrerer Arten reproduziert oder liefert, jede mit einem zugewiesenen Größenwert [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Matchcode O. Colhoun

Englischer Begriff. matchcode Definition. Ordnungsbegriff, auf den hin Datenbestände der 7 Labor-EDV durchsucht werden können. i Ein Matchcode benutzt meist nur wenige Zeichen, dies können

921

etwa phonetische Abstraktionen des Patientennamens oder Bruchstücke desselben sein. Dient der toleranten Suche nach Datenmaterial wie Patientendatensätzen, die im System vorhanden sind und aufgrund fehlender Information, Schreibfehlern oder unterschiedlicher Patienten-Aufnahmenummern nicht direkt zur Verfügung stehen.

Material, biologisches 7 Untersuchungsgut, biologisches

Materialcodierung O. Colhoun

Definition. Vergabe eines materialspezifischen Codes in der Identifikationsnummer einer Laborprobe. i Mit der Vergabe der Proben-Identifikationsnummer werden für

unterschiedliche Probenmaterialien jeweils materialspezifische Codes zur eigentlichen Proben-ID hinzugefügt. Beispiel: Die Materialien Serum, Plasma und Urin eines Auftrags für die Klinische Chemie mit der Proben-ID 123456 sind jeweils um einen zweistelligen Materialcode ergänzt. Auf den Etiketten der Probenröhrchen finden sich die Identifikationsnummern 12345650 für das Serum, 12345651 für Plasma und 12345621 für Urin. Notwendig ist diese Materialcodierung für die automatisierte Prozessierung der Proben in Verteilsystemen und Vielfach-Analysegeräten, da in einem Auftrag dieselbe Analyse mehrfach aus unterschiedlichen Materialien angefordert sein kann (beispielsweise Natrium im Serum und im Urin). Die Vergabe der Materialcodierung erfolgt bereits bei der Identifikation der Proben durch den Einsender, indem z. B. vorkonfektionierte materialspezifische Etiketten zur Kennzeichnung der Proben verwendet werden oder bei elektronischen Order-entry-Systemen auf den aktuell gedruckten Probenetiketten die entsprechende Codierung mit generiert wird.

Material, infektiöses W.G. Guder

Synonym(e). Ansteckungsgefährliche Stoffe; Untersuchungsgut, gefährliches, infektiöses Englischer Begriff. infectious substance; biohazard; infectious hazard Definition. Als infektiöses Material werden alle Stoffe gekennzeichnet, von denen bekannt oder anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger enthalten, die bei Menschen oder Tieren infektiöse Krankheiten verursachen und die in der Lage sind, an der Stelle ihres Freiwerdens Krankheiten auf zufällig anwesende Personen oder Tiere zu übertragen. Krankheitsrreger können Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze usw.), aber auch endogene Moleküle sein wie Prionen, welche die spongiforme Enzephalopathie übertragen. i Infektiöses Material im Sinne der UN-Definition stellen alle dia-

gnostisch und zum Zwecke der Erforschung von Patienten (und Tieren) entnommenen Materialien sowie Ihre Ausscheidungen mit potentiell infektiösen Erregern dar. Sie müssen während des Umgangs, des Transports und der Entsorgung entsprechend gekennzeichnet und behandelt werde. Die Regeln zum Umgang und zum Versand sind in internationalen Gesetzen und Richtlinien geregelt. Lokale Verhaltensmaßnahmen am Arbeitsplatz werden durch Gefahrgutbeauftragte vorgeschrieben und überwacht. In der 7 Laboratoriumsmedizin hat dies nicht nur in der mikrobiologischen Diagnostik, sondern bei allen mit menschlichem und tierischem Untersuchungsmaterial umgehenden Personen weitgehende Konsequenzen, da in Unkenntnis des Patienten zur Sicherheit jede Probe wie infektiöses Material zu behandeln ist. Dies gilt insbesondere im Umgang mit Kulturen von Krankheitserregern, infektiösen Ausscheidungen und flüchtigen Stoffen mit infektiösem Material (z. B. Sputum von Tuberkuloseerkrankten). Die Vorschriften für den Transport dieser Stoffe sind in nationalen Gesetzen geregelt (s. a. 7 Versand von Proben).

Literatur. Laboratory Biosafety Manual. (1993) 2nd edn, World Health Organization (WHO), Geneva

M

922

Matrix

Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten und die Schulung der beauftragten Personen in Unternehmen und Betrieben (Gefahrgutbeauftragtenordnung-GbV) vom 12.12.1989. BGBl I S 640 (1998) mit letzter Änderung am 21.12.1999. BGBl I, S. 2509

Matrix A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Mutterboden, biologischer; Probenumgebung

Literatur. EN 12286, 1998 EN ISO 17511, 2003

Matrixine 7 Matrix-Metalloproteinasen

Matrix-Metalloproteinasen H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. matrix

Synonym(e). Matrixine; MMP; MT-MMP

Definition. Sie ist die Summe aller Komponenten und Strukturen einer 7 Probe, in die der zu bestimmende 7 Analyt eingebettet ist.

Englischer Begriff. matrix metalloproteinases

i Der zu bestimmende Bestandteil der 7 Analyse ist eingebettet in

Familie von Proteinasen (7 Tab. 1), die an zahlreichen wichtigen Umbauprozessen der Extrazellulär-Matrix während der Embryonalentwicklung, Wachstums- und Wundheilungsprozessen, der Angiogenese aber auch Tumorinvasion und Metastasierung beteiligt sind.

die Summe der Haupt- und Nebenbestandteile und Strukturen einer 7 Probe, die in ihrer Gesamtheit als Matrix bezeichnet wird. Die Analyse kann durch die Matrix erheblich beeinflusst werden (so genannte Matrixeffekte). Daher können Analysenmethoden, die für Analyte in proteinreichen Matrices (7 Plasma, 7 Serum, 7 Exsudate) entwickelt und optimiert wurden, nicht unkritisch auf solche in proteinarmen Matrices (7 Urin, 7 Liquor, 7 Transsudate) übertragen werden. Proben der laborinternen und externen Qualitätskontrolle sollten daher eine Matrix aufweisen, die in ihrer Zusammensetzung den Patientenproben so ähnlich wie möglich sind (7 Tab. 1). Matrix. Tab. 1. Matrixklassifikation in Standardlösungen und Kontrollproben Synthetische Matrix 5 Reine Substanz(en) in reinen Lösungsmitteln 5 Reine Substanz(en) in reiner Albumin-Lösung

Halbsynthetische Matrix 5 5 5 5

Isolierte Enzyme in reiner Albumin-Lösung Reine Substanz(en), aufgestockt auf Serumpräparationen Kombinationen von Serumfraktionen Reine Substanz(en), aufgestockt auf natürliches Serum

Biologische Matrix 5 Aufstockung von Serumfraktionen auf natürliches Serum 5 Natürliche Serum-Pools

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Beurteilung Klinisch-Chemischer Analysenergebnisse. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart

Matrixeffekte W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. matrix effect Definition. Einfluss einer von der eigentlichen 7 Messgröße verschiedenen Eigenschaft der 7 Probe auf die Bestimmung der Messgröße mittels eines bestimmten 7 Messverfahrens und damit auf ihren gemessenen Wert i Anmerkung 1: Eine bestimmte Ursache für einen Matrixeffekt ist eine Einflussgröße. Anmerkung 2: Die Benennung „Matrixeffekt“ wird gelegentlich fälschlicherweise für mangelnde Kommutabilität (7 Referenzmaterials, Austauschbarkeit eines) verwendet, die als Folge eines denaturierten Analyten oder als Folge eines zur Simulation des Analyten zugesetzten, natürlicherweise nicht vorkommenden Bestandteils („Surrogat-Analyt“) auftritt. Matrix (eines Materialsystems): Alle Bestandteile eines Materialsystems mit Ausnahme des 7 Analyten.

Definition. Matrix-Metalloproteinasen (MMP) bilden eine große

Struktur. Die Primärstruktur der MMP besteht aus mehreren charakteristischen Domänen. An das N-terminale Signalpeptid schließt sich die Prodomäne an. Die Prodomäne enthält das sog. Cystein Switch Motif PRCG(V/N)PD, dessen Cysteinrest an das katalytische Zinkion bindet und damit die MMP in ihrer inaktiven Proform hält. An die Prodomäne schließt sich die katalytische Domäne mit dem Zink-bindenden Motif HEXGHXXGXXH an. Diese charakteristische Struktur der MMP ähnelt der anderer 7 Metalloproteasen-Familien, u. a. der Familie der ADAM (Reprolysine, 7 Disintegrin-Metalloproteasen). MMP und ADAM werden deshalb zur Familie der Matrixine zusammengefasst. Die meisten MMP enthalten darüber hinaus eine Hämopexin-ähnliche Domäne, die bei den Kollagenasen für die Bindung tripelhelicaler Kollagene notwendig ist. Einige MMP, die nicht als Pro-MMP sezerniert werden, sondern bereits intrazellulär durch Furin gespalten werden, enthalten außerdem eine Furin-Erkennungs-Sequenz. Die Untergruppe der Membran-ständigen MMP [MT(membrane-type)-MMP] enthält zusätzlich eine Transmembran-Domäne.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. MMP werden als PräPro-Enzyme synthetisiert und überwiegend als inaktive Pro-MMP (Zymogen) sezerniert. Unter physiologischen Bedingungen wird die Aktivität der MMP präzise auf verschiedenen Ebenen kontrolliert. Neben der Kontrolle auf der Transkriptions-Ebene wird die Aktivität der MMP auch über die Aktivierung der MMP aus den Pro-MMP, über die Interaktion mit Komponenten der Extrazellulär-Matrix und durch spezifische Inhibitoren, die sogenannten TIMP (TIMP 1-4; tissue inhibitors of metalloproteinases) reguliert. MMP können durch verschiedene Proteinasen, z. B. Plasmin oder andere MMP bzw. MTMMP, oder Mediatoren, z. B. reaktive Sauerstoffspezies und Stickstoffmonoxid (NO), aktiviert werden. Pro-MMP-11 (Stromelysin 3) und die MT-MMP werden intrazellulär durch die Proprotein-Convertase Furin aktiviert. Die Inaktivierung der MMP kann über die TIMP (mit unterschiedlicher Spezifität), aber z. B. auch über α2-Makroglobulin erfolgen.

Pathophysiologie. Umbauprozesse der Extrazellulär-Matrix sind nicht nur während der Embryonalentwicklung und während des Wachstums von essenzieller Bedeutung, sondern auch bei der Wundheilung und bei zahlreichen Krankheitsbildern. Unter physiologischen Bedingungen wird die Aktivität der für diese Prozesse entscheidenden MMP sehr präzise auf verschiedenen Ebenen kontrolliert. Störungen der Regulation der MMP Aktivität werden bei zahlreichen Krankheitsbildern gefunden: Die Aktivität von MMP und insbesondere von MT-MMP ist für die perizelluläre Proteolyse von Tumorzellen notwendig und ermöglicht Tumorzellen ein invasives Wachstum. Auch an der Tumorangiogenese und der Metastasierung von Tumoren sind MMP beteiligt. Dementsprechend gibt es zahlreiche therapeutische Ansätze mit spezifischen MMP-Inhibitoren in der Tumortherapie. MMP sind aber auch bei chronisch-entzündlichen und degenerativen Erkrankungen, z. B. der rheumatoiden Arthritis oder der Osteoarthrose/-arthritis, für die Gewebsschädigung verantwortlich. Darüber hinaus sind MMP aber auch an fibrotischen und kardiovaskulären Krankheitsprozessen beteiligt. Bei den kardiovasku-

Matrix-Metalloproteinasen

923

Matrix-Metalloproteinasen. Tab. 1. Matrix-Metalloproteinase (MMP)

Alternative Namen

Substrate

MMP-1

Kollagenase-1, fibroblast collagenase, interstitial collagenase

Kollagen I, II, II, VII, VIII, X, Gelatine

MMP-2

72-kDa-Gelatinase, Gelatinase, Typ-IVKollagenase

Kollagen IV, V, VII, X, Elastin, Fibronectin, Gelatine, Pro-Kollagenase-3

MMP-3

Stromelysin-1, Transin, Proteoglycanase

Kollagen III, IV, V, IX, Kollagenase-1, Entactin, Fibronectin, Gelatine, Laminin, Proteoglycane, SPARC

MMP-7

Matrilysin, PUMP

Kollagen IV, Elastin, Entactin, Fibronectin, Gelatine, Laminin, Tenascin

MMP-8

Neutrophilen-Kollagenase, Kollagenase-2

Kollagen I, II, III

MMP-9

92-kDa-Gelatinase, Gelatinase B

Kollagen IV, V, Elastin, Gelatine

MMP-10

Stromelysin-2

Kollagen III, IV, V, IX, Fibronectin, Gelatine, Laminin, Proteoglycane

MMP-11

Stromelysin-3

Fibronectin, Laminin, α-1-Proteinase-Inhibitor

MMP-12

Makrophage Metalloelastase

Elastin, Fibrinogen

MMP-13

Kollagenase-3

Aggrecan, Kollagen I, II, III

MMP-14

MT1-MMP

Kollagen I, II, III, Fibronectin, Prokollagenase-3, Progelatinase A, Proteoglycane

MMP-15

MT2-MMP

Progelatinase A

MMP-16

MT3-MMP

Kollagen III, Fibronectin, Gelatine

MMP-17

MT4-MMP

MMP-18

Kollagenase-4

Kollagen I, II, III

MMP-19

RASI

Gelatine, Aggrecan

MMP-20

Enamelysin

Amelogenin

MMP-21

XMMP

Casein, Gelatine

MMP-22

MMP-23B, Femalysin

MMP-23

Cysteine Array MMP, CAMMP, MIFR

MMP-24

MT5-MMP

Metastin

MMP-25

MT6-MMP, Leukolysin

Progelatinase-A

MMP-26

Matrilysin-2

Fibrinogen, Fibronectin

MMP-27 MMP-28

Vitronectin Epilysin

lären Erkrankungen wurde u. a. der Einfluss der MMP und TIMP bei der Entstehung atherosklerotischer Plaques und der Plaque-Ruptur beschrieben aber auch beim Gewebsumbau („remodeling“) nach Myokardinfarkt. Bei all diesen Krankheitsbildern ist die Rolle der verschiedenen MMP, ihrer Aktivierung und Regulation aber bisher erst teilweise verstanden. Dies, und der Mangel an spezifischen Inhibitoren, begrenzt aktuell noch die therapeutische Anwendung solcher Inhibitoren bei den verschiedenen Krankheitsbildern.

Analytik. Für die verschiedenen MMP aber auch für den 7 Tissue inhibitor of metalloproteinase 1 stehen z. T. spezifische Enzymimmunoassays zur Verfügung.

Casein

Literatur. Nagase H, Woessner Jr JF (1999) Matrix Metalloproteinases. J Biol Chem 274:21491–21494 Visse R, Nagase H (2003) Matrix Metalloproteinases and Tissue Inhibitors of Metalloproteinases. Circ Res 92:827–839 Galis ZS, Khatri JJ (2002) Matrix Metalloproteinases in Vascular Remodeling and Atherogenesis. Circ Res 90:251–262 Pavlaki M, Zucker S (2003) Matrix metalloproteinase inhibitors (MMPIs): the beginning of phase I or the termination of phase III clinical trials. Cancer Metastasis Rev 22:177–203

M

924

Matrize, DNA-Synthese

Matrize, DNA-Synthese R. Weiskirchen

Synonym(e). DNA-Vorlage Englischer Begriff. template Definition. Ein DNA-Strang, der als Vorlage für die Produktion sequenzidentischer Moleküle dient i So kann eine spezifische 7 Nukleotidsequenz auf der DNA Ma-

trize sein und die Synthese eines neuen DNA-Strangs mit komplementärer Sequenz lenken. Unter natürlichen Bedingungen stellt die Reproduktion sequenzidentischer DNA-Moleküle die Grundvoraussetzung für Vererbung und Zellteilung dar. Umgangssprachlich wird damit auch eine Ausgangs-DNA, die experimentell vermehrt werden soll (z. B. 7 Polymerase-Kettenreaktion), bezeichnet.

May-Grünwald-Giemsa-Färbung 7 Pappenheim-Färbung

May-Grünwald-Lösung H. Baum

Synonym(e). Eosin-Methylenblau-Lösung nach May-Grünwald Englischer Begriff. May-Grünwald solution Definition. Eosin-Methylenblau-Farblösung zur Färbung von Ausstrichpräparaten. i Kombination eines sauren (Eosin) und eines basischen (Methy-

lenblau)Farbstoffs zur simultanen Anfärbung von „eosinophilen“ und „basophilen“ Strukturen in Zellen.

Literatur. Diagnostica MERCK (1986) Hämatologische Laborme-

Matthews-Antigen 7 Kell-Blutgruppensystem

Maulbeerzelle 7 Grape cells

Maximal acid output R. Tauber, F.H. Perschel

Synonym(e). MAO; maximale Säuresekretion Englischer Begriff. maximal acid output Definition. Die maximale Säuresekretion entspricht der gesamten Menge der mit dem Magensaft während 60 min nach Stimulation sezernierten Säure (HCL). i Die maximale Säuresekretion (MAO) dient in der Magensekretionsanalyse zusammen mit der basalen Säuresekretion (BAO) und dem Peak acid output (PAO) der Diagnostik einer Hyper- (z. B. bei Zollinger-Ellison-Syndrom) oder einer Hyposekretion des Magens (z. B. bei chronisch atrophischer Gastritis). Gemessen wird die innerhalb der ersten Stunde nach Gabe von 6 μg Pentagastrin pro kg KG sezernierte H+-Menge durch Titration mit NaOH. Der Einsatz von 7 Histamin und Analoga zur Stimulation ist wegen der ausgeprägteren Nebenwirkungen seit der Verfügbarkeit von Pentagastrin nicht mehr üblich.

Literatur. Metz DC, Starr JA (2000) A Retrospective Study of the Usefulness of Acid Secretory Testing. Aliment Pharmacol Ther 14:103–111

thoden. 4. Aufl. GIT-Verlag, Darmstadt, S 28–29

May-Hegglin-Anomalie H. Baum

Englischer Begriff. May-Hegglin anomaly Definition. Trias aus Thrombozytopenie, Makrothrombozyten und Döhle-Körper-ähnlichen Leukozyteneinschlusskörpern (7 DöhleKörperchen) i Ursächlich ist eine autosomal dominant vererbte Mutation, wo-

bei das MYH9-Gen an unterschiedlichen Stellen mutiert sein kann. MYH9 kodiert für die nichtmuskuläre Myosin-Schwerkette A (7 Myosin-Schwerketten). Neben der May-Hegglin-Anomalie (MHA) kann auch beim Fechtner-, Sebastian- und dem Epstein-Syndrom eine Mutation in diesem Gen nachgewiesen werden, weshalb diese Anomalien in einer Gruppe zusammengefasst werden. Die meisten Patienten mit einer MHA sind klinisch unauffällig oder haben nur eine geringe Blutungstendenz. In wenigen Fällen kann es aber zu schwerwiegenden Blutungen kommen, die nur durch die Gabe von Thrombozytentransfusionen behandelt werden können.

Literatur. Noris P, Spedini P, Belletti S et al (1998) Thrombocytopenia, giant platelets, and leukocyte inclusion bodies (May-Hegglin Anomaly): Clinical and laboratory findings. Am J Med 104:355–360 Dong F, Li S, Pujol-Moix N et al (2005) Genotype-phenotype correlation in MYH9-related thrombocytopenia. Br J Haematol 130:620–627

Mayo Model End Stage Liver Disease 7 MELD-Score

Mb Maximale analytische Empfindlichkeit

7 Megabasenpaare

7 Empfindlichkeit, maximale analytische

MBDB (Methylbenzodioxazolylbutanamin) Maximale Arbeitsplatz-Konzentration

7 Amphetamine

7 Arbeitsplatzkonzentration, maximale

MBP im Liquor Maximale Säuresekretion

7 Liquor, basisches Myeloprotein

7 Maximal acid output

MCA Maximum

7 Mucin like cancer associated antigen

R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. maximum Definition. Das Maximum ist das größte beobachtete 7Messergebnis. Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

McArdle’s-Test 7 Fullererde

m-capture-assay 7 Antibody-capture-Assay

Medizinisches Erfordernis

McCoy-Antigen 7 Knops-Blutgruppensystem

MCH 7 Erythrozyten-Indices; 7 Hämoglobingehalt, Erythrozyten

MCHC 7 Erythrozyten-Indices

925

Wird dieselbe lineare Maßstabstransformation auf alle Messwerte der Messreihe angewendet, so ändert sich der Median entsprechend.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Medikamente als Störgrößen 7 Arzneimitteleffekte

Medikamentenwirkung 7 Drogen als Einflussgrößen

mCK 7 Kreatinkinase

Medizin, orthomolekulare A.M. Gressner

McLeod-Syndrom 7 Kx-Blutgruppensystem

Englischer Begriff. orthomolecular medicine Definition. Die wissenschaftlich umstrittene orthomolekulare Me-

MCP-Test 7 Metoclopramid-Test

MCV 7 Erythrozyten-Indices

MDA (Methylendioxyamphetamin) 7 Amphetamine

MDE (Methylendioxyethylamphetamin) 7 Amphetamine

MDEA (Methylendioxyethylamphetamin) 7 Amphetamine

MDH 7 Malatdehydrogenase

dizin propagiert die Versorgung des Körpers mit hohen Dosen von 7 Vitaminen, Mineralstoffen, 7 Spurenelementen, 7 Aminosäuren, essenziellen 7 Fettsäuren und sogenannten Vitalstoffen (Nahrungsergänzungsmitteln) zur Krankheitsprävention (z. B. von malignen Tumoren). i Der von dem amerikanischen Doppel-Nobelpreisträger (Chemie,

Frieden) Linus Pauling (7 Pauling, Linus) geprägte Begriff der orthomolekularen Medizin/Psychiatrie geht davon aus, dass zur Erhaltung von Gesundheit und folglich zur Prävention von Krankheiten dem Körper hohe tägliche Dosen (bis zum 1000-Fachen des physiologischen Bedarfs) von Spurenelementen, Vitaminen, einigen Aminosäuren (z. B. Arginin, Glutamin, Tryptophan), Antioxidanzien und Radikalscavengern (z. B. Coenzym Q10) zugeführt werden müssen. Nur so sei ein im Körper vorhandener, krankheitsrelevanter Mangelzustand vermeidbar. Wissenschaftliches Fundament und Nutzen der hochdosierten Gabe o.g. Substanzen sind sehr umstritten sowie nicht evidenzbasiert und werden folglich kontrovers beurteilt. Die Bedeutung für die Labordiagnostik liegt in der Messung extrem hoher, weit außerhalb der Referenzbereiche für die entsprechenden 7 Analyte liegender Konzentrationen.

Literatur. Niestroj I (2001) Praxis der orthomolekularen Medizin. 2.Aufl. Hippokrates, Stuttgart

MDMA (Methylendioxymethamphetamin) 7 Amphetamine

MDRD-Formel 7 Kreatinin-Clearance

Medizinische Validation 7 Validierung

Medizinisches Erfordernis W.-R. Külpmann

Median R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). 50-%-Quantil Englischer Begriff. 50 %-quantile; median Definition. Der Median ist dadurch charakterisiert, dass mindestens die Hälfte der Messwerte kleiner oder gleich diesem Wert und mindestens die Hälfte größer oder gleich diesem Wert sind. i Der Median ist ein Maß für die (zentrale) Lage der Messergebnisse. Dieses Lagemaß ist im Gegensatz zum arithmetischen Mittelwert (7 Mittelwert, arithmetischer) unempfindlich gegenüber Ausreißern (7 Ausreißer, statistischer). Die Berechnung des Medians erfolgt analog zur Berechnung der 7 p-Quantile. Bei Vorliegen symmetrisch verteilter Daten nehmen Median und arithmetischer Mittelwert in etwa denselben Wert an. Liegt hingegen eine schiefe Verteilung der Daten vor, so können die berechneten Werte dieser beiden Größen deutlich voneinander abweichen: bei linksschiefen Verteilungen nimmt der Median, bei rechtsschiefen Verteilungen der arithmetische Mittelwert den größeren Wert an.

Englischer Begriff. medical requirement i Die Anforderungen an quantitative klinisch-chemische Untersuchungen bezüglich der maximal zulässigen 7 Unpräzision und 7 Unrichtigkeit sollen in der Weise den medizinischen Erfordernissen Rechnung tragen, dass z. B. falsch positive Zuordnungen auf einer Seite des Referenzintervalls ≤ 5 % betragen. Diese Vorgabe ist gewährleistet, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 5 sa ≤ 0,33 × sb (sa = Standardabweichung für Bestimmungen von Tag zu Tag, sb = biologische Standardabweichung). Für den Fall, dass das 7 Referenzintervall (RI) definiert ist als RI = ر2sb (Ø = Mittelwert) gilt: sb = 0,25 × RI und sa ≤ 0,33 × 0,25 RI 5 maximale Unrichtigkeit: D ≤ sa ≤ 0,33 × 0,25 RI 5 maximale Abweichung eines einzelnen Messwerts d: ≤ 3 × 0,33 × 0,25 RI ≤ 0,25 RI

Diese Vorgaben werden von vielen Messverfahren erfüllt. Die Vorgaben sind schwer zu erfüllen, wenn die biologische Streuung und somit das Referenzintervall relativ klein sind.

Literatur. Stamm D, Büttner J (1995) Beurteilung klinisch-chemi-

M

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Medizinisches Untersuchungsgut

scher Analysenergebnisse. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 72–95

Medizinisches Untersuchungsgut 7 Material, infektiöses

Medizinproduktegesetz A. Steinhorst, U. Zimmermann

Definition. In dem Medizinproduktegesetz sind die Richtlinien

5 RL/385/EWG über aktive implantierbare medizinische Geräte 5 RL/93/42/EWG über Medizinprodukte 5 RL 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika (7 In-vitro-DiagnostikaRichtlinie) verankert. i Zweck des Medizinproduktegesetzes ist es, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen. Das Gesetz gilt für das Herstellen, das Inverkehrbringen, das Inbetriebnehmen, das Ausstellen, das Errichten, das Betreiben und das Anwenden von Medizinprodukten sowie deren Zubehör. Zubehör wird als Medizinprodukt behandelt. In dem Gesetz sind als Medizinprodukte u. a. genannt: 5 alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke der 5 Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, 5 Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen, 5 Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder 5 Empfängnisregelung bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. Dem neuen steht ein als neu aufbereitetes Medizinprodukt gleich. 5 Aktives Medizinprodukt, dessen Betrieb auf eine Stromquelle oder eine andere Energiequelle als die unmittelbar durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugte Energie angewiesen ist. Ein Medizinprodukt, das zur Übertragung von Energie, Stoffen oder Parametern zwischen einem aktiven Medizinprodukt und dem Patienten eingesetzt wird, ohne dass dabei eine wesentliche Veränderung von Energie, Stoffen oder Parametern eintritt, wird nicht als aktives Medizinprodukt angesehen. 5 In-vitro-Diagnostikum, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriersubstanz (7 Kalibriernormal) oder -vorrichtung, Ausrüstung, Instrument, Apparat oder System – einzeln oder kombiniert – nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitroUntersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird und allein oder hauptsächlich dazu dient, Informationen über physiologische Zustände oder Krankheits- oder Gesundheitszustände oder angeborene Anomalien zu liefern oder die Unbedenklichkeit und die Verträglichkeit bei den potenziellen Empfängern zu prüfen. Als In-vitro-Diagnostika gelten auch Probenbehältnisse – leer oder gefüllt –, die vom Hersteller speziell für medizinische Proben bestimmt sind.

Dass ein Medizinprodukt die Anforderungen gemäß dem Medizinproduktegesetz erfüllt, festgestellt durch eine Konformitätsbewertung, wird durch das Anbringen des CE-Kennzeichens kenntlich gemacht. Das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten, z. B.

von In-vitro-Diagnostika, ist in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) geregelt.

Literatur. Gesetz über Medizinprodukte vom 02. August 1994 (Medizinproduktegesetz – MPG) Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 über aktive implantierbare medizinische Geräte Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten vom 01. Januar 2002

Megabasenpaare R. Weiskirchen

Definition. 1 Megabasenpaar (Mbp) entspricht 106 7 Basenpaaren

(bp) oder 103 7 Kilobasenpaaren (kbp)

Megakaryoblast H. Baum

Englischer Begriff. megacaryoblast Definition. Unreife Vorstufe des 7 Megakaryozyten i Der Megakaryoblast ist eine unreife, morphologisch differenzierbare Vorläuferzelle der Thrombopoese. Der Megakaryoblast hat einen sehr dunklen feinretikulären eingekerbten Kern, teilweise ist er auch zweikernig und hat einen kleinen dunkelbasophilen Zytoplasmasaum. Häufig können feinste Zytoplasmaausläufer nachgewiesen werden. Granula sind nicht nachweisbar. Der Anteil der Megakaryoblasten an der Gesamtzellzahl des Knochenmarks beträgt 0,1 %, innerhalb der megakaryozytären (7 Megakaryozyten) Zellreihe 25 %.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 292

Megakaryozyten H. Baum

Synonym(e). Knochenmarkriesenzellen Englischer Begriff. megacaryocyte Definition. Hyperploide Knochenmarkriesenzelle, aus der durch Zytoplasmaabschnürungen die 7 Thrombozyten hervorgehen (7Abb. 1)

Megakaryozyten. Abb. 1. Megakaryozyt, Knochenmark 630× MayGrünwald-Giemsa-Färbung i Die Megakaryozyten sind durch Endomitose entstandene hyperploide Riesenzellen mit einem durchschnittlich 16-fachen Chromosomensatz. Der Zellkern besteht aus mehreren zusammengelagerten

Melanin

927

Kernen mit einem aufgelockerten, wolkig erscheinenden 7 Kernchromatin. Das weite Zytoplasma ist dicht feingranuliert, die Kern-/ Zytoplasmarelation beträgt lediglich 0,2–0,3. Auch eine Ausknospung reifer Thrombozyten ist meist nachweisbar. Die Megakaryozyten sind in der Regel nur im Knochenmark nachweisbar, wobei sie 0,2 % der Gesamtzellzahl und 50 % innerhalb der megakaryopoetischen Zellreihe ausmachen. Nur im Rahmen von myeloproliferativen Erkrankungen und akuten Leukämien können sie auch im peripheren Blut nachgewiesen werden.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 293

Megaloblasten H. Baum

Englischer Begriff. megaloblast Definition. Abnorme Reifungsformen der Erythropoese bei Vitamin-

Megalozyt. Abb. 1. Megalozyten (Pfeile), 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung

B12- oder Folsäure-Mangel i Megaloblasten (7 Abb. 1) sind abnorme kernhaltige Vorstufen

der Erythropoese bei Vitamin-B12- (7 Vitamin B12) oder FolsäureMangel (7 Folsäure). Es sind größere 7 Erythroblasten mit einem häufig weiten dunkelbasophilen Zytoplasmasaum. Das 7 Kernchromatin ist bei jüngeren Formen zart, netzförmig und unregelmäßig verteilt, teilweise auch mit Verklumpungen sowie Aussparungen. Daneben sind auch häufig Nukleolen nachweisbar. Reifere Formen haben ein stark verklumptes Kernchromatin und eine unregelmäßige Kernform. Auch Kernabsprengungen sind nachweisbar.

MEGX-Test 7 Lidocain-Eliminationstest

1-(3-)MeHis 7 1-(3-)Methylhistidin

Mehrfachanalyse W.-R. Külpmann

Definition. Gleichzeitige(r) Nachweis und/oder Bestimmung mehrerer Messgrößen in einer Probe (ggf. mit Hilfe eines Analysengerätes) i Beispiel: Urinuntersuchung mittels Teststreifen zur gleichzeitigen Untersuchung z. B. auf 7 Protein, 7 Glukose, 7 Bilirubin, 7 Urobilinogen, 7 Nitrat und 7 Ketonkörper. Zur gleichzeitigen quantitativen Bestimmung mehrerer Messgrößen in einer Probe werden Mehrkanalanalysensysteme eingesetzt, die (selektiv) die verschiedenen Bestimmungen durchführen. Die Auswertung der Mehrfachanalyse erlaubt weitergehende diagnostische Schlüsse als die Bestimmung nur einer Messgröße oder der zeitlich versetzten Messung verschiedener Messgrößen. Es muss bei der Auswertung berücksichtigt werden, ob die Messgrößen bezüglich z. B. der speziellen Krankheit voneinander abhängig oder unabhängig sind. s. a. 7 Befundkranke.

Literatur. Büttner J, Stamm D (1995) Ärztliche Verwendung von Megaloblasten. Abb. 1. Megaloblast (Pfeil) bei Vitamin-B12-Mangelanämie; daneben sind reifere Formen der gestörten Erythropoese zu sehen, Knochenmark 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

Literatur. Theml H, Diem H, Haferlach T (2002) Taschenatlas der

klinisch-chemischen Befunden. In: Greiling H, Gressner AM (Hsrg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart, S 96–111 Galen RS, Gambino SR (1979) Norm und Normabweichung klinischer Daten. G. Fischer-Verlag, Stuttgart

Hämatologie, 5. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 154

Megalozyt

MEIA 7 Mikropartikel-Enzymimmunoassay

H. Baum

Englischer Begriff. megalocyte Definition. Maximal großer Erythrozyt mit ovaler Form i Der Megalozyt ist die Maximalform des 7 Makrozyten. Er hat meist eine unregelmäßig bis ovale Form und zeigt eine verstärkte Anfärbbarkeit (Hyperchromasie). Das Vorkommen deutet auf einen Mangel an 7 Vitamin B12 oder 7 Folsäure hin.

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panoptische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 170–171

Meixner-Test 7 Zeitungspapier-Test

MEKC 7 Mizellare elektrokinetische Kapillarchromatographie

Melanin W. Hubl

Synonym(e). Eumelanin; Phaeomelanin

M

928

Melanogennachweis nach Thormählen

Englischer Begriff. melanin

Melanin. Tab. 1.

Definition. Melanin ist ein braunes bis schwarzes (Eumelanin) bzw. ein gelb-rötliches (Phaeomelanin-)Pigment. Es wird in den Melanozyten gebildet und bestimmt die Farbe der Haut, der Augen und der Haare.

Albinismus-Typen

Gendefekt

Okulokutaner Albinimus Typ 1 (OCA1)

Mutationen im Tyrosinase-Gen; Chromosom 11

Okulokutaner Albinimus Typ 2 (OCA2)

Mutationen im P-Gen; Chromosom 15

Okulokutaner Albinimus Typ 3 (OCA3)

1-bp-Deletion im TYRP1-Gen; Chromosom 9p23

Okulokutaner Albinimus Typ 4 (OCA4)

Mutationen im Membranassoziierten Transporterprotein (MATP); Chromosom 5p

Okulärer Albinismus (OA)

Mutationen im OA1-Gen; Chromosom Xp22

i Melanin wird in den Melanozyten mit Hilfe der Melanosomen

synthetisiert, gespeichert und transportiert (7 Abb. 1). Phaeomelanosomen

Eumelanosomen

Tyrosin ↓ DOPA ↓ DOPA-Chinon ↓ Cysteinyl-DOPA ↓ Phaeomelanin (gelbrötliche Farbe)

Tyrosin ↓ DOPA ↓ DOPA-Chinon ↓ DOPA-Chrom ↓ DHICA (5,6-dihydroxyindol-2carboxylic acid oxidase activity) ↓ Eumelanin (braun-schwarze Farbe)

Melanin. Abb. 1. Melaninsynthese

Die Melaninsynthese erfolgt in den ersten Schritten aus dem Tyrosin über DOPA (7 Katecholamine) zum Dopachinon über eine Aktivierung der Tyrosinase. Danach werden zwei unterschiedliche Melanine synthetisiert. In Abwesenheit des 7 Melanozyten-stimulierenden Hormons (MSH) wird das Phaeomelanin gebildet, das eine gelb-rötliche Farbe besitzt. Im Gegensatz hierzu wird unter dem Einfluss des MSH in den Eumelanosomen mit Hilfe von Phenoloxidasen sowie weiterer Proteine das Eumelanin mit einer braun-schwarzen Farbe gebildet. Die Aktivierung der Phenoloxidasen erfolgt durch UV-, α- oder Röntgenstrahlung. Die Eumelanosomen werden an die Hornzellen der Haut, die Keratinozyten, abgegeben und in Form einer Schutzkappe auf dem Zellkern gelagert. Hierdurch wird die DNA vor schädigenden Einflüssen der UV-Strahlung geschützt. Die Melanozyten im Auge speichern die Melanosomen im Zytoplasma der Iris und bilden somit eine wirkungsvolle lichtabsorbierende Schicht. Die Eumelaninsynthese ist an die Anwesenheit bestimmter Proteine gekoppelt: 5 TYRP-1-Protein („tyrosinase-related protein 1“, TRP-1): Stabilisierung der Tyrosinase 5 P-Protein („pink-eye protein“): Aktivierung und Stabilität der Tyrosinase 5 AIM-1-Protein („altered in melanoma 1“): Regulation des TYRP1-Proteins 5 OA1-Protein (okulokutaner Albinismus 1): Organisation des Eumelanosomes, Sensor für die Größe der Melanosomen. Erkrankungen des Melaninstoffwechsels: Melaninmangel: Bei Abwesenheit bestimmter Proteine in den Melanosomen kommt es zu Erkrankungen des Albinismus. Als Albinismus bezeichnet man eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung mit einem ausgeprägten Melaninmangel in der Haut, den Haaren und den Augen. Als Symptome des okulären Albinismus gelten Hellhäutigkeit und Pigmentmangel der Augen. Es kommt zur erhöhten Blendungsempfindlichkeit sowie zur Einschränkung der Sehschärfe. Bei den okulokutanen Formen kommen weitere systemische Veränderungen außerhalb der Augen, in der Haut und den Haaren, hinzu. In Abwesenheit des schützenden Eumelanins kommt es häufiger zur Disposition verschiedener Hauttumoren (Malignes Malignom, Basaliom). Die Häufigkeit des Albinismus liegt in Deutschland bei 1:18.000 (7 Tab. 1). Erhöhte Melaninproduktion: Beim Krankheitsbild des Morbus Addison kommt es über eine erhöh-

te Hypophysenvorderlappen-Stimulation nicht nur zur Steigerung der ACTH-Freisetzung (7 Adrenokortikotropes Hormon) sondern auch zur erhöhten MSH-Konzentration gefolgt von einer Steigerung der Melaninsynthese und Braunfärbung der Haut (inkl. der Handlinien). Regulation der Melaninsynthese: 5 UV-Strahlung führt zur Aktivierung der Melanozyten (Braunfärbung der Haut) 5 MSH stimuliert die Melaninfreisetzung. Methoden: HPLC (7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie) nach Abbau des Eumelanins zu Pyrrol-2,3,5-Tricarbonsäure und des Pheomelanins zum Aminohydroxyphenylalanin-Isomer.

Literatur. Tolleson WH (2005) Human melanocyte biology, toxicology, and pathology. J Environ Sci Health C Environ Carcinog Ecotoxicol Rev 23:105–161 Ito S, Wakamatsu K (2003) Quantitative analysis of eumelanin and pheomelanin in humans, mice, and other animals: a comparative review. Pigment Cell Res 16:523–531

Melanogennachweis nach Thormählen 7 Thormählen-Test

Melanoma inhibitory antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). MIA Englischer Begriff. melanoma inhibitory antigen Definition. MIA ist ein 11 kDa schweres, lösliches Protein, das von Melanozyten und Chondrozyten produziert wird.

Struktur. MIA besteht aus 131 Aminosäuren und ist lokalisiert auf dem Chromosom 19q13.32. Molmasse. 11 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. MIA wird von Melanozyten und Chondrozyten produziert und führt im Zellkulturexperiment zu einer schnellen Isolierung und Kugelbildung von Melanomzellen, weshalb vermutet wird, dass MIA am Prozess der Metastasierung und/oder der Invasion maligner Melanomzellen beteiligt ist. Funktion und Pathophysiologie. Die klinische Bedeutung der MIABestimmung liegt im Therapiemonitoring und der Rezidiverkennung von malignen Melanomen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Liquor

MELD-Score

Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Konventionelle Einheit. ng/mL (μg/L) Referenzbereich — Erwachsene. 97-%-Perzentile 8,8 ng/mL (methodenabhängig)

Interpretation. Die meisten MIA-Methoden sind für die Anwendung im Serum ausgetestet. Darüber hinaus kann MIA auch in anderen Körperflüssigkeiten bestimmt werden. MIA weist eine hohe Tumorspezifität für das maligne Melanom auf. Bei anderen malignen Tumoren wurden nur vereinzelt geringgradige Erhöhungen von MIA im Serum beobachtet. Ebenso verursachen viele differenzialdiagnostisch relevante benigne Erkrankungen keine oder nur gering erhöhte MIA-Konzentrationen. Ein eindeutiger Vorteil gegenüber S100 konnte bisher nicht gezeigt werden; allerdings ist insbesondere bei Melanompatienten mit unauffälliger S100-Konzentration im Serum eine Kombination mit MIA zur Verlaufsbeobachtung sinnvoll. Diagnostische Wertigkeit. Malignes Melanom: Therapiekontrolle und Nachsorge (mit S100), Prognose

Literatur. Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H et al (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. 1st edn. AACC Press, Washington DC

Melanotropine 7 Melanozyten-stimulierende Hormone

Melanozyten-stimulierende Hormone (MSH) W. Hubl

Synonym(e). MSH Englischer Begriff. melanocyte-stimulating hormone Definition. Hormone, die in den pigmentbildenden Melanozyten die Melaninsynthese (7 Melanin), Melanozytenexpansion und Pigmentdispersion stimulieren i MSH-RH (MRH) (RH = releasing hormone) oder Melanoliberin

aus dem Hypothalamus bewirkt die Freisetzung von Melanotropinen (MSH) aus dem Hypophysenvorderlappen. MSH-IH (MIH) (IH = inhibitory hormone) oder Melanostatin bewirkt als Gegenspieler von MSH-RH eine verminderte Ausschüttung von MSH aus dem Hypophysenvorderlappen. Die Melanozyten-stimulierenden Hormone (MSH) sind Peptidhormone. Zur Gruppe dieser Hormone gehören alpha-MSH, beta-MSH und gamma-MSH, die wie das ACTH aus dem Proprotein Proopiomelanocortin (POMC) gebildet werden. MSH stimuliert über Melanocortinrezeptoren (MC1R, MC3R, MC4R und MC5R) die Melaninsynthese, wodurch über die Braunfärbung der Haut ein UV-Schutz aufgebaut wird. Beim Krankheitsbild des Morbus Addison kommt es durch eine Dauerstimulation mit MSH ebenfalls zur ausgeprägten Braunfärbung der Haut. Alpha-MSH bindet aber auch an den so genannten MC4-Rezeptor (Humaner Melanocortin Rezeptor 4), der wiederum den Stoffwechsel beschleunigt und eine gesteigerte Fettverbrennung sowie eine Reduktion des Appetits bewirkt. Dieser Zusammenhang mit der Gewichtsregulation des Menschen konnte kürzlich bei extrem adipösen Patienten bestätigt werden. Patienten mit einer Mutation im POMC-Gen oder MC4-Rezeptor-Gen zeigen eine schwere und früh beginnende, extreme Adipositas. Die Analyse erfolgt mit Immunoassay. Referenzbereich: 0,9–14,9 pmol/L.

Literatur. Baltatzi M, Hatzitolios A, Tziomalos K et al (2008) Neuropeptide Y and alpha-melanocyte-stimulating hormone: interaction in obesity and possible role in the development of hypertension. Int J Clin Pract 62(9):1432–1440 Görtzen A, Veh RW (2007) Adipositas – Eine Einführung in molekulare Mechanismen. Obesity – an Introduction to Molecular Mechanisms. Dtsch Arztebl 104: A-1166/B-1039/C-991

929

Dhillo WS (2007) Appetite regulation: an overview. Thyroid 17(5):433–445 (Review)

Melatonin H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Jugendhormon; 5-Methoxy-N-Acetyltryptamin Englischer Begriff. melatonin Definition. Biochemisch gesehen gehört Melatonin zu den Indolaminen und wird im Pinealorgan (Zirbeldrüse, Epiphyse) aus der Aminosäure Tryptophan hergestellt. Der Großteil des im Blut zirkulierenden Melatonins ist pinealen Ursprungs. Das Hormon wird in der Leber hydroxyliert und größtenteils komplexiert als Sulfat oder Glukuronid im Urin ausgeschieden. i Melatonin ist ein Schlüsselhormon zur Regulierung des Jahres-

und des zirkadianen (tageszeitlichen) Biorhythmus. Dabei ist Umweltlicht ein starker Regulator des zirkadianen und neuroendokrinen Systems. Tageslicht-Einfluss führt zu niedrigeren Plasma-MelatoninKonzentrationen (Basalwerte), nach Einsetzen der Dunkelheit steigt die pineale Melatonin-Sekretion stark an und erreicht etwa 1 und 3 Uhr nachts ihr Maximum. Melatonin ist der Hauptmodulator des humanen Biorhythmus und beeinflusst Schlaf-Wach-Rhythmen, Stimmung, Reproduktion (z. B. die Produktion von gonadotropen Hormonen), das Immunsystem sowie auch andere Biorhythmen. Veränderungen des Melatonin-Rhythmus können auftreten bei: 5 Schlafstörungen 5 Jahreszeitlich bedingten affektiven Störungen 5 Depression 5 Schizophrenie 5 Anorexia nervosa 5 Malignen Tumoren 5 Störungen des weiblichen Monatszyklus 5 Störungen der sexuellen Reife 5 Zunehmendem Lebensalter (Abnahme der Dunkelphasen-Amplitude) 5 Jetlag Bei der Probennahme ist der ausgeprägte zirkadiane Rhythmus mit maximalen Werten in der Nacht zu beachten. Bei Verlaufskontrollen sollte aus diesem Grund die Probennahme immer zur selben Tageszeit erfolgen.

Literatur. Wurtman RJ (1985) Melatonin as a Hormone in Humans: A History. Yale J Biol Med 58:547–552 Wurtman RJ, Moskowitz MA (1977) The Pineal Organ. N Engl J Med 296:1329–1333 Manz B, Seidel A, Alexander H et al (1989) Development and Validation of a Radioimmunoassay for Serum Melatonin. J Clin Chem Clin Biochem 27:797–802 Pompeiano O, Manzoni D, Miele F (2002) Pineal Gland Hormone and Idiopathic Scoliosis: Possible Effect of Melatonin on Sleep-Related Postural Mechanisms. Arch Ital Biol 140:129–158

MELD-Score A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Mayo Model End Stage Liver Disease Definition. Ein auf drei objektiven, labormedizinischen Kenngrößen

(7 Kreatinin, 7 Bilirubin, 7 International Normalized Ratio) und der Ätiologie der Lebererkrankung basierender Prognoseindex für Patienten mit Leberzirrhose bzw. Endstadium chronischer Lebererkrankungen, der für die Dringlichkeitsbeurteilung einer anstehenden Lebertransplantation eingesetzt wird.

i Der im Jahr 2001 von der Mayo Study Group eingeführte Index dient der Beurteilung der Erkrankungsschwere und somit des Mortalitätsrisikos von Patienten mit endgradiger chronischer Lebererkrankung (Leberzirrhose) zum Zwecke der Dringlichkeitsabschätzung für

M

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Meldungsdatei

eine anstehende Lebertransplantation. Der MELD-Score benutzt drei labormedizinische Kenngrößen und die Ätiologie der Leberzirrhose gemäß folgender Formel: MELD-Score = 3,8 × log(e) (Bilirubin [mg/dL]) + 11,2 × log(e) (INR) + 9,6 × log(e) (Kreatinin [mg/dL]) + 6,4 × (Ätiologie: 0 für Cholestase oder alkoholisch, 1 für andere) (INR = 7 International Normalized Ratio) Im Vergleich zum Child-Pugh-Score (7 Child-Turcotte-Pugh-Score) verwendet der MELD-Score keine subjektiven Kriterien, sondern nur einfach bestimmbare, objektive labormedizinische 7 Kenngrößen. Er korreliert gut mit der residualen Leberfunktion und ist ein zuverlässiger Prädiktor der kurz- und mittelfristigen Patientenüberlebensrate. Der MELD-Score ist ein wichtiges Klassifikationsmerkmal der medizinischen Dringlichkeit einer anstehenden Lebertransplantation für erwachsene Patienten. Die pädiatrische Version dieses Modells wird als PELD bezeichnet.

Literatur. Kamath PS, Wiesner R H, Malinchoc M, Kremers W, Therneau TM, Kosberg CL, D’Ajmico G, Dickson ER, Kim ER (2001) A model to predict survival in patients with end-stage liver disease. Hepatology 33464–33470 Botta F, Gianni E, Romagnoli P, Fasoli A, Malfatti F, Chiarbonello B, Testa E, Risso D, Colla G, Testa R (2003) MELD scoring system is useful for predicting prognosis in patients with liver cirrhosis and is correlated with residual liver functions: a European study. Gut 52:134–139

Meldungsdatei O. Colhoun

Membran-Attack-Komplex. Abb. 1. Schematischer Aufbau

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

7 Komplement-

system, alternative Aktivierung

Präanalytik. 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung Literatur. Klein J, Horejsi V (1997) Immunology. 2nd edn. Blackwell Sciences, Oxford, pp 375–378

Englischer Begriff. announcement file

Menachinon (K2)

Definition. Protokolldatei zur Speicherung definierter relevanter Informationen der Labor-EDV für den Verantwortlichen im Labor.

7 Vitamin K

i Funktion der Labor-EDV zur Speicherung von wichtigen Systemmeldungen (etwa Warnmeldungen bei definiertem Füllstand der Festplatten).

7 Vitamin K

Membran, semipermeable 7 Diaphragma

Membran-Array 7 Makroarray

Membran-Attack-Komplex H. Renz, B. Gierten

Synonym(e). Komplex, lytischer; Sequenz, lytische Englischer Begriff. membrane attack complex; MAC Struktur. Komplex aus den Komplementfaktoren C5b, C6, C7, C8, C9 (7 Abb. 1) Molmasse. 7 Komplementsystem, alternative Aktivierung Funktion und Pathophysiologie. C5b entsteht nach Spaltung von C5 durch eine der C5-Konvertasen und bildet zusammen mit C6 einen stabilen Komplex. Nach Reaktion mit C7 kann sich der neue Komplex durch hydrophobe Gruppen am C7-Molekül an die Lipid-Strukturen in der Zellmembran der Zielzellen anlagern. Danach wird an den Komplementkomplex ein Molekül C8 gebunden (C5b, 6, 7, 8). Der neu entstandene Komplex wiederum ist in der Lage in Abhängigkeit von der C9-Konzentration mehrere Moleküle C9 zu binden, die die Membran der Zielzelle durchdringen. Dieser Vorgang resultiert in einer osmotischen Lyse der Zielzelle.

Menadioldiester (K4) Menadion (K3)

7 Vitamin K

Mendel, Gregor Johann A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Österreichischer Geistlicher und Naturforscher, geboren am 22. Juli 1822 in Heizendorf (Mähren, Österreich), gestorben am 6. Januar 1884 in Brünn (Österreich)

Verdienste. Lehrer und Professor für Naturgeschichte und Physik an der Oberrealschule in Brünn, später Pater und Abt des Augustiner-Klosters. Begründer der Vererbungsforschung. Grundlagen der 7 Mendelschen Vererbungslehre bilden seine Kreuzungsversuche an Pflanzen und Bienen (1856–1864), aus denen die drei Gesetze für die Vererbung einfacher Merkmale abgeleitet wurden (Mendelsche Gesetze: Uniformitäts-, Spaltungs-, Rekombinationsgesetz). Diese grundlegenden Erkenntnisse wurden zu Mendels Zeit nicht gewürdigt, erst die Biologen Carl-Erich Correns (1864–1933), Hugo de Vries (1848–1935) u. a. haben um 1900 die Tragweite dieser Ergebnisse erkannt, von denen sie dann veröffentlicht und ausgewertet wurden.

Mendelejew, Dimitrij Iwanowitsch A.M. Gressner, O.A. Gressner

Lebensdaten. Russischer Chemiker, geboren am 7. Februar 1834 in Tobolsk (Sibirien), gestorben am 20. Januar 1907 in St. Petersburg

Merkmal

Verdienste. Studium der Naturwissenschaften am Pädagogischen Institut in St. Petersburg, danach Gymnasiallehrer in Odessa, 1856 Privatdozent an der Universität von St. Petersburg und nach Studienaufenthalt in Heidelberg Professor an der Universität in St. Petersburg. Arbeiten auf dem Gebiet der Physikalischen Chemie. Wichtigste wissenschaftliche Leistung ist im Jahr 1869 die Aufstellung des Periodensystems der Elemente [zeitgleich mit der Entdeckung des Periodischen Systems durch J.L. Meyer (1830–1895)] mit Voraussage der Existenz von noch unbekannten Elementen (z. B. Gallium, Germanium), deren spätere Entdeckung folgte. Auf Mendelejew geht auch die technologische Erschließung der Bodenschätze Russlands zurück (Erdöl, Kohle, Eisen).

Mendelsche Regeln 7 Mendelsche Vererbungslehre

Mendelsche Vererbungslehre R. Weiskirchen

Definition. Lehre der von Gregor Mendel (7 Mendel, Gregor Johann) entdeckten grundlegenden Gesetzmäßigkeiten bei der Weitergabe von Erbinformation. i

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MEOS 7 Mikrosomales Ethanol-oxidierendes System

MEQUALAN W.-R. Külpmann

Synonym(e). Metrology of qualitative chemical analysis Definition. MEQUALAN wurde in den Jahren 2000–2002 mit Unterstützung der Europäischen Kommission (G6MA-CT-2000-01012) erarbeitet. Es wird unterschieden zwischen zwei Typen von qualitativen Analysen: 1. Identifikation von Messgrößen, z. B. im Rahmen chromatographischer Analysen 2. Bewertung von Ordinalmerkmalen in Proben anhand vorab festgelegter Kriterien, z. B. Konzentration ober- oder unterhalb einer bestimmten Konzentration (7 Cut-off-Konzentration, 7 Entscheidungsgrenze) (7 Urinteststreifen, 7 Drogenscreening mittels Immunoassay) Verfahren zur Ermittlung analytischer Charakteristika dieser qualitativen Messverfahren wie Empfindlichkeit, Spezifität und Zuverlässigkeit sowie Qualitätssicherung werden beschrieben.

5 Uniformitäts- oder Reziprozitätsregel: Die Nachkommen reziproker Kreuzungen reinerbiger Linien besitzen einen einheitlichen (uniformen) Phänotyp. 5 Spaltungsregel: Kreuzungen der heterozygoten Nachkommen (F1) zweier reinerbiger Linien untereinander führen zur Aufspaltung der Phänotypen nach bestimmten Zahlenverhältnissen. 5 Gesetz der Neukombination: Unterscheiden sich die zur Kreuzung eingesetzten Individuen in mehreren Merkmalspaaren, so gelten für jedes Merkmalspaar Uniformitäts- und Spaltungsgesetz. Dabei können neue Merkmalskombinationen auftreten.

Literatur. Rios A (2003) Qualitative assurance of qualitative analysis in the framework of the European project „MEQUALAN“. Accreditation and Quality Assurance. J for Quality, Comparability and Reliability in Chemical Measurement 8: 68–77

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Ver-

Englischer Begriff. mercaptanes

lag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Menschliches Genomprojekt 7 Human Genome Organization

Mensur 7 Messvorrichtungen, volumetrische

Mentzer-Index H. Baum

Englischer Begriff. Mentzer-Index Definition. Quotient aus 7Erythrozytenvolumen (MCV) und 7Erythrozytenzahl zur Differenzierung einer Eisenmangelanämie von einer Thalassämie i Der Mentzer-Index ist der Quotient von

MCV (fL)/Erythrozytenzahl (T/L) und kann in der Differenzierung einer mikrozytären Anämie eingesetzt werden. Werte oberhalb des Quotienten von 13 deuten auf einen Eisenmangel hin, Werte darunter auf eine Thalassämie. Allerdings werden Patienten mit einer Thalassämie und dem gleichzeitigen Vorhandensein einer Anämie anderer Ursache (Hämolyse, Blutungen, Schwangerschaft) fälschlich als Eisenmangel klassifiziert. Umgekehrt werden Patienten mit Eisenmangelanämie und gleichzeitiger chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) den Thalassämiepatienten zugeordnet. Zudem können Thalassämiepatienten mit gleichzeitigem Eisenmangel nicht sicher klassifiziert werden. Werden diese Einschränkungen berücksichtigt, kann der Mentzer-Index als Entscheidungskriterium vor einer weiterführenden differenzierten Diagnostik von Patienten mit mikrozytärer Anämie herangezogen werden.

Literatur. Mentzer WC Jr (1973) Differentiation of iron deficiency from thalassaemia trait. The Lancet 1:S 882

Mercaptane A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Alkanthiole; Thioalkohole

Definition. Es handelt sich um eine Gruppe niedermolekularer, neu-

rotoxischer und schwefelhaltiger Abbauprodukte des 7 Methionins, die bei schwerer Leberzellinsuffizienz hochgradig im Serum ansteigen und in der Pathogenese des Coma hepaticums bzw. der hepatogenen Enzephalopathie bedeutsam sind.

i Die extrem toxischen, übelriechenden, schwefelhaltigen Mercaptane der allgemeinen Struktur R-SH entstehen im Kolon durch bakterielle Zersetzung des Methionins und werden normalerweise von der Leber vollständig eliminiert. Dazu gehören Methanthiol (Methylmercaptan, CH3SH), Dimethylsulfid, Dimethyldisulfid (CH3-S-SCH3) und Ethanthiol (Ethylmercaptan, C2H5SH), deren Konzentrationen im normalen Serum extrem niedrig oder nicht nachweisbar sind. Bei schwerer Leberzellinsuffizienz und/oder portosystemischem Umgehungskreislauf kommt es zu signifikanten Konzentrationserhöhungen, wobei Zirrhotiker mit Enzephalopathie wesentlich höhere Konzentrationen aufweisen als Zirrhotiker ohne Enzephalopathie. Die höchsten Konzentrationen entstehen beim Leberzerfallskoma im Vergleich zum Leberausfallskoma. Der Schweregrad der Enzephalopathie korreliert mit der Höhe einzelner Mercaptane, z. B. Methanthiol. Ihre gaschromatographische Bestimmung ergänzt die diagnostische Aussage von 7 Octopamin. Konzentrationserhöhungen finden sich außer im Serum auch im Liquor und Urin. Dimethylsulfid und Trimethylamin sind für den (süßlichen) Foetor hepaticus beim Coma hepaticum verantwortlich.

Literatur. Blom HJ, Ferenci P, Grimm G et al (1991) The Role of Methanethiol in the Pathogenesis of Hepatic Encephalopathy. Hepatology 13:445–454

Merkmal R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Variable Englischer Begriff. characteristic; variable

M

932

Meront

Definition. Ein Merkmal ist eine beobachtbare bzw. messbare Eigenschaft einer 7 Beobachtungseinheit, welche in der Regel in unterschiedlichen Ausprägungen vorliegt. i Es werden verschiedene Merkmalstypen und Skalenniveaus, auf

denen die Messung der Merkmalsausprägungen erfolgt, unterschieden. Die Art des Merkmaltyps bzw. Skalenniveaus hat einen Einfluss auf die Wahl adäquater Verfahren zur statistischen Analyse des Merkmals.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Meront 7 Schizont

Mescalin T. Arndt

Synonym(e). Peyotl; 3,4,5-Trimethoxyphenethylamin Englischer Begriff. mescaline; mescal buttons; peyote Definition. Halluzinogenes Alkaloid, das im Jahr 1896 erstmals aus dem in Nord-Mexiko beheimateten Peyote-Kaktus (Lophophora williamsii) isoliert wurde. i Mescalin (Peyotl) zeigt strukturelle Ähnlichkeiten zu einigen syn-

Struktur. Als sMRP wird v. a. die Mesothelin-Variante 1 erkannt; Variante 3 enthält durch eine 3’Rahmenverschiebung einen ausgedehnteren C-Terminus, Variante 2 eine 24-bp-Insertion und kann nur auf dem mRNA-Level detektiert werden. Molmasse. 40 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Mesothelin wird durch den monoklonalen Antikörper OV569 auf normalen mesothelialen Zellen erkannt und zeigt eine Überexpression beim malignen Mesotheliom (insbesondere beim epithelialen Subtyp) und beim Ovarialkarzinom, ferner auch beim Pankreas-, Lungen und gastrotintestinalen Karzinomen. Zwar ist die exakte Freisetzung von sMRP von mesothelialen Zellen noch nicht aufgeklärt, es wurden jedoch stark erhöhte sMRPKonzentrationen im Serum von Patienten mit Mesotheliom und Ovarialkarzinomen beschrieben. Funktion und Pathophysiologie. Das 40-kDa-Mesothelin ist über Phosphatidylinositol an die zelluläre Oberfläche gebunden und weist Funktionen in der interzellulären Adhäsion und in der zellulären Erkennung und Signalübertragung auf. Die klinische Bedeutung der Bestimmung löslicher Mesothelin-related peptides liegt in der Unterstützung der Diagnose von Mesotheliomen, v. a. zur Abgrenzung zu benignen Lungenerkrankungen und zur Asbestose, sowie im Therapiemonitoring und Prognoseabschätzung von Mesotheliomen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Pleuraer-

thetischen Derivaten der Amphetamine. Die Droge wird in Form von sog. Mescal buttons (braune, ca. 0,5 cm dicke Scheiben des Kaktuskörpers) gehandelt und gekaut oder als Tee aufgebrüht konsumiert. Die Droge soll widerlich und sehr bitter schmecken. Die Wirkung von Mescalin entspricht jener von LSD (obwohl keine strukturelle Ähnlichkeit besteht). Nach der Einnahme von 10–12 buttons treten Halluzinationen auf. Reines Mescalin wirkt in einer Dosierung von 200–500 mg halluzinogen. Nach oraler Gabe von 500 mg MescalinHCl wurden mittlere Blutkonzentrationen von 3,8 mg/L nach 2 h und 1,5 mg/L nach 7 h gefunden. Die Halbwertszeit beträgt etwa 6 h. Mescalin wird über den Urin zu 55–60 % unverändert und zu 27–30 % als 3,4,5-Trimethoxyphenylessigsäure ausgeschieden. Weitere Metabolite sind quantitativ unbedeutend. Alle Metabolite sollen pharmakologisch inaktiv sein. Während in den Ursprungsgebieten Mescalin vergleichsweise häufig konsumiert wird, hat Mescalinmissbrauch in Deutschland kaum Bedeutung. Allerdings sind zuverlässige Angaben u. a. auch wegen der fehlenden Screening-Analyseverfahren (Teststreifen; 7 ScreeningUntersuchung) nicht verfügbar. Mescalin und seine Derivate sowie alle zur Reproduktion der Kakteen oder zur Mescalingewinnung geeigneten Pflanzenteile unterliegen als nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel dem 7 Betäubungsmittelgesetz (BtM).

guss, Aszites

Literatur. Baselt RC (2004) Disposition of toxic drugs and chemicals

piekontrolle, Prognose

in man. Biomedical Publications, Foster City, California 672–673 www.gifte.de/Drogen/meskalin.htm

Literatur. Robinson BW et al (2007) Mesothelin-family proteins and

Mesothelin-related peptide

Analytik. Enzymimmunoassay (EIA) Konventionelle Einheit. nmol/L Referenzbereich — Erwachsene. 99-%-Perzentile 1,5 nmol/L (methodenabhängig)

Interpretation. Während bei gesunden Personen, selbst nach Asbestexposition, überwiegend niedrige sMRP Konzentrationen im Serum gemessen werden, ist sie in mehr als der Hälfte der Mesotheliom-Patienten deutlich erhöht. Somit kann der Marker effizient zur Unterstützung der Diagnose eines Mesothelioms eingesetzt werden. Hierfür ist besonders bedeutsam, dass die sMRP Serumkonzentrationen auch bei Patienten mit benignen Erkrankungen der Lunge, des Gastrointestinal- und Urogenitaltrakts (Niereninsuffizienz!) im niedrigen Bereich liegen. Auch bei Karzinomen verschiedenster Lokalisationen finden sich fast durchwegs niedrige Werte. Allein beim Ovarialkarzinom und beim Lungenkarzinom (insbesondere beim Adeno- und großzelligen Subtyp) finden sich bei einem Teil der Patienten ebenfalls mäßig erhöhte Werte. Diagnostische Wertigkeit. Malignes Mesotheliom: Diagnose, Thera-

diagnosis of mesothelioma. Lancet; 362:1612–1616 Beyer HL et al (2007) MESOMARK: a potential test for malignant pleural mesothelioma. Clin Chem; 53:666–672

S. Holdenrieder. P. Stieber

Synonym(e). sMRP Englischer Begriff. Soluble mesothelin-related peptide

Messabweichung W.-R. Külpmann

Definition. Mesothelin ist ein 40 kDa schweres Protein, das aus dem

Synonym(e). Abweichung

membranständigen 69-kDa-Vorläuferprotein abstammt, welches neben dem membrangebundenen C-terminalen Mesothelin auch ein N-terminales 31-kDa-Fragment, den „megakaryocyte potentiating factor“ (MPF), freisetzt. Es sind mindestens drei Varianten der Mesothelin-Familie bekannt, von denen zwei in löslicher Form vorkommen können und durch den monoklonalen Antikörper OV569 erkannt werden. Deshalb werden die detektierten Moleküle als „soluble mesothelin-related peptides“ bezeichnet.

Englischer Begriff. measurement error; error of measurement; error Definition. 7 Messwert minus einem 7 Referenzwert [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messenger RNA

Messabweichung, quadratischer Mittelwert W.R. Külpmann

Englischer Begriff. mean square of measurement deviation Definition. Maß für die Streuung der Messwerte einer Probe um den Zielwert. i Der quadratische Mittelwert der Messabweichung (Δ2) wird wie

folgt berechnet: n 1 Δ2 = ( × (Σ(xi – x0)2 n i=1 n = Anzahl der zur Berechnung herangezogenen Einzelergebnisse x0 = Zielwert xi = Messergebnis der Einzelmessung Statt Δ2 wird in der Regel Δ, d. h. die Quadratwurzel des quadratischen Mittelwerts der Messabweichung verwendet (engl.: root mean square of measurement deviation). Zwischen dem quadratischen Mittelwert der Messabweichung (Δ2) einerseits und der systematischen Messabweichung (7 Messabweichung, systematische) und der empirischen 7 Standardabweichung einer Stichprobe von Messergebnissen einer Probe besteht rechnerisch folgender Zusammenhang: n–1 Δ2 = × s2 + δ2 n

933

Messungen in unvorhersagbarer Weise schwankt [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messbereich W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measuring interval; working interval Definition. Menge von Werten von Größen derselben Art, die unter definierten Bedingungen gemessen werden können, und zwar mit einem speziellen Messgerät oder Messsystem mit einer vorgegebenen Gerätemessunsicherheit [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messeinheiten 7 Einheiten

Messeinrichtungen W.-R. Külpmann

δ = Bias s = empirische Standardabweichung

Englischer Begriff. devices of measurement

Literatur. Macdonald R (2006) Quality assessment of quantitative

Definition. Unter Messeinrichtungen werden u. a. aufgeführt: Mess-

analytical results in laboratory medicine by root mean square of measurement deviation. J Lab Med 30:111–117 Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (2008) Dtsch Arztebl 105:C301–315

Messabweichung, relative W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. relative error Definition. Messabweichung dividiert durch einen wahren Wert der Messgröße [VIM (1994)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (1984) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM), 2. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messabweichung, systematische W.-R. Külpmann

gerät, Messsystem, Messkette [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messempfindlichkeit W.-R. Külpmann

Synonym(e). Empfindlichkeit eines Messsystems; Sensitivität, analytische

Englischer Begriff. sensitivity of a measuring system; sensitivity Definition. Quotient der Änderung der Anzeige eines Messsystems und der entsprechenden Änderung im Wert einer Messgröße [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Synonym(e). Systematische Abweichung Englischer Begriff. systematic measurement error

Messenger RNA R. Weiskirchen

Definition. Komponente der Messabweichung, die bei wiederholten Messungen konstant bleibt oder sich in vorhersagbarer Weise ändert [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Synonym(e). Boten-RNA(RNS)

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010)

Definition. 7 Nukleinsäure, die auf der Basis der codierenden Abschnitte der DNA im Zellkern entsteht, sich im Zellplasma an die Ribosomen lagert und dort in Proteine übersetzt wird

Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messabweichung, zufällige W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. random measurement error; random error of measurement; random error Definition. Komponente der Messabweichung, die bei wiederholten

Englischer Begriff. messenger RNA

i Die in einer DNA gespeicherte Erbinformation wird nicht direkt

an das Proteinsynthese-System weitergegeben, sondern wird zunächst in eine hochmolekulare RNA (hnRNA) transkribiert, die durch den Prozess des Splicings in eine kleinere mRNA prozessiert wird. Dabei wird nur einer der beiden DNA-Stränge, der codogene Strang, in 3’→5’ abgelesen und anschließend über die 7 Translation in ein Proteinprodukt übersetzt.

M

934

Messergebnis

Messergebnis W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurement result; result of a measurement Definition. Menge von Größenwerten, die einer Messgröße zugewiesen sind, zusammen mit jeglicher verfügbarer relevanter Information [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messfehler

ergibt. Diese ist messtechnisch jedoch nicht zu erfassen. Vielmehr wird die relative molale Aktivität bestimmt, indem die chemische Aktivität im Vergleich zu einer standardisierten Aktivität des Analyten gemessen wird. Üblicherweise wird in der Klinischen Chemie die Stoffmengenkonzentration des (freien) Bestandteils angegeben anstelle der chemischen Aktivität, mit Ausnahme der intensiven Messgrößen für die folgenden Bestandteile: 5 pH (Wasserstoffionen) 5 pCO2, pO2 (CO2, O2) 5 Osmolalität (Wasser).

Literatur. Siggaard-Andersen O, Durst RA, Maas AHJ (1987) Approved recommendation (1984) on physico-chemical quantities and units in clinical chemistry. J Clin Chem Clin Biochem 25:369–391

7 Messabweichung

Messintervall Messfühler, biologische

7 Messbereich

7 Biosensoren

Messkolben Messfunktion

7 Messvorrichtungen, volumetrische

W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurement function Definition. Funktion von Größen, deren Wert, wenn er mit bekannten Größenwerten für die Eingangsgröße des Modells der Messung berechnet wird, ein Messwert der Ausgangsgröße des Modells der Messung ist [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messgenauigkeit W.-R. Külpmann

Synonym(e). Genauigkeit Englischer Begriff. measurement accuracy; accuracy of measure-

Messküvette 7 Küvette

Messmethode W.-R. Külpmann

Definition. Allgemeine Beschreibung des logischen Vorgehens zur Durchführung einer Messung [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messmethode, definitive 7 Messmethodenhierarchie

ment; accuracy

Definition. Ausmaß der Annäherung eines Messwertes an einen wahren Wert einer Messgröße [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messgröße

Messmethode, Referenz7 Messmethodenhierarchie

Messmethode, Routine7 Messmethodenhierarchie

Messmethodenhierarchie A.M. Gressner, O.A. Gressner

W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurand Definition. Größe, die gemessen werden soll [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messgröße, intensive W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. intensive (chemical) quantity Definition. Chemisches Potenzial des betreffenden Bestandteils im jeweiligen System. i Das chemische Potenzial wird in der Regel in eine Exponential-

funktion umgewandelt, sodass sich die absolute chemische Aktivität

Synonym(e). Methodenhierarchie Englischer Begriff. hierarchy of methods Definition. Rangordnung von Methoden unterschiedlicher 7 Richtigkeit i Im Konzept der Methodenhierarchie werden die benutzten Methoden entsprechend ihrer Richtigkeit in drei Klassen unterteilt (7 Abb. 1): 5 Definitive Methoden: Analysenmethoden, bei denen nach erschöpfender Prüfung festgestellt wurde, dass bei ihnen keine Ursachen für 7 Unrichtigkeiten oder andere Mängel gefunden wurden. Dem Anspruch dieser Methoden der geringsten Unrichtigkeit entsprechend ist die Durchführung der Analysen extrem aufwändig, was komplizierte Geräte und hochspezialisierte Analytiker anbelangt. Demzufolge sind definitive Methoden nur in wenigen, besonders ausgewiesenen Laboratorien verfügbar (7 Methode, definitive). 5 Referenzmethoden: Analysenmethoden, deren Unrichtigkeit und 7 Unpräzision, wie durch Vergleich mit einer definitiven Methode

Messunsicherheit

belegt ist, sehr klein sind und deren Anfälligkeit für bekannte Störgrößen ebenso sehr klein und sorgfältig dokumentiert ist (7 Präzision). Unrichtigkeit und Unpräzision sind bei der Entwicklung, Prüfung und Durchführung der Referenzmethode ständig zu kontrollieren. Im Allgemeinen werden Referenzmethoden nicht in der klinisch-chemischen Routine eingesetzt (7 Referenzmessverfahren). 5 Routinemethoden: Analysenmethoden, deren Zuverlässigkeit (Unpräzision und Unrichtigkeit) den medizinischen Erfordernissen für die jeweiligen Untersuchungen genügt. Die Zuverlässigkeit der Routinemethoden muss bei der Publikation, der Einführung im Laboratorium und während der Durchführung der Routineuntersuchungen genau geprüft werden (kontinuierliche 7 Qualitätssicherung) (7 Routinemessverfahren).

935

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messrichtigkeit W.-R. Külpmann

Synonym(e). Richtigkeit Englischer Begriff. measurement trueness; trueness of measurement; trueness

Definition. Ausmaß der Annäherung des Mittelwerts einer unendlichen Anzahl wiederholter Messwerte an einen Referenzwert [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messserie G. Schumann

Englischer Begriff. series of measurements Definition. Gesamtheit aller Messungen bei deren Auswertung das Resultat derselben 7 Kalibrierung zugrunde gelegt werden darf

Literatur. Begriffe der Qualitätssicherheit und Statistik (1991) DIN 55 350, Teil 34, S 7

Messsystem W.-R. Külpmann

Messmethodenhierarchie. Abb. 1. Messmethodenhierarchie mit Angabe der (prozentualen) Unrichtigkeit [aus: Uriano (1977)]

Literatur. Stamm D (1995) Zuverlässigkeit von Messergebnissen. In: Greiling H, Gressner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart Uriano GA, Cali JP (1977) Role of Reference Materials and Reference Methods in the Measurement Process. In: De Voe JR (ed) Validation of the Measurement Process. Amer Chem Soc:140–161 [zitiert nach Stamm (1995)]

Englischer Begriff. measuring system Definition. Kombination aus Messgeräten und oft anderen Geräten sowie bei Bedarf Reagenzien und Versorgungseinrichtungen, die so angeordnet und angepasst sind, dass sie Information liefern, um Messwerte innerhalb bestimmter Intervalle für Größen bestimmter Arten zu erhalten [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messnormal 7 Normal

Messtechnische Rückführbarkeit 7 Rückführbarkeit, metrologische

Messpräzision W.-R. Külpmann

Synonym(e). Präzision

Messtechnische Rückführungskette 7 Rückführungskette, metrologische

Englischer Begriff. measurement precision; precision

Messung

Definition. Ausmaß der Übereinstimmung von Anzeigen oder Mess-

W.-R. Külpmann

werten, die durch wiederholte Messungen an denselben oder ähnlichen Objekten unter vorgegebenen Bedingungen erhalten wurden [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messprinzip W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurement principle; principle of measurement

Definition. Phänomen, das als Grundlage einer 7 Messung dient [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Englischer Begriff. measurement Definition. Prozess, bei dem einer oder mehrere Größenwerte, die vernünftigerweise einer Größe zugewiesen werden können, experimentell ermittelt werden [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messunsicherheit W.-R. Külpmann

Synonym(e). Unsicherheit

M

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Messunsicherheit, Ermittlungsmethode A der

Englischer Begriff. measurement uncertainty; uncertainty of measurement; uncertainty

Definition. Nichtnegativer Parameter, der die Streuung der Werte kennzeichnet, die der 7 Messgröße auf der Grundlage der benutzten Information beigeordnet ist [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur. Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messunsicherheit, Ermittlungsmethode A der W.-R. Külpmann

Definition. Detaillierte Beschreibung einer 7 Messung gemäß ei-

nem oder mehreren Messprinzipien und einer 7 Messmethode auf der Grundlage eines Modells der Messung und einschließlich aller Berechnungen zum Erhalt eines Messergebnisses [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messvorrichtungen, gravimetrische A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Waagen

Englischer Begriff. type A evaluation of measurement uncertainty;

Englischer Begriff. balance

type A evaluation

Definition. Zur gravimetrischen 7 Messung geeignete Vorrichtun-

Definition. Ermittlung einer Komponente der 7 Messunsicherheit

gen (Waagen).

durch die statistische Analyse von Messwerten, die man unter definierten Messbedingungen erhalten hat [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

i Im klinischen Laboratorium sind in Abhängigkeit von der zu

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messunsicherheit, Ermittlungsmethode B der

messenden Masse und der erforderlichen Genauigkeit im Wesentlichen drei Waagetypen zu unterscheiden: 5 technische oder Tellerwaage: für grobe Massenfeststellungen 5 Torsionswaage: für den Messbereich von 0–500 mg 5 Präzisionswaage: mit einer Genauigkeit von ±10 mg 5 Analysenwaage: mit einer Genauigkeit von ±0,1 mg und weniger

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. type B evaluation of measurement uncertainty; type B evaluation

Definition. Ermittlung einer Komponente der 7 Messunsicherheit durch andere Methoden als durch Ermittlungsmethode A der Messunsicherheit [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Messverfahren W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measurement procedure

Messvorrichtungen, volumetrische. Abb. 1. Klassische Messvorrichtungen

Messvorrichtungen, volumetrische A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Volumenmessvorrichtungen; Messzylinder; Mensur; Messkolben; Bürette; Pipette; Kolbenhubpipette; Eppendorf-Pipette

Definition. Zur volumetrischen 7 Messung von Flüssigkeiten geeignete, geeichte, in der Formgebung sehr unterschiedliche und aus verschiedenen Materialien (Glas, Kunststoff) bestehende Gefäße und Vorrichtungen. i Die Auswahl der zur volumetrischen Flüssigkeitsmessung zweckmäßigen Vorrichtung richtet sich nach der erforderlichen Messgenauigkeit, der Abmessart (Einguss- oder Auslaufvorrichtungen) sowie dem verarbeiteten Messvolumen (Makro- bzw. Mikrovolumina). Dementsprechend sind zu unterscheiden (7 Abb. 1):

Metabolische Spezialdiagnostik

5 Eingussmessvorrichtungen: 5 Mensuren (Messzylinder, Spitzgläser): erlauben nur sehr grobe Abmessungen (1–2000 mL) 5 Messkolben: für verschiedene Volumina justiert (1–5000 mL), zur Herstellung von Lösungen und Verdünnungen geeignet. 5 Auslaufmessvorrichtungen: 5 Büretten und Mikrobüretten: mit einem Hahn versehene, justierte und skalierte Glasröhrchen, z. B. für Titrationszwecke 5 Pipetten: für genaue Abmessungen geeignete, in vielen Varianten vorliegende skalierte Glasröhrchen (z. B. Auslauf-, Ausblas-, Voll-, Konstriktions-, Tropf-, Mischpipette). Verbreitet sind die für Mikrolitervolumina geeigneten Kolbenhubpipetten, auch als Eppendorf-Pipetten bekannt, deren Kolbenhub und somit die zu messenden Volumina frei wählbar sind. Die Justierung der Messvorrichtungen erfolgt in der Regel mit Wasser bei 20 °C. Glasvolumengeräte ändern ihr Volumen um etwa 0,1 % pro °C. Eine periodische Überprüfung der 7 Messgenauigkeit der in der Krankenversorgung eingesetzten Kolbenhubpipetten ist vorgeschrieben.

Literatur. Hallmann L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Messwert W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. measured quantity value; measured value of a quantity; measured value

Definition. Größenwert, der ein Messergebnis repräsentiert [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin ISO/IEC (2008) Uncertainty of measurement – Part 3: Guide to the expression of uncertainty in measurement. Geneva DIN (1999) Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen. DIN V ENV 13005. Beuth-Verlag, Berlin DIN (1995) Guide to the expression of uncertainty in measurement (Deutsche Übersetzung). Beuth-Verlag, Berlin

Messwerterfassung 7 Ergebniserfassung

Messwertprotokoll O. Colhoun

Englischer Begriff. result records Definition. Funktion der 7 Labor-EDV, welche jede Aktion zu den 7 Messgrößen im Zusammenhang mit einem bestimmten Laborauftrag protokolliert und bei Bedarf aufzeigen kann.

i Das Messwertprotokoll zeichnet jede Eingabe, Änderung und

Löschung an Laborauftrag und Ergebnissen sowie deren Ausgabe exakt mit Datum, Uhrzeit und jeweiligen Benutzer auf. Die Funktion erweist sich als unverzichtbar bei der Fahndung nach Fehlerquellen bei der Ergebniserfassung. Mit ihrer Hilfe können Fehleingaben oder fehlerhafte Berechnungen und Automatismen als Quelle unerwarteter oder falscher Ergebnisse im Laborbefund identifiziert werden. Der Datenübertrag online angeschlossener Analysengeräte ist kontrollierbar, technische und medizinische Validation werden nachvollziehbar. Im Zuge von Ablaufanalysen lässt sich der 7 Befunddruck oder die Datenübergabe an Auskunftssysteme minutiös nachweisen.

Messwertzuordnung O. Colhoun

Englischer Begriff. result allocation

937

Definition. Leistung des Online-Gerätetreibers der 7 Labor-EDV für die Zuordnung der Rohdaten des Analysegeräts zu Ergebnis und Flags der angeforderten Messgrößen. i Aus der Fülle von Daten aus dem online an die Labor-EDV angeschlossenen Analysegerät müssen die 7 Messergebnisse herausgefiltert und dem korrekten Auftrag zugeordnet werden, dabei sind ebenfalls alle relevanten Zusatzinformationen (Flags, Sperrungen) zu übernehmen und den jeweiligen Werten zuzuordnen.

Messzylinder 7 Messvorrichtungen, volumetrische

Met 7 Methionin

Metaanalyse R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. meta analysis Definition. Die Metaanalyse ist eine statistische Methode zur Aggregierung von (summarischen) Resultaten verschiedener, bereits publizierter Studien. i Nach Glass ist die Grundlage für eine Metaanalyse eine große Anzahl von Analyseergebnissen individueller Studien mit dem Ziel der Formulierung einer Synthese. Hier erscheint es wichtig, Situationen einer großen Zahl kleinerer Studien und einer kleinen Zahl größerer Studien zu unterscheiden. Die Aggregierung erfolgt meist unter Verwendung gewichteter 7 Schätzer, wobei häufig fallzahlabhängige oder varianzabhängige Gewichte verwendet werden. Große Bedeutung kommt der Analyse der Heterogenität der Studien zu, die als ein Indikator für studienspezifische Strukturunterschiede gewertet werden kann. Bei vorhandener Heterogenität sind „random effects models“ (Modelle mit Zufallseffekten) als alternative statistische Modelle (7 Modell, statistisches) zur Aggregierung der Studienergebnisse zu verwenden. Eine Vielzahl möglicher 7 Biasquellen kann zu fehlerhaften Ergebnissen einer Metaanalyse führen. In diesem Zusammenhang werden vor allem „publication bias“ (nicht signifikante Studien werden nicht publiziert), „language bias“ (Studien aus anderen Sprachräumen werden nicht gefunden) und „selection bias“ genannt. Die detaillierte Diskussion dieser Biasarten und deren Einfluss auf die Gesamtaussage wird im Rahmen eine Sensitivitätsanalyse (7 Sensitivität, analytische) geführt.

Literatur. Glass GV (1976) Primary, secondary, and meta-analysis of research. Educational Researcher 5:3–8 Hedges LV, Olkin I (1985) Statistical methods for meta analysis. Academic Press, London

Metabolische Basisdiagnostik G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze i Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen einer entgleisten

Stoffwechselerkrankung geben einige Laborparameter (7 Tab. 1) des klinisch-chemischen Routinelabors bereits erste differenzialdiagnostische Hinweise für eine gezielte metabolische Diagnostik und Initialtherapie.

Literatur. Zschocke J, Hoffmann GF (2004) Vademecum Metabolicum – Diagnose und Therapie erblicher Stoffwechselkrankheiten. 3. Aufl. Milupa-Schattauer Verlag, Stuttgart

Metabolische Spezialdiagnostik G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze i Zur Diagnostik von Stoffwechseldefekten können zusätzlich zu

dem selektiven Stoffwechsel-Screening weitere Analysen notwendig

M

938

Metabolische Vorteste

Metabolische Basisdiagnostik. Tab. 1. Laborparameter

Konzentration

Stoffwechselerkrankung

Ammoniak

erhöht

Harnstoffzyklusdefekte, Organoazidopathien, Mitochondriopathien

Blutgase

Alkalose

Harnstoffzyklusdefekte

Acidose

Organoazidopathien, Mitochondriopathien

Anionenlücke

erhöht

Organoazidopathien, Mitochondriopathien

Blutzucker

erniedrigt

Endokrinopathien, Glykogenosen, Glukoneogenesedefekte, Fettsäureoxidationsstörungen, (Organoazidopathien, Mitochondriopathien)

erhöht

Endokrinopathien, (Mitochondriopathien, Organoazidopathien)

Kreatinsynthesemetabolite, der Gallensäuremetabolite sowie der Purine und Pyrimidine.

Literatur. Zschocke J, Hoffmann GF (2004) Vademecum Metabolicum – Diagnose und Therapie erblicher Stoffwechselkrankheiten. 3. Aufl. Milupa-Schattauer Verlag, Stuttgart

Metabolische Vorteste G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). Gruppenreaktionen

Laktat

Harnsäure

erhöht

erhöht

Mitochondriopathien, Organoazidopathien, Fettsäureoxidationsstörungen, Glykogenosen, Glukoneogenesedefekte Purin-Stoffwechseldefekte, Glykogenosen, Fettsäureoxidationsstörungen, Mitochondriopathien

erniedrigt

Purin-Stoffwechseldefekte, (z. B. Molybdän-Kofaktormangel)

Kreatinin

erniedrigt

Kreatin-Synthesedefekt (z. B. GAMTMangel)

Triglyzeride

erhöht

Glykogenosen, Störungen im Lipoprotein-Stoffwechsel

CK

erhöht

i Im selektiven Stoffwechsel-Screening können wichtige diagnosti-

sche Hinweise aus einfachen Voruntersuchungen im Urin gewonnen werden. Zu diesen Spottesten gehören verschiedene qualitative und halbquantitative Methoden meist in Form von Tüpfelproben oder Stick-Tests. Gebräuchlich sind der Dinitrophenylhydrazin (DNPH)-Test zum Nachweis von Keto-Verbindungen (z. B. verzweigtkettige Oxosäuren bei der Ahornsiruperkrankung), die Reduktionsprobe auf reduzierende Substanzen (Zucker), die Brandsche Probe (Nitroprussid-Test) zum Nachweis von schwefelhaltigen Aminosäuren (Cystein, Homocystein) und der Sulfit-Test zur halbquantitativen Bestimmung von Sulfitionen (Diagnostik des Sulfitoxidasemangels).

Literatur. Blau N, Blaskovics ME, Duran M (2003) Simple Tests in Urine and Blood. In: Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd ed. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, pp 3–10

Metabolite der Amnionflüssigkeit 7 Fruchtwassermetabolite

Metabolitenanalytik 7 Metabolomik

Metabolomik R. Weiskirchen

Fettsäureoxidationsstörungen, Mitochondriopathien, Glykogenosen, Glykolysedefekte

GOT, GPT

erhöht

Fettsäureoxidationsstörungen, Mitochondriopathien, CDG-Syndrome, peroxisomale Erkrankungen

Cholesterol

erniedrigt

Sterol-Synthesedefekte, peroxisomale Erkrankungen

werden. Diese aufwändigen Verfahren erfordern den Einsatz von GCMS, Elektrophorese oder HPLC sowie enzymatische und/oder molekulare Untersuchungen und werden nur in wenigen spezialisierten Stoffwechsellaboratorien durchgeführt. Die metabolische Spezialdiagnostik beinhaltet die CDG-Diagnostik (CDG = Congenital disorder of glycosylation) zur Erkennung von Glykosylierungsstörungen, die lysosomale Diagnostik von Abbaudefekten komplexer Kohlenhydrate und die peroxisomale Diagnostik zur Differenzierung von peroxisomalen Abbaustörungen oder Peroxisomen-Biogenesestörungen. Weitere Gruppenteste sind die Analytik der Neurotransmitter, der

Synonym(e). Metabolitenanalytik Englischer Begriff. metabolomics Definition. Allgemeine Bezeichnung für Untersuchungsmethoden, die auf die Identifikation der Gesamtheit aller Stoffwechselkomponenten einer Zelle oder eines Organismus ausgerichtet sind. i Die systematische Erforschung zellulärer Stoffwechselprodukte (Metabolite) ist ein sehr junges Forschungsgebiet, das erst durch Methoden wie die der Kernspinresonanz (NMR), 7 Massenspektrometrie (MS) und ihrer Kombination mit 7 Gaschromatographie (GC) oder 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) ermöglicht wird. Mittels vergleichender Untersuchungen ist es z. B. möglich, Konzentrationsveränderungen einzelner Verbindungen oder miteinander verknüpfter Stoffwechselwege während eines Krankheitsgeschehens oder einer Therapie zu erkennen (dynamische Metabolitprofile). Die dabei gewonnenen Rohdaten werden mittels Bioinformatik erfasst, ausgewertet und interpretiert.

Literatur. Weckwerth W, Morgenthal K (2005) Metabolomics: from pattern recognition to biological interpretation. Drug Discov Today 10:1551–8

Metadrenalin 7 Metanephrine

Metall-Enzym-Komplexe 7 Metallionen aktivierbare Enzyme

Metallothionein

Metallhaltige Enzyme 7 Metalloenzyme

Metallionen-aktivierbare Enzyme D. Meissner

Synonym(e). Metall-Enzym-Komplexe Englischer Begriff. metal dependent enzymes Definition. Enzyme, die Metallionen als Cofaktoren benötigen. i Metallionen-aktivierbare Enzyme benötigen zur vollen Entfal-

tung ihrer Aktivität die Anwesenheit von bestimmten Metallen, die in Verbindung mit dem Apoprotein die Erkennung, Bindung und/oder Umsetzung des Substrats bewirken. Das Metall ist nur locker an das Protein gebunden und leicht abspaltbar. Metallverlust führt zu Aktivitätsminderung. Mehrere Metalle können sich gegenseitig vertreten, sofern sie einen vergleichbaren Ionenradius und gleiche stereochemische Eigenschaften haben. Typische Beispiele sind Arginase (Mn, Mg, Zn, Fe, Co), Hexokinase (Mg, Zn) und Leuzinaminopeptidase (Mn, Mg, Fe, Co, Zn).

Literatur. Rükgauer M (2005) Labordiagnostik von Spurenelementen. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 480–487

Metalloenzyme D. Meissner

Synonym(e). Metallhaltige Enzyme Englischer Begriff. metalloenzymes Definition. Enzyme, bei denen ein Metall integraler Bestandteil des Enzymmoleküls ist. i Bei Metalloenzymen ist das Metall fest und in stöchiometrischen

Verhältnissen an das Protein gebunden. Es kann Bestandteil der prosthetischen Gruppe sein. Es ist weder dialysierbar noch durch andere Metalle austauschbar. Die Entfernung des Metalls führt zum Verlust der Aktivität und gegebenenfalls zur Zerstörung der Proteinstruktur. In vielen Fällen ist die Reduzierung der Enzymaktivität ein Indikator für Spurenmetallmangel. Typische Beispiele für Metalloenzyme sind 7 Alkalische Phosphatase (enthält Zn, 4 g Atome/Mol), Carboanhydrase (Zn, 4), Katalase (Fe, 4), Galaktoseoxidase (Cu, 1), 7 Coeruloplasmin (Cu, 6–8), Pyruvatcarboxylase (Mn, 1), Xanthinoxidase (Fe, Mo im Verhältnis 1:4).

Literatur. Rükgauer M (2005) Labordiagnostik von Spurenelementen. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 480–487

Metalloproteinasen H.-D. Haubeck

Englischer Begriff. metalloproteases Definition. Metalloproteinasen bilden eine große Untergruppe der Proteinasen, die für ihre katalytische Aktivität die Anwesenheit von Metallionen benötigen. i Ein Drittel aller bekannten Enzyme benötigt für die katalytische Aktivität die Anwesenheit von Metallionen, entweder als festgebundene Metallionen: Co3+, Cu2+, Fe2+, Fe3+, Mn2+, Zn2+ (7 Metalloenzyme) oder als schwachgebundene Metallionen: z. B. Mg2+, Ca2+ aus der Lösung (7 Metallionen-aktivierte Enzyme). Zu den Metalloproteasen gehört u. a. die Superfamilie der Zinkproteasen mit den Untergruppen der Gluzincine, Metzincine, Inuzincine und verschiedene Carboxypeptidase-Gruppen. Die Untergruppe der Metzincine umfasst die Serralysine, Astacine, Matrixine und Adamalysine. Die

939

Gruppe der Matrixine besteht aus den 7 Matrix-Metalloproteinasen (MMP), die für die Degradation und das Remodelling der Extrazellulär-Matrix verantwortlich sind und wichtige Funktionen während der Embryonalentwicklung, der Wundheilung aber auch bei zahlreichen Krankheitsprozessen, z. B. der rheumatoiden Arthritis sowie Tumorwachstum und Metastasierung besitzen. Die Gruppe der Adamalysine umfasst die ADAM und ADAM-TS (7 Disintegrin-Metalloproteasen), die in ihrer Metalloproteinase-Domäne den MMP ähneln, aber zusätzlich eine Integrin-bindende Disintegrin-Domäne besitzen. Die ADAMs sind ebenfalls an zahlreichen wichtigen biologischen Prozessen beteiligt, z. B. der Freisetzung (shedding) von Zytokinen und Wachstumsfaktoren und der Zellmigration, aber auch an der Kontrolle von Entzündungsprozessen und des Tumorwachstums.

Literatur. Hooper NM (1994) Families of zinc metalloproteases. FEBS Lett 354:1–6 Malemud CJ (2006) Metalloproteinases (MMPs) in health and disease: an overview. Frontiers Bioscience 11:1696–1701 Stocker W, Grams F, Baumann U et al (1995) The metzincins – topological and sequential relations between the astacins, adamalysins, serralysins, and matrixins (collagenases) define a superfamily of zincpeptidases. Prot Sci 4:823–840

Metalloproteine D. Meissner

Synonym(e). Proteine, metallhaltige Englischer Begriff. metalloproteins Definition. Proteine mit Metallen als integralen Bestandteil i

Metalloproteine haben verschiedene Funktionen: Transport, Speicherung, Kontrolle der Bindung oder Freisetzung von Metallen. Transportproteine, z. B. 7 Coeruloplasmin, 7 Transferrin, Transcuprein, sind in Körperflüssigkeiten nachzuweisen, ihr Metallgehalt ist gering. Speicherproteine, z. B. 7 Ferritin, 7 Hämosiderin, Hepatocuprein, sind in Organen und anderen Geweben zu finden und können mehrere Prozent Metall enthalten. Ein Kontrollprotein ist z. B. 7 Metallothionein, welches durch die Kontrolle der Metallkonzentration an der Regelung spurenmetallabhängiger Prozesse beteiligt ist. Die Bestimmung von Metalloproteinen ist zur Diagnostik von Mangel oder Überladung an Spurenmetallen geeignet. Auch die 7 Metalloenzyme gehören zu den Metalloproteinen.

Literatur. Rükgauer M (2005) Labordiagnostik von Spurenelementen. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 480–487

Metallothionein D. Meissner

Englischer Begriff. metallothionein Definition. Metallothionein ist ein die Bindung und Freisetzung von Spurenmetallen regulierendes Protein. i Metallothionein (MT) ist ein niedermolekulares Protein mit der

Molmasse von 6–7 kDa. Es besteht aus 61 aliphatischen Aminosäuren, zu einem Drittel aus Cystein. Es ist in der Lage, 7 Metallionen, vorwiegend Zn, Cd und Cu, zu binden. Mehrere Isoformen des MT sind bekannt. Das MT ist intrazellulär in den meisten Geweben lokalisiert. Seine wesentlichsten biochemischen Funktionen sind die Speicherung von Zn, das auf diese Weise für intrazelluläre Prozesse bereitgehalten wird, sowie die Bindung und Eliminierung von toxischen Schwermetallen (Cd, Hg, Bi, Ag, Au). Auch Cu ist in der Leberzelle zum Teil an MT gebunden. Die MT-Synthese erfolgt in der Leber und wird durch die genannten Metalle und andere endogene Stoffe, wie Glukokortikoide, Glukagon oder Adrenalin induziert.

Literatur. Günther T (1995) Allgemeine Pathochemie und klinischchemische Diagnostik des Zink-Stoffwechsels. In: Greiling H, Gress-

M

940

Metallseromucoid-β-1

ner AM (Hrsg) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie. Schattauer Verlag, Stuttgart New York, S 530–532

Metallseromucoid-β-1 7 Transferrin

Metamizol W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). Noramidopyrin-Methansulfonat; Novaminsulfon; Dipyron

Englischer Begriff. dipyrone; aminopyrine sulfonate; metamizol; sulpyrin

Definition. Analgetikum, Antipyretikum, Antiphlogistikum, Spasmolytikum (7 Abb. 1)

CH3

H3C

O

N N

N O

Na

+

S O O

CH3

Metamizol. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 351,4 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Nach oraler Applikation wird Metamizol als Prodrug rasch zum aktiven Metaboliten 4-Methylamino-Phenazon (4-MAP) hydrolysiert. 4-MAP wird durch Oxidation und N-Demethylierung mit anschließender Acetylierung und Ausscheidung im Urin eliminiert. Durch Dimerisierung kann Rubazonsäure entstehen.

Halbwertszeit. 4-Methylamino-Phenazon: 2–4 h (Plasma) Pathophysiologie. Bei akuter Intoxikation werden beobachtet: Abstumpfung, Koma, Krämpfe, Atemstillstand. Bei chronischer Einnahme können auftreten: Exanthem, Agranulozytose, Thrombozytopenie, Leberschaden.

Untersuchungsmaterial. Serum (S), Plasma (P), Urin Analytik. 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC), 7 Gaschromatographie (GC), 7 LC-MS/MS

Indikationen. Verdacht auf Intoxikation Interpretation. Gesamtplasmakonzentration aktiver Metabolite:. Therapeutischer Bereich (S, P): ≤ 10 mg/L; toxisch: ≥ 20 mg/L; komatös/letal: unbekannt Rot gefärbter Urin kann auf Rubazonsäure hinweisen, die bei Einnahme von Metamizol (und 4-Aminophenazon) gebildet werden kann.

Literatur. König H, Hallbach J (2009) Metamizole. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 202–203

Metamyelozyten. Abb. 1. Metamyelozyt mit leicht basophilem Zytoplasma bei einem Patienten mit Sepsis; peripheres Blut, 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

Metamyelozyt gehört zu den reiferen Formen der Myelopoese und besitzt noch die Fähigkeit zur Zellteilung. Normalerweise kann er nur im Knochenmark nachgewiesen werden. Etwa 15 % aller Knochenmarkzellen gehören zu den Metamyelozyten; innerhalb der myeloischen Reihe sind es 24 %.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 287–291

Metanephrine W. Hubl

Synonym(e). Metanephrin; Metadrenalin; Normetanephrin; Normetadrenalin; MN; NMN

Englischer Begriff. metanephrine; normetanephrine Definition. Metanephrin (M) ist ein inaktiver Metabolit des Adrenalins und Normetanephrin (NMN) des Noradrenalins. Beide Metabolite werden häufig unter dem Sammelbegriff Metanephrine zusammengefasst (was irreführend synonym zur englischen Bezeichnung von Metanephrin verwendet wird). Die Metanephrine besitzen im Rahmen der Diagnostik des Phäochromozytoms eine herausragende Bedeutung. Struktur. Metanephrin: 4-(1-Hydroxy-2-Methylaminoethyl)-2-Methoxy-Phenol, C10H15NO3 (7 Abb. 1)

OH H3C

O HN

CH3

HO

Metanephrine. Abb. 1. Strukturformel Metanephrin

Metamyelozyten H. Baum

Normetanephrin: 4-(2-Amino-1-Hydroxyethyl)-2-Methoxy-Phenol, C9H13NO3 (7 Abb. 2)

Synonym(e). Granulozyt, jugendlicher Englischer Begriff. metamyelocyte Definition. Intermediäre Reifungsstufe der myeloischen Zellreihe mit neutrophilem Zytoplasmasaum und ovalem Kern (7 Abb. 1) i Der Metamyelozyt ist eine morphologisch differenzierbare intermediäre Reifungsstufe der 7 Granulozytopoese. Der Metamyelozyt ist etwas kleiner als der 7 Myelozyt und hat einen ovalen, häufig leicht eingebuchteten Kern mit einem dichten, streifigen 7 Kernchromatin. Das Zytoplasma ist oxyphil mit kleinen sekundären Granula. Der

OH O H3C HO

NH2

Metanephrine. Abb. 2. Strukturformel Normetanephrin

Molmasse. Metanephrin: 197,231 g, Normetanephrin: 183,204 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Metanephrin wird durch enzymatischen Abbau des Adrenalins mit Hilfe der Catechol-O-

Metanephrine

Methyltransferase (COMT) gebildet (s. Abb. 2 im Stichwort 7 Katecholamine). Analog erfolgt die Umwandlung des Noradrenalins zu Normetanephrin. Der weitere Abbau beider Substanzen erfolgt unter Wirkung der Monoaminooxidase (MAO) zum Endprodukt Vanillinmandelsäure (s. Abb. 2 im Stichwort 7 Katecholamine). Die freien (nicht zu VMA abgebauten) Metanephrine werden zum überwiegenden Teil mit einem spezifischen Sulfotransferase-Isoenzym (Monoamine-preferring-Sulfotransferase, SULT1A3) in die Sulfatkonjugate umgewandelt und über die Niere ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Die Synthese der Katecholamine sowie die Metabolisierung zu den Metanephrinen erfolgen in Nebennierenmark und extraadrenalem chromaffinen Gewebe, dem sympathischen Nervensystem und im Gehirn. Über 90 % des PlasmaMetanephrins und 24–40 % des Plasma-Normetanephrins stammen aus dem Nebennierenmark. Phäochromozytome weisen eine besonders hohe Aktivität der COMT auf, was zu höheren Konzentrationen der Metanephrine im Plasma im Vergleich zu den Katecholaminen Adrenalin und Noradrenalin führt. Hieraus resultiert die höhere diagnostische Sensitivität der Metanephrine im Plasma für die Detektion eines Katecholamin-produzierenden Tumors im Vergleich zu den Plasma-Katecholaminen selbst. Im Urin liegen die Metanephrine in freier als auch in Sulfatkonjugat-Form vor. Im Unterschied zum Gesunden überwiegen im Urin des Phäochromozytom-Patienten die freien Formen der Metanephrine. Bestimmungsmethoden mit Erfassung nur der freien Metanephrine (und nicht der Summe aus freiem und konjugiertem Metanephrin bzw. Normetanephrin) haben deshalb eine höhere diagnostische Aussagekraft (7 Sensitivität, diagnostische; 7 Abb. 3).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma, 24-hSammelurin; 4 h vor der Blutentnahme keine Nahrungsaufnahme, 30 min vor der Abnahme sollte sich der Patient in liegender Position befinden

941

Analytik. 7 Immunoassays (RIA, EIA), HPLC, LC-MS/MS Konventionelle Einheit. ng/L (pg/mL) Internationale Einheit. pmol/L Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit.

Metanephrin:

ng/L × 5,07 = pmol/L Normetanephrin: ng/L × 5,46 = pmol/L

Referenzbereich — Frauen. 7 Tab. 1 Metanephrine. Tab. 1. Referenzbereich Frauen Analyt

Metanephrin

Normetanephrin

Plasma (pmol/L)

0–455

0–700

24-h-Sammelurin (nmol/L)

374–1502

400–4400

Referenzbereich — Männer. s. Referenzbereich Frauen 7 Tab. 1 Referenzbereich — Kinder. 7 Tab. 2 Indikation.

5 Diagnostik noradrenerger oder adrenerger Phäochromozytome 5 Bluthochdruck-Krisen (Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Herzklopfen) 5 Therapieresistenter Bluthochdruck (2,4 % Phäochromozytom) 5 Inzidentalom (4 % Phäochromozytom) 5 Personen aus Familien mit hereditärem Phäochromozytom: MEN2, Hippel-Lindau-Syndrom, 2-Neurofibratose Typ I 5 Therapiekontrolle und Rezidiverkennung

Probenstabilität. Die Metanephrine sind im Harn deutlich stabiler als die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin, weshalb hier keine Ansäuerung oder andere Stabilisierung erforderlich ist. Die Haltbarkeit beträgt 1 Tag bei Zimmertemperatur, 1 Woche bei 4 °C; danach sollten die Proben eingefroren werden. Das EDTA-Plasma sollte innerhalb von 30 min nach der Blutentnahme zentrifugiert und eingefroren werden, wenn die Analyse nicht sofort vorgenommen werden kann.

Interpretation. Die höchste diagnostische Aussagekraft hat die Be-

Präanalytik. Noradrenalin-Erhöhungen bewirken einen Anstieg von

rin im Plasma die höchsten diagnostischen Sensitivitäten und Spezifitäten (7 Spezifität, diagnostische) im Rahmen der Einzelparameter. Eine weitere Steigerung der Sensitivität auf 95,8 % ist mit der Kombination der beiden freien Metanephrine (MN + NMN) im Plasma zu erzielen. Allerdings ist dann ein Verlust an diagnostischer Spezifität und daraus folgend eine höhere Anzahl falsch-positiver Resultate zu erwarten. Häufig wird bei der Bestimmung von Normetanephrin und Metanephrin im Urin die Summe aus freiem und konjugiertem Normetanephrin bzw. Metanephrin gemessen. Aufgrund der o. g. Zusammen-

Normetanephrin z. B. physiologischer Stress. Aufrechte Körperhaltung führt zu einem Anstieg des Metanephrins um 30 %. Medikamenteneinflüsse: 5 ggf. erniedrigte Metanephrinkonzentrationen nach Röntgenkontrastmittelgabe 5 ggf. erhöhte Metanephrinkonzentrationen nach Applikation von Alpha-Methyl-Dopa, trizyklischen Antidepressiva, Psychopharmaka (Clozapin, Olanzapin etc.), β-Blocker, α-2-Rezeptorblocker und MAO-Hemmer (Moclobamide, Phenelzine etc.)

stimmung der freien Plasma-Metanephrine. Steht das entsprechende Analysenverfahren nicht zur Verfügung, sind alternativ (mit etwas geringerer diagnostischer Aussagekraft) die (Gesamt-)Metanephrine im Harn zu bestimmen. Bei klinischem Verdacht auf ein Phäochromozytom wird ein diagnostisches Stufenschema empfohlen (7 Abb. 3).

Diagnostische Wertigkeit. 7 Tab. 3 zeigt für das freie Normetaneph-

Metanephrine. Tab. 2. Referenzbereich Kinder Harnanalyse

Alter 3 Monate–4 Jahre

Metanephrin (μg/d)

25–117

μg Metanephrin / g Kreatinin nmol Metanephrin / mmol Kreatinin Normetanephrin (μg/d) μg Normetanephrin / g Kreatinin nmol Normetanephrin / mmol Kreatinin

54–249

5–9 Jahre

10–13 Jahre

14–17 Jahre

11–139

51–275

40–189

106–527

34–357

24–302

61–304

20–206

14–174

31–398

67–503

69–531

149–781

38–523

14–302

91–477

23–320

9–185

M

942

Metaphase

Klinisch-chemisches Stufenschema der Phäochromozytom-Diagnosk (nach G. Eisenhofer) Klinischer Verdacht auf Phäochromozytom

Besmmung der freien Plasma-Metanephrine oder alternav der Harn-Gesamt-Metanephrine Metanephrin- und Normetanephrinkonzentraon normal: Phäochromozytom unwahrscheinlich

Metanephrin-, Normetanephrinkonzentraon oder beide erhöht:

Leicht erhöhte Werte (unter vierfacher oberer Referenzbereich): Phäochromozytom möglich

Stark erhöhte Werte (über vierfacher oberer Referenzbereich): Phäochromozytom wahrscheinlich

Ausschluss falsch-posiver Störungen (Medikamente u.a.?) Wiederholungen der Metanephrin-Besmmungen, wenn Metanephrin- und Normetanephrinkonzentraon normal: Phäochromozytom unwahrscheinlich

vierfacher oberer Referenzbereich: Phäochromozytom wahrscheinlich

Katecholamine, Clonidin-Suppressionstest bzw. Plasma-Chromogranin A normal: Phäochromozytom unwahrscheinlich

pathologisch: Phäochromozytom wahrscheinlich

Klinischer Verdacht besteht weiter: Test-Wiederholung nach 3-6 Monaten

Lokalisaon mit bildgebenden Verfahren

Metanephrine. Abb. 3. Klinisch-chemisches Stufenschema der Phäochromozytom-Diagnostik

Metanephrine. Tab. 3. Diagnostische Sensitivitäten und Spezifitäten der Metanephrine in Plasma und Urin Analyt

Plasma

Harn

Phäochromozytomdiagnostik Diagnostische Sensitivität (%)

Diagnostische Spezifität (%)

freies Metanephrin (MN)

70,8 (49–87)

79,4 (68–88)

freies Normetanephrin (NMN)

91,7 (73–99,97)

95,6 (88–99,06)

freie Metanephrine (MN + NMN)

95,8 (92–99)

79,4 (70–95)

Gesamt-Metanephrin

80,0 (52–96)

82 (70–92)

Gesamt-Normetanephrin

93,3 (68–99,83)

86,5 (74–94)

Gesamt-Metanephrine (MN + NMN)

Sensitivität der freien Metanephrine im Plasma schließt bei einem Normalbefund ein Phäochromozytom mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.

Literatur. Eisenhofer G, Siegert G, Kotzerke J, Bornstein SR, Pacak K (2008): Current progress and future challenges in the biochemical diagnosis and treatment of pheochromocytomas and paragangliomas. Horm Metab Res 40: 329–337 Whiting MJ, Doogue MP (2009): Advances in Biochemical Screening for Phaeochromocytoma using Biogenic Amines. Clin Biochem Rev 30: 3–17 Unger N, Pitt Ch, Schmidt L, Walz MK, Schmid KW, Philipp Th, Mann K, Petersenn S (2006): Diagnostic value of various biochemical parameters for the diagnosis of pheochromocytoma in patients with adrenal mass. Europ J Endocrinol 54: 409–417

Metaphase 7 Mitose

Meth T. Arndt

93,3 (90–97)

75,0 (45–90)

hänge (verstärkte Ausscheidung freier Metanephrine bei Phäochromozytom-Patienten) geht hiermit eine geringere diagnostischen Aussagekraft einher, weshalb die Bestimmung der freien Metanephrine im Plasma der Urinanalytik vorzuziehen ist. Phäochromozytom-Ausschlussdiagnostik: Die hohe diagnostische

Definition. Straßenname/Deckname für Methamphetamin (7 Straßennamen von Drogen: Amphetamine).

Methadon W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. methadone Definition. Synthetisches Opioid zur Substitutionstherapie Heroin-

Methämoglobin

abhängiger und als Analgetikum (7 Abb. 1). Wirksam ist allein das L-Isomere.

Methadon. Abb. 1. Strukturformel

943

i Oxidiertes, Fe3+-enthaltendes Häm (Hämatin) wird im Plasma an 7 Hämopexin oder an 7 Albumin (Methämalbumin) gebunden, wenn 7 Haptoglobin als Folge einer starken in-vivo-7 Hämolyse extrem vermindert ist (z. B. bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie, Transfusionszwischenfall, hämolytischer Erkrankung des Neugeborenen). Deshalb hinweisend auf eine mehr chronische Form der intravasalen Hämolyse. Bildung ebenfalls bei hämorrhagischer Pankreatitis, wenn oxidiertes Häm (Hämatin) auch ohne Hämolyse in die Zirkulation gerät. Methämalbumin wird im retikuloendothelialen System (RES) abgebaut. Bei starker Erhöhung kommt es zu kaffeebrauner Verfärbung des Serums. Der Nachweis erfolgt spektrophotometrisch durch Absorptionsbanden bei 623, 540 und 500 nm.

Methämoglobin O. Müller-Plathe

Molmasse. 309,46 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Methadon wird oral appliziert mit einer Bioverfügbarkeit zwischen 50 und 95 %. Es wird in der Leber zu 2-Ethyliden-1,5-dimethyl-3,3-diphenyl-pyrrolidin (EDDP) abgebaut, das zusammen mit Methadon im Urin ausgeschieden wird.

Halbwertszeit. 24 h (12–72 h) (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. L-Methadon besetzt auf Grund seiner langen Halbwertszeit bei entsprechender Dosierung dauerhaft Opioid-Rezeptoren und verhindert so die Entzugserscheinungen nach Absetzen von Heroin. Bei Intoxikationen finden sich Atemdepression, Koma und meist Miosis neben Bradykardie und Hypotonie. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Plasma (P), Serum (S), Haare

Analytik. Immunoassay, HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Drogenscreening, Überwachung der Substitutionstherapie

Interpretation. Methadon bzw. dessen Metabolit EDDP sind regulärer Bestandteil des Drogenscreenings, da Methadon häufig illegal gehandelt und konsumiert wird. Bei Substitutionspatienten ist der EDDP-Nachweis im Urin dem Methadonnachweis vorzuziehen. EDDP weist die Körperpassage des Methadons nach, während ein positiver Methadonbefund auch auf nachträglichem Zusatz von Methadon zum Urin beruhen kann. In Deutschland wird die Substitution sowohl mit L(Levo)-Methadon als auch Razemat (D,L-Methadon) durchgeführt. Bei den zur Analytik eingesetzten Verfahren ist zu prüfen, ob sie die beiden Enantiomeren gleich empfindlich nachweisen. Unter Methadonbehandlung entwickelt sich eine ausgeprägte Toleranz, was bei der Bewertung der Plasmakonzentrationen berücksichtigt werden muss. Therapeutischer Bereich (S, P): 0,05–0,5 mg/L; toxisch: > 0,2 mg/L; komatös/letal: für Opiatunerfahrene > 0,2 mg/L, für Opiatabhängige ≥ (0,30) – 0,75 mg/L Literatur. Käferstein H, Schmoldt A (2009) Methadone. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 230–240

Methadonmetabolite 7 Methadon

Methämalbumin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). MetHb; Hämiglobin Englischer Begriff. methemoglobin Definition. Hämoglobinderivat von bräunlicher Farbe, dessen Hämgruppe ein dreiwertiges Eisenatom enthält und das nicht zum O2Transport fähig ist.

Molmasse. 16,114 kDa (Monomer) Funktion und Pathophysiologie. Das fortlaufend in geringen Mengen entstehende MetHb (Fe3+) wird normalerweise durch die erythrozytäre Methämoglobinreduktase unter NADH-Verbrauch zu Hämoglobin (Fe2+) reduziert, so dass nur etwa 1 % MetHb zirkuliert. Ein erhöhter Methämoglobinanteil fällt nicht nur für die O2-Bindung aus, sondern verschlechtert zusätzlich die Sauerstoffversorgung durch Erhöhung der O2-Affinität (7 Sauerstofftransport). Man unterscheidet folgende Methämoglobinämien (M): a) enzymopathische M. durch hereditären Defekt der MetHb-Reduktase (Gibson-Syndrom) b) hämoglobinopathische M. durch Vorliegen von Hämoglobin M (Hörlein-Weber-Syndrom) c) toxische M. durch: 5 Oxidationsmittel: Chlorat, Perchlorat u. a. 5 aromatische Amino- und Nitroverbindungen: Phenacetin, Sulfonamide, Anilin, Nitrobenzol u. a. 5 Nitrite: Nitroglyzerin, Amylnitrat, Nitrit, Nitrat, NO, NO2 u. a. Neugeborene und Säuglinge sind wegen ihrer niedrigen MetHb-Reduktase-Aktivität besonders gefährdet durch nitrathaltiges Brunnenwasser und nitratgedüngte Gemüse. Nitrat wird im Darm zu Nitrit umgewandelt. Vergiftungssymptome, bezogen auf fMetHb. 5 ≥ 0,10 Zyanose 5 ≥ 0,20 Luftnot, Kopfschmerzen, Herzklopfen 5 ≥ 0,30 Schwindel, Bewusstseinseinschränkung, Gliederschlaffheit 5 ≥ 0,40 Kreislaufkollaps, Bewusstlosigkeit, Lähmung 5 ≥ 0,60 akute Lebensgefahr, Tod

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Heparin-

oder

EDTA-Blut

Probenstabilität. 5 h Analytik. MetHb hat bei 630 nm ein Absorptionsmaximum. Darauf beruht sowohl die rasche Messung mit der Mehrwellenlängen-Oximetrie (7 Oximetrie) als auch die herkömmliche spektrophotometrische Messung nach Evelyn und Malloy (1938) mit Überführung sowohl des MetHb als auch, in einem Parallelansatz, des GesamtHb zu CyanmetHb. Praktische Arbeitsanleitung bei Richterich und Colombo (1978). Störfaktoren: Lipämie, Hyperbilirubinämie.

Synonym(e). Hämatinalbumin

Konventionelle Einheit. Prozent (von GesamtHb)

Englischer Begriff. methemalbumin; Fairley’s pigment

Internationale Einheit. Dimensionslos (Fraktion von GesamtHb)

Definition. Komplex aus oxidiertem Häm (Fe3+) und Albumin, der

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. 0,01

bei starker intravasaler Hämolyse und hämorrhagischer Pankreatitis auftreten kann.

Referenzbereich — Frauen. 0–1,5 %; als Fraktion 0–0,015

M

944

Methamphetamin

Referenzbereich — Männer. 0–1,5 %; als Fraktion 0–0,015 Referenzbereich — Kinder. 0–1,5 %; als Fraktion 0–0,015

Definition. Hypnotikum, inzwischen nicht mehr als Humanarzneimittel in Deutschland zugelassen (7 Abb. 1)

Indikation. Unklare Zyanose, Verdacht auf Exposition gegenüber den o.g. Substanzen.

Literatur. Evelyn KA, Malloy HT (1938) Microdetermination of oxyhemoglobin, methemoglobin and sulfhemoglobin in a single sample of blood. J Biol Chem 126:655–662 Richterich R, Colombo JP (1978) Klinische Chemie. 4. Aufl. Karger, Basel

Methamphetamin 7 Amphetamine

Methanol

Methaqualon. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 250,30 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Methaqualon wird peroral appliziert und im Fettgewebe eingelagert. Beim Abbau entstehen verschiedene Hydroxylierungsprodukte, die langsam renal eliminiert werden.

W.-R. Külpmann

Synonym(e). Methylalkohol Englischer Begriff. methanol Definition. Methanol (CH3–OH) ist eine klare, farblose Flüssigkeit,

Halbwertszeit. 10–40 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Bei Intoxikation Krämpfe, evtl. Hyperthermie, Koma. Methaqualon hat ein hohes Suchtpotenzial. Missbrauch als Aphrodisiakum.

die mit Wasser (unter Volumenkontraktion) in beliebigem Verhältnis mischbar ist. Die Löslichkeit organischer Verbindungen ist in Methanol etwas schlechter als in Ethanol, die wasserlöslicher Substanzen vergleichsweise besser. Methanol wird u. a. benötigt zur Herstellung von Formaldehyd und Anilinfarbstoffen.

Analytik. 7 Immunoassay (Urin), 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie, 7 GC-MS, 7 LC-MS/MS

Struktur. CH3–OH

tion

Molmasse. 32,04 g

Interpretation. Wegen des seltenen Gebrauchs ist zurzeit die generelle Prüfung auf Methaqualon im Rahmen des Drogen-Sreening nicht erforderlich. Therapeutischer Bereich (S, P): 1–3 mg/L; toxisch: > 3–5 mg/L; komatös/letal: > 5–10 mg/L

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Methanol wird p.o. zugeführt, z. B. beim Trinken von Methanol-vergälltem Ethanol. In der Leber erfolgt die Oxidation mittels Alkoholdehydrogenase zu Formaldehyd und mittels Aldehyddehydrogenase zu Ameisensäure (Methansäure). Formiat wird weiter abgebaut zu CO2. Der Methanolabbau erfolgt 10-mal langsamer als der von Ethanol, ca. 0,015 g/kg Blut in der Stunde.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Urin

Indikation. Verdacht auf Methaqualon-Missbrauch bzw. -intoxika-

Literatur. König H, Käferstein H (2009) Hypnotics and sedatives. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 367–391

Funktion und Pathophysiologie. Die „Methanolvergiftung“ ist überwiegend eine Vergiftung durch den Metaboliten Ameisensäure. Sie führt zu einer schweren metabolischen 7 Acidose. Es treten Sehstörungen auf, die durch Degeneration des Sehnervs zur Erblindung führen können.

7 Methämoglobin

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Blut, Serum, Plas-

7 MRSA

MetHb Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

ma, Urin

Analytik. Gaschromatographische Dampfraumanalyse (Head-space-

Methionin

Analyse) (7 Gaschromatographie), bei der gleichzeitig noch andere leichtflüchtige Alkohole und Ketone erfasst werden.

A.C. Sewell

Indikation. Methanolvergiftung. Die Behandlung erfolgt mit Ethanol, da dieses bevorzugt abgebaut wird, dadurch die Methanolmetabolisierung zu Ameisensäure verzögert und damit die Methanolausscheidung im Urin (bei Vermeidung der Ameisensäure-toxischen Organschädigungen) befördert. Die Ethanolkonzentration soll ~1 g/L (~1 ‰) Serum betragen, was klinisch-chemisch überwacht wird.

Literatur. Degel F, Desel H (2009) Other highly volatile alcohols and ketones. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. WileyVCH, Weinheim, pp 517–523

Methanol als Begleitstoff bei Alkoholmissbrauch 7 Alkoholmissbrauchs-Kenngrößen

Methaqualon W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Englischer Begriff. methaqualone

Synonym(e). Met Englischer Begriff. methionine Definition. Essenzielle, schwefelhaltige, proteinogene α-Aminosäure. Erst im Jahr 1922 von J.H. Müller (Columbia University, New York) isoliert und von seinem Kollegen Odake in Japan im Jahr 1925 als Methionin bezeichnet. Struktur. 7 Aminosäuren Molmasse. 149,2 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Met kann vom menschlichen Organismus nicht synthetisiert und muss mit der Nahrung aufgenommen werden. Im Rahmen der Proteinbiosynthese ist Met ein Starter und somit die erste Aminosäure in jedem entstehenden Protein. Met wird zu S-Adenosylmethionin umgesetzt, ein wichtiger Methylgruppen-Donator. Met kann aus 7 Homocystein zurückgewonnen werden. Pathophysiologie. Überschüssiges Met wird abgebaut, dadurch wird

2-Methylacetoacetat

der Schwefel zur Schwefelsäure oxidiert, wodurch der pH-Wert des Urins absinkt. Dieser Mechanismus kann die Wirkung von Antibiotika optimieren, Bakterienwachstum hemmen und eine Neubildung von Nierensteinen verhindern. Eine Zugabe von Met in Futtermitteln kann die Legeleistung von Legehennen erhöhen.

Untersuchungsmaterial. Serum, Plasma, Liquor, Urin, Trockenblut Analytik. 7 Aminosäuren Referenzbereich — Erwachsene. 7 Aminosäuren Indikation. Hepatopathien, Homocystinurie, MTHFR-Mangel Literatur. Degussa und das liebe Vieh – die Erfolgsgeschichte des Methionin (www.degussa-geschichte.de) Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York, pp 53–90

Methode, definitive W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. definitive method Definition. Methode, deren Messprinzip unmittelbar auf Basiseinheiten des SI fußt, z. B. Gravimetrie (7 SI-Einheiten). i Unter definitiven Methoden verstand man in der Vergangenheit Methoden, die prinzipiell aufgrund ihres Messprinzips eine sehr gute Annäherung des Messwertes an den wahren Wert erlauben. Das Konzept „definitive Methode“ ist aufgegeben. Man spricht jetzt in diesem Zusammenhang (aber nicht synonym) von 7 Referenzmessverfahren der höchsten Kategorie, rückführbar auf das SI.

Literatur. McNaught AD, Wilkinson A (1997) Compendium of chemical terminology. IUPAC recommendations. 2nd ed. Blackwell Science, Oxford

945

einem individuellen Behandlungsprotokoll. Methrotrexat gelangt mittels eines plasmamembranständigen Transportsystems in die Zelle und wird dort gespeichert. Es wird überwiegend unverändert renal eliminiert.

Halbwertszeit. initial: 2–4 h (Plasma); terminal: 8–15 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Methotrexat ist ein Antimetabolit, der Dihydrofolsäure kompetitiv von der Dihydrofolatreduktase verdrängt. Es entsteht ein Mangel an Tetrahydrofolsäure für die Thymidylatsynthese und damit eine Störung der Zellteilung. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Serum,

Plasma,

Urin

Analytik. Immunoassay, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Diagnostische Wertigkeit. Der therapeutische Bereich ist abhängig vom Behandlungsschema. Bei Überschreitung des Referenzbereichs wird Calciumfolinat (sog. „rescue“) gegeben, das die Zytotoxizität von MTX gegenüber den normalen Zellen vermindert. Literatur. Bircher J, Sommer W (1999) Klinisch-pharmakologische Datensammlung, 2. Aufl. Wiss. Verlagsges., Stuttgart

p-Methoxyamphetamin (PMA) 7 Amphetamine

p-Methoxymethamphetamin (PMMA) 7 Amphetamine

5-Methoxy-N-acetyltryptamin 7 Melatonin

Methode, primäre 7 Primärmessverfahren

3-Methoxytyramin 7 Katecholamine

Methodenhierarchie 7 Messmethodenhierarchie

2-Methylacetessigsäure 7 2-Methylacetoacetat

Methohexital 7 Barbiturate

2-Methylacetoacetat G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Methotrexat

Synonym(e). 2-Methylacetessigsäure; 2-Methyl-3-Oxobuttersäure

W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). MTX

Englischer Begriff. 2-methylacetoacetic acid

Englischer Begriff. methotrexate

Definition. Die β-Ketocarbonsäure tritt als pathologischer Metabolit bei Störungen im Stoffwechsel der Aminosäure Isoleucin auf.

Definition. Zytostatikum (7 Abb. 1)

Struktur. C5H8O3 (7 Abb. 1)

2-Methylacetoacetat. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 116,12 g Methotrexat. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 454,45 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Zufuhr erfolgt in der Regel intravenös in sehr unterschiedlicher Dosierung jeweils gemäß

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Abbauweg der verzweigtkettigen Aminosäure Isoleucin entsteht nach Transaminierung, oxidativer Decarboxylierung und Hydrierung 2-Methyl-3-Hydroxybutyryl-CoA, welches durch die 2-Methyl-3-Hydroxybutyryl-CoADehydrogenase zu 2-Methylacetoacetyl-CoA (2-Methyl-3-Oxobutyryl-CoA) oxidiert wird. Letzteres wird durch die 3-Oxothiolase in

M

946

Methylalkohol

Acetyl-CoA und Propionyl-CoA gespalten. Diese Spaltprodukte fließen in den Citratzyklus ein. Bei einem Defekt der 3-Oxothiolase kommt es zu einem Anstau der Intermediate vor dem Enzymblock. 2-Methylacetoacetyl-CoA akkumuliert und durch Hydrolyse wird 2-Methylacetoacetat gebildet. 2-Methylacetoacetat verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird effizient renal ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. 2-Methylacetoacetat hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur individuellen Toxizität der verschiedenen Säuren im Katabolismus von Isoleucin liegen erst in Ansätzen vor.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin Analytik.

5 Durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether nach vorangegangener Oximierung mit Pentafluorbenzylhydroxylamin (PFBHA) 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Pentafluorbenzyloxim-Trimethylsilylester. 5 Retentionsindex RI: 1606 (syn), 1622 (anti)

Probenstabilität. [14C]-Methylamin in Zellkulturmedium ist bei –20 °C mindestens 6 Monate stabil. Präanalytik. Vor der Durchführung des Methylamin-Tests muss eine Kontamination der Fibroblasten durch Bakterien, Pilze und Mykoplasmen ausgeschlossen werden.

Analytik. Flüssig-Szintillationsmessung von radioaktiv markiertem Methylamin, das in die Lysosomen eingebaut wurde. Referenzbereich — Erwachsene. Der Normalbereich muss in jedem Labor selbst bestimmt werden.

Referenzbereich — Kinder. Der Normalbereich muss in jedem Labor selbst bestimmt werden.

Indikation. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer lysosomalen Speichererkrankung. Der Test hat heute aufgrund seiner geringen diagnostischen Aussagekraft nur noch historische Bedeutung und wurde durch die Bestimmung einzelner Enzymaktivitäten abgelöst, deren Auswahl sich nach der klinischen Symptomatik richtet.

Nebenwirkung(en). Es treten keine Nebenwirkungen durch diesen

M+ (m/z): 383 Quant Ion (m/z): 181 Conf. Ion (m/z): 368

Test auf, da dieser Test in vitro erfolgt. Nebenwirkungen können indirekt durch die Entnahme der Hautstanze auftreten, die zur Kultivierung der für den Test benötigten Fibroblasten durchgeführt werden muss.

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin)

Interpretation. Es kann auch ein falsch negatives Ergebnis erhalten

Indikation. Rezidivierende metabolische Ketoacidose, progrediente

werden, insbesondere bei Vorliegen eines Sanfilippo (MPS IIIA-D), oder einer lysosomalen Speichererkennung des juvenilen/adulten Typs.

psychomotorische Retardierung

Interpretation. Eine erhöhte Ausscheidung von 2-Methylacetoacetat neben 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure und Tiglylglyzin wird bei einem 3-Oxothiolase-Mangel, auch 2-Methylacetoacetyl-CoAThiolasemangel oder β-Ketothiolasemangel genannt, beobachtet. Das Auftreten dieser Säure differenziert diesen Defekt vom im Stoffwechselweg darüber liegenden Enzymdefekt, dem 2-Methyl-3-HydroxyButyryl-CoA-Dehydrogenasemangel. Eine enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik ist möglich.

Diagnostische Wertigkeit. 2-Methylacetoacetat ist pathognomonisch für den 3-Oxothiolasemangel.

Literatur. Blau N, Duran M; Blaskovics ME, Gibson KM (2003) (eds) Physician's Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Methylalkohol 7 Methanol

Diagnostische Wertigkeit. Screening-Test auf abnorme Speicherung wasserlöslicher Substanzen bei Verdacht auf Vorliegen einer lysosomalen Speichererkrankung; eine Zuordnung zu einer spezifischen lysosomalen Speichererkrankung ist jedoch nicht möglich. Daher reicht dieser Test allein nicht zur Diagnosestellung aus. Literatur. Kopitz J, Harzer K, Kohlschütter A et al (1996) Methylamine accumulation in cultured cells as a measure of the aqueous storage compartment in the laboratory diagnosis of genetic lysosomal diseases. Am J Med Genet 63(1):198–202

Methylbenzodioxazolylbutanamin 7 Amphetamine

Methylcitrat G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 2-Methylzitronensäure

Methylamin-Test, radioaktiver

Englischer Begriff. methylcitrate; methylcitric acid

G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Definition. Die methylverzweigte Hydroxy-Tricarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit bei metabolischen Defekten der Verwertung von Propionyl-CoA in der Endstrecke des Abbaues der Aminosäuren Valin und Isoleucin.

Englischer Begriff. [14C]-methylamine accumulation in cultured human skin fibroblasts

Definition. Untersuchung des Einbaus von radioaktiv markiertem Methylamin in die Lysosomen kultivierter Fibroblasten über einen Zeitraum von 3 h.

Funktion und Pathophysiologie. Einige lysosomale Speichererkrankungen zeigen als Charakteristikum eine abnorme Speicherung wasserlöslicher Substanzen. Dies ist durch den Defekt eines Enzyms bedingt, das am Abbau komplexer Makromoleküle beteiligt ist. Der Defekt führt dann zu einer Akkumulation des unvollständig abgebauten Substrats. Das Vorliegen einer solchen Erkrankung kann durch eine abnorme Speicherung von radioaktiv markiertem Methylamin, welches sozusagen als Ersatz für wasserlösliche Substanzen eingesetzt wird, nachgewiesen werden. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Haut-Fibroblasten Zunächst wird eine Hautstanze entnommen, aus der die Haut-Fibroblasten angezüchtet werden.

Struktur. C7H10O7 (7 Abb. 1)

Methylcitrat. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 206,15 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Propionyl-Coenzym A entsteht als gemeinsamer Metabolit im Katabolismus der verzweigtkettigen Aminosäuren Valin und Isoleucin und wird in einer biotinabhängigen Reaktion durch die Propionyl-CoA Carboxylase zu Methylmalonyl-Coenzym A umgesetzt. Im pathologischen Zustand eines

3-Methylcrotonylglyzin

Propionyl-CoA Carboxylase-Defektes kommt es zu einer Anhäufung von Propionyl-CoA, das in Sekundärreaktionen zu nichtphysiologischen Produkten reagiert. Mit Oxalessigsäure reagiert Propionyl-CoA in einer durch die Citrat-Synthetase katalysierten Kondensationsreaktion zu Methylzitronensäure. Methylzitronensäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Methylcitronensäure hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Erhöhte Konzentrationen hemmen den mitochondrialen Energiestoffwechsel (Laktatacidose®, Hyperammonämie). Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Tri-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1862 (2S, 3S), 1871 (2S, 3R) M+ (m/z): 494 Quant Ion (m/z): 361 Conf. Ion (m/z): 479

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. < 5 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 150–2800 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Perakute Krankheitsverläufe im Neugeborenen- und Säuglingsalter, metabolische Ketoacidose, Hyperammoniämie Interpretation. Erhöhte Methylcitrat-Ausscheidungen sind im Fall einer Propionacidämie neben 3-Hydroxypropionsäure, 3-Hydroxyvaleriansäure und Propionylglyzin zu beobachten. Ebenso werden beim Vorliegen einer Methylmalonacidurie durch sekundäre Inhibition der Propionyl-CoA-Carboxylase vermehrt Propionyl-CoA-Derivate, darunter Methylcitrat, ausgeschieden. Hier findet sich Methylmalonsäure als führender Metabolit. Angesichts der Biotinabhängigkeit der Propionyl-CoA-Carboxylase werden auch bei Defekten im Biotin-Stoffwechsel, wie dem Holocarboxylase-Synthetasemangel oder dem Biotinidasemangel, moderat erhöhte Methylcitratwerte im Urin gemessen.

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von Methylzitronensäure weisen auf einen Defekt in der Verstoffwechselung von Propionyl-CoA hin. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M; Blaskovics ME, Gibson KM (2003) (eds) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Methylcobalamin 7 Vitamin B12

3-Methylcrotonylglyzin G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. 3-methylcrotonylglycine Definition. Das Glyzinkonjugat der 3-Methylcrotonsäure wird als pathologischer Metabolit bei Störungen im Stoffwechsel der Aminosäure Leucin gebildet. Struktur. C7H11NO3 (7 Abb. 1) Molmasse. 157,17 g

947

3-Methylcrotonylglyzin. Abb. 1. Strukturformel

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Abbauweg der verzweigtkettigen Aminosäure Leucin entsteht nach Transaminierung und oxidativer Decarboxylierung durch die Isovaleryl-CoA Dehydrogenase 3-Methylcrotonyl-CoA. Dieses wird in einem nächsten Schritt durch die biotinabhängige 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase zu 3-Methylglutaconyl-CoA umgesetzt. Bei einem Defekt der 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase kommt es zu einer Akkumulation von 3-Methylcrotonyl-CoA. Dieses bildet als Sekundärmetabolite unter anderem 3-Methylcrotonylglyzin. Auch bei Defekten der beiden darauffolgenden Enzyme staut sich in geringem Maße 3-Methylcrotonyl-CoA an, welches zu 3-Methylcrotonylglyzin umgesetzt wird. 3-Methylcrotonylglyzin wird effizient renal ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Die Bildung von 3-Methylcrotonylglyzin stellt einen wichtigen Entgiftungs- und Eliminationsweg für sich anstauendes 3-Methylcrotonyl-CoA dar. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin Analytik.

5 Durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Mono-Trimethylsilylester bzw. Di-Trimethylsilylester. Als Mono-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI: 1564 M+ (m/z): 229 Quant Ion (m/z): 139 Conf. Ion (m/z): 229 Als Di-Trimethylsilylester: Retentionsindex RI: 1578 M+ (m/z): 301 Quant Ion (m/z): 286 Conf. Ion (m/z): 211

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: < 2 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 30–260 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Unerklärte Ketoacidosen, vor allem im Säuglings- und Kleinkindesalter, Hypoglykämie oder Hyperammonämie, Gedeihstörung, progrediente psychomotorische Retardierung Interpretation. Massiv erhöhte 3-Methylcrotonylglyzin Ausscheidungen werden bei der 3-Methylcrotonylglyzinurie (3-MCG) neben 3-Hydroxyisovaleriansäure beobachtet. Dieser Stoffwechseldefekt im Leucin-Metabolismus beruht auf einem 3-Methylcrotonyl-CoA-Carboxylasemangel, einem biotinabhängigen Enzym. Primäre Defekte im Biotin-Stoffwechsel führen ebenfalls zu erhöhten 3-Methylcrotonylglyzin-Ausscheidungen. Dieses sind der Biotinidasemangel und der Holocarboxylase-Synthetasemangel. Bei ersterem ist die Freisetzung von Biotin aus Biocytin, das durch die Biotinidase katalysiert ist, gestört. Im zweiten Fall ist die Bildung der Holocarboxylasen aus den inaktiven Apocarboxylasen gestört. Bei der 3-Methylglutaconazidurie Typ I infolge eines Defektes der 3-Methylglutaconyl-CoA Hydratase werden neben geringen Mengen 3-Methylcrotonylglyzin 3-Hydroxyisovaleriansäure, 3-Methylglutaconsäure und 3-Methylglutarsäure ausgeschieden. Bei der 3-Hydroxy-3-Methylglutarazidurie infolge eines Defekts der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA-Lyase werden neben geringen Mengen 3-Methylcrotonylglyzin 3-Hydroxyisovaleriansäure, 3-Methylglutaconsäure und 3-Methylglutarsäure und besonders die 3-Hydroxy-3-Methylglutarsäure vermehrt gebildet.

M

948

5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Konzentrationen von 3-Methyl-

Definition. Methylentetrahydrofolatreduktase (MTHFR) katalysiert

crotonylglyzin sind obligat als pathologisch zu werten als Ausdruck einer Störung im Leucin- bzw. Biotinstoffwechsel. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

die Umsetzung von 5,10-Methylentetrahydrofolat zu 5-Methyltetrahydrofolat, einem Co-Substrat für die Methylierung von Homocystein zu Methionin. Erhöhte Homocysteinkonzentrationen werden mit einem erhöhten Risiko für venöse und arterielle Thrombosen in Verbindung gebracht. MTHFR wird durch das MTHFR-Gen auf Chromosom 1p36.3 kodiert. Ein Grund für eine Hyperhomocysteinämie kann die mutierte thermolabile Form der MTHFR (C677T) sein, die durch Punktmutation an der Aminosäure-Position 222 statt eines Alanins (677C) ein Valin (677T) hat. Individuen (circa 10 %), die homozygot für 677T sind (677TT), haben eine ca. 50 % geringere Aktivität als Individuen, die homozygot für 677CC („Wildtyp“) sind. Interessanterweise sind Lymphozyten von 677TT-Individuen deutlich sensitiver gegenüber Methotrexat (MTX). Die Bestimmung des MTHFR-Genotyps könnte sich daher als ein wichtiger Parameter für die Planung einer individuellen MTX-Chemotherapie erweisen.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (2003) (eds) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase T. Arndt

Synonym(e). MTHFR Englischer Begriff. methylenetetrahydrofolate reductase Definition. Intrazelluläres Enzym, das die Reduktion von 5,10-Methylentetrahydrofolat zu 5-Methyltetrahydrofolat katalysiert und von großer Bedeutung für den 7 Homocystein-Stoffwechsel ist. i 5-Methyltetrahydrofolat ist Methylgruppen-Donor bei der Methylierung (und damit Entgiftung) von intrazellulärem Homocystein zu Methionin unter Wirkung der Vitamin-B12-abhängigen (7 Vitamin B12) Methionin-Synthetase (s. Abb. 1 im Stichwort 7 Homocystein). Homocystein ist ein Zwischenprodukt des Methioninstoffwechsels. Die Homocystein-Plasmakonzentration hat als Risikofaktor für arteriosklerotische Veränderungen diagnostische Bedeutung. Eine Ursache erhöhter Homocysteinkonzentrationen kann ein Polymorphismus im Gen für das Enzym Methylentetrahydrofolatreduktase (MTHFR-Gen) sein. Derzeit stehen die Mutationen C677T (auch als 677C>T bezeichnet) und A1298C (1298A>C) im Zentrum des Interesses. Diese Mutationen stehen für einen Austausch der Aminosäuren Alanin (C) durch Valin (T) bzw. von Glutamat (A) durch Alanin (C). Beide Mutationen führen zu einer verringerten MTHFR-Enzymaktivität, die C677T-Mutation zusätzlich zu einem thermolabilen Enzym. Eine reduzierte MTHFR-Aktivität führt zu einer verminderten Bereitstellung an 5-Methyltetrahydrofolat als Methylgruppen-Donor für die Methylierung von Homocystein zu Methionin. Bei gleichzeitiger Überlastung der alternativen Homocystein-Abbauwege (Umwandlung in 7 Cystathionin durch die Vitamin-B6-abhängige (7 Vitamin B6) Cystathionin-β-Synthetase und Methylierung durch die Betain-Homocystein-Methyltransferase zu Methionin) kann eine Hyperhomocysteinämie eintreten. Bei homozygoten Trägern eins abnormalen MTFHR-Gens wird die resultierende Hyperhomocysteinämie stärker ausgeprägt sein, als bei heterozygoten. Bei kombinierter Heterozygotie (C677T/A1298C) sind wiederum höhere HomocysteinPlasmakonzentrationen als bei einfach Heterozygoten zu erwarten. Ein erhöhtes Thromboserisiko konnte bisher allerdings nur für homozygote Merkmalsträger (für jede der beiden Mutationen ~10 % der kaukasischen Rasse) ermittelt werden. Weitaus häufiger treten primäre 7 Folsäure- und Vitamin-B-Mangelzustände als Ursache einer Hyperhomocysteinämie auf. Ein Screening auf MTHFR-Varianten ist deshalb nicht indiziert. Ein Zusammenhang zwischen Neuralrohrdefekten und der Mutation im MTHFR-Gen wird diskutiert, ohne dass eine abschließende Beurteilung derzeit möglich ist.

Literatur. McCarthy C, Ryan F, Vaugham J (2004) Increased frequency of the MTHFR A1298C Mutation in an Irish population. Clin Chem 50:2462–2463 Schwahn B, Rozen R (2001) Polymorphisms in the methylenetetrahydrofolate reductase gene. Am J Pharmacogenomics 3:189–201

5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase-Mutation P. Kiefer, T. Stief

Synonym(e). MTHFR-Mutation Englischer Begriff. Methylenetetrahydrofolate-reductase mutation

i

Die am weitesten verbreitete Methode zum Nachweis der MTHRF-Mutation ist die PCR-Amplifikation der entsprechenden Genregion mit anschließender Restriktionsenzymanalyse (Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus, RFLP). Kommerziell verfügbare Kits für die Genotypisierung Thrombophilie-assoziierter Mutationen stehen für den LightCyclerR zur halbautomatisierten Analyse zur Verfügung. Neuere Studien scheinen zu belegen, dass erniedrigte Vitamin-B6Konzentrationen und Hyperhomocysteinämie unabhängige Risikofaktoren einer venösen Thrombose sind. Der Metabolismus erfolgt Vitamin-B12-abhängig (7 Vitamin B12) über die MTHFR oder Vitamin-B6-abhängig (7 Vitamin B6) über die Cystathion-β-Synthase. Ob sich das Thromboserisiko durch Vitamingabe reduzieren lässt, ist derzeit nicht gesichert. In ähnlicher Häufigkeit wie die Punktmutation C677T findet sich ein weiterer „7 Single Nucleotide Polymorphism“ (SNP) an der Nukleotide-Position 1298. 1298A kodiert für ein Glu, während 1298C für ein Ala an der Aminosäure-Position 429 kodiert. Rekombinante MTHRF 1298A und MTHRF 1298C haben in-vitro gleiche Eigenschaften. Jedoch scheinen Individuen, die heterozygot für beide Mutationen sind (ca. 15 % der Bevölkerung) niedrigere Aktivitäten für MHTFR zu haben als Individuen, die heterozygot nur für MTHFR 677T sind. In Kombination mit Faktor-V-Mutation Leiden oder Prothrombin-G2021A-Mutation scheinen beide MTHFR-Mutationen das Thromboserisiko und bei Frauen das Risiko wiederholter Aborte in der Frühschwangerschaft zu steigern.

3-Methylglutaconsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 3-Methyl-1,5-Penten-2-Disäure Englischer Begriff. 3-methylglutaconic acid; (2E)-3-Methylpent-2enedioic acid

Definition. Die verzweigtkettige ungesättigte Dicarbonsäure tritt als pathologischer Metabolit im Stoffwechsel der Aminosäure Leucin auf. Angesichts der Doppelbindung sind cis/trans-Isomere (E/Z-Isomere) möglich.

Struktur. C6H8O4 (7 Abb. 1)

3-Methylglutaconsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 144,13 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Verlauf des Abbaus der Aminosäure Leucin, der letztlich im Acetyl-CoA endet, wird 3-Methylglutaconyl-CoA durch die 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase zu 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA umgesetzt. Ein Defekt dieses Enzyms führt zu einer Akkumulation von 3-Methylglutaconyl-CoA, das wiederum durch Hydrolyse 3-Methylglutaconsäure bildet. Auch

3-Methylglutarsäure

bei Defekten des darauffolgenden Enzymes, der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA-Lyase, staut sich in geringem Maße 3-Methylglutaconyl-CoA an und wird zu 3-Methylglutaconsäure umgesetzt.

Funktion und Pathophysiologie. 3-Methylglutaconsäure hat keine

949

Definition. Die verzweigtkettige Dicarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit im Abbau der Aminosäure Leucin.

Struktur. C6H10O4 (7 Abb. 1)

bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur individuellen Toxizität der verschiedenen Säuren im Katabolismus von Leucin liegen erst in Ansätzen vor.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Di-Trimethylsilylester. Z-Isomer Retentionsindex RI:1444 M+ (m/z): 288 Quant Ion (m/z): 198 Conf. Ion (m/z): 183 E-Isomer Retentionsindex RI:1485 M+ (m/z): 288 Quant Ion (m/z): 198 Conf. Ion (m/z): 273

3-Methylglutarsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 146,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Im Verlauf des Abbaus der Aminosäure Leucin, der letztlich im Acetyl-CoA endet, wird 3-Methylglutaconyl-CoA durch die 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase zu 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-CoA umgesetzt. Ein Defekt dieses Enzyms führt zu einer Akkumulation von 3-Methylglutaconyl-CoA, das wiederum durch Hydrogenierung und Hydrolyse 3-Methylglutarsäure bildet (3-Methylglutaconazidurie Typ I). Bei Defekten des darauffolgenden Enzyms, der 3-Hydroxymethylglutaryl(HMG)-CoA-Lyasedefekt, staut sich 3-Methylglutaconyl-CoA in noch größerem Ausmaß an und wird zu 3-Methylglutarsäure umgesetzt. Die 3-Methylglutarsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten. Sie wird effizient renal ausgeschieden.

μmol/L (Plasma, Liquor)

Funktion und Pathophysiologie. 3-Methylglutarsäure hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur Toxizität liegen erst in Ansätzen vor.

Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: 0–9 mmol/mol Kreatinin

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnah-

Pathologische Bereiche 168–1153 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ I) 9–1793 mmol/mol Kreatinin (3-Methylglutaconacidurie Typ II–IV) 140–24200 mmol/mol Kreatinin (3-Hydroxy-3-Methylglutaracidurie)

mefällen Liquor oder Plasma

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin)

Indikation. Metabolische Ketoacidose, psychomotorische Retardierung, Optikusatrophie, Kardiomyopathie mit Neutropenie

Interpretation. Erhöhte Ausscheidungen von 3-Methylglutaconsäure findet man bei verschiedenen Erkrankungen mit nur zum Teil geklärter biochemischer und genetischer Basis, den 3-Methylglutaconacidurien Typ I–IV. 5 Typ I beruht auf einem Defekt der 3-Methylglutaconyl-CoAHydratase, der sich enzymatisch und molekularbiologisch sichern lässt. 5 Typ II: Barth-Syndrom (Kardiopathie, Myopathie, Minderwuchs, Neutropenie) wird durch eine Tafazzindefizienz verursacht. 5 Typ III: Costeff-Syndrom (Optikusatrophie, extrapyramidale Dysfunktion, Spastik) wird durch den Defekt eines mitochondrialen Membranproteins verursacht. 5 Typ IV umfasst alle bislang nicht klassifizierbaren Entitäten. Desweiteren tritt 3-Methylglutaconsäure auch erhöht bei der 3-Hydroxy-3-Methylglutaracidurie im Urin auf. Als Begleitmetabolit findet man in niedrigerer Konzentration 7 3-Methylglutarsäure.

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von 3-Methylglutaconsäure weisen auf einen Defekt im Leucinstoffwechsel hin. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (2003) (eds) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Analytik.

5 durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Di-Trimethylsilylester. Retentionsindex RI: 1428 M+ (m/z): 290 Quant Ion (m/z): 204 Conf. Ion (m/z): 69

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: 0–7 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 4,5–3000 mmol/mol Kreatinin Indikation. Hypoketotische Hypoglykämien, metabolische Ketoacidose, Optikusatrophie, Kardiomyopathie mit Neutropenie, progrediente psychomotorische Retardierung

Interpretation. Erhöhte Ausscheidungen von 3-Methylglutarsäure findet man bei verschiedenen Erkrankungen mit nur zum Teil geklärter biochemischer und genetischer Basis, den 3-Methylglutaconacidurien Typ I–IV. 5 Typ I beruht auf einem Defekt der 3-Methylglutaconyl-CoA-Hydratase, der sich enzymatisch und molekular sichern lässt. 5 Typ II: Barth-Syndrom (Kardiopathie, Myopathie, Minderwuchs, Neutropenie) wird durch eine Tafazzindefizienz verursacht. 5 Typ III: Costeff-Syndrom (Optikusatrophie, extrapyramidale Dysfunktion, Spastik) wird durch den Defekt eines mitochondrialen Membranproteins verursacht. 5 Typ IV umfasst alle bislang nicht klassifizierbaren Entitäten.

G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Desweiteren tritt 3-Methylglutarsäure erhöht bei der 3-Hydroxy-3Methylglutaracidurie im Urin auf, wiederum mit 7 3-Methylglutaconsäure als führenden Begleitmetabolit.

Synonym(e). 3-Methyl-1,5-Pentandisäure

Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von 3-Me-

3-Methylglutarsäure

Englischer Begriff. 3-methylglutaric acid

thylglutarsäure weisen auf einen Defekt im Leucinstoffwechsel hin. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weite-

M

950

Methylhippursäure

ren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekulare Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (2003) (eds) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Methylhippursäure 7 Hippursäure

Molmasse. 118,13 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure entsteht durch Wasseraddition an die Doppelbindung von Tiglinsäure im Stoffwechsel der verzweigtkettigen Aminosäure Isoleucin. Sie verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal effizient ausgeschieden. Funktion und Pathophysiologie. Im Katabolismus der verzweigtket-

Definition. Imidazol-Aminosäure

tigen Aminosäure Isoleucin, der letztlich über Propionyl-CoA und Succinyl-CoA in den Citratzyklus mündet, wird Tiglyl-Coenzym A mittels einer Hydratase zu 2-Methyl-3-Hydroxybutyryl-Coenzym A umgesetzt. Durch die Wirkung der 2-Methyl-3-Hydroxybutyryl-CoA Dehydrogenase entsteht 2-Methyl-3-Oxobutyryl-Coenzym A (2-Methylacetoacetyl-CoA). Eine 3-Oxothiolase (Acetoacetyl-CoA-Lyase) spaltet letzteres zu Propionyl-Coenzym A und Acetyl-Coenzym A. Defekte der Dehydrogenase oder der mitochondrialen AcetoacetylCoA-Lyase resultieren in einer Anreicherung von 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure.

i Im Urin als freie Aminosäure, die aus der Nahrung entsteht.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin

Daher ist sie in unterschiedlichen Mengen nachweisbar und ohne klinisch-pathologische Bedeutung.

Analytik.

1-Methylhistidin A.C. Sewell

Synonym(e). 1-MeHis Englischer Begriff. 1-methylhistidine

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, München Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York pp53–90

3-Methylhistidin A.C. Sewell

Synonym(e). 3-MeHis Englischer Begriff. 3-methylhistidine Definition. Imidazol-Aminosäure i Eine im Urin normalerweise nachweisbare Imidazol-Aminosäu-

re. Darüber hinaus ist sie in Aktin und Myosin in unterschiedlichen Mengen, in Abhängigkeit von Muskeltyp und Alter, vorhanden. Unter normalen Bedingungen korreliert die ausgeschiedene Menge im Urin mit dem Abbau der Muskulatur. Eine verminderte Urinausscheidung wird im Hungerzustand und bei akuter Malnutrition bei Kindern, eine erhöhte Urinausscheidung bei Patienten mit schweren Verbrennungen und multiplen Traumata, beschrieben. Erhöhte Plasmakonzentrationen können bei Niereninsuffizienz auftreten.

Literatur. Bremer HJ, Duran M, Kamerling JP et al (1981) Disturbances of Aminoacid Metabolism: Clinical Chemistry and Diagnosis, Urban & Schwarzenberg, München Baltimore Duran M (2008) Amino acids. In: Blau N, Duran M, Gibson KM (eds) Laboratory Guide to the Methods in Biochemical Genetics, SpringerVerlag, Berlin Heidelberg New York pp53–90

2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). 3-Hydroxy-2-Methylbuttersäure Englischer Begriff. 3-hydroxy-2-methylbutyric acid Definition. Die verzweigtkettige Hydroxycarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit im Katabolismus der Aminosäure Isoleucin.

Struktur. C5H10O3 (7 Abb. 1)

5 durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Trimethylsilylester-trimethylsilylether. Retentionsindex RI: 1202, 1207 M+ (m/z): 262 Quant Ion (m/z): 117 Conf. Ion (m/z): 147

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: 0–11 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 20–4400 mmol/mol Kreatinin Indikation. Metabolische Ketoacidose, progrediente psychomotorische Retardierung Interpretation. Vermehrtes Auftreten von 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure im Urin zusammen mit Tiglylglyzin ist charakteristisch für einen MAT (Methylacetoacetyl-CoA-Thiolase) Mangel oder einen 2-Methyl-3-Hydroxy-Butyryl-CoA-Dehydrogenasemangel. Nur bei ersterem Defekt entsteht zusätzlich 3-Methylacetoacetat und die Patienten neigen zu ketoacidotischen Entgleisungen. Bei einer Propionazidämie oder Methylmalonazidämie wird 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure nur in geringen Mengen neben Methylcitrat und Propionylglyzin bzw. Methylmalonsäure beobachtet. Diagnostische Wertigkeit. Erhöhte Urinausscheidungen von 2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure sind ein sicherer Hinweis auf einen Defekt im Isoleucinstoffwechsel. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (2003) (eds) Physician's Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Methylmalonsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Englischer Begriff. methylmalonic acid Definition. Die methylverzweigte Dicarbonsäure tritt als gemeinsamer Metabolit in der Endstrecke des Abbaus der Aminosäuren Valin und Isoleucin auf. Struktur. C4H6O4 (7 Abb. 1) Molmasse. 118,09 g

2-Methyl-3-Hydroxybuttersäure. Abb. 1. Strukturformel

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Der erste gemeinsame Me-

Metoclopramid-Test

Methylmalonsäure. Abb. 1. Strukturformel

951

Urin ist charakteristisch für die Methylmalonazidurien, einer heterogenen Gruppe von angeborenen Stoffwechselkrankheiten. Die weitere Differenzierung erfordert Kenntnisse über die o.g. weiteren Metabolite bzw. die enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (2003) (eds) Physitabolit im Katabolismus der verzweigtkettigen Aminosäuren Valin und Isoleucin, Propionyl-Coenzym A wird in einer biotinabhängigen Reaktion durch die Propionyl-CoA Carboxylase zu MethylmalonylCoenzym A umgesetzt. Dieses wird durch die Methylmalonyl-CoAMutase zu Succinyl-Coenzym A umgewandelt. Bei einer Störung dieser Enzymreaktion staut sich MethylmalonylCoA an, welches zu Methylmalonsäure hydrolysiert wird. Methylmalonsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal effizient ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Methylmalonsäure akkumuliert im Urin und im Plasma bei Defekten der Methylmalonyl-CoA-Mutase. Coenzym der Methylmalonyl-CoA-Mutase ist das Vitamin-B12-Derivat Adenosylcobalamin (AdoCbl) (7 Vitamin B12). Ein primärer Defekt des Apoenzyms führt zur klassischen Methylmalonazidurie. Defekte im Cobalamin-(B12)-Stoffwechsel resultieren in verschiedenen Varianten. Erhöhte Konzentrationen der Methylmalonsäure hemmen den mitochondrialen Energiestoffwechsel (Laktatacidose®, Hyperammonämie) und sind nephrotoxisch. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnah-

cian’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Methylmethionin-Sulfoniumchlorid 7 Vitaminoide

2-Methyl-3-Oxo-Buttersäure 7 2-Methylacetoacetat

3-Methyl-1,5-Pentandisäure 7 3-Methylglutarsäure

3-Methyl-1,5-Penten-2-Disäure 7 3-Methylglutaconsäure

2-Methylzitronensäure 7 Methylcitrat

mefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 Durch 7 Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (7GC-MS) als Di- und Tri-Trimethylsilylester. Als Di-Trimethylsilylester Retentionsindex RI:1218 M+ (m/z): 262 Quant Ion (m/z): 218 Conf. Ion (m/z): 247 Als Tri-Trimethylsilylester RI: 1426 M+ (m/z): 334 Quant Ion (m/z): 319 Conf. Ion (m/z): 83

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. Normalbereich: < 2 mmol/mol Creatinin Pathologischer Bereich: 5 Methylmalonacidurien: 150–15500 mmol/mol Kreatinin 5 Malonyl-CoA Decarboxylase Mangel: 0–80 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Perakute Krankheitsverläufe im Neugeborenen- und Säuglingsalter, metabolische Ketoacidose, Hyperammonämie, psychomotorische Retardierung. Interpretation. Bei Defekten der Methylmalonyl-CoA-Mutase ist Methylmalonsäure oft die einzige massiv erhöhte organische Säure, kann aber unter Umständen von weiteren Säuren begleitet sein wie 3-Hydroxypropionsäure, 3-Hydroxy-n-Valeriansäure und Methylcitrat. Liegen genetische Defekte im Cobalaminstoffwechsel vor, die sowohl die Verfügbarkeit von Adenosylcobalamin wie auch von Methylcobalamin (Kofaktor der Methioninsynthase) betreffen, kommt es auch zur Hyperhomocysteinämie. 7 Homocystein muss bei jeder Methylmalonsäureerhöhung bestimmt werden. Ein Cobalaminmangel mit erhöhter Methylmalonsäure-Ausscheidung kann auch nutritiv bedingt sein (z. B. Vitamin-B12-Mangel bei vegetarischer/veganischer Ernährung der stillenden Mutter). Diagnostische Wertigkeit. Akkumulation von Methylmalonsäure im

Metoclopramid-Belastungstest 7 Metoclopramid-Test

Metoclopramid-Test H.M. Schulte, J. Jacobeit

Synonym(e). Prolaktin-Stimulationstest; Metoclopramid-Belastungstest; MCP-Test; Cerucal-Test

Englischer Begriff. metoclopramide test; metoclopramide testing; prolactin stimulation test

Definition. Nach Gabe von TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) bzw. von Metoclopramid kommt es zur Stimulation der laktotrophen Zellen des Hypophysenvorderlappens mit Ausschüttung von Prolaktin. Durchführung. Blutentnahme für den Basalwert vor Testbeginn am nüchternen Patienten, danach 10 mg Metoclopramid (z. B. Paspertin®) i.v., zweite Blutentnahme nach 25 min

Funktion und Pathophysiologie. s. Indikation Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 0,5 mL Serum je Blutentnahme zur Bestimmung von Prolaktin. Cave: Die Metoclopramid-Injektion wird in der Regel gut vertragen. Gelegentlich werden Patientinnen sehr müde, unkonzentriert und von mäßig starkem, vorübergehendem Unwohlsein befallen. Dies muss den Patientinnen auf jeden Fall vor Durchführung des Tests mitgeteilt werden, da sie hierdurch fahruntüchtig werden können. Referenzbereich — Frauen. Als normal gilt ein Basalwert der in der Follikelphase < 18,0 ng/mL liegt und in der Lutealphase < 25,0 ng/ mL. Der stimulierte Prolaktinwert sollte in der Follikelphase nicht über 230 ng/mL liegen und in der zweiten Zyklushälfte < 310 ng/mL sein.

Referenzbereich — Kinder. Für Kinder ist der Metoclopramid-Test nicht validiert und in der Regel entbehrlich. Indikation. Der MCP-Test dient wie der 7 TRH-Test der Erfassung von Störungen im Prolaktinhaushalt, welche die Gonadenfunktion in wechselndem Maße beeinflussen können. Im Gegensatz zur Bestimmung der basalen Prolaktinkonzentration können mit ihm auch

M

952

Metopiron-Test

Hinweise auf nächtliche Erhöhungen der Prolaktinkonzentrationen erfasst werden (bei noch normalen Tageswerten). Man erfasst mit dem MCP-Test und dem TRH-Test also leichtere Formen der Hyperprolaktinämie, die man im Basalwert allein nicht erfassen kann, die jedoch durchaus negative Auswirkungen auf die Follikelreifung haben können (z. B. Verzögerungen der Follikelreifung, Lutealinsuffizienzen oder anovulatorische Zyklen). Bei der manifesten Hyperprolaktinämie kann eine eingeschränkte Stimulationsreaktion den Verdacht auf ein prolaktinproduzierendes Adenom verstärken, wenn schon der Basalwert eine kritische Konzentration (> 40,0 ng/mL) überschreitet. Der MCP-Test wird zyklusabhängig beurteilt. Dies liegt daran, dass die Prolaktinsynthese, -speicherung und -sekretion abhängig vom Ausmaß und der Dauer der Östrogen-Exposition der hypophysären prolaktinbildenden Zellen sind. Der Test wird in der frühen Follikelreifungsphase und in der mittleren Lutealphase durchgeführt.

Kontraindikation(en). Manifeste Hyperprolaktinämie, nachgewiesener Hypophysentumor

Nebenwirkung(en). Beinträchtigung der Reaktionsfähigkeit. Interpretation. I. Es existieren folgende Reaktionstypen: 1. Normaler Basalwert, exzessiver Anstieg des stimulierten Prolaktinwerts über 310 ng/mL: latente Hyperprolaktinämie im Sinne nächtlich exzessiv erhöhter Prolaktinkonzentrationen 2. Mehr oder weniger starke Erhöhung des basalen Prolaktins bei erhöhtem Anstieg der stimulierten Prolaktinkonzentrationen über 310 ng/mL. 3. Mehr oder weniger starke Erhöhung des basalen Prolaktinwertes bei normalem Anstieg des Prolaktins. Bei erhöhtem Prolaktin-Basalwert spricht man von einer manifesten Hyperprolaktinämie. Die Höhe der basalen und der stimulierten Prolaktinkonzentrationen erlaubt eine therapeutische Entscheidung über den Zeitpunkt und die Dosis der Prolaktinhemmer-Applikation. II. Prolaktin nach TRH: Der Prolaktinanstieg nach TRH muss individuell beurteilt werden. Referenzbereiche können nicht angegeben werden. Die stimulierten Werte sind in Abhängigkeit vom Basalwert zu interpretieren. Der Anstieg der Prolaktinkonzentration nach TRH fällt deutlich geringer aus als der Anstieg nach Metoclopramid.

Diagnostische Wertigkeit. Mit dem Test werden leichte Formen einer Hyperprolaktinämie bei normalem Basalwerten gut erfasst. Eine bereits basal manifeste Hyperprolaktinämie sowie ein bereits bekannter Hypophysentumor stellen eine Kontraindikation für einen Metoclopramid-Test dar.

Literatur. Reinthaler A, Neunteufel W, Bieglmayer C et al (1990) The Metoclopramid-Provocation Test for Predicton of Transient Hyperprolactinemia during Cycle Stimulation. Fertil Steril 53:368–371

Metopiron-Test W. Hubl

Synonym(e). ACTH-Stimulation

Durchführung. 1. Tag: 5 6–9 Uhr: 1. Blutentnahme (EDTA-Röhrchen) für Kortisol, ACTH bzw. 17-Hydroxyprogesteron (11-Desoxykortisol) 5 24 Uhr: Gabe von 30 mg/kg KG Metopiron mit 2 Glas Milch und einem Brötchen. Treten Symptome einer NNR-Insuffizienz auf, sind Kochsalzinfusionen abzuwägen. 2. Tag: 5 8 Uhr (nicht später): 2. Blutentnahme (EDTA) für Kortisol, ACTH bzw. 17-OH-Progesteron (11-Desoxykortisol).

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum bzw. Plasma Analytik. 7 Immunoassay für 7 Kortisol, 7 17-Hydroxyprogesteron (11-Desoxykortisol) bzw. 7 adrenokortikotropes Hormon Referenzbereich — Erwachsene.

5 Kortisol-Abfall auf unter 50 % des Basalwertes (Nachweis der Metopironwirkung) 5 Anstieg von 17-Hydroxyprogesteron auf über 200 % bzw. 11-Desoxykortisol auf über 70 μg/L bzw. ACTH auf über 150 ng/L.

Referenzbereich — Kinder.

5 Kortisol-Abfall auf unter 50 % des Basalwerts (Nachweis der Metopironwirkung) 5 Anstieg von 17-Hydroxyprogesteron auf über 200 % bzw. 11-Desoxykortisol auf über 70 μg/L bzw. ACTH auf über 150 ng/L.

Indikation. Diagnose der sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz. Kontraindikation(en). NNR-Insuffizienz. Der Test sollte ausschließlich stationär ausgeführt werden, da eine akute NNR-Insuffizienz ausgelöst werden kann.

Nebenwirkung(en). Übelkeit, Erbrechen, abdominale Krämpfe, Hypotonie

Interpretation. Geringerer oder ausbleibender Anstieg des 17-Hydroxyprogesterons auf unter 200 % des Basalwertes bzw. auf weniger als 70 μg/L 11-Desoxykortisol bzw. weniger als 150 ng/L ACTH deutet auf eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz hin. Diagnostische Wertigkeit. Der Metopirontest hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren und wird häufig durch den CRH-Test ersetzt! Literatur. Avgerinos PC, Yanovski JA, Oldfield EH et al (1994) The Metyropone and Dexamethasone Suppression Tests for the Differential Diagnosis of Adrenocorticotropin-Depent Cushing’s Syndrome: A Comparison. Ann Int Med 121:318–327 Perry LA, Grossmann AB (1997) The Role of the Laboratory in the Diagnosis of Cushing’s Syndrome. Ann Clin Biochem 34:345–359

Metoprolol 7 β-Rezeptorenblocker

Metrologie W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. metyrapone stimulation test

Englischer Begriff. metrology

Definition. Test zur Überprüfung der Funktionsreserve der Hypo-

Definition. Wissenschaft vom Messen (science of measurement) und ihre Anwendung [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

thalamus-Hypophysenvorderlappen-Nebennierenrinden-Funktion. Metopiron hemmt das Enzym CYP11B1, die 11β-Hydroxylase, in der Nebennierenrinde, wodurch die Synthese der Kortikosteroide 7 Kortisol und 7 Aldosteron gehemmt wird. Der Abfall dieser Hormone bewirkt über den negativen Feedback-Mechanismus bei Gesunden eine maximale Stimulation der ACTH-Sekretion (7 Adrenokortikotropes Hormon) im Hypophysenvorderlappen mit einer Stimulation der Nebennierenrindenhormon-Biosynthese. Durch die Blockade der Kortisolsynthese kommt es zum Stau und Anstieg der Vorläufer 7 11-Desoxykortisol und 17-Hydroxyprogesteron. Bei einem Defekt der ACTH-Sekretionsleistung im Hypophysenvorderlappen bleibt dieser Anstieg aus.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Mevalonsäure A.C. Sewell

Synonym(e). 3,5-Dihydroxy-3-Methylpentansäure Englischer Begriff. mevalonic acid

Micro-RNA

Definition. Organische Säure (Summenformel: C6H12O4) und Baustein der Cholesterin-Synthese. Entsteht beim Mangel des Enzyms Mevalonat-Kinase. i Mevalonsäure ist das Produkt der Hydroxy-Methyl-GlutarylCoA-Reduktase-Reaktion, die den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Cholesterinbiosynthese katalysiert. Ausgangssubstanz der Cholesterinsynthese ist Acetyl-CoA. Der dritte Schritt der Synthese ist die Umwandlung von Mevalonsäure zu Mevlonsäure-Phosphat mittels Mevalonat-Kinase. Ein Mangel der Mevalonat-Kinase führt zu einer pathologischen Akkumulation der Mevalonsäure oder Mevalonolakton. Dies ist pathognomonisch für die Mevalonazidurie, eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Die Diagnose dieser Erkrankungen wird durch die Bestimmung der organischen Säuren in Körperflüssigkeiten mittels 7 Gas-Chromatographie, 7 Massenspektrometrie (GC-MS) gestellt. Ein Mangel an Mevalonat-Kinase ist verantwortlich für das HyperIgD und Periodic Fever Syndrom [Poll-The (2000)]. Referenzwert < 0,7 mmol/mol Kreatinin (Urin).

Literatur. Hoffmann GF, Haas D (2000) Disorders of Cholesterol Synthesis. In: Fernandes J, Saudubray JM, van den Berghe G (eds) Inborn Metabolic Diseases: Diagnosis and Treatment. 3rd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, pp 337–342 Poll-The BT, Frenkel J, Houten SM et al (2000) Mevalonic Aciduria in 12 Patients with Hyperimmunoglobulinaemia D and Periodic Fever Syndrome. J Inherit Metab Dis 23:363–366

953

M-Gradient 7 Gammopathie, monoklonale

MHC-Klassen 7 Major Histocompatibility Complex

MHC-Komplex (MHC I und II) 7 Major Histocompatibility Complex

MIA 7 Melanoma inhibitory antigen

Micelle 7 Mizelle

Michaelis-Menten-Konstante R. Weiskirchen

Synonym(e). KM; Enzymkonstante Englischer Begriff. Michaelis constant Definition. Substratkonzentration einer Enzymreaktion, bei der die Hälfte der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit erreicht wird

Mexiletin

i Die Kinetik einer Enzymreaktion folgt allgemeingültigen, stöchi-

W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

ometrischen Gesetzmäßigkeiten, die durch Leonor Michaelis (1875– 1949) und Maude Menten (1879–1960) im Jahre 1913 beschrieben wurden. Danach besteht zwischen der Reaktionsgeschwindigkeit v einer Katalyse, seiner Maximalgeschwindigkeit (vmax) und der vorhandenen Substratkonzentration [S] die folgende Beziehung:

Englischer Begriff. mexiletine Definition. Antiarrhythmikum (Klasse 1B) (7 Abb. 1)

v=

Mexiletin. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 179,26 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Mexiletin wird oral appliziert, die Bioverfügbarkeit beträgt 85 %. Es wird in der Leber abgebaut und renal eliminiert.

Halbwertszeit. 5–26 h (Plasma) Funktion und Pathophysiologie. Mexiletin hemmt den transmembranären Natrium- und Calciumeinstrom in die Herzmuskelzellen. Bei Intoxikation, Hypotonie, Bradykardie, evtl. Herzstillstand. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Plasma (P), Serum (S) Analytik. HPLC, GC-MS, LC-MS/MS

vmax × [S] KM + [S]

Die Konstante KM eines 7 Enzyms setzt sich aus mehreren Geschwindigkeits-Konstanten zusammen und liegt in der Größenordnung von 10-2–10-5 mol/L, wobei ein kleiner Wert (KM 2,5 mg/L; komatös/letal: > 35 mg/L

Literatur. König H, Schmoldt A (2009) Antidysrhythmic agents. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 271–285

Mg 7 Magnesium

Micro-RNA R. Weiskirchen

Synonym(e). miRNA Definition. Kurze Ribonukleinsäure(7 RNA)-Moleküle, die eine wichtige Rolle in dem komplexen Netzwerk der Genregulation und beim Gen-Silencing spielen. i miRNA sind 7 komplementär zu endogen produzierten mRNA

und können durch Anlagerung die Translation inhibieren bzw. direkt Einfluss auf die Stabilität der mRNA nehmen. Erstmals entdeckt

M

954

Microspot-Immunoassay

wurde die regulatorische Rolle von miRNA im Jahr 1993 in Fadenwürmern. Der Begriff miRNA wurde 2001 geprägt. Die genetische Information für miRNA ist im Genom verankert und wird von einer 7 RNA-Polymerase II oder III transkribiert. Meist hat das primär entstehende 7 Transkript eine Länge von 500–3000 Nukleotiden und trägt an seinem 3’-Ende einen Poly-A-Schwanz und an seinem 5’-Ende ein 7-Methylguanosin-Cap. Diese als pri-miRNA bezeichnete 7 Nukleinsäure lagert sich zu einer Schleife zusammen und wird noch im Zellkern von einer 7 RNase III, die als Drosha bezeichnet wird, prozessiert. Die so entstandene pre-miRNA hat eine Länge von ca. 70 Nukleotiden und lagert sich in Form einer Haarnadelstruktur („hairpin“) zusammen. Sie gelangt durch aktiven Transport aus dem Kern in das Zytoplasma, in dem die miRNA mit einer Länge von 17–24 Nukleotiden aus der pre-miRNA von einer weiteren RNase III, dem sog. Dicer, herausgeschnitten wird. Obwohl derzeit miRNA noch keine diagnostische Relevanz besitzen, lässt sich vermuten, dass der Bezug dieser Nukleinsäureklasse zur Entstehung von Krankheiten künftig intensiv erforscht werden wird.

Literatur. Lee RC, Feinbaum RL, Ambros V (1993) The C. elegans heterochronic gene lin-4 encodes small RNAs with antisense complementarity to lin-14. Cell; 75:843–854 Ruvkun G (2001) Molecular biology. Glimpses of a tiny RNA world. Science; 294:797–799

Microspot-Immunoassay 7 Immunoassay, heterogener

Midazolam 7 Benzodiazepine

Mie-Streuung T. Arndt

Englischer Begriff. Mie scattering Definition. Nach dem deutschen Physiker Gustav Mie (1868–1957) benannte Lichtstreuung an Partikeln einer Lösung oder eines Aerosols deren Durchmesser (d) größer ist als die Wellenlänge (λ) des Lichtes (d > λ). Die Mie-Streuung besitzt eine Bevorzugung der Vorwärtsstreuung mit wachsendem Partikeldurchmesser und hat Bedeutung u. a. für die 7 Immunnephelometrie und 7 Immunturbidimetrie. Literatur. Greiling H, Gressner AM (Hrsg) (1995) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Aufl. Schattauer Verlag, Stuttgart New York Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

MIF 7 Macrophage migration inhibitory factor

Array) oder Proteinen (Proteinarray), beschichtet sind. Der Abstand zwischen benachbarten Spots ist in der Regel ≤ 500 μm.

Analyseprinzip. Das Mikroarray wird mit der Probenflüssigkeit inkubiert und anschließend gewaschen, um nicht gebundene Probenbestandteile zu entfernen. Mit Hilfe eines speziellen Auslesegeräts (Mikroarray-Scanner) werden dann diejenigen Spots identifiziert, an die sich Probenmoleküle spezifisch gebunden haben. Die Probenmoleküle werden vor, während oder nach dem ersten Inkubationsschritt mit einer Markierungssubstanz gekoppelt, beispielsweise mit einem Fluorochrom oder einem Enzym. Die Intensität eines Signals ist proportional zur Konzentration der betreffenden Substanz in der Probe. Die Herstellung von Mikroarrays erfolgt durch positionsdefiniertes Applizieren von Mikrotropfen, welche die Testsubstanzen in gelöster Form enthalten, auf einen Träger. Zum Einsatz kommen dafür “Kontaktverfahren“ wie bei Nadeldruckern und zunehmend kontaktfrei arbeitende hochauflösende Strahldrucker mit Piezo-Keramik-Technologie, die je Spot nur 0,1–1,0 nL applizieren. Die Tröpfchen werden an definierten Positionen platziert, wie in einem Gitter (Array). In speziellen Fällen werden die Testsubstanzen auch direkt auf dem Träger an definierten Positionen synthetisiert („In-situ-Synthese“). Diese Variante findet z. B. bei der Herstellung von Oligonukleotidund Peptid-Arrays Anwendung. Einsatzgebiet. Biomedizinische Forschung, innerhalb derer parallel ≥ 100.000 unterschiedliche Nukleinsäuresequenzen, Peptide, Proteine oder Antikörper untersucht werden. Für DNA-Arrays stehen die Bestimmung der Genexpression (Genexpressionsprofile) sowie die Bestimmung von Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP, Genotypisierung) im Vordergrund. Mit Antikörperarrays werden in biologischen Proben definierte Antigene identifiziert. Protein- und Peptid-Arrays haben Bedeutung bei der Untersuchung von Protein-Protein- und Protein-Nukleinsäure-Wechselwirkungen sowie bei der Charakterisierung und Identifizierung von (Auto)-Antikörpern. Erste DNA-Mikroarrays werden in der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik für die Mikroorganismen-Identifizierung und -Subtypisierung eingesetzt, ebenso für die Identifizierung antibiotikaresistenter Staphylokokkus-aureus-Stämme (MRSA). Teilweise verwendet man sie auch schon, um wirksame Antibiotika zu identifizieren, als schnellere Alternative zu den herkömmlichen Resistenzbestimmungen. Erste diagnostische Anwendungen für Proteinarrays liegen in der Bestimmung antinukleärer Antikörper (ANA) sowie in Allergiediagnostik und Infektionsserologie.

Untersuchungsmaterial. Protein- oder Nukleinsäureisolate aus Geweben und Zellen, Plasma, Serum, Liquor, Urin; für Proteinarrays auch direkter Einsatz von Körperflüssigkeiten Ausrüstung. Für das Auslesen der Mikroarrays werden spezielle Scanner benötigt. Je nach Plattform sind darüber hinaus Geräte zur Inkubation und zum Waschen der Mikroarrays erforderlich. Zur Herstellung von Mikroarrays werden spezielle Drucker (Mikroarray-Spotter) verwendet, mit denen kleinste Mengen vieler verschiedener Flüssigkeiten parallel und positionsdefiniert auf einen Träger aufgebracht werden können.

Fehlermöglichkeit. Die extreme Miniaturisierung sowie die große

Mikroalbuminurie 7 Albumin im Urin

Mikroarray W. Stöcker

Synonym(e). Biochip; Chip; Genchip; DNA-Chip; DNA-Array; Oligonukleotid-Array; Peptid-Array; Protein-Array; Protein-Chip Englischer Begriff. microarray Definition. Flächiges Substrat für die parallele Analyse von 10.000 bis zu mehreren Millionen Parametern in einer Flüssigkeit (Megaparameter-Analytik). Das Substrat enthält in einer definierten Anordnung (Array) bis zu mehrere Millionen Bereiche („spots“ oder „dots“), die mit unterschiedlichen Testsubstanzen, z. B. Nukleinsäuren (DNA-

Anzahl der Spots machen die Mikroarray-Herstellung und -Analysen störanfällig und führen häufig zu einer schlechten Reproduzierbarkeit der Signalintensitäten. Für den Einsatz in der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik sind daher im Rahmen der MikroarrayHerstellung umfassende Qualitätssicherungsmaßnahmen sowie für die Testdurchführung moderne Inkubationsverfahren, präzise Arbeitsvorschriften und objektive, in der Regel automatisierte Auswerteverfahren unerlässlich, um eine ausreichend hohe Ergebnissicherheit und Robustheit der Analysen zu gewährleisten. Zu den Voraussetzungen für einheitliche und reproduzierbare Reaktionen gehört unter anderem, dass während der Inkubation in den Analyseansätzen ständig für eine effektive Konvektion gesorgt wird.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Eine Automatisierung ist aufgrund der damit verknüpften hohen Geräteinvestitionen nicht unbedingt lohnend, da mit geeigneten Systemen Mikroarray-Inkubationen auch manuell mit sehr wenig Arbeitsaufwand durchgeführt

α₁-Mikroglobulin im Urin

werden können. Spezielle Mikroarray-Scanner sind jedoch unverzichtbar.

Bewertung/Methodenhierarchie. Der Einsatz von Mikroarrays ist in der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik noch nicht verbreitet. Mikroarray-basierte Testsysteme können prinzipiell speziell für Multiplexanalysen ab etwa 5 Parametern vorteilhaft eingesetzt werden. Die Methode steht damit in Konkurrenz zu multiparameterfähigen Linienblots, Dot-Blots und Mikropartikel-Arrays. Im Vergleich zu diesen ermöglichen Mikroarray-Systeme systembedingt kürzere Bearbeitungszeiten (kurze Diffusionsstrecken!), geringeren Reagenzienverbrauch und eine höhere Multiplexität.

Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Fachärztin/Facharzt für O.A. Gressner

Synonym(e). Ärztin/Arzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie

Englischer Begriff. specialist of (diagnostic) microbiology, virology and infection epidemiology Definition. Nach Abschluss des Studiums der Humanmedizin und Erlangung der Approbation führt die Ableistung der in der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und -inhalte über fünf Jahre zur Facharztkompetenz, die durch eine erfolgreich abgelegte Prüfung vor der zuständigen Landesärztekammer zu bestätigen ist. i Dieses Facharztgebiet widmet sich allen diagnostischen Verfah-

ren der Bakteriologie, Virologie, Mykologie, Parasitologie, Serologie und Immunologie im Rahmen von Infektionskrankheiten und deren Folgezuständen. Es beschäftigt sich mit den Ursachen, der Pathogenese, Epidemiologie sowie der Prävention und Therapie(beratung), z. B. im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens. Neben der Identifizierung der Erreger durch Kultivierungen, spezifische Anfärbungen, biochemische Identifizierungen und konventionelle Mikroskopie (Morphologie) kommen 7 Massenspektrometrie, molekularbiologische Verfahren und hochauflösende immunchemische Techniken qualitätskontrolliert zum Einsatz. Die Weiterbildungszeit von insgesamt 60 Monaten (5 Jahre) ist für 12 Monate in der unmittelbaren Patientenversorgung abzuleisten, bis zu 12 Monate können in der Hygiene und Umweltmedizin und/oder 7 Laboratoriumsmedizin angerechnet werden. Die gesamte Weiterbildungszeit kann sowohl in Fachinstituten von Kliniken als auch bei niedergelassenen Fachärzten dieses Fachgebietes abgeleistet werden, wenn eine von der Landesärztekammer erteilte Weiterbildungsbefugnis vorliegt (s. a. 7 Laboratoriumsmedizin, Fachärztin/Facharzt für). Die zu erwerbenden Weiterbildungsinhalte, Untersuchungs- und Behandlungsverfahren sind in den Richtlinien der Landesärztekammern im Einzelnen festgelegt und dort in der jeweils aktuellen Form nachzulesen. Am Ende der dokumentierten Weiterbildung erfolgt eine Prüfung der erworbenen Kenntnisse bei der zuständigen Landesärztekammer. Mit Stand von Dezember 2007 gab es in Deutschland 652 Mikrobiologen und Infektionsepidemiologen, überwiegend im stationären Bereich.

α₁-Mikroglobulin im Urin W.G. Guder

Synonym(e). Protein HC Englischer Begriff. α1-microglobulin, protein HC Molmasse. 30–33 kDa als freies Protein Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. α1-Mikroglobulin wird überwiegend in der Leber synthetisiert und ins Plasma ausgeschieden. Im Blut liegt es in drei Formen vor, als freies und als kovalent an 7 Albumin (< 10 %) oder an IgA gebundenes (ca. 40 %) α1-Mikroglobulin. Da nur das freie Protein frei filtriert und zu über 99 % tubulär rückresorbiert wird, ist die biologische Halbwertszeit abhängig von der des bindenden Proteins. Zusammen mit α1-saurem Glykoprotein (Glykoprotein, α1-saures) und 7 Retinol-bindendem Protein gehört es zur Familie der 7 Lipocaline. Halbwertszeit. Das freie α1-Mikroglobulin hat eine Halbwertszeit von 2–4 min, Albumingebundenes von 3 Wochen und IgA-gebundenes α1-Mikroglobulin von 6 Tagen. Funktion und Pathophysiologie. α1-Mikroglobulin kann Toxine und/ oder Farbstoffe im Plasma binden und sie so glomerulär filtrieren und nach proximaler Rückresorption lysosomal abbauen oder durch Ausscheidung eliminieren. Es ist nicht ganz klar, welche Rolle gebundenes α1-Mikroglobulin hat. Da die Plasmakonzentration nicht nur von der glomerulären Filtrationsrate, sondern auch von der IgA-Konzentration abhängt, ist die Messung des Gesamt-α1-Mikroglobulins im Plasma nicht sinnvoll. Bei Störungen der glomerulären Filtration steigt die Konzentration im Plasma an. Die Urinausscheidungsrate ist jedoch stärker abhängig von der tubulären Rückresorptionsrate. Bei tubulointerstitiellen Erkrankungen der Niere kann die α1-Mikroglobulin-Ausscheidung um den Faktor 10–30 ansteigen.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Die Untersuchung ist in jedem Mittelstrahlurin am Vormittag (sog. zweiter Morgenurin) möglich, wenn die Konzentration auf die des Kreatinins im gleichen Urin bezogen wird.

Probenstabilität. Das Protein ist im Urin bei Raumtemperatur 7 Tage stabil, bei Kühlschranktemperatur über einen Monat und eingefroren über 6 Monate. Analytik. Die Messung erfolgt turbidimetrisch oder nephelometrisch.

Konventionelle Einheit. mg/L, mg/g Kreatinin Internationale Einheit. mg/L, g/mol Kreatinin Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. g/mol = 0,113 × mg/g Kreatinin

Referenzbereich — Frauen. < 10 mg/g Kreatinin, < 1,13 g/mol Kreatinin

Referenzbereich — Männer. < 10 mg/g Kreatinin, < 1,13 g/mol Kreati-

Literatur. Richtlinien (Weiterbildungsordnungen) der für die/den

nin

Weiterzubildende(n) zuständigen regionalen Landesärztekammer

Referenzbereich — Kinder. < 1 Monat: 28–55 mg/L

Mikrodialyse 7 Dialyse

955

< 12 Monate: 1,1–4,2 mg/L 1–5 Jahre: 3,7–4,8 mg/L 6–15 Jahre: 4–8 mg/L ab 2. Jahr: < 5 mg/g Kreatinin, < 0,57 g/mol Kreatinin

Indikation. Ermittlung der renal tubulären Funktion (gemeinsam

Mikroelemente 7 Spurenelemente

Mikroglia-Proteine 7 Nervenzell-spezifische Proteine

mit Albumin)

Interpretation. α1-Mikroglobulin wird in erhöhtem Maße ausgeschieden, wenn die tubuläre Rückresorption gestört ist. Bei einer gleichzeitigen Albuminurie < 200 mg/g Kreatinin spricht eine Erhöhung für eine tubuläre Schädigung. Bei nephrotischen Proteinurien kann es auch Ausdruck einer Übersättigung der Kapazität der tubu-

M

956

β₂-Mikroglobulin

lären Resorptionsfunktion sein. Bei Erhöhung der α1-MikroglobulinAusscheidung > dem 3-fachen der oberen Normalgrenze ist zwischen primär tubulotoxischer und chronisch tubulointerstitieller Ursache zu unterscheiden durch Messung eines Toxizitätsmarkers im Urin (z. B. 7 N-Acetyl-β-D-Glukosaminidase).

Diagnostische Wertigkeit. Durch Messung eines Mikroproteins im Urin ist klar geworden, dass tubuläre Schäden, die für die Entstehung einer Niereninsuffizienz entscheidend sind, weder durch den Teststreifen noch durch eine Albuminmessung sensibel erfasst werden. Daher wurde empfohlen, α1-Mikroglobulin in die Basisuntersuchung zum Ausschluss einer Nierenfunktion einzubinden. Wegen seiner Stabilität und der geringen extrarenalen Einflüsse ist dieser Marker der früher empfohlenen Bestimmung von 7 β2-Mikroglobulin oder von 7 Retinol-bindendem Protein überlegen.

Literatur. Hofmann W, Ivandic M, Guder WG (1999) Marker der tubulären Nierenfunktion und ihr Einbau in eine diagnostische Strategie. J Lab Med 23:339–345 Hjorth L, Helin I, Grubb A (2000) Age-Related Reference Limits for Urine Levels of Albumin, Orosomucoid, Immunoglobulin G and Protein HC in Children. Scand J Clin Lab invest 60:65–74 Lun A, Ivandic M, Priem F et al (1999) Evaluation of Pediatric Nephropathies by a Computerized Urine Expert System (UPES). Pediatr Nephrol 13:900–906

β₂-Mikroglobulin S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). β2μ

Analytik. 7 Immunoassays, z. B. 7 Radioimmunoassay, Enzym- oder 7 Lumineszenz-Immunoassay Konventionelle Einheit. mg/L Referenzbereich — Erwachsene. Serum: 0,8–2,4 mg/L (methodenabhängig, < 60 Jahre); < 3,0 mg/L (methodenabhängig, über 60 Jahre)

Indikation.

5 Therapiekontrolle und Nachsorge bei lymphoiden Neoplasien, insbesondere bei Non-Hodgkin-Lymphomen, Hodgkin-Lymphomen und Plasmozytomen 5 Diagnostik und Verlaufsbeurteilung tubulointerstitieller Nierenschäden

Interpretation. Die meisten β2-Mikroglobulin-Assays sind für die Anwendung im Serum und Plasma ausgetestet und können auch für die Bestimmung von β2-Mikroglobulin in anderen Körperflüssigkeiten eingesetzt werden. β2-Mikroglobulin ist ein allgemeiner Proliferationsmarker bei Erkrankungen mit Einbeziehung des lymphatischen Systems. Erhöhte Werte werden beim multiplen Myelom, bei Morbus Hodgkin, der chronisch-lymphatischen Leukämie und anderen malignen NonHodgkin-Lymphomen beobachtet, aber auch bei bakteriellen Entzündungen, Autoimmunkrankheiten, einigen viralen Infektionen sowie nach Transplantatabstoßung. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion ebenfalls zu erhöhten β2-Mikroglobulin-Serumkonzentrationen führt. Die Bestimmung des β2-Mikroglobulins im Urin kann zur Einschätzung tubulointerstitieller Nierenschäden herangezogen werden.

Diagnostische Wertigkeit.

Englischer Begriff. β2-microglobulin Definition. Das β2-Mikroglobulin ist ein 11,8 kDa schweres Protein, das auf der Zellmembran aller kernhaltigen Zellen als Leichtkettenprotein der HLA-Klasse-I-Antigene vorkommt.

Struktur. Das β2-Mikroglobulin besteht aus 100 Aminosäuren. Die Peptidkette ist über eine Disulfidbrücke zwischen den Aminosäuren 25 und 81, jeweils ein Cystein, verknüpft.

Molmasse. 11,8 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das β2-Mikroglobulin ist das Leichtkettenprotein der HLA-Klasse-I-Antigene und ist somit Bestandteil der Zellmembran aller kernhaltigen Zellen. Dort befindet es sich an der Außenseite der Zellmembran und steht in freiem Austausch mit dem β2-Mikroglobulin der Körperflüssigkeiten, wo es zu über 98 % als freies Monomer vorkommt. Im Zuge einer Immunantwort wird die Expression von β2-Mikroglobulin durch Zytokine insbesondere auf Lymphozyten induziert. Die Elimination erfolgt vorwiegend über die Niere, wobei das niedermolekulare Protein durch die Glomeruli filtriert und fast vollständig durch die Zellen der proximalen Nierentubuli reabsorbiert und katabolisiert wird. Bei einer Einschränkung der Nierenfunktion, insbesondere bei tubulointerstitiellen Nierenschäden, kommt es zu erhöhten β2-Mikroglobulinspiegeln im Serum.

5 Multiples Myelom: Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge 5 Non-Hodgkin-Lymphome: Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge 5 Hodgkin-Lymphome: Prognose, Therapiekontrolle und Nachsorge 5 tubulointerstitielle Nierenschäden: Diagnostik und Verlaufsbeurteilung

Literatur. Thomas L (2007) β2-Mikroglobulin. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 983–986 Diamandis E, Fritsche HA, Lilja H et al (2002) Tumor markers. Physiology, pathobiology, technology, and clinical applications. 1st edn. AACC Press, Washington DC

β₂-Mikroglobulin im Urin W.G. Guder

Englischer Begriff. β2-microglobuline Definition. 7 β2-Mikroglobulin Struktur. Molmasse 11,8 kDa. 7 β2-Mikroglobulin

Halbwertszeit. 40 min

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. 7 β2-Mikroglobulin

Funktion und Pathophysiologie. Bei allen Erkrankungen mit Ak-

Funktion und Pathophysiologie. 7 β2-Mikroglobulin

tivierung des Immunsystems wie bakteriellen Entzündungen, Immunkrankheiten und bestimmten viralen Infektionen ist die Expression von β2-Mikroglobulin erhöht. Der Hauptsyntheseort des β2-Mikroglobulins ist dabei das lymphatische System. Außerdem wird eine erhöhte Serumkonzentration von β2-Mikroglobulin bei malignen Erkrankungen gefunden, die mit einer erhöhten Proliferation lymphozytären Zellen einher gehen, insbesondere beim multiplen Myelom, dem Morbus Hodgkin, der chronisch-lymphatischen Leukämie und anderen malignen Non-Hodgkin-Lymphomen. Somit eignet sich β2-Mikroglobulin bei diesen Erkrankungen zur Verlaufs- und Therapiebeurteilung.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, Körperflüssigkeiten

Serum,

Plasma,

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Spontanurin oder Sammelurin, der vor der Uringewinnung durch Einnahme von Bicarbonat alkalisch gemacht wurde, da β2-Mikroglobulin im physiologisch sauren Urin nicht stabil ist.

Probenstabilität. Bei pH 5–7 nur eine Stunde, bei alkalischem Urin bis zu einer Woche stabil. Präanalytik. Da β2-Mikroglobulin schon in der Blase durch Proteinasen abgebaut wird, ist eine Vorbereitung des Patienten durch Gabe von Bicarbonat am Vortag des Urinsammelns empfohlen worden. Nur dann kann Spontan- und Sammelurin Ergebnisse liefern, die diagnostisch verwertbar sind. Bei Alkalisierung ist eine besondere Lagerung durch Einfrieren nicht notwendig.

Mikropartikel-Array

Analytik. 7 β2-Mikroglobulin

957

bei Verdacht auf tubulotoxische Schädigung der Niere.

i Mikromegakaryozyten sind reife, sehr kleine 7 Megakaryozyten mit wenig, häufig ausgefranstem, schwach basophilem Zytoplasma. Das 7 Kernchromatin ist sehr dicht, der kleine Zellkern rundlich oder gebuchtet. Mikrokaryozyten können im Knochenmark bei überstürzter Ausreifung, essentieller Thrombozythämie und bei genetischen Aberrationen (z. B. 5q-Syndrom) und im peripheren Blut bei extramedullärer Blutbildung nachgewiesen werden.

Interpretation. Bei Einhaltung präanalytischer Bedingungen spricht

Literatur. Theml H, Diem H, Haferlach T (2002) Taschenatlas der

Konventionelle Einheit. mg/L, mg/24 h Referenzbereich — Erwachsene. < 0,36 mg/24 h Indikation. Überprüfung der renal tubulären Resorptionsfunktion

eine normale β2-Mikroglobulin-Ausscheidungsrate für die Intaktheit des tubulointerstitellen Systems. Bei tubulotoxischen Affektionen der Niere (z. B. durch tubulotoxische Medikamente, tubulotoxische Metalle (z. B. Cadmium)) werden Anstiege von β2-Mikroglobulin bis zum 100-Fachen der normalen Ausscheidung beobachtet. Dabei muss eine prärenale Erhöhung von β2-Mikroglobulin durch hämatologische Erkrankungen und andere Ursachen ausgeschlossen werden.

Diagnostische Wertigkeit. β2-Mikroglobulin war das erste Mikroprotein, das als tubulärer Marker Eingang in die Diagnostik fand. Es diente als sensitiver Marker für Wirkung von 7 Cadmium, 7 Blei und anderen nephrotoxisch wirkenden Stoffen. Durch die Beobachtung, dass β2-Mikroglobulin labil bei physiologischem Urin-pH ist, wurde die diagnostische Wertigkeit deutlich eingeschränkt und ist inzwischen durch andere Mikroproteine wie 7 Retinol-bindendes Protein und 7 α1-Mikroglobulin im Urin verdrängt.

Literatur. Fels LM, Bundschuh I, Gwinner W et al (1994) Early Urinary Markers of Target Nephron Segments as Studied in Cadmium Toxicity. Kidney Int 46 (Suppl) 47:81–88

Hämatologie. 5. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 170–171

Mikroorganismen R. Weiskirchen

Synonym(e). Einzeller Englischer Begriff. microorganism Definition. Sammelbezeichnung für Bakterien, Viren, einzellige Pilze, Hefen und kleinere Algen i Mikroorganismen bestehen im Gegensatz zu komplexen Lebewe-

sen wie Pflanzen, Waldpilze oder Tiere aus nur einer Zelle. Die Fortpflanzung findet meist durch Teilung einer Zelle in zwei sogenannte Tochterzellen statt.

Mikropartikel-Array W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Bead-Array; Partikel-Array; Suspensionsarray

Mikrohämaturie 7 Hämoglobin, im Urin

Mikrokaryozyt 7 Mikromegakaryozyt

Mikro-Lymphozytotoxizitätstest 7 Lymphozytotoxischer Test

Mikromegakaryozyt H. Baum

Synonym(e). Mikrokaryozyt Englischer Begriff. microcaryocyte Definition. Abnormal kleine megakaryozytäre Zelle mit kleinem Kern und wenig Zytoplasma (7 Abb. 1)

Mikromegakaryozyt. Abb. 1. Mikromegakaryozyt bei einem Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie (CML), Knochenmark 1000× MayGrünwald-Giemsa-Färbung

Englischer Begriff. micro-particle array Definition. Population kleinster Partikel von etwa 1–200 μm Durchmesser bzw. Kantenlänge, die mit unterschiedlichen Testsubstanzen beschichtet sind. Über eine Kodierung kann jedem Partikel die Identität der auf ihm immobilisierten Testsubstanz zugeordnet werden. Physikalisch-chemisches Prinzip. Mikropartikel, die mit unterschiedlichen Testsubstanzen beschichtet sind, werden gemischt und mit der zu untersuchenden Probe inkubiert. Nach stringenten Waschschritten erfolgt der Nachweis der spezifisch gebundenen Analyte durch Messung der von den Partikeln emittierten 7 Fluoreszenz. Dazu wurde die Probe entweder vor der Inkubation mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert (z. B. bei Nukleinsäurenachweisen durch Einbau fluoreszenzmarkierter Nukleotide in die Nukleinsäure), oder die Bindung an die Partikel wird über einen sekundären, fluoreszenzmarkierten Antikörper nach dem Prinzip eines 7 Immunoassays nachgewiesen (insbesondere für den Nachweis von Antikörpern). Das Auslesen der Mikropartikel-Arrays erfolgt bei planarer Anordnung der Partikel mit hochauflösenden Fluoreszenzscannern und bei Suspensionsarrays nach dem Prinzip der 7 Durchflusszytometrie. Dabei erlaubt die Kodierung der Mikropartikel die Bestimmung der Identität des Analyten, seine Konzentration errechnet sich aus der Intensität des Fluoreszenzsignals. Die Mikropartikel bestehen aus porösen oder nicht porösen Materialien wie beispielsweise Agarose und Cellulose oder Glas und Kunststoff. Je nach System haben sie die Form von Kugeln, Stäbchen oder Scheiben. Häufig ermöglicht eine chemische Oberflächenaktivierung, beispielsweise mit Carboxyl- oder Aminogruppen, die stabile Anbindung der Testsubstanzen. Die Partikel werden zum Beispiel durch ihre Position auf einem Objektträger identifiziert, oder sie erhalten eine spezielle Codierung, basierend auf Farbe, Fluoreszenz, Partikelgröße oder miniaturisierten Barcodes, sodass die Zuordnung jedes Partikels zu einer Testsubstanz möglich ist. Die Inkubation der Partikel mit dem Analyten erfolgt in Suspension oder auch nach Immobilisierung der Partikel als zweidimensionales Festphasenarray auf einem planaren Träger. Auch andere Ausprägungen sind möglich, wie z. B. die lineare Aneinanderreihung in einer Kapillare. Einsatzgebiet. Mikropartikel-Arrays werden in Diagnostik und Forschung für den parallelen Nachweis mehrerer unterschiedlicher Proteine, Antikörper oder Nukleinsäuren eingesetzt. Erste Systeme,

M

958

Mikropartikel-Enzymimmunoassay

z. B. zur Genotypisierung und Genexpressionsanalyse sowie zur Diagnostik allergischer sowie von Autoimmun-, Tumor- und Infektionserkrankungen sind im Einsatz.

Definition. Bezüglich Längen-, Durchmesser- und Volumenbereich

Untersuchungsmaterial. Protein- oder Nukleinsäureextrakte aus Geweben und Zellen, Serum, Liquor, Urin

i Außen- und Innenmaße, Form und Volumen können stark dif-

Instrumentierung.

Konventionelle Durchflusszytometer wie FACScanTM (Becton Dickinson), speziell entwickelte Geräte wie Luminex 100 (Luminex Corp.), UltraPlexTM (Smart Bead Technologies Ltd.), BeadArrayTM Reader (Illumina Inc.).

Spezifität. Zur Spezifität der Mikropartikel-Array-basierten Nachweisreaktionen im Vergleich zu konventionellen Festphasenassays liegen noch nicht genügend Erkenntnisse vor. Fehlermöglichkeit. Durch die extreme Miniaturisierung und hohe Multiplexizität müssen verlässliche und automatisierte Verfahren etabliert sein, welche die richtige Zuordnung von Testsubstanz und Messsignal übernehmen. Eine manuelle Kontrolle ist hier nicht möglich.

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Die Methoden kommen speziell für die Multiparameterbestimmung von etwa 5 bis zu mehreren 100 Parametern in Frage. Eine Automatisierung ist aufgrund des hohen Miniaturisierungsgrades bei der Auswertung der Analyseergebnisse zwingend. Die Kosten für Geräte und Reagenzien sind derzeit vergleichsweise hoch.

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Die Mikropartikel-ArrayTechnologie ist zwischen den konventionellen Einzelparameter-Testsystemen und den auf höchste Multiplizität ausgelegten Mikroarraytechnologien einzuordnen. Der Übergang zur Mikroarraytechnologie ist fließend. Mikropartikel-Arrays werden derzeit bevorzugt dort eingesetzt, wo es gilt, eine moderate Anzahl an Analyten in einer Probe zu bestimmen. Sie steht im Wettbewerb zu anderen konventionellen Multiparametertests wie z. B. dem Linienblot und zu konventionellen planaren Mikroarrays niedriger Dichte. Literatur. Templin MF, Stoll D, Bachmann J et al (2004) Protein microarrays and multiplexed sandwich immunoassays: what beats the beads? Comb Chem High Throughput Screen 7:223–229

Mikropartikel-Enzymimmunoassay 7 Immunoassay

Mikrosatellit 7 Short tandem repeat

Mikrosäulen T. Arndt

Englischer Begriff. micro column

nicht näher definierte, relativ kleine, mit einem Sorbens (z. B. Anionen- oder Kationenaustauscher) gefüllte chromatographische Säulen. ferieren. Die Länge ist zumeist ≤ 10 cm, der Durchmesser ≤ 1,0 cm, also durchaus nicht „Mikro“. Die Bezeichnung hat auch historische Gründe, um diese Säulentypen von den ursprünglich häufig benutzten, relativ groß dimensionierten chromatographischen Säulen (mit mehreren cm Durchmesser und z. T. mehreren Metern Länge) abzutrennen. Im klinisch-chemischen Labor werden Mikrosäulen am häufigsten zur Probenaufbereitung (7 Abb. 1), das heißt zur Analytanreicherung und gleichzeitigen Matrixabtrennung, eingesetzt, z. B. als SPE-Mikrosäulen („solid phase extraction“).

Mikrosomale Antikörper 7 Autoantikörper gegen Thyreoperoxidase

Mikrosomales Ethanol-oxidierendes System A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Cytochrom-P450-II-E1-System; MEOS Englischer Begriff. microsomal ethanol oxidizing system Definition. MEOS ist ein durch 7 Ethanol induzierbares, am stärksten in den Mikrosomen der Leberzellen exprimiertes, Cytochrom P450 enthaltendes System des oxidativen Abbaus von Ethanol zu 7 Acetaldehyd. i MEOS ist ein in den Mikrosomen der Hepatozyten, besonders der perivenösen Zone 3 des Azinus lokalisierter, Cytochrom P450abhängiger, NADPH+ (7 NAD(P)) als 7 Coenzym verbrauchender Stoffwechselweg des oxidativen Ethanolabbaus zu Acetaldehyd. Dieser Weg ist mit etwa 10–20 % am Ethanolabbau beteiligt. Durch den relativ hohen Km-Wert von 7–10 mmol/L ist es erst bei höheren Ethanolkonzentrationen (> 1,2 g/L Serum bzw. 1,0 g/kg Vollblut) für dessen Abbau im Vergleich zum 7 Alkoholdehydrogenaseweg (Km 0,2–2,0 mmol/L) bedeutsam. Das für den Abbau relevante Isoenzym, Cytochrom P450 II E1 (CYP II E1), ist durch chronische Ethanolzufuhr und einige Xenobiotika stark induzierbar und katalysiert folgende Reaktion: CYP II E1    CH 3CH 2 OH  NADPH  H +  O 2  

CH 3CHO  NADP +  H 2 O Außer Ethanol werden auch Acetaldehyd und über 80 toxikologisch wichtige 7 Xenobiotika oxidativ abgebaut. Die hohe Monooxygenase-Aktivität ist pathophysiologisch bedeutsam für die Peroxidation von 7 Fettsäuren und Membranlipiden in Gegenwart geringer Eisenkonzentrationen. Da MEOS besonders in der perivenösen Zone 3 der metabolischen Zonierung des Leberazinus konzentriert ist, erklärt

Mikrosäulen. Abb. 1. Wirkungsweise einer Mikrosäule bei der Aufbereitung einer Urinprobe. 1 Urinprobe mit Analytmolekülen wurde auf obere Fritte pipettiert, 2 Urinprobe sickert in das Adsorbens (z. B. Ionenaustauscher) ein, Analytmoleküle werden vergleichsweise stark adsorbiert, Matrixbestandteile schwach oder nicht, 3 Urinprobe ist vollständig im Säulenbett aufgenommen, 4 und 5 Säule wird mit schwachem Eluenten gespült, Matrixbestandteile werden ausgewaschen, Analytmoleküle bleiben adsorbiert, 6 und 7 Analyt wird mit starkem Eluenten desorbiert und aus der Säule eluiert (wenige Analytmoleküle bleiben auf der Säule zurück = „unvollständige Wiederfindung“)

Milstein, Cesar

959

sich auch die dortige Frühlokalisation alkoholischer Leberschädigungen durch Acetaldehyd. Außer in Hepatozyten der Leber ist MEOS mit geringer Expression auch in den Mukosazellen des oberen Gastrointestinaltrakts, der Niere und Lunge nachweisbar.

Literatur. Kessova I, Cederbaum AI (2003) CYP2E1: Biochemistry, toxicology, regulation and function in ethanol-induced liver injury. Curr Mol Med 3:509–518 Villeneuve JP, Pichette V (2004) Cytochrome P450 and liver diseases. Curr Drug Metabolism 5:273–282 Lieber CS (2004) The discovery of the microsomal ethanol oxidizing system and its physiologic and pathologic role. Drug Metabolism Reviews 36:511–529

Mikrosomales Triglyzerid-Transferprotein 7 Triglyzerid-Transferprotein, mikrosomales

Mikrotiterplatte

Mikrozyt. Abb. 1. Mikrozyten (Pfeile), 1000× May-Grünwald-GiemsaFärbung

T. Arndt

i Mikrozyten sind 7 Erythrozyten mit einem Durchmesser von

Englischer Begriff. microtiter plate; 96-well plate

< 7 μm. Dabei bleibt die typische Gestalt der Erythrozyten erhalten. Mikrozyten können bei allen Anämieformen in unterschiedlicher Ausprägung gefunden werden.

Definition. In der Regel aus Kunststoff bestehende Formteile mit

Literatur. Koeppen KM, Heller S (1991) Differentialblutbild (panop-

Synonym(e). 96-Well-Platte

einer schachbrettartigen Anordnung von Vertiefungen (Kavitäten), die einerseits der Aufnahme von Probenmaterial und/oder Reagenzien dienen, andererseits gleichzeitig als Reaktions- und Messgefäße (7 Küvetten) eingesetzt werden können.

tische Färbung). In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 170

i Die heute allgemein üblichen Formate der Mikrotiterplatte haben

7 Laktat

ein Grundmaß von ca. 8,5 cm × 12,8 cm. Sie unterscheiden sich je nach Einsatzzweck bzgl. der Transparenz und Farbe, der Oberflächeneigenschaften des eingesetzten Materials sowie der Anzahl und des Volumens der Kavitäten. Platten mit 96 Kavitäten, angeordnet in 8 Zeilen und 12 Reihen, mit einem Volumen von ca. 350 μL je Vertiefung werden derzeit am häufigsten eingesetzt. Daneben kommen Formate mit 96 Kavitäten und einem Volumen bis ca. 2,2 mL, mit 384 Vertiefungen und einem Kavitätenvolumen von 50–300 μL sowie 48 Kavitäten mit ca. 6,0 mL je Vertiefung zum Einsatz. Die Vorteile der Mikrotiterplatte im Vergleich zu herkömmlichen Probenvorbereitungs- und Analysegefäßen sind: Miniaturisierung und damit Reduktion der erforderlichen Proben- und Reagenzienvolumina, Vereinigung von Probenvorbereitungs-, Reaktions- und Detektionsgefäß (Messküvette) in einer Kavität und damit Vermeidung von Probentransfers, hoher Durchsatz bei guter Automatisierbarkeit des gesamten Analyseprozesses. Die Möglichkeit, bestimmte Mikrotiterplatten in einzelne Streifen zu zerlegen, erlaubt eine leichte Anpassung des Formats an das jeweilige Probenaufkommen. Mikrotiterplatten finden, z. T. mit Antikörpern beschichtet („coated“) und deshalb auch als Reagenzienträger fungierend, einen vielfältigen Einsatz im klinisch-chemischen Labor, z. B. bei enzym- und radioimmunologischen Analysemethoden (ELISA, RIA), in der Blutgruppenserologie und 7 Chromatographie.

Milchsäure Milchsäure im Liquor 7 Liquor-D-Laktat; 7 Liquor-L-Laktat

Millon-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Millon-Probe Englischer Begriff. Millon reaction; Millon test Definition. Heute obsoleter, semiquantitativer Nachweis von 7 Tyrosin im Urin. i Im Urin nach Zugabe von Millon-Reagenz (7 Quecksilber und

Salpetersäure) bei Erwärmen auftretende Rotfärbung, die auf eine deutlich erhöhte Tyrosinkonzentration hinweist. Heute durch quantitative Aminosäurechromatographie ersetzt.

Literatur. Hallman L (1980) Klinische Chemie und Mikroskopie. 11. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York

Miloriblau Mikrotiterplatten-Waschgerät

7 Berlinerblau-Reaktion

7 Washer

Milstein, Cesar Mikrotubulin assoziiertes Protein tau (MAP-tau) 7 Liquor-tau-Protein, gesamt

Mikrotubulus-assoziiertes neuronales Protein 2 7 Autoantikörper gegen MAP-2

Mikrozyt H. Baum

Englischer Begriff. microcyte Definition. Abnormal kleiner Erythrozyt (7 Abb. 1)

W. Hubl

Lebensdaten. Argentinischer Molekularbiologe, geboren am 8. Oktober 1927 in Bahia Blanca, Argentinien, gestorben am 24. März 2002 in Cambridge, England. Milstein besuchte die Universitäten in Buenos Aires und in Cambridge, wo er im Jahr 1960 den Ph.D. erwarb. Er leitete von 1957–1963 das Nationale Institut für Mikrobiologie in Buenos Aires. Danach wurde er wissenschaftlicher Leiter des Medical Research Council Laboratory of Molecular Biology in Cambridge. Ab 1983 leitete er die Abteilung für Protein- und Nukleinsäuren-Chemie in Cambridge. Verdienste. In Cambridge lernte er Georges Köhler (7 Köhler, George Jean Franz) kennen, der im Jahr 1974 als Postdoc bei Cesar

M

960

Mimikry, molekulares

Milstein im selben Labor in Cambridge arbeitete. Hier entdeckten sie 1975 die Möglichkeit zur Produktion von monoklonalen Antikörpern durch Zellfusion von Lymphozyten mit Tumorzellen (7 Antikörper, monoklonale Erzeugung). Die hieraus gebildeten fusionierten Hybridomzellen besitzen nun gleichzeitig die Eigenschaften beider Bestandteile: Sie bilden spezifische Antikörper gegen ein bestimmtes Antigen und dies mit einem unbegrenztem Wachstum. Diese Entdeckung gehört zu den größten wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Immunologie. Milstein erhielt gemeinsam mit Nils Kaj Jeren und Georges Köhler den Nobelpreis für Medizin im Jahre 1984: „Für ihre Theorien über den spezifischen Aufbau und die Steuerung des Immunsystems und die Entdeckung des Prinzips der Produktion von monoklonalen Antikörpern.“

Literatur. Köhler G, Milstein C (1975) Continuous Cultures of Fused Cells Secreting Antibody of Predefined Specificity. Nature 256:495– 497 http://nobelprize.org/medicine/laureates/1984/milstein-autobio.html

Mimikry, molekulares W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Antigen-Mimikry Englischer Begriff. molecular mimicry Definition. „Molekulares Mimikry“ bezeichnet ursprünglich die Strategie von Mikroben, mit der sie sich vor Angriffen des Immunsystems eines Wirtsorganismus durch Angleichung der Antigene an die des Wirts schützen. Verbunden mit dem „Molekularen Mimikry“ ist die Kreuzreaktivität des Immunsystems mit Antigenen der Mikroben und des Wirts. i Die Immunantwort gegen Fremdantigene von Bakterien, Viren,

Parasiten, aber auch Medikamenten führt zuweilen auch zur Aktivierung von T- oder B-Zellen gegen Epitope, die starke Ähnlichkeit mit körpereigenen Strukturen besitzen. Aus dieser „Verwechslung“ von „Selbst“ und „Fremd“ heraus kann es infolge verschiedener Infektionen zu einer Aktivierung der immunkompetenten Zellen gegen Autoantigene kommen. Beispiele: Endokarditis oder Glomerulonephritis nach Streptokokken-Infektionen, Enzephalitis nach Tollwut-Impfung; s. a. 7 Autoimmunantwort.

Mineralokortikoide 7 Steroidhormone

Minimum R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. minimum Definition. Das Minimum ist das kleinste beobachtete 7Messergebnis. Literatur. Hilgers RD, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Minisatellit 7 VNTR-Sequenz

diese DNA-Fraktion bei der Reinigung über spezielle Reinigungsverfahren (Cäsiumchlorid-Gradient) aufgrund einer unterschiedlichen 7 Basenzusammensetzung neben der Hauptfraktion eine zusätzliche DNA-Bande liefert. Die DNA praktisch aller 7 Eukaryonten enthält Familien dieser kurzen repetitiven Sequenzen, die je nach Organismus 5–200 7 Nukleotide umfasst und in Tandemwiederholungen vorkommt. Beim Menschen beinhaltet eine einzelne Einheit 15–100 bp, die sich 20- bis 50-mal wiederholt.

Minorkreuzprobe 7 Serologische Verträglichkeitsprobe

miRNA 7 MicroRNA

MIS 7 Anti-Müller-Hormon

Mischerbigkeit 7 Heterozygotie

Mischfeldagglutination K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. mixed field agglutination Definition. Der Begriff Mischfeldagglutination wird in der Immunhämatologie verwendet und beschreibt die Präsenz von agglutinierten und nicht agglutinierten Zellen in einer Zellsuspension von Erythrozyten, die mit einem Agglutinationsmittel behandelt wurden (7 Agglutinationstest). i Der Begriff Mischfeldagglutination wird einerseits verwendet, um zu charakterisieren, dass zwei phänotypisch unterschiedliche Populationen von Erythrozyten nachweisbar sind (z. B. wenn ein Proband mit Blutgruppe A die Transfusion eines Erythrozytenkonzentrats der 7 Blutgruppe 0 erhalten hat oder wenn im Blut schwangerer Frauen fetale Erythrozyten nachweisbar sind). Andererseits werden Mischfeldagglutinationen auch in phänotypisch singulären Erythrozytensuspensionen gefunden, entweder wenn die Erythrozyten eine relativ geringe Antigendichte (z. B. schwache Varianten der Blutgruppe A) präsentieren, oder wenn das Agglutinationsmittel nur einen sehr geringen Titer hat. Beispielsweise führen Lutheran-Antikörper (7 Lutheran-Blutgruppensystem) charakteristisch zu Mischfeldagglutinationen mit großen Agglutinaten und vielen frei suspendierten Erythrozyten. Das Bild einer Mischfeldagglutination kann in einigen Fällen zu Fehlinterpretationen führen. Wenn schwangere Rhesus-D-Antigen negative Mütter in ihrer Zirkulation fetale Erythrozyten mit dem Merkmal Rhesus-D-Antigen positiv in signifikanter Anzahl aufweisen, kann dieses Mischfeld falsch als Dweak-Antigen interpretiert werden. Eine exzellente Methode, um die Präsenz zweier unterschiedlicher Erythrozytenpopulationen zu zeigen, ist die Säulenagglutinationstechnik (7 Säulenagglutinationstest). Bei Einsatz dieser Technik verbleibt die eine Erythrozytenpopulation auf der Säulenoberfläche, die andere bedeckt deren Boden.

Literatur. Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s 11th Edition, Blood

Minisatelliten-DNA R. Weiskirchen

Synonym(e). Satelliten-DNA Englischer Begriff. minisatellite DNA Definition. Bezeichnung für repetitive DNA, die aufgrund erhöhter Kopienzahl vieler, relativ kleiner, sich wiederholender Sequenzmotive in Reassoziationskinetiken schneller als Einzelkopie-DNA assoziiert. i Historisch leitet sich die Bezeichnung von der Tatsache ab, dass

Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th edition written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M. Blackwell Publishing, Oxford Salama A, Mueller-Eckhardt C (1993) Immunhämolytische Anämien. In: Begermann H, Rastetter, J (Hrsg) Klinische Hämatologie, Georg Thieme, Stuttgart, New York, S 313–336

Mismatch R. Weiskirchen

Definition. 7 Basenabweichung in einem DNA-Doppelstrang.

Mittelwert, arithmetischer

Mitochondrien-Antikörper 7 Autoantikörper gegen Mitochondrien

Mitose R. Weiskirchen

Synonym(e). Zellteilung in identische Hälften Englischer Begriff. mitosis Definition. Teilung somatischer Zellen unter Beibehaltung des 7 Chromosomensatzes i Die Mitose (griech.: mitos = Faden) wird in verschiedene Phasen eingeteilt. Die 7 Interphase umfasst den Zeitraum zwischen zwei Teilungen. Sie beinhaltet die drei Stadien: 5 G1, in der noch keine DNA-Synthese erfolgt, 5 S, in der die DNA-Synthese stattfindet, 5 G2, die Periode nach der DNA-Verdopplung.

Die anschließende Verteilungsphase wird unterteilt in die Prophase, Metaphase (M-Phase), Anaphase und die Telophase. In der Prophase verdichten sich die Chromosomen und werden mikroskopisch sichtbar und erreichen ihre Vollendung in der Metaphase. Man spricht dann von den Mitosechromosomen (7 Abb. 1). Die Chromosomen (Metaphase-Chromosomen) rücken in die sog. Äquatorialebene des Spindelapparats und die beiden Schwesterchromatiden weichen vermittelt durch die sog. Mitosespindel, einer Anordnung von Mikrotubuli und assoziierten Molekülen, in der Anaphase zu den beiden Zellpolen. In der Telophase rücken die Tochterchromosomen zusammen, eine neue Kernmembran entsteht und das Zellplasma wird geteilt.

961

Definition. Als Teil des Spontanurins die Portion, die nach einem ersten Strahl, der verworfen wird, die Blase verlässt, bevor sie mit dem letzten Strahl geleert wird. i Für die meisten Harnuntersuchungen im Rahmen der Basisuntersuchung ist Mittelstrahlurin die empfohlene analytische Probe. Er hilft, Kontaminationen aus der Urethra und dem äußeren Genitale zu vermeiden und repräsentiert den Zustand des Urins in der Blase. Dieser wird wie folgt gewonnen: Vereinfachtes Mittelstrahlverfahren: Die erste Portion des spontan gelassenen Urins wird in die Toilette gelassen (~50–100 mL), die nächste Portion von ~50 mL in ein Probengefäß aufgefangen und der Rest wieder in die Toilette gelassen. Dabei darf der Urin nicht berührt werden. Mittelstrahlurin nach Reinigung: Bei mikrobiologischen Untersuchungen und bei fraglichen Befunden im vereinfacht gewonnenen Urin ist die Vulva bzw. die Glans penis vorher mit Wasser und sauberem Tuch zu reinigen und durch Abtupfen zu trocknen, bevor der Mittelstrahlurin gewonnen wird. Beide Prozeduren können auch am Topf mit Kindern oder älteren Patient(innen)en durchgeführt werden. Die Urinprobe ist zu verschließen und für folgende Untersuchungen innerhalb 1 h geeignet: 5 Teststreifen, 5 Harnsediment, 5 mikrobiologische Untersuchung von Keimzahl und evtl. Erreger in Kultur.

Literatur. Kouri T, Fogazzi G, Gant V, Hallander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European Urinalysis Guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60,Suppl 231

Mittelwert, arithmetischer R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Arithmetisches Mittel Englischer Begriff. mean; average; arithmetic mean Definition. Der arithmetische Mittelwert ist definiert als die Summe aller 7 Messergebnisse dividiert durch die Anzahl der Messergebnisse.

Mitose. Abb. 1. In der Mitose erscheinen die Chromosomen maximal kondensiert. Sie können nach spezifischer Anfärbung nach Größe und Bandenmuster unterschieden werden. Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. H.M. Schüler, Institut für Humangenetik, RWTH-Universitätsklinikum Aachen.

Literatur. Hafner L, Hoff P (1977) Genetik. Hermann Schroedel Verlag, Hannover Dortmund Darmstadt Berlin

Mitragyna speciosa 7 Kratom

Mitragynin 7 Kratom

Mittelstrahlurin W.G. Guder

Englischer Begriff. mid-stream urine; clean-catch urine

i Der arithmetische Mittelwert (üblicherweise als Mittelwert bezeichnet) ist ein Maß für die (zentrale) Lage der Messergebnisse. Im Gegensatz zum 7 Median ist der arithmetische Mittelwert empfindlich gegenüber Ausreißern (7 Ausreißer, statistischer). Der arithmetische Mittelwert ist das am häufigsten verwendete Lagemaß; er kann als Spezialfall des gewichteten Mittelwerts (7 Mittelwert, gewichteter) aufgefasst werden, bei dem jedem einzelnen Messergebnis das gleiche Gewicht (1/Zahl der Messergebnisse) zukommt. Der arithmetische Mittelwert beschreibt somit den Schwerpunkt der Messergebnisse. Bei Vorliegen symmetrisch verteilter Daten nehmen Median und arithmetischer Mittelwert in etwa denselben Wert an. Liegt hingegen eine schiefe Verteilung der Daten vor, so können die berechneten Werte dieser beiden Größen deutlich voneinander abweichen: bei linksschiefen Verteilungen nimmt der Median, bei rechtsschiefen Verteilungen der arithmetische Mittelwert den größeren Wert an. Wird dieselbe lineare Maßstabstransformation auf alle Messwerte der Messreihe angewendet, so ändert sich der arithmetische Mittelwert entsprechend. In manchen Situationen wird dem arithmetischen Mittelwert der geometrische Mittelwert oder der harmonische Mittelwert vorgezogen. Der geometrische Mittelwert wird berechnet als n-te Wurzel des Produkts aller n Messergebnisse und kommt insbesondere bei der Berechnung mittlerer Wachstumsraten sowie im Rahmen von Titerbzw. IgE-Bestimmungen zum Einsatz. Der harmonische Mittelwert ist definiert als Anzahl der Messergebnisse dividiert durch die Summe der Kehrwerte der Messergebnisse.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

M

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Mittelwert, gewichteter

Mittelwert, gewichteter R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). Gewichtetes Mittel Englischer Begriff. weighted mean; weighted average Definition. Der gewichtete Mittelwert ist definiert als die Summe von n gewichteten Messergebnissen xi:

xg =

1 n ∑ pi xi n i =1

Als Gewichte können dabei beliebige reelle (üblicherweise positive) Zahlen pi aus dem Intervall [0;1] verwendet werden, wobei die Summe der Gewichte den Wert 1 ergeben muss. i Der am häufigsten verwendete Spezialfall des gewichteten Mittelwertes ist der arithmetische Mittelwert (7 Mittelwert, arithmetischer). Bei diesem wird für jedes Messergebnis das Gewicht 1/n verwendet. Des Weiteren findet der gewichtete Mittelwert in Situationen Verwendung, in denen die Mittelwerte mehrerer Stichproben unterschiedlichen Umfangs, deren ursprüngliche Messergebnisse nicht vorliegen, zu einem gemeinsamen Mittelwert kombiniert werden sollen. In diesem Fall werden als Gewichte die relativen Anzahlen von Messergebnissen in der jeweiligen 7 Stichprobe (in Bezug zur Gesamtanzahl aller Messergebnisse über alle Stichproben hinweg) verwendet.

Literatur. Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York

Mittleres korpuskuläres Hämoglobin 7 Hämoglobingehalt, Erythrozyten

Mizellare elektrokinetische Kapillarchromatographie R. Westermeier

Synonym(e). MEKC Englischer Begriff. micellar electrokinetic chromatography Definition. Hybridtechnik aus 7 Elektrophorese und 7 Chromatographie, die in Kapillarelektrophorese-Systemen durchgeführt wird. i Mit dieser Methode kann man nicht nur geladene, sondern auch

unpolare Substanzen auftrennen. Durch Zugabe von Mizellbildnern (dies sind Detergenzien, Tenside) in geeigneter Konzentration zum Puffer wird eine pseudostationäre Phase erzeugt. Diese 7 Mizellen (pseudostationäre Phase) sind Aggregate der Detergenzien mit den hydrophoben (= unpolaren) Enden nach innen und den hydrophilen (= polaren) Enden nach außen. Sie sind nach außen negativ oder positiv geladen, je nachdem ob anionische oder kationische Detergenzien verwendet werden und wandern entsprechend im elektrischen Feld zur Anode oder Kathode. Die Trennung der Probensubstanzen beruht auf ihrer unterschiedlichen Verteilung zwischen der Lösung und der pseudostationären Phase. Diese übt auf die Probenmoleküle unterschiedlich starke Wechselwirkungen aus. Bei der mizellaren elektrokinetischen Chromatographie wandern Probenmoleküle, die stark mit den Mizellen interagieren, zusammen mit den elektrophoretisch wandernden Mizellen. Geladene Substanzmoleküle mit sehr niedriger Interaktion mit den Mizellen wandern elektrophoretisch aufgrund ihrer Eigenladung. Nichtgeladene Substanzmoleküle mit sehr niedriger Interaktion mit den Mizellen wandern mit dem elektroosmotischen Fluss, der üblicherweise aufgrund der fixierten Ladungen an den Kapillaroberflächen auftritt und entgegengesetzt zur elektrophoretischen Wanderungsrichtung erfolgt. Bei Substanzmolekülen mit intermediären Wechselwirkungen zur pseudostationären Phase hängt die Wanderungsgeschwindigkeit vom Grad der Wechselwirkung und ihrer Eigenladung ab.

Die Selektivität kann durch die Auswahl der Detergenzien und der Pufferzusammensetzung in der wässrigen Phase modifiziert werden.

Literatur. Lottspeich F, Engels JW (Hrsg) (2012) Bioanalytik, 3. Aufl. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Mizelle R. Westermeier

Synonym(e). Micelle Englischer Begriff. micelle Definition. Eine Mizelle ist eine Zusammenlagerung von oberflächenaktiven Molekülen mit hydrophoben und hydrophilen Eigenschaften (Detergenzien, Tenside). Dabei sind die unpolaren (hydrophoben) Enden nach innen, die polaren (hydrophilen) Enden nach außen orientiert. Eine Mizelle enthält typischerweise zwischen 50–100 Moleküle. Die niedrigste Konzentration von Detergenzien, bei welcher Mizellen gebildet werden, ist die „kritische mizellare Konzentration“. Diese ist unterschiedlich für verschiedene Detergenzien. i Hydrophobe Moleküle, wie Membranproteine, werden in Detergenz-Mizellen eingebaut, und werden auf diese Weise außerhalb ihrer biologischen Membran in Lösung gebracht. Bei der 7 SDS-Elektrophorese werden Teile von Polypeptiden in Mizellen eingebettet, wodurch sich die Löslichkeit hydrophober Proteine stark erhöht und gleichmäßige negative Ladungen an den Oberflächen der ProteinSDS-Mizellen entstehen.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (Hrsg) (2008) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, 2. Aufl. Heidelberg

Mizellen im Verdauungstrakt A.M. Gressner

Englischer Begriff. micelles Definition. Mizellen sind vielgestaltige polymolekulare Aggregate, die u. a. konjugierte Gallensäuren aufgrund ihrer amphiphilen Eigenschaft in wässrigem Milieu bei Erreichen der kritischen mizellaren Konzentration bilden und dem Einschluss wasserunlöslicher Substanzen wie 7 Cholesterin, fettlösliche 7 Vitamine und Lecithin dienen. i Konjugierte 7 Gallensäuren sind amphiphile biplanare Moleküle mit einer mehr hydrophoben (unpolaren) Seite (Steroidanteil) und einer hydrophilen (polaren) Seite (Substituenten). Bei Erreichen der kritischen mizellaren Konzentration zwischen 0,6 und 5 mmol/L wird ihre maximale monomere Löslichkeit überschritten und eine molekulare Aggregation in Form der Mizellen herbeigeführt. In ihr lagern sich die hydrophoben Molekülanteile zentral aneinander während die hydrophilen Seiten den Außenmantel der Mizellen zur wässrigen Phase hin bilden (7 Abb. 1). Man unterscheidet: 5 einfache Mizellen aus Gallensäuren, einigen Cholesterinmolekülen im Inneren ohne Phosphatidylcholin mit einem hydrodynamischen Radius von ca. 10 Å 5 gemischte Mizellen aus Gallensäuren, Phosphatidylcholin und Cholesterinmolekülen mit einem etwa zwei- bis dreifach größeren hydrodynamischen Radius (20–30 Å) als der der einfachen Mizellen.

Neben beiden Mizellen sind in der 7 Galle auch wesentlich größere unilamellare Vesikel (300–400 Å) vorhanden. Ihre Funktion besteht in der Lösung und im Transport hydrophober Moleküle in der Gallenflüssigkeit (Cholesterin) und im Darm (fettlösliche Vitamine, Lecithin u. a.).

MLPA-Schnelltest R. Weiskirchen

Englischer Begriff. multiplex ligation-dependent probe amplification; MLPA

MNS-Blutgruppensystem

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Mizellen im Verdauungstrakt. Abb 1. Aufbau einer Mizelle

Definition. Semiquantitatives Verfahren zum schnellen Nachweis von Chromosomenveränderungen, bei dem spezifische Sonden zunächst an embryonale DNA hybridisiert, im Anschluss miteinander ligiert und mittels 7 Polymerase-Kettenreaktion nachgewiesen werden. i Prinzipiell funktioniert dieser Test ähnlich wie die 7 Fluorescent-in-situ-Hybridisierung (FISH). Bei dieser Methode wird aus Fruchtwasser gewonnene DNA eingesetzt, um embryonale Chromosomenverluste oder 7 Mutationen zu detektieren. Zunächst werden spezifische 7 Sonden über die zu amplifizierenden Bereiche angeheftet und mittels einer 7 Ligation zu einem Template-Strang verknüpft. Die verschiedenen Sonden besitzen jeweils an ihren Enden identische Extensionen, die zur Detektion mittels 7 Polymerase-Kettenreaktion benutzt werden. Dabei werden spezifische Produkte unterschiedlicher Länge generiert. Auf diese Weise können einzelne Chromosomenbereiche (insbesondere der 7 Autosomen 13, 18, 21 und der Heterosomen X und Y) simultan amplifiziert werden. Werden bei der FISH Technologie die Chromosomenanzahl und mögliche Aberrationen in einzelnen Zellkernen visualisiert, so wird bei der MLPA die Menge der Einzelamplifikate ins Verhältnis zu der einer entsprechenden gesunden Testperson gesetzt. Routinemäßig können gleichzeitig bis zu 40 verschiedene Bereiche amplifiziert werden. Die Identifikation einer Vielzahl Chromosomen-spezifischer Sonden erhöht die diagnostische Sicherheit dieser Verfahrenstechnologie. Durch Analyse des Amplifikat-Musters können Abweichungen erkannt werden. So kann z. B. bei einem 1,5-fach erhöhten Signal eine Trisomie vorliegen. Gleichzeitig kann durch Analyse der Heterosomen-Amplifikate das Geschlecht bestimmt werden.

MMP 7 Matrix-Metalloproteinasen

MNS-Blutgruppensystem K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Englischer Begriff. MNS blood group system Definition. Die Antigene des MNS-Blutgruppensystems sind die

7 Glykophorine A und B (GPA und GPB), die durch die beiden homologen, kodominanten Gene GYPA und GYPB kodiert werden. i Beide Glykophorine kommen in zwei verschiedenen Hauptallelen vor: GPA kodiert für die antithetischen Antigene M und N, wohingegen GPB für die antithetischen Antigene S und s kodiert. GPA

und GPB sind Typ-I-Membranproteine, die vor allem mit Silalinsäuren glykosiliert sind („single-pass membrane sialoglycoproteins“). GPA ist das vorherrschende Sialoglykoprotein der erythrozytären Membran (800.000 Kopien pro Erythrozyt), wobei GPB-Moleküle mit ~200.000 pro Erythrozyt vertreten sind. Damit sind die Glykophorine hauptverantwortlich für das 7 Zetapotenzial der Erythrozyten. Die Glykophorine A und B werden in erythroiden Zellen und renalen Endothelium und Epithelium exprimiert. Die Funktion von GPA und GPB ist die Suspensionsstabilität von Erythrozyten, indem sie eine stärkere Annäherung der Zellen aneinander verhindern. Möglicherweise sind sie an der Formstabilisierung der Erythrozyten über Interaktion mit dem Zytoskelett und dem Band-3-Protein (7 DiegoBlutgruppensystem) beteiligt. Daneben fungieren diese Glykoproteine als Rezeptoren für Komplement, Zytokine und verschiedene Infektionserreger. Im MNS-System sind eine Vielzahl verschiedener Allele beschrieben (derzeit 42). Meist handelt es sich um 7 Single nucleotide polymorphism (SNP) im GPA- und GPB-Gen. Ähnlich dem 7 Rhesussystem können aber auch Hybridallele durch Rekombination der beiden homologen Gene auftreten. Beispiele für solche Hybridallele sind Stones-Antigen (Sta, MNS15), Dantu-Antigen (MNS25), HenshawAntigen (He, MNS6), Hil (MNS20) und das Miltenberger-Antigen (Mia, MNS7). Dabei ist die Inzidenz der meisten Allele in der Weltbevölkerung < 1 %. Seltene Bluttypen sind En(a-), das durch Fehlen eines Glykophorins A in der Erythrozytenmembran imponiert. Eine Deletion der beiden Gene GYPA und GYPB führt zum MkMk-Phänotyp, wobei die Individuen keine Glykophorine A und B auf den Erythrozyten tragen (7 Null-Phänotyp). Antikörper im MNS-System können vom IgG- und IgM-Typ sein. Transfusionsreaktionen sind eher selten, können aber schwere Verläufe aufweisen. Vor allem Anti-S und Anti-s sind dabei häufiger an hämolytischen Transfusionsreaktionen und 7 Morbus haemolyticus neonatorum beteiligt. MN-Antigene sind sensibel gegenüber den Proteasen Ficin, Papain und Bromelin, wobei die Ss-Antigene variabel gegenüber diesen Proteasen reagieren.

Literatur. Daniels, G (2002) Human Blood Groups. 2. Aufl. Blackwell Scientific, Oxford Reid ME, Lomas-Francis C (2004) The Blood Group Antigen Facts Book. 2. Aufl. Elsevier, New York Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s 11th Edition, Blood Transfusion in Clinical Medicine, a revision of the 10th edition written by Mollison PL, Engelfriet CP, Contreras M. Blackwell Publishing, Oxford

M

964

Mobile Phase

Mobile Phase T. Arndt

Synonym(e). Eluent; Elutionsmittel; Fließmittel; Trägergas Englischer Begriff. eluent; mobile phase Definition. Der Begriff wird in der 7 Chromatographie genutzt. Die mobile Phase ist eine der beiden Phasen, aus denen das chromatographische System besteht. Sie durchströmt das Bett der in der Trennsäule oder DC-Platte fixierten 7 stationären Phase in einer definierten Richtung. Sie ist als Lösungs- und Transportmittel der Probe maßgeblich an der chromatographischen Trennung der Probenbestandteile in der stationären Phase beteiligt. i Die mobile Phase kann ein Gas (7 Gaschromatographie, hier auch Trägergas genannt) oder eine Flüssigkeit (7 Flüssigkeitschromatographie) sein. Letztere besteht seltener aus einem einzigen Lösungsmittel, zumeist dagegen aus einem Lösungsmittelgemisch, dessen elutrope Eigenschaften z. B. durch Zusatz von Puffersubstanzen oder Ionenpaarreagenzien auf die jeweilige Anwendung eingestellt werden können. Bleibt während des chromatographischen Laufes die Zusammensetzung der mobilen Phase konstant, spricht man von einer isokratischen Elution oder Arbeitsweise, wird sie dagegen variiert, spricht man von einer Gradientenelution. Der Gradient kann kontinuierlich oder stufenweise, mitunter auch als eine zeitlich versetzte Kombination aus beiden Formen, gestaltet werden. Für den chromatographischen Prozess wichtige Anforderungen an die mobile Phase sind: 5 Löslichkeit der Probe 5 Benetzung der stationären Phase 5 Verteilungsgleichgewicht zwischen mobiler und stationärer Phase für die Analyte 5 Vollständige Elution der Probe aus der Trennsäule

Englischer Begriff. electrophoretic mobility Definition. Die elektrophoretische Mobilität ist eine substanzspezifische Größe, welche die Wanderungsgeschwindigkeit eines Partikels im elektrischen Feld und über diese die Wanderungsstrecke eines Analyten von der Probenaufgabestelle innerhalb einer definierten Elektrophoresezeit bestimmt. Sie ist für die Qualität der elektrophoretischen Trennung von entscheidender Bedeutung. i Substanzen mit unterschiedlichen elektrophoretischen Mobilitäten können mit der 7 Elektrophorese aufgetrennt werden. Die elektrophoretische Mobilität ist eine charakteristische physikochemische Eigenschaft eines Moleküls und abhängig von 7 Nettoladung und Größe des Moleküls in einem vorgegebenen pH-Milieu. Amphotere Moleküle, wie z. B. Proteine, haben bei einem pH-Wert, der ihrem isoelektrischen Punkt entspricht, eine elektrophoretische Mobilität von Null. Sie würden also im elektrischen Feld nicht wandern. Je weiter der 7isoelektrische Punkt eines amphoteren Moleküls vom pH-Milieu entfernt ist, umso höher sind die Nettoladung und damit auch die elektrophoretische Mobilität. Lipide und andere nichtpolare Substanzen besitzen keine elektrophoretische Mobilität, da sie keine Nettoladung haben. Nukleinsäuren besitzen nur im basischen und neutralen, nicht aber sauren Milieu eine elektrophoretische Mobilität, weil sie nur dann negativ geladen sind. Die Wanderungsgeschwindigkeit eines Moleküls im elektrischen Feld ist abhängig von seiner elektrophoretischen Mobilität (Beweglichkeit), der Siebwirkung oder Viskosität des Mediums, der Temperatur, der Ionenstärke des Puffers, und der elektrischen Feldstärke.

Literatur. Lottspeich F, Zorbas H (Hrsg) (2008) Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, 2. Aufl. Heidelberg Westermeier R (1990) Elektrophorese-Praktikum. VCH, Weinheim

Mobilität, relative elektrophoretische R. Westermeier

Der Prozess der Detektion soll durch die mobile Phase möglichst wenig beeinflusst werden.

Englischer Begriff. relative electrophoretic mobility

Literatur. Ettre LS (1993) Nomenclature for Chromatography. Pure

Definition. Größe zur Beschreibung der Beweglichkeit eines Parti-

Appl Chem 65:819–872 Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

Mobilisationstest D. Meissner

Synonym(e). Eliminationstest; Provokationstest Englischer Begriff. mobilization test Definition. Test zum Nachweis einer Schwermetallbelastung i Die Applikation von Chelatbildnern führt zur Mobilisation von Schwermetallen aus den Speichern. Sie gelangen in das Plasma und werden über den Urin ausgeschieden. Im Urin wird die Konzentration des Metalls vor und nach Verabreichung der Testsubstanz bestimmt. Beispiele sind Hg (7 DMPS), Pb (EDTA), Fe (7 Deferoxamin), Cu (7 Penizillamin). Bei der Mobilisation des Aluminiums durch Deferoxamin wird die Aluminiumkonzentration im Serum gemessen. Die Anwendung der Tests in der Diagnostik ist umstritten, z. T. sind sie nicht offiziell zugelassen, da in der Regel keine standardisierten Vorschriften und keine gesicherten Normalwerte vorliegen.

Literatur. Ewers U, Wilhelm M (2001) Diagnostik der inneren Exposition (Human-Biomonitoring). In: Wichmann HE, Schlipköter HW, Fülgraff G (Hrsg) Handbuch der Umweltmedizin. ecomed Verlagsgesellschaft Landsberg/Lech, III-2.1

Mobilität, elektrophoretische R. Westermeier

Synonym(e). Elektrophoretische Beweglichkeit; Wanderungsgeschwindigkeit, elektrophoretische

kels oder Moleküls im elektrischen Feld, die sich auf die Wanderungsgeschwindigkeit einer Markersubstanz bezieht. i Für Proteine lässt man meist Bromphenolblau mit der Probe mitlaufen, für Nukleinsäuren ebenfalls Bromphenolblau oder das langsamer wandernde Xylencyanol. In der Praxis setzt man die Distanz zwischen Probenaufgabe und der Position der Molekülbande in Relation zur Distanz zwischen Probenaufgabe und Markerbande. Da die Markersubstanzen stark geladene niedermolekulare Farbstoffe sind, wandern sie schneller als die Probensubstanzen. Die relative elektrophoretische Mobilität besitzt stets einen Wert, der < 1 ist. Die relative elektrophoretische Mobilität ist abhängig von der 7 Nettoladung des Moleküls und der Größe des Moleküls. Strukturproteine haben bei gleicher Molekularmasse größere Ausdehnung als globuläre Proteine. In einem nichtrestriktiven Medium wie offenen Kapillaren, großporigen 7 Agarosegelen und 7 Celluloseacetatfolien ist die relative Mobilität von Proteinen ausschließlich von der Nettoladung abhängig.

Modell, generalisiert lineares R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Synonym(e). GLM Englischer Begriff. generalized linear model Definition. Ein generalisiert lineares Modell ist ein verallgemeinertes Regressionsmodell, in dem die Zielvariable eine Verteilung (7 Verteilung, statistische) aus der Klasse der Exponentialfamilie besitzt. i In linearen Modellen (7 Modell, statistisches) nimmt man an, dass die Zielvariable normalverteilt ist, während sie in generalisiert linearen Modellen eine Verteilung aus der erweiterten Klasse der Exponentialfamilie besitzt. Diese Verteilungsklasse beinhaltet neben

Mohn

der 7 Normalverteilung auch die Binomial-, Poisson-, Gamma- und inverse Normalverteilung. Im generalisiert linearen Modell beeinflussen die Einflussfaktoren die Verteilung der Zielvariablen nicht direkt, sondern durch eine lineare Funktion, den so genannten linearen Prädiktor. Der erwartete Wert der Zielgröße in der 7 Grundgesamtheit kann dann über die so genannte Link-Funktion, eine Funktion des linearen Prädiktors, in Beziehung zu den Einflussfaktoren gesetzt werden. Die Art der verwendeten Link-Funktion hängt vom Typ der zugrunde liegenden Verteilung aus der Klasse der Exponentialfamilie ab. Einen häufig auftretenden Spezialfall eines generalisiert linearen Modells stellt die Logistische Regression (7 Regression, logistische) dar. Die Logistische Regression modelliert Daten, bei denen die Zielgröße eine kategorielle Variable ist, deren Verteilung einer 7 Binomialverteilung folgt. Demzufolge wird im logistischen Regressionsmodell der logit-link als Link-Funktion verwendet.

Literatur. McCullagh P, Nelder JA (1983) Generalized Linear Models. Chapman & Hall, London

Modell, statistisches R.-D. Hilgers, N. Heussen, S. Stanzel

Englischer Begriff. statistical model Definition. Ein statistisches Modell beschreibt mathematisch-biologische Erscheinungen, in denen der Zufall eine wesentliche Rolle spielt. i Statistische Modelle werden z. B. im Rahmen der 7 Regressionsanalyse oder der 7 Varianzanalyse verwendet.

Literatur. Rasch D (1988) Biometrisches Wörterbuch. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main

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5 Konvertierung (Prozessierung) von Prohormonen (7 Proinsulin, Proopiomelanocortin) und Proproteinen (Proalbumin, Amyloidpräkursorprotein, Prokollagen) 5 7 Glykosylierung an den OH-Gruppen von Serin/Threonin oder an der NH2-Gruppe von Asparagin (7 Glykoproteine) 5 Phosphorylierung von Serin, Threonin oder Tyrosin durch Proteinkinasen. Die ATP-abhängige Phosphorylierung und die Dephosphorylierung durch Proteinphosphatasen, zusammengefasst als Interkonvertierung, führt zu Änderungen der katalytischen Eigenschaften von Enzymen, die meist an Schaltstellen des Stoffwechsels lokalisiert sind (Glykogen-Phosphorylase, Phosphorylase-Kinase, Glykogen-Synthase). Auch die Aktivität von Rezeptoren, Ionenkanälen, kontraktilen Muskelproteinen und Zytoskelettproteinen werden durch reversible Phosphorylierungen reguliert 5 Azylierung an der N-terminalen Aminogruppe (Formyl-, Azetyl-, Myristoylreste) oder an der ε-Aminogruppe des Lysins (Azetyl-, Lipoyl- Biotinyl- und Ubiquitinylreste) sowie an der Hydroxylgruppe des Serins 5 Sulfatierungen von Tyrosin und Proteoglykanen 5 Alkylierung mit Methylgruppen am N-Terminus, an der ε-Aminogruppe des Lysins und der Guanidinogruppe des Arginins. Alkylierungen durch Terpenreste (Farnesyl- oder Geranylgeranylgruppe) als Membrananker 5 Modifizierung durch Lipidanker (Glykosylphosphatidylinositol) dienen der Verankerung des Proteins an zelluläre Membranen 5 Karboxylierung von Glutamat zu biologisch aktivem γ-Karboxyglutamat (Gerinnungsfaktoren, Osteocalcin). Karbamylierung 5 Hydroxylierung (Lysin, Prolin) 5 S-Glutathionierung, Disulfidbildung, S-Nitrosylierung 5 Citrullinierung (Vimentin, Fibrin), Deamidierung Die funktionell wichtige PTM lässt sich durch Proteomanalytik, Massenspektrometrie und Eastern bzw. Lectin blotting erfassen.

Modifikation, epigenetische

Literatur. Westermann P, Wittmann-Liebold B (2002) Enzym- und

R. Weiskirchen

Proteinanalytik. In: Ganten D, Ruckpaul K (Hrsg) Grundlagen der Molekularen Medizin. 2. Aufl. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 455–457 http://www.uniprot.org/docs/ptmlist

Englischer Begriff. epigenetic modification; genetic imprinting Definition. Jenseits konventioneller Genetik (griech.: epi = jenseits); Erbmerkmal, das nicht auf Abweichungen in der DNA-Sequenz zurückgeht, sondern auf eine vererbbare Änderung der Genregulation und Genexpression. i Die Erbinformation von einer Zelle auf ihre Tochterzellen wird durch Weitergabe von DNA-Sequenzen vermittelt. Dennoch zeigte sich, dass erbgleiche Individuen wie z. B. eineiige Zwillinge nicht vollständig identisch sind. Die Ausprägung einzelner Merkmale oder Fähigkeiten scheint dabei unabhängig von den klassischen Mendelschen Regeln (7 Mendelsche Vererbungslehre) weitergegeben zu werden. Der Schwerpunkt der Epigenetik beruht auf den Veränderungen in den genomischen DNA-Methylierungsmustern. Ebenso wird vermutet, dass maternale Merkmale durch in der Eizelle vorliegende Botenstoffe oder Zellorganellen weitergegeben werden können. Paternale Effekte sind daher weniger ausgeprägt, da wesentlich weniger nichtgenetisches Material mit dem Spermium an die Nachkommen weitergeben wird.

Literatur. Ubeda F, Wilkins JF (2008) Imprinted genes and human disease: an evolutionary perspective. Adv Exp Med Biol 626:101–115

Modifikation, posttranslationale H. Fiedler

Englischer Begriff. posttranslational modification; PTM Definition. Die posttranslationale Modifikation von Proteinen erfolgt im endoplasmatischen Retikulum und/oder im Golgi-Komplex nach der Translation. Die genetische Information wird dadurch in eine Vielfalt neuer struktureller und physiologischer Eigenschaften der modifizierten Proteine umgewandelt. i Folgende Posttranslationsprozesse sind bekannt: 5 Abspaltung des Signalpeptids bzw. des Methionylrestes

Modifizierte Reaktion nach Ehrlich 7 Schwartz-Watson-Test

Module O. Colhoun

Englischer Begriff. modules Definition. Elemente des 7 Labor-EDV-Systems für verschiedene Laborbereiche. i Klassische Software-Module der Labor-EDV sind aufgrund der spezifischen unterschiedlichen Anforderungen an Datenhaltung und Bedienung Programme für die Blutbank/Spendewesen (LangzeitArchiv, Antikörper-Kartei, Rückverfolgung vom Präparat, Empfänger oder Spender ausgehend, Konservenbestand), Mikrobiologie (Materialien, Erstanlagelogik, Bearbeitungshistorie, Antibiogramme), Klinische Chemie (im weitesten Sinne das klassische klinisch-chemische Laboratorium nebst hämatologischen, hämostaseologischen und serologischen Parametern). Auch bei Nutzung mehrerer Programmodule in einem Laboratorium ist zu fordern, dass alle Module auf denselben Patienten-Datenbestand zugreifen.

Mohn T. Arndt

Synonym(e). Papaver somniferum L; Schlafmohn; Opium Englischer Begriff. poppy; opium Definition. Einjährige, bis 1,5 m hoch werdende, krautige Pflanze mit

M

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Mol

den. Wichtig ist die Verwendung von Opium als Ausgangsstoff für die Synthese von Heroin [Diazetylmorphin, 7 Morphin(derivate)] aus Morphin und Acetanhydrid. Die körperlichen Folgen von Opiummissbrauch sind Appetitlosigkeit und dadurch Gewichtsverlust bis zur Abmagerung und völligen Entkräftung. Besonders kritisch sind das hohe Suchtpotenzial des Morphins sowie seine atemdepressorische Wirkung, die bei unbehandelter Überdosierung zu Atemstillstand und Tod führen kann. Zu Wirkungen, Metabolismus sowie Nachweis/Bestimmung der Opioide s. dort.

Literatur. http://pharm1.pharmazie.uni-greifswald.de/systematik/6_ droge/opium.htm Daunderer M (1995) Drogenhandbuch für Klinik und Praxis: Diagnostik, Therapie, Nachweis, Prophylaxe, Recht, Drogenprofile. ecomed verlagsgesellschaft AG Co. KG, Landsberg

Mol 7 Masse, molare

Molalität W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. molality Definition. Substanzmengengehalt (mol/kg) i Die Angabe als Substanzmengengehalt anstelle Substanzmengen-

Mohn. Abb. 1. Papaver somniferum (aus: Thomé OW (1885) Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz – in Wort und Bild für Schule und Haus. Gera-Untermhaus; Reproduktion mit freundlicher Genehmigung von www.biolib.de)

im Durchmesser bis zu 18 cm großen Blüten und kugeligen bis eiförmigen Fruchtkapseln (7 Abb. 1). i Der Schlafmohn ist eine alte, vom Borstigen Mohn (Papaver setigerum) abgeleitete Kulturpflanze nicht sicher bestimmter Herkunft, die heute weltweit verbreitet ist. Hauptanbaugebiete sind die Länder des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens. Die Opiate sind im Saft der Fruchtkapsel, nicht jedoch im Samen selbst enthalten. Bei unvorsichtiger Bearbeitung der Kapsel für die Nahrungs-Mohnsamengewinnung kann es zu Kontamination des Samens mit dem Fruchtsaft und dadurch zu einem hohen Opiatgehalt der Samenabfüllungen kommen. Der Samen wird deshalb mehrfach gewaschen, um evtl. aus der Kapsel ausgetretenen Fruchtsaft zu entfernen. Durch abendliches Anritzen der grünen Fruchtkapseln und Abkratzen des ausgetretenen zunächst weißen, über Nacht ausgehärteten und durch Oxidationsprozesse braun verfärbten Milchsaftes wird das Rohopium erhalten (20.000 Mohnkapseln liefern ca. 1 kg Opium). Wichtige Bestandteile, deren Gehalt vom Anbaugebiet abhängt, sind die 7 Alkaloide 7 Morphin (3–23 %), Noscapin (2–12 %), 7 Codein (0,2–3,5 %), Papaverin (0,5–3,0 %), Thebain (0,2–1,0 %) und Narcein (0,1–0,7 %). Insgesamt liegen ca. 40–50 Alkaloide vor. Durch Verschnitt von Partien mit hohem und niedrigem Morphingehalt wird dieser auf etwa 12 % eingestellt. Die natürlichen Inhaltsstoffe des Opiums werden Opiate bezeichnet, in der Wirkung ähnliche Substanzen 7 Opioide. Opium wirkt u. a. analgetisch, antitussiv, appetithemmend und antidiarrhoisch. Seine sedativ-hypnotische bis narkotische Wirkung ist von besonderem Interesse bei der Verwendung als illegale Droge. Hierzu wird aus Rohopium sog. Rauch-Opium hergestellt, welches inhaliert (geraucht) wird. Opium kann aber auch in Alkohol gelöst getrunken, als Pulver gegessen oder als Tinktur mittels einer Spritze injiziert wer-

konzentration gemäß SI wird u. a. gewählt, wenn die untersuchte Probe nicht flüssig, sondern fest ist, z. B. Gewebematerial. Für die Angabe der Substanzmenge ist unter praktischen Gesichtspunkten zwischen mol, mmol, μmol, nmol usw. zu wählen, da an der Bezugsmasse „Kilogramm“ stets festgehalten werden muss (z. B. μmol/kg, nicht nmol/g und auch nicht pmol/mg). Die 7 Osmolalität wird im SI-System ebenfalls in mol/kg bzw. mmol/kg angegeben (osmol bzw. mosmol sind keine abgeleiteten SI-Einheiten).

Literatur. WHO (1977) The SI for the health professions. WHO, Genf

Molarität W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. molarity Definition. Substanzmengenkonzentration (mol/L) i Gemäß SI soll soweit möglich die Konzentration von Substanzen,

deren relative Molekülmasse bekannt ist, als Substanzmengenkonzentration angegeben werden. Da 1 Mol stets 6,022 × 1023 Teilchen (Avogadro-Konstante) enthält und die Gesetze der konstanten und multiplen Proportionen für chemische Reaktionen gelten, sind bei Angabe der Substanzmengenkonzentration die Abläufe und Beziehungen zwischen den verschiedenen Reaktanten leicht zu beurteilen. Für die Angabe der Substanzmenge ist unter praktischen Gesichtspunkten zwischen mol, mmol, μmol, nmol usw. zu wählen, da am Bezugsvolumen „Liter“ stets festgehalten werden muss (z. B. μmol/L nicht nmol/ mL und auch nicht μmol/dL). Im SI-System steht M für Mega (106) und darf nicht für mol/L („molar“) verwendet werden. Ebenso sind mM („millimolar“) anstelle von mmol/L, μM („mikromolar“) anstelle von μmol/L usw. nicht zulässig. Begriffe wie „molare“, „millimolare“ oder „mikromolare“ Konzentration sind im SI zu vermeiden.

Molekularbiologie R. Weiskirchen

Englischer Begriff. molecular biology Definition. Teilgebiet der Biologie, das die auf Molekülebene ablaufenden Reaktionen bei Lebensprozessen untersucht und beschreibt i Die Molekularbiologen untersuchen hierbei die Struktur und

Funktion der 7 Nukleinsäuren (DNA, RNA) und Eiweißkörper (Pro-

Molybdän

teine) und versuchen ihre Veränderungen und Umwandlungen zu erklären. Methodisch und inhaltlich kann es zu Überschneidungen mit den anderen Naturwissenschaften Biologie, Chemie und Physik, aber auch der Medizin kommen, weshalb man die Molekularbiologie auch als interdisziplinäre Forschungsrichtung bezeichnet.

Molekulargewicht 7 Masse, molare

Molekülgrößenausschluss-Chromatographie 7 Hochleistungs-Größenausschlusschromatographie mit MALLSDetektor

Molekül-Ion B. Güssregen i In der 7 Massenspektrometrie werden nicht fragmentierte, posi-

tiv oder negativ geladene Ionen mit der Masse m/z als Molekülionen bezeichnet.

Molekülmasse 7 Masse, molare

Molekülschwingungen 7 Infrarot-Spektrometrie

Molekülspektrometrie T. Arndt

Synonym(e). Molekülspektroskopie Englischer Begriff. molecular spectroskopy; molecular spectrometry Definition. Sammelbegriff für jene Methoden der Spektrometrie (Spektroskopie), die auf der Anregung von Rotations-, Schwingungsund Elektronenzuständen in Molekülen beruhen und Bandenspektren (Molekülspektren, s. Lehrbücher der Physik) erzeugen. i Je nach den umgesetzten Energien liegen die Molekülspektren

in verschiedenen Spektralbereichen vor, auf denen u. a. auch die Unterteilung der molekülspektrometrischen Methoden basiert (z. B. 7 Infrarot-Spektrometrie, 7 UV/VIS-Spektrometrie). Molekülspektren stehen in engen Zusammenhang mit der Molekülstruktur. Sie werden deshalb vornehmlich zur Strukturaufklärung und qualitativen Analyse (Substanznachweis) eingesetzt, sind allerdings auch für quantitative Analysen geeignet. Im klinisch-chemischen Labor hat die UV/VIS-Spektrometrie die höchste Bedeutung.

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fen +2, +3 und +6 vor, wobei das Molybdat-Ion (MoO42-) die essenzielle Form darstellt. Es ist Bestandteil des Molybdän-Kofaktors, einer organischen Ringverbindung, in der das Molybdän über Schwefelbrücken angelagert ist. Im Blut ist Molybdän an α2-Globulin (Plasma) und an Erythrozyten gebunden.

Molmasse. Relative Atommasse: 95,94 Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die Aufnahme erfolgt aus der Nahrung durch Resorption im Dünndarm. Aus dem Blut gelangt Mo rasch in die Speicher, vorwiegend Knochen (60 %) und Leber (20 %). In der Leber ist es fast ausschließlich an den Molybdän-Kofaktor gebunden. Dieser Kofaktor liegt zu 40 % in freier Form vor, 60 % sind Bestandteil der prosthetischen Gruppen der Mo-Enzyme. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich über die Nieren, zu einem geringen Teil über die Galle mit dem Stuhl. Im Stuhl wird auch das nicht resorbierte Molybdän ausgeschieden. Als Antagonisten wirken Kupfer und Schwefel. Körperbestand: 8–10 mg. Bedarf: 25 μg/Tag. Empfohlene Zufuhr: 50–100 μg/Tag. Tolerierbare Aufnahme pro Tag: 150 μg/kg KG. Molybdänreich sind Hülsenfrüchte, Getreide, Gemüse, Innereien, Milchprodukte. Funktion und Pathophysiologie. Beim Menschen sind drei Mo-Enzyme bekannt. Bei diesen ist das Molybdän in Form des Mo-Kofaktors eingebaut, das freie Molybdän-Ion ist unwirksam. 5 Sulfit-Oxidase entgiftet Sulfitradikale durch Überführung in Sulfat (bei Mangel treten Sulfittoxizität und Sulfatmangel auf). 5 Xanthin-Dehydrogenase (D-Form, NAD-abhängig) und XanthinOxidase (O-Form, sauerstoffabhängig) katalysieren die Oxidation von 7 Hypoxanthin zu 7 Xanthin und von Xanthin zu 7 Harnsäure (bei Xanthinoxidasemangel tritt Xanthin im Urin auf, Xanthinsteine!). 5 Aldehyd-Oxidase überlappt sich mit anderen Enzymen bei der Oxidation von heterozyklischen Verbindungen. Mo-Mangel tritt bei normaler Kost nicht auf, ist aber bei langzeitiger parenteraler Ernährung oder Malabsorption möglich. Die Symptome reichen von Kopfschmerzen über Übelkeit und Tachykardie bis zum Koma, sie werden durch Mo-Zufuhr beseitigt. Eine durch Mo-Mangel bedingte Molybdän-Kofaktor-Defizienz gilt als unheilbare Erbkrankheit, die im frühen Kindesalter zum Tode führt. Mo-Überschuss wird rasch ausgeschieden, hohe Mengen führen zu Hyperuricämie und haben regional auch Gicht ausgelöst.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Urin Probenstabilität. 20 °C: 7 Tage, 4–8 °C: 14 Tage, –20 °C: 1 Jahr Präanalytik. Spurenelementfreie Abnahmegeräte und Aufbewahrungsgefäße verwenden. Stahlkanülen prüfen. Seren müssen hämolysefrei sein.

Literatur. Näser KH, Peschel G (1986) Physikalisch-chemische Mess-

Analytik. Elektrothermische Atomabsorptionsspektrometrie, Neutronenaktivierungsanalyse

methoden. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig

Konventionelle Einheit. μg/L (d)

Molekülspektroskopie 7 Molekülspektrometrie

Molmasse 7 Masse, molare

Molybdän D. Meissner

Englischer Begriff. molybdenum Definition. Molybdän (chemisches Symbol: Mo) ist ein 7 Übergangsmetall mit der Ordnungszahl 42. Es gehört zu den essenziellen Spurenelementen. Struktur. Molybdän kommt hauptsächlich in den Oxidationsstu-

Internationale Einheit. nmol/L (d) Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit. nmol/L (d) = 10,423 × μg/L (d), μg/L (d) = 0,09594 × nmol/L (d) Referenzbereich — Erwachsene. Serum: < 6 μg/L (< 60 nmol/L), Urin: 10–16 μg/L (100–165 nmol/L)

Referenzbereich — Kinder. s. Erwachsene Indikation. Verdacht auf Molybdänmangel, z. B. bei langdauernder parenteraler Ernährung oder bei Resorptionsstörungen (Dünndarmresektion), unklare toxikologische Beschwerden oder Verdacht auf übermäßige Aufnahme oder Vergiftung. Interpretation. Erhöhte Molybdänwerte im Serum werden bei akuter Hepatitis und anderen hepatobiliären Erkrankungen beobachtet. Zur Diagnose des Mangels ist Mo im Urin besser geeignet als im Serum, zur Diagnose der Exposition eignen sich beide Messgrößen.

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Monkey Tranquilizer

Ergänzende Informationen sind durch die Bestimmung der Xanthinoxidase-Aktivität im Erythrozyten und der Harnsäure in Serum oder Urin (bei Überschuss) oder des Sulfits (bei Mangel) zu erhalten. MAK-Werte: lösliche Verbindungen 5 mg/m3, unlösliche Verbindungen 15 mg/m3

Diagnostische Wertigkeit. Erkennen eines Molybdänmangels bzw. einer übermäßigen Aufnahme, Belastung oder Vergiftung durch Molybdän.

Literatur. Reiss J, Anke M (2002) Molybdän. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K (Hrsg) Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York, S 218–221

Monkey Tranquilizer T. Arndt

Definition. Straßenname/Deckname für Phencyclidin (7 Straßennamen von Drogen: Phencyclidin).

Monoaminooxidase im Serum A.M. Gressner, O.A. Gressner, W. Hubl

Synonym(e). Monoamin-O2-Oxidoreduktase; EC 1.4.3.4; MAO Englischer Begriff. monoamine oxidase Definition. Es handelt sich um eine im Blut auftretende lösliche MAO, die die oxidative Desaminierung von Monoaminen katalysiert und bei fibroproliferativen Erkrankungen mit erhöhter Aktivität im Serum vorkommt (7 Fibrosekenngrößen). Die Monoaminooxidase bewirkt u. a. den Abbau und die Inaktivierung der 7 Katecholamine. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Die MAO des Blutes desaminiert ein breites Spektrum von Monoaminen wie Benzylamin, Tyramin, Tryptamin, Dopamin und Phenylethylamin. Weder die physiologische Funktion noch die Herkunft der zirkulierenden Form der MAO sind bekannt. In ihrer Substratspezifität ähnelt sie dem Typ B der in der äußeren Mitochondrienmembran lokalisierten MAO, aber die Hemmung durch Lathyrogene wie β-Aminopropionitril und die elektrophoretische Mobilität lassen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Enzymen erkennen. Außerdem ist die Serum-MAO unempfindlich gegenüber Kupferionen, wohingegen die mitochondriale Leber-MAO deutlich inhibiert wird. Die Monoaminooxidase (MAO, EC 1.4.3.4) kommt in den Mitochondrienmembranen fast aller Gewebe einschließlich der Nervenendigungen vor. Sie zeichnet verantwortlich für die Regulation der Katecholaminspeicher in den peripheren sympathischen Nervenendigungen und stellt ein wesentliches Enzym des Abbaus und der Inaktivierung der Katecholamine dar. Die MAO hat eine Molmasse von 60 kDa und existiert in zwei Formen als MAO-A und MAO-B. Trotz einer Übereinstimmung der Aminosäuresequenzen von 70 % zeigen beide Enzymtypen hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit der Inaktivierung (Halbwertszeiten für MAO-A: 3 min, MAO-B: 8 h) deutliche Unterschiede. Der enzymatische Abbau der Katecholamine erfolgt mit zwei unterschiedlichen Enzymen, die oxidative Desaminierung mit der Monoaminooxidase (MAO) und die O-Methylierung durch die Catechol-OMethyltransferase (COMT). Im Detail wird Adrenalin zunächst mit der COMT zu Metanephrin und mit der MAO zu 3,4-Dihydroxymandelsäure metabolisiert. In einem zweiten Schritt werden beide Metaboliten mit der MAO bzw. der COMT zum Hauptabbauprodukt der Katecholamine, der Vanillinmandelsäure, umgewandelt. Das Noradrenalin wird analog zunächst zum Normetanephrin bzw. zur 3,4-Dihydroxymandelsäure und anschließend zur Vanillinmandelsäure abgebaut. Das Dopamin wird mit der MAO zur 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure desaminiert. Nach der O-Methylierung ensteht hieraus die Homovanillinsäure (HVS). Parallel hierzu wird aus Dopamin mit der COMT das 3-Methoxytyramin gebildet, das ebenfalls zur Homovanillinsäure abgebaut wird. MAO ist die Zielsubstanz zahlreicher Medikamente, den Monona-

minooxidase-Hemmern, die bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt werden. Die Zunahme der MAO-Aktivität bei älteren Menschen führt über einen verstärkten Abbau zur Absenkung von Noradrenalin und Dopamin. Dieser Abfall wird in Zusammenhang gebracht mit neurodegenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson, sowie mit allgemeinen Alterungsprozessen. Mit MAO-Hemmern versucht man diesen Prozess aufzuhalten bzw. zu verringern.

Funktion und Pathophysiologie. Eine früher postulierte Rolle der

MAO bei der 7 Kollagen- und 7 Elastinquervernetzung, in Analogie zur 7 Lysyloxidase, ist unwahrscheinlich, da die gereinigte Aminooxidase natives Kollagen als Substrat nicht nutzt. Anstiege der SerumMAO finden sich bei fibroproliferativen Lebererkrankungen, zu deren (Verlaufs-)Beurteilung das Enzym früher diagnostisch eingesetzt wurde.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum Probenstabilität. Abnahme der Enzymaktivität innerhalb von 48 h bei Raumtemperatur um ca. 30 %/Tag. Im tiefgefrorenen Zustand und bei 4 °C bleibt die Aktivität über ca. 1 Woche weitgehend stabil. Analytik. Direkte Aktivitätsbestimmung durch enzymatische Konversion von Benzylamin in Benzaldehyd erfolgt spektrophotometrisch bei 242 nm, indirekt kann MAO über eine Indikatorreaktion mit Nachweis des entstehenden NH3 oder H2O2 gemessen werden. Alternativ steht eine colorimetrische Methode im Tris-HCL-Puffer, pH 7,2 mit einem Aminomethyl-Phenylazo-Naphtholsubstrat zur Verfügung, bei der das entstandene Formylphenylazonaphthol nach Cyclohexanextraktion photometrisch bei 500 nm gemessen wird. Der intraserielle VK bewegt sich bei etwa 4 %, interseriell bei 12 %. Referenzbereich — Frauen. Messtemperatur: 37 °C: 106–674 U/L Referenzbereich — Männer. Messtemperatur: 37 °C: 148–612 U/L Indikation. Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen. Interpretation. Das früher zur Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen eingesetzte Enzym wird heute aufgrund methodischer Probleme, unzureichender diagnostischer Kriterien und unklarer pathophysiologischer Hintergründe nicht mehr in der Klinik eingesetzt. Hierfür stehen andere Fibrosekenngrößen zur Verfügung. Signifikante Aktivitätserhöhungen der MAO sind bei chronisch-aktiven Hepatitiden in 60 % der Fälle und bei 80 % der Patienten mit Leberzirrhose feststellbar. Diagnostische Wertigkeit. Für Leberzirrhose wurden eine diagnostische Spezifität von 90–95 % und eine Sensitivität von nur 60 % ermittelt. Normale Aktivitäten treten hingegen bei akuter Hepatitis, chronisch-persistierender Hepatitis, Verschlussikterus sowie bei den ohne Bindegewebsproliferation einhergehenden Neoplasien der Leber auf. Eine Korrelation zwischen erhöhter MAO und abnormalen Cholestase-, Nekrose- und Syntheseparametern der Leber besteht nicht. Die kombinierte Bestimmung von MAO mit 7 N-Acetyl-β-DGlukosaminidase, ggf. auch mit 7 β2-Mikroglobulin und 7 Fibronectin verbessern die diagnostischen Kriterien für Zirrhose bzw. Fibrose. Monoaminooxidase-A-Mangel: Brunner Syndrom Ein X-chromosomal-rezessiv vererbter MAO-A-Mangel führt zur Erkrankung des Brunner-Syndroms mit Verhaltensstörungen und mentaler Retardierung.

Literatur. Gressner A M (1980) Evaluation of the Assay for Serum Monoamine Oxidase – an Index of Hepatic Fibrosis. J Clin Chem Clin Biochem 18:921–927 Nicotra A, Pierucci F, Parvez H et al (2004) Monoamino Oxidase Expression during Development and Aging. Neurotoxicology 25:155– 165

Monoamin-O2-Oxidoreduktase 7 Monoaminooxidase, im Serum

Monod, Jacques Lucien

Monoblast H. Baum

Englischer Begriff. monoblast Definition. Morphologisch nachweisbare unreife Progenitorzelle der Monozytopoese (7 Abb. 1).

969

i Bei 7 Eukaryonten sind bisher nur monocistronische 7 Gene bekannt. Im Gegensatz dazu sind bei 7 Prokaryonten polycistronische Geneinheiten (7 Operons) bekannt, die gemeinsam reguliert (transkribiert) werden.

Monoclonal Antibody Immobilization of Granulocyte Antigens-Test K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). MAIGA-Assay; MAIGA-Test Englischer Begriff. monoclonal antibody immobilization of granulocyte antigens

Definition. Methode zur gezielten Bestimmung spezifischer Antigene der Granulozytenmembran i Die Basis des MAIGA-Tests bilden zwei Antikörper, einer huma-

Monoblast. Abb. 1. Monoblast (1), daneben ein Promonozyt (2) und ein Lymphozyt (3) im peripheren Blut bei einer AML M5, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Der Monoblast ist die unreife Progenitorzelle der Monozytopoese. Der Monoblast kann morphologisch nicht sicher vom 7 Myeloblasten unterschieden werden, allerdings erscheint er etwas größer mit leicht gebuchtetem Kern und etwas weiterem Zytoplasmasaum. Mit zytochemischen Verfahren – Positivität in der unspezifischen Esteraseeraktion – oder immunologischen Methoden (z. B. Expression von CD14) kann der Monoblast von anderen Blasten unterschieden werden (7 Monozyten).

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 290

Monochromator T. Arndt

Synonym(e). Gittermonochromator; Prismenmonochromator Englischer Begriff. monochromator Definition. Monochromatoren selektieren Licht einer einheitlichen Wellenlänge (Farbe) oder eines engen Wellenlängenbereichs. Die Zerlegung in die Wellenlängen erfolgt entweder durch Brechung (Prismenmonochromatoren) oder durch Beugung und Interferenz (Gittermonochromatoren). i Prisma und Gitter sind in der Regel drehbar gelagert und gestatten in Abhängigkeit von ihrer Stellung zum einfallenden Licht die Abtrennung von Licht eines entsprechenden, eng begrenzten Wellenlängenbereichs. Im klinischen-chemischen Labor werden Monochromatoren, häufig Gittermonochromatoren, hauptsächlich in 7 Photometern eingesetzt.

Literatur. Näser KH, Peschel G (1986) Physikalisch-chemische Messmethoden. 4. Aufl. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig

Monocistronische mRNA

nen Ursprungs und ein monoklonaler Antikörper von der Maus, die in der Lage sind, spezifisch an zwei verschiedenen Epitopen desselben gesuchten granulozytären Antigens zu binden. Nach der Bindung der Antikörper wird das Zielprotein durch Detergenzien (z. B. Triton) aus der Zellmembran herausgelöst. Das Solubilisat wird anschließend auf eine Mikrotiterplatte pipettiert, die mit Ziege-Anti-Human-IgG beschichtet ist. Der Komplex aus Maus-Antikörper, Membrankomponente und humanem Antikörper wird über diesen Antikörper an die Mikrotiterplatte gebunden. Zur Detektion des trimolekularen Komplexes wird z. B. ein Meerrettichperoxidase-konjugierter Ziege-Anti-Human-IgGAntikörper eingesetzt, der an den humanen Antikörper bindet. Trägt das immobilisierte Molekül humanes Antigen, wird ein hoher Absorptionswert durch das Peroxidase-Detektionssystem gemessen.

Literatur. Bux J, Kober B, Kiefel V, Mueller-Eckhardt C (1993) Analysis of granulocyte-reactive antibodies using an immunoassay based upon monoclonal antibody-spec. immobilization of granulocyte antigens (MAIGA). Transf Med 3:157–162

Monoclonal Antibody-specific Immobilization of Erythrocyte Antigens-Test K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synonym(e). MAIEA-Assay; MAIEA-Test Englischer Begriff. monoclonal antibody-specific immobilization of erythrocyte antigens

Definition. Methode zur gezielten Bestimmung spezifischer Antigene der Erythrozytenmembran i Die Basis des MAIEA-Tests bilden zwei Antikörper, einer huma-

nen Ursprungs und ein monoklonaler Antikörper von der Maus, die in der Lage sind, spezifisch an zwei verschiedenen Epitopen desselben gesuchten erythrozytären Antigens zu binden. Nach der Bindung der Antikörper wird das Zielprotein durch Detergenzien (z. B. Triton) aus der Zellmembran herausgelöst. Das Solubilisat wird anschließend auf eine Mikrotiterplatte pipettiert, die mit Ziege-Anti-Human-IgG beschichtet ist. Der Komplex aus Maus-Antikörper, Membrankomponente und humanem Antikörper wird über diesen Antikörper an die Mikrotiterplatte gebunden. Zur Detektion des trimolekularen Komplexes wird z. B. ein Meerrettichperoxidase-konjugierter Ziege-AntiHuman-IgG-Antikörper eingesetzt, der an den humanen Antikörper bindet. Trägt das immobilisierte Molekül humanes Antigen, wird ein hoher Absorptionswert durch das Peroxidase-Detektionssystem gemessen.

Literatur. Petty AC (1993) Monoclonal antibody-specific immobilisation of erythrocyte antigens (MAIEA), J Immunol Methods 161: 91–95

R. Weiskirchen

Englischer Begriff. monocistronic mRNA Definition. Genetische Bezeichnung für ein mRNA Molekül, das ein einziges Proteinprodukt codiert

Monod, Jacques Lucien R. Weiskirchen

Lebensdaten. Französischer Biochemiker, geboren am 09. Februar

M

970

Monoethylglyzinxylidid-Test

1910 in Paris, gestorben am 31. Mai 1976 in Cannes. Promotion im Jahr 1941; leitete ab 1959 die Section Chemistry of Metabolism an der Sorbonne, ab 1967 zum Professor für Molekularbiologie am Collège de France berufen, 1971 wurde er zum Direktor des Pasteur Institutes ernannt.

Verdienste. Zusammen mit Jacob (7 Jacob, Francois) und Lwoff bekam er im Jahr 1965 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für die Erforschung fundamentaler Genregulationsvorgänge bei 7 Eukaryonten (s. a. 7 Jacob-Monod-Modell). Desweiteren befasste er sich mit philosophischen Fragestellungen innerhalb der modernen Biologie.

i Unter dem Begriff „mononukleäre Zellen“ werden in der Hämatologie all die Zellen zusammengefasst, die nur einen, meist runden bis ovalen Zellkern haben. Dieser Gruppe von Zellen werden die „7 polynukleären Zellen“ mit segmentiertem oder stabförmigem Kern, also neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten gegenübergestellt.

Literatur. Begemann H, Begemann M (1997) Praktische Hämatologie. 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, S 117–118

Monozyten H. Baum

Monoethylglyzinxylidid-Test 7 Lidocain-Eliminationstest

Monoklonale Antikörper

Englischer Begriff. monocyte Definition. Große mononukleäre Zelle der Hämatopoese mit einem weiten, graublauen Zytoplasmasaum und einem bohnenförmigen bis gelappten grobretikulären Zellkern (7 Abb. 1).

7 Antikörper, monoklonale

Monoklonales IgM 7 IgM-Paraprotein

Mononatriumurat-Kristalle H.-D. Haubeck

Synonym(e). Harnsäurekristalle Englischer Begriff. monosodium urate (MSU) crystals Definition. Mononatriumurat-Kristalle (7 Abb. 1) treten bei der Arthritis urica (Gicht) in der Synovialflüssigkeit auf. Der Nachweis erfolgt polarisationsmikroskopisch. Monozyten. Abb. 1. Monozyt, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Der Monozyt ist die im peripheren Blut und Knochenmark nachweisbare reife Zellform der Monozytopoese. Er ist eine etwa 14 μm große Zelle mit einem großen Kern und viel graublauem Zytoplasma. Das 7 Kernchromatin ist grobretikulär, der Kern meist bohnenförmig oder gelappt. Das Zytoplasma erscheint sehr unruhig mit meist nur vereinzelt nachweisbaren kleinen Granula. Häufig sind auch Vakuolen sichtbar. Der Monozyt hat im peripheren Blut eine sehr kurze Verweildauer und wandert ins Gewebe ab, wo seine endgültige Umwandlung zum gewebespezifischen 7 Makrophagen stattfindet. Der Anteil der Monozyten im Knochenmark beträgt 1,3 % aller kernhaltigen Zellen und 2 % innerhalb der Granulomonopoese. Im peripheren Blut beträgt der Anteil der Monozyten 2–6 % der Gesamtleukozytenzahl (s. a. 7 Monoblasten).

Mononatriumurat-Kristalle. Abb. 1. Polarisationsoptischer Nachweis von doppelbrechenden Harnsäure-(Mononatriumurat)-Kristallen in der Synovialflüssigkeit i Mononatriumurat-Kristalle in der Synovialflüssigkeit (7 Synovia-Analyse) sind pathognomonisch für das Vorliegen einer Arthritis urica (Gicht). Sie lassen sich zum Teil auch zwischen den einzelnen akuten Schüben nachweisen. Der Nachweis der Kristalle erfolgt durch Polarisationsmikroskopie. Mononatriumurat-Kristalle erscheinen als stark doppelbrechende nadelförmige Kristalle. Diese liegen z. T. intrazellulär in neutrophilen Granulozyten vor. Eine Bestätigung der Diagnose ist durch 7 Infrarotspektroskopie möglich.

Literatur. Rosenthal AK Mandel N (2001) Identication of crystals in synovial fluid and joints. Curr Rheumatol Rep 3:11–16

Mononukleäre Zellen H. Baum

Englischer Begriff. mononucleated cell Definition. Zelle mit einem oder einem einfachen Zellkern.

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 287–291

Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum K. Kleesiek, J. Diekmann, J. Dreier, Chr. Götting, M. Schmidt

Synomym(e). Hämolytische Fetose; fetale Erythroblastose; hämolytische Neugeborenengelbsucht

Englischer Begriff. fetal erythroblastosis Definition. Schwerwiegende Gesundheitsstörung von Fetus und Neugeborenem aufgrund einer immunologischen Reaktion der Mutter auf diaplazentar übertragene Blutgruppen-Antigene (7 Blutgruppen-Antigene, erythrozytäre) des Kindes. Die dabei von der Mutter gebildeten Antikörper gehen auf das Kind über und führen hier zu einer Hämolyse mit Anämie, die bei Neugeborenen mit einem ausgeprägten Ikterus verbunden ist und oft zum Tode führt. i Der Auslöser für einen Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum ist eine immunologische Reaktion der Mutter mit Bildung von Anti-

Morphin(derivate)

körpern gegen die kindlichen Erythrozyten infolge einer Blutgruppenunverträglichkeit (v. a. bei Rhesus- oder AB0-Inkompatibilität) zwischen Mutter und Kind, speziell bei Rhesus-positiven Kindern Rhesus-negativer Mütter bzw. bei A- oder B-positiven Kindern von Müttern mit Blutgruppe 0 oder einer Sensibilisierung z. B. durch vorausgegangene Schwangerschaften (auch mit Fehlgeburt) oder einer früher durchgeführten Bluttransfusion, gefolgt von einem diaplazentaren Übertritt dieser Antikörper auf den Fetus, wobei Antikörper des Rhesus- (7 Rhesus-Blutgruppensystem) und 7 Kell-Blutgruppensystems nur mit fetalen Erythrozyten, Anti-AB-Antikörper aber auch mit extraerythrozytären A- und B-Rezeptoren reagieren. Dies führt zu einem beschleunigten Abbau der mit Antikörpern beladenen roten Blutkörperchen in der Milz des Kindes. Der Fetus versucht den Verlust durch vermehrte Blutproduktion zu kompensieren. Ist der Abbau jedoch schneller als die Neubildung, entwickelt das Kind schon im Mutterleib eine erhebliche Blutarmut (Anämie), in deren Folge es zu einer Sauerstoff-Unterversorgung des gesamten Organismus mit Pumpschwäche des Herzens (Herzinsuffizienz), Ergüssen in Brust- und Bauchhöhle (Pleuraerguss und Aszites) sowie Wassereinlagerungen im gesamten Körper (generalisierte Ödeme) kommen kann. Das Vollbild dieses Zustands ist unter der Bezeichnung Hydrops fetalis bekannt. Bei frühzeitiger Erkennung kann versucht werden, die Erkrankung schon durch eine Bluttransfusion im Mutterleib zu behandeln. Nach der Geburt benötigen die Neugeborenen zumindest eine Phototherapie (Blaulichtbestrahlung), wenn nicht sogar eine Blutaustauschtransfusion. Für die häufigste Ursache des Morbus haemolyticus fetalis/ neonatorum, die Rhesus-Inkompatibilität, gibt es in Deutschland eine systematische Vorbeugung durch Verabreichung von Immunglobulinen gegen das Rhesus-D-Blutgruppenmerkmal an alle Rhesusnegativen Mütter schon während der Schwangerschaft, direkt nach der Entbindung und jedem anderen Eingriff, der zu einem Übertritt von Erythrozyten des Feten in den Kreislauf der Mutter führen kann (7 Anti-D-Prophylaxe).

Literatur. Roos R et al (2000) Checkliste Neonatologie. Das Neo-

971

Bestandteilen (z. B. Einzelproteinen) durch gleichzeitige Messung des 7 Kreatinins und oder der relativen Dichte durch Leitfähigkeitsmessung (7 Leitfähigkeit des Urins) korrigiert werden, so dass keine Unterschiede in der Aussage zum ersten Morgenurin und zum Sammelurin mehr auftreten. Die Schwierigkeiten, bei älteren Patienten einen ersten Morgenurin zu gewinnen, lassen die Zahl spontan gelassener Urine am Vormittag als Untersuchungsmaterial zunehmen.

Literatur. Kouri T, Fogazzi G, Gant V, Halander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European Urinalysis Guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60,Suppl 231

Morphin(derivate) W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Synonym(e). Opiate Englischer Begriff. morphine and morphine derivatives Definition. Narkoanalgetika (7 Abb. 1-4) Molmasse. Morphin: 303,4 g; Heroin: 369,4 g; Codein: 317,4 g; Dihydrocodein: 301,4 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Heroin (Diacetylmorphin, Diamorphin) wird wegen der schlechten Bioverfügbarkeit bei oraler Applikation intravenös zugeführt und rasch zu 6-Monoacetylmorphin (6-MAM) abgebaut, das langsamer weiter zu Morphin deacetyliert wird (7 Tab. 1). Geringe Mengen 6-MAM finden sich im Urin, neben geringen Mengen Morphin und überwiegend Morphinglukuroniden. Morphin(derivate). Tab. 1. Abbau der Morphin(derivate) Morphin(derivat)

Halbwertszeit (h)

Bioverfügbarkeit (%)

Diamorphin

0,03–0,06

6-Monoacetylmorphin

0,5

Morphin

1–4

25

eine 7 Rekombination zwischen zwei genetischen Markern auftritt

Codein

2–4

50

i Sie ist umso seltener, je näher die entsprechenden Marker beiein-

Dihydrocodein

3–4

20

ABC. 4. Aufl. Thieme Verlag, Stuttgart

Morgan-Einheit R. Weiskirchen

Englischer Begriff. Morgan unit Definition. Genetische Einheit für die ungefähre Häufigkeit mit der

ander liegen. Ein 7 Centimorgan (cM) entspricht einer 7 Rekombinationshäufigkeit zwischen zwei Markern von 1 %.

Morgenurin W.G. Guder

Englischer Begriff. first morning urine; second morning urine; spot urine in the morning

Definition. Erster Morgenurin: Erste Urinportion, die spontan nach einer nächtlichen Bettruhe und mindestens 4 h, besser 8 h nach der letzten Blasenentleerung gewonnen wird. Zweiter Morgenurin: Spontanurin, der im Laufe des Vormittags nach dem ersten Morgenurin spontan gelassen wird. Dieser wird üblicherweise 2–4 h nach dem ersten Morgenurin gewonnen. i Morgenurin, gewonnen als 7 Mittelstrahlurin, stellt das Standardmaterial für die erste Untersuchung von Urin mit 7 Teststreifen und/oder Sedimentanalyse (7 Urinstatus) dar. Dabei hat der erste Morgenurin den Vorteil, dass er üblicherweise höher konzentriert ist, länger in der Blase verweilte und daher qualitativ gemessene Analyte empfindlicher erfasst werden (Teststreifen für Proteine, Nitrit, Ketone, Sedimentbestandteile). Auf der anderen Seite bietet der zweite Morgenurin die Möglichkeit, dass er zur Zeit der ambulanten Untersuchung gewonnen werden kann. Die stärker variable Konzentration kann bei einigen modernen Teststreifen und quantitativen

Pathophysiologie. Bei akuter Vergiftung mit Opiaten tritt insbesondere eine Lähmung des Atemzentrums mit Koma und Miose der Pupillen.

Untersuchungsmaterial. Urin, Plasma, Serum, Haare, Schweiß, Speichel

Analytik. Immunoassay (Urin), HPLC, GC-MS, LC-MS/MS Indikation. Nachweis von Drogenabusus. Verdacht auf Intoxikation. Interpretation. Immunoassays erfassen mit unterschiedlicher Empfindlichkeit nur Substanzen, die mit Morphin chemisch nahe verwandt sind und in entsprechend hoher Konzentration im Urin vorliegen. Da Morphin überwiegend glukuronidiert ausgeschieden wird und die Konjugate mit den Antikörpern nicht oder nur schlecht reagieren, ist eine der Analyse vorangehende Hydrolyse empfehlenswert. Der chromatographisch-massenspektrometrische Nachweis der Opiate ist forensisch beweisend. Morphin im Urin kann auf der Zufuhr von Heroin, Morphin, Codein oder Mohnkuchen beruhen. Heroinabusus ist bewiesen, wenn im Urin zusätzlich 6-MAM nachgewiesen wurde. Heroin selbst ist angesichts seiner kurzen Halbwertszeit im Plasma oder Urin nicht nachweisbar. Bei Heroinabhängigen entwickelt sich eine Toleranz, die im Laufe der Zeit erhebliche Dosissteigerungen erforderlich macht. Es können Konzentrationen im Plasma auftreten,

M

972

Morulazelle

Motilin A.M. Gressner, O.A. Gressner

Englischer Begriff. motilin Definition. Im Gastrointestinaltrakt weit verbreitetes, vorwiegend in Duodenum und Jejunum konzentriertes niedermolekulares Polypeptidhormon mit stark stimulierender Wirkung auf die Kontraktion der glatten Muskulatur im oberen Gastrointestinaltrakt. i Das vorwiegend in den M-Zellen der Mukosa des proximalen

Morphin(derivate). Abb. 1. Morphin

Darmabschnitts (Duodenum, Jejunum), aber auch im Hirn synthetisierte, 22 Aminosäuren große (Molmasse 2,7 kDa), saure Polypeptidhormon wird unter den Sekretionsreizen eines alkalischen pH im Duodenum und nach Fettaufnahme in die Zirkulation sezerniert. Sekretion erfolgt während des Nüchternzustandes periodisch in Intervallen von etwa 100 min. Sekretionsinhibitoren sind 7 Somatostatin und orale Glukoseaufnahme. Keine strukturellen Homologien mit anderen gastrointestinalen Hormonen. Wirkungen werden über Ca2+-Flux regulierende Motilin-Rezeptoren vermittelt: Regulation des gastrointestinalen Motilitätsprofils durch Stimulation der glatten Muskelkontraktion im oberen Gastrointestinaltrakt (Fundus, Antrum, Duodenum), Erhöhung der Sphinkterkontraktion im unteren Ösophagus, Gallenblasenkontraktion. Erythromycin und verwandte Antibiotika wirken als Nicht-Peptid-Motilin-Agonisten über den authentischen Motilinrezeptor. Serumkonzentration stark methodenabhängig. Richtwert: 16–28 pmol/L. Konzentrationserhöhungen bei akuter Diarrhoe, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Konzentrationsbestimmung mit kompetitivem Radioimmuno- und zeitaufgelöstem Fluoreszenz (Europium)-7 Immunoassayassay (7 Fluoreszenz, zeitaufgelöste).

Morphin(derivate). Abb. 2. Diacetylmorphin (Heroin)

Mottzelle 7 Grape cells

Morphin(derivate). Abb. 3. Codein

M2-PK 7 Tumor M2-Pyruvatkinase

MPO 7 Myeloperoxidase

MPO-Antikörper Morphin(derivate). Abb. 4. Dihydrocodein

7 Autoantikörper gegen Myeloperoxidase

die bei nicht toleranten Probanden tödlich sind (7 Tab. 2). Antidot einer Opiumintoxikation ist Naloxon.

7 Mukopolysaccharid-Elektrophorese

MPS-Elektrophorese MRM

Morphin(derivate). Tab. 2. Plasamkonzentrationen

7 Massenspektrometrie; 7 LC-MS Morphin (-derivat)

Plasmakonzentration (mg/L) therapeutisch

toxisch

komatös-letal

mRNA, polycistronische

Codein

0,025–0,25

≥ 0,5

≥ 1,8

R. Weiskirchen

Dihydrocodein

0,03–0,25

≥1

≥2

Morphin

0,01–0,10

≥ 0,1

≥ 0,1–4

Literatur. Käferstein H, Sticht G (2009) Morphine and morphine derivatives. In: Külpmann WR (ed) Clincial toxicological analysis. Wiley-VCH, Weinheim, pp 240–249

Morulazelle 7 Grape cells

Definition. mRNA, die die kodierenden Bereiche für mehrere unabhängige Proteine trägt i Dadurch können von ein und demselben mRNA-Molekül meh-

rere Proteine gebildet werden. Polycistronische mRNAs kommen ausschließlich bei 7 Prokaryonten vor (7 Operon), eukaryontische mRNAs sind 7 monocistronisch.

MRSA W. Stöcker

Synonym(e). Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus; ORSA; Oxacillin-resistenter Staphylococcus aureus

Mucin-like cancer associated antigen

Englischer Begriff. Methicillin resistant Staphylococcus aureus Definition. S.-aureus-Stämme mit erworbener Methicillin-Resistenz. Beschreibung der Erreger. Generell gilt S. aureus innerhalb der Gattung der Staphylokokken (grampositive, fakultativ anaerobe Kokken) als ausgesprochen pathogen, der Erreger kolonisiert aber auch bei 20– 50 % der gesunden Normalbevölkerung die Haut, insbesondere im Bereich des vorderen Nasenvorhofs und des Perineums. Er verursacht drei Viertel aller Wundinfektionen, 50 % aller Osteomyelitiden, 30 % aller Fälle von Sepsis und Endokarditis und 10 % aller Pneumonien. Die ersten MRSA-Stämme traten im Jahr 1961 bereits kurz nach Einführung der β-Laktamase-widerstandsfähigen Penicilline (Methicillin, Oxacillin) auf. Die Methicillin-Resistenz beruht auf der Determinante mec, bestehend aus dem mecA-Gen und regulatorischen Abschnitten, die auf einem mobilen genetischen Element, dem sogenannten „Staphylococcus cassette chromosome mec“ (SCCmec) lokalisiert sind. MecA kodiert für ein modifiziertes Penicillinbindeprotein PBP2A, das eine sehr niedrige Affinität für β-Laktam-Antibiotika aufweist – methicillinresistente Staphylokokken sind daher resistent gegen alle β-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme). Oft weisen MRSA Mehrfachresistenzen gegen eine Reihe verschiedener anderer Antibiotikagruppen auf, wie z. B. Aminoglykoside, Fluorchinolone, Makrolide und Lincosamide, weshalb die therapeutischen Möglichkeiten auf wenige Reserveantibiotika (z. B. Glykopeptide oder neuere Substanzen wie Linezolid, Daptomycin oder Tigecyclin) limitiert sein können. MRSA sind weltweit verbreitet und besitzen eine große Bedeutung als Verursacher nosokomialer Infektionen. Die MRSA-Prävalenzen variieren von Land zu Land sehr stark. Während in den Niederlanden und in Skandinavien der Anteil von MRSA an allen untersuchten S.aureus-Isolaten aufgrund eines guten Krankenhaushygienestandards unter 1 % liegt, weisen Süd- und Westeuropa hohe Prävalenzraten von über 40 % auf. In Deutschland stieg die Prävalenz im Zeitraum von 1995–2001 von ca. 8 auf 20 %. MRSA-Infektionen sind mit hoher Morbidität und Letalität und mit erheblichen Kosten für Pflege und Therapie verbunden. Der Prävention wird daher große Bedeutung beigemessen. Vermehrt wird über das Vorkommen ambulant erworbener MRSA („community-acquired“; CA-MRSA) berichtet, die durch den häufig gleichzeitig vorhandenen Virulenzfaktor PVL (Panton-Valentine-Leukozidin) eine erhöhte Pathogenität besitzen.

Labordiagnostik. Für den Befund MRSA muss für das jeweilige Isolat stets sowohl die Speziesdiagnose S. aureus gesichert als auch dessen Oxacillin- bzw. Cefoxitin-Resistenz einwandfrei nachgewiesen werden. Die Überprüfung der Methicillin-Resistenz wird dadurch erschwert, dass ihre phänotypische Ausprägung in vitro nur bei einem Teil der Bakterienpopulation vorliegen kann. Das übliche Antibiogramm mit Oxacillin zeigt dies nicht zuverlässig an; besser eignen sich Cefoxitin-Testplättchen. Referenzmethode ist die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) nach DIN (58940) oder CLSI (M100-S15, MIC Testing). Alternative Verfahren sind ScreeningTests unter Verwendung von Müller-Hinton-Agar mit 4 % NaCl und 6 mg/L Oxacillin oder Nähragar mit Zusatz von Cefoxitin und chromogenem Substrat für die alkalische Phosphatase (DIN 58940-31). Ein kommerziell erhältlicher Agglutinationstest erlaubt die Bestätigung der Methicillin-Resistenz über den Nachweis des PBP 2a. Goldstandard ist der molekulare Nachweis des mecA-Gens mittels PCR. Mittlerweile stehen auch molekulare Testkits zur Verfügung, die zusätzlich zum mecA-Gen-Nachweis die Speziesdifferenzierung von S. aureus einschließen.

Literatur. Fachtagung der AG Nosokomiale Infektionen am RobertKoch-Institut Berlin zur Intensivierung der Umsetzung von Präventionsstrategien bei MRSA (2005) Epid Bull 5:31–38 Brown DFJ, Edwards DI, Hawkey PM, Morrison D, Ridgway GL, Towner KJ, Wren MWD; Joint Working Party of the British Society for Antimicrobial Chemotherapy; Hospital Infection Society; Infection Control Nurses Association (2005) Guidelines for the laboratory diagnosis and susceptibility testing of methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA). J Antimicrob Chemother 56:1000–1018

973

MS 7 Massenspektrometrie

MSn B. Güssregen i Unter MSn versteht man in der 7 Massenspektrometrie MS/MS-

Experimente, wobei n die Anzahl der MS/MS-Experimente angibt. Im ersten MS/MS-Experiment werden Fragmente erzeugt, die dann in den nächsten MS/MS Experimenten weiter fragmentiert werden. MSn dient häufig der Strukturaufklärung von unbekannten Metaboliten und der Peptidsequenzierung.

MS-Office-Datenübergabe O. Colhoun

Englischer Begriff. MS office data transfer Definition. Fähigkeit des 7 Labor-EDV-Systems, Daten über eine Standardschnittstelle an ein Programm der Office-Familie von Microsoft zu übertragen i Eine Datenübergabe an eines der Microsoft-Office-Programme (meist Tabellenkalkulation Excel oder Datenbank Access) dient der flexiblen Aufbereitung und Selektion von Daten der Labor-EDV. Als Schnittstelle bieten sich ODBC (Open Database Connectivity: standardisierte Anwendungsprogrammierschnittstelle; 7 ODBC-Abfrage) und SQL (Structured Query Language: Abfragesprache zur Bearbeitung der Inhalte relationaler Datenbanken; 7 SQL-Abfrage) an. Eine einfache Form der Datenübergabe bei fehlender ODBC- oder SQL-Fähigkeit des Labor-EDV-Systems ist der Export vorselektierter Labordaten in eine Textdatei mit Feldbezeichnern zum Export in die Office-Anwendung.

MSH 7 Melanozyten-stimulierende Hormone

MSK19 7 Lutheran(Lu)-Blutgruppensystem

MS/MS 7 Massenspektrometrie

MTHFR 7 5,10-Methylentetrahydrofolatreduktase

MTP 7 Triglyzerid-Transferprotein, mikrosomales

MTX 7 Methotrexat

Mucin-like cancer associated antigen S. Holdenrieder, P. Stieber

Synonym(e). MCA Englischer Begriff. mucin-like cancer associated antigen Definition. MCA ist ein 350–500 kDa schweres muzinöses Glykoprotein.

Struktur. MCA ist ein hochmolekulares Kohlenhydrat-Antigen mit einer hohen Zahl geladener Gruppen wie N-Acetylsialinsäure, Fukose, Galaktose und Galaktosamin, die über Threonin und Serin an eine Proteinstruktur gebunden sind. Das muzinähnliche Antigen liegt auf

M

974

Mucin-Clot-Bildung

der Polypeptidkette repetetiv vor und wird durch den monoklonalen Antikörper b-12 erkannt.

teilen und eignen sich nicht für eine exakte differenzialdiagnostische Aussage.

Molmasse. 350–500 kDa

Literatur. Kleesiek K (1980) Gelenkerkrankungen: Klinisch-chemi-

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Immuhistologisch detek-

sche und pathobiochemische Befunde zur Differentialdiagnose der Gelenkerkrankung. Med Welt 31:1609–1617

tiert der b-12-Antikörper normales Gewebe der Brustdrüse und der Niere; außerdem werden Mammakarzinome und Adenokarzinome anderer Genese dadurch erkannt.

Mucin-Faden-Test 7 Viskosität der Synovialflüssigkeit

Halbwertszeit. 2–5 Tage Funktion und Pathophysiologie. MCA kann wie alle Muzinmarker zu Therapiekontrolle und Nachsorge des Mammakarzinoms eingesetzt werden. Wegen nicht vorhandener Komplementarität zu 7 CA 15-3 und MCA ist eine Kombination nicht sinnvoll. Als Zweitmarker empfiehlt sich CEA (7 Carcinoembryonales Antigen).

Synonym(e). Glykosaminoglykane; GAG

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen.

Englischer Begriff. mucopolysaccharides

Serum,

Liquor,

Pleura-, Aszitesflüssigkeit

Analytik. Enzymimmunoassay (EIA), Radioimmunoassay (RIA), Immunradiometrischer Assay (IRMA)

Konventionelle Einheit. U/mL (kU/L) Referenzbereich — Erwachsene. Empfohlener Referenzbereich im Serum bis 15 kU/L (methodenabhängig) Indikation. Therapiekontrolle und Nachsorge beim Mammakarzinom (mit CEA) Interpretation. Neben dem Mammakarzinom kann MCA auch bei Karzinomen des Kolons, des Pankreas, der Gallengänge, der Leber, der Lunge, des Ovars, des Endometriums, der Zervix, der Niere sowie der Prostata erhöht sein. Hinsichtlich benigner Erkrankungen sind gutartige Lebererkrankungen und benigne Erkrankungen der Brust als Einflussgrößen zu nennen.

Diagnostische Wertigkeit. Mammakarzinom: Therapiemonitoring, Rezidiverkennung (mit CEA)

Literatur. Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med;32: 339–360 Lamerz R (2007) MCA. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1313–1316

Mucin-Clot-Bildung 7 Mucin-Clot-Test

Mucin-Clot-Test A.M. Gressner, O.A. Gressner

Synonym(e). Mucin-Clot-Bildung Englischer Begriff. mucin clot test Definition. In der Synovialflüssigkeit zur Grobdifferenzierung in entzündliche und degenerative Gelenkerkrankungen eingesetzter Fällungstest von 7 Hyaluronan. i Der heute weitgehend durch quantitative Hyaluronanbestim-

mung und Viskositätsmessung (7 Viskosimetrie, 7 Viskosität der Synovialflüssigkeit) ersetzte, subjektiv zu bewertende Test erlaubt eine Semiquantifizierung der Hyaluronankonzentration der Synovialflüssigkeit. Nach Zugabe von einigen Tropfen Synovialflüssigkeit in ein Reagenzglas, das mit 3 mL 5-%iger Essigsäure gefüllt ist, ergibt sich bei degenerativen Gelenkerkrankungen ein positiver Fällungstest, d. h. ein Niederschlag, der um einen Glasstab wickelbar ist. Bei entzündlichen Gelenkerkrankungen hingegen bleibt der Niederschlag flockig und lässt sich nicht um einen Glasstab wickeln. Die Unterschiede zwischen beiden Fällungsarten sind jedoch schwer zu beur-

Mukopolysaccharide H.-D. Haubeck

Definition. Mukopolysaccharide ist eine ältere, heute weniger gebräuchliche Bezeichnung für 7 Glykosaminoglykane. Sie wird vor allem bei den Mukopolysaccharidosen, einer Gruppe von lysosomalen Speicherkrankheiten, denen verschiedene Enzymdefekte des Abbaus der Glykosaminoglykane zugrundeliegen, verwendet. Struktur. Glykosaminoglykane (GAG) sind Polysaccharide, die als freie GAG-Ketten (Hyaluronan und Heparin) vorkommen, überwiegend aber kovalent an das Core-Protein der jeweiligen 7 Proteoglykane gebunden sind. Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. GAG sind lineare Polymere, die aus repetitiven Disaccharideinheiten bestehen und durch eine Reihe spezifischer Enzyme synthetisiert und modifiziert werden (s. u. a. 7 Heparansulfat-Proteoglykane). Proteoglykane bzw. die jeweiligen GAG werden in den Lysosomen durch eine Reihe spezifischer Enzyme, z. B. Hydrolasen, Sulfatasen etc., abgebaut. Die Fragmente der GAG (bzw. Mukopolysaccharide) werden z. T. ins Serum freigesetzt und in den Urin ausgeschieden.

Pathophysiologie. Mukopolysaccharidosen gehören, zusammen mit den Glykogenosen und Lipidosen (Mucolipidosen, Sphingolipidosen, etc.), zu den lysosomalen Speicherkrankheiten. Den Mukopolysaccharidosen liegen verschiedene Enzymdefekte des Abbaus der GAG zugrunde (7 Tab. 1). Dementsprechend kommt es zu einer Ablagerung der betroffenen GAG bzw. Mukopolysaccharide in den Lysosomen und den betroffenen Geweben. Die Ablagerung der Mukopolysaccharide vor allem in mesenchymalen Geweben, Nervensystem und inneren Organen, führt zu vielfältigen Störungen. Im Vordergrund stehen hierbei Skelettdeformitäten, Knorpelschäden und Entwicklungsstörungen des ZNS mit Debilität. Untersuchungsmaterial. Urin Analytik. Der Nachweis der Mukopolysaccharide (bzw. GAG) kann im Urin u. a. über eine 7 Mukopolysaccharid-Elektrophorese, mit 7 Immunoassays oder 7 GC-MS erfolgen.

Bewertung. Der Nachweis der Mukopolysaccharide (bzw. GAG) im Urin ist nur ein Hinweis auf das Vorliegen einer Mukopolysaccharidose. Der definitive Beweis des Enzymdefekts erfolgt in Hautfibroblasten durch Western Blot oder biochemisch durch Bestimmung der Enzymaktivität in Serum bzw. Heparinplasma oder in Leukozyten bzw. Fibroblasten. Alternativ können die Mutationen, Deletionen etc., die zu den Enzymdefekten führen, mit molekularbiologischen Methoden nachgewiesen werden.

Literatur. Meikle PJ, Fuller M, Hopwood JJ (2003) Mass spectrometry in the study of lysosomal storage disorders. Cell Mol Biol 49:769–777 Yogalingam G, Hopwood JJ (2001) Molecular genetics of mucopolysaccharidosis type IIIA and IIIB: Diagnostic, clinical and biological implications. Hum Mut 18:264–281 Hopwood JJ, Morris CP (1990) The mucopolysaccharidosis. Diagnosis, molecular genetics and treatment. Mol Biol Med 7:381–404

Mullis, Kary Banks

Mukopolysaccharide. Tab. 1. Typ

Krankheit/ Syndrom

Enzymdefekt

betroffenes Glykosaminglykan

975

legtem elektrischem Feld. Dadurch kommt es zu unterschiedlichen Laufstrecken jedes einzelnen Mukopolysaccharids auf der Titan-IIICelluloseacetat-Beschichtung und somit zu deren Trennung. Das benötigte Urinvolumen ist Kreatinin-abhängig.

Einsatzgebiet. Bei Verdacht auf Vorliegen einer lysosomalen Speichererkrankung im speziellen auf Mukopolysaccharidose. Nachweis spezifischer Mukopolysaccharide im Urin. Hinweis auf folgende Krankheiten: Mukopolysaccharidose I-VII.

MPS-IH

Hurler

α-L-Iduronidase

Dermatansulfat

MPS-IS

Scheie

α-L-Iduronidase

Heparansulfat

Untersuchungsmaterial. Urin (24-h-Sammelurin oder Morgenurin): Instrumentierung. Kühlbare horizontale Elektrophorese-Einheit, pH-Meter, Zentrifuge

MPS-IHS

„Compound“

α-L-Iduronidase

Dermatan-/ Heparansulfat

MPS-IIA

Hunter

Iduronat-2Sulfatase

Dermatansulfat

MPS-IIB

Hunter

Iduronat-2Sulfatase

Heparansulfat

10 mL

Spezifität. Sehr gut bei Vorliegen einer MPS VI, gut bei Vorliegen einer MPS I, II, IIIA-D, IVA und VII, wobei MPS I und II sowie IIIA-D nicht voneinander unterschieden werden können.

Sensitivität. Gut bei MPS I, II, IIIA-D und IV, mäßig bei IVA und VII

Fehlermöglichkeit. Spontanurine können zu einem falsch-negativen MPS-IIIA

Sanfilippo A

Heparansulfatsulfatase

Heparansulfat

MPS-IIIB

Sanfilippo B

N-acetyl-α-DGlukosaminidase

Heparansulfat

MPS-IIIC

Sanfilippo C

Acetyl-CoA: α-Glukosaminid-NAcetyltransferase

Heparansulfat

Ergebnis führen. Heparin zeigt ein ähnliches Laufverhalten wie Dermatansulfat und kann somit leicht mit diesem verwechselt werden. Folgende Medikationen können zu einer erhöhten Mukopolysacharid-Ausscheidung im Urin führen: 5 Penicillin 5 Phenobarbital Folgende Erkrankungen können mit einer erhöhten Mukopolysaccharid-Ausscheidung einhergehen: 5 Dermatomyositis 5 Erythrodermia psoriatica 5 Rheumatoide Arthritis 5 Diabetes mellitus

MPS-IIID

Sanfilippo D

N-Acetyl-Glukosamin-6-Sulfatsulfatase

Heparansulfat

MPS-IVA

Morquio A

N-Acetyl-Galaktosamin-6-Sulfatsulfatase

Keratansulfat

Praktikabilität/Automatisierung/Kosten. Wird an zwei aufeinanderfolgenden halben Tagen durchgeführt. Eine Automatisierung erscheint nicht sinnvoll, da die Methode nicht nur aus reinen Pipettierschritten besteht, sondern auch bei einigen Schritten das menschliche Auge erfordert. Die Kosten sind für diese Screening-Methode relativ hoch, da insbesondere die verwendeten Standardsubstanzen, wie z. B. Heparansulfat und Keratansulfat, recht teuer sind.

MPS-IVB

Morquio B

β-D-Galaktosidase

Keratansulfat

MPS-VI

MaroteauxLamy

N-AcetylGalaktosamin-4Sulfatsulfatase (Arylsulfatase B)

Dermatansulfat

β-D-Glucuronidase

Dermatan-/ Heparansulfat

MPS-VII

Sly

Mukopolysaccharid-Elektrophorese G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). MPS-Elektrophorese; phorese; GAG-Elektrophorese

Glykosaminoglykan-Elektro-

Englischer Begriff. separation of mucopolysaccharides by electro-

Bewertung/Methodenhierarchie (allg.). Bei dringendem klinischen Verdacht auf das Vorliegen einer Mukopolysaccharidose sollte zuerst die Mukopolysaccharid-Elektrophorese durchgeführt werden, um die daran anzuschließende Enzymanalytik stärker einzugrenzen. Die Mukopolysaccharid-Elektrophorese allein reicht nicht zur Diagnosestellung aus. Literatur. Hopwood JJ, Harrison JR (1982) High-resolution electrophoresis of urinary glycosaminoglycans: an improved screening test for the mucopolysaccharidoses. Anal Biochem 119:120–127

Mullis, Kary Banks R. Weiskirchen

phoresis

Lebensdaten. Amerikanischer Chemiker, geboren am 28. Febru-

Definition. Trennung der Mukopolysaccharide, wie Heparansulfat,

ar 1944 in Lenoir (N.C.), war ab 1972 an verschiedenen Forschungsinstitutionen. Seit 1987 ist er als Berater für Nukleinsäurechemie für eine Reihe führender Gentechnikfirmen tätig.

Dermatansulfat, Chondroitinsulfat und Keratansulfat, aus Urin mittels eindimensionaler 7 Elektrophorese.

Physikalisch-chemisches Prinzip. Die Trennung der Mukopolysaccharide erfolgt mittels Elektrophorese auf einer Titan-III-Celluloseacetat-Platte. Hierbei wird ein dreistufiges Elektrophoreseprogramm durchgeführt, wobei die Stromstärke und die Laufzeit variiert werden. Desweiteren wird der Gehalt an Ethanol im Elektrophoresepuffer bei jeder weiteren Elektrophoresestufe erhöht. Die Mukopolysaccharide haben eine unterschiedliche Affinität zur Titan-III-CelluloseacetatBeschichtung bzw. dem jeweiligen Elektrophorespuffer bei ange-

Verdienste. Im Jahr 1993 erhielt Mullis zusammen mit Michael Smith den Nobelpreis für Chemie für seine Beiträge zur Entwicklung von neuen Methoden auf dem Gebiet der DNA-basierten Chemie. Insbesondere die von Mullis erfundene Methodik der 7 PolymeraseKettenreaktion wird heute in der 7 Molekularbiologie, 7 Genetik, medizinischen Diagnostik und Forensik auf vielfältige Weise eingesetzt. Literatur. Mullis K (1998) Dancing Naked in the Mind Field. Pantheon Books, New York

M

976

Müllerian inhibiting substance

Müllerian inhibiting substance 7 Anti-Müller-Hormon

Multielementanalyse J. Knecht

Synonym(e). Vielelementanalyse Englischer Begriff. multielement analysis Definition. Eine Multielementanalyse liegt vor, wenn in einem einzigen Messvorgang mehrere Elemente gleichzeitig bestimmt werden. i Bei vielen zu analysierenden Substanzen müssen mehrere Ele-

mente bestimmt werden. Diese Bestimmung kann man entweder nacheinander oder gleichzeitig durchführen. Wenn die Elemente gleichzeitig bestimmt werden, handelt es sich um eine Multielementanalyse. Von den verschiedenen analytischen Bestimmungsmethoden sind typtische Multielementmethoden: 5 Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) 5 Neutronenaktivierungsanalyse (NAA) 5 Atomemissionspektrometrie, obwohl es sich hier meist um eine schnelle sequentielle Bestimmungsmethode handelt 5 Plasmamassenspektrometrie, obwohl es sich hier meist um eine sehr schnelle sequentielle Bestimmungsmethode handelt 5 Flammenemissionsspektrometrie, obwohl es sich hier meist um eine mittelschnelle sequentielle Bestimmungsmethode handelt 5 Gleichzeitige Messung von mehreren Ionen mit Ionensensitiven Elektroden (7 ionenselektive Elektrode). Da man bei der 7 Atomabsorptionsspektrometrie für jedes Element eine andere Lampe braucht, ist die AAS ein typisches Beispiel für eine Einelementmethode.

Literatur. Schwedt G (1995) Analytische Chemie. Grundlagen, Methoden und Praxis. Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Multigen-Familie 7 Genfamilie

Multiple Reaction Monitoring (MRM) 7 Massenspektrometrie

Multipler diagnostischer Test 7 Test, multipler diagnostischer

Multiplex-Assay 7 Luminex-Assay

Multi-System-Fähigkeit O. Colhoun

Definition. Fähigkeit eines 7 Labor-EDV-Systems, sich in verschiedene andere EDV-Systeme zu integrieren. i Hierzu zählt z. B. die Einbindung in Krankenhaus-InformationsSysteme (7 KIS), Systeme anderer Bereiche (Radiologie [RIS], Apotheke etc.), Mandanten von angeschlossenen Praxen des niedergelassenen Bereichs oder Laborgemeinschaften.

Multi-Target-Analyse B. Güssregen

Englischer Begriff. multi target screening Definition. Zielgerichtetes Screeningverfahren i Das Multi-Target-Screening dient der Detektion und Identifizierung forensisch und klinisch toxikologisch relevanter Substanzen und ersetzt in der neueren Literatur den Begriff der General-UnkownAnalyse (7 Allgemeine Suchanalyse).

Multivariate logistische Regression 7 Regression, logistische

Mumps-Viren W. Stöcker

Multi-Lab-Fähigkeit

Englischer Begriff. Mumps virus

O. Colhoun

Beschreibung des Erregers. Das Mumps-Virus gehört zur Familie

Definition. Fähigkeit eines 7 Labor-EDV-Systems, Laboratorien unterschiedlicher Standorte und Fachgebiete zu integrieren sowie mehrere Mandanten unabhängig voneinander bedienen zu können. i Hierzu sind softwareseitig einige wichtige Funktionen notwendig: Differenziertes Benutzerrechte-Management (standort- und benutzerspezifische Rechtevergabe für die Sperrung oder Freigabe von Daten), Separation der Stammdaten (z. B. Analyten, Qualitätskontrollen, Analysengeräte) für unterschiedliche Laboratorien, laborgetrennte Verarbeitung von Tests für denselben Laborauftrag und Mandantenfunktion zur Trennung von Standort und Abrechnung der Leistungen.

Multilayer R. Weiskirchen

Definition. Bezeichnung für das Wachstumsverhalten entarteter Zellen in Kultur i Kontaktabhängige Zellen bilden in Kultur nur eine Einfach-

schicht (Monolayer), Tumorzellen und andere transformierte Zellen bilden in Kultur mehrere Schichten übereinander bzw. sie wachsen unregelmäßig übereinander.

Multiple Allele 7 Allel

der Paramyxoviridae. Die Viruspartikel haben eine Größe von 150– 200 nm und enthalten ein einzelsträngiges RNS-Genom negativer Polarität, das von einem helikalen Kapsid umschlossen wird. Die Virushülle ist an der Innenseite von einem Matrixprotein ausgekleidet und trägt Spikes aus Hämagglutinin-Neuraminidase-Protein und Fusionsprotein. Auf genomischer Ebene können mehrere Mumps-Stämme differenziert werden, die sich in ihren biologischen Eigenschaften unterscheiden, z. B. hinsichtlich der Neurovirulenz.

Erkrankungen. Mumps (Parotitis epidemica) ist eine weltweit endemische, hochkontagiöse Infektionskrankheit. Ihre Häufigkeit hat in Deutschland seit Einführung der Schutzimpfung stark abgenommen, so dass Erkrankungswellen nur noch selten vorkommen. Betroffen sind überwiegend Kinder und Jugendliche. Das Mumps-Virus wird ausschließlich von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt übertragen und primär über die Schleimhaut von Mundhöhle und Nasopharynx aufgenommen. Mehr als ein Drittel aller Mumps-Infektionen verläuft inapparent. Die Krankheit beginnt nach einer Inkubationszeit von 16 bis 18 Tagen mit unspezifischen Prodromi (Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskelschmerzen, respiratorische Symptome). Hauptsymptom der Erkrankung ist eine schmerzhafte, ein- oder beidseitige entzündliche Schwellung der Ohrspeicheldrüsen, die 3–7 Tage lang andauert. Eine Mitbeteiligung der submandibulären und sublingualen Speicheldrüsen ist möglich. Unabhängig vom Auftreten einer manifesten Parotitis können sich insbesondere bei Erwachsenen Komplikationen ergeben: 5 seröse Meningitis, 5 Pankreatitis,

Mutterschaftsvorsorge

5 5 5 5 5 5

Orchitis, Oophoritis, Mastitis, seltener Meningoenzephalitis, Innenohrschwerhörigkeit und Taubheit.

Erkrankungen in der Schwangerschaft (besonders im 1. Trimester) sind eine mögliche Ursache für Spontanaborte, nicht aber für fetale Missbildungen. Mumpsinfektionen werden ausschließlich symptomatisch therapiert (Analgetika, Antipyretika, Bettruhe). Zur Prävention wird eine aktive Schutzimpfung mit attenuiertem Lebendimpfstoff empfohlen, wobei in der Regel eine kombinierte Immunisierung gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV-Vakzine) erfolgt. Eine Meldepflicht für Mumps ist in Deutschland nur für die neuen Bundesländer und Berlin festgelegt. Bei Mumpserkrankungen in Gemeinschaftseinrichtungen besteht jedoch laut Infektionsschutzgesetz eine allgemeine Meldepflicht.

Analytik. Für den Direktnachweis des Mumps-Virus können die RTPCR und der direkte Immunfluoreszenztest eingesetzt werden. Die Virusanzucht erfolgt in embryonierten Hühnereiern oder in Kulturen von Affennierenzellen (zytopathischer Effekt mit Syncytienbildung). Serologie: Antikörperbestimmung durch ELISA (7 Enzyme-linked Immunosorbent Assay), indirekte Immunfluoreszenz (7 Immunfluoreszenz, indirekte) unter Verwendung Mumps-Virus-infizierter Kulturzellen, 7 Hämagglutinationshemmtest, 7 Komplementbindungsreaktion oder 7 Neutralisationstest. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Untersucht werden Rachenabstrich, Speichel, Blut, Liquor, Urin, Biopsien. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8 °C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 h durchzuführen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnosestellung erfolgt bei typischer Symptomatik aufgrund des klinischen Bildes (Parotitis) und wird nur bei atypischen Verläufen laboranalytisch abgesichert. Der direkte Erregernachweis und die Virusisolierung sind in der akuten Infektionsphase möglich, aber nur in besonderen Fällen (z. B. ZNSManifestation) erforderlich. Virus-spezifische IgM-Antikörper lassen sich in der Regel zeitnah zum Krankheitsbeginn nachweisen. Eine Serokonversion oder ein signifikanter IgG-Titeranstieg bestätigen eine frische Infektion. Bei Verdacht auf eine Beteiligung des ZNS werden die Antikörper parallel in Liquor und Serum bestimmt und der spezifische Liquor-SerumQuotient errechnet. Die Kontrolle des Impftiters ist frühestens vier Monate nach einer Mumps-Impfung sinnvoll, da die Vakzin-induzierte humorale Immunität erst dann voll etabliert ist. Hierfür sind Reagenzien einzusetzen, die Antigene sowohl des Wildtyps als auch des Impf-Virus enthalten. Die Möglichkeit von Kreuzreaktivitäten mit anderen Paramyxoviren ist zu beachten. Differenzialdiagnostisch sind Parotisschwellungen bei anderen viralen Infektionen (z. B. Influenza A, Parainfluenza, Coxsackie, HIV, EBV), Sekretstau bei Speichelsteinen oder Tumoren der Glandulae parotideae zu berücksichtigen. Literatur. Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) (2009) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen, 3. Aufl. Springer-Verlag, Heidelberg, Berlin, New York 551–552

Muramidase 7 Lysozym

Muraminidase 7 Lysozym

977

Muskelaldolase 7 Aldolase A

Muskelspezifische Kinase-Antikörper 7 Autoantikörper gegen MuSK

Mutation R. Weiskirchen

Synonym(e). Nukleotidsequenzänderung Englischer Begriff. mutation Definition. Vererbbare Veränderung der Nukleotidabfolge in der DNA oder RNA (7 Nukleotidsequenz), die zu einer Veränderung des Informationsgehaltes eines Gens führen kann i Die Mutation (lat.: mutare = verändern) kann spontan oder indu-

ziert sein. Es kann zwischen Gen-, 7 Genom- und 7 ChromosomenMutation unterschieden werden. Die Mutation trägt zur Entstehung des genetischen 7 Polymorphismus bei und ist ein wesentlicher Faktor der 7 Evolution. Mutationen können durch sog. Mutagene (z. B. UV-Licht, Röntgenstrahlung, alkylierende Chemikalien) induziert werden. In der experimentellen Molekularbiologie gibt es Verfahrenstechniken (In-vitro-Mutagenese), mit Hilfe derer ungerichtete oder auch gezielte Mutationen erstellt werden können.

Mutterboden, biologischer 7 Matrix

Muttergefäß 7 Verteilung, von Proben

Mutterprobe 7 Verteilung, von Proben

Mutterschaftsvorsorge W. Stöcker

Englischer Begriff. Prevention of infectious diseases in pregnancy; prevention of mother to child transmission of infectious diseases

Definition. Serologische Vorsorgediagnostik während der Schwangerschaft mit dem Ziel der Vorbeugung und Therapie wichtiger, vorwiegend diaplazentar übertragbarer Erkrankungen. i Die aktuell in Deutschland vorgeschriebenen Untersuchungen

sind in den „Mutterschafts-Richtlinien“ erfasst, die Untersuchungsergebnisse werden im „Mutterpass“ dokumentiert. Schwerpunkte der Serologie sind Untersuchungen zur maternofetalen Blutgruppenunverträglichkeit, die Bestimmung von Infektionsantikörpern, sowie zunehmend die Diagnostik von Autoantikörpern. Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft sind häufig Ursache für kindliche Schädigung oder Totgeburt. Das Risiko kann durch geeignete Maßnahmen maßgeblich verringert werden, wenn sie rechtzeitig einsetzen. Hierzu gehören Schutzimpfungen vor Beginn einer Schwangerschaft, Expositionsprophylaxe, die Verabreichung von Antibiotika und in einigen Fällen die Behandlung des Fetus, zum Beispiel durch Transfusionen. Eine umfangreiche serologische Überwachung aller Schwangeren sollte daher obligatorisch sein. Neben den in Deutschland vorgeschriebenen Untersuchungen von Antikörpern gegen Treponema pallidum, Röteln-Viren, Hepatitis-BViren und optional HIV sowie der Direktbestimmung von Chlamydia trachomatis in Abstrichen des Cervix-Kanals sollten weitere Infektionserreger mit Relevanz für die Schwangerschaft berücksichtigt werden, wie Toxoplasma gondii, Cytomegalie-Viren, Parvo-Viren B19, Varizella-Zoster-Viren, Humane-Herpes-2-Viren (Direktnachweis im Geburtskanal) und andere. Sie sind noch nicht in den Mutterschaftsrichtlinien vorgeschrieben, ihre serologische Diagnostik wird nur bei

M

978

MWG

begründetem Verdacht auf eine schwangerschaftsrelevante Infektion empfohlen. Dennoch wäre es wünschenswert, den Infektionsstatus bei Schwangeren auf eine breitere Basis zu stellen, vorausgesetzt, der Aufwand für eine umfassendere Diagnostik lässt sich durch moderne Techniken in vertretbaren Grenzen halten. Die Vorsorgediagnostik in der Schwangerschaft sollte darüber hinaus um die Analyse verschiedener Autoantikörper ergänzt werden, unter anderem Antikörper gegen Zellkerne (Anti-SS-A und Anti-dsDNA assoziiert mit Lupus neonatorum), Cardiolipin und Phosphatidylserin (assoziiert mit Antiphospholipidsyndrom und habituellen Aborten), TSH-Rezeptoren (Hyperthyreose), Thyreoperoxidase (Frühgeburt und erhöhte perinatale Mortalität), Desmoglein 3 (Pemphigus neonatorum, Mangel- und Frühgeburt, intrauteriner Fruchttod). Für den Ausschluss einer Lues-Erkrankung ist der Treponemapallidum-Hämagglutinationstest (TPHA) vorgeschrieben. Ist dieser Suchtest reaktiv, sollen aus derselben Blutprobe weitere serologische Untersuchungen folgen (7 Treponema pallidum). Die Röteln-Serologie dient dem Schutz vor der Röteln-Embryopathie, wie sie nach der Infektion nichtimmuner Schwangerer auftreten kann. Ein Immunitätsnachweis mittels 7 Hämagglutinationshemmtest muss unabhängig von einer dokumentierten Röteln-Impfung erfolgen und unterbleibt nur, wenn der Immunstatus bereits aus einer früheren Schwangerschaft bekannt ist. Ein HAH-Titer von 1:32, ermittelt mit einem staatlich zugelassenen Test, gilt als Nachweis einer ausreichenden Immunität. Wird die Testung erstmals im Laufe einer Schwangerschaft durchgeführt, so muss sie ggf. noch durch andere Tests ergänzt werden, die eine frische Infektion mit Relevanz für die Schwangerschaft ausschließen (IgM-Nachweis, Aviditätsdiagnostik, Titerverlauf, Bestimmung von Antikörpern gegen das E2-Antigen; 7 Röteln-Viren). Serologisch negative Schwangere sind auf die Risiken hinzuweisen. Eine weitere Untersuchung in der 16.–17. Schwangerschaftswoche zum Ausschluss einer akuten Infektion ist sinnvoll. Nach der 32. SSW ist eine Testung hinsichtlich des HBsAg-Status der Mutter sinnvoll, um die Übertragung einer Hepatitis-B-Infektion durch die Geburt zu verhindern. Im positiven Falle kann eine Infektion des Neugeborenen durch rechtzeitige Impfung verhindert werden.

Literatur. Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Fassung vom 10. Dezember 1985, zuletzt geändert am 18. Juni 2009; in Kraft getreten am 26. August 2009 Enders G, Exler S (2008) Untersuchungen vor und in der Schwangerschaft. In: Patienten-Information Labor Enders & Partner, Stuttgart

Molmasse. 320,35 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Verabreicht wird Mycophenolatmofetil (Morpholinoethylester der Mycophenolsäure), das zur immunsuppressiv wirksamen Mycophenolsäure gespalten wird. Funktion und Pathophysiologie. Die Immunsuppression wird erreicht durch die Hemmung der Inosinmonophosphat-Dehydrogenase mit verminderter Synthese von Guaninnukleotiden. Diese führt zu einer antiproliferativen Wirkung auf aktivierte Lymphozyten. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, Plasma Analytik. 7 Immunoassay, 7 Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC), 7 LC-MS/MS Indikation. Therapeutisches Drug Monitoring Interpretation. 7 Tab. 1. Mycophenolsäure. Tab. 1. Plasmakonzentrationen Plasmakonzentrationen

therapeutischer Bereich (mg/L)

Mycophenolsäure

0,5–5,0

Mycophenolat Motefil

2–5

Literatur. Shaw LM, Nichols A, Hale M et al (1998) Therapeutic monitoring of mycophenolic acid: a consensus panel report. Clin Biochem 31:317–322

Myeloblasten H. Baum

Englischer Begriff. myeloblast Definition. Morphologisch nachweisbare unreife Progenitorzelle der Myelopoese (7 Abb. 1)

MWG 7 Massenwirkungsgesetz

Mycophenolatmofetil 7 Mycophenolsäure

Mycophenolsäure W.-R. Külpmann, Chr. Vidal

Definition. Immunsuppressivum, das von Penicillium-Pilzen synthetisiert wird (7 Abb. 1)

Myeloblasten. Abb. 1. Myeloblast, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung i Myeloblasten sind die morphologisch nachweisbaren unreifsten

Zellen der 7 Granulozytopoese mit der Fähigkeit zur Teilung. Sie sind mononukleäre runde bis ovale Zellen mit einem großen, feinretikulären Zellkern, häufig mit kleinen Nukleolen und wenig basophilem Zytoplasma. Vereinzelt können primäre Granula nachweisbar sein. Zytochemisch und immunologisch sind sie durch die positive Myeloperoxidasereaktion von anderen blastären Zellen unterscheidbar. Myeloblasten sind normalerweise nur im Knochenmark nachweisbar. Zusammen mit den morphologisch kaum unterscheidbaren 7 Monoblasten beträgt ihr Anteil an allen kernhaltigen Zellen des Knochenmarks etwa 1 %, innerhalb der Myelomonopoese etwa 2 %.

Mycophenolsäure. Abb. 1. Strukturformel

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 290

Mykoplasma hominis

979

Myelogramm 7 Knochenmarkausstrich

Myeloperoxidase H. Baum

Synonym(e). MPO Englischer Begriff. myeloperoxidase Definition. Lysosomales Enzym der Zellen der myeloischen Zellreihe (7 Abb. 1)

Myelozyten. Abb. 1. Myelozyt mit leicht basophilem Zytoplasma und deutlicher Granulierung bei einem Patienten mit Sepsis; peripheres Blut, 1000× May-Grünwald-Giemsa-Färbung

und werden durch die spezifischen, feinen neutrophilen (sekundären) Granula ersetzt. Der Myelozyt ist die vorherrschende Zellpopulation der Myelopoese im Knochenmark. Der Anteil der Myelozyten im Knochenmark beträgt 15 % aller kernhaltigen Zellen und 24 % innerhalb der Granulomonopoese. Die Myelozyten der eosinophilen und basophilen Reihe werden nicht extra differenziert, sondern den reifen eosinophilen und basophilen Granulozyten zugerechnet. Myeloperoxidase. Abb. 1. Darstellung der Myeloperoxidase in einem neutrophilen Granulozyten, 1000× Myeloperoxidase-Färbung i Die Myeloperoxidase ist ein lysosomales Enzym der myeloischen

Zellen. Ihr Nachweis wird somit zur Identifizierung von myeloischen Zellen und ihrer Abgrenzung gegenüber anderen Zellpopulationen herangezogen. Die Myeloperoxidase katalysiert die Produktion von Hypohaliten aus H2O2 und Halidionen (Cl–, I–, Br–, SCN–). Diese Hypohalite sind starke Oxidanzien und stark toxisch für Mikroorganismen. Das MPO Gen liegt auf Chromosom 17 und besteht aus 12 Exons und 11 Introns. Die Transkription ist auf die frühe Phase der Myelopoese beschränkt. Das Transkriptionsprodukt ist 80 kDa groß und unterliegt mehreren Modifikationen im endoplasmatischen Retikulum. Das resultierende aktive Enzym hat ein Molmasse von 120–160 kDa und besteht aus einem Paar an Protomeren die jeweils aus einer leichten (13,5 kDa) und schweren (59 kDa) Kette besteht. Diese sind über eine Disulfidbrücke miteinander verbunden. Neben der Infektabwehr spielt die Myeloperoxidase auch eine wichtige Rolle bei anderen Entzündungszuständen mit Aktivierung der neutrophilen Granulozyten.

Literatur. Hoy A, Leininger-Müller B, Kutter D et al S (2002) Growing significance of myeloperoxidase in non-infectious diseases. Clin Chem Lab Med 40:2–8

Myelozyten H. Baum

Synonym(e). Neutrophiler Myelozyt Englischer Begriff. myelocyte Definition. Intermediäre Reifungsstufe der Granulozytopoese mit rundem Kern (7 Abb. 1) i Myelozyten sind im Knochenmark nachweisbare intermediäre Reifungsstufen der 7 Granulozytopoese. Sie sind das direkte Teilungsprodukt der 7 Promyelozyten. Der Myelozyt hat einen Durchmesser von 14–20 μm. Der Kern ist rund bis oval mit einem bereits verdichteten 7 Kernchromatin. Das Zytoplasma ist in Abhängigkeit des Reifegrades hellbasophil bis oxyphil, die primären Granula treten zurück

Literatur. Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York, S 287–290

Mykoplasma hominis W. Stöcker

Englischer Begriff. Mycoplasma hominis Beschreibung des Erregers. Mykoplasmen gehören zu den kleinsten selbstreproduzierenden Bakterien. Sie besitzen keine starre Zellwand (Mureindefizit) und sind daher gegen Zellwand-aktive Antibiotika resistent. Es wurden mehr als 12 Arten der Gattung Mykoplasma beim Menschen gefunden, zu denen auch M. hominis gehört.

Erkrankungen. M. hominis wird vermehrt bei Urethritis, Cervicitis und Vaginitis gefunden. Gelegentlich verursacht es milde Bakteriämien (z. B. nach Geburten, gynäkologischen Operationen und Aborten), Wundinfekte, Salpingitis, Amnionitis und Infektionen des Neugeborenen. Die Übertragung erfolgt primär über die Geschlechtsorgane. Analytik. Direktnachweis durch Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren (z. B. 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)). Die Erreger lassen sich auf Pferdeserum-haltigen Spezialkulturen innerhalb von 4 Tagen unter anaeroben Bedingungen anzüchten, unter CO2- und N2-haltigen Gasmischungen. Serologie: Nachweis von Antikörpern gegen Mykoplasma hominis durch indirekte 7 Immunfluoreszenz (Substrat: Mykoplasma-infizierte Kulturzellen) oder 7 Enzymimmunoassay. Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Als Untersuchungsmaterial kommen Abstriche oder Sekrete des Urogenitaltrakts in Frage. Man verwendet ein SaccharosePhosphatpuffer-Transportmedium (SP2-Medium). Es sollte gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Ein schneller Transport ist notwendig, da bereits nach 24 h mit einer Abnahme der Keimzahlen um den Faktor 10 zu rechnen ist. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Die Diagnostik beruht auf dem Nachweis

M

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Mykoplasma pneumoniae

hoher Keimzahlen des Erregers im Urogenitaltrakt. Antikörpertests bei Infektionen durch M. hominis haben wegen der weiten Verbreitung des Erregers als Bestandteil der kommensalen Flora eine nur eingeschränkte diagnostische Bedeutung.

Definition. Protein mit α-Helix-Struktur und Sauerstoff-bindendem Häm (strukturell ähnlich der Hämoglobin-Untereinheit), das nur 2–4 % des Muskelproteins (quergestreifte Muskulatur, Herzmuskulatur) einnimmt.

Literatur. Waites KB (2008) Ureaplasma Infection. eMedicine: http:// www.emedicine.com /med/topic2340.htm Mardh PA (2004) Mycoplasma and Ureaplasma. In: Cohen J, Powderly WG (Hrsg) Infectious Diseases. 2. Aufl. Mosby, S 2309–2315

Struktur. Myoglobin ist ein relativ kleines Sauerstoff-bindendes Protein, das in quergestreiften Muskelzellen vorkommt und Sauerstoff fester reversibel bindet als 7 Hämoglobin. Die Struktur ist der eines Viertel Moleküls Hämoglobin sehr ähnlich und besteht aus einer Polypeptidkette von 153 Aminosäuren (acht gerade α-helikale Abschnitte, die von Biegungen unterbrochen sind = Globinanteil) und der Sauerstoff-bindenden prosthetischen Gruppe Häm [dem Protoporphyrin mit einem in der Ferroform (Fe2+) gebundenem Eisenatom]. Das Häm verursacht die rote Färbung von Myoglobin und Hämoglobin. Die meisten hydrophoben Seitenketten befinden sich im Inneren des Moleküls, die polareren Seitenketten (bis auf zwei Ausnahmen) auf der Oberfläche des Myoglobinmoleküls, umgeben von einer Hydrathülle. Im Inneren des Moleküls haben nur 4 Wassermoleküle Platz. Die planare Häm-Gruppe befindet sich tief in einer Tasche des Myoglobinmoleküls, wodurch die Fe2+-Form vor Oxidation geschützt ist, da nur die Ferroform reversibel O2 binden kann.

Mykoplasma pneumoniae W. Stöcker

Englischer Begriff. Mycoplasma pneumoniae Beschreibung des Erregers. Mykoplasmen gehören zu den kleinsten selbstreproduzierenden Bakterien. Sie besitzen keine starre Zellwand (Mureindefizit) und sind daher gegen Zellwand-aktive Antibiotika resistent. Es wurden mehr als 12 Arten der Gattung Mykoplasma beim Menschen gefunden, zu denen auch M. pneumoniae gehört.

Erkrankungen. M. pneumoniae ist eine weltweit verbreitete Spezies und Erreger von 15 % aller ambulant erworbenen akuten Atemwegsinfektionen (Tracheitis, Bronchitis, primär-atypische Pneumonie). Der Mensch bildet das einzige Reservoir, der Erreger wird aerogen durch Tröpfchen übertragen. Es kann zu epidemischer Ausbreitung kommen. Betroffen sind besonders Kinder und Jugendliche (40 % jünger als 5 Jahre). In Schulen und Militärlagern kann die Prävalenz bis zu 70 % betragen. Ein Teil der Infektionen verläuft inapparent und heilt ohne Antibiotika spontan aus. M. pneumoniae kann „ambulant erworbene Pneumonien“ („community acquired pneumonia“, CAP) und ARDS („acute respiratory distress syndrome“) verursachen. Der Erreger ist gegenüber Makroliden und Tetrazyklinen empfindlich. Analytik. Direktnachweis durch Nukleinsäure-Amplifikationsver-

fahren (z. B. 7 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)). Die Kultur erfordert viel technische Expertise und gelingt, wenn überhaupt, nur auf Spezialmedien, deren entscheidender Bestandteil Pferdeserum als Cholesterinquelle ist. Ein negatives Kulturergebnis hat daher keinen Einfluss auf die Therapieentscheidung. Serologie: Nachweis von Antikörpern gegen Mykoplasma pneumoniae durch indirekte 7 Immunfluoreszenz (infizierte Kulturzellen als Substrat) oder 7 Enzymimmunoassay.

Untersuchungsmaterial und Probenstabilität. Direktnachweis und Kultur: Nasopharyngealsekret, Sputum oder Bronchiallavage-Flüssigkeit. Das Material sollte gekühlt transportiert und innerhalb von 4 h analysiert werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit. Da eine Infektion mit M. pneumoniae keine typischen Krankheitserscheinungen verursacht, kommt der Labordiagnostik ein besonderer Stellenwert zu. Der Erregernachweis mit RT-PCR gilt als schnell und zuverlässig. Die Erregeranzucht ist schwierig, zeitaufwändig (6–15 Tage) und fehlerbehaftet. Die Prävalenz spezifischer Antikörper korreliert nicht zwingend mit dem Erregernachweis, dennoch ist die Serologie wichtig für die Therapieentscheidung. Literatur. Jacobs E (1997) Mycoplasma infections of the human respiratory tract. Wien Klin Wochenschr 109/14-15:574–577 Waites KB, Balish MF, Atkinson TP (2008) New insights into the pathogenesis and detection of Mycoplasma pneumoniae infections. Future Microbiol. 3(6): 635–648

Myoglobin im Blut G. Töpfer

Englischer Begriff. myoglobin

Molmasse. 17,8 kDa Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Tritt nur in der quergestreiften Skelett- und Herzmuskulatur (zytoplasmatisch) auf (rote Färbung). Bei Verletzungen des Muskels besonders bei Polytraumen, Verbrennungen oder Muskelabbau (beispielsweise bei maligner Hyperthermie aber auch bei intramuskulären Injektionen) wird es freigesetzt, gelangt in das Blut und wird innerhalb von 1–2 h bei intakter Nierenfunktion glomerulär filtriert, im proximalen Tubulus reabsorbiert und abgebaut. Halbwertszeit. 10–20 min Funktion und Pathophysiologie. Transport und Speicherung von Sauerstoff (7 Sauerstofftransport) in der quergestreiften Muskulatur von Skelett und Herz. Bei Schädigung des Muskels Freisetzung (Rhabdomyolyse, Polytraumen, Verbrennungen). Wegen der geringen Molmasse schnelle renale Filtration und tubulärer Abbau. Im Urin von Gesunden etwa 1/10 der Serumkonzentration (Serum ≤ 70 μg/L, Urin ≤ 7 μg/L). Bei Rhabdomyolyse kommt es zu Erhöhungen im Serum um das 40bis 400-Fache (bis 40 mg/L), im Urin wurden dabei Erhöhungen auf 20–8000 mg/L (Mittelwert 580 mg/L) beobachtet. Bei Herzinfarkt werden im Serum ca. 10 h nach Infarkt ohne Thrombolyse Peak-Werte von 3 mg/L erreicht. Bei erfolgreicher Thrombolyse wird der Peak schon maximal 3 h nach Infarkt erreicht und liegt noch höher. Infarktpatienten haben Urin-Myoglobin-Konzentrationen von < 15 mg/L. Konzentrationen über diesem Schwellenwert schädigen die Tubuli (Voraussetzung: weitere Faktoren wie u. a. saurer Urin). Neuere Arbeiten geben 1 mg/L für das Urin-Myoglobin als kritischen Schwellenwert an und postulieren die Myoglobinclearance mit < 4 mL/min für Rhabdomyolyse-Patienten und Polytraumatisierte als weiteren Risikofaktor für das Nierenversagen. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Da die häufigste Indikation die Diagnostik des Herzinfarkts ist, die eine schnelle 7 Turn around time erfordert, sollte 7 Troponin und 7 Kreatininkinase (MB) aus dem gleichen Untersuchungsmaterial möglich sein. Serum Am AXSYM-System von Abbott sind 7 Myoglobin, CK-MB und Troponin I nur im Serum gemeinsam möglich. EDTA-Plasma Für ECLIA-Immunoassay optimal, da auch Troponin und CK-MB möglich. Im Blut instabil 20–25 °C 1 h, d. h. sofort zentrifugieren und Serum/Plasma separieren. Durch die Verwendung von Plasma wird die Turn Around Time verkürzt. Heparinplasma Für die Myoglobinbestimmung geeignet. Urin

Myoglobin im Blut

Probenstabilität. Serum/Plasma 20–25 °C 2 Tage 4–8 °C 1 Woche –20 °C 3 Monate Urin Bestimmung sofort! 2 °C 8 h, bei pH > 8 12 Tage

Präanalytik. Serum/Plasma Bei nephelometrischen und turbidimetrischen Verfahren kann Lipämie stören. Zentrifugation bei 15000–20000 × g über 15 min führt zur Flotation der Lipide. Die 7 Immunturbidimetrie ist etwas empfindlicher auf Hämoglobinstörungen als die 7 Immunnephelometrie (Störungen ab 0,12 mmol/L bzw. 0,18 mmol/L). Urin Wenn Lagerung, dann vorher Alkalisierung auf pH = 8,5–9,0 mit 0,1 mol/L NaOH, dann Stabilität > 12 Tage. Ohne diese Alkalisierung auch bei –20 °C und –70 °C instabil im Urin.

Analytik.

5 Quantitative Bestimmung 5 Latexverstärkte Immunnephelometrie 5 Latexverstärkte Immunturbidimetrie 5 ELISA 5 RIA 5 Fluoreszenzimmunassay 5 Teststreifen-System, z. B. Cardiac Status® (Spectral USA), oder Cardiac-Reader (Roche). 5 Ammoniumsulfatfällung (80 %ige Sättigung) – zu ungenau. 5 Als Nachweis im Peroxidasefeld der Urinteststreifen – zu ungenau (Urin wird 1:40 vorverdünnt, um relevante Myoglobinerhöhungen nachzuweisen). 5 Nachweise mit Elektrophorese, 7 SDS-Elektrophorese und 7 isoelektrischer Fokussierung – zu arbeitsaufwendig und ungenau. Point-of-care-Testing wird im Notfallfahrzeug bzw. in der Aufnahmestation im Blut oder Heparinplasma durchgeführt. Häufige Vergleiche zeigen gute und weniger gute Übereinstimmungen mit 7 Immunoassays am Analysegeräten.

Konventionelle Einheit. μg/L Referenzbereich — Frauen. 19–51 μg/L Referenzbereich — Männer. 23–72 μg/L Referenzbereich im Urin: < 7 μg/L (Nachweisgrenze) Indikation.

5 Frühdiagnose eines Herzinfarkts 5 Diagnose eines Reinfarkts, Effektivität der Thrombolyse 5 Bei Lungenembolie zusammen mit Tropin T oder I als Prognosemarker 5 Verdacht auf Muskelabbau bei Skelettmuskelerkrankungen (Rhabdomyolyse, Myopathien, maligne Hyperthermie) 5 Im Urin und Serum (Myoglobinclearance) zur Beurteilung eines drohenden Nierenversagens bei Rhabdomyolyse, Polytrauma etc.

Interpretation.

5 Signifikante Erhöhung bei Herzinfarkt schon 2 h nach Schmerzereignis. Der positive Vorhersagewert beträgt 0,64 (hohe Unspezifität) und der negative Vorhersagewert 0,98, d. h. bei normalen Myoglobinwerten innerhalb von 12 h nach dem Schmerzereignis wird ein Herzinfarkt mit hoher Sicherheit ausgeschlossen. Spezifischer reagieren CK-MB, 7 Troponin T und 7 Troponin I 5 Myoglobin weist in der Frühphase nach einem Herzinfarkt (neben dem 7 Fettsäurebindungsprotein des Herzens) die höchste diagnostische Sensitivität aller kommerziell erhältlichen Herzmarker auf (2.–6. Stunde). Leider ist die diagnostische Sensitivität des Myoglobins mit einer hohen diagnostischen Unspezifität verbunden. Um die Unspezifität bei Muskelschäden (beispielsweise durch Sturz oder intramuskuläre Injektionen) zu vermeiden, wurden Proteine, die hauptsächlich im Skelettmuskel und in geringerer Konzentration im Herzmuskel vorkommen und die gleiche Freisetzungskinetik wie Myoglobin besitzen, parallel bestimmt

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[Carboanhydrase-III-(CA-III) und Fettsäurebindendes Protein des Herzens (H-FABP)]. Mit Hilfe des Myoglobin/CA-III- bzw. Myoglobin/H-FABP-Quotienten ergab sich eine deutlich gesteigerte Spezifität des Myoglobins zur Abtrennung von Skelettmuskelschäden. Der Quotient Myoglobin/CA-III senkt sogar die Unspezifität des Myoglobins unter dem Einfluss einer verminderten Nierenfunktion. Von 300 mit Verdacht auf Herzinfarkt stationär aufgenommenen Patienten hatten 16 Patienten ohne Herzinfarkt ein Myoglobin > 70 μg/L und ein Kreatinin von > 140 μmol/L (falsche Zuordnung von 5,3 %). Bei Verwendung des Myoglobin/ CA-III-Quotienten von > 2,2 als Schwellenwert werden nur vier Patienten falsch dem Herzinfarkt zugeordnet (1,3 %). Eine weitere Möglichkeit, um die Spezifität in den ersten Stunden nach Infarkt zu erhöhen, ist die kombinierte Bestimmung des Myoglobins mit Troponin T 5 Kontrolle der Reperfusion bei akutem Myokardinfarkt: Myoglobin ist der beste Parameter, um den Erfolg/Misserfolg einer Lysetherapie schnell festzustellen bzw. um u.U. einen zweiten Therapieversuch (Second Shot) zu starten. Folgende Kriterien bewährten sich für eine erfolgreiche Lyse: 5 In den ersten 2 h nach Lysebeginn „Slope“ von > 150 μg/h 5 Myoglobin t90’/Myoglobin t0’> 4 5 Myoglobin-Peak < 3 h nach Lysebeginn (2–3 h, Angaben schwanken) Diese hohe Empfindlichkeit wird neuerdings auch für H-FABP beschrieben. Erhöhungen von TnT und gleichzeitige starke Erhöhungen von Myoglobin zeigen bei Lungenembolie eine schlechte Prognose an. Serum und Urin 5 Die skelettmuskelbedingten Erhöhungen des Myoglobins können so extrem sein (Rhabdomyolyse, Polytrauma), dass ein Nierenversagen befürchtet werden muss. Mit Hilfe der Bestimmung von Myoglobin in Serum und Urin lässt sich an Hand der Myoglobinkonzentration und mittels der Myoglobinclearance der Grad der Gefährdung und der Funktionszustand der Niere abschätzen (s. o.) 5 Nutzbar in der Sportmedizin zur Einschätzung des Trainingszustandes (verzögerte Freisetzung in das Serum von Trainierten) 5 Weitere Ursachen für Myoglobinerhöhungen in Serum und Urin: Körperliche Überanstrengung, intramuskuläre Injektionen, CrushSyndrom, Hitzschlag, Erfrierungen, Verbrennungen, Polymyositis, Dermatomyositis, Sklerodermie, Lupus erythematodes, Fieber, Myositis-Syndrome, muskuläre Dystrophie (Duchenne), Hypokaliämie, Hypophosphatämie, Hypernatriämie, Koma (Schlafmittelintoxikation, Diabetes mellitus), Hypothyreose, Conn-Syndrom, toxische und medikamentöse Muskelschädigungen (Alkohol, Kokain, Heroin, Amphetamine, Phencyclidin, ε-Aminocapronsäure, Clofibrat, Bezafibrat, Succinylcholin, Schlangen- und Insektengifte, Kohlenmonoxid, Wachtelfleisch), fieberhafte Infektionen (Tetanus, Typhus, Coxsackie, Influenza).

Diagnostische Wertigkeit. Wichtig ist für die Nutzung der hohen Sensitivität in den ersten 4 h nach dem Infarktereignis die schnelle Verfügbarkeit der Ergebnisse der Myoglobinbestimmung. Die Vergleichbarkeit der mittels POC-Tests erzielten Ergebnisse sollte im Einzelfall überprüft werden, auch um gesicherte Ausgangswerte für die Überwachung der Therapie zu erstellen. Die Turn around time (TAT) kann durch Verwendung von Plasma (Wegfall der Gerinnungszeit) oder weniger effektiv (Verkürzung um etwa 10 min) durch Verwendung von Thrombin-Abnahmeröhrchen auch bei Bearbeitung im Labor in das angestrebte Zeitfenster von 1 h gebracht werden. Bei Nierenversagen und vermutetem Muskelabbau sollte die Myoglobinclearance bestimmt werden.

Literatur. The Joint European Society of Cardiology/American College of Cardiology Committee. Consensus Document. Myocardial Infarction Redefined – A Consensus Document of the Joint European Society (American College of Cardiology Committee for the Redefinition of Myocardial Infarction European Heart Journal (2000) 21:1502–1513

M

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Myoglobin im Urin

Myoglobin im Urin W.G. Guder

Englischer Begriff. myoglobinuria Definition. Vermehrte Ausscheidung von Myoglobin im Urin Funktion und Pathophysiologie. Myoglobin tritt aufgrund seiner niedrigen Molmasse immer dann im Urin vermehrt auf, wenn es wegen degenerativer oder akuter Rhabdomyolyse oder kardialer Muskelschäden (Herzinfarkt, Myokarditis) vermehrt ins Blut abgegeben wird. Frei filtriertes Myoglobin wird zu über 98 % proximal tubulär resorbiert. Dennoch kann wegen der Konzentrierung des glomerulären Filtrats im Sammelrohrsystem die Harnkonzentration des Myoglobins höher sein als die des Plasmas. Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. 7 Mittelstrahlurin oder 7 Sammelurin je nach Fragestellung. Gleichzeitig ist die Untersuchung von Serum/Plasma angezeigt. Myoglobin ist instabil in saurem Urin, bei pH > 8 12 h bei Raumtemperatur stabil. Analytik. Qualitative Erfassung mit dem Teststreifen für Blut (Hämoglobin und Myoglobin weisen beide eine Pseudoperoxidasereaktivität auf). Bei positivem 7 Teststreifen-Ergebnis kann durch Messung der 7 Kreatinkinase im Plasma/Serum und normalem Ergebnis eine Myoglobinurie nahezu ausgeschlossen werden. Die Analytik erfolgt quantitativ mit der Nephelometrie oder mit immunologischen Verfahren unter Verwendung spezifischer Antikörper (7 Myoglobin im Blut). Referenzbereich — Frauen. Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden Referenzbereich — Männer. Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden Referenzbereich — Kinder. Nicht nachweisbar, unter der Nachweisgrenze der verwendeten Methoden

Indikation. Die qualitative Testung auf Myoglobin erfolgt auch ohne Indikation beim Screening von Urin mit Teststreifen. Gezielte qualitative Tests bei akuten und chronischen Muskelerkrankungen und Verletzungen mit für die Niere gefährlichen Myolysen mit stark erhöhter Kreatinkinase im Plasma/Serum, die zum Crash-Syndrom führen können. Bei Herzinfarkt bringt die Bestimmung des Myoglobins im Urin keinen Vorteil gegenüber den spezifischen Kenngrößen im Plasma/Serum. Interpretation. Bei Nachweis von vermehrtem Myoglobin im Urin durch Teststreifen ist eine Hämoglobinurie auszuschließen. Jede nachgewiesene Erhöhung von Myoglobin im Urin spricht für akute oder chronische Myolyse durch Verletzung, elektrische Stromschläge oder Verbrennungen, angeborene oder erworbene degenerative oder entzündliche Muskelerkrankungen sowie akuten Myokardinfarkt.

Diagnostische Wertigkeit. Mit der Einführung der Troponinbestimmungen hat die Bedeutung der Myoglobinbestimmung im Urin als Nachweismethode für in den letzten 24 h abgelaufenen Herzinfarkt deutlich abgenommen. Im Rahmen des seltenen Crash-Syndroms und anderer akuter Muskelschädigungen sind ebenfalls Blutplasmabefunde des Myoglobins aussagekräftiger, da in Abhängigkeit von der Nierenfunktion die Urinkonzentration vermehrt (durch tubuläre Schäden) oder vermindert durch ausgeschiedene Proteinasen bei physiologisch saurem Urin wird. Daher ist eine quantitative Bestimmung als Minimalwert der renalen Ausscheidung während der vergangenen Urinproduktionszeit anzusehen.

Myo-Inosit 7 Vitaminoide

Myosin K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. myosin

Definition. Der Begriff Myosin umfasst beim Menschen eine Superfamilie von mehr als 30 verschiedenen Proteinen, die für die Muskelkontraktion, aber auch für eine Vielzahl weiterer intrazellulärer Transport- und Signalprozesse verantwortlich sind. i Myosin ist ein Makromolekül mit einer Molmasse von 520 kDa, das aus sechs Untereinheiten besteht. Zwei schwere Ketten (Molmasse jeweils 220 kDa) bilden das Grundgerüst des Moleküls mit Schaft-, Hals- und Kopf-Region (7 Myosin-Schwerketten). An jeden der beiden Myosinköpfen lagern sich jeweils zwei leichte Ketten mit einer Molmasse von 15 bzw. 22 kDa an (7 Myosin-Leichtketten). An der Kopfregion ist die ATPase-Aktivität des Myosins lokalisiert, die essentiell für die Funktion des Moleküls ist. Für die Kontraktion gewinnt die Myosin-ATPase aus der Hydrolyse von ATP die notwendige Energie, um eine Bewegung entlang des Aktin-Filamentes zu bewirken. Die menschlichen Myosine lassen sich grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilen: 5 konventionelles Myosin (Typ-II-Isoform) bildet die Muskelfilamente und 5 unkonventionelle Myosine, die keine Filamente formen.

Das konventionelle Myosin II wird beim Menschen von 15 Genen kodiert, die für die verschiedenen Varianten der Schwerkette in Skelettmuskulatur, Herzmuskulatur, glatter Muskulatur und in nichtmuskulärem Gewebe verantwortlich sind. Die unkonventionellen Myosine in humanen Zellen (I, II, III, V, VI, VII, IX, X und XV, XVI, XVIII) werden von ~25 verschiedenen Genorten kodiert. Sie sind an verschiedenste Funktionen wie Zellbewegung, Chemotaxis, Phagozytose, Endozytose, intrazellulärer und Membran-Transport, Signalübertragung, Zytokinese, Zellwachstum oder Bewegung der Stereozilien des Innenohrs beteiligt. Für einige genetische Erkrankungen und Syndrome konnten entsprechende Mutationen der Myosin-Gene identifiziert werden. So führt eine Mutation in der schweren b-Kette des kardialen Myosins II zur familiären, hypertrophen Kardiomyopathie. Das Usher-Syndrom Typ 1B mit Taubheit, Retinitis pigmentosa und vestibulären Störungen wird durch eine Mutation des Myosins VIIa verursacht. Angeborene Taubheit wird auch bei Mutationen der Myosine IIa, IIIa, VI und XV beobachtet. Die May-Hegglin-Anomalie mit Thrombozytopenie sowie abnormaler Thrombozyten- und Leukozytenmorphologie basiert auf einer Mutation des Myosins IIa.

Literatur. Hartman MA, Finan D, Sivaramakrishnan S, Spudich JA (2011) Principles of unconventional myosin function and targeting. Annu Rev Cell Dev Biol 27:133–155 Kendrick-Jones J, Hodge TP, Lister IMB et al (2004) Myosin superfamily. Online-Ressource: http://www.proweb.org/myosin/Review/ articleframe.html (Stand: 21.10.2004) Tardiff JC (2004) Myosin at the heart of the problem. N Engl J Med 351:424–426

Myosin-Leichtketten K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. myosin light chains Definition. Leichte Mysosinketten sind Bestandteil des Myosinmoleküls, die an der Modulation der Myosin-Aktin-Interaktion beteiligt sind. i Es existieren zwei Arten von Myosinleichtketten, eine essentielle

(MLC1) und eine regulatorische Kette (MLC2) mit unterschiedlichen Molekularmassen (15 und 22 kDa). Ein Paar der Leichtketten lagert sich jeweils an den Kopf einer schweren Myosinkette an. Über die phosphorylierbare MLC2 kann die Aktin-Myosin-Interaktion moduliert werden. Zwischen Myosinleichtketten der Herz- und Skelettmuskulatur besteht eine hohe Homologie (> 80 %). Unterschiede werden vor allem im aminoterminalen Teil des Proteins gefunden, gegen den auch spezifische Antikörper zur Unterscheidung der Gewebsformen entwickelt werden können. Aufgrund der Labilität von MLC2 sind vor allem Teste zum Nachweis von MLC1 verfügbar. In der Herzmuskulatur liegt ein kleiner Teil der MLC (< 1 %) unge-

Myositis-spezifische Autoantikörper

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bunden im Zytoplasma vor und ist bei einem Myokardinfarkt früh im Blut nachweisbar (3–6 h nach Schmerzbeginn). Die maximalen Plasmakonzentrationen werden jedoch erst nach 4 Tagen beobachtet, wenn es durch Reorganisation des infarzierten Gewebes zu einer massiven Freisetzung der MLC kommt. Erhöhte MLC persistieren für 10–14 Tage nach dem Ereignis. Der Nachweis von MLC1 hat gegenüber anderen Herzmarkern keine Vorteile in der Akut-Diagnose des Myokardinfarktes. Allerdings sind gute Korrelationen der maximalen MLC1-Konzentration mit dem klinischen Schweregrad, der Prognose und der Infarktgröße beschrieben worden. Bei chronischer Herzinsuffizienz kann eine erhöhte MLC1-Konzentration im Blut nachgewiesen werden, da aus degenerierten Myokardfibrillen MLC freigesetzt wird. MLC1 und BNP korrelieren bei diesen Patienten, sodass die kombinierte Messung dieser beiden Proteine eventuell eine verbesserte Einschätzung des Schweregrades der Herzinsuffizienz erlauben könnte.

Entzündung der Skelettmuskulatur, sie ist mit verschiedenen serologisch identifizierbaren Autoantikörpern assoziiert.

Literatur. Kemp M, Donovan J, Higham H et al (2004) Biochemical

Interpretation. 7 Autoantikörper gegen PM-Scl (PM-1) sind gegen

markers of myocardial injury. Br J Anaesth 93:63–73 Hillis GS, Zhao N, Taggart P et al (1999) Utility of cardiac troponin I, creatine kinase-MB(mass), myosin light chain 1, and myoglobin in the early in-hospital triage of „high risk“ patients with chest pain. Heart 82:614–620

Myosin-Schwerketten K.J. Lackner, D. Peetz

Englischer Begriff. myosin heavy chains Definition. Myosin-Schwerketten sind Proteine des Sarkomers mit strukturellen und funktionellen Eigenschaften. i Jedes Myosinmolekül besteht aus zwei schweren Ketten und zwei

Paaren von Leichtketten (7 Myosin). Die jeweils 220 kDa schweren Ketten weisen eine Schaft-, eine Hals- und eine Kopfregion auf. Die Struktur der Schaftregion ist zwischen den einzelnen Myosin-Isoformen sehr variabel. Die verschiedenen Domänen der Schaftregion determinieren wahrscheinlich die zelluläre Lokalisation und die Funktion des Myosins. Die Halsregion weist zwischen den verschiedenen Myosin-Isoformen ebenfalls Längenvarianten auf. Sie bindet entweder Calmodulin oder ist an der Bindung der Myosin-Leichtketten beteiligt. Die Kopfregion trägt das katalytisch aktive Zentrum und die Aktin-Bindungsdomäne des Myosins. Alle Myosin-Isoformen weisen in dieser Region eine ATPase-Aktivität auf, die für die Motorfunktion essentiell ist. An die Kopfregion binden die Myosin-Leichtketten (7 Myosin-Leichtketten). Mutationen der schweren Myosinketten gehen mit verschiedenen angeborenen Erkrankungen einher. Ähnlich wie die Myosin-Leichtketten, können Myosin-Schwerketten für die Diagnose und Verlaufsbeurteilung des akuten Myokardinfarkts eingesetzt werden. Die Erfahrungen mit diesem Test sind jedoch bisher gering. Weitere Anwendungsmöglichkeiten bietet der Nachweis von spezifischen schweren Ketten der glatten Muskulatur zur Diagnose von Erkrankungen, die mit Schädigungen der glatten Muskulatur einhergehen (z. B. Aortendissektion oder ektope Schwangerschaft).

Literatur. Mair J, Thome-Kromer B, Wagner I et al (1994) Concentration time courses of troponin and myosin subunits after acute myocardial infarction. Coron Artery Dis 1994:865–872 Suzuki T, Katoh H, Tsuchio Y et al (2000) Diagnostic implications of elevated levels of smooth-muscle myosin heavy-chain protein in acute aortic dissection. The smooth muscle myosin heavy chain study. Ann Intern Med 133:537–541

Myositis-spezifische Autoantikörper W. Stöcker, W. Schlumberger

Synonym(e). Myositis-assoziierte Autoantikörper Englischer Begriff. myositis-specific autoantibodies Definition. Die Autoimmun-Myositis (idiopathische inflammatorische Myopathien) ist eine systemische Autoimmunerkrankung mit

Probenstabilität. Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 4 Wochen lang beständig, bei –20 °C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Analytik. Für den Nachweis Myositis-assoziierter Autoantikörper in Serum oder Plasma kommen verschiedene Techniken infrage: Indirekte Immunfluoreszenz mit Gewebeschnitten oder Zellkultursubstraten, Enzymimmuntests, Immunblot und andere. Untersucht werden vorwiegend Autoantikörper der Immunglobulinklasse IgG, die wichtigsten bekannten Zielantigene sind: PM-Scl-75, PM-Scl-100, Ku, Mi-2, SRP, Jo-1, PL-7, PL-12, OJ, EJ und Ro-52.

Referenzbereich. negativ mehrere Proteine des nukleolären PM-Scl-Makromolekularkomplexes gerichtet. Die beiden Haupt-Antigen-Protein-Komponenten sind PM-Scl-75 und PM-Scl-100, die nach ihren Molekurgewichten unterschieden werden. Diese Antikörper werden bei 50–70 % der Patienten mit Überlappungssyndrom nachgewiesen (Overlap-Syndrom). Dieses vereinigt Symptome von Polymyositis, Dermatomyositis und systemischer Sklerose (SSc). Patienten mit SSc allein zeigen hauptsächlich Antikörper gegen PM-Scl-75, während bei Patienten mit dem Krankheitsbild des Overlap-Syndroms die Autoantikörper gegen PM-Scl-75 und PM-Scl-100 gerichtet sind. Bei Tests, die ausschließlich Anti-PM-Scl-100 detektieren, bleibt der Hauptanteil an SSc-Patienten unentdeckt. 7 Autoantikörper gegen Ku kommen mit einer Prävalenz von bis zu 10 % beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) vor. Patienten mit Anti-Ku-Antikörpern zeigen zu je 40 % Symptome einer Myositis oder einer Systemischen Sklerose (SSc). 7 Autoantikörper gegen Mi-2 sind hochspezifisch für eine Dermatomyositis mit Nagelfalz-Hyperthrophie. Sie werden bei 15–30 % der Patienten mit Dermatomyositis und bei 8–12 % der Patienten mit idiopathischer Myositis beobachtet. Autoantikörper gegen SRP präsentieren sich bei Polymyositis und Dermatomyositis, in ca. 5 % der Fälle. Sie sind zudem Marker für die nekrotisierende Myopathie, eine Autoimmunmyopathie, die sich von der Polymyositis unterscheidet, aber typische Hautveränderungen wie die der Dermatomyositis aufweisen kann. Ihre Symptome sind akute, schwere, proximale, symmetrische Skelettmuskelschwäche, Muskelschmerzen, mitunter ist auch der Herzmuskel beteiligt. Extramuskuläre Krankheitszeichen können interstitielle Lungenerkrankungen sein. Jo-1-Antikörper werden bei Polymyositis mit einer Prävalenz von 25–55 % angetroffen. Sie sind häufig mit gleichzeitig bestehenden anderen Autoimmunerkrankungen assoziiert wie SLE, SSc, interstitieller Lungenfibrose, Raynaud-Syndrom, Polysynovitis. PL-7-Antikörper kommen mit einer Prävalenz von ca. 3–6 % bei Myositis vor, z. T. überlappend mit SLE, SSc oder interstitieller Lungenfibrose. PL-12-Antikörper werden mit einer Prävalenz von bis zu 3 % bei Myositis nachgewiesen. OJ-Antikörper sind assoziiert mit Myositis (Prävalenz 3 %) und interstitieller Lungenfibrose (Prävalenz 3 %). Weiter findet man OJAntikörper bei Raynaud-Syndrom und bei Overlap-Syndrom mit Rheumatoider Arthritis. Hauptsymptome sind Muskelschwäche, z. T. in Verbindung mit Polyarthritis. EJ-Antikörper sind diagnostische Marker für Polymyositis. Sie können auch bei interstitieller Lungenfibrose, bei Overlap-Syndrom mit systemischem Lupus erythematodes, Arthritis und Raynaud-Syndrom festgestellt werden. Ro-52-Antikörper treten mit einer Prävalenz von 25 % bei Myositis auf. Sie kommen auch bei einigen rheumatischen und nicht-rheumatischen Erkrankungen vor, etwa bei neonatalem Lupus erythematodes mit kongenitalem Herzblock.

Literatur. Targoff IN, Trieu EP, Plotz PH, Miller FW (1992) Antibodies to glycyl-transfer RNA synthetase in patients with myositis and interstitial lung disease. Arthritis Rheum 35:821–830

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Myristinsäure

Kato K, Katayama M, Fukatani S, Asano S, Oshima H, Yoshida T, Torikai K, Sudo Y, Yoshida N, Noda Y (1998) Anti-EJ antibody as diagnostic markers for a case of Polymyositis. Nippon Naika Gakkai Zasshi 87:338–339 Scheper T, Klatt P, Teegen B, Jarzabek-Chorzelska M, KolacinskaStrasz Z, Meyer W, Schlumberger W, Stöcker W (2002) Anti-Mi-2 Western Blot: A new test for the serological detection of myositis specific autoantibodies. Autoimmunity Reviews 1(1–2):17 Nierengarten MB (2004) Anti-Signal Recognition Particle Autoantibody Not Specific Only For Polymyositis. Arthritis Rheum 50:209– 215 Genth E (2005) Inflammatory muscle diseases: Dermatomyositis, polymyositis, and inclusion body myositis. Internist (Berl) 46:1218–1232 Hengstman GJD, Laak HJ ter, Vree Egberts WTM, Lundberg IE, Moutsopoulos HM, Vencovsky J, Doria A, Mosca M, Venrooij WJ van, Engelen BGM van (2006) Anti-SRP autoantibodies, marker of a necrotizing myopathy. Ann Rheum Dis. 65(12):1635–1638 Yoshifuji H, Fujii T, Kobayashi S, Imura Y, Fujita Y, Kawabata D, Usui T, Tanaka M, Nagai S, Umehara H, Mimori T (2006) Anti-aminoacyltRNA synthetase antibodies in clinical course prediction of interstitial lung disease complicated with idiopathic inflammatory myopathies. Autoimmunity 39:233–241 Sato S, Kuwana M, Hirakata M (2007) Clinical characteristics of Japanese patients with anti-OJ (anti-isoleucyl-tRNA synthetase) autoantibodies. Rheumatology (Oxford)46(5):842–845

Meyer W, Scheper T, Janssen A, Torkler S, Schlumberger W, Stöcker W. (2007) „EUROLINE Myositis-Profil“: Ein neu entwickelter Linienblot zum Nachweis Myositis-assoziierter Autoantikörper. Z Rheumatol 66:98 Mimori T, Imura Y, Nakashima R, Yoshifuji H (2007) Autoantibodies in idiopathic inflammatory myopathy: An update on clinical and pathophysiological significance. Curr Opin Rheumatol 19:523–529 Targoff IN (2008) Autoantibodies and their significance in myositis. Curr Rheumatol Rep Aug;10(4):333–340 Hanke K, Brückner C, Dähnrich C, Huscher D, Komorowski L, Meyer W, Janssen A, Backhaus M, Becker M, Kill A, Egerer K, Burmester G, Hiepe F, Schlumberger W, Riemekasten G (2009) Antibodies against PM/Scl-75 and PM/Scl-100 are independent markers for different subsets of systemic sclerosis patients. Arthritis Research & Therapy 11:R22 Gunawardena H, Betteridge ZE, McHugh NJ (2009) Myositis-specific autoantibodies: their clinical and pathogenic significance in disease expression. Rheumatology (Oxford) Jun;48(6):607–612

Myristinsäure 7 Fettsäuren

m/z-Skala 7 Massenspektrometrie

N NAA 7 N-Acetylasparaginsäure

Nabelschnurblut W.G. Guder

Synonym(e). Blut, aus dem Nabelstrang Englischer Begriff. umbilical cord blood; cord blood Definition. Blut aus einem der drei Gefäße des 50–60 cm langen Strangs zwischen Nabel des neugeborenen Kindes und der noch daran befindlichen Plazenta. i Nabelschnurblut kann für Untersuchungen des kindlichen Bluts nach der Geburt verwendet werden. Es stellt, wenn aus den beiden Aa. umbilicales gewonnen wurde, das arterielle Blut des Kinds, aus der V. umbilicalis das aus der Plazenta zum Kind fließende, mütterliche Blut dar. Es dient der Bestimmung der kindlichen 7 Blutgruppe, von mikrobiologischen, metabolischen und genetischen Untersuchungen in der Perinatalperiode.

Nabelschnurpunktion 7 Chordozentese

N-Acetylasparaginsäure G.F. Hoffmann, C.-D. Langhans, A. Schulze

Synonym(e). N-Acetylaspartat (NAA) Englischer Begriff. N-acetylaspartic acid Definition. Kommt im Zentralnervensystem (ZNS) in erster Linie in den Neuronen vor. Sie dient in der klinischen NMR-Spektroskopie als nichtinvasiver Indikator für neuronale Funktionsfähigkeit. Struktur. C6H9NO5 (7 Abb. 1)

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Urin, in Ausnahmefällen Liquor oder Plasma

Analytik.

5 durch Flüssig-flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether 5 mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie als Di- und Tri-Trimethylsilylester. Als Di-Trimethylsilylester Retentionsindex RI:1672 M+ (m/z): 319 Quant Ion (m/z): 158 Conf. Ion (m/z): 202 Als Tri-Trimethylsilylester Retentionsindex RI:1689 M+ (m/z): 391 Quant Ion (m/z): 274 Conf. Ion (m/z): 184

Internationale Einheit. mmol/mol Kreatinin (Urin) μmol/L (Plasma, Liquor) Referenzbereich — Kinder. 6–36 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich: 366–2123 mmol/mol Kreatinin

Indikation. Leukodystrophie, progrediente psychomotorische Retardierung

Interpretation. Eine erhöhte Ausscheidung von N-Acetylasparaginsäure im Urin weist auf einen Morbus Canavan, eine leukodystrophe Erkrankung des ZNS infolge einer Defizienz der Aspartoacylase hin. Diagnostische Wertigkeit. Die diagnostische Wertigkeit einer erhöhten Urinausscheidung von N-Acetylasparaginsäure für einen Morbus Canavan ist sehr hoch. Eine enzymatische oder molekularbiologische Bestätigungsdiagnostik ist möglich.

Literatur. Blau N, Duran M, Blaskovics ME et al (eds) (2003) Physician’s Guide to the Laboratory Diagnosis of Metabolic Diseases. 2nd edn. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York Al-Dirbashi OY, Rashed MS, Al-Qahtani K et al (2007) Quantification of N-acetylaspartic acid in urine by LC-MS/MS for the diagnosis of Canavan disease. J Inherit Metab Dis 30:612

N-Acetyl-α-D-Glukosaminidase

N-Acetylasparaginsäure. Abb. 1. Strukturformel

Molmasse. 175,14 g Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination.

N-Acetylasparaginsäure wird aus Acetyl-CoA und Asparaginsäure durch die NAA Synthase (AcetylCoA/L-Aspartat N-Acetyltransferase) gebildet. Die NAA Synthase kommt vor allem in den Neuronen vor. Die Aspartoacylase (N-Acetylasparagin-Amidohydrolase), ein hydrolytisches Enzym, das die Acetyl-Einheit wieder abspaltet, kommt dagegen im Myelin und Glia vor. N-Acetylasparaginsäure verteilt sich in allen Körperflüssigkeiten und wird renal ausgeschieden.

Funktion und Pathophysiologie. Ein Defekt der Aspartoacylase (NAcetylasparagin-Amidohydrolase) resultiert in einer übermäßigen Anhäufung von N-Acetylasparaginsäure im ZNS. Dadurch wird die normale Myelinisierung behindert und es kommt zu einer fortschreitenden spongiös-schwammigen Degeneration der weißen Hirnsubstanz.

7 Mukopolysaccharide

N-Acetyl-β-D-Glukosaminidase A.M. Gressner

Synonym(e). β-Hexosaminidase; EC 3.2.1.30; β-NAG Englischer Begriff. N-acetyl-β-D-glucosaminidase, N-acetyl-β-Dhexosaminidase

Definition. β-NAG ist eine weit verbreitete, lysosomale Glykosidase des Glykosaminoglykan-, Glykoprotein- und Glykolipidabbaus, deren Aktivitätsanstieg im Serum zur Diagnostik und Verlaufskontrolle fibroproliferativer chronisch-aktiver Lebererkrankungen eingesetzt wurde.

Synthese-Verteilung-Abbau-Elimination. Das nahezu ubiquitär vorkommende, hochmolekulare (Molmasse 130 kDa), lysosomale Enzym tritt mit hohen Aktivitäten in Thymus, Nebennieren, Hoden, Leber, Milz, Niere und Pankreas auf und spaltet die β-glykosidische Bindung von N-Acetyl-Glukosaminiden und N-Acetyl-Galaktosaminiden im Katabolismus der Glykokonjugate.

A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, DOI 10.1007/978-3-642-12921-6_14, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

986

N-Acetyl-Galaktosaminsulfat-Sulfatasen

Funktion und Pathophysiologie. Aktivitätserhöhungen im Serum des vorwiegend in Hepatozyten, aber auch in Kupfferzellen und Gallengangsepithelzellen vorkommenden Enzyms treten u.a. bei fibrotischen chronisch-aktiven und cholestatischen Lebererkrankungen auf.

Untersuchungsmaterial-Entnahmebedingungen. Serum, HeparinPlasma

Probenstabilität. Analyt ist für 15 Tage bei 4 °C stabil. Analytik. Das Substrat p-Nitrophenyl-N-Acetyl-β-D-Glukosaminid wird bei pH 4,3 gespalten. Die Reaktion wird mit einem Glyzin-NaOH-Puffer, pH 10,5 terminiert. Freigesetztes p-Nitrophenol im Überstand wird photometrisch bei 405 nm gemessen. Referenzbereich — Erwachsene. 10–32 U/L, Messtemperatur 37 °C Indikation. Diagnostik und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen, tubuläre Nephropathie Interpretation. Heute kaum noch von diagnostischem Interesse. Chronisch aktive Lebererkrankungen und akute Hepatitis führen zu stark erhöhten β-NAG-Aktivitäten, die mit dem Grad der Fibrogenese und mit Nekroseparametern korrelieren sollen. Erhöhte β-NAGAusscheidung bei tubulärer Nephropathie.

Diagnostische Wertigkeit. Untersuchungen weisen auf diagnostisch unzureichende Vorhersagewerte, mangelnde Organspezifität und Krankheitsspezifität hin. Eine Verbesserung der diagnostischen Kriterien lässt sich durch Kombination mit der Bestimmung der 7 Monoamino-Oxidase im Serum erreichen. β-NAG ist heute durch andere 7 Fibrosekenngrößen ersetzt.

Literatur. Gressner AM, Roebruck P (1982) Predictive values of serum N-acetyl-b-D-glucosaminidase for fibrotic liver disorders – correlation with monoamine oxidase activity. Clin Chim Acta 124:315– 326

N-Acetyl-Galaktosaminsulfat-Sulfatasen

7 Mukopolysaccharide

Eingangsgröße dX mit Änderungen in der gemessenen Größe dY zu antworten. i

Die Nachweisempfindlichkeit immunchemischer Methoden hängt ab von: 5 der Anzahl der Signale, die in der Zeiteinheit von einer definierten Menge markierter Moleküle generiert wird 5 dem Verhältnis gemessener Signale zu generierten Signalen (Zähloder Messausbeute) 5 der Intensität des Hintergrundsignals, vor dem das spezifische Signal gemessen wird (Signal-Rauschen-Verhältnis).

Literatur. Thomas L (2008) (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik. 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt/Main, S 1915–1937 ISO 11843–1 (1997)

Nachweisgrenze W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. detection limit; limit of detection Definition. 7 Messwert, den man mittels eines vorgegebenen

7 Messverfahrens erhält, für das die Wahrscheinlichkeit, fälschlich das Fehlen einer Komponente in einem Material anzugeben, β ist, bei einer Wahrscheinlichkeit von α, ihre Anwesenheit fälschlicherweise anzugeben [VIM (2010)]. Für Anmerkungen s. Literatur.

Literatur. BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007. 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Nachweisverfahren W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. qualitative analysis Definition. Verfahren zum qualitativen Nachweis von Bestandteilen. i Die Verfahren sollen in der Regel die betreffenden Bestandteile

N-Acetyl-Glukosamin-6-Sulfat-Sulfatase

spezifisch und der Indikation angemessen empfindlich qualitativ erfassen.

N-Acetylglukosaminyltransferase-Mangel

7 Infrarot-Spektrometrie

N-Acetylneuraminsäure, lipidgebundene

7 Küvette

N-Acetylprocainamid

7 Ceramid

7 Mukopolysaccharide

7 HEMPAS-Antigen

7 Sialinsäure, lipidgebundene

7 Procainamid

Nachbeschichtung 7 Blockieren

Nachtest odds 7 A posteriori odds

Nachweis, biologischer 7 Bioassay

Nachweisempfindlichkeit W.-R. Külpmann

Englischer Begriff. capability of detection Definition. Empfindlichkeit eines Messgerätes, auf Änderungen der

NaCl-Einkristalle NaCl-Küvetten N-Acylsphingosin NAD 7 Niacin

Nadeln zur Blutentnahme W.G. Guder

Synonym(e). Kanülen; Butterfly-Nadeln Englischer Begriff. blood collection needles; hypodermic needles; butterfly type needles Definition. Nadeln zur Blutentnahme umfassen alle Kanülen, welche geeignet sind zur arteriellen oder venösen Blutentnahme einschließlich ihrer Kombination mit therapeutischen Injektionen, Infusionen oder anderen Maßnahmen. i Zur diagnostischen 7 Blutentnahme werden Nadeln verwendet,

welche möglichst schonend erlauben, in Venen oder Arterien einzu-

NAD(P)

dringen und mit Aspiration oder Vakuumsystem Blut zu entnehmen. Hierzu wird die im Luer-System, welches den Anschluss an ProbenBehälter, Verbindungsstücke und Infusionsbestecke ermöglicht, definierte Ausführung mit 20–22 gauge (0,9–0,7 mm Durchmesser) empfohlen. Für Kinder und kleine Venen bei Erwachsenen (z. B. am Handrücken) werden auch kleinere Nadeln von 0,5–0,6 mm (23– 25 gauge) Durchmesser, versehen mit „Schmetterlingsflügeln“ (Butterfly) angeboten. Für die arterielle Blutentnahme sind die Nadeln oft fest mit dem Blut aufnehmenden Behälter verbunden, um eine sichere Entnahme durch den arteriellen Druck zu ermöglichen.

Literatur. Guder WG, Hagemann P, Wisser H, Zawta B (2006) Fokus Patientenprobe. Kompendium Präanalytik. CD-ROM, BD, Heidelberg

Nadelschutzkappen W.G. Guder

Synonym(e). Schutzbehälter Englischer Begriff. safety shield; needle container Definition. Konstruktionen, die vor, während und/oder nach Benutzung einer Nadel zur Blutentnahme die Nadeln abdecken und damit die Sterilität erhalten und eine Infektion, insbesondere durch Nadelstichverletzung während des Transports, der Lagerung, Vorbereitung der 7 Blutentnahme und der Entsorgung der Nadeln verhindern. i Nadeln zur Blutentnahme werden in verschlossenen Hüllen

geliefert, die sich kurz vor der Einführung der Nadeln in die Haut abnehmen und nach Verwendung der Nadeln wieder aufsetzen lassen. Neuerdings werden Sicherheitsnadeln angeboten, bei denen die Kappe während der Injektion ausgeklappt werden kann und durch einklappen nach der Blutentnahme die Nadel abdeckt (EclipseTM).

Literatur. Guder WG, Hagemann P, Wisser H, Zawta B (2006) Fokus Patientenprobe. Kompendium Präanalytik. CD-ROM, BD, Heidelberg Safety-Kanüle, Sarstedt (2011) Jubiläumskatalog, Nümbrecht

Nadelstichverletzung W. Stöcker, W. Schlumberger

Englischer Begriff. needlestick injury Definition. Verletzung durch Injektionsnadeln, im weiteren Sinne jegliche Stich-, Schnitt- und Kratzverletzung der Haut durch Nadeln, Kanülen, Skalpelle und andere scharfe Gegenstände, die mit Blut verunreinigt waren, unabhängig davon, ob die Wunde geblutet hat oder nicht. i Die gefährlichsten Erreger bei einem transdermalen Blut-zu-

Blut-Kontakt sind das Hepatitis-B-Virus, das Hepatitis-C-Virus (7 Hepatitisviren) und das Humane Immundefizienz-Virus (7 HIV). Gefährdet sind insbesondere die Angehörigen der Medizinberufe, einschließlich Beschäftigten in Rettungsdienst und Labor. Aber auch Reinigungsfachkräfte verletzen sich oft mit kontaminierten Kanülen oder Skalpellen, die nicht fachgerecht entsorgt wurden. Für das Risiko einer Infektion nach einer Nadelstichverletzung ist der Infektionsstatus der Quellperson ausschlaggebend, und wenn diese nicht ermittelbar ist, die Prävalenz gefährlicher Erreger in der behandelten Patientengruppe. Die folgenden Maßnahmen sind immer nach einer Stich- oder Schnittverletzung durchzuführen: 5 Die Wunde ist sofort zum Bluten anzuregen, dies geschieht am besten durch Druck auf das umliegende Gewebe und sollte 1–2 min durchgeführt werden. Hierdurch sollen bereits eingedrungene Erreger ausgeschwemmt werden. 5 Im Anschluss sollte die Wunde mit einem Virus-wirksamen Desinfektionsmittel (z. B. 80-%iger Ethanol in Kombination mit PVPIod) ausgiebig (mindestens 5 min lang) desinfiziert werden. Dabei sollte die Wunde möglichst aufgespreizt werden, mit Überschreitung der Schmerzgrenze). 5 Die Wunde kann im Anschluss durch einen sterilen Verband ge-

987

schützt werden. Empfohlen wird das Anlegen eines antiseptischen Wirkstoffdepots, z. B. auf Ethanolbasis (80 %). In Sonderfällen (z. B. Hochrisikobereich) empfiehlt es sich, eine rasche Wundexzision vorzunehmen. Jede infektionsrelevante Nadelstichverletzung ist dem Betriebsarzt zu melden und wird als Arbeitsunfall gewertet. Beim Verletzten, und möglichst auch bei der Infektionsquelle, sind Blutproben zum Nachweis von Hepatitis-B-, Hepatitis-C- und HIVMarkern abzunehmen. Diese Blutproben sind für die Unfallversicherung besonders wichtig, um den Zusammenhang einer eventuell später entdeckten Serokonversion mit dem Unfallgeschehen zu belegen. Kontrolluntersuchungen sind nach 3, 6 und 12 Monaten durchzuführen. Die Kosten hierfür übernimmt die Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft. Man kann Nadelstichverletzungen durch geeignete organisatorische und technische Maßnahmen vorbeugen, zum Beispiel durch den Einsatz geeigneter Kanülenabwurfbehälter und die Verwendung sicherer Instrumente und Verbrauchsmaterialien, wie Einmalartikel für perkutane Eingriffe (Kanülen, Spritzen, Lanzetten), die mit einem Sicherheitsmechanismus versehen sind, der ein unbeabsichtigtes Stechen oder Schneiden nach dem bestimmungsgemäßen Gebrauch verhindert. Weiterhin sollte medizinisches Personal gegen Hepatitis B (am besten simultan gegen Hepatitis A) geimpft sein. Laufende Kontrollen des Impfschutzes sind unerlässlich. Nach einer hochrisikoreichen HIV-Exposition durch eine Nadelstichverletzung besteht die Möglichkeit einer vorbeugenden Therapie mit antiretroviralen Medikamenten, die sogenannte Postexpositions-Prophylaxe. Die Wirksamkeit dieses Vorgehens ist noch nicht eindeutig belegt, und man muss sich davon überzeugen, ob die Wirkstoffe für die Prophylaxe zugelassen sind. Mit der Therapie sollte möglichst innerhalb der ersten zwei Stunden begonnen werden, spätestens jedoch innerhalb von 24 h. Die Maßnahme erstreckt sich über 2–4 Wochen. Trotz möglicherweise auftretender schwerer Nebenwirkungen sollte sie bis zum Ende durchgeführt werden. In Einrichtungen mit Gefährdung durch blutübertragbare Krankheitserreger sind die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen (TRBA 250) zu befolgen.

Literatur. Wicker S, Gottschalk R, Rabenau HF (2007) Gefährdungen durch Nadelstichverletzungen: Betrachtung aus arbeitsmedizinischer und virologischer Sicht. Dtsch Ärztebl 104(45), A 3102–3107 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) (2008) Vorgehen nach Stich- und Schnittverletzungen – Begründung für das Regeluntersuchungsprogramm der BGW. Hamburg

NA/DHPG-Quotient 7 Katecholamine

NAD(P) R. Weiskirchen

Synonym(e). Nikotinamid-Adenin-Dinucleotid(phosphat) Englischer Begriff. nicotinamide-adenine dinucleotide (phosphate) Definition. Sammelbezeichnung für die oxidierte und die reduzierte Form eines aus Adenin, (1,4-Dihydro-)Nicotin(säure)amid, β-DRibofuranose und Diphosphorsäure zusammengesetzten 7 Coenzyms (7 Abb. 1), das in vielen natürlichen Redox-Reaktionen und photometrischen Enzymtests als Wasserstoff-Überträger dient. i Die reversible Wasserstoffaufnahme ist an den Pyridinring des Nicotinsäureamidanteils des Coenzyms gebunden (7 Abb. 2). Von der Internationalen Nomenklaturkommission werden die Abkürzungen NAD+ (oxidierte Form) und NADH (reduzierte Form) und NAD (oxidierte und reduzierte Form) vorgeschlagen. Die Bezeichnungen NAD statt NAD+ und NADH2 statt NADH sollten nicht mehr verwendet werden. In einem nahe verwandten Redoxsystem ist an der 2’-Hydroxy-Gruppe eine zusätzliche Phosphorsäure-Gruppe vorhanden. Reduzierte bzw. oxidierte Form dieses Nicotinamid-Adenin-Di-

N

988

β-NAG

O NH2 +

N

O O P O CH2 O H

H

H

H OH OH

O

NH2

N

N HC

CH N

N

O P O CH2 O H

Oft stellt man sich Nährmedien aus vorgefertigten, gefriergetrockneten Substratmischungen her. Sie werden mit destilliertem Wasser rekonstituiert und anschließend sterilisiert (mind. 15 min b