Konzern und Organschaft in der Insolvenz: Zu den Auswirkungen der Insolvenz auf den Fortbestand von Aktienkonzern und Organschaft 3161633334, 9783161633331

Die Auswirkungen der Insolvenz konzernverbundener Unternehmen auf das zugrundeliegende Konzernverhältnis und auf eine et

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Konzern und Organschaft in der Insolvenz: Zu den Auswirkungen der Insolvenz auf den Fortbestand von Aktienkonzern und Organschaft
 3161633334, 9783161633331

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Einführung
§ 1 Anlass der Untersuchung
§ 2 Diskussionsstand
§ 3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes
§ 4 Gang der Untersuchung
Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft
§ 1 Historischer Überblick
A. Die Anfänge der Unternehmenskonzentration
B. Förderung der Unternehmenskonzentration durch das Steuerrecht
C. Die Entwicklung der Organschaftslehre
I. Anfänge der Organschaftslehre
II. Gewerbesteuerliche Organschaft
III. Umsatzsteuerliche Organschaft
IV. Körperschaftsteuerliche Organschaft
D. Aktiengesetz 1937
E. Aktiengesetz 1965
I. Referentenentwurf 1958
II. Regierungsentwurf 1960
III. Aktiengesetz 1965
F. Insolvenzrechtliche Behandlung von Konzern und Organschaft
G. Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung
§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen
A. Konzern
I. Unternehmensverbindung
1. Unternehmensbegriff
2. Abhängigkeit
II. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung
B. Umsatzsteuerliche Organschaft
I. Organträger und Organgesellschaft
II. Finanzielle Eingliederung
III. Wirtschaftliche Eingliederung
IV. Organisatorische Eingliederung
C. Körperschaftsteuerliche Organschaft
I. Organgesellschaft und Organträger
II. Gewinnabführungsvertrag
III. Finanzielle Eingliederung
D. Gewerbesteuerliche Organschaft
§ 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft
A. Überlegungen zur rechtsgebietsübergreifenden Betrachtung
B. Konzern und umsatzsteuerliche Organschaft
I. Keine finanzielle Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung
II. Keine finanzielle Eingliederung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
III. Keine wirtschaftliche Eingliederung bei einheitlicher Leitung
IV. Organisatorischen Eingliederung bei bestehendem Beherrschungsvertrag
V. Keine organisatorische Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung
VI. Umsatzsteuerliche Organschaft bei Holdingstrukturen
VII. Ergebnis
C. Konzern und körperschaftsteuerliche Organschaft
I. Rückschlüsse vom Vorliegen eines Konzerns auf die körperschaftsteuerliche Organschaft
II. Rückschlüsse vom Vorliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf den Konzern
D. Konzern und gewerbesteuerliche Organschaft
E. Zusammenfassung
Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz
§ 1 Zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns
A. Grundsatz
B. Der Konzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts?
I. Außen-GbR
II. Innen-GbR
1. Unterordnungskonzern
a) Vertragskonzern
b) Faktischer Konzern
2. Gleichordnungskonzern
a) Vertraglicher Gleichordnungskonzern
b) Faktischer Gleichordnungskonzern
III. Ergebnis zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns
§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern
A. Vertragskonzern
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
a) Kündigungsrecht der Tochter
b) Kündigungsrecht der Mutter
c) Zur Frage des Weisungsrechts der Mutter
aa) Zur Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs
bb) Zusammenhang zwischen Weisungsrecht und Verlustausgleichsanspruch
d) Zur Frage der Verlustausgleichspflicht der Mutter
e) Zur Frage der Gewinnabführungspflicht der Tochter
3. Stellungnahme
a) Weisungsrecht als Grundlage der einheitlichen Leitung im Vertragskonzern
b) Auswirkungen der Insolvenzreife auf das Weisungsrecht der Mutter
aa) Historische Betrachtung des § 302 AktG
bb) Dogmatische Einordnung des § 302 AktG
cc) Zum Rechtsgrund des § 302 AktG
dd) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für die Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften
(1) Systematische Erwägungen
(2) Intention des Gesetzgebers
(3) Hinreichender Schutz durch Insolvenzverursachungshaftung?
(4) Zum Begriff der Vollwertigkeit
(5) Ergebnis
ee) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für das Weisungsrecht
ff) Zur Konsequenz der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für den Vertragskonzern
gg) Informationsrechte und -pflichten der Beteiligten
hh) Ergebnis zum Fortbestand des Weisungsrechts der Mutter bei Insolvenzreife
c) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Gewinnabführungspflicht der Tochter
aa) Einordnung der Gewinnabführungspflicht
bb) Zusammenhang zwischen Gewinnabführungspflicht und Verlustausgleichsanspruch
cc) Isolierter Gewinnabführungsvertrag
dd) Ergebnis zum Fortbestand der Gewinnabführungspflicht
d) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Verlustausgleichspflicht der Mutter
aa) Entstehungsgeschichte der §§ 15a, 15b InsO
bb) Zusammenhang zwischen Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverboten
cc) Zum Begriff der Zahlungen
dd) Konsequenz der Zahlungsverbote für die Verlustausgleichspflicht
ee) Verbot der weiteren Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft?
e) Konsequenzen für den Vertragskonzern
f) Zur Frage des außerordentlichen Kündigungsrechts
aa) Kündigungsrecht der Tochter
bb) Kündigungsrecht der Mutter
g) Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage
4. Haftungsfragen
a) Haftung der Muttergesellschaft
aa) Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB
bb) Haftung aus § 309 AktG analog
cc) Haftung aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB
dd) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung § 303 AktG
b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter
aa) Haftung aus § 309 AktG
bb) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG
cc) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO
(1) Einordnung des Erstattungsanspruchs nach § 15b Abs. 4 InsO
(2) Gesamtschaden der Gläubigerschaft als Haftungsgrund des § 15b Abs. 4 InsO
(3) Berücksichtigung kompensierender Gegenleistungen bei der Schadensberechnung
(4) Veranlassung durch den Geschäftsleiter
(5) Verhältnis zur Haftung nach § 309 AktG
dd) Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 15a, 15b InsO
(1) Schutzgesetzcharakter des § 15a Abs. 1 InsO
(2) Schutzgesetzcharakter des § 15b Abs. 1 InsO
(3) Erfordernis eines Rückgriffs auf die Blankettnorm des § 823 Abs. 2 BGB?
ee) Haftung im Übrigen
c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter
aa) Haftung nach § 310 AktG
bb) Haftung nach § 117 Abs. 2 AktG
cc) Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG
dd) Deliktische Mithaftung nach § 830 Abs. 2 BGB
d) Haftung bei isoliertem Gewinnabführungsvertrag
5. Ergebnis
II. Eröffnungsverfahren
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
a) Historische Entwicklung der vorläufigen Insolvenzverwaltung
b) Die einzelnen Rechte und Pflichten im Eröffnungsverfahren
c) Kündigungsrecht
d) Unstimmigkeiten in der Argumentation der herrschenden Meinung zur Eigenverwaltung
4. Haftungsfragen
a) Vorläufiges Regelinsolvenzverfahren
b) Vorläufige Eigenverwaltung
5. Ergebnis
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand unter der Geltung der Konkursordnung
a) Die Rechtsprechung des BGH
aa) Eröffnung des Konkursverfahrens
bb) Eröffnung des Vergleichsverfahrens
b) Meinungen in der Literatur
3. Änderungen mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung
4. Meinungsstand heute
a) Automatische Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
aa) Kollision von Konzernzweck und Zweck des Insolvenzverfahrens
bb) Grundlegende Veränderung der Verhältnisse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
cc) Analogie zu §§ 115, 116 InsO
dd) Analogie zu § 84 InsO
ee) Analogie zu § 729 Abs. 2 BGB
ff) Ergänzende Vertragsauslegung
b) Keine Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
aa) Uneingeschränkter Fortbestand des Unternehmensvertrags
bb) Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag
cc) Wahlrecht des Insolvenzverwalters
dd) Außerordentliche Kündigung § 297 Abs. 1 AktG
5. Stellungnahme
a) Zur Rechtsnatur der Unternehmensverträge
b) Zur analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG
aa) Anwendungsbereich des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG
bb) Planwidrige Regelungslücke
cc) Vergleichbare Interessenlage: Historische Verbundenheit von Vertragskonzern und Eingliederung
(1) Überblick über die historische Entwicklung der Eingliederung
(2) Referentenentwurf 1958
(3) Regierungsentwurf
(4) Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung
dd) Vergleichbare Interessenlage: Übertragbarkeit des Regelungszwecks des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern
ee) Vergleichbare Interessenlage: Überschneidungen von Eingliederung und Vertragskonzern
(1) Unterschiede in der Rechtsnatur von Eingliederung und Vertragskonzern
(2) Unterschiede im Schutz außenstehender Aktionäre und im Gläubigerschutz
(3) Unterschiede bei der Verlustausgleichspflicht
(4) Unterschiede im Umfang des Weisungsrechts
(5) Unterschiede im Rahmen des Auskunftsrechts der Aktionäre
ff) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns
c) Zur analogen Anwendung der §§ 115, 116 InsO
aa) Anwendungsbereich und Rechtsfolge der §§ 115, 116 InsO
bb) Historische Betrachtung der §§ 115, 116 InsO
cc) Regelungszweck der §§ 115, 116 InsO
dd) Vergleichbarkeit von Geschäftsbesorgungsvertrag und Unternehmensvertrag
(1) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als Weiterentwicklung des Organschaftsvertrags
(2) Parallelen zwischen Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag
(3) Ergebnis zur Vergleichbarkeit von Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag
ee) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns
d) Überlegungen zum Verhältnis von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und §§ 115, 116 InsO
e) Stellungnahme zu den übrigen Lösungsansätzen
aa) Kollision von Insolvenzzweck und Konzernleitung
bb) Ergänzende Vertragsauslegung
cc) Automatische Beendigung nach § 84 InsO analog
dd) Automatische Beendigung nach § 729 Abs. 2 BGB analog
ee) Fortbestand des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags
ff) Suspendierung der Unternehmensverträge
gg) Wahlrecht des Insolvenzverwalters
(1) Unternehmensverträge als gegenseitige Verträge
(2) Zweck des § 103 InsO
(3) Isolierter Gewinnabführungsvertrag
(4) Verhältnis von §§ 115, 116 InsO und § 103 InsO
(5) Ergebnis zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters
hh) Kündigungsrecht der abhängigen Gesellschaft
f) Ergebnis
6. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung
a) Verlustausgleichspflicht
b) Gewinnabführungspflicht
c) Ausgleichspflicht
d) Sicherungsanspruch der Gläubiger
7. Haftungsfragen
8. Einzelfragen
a) Eigenverwaltung §§ 270 ff. InsO
aa) Meinungsstand
(1) Fortbestand des Unternehmensvertrags
(2) Automatisches Erlöschen des Unternehmensvertrags
bb) Stellungnahme
(1) Historische Betrachtung der Eigenverwaltung
(2) Vergleich der Anordnung der Eigenverwaltung mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens
(3) Schlussfolgerungen für das Schicksal des Unternehmensvertrags in der Eigenverwaltung
(4) Haftungsfragen
cc) Ergebnis
b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung
aa) Meinungsstand
bb) Stellungnahme
c) Isolierter Gewinnabführungsvertrag
aa) Meinungsstand
bb) Stellungnahme
d) Fehlerhafter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
e) Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
aa) Meinungsstand
bb) Stellungnahme
9. Ergebnis
B. Faktischer Konzern
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
a) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 311, 317 AktG
aa) Historische Betrachtung der §§ 311 ff. AktG
bb) Zum Rechtsgrund der §§ 311 ff. AktG
cc) Dogmatische Einordnung des Nachteilsausgleichs
dd) Zu den Vorstandspflichten im faktischen Konzern
ee) Verhältnis der §§ 311 ff. AktG zu den §§ 57 ff. AktG
ff) Konsequenzen der Insolvenzreife für das Weiterbetreiben des Konzerns
b) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 15a, 15b InsO
4. Haftungsfragen
a) Haftung der Muttergesellschaft
aa) Haftung nach §§ 311, 317 AktG
bb) Haftung nach §§ 57, 62 AktG
cc) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG
dd) Haftung nach sonstigen Vorschriften
b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter
c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter
II. Eröffnungsverfahren
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
4. Haftungsfragen
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand unter Geltung der Konkursordnung
3. Meinungsstand heute
4. Stellungnahme
5. Haftungsfragen
6. Einzelfragen
a) Eigenverwaltung
b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung
c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
7. Ergebnis
§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern
A. Vertragskonzern
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
a) Insolvenzgrund der Überschuldung
b) Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit
3. Stellungnahme
II. Eröffnungsverfahren
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
4. Einzelfragen
IV. Ergebnis
B. Faktischer Konzern
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
4. Haftungsfragen
a) Haftung der Mutter
aa) Teilnehmerhaftung über § 830 Abs. 2 BGB
bb) Existenzvernichtungshaftung § 826 BGB?
cc) Sonstige Haftungstatbestände
b) Haftung des Geschäftsleiters der Muttergesellschaft
c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft
aa) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO
bb) Haftung nach § 15b Abs. 5 InsO
cc) Sonstige Haftungstatbestände
II. Eröffnungsverfahren
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
a) Zur Sorgfaltspflicht des Insolvenzverwalters
b) Zur Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters
4. Einzelfragen
a) Eigenverwaltung
b) Insolvenzplanverfahren
c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
5. Haftungsfragen
IV. Ergebnis
§ 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern
A. Vertragskonzern
I. Insolvenzreife beider Gesellschaften bei Verletzung der Massesicherungspflichten
II. Eröffnungsverfahren
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften
1. Folgen für die Unternehmensverträge
2. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung
a) Verlustausgleichspflicht
b) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung, § 303 AktG
c) Gewinnabführungspflicht
B. Faktischer Konzern
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
II. Eröffnungsverfahren
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften
§ 5 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen
Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz
§ 1 Umsatzsteuerliche Organschaft
A. Insolvenz des Organträgers
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
a) Finanzielle Eingliederung
b) Wirtschaftliche Eingliederung
c) Organisatorische Eingliederung
4. Ergebnis
II. Eröffnungsverfahren
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft
V. Haftungsfragen
VI. Einzelfragen
1. Eigenverwaltung
2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
B. Insolvenz der Organgesellschaft
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
II. Eröffnungsverfahren
1. These
2. Meinungsstand
a) Die Rechtsprechung des BFH
b) Meinungen in der Literatur
3. Stellungnahme
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
1. These
2. Meinungsstand
3. Stellungnahme
IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft
1. Erstattungsanspruch
2. Vorsteuerberichtigungsanspruch
V. Einzelfragen
1. Eigenverwaltung
2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
C. Insolvenz von Organgesellschaft und Organträger
I. These
II. Meinungsstand
III. Stellungnahme
IV. Einzelfragen
1. Eigenverwaltung
2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
§ 2 Körperschaftsteuerliche Organschaft
A. Insolvenz des Organträgers
I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten
1. Finanzielle Eingliederung
2. Fortbestand des Gewinnabführungsvertrags
3. Tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags
4. Zur vorzeitigen Beendigung des Gewinnabführungsvertrags
II. Eröffnungsverfahren
III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
IV. Rechtsfolgen der Beendigung der körperschaftsteuerlichen Organschaft
V. Einzelfragen
1. Eigenverwaltung
2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse
B. Insolvenz der Organgesellschaft
I. These
II. Meinungsstand
III. Stellungnahme
C. Insolvenz von Organträger und Organgesellschaft
I. These
II. Meinungsstand
III. Stellungnahme
§ 3 Gewerbesteuerliche Organschaft
A. These
B. Meinungsstand
C. Stellungnahme
Kapitel 5: Zusammenfassung der Ergebnisse
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

Schriften zum Unternehmens- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von

Jörn Axel Kämmerer, Karsten Schmidt und Rüdiger Veil

116

Lara Schwarz

Konzern und Organschaft in der Insolvenz Zu den Auswirkungen der Insolvenz auf den Fortbestand von Aktienkonzern und Organschaft

Mohr Siebeck

Lara Schwarz, geboren 1997; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Passau; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht der Universität Passau; 2023 Promotion; Rechtsreferendariat im OLG-Bezirk München. orcid.org/0009-0007-8864-6103

ISBN 978-3-16-163333-1 / eISBN 978-3-16-163334-8 DOI 10.1628/978-3-16-163334-8 ISSN 2193-7273 / eISSN 2569-4480 (Schriften zum Unternehmens- und Kapitalmarktrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über https://dnb.dnb.de abrufbar. © 2024 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2023 von der Juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Juni 2023 berücksichtigt werden. Mein Dank gebührt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Holger Altmeppen, für die großen Freiheiten, die er mir bei der Themenwahl und Ausarbeitung der Thesen gelassen hat. Ich werde meine Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl als in fachlicher wie in persönlicher Hinsicht lehrreich in Erinnerung behalten. Großen Dank schulde ich auch Herrn Prof. Dr. Rainer Wernsmann, nicht nur für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens mitsamt den darin enthaltenen, hilfreichen Anregungen, sondern auch dafür, dass er mein Interesse am Steuerrecht geweckt und stets gefördert hat. Ich danke ferner den Herausgebern der Schriftenreihe zum Unternehmensund Kapitalmarktrecht, Herrn Prof. Dr. Jörn Axel Kämmerer, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt und Herrn Prof. Dr. Rüdiger Veil, für die freundliche Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe. Für die wundervolle Bürogemeinschaft in unserer gemeinsamen Lehrstuhlzeit bin ich Frau Katharina Marx in enger Freundschaft verbunden. Besondere Dankbarkeit möchte ich ferner Herrn PD. Dr. Philipp Maximilian Holle aussprechen, der mich seit der Zeit seiner Lehrstuhlvertretung an der Universität Passau über alle Maßen gefördert und unterstützt hat. Gleichermaßen bin ich Herrn Prof. Dr. Rafael Harnos für seinen enormen Einsatz und alles, was ich in der kurzen Zeit seiner Lehrstuhlinhaberschaft schon von ihm lernen durfte, sehr zu Dank verpflichtet. Herr Timon Schwacha war mir in allen Phasen der Dissertation eine unbeschreibliche Stütze und ertrug so manche Launen meinerseits. Ich bin ihm zutiefst dankbar für seine Geduld und dafür, dass er mir immer zur Seite stand und steht. Mein größter Dank gebührt schließlich meiner Familie, allen voran meinen Eltern. Nicht nur haben sie mir durch ihre uneingeschränkte Unterstützung ein sorgenloses Studium ermöglicht, sie haben mich auch stets in all meinen Vorhaben ermutigt und bestärkt. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Passau, im November 2023

Lara Schwarz

Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ....................................................................................... XI

Kapitel 1: Einführung ............................................................................. 1  § 1 Anlass der Untersuchung ......................................................................... 1  § 2 Diskussionsstand ..................................................................................... 2  § 3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes ......................................... 3  § 4 Gang der Untersuchung........................................................................... 4 

Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft ...................... 7  § 1 Historischer Überblick ............................................................................ 7  § 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen .......................................... 21  § 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft ......................... 35 

Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz .......................................... 45  § 1 Zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns...................................................... 45  § 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern ............... 53  § 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern ............ 213  § 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern .................... 232  § 5 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen .... 238 

Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz ................................. 241  § 1 Umsatzsteuerliche Organschaft ........................................................... 241  § 2 Körperschaftsteuerliche Organschaft .................................................. 265  § 3 Gewerbesteuerliche Organschaft ......................................................... 274 

X

Inhaltsübersicht

Kapitel 5: Zusammenfassung der Ergebnisse................................ 277  Literaturverzeichnis ................................................................................... 283 Sachregister ............................................................................................... 311

Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... IX

Kapitel 1: Einführung .................................................................................. 1 § 1 Anlass der Untersuchung ............................................................................. 1 § 2 Diskussionsstand .......................................................................................... 2 § 3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes............................................. 3 § 4 Gang der Untersuchung ............................................................................... 4

Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft ......................... 7 § 1 Historischer Überblick ................................................................................. 7 A. Die Anfänge der Unternehmenskonzentration .............................................. 7 B. Förderung der Unternehmenskonzentration durch das Steuerrecht ............. 10 C. Die Entwicklung der Organschaftslehre ...................................................... 10 I. Anfänge der Organschaftslehre ................................................................ 11 II. Gewerbesteuerliche Organschaft ............................................................ 13 III. Umsatzsteuerliche Organschaft ............................................................. 13 IV. Körperschaftsteuerliche Organschaft..................................................... 14 D. Aktiengesetz 1937 ....................................................................................... 15 E. Aktiengesetz 1965 ....................................................................................... 17 I. Referentenentwurf 1958 ........................................................................... 17 II. Regierungsentwurf 1960 ......................................................................... 19 III. Aktiengesetz 1965 ................................................................................. 19 F. Insolvenzrechtliche Behandlung von Konzern und Organschaft ................. 19 G. Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung ................................ 20 § 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen .............................................. 21 A. Konzern ....................................................................................................... 21 I. Unternehmensverbindung ........................................................................ 21

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Unternehmensbegriff........................................................................... 21 2. Abhängigkeit ....................................................................................... 23 II. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung ....................................... 23 B. Umsatzsteuerliche Organschaft ................................................................... 25 I. Organträger und Organgesellschaft .......................................................... 26 II. Finanzielle Eingliederung ....................................................................... 27 III. Wirtschaftliche Eingliederung ............................................................... 28 IV. Organisatorische Eingliederung............................................................. 29 C. Körperschaftsteuerliche Organschaft........................................................... 31 I. Organgesellschaft und Organträger .......................................................... 32 II. Gewinnabführungsvertrag ....................................................................... 33 III. Finanzielle Eingliederung ...................................................................... 33 D. Gewerbesteuerliche Organschaft ................................................................. 34 § 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft ............................ 35 A. Überlegungen zur rechtsgebietsübergreifenden Betrachtung ...................... 36 B. Konzern und umsatzsteuerliche Organschaft .............................................. 37 I. Keine finanzielle Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung ........... 37 II. Keine finanzielle Eingliederung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ....................................................................... 39 III. Keine wirtschaftliche Eingliederung bei einheitlicher Leitung.............. 39 IV. Organisatorischen Eingliederung bei bestehendem Beherrschungsvertrag ..................................................................................................... 40 V. Keine organisatorische Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung 41 VI. Umsatzsteuerliche Organschaft bei Holdingstrukturen ......................... 42 VII. Ergebnis ............................................................................................... 43 C. Konzern und körperschaftsteuerliche Organschaft ...................................... 43 I. Rückschlüsse vom Vorliegen eines Konzerns auf die körperschaftsteuerliche Organschaft ....................................................... 43 II. Rückschlüsse vom Vorliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf den Konzern ...................................................................................... 44 D. Konzern und gewerbesteuerliche Organschaft ............................................ 44 E. Zusammenfassung ....................................................................................... 44

Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz ............................................. 45 § 1 Zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns .......................................................... 45 A. Grundsatz .................................................................................................... 45 B. Der Konzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts? .................................... 46 I. Außen-GbR .............................................................................................. 47 II. Innen-GbR............................................................................................... 48

Inhaltsverzeichnis

XIII

1. Unterordnungskonzern ........................................................................ 48 a) Vertragskonzern ............................................................................. 48 b) Faktischer Konzern......................................................................... 50 2. Gleichordnungskonzern ...................................................................... 51 a) Vertraglicher Gleichordnungskonzern ............................................ 51 b) Faktischer Gleichordnungskonzern ................................................ 52 III. Ergebnis zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns ...................................... 52 § 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern................... 53 A. Vertragskonzern .......................................................................................... 53 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten .................. 53 1. These ................................................................................................... 54 2. Meinungsstand .................................................................................... 54 a) Kündigungsrecht der Tochter ......................................................... 54 b) Kündigungsrecht der Mutter........................................................... 55 c) Zur Frage des Weisungsrechts der Mutter ...................................... 56 aa) Zur Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ................ 56 bb) Zusammenhang zwischen Weisungsrecht und Verlustausgleichsanspruch ........................................................ 59 d) Zur Frage der Verlustausgleichspflicht der Mutter ........................ 60 e) Zur Frage der Gewinnabführungspflicht der Tochter ..................... 60 3. Stellungnahme ..................................................................................... 60 a) Weisungsrecht als Grundlage der einheitlichen Leitung im Vertragskonzern ............................................................................. 60 b) Auswirkungen der Insolvenzreife auf das Weisungsrecht der Mutter ............................................................................................. 61 aa) Historische Betrachtung des § 302 AktG ................................. 61 bb) Dogmatische Einordnung des § 302 AktG............................... 62 cc) Zum Rechtsgrund des § 302 AktG ........................................... 63 dd) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für die Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften ................. 66 (1) Systematische Erwägungen .................................................. 66 (2) Intention des Gesetzgebers................................................... 67 (3) Hinreichender Schutz durch Insolvenzverursachungshaftung? .......................................... 68 (4) Zum Begriff der Vollwertigkeit ........................................... 68 (5) Ergebnis ............................................................................... 69 ee) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für das Weisungsrecht ................................................................ 69 ff) Zur Konsequenz der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für den Vertragskonzern ............... 70 gg) Informationsrechte und -pflichten der Beteiligten ................... 72

XIV

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hh) Ergebnis zum Fortbestand des Weisungsrechts der Mutter bei Insolvenzreife ...................................................................... 73 c) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Gewinnabführungspflicht der Tochter .......................................................................... 73 aa) Einordnung der Gewinnabführungspflicht ............................... 74 bb) Zusammenhang zwischen Gewinnabführungspflicht und Verlustausgleichsanspruch ........................................................ 74 cc) Isolierter Gewinnabführungsvertrag ......................................... 74 dd) Ergebnis zum Fortbestand der Gewinnabführungspflicht ........ 75 d) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Verlustausgleichspflicht der Mutter ....................................................................................... 75 aa) Entstehungsgeschichte der §§ 15a, 15b InsO ........................... 76 bb) Zusammenhang zwischen Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverboten ...................................................................... 77 cc) Zum Begriff der Zahlungen ...................................................... 79 dd) Konsequenz der Zahlungsverbote für die Verlustausgleichspflicht ............................................................ 81 ee) Verbot der weiteren Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft?............................................................................... 82 e) Konsequenzen für den Vertragskonzern ......................................... 83 f) Zur Frage des außerordentlichen Kündigungsrechts ....................... 83 aa) Kündigungsrecht der Tochter ................................................... 83 bb) Kündigungsrecht der Mutter .................................................... 84 g) Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage ............................................ 85 4. Haftungsfragen .................................................................................... 86 a) Haftung der Muttergesellschaft ...................................................... 86 aa) Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB ................................................ 87 bb) Haftung aus § 309 AktG analog ............................................... 87 cc) Haftung aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB ...................................... 88 dd) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung § 303 AktG .. 88 b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter ........................................ 89 aa) Haftung aus § 309 AktG ........................................................... 89 bb) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG ............................................. 91 cc) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO .............................................. 91 (1) Einordnung des Erstattungsanspruchs nach § 15b Abs. 4 InsO ....................................................................................... 91 (2) Gesamtschaden der Gläubigerschaft als Haftungsgrund des § 15b Abs. 4 InsO ........................................................... 93 (3) Berücksichtigung kompensierender Gegenleistungen bei der Schadensberechnung ....................................................... 94 (4) Veranlassung durch den Geschäftsleiter .............................. 96 (5) Verhältnis zur Haftung nach § 309 AktG............................. 97 dd) Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit

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XV

§§ 15a, 15b InsO ........................................................................ 98 (1) Schutzgesetzcharakter des § 15a Abs. 1 InsO ...................... 98 (2) Schutzgesetzcharakter des § 15b Abs. 1 InsO...................... 99 (3) Erfordernis eines Rückgriffs auf die Blankettnorm des § 823 Abs. 2 BGB? ............................................................. 100 ee) Haftung im Übrigen ............................................................... 101 c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter ..................................... 101 aa) Haftung nach § 310 AktG ...................................................... 101 bb) Haftung nach § 117 Abs. 2 AktG ........................................... 102 cc) Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG ............................................. 102 dd) Deliktische Mithaftung nach § 830 Abs. 2 BGB ................... 103 d) Haftung bei isoliertem Gewinnabführungsvertrag ....................... 103 5. Ergebnis ............................................................................................ 104 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 104 1. These ................................................................................................. 105 2. Meinungsstand .................................................................................. 105 3. Stellungnahme ................................................................................... 106 a) Historische Entwicklung der vorläufigen Insolvenzverwaltung ... 106 b) Die einzelnen Rechte und Pflichten im Eröffnungsverfahren ...... 107 c) Kündigungsrecht........................................................................... 108 d) Unstimmigkeiten in der Argumentation der herrschenden Meinung zur Eigenverwaltung ..................................................... 108 4. Haftungsfragen .................................................................................. 109 a) Vorläufiges Regelinsolvenzverfahren........................................... 109 b) Vorläufige Eigenverwaltung ........................................................ 111 5. Ergebnis ............................................................................................ 111 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 111 1. These ................................................................................................. 112 2. Meinungsstand unter der Geltung der Konkursordnung ................... 112 a) Die Rechtsprechung des BGH ...................................................... 113 aa) Eröffnung des Konkursverfahrens .......................................... 113 bb) Eröffnung des Vergleichsverfahrens ...................................... 113 b) Meinungen in der Literatur........................................................... 114 3. Änderungen mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung ........................ 115 4. Meinungsstand heute ......................................................................... 116 a) Automatische Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................................................... 116 aa) Kollision von Konzernzweck und Zweck des Insolvenzverfahrens ................................................................. 116 bb) Grundlegende Veränderung der Verhältnisse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens........................................................... 117 cc) Analogie zu §§ 115, 116 InsO ................................................ 117 dd) Analogie zu § 84 InsO ........................................................... 117

XVI

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ee) Analogie zu § 729 Abs. 2 BGB .............................................. 118 ff) Ergänzende Vertragsauslegung ............................................... 118 b) Keine Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ......... 118 aa) Uneingeschränkter Fortbestand des Unternehmensvertrags ... 119 bb) Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag ............................................................... 120 cc) Wahlrecht des Insolvenzverwalters ........................................ 121 dd) Außerordentliche Kündigung § 297 Abs. 1 AktG.................. 122 5. Stellungnahme ................................................................................... 123 a) Zur Rechtsnatur der Unternehmensverträge ................................. 123 b) Zur analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG ............. 125 aa) Anwendungsbereich des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG................. 125 bb) Planwidrige Regelungslücke .................................................. 126 cc) Vergleichbare Interessenlage: Historische Verbundenheit von Vertragskonzern und Eingliederung ................................. 127 (1) Überblick über die historische Entwicklung der Eingliederung ...................................................................... 127 (2) Referentenentwurf 1958 ..................................................... 128 (3) Regierungsentwurf ............................................................. 129 (4) Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung ....... 130 dd) Vergleichbare Interessenlage: Übertragbarkeit des Regelungszwecks des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern....................................................................... 131 ee) Vergleichbare Interessenlage: Überschneidungen von Eingliederung und Vertragskonzern ........................................ 133 (1) Unterschiede in der Rechtsnatur von Eingliederung und Vertragskonzern .................................................................. 134 (2) Unterschiede im Schutz außenstehender Aktionäre und im Gläubigerschutz ...................................................... 136 (3) Unterschiede bei der Verlustausgleichspflicht ................... 138 (4) Unterschiede im Umfang des Weisungsrechts ................... 140 (5) Unterschiede im Rahmen des Auskunftsrechts der Aktionäre............................................................................. 142 ff) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns.......... 142 c) Zur analogen Anwendung der §§ 115, 116 InsO .......................... 143 aa) Anwendungsbereich und Rechtsfolge der §§ 115, 116 InsO.. 143 bb) Historische Betrachtung der §§ 115, 116 InsO ...................... 145 cc) Regelungszweck der §§ 115, 116 InsO .................................. 146 dd) Vergleichbarkeit von Geschäftsbesorgungsvertrag und Unternehmensvertrag ............................................................... 148 (1) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als Weiterentwicklung des Organschaftsvertrags ..................... 148 (2) Parallelen zwischen Unternehmensvertrag und

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XVII

Geschäftsbesorgungsvertrag................................................ 150 (3) Ergebnis zur Vergleichbarkeit von Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag......................................... 159 ee) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns ......... 160 d) Überlegungen zum Verhältnis von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und §§ 115, 116 InsO ................................................................... 160 e) Stellungnahme zu den übrigen Lösungsansätzen ......................... 161 aa) Kollision von Insolvenzzweck und Konzernleitung ............... 161 bb) Ergänzende Vertragsauslegung .............................................. 162 cc) Automatische Beendigung nach § 84 InsO analog ................. 163 dd) Automatische Beendigung nach § 729 Abs. 2 BGB analog... 164 ee) Fortbestand des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags .................................................................................... 164 ff) Suspendierung der Unternehmensverträge .............................. 166 gg) Wahlrecht des Insolvenzverwalters ....................................... 167 (1) Unternehmensverträge als gegenseitige Verträge .............. 167 (2) Zweck des § 103 InsO ........................................................ 171 (3) Isolierter Gewinnabführungsvertrag .................................. 173 (4) Verhältnis von §§ 115, 116 InsO und § 103 InsO .............. 173 (5) Ergebnis zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters ............. 174 hh) Kündigungsrecht der abhängigen Gesellschaft ...................... 174 f) Ergebnis ........................................................................................ 174 6. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung .............................................. 174 a) Verlustausgleichspflicht ............................................................... 174 b) Gewinnabführungspflicht ............................................................. 176 c) Ausgleichspflicht .......................................................................... 177 d) Sicherungsanspruch der Gläubiger ............................................... 177 7. Haftungsfragen .................................................................................. 178 8. Einzelfragen ...................................................................................... 179 a) Eigenverwaltung §§ 270 ff. InsO.................................................. 179 aa) Meinungsstand ....................................................................... 179 (1) Fortbestand des Unternehmensvertrags ............................. 179 (2) Automatisches Erlöschen des Unternehmensvertrags ........ 180 bb) Stellungnahme ....................................................................... 180 (1) Historische Betrachtung der Eigenverwaltung ................... 180 (2) Vergleich der Anordnung der Eigenverwaltung mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens ................................... 181 (3) Schlussfolgerungen für das Schicksal des Unternehmensvertrags in der Eigenverwaltung .................. 182 (4) Haftungsfragen ................................................................... 183 cc) Ergebnis.................................................................................. 184 b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung ...................................................................................... 184

XVIII

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aa) Meinungsstand ....................................................................... 184 bb) Stellungnahme ....................................................................... 185 c) Isolierter Gewinnabführungsvertrag ............................................. 186 aa) Meinungsstand ....................................................................... 186 bb) Stellungnahme ....................................................................... 186 d) Fehlerhafter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ....... 186 e) Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.................... 187 aa) Meinungsstand ....................................................................... 187 bb) Stellungnahme ....................................................................... 187 9. Ergebnis ............................................................................................ 188 B. Faktischer Konzern .................................................................................... 188 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 188 1. These ................................................................................................. 188 2. Meinungsstand .................................................................................. 189 3. Stellungnahme ................................................................................... 190 a) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 311, 317 AktG ......................................................................... 190 aa) Historische Betrachtung der §§ 311 ff. AktG ......................... 190 bb) Zum Rechtsgrund der §§ 311 ff. AktG .................................. 192 cc) Dogmatische Einordnung des Nachteilsausgleichs ................ 194 dd) Zu den Vorstandspflichten im faktischen Konzern ................ 196 ee) Verhältnis der §§ 311 ff. AktG zu den §§ 57 ff. AktG ........... 199 ff) Konsequenzen der Insolvenzreife für das Weiterbetreiben des Konzerns............................................................................ 201 b) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 15a, 15b InsO ....................................................................................... 202 4. Haftungsfragen .................................................................................. 202 a) Haftung der Muttergesellschaft .................................................... 202 aa) Haftung nach §§ 311, 317 AktG............................................. 202 bb) Haftung nach §§ 57, 62 AktG ................................................ 204 cc) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG ........................................... 205 dd) Haftung nach sonstigen Vorschriften ..................................... 205 b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter ...................................... 205 c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter ..................................... 206 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 207 1. These ................................................................................................. 207 2. Meinungsstand .................................................................................. 208 3. Stellungnahme ................................................................................... 208 4. Haftungsfragen .................................................................................. 209 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 209 1. These ................................................................................................. 209 2. Meinungsstand unter Geltung der Konkursordnung ......................... 209 3. Meinungsstand heute ......................................................................... 210

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XIX

4. Stellungnahme ................................................................................... 211 5. Haftungsfragen .................................................................................. 211 6. Einzelfragen ...................................................................................... 212 a) Eigenverwaltung ........................................................................... 212 b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung ...................................................................................... 212 c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ........................................................................................... 212 7. Ergebnis ............................................................................................ 212 § 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern ............... 213 A. Vertragskonzern ........................................................................................ 213 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 213 1. These ................................................................................................. 213 2. Meinungsstand .................................................................................. 213 a) Insolvenzgrund der Überschuldung .............................................. 213 b) Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit ..................................... 214 3. Stellungnahme ................................................................................... 215 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 218 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 218 1. These ................................................................................................. 218 2. Meinungsstand .................................................................................. 218 3. Stellungnahme ................................................................................... 220 4. Einzelfragen ...................................................................................... 220 IV. Ergebnis ............................................................................................... 221 B. Faktischer Konzern .................................................................................... 221 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 221 1. These ................................................................................................. 221 2. Meinungsstand .................................................................................. 221 3. Stellungnahme ................................................................................... 222 4. Haftungsfragen .................................................................................. 223 a) Haftung der Mutter ....................................................................... 223 aa) Teilnehmerhaftung über § 830 Abs. 2 BGB ........................... 223 bb) Existenzvernichtungshaftung § 826 BGB? ............................ 224 cc) Sonstige Haftungstatbestände................................................. 225 b) Haftung des Geschäftsleiters der Muttergesellschaft.................... 225 c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft .................. 225 aa) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO ............................................ 225 bb) Haftung nach § 15b Abs. 5 InsO ............................................ 226 cc) Sonstige Haftungstatbestände................................................. 226 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 227 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 227

XX

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1. These ................................................................................................. 227 2. Meinungsstand .................................................................................. 227 3. Stellungnahme ................................................................................... 228 a) Zur Sorgfaltspflicht des Insolvenzverwalters ............................... 228 b) Zur Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters .............................. 229 4. Einzelfragen ...................................................................................... 230 a) Eigenverwaltung ........................................................................... 230 b) Insolvenzplanverfahren ................................................................ 230 c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ........................................................................................... 231 5. Haftungsfragen .................................................................................. 231 IV. Ergebnis ............................................................................................... 232 § 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern ....................... 232 A. Vertragskonzern ........................................................................................ 232 I. Insolvenzreife beider Gesellschaften bei Verletzung der Massesicherungspflichten ..................................................................... 233 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 233 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften ........... 234 1. Folgen für die Unternehmensverträge ............................................... 234 2. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung .............................................. 234 a) Verlustausgleichspflicht ............................................................... 234 b) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung, § 303 AktG ..... 236 c) Gewinnabführungspflicht ............................................................. 236 B. Faktischer Konzern .................................................................................... 237 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 237 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 237 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften ........... 238 § 5 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen ....... 238

Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz .................................... 241 § 1 Umsatzsteuerliche Organschaft ............................................................... 241 A. Insolvenz des Organträgers ....................................................................... 241 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 241 1. These ................................................................................................. 241 2. Meinungsstand .................................................................................. 241 3. Stellungnahme ................................................................................... 242 a) Finanzielle Eingliederung ............................................................. 242 b) Wirtschaftliche Eingliederung ...................................................... 243

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XXI

c) Organisatorische Eingliederung.................................................... 243 4. Ergebnis ............................................................................................ 244 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 244 1. These ................................................................................................. 244 2. Meinungsstand .................................................................................. 244 3. Stellungnahme ................................................................................... 245 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 246 1. These ................................................................................................. 246 2. Meinungsstand .................................................................................. 246 3. Stellungnahme ................................................................................... 247 IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft ................................... 249 V. Haftungsfragen ..................................................................................... 249 VI. Einzelfragen......................................................................................... 250 1. Eigenverwaltung ............................................................................... 250 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.................................................................................. 251 B. Insolvenz der Organgesellschaft ................................................................ 252 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 252 1. These ................................................................................................. 252 2. Meinungsstand .................................................................................. 252 3. Stellungnahme ................................................................................... 253 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 254 1. These ................................................................................................. 254 2. Meinungsstand .................................................................................. 254 a) Die Rechtsprechung des BFH ....................................................... 254 b) Meinungen in der Literatur........................................................... 255 3. Stellungnahme ................................................................................... 255 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 256 1. These ................................................................................................. 256 2. Meinungsstand .................................................................................. 256 3. Stellungnahme ................................................................................... 257 IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft ................................... 258 1. Erstattungsanspruch .......................................................................... 258 2. Vorsteuerberichtigungsanspruch ....................................................... 259 V. Einzelfragen .......................................................................................... 260 1. Eigenverwaltung ............................................................................... 260 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.................................................................................. 262 C. Insolvenz von Organgesellschaft und Organträger .................................... 262 I. These ...................................................................................................... 262 II. Meinungsstand ...................................................................................... 263 III. Stellungnahme ..................................................................................... 263 IV. Einzelfragen......................................................................................... 264

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1. Eigenverwaltung ............................................................................... 264 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.................................................................................. 265 § 2 Körperschaftsteuerliche Organschaft ...................................................... 265 A. Insolvenz des Organträgers ....................................................................... 265 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten ................ 265 1. Finanzielle Eingliederung ................................................................. 265 2. Fortbestand des Gewinnabführungsvertrags ..................................... 266 3. Tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags............. 266 4. Zur vorzeitigen Beendigung des Gewinnabführungsvertrags ........... 266 II. Eröffnungsverfahren ............................................................................. 268 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens ..................................................... 269 IV. Rechtsfolgen der Beendigung der körperschaftsteuerlichen Organschaft ........................................................................................... 269 V. Einzelfragen .......................................................................................... 270 1. Eigenverwaltung ............................................................................... 270 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.................................................................................. 270 B. Insolvenz der Organgesellschaft ................................................................ 271 I. These ...................................................................................................... 271 II. Meinungsstand ...................................................................................... 271 III. Stellungnahme ..................................................................................... 272 C. Insolvenz von Organträger und Organgesellschaft .................................... 272 I. These ...................................................................................................... 272 II. Meinungsstand ...................................................................................... 272 III. Stellungnahme ..................................................................................... 273 § 3 Gewerbesteuerliche Organschaft ............................................................. 274 A. These ......................................................................................................... 274 B. Meinungsstand ........................................................................................... 274 C. Stellungnahme ....................................................................................... 275 

Kapitel 5: Zusammenfassung der Ergebnisse ............................... 277 Literaturverzeichnis ................................................................................... 283 Sachregister ............................................................................................... 311

Kapitel 1

Einführung § 1 Anlass der Untersuchung Konzernweite Pleiten sind in Deutschland nichts Neues: Von Wirecard über Schlecker und Air Berlin – in den letzten Jahren haben immer wieder namenhafte konzernverbundene Unternehmen Insolvenz angemeldet. Zuletzt hat sich diese Situation durch hohe Energiekosten, Rohstoffknappheit und Inflation mehr und mehr zugespitzt. So lag im April 2023 die Zahl der Insolvenzen bei Personen- und Kapitalgesellschaften um fast ein Viertel höher als noch im April des Vorjahres.1 Vor dem skizzierten Hintergrund überrascht, dass in Deutschland nach wie vor kein materielles Konzerninsolvenzrecht existiert. Das gilt umso mehr, als die insolvenzrechtliche Behandlung konzernierter Unternehmen seit langem Schwierigkeiten bereitet. Namentlich Karsten Schmidt wies wiederholt darauf hin, dass Rechtspraxis und Rechtswissenschaft im ständigen Dialog miteinander ein systematisch stimmiges und praktisch funktionsfähiges Konzerninsolvenzrecht entwickeln müssten.2 Einzig in verfahrensrechtlicher Hinsicht haben die vielen Rufe nach einer Vereinheitlichung der Insolvenzverfahren konzernrechtlich verbundener Unternehmen den Gesetzgeber jüngst dazu bewogen, einzelne – wenn auch recht zaghafte – Erleichterungsmöglichkeiten für Konzerninsolvenzen zu schaffen.3 Dabei stellt sich die Frage nach der Behandlung von Konzerninsolvenzen nicht nur auf verfahrensrechtlicher Ebene, sondern bereits auf Ebene des materiellen Gesellschaftsrechts und auch des Steuerrechts. So ist nach wie vor ungeklärt, bis zu welchem Zeitpunkt die Rechte und Pflichten im Konzernverhältnis überhaupt noch wahrgenommen werden dürfen, wenn sich eine der Gesellschaften in der Krise befindet. Ebenso ist unklar, bis zu welchem Zeitpunkt die Gesellschaften steuerrechtlich in Form der Organschaft verbun1 Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, IWH-Insolvenztrend, abrufbar unter https://www.iwh-halle.de/presse/pressemitteilungen/detail/iwh-insolvenztrend-zahl-der-fir menpleiten-unveraendert-erneut-zahlreiche-arbeitsplaetze-betroffen/, zuletzt aufgerufen am 25.5.2023. 2 K. Schmidt ZGR 1983, 513. 3 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen BGBl. 2017 I 866; dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 5.

2

Kapitel 1: Einführung

den bleiben. Indessen ist von erheblichem Interesse, ob sich der Geschäftsleiter eines herrschenden Unternehmens haftbar macht, wenn er trotz Insolvenzreife der eigenen Gesellschaft weiter auf die beherrschte Gesellschaft Einfluss nimmt. Ebenso wird sich der Geschäftsleiter einer abhängigen Gesellschaft fragen, ob ein Unternehmensvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft automatisch beendet ist, oder ob er gekündigt werden muss. Auch der Fiskus ist aufgrund der ungeklärten Rechtslage zur Organschaft in der Insolvenz erheblicher Unsicherheit ausgesetzt, da gar nicht klar ist, an welchen Steuerschuldner er sich im Insolvenzfall halten muss. Die bisherige Diskussion krankt vor allem daran, dass trotz der nicht zu leugnenden engen historischen Verflechtung von steuerrechtlicher Organschaft und gesellschaftsrechtlichem Konzern bei der insolvenzrechtlichen Behandlung beider Institute keinerlei rechtsgebietsübergreifende Überlegungen angestellt werden. Vielmehr streiten sich Gesellschaftsrechtler und Steuerrechtler getrennt voneinander um die insolvenzrechtliche Behandlung des jeweiligen Instituts. Dabei hängen beide Rechtsfiguren nach wie vor eng zusammen. Die bestehenden Unklarheiten darüber, wie sich die Insolvenz einer Gesellschaft auf den Konzern und die Organschaft auswirken, geben Anlass zu einer rechtsgebietsübergreifenden Untersuchung.

§ 2 Diskussionsstand In den gängigen Kommentaren sowie in einigen Monographien und Aufsätzen finden sich ausführliche Überlegungen zu der Frage, was mit dem Vertragskonzern ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschieht. Zum Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind die Quellen hingegen dürftig. Dabei stellt sich die Frage nach der Fortführung eines Konzerns bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, spätestens ab Verletzung der Massesicherungspflichten. Daneben fehlt in der bisherigen Diskussion eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Parallelfrage im faktischen Konzern: Während sich vereinzelt Ausführungen zu den Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den faktischen Konzern finden, wird das Stadium der Insolvenzreife kaum beleuchtet. Ähnlich verhält es sich bei der Organschaft: Es herrscht ein reger Streit darüber, ob im vorläufigen Insolvenzverfahren ein starker oder ein schwacher Insolvenzverwalter bestellt werden muss, damit die Voraussetzungen für die Organschaft entfallen. Der Zeitraum der Insolvenzreife findet hingegen keine Beachtung. Doch wird sich auch im Steuerrecht zeigen, dass sämtliche Fragen, die Literatur, Rechtsprechung wie auch Finanzverwaltung (frühestens) ab Insolvenzantragstellung diskutieren, schon ab dem Zeitpunkt, in dem die Massesicherungspflichten verletzt werden, relevant sind.

§ 3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes

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Rechtsgebietsübergreifende Überlegungen werden freilich in den meisten Fällen gar nicht erst angestellt. Dabei ist auffällig, dass der Schwerpunkt der Diskussion bei der Organschaft im Verhältnis zum Konzern vorverlagert ist: Während im Gesellschaftsrecht vor allem um den Fortbestand des Konzerns ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestritten wird, ist man sich im Steuerrecht mittlerweile einig, dass spätestens ab diesem Zeitpunkt keine Organschaft mehr besteht.

§ 3 Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes Da das Konzernrecht der GmbH erst später in die Diskussion geriet und von der generellen Frage, wie Konzernrecht und Organschaft zusammenhängen, losgelöst ist, soll auf Ausführungen hierzu verzichtet werden. Die speziellen Probleme, die die Frage der konzernrechtlichen Behandlung der GmbH mit sich bringt, gehen über die zu thematisierende Problematik des Insolvenzfalls hinaus. Daher beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf den Aktienkonzern. Zudem wird die Eingliederung bei den Ausführungen zum Vertragskonzern hinreichend berücksichtigt, sodass ein gesondertes Kapitel zu ihrer insolvenzrechtlichen Behandlung unterbleiben kann. Die Regelung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG macht tiefgehende Ausführungen zur Behandlung der Eingliederung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptgesellschaft überflüssig. Im Übrigen ergeben sich bei ihr weder bei der Insolvenzreife der Hauptgesellschaft noch im Eröffnungsverfahren Unterschiede zum Vertragskonzern. Die Frage nach der Möglichkeit der isolierten Insolvenzreife der eingegliederten Gesellschaft ist ebenfalls wie im Vertragskonzern zu beantworten. Im Übrigen werden die Unternehmensverträge des § 292 AktG nicht gesondert behandelt.4 Wenn im Folgenden von Unternehmensverträgen die Rede ist, sind daher ausschließlich der Beherrschungs- und der Gewinnabführungsvertrag gemeint. Der zu betrachtende Zeitraum beginnt bei der Verletzung der Insolvenzantragspflicht und endet mit der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Vor Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird in der Regel eine Einzelfallbetrachtung notwendig sein. Da mit Verletzung der Insolvenzantragspflicht auch keine Maßnahmen nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG)5 mehr in Betracht kommen, wird auf Ausführungen hierzu ebenfalls verzichtet.

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Insofern wird verwiesen auf die Ausführungen von Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz, Rn. 419 ff. 5 BGBl. 2020 I S. 3256.

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Kapitel 1: Einführung

Die Ausführungen zur Organschaft sind auf den praktisch häufigsten Fall, in dem die Organgesellschaft eine Aktiengesellschaft ist, beschränkt. Daneben bleibt die grunderwerbsteuerliche Organschaft außer Betracht, weil sich ihre Voraussetzungen mit denen der umsatzsteuerlichen Organschaft decken.

§ 4 Gang der Untersuchung Nach den vorgenannten Einschränkungen bleibt als Gegenstand der Untersuchung die Frage, wie sich die Insolvenz eines Beteiligten auf den Aktienkonzern und die Organschaft auswirkt. Hierbei sollen die einzelnen in Frage kommenden Konstellationen jeweils getrennt dargestellt werden: Daher ist zwischen Vertragskonzern und faktischem Konzern bei der gesellschaftsrechtlichen Betrachtung und zwischen umsatzsteuerlicher, körperschaftsteuerlicher und gewerbesteuerlicher Organschaft im Steuerrecht zu unterscheiden. Ferner muss jeweils zwischen den Beteiligten differenziert werden, weshalb die Insolvenz der Tochtergesellschaft getrennt von der Insolvenz der Muttergesellschaft untersucht wird. In gleicher Weise wird bei der Organschaft zwischen Insolvenz der Organgesellschaft und Insolvenz des Organträgers unterteilt. Da sich die bisherige Diskussion vor allem auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht, sollen für jeden Fall zusätzlich das Stadium der Insolvenzreife und das Eröffnungsverfahren beleuchtet werden. Um eine stimmige Lösung für Konzern und Organschaft im Insolvenzfall zu finden, ist zunächst deren Verhältnis zu klären. Zu diesem Zweck wird in Kapitel 2 eingangs die historische Verflechtung der beiden Institute aufgezeigt (§ 1), woraufhin ihre jeweiligen Entstehungsvoraussetzungen und ihre Überschneidungen untersucht werden (§ 2 und § 3). Kapitel 3 dieser Arbeit untersucht den Konzern in der Insolvenz. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Konzern als solcher nicht insolvenzfähig ist, das Insolvenzverfahren also nur getrennt über die Beteiligten eröffnet werden kann (§ 1). § 2 geht sodann der Frage nach, wie sich die Insolvenz der Muttergesellschaft auf den Konzern auswirkt. Im Vertragskonzern (A.) muss dafür geklärt werden, was mit den einzelnen Rechten und Pflichten, die sich aus einem Unternehmensvertrag ergeben, passiert, wenn infolge der Insolvenzreife der Muttergesellschaft (I.) der Verlustausgleich nicht mehr sichergestellt ist. Zudem ist anhand der Massesicherungspflichten zu erforschen, inwieweit der Vorstand der Muttergesellschaft den Geschäftsbetrieb überhaupt noch weiterführen darf, wenn er seine Insolvenzantragspflicht verletzt hat. In der Konsequenz stellt sich die Frage, wie das herrschende Unternehmen sowie die Vorstände der Mutter- und der Tochtergesellschaft jeweils haften, wenn sie den Konzern im Insolvenzfall noch weiterbetreiben. Im Anschluss ist zu ermitteln, ob sich an diesem Ergebnis im Eröffnungsverfahren etwas ändert (II.).

§ 4 Gang der Untersuchung

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Schließlich ist das Schicksal des Unternehmensvertrags bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beleuchten. Da in diesem Zusammenhang die analoge Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG sowie §§ 115, 116 InsO untersucht wird, muss nach Ermittlung der Rechtsnatur des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags jeweils ein Vergleich zwischen Unternehmensvertrag und Eingliederung beziehungsweise Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag vorgenommen werden. Zudem ist darzulegen, aus welchen Gründen die vielfältigen sonstigen Lösungsansätze verfehlt sind. Unter (B.) wird dann der faktische Konzern bei Insolvenz der Mutter untersucht. Auch hier wird zunächst hinterfragt, ob das faktische Konzernverhältnis fortbesteht, wenn der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens seine Insolvenzantragspflicht verletzt hat. Dazu muss neben die Überlegungen zum Hintergrund der Massesicherungspflichten ein stimmiges Gesamtkonzept zum Verständnis der §§ 311 ff. AktG gestellt werden. Insbesondere ist dabei auf die Sorgfaltspflicht des Vorstands der Muttergesellschaft und des Vorstands der Tochtergesellschaft einzugehen. Für das Eröffnungsverfahren und das eröffnete Verfahren werden die gefundenen Ergebnisse schließlich übertragen. Für die Insolvenz der Tochtergesellschaft (§ 3) muss im Vertragskonzern (A.) lediglich untersucht werden, ob die isolierte Insolvenz der Tochter überhaupt eintreten kann. Das für die Insolvenzreife gefundene Ergebnis gilt dann gleichermaßen für das Eröffnungsverfahren und das eröffnete Verfahren. Im faktischen Konzern (B.) ist hingegen ein besonderer Schwerpunkt auf die Auswirkungen der Massesicherungspflichten auf die Sorgfaltspflicht des Vorstands der abhängigen Gesellschaft zu legen. Für das Konzernrecht muss zuletzt die Doppelinsolvenz (§ 4) betrachtet werden. Der entscheidende Unterschied liegt in der Insolvenz der Tochter im Vertragskonzern, da diese nur in Form der Doppelinsolvenz eintreten kann. Schließlich folgt ein Überblick über das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen und dessen Auswirkungen auf die zu untersuchende Thematik (§ 5). Im steuerrechtlichen Kapitel 4 werden die unterschiedlichen Formen der Organschaft jeweils für die Insolvenz des Organträgers und die Insolvenz der Organgesellschaft untersucht. Erneut ist zwischen den einzelnen Phasen – Insolvenzreife, Eröffnungsverfahren und eröffnetes Verfahren – zu unterscheiden. Für die umsatzsteuerliche Organschaft (§ 1) stellt sich dabei die Frage, ob bei Insolvenz eines Beteiligten die Eingliederungsvoraussetzungen noch fortbestehen. Bei der körperschaftsteuerlichen (§ 2) und gewerbesteuerlichen (§ 3) Organschaft kommt die im Rahmen des Konzernrechts bereits beantwortete Frage nach der Behandlung des Gewinnabführungsvertrags in der Insolvenz hinzu. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse (Kapitel 5).

Kapitel 2

Verhältnis von Konzern und Organschaft Eine rechtsgebietsübergreifend stimmige Behandlung von Konzern und Organschaft in der Insolvenz ist nur möglich, wenn die beiden Institute miteinander in Verbindung gebracht werden. Es wird sich schon in der historischen Betrachtung der beiden Rechtsinstitute zeigen, dass sie kaum voneinander zu trennen und ihre Voraussetzungen auch nach geltender Rechtslage sehr eng miteinander verwoben sind. In der Konsequenz stellt sich die Frage, inwiefern vom Vorliegen des einen Instituts auf das Vorliegen des anderen geschlossen werden kann.

§ 1 Historischer Überblick A. Die Anfänge der Unternehmenskonzentration Das Recht der Aktiengesellschaft wurde mit dem ADHGB von 18611 erstmals einheitlich für Deutschland geregelt. Mit Aufhebung des Konzessionssystems für Aktiengesellschaften durch die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes 18692 folgte in Deutschland ein Gründungsboom, mit dem die Bildung konzernartiger Unternehmensverbindungen einherging.3 Die Unternehmensverbindung in Form des Aktienerwerbs bot im Vergleich zur Kar1 Das ADHGB wurde 1861 durch die Nürnberger Kommission zur Entwerfung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches der Bundesversammlung vorgelegt und auf Empfehlung der Bundesversammlung durch einzelstaatliche Gesetzgebung in Kraft gesetzt, weil der Bundesversammlung keine Gesetzgebungsbefugnis im Deutschen Bund auf dem Gebiet des Handelsrechts zustand. In Preußen wurde das ADHGB durch Gesetz vom 31. Mai 1861 (GS S. 449) eingeführt und in Österreich durch das Einführungsgesetz vom 5. Juni 1869 (RGBl. 1863, S. 1). Nach Auflösung des Deutschen Bundes 1866 wurde das ADHGB durch den Norddeutschen Bund Übernommen (BGBl. des Norddeutschen Bundes 1869, S. 379) und blieb auch im Deutschen Kaiserreich in Kraft (RGBl. 1871, S. 63); dazu Bahrenfuss Die Entstehung des Aktiengesetzes von 1965, S. 34 ff.; Staub/Grundmann Einl. Rn. 17 ff. 2 BGBl. des Norddeutschen Bundes 1869, S. 245. 3 Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 1; Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 50 f; Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (234).

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

tellvereinbarung den Vorteil, dass die Konkurrenz des beherrschten für das herrschende Unternehmen schon der Natur der Sache nach ausgeschlossen war, wenn es durch den Mehrheitsbesitz des herrschenden Unternehmens faktisch beeinflusst werden konnte.4 Die Frage, ob eine juristische Person Gesellschafterin einer Aktiengesellschaft sein kann, entschied das Reichsoberhandelsgericht erstmals im Jahre 1877, indem es die vollständige Unterwerfung der Aktiengesellschaft unter den Willen einer anderen Aktiengesellschaft als unproblematisch einstufte.5 Diese Einordnung entsprach der damaligen Vorstellung, dass die Aktiengesellschaft der natürlichen Person gleichzustellen sei.6 In seiner Entscheidung Rumänische Eisenbahn7 versuchte das Reichsgericht sodann, Schranken für die Einflussnahme auf Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Rahmen von Unternehmensverträgen festzulegen: Es stelle eine mit dem Wesen der Aktiengesellschaft unvereinbare „Selbstentmündigung“ dar, wenn wesentliche Entscheidungsbefugnisse auf außerhalb der Gesellschaft stehende Dritte übertragen würden.8 Eine Maßnahme zum Nachteil der abhängigen Gesellschaft könne also nur unter Wahrung strenger Voraussetzungen durch das Interesse des Gesamtkonzerns gerechtfertigt werden.9 Gesetzliche Grenzen der Einflussnahme eines Mehrheitsgesellschafters 4 Landau Die Aktiengesellschaft als Aktionär, S. 75; dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 4. 5 ROHG 381/77, ROHGE 22, 277 (284); zu dieser Frage bereits Renaud Das Recht der Actiengesellschaften, 1. Aufl. 1863, S. 343 ff. 6 Landau Die Aktiengesellschaft als Aktionär, S. 22; Renaud Das Recht der Actiengesellschaften, S. 343. 7 RG I 872/80, RGZ 3, 123 (132); bestätigt durch RG II 625/12, RGZ 82, 308 (313 f., 317) – Petroleum, in dieser Entscheidung wurde die Unterwerfung einer GmbH unter die Leitungsmacht einer Aktiengesellschaft wegen § 138 Abs. 1 BGB für unzulässig erklärt: „Eine Gesellschaft kann sich auflösen, aber nicht selbst entmündigen, so wenig sich eine natürliche Person selbst entmündigen kann“. 8 RG I 872/80, RGZ 3, 123 (132): „Die beklagte Gesellschaft entbehrt mithin infolge der Änderung der Statuten der zur Wesenheit der Aktiengesellschaft erforderlichen Organisation. Die Generalversammlung kann die Gesellschaft in diese Lage ebensowenig versetzen, wie eine handlungsfähige physische Person durch freiwillige Unterwerfung unter die Vormundschaft eines anderen eine Selbstentmündung herbeiführen könnte.“; dazu Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 54; Fenck Eingliederungskonzern, S. 14; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S. 2, der die Entscheidung Rumänische Eisenbahn als „Beginn der Konzernrechtsgeschichte“ bezeichnet; krit. Würdigung bei Hamburger GS Seckel 1927, 261 (287 ff.), der die Sittenwidrigkeit des Organschaftsverhältnisses nur bei Unentgeltlichkeit für gegeben hält, wenn das herrschende Unternehmen nicht sämtliche Anteile an der beherrschten Gesellschaft besitzt. 9 Zu diesen ersten Überlegungen zum Vorrang eines Konzerninteresses Geiler Wirtschaftliche Strukturwandlungen, S. 37 f.; Haußmann Grundlegungen des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 152 f.; dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 12; Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (235).

§ 1 Historischer Überblick

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fanden sich aber lediglich in § 138 BGB sowie § 826 BGB, wobei letzterer aufgrund seiner strengen Voraussetzungen nur selten zu einem Schadensersatzanspruch führte.10 Die Anknüpfung an § 826 BGB wurde in der Literatur heftig kritisiert,11 weshalb sie das Reichsgericht in seiner späteren Rechtsprechung nicht mehr aufgriff.12 Während die Gesetzgeber des ADHGB sowie der Aktienrechtsnovelle von 188413 einstweilen noch von der wirtschaftlichen Selbstständigkeit der Aktiengesellschaft ausgegangen waren, geriet die Konzernierung mit der auf das Ende des Ersten Weltkrieges folgenden weiter zunehmenden Unternehmenskonzentration vermehrt in die Diskussion.14 Die Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre brachte bald darauf erste Rückschläge, die den Gesetzgeber zu erstmaligen, wenn auch recht zaghaften Reaktionen auf die Unternehmenskonzentration veranlassten: Der Aktienrechtsentwurf 193015 verzichtete zwar noch auf eine umfassende Regelung des Verhältnisses zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft. Durch die Notverordnung von 193116 wurden jedoch in §§ 226 Abs. 4, 246 Abs. 1 S. 3, 260a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 261a Abs. 1 A IV Nr. 9, 10, B V Nr. 5, 261d Nr. 2 HGB die Begriffe „herrschende Gesellschaft“ und „abhängige Gesellschaft“ sowie „Konzerngesellschaft“ eingeführt.17 § 226 Abs. 4 HGB, der die einzige Regelung mit tatsächlichem Konzernbezug war, definierte die abhängige Gesellschaft als „Handelsgesell-

10 Dazu RG Rep. I 595/07, RGZ 68, 235 (245 f.) – Hibernia; RG II 175/26, RGZ 115, 296 (303); vgl. ferner Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 8; Fenck Eingliederungskonzern, S. 14; der enge Anwendungsbereich des § 826 BGB war letztlich auch der Grund für die Einführung des § 101 AktG 1937, vgl. Begr. RegE, abgedruckt bei Klausing Aktiengesetz 1937, S. 86 f. 11 Friedländer Konzernrecht 1927, S. 68; Haußmann Grundlegung des Rechts des Unternehmenszusammenfassungen, S. 148 ff. 12 RG II 654/21, RGZ 105, 236 (241); dazu Dettling, Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 63; Haußmann Die Tochtergesellschaft, S. 32 ff.; Spindler Recht und Konzern, S. 77. 13 RGBl. 1884 Nr. 22, S. 123. 14 Monographisch Friedländer Konzernrecht 1927; Geiler Gesellschaftliche Organisationsformen des neueren Wirtschaftsrechts; Haußmann Grundlegungen des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen; Haußmann Die Tochtergesellschaft; Kronstein Die abhängige juristische Person; Rosendorff Die rechtliche Organisation der Konzerne; siehe ferner Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 9; Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 57 f. 15 Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Entwurf eines Aktiengesetzes, veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, 1930. 16 Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnesie v. 19. September 1931, RGBl. 1931 I 493. 17 Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 70 f; Fenck Eingliederungskonzern, S. 18; Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (235).

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

schaft oder bergrechtliche Gewerkschaft, die auf Grund von Beteiligungen oder in sonstiger Weise unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien“ steht. Damit schuf der Gesetzgeber erste, wenn auch auf Randfragen beschränkte Regelungen für ein materielles Konzernrecht. B. Förderung der Unternehmenskonzentration durch das Steuerrecht Das Steuerrecht hat die Unternehmenskonzentration seit jeher begünstigt und damit die Bildung von Unternehmenszusammenschlüssen geradezu provoziert: Der Steuergesetzgeber antwortete auf die zunehmende Unternehmenskonzentration der 1920er Jahre mit der Einführung des Schachtelprivilegs, das die doppelte Besteuerung der Gewinne verbundener Unternehmen vermeiden sollte. Vor Einführung des Schachtelprivilegs unterlag sowohl der Gewinn der Aktiengesellschaft als auch die Dividende, die die Anteilseigner erhielten, der Einkommensteuer.18 In § 18 des Kriegssteuergesetzes 191619 war daher vorgesehen, dass Gewinne aus einem Anteilsbesitz von mehr als 20% an einer anderen Gesellschaft bei der Muttergesellschaft absetzbar seien.20 Das Schachtelprivileg wurde in § 6 Nr. 8 KStG 192021 und 192222 sowie in § 3 Nr. 10 KapErtrStG 192023 für dauerhafte Beteiligungen eingeführt und in § 11 Nr. 3 des KStG 192524 endgültig übernommen, welcher nunmehr eine Beteiligung von 25% forderte.25 Das Schachtelprivileg milderte zwar die steuerliche Mehrbelastung im Konzern; da aber nur die Gewinne der Tochter der Doppelbesteuerung entzogen wurden und gerade keine Verrechnung von Verlusten und Gewinnen möglich war, wurde die Mehrbelastung nicht vollständig aufgehoben.26 C. Die Entwicklung der Organschaftslehre Erst die von der Rechtsprechung entwickelte Organtheorie ermöglichte die Gewinn- und Verlustverrechnung im Rahmen von Organschaftsverhältnissen: 18 § 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891, abgedruckt in der Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1891, S. 175; dazu Spindler Recht und Konzern, S. 8. 19 RGBl. 1916 S. 561. 20 Rheinstrom/Blum Kriegssteuergesetz 1916 § 18 Anm. 1, 14; Strutz Kriegssteuergesetz 1916 § 18 Anm. 1; dazu Spindler Recht und Konzern, S. 15. 21 RGBl. 1920 S. 393. 22 RGBl. 1922 I 472. 23 RGBl. 1920 S. 345. 24 RGBl. 1925 I 208. 25 Spindler Recht und Konzern, S. 15. 26 Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 56 ff.; Spindler Recht und Konzern, S. 17.

§ 1 Historischer Überblick

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I. Anfänge der Organschaftslehre Die steuerliche Organschaft geht auf die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zur Gewerbesteuer im 19. Jahrhundert zurück.27 Sie diente zu Beginn vorrangig der Sicherung des Steueranspruchs des Staates: Die gewerbliche Betätigung ausländischer Unternehmen, die durch Agenten oder andere Mittelspersonen in Preußen tätig wurden, sollten für die preußische Staatseinkommensteuer erfasst werden.28 Das Preußische Oberverwaltungsgericht nahm zu diesem Zweck an, dass eine gewerbliche inländische Betriebsstätte des auswärtigen Unternehmens bestehe, wenn der Mittelsmann in einem Dienstverhältnis zu dem Geschäftsinhaber stehe, also unselbstständig und damit Organ des auswärtigen Unternehmens sei (Angestelltentheorie).29 In späteren Entscheidungen wurde das Abhängigkeitsverhältnis auch zwischen zwei Aktiengesellschaften anerkannt, solange die eine dem Willen und der beständigen Leitung der anderen unterworfen war.30 Das Preußische Oberverwaltungsgericht ging davon aus, dass bei weitgehender Eingliederung einer juristischen Person in den Organismus eines anderen Unternehmens oder einer physischen Person kein eigenständiger steuerpflichtiger Gewerbebetrieb mehr vorliege, wenn sie in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens weitgehend der ständigen Leitung des Organträgers unterliege.31 Der Reichsfinanzhof übernahm diese Rechtsprechung zunächst, legte aber den Schwerpunkt noch stärker auf die willensmäßige Abhängigkeit. Er verlangte für die Anerkennung der steuerlichen Organschaft die organisatorische, wirtschaftliche und finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers nach Art einer bloßen Geschäftsabtei-

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Ausgehend von PrOVGSt Rep. V 9/93, PrOVGStE 1, 390 (393 ff.); grdl. PrOVGSt VI G 38/01, PrOVGStE 10, 391; nachfolgend PrOVGSt Rep. V A 82/03, PrOVGStE 12, 268 (270); PrOVGSt Rep. V A 76/08, PrOVGStE 14, 319 (322); PrOVGSt V A 90/12, PrOVGStE 17, 152 (153); PrOVG VIII GSt. 343/30, RuPrVerwBl. 1932, 555 (556). 28 PrOVGSt VI G 38/01, PrOVGStE 10, 391; dazu Bayer/Habersack/Hüttemann Bd. II Kap. 27 Rn. 56; Spindler Recht und Konzern, S. 18. 29 PrOVGSt Rep. V 3/96, PrOVGStE 5, 163; PrOVGSt VI G 38/01, PrOVGStE 10, 391 (393); dazu Beusch FS Flume II 1978, 21 (23); Hübl DStZ 1965, 17; Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3501; Nörr ZHR 150 (1986), 155 (173); Sonnenschein Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 308 f. 30 PrOVGSt Rep. V A 82/03, PrOVGStE 12, 268 (270); ebenso bereits PrOVGSt VI G 38/01, PrOVGStE 10, 391, allerdings ohne, dass es auf die Abhängigkeit ankam. 31 PrOVGSt VI G 38/01, PrOVGStE 10, 391; PrOVGSt Rep. V A 82/03, PrOVGStE 12, 268 (270); PrOVGSt Rep. V A 76/08, PrOVGStE 14, 320; PrOVGSt VI G 379/12, PrOVGStE 16, 411; PrOVGSt V A 105/14, PrOVGStE 17, 272; PrOVG VII C 103/17, PrOVGE 74, 232; PrOVG VII C 85/17, PrOVGE 75, 241; PrOVG VII C 79/21, PrOVGE 77, 260; dazu Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 20.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

lung.32 Eine gesetzliche Stütze für die Organtheorie sah der Reichsfinanzhof in § 9 ReichsAO 1931:33 „Bei Auslegung der Steuergesetze sind ihr Zweck, ihre wirtschaftliche Bedeutung und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen.“ In seiner Rechtsprechung betonte er, dass die juristische Person der physischen Person gleichzustellen sei, mithin für die Begründung der Unselbstständigkeit dieselben Voraussetzungen vorliegen müssten wie für die Angestellteneigenschaft.34 Eine gemeinsame Einkommensermittlung wurde nicht vorgenommen; vielmehr wurde das steuerliche Ergebnis des Organs dem Organträger zugerechnet.35 Um die strengen Voraussetzungen der Gerichte für die Anerkennung der Organschaft zu erfüllen, entwickelte die Kautelarjurisprudenz den Organschaftsvertrag. Dieser wurde als Dienstvertrag eingeordnet, welcher eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat.36 Auch wenn ein rechtlich bindendes Weisungsrecht des Organträgers nicht allgemein anerkannt wurde, hielt man die Organgesellschaft für verpflichtet, die Interessen des Organträgers zu berücksichtigen.37 Die Organgesellschaft sollte nach § 670 BGB einen Freistellungsanspruch hinsichtlich etwaiger eingegangener Verpflichtungen haben sowie einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen und des Jah-

32 RFH I A 10/22, RFHE 9, 167 (171); RFH I A 75/27, RFHE 22, 183 (187); RFH I D 2/32/III D 2/32, RFHE 31, 297 (299). 33 RFH I D 2/32/III D 2/32, RFHE 31, 297 (299). 34 RFH I A 254/26, RFHE 21, 166 (168 ff.); dazu Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften, S. 10 ff.; Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 21. 35 RFH I D 2/32/III D 2/32, RFHE 31, 297 (299 ff.); RFH I A 439/32, RFHE 33, 63; damit entschied sich der RFH gegen die in der Literatur vertretene Einheitstheorie, nach welcher der gesamte Organkreis als wirtschaftliche Einheit anzusehen sei. Die Organgesellschaft sei lediglich eine Betriebstätte des Organträgers und kein selbstständiges Steuersubjekt. Alle Geschäftsvorfälle der Organgesellschaft würden als Geschäftsvorfälle des Organträgers betrachtet. Monographisch Bauer Das Organschaftsverhältnis im Steuerrecht als Problem der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre; Bauer Die rechtliche Struktur der Truste; Bülter Die Einheitstheorie und die Organtheorie im Rechte der Unternehmenszusammenfassungen; siehe ferner Hübl DStZ 1965, 17 (21 f.); Nörr ZHR 150 (1986), 155 (174); wie der Reichsfinanzhof lehnte auch das Reichsgericht die Einheitstheorie, die es in RG II 263/23, RGZ 108, 41 noch sinngemäß vertreten hatte, entschieden ab, RG II 403/25, RGZ 115, 246 (253); RG II 48/35, RGZ 149, 305 (311). 36 Siehe nur die Definition bei Hamburger GS Seckel 1927, 261 (272): „Organgesellschaft ist eine Gesellschaft, die im eigenen Namen kaufmännische Geschäfte tätigt, aber dabei fremde Interessen wahrnimmt und ihren Betrieb nach fremden Weisungen führt“; ferner Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften, S. 10 ff.; Haußmann Grundlegung des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 114 ff.; Kronstein Die abhängige juristische Person, S. 104; vgl. auch Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (227 f.); Paulus ZIP 1996, 2141. 37 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (303 f.).

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resfehlbetrags.38 Der Organschaftsvertrag war die Grundlage für die späteren Regelungen zum Vertragskonzern. II. Gewerbesteuerliche Organschaft Die für die Gewerbesteuer entwickelte Rechtsprechung fand erstmals in § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 des Reichsgewerbesteuergesetzes von 1936 eine gesetzliche Verankerung:39 Bei Unterwerfung einer abhängigen Kapitalgesellschaft unter den Willen des herrschenden Unternehmens durch finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung war die abhängige Kapitalgesellschaft als Betriebsstätte des herrschenden Unternehmens anzusehen.40 Die Ergebnisse der Organgesellschaft wurden dem Organträger zugerechnet, wohingegen die Organschaft auf der Gewinnermittlungsebene weiterhin keine Berücksichtigung fand, sodass zwischengesellschaftliche Transaktionen bei der Gewinnermittlung doppelt berücksichtigt wurden.41 Während für die körperschaftsteuerliche Organschaft die Voraussetzungen der organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung bereits durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 200042 abgeschafft wurden, folgte erst 2001 mit dem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz43 eine entsprechende Anpassung für die gewerbesteuerliche Organschaft.44 III. Umsatzsteuerliche Organschaft Gestützt auf die von der Rechtsprechung für die Umsatzsteuer weiterentwickelte Organtheorie45 wurde die umsatzsteuerliche Organschaft erstmals in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 193446 gesetzlich geregelt: Danach wurde eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbstständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines anderen Unternehmens derart unterwor38

Hamburger GS Seckel 1927, 261 (314 ff.); Kronstein Die abhängige juristische Person, S. 104 f. 39 RGBl. 1936 I 979. 40 RFH I A 477/31, RFHE 31, 238; dazu Beusch FS Flume II 1978, 21 (23); Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3501. 41 Beusch FS Flume II 1978, 21 (23). 42 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BGBl. 2000 I 1433. 43 Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001, BGBl. 2001 I 3858. 44 Dazu Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3501; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 894. 45 Grundlegend RFH II A 167/20, RFHE 3, 231 zur Kohlensteuer; im Anschluss daran für die Umsatzsteuer RFH II A 189/20, RFHE 3, 281; RFH II A 141/20, RFHE 3, 290; RFH V A 141/23, V A 150/23, RFHE 13, 146; RFH V A 11/23, RFHE 11, 265; RFH V A 97/24, RFHE 15, 312; RFH V A 258/25, RFHE 15, 10. 46 RGBl. 1934 I 942.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

fen war, dass sie keinen eigenen Willen besaß. Die Umsatzsteuerdurchführungsbestimmung von 193847 konkretisierte diese Voraussetzung in § 17 dahingehend, dass die Organgesellschaft dann keinen eigenen Willen besitze, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sei. Um zu verhindern, dass die umsatzsteuerliche Organschaft nur zur Vermeidung der Umsatzsteuerbelastung eingegangen wurde, verlangte das UStG in § 2 Abs. 2 Nr. 2 ab 196148 eine Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft von 75%. Durch die Einführung des Allphasen-Netto-Umsatzsteuersystems mit Vorsteuerabzug49 büßte die umsatzsteuerliche Organschaft ihre Bedeutung weitgehend ein, da die bisherigen Vorteile der Unternehmenskonzentration seitdem fast vollständig entfallen sind: Durch den Vorsteuerabzug kommt es ohnehin nicht mehr zur Doppelbesteuerung bei mehrstufiger Produktion innerhalb desselben Konzerns. Der Gesetzgeber verzichtete jedoch auf eine Abschaffung, um unnötige Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft zu vermeiden.50 Heute stellt die umsatzsteuerliche Organschaft vor allem eine Begünstigung des Fiskus dar, der sich sowohl an den Organträger als Steuerschuldner als auch an die Organgesellschaft als Haftungsschulder halten kann, § 73 AO.51 Für die am Organkreis Beteiligten ergibt sich der Vorteil, dass lediglich eine Umsatzsteuervoranmeldung oder auch Umsatzsteuerjahreserklärung eingereicht werden muss.52 IV. Körperschaftsteuerliche Organschaft Da dem Körperschaftsteuerrecht im Gegensatz zum Umsatzsteuerrecht der gesetzliche Anknüpfungspunkt der Selbstständigkeit fehlte, entwickelte sich die Organtheorie hier erst später.53 Der Reichsfinanzhof gelangte in seiner Entscheidung vom 31. März 1922 zur Anwendbarkeit der für das Gewerbesteuerrecht entwickelten Organtheorie auf das Körperschaftsteuerrecht.54 Neben der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung forderte er eine vertragliche Verpflichtung der Organgesellschaft, ihren ge47

RGBl. 1938 I 1935 (1938). Elftes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, RGBl. 1961 I 1330. 49 Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), BGBl. 1967 I 545. 50 Begr. RegE BT-Drs. V/1581, S. 10 f. 51 Zu dieser Haftung noch → Kapitel 4 § 1 A. V. 52 Maus GmbHR 2005, 859 (860); Maus Steuern im Insolvenzverfahren, Rn. 340. 53 Ausführlich Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 38 ff.; Meise Zivilrechtliche Probleme der Organgesellschaft, S. 7 f.; Spindler Recht und Konzern, S. 25 ff.; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 176 ff. 54 RFH I A 10/22, RFHE 9, 167; dazu Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 36. 48

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samten Gewinn auf den Organträger zu übertragen, während dieser sämtliche Verluste der Organgesellschaft übernehmen und ein Weisungsrecht eingeräumt bekommen sollte.55 Nachdem der BFH zu Beginn der 60er Jahre die körperschaftsteuerliche Organschaft ohne gesetzliche Grundlage nicht mehr anerkennen wollte56 und die organschaftskritischen Stimmen in der Literatur57 zunehmend lauter wurden, erfuhr die körperschaftsteuerliche Organschaft in § 7a KStG 197058 eine gesetzliche Regelung.59 Voraussetzung war das Vorliegen eines Gewinnabführungsvertrags mit mindestens fünfjähriger Dauer sowie die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers. Diese Voraussetzungen wurden inhaltlich unverändert in das Körperschaftsteuergesetz 197760 übernommen (§ 14 KStG). D. Aktiengesetz 1937 Im Gesellschaftsrecht gingen die Entwicklungen in der Gesetzgebung betreffend das Konzernrecht zumeist von steuerrechtlichen Anstößen aus. Das

55 Grundlegend RFH I A 10/22, RFHE 9, 167 (169 ff.); im Anschluss daran RFH I B 101/26, RFHE 20, 46 (48 f.); RFH I 15/44, RFHE 54, 102 (103); dazu Beusch FS Flume II 1978, 21 (23); Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 61; Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 118, 293; Nörr ZHR 150 (1986), 155 (173); Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 271; Spindler Recht und Konzern, S. 25. 56 Schreiben des Vorsitzenden des I. Senats des BFH an das BMF, den BDI und den DIHT vom 04.04.1962, BB 1962, 438 (439): „Der Senat ist der Auffassung, daß […] erheblich Bedenken bestehen, die Ergebnisabführung im Rahmen der Organschaft weiter anzuerkennen, und daß […] der Gesetzgeber die Grundlage des Rechtsinstitutes ohne Verzögerung gesetzlich regeln muß.“; In seinem Urteil vom 04.03.1965 (BFH I 249/61 S, BFHE 82, 233 (240) = NJW 1965, 1685) erklärte der BFH noch, dass er zwar an den bisherigen Grundsätzen zur körperschaftsteuerlichen Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag festhalten wolle, aber eine gesetzliche Regelung der körperschaftsteuerlichen Organschaft mit Ergbnisabführungsvertrag in angemessener Zeit für geboten halte. Mit Urteil vom 17.11.1966 (BFH I 280/63, BFHE 87, 253 (257) = DB 1967, 186) lehnte es der BFH schließlich ab, die körperschaftsteuerliche Organschaft ohne gesetzliche Grundlage noch anzuerkennen; ausführlich dazu Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, S. 92 ff. 57 Erlinghagen Organschaftsvertrag; Sapper Die rechtssystematische Stellung der Unternehmensverträge, S. 45 ff. 58 Gesetz zur Änderung des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 15. August 1969, BGBl. 1969 I 1182. 59 Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 137; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 271. 60 Körperschaftsteuerreformgesetz, BGBl. 1976 I 2597 (2604).

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Aktiengesetz 193761 enthielt nur vereinzelte Regelungen zu einem materiellen Konzernrecht: Eine erste Legaldefinition des Konzerns brachte § 15 Abs. 1 AktG 1937, der Konzerne als „rechtlich selbstständige Unternehmen, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind“, beschrieb.62 Soweit ein abhängiges und ein herrschendes Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst wurden, vermutete § 15 Abs. 2 AktG 1937 das Vorliegen eines Konzerns unwiderlegbar. § 15 AktG 1937 übernahm damit im Wesentlichen die Definition der Abhängigkeit aus § 226 Abs. 4 S. 1 HGB idF vom 01.10.1931, ermöglichte aber für Unternehmen jeglicher Rechtsform die Beteiligung an einem Abhängigkeitsverhältnis.63 § 256 AktG 1937 enthielt eine erstmalige Regelung des Gewinngemeinschafts-, Betriebspacht-, Betriebsüberlassungs- und Betriebsführungsvertrags, ohne dass dadurch eine gesetzliche Grundlage für die Konzernierung geschaffen werden sollte.64 Zum Vorrang eines etwaigen Konzerninteresses fanden sich im AktG 1937 keine expliziten Regelungen. Allerdings sah § 101 Abs. 3 AktG 1937 eine Ausnahme von der Schadensersatzpflicht wegen Verletzung des allgemeinen Schädigungsverbots des § 101 Abs. 1 AktG 1937 im Falle der Abhängigkeit vor, wenn die Einflussnahme schutzwürdigen Belangen diente. Darunter wurde nach der damals herrschenden Auffassung und der Gesetzesbegründung das Konzerninteresse gefasst.65 Im Übrigen war die konzernrechtliche Regelungsdichte des Aktiengesetzes 1937 gering, sodass die Bildung und das Wachstum der Konzerne ohne spezifisch konzernrechtliche Schranken möglich waren.66 Da § 265 AktG 1937 für die Wirksamkeit der Unternehmensverträge lediglich die Zustimmung der Hauptversammlung verlangte, zeigte sich alsbald, dass die Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaften effektiver geschützt werden müssten.67 In den letzten Jahren vor dem Referentenentwurf von 1958 tendierte die herrschende Meinung dazu, nachteilige Maßnahmen für Gesellschaften, an denen außenstehende Aktionäre beteiligt waren, nie durch das Konzerninteresse zu recht-

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RGBl. 1937 I 107. Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 16; Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 76; Fenck Eingliederungskonzern, S. 19. 63 Vgl. dazu die Begr. RegE bei Klausing Aktiengesetz 1937, S. 13 f. 64 Begr. RegE bei Klausing Aktiengesetz 1937, S. 219 f.; dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 19; Fenck Eingliederungskonzern, S. 20. 65 Begr. RegE bei Klausing Aktiengesetz 1937, S. 87; ebenso v. Godin/Wilhelmi AktG 1937 § 101 Rn. 6; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 101 Rn. 10. 66 Dazu Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (235); Werner Der aktienrechtliche Abhängigkeitstatbestand, S. 18. 67 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 373. 62

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fertigen.68 Auch in der Gesetzgebung fanden sich zumindest Andeutungen der vorherrschenden konzernfeindlichen Einstellung: Das GWB 195769 sah in § 23 eine Anzeigepflicht bei einem Beteiligungserwerb von über 25% vor und übertrug in § 22 Abs. 3, Abs. 4 dem Bundeskartellamt die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen.70 E. Aktiengesetz 1965 Mit dem Aktiengesetz von 1965 wollte der Gesetzgeber der steigenden Bedeutung des Konzernwesens Rechnung tragen.71 Da die Beherrschung durch ein anderes Unternehmen Gefahren für die anderen Aktionäre und die Gläubiger mit sich brachte, weil die Beherrschungsmacht überwiegend nach dem unternehmerischen Interesse des Großaktionärs ausgeübt wurde, sah sich der Gesetzgeber zum Eingriff verpflichtet.72 Der Konzern sollte allerdings nicht als solcher bekämpft werden; es ging lediglich um die Unterstellung der Konzerne unter eine rechtliche Ordnung.73 I. Referentenentwurf 1958 Der Referentenentwurf zum Aktiengesetz 1965 übernahm die Konzerndefinition des § 15 AktG 1937, sah aber für unter einheitlicher Leitung zusammengefasste abhängige und herrschende Unternehmen nur noch eine widerlegbare Konzernvermutung vor.74 In § 270 Nr. 5 RefE75 wurde der „Weisungsvertrag“ entwickelt, „kraft dessen sich eine Aktiengesellschaft in den wesentlichen Fragen der Geschäftsführung den Weisungen eines anderen unterwirft.“ Wurde ein Weisungsvertrag abgeschlossen, sollten außenstehende Aktionäre durch einen Anspruch auf angemessenen Ausgleich in Form einer Dividendengarantie oder einer angemessenen Abfindung geschützt werden, §§ 280, 281 RefE. Weiter sahen §§ 276, 278 RefE zum Schutz der Außenseiter eine Verlustausgleichspflicht und die Pflicht, die gesetzliche Rücklage aufzufül-

68 Vgl. die Übersicht zum damaligen Meinungsstand in der Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 407. 69 BGBl. 1957 I 1081. 70 Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 22. 71 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 374. 72 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 373 f. 73 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 374; dazu bereits Flume Referentenentwurf, S. 19 f. 74 RefE, S. 198; dazu Delling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 215; Geßler DB 1965, 1691. 75 Erläuterungen RefE, S. 389 ff.; Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 23.

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len, vor.76 Daneben kodifizierte § 270 Nr. 2 RefE den Gewinnabführungsvertrag und damit die gesetzliche Grundlage für die Organschaftsverträge. Für die Entstehung des Referentenentwurfs hatte die eingesetzte Kommission angestrebt, die Einflussnahmen ohne Abschluss eines Unternehmensvertrags praktisch zu unterbinden:77 Außerhalb des in § 270 Nr. 5 RefE neu geschaffenen Weisungsvertrags durften nach § 284 RefE keine schädlichen Weisungen erteilt werden.78 Es war vorgesehen, dass der für das herrschende Unternehmen Handelnde für jeden mit einer Weisung verbundenen Nachteil vollumfänglich haften sollte. Damit wurde das Ziel verfolgt, die Ausübung von Leitungsmacht durch das herrschende Unternehmen ohne hinreichenden Schutz der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger in Form eines Unternehmensvertrags zu verhindern.79 Da aber die faktische Einflussnahme nur schwer nachweisbar ist und die Erfolgshaftung für unvorhersehbare Nachteile unverhältnismäßig scharf war, wurde dieser Ansatz heftig kritisiert.80 Die „drakonische“ Haftung des § 284 RefE hätte praktisch zu einem Verbot der faktischen Konzernierung geführt, die aber gerade die vom Gesetzgeber nicht gewollte weitere Konzentration mit sich gezogen hätte:81 Der Unternehmensvertrag hatte zum Inhalt, dass Minderheitsaktionäre mit einer Dividendengarantie oder auf andere Weise abgefunden würden und so keinen Einfluss mehr auf die abhängige Gesellschaft hätten, §§ 280, 281 RefE. Es wäre also darauf hinausgelaufen, dass eine Mehrheitsbeherrschung durch einen Unternehmensvertrag stets in einer Alleinbeherrschung geendet hätte.82 Die einzige Möglichkeit neben dem Abschluss eines Unternehmensvertrags, der Haftung nach § 284 RefE zu entkommen, wäre die Personalunion gewesen, die aber ebenfalls eine sehr intensive Form der Beherrschung darstellt.83 Die Haftung des § 284 RefE war also so streng gewählt, dass sie sich in Wirklichkeit als Strafnorm für die faktische Konzernierung erwiesen hätte.84 Es waren keinerlei Ausnahmen für vernünftige, sogar pflichtgemäße Weisungen vorgesehen. Auch war der Begriff der 76

Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 23. Vgl. RefE, S. 387 f; dazu ferner Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 23. 78 Erläuterungen RefE, S. 408 ff.; dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 23. 79 Vgl. dazu die erläuternden Bemerkungen zum Referentenentwurf, S. 408. 80 Flume Referentenentwurf, S. 20 f.; Kropff in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz 2015, 1 (10); siehe ferner die gemeinsame Denkschrift zum Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 78 f. sowie die ergänzende Stellungnahme zu konzernrechtlichen Bestimmungen im Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 15, 35 ff. 81 Flume Referentenentwurf, S. 20, 22. 82 Flume Referentenentwurf, S. 20. 83 Flume Referentenentwurf, S. 23. 84 Flume Referentenentwurf, S. 21; ergänzende Stellungnahme zu konzernrechtlichen Bestimmungen im Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 35. 77

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Weisungen so weit gefasst, dass sich dieser gar nicht umgrenzen ließ.85 Darüber hinaus bestand keine Möglichkeit, nachteilige Weisungen durch Vorteile auszugleichen. II. Regierungsentwurf 1960 Der Regierungsentwurf hielt an der Trennung zwischen Vertragskonzern (§§ 280 ff. RegE) und faktischem Konzern (§§ 300 ff. RegE) fest und regelte ferner die Eingliederung (§§ 308 ff. RegE). Der Weisungsvertrag des Referentenentwurfs wurde durch den Beherrschungsvertrag (§ 280 Abs. 1 RegE) ersetzt. Als Antwort auf die heftige Kritik am Referentenentwurf sah § 300 RegE für den faktischen Konzern vor, dass eine nachteilige Einflussnahme des herrschenden Unternehmens möglich sein sollte, soweit die Nachteile ausgeglichen wurden. Zum Schutz der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft musste nach § 306 RegE jede Veranlassung mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sein. Wie auch im Referentenentwurf war im Regierungsentwurf noch nicht die Möglichkeit eines zeitlich gestreckten Nachteilsausgleichs enthalten.86 III. Aktiengesetz 1965 Das Aktiengesetz 1965 wurde am 6. September 1965 verkündet.87 Die Kodifizierung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags im Aktiengesetz 1965 orientierte sich entsprechend dem Referenten- und Regierungsentwurf an dem durch die Praxis entwickelten Organschaftsvertrag.88 Die vom Regierungsentwurf vorgesehenen Regelungen für den faktischen Konzern wurden im Wesentlichen in §§ 311 ff. AktG 1965 übernommen.89 Im Gegensatz zum Referenten- und Regierungsentwurf war in § 311 Abs. 2 AktG 1965 nunmehr der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich enthalten.90 F. Insolvenzrechtliche Behandlung von Konzern und Organschaft Bislang gibt es keine ausdrücklichen Regelungen, was mit einem Konzern oder der Organschaft geschieht, wenn einer der oder gar beide Beteiligten in die Insolvenz geraten. Weder das Aktiengesetz von 1937 noch dessen Gesetzesmaterialien sprachen die Thematik der Behandlung von Konzernen in der Insolvenz an. Eben-

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Flume Referentenentwurf, S. 22 f. Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 25 f. 87 BGBl. 1965 I 1089. 88 Dazu Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (236). 89 Ausführlich zur Entstehung BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 9 ff. 90 Dazu Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 26. 86

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so hat weder der Referentenentwurf noch der Regierungsentwurf zum Aktiengesetz 1965 diese Problematik bedacht. Der Steuergesetzgeber hat ebenfalls bisher keine Regelungen zur insolvenzrechtlichen Behandlung der Organschaft getroffen. Lediglich die Steuerrichtlinien, Anwendungserlasse und Durchführungsverordnungen äußern sich zu dieser Thematik. Auch im Insolvenzrecht wurde die Konzernfrage lange nicht behandelt. Die Konkursordnung von 1877 enthielt schon deswegen keine Regelung, weil die Rechtsfigur des Konzerns vom Gesetzgeber noch nicht geschaffen war. Die Kommission für Insolvenzrecht hatte bei Schaffung der Insolvenzordnung vorgesehen, dass bei Insolvenz der Muttergesellschaft oder der Tochtergesellschaft der Vertragskonzern nicht beendet, sondern lediglich für beide Parteien kündbar sei.91 Für den faktischen Konzern hielt sie eine Regelung nicht für erforderlich, weil sich die Beendigung nach dem Gesellschaftsrecht bestimmen ließe.92 Die Kommission hatte aber auch noch – anders als die Regelung des § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG – vorgesehen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Auflösung einer Gesellschaft führe.93 Die Vorschläge der Kommission zur insolvenzrechtlichen Behandlung des Konzerns sind allerdings nie Gesetz geworden. Vielmehr hat der Gesetzgeber auf die Regelung eines Konzerninsolvenzrechts verzichtet. Für das Ertragsteuerrecht ging die Kommission davon aus, dass die Insolvenz des Organträgers nichts an der Organschaft ändere; für die umsatzsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft sah sich die Kommission nicht dazu imstande, eine insolvenzspezifische Regelung zu treffen.94 Auch das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen hat nichts an den fehlenden Regelungen zur Behandlung von Konzern und Organschaft in der Insolvenz geändert.95 G. Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung Die historische Betrachtung hat gezeigt, dass die steuerrechtliche Organschaft und der gesellschaftsrechtliche Konzern stets eng miteinander verbunden waren und es auch heute noch sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, bei der Betrachtung des einen Instituts das jeweils andere nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Überlegungen zum Konzernrecht müssen die Wurzel des Kon91 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 2, Abs. 4, S. 292 f. 92 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 5. 93 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 118 mit Leitsatz 1.2.10 Abs. 6. 94 Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1986, S. 242 ff. 95 Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 5.

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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zerns in der Steuerrechtsprechung zur Organschaft erkennen und fortentwickeln.96

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen Um die rechtsgebietsübergreifend überzeugende Behandlung von Konzern und Organschaft in der Insolvenz zu ermöglichen, ist eine Untersuchung der unterschiedlichen Voraussetzungen beider Rechtsinstitute erforderlich. Denn nur, wenn die unterschiedlichen Voraussetzungen aufgezeigt werden, kann eine Überlegung dahingehend erfolgen, inwiefern sich das steuerrechtliche Institut der Organschaft mit dem gesellschaftsrechtlichen Konzern deckt. Aus diesen Übereinstimmungen lässt sich schließlich schlussfolgern, wie die Betrachtung des einen Instituts im Insolvenzfall Parallelen für das jeweils andere Institut mit sich bringt. A. Konzern Das Gesellschaftsrecht definiert in § 18 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AktG den Unterordnungskonzern als die Zusammenfassung eines herrschenden und eines oder mehrerer abhängiger Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens. Daneben regelt § 18 Abs. 2 AktG den Gleichordnungskonzern, der auf das Merkmal der Abhängigkeit verzichtet. I. Unternehmensverbindung § 18 Abs. 1 S. 1 AktG setzt zunächst voraus, dass rechtlich selbstständige Unternehmen voneinander abhängig sind. 1. Unternehmensbegriff Der Gesetzgeber des Aktiengesetzes 1965 verzichtete wegen der „großen praktischen Schwierigkeiten“ bewusst auf eine gesetzliche Definition des Unternehmens.97 Das herrschende Unternehmen wird nach heute überwiegend vertretener Auffassung verstanden als „jeder Gesellschafter, der wirtschaftlichen Interessenbindungen außerhalb der Gesellschaft unterliegt, die so 96 Vgl. nur Meise Zivilrechtliche Probleme der Organschaft, S. 1: „Zur Erkenntnis des Wesens der Organgesellschaft und der Organtheorie […] ist es erforderlich, die Entwicklungsgeschichte dieser Gesellschaftsform in der Steuerrechtsprechung in großen Zügen zu kennen. Denn die zivilrechtlichen Untersuchungen müssen sich als eine Fortsetzung und Ergänzung der steuerrechtlichen Entwicklungslinie darstellen, wenn sie das moderne Wirtschaftsgebilde, das nun einmal seine Entstehung der Steuerrechtsprechung verdankt, in seinem wirklichen Wesen erfassen wollen.“ 97 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 27.

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stark sind, dass sie die Besorgnis begründen, der Gesellschafter könnte um ihretwillen seinen Einfluss zum Nachteil der Gesellschaft geltend machen“ (sog. teleologischer Unternehmensbegriff).98 Zwar ist vorgeschlagen worden, den Unternehmensbegriff dahingehend auszulegen, dass eine anderweitige Interessenbindung außerhalb der Gesellschaft nicht erforderlich sei.99 Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber mit den §§ 291 ff. AktG wie auch mit den §§ 311 ff. AktG die außenstehenden Aktionäre sowie die Gläubiger der beherrschten Gesellschaft schützen wollte, kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Denn nur bei anderweitiger Interessenbindung der Mutter besteht überhaupt ein Erfordernis für den Außenseiterschutz.100 Das abhängige Unternehmen im Sinne des § 15 AktG kann jede rechtlich besonders organisierte Vermögenseinheit sein, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Geschäftsbetrieb ankommt.101 Sowohl § 291 AktG als auch § 311 AktG beschränken den Kreis der beherrschten Gesellschaften auf Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien. In analoger An-

98 Grundlegend BGH II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 (337) = NJW 1978, 104 – Veba/Gelsenberg; ferner BGH II ZR 212/99, BGHZ 148, 123 (125) = NJW 2001, 2973; BGH II ZR 275/84, BGHZ 95, 330 (337) = NJW 1986, 188; BGH KVR 1/78, BGHZ 74, 359 (364 f.) = NJW 1979, 2401; Assmann JZ 1986, 881 (885); Dierdorf Herrschaft und Abhängigkeit, S. 26 ff.; Emmerich GmbHR 1989, 213 (214 f.); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 15 Rn. 6, 9; Fleck WM 1986, 1205 (1206); Flöther/Thole Konzerninsolvenzrecht § 2 Rn. 12; Geitzhaus GmbHR 1989, 397 (401); Grigoleit/Grigoleit AktG § 15 Rn. 17 f.; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 15 Rn. 11; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 15 Rn. 4; Hölters/Weber/Krebs AktG § 15 Rn. 5; Koch AktG § 15 Rn. 10; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 15 Rn. 20; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 2 Rn. 30; Lutter ZHR 151 (1987), 444 (451); MüKoAktG/Bayer AktG § 15 Rn. 7 ff.; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 69; K. Schmidt FS Lutter 2000, 1167 (1178); K. Schmidt GesR § 31 II 1; Stimpel AG 1986, 117 (121); krit. Vetter FS Marsch-Barner 2018, 575; Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (238 f.). 99 K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 15 Rn. 34 ff.; Vetter FS Marsch-Barner 2018, 575; Vetter in Fleischer/Koch/Kropff/Lutter 50 Jahre Aktiengesetz, 231 (238 f.). 100 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 6 ff.; § 311 Rn. 49 ff.; anders: BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 61, der die anderweitige Interessenbindung für nicht erforderlich hält, weil diese schon in der ernsthaften Sorge nachteiligen Einflusses aufgehe. 101 BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 58; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 15 Rn. 22; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 15 Rn. 25; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 15 Rn. 11; Hölters/Weber/Krebs AktG § 15 Rn. 10; Koch AktG § 15 Rn. 14; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 15 Rn. 86; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 2 Rn. 44; MüKoAktG/Bayer AktG § 15 Rn. 47 f.; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 15 Rn. 73, 75.

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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wendung finden die Vorschriften der §§ 291 ff. AktG auf die GmbH Anwendung.102 2. Abhängigkeit Für das Vorliegen eines Unterordnungskonzerns ist nach § 18 Abs. 1 S. 1 AktG die Abhängigkeit der unter einheitlicher Leitung zusammengefassten Unternehmen erforderlich. Ein Unternehmen ist nach § 17 Abs. 1 AktG abhängig, wenn ein anderes Unternehmen beherrschenden Einfluss auf dieses ausüben kann. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Möglichkeit der beherrschenden Einflussnahme der Mutter- auf die Tochtergesellschaft besteht.103 Nicht ausreichend ist hingegen die negative Beherrschung aufgrund einer Sperrminorität.104 Die Möglichkeit der beherrschenden Einflussnahme muss eine gewisse Beständigkeit im Sinne von Verlässlichkeit aufweisen.105 Nach der Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG ist von einer Abhängigkeit auszugehen, wenn das herrschende Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung an dem beherrschten Unternehmen hält, wobei auf die Mehrheit der Anteile oder der Stimmrechte abzustellen ist, § 16 AktG. Daneben wird die Abhängigkeit typischerweise über einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag oder über die Eingliederung vermittelt. II. Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung Dem Merkmal der Zusammenfassung kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Denn eine einheitliche Leitung ist ohne Zusammenfassung der Unternehmen gar nicht denkbar. Die beständige Koordinierung der verbundenen Un102

BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 291 Rn. 70; zur Diskussion um die analoge Anwendung der §§ 311 ff. AktG auf die GmbH MüKoAktG/Altmeppen AktG Vor §§ 311 ff. Rn. 78 ff. 103 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 31; BGH II ZR 89/72, BGHZ 62, 193 (196 f.) = NJW 1974, 855; BeckOGK AktG/Schall AktG § 17 Rn. 10; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 17 Rn. 8; Flöther/Thole Konzerninsolvenzrecht § 2 Rn. 14; Grigoleit/Grigoleit AktG § 17 Rn. 5; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 17 Rn. 19; Hölters/Weber/Krebs AktG § 17 Rn. 3; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 17 Rn. 17, 19; MüKoAktG/Bayer AktG § 17 Rn. 11; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 17 Rn. 5; Wachter/Franz AktG § 17 Rn. 2. 104 BeckOGK AktG/Schall AktG § 17 Rn. 29; Grigoleit/Grigoleit AktG § 17 Rn. 9; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 17 Rn. 20; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 17 Rn. 6; Hölters/Weber/Krebs AktG § 17 Rn. 9; Wachter/Franz AktG § 17 Rn. 5. 105 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 31; BeckOGK AktG/Schall AktG § 17 Rn. 21; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 17 Rn. 11 ff.; Flöther/Thole Konzerninsolvenzrecht § 2 Rn. 14; Grigoleit/Grigoleit AktG § 17 Rn. 8; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 17 Rn. 21; Hölters/Weber/Krebs AktG § 17 Rn. 3; MüKoAktG/Bayer AktG § 17 Rn. 13; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 17 Rn. 12; Wachter/Franz AktG § 17 Rn. 6.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

ternehmen lässt sich vielmehr als Voraussetzung der einheitlichen Leitung verstehen.106 Die einheitliche Leitung wird unterschiedlich aufgefasst: Der weite Konzernbegriff verlangt lediglich die Wahrnehmung zentraler Leitungsfunktionen durch das herrschende Unternehmen in mindestens einem zentralen unternehmerischen Funktionsbereich, die Auswirkungen auf den gesamten Konzern hat.107 Der enge Konzernbegriff hingegen verlangt eine Zielkonzeption des Konzerns, die an dessen Eigenschaft als wirtschaftliche Einheit orientiert ist, auf dessen Gesamtinteresse ausgerichtet ist und durchgeführt und kontrolliert wird.108 Weiter muss die einheitliche Leitung von gewisser Beständigkeit sein und tatsächlich ausgeübt werden.109 Die einheitliche Leitung wird bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags oder im Falle der Eingliederung unwiderleglich vermutet, § 18 Abs. 1 S. 2 AktG. § 18 Abs. 1 S. 3 AktG stellt eine widerlegliche Vermutung für das Vorliegen eines Konzerns im Falle der Abhängigkeit nach § 17 AktG auf. Beide Vermutungen beruhen auf der Erwartung, dass eine Leitungsmöglichkeit typischerweise auch tatsächlich genutzt wird.110 Der weite Konzernbegriff entspricht dem gesetzlichen Leitbild der konzernrechtlichen Vorschriften, die auf einen möglichst umfassenden Gläubiger- und Außenseiterschutz ausgerichtet sind. Die weit gefassten Vermutungen bringen dem Konzernbegriff zudem einen umfassenden Anwendungsbereich, sodass es widersprüchlich wäre, den engen Konzernbegriff zu fordern, wenn keine der Vermutungen erfüllt ist.111 106 BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 9; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 18 Rn. 8; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 18 Rn. 3; Hölters/Weber/Krebs AktG § 18 Rn. 10; Koch AktG § 18 Rn. 7; MüKoAktG/Bayer AktG § 18 Rn. 27; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 18 Rn. 6; aA Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 15 ff. 107 BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 15; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 18 Rn. 6; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 11 ff.; Flöther/Thole Konzerninsolvenzrecht § 2 Rn. 15; Grigoleit/Grigoleit AktG § 18 Rn. 7; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 18 Rn. 3; Hölters/Weber/Krebs AktG § 18 Rn. 15; Koch AktG § 18 Rn. 10; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 18 Rn. 11; Wachter/Franz AktG § 18 Rn. 3. 108 GroßkommAktG/Windbichler AktG § 18 Rn. 19 ff., 24 f.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 18 Rn. 15 ff., 20; Lutter ZGR 1987, 324 (330). 109 BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 17; MüKoAktG/Bayer AktG § 18 Rn. 37; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 18 Rn. 13; Wachter/Franz AktG § 18 Rn. 4. 110 BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 29; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 18 Rn. 13 f.; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 20; Grigoleit/Grigoleit AktG § 18 Rn. 14; Hölters/Weber/Krebs AktG § 18 Rn. 20; MüKoAktG/Bayer AktG § 18 Rn. 46. 111 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 12; Grigoleit/Grigoleit AktG § 18 Rn. 7 Henssler/Strohn/Keßler AktG § 18 Rn. 4; Hölters/Weber/Krebs AktG § 18 Rn. 15; Koch AktG § 18 Rn. 10; MüKoAktG/Bayer AktG § 18 Rn. 33; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 18 Rn. 11; Wachter/Franz AktG § 18 Rn. 3.

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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B. Umsatzsteuerliche Organschaft Die umsatzsteuerliche Organschaft erfordert nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die Eingliederung meint, dass die Organgesellschaft dem Organträger dergestalt „untergeordnet“ wird, dass der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft durchsetzen kann.112 Nach der Rechtsprechung des BFH müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein, es muss sich allerdings nicht jedes einzelne Merkmal gleichermaßen deutlich feststellen lassen.113 Insbesondere ist es nicht möglich, vom Vorliegen eines Merkmals auf ein anderes zu schließen.114 Die umsatzsteuerliche Organschaft tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es auf die Kenntnis der Beteiligten ankommt.115 Sie führt dazu, dass steuerlich betrachtet lediglich ein Unternehmen vorliegt. Die Umsätze der Organgesell112 BFH XI R 43/08, BFHE 232, 550 Rn. 38 ff. = DStR 2011, 623; BFH V R 9/09, BFHE 229, 433 Rn. 20 ff. = DStR 2010, 1277; BFH V R 31/03, BFHE 210, 167 (173) = GmbHR 2005, 1209; BFH XI R 25/94, BFHE 182, 392 (393 f.) = DStR 1997, 920; BGH 1 StR 318/12, Der Konzern 2013, 574 Rn. 45; siehe dazu jüngst auch EuGH C-141/20, DStR 2022, 2481 Rn. 68 und C-269/20, DStR 2022, 2488 Rn. 49; zu den Begrifflichkeiten der Unterordnung und der Willensdurchsetzung gleich noch → Kapitel 2 § 2 B. II. 113 BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 36 = DStR 2017, 198; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (467) = DStR 2008, 453; BFH V B 138/05, BFH/NV 2007, 281 (282) = UR 2007, 302; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (449) = DStRE 2008, 949; BFH V R 31/03, BFHE 210, 167 (172 f.) = DStRE 2005, 1086; BFH V B 84/01, BFH/NV 2003, 949 (950); BFH V R 63/01, BFHE 202, 79 (81) = DStR 2003, 1166; BFH V B 97/97, BFH/NV 1998, 1267 (1268); BFH V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534 (1535) = DStZ 1999, 64; BFH V R 80/85, BFH/NV 1993, 133 (134); siehe dazu auch Fehrenbacher SteuerR § 7 Rn. 69; Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.169; Maus GmbHR 2005, 859; MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 417; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.374; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 219; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 203. 114 BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (467) = DStR 2008, 453; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (449) = DStRE 2008, 949; BFH V B 138/05, BFH/NV 2007, 281 (282); BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (357) = DStR 1999, 497. 115 BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 22 = DStR 2016, 226; BFH V R 9/09, BFHE 229, 433 Rn. 11 = DStR 2010, 1277; BFH XI R 74/07, BFHE 223, 498 (503) = GmbHR 2009, 163; BFH V B 126/02, BFH/NV 2003, 515; BFH V R 37/00, BFHE 197, 357 (363) = DStR 2002, 854; Feldgen BB 2013, 2967; Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.175; Lippross Umsatzsteuer, S. 472; Maus GmbHR 2005, 859; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 98.7; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 219; Roth DZWIR 2009, 274; Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1194); Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (69); SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 246; Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 5 Rn. 274; aA Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 910 ff., der von einem Wahlrecht bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Organschaft ausgeht und § 2 UStG dahingehend teleologisch und verfassungskonform auslegen möchte; ähnlich auch FG Rheinland-Pfalz 6 V 2395/07, UR 2008, 542 Rn. 61 f.

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schaft werden dem Organträger zugerechnet, sodass Umsätze zwischen Organgesellschaft und Organträger umsatzsteuerlich als nicht steuerbare Innenumsätze irrelevant sind.116 Der Organträger schuldet also nicht nur die Umsatzsteuer für die eigenen Umsätze, sondern auch für die Umsätze der Organgesellschaft, ist auf der anderen Seite aber auch für die von der Organgesellschaft bezogenen Leistungen vorsteuerabzugsberechtigt, § 15 UStG.117 Die Organgesellschaft kann nachrangig (§ 219 S. 1 AO) für sämtliche im Organkreis begründete Umsatzsteueransprüche in Anspruch genommen werden, § 73 AO. Im Innenverhältnis ist sie dem Organträger zum Ausgleich für die entrichtete Umsatzsteuer verpflichtet und kann umgekehrt den Vorsteuerabzug verlangen, § 426 BGB analog.118 Das ist Ausdruck der umsatzsteuerlichen Belastungsneutralität.119 I. Organträger und Organgesellschaft Organträger gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG kann jeder Unternehmer120 unabhängig von der Rechtsform sein.121 § 2 Abs. 2 Hs. 1 UStG fordert für die Organgesellschaft ebenfalls die Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit, sodass Nichtunternehmer als Organgesellschaft ausscheiden.122 Obwohl nach dem Wortlaut des § 2 116

BFH V R 68/00, BFHE 195, 446 (450) = DStR 2001, 2328; Fehrenbacher SteuerR § 7 Rn. 68; Feldgen BB 2013, 2967; Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.175 ff.; Maus GmbHR 2005, 859; Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (817); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 950; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 230; Streck/Binnewies DB 2001, 1578; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (69); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 5 Rn. 274. 117 BFH XI R 4/12, BFHE 244, 131 Rn. 33 = DStR 2014, 797; BFH XI R 25/08, BFH/NV 2011, 839 Rn. 18 = HFR 2011, 659. 118 BFH VII R 43/08, BFHE 226, 391 (398) = DStR 2009, 2670; BGH II ZR 91/11, DStR 2013, 478 Rn. 10; BGH IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 19 = NJW 2012, 1585; BGH IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50 (55 f.) = NJW 1993, 585; SWR/Radeisen UStG § 2 R. 188a; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (72). 119 Hasbach MwStR 2017, 262 (266); Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 16 Rn. 64; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 188a. 120 Ausführlich zum Unternehmensbegriff im Sinne des Umsatzsteuerrechts: Berger Der Begriff des Unternehmens; speziell zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG siehe dort S. 52 ff. 121 BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 38 = DStR 2017, 198; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 174; Lippross Umsatzsteuer, S. 463; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 143; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartman UStG § 2 Rn. 173; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 830; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 105.2; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 151 f.; Stadie UStG § 2 Rn. 278 ff.; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 191. 122 UStAE 2.8 Abs. 2 S. 9; BFH V R 67/14, BFHE 251, 547 Rn. 27 f. = DStR 2016, 232; iErg ebenso BFH XI R 41/14, BFHE 255, 300 Rn. 30 = DStR 2016, 2959; BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 38 ff. = DStR 2017, 198; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 176; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 831; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG nur juristische Personen als Organgesellschaft in Betracht kommen, ist im Wege der teleologischen Extension auch eine unternehmerisch tätig werdende Personengesellschaft als Organgesellschaft denkbar, weil sonst ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL123 vorläge.124 II. Finanzielle Eingliederung Die finanzielle Eingliederung liegt vor, wenn der Organträger die für die Durchsetzung seines Willens entscheidende Mehrheit an der Organgesellschaft hält.125 Das ist in der Regel der Fall, wenn der Organträger mehr als 50% der gesamten Stimmrechte innehat.126 Eine kapitalmäßige Beteiligung

Rn. 106.2; Wäger/Heber UStG § 2 Rn. 98 ff.; siehe aber EuGH C-85/11, DStR 2013, 806 Rn. 35 ff., wonach eine Regelung, die auch Nichtunternehmer als Organgesellschaft zuließe, unionsrechtskonform wäre; siehe speziell zu Holdinggesellschaften noch → Kapitel 2 § 3 B. VI. 123 Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem v. 28. 11. 2006, ABl. EU Nr. L 347 S. 1. 124 Das war in der Literatur lange umstritten: Englisch UR 2016, 822 (826 ff.); Hahne DStR 2008, 910; Hummel UR 2010, 207; Thietz-Bartram DB 2009, 1784 (1788); Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1194). Das FG München hat sich schließlich für eine unionsrechtskonforme Auslegung ausgesprochen: FG München 3 K 235/10, EFG 2013, 1434 (1436) = DStR 2013, 1471. Die Revision hat nach Aussetzung des Verfahrens, um die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt abzuwarten (EuGH C-108/14 und C-109/14, BStBl II 2017, 604; Vorlagebeschlüsse des BFH XI R 17/11, BFHE 244, 79 = MwStR 2014, 202 und BFH XI R 38/12, BFHE 244, 94 = DStR 2014, 466), entschieden, dass eine Personengesellschaft aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips nur als Organgesellschaft in Betracht komme, wenn ihre Gesellschafter nur der Organträger und andere vom Organträger finanziell beherrschte Gesellschaften sind: BFH V R 25/13, BFHE 251, 534 Rn. 44 ff. = DStR 2016, 219; ebenso nach der Vorlage vor dem EuGH: BFH XI R 38/12, BFHE 252, 516 Rn. 62 ff. = DStR 2016, 587 sowie BFH XI R 17/11, BFHE 254, 164 Rn. 41 ff. = DStR 2016, 1668; kritisch dazu Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 106 f.; Die Einschränkung wegen des Einstimmigkeitsprinzips wurde allerdings durch den EuGH als unionsrechtswidrig eingeordnet (EuGH C868/19, DStR 2021, 915 nach Vorlage durch das FG Berlin-Brandenburg 5 K 5044/19, DStR 2020, 281), woran sich der BFH jüngst angeschlossen hat: BFH V R 14/21 (V R 45/19), DStR 2023, 766 (768). 125 BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 19 f. = DStR 2016, 226; BFH XI R 74/07, BFHE 223, 498 (502) = GmbHR 2009, 163; BFH V R 31/03, BFHE 210, 167 (173) = GmbHR 2005, 1209; BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 33 = DStR 2010, 323; BFH V R 37/00, BFHE 197, 357 (360) = DStR 2002, 854; BFH V B 97/97, BFH/NV 1998, 1267 (1268); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 863; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 111; Stadie UStG § 2 Rn. 289; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 217. 126 Ausreichend ist aber nach der neueren Rspr. des BFH auch die Beteiligung in Höhe von nur 50%, wenn diese schwache finanzielle Eingliederung durch eine besonders starke organisatorische Eingliederung ausgeglichen wird, etwa weil der Organträger den einzigen Geschäftsführer in der Organgesellschaft stellt und eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital

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des Organträgers an der Organgesellschaft ist dafür nicht erforderlich, sondern es reicht mittelbarer Anteilsbesitz. Soweit die Satzung generell oder ganz überwiegend für Beschlüsse eine qualifizierte Mehrheit fordert, muss der Organträger diese Mehrheit haben.127 Es kommt ausschließlich darauf an, dass der Organträger dazu imstande ist, seinen Willen in der Organgesellschaft rechtlich durchzusetzen.128 Untauglich ist hingegen das Merkmal der „Unterordnung“, denn eine Möglichkeit zur Beeinflussung der Willensbildung in der Organgesellschaft infolge einer Stimmenmehrheit führt nicht dazu, dass die Organgesellschaft „keinen eigenen Willen“ mehr hat129 – das zeigt im interessierenden Fall der Aktiengesellschaft als Organgesellschaft schon § 76 AktG: Der Vorstand bleibt gerade unabhängig.130 Insofern ist mit der neueren Rechtsprechung des BFH die Möglichkeit zur Willensdurchsetzung zu verlangen, nicht hingegen eine Unterordnung der Organgesellschaft.131 III. Wirtschaftliche Eingliederung Für eine wirtschaftliche Eingliederung ist erforderlich, dass die Organgesellschaft als Bestandteil des Organträgers erscheint und nach dessen Willen wirtschaftet. Dafür muss zwischen Organgesellschaft und Organträger ein der Organgesellschaft hält, BFH XI R 29/22 (XI R 16/18), DStR 2023, 638 (641 f.); ebenso ist eine finanzielle Eingliederung denkbar, wenn ein Minderheitsgesellschafter sich durch eine Stimmrechtsbindung zu einem gleich gerichteten Stimmverhalten wie der Organträger verpflichtet, BFH V R 50/00, BFHE 197, 319 (321) = DStR 2002, 214. 127 UStAE 2.8 Abs. 5 S. 2; BFH XI R 43/08, BFHE 232, 550 Rn. 28 = DStR 2011, 623; BFH V R 9/09, BFHE 229, 433 Rn. 12 = DStR 2010, 1277; BFH V R 31/03, BFHE 210, 167 (173) = GmbHR 2005, 1209; BFH V R 50/00, BFHE 197, 319 (321) = DStR 2002, 214; Binnewies/Schüller AG 2021, 703; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 195; Feldgen BB 2013, 2967 (2969); Flöther/Kahlert Konzerninsolvenzrecht § 6 Rn. 9; Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.171; Maus GmbHR 2005, 859 (860); Onusseit ZInsO 2004, 1182; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.375; Roth DZWIR 2009, 274; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 223 f.; Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1197); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 161. 128 Zutr. BFH V B 46/10, BFH/NV 2011, 857 Rn. 18 = GmbHR 2011, 442; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 196; Oesterwinter/Luczak Der Konzern 2021, 474 (476); verfehlt Möhlenkamp/Möhlenkamp DStR 2014, 1357 (1362); Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2590). 129 So bislang z.B. BFH V R 9/09, BFHE 229, 433 Rn. 20 ff. = DStR 2010, 1277; BFH XI R 43/08, BFHE 232, 550 Rn. 38 ff. = DStR 2011, 623; ebenfalls Stadie UStG § 2 Rn. 284. 130 Zu dem insofern missverständlichen Begriff des faktischen Über-Unterordnungskonzerns → Kapitel 3 § 1 B. II. 1. b) bb). 131 BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 26, 34, 36 = DStR 2016, 226; ferner EuGH C141/20, DStR 2022, 2481 Rn. 68 und C-269/20, DStR 2022, 2488 Rn. 49; dazu auch Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 170 ff.

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vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung bestehen. Ferner müssen die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft aufeinander abgestimmt sein, sich fördern und ergänzen.132 Erforderlich ist also eine Verflechtung der Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft in Form einer nicht nur ganz unerheblichen wirtschaftlichen Beziehung zwischen Organträger und Organgesellschaft.133 Eine Abhängigkeit ist hingegen nicht erforderlich.134 Die wirtschaftliche Eingliederung kann auch durch die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen (beispielsweise Grundstücke) erfolgen, solange über diese nicht die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung angeordnet ist.135 IV. Organisatorische Eingliederung Für die organisatorische Eingliederung muss die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung tatsächlich wahrgenommen werden.136 Die tatsächliche Wahrnehmung der Einflussnah132

BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 36 = DStR 2010, 323; BFH XI R 74/07, BFHE 223, 498 (502) = GmbHR 2009, 163; BFH V B 138/05, BFH/NV 2007, 281 (282) = UR 2007, 302; BFH V R 63/01, BFHE 202, 79 (82) = DStR 2003, 1166; BFH V R 37/00, BFHE 197, 357 (360) = DStR 2002, 854; BFH V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534 (1535) = DStZ 1999, 64; BFH XI R 69/97, BFH/NV 1999, 1136 (1137) = UR 1999, 491; BFH V R 124/89, BFHE 172, 541 (544) = GmbHR 1994, 195; Binnewies/Schüller AG 2021, 703; Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.172 f.; Maus GmbHR 2005, 859 (860); Onusseit ZInsO 2004, 1182; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.376; Roth DZWIR 2009, 274; Roth/Germer NWB 2005, 3285; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 226; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 231; Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1200); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 160. 133 UStAE 2.8 Abs. 6 S. 3; BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 36 = DStR 2010, 323; Hasbach MwStR 2017, 262 (268); Hölzle DStR 2006, 1210 (1212); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.376; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 232. 134 BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 36 = DStR 2010, 323; BFH V R 63/01, BFHE 202, 79 (83) = DStR 2003, 1166; Maus GmbHR 2005, 859 (860); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.376; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 232. 135 BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 38 = DStR 2010, 323; BFH V R 67/07, BFHE 225, 172 (178) = DStR 2009, 1308; BFH V R 128/01, BFH/NV 2002, 1058 (1059) = UR 2002, 426; BFH V R 63/01, BFHE 202, 79 (82) = DStR 2003, 1166; BFH V R 34/01, BFH/NV 2002, 223 (224) = UR 2002, 214; BFH V R 96/96, BFHE 182, 426 (428) = DStR 1997, 1487; Binnewies/Schüller AG 2021, 703; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.376; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 227 f.; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 235; Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 160. 136 BFH XI R 35/17, BFHE 267, 542 Rn. 38 = DStR 2020, 494; BFH V R 7/16, BFHE 258, 181 Rn. 15 = DStR 2017, 1653; BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 28 = DStR 2017, 198; BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 42 = DStR 2016, 226; BFH V R 18/13,

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

memöglichkeit ist neben der finanziellen Eingliederung deshalb erforderlich, weil der Vorstand der Aktiengesellschaft auch bei Mehrheitsbeherrschung unabhängig bleibt, § 76 AktG.137 Der Organträger muss die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen.138 Im Regelfall wird dafür eine personelle Verflechtung über die Vertretungsorgane von Organträger und Organgesellschaft gefordert, beispielsweise durch personelle Identität in den Leitungsgremien.139 In seiner früheren Rechtsprechung hatte der BFH für die Bejahung der organisatorischen Eingliederung noch ausreichen lassen, dass eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich ist.140 Nach seiner neueren Recht-

BFHE 242, 433 Rn. 27 ff. = MwStR 2013, 668; BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 34 = DStR 2010, 323; BFH V R 67/07, BFHE 225, 172 (176) = DStR 2009, 1443; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (467) = DStR 2008, 453; BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (357) = DStR 1999, 497; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 215; Fehrenbacher SteuerR § 7 Rn. 69; Hölzle DStR 2006, 1210 (1213); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.174; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 197; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1298; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 210; Onusseit ZInsO 2004, 1182; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 892.2; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.377; Stadie UStG § 2 Rn. 297; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 239; Wäger/Heber UStG § 2 Rn. 138. 137 Zutr. Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2587). 138 BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 42 = DStR 2016, 226; BFH V R 7/10, BFHE 231, 356 Rn. 22 = DStR 2011, 308; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (467) = DStR 2008, 453; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DStRE 2008, 949; BFH V R 64/99, BFHE 200, 119 (124) = UR 2003, 74; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 210. 139 UStAE 2.8 Abs. 8 S. 1, 2; BFH V R 7/16, BFHE 258, 181 Rn. 16 = DStR 2017, 1653; BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 27 = DStR 2017, 198; so schon BFH XI B 66/08, DZWIR 2009, 288 Rn. 5; BFH V R 30/06, BFHE 226, 465 (474) = UR 2009, 800; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (468) = DStR 2008, 453; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DStRE 2008, 949; BFH V R 37/00, BFHE 197, 357 (361) = DStR 2002, 854; BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (359) = DStR 1999, 497; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 218; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 199; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1305 f.; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 211; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 894; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112.3; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 220; Stadie UStG § 2 Rn. 298; Streck/Binnewies DB 2001, 1578 (1579); SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 240; Wäger/Heber UStG § 2 Rn. 140; Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1207); kritisch zur sonstigen Beschränkung auf „leitende“ Mitarbeiter Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 218; Dodenhoff UR 2014, 337; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 894; Streck/Binnewies DB 2001, 1578 (1580); ebenso UStAE 2.8 Abs. 9 S. 1: „einfache“ Mitarbeiter ausreichend. 140 BFH V R 7/10, BFHE 231, 356 Rn. 22 = DStR 2011, 308; BFH V B 47/06, BFH/NV 2007, 1936 (1937). = UR 2007, 809; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (468) = DStR 2008, 453; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DStRE 2008, 949; BFH V R 24/03, BFHE 204, 520 (524) = DStR 2004, 951; BFH V R 34/01, BFH/NV 2002, 223 (225) = UR 2002, 214; BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (357, 359) = DStR 1999, 497; BFH V R 80/85,

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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sprechung ist es hingegen nicht mehr ausreichend, wenn dem Organträger ein bloßes Veto-Recht aufgrund seiner Beteiligung zukommt, da dieses für die Funktion des Organträgers als Steuereinnehmer des Staates nicht ausreiche; vielmehr müsse der Organträger seine Beherrschungsmöglichkeit, die aus der finanziellen Eingliederung folgt, tatsächlich wahrnehmen.141 Soweit keine personelle Verflechtung vorliegt, sind institutionell abgesicherte Maßnahmen erforderlich, die es dem Organträger ermöglichen, in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführungsmaßnahmen einzugreifen.142 Das ist beispielsweise bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags zu bejahen.143 Teilweise wird die bloße Mehrheitsbeteiligung für ausreichend gehalten, da dann im Regelfall erwartbar sei, dass der Wille des beherrschenden Gesellschafters ausgeführt werde.144 C. Körperschaftsteuerliche Organschaft § 14 Abs. 1 KStG verlangt für das Bestehen körperschaftsteuerlicher Organschaft neben der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags für eine Dauer von fünf Jahren sowie dessen Durchführung während seiner Geltungsdauer. Bis zum Veranlagungszeitraum 2000 waren daneben die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse in das Unternehmen des Organträgers erforderlich, § 14 Nr. 2 S. 1 KStG aF.145 Im Gegensatz zur umsatzsteuerlichen Organschaft bewirkt die körperschaftsteuerliche Organschaft eine reine Ergebnisverrechnung zwischen Organträger und Organgesellschaft. Die Einkommen werden getrennt ermittelt, woraufhin das Einkommen der Organgesellschaft zum Einkommen des Organträgers hinzugerechnet wird. Der Organträger wird damit zum SteuerBFH/NV 1993, 133 (135); offen gelassen bei BFH V R 53/10, BFHE 234, 548 Rn. 32 = DStR 2011, 2414. 141 BFH V R 15/14, BFHE 252, 158 Rn. 42 = DStR 2016, 226; BFH V R 18/13, BFHE 242, 433 Rn. 28 = DStR 2013, 1883; ebenso UStAE 2.8 Abs. 7 S. 3. 142 UStAE 2.8 Abs. 10 S. 2; BFH XI R 30/14, BFHE 255, 467 Rn. 27 f. = DStR 2017, 198; Binnewies/Schüller AG 2021, 703; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 203; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 212; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112; Schmidt GmbHR 1996, 175 (176 ff.); Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 230; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 241. 143 Dazu gleich noch → Kapitel 2 § 3 B. IV. 144 Binnewies Konzerneingangskontrolle, S. 4; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 896; Streck/Binnewies DB 2001, 1578 (1581 f.); zur Gewerbesteuer nach alter Rechtslage Crezelius FS Kropff 1997, 37 (45 ff.); zu dieser Frage noch → Kapitel 2 § 3 B. V. 145 Geändert durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung, BGBl. 2000 I 1433; dazu Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1319; Witt Die Konzernbesteuerung, S. 12 f.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

schuldner der gesamten Steuerschuld des Organkreises.146 Zweck der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist es, die Doppelbelastung des Anteilseigners mit Körperschaftsteuer und Einkommensteuer/Körperschaftsteuer zu vermeiden.147 Auch die körperschaftsteuerliche Organschaft setzt keinen Antrag voraus – sie ist vielmehr zwingende Rechtsfolge, wenn die Voraussetzungen des § 14 KStG vorliegen.148 I. Organgesellschaft und Organträger Ein Organträger im Sinne des Körperschaftsteuerrechts kann jede Rechtsform haben, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG.149 Er muss nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG Inhaber eines gewerblichen Unternehmens ein. Überwiegend wird für den Begriff des gewerblichen Unternehmens auf die Voraussetzungen für den Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 GewStG abgestellt.150 Das Erfordernis der Gewerblichkeit ist im hier interessierenden Fall der Kapitalgesellschaften stets erfüllt, § 8 Abs. 2 KStG.151 Als Organgesellschaft kommen die Europäische Gesellschaft, die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien und andere Kapitalgesellschaften in Betracht, die ihre Geschäftsleitung im Inland und ihren Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens 146

Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 801, 875; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 85 ff.; Maus GmbHR 2005, 859; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 466 f.; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 84; zur Berücksichtigung von Auslandsverlusten im Konzern Thiemann Verluste im Steuerrecht, S. 386 ff., 398 f. 147 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 11.1; Crezelius FS Kropff 1997, 37 (42); Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 9; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 19. 148 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 798; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 80; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 474. 149 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 114; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 61 ff.; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 74 ff.; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 150 ff.; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 87 ff.; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 40; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 169 ff. 150 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 192; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 105; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 58; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 127; Lippross/Seibel/Herkens KStG § 14 Rn. 71; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 64; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 160 ff.; Streck/Olbing KStG § 14 Rn. 70; aA: Bestimmung direkt nach § 15 Abs. 2 EStG, so Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 65; Schumacher Die Organschaft im Steuerecht, S. 36. 151 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 189; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 65; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 109; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 58; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 131; Lippross/Seibel/Herkens KStG § 14 Rn. 76; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 160; Streck/Olbing KStG § 14 Rn. 70.

§ 2 Divergierende Entstehungsvoraussetzungen

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haben, § 14 Abs. 1 S. 1 KStG.152 Die Organgesellschaft muss nicht selbst gewerblich tätig sein.153 II. Gewinnabführungsvertrag154 Voraussetzung für die körperschaftsteuerliche Organschaft ist nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG. Der Gewinnabführungsvertrag muss für eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren abgeschlossen und während der gesamten Vertragsdauer durchgeführt werden, § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG. Eine vorzeitige Beendigung ist nur bei Kündigung aus wichtigem Grund unschädlich, § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 KStG.155 III. Finanzielle Eingliederung Weiter verlangt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG, dass die Organgesellschaft finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Die finanzielle Eingliederung ist dann anzunehmen, wenn dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG. Erforderlich ist wie bei der umsatzsteuerlichen Organschaft eine Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, sodass er seinen Willen rechtlich durchsetzen kann.156 Sieht die Satzung eine

152 Dazu Thiemann Verluste im Steuerrecht, S. 387; ob sich die Beschränkung der Rechtsformen, die die Organgesellschaft haben kann, mit der Einführung des § 1a KStG (Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts BGBl. 2020 I 2050) dahingehend geändert hat, dass nunmehr auch eine optierte Personengesellschaft als Organgesellschaft in Betracht kommt, ist bislang offen, dazu ausführlich Jäschke GmbHR 2022, 627 (628 ff.). Die Finanzverwaltung verneint die Frage unter Hinweis auf die fehlende Eintragungspflicht des Gewinnabführungsvertrags mit einer Personengesellschaft: BMF IV C 2 – S 2707/21/10001:004, BStBl. I 2021, 2212 Rn. 56. 153 Bott/Walter/Walter KStG § 14 Rn. 84; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 57; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 61; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 53; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 70; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 151 f. 154 Geläufiger ist im Steuerrecht der Begriff des Ergebnisabführungsvertrags, um die gleichzeitige Verpflichtung des Organträgers zur Übernahme der Verluste der Organgesellschaft (§ 302 AktG) deutlich zu machen. 155 Zum Insolvenzfall noch ausführlich → Kapitel 4 § 2 A. I. 4. 156 FG Düsseldorf 6 K 3291/19 F, EFG 2021, 228 (229) = Der Konzern 2021, 171 – Revision anhängig: BFH I R 50/20; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 81; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 131; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 100; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 161; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 191; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 51.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

qualifizierte Mehrheit vor, muss der Organträger diese Mehrheit erreichen.157 Mittelbare Beteiligungen sind zu berücksichtigen, wenn diese an jeder vermittelnden Gesellschaft die Stimmrechtsmehrheit gewähren, § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 KStG. Die Beteiligung muss so ausgestaltet sein, dass dem Organträger die Anteile an der Organgesellschaft nach § 39 AO zuzurechnen sind; sie müssen also wirtschaftlich, nicht bürgerlich-rechtlich im Eigentum des Organträgers stehen.158 D. Gewerbesteuerliche Organschaft Die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG wurden mit dem Verweis auf §§ 14, 17 KStG seit dem Erhebungszeitraum 2001 vollständig an die der körperschaftsteuerlichen Organschaft angepasst.159 Erforderlich sind also ein auf fünf Jahre abgeschlossener und während der gesamten Vertragsdauer durchgeführter Gewinnabführungsvertrag sowie die finanzielle Eingliederung. Entfallen sind hingegen die Voraussetzungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung. Anders als in der umsatzsteuerlichen Organschaft werden die Unternehmen nicht als Einheit behandelt, sondern der Ertrag der Organgesellschaft wird dem Organträger zur Berechnung seines Steuermessbetrags im Wege einer Betriebsstättenfiktion zugerechnet. Es liegt also nach wie vor ein selbstständiger Gewerbebetrieb der Organgesellschaft vor (sog. gebrochene/eingeschränkte Einheitstheorie).160 Daher bleibt es bei einer getrennten Gewinnermittlung beider Unternehmen. Der Gewerbeertrag der Organgesell-

157 BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 29 = DStR 2017, 599; FG Düsseldorf 6 K 3291/19 F, EFG 2021, 228 (229) = Der Konzern 2021, 171; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 131; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 111; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 161; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 192. 158 Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 81a; Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 128; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 102; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 158; Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 196; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 51. 159 Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts BGBl. 2001 I 3858. 160 R 2.3 Abs. 1 S. 2, 3 GewStR; BFH I R 16/16, BFHE 263, 131 Rn. 16 = DStR 2019, 682; BFH I R 9/15, BFH/NV 2017, 485 Rn. 16 = GmbHR 2017, 488; BFH I R 39/14, BFHE 248, 179 Rn. 8 f. = DStR 2015, 637; BFH IV R 9/11, BFH/NV 2015, 227 Rn. 19 = GmbHR 2015, 149; BFH X R 4/10, BFHE 233, 539 Rn. 38 = DStR 2011, 1565; BFH I R 85/79, BFHE 138, 94 (96) = DB 1983, 1287; BFH I R 171/68, BFHE 104, 361 (362) = DStR 1970, 351; Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 157; Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3520 ff.; Lippross/Seibel/Hidien GewStG § 2 Rn. 503; Maus GmbHR 2005, 859; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 205; WSMH/Kontny GewStG § 2 Rn. 140.

§ 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft

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schaft wird dem Organträger lediglich zugerechnet. Ungerechtfertigte Doppel- oder Nichterfassungen werden korrigiert.161 Der Zweck der gewerbesteuerlichen Organschaft wurde früher vor allem im Schutz der Gemeinden vor willkürlicher Gewinnverlagerung durch die verbundenen Unternehmen, die das Hebesatzgefälle zwischen den Gemeinden auszunutzen wollten, gesehen.162 Seitdem die gewerbesteuerliche Organschaft aber einen Gewinnabführungsvertrag voraussetzt, dessen Abschluss ohnehin vom Willen der verbundenen Unternehmen abhängt, liegt der Zweck nunmehr vorrangig in der Vermeidung von Doppelbesteuerungen.163 Organgesellschaft kann bei der gewerbesteuerlichen Organschaft jede Kapitalgesellschaft sein, wohingegen der Organträger wegen der Verweisung auf § 14 Abs. 1 S. 1 KStG einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen muss, für ihn aber keine bestimmte Rechtsform vorgeschrieben ist.164 Bei Kapitalgesellschaften ist die gewerbliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets anzunehmen. Die Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung stimmen mit denen der finanziellen Eingliederung bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft überein.165 Auch für den Gewinnabführungsvertrag gilt das im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft Gesagte.166

§ 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft Um eine rechtsgebietsübergreifend überzeugende Lösung der Insolvenzproblematik von Konzern und Organschaft zu schaffen, ist ein Vergleich der Überschneidungen zwischen beiden Rechtsinstituten erforderlich.

161 Vgl. R 2.3 Abs. 1 S. 4; Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 170 ff.; Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3766 ff.; Lippross/Seibel/Hidien GewStG § 2 Rn. 551; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 205 f.; WSMH/Kontny GewStG § 2 Rn. 145 ff. 162 BFH I R 183/85, BFHE 161, 157 (161) = DB 1990, 1950; BFH I 237/61 U, BFHE 76, 513 (515) = BB 1963, 806; BFH I 338/60 U, BFHE 82, 559 (561) = DB 1965, 1126; BFH I 29/53 U, BFHE 58, 101 (103) = DB 1953, 985; Crezelius FS Kropff 1997, 37 (42 f.); so nach wie vor Lippross/Seibel/Hidien GewStG § 2 Rn. 505; WSMH/Kontny GewStG § 2 Rn. 123. 163 Dazu ausführlich Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3510 ff. 164 Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 139 ff.; Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3543 ff., 3570 ff.; Lippross/Seibel/Hidien GewStG § 2 Rn. 511 ff., WSMH/Kontny GewStG § 2 Rn. 125 ff. 165 → Kapitel 2 § 2 C III. 166 → Kapitel 2 § 2 C II.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

A. Überlegungen zur rechtsgebietsübergreifenden Betrachtung Die engen Überschneidungen zwischen der steuerrechtlichen Organschaft und dem Konzernrecht wurden bereits auf historischer Ebene aufgezeigt. Auch wenn die beiden Institute denselben Ursprung haben, kann nicht zwangsweise darauf geschlossen werden, dass die Unternehmensverbindungen im Steuerrecht und im Konzernrecht gleichbehandelt werden müssen. Bereits mit der zunehmenden Unternehmenskonzentration kam die Relativitätsthese auf, nach der für jedes Rechtsgebiet gesondert festzustellen sei, inwieweit eine einheitliche Behandlung der Unternehmensverbindung erforderlich ist.167 Im Steuerrecht wurde dies aus § 4 Reichsabgabenordnung 1919168 abgeleitet, der vorschrieb, dass bei der Auslegung der Steuergesetze ihr Zweck, ihre wirtschaftliche Bedeutung und die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen seien.169 Auch heute gilt, dass man nicht pauschal von einem Rechtsgebiet auf ein anderes schließen kann. So gibt es beispielsweise keinen für das gesamte Recht einheitlichen Unternehmensbegriff.170 Bei genauer Betrachtung handelt es sich aber bei der Frage, wie die Organschaft und der Konzern im Insolvenzfall zu behandeln sind, nicht um eine Frage der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, mit der gewaltsam versucht wird, eine einheitliche Lösung für alle Fälle zu finden, unabhängig davon, dass dies vielleicht gar nicht dem Sinn und Zweck der einzelnen Rechtsgebiete entspricht. Vielmehr sind die nachfolgenden Überlegungen lediglich die rechtsgebietsübergreifenden Konsequenzen, die sich ohne jede Gewalt ergeben, wenn man erkennt, auf welche Weise die Institute des Konzerns und der Organschaft miteinander verbunden sind. Denn weder darf das Zivilrecht die grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien des Steuerrechts konterkarieren noch darf das Steuerrecht im Widerspruch zu den grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien des Zivilrechts stehen.171 Die Überschneidungen ergeben sich also 167 Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 59; Friedländer Konzernrecht 1927, S. 43 ff.; Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 7 f.; Pohmer Finanzarchiv 1955, 409 (415 f.); Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 63. 168 RGBl. 1919 S. 1993; die heute geltende Abgabenordnung enthält hingegen keine Vorschrift über die Auslegung der Steuergesetze; dies war zwar im Regierungsentwurf in § 4 Abs. 2 AO noch enthalten, wurde dann aber durch den Bundestag als überflüssig gestrichen; dazu Klein/Gersch AO § 4 Rn. 23. 169 Friedländer Konzernrecht 1927, S. 360 f.; aA Hasenkamp Organgesellschaft und Körperschaftsteuer, S. 9. 170 BGH II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 (335 f.) = NJW 1978, 104; BGH KZR 2/59, BGHZ 31, 105 (109); BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 54; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 15 Rn. 10; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 15 Rn. 2; Koch AktG § 15 Rn. 9; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 15 Rn. 15; MüKoAktG/Bayer AktG § 15 Rn. 9. 171 Treffend Tipke Steuerrechtsordnung Bd. 1, S. 52.

§ 3 Überschneidungen zwischen Konzern und Organschaft

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nicht aus der Annahme, dass das Steuerrecht dem Zivilrecht stets zu folgen habe, sondern sind die Konsequenz dessen, dass sowohl das Konzernrecht als auch das Recht der Organschaft auf eine wirtschaftliche Betrachtung von Unternehmensverbindungen zurückgehen.172 Richtigerweise geht das Zivilrecht dem Steuerrecht nicht vor, das Steuerrecht darf dessen Grundwertungen aber auch nicht durchkreuzen.173 Da beide Rechtsgebiete Teil der Gesamtrechtsordnung sind, dürfen sich zwischen ihnen selbstverständlich keine Wertungswidersprüche ergeben.174 In den zu betrachtenden Konstellationen von Aktienkonzern und Organschaft unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft als Organgesellschaft wird sich zeigen, dass die Überschneidungen weitreichend sind, sodass aus ihnen Schlussfolgerungen für den Insolvenzfall gezogen werden können. B. Konzern und umsatzsteuerliche Organschaft I. Keine finanzielle Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung Zunächst scheinen sich die Voraussetzungen der Abhängigkeit im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG mit denen der finanziellen Eingliederung vollständig zu decken. Beide verlangen eine Möglichkeit zur Einflussnahme, die in der Regel durch die Mehrheit der Stimmrechte vermittelt wird. Da allerdings das Umsatzsteuerrecht keine Vermutung für das Vorliegen der finanziellen Eingliederung bei bloßem Mehrheitsbesitz enthält, stellt sich die Frage, ob § 17 Abs. 2 AktG im Steuerrecht Anwendung finden kann. Der Mehrheitsbesitz kann nach § 16 Abs. 1 AktG sowohl dadurch begründet werden, dass der Mutter die Mehrheit der Stimmrechte an der Tochter zusteht, als auch dadurch, dass ihr die Mehrheit der Anteile an der Tochter zusteht. Es ist also gerade nicht erforderlich, dass eine tatsächliche Willensdurchsetzungmöglichkeit in der Hauptversammlung der Tochtergesellschaft besteht. Die Voraussetzungen der finanziellen Eingliederung sind insofern enger, als die Mehrheitsbeteiligung eine Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers durch die Stimmrechtsmehrheit vermitteln muss. Richtiger Ansicht nach kann daher von der aktienrechtlichen Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG nicht auf das Vorliegen der finanziellen Eingliederung geschlossen werden.175 172 173

Vgl. zu diesen Zusammenhängen Crezelius FS Kropff 1997, 37 (45). Tipke Steuerrechtsordnung Bd. 1, S. 57 f.; ebenso BVerfG 2 BvR 72/90, DStR 1992,

107. 174

Tipke Steuerrechtsordnung Bd. 1, S. 49 ff. BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DB 2008, 1544; BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (468) = DStR 2008, 453; BFH V R 126/87, BFH/NV 1992, 140 (141) = ZIP 1991, 1081; Beck MwStR 2014, 359 (360); Feldgen BB 2013, 2967 (2969); Streck/Binnewies DB 2001, 1578 (1581); aA Crezelius FS Kropff 1997, 37 (45 ff.); Stadie UStG § 2 Rn. 2 Rn. 299. 175

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Dieses Ergebnis bestätigen die unterschiedlichen Schutzrichtungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und des § 17 AktG:176 Die konzernrechtlichen Vorschriften im Gesellschaftsrecht wurden entwickelt, um außenstehende Aktionäre sowie Gläubiger der abhängigen Gesellschaft zu schützen. Das belegt die Historie der Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG: Diese war im Regierungsentwurf noch als unwiderlegliche Vermutung ausgestaltet, um die Abhängigkeit im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Verbotsvorschriften rechtssicher zu bestimmen.177 Erst der Rechtsausschuss hat die widerlegliche Vermutung eingeführt, um die Mehrheitsbeteiligung mit Vorzugsaktien ohne Stimmrecht von der Vermutung auszunehmen.178 Die Organschaft sollte auf der anderen Seite zunächst den Steueranspruch des Fiskus schützen und später vor allem Doppelbesteuerungen vermeiden. Sie dient damit der Entlastung der Finanzverwaltung und der am Organkreis Beteiligten. Da es also um Vorteile für den jeweiligen Kläger geht, nicht aber um Außenseiterschutz, liegt die Beweislast grundsätzlich bei demjenigen, der sich auf die Organschaft berufen möchte.179 Deshalb bedarf es im Recht der Organschaft keines Rückgriffs auf die dem Außenseiterschutz dienende und daher weit gefasste Abhängigkeitsdefinition in § 17 AktG. Vielmehr ist es für die rechtssichere Besteuerung gerade sinnvoll, wenn die Eingliederungsmerkmale positiv festgestellt werden müssen. Verstärkend kommt hinzu, dass beispielsweise § 14 Abs. 1 S. 1 KStG explizit einen „Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 AktG“ fordert, sich aber in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kein Verweis auf die Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG findet. Die Systematik spricht mithin auch gegen eine Heranziehung der aktienrechtlichen Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG. Freilich kann die aktienrechtliche Abhängigkeitsvermutung als Indiz für die finanzielle Eingliederung herangezogen werden, nicht aber für ihre Begründung. Einige Stimmen in der Literatur diskutieren, ob das Bestehen einer Konzernrechnungslegungspflicht nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB ein Anhaltspunkt für die finanzielle Eingliederung sein kann.180 Die Konzernrechnungslegungspflicht tritt ein, wenn ein beherrschender Einfluss der Mutter auf die Tochter bejaht werden kann, was nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB unwiderlegbar vermutet wird, wenn der Mutter die Mehrheit der Stimmrechte an der

176

Dazu bereits → Kapitel 2 § 1 C und → Kapitel 2 § 1 E. Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 31 f. 178 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drs. IV/3296, S. 3. 179 Vgl. zu diesem allgemeinen Beweislastgrundsatz z.B. BGH V ZB 47/15, NZG 2017, 549 Rn. 10. 180 Feldgen BB 2013, 2967 (2969). 177

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Tochtergesellschaft zusteht.181 Der bloße Mehrheitsbesitz im Sinne des § 16 AktG ist anders als bei § 17 Abs. 2 AktG nicht ausreichend. Angesichts der Typisierung in § 290 Abs. 2 HGB wird aber auch für die Konzernrechnungslegungspflicht keine positive Feststellung der Einflussnahmemöglichkeit verlangt. Daher ist zwar richtig, dass in der Regel eine finanzielle Eingliederung vorliegt, wenn die Konzernrechnungslegungspflicht nach § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB zu bejahen ist. Doch auch hier darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die finanzielle Eingliederung die positive Feststellung einer Einflussnahmemöglichkeit voraussetzt. Insofern ist § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB zwar als Indiz, nicht jedoch als Begründung für die finanzielle Eingliederung tauglich. Da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG enger sind als die des § 17 AktG, kann aber umgekehrt von der finanziellen Eingliederung stets auf die Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG und damit auf das Vorliegen eines faktischen Konzerns nach § 18 Abs. 1 S. 3 AktG geschlossen werden. II. Keine finanzielle Eingliederung bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Das Vorliegen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags kann nicht über eine fehlende Beteiligung der Muttergesellschaft an der Tochtergesellschaft hinweghelfen, da für einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag keine Beteiligung der Mutter an der Tochter erforderlich ist.182 In der Praxis wird sich freilich kaum ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ohne gleichzeitige Mehrheitsbeteiligung der Mutter an der Tochter finden, sodass die Überlegung rein theoretischer Natur ist. III. Keine wirtschaftliche Eingliederung bei einheitlicher Leitung Das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung lässt sich am ehesten mit der einheitlichen Leitung im Sinne des § 18 Abs. 1 S. 1 AktG vergleichen. Beide Begriffe gehen von einer wirtschaftlichen Betrachtung aus. Doch ist auch hier das steuerrechtliche Tatbestandsmerkmal enger gefasst: Während für die wirtschaftliche Eingliederung die Organgesellschaft in einem engen wirtschaftlichen Verhältnis zum Organträger stehen und nach dessen Willen im Gesamtunternehmen tätig werden muss, reicht für die einheitliche Leitung im Sinne des Konzernrechts nach dem herrschenden weiten Konzernbegriff eine einheitliche Planung in einem zentralen Unternehmensbereich aus. Näher als der weite Konzernbegriff kommt der wirtschaftlichen Eingliederung 181 BeckOGK BilR/Senger/Kurz, HGB § 290 Rn. 53; BeBiKo/Grottel/Kreher, HGB § 290 Rn. 31 f. 182 BFH XI R 43/08, BFHE 232, 550 Rn. 32 = DStR 2011, 623; Birkenfeld/Wäger/Wäger I 3 C Rn. 206; Feldgen BB 2013, 2967 (2969).

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der enge Konzernbegriff, da dieser eine einheitliche Planung der Konzernspitze in allen zentralen unternehmerischen Bereichen verlangt. Da aber aus den oben genannten Gründen183 auf den weiten Konzernbegriff abzustellen ist, ist auch für die wirtschaftliche Eingliederung festzustellen, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen strenger sind als die konzernrechtlichen. Es kann daher von der wirtschaftlichen Eingliederung auf die einheitliche Leitung geschlossen werden, nicht aber umgekehrt. IV. Organisatorischen Eingliederung bei bestehendem Beherrschungsvertrag Zwar muss die organisatorische Eingliederung grundsätzlich aus der finanziellen Eingliederung folgen,184 allerdings lässt die überwiegende Ansicht das Vorliegen eines Beherrschungsvertrags für die Begründung der organisatorischen Eingliederung ausreichen, obwohl dieser nicht zwingend eine Beteiligung der Mutter an der Tochter erfordert.185 Dem ist zuzustimmen: Zwar hilft ein Beherrschungsvertrag nicht über eine fehlende Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft hinweg,186 allerdings ist dem Beteiligungserfordernis schon durch das Merkmal der finanziellen Eingliederung Genüge getan. Es kann also gar nicht zu dem Fall kommen, dass die Organschaft ohne Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft nur durch einen Beherrschungsvertrag begründet wird, da in diesem Fall die finanzielle Eingliederung zu verneinen wäre. Das entspricht auch der Praxis, in der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge ohne Mehrheitsbeteiligung der Mutter an der Tochter so gut wie nie vorkommen. Damit ist kein Grund ersichtlich, warum die sehr starke Einflussnahmemöglichkeit des Weisungsrechts im Sinne des § 308 AktG nur deshalb die organisatorische Eingliederung nicht begründen können soll, weil sie nicht aus der Beteiligung im Sinne der finanziellen Eingliederung folgt. Diese Auslegung entspricht auch dem

183

→ Kapitel 2 § 2 A. II. Siehe die Nachweise → Kapitel 2 § 2 B. IV. 185 UStAE 2.8 Abs. 10 S. 4; BFH V R 7/16, BFHE 258, 181 Rn. 17 ff. = DStR 2017, 1653; ebenso FG Berlin 6 K 6294/93, BeckRS 1998, 30826033; Birkenfeld/Wäger/Wäger I 3 C Rn. 204; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 219; Dierdorf Herrschaft und Abhängigkeit, S. 73; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 205; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1318; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 212; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 893; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112.2; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 226; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 232; Stadie UStG § 2 Rn. 298; Streck/Binnewies DB 2001, 1578; Strobl in U. H. Schneider Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 65 (69); Wäger/Heber UStG § 2 Rn. 144; Wäger FS Schaumburg 2009, 1189 (1207); Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2587); Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 263; aA Beck MwStR 2014, 359 (361). 186 BFH XI R 43/08, BFHE 232, 550 Rn. 32 = DStR 2011, 623. 184

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früheren § 14 Nr. 2 S. 2 KStG idF vom 31.8.1976187, der bei Vorliegen einer Eingliederung oder eines Beherrschungsvertrags die organisatorische Eingliederung unwiderleglich vermutete.188 Das Vorliegen eines Beherrschungsvertrags führt daher stets zur organisatorischen Eingliederung. Dies gilt freilich erst ab der Eintragung in das Handelsregister, da diese für den Beherrschungsvertrag konstitutiv wirkt.189 Ebenso begründet die Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG die organisatorische Eingliederung, da diese eine noch stärkere Weisungsmöglichkeit mit sich bringt.190 V. Keine organisatorische Eingliederung bei bloßer Mehrheitsbeteiligung Nicht ausreichend für die organisatorische Eingliederung ist hingegen das bloße Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung.191 Insbesondere vermag die Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG die organisatorische Eingliederung nicht zu begründen.192 Denn für die Abhängigkeit reicht der bloße Mehrheitsbesitz aus, während die organisatorische Eingliederung gerade die tatsächliche

187

BGBl. 1976 I 2597 (1604); § 14 Nr. 2 S. 2 aF wurde durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (BGBl. 2000 I 1433) gestrichen, da seit diesem Zeitpunkt für die körperschaftsteuerliche Organschaft weder die wirtschaftliche noch die organisatorische Eingliederung eine Voraussetzung sind. Die Streichung der beiden Tatbestandsvoraussetzungen diente der Vereinfachung des Steuerrechts, da sie in der Praxis regelmäßig durch aufwendige Gestaltungen herbeigeführt werden mussten, Begr. RegE BT-Drs. 90/00, S. 191. 188 Dazu Witt Die Konzernbesteuerung, S. 13; § 14 Nr. 2 S. 2 KStG aF wurde deshalb für die umsatzsteuerliche Organschaft immerhin als Indiz herangezogen, vgl. dazu insbesondere den Erlass des BdF IV A/2 – S 4105 – 5/66, USt-Kartei S 4105 K. 54; ferner Schmidt GmbHR 1996, 175 (176). 189 UStAE 2.8 Abs. 10 S. 7; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 893. 190 Dierdorf Herrschaft und Abhängigkeit, S. 73; Lippross Umsatzsteuer, S. 470; Lippross/Seibel/Janzen UStG § 2 Rn. 205; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartmann UStG § 2 Rn. 212; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 893; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112.2; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 233; Stadie UStG § 2 Rn. 298; Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2587); zu den Unterschieden im Hinblick auf das Weisungsrecht bei der Eingliederung und im Vertragskonzern → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) ee) (4). 191 UStAE 2.8 Abs. 7 S. 4; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DStRE 2008, 949; Beck MwStR 2014, 359 (360); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 896; aA FG Berlin 6 K 6294/93 EFG 1999, 82 (83 f.); Crezelius FS Kropff 1997, 37 (45 ff.). 192 BFH V R 26/06, BFHE 219, 463 (468) = DStR 2008, 453; BFH V R 76/05, BFHE 221, 443 (450) = DStRE 2008, 949; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 215; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartman UStG § 2 Rn. 212; Reiß/Kraeusel/Langer/Reiß UStG § 2 Rn. 112; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 239; aA Crezelius FS Kropff 1997, 37 (45 ff.); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 896; Stadie UStG § 2 Rn. 299; offen gelassen bei FG Berlin 6 K 6294/93 EFG 1999, 82 (83 f.).

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Wahrnehmung der Einflussnahmemöglichkeit erfordert.193 Hinzu kommt, dass die organisatorische Eingliederung ihre eigenständige Bedeutung einbüßen würde, wenn von der finanziellen Eingliederung auf die organisatorische Eingliederung geschlossen werden könnte.194 Zwar wird bei Bejahung des beherrschenden Einflusses im Sinne des § 17 AktG oftmals auch eine organisatorische Eingliederung vorliegen, dies ist allerdings nicht zwingend. Dasselbe gilt für die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG.195 Zwar ist für den Konzerntatbestand des § 18 Abs. 1 S. 1 AktG nicht nur die potenzielle Einflussnahme, sondern die tatsächliche und regelmäßige Nutzung der Herrschaftsmöglichkeit erforderlich.196 Doch vermutet § 18 Abs. 1 S. 3 AktG bei Bejahung der Abhängigkeit nach § 17 AktG gerade das Vorliegen eines Konzerns, ohne dass es einer positiven Feststellung der tatsächlichen Einflussnahme bedürfte. Diese Vermutung kann folglich nicht für die Begründung der organisatorischen Eingliederung ausreichen, da sie letztlich nur auf die Abhängigkeit im Sinne des § 17 AktG verweist. Umgekehrt ist allerdings möglich, bei Bejahung der organisatorischen Eingliederung auf die Zusammenfassung der Unternehmen unter einheitlicher Leitung zu schließen. VI. Umsatzsteuerliche Organschaft bei Holdingstrukturen Eine Holdinggesellschaft erfüllt den Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wenn sie nicht nur Anteile an anderen Gesellschaften hält.197 Sie muss also in die Verwaltung der Tochtergesellschaften eingreifen, um als Unter-

193 So bereits RG V 128/40, RGZ 167, 40 (49); BGH II ZR 123/76, BGHZ 69, 334 (347) = NJW 1978, 104; BGH II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 (165 ff.) = NJW 1984, 1351; siehe dazu auch BeckOGK AktG/Schall AktG § 17 Rn. 9; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 17 Rn. 8 aE; Grigoleit/Grigoleit AktG § 17 Rn. 5; GroßkommAktG/Windbichler AktG § 17 Rn. 19; Hölters/Weber/Krebs AktG § 17 Rn. 3; Koch AktG § 17 Rn. 4, 6; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 17 Rn. 17; MüKoAktG/Bayer AktG § 17 Rn. 11; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 17 Rn. 5; Wachter/Franz AktG § 17 Rn. 2. 194 Beck MwStR 2014, 359 (360); Hölzle DStR 2006, 1210 (1213); aA zur Parallelfrage der organisatorischen Eingliederung im Gewerbesteuerrecht nach alter Rechtslage Crezelius FS Kropff 1997, 37 (50); zust. FG Berlin 6 K 6294/93, EFG 1999, 82 (83 f.). 195 Beck MwStR 2014, 359 (361); Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1319; aA FG Berlin 6 K 6294/93, EFG 1999, 82 (83 f.); Crezelius FS Kropff 1997, 37 (50); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 896; Streck/Binnewies DB 2001, 1578 (1581). 196 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 31; BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 17; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 13; Henssler/Strohn/Keßler AktG § 18 Rn. 3; Koch AktG § 18 Rn. 12. 197 BFH V R 16/03, BFHE 208, 461 (469) = UR 2005, 340; EuGH C-465/03, UR 2005, 382 Rn. 19; EuGH C-142/99, UR 2000, 530 Rn. 17; EuGH C-60/90, EuZW 1992, 702 Rn. 13; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 129; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 332; siehe zur Unternehmereigenschaft von Holdinggesellschaften auch Berger Der Begriff des Unternehmens, S. 74 ff.

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nehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts zu gelten.198 Es zeigt sich also auch beim Unternehmerbegriff, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen strenger sind als die aktienrechtlichen: Nach dem Aktienrecht kann eine Holding Unternehmer im Sinne des § 15 AktG sein, wenn sie mehrere Beteiligungen hält oder sonst eine anderweitige Interessenbindung hat.199 Damit zeigt sich erneut, dass zwar nicht von dem aktienrechtlichen Unternehmerbegriff auf das Vorliegen der Organschaftsmerkmale geschlossen werden kann, allerdings umgekehrt ein Unternehmer im Sinne des Aktienrechts vorliegt, wenn die Unternehmereigenschaft nach dem Umsatzsteuerrecht bejaht wurde. VII. Ergebnis Damit steht fest, dass bei Vorliegen eines Konzerns – sei es ein faktischer oder ein vertraglicher Konzern – nicht automatisch von einer umsatzsteuerlichen Organschaft ausgegangen werden kann. Umgekehrt liegt in den hier interessierenden Fällen, in denen die Organschaft mit einer Aktiengesellschaft als Organgesellschaft zustande kommt, immer jedenfalls ein faktischer Konzern vor, sobald die umsatzsteuerliche Organschaft bejaht werden kann. Dies ergibt sich daraus, dass die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Mehrheitsbeteiligung immer die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG erfüllt, von der wiederum auf das Vorliegen eines Konzerns geschlossen werden kann, § 18 Abs. 1 S. 3 AktG. Soweit die organisatorische Eingliederung auf einen Beherrschungsvertrag gestützt wird, liegt ein Vertragskonzern vor, § 18 Abs. 1 S. 2 AktG. C. Konzern und körperschaftsteuerliche Organschaft I. Rückschlüsse vom Vorliegen eines Konzerns auf die körperschaftsteuerliche Organschaft Wie auch bei der umsatzsteuerlichen Organschaft kann bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft nicht von den Voraussetzungen des Aktiengesetzes auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 14 KStG geschlossen werden. Die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG begründet zwar die faktische Konzernierung (§ 18 Abs. 1 S. 3 AktG), nicht aber die finanzielle Eingliederung, da für Letztere eine rechtliche Einflussnahmemöglichkeit tatsächlich vorliegen muss. Liegt ein Vertragskonzern vor, kann ebenfalls nicht auf die finanzielle Eingliederung geschlossen werden. Dem faktischen Konzern mangelt es hingegen oftmals am Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages. 198

EuGH C-102/00, UR 2001, 533 Rn. 15; EuGH C-142/99, UR 2000, 530 Rn. 18; Feldgen BB 2013, 2967 (2968); Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 333. 199 MüKoAktG/Bayer AktG § 15 Rn. 83.

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Kapitel 2: Verhältnis von Konzern und Organschaft

II. Rückschlüsse vom Vorliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf den Konzern Umgekehrt kann aber von der Erfüllung der Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft auf das Vorliegen eines Konzerns geschlossen werden: Soweit der für die körperschaftsteuerliche Organschaft erforderliche Gewinnabführungsvertrag mit einem Beherrschungsvertrag kombiniert ist, liegt immer ein Vertragskonzern vor. Ein isolierter Gewinnabführungsvertrag reicht hingegen nicht aus, um den Tatbestand des § 18 Abs. 1 S. 2 AktG zu erfüllen. Soweit die finanzielle Eingliederung bejaht werden kann, liegt aber stets ein faktischer Konzern vor, § 18 Abs. 1 S. 3 AktG. D. Konzern und gewerbesteuerliche Organschaft Die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft und der körperschaftsteuerlichen Organschaft stimmen überein, sodass sich auch bei der Frage nach dem Verhältnis von Konzern und Organschaft keine Unterschiede ergeben. E. Zusammenfassung Im Ergebnis lässt sich also feststellen, dass, soweit die Voraussetzungen der Organschaft vorliegen – unabhängig davon, ob auf die umsatzsteuerliche, körperschaftsteuerliche oder gewerbesteuerliche Organschaft abgestellt wird –, zumindest auch ein faktischer Konzern vorliegt.200 Umgekehrt kann weder von einem bestehenden Vertragskonzern noch von einem bestehenden faktischen Konzern auf die Organschaft geschlossen werden.

200 Vgl. auch Schilling FS Hefermehl 1976, 383 (389): organschaftliche Eingliederung als „höchste Stufe der faktischen Konzernierung“.

Kapitel 3

Der Konzern in der Insolvenz Die zahlreichen Bestrebungen nach einem einheitlichen Konzerninsolvenzrecht1 sind bislang allesamt an den Hürden der Haftungsbegrenzung und Haftungsseparierung sowie der Kapitalerhaltung gescheitert.2 Gleichzeitig häufen sich die Rufe nach einer einheitlichen Behandlung der Konzerngesellschaften im Insolvenzfall, um die bestehenden Verbindungen, insbesondere die Vorteile des Cash-Pooling aufrecht zu erhalten.3

§ 1 Zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns A. Grundsatz Nach § 11 InsO kann ein Rechtssubjekt nur dann Schuldner eines Insolvenzverfahrens sein, wenn ein haftungsrechtlich abgrenzbares Vermögen vorhanden ist.4 Schon den Reichsjustizgesetzen von 1879 lag der Grundsatz „Ein Rechtsträger – ein Vermögen – ein Verfahren“ zugrunde.5 Da der Konzern als bloße Unternehmensverbindung kein eigenes Vermögen bilden kann, ist er nach dem Rechtsträgerprinzip des § 11 InsO nicht als Einheit insolvenzfähig.6 Durch die aufrechterhaltene Trennung der Vermögensmassen soll den Gläu1

Zuletzt Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen, BGBl. 2017 I 866; siehe ferner die Überlegungen von Ehricke ZInsO 2002, 393; Hirte FS K. Schmidt 2009, 641; Humbeck NZI 2013, 957; Paulus ZIP 2005, 1948. 2 KPBJ/Prütting § 11 InsO Rn. 63. 3 KPBJ/Prütting § 11 InsO Rn. 63. 4 Nerlich/Römermann/Mönning/E. Mönning InsO § 11 Rn. 4 f. 5 Dazu Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 1, S. 292; vgl. weiter Ehricke DZWIR 1999, 353 ff.; Flöther/Hoffmann FS Kübler 2015, 147 (148); Jaeger/Ehricke InsO § 11 Rn. 32; Paulus ZIP 2005, 1948 (1950). 6 Ganz hM Bous Konzernleitungsmacht, S. 143; Dirmeier Der Konzern in der Insolvenz, S. 40; Ehricke DZWIR 1999, 353 ff.; Flöther/Hoffmann FS Kübler 2015, 147 (148); Haarmeyer/Wutzke/Förster Handbuch der vorläufigen Insolvenzverwaltung § 14 Rn. 56; Humbeck NZI 2013, 957; Jaeger/Ehricke InsO § 11 Rn. 32; MüKoInsO/Vuia InsO § 11 Rn. 35; Paulus ZIP 2005, 1948 (1950); Prütting FS Metzeler 2003, 3 (5); Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (284); K. Schmidt § 11 InsO Rn. 22; K. Schmidt KTS 2010, 1 (13); Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 394; Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 2 Rn. 17.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

bigern der einzelnen Konzerngesellschaften eine vergleichsweise höhere Quote gewährt werden, sodass eine möglichst weitgehende und gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger erreicht wird.7 Zudem soll eine Umverteilung der Haftungsrisiken im Krisenfall vermieden werden: Der Gläubiger soll weiterhin dem Schuldner gegenüberstehen, den er sich privatautonom ausgesucht hatte.8 B. Der Konzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts? Ohne freilich die Konsequenz auf insolvenzrechtlicher Ebene zu ziehen, ist immer wieder versucht worden, den Konzern als (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu begreifen.9 Dass die Einordnung des Konzerns als Außen-GbR im Widerspruch zu der Verneinung der Insolvenzfähigkeit des Konzerns steht, liegt in Anbetracht des § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO auf der Hand. Dieser stuft die Außen-GbR als insolvenzfähig ein. Eine bloße Innen-GbR ist hingegen mangels eigenen Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig.10 Um diese Widersprüchlichkeit aufzuklären, soll die Einordnung des Konzerns als Gesellschaft bürgerlichen Rechts knapp dargestellt werden. Die Frage nach der rechtlichen Einordnung konzernartiger Verbindungen geht bereits auf die frühen Anfänge des Konzernrechts zurück. In der Weimarer Zeit wurden Unternehmensverbindungen in der Regel durch Interessengemeinschaftsverträge hergestellt, die als BGB-Gesellschaftsverträge eingeordnet wurden.11 Die Interessengemeinschaftsverträge dienten vorrangig der Gewinnpoolung und der Koordination der Geschäftstätigkeit, lassen sich also heute am ehesten mit dem faktischen Unterordnungskonzern und der vertraglich konzernierten Gleichordnung vergleichen.12 Die Beliebtheit der Interessengemeinschaft lag vor allem an der steuerlichen Begünstigung: Der Steuergesetzgeber ging davon aus, die Interessengemeinschaft sei „vom Standpunkt 7 Flöther/Hoffmann FS Kübler 2015, 147 (148); Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 13. 8 Ehricke ZInsO 2002, 393; Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 13; Flöther/Hoffmann FS Kübler 2015, 147 (148). 9 BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 7; Kersting Der Konzern 2011, 445 (449 ff.); zur Einordnung des Cash-Pools als BGB-Innengesellschaft Decker ZGR 2013, 392 (403 ff.). 10 Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 11 Rn. 6. 11 Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 63 m. Fn. 28; Friedländer Die Interessengemeinschaft als Rechtsform der Konzernbildung, S. 27 ff.; Friedländer Konzernrecht, S. 114 ff.; Friedländer Bankarchiv 22 (1922/23), 284; Haußmann Grundlegung des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 147; Nörr ZHR 150 (1986), 155 (176); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 86; Spindler Recht und Konzern, S. 68; Statthalter Interessengemeinschaften, S. 35 ff.; Staub/Pinner 1926 HGB § 306 Anm. 25. 12 Dettling Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 63 m. Fn. 28; Nörr ZHR 150 (1986), 155 (173); Spindler Recht und Konzern, S. 68.

§ 1 Zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns

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des Wirtschaftslebens“ das „Idealgebilde“, weshalb eine Besteuerung vermieden werden sollte.13 Erst mit dem Steuermilderungsgesetz vom 31. März 1926 wurde auch eine steuerliche Erleichterung für die sonstigen Betriebszusammenschlüsse eingeführt.14 Mit dem zunehmenden Aufleben des Konzerns wurde die Abgrenzung von Interessengemeinschaft und Konzern verschwommener,15 bis schließlich die Interessengemeinschaft als Gewinngemeinschaft eingestuft wurde, während alle sonstigen Unternehmensverbindungen Konzerne darstellen sollten.16 I. Außen-GbR Die Annahme, dass die im Konzern verbundenen Gesellschaften eine AußenGbR bilden, geht vollständig fehl.17 Der Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 Abs. 1 BGB erfordert einen Zusammenschluss der Gesellschafter zu einem gemeinsamen Zweck mit entsprechenden Förderungspflichten. Die verbundenen Gesellschaften wollen mit dem Konzern aber keine eigenständige Organisationseinheit bilden – der Konzern tritt nicht selbst im Rechtsverkehr nach außen auf und soll dies nach dem Willen der Beteiligten auch nicht.18 Wollte man den Konzern als Außen-GbR einordnen, liefe das dem gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzip zuwider und hätte weitreichende Haftungsfolgen: Über § 721 BGB wäre nicht nur die Muttergesellschaft dazu verpflichtet, für sämtliche Verbindlichkeiten des Konzerns einzustehen, sondern gleichermaßen die Tochter.19 Auch wenn der Gesetzgeber des MoPeG es

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Arbeitsausschuß des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats, abgedruckt in Verhandlungen des Deutschen Reichstags 369, Drs. 2865, S. 42: „Hinsichtlich der Interessengemeinschaften steht der Ausschuß einmütig auf dem Standpunkt, daß eine Besteuerung unbedingt zu vermeiden sei. Die Interessengemeinschaften sind für die Förderung des Wirtschaftslebens von großer Bedeutung.“. 14 Gesetz über Steuermilderungen zur Erleichterung der Wirtschaftslage, RGBl. 1926 I 186. 15 Vgl. die Unterscheidung bei Fikentscher Die Interessengemeinschaft, in nicht konzernierte und konzernierte Interessengemeinschaften. 16 Bauer Das Organschaftsverhältnis im Steuerrecht als Problem der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, S. 21 f.; Graf Organschaft und Organgesellschaft, S. 77 f.; Langen Probleme der Interessengemeinschaft, S. 15 f.; Marquardt Die Interessengemeinschaften, S. 7 ff.; Spindler Recht und Konzern, S. 69. 17 So aber zumindest für das Wettbewerbsrecht Kersting Der Konzern 2011, 445 (450); Kersting WuW 2014, 1156 (1170 ff.). 18 Koch AktG § 76 Rn. 22. 19 Koch AktG § 18 Rn. 7; Schürnbrand ZHR 181 (2017), 357 (361); aA mit Beschränkung auf die wettbewerbsrechtliche Haftung Kersting Der Konzern 2011, 445 (449 ff.); Kersting WuW 2014, 1156 (1170 ff.).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

für eine gelungene Formulierung hielt,20 kommt es für die Frage, ob eine Außen-GbR vorliegt, letztlich nicht auf den Willen der Gesellschafter an. Denn die Unterscheidung zwischen Außen- und Innen-GbR richtet sich nach der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft und diese wird durch das Vorliegen von Vermögen bestimmt.21 Eigenes Konzernvermögen soll aber gerade nicht gebildet werden, weshalb es dabei bleibt, dass der Konzern nicht als AußenGbR einzuordnen ist. Ein gegenteiliges Ergebnis könnte nur durch Beseitigung des gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzips ermöglicht werden. Eine solche Entscheidung ist allerdings dem Gesetzgeber vorbehalten und würde darüber hinaus der Privatautonomie zuwiderlaufen. Die dahingehenden Tendenzen im Kartellrecht22 sind daher überaus bedenklich. Es ist nicht möglich, sich über das bestehende Recht unter Hinweis auf die „wirtschaftliche Einheit“ der konzernverbundenen Unternehmen hinwegzusetzen. Zudem kann auch im Kartellrecht nicht pauschal behauptet werden, dass der Konzern als Einheit am Markt auftrete, Vorteile von Kartellverstößen als Einheit erlange und daher auch als Einheit die entsprechenden Kartellbußen zu tragen habe. II. Innen-GbR Denkbar ist aber, zumindest für einzelne Erscheinungsformen des Konzerns eine Innen-GbR anzunehmen.23 1. Unterordnungskonzern a) Vertragskonzern Befürworter der Einordnung des Unterordnungs-Vertragskonzerns als GbR sehen die Förderungspflicht der herrschenden Gesellschaft in der Leistung von Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre.24 Den gemeinsamen Zweck soll das Konzerninteresse bilden.25 Dem ist nicht zuzustimmen: Der gemeinsame Zweck im Sinne des § 705 Abs. 1 BGB kann schon deshalb nicht in der Verfolgung eines Konzerninteresses liegen, weil dies keinen gemeinsamen Zweck von Mutter und Tochter 20

vgl. § 705 Abs. 2 BGB: „Die Gesellschaft kann […] Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll.“ 21 Ausführlich zu dieser Frage Altmeppen NZG 2020, 822. 22 Siehe nur EuGH C-231/11 P bis C-233/11 P, C-231/11 P, C-232/11 P, C-233/11 P, EuZW 2014, 713 Rn. 47; EuGH C-516/15 P, WuW 2017, 326 Rn. 52; ausführlich zur kartellrechtlichen Haftung von Konzernen Thomas AG 2017, 637. 23 So allgemein für alle Formen des Konzerns Harms Konzerne im Recht der Haftungsbeschränkungen, S. 147 ff. 24 Harms Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 156 m. Fn. 80. 25 BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 7.

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darstellt.26 Die Mutter kann selbst ohne Rücksicht auf das Konzerninteresse wirtschaften; das Konzerninteresse stellt über § 308 Abs. 1 S. 2 AktG lediglich eine Schranke für ihr Weisungsrecht dar. Ebenso kann die Tochter grundsätzlich frei wirtschaften, da auch für sie das Konzerninteresse nur dann von Relevanz ist, wenn die Mutter von ihrem Weisungsrecht Gebrauch macht. Während das Weisungsrecht ein typischer Bestandteil von Geschäftsbesorgungsverträgen ist, spielt es für die BGB-Gesellschaft keine Rolle.27 Damit bildet das Konzerninteresse nicht den gemeinsamen Zweck im vertraglichen Unterordnungskonzern. Vielmehr wird infolge des Weisungsrechts die Zweckrichtung des Konzerns durch das herrschende Unternehmen einseitig diktiert.28 Die Förderpflicht der abhängigen Gesellschaft ließe sich daher auch nur mit Mühe begründen. Ebenso kann nicht angenommen werden, dass ein vertraglicher Zusammenschluss zu einer Innengesellschaft von den beteiligten Gesellschaften gewollt ist. Denn dann würde man unterstellen, dass der Wille der beteiligten Gesellschaften sowohl auf den Abschluss eines Unternehmensvertrags im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG gerichtet ist als auch auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags im Sinne des § 705 Abs. 1 BGB. Dafür besteht weder eine Notwendigkeit noch ist diese zweifache Verwertung eines einheitlichen Willens mit den Grundprinzipien der Privatautonomie zu vereinbaren.29 Daneben widerspricht die Weisungsgebundenheit der Tochtergesellschaft dem Grundgedanken der §§ 705 ff. BGB, die auf eine generelle Gleichberechtigung der beteiligten Gesellschafter ausgerichtet sind.30 Im Ergebnis ist der vertragliche Unterordnungskonzern keine Innengesellschaft im Sinne des § 705 BGB. 26

Koch AktG § 76 Rn. 22; MüKoBGB/Schäfer BGB Vor § 705 Rn. 67; aA Kersting Der Konzern 2011, 445 (449 ff.). 27 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 324; Schürnbrand ZHR 181 (2017), 357 (361). 28 OLG Frankfurt 9 U 80/84, AG 1988, 267 (269); Dierdorf Herrschaft und Abhängigkeit, S. 75 f.; KölnKomm AktG/Koppensteiner § 18 Rn. 10; Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 22, 181 f.; Paehler Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns, S. 11 f.; Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 24; Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 78; Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 225. 29 Koch AktG § 18 Rn. 7. 30 Beck MwStR 2014, 359 (363); BeckOK BGB/Schöne BGB § 705 Rn. 108 ff.; Jauernig/Stürner BGB § 705 Rn. 2 ff.; MüKoBGB/Schäfer BGB § 705 Rn. 251 ff.; Lutter ZGR 1987, 324 (334 f.); Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 24; Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 78; Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 225; iErg auch Hamburger GS Seckel 1927, 261 (270), der wegen der gleichgeordneten wirtschaftlichen Verbindung zwischen Kaufleuten auf eine BGBGesellschaft im Gleichordnungskonzern schließt; aA BeckOGK AktG/Schall AktG § 15 Rn. 7.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

b) Faktischer Konzern Für den faktischen Konzern wird vielfach das Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen des § 705 BGB bejaht.31 Die teilweise vertretene Ablehnung32 der Einordnung des faktischen Konzerns als GbR geht auf ein Missverständnis der Begrifflichkeit des „Unterordnungs-“Konzerns zurück: Die faktische Konzernierung ändert mangels Weisungsrechts des herrschenden Unternehmens gerade nichts daran, dass sich die beiden Gesellschaften rechtlich gleichberechtigt gegenüberstehen. Es findet also keine Unterordnung der einen Gesellschaft unter die andere statt, weshalb die Einordnung des faktischen Konzerns nicht dem Grundsatz der Gleichberechtigung in der GbR widerspricht.33 Ebenso bedarf es beim faktischen Konzern eines Zusammenschlusses der (gleichberechtigten) Gesellschaften zur abgestimmten Geschäftsleitung, worin ein konkludenter Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zu erkennen ist.34 Der gemeinsame Zweck liegt in der Koordinierung der Unternehmensführung zur Förderung der Gewinnerzielung der einzelnen Gesellschaften.35 Die Förderungspflicht der abhängigen Gesellschaft besteht darin, die Leitung des herrschenden Unternehmens, die es konkludent anerkannt hat, zu befolgen.36 Im Gegensatz zum Vertragskonzern ist sie hierzu 31 Koch/Harnos in Eisele/Koch/Theile Sanktionsdurchgriff, 171 (181); aA Hommelhoff Konzernleitungspflicht, S. 125 m. Fn. 62; Jaschinski Die Haftung von Schwestergesellschaften, S. 71 ff.; K. Schmidt GesR § 31 IV 2. b m. Fn. 100. 32 Werner Der aktienrechtliche Abhängigkeitstatbestand, S. 67. 33 Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 56 f.; Harms Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 147, 156; Kersting Der Konzern 2011, 445 (450); Koch/Harnos in Eisele/Koch/Theile Sanktionsdurchgriff, 171 (181); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 319, 397; Wilhelm DB 1986, 2113; Wilhelm KapGesR Rn. 1325; Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 221 ff.; aA Hommelhoff Konzernleitungspflicht, S. 125 m. Fn. 62; Jaschinski Die Haftung von Schwestergesellschaften, S. 71 ff.; KölnKomm AktG/Koppensteiner § 18 Rn. 10; Paehler Die Zulässigkeit des faktischen Konzerns, S. 11 f.; Reuter ZHR 146 (1982), 1 (10); K. Schmidt GesR § 31 IV 2. B m. Fn. 100; Werner Der aktienrechtliche Abhängigkeitstatbestand, S. 66 f. 34 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 397; Wilhelm KapGesR Rn. 1325; kritisiert wurde die Annahme eines Vertragsschlusses damit, dass es fehlgehe, eine in der Sache faktische Machtlage als konkludente Willenserklärung anzusehen: Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 22. Dabei wird jedoch verkannt, dass es trotz der faktischen Machtlage zusätzlich der einheitlichen Leitung bedarf, die einem Willensakt zugänglich ist. 35 Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 224. 36 Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 227; an dieser Auslegung lässt sich freilich kritisieren, dass eine Pflicht, die Leitungsmaßnahmen eines anderen Unternehmens zu befolgen, sich nicht mit der Autonomie beider Gesellschaften im faktischen Konzern vereinbaren lässt, so Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 23. Diese Argumentation verkennt aber, dass insbesondere das Be-

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aber nicht aufgrund eines etwaigen Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens verpflichtet. Das herrschende Unternehmen hingegen hat die Förderungspflicht, die einheitliche Leitung sorgfältig vorzunehmen.37 Da der faktische Konzern durch die konkludente Unterstellung der Gesellschaften unter die einheitliche Leitung zustande kommt, besteht auch keine Diskrepanz aufgrund einer mehrfachen Verwertung ein und desselben Willens, wie dies im Rahmen des Vertragskonzerns dargelegt wurde. Aufgrund der weiterhin bestehenden Selbstständigkeit beider Gesellschaften im Außenverhältnis bilden sie eine reine Innengesellschaft.38 2. Gleichordnungskonzern a) Vertraglicher Gleichordnungskonzern § 291 Abs. 2 AktG grenzt den Vertrag über die bloße einheitliche Leitung vom Beherrschungsvertrag ab und stellt damit klar, dass die vertragliche Regelung eines Gleichordnungskonzerns keinen Unternehmensvertrag im Sinne des Aktiengesetzes darstellt.39 Der Vertrag erfährt also keine spezialgesetzliche Regelung im Aktienrecht, sondern kann vielmehr als Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 Abs. 1 BGB eingeordnet werden.40 Der Zweck ist schon deshalb „gemeinsam“, weil im Gleichordnungskonzern gar nicht die

nachteiligungsverbot zeigt, dass es gerade nicht um Leitungsmaßnahmen des herrschenden Unternehmens, sondern um die einheitliche Leitung geht. Insofern besteht kein Widerspruch zur Autonomie der abhängigen Gesellschaft. 37 Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 227. 38 Koch/Harnos in Eisele/Koch/Theile Sanktionsdurchgriff, S. 171 (186); Wilhelm Rechtsform und Haftung bei der juristischen Person, S. 224. 39 Gromann Gleichordnungskonzerne, S. 33 ff.; Hommelhoff Konzernleitungspflicht, S. 189; Koch AktG § 291 Rn. 34; KölnKomm AktG/Koppensteiner § 291 Rn. 104; MHdB AG/Krieger § 69 Rn. 86; Milde Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 229 f.; Veil Unternehmensverträge, S. 276; anders beurteilt sich dies freilich, wenn eine Abrede über eine Gewinngemeinschaft in dem Vertrag enthalten ist, dazu MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 215; tendenziell aA Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 35; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 291 Rn. 210; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, S. 151 ff. 40 BeckOGK AktG/Schall AktG § 18 Rn. 33; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 29, § 291 Rn. 102; Grigoleit/Grigoleit AktG § 18 Rn. 23; Gromann Gleichordnungskonzerne, S. 29; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 291 Rn. 112; Harms Konzerne im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, S. 147 ff.; Jacob Die Behandlung von Gleichordnungskonzernen, S. 29; Koch AktG § 18 Rn. 20, § 291 Rn. 34; KölnKomm AktG/Koppensteiner § 18 Rn. 10; § 291 Rn. 98; Milde Der Gleichordnungskonzern im Gesellschaftsrecht, S. 111; MüKoAktG/Bayer AktG § 18 Rn. 52; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 215; MüKoBGB/Schäfer BGB Vor § 705 Rn. 67; K. Schmidt GesR § 31 II 3 c bb; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 18 Rn. 24; Timm/Messing FS Hommelhoff 2012, 1237 (1241 f.); Wilhelm KapGesR Rn. 1299 m. Fn. 2180.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

Möglichkeit für eines der Unternehmen besteht, einseitig die Konzerninteressen zu definieren.41 Er besteht darin, durch die vereinheitlichte Leitung höhere Gewinne zu erzielen. Die Förderungspflicht besteht jeweils in der Durchsetzung der einheitlichen Leitung im eigenen Unternehmen.42 Die unter der einheitlichen Leitung zusammengefasste Interessengemeinschaft ist mangels eigenständigen Auftretens des Konzerns im Rechtsverkehr eine reine Innengesellschaft.43 b) Faktischer Gleichordnungskonzern Ein faktischer Gleichordnungskonzern wird im Regelfall nur dann zustande kommen, wenn ein gemeinsamer Mehrheitsgesellschafter die Koordination und einheitliche Leitung durch personelle Verflechtung zwischen den Geschäftsführungsorganen herstellt, ohne die Unternehmen selbst zu leiten.44 Die Grenzen zum vertraglichen Gleichordnungskonzern sind aufgrund des oftmals konkludent erfolgenden Vertragsschlusses fließend.45 III. Ergebnis zur Insolvenzfähigkeit des Konzerns Im Ergebnis können sowohl der faktische Unterordnungskonzern als auch der vertragliche Gleichordnungskonzern als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingeordnet werden. Da aber jeweils bloß eine Innen-GbR besteht, bleibt es dabei, dass der Konzern nicht insolvenzfähig ist. Die Annahme einer Außengesellschaft kann hingegen nicht überzeugen: Abgesehen von der Tatsache, dass der Konzern nicht als Zuordnungssubjekt des Vermögens dienen soll und damit schon aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive keine Außen-GbR anzunehmen ist, wäre es absurd, die Insolvenzfähigkeit des Konzerns einhellig abzulehnen, ihn aber gleichzeitig zur BGB-Außengesellschaft zu erklären.46 Dass diese Überlegungen überhaupt angestellt werden, ohne das Insolvenzrecht miteinzubeziehen, zeigt einmal mehr das Erfordernis einer rechtsgebietsübergreifenden Betrachtung.

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Werner Der aktienrechtliche Abhängigkeitstatbestand, S. 65 f. Gromann Gleichordnungskonzerne, S. 29; Jacob Die Behandlung von Gleichordnungskonzernen, S. 35. 43 Gromann Gleichordnungskonzerne, S. 29; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 29; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 215 m. Fn. 385; MüKoBGB/Schäfer BGB Vor § 705 Rn. 67; K. Schmidt GesR § 31 II 3 c bb. 44 Grigoleit/Grigoleit AktG § 18 Rn. 24; Koch AktG § 18 Rn. 21; MHdB AG/Krieger § 69 Rn. 83. 45 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 18 Rn. 30; Jacob Die Behandlung von Gleichordnungskonzernen, S. 32 ff. 46 Im Ergebnis ebenso Koch AktG § 76 Rn. 22; Schürnbrand ZHR 181 (2017), 357 (361). 42

§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern

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§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet die Frage, welche Auswirkungen die Insolvenz auf den Fortbestand des Konzerns und der Organschaft hat. Hierbei ist zunächst die Darstellung der konzernrechtlichen Konsequenzen erforderlich, da deren Behandlung ihre Parallele in der steuerrechtlichen Frage finden wird. Die Frage nach den Folgen der Insolvenz einer der beteiligten Gesellschaften stellt sich nicht erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern spätestens mit Verletzung der Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO. Dass die Insolvenzreife schon vor diesem Zeitpunkt Auswirkungen auf die sich aus der konzernrechtlichen Verbindung ergebenden Rechte und Pflichten haben kann, wird hier nicht bestritten. Vor Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird in der Regel eine Einzelfallbetrachtung erforderlich sein, um feststellen zu können, ob der Konzern noch weiter betrieben werden darf. Deshalb ist im Folgenden stets der Zeitpunkt gemeint, in dem die Insolvenzantragspflicht bereits verletzt ist, wenn von Insolvenzreife die Rede ist. A. Vertragskonzern Die Insolvenz der Muttergesellschaft spielt im Vertragskonzern eine deutlich wichtigere Rolle als die Insolvenz der Tochtergesellschaft. Letztere kann nicht eintreten, solange die Muttergesellschaft nicht selbst in die Insolvenz geraten ist.47 I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten Ein Insolvenzverfahren kann nur eröffnet werden, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt, § 16 InsO. Als Insolvenzgründe kommen für juristische Personen die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO, die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO sowie die Überschuldung nach § 19 InsO in Betracht. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, § 17 Abs. 2 InsO. Die drohende Zahlungsunfähigkeit setzt voraus, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, § 18 Abs. 2 InsO. Die drohende Zahlungsunfähigkeit stellt nur einen Insolvenzgrund dar, wenn der Schuldner selbst den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt, § 18 Abs. 1 InsO. Die Überschuldung ist gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, § 19 Abs. 2 S. 1 InsO. Liegt bei einer Aktiengesellschaft der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit oder der Über47

Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 3 A.

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schuldung vor, ist von den Vorstandsmitgliedern grundsätzlich ohne schuldhaftes Zögern ein Insolvenzantrag zu stellen, § 15a Abs. 1 InsO. 1. These Der Vertragskonzern darf ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO durch die Mutter nicht mehr betrieben werden. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der einzelnen Rechte und Pflichten im Vertragskonzern sowie aus den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO. Es wird sich zeigen, dass bei Insolvenzreife mangels Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs aus § 302 AktG alle Rechte und Pflichten aus dem Konzernverhältnis automatisch suspendiert sind. Insbesondere darf das Weisungsrecht nicht mehr ausgeübt werden. Ferner stellt jede unternehmerische Tätigkeit der Mutter ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht eine verbotene Zahlung im Sinne des § 15b Abs. 1 InsO dar. Um einen Verstoß gegen dieses Verbot zu vermeiden, muss auch die den Massesicherungspflichten zugrundeliegende Wertung zu einer automatischen Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag führen. Darüber hinaus ist die abhängige Gesellschaft berechtigt, den Unternehmensvertrag nach § 297 Abs. 1 AktG zu kündigen. Für das herrschende Unternehmen besteht hingegen kein außerordentliches Kündigungsrecht. 2. Meinungsstand Der Großteil der Literatur spricht der Tochtergesellschaft (und teilweise auch der Muttergesellschaft) im Fall der Insolvenzreife der Mutter nur ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG zu. Die automatische Suspendierung des Weisungsrechts der Mutter bei fehlender Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs findet in der Diskussion teilweise Berücksichtigung, wohingegen die übrigen Rechte und Pflichten meist unerwähnt bleiben. a) Kündigungsrecht der Tochter § 297 Abs. 1 S. 2 AktG räumt dem einen Vertragsteil ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund ein, wenn der andere Vertragsteil seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag voraussichtlich nicht mehr nachkommen kann. Kommt die Muttergesellschaft in finanzielle Bedrängnis, ist sie voraussichtlich nicht mehr in der Lage, ihrer Verlustausgleichspflicht aus § 302 AktG nachzukommen. Deshalb nimmt die überwiegende Ansicht an, dass die Tochter bei

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Insolvenzreife der Mutter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sei.48 Es soll dabei in der Verantwortung des Geschäftsleiters der beherrschten Gesellschaft liegen, ständig die Voraussetzungen für die außerordentliche Kündigung zu prüfen.49 Eine andere Ansicht verlangt von der herrschenden Gesellschaft, die abhängige Gesellschaft über ihre finanzielle Lage aufzuklären.50 Teilweise wird sogar eine Verpflichtung des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft zur Kündigung des Unternehmensvertrags erörtert.51 b) Kündigungsrecht der Mutter Dem Wortlaut des § 297 Abs. 1 AktG entsprechend soll das herrschende Unternehmen kein außerordentliches Kündigungsrecht haben. Dies wird damit begründet, dass die finanzielle Bedrängnis in der Risikosphäre des herrschenden Unternehmens liege. Bereits aus allgemeinen Grundsätzen des Privatrechts folge zwingend, dass sich ein Schuldner nicht wegen seines eigenen Unvermögens entlasten könne.52 Eine Ausnahme wird teilweise angenommen, wenn das herrschende Unternehmen durch seine vertraglichen Verpflichtungen unmittelbar in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre, sofern es diesen Zustand nicht allein zu vertreten hat, etwa weil er auf einer 48 BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 11; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 22; Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); Habetha ZIP 2017, 652 (653); KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 308 Rn. 54; Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (239); MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 140; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687 f.); K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37; Schwerdtfeger/Stollwerck/Schulze Steinen AktG Anhang 2 Rn. 94; zur Parallelfrage bei der GmbH HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 48; Rowedder/Pentz/Pentz GmbHG § 30 Rn. 62. 49 Bormann/Urlichs GmbHR-Sonderheft 2008, 37 (47); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21a; Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); Schwerdtfeger/Stollwerck/Schulze Steinen AktG Anhang 2 Rn. 113; zur Parallelfrage bei der GmbH HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 49; MHLS/Heidinger GmbHG § 30 Rn. 214; aA Habetha ZIP 2017, 652 (654). 50 Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687); deutlich zurückhaltender Pöschke ZGR 2015, 550 (566 ff.), der die Informationspflicht nur insoweit anerkennt, wie der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft zur Prüfung der Vereinbarkeit der Weisung mit dem Konzerninteresse befugt ist. 51 MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 140; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 49; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37; aA MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 1046. 52 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 22; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 27; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 35; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 297 Rn. 5, der in seltenen, nicht näher bezeichneten Ausnahmefällen die nachteilige Veränderung der Vermögenslage der Mutter über § 313 BGB berücksichtigen möchte.

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wirtschaftlichen Entwicklung oder auf höherer Gewalt beruht.53 Das soll sich aus dem in der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anerkannten Grundsatz ergeben, dass die ausdrückliche Risikoübernahme vor dem Einwand der Existenzvernichtung zurückzutreten habe.54 Andere nehmen trotz des eindeutigen Wortlauts des § 297 Abs. 1 S. 2 AktG stets ein Kündigungsrecht der vermögenslosen Mutter an, da diese generell nicht gezwungen werden dürfe, bis zum eigenen Untergang ihre Pflichten zu erfüllen.55 c) Zur Frage des Weisungsrechts der Mutter Unabhängig von der Frage, wie sich die Vertragsparteien von einem Unternehmensvertrag lösen können, ist nach wie vor ungeklärt, was bei Insolvenzreife der Muttergesellschaft mit den Rechten und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag geschieht. Insbesondere das Weisungsrecht aus § 308 AktG ist zentraler Gegenstand der Diskussion. Das Weisungsrecht entscheidet maßgeblich darüber, ob der Konzern noch weiter betrieben werden kann: Es ist im Vertragskonzern das Mittel zur Durchsetzung der einheitlichen Leitung der verbundenen Unternehmen.56 Nimmt man also an, dass das Weisungsrecht der Muttergesellschaft von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs des § 302 AktG abhängt, könnte die Muttergesellschaft dieses im Insolvenzfall nicht mehr ausüben, da der Verlustausgleichsanspruch dann einem Ausfallrisiko unterliegt und damit nicht mehr uneingeschränkt durchsetzbar ist. aa) Zur Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs § 302 AktG wird vielfach im Zusammenhang mit den Kapitalerhaltungsregeln der §§ 57 ff. AktG diskutiert. Die Kapitalerhaltung stellt neben der Kapitalaufbringung das wichtigste Grundprinzip des Kapitalgesellschaftsrechts dar. Beide Prinzipien kompensieren die beschränkte Haftung der Kapitalgesellschaft. Zentrale Norm der Kapitalerhaltung ist das Verbot der Einlagen53 GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 24, 27; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 22. 54 So bereits unter Geltung der Konkursordnung Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 168; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (303). 55 Koch AktG § 297 Rn. 5; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 18; Krieger/Janott DStR 1995, 1473 (1475); Krieger in U. H. Schneider Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 99 (107); Wilken/Ziems FS Metzeler 2003, 153 (156 f.); So bereits unter Geltung der Konkursordnung Hengeler/HoffmannBecking FS Hefermehl 1976, 283 (303); Sonnenschein Organschaft und Konzerngesellschaft, S. 404. 56 Emmerich/Habersack KonzernR § 23 Rn. 7; GroßkommAktG/Hirte AktG § 308 Rn. 5; Koch AktG § 308 Rn. 1; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 308 Rn. 2.

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rückgewähr in § 57 AktG, welches durch die §§ 59, 62, 66 Abs. 2, 71 ff. AktG ergänzt wird.57 Bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags sind die Kapitalbindungsregeln nach §§ 291 Abs. 3, 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG aufgehoben (sog. Konzernprivileg58). Diese Aufhebung der Kapitalbindungsregeln soll eine umfassende Einflussnahme in Form des Weisungsrechts garantieren, welches gerade auch nachteilige Weisungen seitens des herrschenden Unternehmens zulässt, die ohne die Regelung des § 291 Abs. 3 AktG eigentlich gegen die Kapitalbindungsregeln verstoßen würden. Der Zusammenhang zwischen Verlustausgleichspflicht und Kapitalbindungsregeln ist seit jeher umstritten. Weit verbreitet ist die Ansicht, das herrschende Unternehmen müsse nicht stets die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs aus § 302 AktG garantieren, damit die Kapitalbindungsregeln außer Kraft gesetzt bleiben und das Weisungsrecht des § 308 AktG weiter ausgeübt werden darf.59 Das wird aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG abgeleitet, der die Vollwertigkeit des Rückgewähr- oder Gegenleistungsanspruchs nur ausdrücklich verlangt, wenn kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht. Als Begründung wird angeführt, dass der Gesetzgeber, hätte er die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für erforderlich gehalten, dies in der Norm hervorgehoben hätte.60 Würde man die Vollwertigkeit auch bei bestehendem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag verlangen, bliebe für die Alt. 1 kein eigener Anwendungsbereich mehr.61 Ferner schließe § 291 Abs. 3 AktG die Anwendung des gesamten § 57 AktG aus, sodass auch die Anforderungen an die Vollwertigkeit des Rückgewähr- oder Gegenleistungsanspruchs nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG nicht mehr zu berücksichtigen

57 BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 2; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 57 Rn. 1; Koch AktG § 57 Rn. 1; MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 1. 58 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 291 Rn. 146; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 103; Emmerich/Habersack KonzernR § 11 Rn. 35; Henssler/Strohn/Paschos AktG § 291 Rn. 23. 59 BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; Bultmann ZInsO 2007, 785 (791); Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 57 Rn. 4; HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 48; MHdB AG/Kraft/Rieckers § 16 Rn. 76; MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 137; MüKoGmbHG/Ekkenga GmbHG § 30 Rn. 278; Rowedder/Pentz/Pentz GmbHG § 30 Rn. 62; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37; Schmolke GmbHG § 30 Rn. 171; Schwerdtfeger/Mildner/Paschke/Politis AktG § 57 Rn. 22. 60 Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 48; MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 137; MüKoGmbHG/Ekkenga GmbHG § 30 Rn. 278; Rowedder/Pentz/Pentz GmbHG § 30 Rn. 62; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37. 61 MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 135; MüKoGmbHG/Ekkenga GmbHG § 30 Rn. 278; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37.

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seien, wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag vorliege.62 Weiter wird argumentiert, der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern erkannt und hingenommen.63 Teilweise wird auf die Insolvenzverursachungshaftung (§ 92 Abs. 2 S. 3 AktG a.F., jetzt § 15b Abs. 5 InsO) verwiesen, die angeblich einen ausreichenden Schutz biete, sodass es für die Suspendierung der Kapitalbindungsvorschriften im Rahmen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages nicht auf die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ankommen könne.64 Zuletzt bringe es eine erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich, wenn das Weisungsrecht von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängig gemacht würde, weil dann der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft ständig die Solvenz des anderen Vertragsteils prüfen müsste und trotz bestehender Weisung deren Befolgung verweigern könnte.65 Der Gesetzgeber des MoMiG66 habe aber den Leistungsaustausch im Konzern gerade erleichtern wollen, weshalb von einem Vollwertigkeitserfordernis abzusehen sei.67 Die überwiegende Ansicht in der Literatur sieht hingegen die Vollwertigkeit des Verlustausgleichanspruchs als zwingende Voraussetzung für die Regelungen des Vertragskonzerns – insbesondere § 291 Abs. 3 AktG und das Weisungsrecht des § 308 AktG – an.68 Als Begründung wird angeführt, der Wortlaut des § 57 Abs. 1 S. 3 AktG könne die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs schon nicht explizit voraussetzen, weil dort gar nicht vom 62

BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 137; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37; Schwerdtfeger/Mildner/Paschke/Politis AktG § 57 Rn. 22. 63 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 308 Rn. 50. 64 So Cahn Der Konzern 2009, 7 (16 f.); deutlich zurückhaltender Schmolke GmbHG § 30 Rn. 171. 65 So BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; Henssler/Strohn/Fleischer GmbHG § 30 Rn. 8; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 48; MüKoGmbHG/Ekkenga GmbHG § 30 Rn. 278. Dass dies freilich ein Zirkelschluss ist, wird sich gleich noch zeigen → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) gg). 66 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, BGBl. 2008 I 2026. 67 K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37. 68 Altmeppen GmbHG § 30 Rn. 94; Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (6 ff.); Altmeppen NZG 2010, 361 (364); Altmeppen ZIP 2009, 49 (55 f.); BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 308 Rn. 36; Blasche/König GmbHR 2009, 897 (902); Bormann/Urlichs GmbHRSonderheft 2008, 37 (47 f.); Koch AktG § 57 Rn. 39; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 41; Mülbert/Leuschner NZG 2009, 281 (287); NSH/Servatius GmbHG § 30 Rn. 45; Pöschke ZGR 2015, 550 (564 ff.); Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687 f.); SchluckAmend FS Marsch-Barner 2018, 491 (492); K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 291 Rn. 71; Scholz/Verse GmbHG § 30 Rn. 75; Wand/Tillmann/Heckenthaler AG 2009, 148 (154); wohl auch KölnKomm AktG/Drygala AktG § 57 Rn. 100.

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Verlustausgleichsanspruch die Rede sei. Der vollwertige Verlustausgleichsanspruch sei gerade die Geschäftsgrundlage des Unternehmensvertrages, weshalb der Vertrag bei Wegfall dieser Grundlage nicht mehr praktiziert werden dürfe. Dies soll unabhängig von einer etwaigen Erkennbarkeit der drohenden Insolvenz der Mutter für den Tochtervorstand gelten. bb) Zusammenhang zwischen Weisungsrecht und Verlustausgleichsanspruch Soweit davon ausgegangen wird, der Verlustausgleichsanspruch müsse nicht vollwertig sein, damit die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag durchsetzbar sind, wird das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens bei Insolvenzreife auch nicht für suspendiert gehalten.69 Eine Grenze des Weisungsrechts wird lediglich in „existenzgefährdenden“ Weisungen gesehen.70 Selbst das wollen vereinzelte Autoren nicht anerkennen: Der Wortlaut des § 308 Abs. 1 S. 2 AktG zeige schließlich nur das Konzerninteresse als Grenze des Weisungsrechts auf, nicht aber die Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft. In den §§ 300 ff. AktG sei keine Pflicht festgeschrieben, die Liquidität der Tochter durch die Mutter aufrechtzuerhalten. Deshalb sei es möglich, die abhängige Gesellschaft im Konzerninteresse zu „opfern“.71 Macht man hingegen das Weisungsrecht der Muttergesellschaft von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängig, führt die Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens stets zur automatischen Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag.72 Autoren, die eine automatische Suspendierung nicht anerkennen wollen, sprechen der abhängigen Gesellschaft zumindest ein Leistungsverweigerungsrecht nach §§ 273, 320 BGB zu.73

69 Differenzierend nach fehlender Vollwertigkeit des Anspruchs und Solvenz der Obergesellschaft: Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 57 Rn. 4; MHLS/Heidinger GmbHG § 30 Rn. 214. 70 BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; GroßkommAktG/Hirte AktG § 308 Rn. 42; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 48; MHdB AG/Kraft/Rieckers § 16 Rn. 76: MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 138; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37; Schmolke GmbHG § 30 Rn. 171. 71 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 308 Rn. 50; ähnlich bereits unter Geltung der Konkursordnung Peltzer AG 1975, 309 (310). 72 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (8 ff.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 41, § 308 Rn. 126; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 863, 1324. 73 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 308 Rn. 35 m. Fn. 85; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 308 Rn. 69.

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d) Zur Frage der Verlustausgleichspflicht der Mutter Der Verlustausgleichsanspruch wird bei Insolvenzreife der Mutter in der Regel nicht eigens beleuchtet. Vereinzelt wird behauptet, die Verlustausgleichspflicht werde von der Insolvenzreife der Mutter nicht betroffen und bestehe unverändert fort.74 e) Zur Frage der Gewinnabführungspflicht der Tochter Für die Gewinnabführungspflicht wird von einzelnen Stimmen eine automatische Suspendierung verneint, weil die Tochter, die Gewinne abführen könne, in ihrer Existenz evident nicht gefährdet sei.75 Andere erkennen hingegen, dass die Gewinnabführungspflicht ebenfalls davon abhängig ist, dass der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG vollwertig ist.76 3. Stellungnahme Der Konzern darf bei Insolvenzreife der Mutter insgesamt nicht mehr betrieben werden. Das herrschende Unternehmen kann insbesondere sein Weisungsrecht nicht mehr ausüben. Alle Rechte und Pflichten aus dem Konzernverhältnis sind automatisch suspendiert. Die Kapitalbindungsregeln der §§ 57 ff. AktG finden im Insolvenzfall wieder uneingeschränkte Anwendung. Das ergibt sich aus einem Zusammenspiel der konzernrechtlichen Vorschriften der §§ 302 ff. AktG sowie aus den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO. Ein Kündigungsrecht besteht nur für die beherrschte Gesellschaft, nicht für das herrschende Unternehmen. a) Weisungsrecht als Grundlage der einheitlichen Leitung im Vertragskonzern § 308 AktG konkretisiert den Vertragsinhalt, der sich aus dem Beherrschungsvertrag des § 291 Abs. 1 S. 1 AktG ergibt: Er setzt in Abs. 1 S. 1 fest, dass sich die Leitungsmacht des herrschenden Unternehmens auf alle Bereiche erstreckt, die der Vorstandsverantwortung unterliegen (§ 76 AktG). Dabei erklärt er auch nachteilige Weisungen ausdrücklich für zulässig, wenn diese im Konzerninteresse erfolgen, § 308 Abs. 1 S. 2 AktG.77 Das Weisungsrecht 74 So allgemein für die Krise der Muttergesellschaft Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 359. 75 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 361. 76 So bereits unter Geltung der Konkursordnung Kort ZIP 1988, 681 (685); ebenso allgemein für alle Pflichten der Tochtergesellschaft aus dem Unternehmensvertrag MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 41. 77 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 403.

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ist das zentrale Mittel des herrschenden Unternehmens, die einheitliche Leitung im Vertragskonzern durchzusetzen. Das wird nicht nur an der Befolgungspflicht des § 308 Abs. 2 AktG deutlich, sondern zeigt sich in der ausdrücklichen Zulassung nachteiliger Weisungen im Konzerninteresse.78 Das herrschende Unternehmen darf Weisungen erteilen, die in der beherrschten Gesellschaft bei Nichtvorliegen eines Beherrschungsvertrages (vgl. § 291 Abs. 3 AktG) gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57 ff. AktG verstoßen würden. Die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsvorschriften ist damit zentral für ein vollumfängliches Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens und damit für die einheitliche Leitung. b) Auswirkungen der Insolvenzreife auf das Weisungsrecht der Mutter Aus dem Zusammenhang zwischen Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsvorschriften und Weisungsrecht als Mittel zur Durchsetzung der einheitlichen Leitung ergibt sich der Gang der weiteren Überlegung: Wenn die einheitliche Leitung und damit der Vertragskonzern nur funktioniert, wenn das Weisungsrecht vollumfänglich ausgeübt werden kann, muss in der Konsequenz die Frage gestellt werden, ob die Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften und damit das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens bei Insolvenzreife der Muttergesellschaft noch bestehen bleibt. Das hängt davon ab, in welchem Zusammenhang die Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften und mit ihr das Weisungsrecht zum Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG steht. aa) Historische Betrachtung des § 302 AktG Schon vor Einführung des § 302 AktG im Jahr 1965 gab es die aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen entwickelte Annahme, dass bei Bestehen eines Organschaftsvertrags der Organträger etwaige Verluste der Organgesellschaft zu tragen habe. Diese Pflicht wurde oftmals ausdrücklich zum Vertragsbestandteil des Organschaftsvertrags gemacht.79 Normativ angeknüpft war die Verlustausgleichspflicht an die auftragsrechtlichen Vorschriften der §§ 669, 670

78 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 308 Rn. 2; Emmerich/Habersack KonzernR § 23 Rn. 3; Koch AktG § 308 Rn. 1; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 308 Rn. 3; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 308 Rn. 2; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 1. 79 Vgl. RefE, S. 396; GroßkommAktG/Hirte AktG § 302 Rn. 1; Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (227); KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 3; Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 327 ff.; Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 93, siehe ferner die Untersuchungen zur Reform des Konzernrechts, Bericht der Studienkommission des DJT 1967 Rn. 534.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

(in Verbindung mit § 675) BGB.80 Der Aufwendungsersatzanspruch des § 670 BGB bringt zum Ausdruck, dass die Geschäftsbesorgung für den Geschäftsführer wirtschaftlich neutral sein soll.81 Dieser Gedanke wurde durch den Gesetzgeber des Aktiengesetzes 1965 übernommen, wobei keine konzernspezifische Norm geschaffen, sondern nur die ohnehin allgemein anerkannte Verlustausgleichspflicht gesetzlich verankert werden sollte.82 So tauchte die konzernrechtliche Verlustausgleichspflicht erstmals in § 278 des Referentenentwurfs von 1958 auf. Im Regierungsentwurf wurde sie in § 291 übernommen und trat letztlich mit § 302 AktG 1965 in Kraft. Die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG stellt also eine Weiterentwicklung des Aufwendungsersatzanspruchs aus dem Auftragsrecht dar; ihr liegt ebenfalls der Gedanke der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer zugrunde.83 bb) Dogmatische Einordnung des § 302 AktG Die systematische Einordnung des § 302 AktG im Recht der Unternehmensverträge legt zunächst nahe, dass er ein vertragliches Schuldverhältnis begründet.84 Allerdings stellt der Unternehmensvertrag für die Verlustausgleichspflicht nicht den Verpflichtungsgrund selbst dar, sondern er ist lediglich die tatbestandliche Voraussetzung für die kraft Gesetzes entstehende

80 Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 447; Hamburger GS Seckel 1927, 261 (314); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 92 f.; dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). 81 BeckOK BGB/Fischer BGB § 670 Rn. 1; MüKoBGB/Schäfer BGB § 670 Rn. 1; dies geht zurück auf den Grundsatz, dass derjenige, dem der Vorteil eines Geschäfts zusteht, auch die Gefahr tragen muss: cuius est commodum eius et periculum esse debet, Inst. 3, 23, 3 a.E. 82 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 390 f.: „Die gesetzliche Regelung bezweckt, den Kreis der Verträge, die eine Pflicht zur Verlustübernahme auslösen, schärfer zu umschreiben (Absatz 1 und 2), den zu übernehmenden Verlust zu bestimmen (Absatz 1 und 2) und Verzichte der Gesellschaft auf den – auch im Interesse ihrer Gläubiger bestehenden – Anspruch auf Verlustübernahme nur unter besonderen Voraussetzungen zuzulassen (Absatz 3).“; ebenso bereits die Begründung zu § 278 RefE, S. 399. 83 dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. cc). 84 So BGH II ZB 7/88, BGHZ 105, 324 (336) = NJW 1989, 295 – Supermarkt: „vertragliche Dauerverpflichtung“.

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Verpflichtung.85 Die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG begründet daher ein gesetzliches Dauerschuldverhältnis.86 cc) Zum Rechtsgrund des § 302 AktG Über den Rechtsgrund des § 302 AktG herrscht nach wie vor Uneinigkeit: Teilweise wird § 302 AktG als Ausgleich für die Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsregeln durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (§ 291 Abs. 3 AktG) eingeordnet.87 Das ist zu eng gegriffen, weil die Verlustübernahmepflicht auch Verluste abseits der Kapitalerhaltungsregeln erfasst, beispielsweise solche, die auf externen Faktoren beruhen.88 Aus der Entstehungsgeschichte des § 302 AktG ergibt sich daneben, dass dieser bereits im Referentenentwurf (§ 278 RefE) vorgesehen war, wohingegen § 291 Abs. 3 AktG erst durch den Regierungsentwurf (§ 280 Abs. 3 RegE) eingeführt wurde.89 Der Gesetzgeber hat die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln nur deshalb angeordnet, weil er nicht die Aberkennung der steuerlichen Organschaft wegen einer gesetzlichen Beschränkung des Weisungsrechts riskieren wollte.90 Daher kann der Rechtsgrund des § 302 AktG nicht im Ausgleich der Außerkraftsetzung der Kapitalerhaltungsregeln liegen.91 85 K. Schmidt ZGR 1983, 513 (517); zustimmend Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 300; Emmerich in: Hommelhoff/Semler/Doralt/Roth Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht 1986, 64 (81); Koch AktG § 302 Rn. 4; dies geht schon aus den Erläuterungen zu § 278 des RefE hervor (S. 399): „Verträge, die eine Pflicht zur Verlustübernahme auslösen“; „sie ist gesetzlich an das Bestehen solcher Verträge geknüpft“. 86 BeckOGK AktG/Veil/Walla § 302 Rn. 13; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 41; Grigoleit/Servatius AktG § 302 Rn. 4; Koch AktG § 302 Rn. 4; Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 300; K. Schmidt GesR § 31 III 2 d; K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 230; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (518 f.); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 109; offengelassen bei MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 12; aA Timm GmbHR 1987, 8 (17). 87 BGH II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 (289) = NJW 2006, 3279; Assmann JZ 1986, 928 (936); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 3; Emmerich/Habersack KonzernR § 20 Rn. 36; Gärtner AG 2014, 793 (794); Koch AktG § 302 Rn. 3; Kübler FS Heinsius 1991, 397 (412 f.); Mylich AG 2016, 529 (534); Reuter ZHR 146 (1982), 1 (21); Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 212 ff.; Ulmer AG 1986, 123 (126). 88 Altmeppen DB 1999, 2453; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 6; Drüke Die Haftung der Muttergesellschaft, S. 176; Koppensteiner in: Ulmer Probleme des Konzernrechts, 87 (95); Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 35. 89 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 378; dazu Altmeppen DB 1999, 2453 m. Fn. 6; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 10; Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 35. 90 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 378; dazu Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 35. 91 iErg auch BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 6.

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Ebenso wenig erfasst die Ansicht den Rechtsgrund des § 302 AktG, die die Norm als Gegenleistung für die Einräumung der Leitungsmacht sieht:92 Dass der, der „als herrschendes Unternehmen die Selbstständigkeit einer abhängigen Gesellschaft aufhebe, […] mit den Vorteilen auch die Schuldenlast übernehmen“ müsse, ist weder ein allgemeines Rechtsprinzip noch ein „naturrechtlicher Satz“.93 Einen „Gleichlauf von Herrschaft und Haftung“ wollte der Gesetzgeber gerade nicht schaffen.94 Das ist schon daran erkennbar, dass § 308 Abs. 1 S. 2 AktG ausdrücklich abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des Weisungsrechts zulässt, während § 302 Abs. 3 AktG sehr strenge Regeln an den Verzicht oder Vergleich über den Verlustausgleichsanspruch stellt.95 Betrachtet man den Vertragskonzern als historisch dem Auftrag nahestehend,96 erkennt man in der Verlustausgleichspflicht den Ausgleich für die Führung fremder Geschäfte.97 Durch den Abschluss des Unternehmensvertrags gibt die abhängige Gesellschaft ihr Eigeninteresse insofern auf, als sie nunmehr im Interesse des Gesamtkonzerns wirtschaftet, ihre Ergebnisse an das herrschende Unternehmen abzuführen hat und seinen Weisungen Folge leisten muss. Sie wird also zum Geschäftsführer für das herrschende Unternehmen. In der Konsequenz muss der abhängigen Gesellschaft das Reinvermögen erhalten bleiben, welches sie zu Beginn des Unternehmensvertrages hatte.98 Das entspricht der Neutralität der Geschäftsführung für den Ge92 Vgl. schon die Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391: „Wer die Geschicke der Gesellschaft bestimmen kann oder ihren ganzen Gewinn erhält, muß auch für Verluste einstehen.“, fast wortgleich bereits im RefE zu § 278, S. 399; darauf bezugnehmend KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 6; Meyer Haftungsbeschränkungen im Recht der Handelsgesellschaften, S. 795; Priester in: Hommelhoff/Semler/Doralt/Roth Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht 1986, 151 (179); K. Schmidt GesR § 31 III 2 d; Sonnenschein Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 331; Timm GmbHR 1987, 8 (12); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 110; Ulmer AG 1986, 123 (126); kritisch Koch AktG § 302 Rn. 2: „mehr eingängig als nützlich“. 93 So aber Wiedemann Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, S. 83; kritisch Drüke Die Haftung der Muttergesellschaft, S. 176 f. 94 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391; dazu Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 36. 95 Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 297. 96 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) aa) und noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd). 97 Altmeppen Abschied vom „qualifiziert faktischen“ Konzern, S. 74 f.; Geitzhaus GmbHR 1989, 397 (405); K. Schmidt ZIP 1991, 1325 (1329); Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215; Wilhelm DB 1986, 2113 (2116); vgl. auch Schilling FS Hefermehl 1976, 383 (389). 98 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391; ebenso bereits RefE zu § 278, S. 399: „Es soll verhindert werden, daß die Gesellschaft bei Beendigung des Vertrags ohne ein Rücklagenpolster auf eigenen Füßen stehen muss.“; dazu ferner BGH II ZR 210/76,

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schäftsführer, welche im Auftragsrecht durch die §§ 667, 670 BGB zum Ausdruck kommt: Der Geschäftsführer soll so gestellt werden, wie er ohne die Geschäftsführung stünde. Er muss also alles herausgeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt, ist aber auch von allen Verbindlichkeiten zu befreien und kann seine Verluste ersetzt verlangen. § 302 AktG ist also die Konsequenz der Strukturänderung in der beherrschten Gesellschaft, welche mit Abschluss des Unternehmensvertrags fortan im Interesse des herrschenden Unternehmens wirtschaftet.99 Das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft muss wegen der Wandlung in ein Unterstützungsinteresse zugunsten des herrschenden Unternehmens durch eine vollumfängliche Verlustausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens gesondert gesichert werden.100 Da die Geschäftsführung für den Geschäftsführer wirtschaftlich vollständig neutral bleibt, muss das herrschende Unternehmen die Existenz der beherrschten Gesellschaft sichern und erhalten.101 Der Rechtsgrund des § 302 AktG besteht also darin, die Geschäftsführung im fremden Interesse auszugleichen, indem nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft das Reinvermögen erhalten bleibt, welches sie vor Abschluss des Unternehmensvertrags hatte. Das Ergebnis der Verlustübernahmepflicht besteht in der mittelbaren Haftung der Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochter.102 Dadurch

NJW 1980, 231 Rn. 59; Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 9; Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (226); siehe bereits BFH I 73/54 U, BFHE 60, 489 (501) = DB 1955, 571: Es besteht eine Art Treuhandverhältnis, bei dem die Muttergesellschaft verpflichtet ist, nach Ablauf des Vertrages das Vermögen an die Tochtergesellschaft in dem gleichen Zustand zurückzugeben, wie sie es übernommen hat. 99 Altmeppen DB 1999, 2453; Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II Kap. 23 Rn. 46; BeckOGK AktG/Veil/Walla § 302 Rn. 6; Drüke Die Haftung der Muttergesellschaft, S. 175 ff.; Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (230); Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 295 ff.; MüKoAktG/Altmeppen AktG Vor §§ 291 ff. Rn. 2; Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 43 ff.; Pöschke ZGR 2015, 550 (564 f.); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (516 ff.); Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391. 100 Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 69; zustimmend Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 298. 101 BGH II ZR 210/76, NJW 1980, 231 Rn. 59; Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen DB 2002, 879; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 28; Bürgers/Körber/Lieder/Schenk AktG § 302 Rn. 20; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 30, 41; Kleindiek ZGR 2001, 479 (492 ff.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 117, § 302 Rn. 36, 72; Priester ZIP 1989, 1301 (1307 f.); Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 35 ff. 102 So bereits zu § 278 des RefE, S. 399 f.; ferner BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 4; Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unter-

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werden auch die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft geschützt.103 Der Schutz der Gläubiger tritt – wie schon die Überschrift zum dritten Abschnitt des dritten Buches des Aktiengesetzes vermuten lässt: „Sicherung der Gesellschaft und der Gläubiger“ – neben den Schutz des ursprünglichen Vermögens der Gesellschaft.104 dd) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für die Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften Erkennt man, dass der Rechtsgrund für den Verlustausgleichsanspruch nicht in der Aufhebung der Kapitalbindungsvorschriften liegt, liegt auf der Hand, dass Kapitalerhaltung und Verlustausgleich gerade umgekehrt zusammenhängen: Die Kapitalbindungsregeln werden nur außer Kraft gesetzt, weil der Kapitalschutz der abhängigen Gesellschaft im Vertragskonzern auf andere Weise, namentlich in Form des Verlustausgleichsanspruchs hergestellt wird. Die Lockerung der Vermögensbindung ist nur eine Folge der Aufgabe des Eigeninteresses durch die abhängige Gesellschaft.105 Die logische Konsequenz ist, dass die Kapitalbindung nur so lange außer Kraft gesetzt werden darf, wie dieser Verlustausgleichsanspruch ein taugliches Äquivalent für sie darstellt: Das ist nur der Fall, wenn der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist.106 (1) Systematische Erwägungen Dieses Ergebnis widerspricht nicht der Systematik der Kapitalerhaltungsvorschriften:107 Zwar setzt § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG die Vollwertigkeit des Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs nur für den Fall voraus, dass kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht – davon auf einen nehmen, S. 413; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 2; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 146; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (515). 103 Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (226); Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 299; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 2; von einem reflexartigen Schutz der Gläubiger sprechen BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 4. 104 Zutr. Stimpel, in: Ulmer Probleme des Konzernrechts, 11 (24). 105 Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 298. 106 Altmeppen NZG 2010, 361 (364); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 41; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 863; Pöschke ZGR 2015, 550 (565); im Ergebnis ebenso BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 308 Rn. 35, die dies aus der unternehmensvertraglichen Treuepflicht herleiten: Es wäre treuwidrig, wenn das herrschende Unternehmen das Weisungsrecht ausübte, ohne die Verluste der Gesellschaft auszugleichen. 107 So aber BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144; HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); Rowedder/Pentz/Pentz GmbHG § 30 Rn. 62; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37.

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Willen des Gesetzgebers hinsichtlich der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu schließen, ist aber ein schwaches Argument. Denn weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien erwähnen den Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG überhaupt.108 Ebenso fehlgegriffen ist die Annahme, die Alt. 1 hätte keinen Anwendungsbereich mehr, wenn stets die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gefordert würde.109 Der Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und einem am Vertragskonzern nicht beteiligten Unternehmen ist von Alt. 2 nie erfasst.110 Auch aus § 291 Abs. 3 AktG ergibt sich keine andere Beurteilung: Der Wortlaut der Norm scheint zwar die Kapitalerhaltungsregeln „ohne jede Einschränkung“ außer Kraft setzen zu wollen. Darin zeigt sich aber nur die unpräzise Formulierung der Neufassung des § 291 Abs. 3 AktG. Eine rechtswidrige Schädigung der abhängigen Gesellschaft kann schon deshalb nicht „privilegiert“ sein, weil sie die Geschäftsleiter beider Gesellschaften sowie die Muttergesellschaft selbst in die Haftung bringt, § 280 Abs. 1 BGB, §§ 93, 117, 309, 310 AktG.111 (2) Intention des Gesetzgebers Völlig fehl geht die Annahme, der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der Existenzgefährdung der Tochter erkannt und hingenommen:112 Die in der Gesetzesbegründung enthaltenen Hinweise auf eine denkbare Existenzgefährdung bei der Tochtergesellschaft113 beziehen sich ausschließlich auf den Fall des bereits beendeten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, nicht aber auf die fehlende Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs bei bestehendem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag.114 Daher stellt es einen methodischen Fehlgriff dar, aus diesen Passagen der Gesetzesmaterialien darauf zu schließen, eine Konzerntochter könne im Konzerninteresse „geopfert“ werden. Vielmehr muss im Umkehrschluss aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft nur für

108

Dazu Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (7). MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 137; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 37. 110 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (8). 111 Altmeppen NZG 2010, 361 (363); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 234; zu dieser Haftung noch → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. 112 So aber KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 308 Rn. 50. 113 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 397: „bei Beendigung des Vertrages nicht mehr fähig, […] auf eigenen Füßen zu stehen.“, S. 393 „[…] zweifelhaft, […] ob noch lebensfähig.“ 114 Ausführlich Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (5); Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unternehmen, S. 409. 109

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den Fall der Beendigung des Unternehmensvertrags angesprochen hat, darauf geschlossen werden, dass er während des Bestehens des Unternehmensvertrags gar nicht von der Möglichkeit einer Existenzgefährdung der abhängigen Gesellschaft ausging. Das zeigt sich auch in Erwägungen von Kropff, der maßgeblich an der Entstehung des Aktiengesetzes beteiligt war: Er spricht davon, dass „die Gläubiger und die außenstehenden Aktionäre dagegen [geschützt werden sollen], daß die Gesellschaft zahlungsunfähig wird oder bei Beendigung des Vertrags nicht mehr über die lebensnotwendige Substanz verfügt“.115 Ebenso steht die Gesetzesbegründung des MoMiG zu § 57 AktG (bzw. § 30 GmbHG) dieser Interpretation des § 57 AktG nicht entgegen, sondern unterstreicht sie sogar: „Keineswegs soll diese klärende Regelung das Ausplündern von Gesellschaften ermöglichen oder erleichtern.“116 Der Gesetzgeber der MoMiG wollte durch die Änderung des § 57 AktG lediglich deutlich machen, dass das Cash Pooling zulässig ist, wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag besteht, weil dies nach dem November-Urteil des BGH117 in Zweifel geraten war.118 Es geht also einerseits fehl, die Grenze des Weisungsrechts lediglich in existenzgefährdenden Weisungen zu sehen, erst recht aber ist es falsch, die Zulässigkeit existenzgefährdender Weisungen anzunehmen.119 (3) Hinreichender Schutz durch Insolvenzverursachungshaftung? Die Insolvenzverursachungshaftung des § 15b Abs. 5 InsO (§ 92 Abs. 2 S. 3 AktG a.F.) stellt ebenfalls keinen hinreichenden Schutz dar, durch den sich das Vollwertigkeitserfordernis erübrigen würde: Der Hinweis auf einen anderen Haftungstatbestand – der im Übrigen gar keinen sinnvollen Anwendungsbereich hat120 – kann nicht genügen, um rechtswidrige Vermögensverlagerungen zuzulassen, die vom Unternehmensvertrag schon nicht gedeckt sind.121 (4) Zum Begriff der Vollwertigkeit Damit ist festzuhalten, dass der Verlustausgleichsanspruch vollwertig sein muss, damit die Kapitalbindungsregeln außer Kraft gesetzt bleiben können. 115

Kropff NJW 1959, 173 (177). Begr. RegE, BT-Drs. 16/6140, S. 41; siehe ebenso bereits die Untersuchungen zur Reform des Konzernrechts, Bericht der Studienkommission des DJT 1967 Rn. 534. 117 BGH II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111. 118 Altmeppen NZG 2010, 361 (363). 119 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (9). 120 Altmeppen ZIP 2013, 801 (803 ff.); Altmeppen FS Hüffer 2009, 1; dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 3 B. I. 4. c) bb). 121 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 236; Stephan Konzern 2014, 1 (25). 116

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Die Vollwertigkeit ist gesetzlich nicht definiert. Für § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG, der ausdrücklich die Vollwertigkeit fordert, ist die Gesetzesbegründung hinsichtlich dieser Frage wenig aufschlussreich: Dort wird lediglich auf die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze verwiesen.122 Danach ist erforderlich, dass die Einbringlichkeit der Forderung unter Berücksichtigung des individuellen Kreditrisikos des Schuldners nicht zweifelhaft ist.123 Für den hier interessierenden Fall der Insolvenzreife bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist stets von der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs auszugehen: Es kann nicht mehr damit gerechnet werden, dass das herrschende Unternehmen im Fälligkeitszeitpunkt den Verlustausgleichsanspruch noch erfüllen kann. (5) Ergebnis Die Kapitalbindungsregeln dürfen nur außer Kraft gesetzt sein, wenn der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist, weil der Verlustausgleichsanspruch eine Existenzgarantie der beherrschten Gesellschaft mit sich bringt. Weder der Wortlaut noch die Systematik oder die Gesetzgebungsmaterialien führen zu einem anderen Ergebnis. Ferner ist nicht nur der Schutz der Gesellschaft selbst, sondern auch der Schutz ihrer Gläubiger ausschlaggebend für das gefundene Ergebnis: Eine Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln ist den Gläubigern nur zuzumuten, wenn ein taugliches Äquivalent für diese besteht, womit sich der Kreis zum vollwertigen Verlustausgleichsanspruch wieder schließt. Das herrschende Unternehmen ist nicht dazu berechtigt, seine eigenen Gläubiger gegenüber den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft zu bevorteilen. Vielmehr muss nach den §§ 300 ff. AktG das Vermögen der Tochtergesellschaft auch im Interesse der Gesellschaftsgläubiger unangetastet bleiben und es muss eine besondere Rücklage gebildet werden. ee) Vollwertiger Verlustausgleichsanspruch als Voraussetzung für das Weisungsrecht Der Zusammenhang zwischen Verlustausgleichsanspruch und Weisungsrecht ergibt sich schließlich daraus, dass die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln das zentrale Mittel im Vertragskonzern ist, welches die effektive Durchsetzung der Leitungsmacht mittels des Weisungsrechts überhaupt ermöglicht: Das Weisungsrecht im Vertragskonzern kann nur eine effektive einheitliche Leitung bewirken, weil auch nachteilige Weisungen, also insbe-

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Begr. RegE MoMiG, BT-Drs. 16/6140, S. 41. Vgl. BGH II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 12 – MPS = NJW 2009, 850; Altmeppen GmbHG § 30 Rn. 107; BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 149 f.; Noack/Servatius/Haas/Servatius GmbHG § 30 Rn. 42. 123

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

sondere Weisungen, die sonst gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstoßen würden, erlaubt sind. Daraus folgt, dass das Weisungsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn der Verlustausgleichsanspruch vollwertig ist und damit die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln ausgleicht. Die aus dem Rechtsgrund des § 302 AktG folgende Existenzgarantie führt dazu, dass die Geschäftsführung im fremden Interesse nur erfolgen darf, wenn der Fortbestand der abhängigen Gesellschaft als Ausdruck der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung gesichert ist. Damit muss bei fehlender Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs die weitere Einflussnahme unterbleiben, was im Vertragskonzern darauf hinausläuft, dass das herrschende Unternehmen keine Weisungen mehr aussprechen darf und die abhängige Gesellschaft keinen Weisungen mehr Folge leisten muss.124 Sowohl der Schutz der abhängigen Gesellschaft als auch der Schutz ihrer Gläubiger zeigen also, dass sich nur bei einem vollwertigen Verlustausgleichsanspruch die Aussetzung der Kapitalerhaltungsregeln und damit die Grundlage für die durch das Weisungsrecht eingeräumte Möglichkeit zur einheitlichen Leitung für die Zeit des bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags rechtfertigen lässt.125 ff) Zur Konsequenz der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs für den Vertragskonzern Aus der dem § 302 AktG zugrundeliegenden Wertung folgt, dass ab dem Zeitpunkt, in dem der Verlustausgleich wegen Solvenzproblemen der Muttergesellschaft nicht mehr vollwertig ist, die Tochter die Weisungen nicht mehr befolgen muss und die Mutter keine Weisungen mehr aussprechen darf. Das Weisungsrecht ist also automatisch suspendiert. Insbesondere kann das herrschende Unternehmen die beherrschte Gesellschaft nicht anweisen, etwaige Bedenken bezüglich der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs beiseite zu lassen – wer auf diese Behauptung die Annahme stützt, der Verlustausgleichsanspruch müsse nicht stets vollwertig sein,126 bedient sich einer methodisch unzulässigen petitio principii.127

124 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 308 Rn. 35 f., die dieses Ergebnis allerdings aus der unternehmensvertraglichen Treuepflicht ziehen; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 38, § 302 Rn. 41; Stephan Konzern 2014, 1 (21). 125 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (5, 9 f.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 41; Pöschke ZGR 2015, 550 (565); Stephan Konzern 2014, 1 (24). 126 BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 144. 127 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (8).

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Ein Rückgriff auf das Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB ist aufgrund der automatischen Suspendierung nicht erforderlich.128 Bei fehlender Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs ist die Erteilung weiterer Weisungen bereits ipso iure rechtswidrig, sodass sich die abhängige Gesellschaft nicht erst auf ihr Leistungsverweigerungsrecht berufen muss. Weder durch den Verweis auf ein Zurückbehaltungsrecht noch durch die bloße Einräumung einer außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit entsteht ein hinreichender Schutz der abhängigen Gesellschaft: Die Existenzsicherung der Tochtergesellschaft liegt im Verantwortungsbereich der Muttergesellschaft. Würde man bei nicht mehr garantierter Existenzsicherung der Tochter lediglich die Kündigungsmöglichkeit eröffnen oder sie auf ein Zurückbehaltungsrecht verweisen, würde diese Verteilung wieder umgekehrt. Die Tochter hätte es nunmehr selbst in der Hand, ihre Existenz zu sichern, indem sie sich durch Wahrnehmung der Kündigungsmöglichkeit oder durch Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts vor weiteren Weisungen schützt. Das entspricht nicht der gesetzgeberischen Konzeption des Beherrschungsvertrags. Bereits sprachlich fehl geht die Annahme, eine Suspension des Weisungsrechts könne ohnehin nur infolge außerordentlicher Kündigung eintreten.129 Der Begriff der Suspension stammt von dem lateinischen suspendere ab, meint also „aufhängen“ oder „in der Schwebe lassen“. Im Fall der außerordentlichen Kündigung erlöschen die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag mit ex nunc-Wirkung. Mit dem vorläufigen Charakter der Suspension hat das nichts zu tun. Im Gegenteil: Durch eine Kündigung kann gerade keine Suspension des Weisungsrechts eintreten. Es bleibt also bei dem gefundenen Ergebnis, dass das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens im Zeitpunkt der Insolvenzreife automatisch suspendiert ist.

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So der Ansatz von Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 40e; ebenso Habetha ZIP 2017, 652 (653 f.); Stephan Konzern 2014, 1 (22); ohne normative Anknüpfung des Leistungsverweigerungsrechts Bork/Schäfer/Thiessen GmbHG § 30 Rn. 116; ähnlich aber letztlich bereits unter Bezugnahme auf den Schutzzweck der §§ 302 ff. AktG MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 38; keine Anwendung auf Unternehmensverträge findet hingegen § 320 BGB, weil es sich bei Unternehmensverträgen nicht um gegenseitige Verträge im Sinne dieser Norm handelt. Dazu ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. e) gg) (1). 129 So Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG § 30 Rn. 48.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

gg) Informationsrechte und -pflichten der Beteiligten Die automatische Suspendierung hängt nicht davon ab, ob der Geschäftsleiter der Tochter die mangelnde Vollwertigkeit des Anspruchs erkannt hat.130 Für die Frage, ob der Verlustausgleichsanspruch ein taugliches Äquivalent für die außer Kraft gesetzten Kapitalerhaltungsvorschriften ist, kann es nur auf eine objektive Betrachtung ankommen. Es ist nicht Aufgabe des Geschäftsleiters der Tochter, einer Solvenzbehauptung der Mutter stets misstrauisch gegenüberzutreten.131 Vielmehr ist es Aufgabe des Vorstands der Muttergesellschaft, stets über die Solvenz der Gesellschaft informiert zu sein und die Tochtergesellschaft darüber aufzuklären.132 Das folgt schon aus der Pflicht des herrschenden Unternehmen, die Existenz der Tochter zu sichern und zu garantieren. Diese Wertung darf nicht umgekehrt werden, indem dem Geschäftsleiter der Tochter die Pflicht zur Überwachung der Solvenz des herrschenden Unternehmens und damit zur Überwachung der Existenzgarantie für seine eigene Gesellschaft auferlegt wird. Da der Geschäftsleiter der Tochter gleichzeitig seine Gesellschaft vor Schäden bewahren muss, um nicht selbst in die Haftung zu geraten, hat er ein umfassendes Informationsrecht, wenn er Zweifel an der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs hat.133 Den Angaben des Geschäftsleiters der Muttergesellschaft darf er dann aber vertrauen. Soweit die herrschende Meinung dem entgegenhält, der gesetzliche Vertreter der Tochter könnte sich zu Unrecht weigern, eine Weisung zu befolgen, obwohl gar keine Solvenzprobleme der Mutter bestehen, handelt es sich um ein bloßes Scheinproblem: Werden rechtmäßige Weisungen nicht befolgt, kann die Mutter die Befolgung gerichtlich durchsetzen und darüber hinaus personelle Konsequenzen ergreifen (§ 84 Abs. 4 AktG).134 Das ist aber bei 130

Wie hier Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687 f.); deutlich zurückhaltender Pöschke ZGR 2015, 550 (566 m. Fn. 74), der nur in Fällen der Evidenz von einer Suspendierung ausgeht; ähnlich Grigoleit/Rachlitz AktG § 57 Rn. 4: „vielmehr muss die Wertlosigkeit des Verlustübernahmeanspruchs schon im Zeitpunkt des Mittelabflusses sicher und offenkundig sein.“; Cahn Konzern 2009, 7 (16) macht die Suspendierung davon abhängig, ob ein Verstoß gegen § 92 Abs. 2 S. 3 AktG a.F. (heute § 15b Abs. 5 InsO) vorliegt. 131 So aber die hM Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21, § 308 Rn. 64; HCL/Habersack GmbHG § 30 Rn. 89; Noack/Servatius/Haas/Servatius GmbHG § 30 Rn. 45; Pöschke ZGR 2015, 550 (566); zurückhaltender Grigoleit/Rachlitz AktG § 57 Rn. 4: […] vielmehr muss die Wertlosigkeit des Verlustübernahmeanspruchs schon im Zeitpunkt des Mittelabflusses sicher und offenkundig sein.“. 132 Es handelt sich um eine vertragliche Nebenpflicht; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 308 Rn. 127, § 309 Rn. 65; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687); ähnlich Habetha ZIP 2017, 652 (653 f.). 133 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 65; Nodoushani DStR 2017, 399 (403); Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1687); Pöschke ZGR 2015, 550 (566 f.). 134 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (9); Habetha ZIP 2017, 652 (654).

§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern

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Nichtbefolgung rechtmäßiger Weisungen immer der Fall, hat also nichts mit der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Weisungsrecht und vollwertigem Verlustausgleichsanspruch zu tun. hh) Ergebnis zum Fortbestand des Weisungsrechts der Mutter bei Insolvenzreife Die vertragliche Pflicht der Tochter, den Weisungen der Mutter nachzukommen, ist ab dem Moment suspendiert, in dem sich die Mutter in Solvenzproblemen befindet. Jede weitere Weisungserteilung durch die Mutter ist rechtswidrig. Es reicht nicht aus, der Tochter ab diesem Zeitpunkt nur ein außerordentliches Kündigungsrecht einzuräumen oder sie auf ein Zurückbehaltungsrecht zu verweisen. Ebenso wäre es wenig praktikabel, die Weisungsbefugnis auf alle nicht nachteiligen Weisungen zu beschränken, da im Weisungszeitpunkt noch gar nicht klar ist, ob eine Weisung möglicherweise einen Nachteil mit sich bringt oder nicht. Insbesondere knüpft die Verlustausgleichspflicht gerade nicht an nachteilige Weisungen an, sondern bezieht sich auf sämtliche Verluste. Völlig untauglich ist die Überlegung, die Grenzen des Weisungsrechts in existenzgefährdenden Weisungen zu sehen. Denn dadurch, dass der Verlustausgleichsanspruch eine Existenzgarantie des herrschenden Unternehmens für die abhängige Gesellschaft ist, kann es solche gar nicht geben.135 c) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Gewinnabführungspflicht der Tochter Die Gewinnabführungspflicht scheint bei erster Betrachtung unproblematisch weiter erfüllbar zu sein: Soweit die Tochtergesellschaft in der Lage ist, Gewinne abzuführen, ist ihre finanzielle Lage stabil, sodass sie nicht auf den Verlustausgleich durch die Mutter angewiesen ist. Die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit könnte ein hinreichender Schutz sein.136 Es wird sich jedoch zeigen, dass auch die Gewinnabführungspflicht bei Insolvenzreife der Muttergesellschaft automatisch suspendiert ist. Denn bei genauer Betrachtung ist die Gewinnabführung nichts anderes als eine Geschäftsführung der Tochtergesellschaft für die Muttergesellschaft. Da die notwendige Folge einer Geschäftsführung aber die Verlustübernahme ist, muss bei konsequenter Weiterführung dieses Gedankens auch die Gewinnabführungspflicht suspendiert sein, wenn kein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch besteht. Das ist erneut Ausdruck der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer. Wie beim Beherrschungsvertrag ist auch beim Gewinnabführungsvertrag die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln nur so

135 136

Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 3 A. I. 3. So Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 361.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

lange gerechtfertigt, wie der Kapitalschutz auf andere Weise, namentlich durch den vollwertigen Verlustausgleichsanspruch, erfolgt. aa) Einordnung der Gewinnabführungspflicht Die Gewinnabführungspflicht entspricht der Herausgabepflicht des § 667 BGB: Infolge des Gewinnabführungsvertrags wirtschaftet die abhängige Gesellschaft nur noch im Interesse und auf Rechnung des herrschenden Unternehmens. Aus der wirtschaftlichen Neutralität des Geschäfts für den Geschäftsführer folgt, dass alles aus der Geschäftsführung Erlangte an den Geschäftsherrn weiterzuleiten ist. Dies belegt auch der historische Ursprung der Gewinnabführungspflicht, die für den Organschaftsvertrag aus § 667 BGB hergeleitet worden war.137 bb) Zusammenhang zwischen Gewinnabführungspflicht und Verlustausgleichsanspruch Die Aufhebung der Kapitalbindungsregeln bei Bestehen eines Beherrschungsoder Gewinnabführungsvertrags lässt sich nur rechtfertigen, wenn das herrschende Unternehmen stets und vollumfänglich die Existenz der abhängigen Gesellschaft zu sichern hat. Jede Geschäftsführung durch die abhängige Gesellschaft ist nur zulässig, wenn die wirtschaftliche Neutralität der Geschäftsführung in Form der Existenzsicherung über § 302 AktG gewährleistet ist. Deshalb müssen alle Rechte und Pflichten, die sich für die beherrschte Gesellschaft aus dem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag ergeben, suspendiert sein, wenn der Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist. Es darf nicht zu einer Verlagerung des Existenzrisikos der Tochter von der Muttergesellschaft auf die Tochter selbst kommen, indem der Tochter nur die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung eröffnet wird oder sie lediglich auf ein Zurückbehaltungsrecht verwiesen wird. Aus diesem Grund ist auch die Gewinnabführungspflicht automatisch suspendiert, wenn der Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist. cc) Isolierter Gewinnabführungsvertrag Zwar wird bei einem isolierten Gewinnabführungsvertrag weder die Organisationsverfassung der abhängigen Gesellschaft verändert noch ist das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft generell nachrangig.138 Der Zusammenhang zwischen Verlustausgleichspflicht und Gewinnabführungspflicht ist allerdings derselbe wie zwischen Verlustausgleichspflicht und Weisungs137

Hamburger GS Seckel 1927, 261 (303); ferner Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221

(228). 138

Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (232).

§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern

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recht: Die Gewinnabführung als Geschäftsführung für einen anderen muss zwingend eine Verlustausgleichspflicht mit sich bringen, um die Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer zu wahren. Im Fall des isolierten Gewinnabführungsvertrags wird dies sogar in der Regierungsbegründung deutlich: Diese hat für den Gewinnabführungsvertrag gesondert aufgegriffen, dass auch derjenige, der den ganzen Gewinn einer abhängigen Gesellschaft erhalte, für ihre Verluste einstehen müsse.139 Der Gesetzgeber hielt es also nicht für relevant, ob die Gewinnabführung für die abhängige Gesellschaft möglich sei: Vielmehr ging er davon aus, dass die Gewinnabführungspflicht zwangsweise die Verlustausgleichspflicht mit sich bringe. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Gewinnabführungspflicht im Falle der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs nicht fortbestehen kann.140 dd) Ergebnis zum Fortbestand der Gewinnabführungspflicht Die Gewinnabführungspflicht der Tochter ist ebenfalls von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängig und daher automatisch suspendiert, wenn die Muttergesellschaft insolvenzreif ist. Aus § 302 AktG lässt sich entnehmen, dass die Tochtergesellschaft ihren Pflichten nicht mehr nachkommen muss, wenn die Existenzgarantie, die der Verlustausgleichsanspruch mit sich bringt, nicht mehr gesichert ist. Steht also fest, dass die Tochtergesellschaft ihren Pflichten nicht mehr nachkommen muss, stellt sich noch die Frage, was mit den Pflichten der insolvenzreifen Muttergesellschaft passiert. d) Auswirkungen der Insolvenzreife auf die Verlustausgleichspflicht der Mutter Spätestens ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschäftsleiter der Muttergesellschaft seine Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO verletzt, stellt jedes Weiterbetreiben des Vertragskonzerns eine verbotene Zahlung nach § 15b Abs. 1 InsO dar und ist unter Strafe gestellt, § 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO. Es wird sich zeigen, dass die Massesicherungspflichten dem insolvenzreifen Unternehmen die gesamte weitere Geschäftstätigkeit untersagen. Insbesondere darf die Verlustausgleichspflicht nicht mehr bedient werden, weshalb alle Maßnahmen zu unterlassen sind, die diese auslösen würden. Da die Verlustausgleichspflicht nur das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags voraussetzt, also insbesondere unabhängig von der Erteilung von Weisungen ist, muss das gesamte Weiterbetreiben des Konzerns eingestellt werden. Für eine zutreffende Interpretation der Massesicherungspflichten ist zunächst erforderlich, deren Verhältnis zueinander zu klären.

139 140

Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391. Altmeppen NZG 2010, 361 (366 f.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 276.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

aa) Entstehungsgeschichte der §§ 15a, 15b InsO Die in § 15a InsO geregelte Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote des § 15b InsO stehen in engem historischem Zusammenhang.141 Die Konkursantragspflicht war bereits in Art. 198 des Preußischen Entwurfs zum ADHGB 1861 vorgesehen: Danach konnte „die Regierung nach Befinden der Umstände die Auflösung der Gesellschaft […] verfügen“, wenn „sich aus der letzten Bilanz [ergibt], daß sich das Grundkapital um die Hälfte vermindert hat“.142 Die Haftung für verbotene Zahlungen taucht hingegen erstmals im österreichischen Entwurf zum ADHGB 1861 auf. § 111 des ministeriellen Entwurfs sowie § 120 des revidierten österreichischen Entwurfs sahen vor, dass die Geschäftsleiter gegenüber den Mitgliedern der Gesellschaft und den Gläubigern in die Haftung geraten sollten, wenn „sie, nachdem ihnen die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hätte bekannt seyn sollen, noch Zahlungen geleistet und die Eröffnung des Konkurses anzusuchen versäumt“ haben.143 Art. 241 Abs. 2 ADHGB 1861 war hingegen nur noch als reine Innenhaftung für die Leistung von Zahlungen zu einer Zeit ausgestaltet, in welcher den Geschäftsleitern die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hätte bekannt sein müssen.144 Dass die Direkthaftung gegenüber den Gläubigern nie Gesetz wurde, lässt sich auf die Grundsätze der Kapitalerhaltung zurückführen: Die Liquidation von Reflexschäden der Gläubiger direkt bei dem Schädiger würde auf eine Verletzung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes und im Insolvenzfall auf eine Verletzung der par conditio creditorum hinauslaufen.145 Neben den Zahlungsverboten war in Art. 240 Abs. 3 ADHGB 1861 die Konkursantragspflicht für den Fall geregelt, dass „das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt“. Art. 241 Abs. 3 Nr. 6 ADHGB in der Fassung der Aktienrechtsnovelle von 1884 erweiterte den relevanten Zeitraum für die verbotenen Zahlungen von der Zahlungsunfähigkeit auf die Überschuldung. Dabei ging es um eine auf Grund einer Bilanz festgestellte Überschuldung, welche nach der in Art. 240 Abs. 2 ADHGB 1884 Konkursantragspflicht der Zahlungsunfähigkeit gleichstehen sollte.146 141

Zur Historie ausführlich Altmeppen NZG 2016, 521 (524 ff.); Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 1 ff. 142 Dazu Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten nebst Motiven, Teil 2: Motive, S. 96. 143 Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches, abgedruckt bei Lutz Beilagen I, S. 90 f., 125 f. 144 Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches, abgedruckt bei Lutz Band 1, S. 362. 145 Altmeppen ZIP 2023, 721 (725). 146 Art. 240 Abs. 2 ADHGB in der Fassung der Aktienrechtsnovelle von 1884 lautete „Sobald Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt, muß der Vorstand die Eröffnung des

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Die Regelungen zur Konkursantragspflicht wurden ohne inhaltliche Änderungen in das HGB von 1897, das GmbHG von 1892 und das Aktiengesetz von 1937 übernommen. Die Zahlungsverbote waren hingegen nicht explizit geregelt. § 84 Abs. 3 Nr. 6 AktG 1937 sah lediglich eine Schadensersatzpflicht für Vorstandsmitglieder vor, wenn „entgegen diesem Gesetz Zahlungen getätigt wurden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft eingetreten“ war. Dort las man das allgemeine Zahlungsverbot bei Konkursreife hinein.147 Eine Ausnahme für mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu vereinbarende Zahlungen war in § 84 Abs. 3 Nr. 6 AktG 1937 ebenfalls vorgesehen. Bis 2008 war die Konkurs- (ab dem 1.1.1999 die Insolvenz-)antragspflicht für die einzelnen Gesellschaftsformen in §§ 64 Abs. 1, 71 Abs. 4 GmbHG, 92 Abs. 2, 268 Abs. 1 AktG, 99 Abs. 1 GenG, 130a Abs. 1, 177a HGB geregelt. Mit dem MoMiG wurde die Insolvenzantragspflicht rechtsformübergreifend in § 15a InsO geregelt. § 15b InsO ist mit Inkrafttreten des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG)148 eingeführt worden. Er vereint die bislang in den §§ 64 S. 1 GmbHG, 92 Abs. 2 S. 1 AktG, 130a Abs. 1 S. 1 HGB, 99 S. 1 GenG für die einzelnen Gesellschaftsformen geregelten Zahlungsverbote. bb) Zusammenhang zwischen Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverboten Bereits der historische Überblick hat gezeigt, in welch engem Zusammenhang die Insolvenzantragspflicht zu den Zahlungsverboten steht. Dennoch sollte nach der in Rechtsprechung und Literatur lange Zeit vorherrschenden Ansicht zwischen der Insolvenzantragspflicht und den Zahlungsverboten streng zu unterscheiden sein.149 Begründet wurde dies mit den angeblich unterschiedlichen Schutzrichtungen der beiden Massesicherungspflichten: Die Insolvenzantragspflicht solle das Gesellschaftsvermögen zur möglichst weitgehenden Gläubigerbefriedigung erhalten und die insolvenzreife Gesellschaft mög-

Konkurses beantragen; dasselbe gilt, wenn aus der Jahresbilanz oder einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergiebt, daß das Vermögen nicht mehr die Schulden deckt.“; Art. 241 Abs. 3 Nr. 6 ADHGB in der Fassung der Aktienrechtsnovelle von 1884 legte fest, die Mitglieder des Vorstands seien „zum Ersatze verpflichtet, wenn entgegen den Vorschriften dieses Gesetzbuchs Zahlungen geleistet werden, nachdem die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder ihre Überschuldung sich ergeben hat.“ 147 Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 83 Rn. 6. 148 BGBl. 2020 I 3256. 149 BGH II ZR 204/09, NJW 2011, 2427 Rn. 20; BGH II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 (190 ff.) = NJW 1994, 2220; BeckOGK AktG/Fleischer AktG § 92 Rn. 21; GroßkommAktG/Habersack/Foerster AktG § 92 Rn. 126; Habersack/Foerster ZHR 178 (2014), 387 (390); Kruth NZI 2014, 981 (983 f.); NSH/Haas § 64 Rn. 15 ff.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

lichst schnell aus dem Geschäftsverkehr entfernen. Das Zahlungsverbot verhindere hingegen die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger. Insofern gehe das Zahlungsverbot über die Ziele der Insolvenzantragspflicht hinaus.150 Dass der Gesetzgeber des MoMiG die Insolvenzantragspflicht in § 15a Abs. 1 InsO regelte und die Zahlungsverbote auf die Einzelgesetze verteilt ließ, fassten die Vertreter dieser Lehre als Bestätigung ihrer Ansicht auf.151 Auch nach der Wiedervereinigung der Insolvenzantragspflicht und der Zahlungsverbote in der InsO geht ein Teil der Lehre von einer strengen Trennung von Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverboten aus.152 Diese Trennung ging schon vor Einführung des § 15b InsO fehl. Denn teleologisch kann nicht angezweifelt werden, dass die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote jeweils das Ziel verfolgen, die Insolvenzmasse zu erhalten, um so jedem Gläubiger eine möglichst weitreichende Befriedigung zu ermöglichen. Die Insolvenzgläubiger sollen vor einem Schaden bewahrt werden, der durch die Weiterführung des Unternehmens trotz Insolvenzreife entstehen könnte.153 Erkennt man dies, liegt auf der Hand, dass die Insolvenzantragspflicht und die Haftung für verbotene Zahlungen kaum zu trennen sind. Denn ohne Verletzung der Insolvenzantragspflicht liegt in der Regel gar keine „verbotene“ Zahlung vor und bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird zusätzlich eine verbotene Zahlung erforderlich sein, damit die Gesamtgläubigerschaft überhaupt einen Schaden erleidet.154

150

Habersack/Foerster ZHR 178 (2014), 387 (390 f.); im Ansatz ähnlich Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 22, der allerdings im Ergebnis trotzdem eine Begrenzung des Haftungsumfangs annimmt. 151 Gehrlein ZHR 181 (2017), 482 (493); Habersack/Foerster ZGR 2016, 153 (160 f.); Habersack/Foerster ZHR 178 (2014), 387 (395); Kruth NZI 2014, 981 (983); Müller DB 2015, 723 (724); von Woedtke GmbHR 2016, 280 (283). 152 HCL/Casper GmbHG Anh. § 62 Rn. 103 f.; HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 11; anders jetzt Gehrlein DB 2020, 2393 (2394). 153 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 5 f., 150, 160; Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1414 f.); Altmeppen ZIP 2021, 2413 (2415); Altmeppen ZIP 2020, 937 (939); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (17); Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 1 f.; Brinkmann ZIP 2020, 2361 (2367); Graf-Schlicker/Bremen InsO § 15b Rn. 1; K. Schmidt ZIP 2005, 2177 (2183); K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 2; das hat auch der EuGH in seinem Kornhaas-Urteil hervorgehoben, indem er die Regelungen über die Insolvenzantragspflicht und die Zahlungsverbote einheitlich in den Anwendungsbereich des Art. 4 EuInsVO (heute Art. 7 Abs. 2 EuInsVO) einordnete, EuGH C-594/14, NJW 2016, 223 Rn. 19; dazu Altmeppen IWRZ 2017, 107; vgl. ferner die Gesetzesbegründung zu § 15b InsO: Über die Zahlungsverbote soll die künftige Insolvenzmasse im Interesse der künftigen Insolvenzgläubiger vor einer Schmälerung bewahrt werden, Begr. RegE SanInsFoG, BT-Drs. 19/24181, S. 193. 154 Letzteres wäre beispielsweise der Fall, wenn der Börsenkurs eines Aktienpakets der Gesellschaft abstürzte, vgl. Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1414 f.); ferner Altmeppen ZIP

§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern

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Schon der Gesetzgeber des ADHGB brachte diesen engen Zusammenhang der Massesicherungspflichten zum Ausdruck, indem er anordnete, die Ersatzpflicht der Vorstandsmitglieder müsse eintreten, wenn „sie entgegen der Vorschrift des Art. 240 II (sc. entgegen der Insolvenzantragspflicht) noch Zahlungen aus dem Vermögen der Gesellschaft leisten, obwohl von ihnen die Eröffnung des Konkurses beantragt werden musste“.155 Der historische Gesetzgeber wollte also vermeiden, dass die Gläubigerschaft infolge der Masseschmälerung nach Eintritt der Insolvenzreife einen Gesamtschaden erleidet.156 Das ist durch die gesetzliche Änderung mit dem SanInsFoG nun wieder systematisch eindeutig und durch den Gesetzgeber in seiner Begründung hervorgehoben worden.157 Um die Gläubiger nicht zu schädigen, muss der Geschäftsleiter das Unternehmen also stilllegen (Insolvenzantragspflicht) und darf keine weiteren Leistungen mehr erbringen (Zahlungsverbot).158 Die historische, systematische und teleologische Zusammengehörigkeit beider Massesicherungspflichten ergibt daher, dass ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife grundsätzlich der gesamte Geschäftsbetrieb eingestellt werden muss. cc) Zum Begriff der Zahlungen Erkennt man, dass die Massesicherungspflichten beide dem Zweck dienen, eine Schmälerung der Masse durch das Weiterbetreiben des Unternehmens zu verhindern, offenbart sich der Begriff der Zahlungen als Fehlkonstruktion des Gesetzgebers des ADHGB von 1861. In der Rechtsprechung und Literatur wird der Begriff der Zahlungen denkbar weit ausgelegt. Er umfasst nach der überwiegenden Ansicht sämtliche

2023, 721 (724); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (17); K. Schmidt ZIP 2005, 2177 (2183); ähnlich KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 13. 155 Allgemeine Begründung zum Gesetzesentwurf von 1884, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 508. 156 Altmeppen ZIP 2023, 721 (726); Altmeppen ZIP 2020, 937 (941); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (17); Altmeppen NZG 2016, 521 (525). 157 Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 193: „Mit Letzteren (sc. den Regelungen zur Insolvenzantragspflicht) stehen sie (sc. die Regelungen zu den Zahlungsverboten) in einem engen entstehungsgeschichtlichen Zusammenhang, der bis zum Inkrafttreten des [MoMiG] auch durch einen engen systematischen Zusammenhang zum Ausdruck kam.“; Der Gesetzgeber des MoMiG wollte mit der Verschiebung der Insolvenzantragspflicht in die InsO allerdings gar nicht zum Ausdruck bringen, dass diese von den Zahlungsverboten streng zu trennen sei; vielmehr ging es ihm darum, auch Auslandsgesellschaften in den Anwendungsbereich der Insolvenzantragspflicht zu bringen, vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drs. 16/6140, S. 55. 158 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 149; Altmeppen ZIP 2020, 937 (941); Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678); K. Schmidt ZIP 2005, 2177 (2183).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

Transaktionen, die zu einer Verkürzung der Masse führen.159 Die bloße Begründung von Verbindlichkeiten soll nicht erfasst sein, weil diese nicht unmittelbar zu einem Liquiditätsabfluss führe.160 Die Transaktion muss nach überwiegender Ansicht auf ein Verhalten des Geschäftsführers zurückgeführt werden können, weshalb dieser nicht für während der Verschleppungsphase eingetretene Zufallsschäden hafte.161 Bei genauer Betrachtung erweist sich das Verständnis der überwiegenden Ansicht für den Begriff der Zahlungen als nicht weit genug. Die richtige Auslegung des Zahlungsbegriffs ergibt sich erst durch eine Gesamtbetrachtung des Zahlungsbegriffs nach § 15b Abs. 1 InsO und der Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO. Der Wortlaut der Norm ist insofern einer teleologischen Korrektur zu unterziehen. Die beiden Massesicherungspflichten führen zusammen dazu, dass das Unternehmen im Zeitpunkt der Insolvenzreife stillgelegt werden muss und der Geschäftsbetrieb nicht weiter aufrechterhalten werden darf. Legt man dies zugrunde, muss in der Konsequenz das Zahlungsverbot in § 15b Abs. 1 InsO so weit ausgelegt werden, dass nicht nur das Leisten von „Zahlungen“, sondern der gesamte Geschäftsbetrieb verboten ist. Darunter fällt auch die nach der überwiegenden Ansicht nicht erfasste Begründung von Verbindlichkeiten.162 Ob sich die Begründung der Verbindlichkeit letztlich haftungsbegründend auswirkt, ist hingegen eine Frage des § 15b Abs. 4 InsO.163 Ebenso erfasst sind nach dieser weiten Auslegung Zufallsschäden, die nicht direkt auf einer Handlung des Geschäftsleiters beruhen.164 Für die hier interessierende Phase ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird diese Auslegung auch durch die Straftatbestände des § 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO (wie auch durch beispielsweise § 283 StGB) unterstrichen. Diese verbieten die Fortsetzung der unternehmerischen Tätigkeit bei 159

Begr. RegE SanInsFoG, BT-Drs. 19/24181, S. 194; ausführlich Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 173 ff.; Altmeppen ZIP 2013, 801; ferner BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 11; Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 8; Graf-Schlicker/Bremen InsO § 15b Rn. 10; HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 24; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 8; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 16; Lieder/Wagner ZGR 2021, 495 (524); K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 21. 160 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 176; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 8. 161 Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 19; K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 23. 162 So auch Altmeppen ZIP 1997, 1173; ähnlich Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678) mit dem Argument, wenn die Erfüllung einer Pflicht gegen das Zahlungsverbot verstoße, müsse zwangsweise schon die Begründung der Verbindlichkeit verboten sein; so auch noch Roth/Altmeppen/Altmeppen, 6. Aufl. 2009, GmbHG § 64 Rn. 11; jetzt anders Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 176. 163 Dazu → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc). 164 Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (4).

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Insolvenzreife. § 15a Abs. 4 und Abs. 5 InsO stellen entgegen der überwiegenden Ansicht, die von einem Unterlassungsdelikt ausgeht,165 ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt in Form eines Tätigkeitsdelikt dar: Die weitere Geschäftstätigkeit trotz Insolvenzreife wird unter Strafe gestellt. Dass eine Schädigung der Gläubigergesamtheit gerade nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, zeigt, dass der Gesetzgeber die Insolvenzverschleppung unabhängig davon missbilligt, ob die weitere Geschäftstätigkeit letztlich zu einem die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO begründenden Schaden führt.166 Für diese Auslegung spricht auch § 15b Abs. 3 InsO: Bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht kommen Zahlungen, die mit der mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers vereinbar sind, in der Regel nicht in Betracht, sodass die weitere Geschäftstätigkeit über § 15b Abs. 1 S. 2 InsO nicht zu rechtfertigen ist. Es ist also festzuhalten, dass die Zahlungsverbote des § 15b Abs. 1 InsO weiter zu verstehen sind, als die überwiegende Ansicht dies bisher erkennt. Verboten ist ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht jede weitere geschäftliche Betätigung. Der Geschäftsleiter wirtschaftet ab Eintritt der Insolvenzreife auf eigenes Risiko.167 Dies lässt sich nicht nur teleologisch rechtfertigen, sondern entspricht auch der Gesetzeshistorie der Massesicherungspflichten. Darüber hinaus ist das weite Verständnis auch nicht unbillig, weil letztlich nicht jede weitere Geschäftstätigkeit zu einer Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO führt, sondern nur die gesamte Masseverkürzung, die in der Verschleppungsphase eintritt.168 dd) Konsequenz der Zahlungsverbote für die Verlustausgleichspflicht Die Zahlungsverbote wie auch die Insolvenzantragspflicht führen also dazu, dass die Geschäftstätigkeit der insolvenzreifen Gesellschaft eingestellt wer165 BGH 1 StR 423/17, BGH 5 StR 166/08, BGHSt 53, 24 Rn. 22 = NJW 2009, 157; BGH 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371 (380) = NJW 1980, 406; BGH 2 StR 65/60, BGHSt 14, 280 (281); Graf-Schlicker/Bremen InsO § 15a Rn. 18; KPBJ/Steffek InsO § 15a Rn. 85; MüKoInsO/Klöhn InsO § 15a Rn. 323; Scholz/Rönnau Vorb. zu GmbHG §§ 82 ff. Rn. 31. 166 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 113; Altmeppen ZIP 2015, 949 (952); K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15a Rn. 50. 167 Altmeppen FS Goette 2011, 1 (13); Altmeppen ZIP 2001, 2201 (2207); Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678); Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 15b Rn. 26; das insofern vor Inkrafttreten des § 15b InsO vorgebrachte Argument von Müller DB 2015, 723 (724), eine Gesamtbetrachtung könne den Geschäftsleiter dazu veranlassen, in der Hoffnung auf Besserung das Unternehmen trotz Insolvenzreife weiterzuführen, weshalb die Gesamtbetrachtung eine untaugliche Herangehensweise sei, war auch schon unter Geltung der alten Rechtslage unsinnig, weil die Anerkennung kompensierender Gegenleistungen gerade nichts an der Missbilligung der Insolvenzverschleppung an sich ändert; dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) bb). 168 Zu dieser Haftung noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc).

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den muss. Käme das herrschende Unternehmen seiner Verlustausgleichspflicht nach, wäre dies eine vorrangige Befriedigung eines Gläubigers, namentlich der abhängigen Gesellschaft. Das bedeutet allerdings nicht, dass der bereits bestehende Verlustausgleichsanspruch der abhängigen Gesellschaft wegfällt oder nicht mehr durchsetzbar ist; die Zahlungsverbote begründen gerade keine Einrede oder Einwendung. Die eigene Insolvenz kann schon deshalb kein Leistungsverweigerungsrecht ergeben, weil die Massesicherungspflichten ausschließlich die Gläubigerschaft, nicht aber den Insolvenzschuldner schützen sollen.169 Vielmehr ist es Ausdruck der par conditio creditorum, dass die Gläubiger, zu denen auch die abhängige Gesellschaft mit ihrem Verlustausgleichsanspruch zählt, ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife keine Befriedigung mehr erhalten. Sie können allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den Geschäftsleiter geltend machen beziehungsweise ihre Quote erhalten. Jeder „Altgläubiger“ hätte rechtzeitig für seine Befriedigung oder für die Sicherung seines Anspruchs sorgen müssen, damit ihm kein Schaden entsteht.170 ee) Verbot der weiteren Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft? Wenn die Mutter ihre Geschäftstätigkeit aufgrund der Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO vollständig einzustellen hat, stellt sich die Frage, ob diese Pflicht auch die Tochtergesellschaft trifft. Zwar ist grundsätzlich nur dem Geschäftsleiter der insolventen Gesellschaft jede weitere „Zahlung“ verboten. Teilweise wird aber diskutiert, ob eine Geschäftstätigkeit auf Seiten der Tochtergesellschaft als „Zahlung“ der Mutter eingeordnet werden könne, weil diese die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG mit sich bringe. Begründet wird diese Annahme damit, dass die Muttergesellschaft durch ihre Weisungsbefugnis aus § 308 AktG jederzeit auf das Vermögen der Tochtergesellschaft zugreifen könne. Deshalb sei die Liquidität der beherrschten Gesellschaft auch bei der Frage nach der Insolvenzreife der Muttergesellschaft einzubeziehen.171 Diese Überlegungen gehen vollständig fehl: Das Weisungsrecht ist automatisch suspendiert, wenn das herrschende Unternehmen seiner Verlustausgleichspflicht voraussichtlich nicht mehr nachkommen kann. Daher kann das Vermögen der abhängigen Gesellschaft selbstverständlich nicht bei der Überlegung einbezogen werden, ob das herrschende Unternehmen insolvenzreif ist. Im Gegenteil würde diese Herangehensweise die Dinge geradezu auf den Kopf stellen: Selbstverständlich darf das herrschende Unternehmen nicht auf

169

Altmeppen ZIP 2013, 801 (807). Altmeppen ZIP 2020, 1 (2 f.). 171 KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 79; ähnlich Lutter/Hommelhoff/Kleindiek InsO § 15b Rn. 34; MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 54. 170

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die Liquidität seiner Tochtergesellschaft zugreifen, um sich vor der eigenen Insolvenz zu retten. Das herrschende Unternehmen hat die Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft zu garantieren, nicht umgekehrt. e) Konsequenzen für den Vertragskonzern Die aufgezeigte Suspendierung der einzelnen Rechte und Pflichten aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag führt in Kombination mit der den Massesicherungspflichten zugrundeliegenden Wertung dazu, dass der Vertragskonzern ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr betrieben werden darf. Insbesondere durch die Suspendierung des Weisungsrechts wird dem herrschenden Unternehmen die Grundlage für die Durchsetzung der einheitlichen Leitung entzogen. f) Zur Frage des außerordentlichen Kündigungsrechts Kommt man also zu dem Schluss, dass bei Insolvenzreife der Mutter der Konzern nicht mehr weiter betrieben werden darf, stellt sich die Frage, ob die Tochter (oder sogar die Mutter) den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag außerordentlich nach § 297 Abs. 1 AktG kündigen kann. In § 297 Abs. 1 S. 2 AktG wird als wichtiger Grund für die Kündigung explizit die voraussichtliche Nichterfüllbarkeit der vertraglichen Pflichten aufgeführt.172 aa) Kündigungsrecht der Tochter Spätestens ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht steht der Tochtergesellschaft ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, da dann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann, dass die Mutter ihre Probleme nicht mehr kurzfristig beheben kann.173 Hinsichtlich des relevanten Zeitpunktes für die Kündigung kommt es darauf an, dass eine Gefährdungslage eingetreten ist, in der der Verlustausgleichsanspruch akut gefährdet ist. Mit dem

172 Die Verfasser der ergänzenden Stellungnahme zu konzernrechtlichen Bestimmungen im Referentenentwurf eines Aktiengesetzes (S. 25) hielten dies für so selbstverständlich, dass sie die entsprechende Regelung in § 273 RefE als überflüssig und das Regelbeispiel der voraussichtlichen Nichterfüllbarkeit der bestehenden Verpflichtungen sogar als verfehlt einstuften. Letzteres könne zu dem Irrtum in der Öffentlichkeit führen, dass bei einer außerordentlichen Kündigung stets der als Beispielsfall aufgeführte Kündigungsgrund vorliege. 173 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 11; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21; Grigoleit/Servatius AktG § 297 Rn. 36; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 24; Henssler/Strohn/Paschos AktG § 297 Rn. 3; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 297 Rn. 13; Koch AktG § 297 Rn. 4; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 18; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 202; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 20; K. Schmidt/Langenbucher AktG § 297 Rn. 4; Wachter/Müller AktG § 297 Rn. 4.

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gewählten Zeitpunkt der Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist dieser Zeitpunkt stets erreicht. Davor ist eine Einzelfallbetrachtung erforderlich. Eine Kündigungspflicht kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Geschäftsleiter der Tochter nicht zur ständigen Überprüfung der Bonität der Mutter verpflichtet ist.174 Insbesondere folgt keine Kündigungspflicht aus den Pflichten des Geschäftsleiter zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung, § 93 Abs. 1 S. 1 AktG: Die automatische Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Vertragskonzern führt gerade dazu, dass für die abhängige Gesellschaft keine Gefährdung eintritt, die eine Kündigungspflicht rechtfertigen würde. Auch der Gläubigerschutz führt nicht zu einer Kündigungspflicht: Ohne taugliches Äquivalent in Form des vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs finden die Kapitalbindungsregeln wieder uneingeschränkte Anwendung.175 bb) Kündigungsrecht der Mutter Ein Kündigungsrecht der Mutter lässt sich hingegen nicht begründen, weil sie das Risiko ihrer Insolvenz selbst trägt. Das zeigt der Wortlaut des § 297 Abs. 1 AktG und entspricht daneben der der außerordentlichen Kündigung zugrundeliegenden Wertung: Die Kündigung aus wichtigem Grund dient (selbstverständlich) dem Schutz des Vertragspartners, im hier interessierenden Fall also der Tochter.176 Das Kündigungsrecht soll ermöglichen, sich vom Vertrag zu lösen, wenn das weitere Festhalten an diesem für den Vertragspartner unzumutbar wird.177 Noch fernliegender ist die Begründung, das herrschende Unternehmen dürfe nicht gezwungen werden, bis zu seinem eigenen Untergang zu erfüllen.178 Aus den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts ergibt sich, dass sich ein Schuldner nicht dadurch entlasten kann, dass sein Vermögen den Anspruch nicht deckt. Vielmehr hat jeder Vertragsteil die wirtschaftlichen Risiken selbst zu tragen, die sich aus der Vertragsdurchführung ergeben.179 In § 279 BGB in der Fassung bis zum 31.12.2001 war dieser Grundsatz auch gesetz-

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Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) gg). Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21a; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 20; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 1046. 176 K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 297 Rn. 2. 177 Trendelenburg NJW 2002, 647 (650). 178 So Hölters/Weber/Deilmann AktG § 297 Rn. 14; Koch AktG § 297 Rn. 5; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 18; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 202; Trendelenburg NJW 2002, 647 (650); Wilken/Ziems FS Metzeler 2003, 153 (156). 179 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 17; Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2046); GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 27; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 22; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 35; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 297 Rn. 5; Trendelenburg NJW 2002, 647 (650). 175

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lich verankert.180 Auch für den Fall, dass das herrschende Unternehmen sein eigenes Unvermögen nicht zu vertreten hat, ist ein Kündigungsrecht zu verneinen.181 Denn das Kündigungsrecht setzt gerade kein Verschulden eines Vertragsteils voraus. Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass die eigene Leistungsfähigkeit einzig in der Risikosphäre des herrschenden Unternehmens liegt. Nur in dem Ausnahmefall, dass die Tochter die Vertragsdurchführung trotz des Hinweises der Mutter auf ihr eigenes Unvermögen verweigert, allerdings nicht von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch macht, könnte man ein außerordentliches Kündigungsrecht der Mutter in Erwägung ziehen.182 Allerdings ist die Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag gerade die automatische Konsequenz der Wertung, die den Unternehmensverträgen zugrunde liegt, die insbesondere nicht von einer Verweigerung der Tochter abhängig ist. Daher kann man es der Tochter nicht zum Vorwurf machen, wenn sie sich nur auf diese automatische Suspendierung beruft, die Vertragsdurchführung also verweigert, ohne aber von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Im Ergebnis ist also das Kündigungsrecht der Mutter in jedem Fall zu verneinen.183 g) Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage Aus § 313 BGB oder den „Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage“ ergibt sich keine gesonderte Beendigungsmöglichkeit für die Unternehmensverträge, etwa ein Kündigungsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB.184 Geschäftsgrundlage meint die Vorstellung, die beiden Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrags zugrunde lag, wobei in die Beurteilung der Unzumutbarkeit insbesondere die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung einzubeziehen sind. So gilt beispielsweise der Grundsatz, dass der Schuldner

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§ 279 BGB lautete: „Ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt.“ – zwar handelt es sich bei der Geldschuld nicht um eine Gattungsschuld, weil es Geld mittlerer Art und Güte (vgl. § 243 Abs. 1 BGB) schon gar nicht gibt. Dennoch kann aus § 279 BGB aF der allgemeine Gedanke abgeleitet werden, dass sich der Schuldner bei beschaffbaren Gegenständen – und darunter fallen neben den Gattungsschulden auch Geldschulden – nicht auf das eigene Unvermögen berufen kann, aA Löffler Das Argument der Existenzgefährdung im Zivilrecht, S. 58. 181 AA BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 17; Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2046). 182 So MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 35. 183 Im Ergebnis ähnlich Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 348. 184 So aber GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 27.

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sich nicht entlasten kann, wenn sein Vermögen den Anspruch nicht deckt, auch im Rahmen des § 313 BGB.185 Damit die Bonität der Muttergesellschaft also eine Geschäftsgrundlage darstellt, die mit Eintritt der Insolvenzreife wegfallen würde, müsste sich begründen lassen, dass die Parteien dem Unternehmensvertrag eine andere als die gesetzliche Risikoverteilung zugrunde gelegt haben. Gewiss gingen beide Parteien davon aus, dass die Muttergesellschaft nicht in finanzielle Schieflage geraten würde. Allerdings kann schwerlich von einem hypothetischen Parteiwillen dahingehend ausgegangen werden, dass das Risiko der Verschlechterung der Vermögenssituation des herrschenden Unternehmens auf die abhängige Gesellschaft (mit-)verlagert werden sollte.186 Damit stellt die Solvenz des herrschenden Unternehmens keine Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB dar. Des Weiteren ist § 313 BGB subsidiär und tritt deshalb stets hinter den gesetzlichen Beendigungsmöglichkeiten, also § 297 Abs. 1 AktG zurück.187 Dies lässt sich durch einen Blick in die Gesetzeshistorie erklären: Vor Inkrafttreten des § 313 BGB wurde die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage auf § 242 BGB gestützt.188 § 242 BGB ist als Auffangtatbestand stets subsidiär. Der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes wollte diese Lehre lediglich kodifizieren.189 4. Haftungsfragen Es hat sich gezeigt, dass der Vertragskonzern ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr betrieben werden darf. Soweit sich die beteiligten Gesellschaften nicht an dieses Verbot halten, stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage die Gesellschaften sowie die Geschäftsleiter haften. a) Haftung der Muttergesellschaft Im Fall der Insolvenzreife der Muttergesellschaft sind etwaige (Haftungs-) Ansprüche gegen diese nicht mehr werthaltig, weshalb sie in der Regel für die abhängige Gesellschaft sowie deren Gläubiger wenig interessant sein dürften.

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BeckOGK BGB/Martens BGB § 313 Rn. 290; BeckOK BGB/Lorenz BGB § 313 Rn. 50; MüKoBGB/Finkenauer BGB § 313 Rn. 225. 186 Vgl. MüKoBGB/Finkenauer BGB § 313 Rn. 225. 187 BeckOGK BGB/Martens BGB § 313 Rn. 122; BeckOK BGB/Lorenz BGB § 313 Rn. 2 f.; Jauernig/Stadler BGB § 313 Rn. 12; MüKoBGB/Finkenauer BGB § 313 Rn. 52. 188 So bereits RG III 143/20, RGZ 100, 129 (131); RG II 640/21, RGZ 103, 328 (332); ausführlich zur Entstehungsgerichte mit zahlreichen Nachweisen BeckOGK BGB/Martens BGB § 313 Rn. 12 ff. 189 Begr. RegE, BT-Drs. 14/6040, S. 93.

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aa) Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB Bei Erteilung rechtswidriger Weisungen durch den Geschäftsleiter der Muttergesellschaft kommt es zu einer Haftung der Muttergesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts, § 280 Abs. 1 BGB. Die Pflicht, rechtmäßige Weisungen zu erteilen, geht direkt aus dem Unternehmensvertrag hervor. Dies gilt trotz des grundsätzlich organisationsvertraglichen Charakters des Unternehmensvertrags, weil der Unternehmensvertrag auch schuldrechtliche Verpflichtungen mit sich bringt.190 Die organisationsvertraglichen Besonderheiten lassen sich durch eine Heranziehung der Wertung aus § 309 Abs. 3–5 AktG hinreichend berücksichtigen.191 Das Verschulden des Geschäftsleiters wird dem herrschenden Unternehmen zugerechnet, § 31 BGB analog.192 Da im Zeitpunkt der Verletzung der Insolvenzantragspflicht jede Weisung rechtswidrig ist, führen daraus entstehende Schäden folglich zu einer Schadensersatzpflicht des herrschenden Unternehmens. bb) Haftung aus § 309 AktG analog § 309 AktG regelt die Direkthaftung des Geschäftsleiters des herrschenden Unternehmens gegenüber der abhängigen Gesellschaft, soll also über die fehlende Organbeziehung zwischen dem Konzerngeschäftsleiter und der abhängigen Gesellschaft hinweghelfen.193 Der Gesetzgeber des Aktiengesetzes von 1965 hat eine Direkthaftung des herrschenden Unternehmens für rechtswidrige Weisungen nicht eigens geregelt, weil sich eine solche Haftung schon aus „allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf Grund des Vertrags“ ergebe.194 Da also aufgrund der vertraglichen Haftung der Muttergesellschaft schon keine planwidrige Regelungslücke besteht und daneben die Schutzrichtung des § 309 AktG nicht auf das herrschende Unternehmen passt, ist für eine analoge Anwendung des § 309 AktG kein Raum.195

190

Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. a); ferner GroßkommAktG/Hirte AktG § 309 Rn. 36. 191 Ebenso Koch AktG § 309 Rn. 27; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 309 Rn. 37; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 309 Rn. 41 f. 192 Emmerich/Habersack KonzernR § 23 VII. 4. Rn. 58; Grigoleit/Servatius AktG § 309 Rn. 16; GroßkommAktG/Hirte AktG § 309 Rn. 31; Koch AktG § 309 Rn. 27; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 144 f. 193 Dazu gleich noch → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) aa). 194 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 404 f. 195 K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 309 Rn. 43; offengelassen bei MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 145.

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cc) Haftung aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB Die Muttergesellschaft haftet daneben aus § 823 BGB, wobei ihr das Verschulden des eigenen Geschäftsleiters über § 31 BGB analog zugerechnet wird.196 Der Geschäftsleiter ist mangels persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses kein Verrichtungsgehilfe der Mutter, weshalb eine Haftung der Mutter nach § 831 BGB nicht in Betracht kommt.197 Ebenso ist die Tochtergesellschaft, die Weisungen der Muttergesellschaft ausführt, kein Verrichtungsgehilfe der Muttergesellschaft, da die Tochtergesellschaft im Gegensatz zum Verrichtungsgehilfen ihre Selbstständigkeit nicht verliert.198 In Vertragskonzernverhältnissen ist zwar die Weisungsgebundenheit, die § 831 Abs. 1 BGB verlangt, grundsätzlich zu bejahen; § 831 Abs. 1 BGB erfordert allerdings, dass der Verrichtungsgehilfe in den Organisationskreis des Geschäftsherrn eingegliedert ist. Die Tochtergesellschaft wird trotz der Weisungsgebundenheit in ihrem eigenen Wirkungskreis tätig, welcher freilich auf das Interesse des Gesamtkonzerns ausgerichtet ist.199 Zusätzlich zeigt die Entstehungsgeschichte des § 831 BGB, dass dieser auf die natürliche Person als Verrichtungsgehilfe ausgerichtet ist.200 dd) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung § 303 AktG Neben der Direkthaftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft kommt eine Inanspruchnahme des herrschenden Unternehmens durch die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft in Betracht: § 303 AktG sieht für den Fall der Beendigung des Unternehmensvertrags einen Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung vor. Hintergrund des Anspruchs ist der Wegfall der Verlustausgleichspflicht infolge der Vertragsbeendigung.201 Die Verlustausgleichs196 Zu den verschiedenen Haftungstatsbeständen zu Lasten des Geschäftsleiters der Muttergesellschaft, für die eine Zurechnung über § 31 BGB in Frage kommt → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) dd) und ee). 197 BeckOGK BGB/Spindler BGB § 831 Rn. 27; MüKoBGB/Wagner BGB § 831 Rn. 20. 198 BeckOGK BGB/Spindler BGB § 831 Rn. 27.1; MüKoAktG/Spindler AktG § 93 Rn. 404; MüKoBGB/Wagner BGB § 831 Rn. 17; iErg ebenso Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 130; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 409 f.; aA Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften, S. 15; zu dieser Frage noch einmal ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (b). 199 BeckOGK BGB/Spindler BGB § 831 Rn. 27.1; MüKoBGB/Wagner BGB § 831 Rn. 17; Staudinger/Bernau BGB § 831 Rn. 108; der BGH hat in Einzelfällen eine Haftung des herrschenden Unternehmens über § 831 BGB bejaht BGH XI ZR 70/88, ZIP 1989, 830 (833); BGH VI ZR 174/11, NJW 2013, 1002 Rn. 15 f.; BGH I ZR 105/10, GRUR 2012, 1279 Rn. 45; zust. BeckOK BGB/Förster BGB § 831 Rn. 21.1; Erman/Wilhelmi BGB § 831 Rn. 6; Rehbinder Konzernaußenrecht und allgemeines Privatrecht, S. 529 ff. 200 Motive II, S. 736 f. 201 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 392 f.

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pflicht ist oftmals der ausschlaggebende Grund für die Gewährung eines Kredits – wenn diese wegfällt, geht den Gläubigern die „Garantie“ verloren, die sie überhaupt zu Geschäften mit der abhängigen Gesellschaft bewogen hat. Vor diesem Hintergrund zieht die überwiegende Ansicht eine analoge Anwendung des § 303 AktG für den Fall in Betracht, dass die Verlustübernahmepflicht ohne tatsächliche Vertragsbeendigung ausgesetzt wird.202 Die Aussetzung der Verlustausgleichspflicht trotz Fortbestehens des Unternehmensvertrags ist vom Gesetzgeber nicht bedacht worden. Die Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO führen dazu, dass das herrschende Unternehmen spätestens ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht seiner Verlustausgleich nicht mehr nachkommen darf. Der Unternehmensvertrag ist allerdings nicht beendet, es kommt nur zu einer Suspendierung der sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten. Da der Gesetzgeber mit § 303 AktG die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft davor schützen wollte, dass durch den Wegfall der Verlustausgleichspflicht die mittelbare Haftung des herrschenden Unternehmens für die Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft endet, besteht im vorliegenden Fall eine Schutzlücke. Diese ist im Wege einer Analogie zu § 303 AktG zu schließen, sodass die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft gegen das herrschende Unternehmen einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben. Dieser ist im Insolvenzfall freilich nicht werthaltig und darf aufgrund der Massesicherungspflichten nicht durch das herrschende Unternehmen bedient werden. Da es mangels Eintragung im Handelsregister an einem fristauslösenden Ereignis fehlt, fängt die Frist des § 303 Abs. 1 AktG nicht an zu laufen.203 b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter Die Haftung der Mutter nützt den Gläubigern und der Tochter nichts, wenn und weil die Mutter insolvent ist. Deutlich relevanter ist in der Praxis daher die Haftung des Geschäftsleiters der Tochter. aa) Haftung aus § 309 AktG § 309 Abs. 1 AktG normiert die zur Leitungsmacht des § 308 AktG korrespondierende Verantwortung des Geschäftsleiters des herrschenden Unternehmens, die bei der Erteilung von Weisungen anzuwenden ist.204 Bei der Verletzung der erforderlichen Sorgfalt, begründet § 309 Abs. 2 AktG eine 202

Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 303 Rn. 5; GroßkommAktG/Hirte AktG § 303 Rn. 10; Koch AktG § 303 Rn. 2; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 303 Rn. 10; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (530). 203 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 36. 204 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 404; dazu MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 1.

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Direkthaftung des persönlich agierenden Geschäftsleiters gegenüber der abhängigen Gesellschaft. Die bloße interne Haftung des Geschäftsleiters gegenüber seiner Anstellungskörperschaft über § 93 AktG oder § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB hielt der Gesetzgeber nicht für ausreichend, da diese abbedungen oder aus sonstigen Gründen nicht geltend gemacht werden könne.205 Ein eigener Schadensersatzanspruch des Konzerns gegen den Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens war schon deshalb nicht denkbar, weil der Konzern nicht rechtsfähig ist und damit nicht Inhaber etwaiger Schadensersatzansprüche werden kann.206 Aus der Suspendierung des Weisungsrechts der Mutter ergibt sich die Rechtswidrigkeit dennoch erteilter Weisungen, sodass der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens in die persönliche Haftung nach § 309 Abs. 2 S. 1 AktG gerät. Er ist dazu verpflichtet, die Tochter vor Ausfallschäden zu schützen, die sich aus einem nicht mehr vollwertigen Verlustausgleichsanspruch ergeben.207 Der Schadensersatzanspruch des § 309 AktG ist auf den Ersatz des vollen Schadens der abhängigen Gesellschaft gerichtet, sodass ein Ausgleich durch Begünstigung anderer Konzernunternehmen nicht in Betracht kommt.208 Darüber hinaus hat der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens stets die Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs zu kontrollieren und den Tochtervorstand auf die Suspendierung der Vertragspflichten hinzuweisen. Da § 309 Abs. 2 S. 1 AktG aber nur auf rechtswidrige Weisungen Bezug nimmt, muss die Norm in Bezug auf die Informationspflichten ausgeweitet werden, um die Haftung des gesetzlichen Vertreters der Mutter für fehlende Kontrolle und unterlassene Hinweise zu begründen.209 Wird das Insolvenzverfahren später eröffnet, kann der Insolvenzverwalter den Ersatzanspruch geltend machen, § 309 Abs. 4 S. 5 AktG. Wird der Insolvenzantrag hingegen abgewiesen, steht den Gläubigern das Verfolgungsrecht nach § 309 Abs. 4 S. 3 AktG zu.

205 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 404 f.; dazu MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 2; vgl. dazu auch die strengen Voraussetzungen des § 309 Abs. 3 AktG an Verzicht und Vergleich. 206 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 2; zur Frage der Rechtsfähigkeit des Konzerns bereits ausführlich → Kapitel 2 § 1 B. 207 Altmeppen NZG 2010, 361 (364); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 309 Rn. 65. 208 Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 30 f. 209 Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (12 f.); Altmeppen ZIP 2013, 801 (808); Altmeppen NZG 2010, 361 (364); zu diesen Informationspflichten bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) gg).

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bb) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG Neben die Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG tritt die Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG für die Erteilung rechtswidriger Weisungen.210 Im Fall rechtswidriger Weisungen ist die Anwendung des § 117 Abs. 1 AktG neben den speziellen konzernrechtlichen Vorschriften insbesondere nicht wegen § 117 Abs. 7 AktG ausgeschlossen.211 cc) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO Daneben kommt eine Haftung des Geschäftsleiters der Mutter nach § 15b Abs. 4 InsO in Betracht. Zu ersetzen wäre der Gesamtschaden aller Insolvenzgläubiger, der durch die Verletzung beider Massesicherungspflichten während der Verschleppungsphase eintritt. Da die Rechtsnatur der Haftung aus § 15b Abs. 4 InsO nach wie vor umstritten ist und seit jeher Unklarheit über den Haftungsumfang herrscht, ist eine Einordnung des Haftungstatbestandes erforderlich. (1) Einordnung des Erstattungsanspruchs nach § 15b Abs. 4 InsO Die Erstattungshaftung des § 15b Abs. 4 InsO stellt einen Schadensersatzanspruch dar. Diese Einordnung war bereits vor Inkrafttreten des § 15b InsO umstritten und wurde vom BGH und großen Teilen der Literatur abgelehnt, die die Haftung für verbotene Zahlungen für einen Ersatzanspruch eigener Art hielten.212 Das Hauptargument dieser Ansicht war, dass der Gesetzestext in § 64 S. 1 GmbHG a.F. gar nicht von einem Schaden handele. Dass diese Begründung freilich schon vor Einführung des § 15b Abs. 4 InsO mit seinem nunmehr klaren Wortlaut in S. 2 fehlging, zeigte der Wortlaut der einzelgesetzlichen Bestimmungen zur Haftung für verbotene Zahlungen: § 93 Abs. 3 210 BeckOGK AktG/Schall AktG § 117 Rn. 10; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 117 Rn. 18; Koch AktG § 117 Rn. 14; MüKoAktG/Spindler AktG § 117 Rn. 89. 211 BeckOGK AktG/Schall AktG § 117 Rn. 33; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic AktG § 117 Rn. 25. 212 Zuletzt BGH IV ZR 217/19, BGHZ 227, 279 Rn. 10 ff. = NJW 2021, 231 mit dem absurden Ergebnis, der Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG sei zwar nach wie vor als Ersatzanspruch eigener Art einzuordnen, aber dennoch von einer lediglich auf Schadensersatzansprüche gerichteten D&O-Versicherung erfasst; zust. KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 5; siehe ferner BGH II ZR 2/72, NJW 1974, 1088 (1089); BGH II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 (278) = NJW 2001, 1280; BGH II ZR 78/09, BGHZ 187, 60 (64) = NJW 2011, 221 – Doberlug; BGH II ZR 204/09, NJW 2011, 2427 (2428 Rn. 20); BGH II ZR 337/17, ZIP 2019, 1719 (1720 Rn. 16); BGH II ZR 427/18, ZIP 2020, 666 (668 Rn. 21); BGH II ZR 233/18, ZIP 2020, 318 Rn. 15; aus der Literatur gegen die Einordnung als Schadensersatzanspruch BeckOGK AktG/Fleischer AktG § 92 Rn. 21; Gehrlein ZHR 181 (2017), 482 (491 ff.); Habersack/Foerster ZGR 2016, 153 (180); Lutter/Hommelhoff/Kleindiek InsO § 15b Rn. 6; MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 24; Müller DB 2015, 723.

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Nr. 6 AktG sprach von „Ersatz“, während § 130a Abs. 2 HGB sogar explizit eine Verpflichtung zum „Ersatz des daraus (sc. aus der Verletzung der Insolvenzantragspflicht oder der Zahlungsverbote) entstehenden Schadens“ anordnete.213 Mittlerweile hat auch der Reformgesetzgeber die korrekte Einordnung in seiner Begründung zum neuen § 15b InsO deutlich gemacht:214 Der Gesetzgeber behauptet zwar, die Streitfrage um die Rechtsnatur des Anspruchs solle „nicht abschließend entschieden werden“, vielmehr sollen beide bisher vertretenen Ansätze „zu einem einheitlichen Ansatz verbunden werden“.215 Dies zeigt aber nur, dass es sich bei der Haftung für verbotene Zahlungen um einen „eigenartigen“ Schadensersatzanspruch handelt, bei dem der Schaden nicht bei der Kapitalgesellschaft selbst liegt, sondern bei der Gläubigergesamtheit.216 Aus der einheitlichen Betrachtung der Insolvenzantragspflicht und der Zahlungsverbote folgt auch der Charakter der Haftung wegen verbotener Zahlungen als Dauerdelikt, das der Geschäftsleiter in dem Moment beginnt, in dem er seiner Insolvenzantragspflicht nicht nachkommt und den Geschäftsbetrieb nicht einstellt.217 Die gesetzliche Verortung der Haftung wegen verbotener Zahlungen in der Insolvenzordnung ändert nichts an der deliktsrechtlichen Natur des Anspruchs. Eine Haftung kann auch dann deliktsrechtlicher Natur sein, wenn sie nicht in §§ 823 ff. BGB geregelt ist, wie dies beispielsweise für § 117 AktG anerkannt ist.218

213 Vgl. dazu Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2020, 937 (941); Altmeppen ZIP 2001, 2201 (2208). 214 Der Einordnung als Schadensersatzanspruch hat sich nach der Einführung des § 15b InsO auch ein Teil Literaturstimmen angeschlossen, die bislang von einem Ersatzanspruch eigener Art ausgegangen waren, so zum Beispiel Brinkmann ZIP 2020, 2361 (2367); Lieder/Wagner ZGR 2021, 495 (525 f.); NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 18; MüKoGmbHG/Müller GmbHG § 64 Rn. 162; Müller GmbHR 2021, 737 (741); nach wie vor aA BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 27; HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 110; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 36; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 5. 215 Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, 195. 216 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 156, 167; Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2021, 1 (2). 217 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 158; Altmeppen ZIP 2023, 721 (723 f.); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (18); NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 18; K. Schmidt ZIP 2005, 2177 (2183); ähnlich Müller GmbHR 2021, 737 (741); gegen die deliktsrechtliche Einordnung Graf-Schlicker/Bremen InsO § 15b Rn. 8. 218 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 159; Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1415); BeckOGK AktG/Schall AktG § 117 Rn. 5; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic AktG § 117 Rn. 3; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 117 Rn. 1; Koch AktG § 117 Rn. 2; MüKoAktG/Spindler AktG § 117 Rn. 4; K. Schmidt/Lutter/Witt AktG § 117 Rn. 2.

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(2) Gesamtschaden der Gläubigerschaft als Haftungsgrund des § 15b Abs. 4 InsO Das oben aufgezeigte219 sehr weite Verständnis von § 15b Abs. 1 InsO lässt sich dadurch rechtfertigen, dass nicht jede Geschäftstätigkeit, die vom Zahlungsverbot nach § 15b Abs. 1 InsO erfasst ist, tatsächlich zur Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO führt. Der Haftungsgrund des § 15b Abs. 4 InsO liegt nicht in jeder einzelnen „Zahlung“. Vielmehr löst der während der gesamten Insolvenzverschleppungsphase eingetretene Masseverlust die Haftung aus. Die Vertreter der sog. Trennungslehre wollen den Geschäftsleiter für den Betrag haftbar machen, der sich aus der Summierung aller getätigten Zahlungen ergibt.220 Diese Einordnung sehen sie in der gesetzgeberischen Ausgestaltung des § 15b Abs. 4 S. 2 InsO bestätigt, der die Vermutung aufstelle, dass die Summe der Zahlungen gleichzeitig den Gesamtschaden der Gläubigerschaft darstelle. Hätte der Gesetzgeber nicht jede einzelne Zahlung für haftungsbegründend gehalten, hätte er die Beweislast für das Vorliegen eines geringeren Gesamtschadens nicht dem Geschäftsleiter auferlegt.221 Diese Einordnung geht fehl: Schon aus der zwingenden einheitlichen Betrachtung beider Massesicherungspflichten folgt, dass der Haftungsgrund des § 15b Abs. 4 InsO in der auf der Verletzung beider Massesicherungspflichten beruhenden Masseverkürzung während der gesamten Phase der Insolvenzverschleppung liegt.222 Es ist also eine Gesamtbetrachtung dahingehend anzustellen, wie sich die Insolvenzmasse im Zeitraum der Insolvenzverschleppung verringert hat.223 Die Regelung des § 15b Abs. 4 S. 2 InsO ist als Schritt des

219

→ Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) cc). Gehrlein DB 2020, 2393 (2397); Gehrlein ZHR 181 (2017), 482 (491 ff.); Klöhn/Zell NZG 2022, 836 (840 f.); KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 64 ff.; Krumm WM 2010, 296 (300); Müller DB 2015, 723 (724); NK-GmbHG/Kolmann GmbHG § 64 Rn. 41; Thole BB 2021, 1347 (1353). 221 So ausdrücklich auch die Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 195: „In der Sache läuft dies auf eine […] Vermutung eines Gesamtgläubigerschadens in Höhe der verbotswidrig geleisteten Zahlungen hinaus:“; vgl. ferner Baumert NZG 2021, 443 (447 f.); BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 27; Gehrlein DB 2020, 2393 (2397 f.); Jakobs/Kruth DStR 2021, 2534 (2535); Klöhn/Zell NZG 2022, 836 (840); KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 35; Lieder/Wagner ZGR 2021, 495 (525 ff.); MHLS/Hölzle InsO § 15b Rn. 51; Müller GmbHR 2021, 737 (742); NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 146; K. Schmidt/ K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 20. 222 Altmeppen ZIP 2023, 721 (727); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1415); Altmeppen ZIP 2020, 937 (938); Altmeppen NZG 2016, 521 (525); Altmeppen ZIP 2001, 2201 (2207 f.); Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678); Bitter GmbHR 2022, 57 (66); Bitter ZIP 2021, 321 (328 f.); Bitter FS Knauth 2016, 6 (11); Bitter WM 2001, 666 (670); Casper ZIP 2016, 793 (794); Müller GmbHR 2021, 737 (741); K. Schmidt ZIP 2005, 2177 (2183). 223 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 183 ff.; Altmeppen ZIP 2023, 721 (727); Altmeppen ZIP 2021, 2413 (1417); Altmeppen ZIP 2021, 1; Altmeppen ZIP 2020, 937 (938, 220

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Gesetzgebers in Richtung dieser Gesamtbetrachtung zu sehen.224 Die Ausgestaltung als Vermutung ist freilich vollständig lebensfremd: Die Summe der geleisteten Zahlungen stimmt so gut wie nie mit dem tatsächlichen Gesamtschaden der Gläubigergemeinschaft überein, weil Zahlungen in der Regel dann geleistet werden, wenn sich die Gesellschaft dadurch eine Gegenleistung erhofft.225 Damit widerlegt die Vermutung des § 15b Abs. 4 S. 2 InsO folglich nicht die Gesamtbetrachtung, sondern erweist sich lediglich als lebensfremder Fehlgriff des Gesetzgebers. Die Haftung erstreckt sich folglich auf den während der Verschleppungsphase eingetretenen Gesamtschaden.226 „Schaden“ im Sinne des § 15b Abs. 4 InsO meint anders als seine Vorgängerregelung im ADHGB nicht den Bilanzverlust im handels- und steuerrechtlichen Sinne – die Befriedigung eines Altgläubigers als Grundfall der Zahlungsverbote wäre bilanzneutral –, sondern bezieht sich ausschließlich auf die Verkürzung der Insolvenzmasse.227 Diese Masseverkürzung hat der Insolvenzverwalter zu beweisen; den Geschäftsleiter trifft die Rechenschaftspflicht (vgl. § 666 BGB), dass er den Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt und keine verbotenen Zahlungen geleistet hat. Für die Phase der Insolvenzverschleppung muss er den Enthaftungsnachweis rechtmäßigen Alternativverhaltens erbringen.228 (3) Berücksichtigung kompensierender Gegenleistungen bei der Schadensberechnung Der Schaden darf also nicht durch sture Addition der Zahlungen berechnet werden. Stattdessen sind bei der Berechnung des Gesamtschadens sämtliche kompensierenden Gegenleistungen zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob sie einer konkreten „Zahlung“ zugeordnet werden können oder nicht. Das ergab sich schon vor Inkrafttreten des § 15b Abs. 4 S. 2 InsO aus den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung: Da die Haftung für verbotene Zahlungen ausschließlich darauf gerichtet ist, den Gesamtschaden der Gläubiger zu ersetzen, kann sich der Geschäftsführer selbstverständlich auf kompensierende Gegenleistungen berufen, die zu einem Vorteil der Gläubiger in

942 ff.); Altmeppen NZG 2016, 521 (524 ff.); Altmeppen ZIP 2001, 2201 (2206); Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678); Bitter WM 2001, 666 (671). 224 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 183; Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1414); Bitter GmbHR 2021, 321 (328); Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 44. 225 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 184; Altmeppen ZIP 2023, 721 (723); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1414); Altmeppen ZIP 2021, 2413 (2417); Bitter ZIP 2021, 321 (328 f.); Bitter GmbHR 2020, 1157 (1158); Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 202, 108. 226 Zum Konkurrenzverhältnis mit § 309 AktG bei Schäden, die unmittelbar am Vermögen der Tochtergesellschaft eintreten, aber sogleich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (5). 227 Altmeppen ZIP 2023, 721 (727); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1415). 228 Altmeppen ZIP 2023, 721 (728); dazu gleich noch → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (4).

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Form der Vermehrung der Insolvenzmasse geführt haben.229 An der Missbilligung des Weiterbetreibens des Unternehmens ändert sich dadurch freilich nichts, nicht zuletzt, weil die Strafbarkeit nach § 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO nicht durch die Anerkennung kompensierender Gegenleistungen betroffen wird.230 Diese Überlegung steht im Einklang mit der Gesetzeshistorie: In den Gesetzgebungsmaterialien zur Aktienrechtsnovelle von 1884 wird die Haftung für verbotene Zahlungen in einem Atemzug mit den übrigen Ersatzpflichten des Vorstandes wegen grundkapitalschmälernder Ausschüttungen genannt. Dabei wurde für selbstverständlich gehalten, dass diese eine Ersatzpflicht des Vorstandes gerichtet auf die „Wiederauffüllung“ des Grundkapitals mit sich bringen.231 Soweit das „Kapital“ in Form der Insolvenzmasse also wiederaufgefüllt wird, ist der Ersatzpflicht genüge getan, sodass sich die Höhe der Haftung selbstverständlich reduzieren muss. Dass der Gesetzgeber des SanInsFoG nunmehr wieder an den Gesamtschaden der Gläubigerschaft anknüpft, bestätigt die These, dass nicht jede einzelne Zahlung haftungsbegründend ist, sondern letztlich nur der Gesamtverlust, der in der Insolvenzverschleppungsphase eingetreten ist.232 Die kompensierenden Gegenleistungen sind allerdings nicht dadurch zu berücksichtigen, dass die Zahlung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers nach § 15b Abs. 1 S. 2 InsO entspricht.233 Das ging aber schon vor Inkrafttreten des § 15b Abs. 4 S. 2 InsO fehl, weil in der Insolvenzverschleppungsphase jedes Weiterbetreiben des Unternehmens strafbar ist (§ 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO) und strafbares Verhalten nie der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers entspricht.234 Ebenso darf bei Vorliegen einer kompensierenden Gegenleistung nicht schon die „Zahlung“ an sich mit der Begründung verneint werden, es habe ein bloßer Aktiven229

Grundlegend BGH II ZR 231/13, BGHZ 203, 218 Rn. 9 f. = NZG 2015, 149; BGH II ZR 366/13, BGHZ 206, 52 Rn. 33 = NJW 2015, 2806; BGH II ZR 68/14, NJW 2016, 1092; BGH II ZR 319/15, ZIP 2017, 1619 Rn. 10; Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 179; Altmeppen ZIP 2023, 721 (723 ff.); Altmeppen ZIP 2001, 2201 (2207); KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 36; Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 15b Rn. 26. 230 Altmeppen ZIP 2020, 937 (941). 231 Gutachten des Reichs-Oberhandelsgerichts, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 209. 232 BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 34; Bitter GmbHR 2020, 1157 (1158); Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 43; K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 30; aA HCL/Casper GmbHG Anh. § 62 Rn. 104, der § 15b Abs. 4 S. 2 InsO für eine Bekennung des Gesetzgebers zur Trennungslehre hält, weil dadurch eine Vermutung aufgestellt werde, dass die Summe der einzelnen Zahlungen den Gesamtschaden der Gläubigerschaft abbilde; ähnlich HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 104 ff.; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 69 ff. 233 So KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 22. 234 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) cc).

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tausch stattgefunden.235 Beide Interpretationen widersprechen nicht nur der gesetzgeberischen Entscheidung, den Gesamtschaden der Gläubigerschaft als Haftungsgrund zu erkennen, sondern führen letztlich zurück zur Trennungslehre, weil so jede Gegenleistung wieder der einzelnen Zahlung zugerechnet werden müsste, um zu begründen, ob letztlich eine (ordentliche) „Zahlung“ vorliegt oder nicht. Ebenso ist es falsch, einzelne Zahlungen daraufhin zu betrachten, ob sie möglicherweise trotz Verletzung der Insolvenzantragspflicht noch nach § 15b Abs. 3 InsO „privilegiert“ sein könnten:236 Es geht bei der Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO gerade nicht um eine Betrachtung jeder einzelnen Zahlung, also auch nicht um die Frage, ob die einzelne Zahlung privilegiert, gewinnbringend oder schädigend gewesen ist, sondern um den Gesamtschaden, der in der Insolvenzverschleppungsphase eingetreten ist. Der „Mehrwert“ des § 15b Abs. 3 InsO besteht lediglich darin, das vollumfängliche Verbot des weiteren Geschäftsbetriebs ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht zu unterstreichen. Die Reihenfolge der Leistung und Gegenleistung spielt bei der Berechnung des Gesamtschadens selbstverständlich keine Rolle, da es für den letztlich entstehenden Schaden unerheblich ist, ob die Gesellschaft oder der Gläubiger vorgeleistet hat.237 (4) Veranlassung durch den Geschäftsleiter Die Haftung für verbotene Zahlungen knüpft an die rechtswidrige und schuldhafte Verletzung der Massesicherungspflichten an und stellt damit eine culpa-Haftung dar.238 Die überwiegende Ansicht nimmt deshalb eine einschränkende Betrachtung dahingehend vor, ob die „Zahlungen“ vom Geschäftsleiter „veranlasst“ wurden.239 Die Anknüpfung an eine „Veranlassung“ ist im Ansatz richtig, doch verkennt die überwiegende Ansicht, dass der Geschäftsleiter sämtliche (auch zufällige) Verluste veranlasst hat, die in der 235

So HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 26; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b R. 65; MüKoGmbHG/Müller GmbHG § 64 Rn. 174. 236 So die Diskussion der herrschenden Meinung um Versicherungsprämien oder Heizkosten, siehe nur Gehrlein DB 2020, 2393 (2396); Müller GmbHR 2021, 737 (740); Thole BB 2021, 1347 (1353). 237 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 187; Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1417); Casper ZIP 2016, 793 (796); nach wie vor aA Bitter GmbHR 2022, 57 (67); Thole BB 2021, 1347 (1353). 238 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 159; Altmeppen ZIP 2023, 721 (728); K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 23. 239 BGH II ZR 32/08, NJW 2009, 1598 Rn. 13 ff.; BeckOK GmbHG/Mätzig GmbHG § 64 Rn. 44; Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 19; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 33; NK-GmbHG/Kolmann GmbHG § 64 Rn. 41; Rowedder/Pentz/Schneider/SchmidtLeithoff Anh. II zu GmbHG § 60 Rn. 29; Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 114.

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Verschleppungsphase eintreten. Stattdessen verlangt sie, dass die Zahlungen „mit Wissen und Willen des Geschäftsleiters geschehen oder er sie hätte verhindern können“.240 Die historische Betrachtung der Massesicherungspflichten hat gezeigt, dass sie stets zusammen zu lesen sind und einzig dem Schutz der Gläubiger vor einer Kürzung ihrer Quote durch einen Schaden an der Insolvenzmasse dienen. Der Geschäftsleiter wirtschaftet ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht auf sein eigenes Risiko weiter. Damit muss er aber auch das gesamte Risiko in der Verschleppungsphase tragen, folglich auch für Zufallsschäden haften. Diese Überlegung lässt sich auf den Rechtsgedanken des § 287 S. 2 BGB stützen: § 287 S. 2 BGB statuiert die Einstandspflicht für Zufallsschäden, wenn sich der Schuldner im Verzug befindet. Gerade das ist bei verspäteter Insolvenzantragstellung der Fall: Der Geschäftsleiter kommt in Verzug mit der Stilllegung des Unternehmens und hat daher auch für Zufallsverluste einzustehen.241 Umgekehrt wirkt sich selbstverständlich eine zufällige Vermögensmehrung in der Verschleppungsphase haftungsmindernd aus. Der Gesamtschaden der Gläubigerschaft mindert sich, wenn eine zufällige Vermögensmehrung eintritt, sodass sich entsprechend die Haftung des Geschäftsleiters mindern muss.242 Es ist also festzuhalten, dass der Geschäftsführer für die gesamte Masseverkürzung einzustehen hat, die in der Insolvenzverschleppungsphase eintritt. Gestattet ist dem Geschäftsleiter stets die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten. Kann er also darlegen, dass die Masseverkürzung auch im Fall der rechtzeitigen Antragstellung in einer bestimmten Höhe eingetreten wäre, kann er sich damit exkulpieren.243 (5) Verhältnis zur Haftung nach § 309 AktG Erkennt man, dass sich die Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft sowohl aus § 309 Abs. 2 AktG als auch aus § 15b Abs. 4 InsO ergibt, stellt sich die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis der beiden Ansprüche. Die Lösung der Konkurrenzproblematik ergibt sich aus der unterschiedlichen 240

BGH II ZR 32/08, NJW 2009, 1598 Rn. 13; BeckOK GmbHG/Mätzig GmbHG § 64 Rn. 44; Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 19; NK-GmbHG/Kolmann GmbHG § 64 Rn. 41; NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 88 ff.; Rowedder/Pentz/Schneider/Schmidt-Leithoff Anh. II zu GmbHG § 60 Rn. 29; Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 114. 241 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 149; Altmeppen ZIP 2023, 721 (727); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1416); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (18); aA BGH II ZR 231/13, BGHZ 203, 218 Rn. 12 = NZG 2015, 149. 242 Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1416). 243 Altmeppen ZIP 2023, 721 (727); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1416); Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (678); Krumm WM 2010, 296 (299 ff.); aA Lieder/Wagner ZGR 2021, 495 (529).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

Schutzrichtung beider Anspruchsgrundlagen. Die Haftung des Geschäftsleiters der Mutter gegenüber der Tochtergesellschaft aus § 309 AktG zielt auf den Schutz der Gläubiger der Tochtergesellschaft und der Tochtergesellschaft selbst ab. Die Haftung aus § 15b Abs. 4 InsO ist hingegen auf Leistung des Schadensersatzes in die Insolvenzmasse der Muttergesellschaft gerichtet, um deren Insolvenzgläubiger zu schützen. Dieser Anspruch würde also darauf hinauslaufen, dass die Muttergesellschaft einen Schaden, der unmittelbar bei der Tochter entstanden ist und sich nur mittelbar auf das Vermögen der Mutter auswirkt, weil diese ebenfalls der Tochtergesellschaft gegenüber haftet, liquidieren könnte. Damit würden nicht die eigentlich geschädigte Tochtergesellschaft und deren Gläubiger, sondern letztlich die Gläubiger der insolventen Muttergesellschaft von der Schädigung profitieren. Das verfehlt aber den Schutzzweck der Massesicherungspflichten, aus denen sich bereits das Verbot der Fortführung des Konzernverhältnisses und damit das Verbot der Schädigung der Tochtergesellschaft ergibt. Daher muss die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO dahingehend vor der Haftung nach § 309 Abs. 2 AktG zurücktreten, dass ein unmittelbar am Vermögen der Tochtergesellschaft entstehender Schaden nicht in den Begriff des Gesamtschadens der Gläubigergemeinschaft der Mutter einzubeziehen ist. Das bestätigt auch der allgemeine Grundsatz der Kapitalerhaltung, nach dem bei einer bloß mittelbaren Schädigung der Mutter der Schaden durch Leistung an die unmittelbar geschädigte Tochter zu ersetzen ist. dd) Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 15a, 15b InsO Eine Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Massesicherungspflichten der InsO kommt nur in Betracht, wenn es sich bei § 15a InsO und § 15b InsO um Schutzgesetze handelt. (1) Schutzgesetzcharakter des § 15a Abs. 1 InsO Schon unter Geltung des Aktiengesetzes 1937 wurde die Schutzgesetzeigenschaft des § 83 Abs. 2 AktG 1937, der damals die Insolvenzantragspflicht regelte, zugunsten der Aktionäre und der Gläubiger der Gesellschaft bejaht. Dritte sollten hingegen nicht geschützt sein.244 Das Reichsgericht hatte den Rückgriff auf § 823 Abs. 2 BGB noch für überflüssig gehalten, weil die Rechtsfolgen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht in § 93 Abs. 3 Nr. 6

244

v. Godin/Wilhelmi AktG 1937 § 83 Anm. I; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 83 Rn. 7; ebenso für die Nachfolgeregelung in § 92 Abs. 2 AktG 1965 Baumbach/Hueck AktG § 92 Rn. 7.

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AktG aF eigens geregelt seien.245 Der BGH und die ganz hM spricht der Insolvenzantragspflicht mittlerweile einen Schutzgesetzcharakter zu.246 Auch der Gesetzgeber des MoMiG hat hervorgehoben, die Verlagerung der Insolvenzantragspflicht aus den Einzelgesetzen in die InsO sei damit zu begründen, dass der Zweck der Insolvenzantragspflicht ein rein insolvenzrechtlicher, genauer der Schutz der Gläubiger sei.247 Es wurde bereits dargelegt, dass die Insolvenzantragspflicht die Gläubiger vor Verkürzung der Insolvenzmasse schützen soll, die ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife nur noch ihrer gleichmäßigen Befriedigung dient.248 Die Insolvenzantragspflicht ist daher als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen. (2) Schutzgesetzcharakter des § 15b Abs. 1 InsO Die Zahlungsverbote waren unter Geltung des Aktiengesetzes 1937 in § 84 Abs. 3 Nr. 6 AktG geregelt. Für § 84 AktG 1937 wurde die Schutzgesetzeigenschaft zugunsten von Aktionären und Dritten abgelehnt, weil die Rechtsfolgen der Zahlungsverbote spezialgesetzlich geregelt waren.249 Für § 92 Abs. 2 AktG 1965 war die Schutzgesetzeigenschaft hingegen lange umstritten.250 Die heute überwiegende Ansicht lehnt die Schutzgesetzeigenschaft der

245 Zu den entsprechenden Regelungen im GmbHG (§§ 64 Abs. 1, 84 Abs. 1 idF v. 1.1.1900) RG Rep. II 255/09, RGZ 73, 30 (35); zust. Altmeppen/Wilhelm NJW 1999, 673 (679). 246 BGH II ZR 233/18, ZIP 2020, 318 Rn. 15; BGH II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 (214) = NJW 1998, 2667; BGH II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 (190) = NJW 1994, 2220; BGH VI ZR 245/57, BGHZ 29, 100 (103) = NJW 1959, 623; Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 15a Rn. 1; BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15a Rn. 30; Braun/Sorg InsO § 15a Rn. 48; Koch AktG § 92 Rn. 45; MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 86; MüKoInsO/Klöhn InsO § 15a Rn. 140; Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 15a Rn. 42b; K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15a Rn. 33; Uhlenbruck/Hirte InsO § 15a Rn. 39. 247 Begr. RegE, BT-Drs. 16/6140, S. 55. 248 → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) bb). 249 v. Godin/Wilhelmi AktG 1937 § 84 Anm. II. 5; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 84 Rn. 29; aus der Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung im HGB (§ 241 HGB idF v. 1.1.1900) RG Rep. I 603/05, RGZ 63, 325 (327 ff.); zur entsprechenden Regelung im GmbHG (§ 64 II GmbHG idF v. 1.1.1900) RG Rep. II 255/09, RGZ 73, 30 (35). 250 Für die Schutzgesetzeigenschaft Henssler/Strohn/Dauner-Lieb AktG § 92 Rn. 15; KölnKomm AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl. 2010, AktG § 92 Rn. 37; MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 50; K. Schmidt/Lutter/Sailer-Coceani AktG § 92 Rn. 22; gegen die Schutzgesetzeigenschaft BGH II ZR 211/76, NJW 1979, 1829 (1831); Bürgers/Körber/Lieder/Pelz AktG § 92 Rn. 35; GroßkommAktG/Habersack/Foerster AktG § 92 Rn. 135, 142; Habersack/Foerster ZGR 2016, 153 (160 f.).

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Zahlungsverbote ab.251 Das beruht auf der Fehlvorstellung, dass es sich bei der Haftung für verbotene Zahlungen nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Ersatzanspruch eigener Art handele. Die Zahlungsverbote müssen immer im Zusammenhang mit der Insolvenzantragspflicht gelesen werden. Deshalb liegt auf der Hand, dass entweder beide Massesicherungspflichten Schutzgesetze sind oder keine der beiden Massesicherungspflichten als Schutzgesetz eingestuft werden kann.252 Eine getrennte Behandlung verkennt den teleologischen, systematischen und historischen Zusammenhang der Massesicherungspflichten. Beide Massesicherungspflichten sollen unstreitig die Gläubigerschaft schützen. Daher stellt auch § 15b InsO ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar.253 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Anordnung der Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO sei überflüssig, wenn man die Haftung bereits aufgrund der Schutzgesetzeigenschaft des § 15b Abs. 1 InsO über § 823 Abs. 2 BGB begründen könne. Der Gesetzgeber des 19. Jahrhunderts durfte in dem Zeitpunkt, als er die Massesicherungspflichten schuf, noch gar keinen bürgerlich-rechtlichen Anspruch schaffen. Deshalb musste die Haftung für die Verletzung der Massesicherungspflichten im Zusammenhang mit diesen geregelt werden. Ein Rückgriff auf § 823 Abs. 2 BGB kam noch gar nicht in Betracht, weil dieser erst mit dem BGB von 1900 geschaffen wurde.254 Es verhält sich daher genau umgekehrt: Ein Rückgriff auf § 823 Abs. 2 BGB ist überflüssig, weil die Rechtsfolge bereits in § 15b Abs. 4 InsO angeordnet ist.255 Das ändert aber nichts an der Schutzgesetzeigenschaft des § 15b InsO. (3) Erfordernis eines Rückgriffs auf die Blankettnorm des § 823 Abs. 2 BGB? Auch wenn die Massesicherungspflichten beide die Gläubiger vor einem in der Verschleppungsphase eintretenden Schaden infolge einer Masseverkürzung schützen sollen, ist ein Rückgriff auf die Blankettnorm des § 823 Abs. 2

251 BGH II ZR 233/18, ZIP 2020, 318 Rn. 15; GroßkommAktG/Habersack/Foerster AktG § 92 Rn. 135, 142; Habersack/Foerster ZGR 2016, 153 (160 f.); MüKoGmbHG/Müller GmbHG § 64 Rn. 159. 252 Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen FS K. Schmidt 2019 Bd. I, 13 (17); Altmeppen ZIP 2015, 949 (953); K. Schmidt NZG 2015, 129 (131). 253 Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2020, 937 (940); BeckOK BGB/Förster BGB § 823 Rn. 291; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 37; ebenso bereits zu § 64 S. 2 GmbHG aF Gehrlein DB 2016, 1177 (1183); zu § 92 Abs. 2 S. 1 AktG aF MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 43; K. Schmidt/Lutter/Sailer-Coceani AktG § 92 Rn. 17. 254 Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2020, 937 (940); Altmeppen NZG 2016, 521 (524 ff.), 255 Dazu gleich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) dd) (3).

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BGB nicht erforderlich.256 Dass die überwiegende Ansicht eine eigens über § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a InsO konstruierte Insolvenzverschleppungshaftung überhaupt für notwendig hält, beruht einzig auf dem Fehlverständnis der Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO und dem gesetzgeberischen Fehlgriff beim Zahlungsbegriff. § 15b Abs. 4 InsO ist auf den gesamten Verlust gerichtet, der in der Verschleppungsphase eintritt. Bei diesem Verständnis sind auch alle Zufallsschäden und sonstigen Masseverringerungen, die sich nach herkömmlichem Verständnis nicht unter den Zahlungsbegriff subsumieren ließen, von der Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO erfasst. Das macht einen Rückgriff auf die Blankettnorm des § 823 Abs. 2 BGB vollständig überflüssig. Die Gesetzeshistorie unterstreicht dieses Ergebnis, da es § 823 Abs. 2 BGB noch gar nicht gab, als der Gesetzgeber die Massesicherungspflichten schuf.257 ee) Haftung im Übrigen Soweit der Straftatbestand der §§ 266, 283, 283c StGB erfüllt ist, haftet der Geschäftsleiter der Muttergesellschaft auch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der jeweiligen Strafnorm.258 Ferner kommt eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs aus § 826 BGB in Betracht, die allerdings als bloße Innenhaftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft neben § 117 AktG keinen Besonderheiten mit sich bringt.259 Gegenüber der Muttergesellschaft haftet der Geschäftsleiter nach § 93 Abs. 2 AktG. Gegenüber Neugläubigern ist eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1 StGB in Form des Eingehungsbetrugs denkbar, jedenfalls aber eine Haftung aus culpa in contrahendo gerichtet auf Ersatz ihres Kontrahierungsschadens.260 c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter aa) Haftung nach § 310 AktG Der Geschäftsleiter der Tochter muss nicht stets die Solvenz des herrschenden Unternehmens überwachen, sondern hat gegenüber dem Geschäftsleiter der Muttergesellschaft ein umfassendes Informationsrecht.261 Eine Haftung 256

So schon unter Geltung des § 83 AktG 1937 Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 83 Rn. 7. 257 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 148; Altmeppen ZIP 2023, 721 (722); Altmeppen ZIP 2022, 1413 (1415); Altmeppen ZIP 2020, 937 (940). 258 Altmeppen ZIP 2006, 1025 (1033); Gehrlein DB 2016, 1177 (1179). 259 Altmeppen ZIP 2006, 1025 (1033); Grigoleit/Servatius AktG § 308 Rn. 27; Koch AktG § 117 Rn. 14. 260 Altmeppen ZIP 2023, 721 (723); Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 217 ff. 261 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) gg).

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des Geschäftsleiters der Tochter nach § 310 Abs. 1 S. 1 AktG kann daher nur in Betracht kommen, wenn er eine nachteilige Weisung der Mutter befolgt, obwohl für ihn klare Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Mutter Solvenzprobleme hat, der Verlustausgleichanspruch also nicht mehr vollwertig ist.262 Ein Ausschluss nach § 310 Abs. 3 AktG scheidet in diesem Fall aus, weil die Weisung rechtswidrig und daher nicht zu befolgen war. Wie aufgezeigt besteht das Weisungsrecht der Mutter im Zeitpunkt der Verletzung der Massesicherungspflichten nicht mehr, sodass der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft etwaige Weisungen nicht mehr befolgen muss und dies wegen § 310 Abs. 1 S. 1 AktG auch gar nicht mehr darf.263 Die Beweislast dafür, dass die Weisung in einer für den Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft offensichtlichen Weise rechtswidrig war, trifft den Kläger.264 Auch der Anspruch gegen den Geschäftsleiter der Tochter ist bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter und bei Ablehnung des Eröffnungsantrags durch die Gläubiger geltend zu machen, § 310 Abs. 4 in Verbindung mit § 309 Abs. 4 S. 3, S. 5 AktG. bb) Haftung nach § 117 Abs. 2 AktG § 117 Abs. 2 AktG ist neben § 310 Abs. 1 AktG anwendbar, sodass sich die Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft auch hieraus ergeben kann.265 cc) Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG Gegenüber seiner eigenen Gesellschaft haftet der Geschäftsführer der Tochter nach § 93 Abs. 2 AktG, wenn er diese durch Befolgung der rechtswidrigen Weisungen schädigt.266 Aufgrund der automatischen Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag kommt eine Haftung wegen Nichtausübens eines etwaigen Kündigungsrechts nicht in Betracht: Es besteht keine Gefahr einer Schädigung der abhängigen Gesellschaft, wenn sie ihre Pflichten nicht mehr erfüllen muss, sodass gestützt auf eine Nichtaus-

262

Altmeppen FS Vetter 2019, 1 (11); Altmeppen NZG 2010, 361 (364); Habetha ZIP 2017, 652 (654); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 310 Rn. 15; § 308 Rn. 128; im Ansatz auch Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 40e, der eine Schadensersatzpflicht des gesetzlichen Vertreters der Tochter dann annimmt, wenn dieser sich nicht auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB bzw. § 320 BGB beruft. 263 Oben → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) ee). 264 Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 48 f. 265 BeckOGK AktG/Schall AktG § 117 Rn. 10; Grigoleit/Grigoleit/Tomasic AktG § 117 Rn. 25; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 117 Rn. 18; Koch AktG § 117 Rn. 14; aA MüKoAktG/Spindler AktG § 117 Rn. 89. 266 Altmeppen ZIP 2013, 801 (807).

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übung des Kündigungsrechts auch keine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 93 AktG in Betracht kommt.267 dd) Deliktische Mithaftung nach § 830 Abs. 2 BGB Die Haftung des Geschäftsleiters der Mutter aus § 15b Abs. 4 InsO stellt eine deliktische Schadensersatzhaftung dar.268 Daran kann sich der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft beteiligen, § 830 Abs. 2 BGB.269 Eine Beteiligung kommt auch an den sonstigen deliktischen Haftungstatbeständen in Betracht, namentlich § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB, § 826 BGB.270 Die Haftung wird in der Regel an der erforderlichen vorsätzlichen Einflussnahme des gesetzlichen Vertreters der Tochter an der vorsätzlichen Haupttat scheitern. d) Haftung bei isoliertem Gewinnabführungsvertrag Die Rechte und Pflichten sind im isolierten Gewinnabführungsvertrag wie auch bei einem kombinierten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit Insolvenzreife der Mutter automatisch suspendiert.271 Einzig die Haftung der Geschäftsleiter der Mutter- und Tochtergesellschaft muss in diesem Fall aus den §§ 311, 317 AktG und § 93 AktG hergeleitet werden, weil die an die rechtswidrige Ausübung des Weisungsrechts anknüpfenden §§ 309, 310 AktG nicht zur Anwendung kommen. Die §§ 311, 317 AktG sind im isolierten Gewinnabführungsvertrag schon deshalb anwendbar, weil selbstverständlich die bloße Verlustausgleichspflicht aus § 302 AktG die Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens nicht dazu berechtigt, die beherrschte Gesellschaft sanktionslos zu schädigen.272 Die Verlustausgleichspflicht führt lediglich dazu, dass die Frage, ob ein Nachteil vorliegt, großzügiger gehandhabt werden kann als im faktischen Konzern.273 Nach §§ 311, 317 Abs. 3 267 So aber Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21a, der nur auf eine Kündigungspflicht verzichten möchte, wenn es „ausreicht“, das Weisungsrecht zu suspendieren und die Kapitalbindung wieder in Kraft zu setzen. Wann dies der Fall sein soll, wird freilich nicht erörtert; zur Kündigungspflicht bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. f) aa). 268 → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (1). 269 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 235 ff.; so für die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 15a InsO Beck/Depré/Ampferl/Jenal § 33 Rn. 39. 270 Gehrlein DB 2016, 1177 (1181). 271 Dazu → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. c) cc). 272 Altmeppen GmbHG § 30 Rn. 100; Altmeppen ZIP 2013, 801 (808); Altmeppen NZG 2010, 361 (366); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 85; Koch AktG § 291 Rn. 27; MHdB AG/Krieger § 72 Rn. 26; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 291 Rn. 61; aA KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 291 Rn. 3; Stephan Konzern 2014, 1 (27); zu dieser Haftung noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 B. I. 4. a) aa) und b), c). 273 Altmeppen NZG 2010, 361 (367); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 186.

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AktG kommt also der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens neben der Muttergesellschaft (§§ 311, 317 Abs. 1 AktG) in die Haftung, wenn er dafür sorgt, dass der Konzern weiterbetrieben wird, obwohl der Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist.274 Der Geschäftsleiter der Tochter haftet nach § 93 Abs. 2 AktG, wenn er seine Gesellschaft durch ungesicherte Vorleistungen an die Mutter schädigt.275 Ebenso ist für beide Geschäftsleiter und die Muttergesellschaft eine Haftung nach § 117 AktG denkbar.276 5. Ergebnis Der Vertragskonzern darf ab Verletzung der Massesicherungspflichten nicht mehr betrieben werden. Die einzelnen Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag sind suspendiert. Grund hierfür ist das Zusammenspiel der einzelnen Vorschriften im Vertragskonzern: Das Weisungsrecht kann nur dann umfassend ausgeübt werden, wenn die Kapitalbindungsvorschriften außer Kraft gesetzt werden. Das kann aber nur dann der Fall sein, wenn ein taugliches Äquivalent für den Schutz der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft sowie des Gesellschaftsvermögens besteht. Folglich können die Kapitalbindungsvorschriften nur so lange außer Kraft gesetzt bleiben, wie der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG einen tauglichen Schutz für die abhängige Gesellschaft und ihre Gläubiger darstellt. Dazu muss er vollwertig sein. Wenn der Konzern dennoch weiterbetrieben wird, haftet der Geschäftsleiter der Muttergesellschaft. Ansprüche gegen die Muttergesellschaft selbst sind nicht werthaltig und stellen reine Insolvenzforderungen dar, vgl. § 38 InsO. Soweit der Geschäftsleiter der Tochter die Insolvenzreife der Mutter erkennen musste, die Weisungen aber weiter befolgte, gerät er ebenfalls in die Haftung. II. Eröffnungsverfahren Das Eröffnungsverfahren meint den Zeitraum zwischen der Stellung des Insolvenzantrags (§ 13 InsO) und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 27 InsO) oder der Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse (§ 26 InsO). Zwischen der Insolvenzantragstellung und der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Insolvenzgericht verpflichtet, Sicherungsmaßnahmen zu treffen, um eine für die Gläubiger nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhindern, § 21 Abs. 1 InsO. Darunter fallen insbesondere die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzver274 Altmeppen GmbHG § 30 Rn. 100; Altmeppen ZIP 2013, 801 (808); Altmeppen NZG 2010, 361 (367). 275 Altmeppen ZIP 2013, 801 (808). 276 MHLS/Servatius Systematische Darstellung 4 Rn. 348.

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walters (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO), die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO) sowie die Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und zusätzlich ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, spricht man von einem „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter, da auf ihn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergeht, § 22 Abs. 1 S. 1 InsO. Im Unterschied zu Verbindlichkeiten, die ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter begründet, gelten Verbindlichkeiten, die der starke vorläufige Insolvenzverwalter begründet, im späteren Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeiten, § 55 Abs. 2 S. 1 InsO. 1. These Der Vertragskonzern darf im Eröffnungsverfahren nicht weiter betrieben werden. Dies gilt bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters unabhängig davon, inwieweit ihm bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse eingeräumt wurden. Denn das Weisungsrecht der Mutter ist weiterhin suspendiert, kann also nicht auf den starken vorläufigen Insolvenzverwalter übergehen. Auch alle sonstigen Rechte und Pflichten sind suspendiert. Wie auch bei der Insolvenzreife folgt dies sowohl aus dem Zusammenhang der einzelnen Rechte und Pflichten mit der Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs sowie der den Massesicherungspflichten zugrunde liegenden Wertung. Eine Beendigung des Unternehmensvertrags kommt im Eröffnungsverfahren erneut nur durch außerordentliche Kündigung seitens der abhängigen Gesellschaft in Betracht. Haftungsrechtlich ergeben sich zur Insolvenzreife kaum Unterschiede; lediglich eine Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters kann hinzukommen. 2. Meinungsstand Das Eröffnungsverfahren findet in der Diskussion nur selten Erwähnung. Soweit es angesprochen wird, soll die bloße Insolvenzantragstellung und die Anordnung von Maßnahmen nach § 21 InsO den Unternehmensvertrag bestehen lassen.277 Wird ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, wird teilweise die Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag diskutiert.278 Selbst bei Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters wird von manchen nur dann eine automatische Suspen277

Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (240); aA Flöther/Pleister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 482, die von einer automatischen Beendigung des Unternehmensvertrags mit Antragstellung ausgehen, allerdings aus Gründen der Rechtsunsicherheit zu einer außerordentlichen Kündigung raten. 278 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 378 f.; GroßkommAktG/Hasselbach/Hirte AktG § 304 Rn. 62; Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (294).

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dierung der Rechte und Pflichten angenommen, wenn dieser den Betrieb der Muttergesellschaft stilllegt (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO).279 3. Stellungnahme Bei konsequenter Weiterführung der zur Insolvenzreife entwickelten Gedanken liegt auf der Hand, dass auch im Eröffnungsverfahren die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag suspendiert bleiben. Um allerdings an dieser Stelle bereits das schwache Argument der herrschenden Meinung für die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags im Fall der Verfahrenseröffnung aufzudecken, ist eine nähere Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung der vorläufigen Insolvenzverwaltung erforderlich. a) Historische Entwicklung der vorläufigen Insolvenzverwaltung Die Insolvenzordnung von 1999 führte die Konkursordnung mit der Vergleichsordnung zusammen. Das Konkursverfahren war auf Zerschlagung des insolventen Unternehmens gerichtet, während durch die Anordnung des Vergleichsverfahrens der Konkurs des Unternehmens vermieden werden sollte. Das Vergleichsverfahren ist heute am ehesten mit der Anordnung der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO vergleichbar.280 Vorläufer der vorläufigen Insolvenzverwaltung sind das vorläufige Vergleichsverfahren und die Sequestration. Unter Geltung der Konkurs- und Vergleichsordnung waren die Befugnisse des vorläufigen Vergleichsverwalters und des Sequesters nicht gesetzlich geregelt.281 Für den vorläufigen Vergleichsverwalter verwies § 11 Abs. 2 VglO sinngemäß auf die Befugnisse des Vergleichsverwalters aus §§ 39–43 VglO. Das Rechtsinstitut der Sequestration wurde aus § 106 Abs. 1 KO entnommen, welcher dem Gericht die Möglichkeit eröffnete, alle zur Sicherung der Masse dienenden einstweiligen Anordnungen zu treffen.282 Die Sequestration bestand in der Regel darin, dass bestimmte Vermögensbestandteile der Verwaltung eines vom Gericht bestellten Vertrauensmannes unterworfen wurden.283 Der Sequester war insofern mit dem später bestellten Konkursverwalter vergleichbar, als er dazu verpflichtet war, im Interesse der künfti-

279

Bous Konzernleitungsmacht, S. 282 ff., 287. Zu den Unterschieden noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (2). 281 Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 22 Rn. 1 ff; KPBJ/Pape InsO § 13 Rn. 37; der Begriff der Sequestration stammt aus dem römischen Recht, wo er als Sonderform der Verwahrung galt, Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO § 106 Rn. 7. 282 BGH VIII ZR 214/81, BGHZ 86, 190 (195) = NJW 1983, 887; Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 22 Rn. 1; Jaeger/Weber KO § 106 Rn. 12; Kilger/K. Schmidt KO § 106 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO § 106 Rn. 7. 283 Jaeger/Weber KO § 106 Rn. 12. 280

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gen Verfahrensbeteiligten zu handeln und nach § 82 KO analog haftete.284 Im Gegensatz zum (starken) vorläufigen Insolvenzverwalter bedurfte der Sequester aber einer ausdrücklichen gerichtlichen Anordnung, um die Geschäfte fortzuführen.285 Bei der vorläufigen Insolvenzverwaltung handelt es sich im Unterschied zur Sequestration nicht um eine bloße Sicherungsmaßnahme, sondern um ein echtes Vorverfahren.286 b) Die einzelnen Rechte und Pflichten im Eröffnungsverfahren Die automatische Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Vertragskonzern und damit das Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns ergibt sich auch im Eröffnungsverfahren aus dem Zusammenhang der einzelnen Rechte und Pflichten mit dem Verlustausgleichsanspruch sowie aus den Massesicherungspflichten. In diesem Stadium ist die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs erst recht nicht mehr sichergestellt, sodass das Weisungsrecht der Mutter aus § 308 Abs. 1 S. 1 AktG nicht mehr ausgeübt werden darf und die Kapitalbindungsregeln wieder uneingeschränkte Anwendung finden. Denn der Verlustausgleichsanspruch ist Ausdruck der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer. Er bringt also eine Existenzgarantie für die abhängige Gesellschaft mit sich. Ihr muss das Vermögen erhalten bleiben, das sie vor Abschluss des Unternehmensvertrags hatte. In der Konsequenz muss dieses Vermögen bei fehlender Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruch wieder wie bei einer unabhängigen Gesellschaft gesichert werden, sodass die Kapitalbindungsregeln wieder aufleben. Damit ist aber auch keine effektive Durchsetzung des Weisungsrechts mehr möglich, da jede nachteilige Weisung gegen die §§ 57 ff. AktG verstoßen würde. Deshalb ist das Weisungsrecht automatisch suspendiert. Aus demselben Grund trifft die Tochtergesellschaft keine Gewinnabführungspflicht mehr. Die Frage, ob ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter das Weisungsrecht im Konzern ausüben darf, stellt sich deshalb gar nicht: Der Konzern darf mangels vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs ohnehin nicht weiter betrieben werden. Dieses Ergebnis wird durch die Massesicherungspflichten unterstrichen: Die Zahlungsverbote finden angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 15b

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BGH IX ZR 39/88, BGHZ 105, 230 (233 f.) = NJW 1989, 1034 m. Anm. Lüke ZIP 1989, 1; BGH IX ZR 164/92, ZIP 1993, 687 (688); Kilger/K. Schmidt KO § 106 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO § 106 Rn. 26. 285 Jaeger/Weber KO § 106 Rn. 12; Kilger/K. Schmidt KO § 106 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO § 106 Rn. 13a. 286 KPBJ/Pape InsO § 13 Rn. 37.

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Abs. 2 S. 3 InsO auch im Eröffnungsverfahren noch Anwendung.287 Eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht kommt im Eröffnungsverfahren selbstverständlich nicht mehr in Betracht. Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt jedoch erst recht, dass der Geschäftsbetrieb und damit auch die Weiterführung des Konzerns verboten ist, da das Vorverfahren wie auch das spätere Insolvenzverfahren auf die Sicherung der Insolvenzmasse zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung gerichtet ist.288 So ordnet § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO ausdrücklich an, dass der vorläufige Insolvenzverwalter das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten hat. Das Fortführungsgebot des § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO ändert daran nichts, wenn man sich vor Augen führt, dass auch der Insolvenzverwalter für jede im Eröffnungsverfahren eingetretene Masseschmälerung in die Haftung gerät.289 Dass § 15b Abs. 2 S. 3 InsO Zahlungen, die mit Zustimmung des (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen wurden, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar einordnet, ist nur Ausdruck der Verschiebung der Verantwortung auf den vorläufigen Insolvenzverwalter: Da der vorläufige Insolvenzverwalter zur Sicherung der Masse verpflichtet ist, soll ihn die Verantwortung für im Eröffnungsverfahren eingetretene Masseschmälerungen treffen. Die Zusammenschau der konzernrechtlichen Vorschriften und der Massesicherungspflichten ergibt auch im Eröffnungsverfahren, dass jedes Weiterbetreiben des Konzerns untersagt ist. c) Kündigungsrecht Die Tochtergesellschaft ist zur außerordentlichen Kündigung nach § 297 Abs. 1 AktG berechtigt, während die Mutter ihr Solvenzrisiko selbst zu tragen hat und daher den Unternehmensvertrag nicht kündigen kann.290 d) Unstimmigkeiten in der Argumentation der herrschenden Meinung zur Eigenverwaltung An dieser Stelle ist bereits ein Vorgriff auf die Argumentation der herrschenden Meinung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlich. Sie behandelt den Unternehmensvertrag unterschiedlich, je nachdem, ob für das Insolvenzverfahren Eigen- oder Fremdverwaltung angeordnet wird.291 Die Be287 Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 196; Graf-Schlicker/Bremen InsO § 15b Rn. 19; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 14; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 32; NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 109. 288 Altmeppen ZIP 2023, 721 (724). 289 Zu dieser Haftung gleich → Kapitel 3 § 2 A. II. 4. a). 290 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. f). 291 Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a).

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gründung für diese Differenzierung lautet, dass bei Anordnung der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse beim Geschäftsleiter verbleiben, während sie im Regelinsolvenzverfahren auf den Insolvenzverwalter übergehen (§ 80 InsO). Der Insolvenzverwalter sei nicht dazu befugt und verpflichtet, einen Konzern zu leiten, weshalb bei Verfahrenseröffnung im Regelinsolvenzverfahren der Vertragskonzern automatisch beendet sei. Dass der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter allerdings nicht der ausschlaggebende Grund für die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags sein kann, zeigt sich schon in der Inkonsequenz der herrschenden Meinung. Diese überträgt die Überlegung nicht auf das Eröffnungsverfahren: Wäre das Fortbestehen des Unternehmensvertrags an das Verbleiben der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Geschäftsleiter geknüpft, so müsste die herrschende Meinung schon bei der Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters von der Beendigung des Unternehmensvertrags ausgehen. Diese Überlegung findet sich aber selbstverständlich nirgends, weil der Fortbestand des Unternehmensvertrags eben gerade nicht vom Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter abhängt. Die Suspendierung der Rechte und Pflichten im Insolvenzfall beruht ebenso wenig auf der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wie das automatische Ende des Unternehmensvertrags bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens.292 4. Haftungsfragen a) Vorläufiges Regelinsolvenzverfahren Die Haftung im Eröffnungsverfahren entspricht im Wesentlichen der im Stadium der Insolvenzreife.293 § 15b Abs. 2 S. 3 InsO ordnet lediglich an, dass Zahlungen, die mit Zustimmung des (schwachen) vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar gelten. Das muss dahingehend verstanden werden, dass alle Masseschmälerungen, die mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters geschehen, den Geschäftsleiter der Mutter nicht haftbar machen. Stattdessen gerät der vorläufige Insolvenzverwalter selbst in die Haftung.294 Für zufällige Masseverkürzungen haftet der Geschäftsleiter der Mutter ab dem Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung weiterhin: Er ist zwar nunmehr seiner Pflicht zur Insolvenzantragstellung nachgekommen. Wie oben aufgezeigt, ist er allerdings dazu verpflichtet, die Stilllegung des Geschäfts292

Dazu noch → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. 294 So auch ausdrücklich die Begr. RegE SanInsFoG, BT-Drs. 19/24181, S. 195: „bleibt für die Anwendung der Regelungen mit Blick auf die Verantwortlichkeit des vorläufigen Verwalters kein Raum.“ 293

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betriebs herbeizuführen. Tut er dies nicht, greift der Rechtsgedanke des § 287 S. 1 BGB auch im Eröffnungsverfahren. Selbstverständlich steht dem Geschäftsleiter erneut der Nachweis offen, dass auch im Falle der rechtzeitigen Stilllegung des Geschäftsbetriebs der Verlust eingetreten wäre.295 Ebenso ist auch im vorläufigen Insolvenzverfahren die Konkurrenz des Anspruchs aus § 15b Abs. 4 InsO zu § 309 Abs. 2 AktG zu beachten.296 Neben der Geschäftsleiterhaftung kommt nunmehr eine Haftung des Insolvenzverwalters in Betracht. Soweit ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde und der weiteren Geschäftsführung zustimmt, führt die Fiktion des § 15b Abs. 2 S. 3 InsO dazu, dass er an Stelle des Geschäftsleiters nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 60, 61 InsO für die in diesem Zeitraum eintretenden Masseverkürzungen in die Haftung gerät.297 Da eine Einzelbetrachtung der Zahlungen nicht vorgesehen, sondern eine Gesamtbetrachtung des im Zeitraum der Insolvenzverschleppung eingetretenen Masseverlustes erforderlich ist, kann es nicht darauf ankommen, ob der vorläufige Insolvenzverwalter einzelnen Zahlungen zugestimmt hat. Soweit er den weiteren Geschäftsbetrieb billigt, haftet er für die gesamte Masseverkürzung, die im Zeitraum zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehungsweise Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Insolvenzmasse eintritt. Da es um seine eigene Entlastung geht, trägt der Geschäftsleiter die Beweispflicht dafür, dass der vorläufige Insolvenzverwalter der weiteren Geschäftsfortführung zugestimmt hat.298 Auf den starken vorläufigen Insolvenzverwalter geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über, sodass er über den weiteren Geschäftsbetrieb bestimmen kann. Verstößt er gegen seine eigene Massesicherungspflicht, gerät er nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 InsO entsprechend §§ 60, 61 InsO für die Masseverkürzungen in die Haftung.299 Bei Schäden, die unmittelbar am Vermögen der Tochtergesellschaft entstehen, haftet der vorläufige Insolvenzverwalter direkt gegenüber der Tochtergesellschaft, eine Schadensersatzzahlung an die Masse kommt hingegen nicht in Betracht. Grund hierfür ist wie bei der Geschäftsleiterhaftung aus § 15b Abs. 4 InsO, dass ein unmittelbarer Schaden zulasten der Tochtergesellschaft nicht in den Gesamtschaden an der Insolvenzmasse einzuberechnen ist. § 92 InsO findet insofern keine Anwendung. Die Haftung des vorläufigen 295

Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 I. 4. b) cc). → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (5). 297 BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 24; Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 34; Brinkmann ZIP 2020, 2361 (2367); HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 61; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 53 f.; MHLS/Hölzle InsO § 15b Rn. 47; K. Schmidt/ K. Schmidt/Herchen InsO § 15b Rn. 19. 298 Braun/Weber/Dömmecke InsO § 15b Rn. 35. 299 Brinkmann ZIP 2020, 2361 (2367); Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 22 Rn. 189; HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 60. 296

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Insolvenzverwalters ergibt sich direkt aus §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 60, 61 InsO, da diese auch auf den Ersatz von Individualschäden gerichtet sind.300 Eine Analogie zu § 309 Abs. 2 AktG muss hingegen nicht konstruiert werden.301 b) Vorläufige Eigenverwaltung In der vorläufigen Eigenverwaltung verdrängt die Verweisung der §§ 270c Abs. 3, 276a Abs. 2, Abs. 3 InsO auf die Haftung nach §§ 60, 61 InsO die Haftung aus § 15b Abs. 4 InsO.302 Das entsprach schon vor Schaffung des § 276a Abs. 2, 3 InsO der Rechtsprechung des BGH, der für die Geschäftsleiterhaftung in der Eigenverwaltung §§ 60, 61 InsO analog heranzog.303 Unmittelbare Schäden der Tochtergesellschaft sind ihr aus §§ 60, 61 InsO zu ersetzen und nicht in einen Gesamtschaden der Masse einzuberechnen. 5. Ergebnis Aus denselben Gründen wie im Stadium der Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten darf der Konzern auch im Eröffnungsverfahren nicht weiterbetrieben werden. Eine Unterscheidung nach der Bestellung eines starken oder schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters muss nicht getroffen werden. Eine automatische Beendigung des Unternehmensvertrags tritt hingegen noch nicht ein. Auch bezüglich der Kündigungsrechte nach § 297 Abs. 1 AktG gilt das zur Insolvenzreife Gesagte: der Tochter steht ein Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG zu, der Mutter nicht. III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens Deutlich häufiger als die Insolvenzreife und das Eröffnungsverfahren wird die Frage diskutiert, wie sich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Vertragskonzern auswirkt. Die Debatte wurde bereits unter Geltung der Konkursordnung geführt und hat seit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung nicht an Bedeutung verloren. Vielmehr haben die Änderungen, die mit der Einführung der Insolvenzordnung einhergingen, zu einem erneuten Aufflammen des bislang nur zur Konkursordnung höchstrichterlich entschiedenen Streits geführt. 300 BGH IX ZR 21/93, BGHZ 124, 27 Rn. 21 = NJW 1994, 323; Andres/Leithaus/Andres InsO §§ 60, 61 Rn. 38; BeckOK InsR/Desch/Hochdorfer InsO § 60 Rn. 77. 301 So aber Bous Konzernleitungsmacht, S. 235 ff. 302 Begr. RegE, BT-Drs. 19/24181, S. 195; BeckOK InsR/Wolfer InsO § 15b Rn. 24; Brinkmann ZIP 2020, 2361 (2367 f.); HK-InsO/Kleindiek InsO § 15b Rn. 63; KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 14; kritisch Bitter ZIP 2021, 321 (335); übersehen bei Poertzgen ZInsO 2020, 2509 (2516 f.). 303 BGH IX ZR 238/17, BGHZ 218, 290 Rn. 13 ff. = NJW 2018, 2125.

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1. These Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft endet der Vertragskonzern ipso iure. Dies ergibt sich aus einer Gesamtanalogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und zu §§ 115, 116 InsO. Die Analogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG folgt aus der Historie: Die Regelungen der §§ 291 ff. AktG hätten in ihrer ursprünglich im Referentenentwurf vorgesehenen Form stets zur Eingliederung geführt. Hinzu kommt, dass sich die mit dem Aktiengesetz 1965 in Kraft getretenen Regelungen zum Vertragskonzern nur in Punkten von der Eingliederung unterscheiden, die mit der Frage nach dem automatischen Konzernende bei Verfahrenseröffnung nichts zu tun haben. Auf der anderen Seite wird die vertiefte historische Betrachtung des Organschaftsvertrags zeigen, dass der Vertragskonzern dem Recht der Geschäftsbesorgung entsprungen ist. Daher lässt sich die automatische Vertragsbeendigung mit Verfahrenseröffnung über §§ 115, 116 InsO analog begründen, die das automatische Ende von Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverhältnissen bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens regeln. Die Notwendigkeit einer Gesamtanalogie zu diesen Vorschriften ergibt sich aus der zweigeteilten Rechtsnatur der Unternehmensverträge: Sie setzen sich aus einem schuldvertraglichen und einem organisationsvertraglichen Element zusammen. 2. Meinungsstand unter der Geltung der Konkursordnung Nach der überwiegenden Ansicht in der Literatur304 und in der Rechtsprechung305 sollte bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines konzernangehörigen Unternehmens ohne weiteres Zutun der Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag enden.306

304 Baur/Stürner Insolvenzrecht, S. 385: Bley/Mohrbutter VglO § 108 Anm. 8b; Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 93 f.; Gottwald/Timm/Körber InsR-Hdb, 1990, § 83 Rn. 58 f.; GroßkommAktG/Würdinger, 3. Aufl. 1975, AktG § 297 Anm. 7; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (285, 296, 302); Kort ZIP 1988, 681 (682 ff.); Kübler ZGR 1984, 560 (588); Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO Vorb. K zu § 207 Rn. 2; Lutter ZfB 1984, 781 (782 f.); Mertens ZGR 1984, 542 (550 ff.); Peltzer AG 1975, 309 (310 f.); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (527); Uhlenbruck Insolvenzrecht Rn. 130, 136; Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 34. 305 Grundlegend BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (3 ff.) = NJW 1988, 1326; ebenso BayObLG 3Z BR 159/94, BayObLGZ 1998, 231 (234) = NZG 1998, 946; OLG Hamburg 11 W 29/94, NZG 2002, 189. 306 Zur Gegenansicht BFH I 262/63, BFHE 90, 370 (373) = DStZ 1968, 285; Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 98 ff.; Heesing Bestandsschutz, S. 234 ff.; KölnKomm AktG/Koppensteiner, 2. Aufl. 2004, AktG § 297 Rn. 29 f.; Rümker WM 1974, 990 (995); Samer Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, S. 160 ff.

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a) Die Rechtsprechung des BGH aa) Eröffnung des Konkursverfahrens In seiner Familienheim-Entscheidung vom 14.12.1987307 stellte der BGH im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) fest, dass mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag automatisch ende. Die Parteien hätten sich, wenn sie den Konkursfall bedacht hätten, nicht auf ein Fortbestehen des Vertrags im Falle der Verfahrenseröffnung geeinigt. Durch den Beherrschungsvertrag sei es dem herrschenden Unternehmen möglich, eine auf das Konzernganze gerichtete Zielkonzeption zu entwickeln und diese mittels des Weisungsrechts in der beherrschten Gesellschaft durchzusetzen. Mit Eröffnung des Konkursverfahrens und damit verbundener Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG 1965) gehe bei dem herrschenden Unternehmen eine Zweckänderung von der Gewinnerzielung durch Betrieb eines werbenden Unternehmens zur bloßen Vermögensverwertung einher. Daher sei es dem herrschenden Unternehmen nicht mehr möglich, eine auf das Konzernganze ausgerichtete Unternehmenspolitik zu betreiben. Die Rechtsgrundlage des Unternehmensvertrags sei mit Eröffnung des Konkursverfahrens weggefallen. Daneben gehe die Ausübung der Leitungsmacht über die Aufgabe des Konkursverwalters hinaus. Dieser sei nicht dazu verpflichtet, die Konzerninteressen wahrzunehmen, sondern müsse die Konkursmasse im Interesse der Gläubigerschaft bestmöglich und gleichmäßig verwerten.308 Die dogmatische Einordnung dieser vertraglichen Lösungsklausel ist der BGH allerdings schuldig geblieben. Da er von einer automatischen Beendigung ausging, kann kein Gestaltungsrecht gemeint sein, auch wenn der BGH mit der ergänzenden Vertragsauslegung an den Willen der Parteien anknüpfte. Daher kann er nur von einer auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB ausgegangen sein.309 bb) Eröffnung des Vergleichsverfahrens Anders hat der BGH die Eröffnung des Vergleichsverfahrens beurteilt: Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens stellte nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG 1965 gerade keinen Auflösungsgrund für die Aktiengesellschaft dar, vielmehr war das Vergleichsverfahren auf die Fortführung des Unternehmens gerichtet, vgl. § 18 Nr. 4 VglO. Der BGH ging deshalb in diesem Fall nicht von einer 307

BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326. BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (6 f.) = NJW 1988, 1326. 309 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 322; Bous Konzernleitungsmacht, S. 160; Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2038 f.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 108; Paulus ZIP 1996, 2141 (2142). 308

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automatischen Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags aus. Der Unterschied zur Eröffnung des Konkursverfahrens liege darin, dass die herrschende Gesellschaft bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens über ihr Vermögen die Verfügungsbefugnis nicht vollständig verliere, sodass sie die Leitungsmacht weiterhin gegenüber der beherrschten Gesellschaft ausüben könne. Der Vergleichsverwalter sei im Gegensatz zum Konkursverwalter nur zur Wahrnehmung bestimmter Mitwirkungsrechte ermächtigt, um den Schuldner zu überwachen und das Gericht zu unterstützen. Der BGH hielt allerdings eine Beschränkung des Weisungsrechts wegen der Überwachungsrechte des Vergleichsverwalters nicht für ausgeschlossen. Soweit der Unternehmensvertrag dennoch beendet werden sollte, müsse dies durch eine außerordentliche Kündigung nach § 297 Abs. 1 AktG geschehen.310 b) Meinungen in der Literatur Der überwiegende Teil der Literatur stimmte zumindest im Ergebnis mit der Rechtsprechung des BGH überein.311 Für die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags wurde angeführt, die Stellung des Konkursverwalters sei nicht mit der eines autonom bestellten Gesellschaftsorgans vergleichbar.312 Zu den Aufgaben des Konkursverwalters gehöre nicht die Ausübung der Leitungsmacht im Rahmen des Beherrschungsvertrages, da dieser lediglich zur Abwicklung des herrschenden Unternehmens verpflichtet sei.313 Auch könne der Vorrang des Konzerninteresses, der sich allein auf die Ausgleichspflicht des § 302 AktG stütze, im Konkurs der Mutter nicht mehr gerechtfertigt werden, da diese Ausgleichspflicht nicht mehr erfüllt werden könne.314 Darüber hinaus führe die Auflösung einer Gesellschaft stets zur Änderung ihres Gesellschaftszwecks hin zur „Selbstvernichtung“, sodass die

310

BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (8) = NJW 1988, 1326. Bley/Mohrbutter VglO § 108 Anm. 8c; Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 93 f.; GroßkommAktG/Würdinger, 3. Aufl. 1975, AktG § 297 Rn. 7a; Jaeger/Weber §§ 207, 208 KO Rn. 11; KölnKomm AktG/Koppensteiner, 2. Auflage 2004, AktG § 297 Rn. 30; Kort ZIP 1988, 681 (682 f.); Krieger in U. H. Schneider Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 99 (110); Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO Vorb. K zu § 207 Rn. 2; Mertens ZGR 1984, 542 (552); Peltzer AG 1975, 309 (310 f.); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (527); Uhlenbruck Insolvenzrecht Rn. 130, 136; Wellensiek ZIP 1984, 541 (544); Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 34. 312 Jaeger/Weber §§ 207, 208 KO Rn. 11; Kort ZIP 1988, 681 (682); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (527). 313 Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (302); Jaeger/Weber §§ 207, 208 KO Rn. 11; Kort ZIP 1988, 681 (682); Mertens ZGR 1984, 542 (552). 314 Kort ZIP 1988, 681 (682). 311

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herrschende Gesellschaft gar nicht mehr auf die Leitung des Konzerns gerichtet sei.315 Andere nahmen an, der Unternehmensvertrag bestehe mit der Möglichkeit des Vertragspartners zur außerordentlichen Kündigung fort, die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten seien allerdings suspendiert.316 Bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens ging auch die überwiegende Literatur davon aus, dem Vertragspartner stehe nur ein außerordentliches Recht zu Kündigung zu.317 3. Änderungen mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung Mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 01. Januar 1999 wurden die Konkursordnung und die Vergleichsordnung ersetzt. Die gravierendste Änderung besteht darin, dass nicht schon mit Stellung des Eröffnungsantrags festgelegt werden muss, welches Verfahrensziel verfolgt wird. Denn die frühere Trennung von Konkursverfahren und Vergleichsverfahren wurde in der Insolvenzordnung vereinheitlicht. Nunmehr kann in dem Berichtstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 156 f. InsO) durch die Gläubiger entschieden werden, ob eine Sanierung oder die Liquidation angestrebt wird. Diese Entscheidung kann in späteren Berichtsterminen wieder geändert werden, § 157 S. 3 InsO. Bis zu dem Berichtstermin soll der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführen, §§ 158, 160 InsO. Das Insolvenzverfahren ist also im Gegensatz zum Konkursverfahren nicht mehr ausschließlich auf die Zerschlagung des Unternehmens gerichtet, sondern kann auch den rechtlichen Rahmen für die Fortführung des Unternehmens bieten. So kann das Unternehmen nunmehr im Insolvenzplanverfahren saniert werden, §§ 217 ff. InsO.318 Im Vordergrund der gesamten Insolvenzordnung steht aber nach wie vor der Schutz der Gläubiger und deren gleichmäßige Befriedigung, § 1 S. 1 InsO.319 315 Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (302); v. Godin/Wilhelmi AktG § 262 Anm. 2. 316 K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 225 f.; Samer Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, S. 160 ff., 178; ebenso, allerdings mit Einschränkungen hinsichtlich des Weisungsgegenstandes Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 119 ff. 317 Bley/Mohrbutter VglO § 108 Anm. 8c; Gottwald/Timm/Körber InsR-Hdb, 1990, § 83 Rn. 60; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (299, 304); Krieger in U. H. Schneider Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 99 (110); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (528); Uhlenbruck Insolvenzrecht Rn. 140; Wellensiek ZIP 1984, 541 (543 f.); aA Kley Rechtsstellung, S. 215. 318 Zum Insolvenzplanverfahren → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. b). 319 Begr. RegE InsO, BT-Drs. 12/2443, S. 108 f., abgedruckt bei Kübler/Prütting Das neue Insolvenzrecht, S. 149 f.; ferner BGH IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32 (35) = NJW 2005, 2015; Dirmeier Der Konzern in der Insolvenz, S. 43; Flöther/Niering Konzerninsol-

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Durch die Insolvenzordnung ist auch das Eigenverwaltungsverfahren eingeführt worden, §§ 270 ff. InsO, bei dem der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis behält. Sowohl die Liquidation als auch die Sanierung können im Wege der Eigenverwaltung durchgeführt werden.320 Wie auch die Konkurs- und die Vergleichsordnung enthält die Insolvenzordnung keine ausdrücklichen Regelungen zur Behandlung von Unternehmensverträgen.321 4. Meinungsstand heute a) Automatische Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Die überwiegende Meinung geht nach wie vor davon aus, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens führe zur automatischen Beendigung des Vertragskonzerns.322 aa) Kollision von Konzernzweck und Zweck des Insolvenzverfahrens Dafür wird angeführt, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergehende Änderung des Gesellschaftszwecks bei der Mutter von der Gewinnerzielung auf die Liquidation sei nicht mit dem Fortbestand von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen vereinbar.323 Die Verfolgung eines Gesamtkonzerninteresses sei nicht Aufgabe des Insolvenzverwalters. Die Insolvenzordnung sehe im Vergleich zur Konkursordnung zwar nicht zwin-

venzrecht § 4 Rn. 2; Freudenberg ZIP 2009, 2037; Jaeger/Henckel InsO § 1 Rn. 3 ff.; KPBJ/Prütting InsO § 1 Rn. 13 ff.; MüKoInsO/Ganter/Bruns InsO § 1 Rn. 20; Trendelenburg NJW 2002, 647 (649). 320 Zum Eigenverwaltungsverfahren → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a). 321 Dies hatte die Kommission für Insolvenzrecht allerdings noch vorgesehen, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, Leitsatz 2.4.9.13, S. 290 ff.; dazu bereits → Kapitel 2 § 1 F.; ferner Uhlenbruck GmbHR 1989, 101 (103). 322 BeckHdB AG/Liebscher § 14 Rn. 181; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 39; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 186; Grigoleit/Grigoleit AktG § 297 Rn. 46; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 135; Haarmeyer/Wutzke/Förster Handbuch der vorläufigen Insolvenzverwaltung § 14 Rn. 57; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 297 Rn. 40; Koch AktG § 297 Rn. 22a; Kölner Schrift InsO/Uhlenbruck, 1157 (1182 Rn. 31); Krieger FS Metzeler 2003, 139 (141 ff.); Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG Anh. § 13 Rn. 116; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 207; Mönning Betriebsfortführung in der Insolvenz, Rn. 1150; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 106; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 1071 f.; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 119; Uhlenbruck in: Der Fachanwalt für Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 181 (191); Wachter/Müller AktG § 297 Rn. 35. 323 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 297 Rn. 135; Koch AktG § 297 Rn. 22a; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 119.

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gend die Zerschlagung des Unternehmens vor, allerdings bleibe die Abwicklung der Gesellschaft der praktische Regelfall.324 bb) Grundlegende Veränderung der Verhältnisse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Weiter wird angeführt, die grundlegende Veränderung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Verhältnisse durch die Auflösung des herrschenden Unternehmens (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) erfordere eine erneute Beteiligung der Gesellschafter. Das könne aber nur durch eine automatische Beendigung und einen Neuabschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags gewährleistet werden. Der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags tangiere die Struktur der Gesellschaften so nachhaltig, dass der Abschluss und sämtliche gravierenden Änderungen stets nur mit Zustimmung der Gesellschaften geschehen könnten. Da der Fusionstatbestand des § 291 AktG nicht mehr praktiziert werden dürfe, weil das herrschende Unternehmen seine Garantien nicht mehr erfüllen könne, sei das Auseinanderbrechen dieser wirtschaftlichen Einheit mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbstverständlich.325 cc) Analogie zu §§ 115, 116 InsO Teilweise wird die automatische Beendigung des Vertragskonzerns auf eine Analogie zu den §§ 115, 116 InsO gestützt, welche die automatische Beendigung von Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverträgen bei Insolvenz des Auftraggebers/Geschäftsherrn anordnen. Dies wird mit der historischen Nähe zwischen Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen begründet.326 dd) Analogie zu § 84 InsO Die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags wird daneben auf § 84 Abs. 1 S. 1 InsO (der dem früheren § 16 KO entspricht) analog ge324

BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 39; Krieger FS Metzeler 2003, 139

(142). 325

Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; Koch AktG § 297 Rn. 22a; Krieger FS Metzeler 2003, 139 (144); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 108. 326 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 213 ff.; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; Emmerich/Habersack KonzernR § 19 Rn. 74; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 1072; NSH/Beurskens Anh. KonzernR Rn. 135; Thole ZIP 2020, 389 (390); im Ansatz ebenfalls HK-InsO/Marotzke InsO § 115 Rn. 9, der jedoch als Rechtsfolge zu einer analogen Anwendung von § 103 InsO kommt, statt zu einem automatischen Erlöschen des Vertrages; wie hier bereits zu § 23 KO Uhlenbruck KTS 1986, 419 (423).

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stützt.327 § 84 InsO ordnet an, dass die Teilung oder Auseinandersetzung einer Gemeinschaft oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit nach den hierfür geltenden allgemeinen Regeln und nicht nach dem Insolvenzrecht erfolgt. Begründet wird die Analogie zu § 84 Abs. 1 S. 1 InsO mit der Behauptung, § 84 Abs. 1 S. 1 InsO sei hinreichend weit gefasst, um auch den Konzern zu erfassen, selbst wenn man den Konzern nicht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einordnen wolle.328 ee) Analogie zu § 729 Abs. 2 BGB Teilweise wird die automatische Beendigung des Vertragskonzerns auf § 729 Abs. 2 BGB (der dem früheren § 726 BGB idF bis zum 31.12.2023 entspricht) analog gestützt. Dieser regelt das automatische Ende einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wenn der mit ihr verfolgte Zweck unmöglich wird. Da das Aktienrecht keine spezielle Regelung für den Insolvenzfall vorsehe, müsse subsidiär auf das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zurückgegriffen werden. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine der beteiligten Gesellschaften werde der Vollzug des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags unmöglich, sodass nach § 729 Abs. 2 BGB analog von einer automatischen Vertragsbeendigung ausgegangen werden müsse.329 ff) Ergänzende Vertragsauslegung Daneben wird die automatische Beendigung nach wie vor auf die ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) gestützt, da die herrschende Gesellschaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Verwertung des Gesellschaftsvermögens und nicht mehr auf Gewinnerzielung gerichtet sei. Die Parteien hätten daher wohl eine auflösende Bedingung für diesen Fall vereinbart, § 158 Abs. 2 BGB, wenn sie ihn bedacht hätten.330 b) Keine Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Teile der Literatur gehen vom Fortbestand des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags aus.331 327

Paulus ZIP 1996, 2141 (2144); zust. Uhlenbruck/Hirte InsO § 84 Rn. 8. Paulus ZIP 1996, 2141 (2144); zur Frage, ob der Konzern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, siehe bereits → Kapitel 3 § 1 B. 329 Peltzer AG 1975, 309 (310); zust. für den Fall der insolventen Tochtergesellschaft Schatz Sicherung, S. 191. 330 Wachter/Müller AktG § 297 Rn. 35, der dieses Ergebnis als „jedenfalls nicht fernliegend“ einstuft; offengelassen bei MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 108. 331 Beck MwStR 2014, 359 (364 f.); Böcker GmbHR 2004, 1314; Bous Konzernleitungsmacht, S. 149 ff.; Bultmann ZInsO 2009, 785 (788 ff.); GroßkommAktG/Hasselbach/Hirte AktG § 304 Rn. 62; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und 328

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aa) Uneingeschränkter Fortbestand des Unternehmensvertrags Soweit behauptet wird, die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag bestünden auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens uneingeschränkt fort, soll das Weisungsrecht auf den Insolvenzverwalter übergehen, § 80 Abs. 1 InsO. Hauptargument dieser Ansicht ist, dass das insolvenzrechtliche Gebot zur Unternehmensfortführung (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO in Verbindung mit § 158 InsO) nur dann verwirklicht werden könne, wenn dem Insolvenzverwalter auch die Konzernleitungsmacht in Form des Weisungsrechts zustehe.332 Eine in die Insolvenz geratene Obergesellschaft habe ferner ein Interesse daran, dass der Unternehmensvertrag bestehen bleibe. Es sei daher realitätsfern, eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass der Unternehmensvertrag beendet werde.333 Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung sei die automatische Vertragsbeendigung nicht erstrebenswert, weil der erhaltenswürdige Verbund so zerstört würde.334 Auch sei eine automatische Beendigung der Unternehmensverträge „dogmatisch“ nicht mit dem Kündigungsrecht des § 297 Abs. 1 AktG in Einklang zu bringen: Zu dem Zeitpunkt, ab dem das Kündigungsrecht ausgeübt werden könne, bestehe stets die Möglichkeit des herrschenden Unternehmens, den Insolvenzantrag nach § 15 Abs. 1 InsO zu stellen, sodass der Unternehmensvertrag ohnehin automatisch erlöschen könne. In der Regel greife in diesem Zeitpunkt sogar die Insolvenzantragspflicht des Vertretungsorgans nach § 15a Abs. 1 InsO, was eine außerordentliche Kündigung durch die beherrschte Gesellschaft überflüssig mache.335 Teilweise wird der Übergang des Weisungsrechts auf den Insolvenzverwalter auf die Fälle eingeschränkt, in denen eine Fortführung des Unternehmens geplant ist.336 Andere beschränken das Weisungsrecht und wollen dafür

Beherrschungsverträgen, S. 160 ff.; Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.09; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 70 ff.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 47 f.; KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 18, § 103 Rn. 134 f.; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 723 ff.; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 207 ff.; v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (262 ff.); Zeidler NZG 1999, 692 (697). 332 Beck MwStR 2014, 359 (364 f.); Bous Konzernleitungsmacht, S. 172 ff., 198 ff.; Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2040 f.); Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.09; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 84 ff.; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 205 ff.; v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (269.); Zeidler NZG 1999, 692 (697). 333 So für den Gewinnabführungsvertrag Fichtelmann, GmbHR 2010, 576 (580). 334 Bous Konzernleitungspflicht, S. 150. 335 Jensen Der Konzern in der Krise, S. 75 f.; dass dies freilich ein Trugschluss fern von jeder Praxis ist, liegt auf der Hand → Kapitel 3 § 2 A. 5. e) hh). 336 Böcker GmbHR 2004, 1314; Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.90; Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (246).

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zwischen einem Vermögensbereich und einem Nichtvermögensbereich unterscheiden.337 Wenn der Insolvenzverwalter seine insolvenzrechtlichen Handlungskompetenzen durch seine Weisungen überschreite, hafte er persönlich nach § 309 Abs. 2 AktG analog.338 bb) Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag Von manchen wird angenommen, die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag bestünden zwar weiter, würden aber für die Dauer des Insolvenzverfahrens (soweit § 103 InsO daneben analog herangezogen wird339, bis zum Zeitpunkt der Verwertungsentscheidung durch den Insolvenzverwalter340) suspendiert.341 Argumentiert wird mit dem sanierungsfreundlichen Grundgedanken der Insolvenzordnung, der den Fortbestand des Unternehmensvertrags erforderlich mache.342 Gleichzeitig könne aber nicht von einem uneingeschränkten Fortbestand der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag ausgegangen werden, weil es nicht Aufgabe des Insolvenzverwalters der Mutter sei, einen Konzern zu leiten und Konzerninteressen wahrzunehmen.343 Soweit die Gesellschaft nach Beendigung des Insolvenzverfahrens weitergeführt würde, könnten auch die Rechte und Pflichten aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag wieder aufleben.344

337

v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (268). Böcker GmbHR 2004, 1314 (1314 f.); Jensen Der Konzern in der Krise, S. 91; siehe dazu aber bereits → Kapitel 3 § 2 A. II. 4. a). 339 Dazu gleich → Kapitel 3 § 2 A. III. 4. b) cc). 340 Bultmann ZInsO 2007, 785 (788); ähnlich, wenn auch deutlich zurückhaltender Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.09, der die Leitungsmacht nur insoweit durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wissen will, wie dies zur einstweiligen Fortführung des Unternehmens unter Zustimmung der Gesamtgläubigerschaft erforderlich ist. 341 AG Duisburg 62 IN 167/02, ZIP 2002, 1636 (1640); Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 122; Böcker GmbHR 2004, 1314; GroßkommAktG/Hasselbach/Hirte AktG § 304 Rn. 62; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 161 f.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 47 f.; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 5 Rn. 566; Müller ZIP 2008, 1701 (1702); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 721, 726; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690); Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (288 ff.); Rotstegge Konzerninsolvenz, S. 262 ff.; K. Schmidt GesR § 31 III 5; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 93 ff., 99 ff. 342 Noack Gesellschaftsrecht Rn. 723; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 99. 343 Böcker GmbHR 2004, 1314; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 721; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 93. 344 Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690); K. Schmidt GesR § 31 III 5. 338

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Die Vertreter dieser Ansicht sprechen der abhängigen Gesellschaft (und teilweise auch dem herrschenden Unternehmen) ein Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG zu.345 cc) Wahlrecht des Insolvenzverwalters In analoger oder direkter Anwendung des § 103 InsO wollen Teile der Literatur dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht einräumen, ob der Unternehmensvertrag von beiden Parteien weiter erfüllt werden soll oder nicht.346 § 103 InsO berechtigt den Insolvenzverwalter bei gegenseitigen Verträgen, die der Schuldner und der andere Teil noch nicht (vollständig) erfüllt haben, zu einer Verwertungsentscheidung: Er kann nach § 103 Abs. 1 InsO anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und im Gegenzug die Erfüllung vom Vertragspartner verlangen oder die Erfüllung des Vertrags ablehnen. Fällt die Wahl auf die Erfüllung des Unternehmensvertrags, wäre die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG als Masseverbindlichkeit einzuordnen, § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.347 Soweit die Erfüllung abgelehnt wird, handelt es sich bei dem Anspruch wegen Nichterfüllung lediglich um eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO. Die beherrschte Gesellschaft kann nach § 103 Abs. 2 S. 2 InsO den Insolvenzverwalter zur Ausübung des Wahlrechts auffordern. Die Begründung für die analoge Heranziehung des § 103 InsO stimmt im Wesentlichen mit der zum uneingeschränkten Fortbestand der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag überein.348 Um ein mögliches Konkurrenzproblem zwischen § 157 InsO, nach dem die Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens grundsätzlich bei der Gläubigerversammlung liegt, und § 103 InsO zu lösen, wird vorgeschlagen, die Verwertungsentscheidung des Insolvenzverwalters von der Zustimmung des Gläubigerausschusses nach § 160 Abs. 1 S. 1 InsO abhängig zu machen.349 Jedenfalls soll dem Insolvenzverwalter, der durch den Vertrags345 Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 166 f.; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 726; K. Schmidt GesR § 31 III 5; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 102 ff., der das Kündigungsrecht allerdings erst ab dem Zeitpunkt anerkennt, ab dem eine Entscheidung zugunsten der Liquidation oder Sanierung gefallen ist, S. 100. 346 Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2044 ff.); Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.09; HKInsO/Marotzke InsO § 103 Rn. 29; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 77 ff.; KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 18; § 103 Rn. 134 f.; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.303; v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (271 ff.); für den Gewinnabführungsvertrag Bultmann ZInsO 2007, 785 (787); Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 34; für den Abfindungsanspruch des § 305 AktG Müller ZIP 2008, 1701 (1703 f.). 347 Bultmann ZInsO 2007, 785 (788); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.303. 348 → Kapitel 3 § 2 A. III. 4. b) aa). 349 Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2044 f.); zust. Jensen Der Konzern in der Krise, S. 78 f.

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partner zur Ausübung seines Wahlrechts aufgefordert wurde, nach dem Rechtsgedanken des § 107 Abs. 2 S. 1 InsO die Entscheidung erst nach dem Berichtstermin abverlangt werden können.350 Neben dieser Möglichkeit wird der beherrschten Gesellschaft ein Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG zugesprochen.351 Manche wollen die Ausübung des Kündigungsrechts insolvenzrechtlichen Beschränkungen unterwerfen und dieses bis zur Entscheidung über die Verwertung in analoger Anwendung des § 112 Nr. 2 InsO hemmen.352 Mit der Entscheidung, die Rechte aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geltend zu machen, erlösche das Recht der beherrschten Gesellschaft zur Kündigung, da ihre Ansprüche zu Masseforderungen im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO würden, sodass das Ausfallrisiko und damit der außerordentliche Kündigungsgrund entfalle.353 dd) Außerordentliche Kündigung § 297 Abs. 1 AktG Viele Autoren verweisen die abhängige Gesellschaft auf ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG, da das herrschende Unternehmen seinen vertraglichen Pflichten nicht mehr nachkommen könne.354 Der Vorteil an dieser Ansicht soll sein, dass sie einen flexiblen Lösungsansatz bilde, der auch dem Ziel der Unternehmenssanierung entgegenkomme.355 Eine Kündigungsmöglichkeit des herrschenden Unternehmens wird hingegen aus den bereits aufgezeigten Gründen verneint.356

350 Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2046); Jensen Der Konzern in der Krise, S. 80; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 135. 351 Bultmann ZInsO 2007, 785 (788). 352 Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2043 f.); Jensen Der Konzern in der Krise, S. 93 f.; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 135; kritisch v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (266 f.). 353 Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2043); HK-InsO/Marotzke, 10. Aufl. 2020, InsO § 115 Rn. 9; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 134; v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (275). 354 Böcker GmbHR 2004, 1314; Bultmann ZInsO 2007, 785 (788); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 21; Fichtelmann, GmbHR 2010, 576 (581); Flöther/Peister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 476; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 297 Rn. 13; Koch AktG § 297 Rn. 6; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 46 ff.; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 210; Schwerdtfeger/Stollwerck/Schulze/Steinen AktG Anhang 2 Rn. 94; Trendelenburg NJW 2002, 647 (650); Uhlenbruck/Hirte § 11 Rn. 407; Wilken/Ziems FS Metzeler 2003, 153 (156); für die Tochter-GmbH Zeidler NZG 1999, 692 (697); offengelassen bei Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.304; so bereits unter Geltung der Konkursordnung für die Behandlung nach zukünftigem Recht Kübler ZGR 1984, 560 (588). 355 Böcker GmbHR 2004, 1314; Bultmann ZInsO 2007, 785 (788); Zeidler NZG 1999, 692 (697). 356 Bultmann ZInsO 2007, 785 (788); Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2046); Trendelenburg NJW 2002, 647 (650); aA Böcker GmbHR 2004, 1314; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11

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5. Stellungnahme a) Zur Rechtsnatur der Unternehmensverträge Da die existierenden Vorschriften zur Behandlung von Verträgen in der Insolvenz nach dem jeweiligen Vertragstyp unterscheiden, ist zunächst erforderlich, die Rechtsnatur der Unternehmensverträge zu klären. Zugrunde zu legen ist hierbei, dass der Ursprung des Unternehmensvertrags, der Organschaftsvertrag, als Dienstvertrag eingeordnet wurde, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, §§ 611, 675 BGB.357 Diese ursprüngliche Einordnung ist allerdings mit der Zeit in Vergessenheit geraten: Entgegen der damals vorherrschenden Meinung entwickelte insbesondere Flume die Auffassung, dass der Organschaftsvertrag einen organisationsvertraglichen Charakter habe. Dies begründete er damit, dass ein rein schuldrechtlicher Vertrag nicht Grundlage einer derart weitreichenden Selbstaufgabe sein könne, wie sie mit der Organschaft einhergehe. Ebenso gehe es um die Übertragung von Leitungsmacht – über diese könne aber nicht vertraglich disponiert werden, sondern es bedürfe eines körperschaftlichen, also satzungsrechtlichen Akts.358 Die heute überwiegende Ansicht ordnet die Unternehmensverträge vorrangig als „Organisationsverträge“ ein.359 In der Tat zeigt die Durchbrechung der Rn. 407; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 102; zu dieser Frage bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. f). 357 Zur Historie des Organschaftsvertrags bereits → Kapitel 2 § 1 C. 358 Flume DB 1955, 485; Flume DB 1956, 455; Flume DB 1956, 672; Flume DB 1957, 439; Flume DB 1959, 190 (195 f.); ebenso Würdinger DB 1958, 1447 (1451 f.). 359 BFH III R 37/77, BFHE 127, 56 (58) = DStR 1979, 390; BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (4) = NJW 1988, 1326; BGH II ZB 7/88, BGHZ 105, 324 (331) = NJW 1989, 295; BGH II ZR 287/90, BGHZ 116, 37 (43) = NJW 1992, 505; BGH II ZB 15/91, NJW 1992, 1452 (1454) = ZIP 1992, 395; BayObLG BReg. 3 Z 62/88, BayObLGZ 1988, 201 (204); BayObLG 3 Z BR 130/92, NJW 1993, 1804 (1805); OLG Düsseldorf 3 Wx 66/91, AG 1992, 60 (61); OLG Hamm 8 U 329/87, ZIP 1988, 1051 (1055); OLG Stuttgart 20 U 8/97, AG 1998, 585 (586); Bälz FS Raiser 1974, 287 (323 f.); Bayer Der grenzüberschreitende Beherrschungsvertrag, S. 13 ff.; BeckHdB AG/Liebscher § 14 Rn. 104; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 291 Rn. 30 f.; Bürgers/Körber/Lieder/Schenk AktG § 291 Rn. 10; Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unternehmen, S. 378; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 39; Emmerich/Habersack KonzernR § 11 Rn. 20 ff.; Grigoleit/Servatius AktG § 291 Rn. 23; Henssler/Strohn/Paschos AktG § 291 Rn. 4; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 291 Rn. 1; Koch AktG § 291 Rn. 17; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 291 Rn. 156 ff.; Kort Der Abschluß von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen im GmbH-Recht, S. 55; Maser Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverhältnisse in Konzernen, S. 17 ff.; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 194; Paulus ZIP 1996, 2141 (2143); Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 72 ff.; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 5; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 291 Rn. 18; K. Schmidt GesR § 31 III 1 a; Wachter/Müller AktG § 291 Rn. 13; aA GroßkommAktG/Mülbert AktG § 291 Rn. 20 ff.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

§§ 57 ff., 76 AktG bei der abhängigen Gesellschaft, dass ein weitgehender Eingriff in die wirtschaftliche und rechtliche Struktur vorliegt – der Zweck der beherrschten Gesellschaft wird am Konzerninteresse ausgerichtet.360 Bei Beherrschungsverträgen liegt die Strukturänderung in der Änderung der Zuständigkeitsordnung durch das Weisungsrecht, während bei Gewinnabführungsverträgen der Zweck der abhängigen Gesellschaft nicht mehr auf eigene Gewinnerzielung ausgerichtet ist.361 Zu weit geht allerdings die Annahme, dass es sich bei dem Beschluss über den Unternehmensvertrag um eine Satzungsänderung in der beherrschten Gesellschaft handele.362 § 293 Abs. 1 S. 4 AktG stellt gerade fest, dass die Vorschriften über die Satzungsänderung keine Anwendung finden. Der Gesetzgeber wollte damit den Streit363 um die Frage, ob der Abschluss eines Unternehmensvertrags eine Satzungsänderung darstellt, klären.364 Die Regelungen der Satzung, die durch den Unternehmensvertrag überlagert und daher zeitlich begrenzt außer Kraft gesetzt werden, leben nach dem Ende des Unternehmensvertrags automatisch wieder auf. Eine Satzungsänderung könnte diese Folge aber nicht erklären:365 Eine zeitlich begrenzte Satzungsänderung ist dem Gesetz zwar nicht fremd (vgl. nur § 202 Abs. 2 AktG),366 allerdings kann § 293 Abs. 1 S. 4 AktG nicht außer Acht gelassen werden. Damit haben die Unternehmensverträge zwar einen organisationsrechtlichen Charakter, stellen aber keine Satzungsänderung dar.

360 BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 26; Emmerich/Habersack KonzernR § 11 Rn. 21; Maser Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverhältnisse in Konzernen, S. 18; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 27 f.; dazu bereits Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 67 ff, 72. 361 Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unternehmen, S. 379. 362 So aber Bayer Der grenzüberschreitende Beherrschungsvertrag, S. 13 ff.; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 40; Emmerich/Habersack KonzernR § 11 Rn. 21; Exner Beherrschungsvertrag und Vertragsfreiheit, S. 53 ff.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 291 Rn. 159; GroßkommAktG/Mülbert AktG § 293 Rn. 58; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 81; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 5; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, S. 35. 363 Dazu Friedländer Konzernrecht, S. 104. 364 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 381; dazu Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre, S. 337 ff.; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937, § 256 Rn. 13. 365 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 41; ebenso Koch AktG § 291 Rn. 19. 366 Dazu ausführlich GroßkommAktG/Mülbert AktG § 293 Rn. 58, GroßkommAktG/ Wiedemann AktG § 179 Rn. 159.

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Gleichzeitig ergibt sich aus der historischen Betrachtung des Konzernrechts der schuldrechtliche Charakter der Unternehmensverträge, da die ersten Konzernverbindungen aus Schuldverträgen erwachsen sind, die nicht den Vorschriften für die Änderung des Gesellschaftsvertrags oder der Veräußerung des Gesellschaftsvermögens unterlagen.367 Aufgrund der Außerkraftsetzung von Grundprinzipien des Aktienrechts kann freilich nicht von gewöhnlichen Schuldverträgen ausgegangen werden.368 Insbesondere geben die Vorschriften der §§ 291 ff. AktG einen zwingenden Rahmen für das Konzernverhältnis vor, der nicht vertraglich abbedungen werden kann.369 Die Unternehmensverträge des § 291 AktG ändern also einerseits die Organisationsverfassung der abhängigen Gesellschaft und begründen gleichzeitig beiderseitige Leistungspflichten gegenüber dem anderen Vertragsteil und Dritten (insb. außenstehenden Aktionären). Sie haben daher sowohl organisationsrechtlichen als auch schuldrechtlichen Charakter. Richtiger Ansicht nach schließt der organisationsrechtliche Charakter der Unternehmensverträge nicht aus, dass diese auch schuldvertragliche Elemente enthalten.370 b) Zur analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG Die automatische Beendigung der Unternehmensverträge mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist auf eine Gesamtanalogie zu §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG zu stützen. Die Notwendigkeit der Gesamtanalogie ergibt sich aus der soeben aufgezeigten Doppelnatur der Unternehmensverträge: Da die Unternehmensverträge ein organisationsvertragliches und ein schuldvertragliches Element beinhalten, muss für beide Elemente die automatische Beendigung hergeleitet werden. Für das organisationsvertragliche Element ergibt sich die automatische Beendigung aus der analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG, für das schuldvertragliche Element aus den §§ 115, 116 InsO. aa) Anwendungsbereich des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG regelt das Ende der Eingliederung infolge der Auflösung der Hauptgesellschaft. Als Auflösungsgründe sind insbesondere dieje367 Vielfach zurückgegriffen wurde neben dem Interessengemeinschaftsvertrag auf Organschaftsverträge, Geschäftsführungs- bzw. Indienststellungsverträge sowie Betriebsabführungsverträge; dazu Dettling, Entstehungsgeschichte des Konzernrechts, S. 63; ausführlich Spindler Recht und Konzern, S. 72 ff.; zur Historie des Konzernrechts bereits ausführlich → Kapitel 2 § 1. 368 GroßkommAktG/Mülbert AktG § 291 Rn. 21 ff; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 30. 369 Kropff BB 1965, 1281 (1287). 370 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 27; Emmerich/Habersack KonzernR § 11 Rn. 20; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 27 ff., 37.

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nigen der §§ 262, 396 AktG umfasst, namentlich also die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptgesellschaft, § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG.371 Das Ende der Eingliederung ist im Handelsregister einzutragen, § 327 Abs. 3 AktG; die Eintragung ist rein deklaratorischer Natur.372 bb) Planwidrige Regelungslücke Eine analoge Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG setzt zunächst voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke besteht. Wie bereits aufgezeigt existiert keine gesetzliche Regelung für die Behandlung des Vertragskonzerns in der Insolvenz.373 In den Gesetzesmaterialien zum Aktiengesetz von 1937 und 1965 finden sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber dieses Problem bedacht hatte, geschweige denn regeln wollte. Bei Schaffung der Konkursordnung von 1877 kam eine Regelung der Konzerninsolvenz nicht in Betracht, da die Rechtsfigur „Konzern“ noch nicht existierte. Lediglich im Rahmen der Insolvenzrechtsreform wurde erwogen, die Auswirkungen der Insolvenzverfahrenseröffnung auf den Konzern zu regeln. Die Kommission für Insolvenzrecht hatte vorgesehen, dem Eröffnungsbeschluss die vertragsbeendende Wirkung explizit abzusprechen.374 Allerdings hat der Gesetzgeber der InsO letztlich aus „rechtspolitischen Gründen“ bewusst darauf verzichtet, eine Regelung zu schaffen: Er wollte, dass diese Lücke durch die Rechtsprechung

371 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 432; ferner BeckOGK AktG/Singhof AktG § 327 Rn. 6; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 327 Rn. 7; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 327 Rn. 3; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 327 Rn. 13; Heidel/Plumeyer/Jaursch AktG § 327 Rn. 5; Henssler/Strohn/Wilsing/Paul AktG § 327 Rn. 1; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 327 Rn. 8; Koch AktG § 327 Rn. 3; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 327 Rn. 14 f.; MüKoAktG/Grunewald AktG § 327 Rn. 8; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 327 Rn. 9; Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 80; Wachter/Rothley AktG § 327 Rn. 5. 372 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 432; BeckOGK AktG/Singhof AktG § 327 Rn. 9; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 327 Rn. 12; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 327 Rn. 13; Emmerich/Habersack KonzernR § 10 Rn. 67; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 327 Rn. 6; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 327 Rn. 22; Henssler/Strohn/Wilsing/Paul AktG § 327 Rn. 2; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 327 Rn. 10; Koch AktG § 327 Rn. 6; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 327 Rn. 17; MüKoAktG/Grunewald AktG § 327 Rn. 17; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 327 Rn. 17; Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 80; Wachter/Rothley AktG § 327 Rn. 8. 373 → Kapitel 2 § 1 F. 374 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, Leitsatz 2.4.9.13, S. 290 ff.; dazu bereits ausführlich → Kapitel 2 § 1 F. und gleich noch → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. e) ee).

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und die Literatur gefüllt wird.375 Das ist darauf zurückzuführen, dass die 1978 von dem sozialdemokratischen Justizminister eingesetzte Insolvenzrechtskommission und der nach dem Regierungswechsel nunmehr christlichliberale Gesetzgeber von 1992 unterschiedliche Vorstellungen von der Behandlung der Konzerninsolvenz hatten.376 Damit ist gerade gewünscht, dass die Rechtsprechung und die Literatur eine eigene Lösung für das Insolvenzproblem finden. Deshalb liegt eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke vor. Eine Analogie setzt zudem eine vergleichbare Interessenlage voraus: cc) Vergleichbare Interessenlage: Historische Verbundenheit von Vertragskonzern und Eingliederung Die enge Verbundenheit von Vertragskonzern und Eingliederung zeigt sich bereits in der historischen Betrachtung. (1) Überblick über die historische Entwicklung der Eingliederung Erste Erkenntnisse, die mit der Eingliederung in Verbindung gebracht werden können, finden sich in der Schrifttumsdiskussion der zwanziger Jahre.377 Hamburger stellte fest, dass bei einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft keine Interessen etwaiger Minderheitsaktionäre beachtet werden müssten.378 Er hielt ein (unentgeltliches) Organverhältnis aufgrund des fehlenden Schutzes der außenstehenden Aktionäre sogar für sittenwidrig, solange der Organträger nicht Inhaber sämtlicher Anteile an der Organgesellschaft war.379 Das Aktiengesetz von 1937 sah wie auch das ADHGB von 1861 noch keine Vorschriften zur Eingliederung vor. Auch der Referentenentwurf für das Aktiengesetz 1965 enthielt noch keine explizite Regelung der Eingliederung. Erst der Regierungsentwurf schuf in den §§ 308–315 RegE die Vorschriften zur Eingliederung, die mit dem Aktiengesetz von 1965 in den §§ 319–327 AktG weitgehend unverändert in Kraft traten.380

375

Allg. Begr. RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 76, abgedruckt bei Kübler/Prütting Das neue Insolvenzrecht, S. 91. 376 Ausführlich Müller Der Verband in der Insolvenz, S. 318 ff. 377 Dazu Fenck Eingliederungskonzern, S. 17. 378 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (290); vgl. dazu auch die gemeinsame Denkschrift zum Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 77, sowie die ergänzende Stellungnahme zu konzernrechtlichen Bestimmungen im Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 11. 379 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (290). 380 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421.

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(2) Referentenentwurf 1958 Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass der Referentenentwurf die Eingliederung als zwangsläufige Folge der vertraglichen Konzernierung vorgesehen hatte: Sowohl ein Weisungs- als auch ein Gewinnabführungsvertrag mussten die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens zur Abfindungsoder Ausgleichszahlung an die außenstehenden Aktionäre enthalten, §§ 280, 281 RefE. Nach § 280 RefE war bei Gewinnabführungsverträgen eine nach den zu erwartenden Gewinnen zu bemessende Geldrente zu zahlen und bei Weisungsverträgen eine bestimmte Dividende zu garantieren. Daneben musste ein Angebot des herrschenden Unternehmens vorgesehen sein, die Aktien der außenstehenden Aktionäre gegen eine angemessene Barabfindung zu erwerben, § 281 Abs. 1 RefE. Die Abfindung konnte aber auch in der Gewährung einer entsprechenden Anzahl eigener Aktien bestehen, § 281 Abs. 2 RefE. Die §§ 280, 281 RefE sind im Wesentlichen in den §§ 304, 305 AktG in Kraft getreten. Allerdings zeigen die Unterschiede, die zwischen dem Referentenentwurf und den heute geltenden Regelungen bestehen, welche ursprüngliche Zielrichtung der Referentenentwurf mit der Normierung des Vertragskonzernrechts verfolgte: Im Gegensatz zur Regelung in § 305 Abs. 2 AktG bildete die Barabfindung im Referentenentwurf den Regelfall. Die alternative Abfindung in Form von Aktien des herrschenden Unternehmens musste nicht zwingend im Unternehmensvertrag festgelegt werden, sondern stand im Ermessen des herrschenden Unternehmens. Die Barabfindung war für die infolge des Unternehmensvertrags in ihrer Stellung deutlich geschwächten außenstehenden Aktionäre381 freilich weitaus attraktiver, weil sie sich damit an einer Gesellschaft ihrer Wahl beteiligen konnten, statt an das herrschende Unternehmen gebunden zu sein.382 Es wäre also damit zu rechnen gewesen, dass die außenstehenden Aktionäre im Regelfall von der Abfindungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hätten. Die Minderheitsaktionäre sollten folglich nach dem Referentenentwurf durch den Abschluss eines Unternehmensvertrags aus dem Unternehmen hinausgedrängt werden, sodass die abhängige Gesellschaft der alleinigen Beherrschung durch den Mehrheitsgesellschafter unterlegen hätte. Aus einer Mehrheitsbeherrschung sollte mithin stets eine Alleinbeherrschung werden.383

381

Vgl. nur die Kritik bei Flume Referentenentwurf, S. 20, 25. So auch die Kritik im Rahmen der Ausschussberatungen, abgedruckt bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 398. 383 Vgl. Flume Referentenentwurf, S. 20, 25, der daran kritisierte, dass das Hinausdrängen der Minderheitsaktionäre wohl nicht der taugliche Weg sei, um deren Interessen angemessen zu wahren. 382

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Gleichzeitig wollte der Referentenentwurf durch die drakonische Erfolgshaftung des § 284 RefE die faktische Konzernierung verhindern.384 Durch die Unattraktivität der faktischen Konzernierung und die gleichzeitige Förderung der vertraglichen Konzernierung hin zu einer Alleinherrschaft des herrschenden Unternehmens hätten die Regelungen des Referentenentwurfs somit im Regelfall zu einer Eingliederung geführt. Flume hat deshalb in einer kritischen Würdigung des Referentenentwurfs vorgeschlagen, dass eine Abhängigkeit durch einen Weisungsvertrag wegen der erheblichen Nachteile für die außenstehenden Aktionäre nur bei hundertprozentigem Anteilsbesitz des herrschenden Unternehmens an der beherrschten Gesellschaft begründet werden dürfe.385 Er ordnete die Abhängigkeit nach dem Referentenentwurf materiell als „eine Verschmelzung unter Aufrechterhaltung der Rechtspersönlichkeit der abhängigen Gesellschaft“ ein.386 Genau dies ist nunmehr die herrschende Meinung für die Einordnung der Eingliederung.387 Im Ergebnis war die Eingliederung also gerade der Fall, den der Referentenentwurf mit seinen Regelungen zum Weisungs- und Gewinnabführungsvertrag bezweckte. (3) Regierungsentwurf Nach dem Regierungsentwurf war die Inanspruchnahme der Abfindungsmöglichkeit durch die außenstehenden Aktionäre weniger attraktiv: Die Abfindung in Form von Aktien des herrschenden Unternehmens musste nunmehr verpflichtend im Vertrag enthalten sein und bildete darüber hinaus den Regelfall der Abfindung, § 294 Abs. 2 RegE. Grund für diese Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des außenstehenden Aktionärs und des herrschenden Unternehmens war die Überlegung, der außenstehende Aktionär solle an der Vermögensmasse beteiligt bleiben, die seiner bisherigen Beteiligung wirtschaftlich am nächsten stehe. Daneben wollte der Gesetzgeber die außenstehenden Aktionäre sowie das herrschende Unternehmen dazu veranlassen, vorrangig auf die Ausgleichsregelung des § 293 RegE (heute § 304 AktG) zurückzugreifen.388 Durch den Abschluss eines Unternehmensvertrags sollten die außenstehenden Aktionäre also nicht mehr aus der abhängigen Gesellschaft herausgedrängt werden. Denn dafür hatte der Regierungsentwurf eigens die Regelungen über die Eingliederung geschaffen, die bereits von Gesetzes wegen bei einer Beteiligung von 95% ein Hinausdrängen der Minderheitsaktionäre vorsahen, § 309 Abs. 4 RegE. Eine „Motivation“ zur Inanspruchnahme der Abfindung war nach dem Regierungsentwurf bei der Ein384

Dazu bereits → Kapitel 2 § 1 E. I. Flume DB 1959, 190 (193 f.). 386 Flume DB 1959, 190 (194). 387 Dazu gleich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) ee) (1). 388 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 397 f. 385

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gliederung also gar nicht mehr erforderlich, um die Beteiligung der Hauptgesellschaft zu einer Alleinherrschaft zu machen. Auch in § 320b AktG ist nunmehr vorrangig die Abfindung in eigenen Aktien bei Vollzug der Eingliederung vorgesehen; die außenstehenden Aktionäre werden im Fall des § 320 AktG bei einer Beteiligung von nur 95% von Gesetzes wegen aus der eingegliederten Gesellschaft hinausgedrängt, § 320a AktG. (4) Schlussfolgerungen aus der historischen Betrachtung Die Regelungen zur Ausgleichs- und Abfindungszahlung zeigen folglich, dass die Eingliederung aus den Vorschriften über den Vertragskonzern erwachsen ist, die beiden Konzernverhältnisse daher historisch eng miteinander zusammenhängen. Die enge Verknüpfung von Eingliederung und Vertragskonzern in ihrer Entstehungsgeschichte spricht für eine Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern. Die Tatsache, dass der Regierungsentwurf eigenständige Regelungen zur Eingliederung schuf, ändert an dieser Feststellung nichts. Denn der Regierungsentwurf antwortete mit den Sonderregelungen zur Eingliederung nur auf die erhebliche Kritik aus der Literatur, die die Vorschriften für den Vertragskonzern im Fall der hundertprozentigen Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft für verfehlt hielten: Schließlich seien die Vorschriften über den Schutz der Minderheitsaktionäre nicht zielführend, wenn keine Minderheitsaktionäre vorhanden seien. Deshalb wurde vielfach gefordert, zumindest eine Klarstellung zu schaffen, dass bei hundertprozentiger Beteiligung die Schutzvorschriften für die Minderheitsaktionäre nicht anwendbar seien.389 Die Motivation des Gesetzgebers für die eigenständige Regelung der §§ 319 ff. AktG lag also nur in der Ausklammerung der Schutzvorschriften zugunsten außenstehender Aktionäre, nicht hingegen in der Regelung einer eigenen, vom Vertragskonzern streng zu trennenden Konzernfigur.390 Das bestätigte die Regierungsbegründung, die die Eingliederung als „den durch Beherrschungsvertrag gebundenen Gesellschaften im Wesentlichen gleichgestellt“ beschrieb.391 Vor allem lässt sich durch die Reihenfolge der geschaffenen Regelungen auch erklären, dass die Eingliederung eine explizite Regelung zur Beendigung im Fall der Auflösung der Hauptgesellschaft enthält, während im Recht 389 Flume DB 1959, 190 (193 f.); siehe auch die Empfehlung in der ergänzenden Stellungnahme zu konzernrechtlichen Bestimmungen im Referentenentwurf eines Aktiengesetzes, S. 29. 390 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; dazu Flume Grundfragen der Aktienrechtreform, in: Gesammelte Schriften II, 123 (152); GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 6; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168. 391 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 374.

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des Vertragskonzerns eine solche Vorschrift nicht zu finden ist. In den Anpassungen eines Referentenentwurfs kann es durchaus passieren, dass der Regierungsentwurf eine Regelung schafft, die an anderer Stelle auch Anwendung finden müsste, die entsprechende Verweisung oder Parallelregelung allerdings unterbleibt. Daher kann nicht e contrario von der fehlenden Regelung im Vertragskonzern darauf geschlossen werden, dass § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG keine entsprechende Anwendung finden darf.392 Die historische Betrachtung spricht im Ergebnis für eine vergleichbare Interessenlage. dd) Vergleichbare Interessenlage: Übertragbarkeit des Regelungszwecks des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern Eine Interessenlage ist insbesondere dann vergleichbar, wenn der Zweck der analog heranzuziehenden Norm gleichermaßen die Regelungslücke erfasst. § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG lässt die Eingliederung mit Auflösung der Hauptgesellschaft deshalb enden, weil eine aufgelöste Gesellschaft nicht mehr die Geschicke einer anderen Gesellschaft bestimmen können soll.393 Dieser Normzweck lässt sich ohne Weiteres auf den Vertragskonzern übertragen: Sowohl bei der Eingliederung als auch im Vertragskonzern werden die Geschicke der beherrschten/eingegliederten Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen/die Hauptgesellschaft in Form des Weisungsrechts bestimmt, §§ 308 Abs. 1 S. 1, 323 Abs. 1 S. 1 AktG.394 Dass eine insolvente Gesellschaft nicht mehr durch ihr Weisungsrecht auf eine andere Gesellschaft Einfluss nehmen darf, war schon unter Geltung der Konkursordnung und ist auch heute noch eines der ausschlaggebenden Argumente der herrschenden Meinung: Die Änderung des Gesellschaftszwecks von der Ausrichtung auf das Konzernganze hin zur Abwicklung soll nicht mit einem Fortbestehen des Konzernverhältnisses vereinbar sein.395 Daher ist die Behauptung von Koppensteiner, nur im Falle der Eingliederung sei die Beendigung zwingend, um dem „auflösungskonnexen Liquidationszweck“ der Hauptgesellschaft nicht zuwiderzulaufen,396 verfehlt: Auch im Vertragskonzern ist eine Muttergesell-

392 So aber Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2039), der daraus die Schlussfolgerung zieht, aus § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG könne keine eindeutige Aussage für den Vertragskonzern bei Insolvenz der Mutter gezogen werden; ebenso Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (246); KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 45. 393 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 432. 394 Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 33 f. 395 So schon BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (6 f.) = NJW 1988, 1326 – Familienheim; siehe auch die Nachweise bei → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. 396 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 45.

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schaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, nunmehr auf den „auflösungskonnexen Liquidationszweck“ gerichtet. Die Zweckänderung in der Muttergesellschaft/Hauptgesellschaft infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verändert darüber hinaus die Ausgangssituation, die die Parteien zum Abschluss des Unternehmensvertrags oder zum Beschluss über die Eingliederung gebracht hatte. Das macht eine erneute Entscheidung über den Umgang mit dieser geänderten Ausgangslage durch die Hauptversammlung der eingegliederten/beherrschten Gesellschaft erforderlich. Ihr muss die Möglichkeit gegeben werden, bei Besserung der Lage für die Muttergesellschaft/Hauptgesellschaft den Unternehmensvertrag erneut abzuschließen beziehungsweise die Eingliederung erneut zu vollziehen. Das kann sie aber nur, wenn die Eingliederung/der Vertragskonzern zuvor mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet wurde. Ohne erneute Entscheidung soll die abhängige/eingegliederte Gesellschaft nicht weiter durch die Hauptgesellschaft/das herrschende Unternehmen beeinflusst sein. Diese Überlegung gilt gleichermaßen für den Vertragskonzern und die Eingliederung.397 Auch wenn dies möglicherweise zu „Versilberung“ des Zustimmungsvorbehalts der Untergesellschaft führen mag,398 wird nur die erneute Entscheidung der Hauptversammlung der erheblichen Veränderung der Ausgangslage und damit der Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft gerecht. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Erwägungen des Gesetzgebers zum Ende der Eingliederung wegen Verschmelzung der Hauptgesellschaft auf eine andere Aktiengesellschaft: Der Gesetzgeber argumentierte, dass aus Gründen der „Rechtsklarheit“ erneut die Eingliederung vollzogen werden müsse, wenn diese weiter gewollt sei und die übernehmende Gesellschaft den Anforderungen des § 319 Abs. 1 AktG genüge.399 Der analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Unternehmensvertrag ist deshalb entgegengehalten worden, dass nach § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG die Verschmelzung die Eingliederung beende, was sich auf den Unternehmensvertrag nicht übertragen ließe.400 Das ist allerdings ein Trugschluss, der auf die dahingehend falsche Regierungsbegründung zurückgeht: Die Eingliederung endet gerade nicht, wenn die Hauptgesellschaft auf eine andere Aktien-

397

Für den Vertragskonzern MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 107. So das Argument Freudenbergs für ein Fortbestehen des Unternehmensvertrag, ZIP 2009, 2037 (2040). 399 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 432. 400 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 36 ff.; insofern vollständig inkonsequent KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 327 Rn. 15: „Nach geltendem Recht (§ 20 I Z. 1 UmwG) ist das Eingliederungsverhältnis mit der übernehmenden AG fortzusetzen“. 398

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gesellschaft verschmilzt, weil hierfür gar kein Erfordernis besteht:401 Die Verschmelzung ist nach § 19 UmwG in das Handelsregister einzutragen, sodass die Befürchtung des Gesetzgebers, die neue Hauptgesellschaft könnte nicht in das Handelsregister eingetragen werden,402 ins Leere läuft. Damit kann der gesetzgeberischen Überlegung zur „Rechtsklarheit“ nicht gefolgt werden. Ferner führt die Verschmelzung anders als die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht dazu, dass die eingegliederte Gesellschaft und ihre Gläubiger in ihren Ansprüchen gefährdet würden, da nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG sämtliche Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen. Ebenso greift bei der Verschmelzung die Überlegung zur Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft nicht: Während die eingegliederte Gesellschaft von der Verschmelzung ohnehin nur mittelbar betroffen und daher nicht schutzbedürftig ist, ist ein erneuter Beschluss der Hauptversammlung der zukünftigen Hauptgesellschaft nach § 319 Abs. 2 AktG schon wegen §§ 13, 65 UmwG nicht erforderlich. Im Ergebnis spricht daher auch der Normzweck des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG für eine vergleichbare Interessenlage im Fall des Unternehmensvertrags. ee) Vergleichbare Interessenlage: Überschneidungen von Eingliederung und Vertragskonzern Die Übertragbarkeit des Zwecks des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern lässt sich dadurch unterstreichen, dass die Regelungen über Eingliederung und Vertragskonzern sich nur unwesentlich unterscheiden. Die Unterschiede betreffen Aspekte, die mit der Frage, ob eine Unternehmensverbindung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch enden soll, nichts zu tun haben. Die Eingliederung stellt die stärkste Form der konzernrechtlichen Verbindung dar, vgl. § 18 Abs. 1 S. 2 AktG.403 Sie bildet den Status der Unterneh-

401

Ganz hM BeckOGK AktG/Singhof AktG § 327 Rn. 6; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 327 Rn. 8; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 327 Rn. 8; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 327 Rn. 3; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 327 Rn. 14; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 327 Rn. 8; Koch AktG § 327 Rn. 4; MüKoAktG/Grunewald AktG § 327 Rn. 9; Wachter/Rothley AktG § 327 Rn. 3; nach wie vor aA unter Bezugnahme auf die Begr. RegE K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 327 Rn. 9; bei der Verschmelzung auf eine Gesellschaft einer anderen Rechtsform greift selbstverständlich schon der Beendigungsgrund des § 327 Abs. 1 Nr. 2 AktG. 402 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 432. 403 Heidel/Plumeyer/Jaursch AktG § 319 Rn. 1; Hoffmann Konzernhandbuch/Hoffmann, S. 32.

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mensverbindung zwischen Unternehmensvertrag und Verschmelzung.404 Kropff hat sie deshalb als Rechtsfigur bezeichnet, die einer Kombination von Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nahekommt.405 Anders als bei der Verschmelzung bleibt der eingegliederten Gesellschaft ihre eigene Rechtspersönlichkeit erhalten.406 Gleichzeitig bleibt ihre Handlungsorganisation in Form der Gesellschaftsorgane bestehen. Die eingegliederte Gesellschaft kann also weiter unter ihrer Firma am Markt auftreten und die Beendigung der Eingliederung kann einfacher vollzogen werden als die Trennung verschmolzener Unternehmen.407 Der Vertragskonzern und die Eingliederung stellen jeweils eine organisatorische Verbindung zwischen den Beteiligten her und schaffen anders als die Verschmelzung keine neue rechtliche Einheit.408 Die praktische Relevanz der Eingliederung war schon immer gering und ist durch die Einführung der Regelungen zum Squeeze-Out in §§ 327a ff. AktG noch weiter gesunken.409 (1) Unterschiede in der Rechtsnatur von Eingliederung und Vertragskonzern Im Gegensatz zum Vertragskonzern kommt die Eingliederung nicht durch einen Vertrag, sondern durch einen Beschluss der Hauptversammlung der einzugliedernden Gesellschaft zustande, § 319 Abs. 1 AktG.410 Die Hauptversammlung der zukünftigen Hauptgesellschaft muss diesem Eingliederungsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit zustimmen, § 319 Abs. 2 AktG. Die Zustimmung ist erforderlich, weil mit der Eingliederung für die Hauptgesellschaft die Mithaftung nach § 322 AktG begründet wird und sie für die Verluste der eingegliederten Gesellschaft einstehen muss, § 324 Abs. 3 AktG.411 Für den Gesetzgeber war das Erfordernis der beiderseitigen Hauptversamm404 GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 1; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 319 Rn. 6; MüKoAktG/Grunewald AktG Vor §§ 319 ff. Rn. 3; K. Schmidt GesR § 30 III 1. 405 Kropff BB 1965, 1281 (1287). 406 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 319 Rn. 3; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 319 Rn. 1; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 4; Heidel/Plumeyer/Jaursch AktG § 319 Rn. 2; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 319 Rn. 6; MüKoAktG/Grunewald AktG Vor §§ 319 ff. Rn. 3; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168; K. Schmidt GesR § 30 III 1. 407 Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 319 Rn. 1; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 4; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S. 226 f.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 319 Rn. 6; MüKoAktG/Grunewald AktG Vor §§ 319 ff. Rn. 4. 408 Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 98. 409 BeckOGK AktG/Singhof AktG § 320 Rn. 4; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 319 Rn. 1; Koch AktG § 319 Rn. 1; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 319 Rn. 2. 410 Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 66. 411 Dazu Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 422.

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lungsbeschlüsse selbstverständlich, weil sowohl § 293 Abs. 1, Abs. 2 AktG als auch § 340 Abs. 1 AktG 1965 (heute § 13 UmwG) die Zustimmung der Hauptversammlungen beider Gesellschaften zu dem jeweiligen Vertrag verlangen; die Eingliederung müsse rechtlich die Mitte zwischen dem Abschluss eines Beherrschungsvertrags und der Verschmelzung halten.412 Die Eingliederung ist im Gegensatz zu den Unternehmensverträgen und zur Verschmelzung also ein rein innergesellschaftlicher Vorgang.413 Sie erwächst aus einer bereits bestehenden mitgliedschaftlichen Verbindung, während sowohl der Vertragskonzern als auch die Verschmelzung allein auf dem übereinstimmenden Willen der Mitglieder beruhen.414 Der Eingliederung fehlt folglich das schuldvertragliche Element des Vertragskonzerns; sie hat einen ausschließlich organisationsrechtlichen Charakter.415 Eine Satzungsänderung stellt die Eingliederung aber wie auch der Unternehmensvertrag nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht dar, § 319 Abs. 1 S. 2 AktG.416 Die unterschiedliche Rechtsnatur von Unternehmensvertrag und Eingliederung führt naturgemäß zu unterschiedlichen Beendigungsgründen: So liegt auf der Hand, dass die Eingliederung mangels Vertragsqualität nicht durch Auflösung oder Kündigung beendet werden kann. Beendigungsgründe kraft Gesetzes sind hingegen für beide Konzernformen vorgesehen (§§ 307, 327 AktG).417 Die unterschiedlichen Beendigungsgründe lassen sich mit der unterschiedlichen Zweckrichtung der Vorschriften über den Vertragskonzern und die Eingliederung erklären: Während im Vertragskonzern ein Interessenausgleich zwischen den Interessen der Muttergesellschaft und den Gläubigern und außenstehenden Aktionären der Tochtergesellschaft gefunden werden soll, ist die Eingliederung nicht auf einen Interessenausgleich gerichtet.418 Die Regelung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG knüpft an Vorgänge an, die nichts mit der Rechtsnatur oder der Zweckrichtung der Eingliederung zu tun 412

Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 422. BeckOGK AktG/Singhof AktG § 319 Rn. 3; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 319 Rn. 10; Emmerich/Habersack KonzernR § 10 Rn. 9; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 6 Rn. 878; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 96 ff.; Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 62. 414 Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 97. 415 BeckOGK AktG/Singhof AktG § 319 Rn. 3; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 319 Rn. 10; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 319 Rn. 1; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 104 f.; Wachter/Rothley AktG § 319 Rn. 1. 416 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 422: „vermeidet, daß die Eingliederung durch ihre Behandlung als Satzungsänderung technisch erschwert wird.“ 417 Dazu auch Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 80. 418 Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 105; dazu gleich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) ee) (2). 413

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haben. Die gesetzgeberischen Erwägungen sind allgemein gehalten und lassen sich auch auf vertragliche Verbindungen übertragen.419 Die übrigen Nummern des § 327 AktG sind hingegen speziell auf die Besonderheiten der Eingliederung zugeschnitten: Da die Eingliederung durch einen Beschluss der Hauptversammlung der einzugliedernden Gesellschaft zustande kommt, kann ein solcher das Verhältnis selbstverständlich auch wieder beenden (Nr. 1). Nr. 2 geht darauf zurück, dass eine Eingliederung nur zwischen zwei Aktiengesellschaften bestehen kann und Nr. 3 ergibt sich naturgemäß aus dem Umstand, dass die Eingliederung nur den Fall betrifft, dass sich alle Aktien der eingegliederten Gesellschaft in der Hand der Hauptgesellschaft befinden. Sobald sich nicht mehr alle Aktien der eingegliederten Gesellschaft in der Hand der Hauptgesellschaft befinden, muss die Eingliederung zwingend beendet sein, weil den §§ 319 ff. AktG gerade die Schutzvorschriften zugunsten außenstehender Aktionäre fehlen. Daher spricht die unterschiedliche Rechtsnatur nicht gegen eine analoge Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Unternehmensvertrag, da dieser gerade einen rechtsnaturunabhängigen Grundgedanken enthält: Eine insolvente Gesellschaft soll nicht die Geschicke einer anderen Gesellschaft bestimmen dürfen. (2) Unterschiede im Schutz außenstehender Aktionäre und im Gläubigerschutz Bei der Eingliederung gibt es keine außenstehenden Aktionäre, sodass die Vorschriften des Vertragskonzerns zu deren Schutz gegenstandslos sind.420 Deswegen werden nach § 324 Abs. 1 AktG die gesetzlichen (nicht aber die satzungsmäßigen) Vorschriften über die Bildung, Verwendung und Dotierung einer gesetzlichen Rücklage für unanwendbar erklärt.421 § 320b AktG enthält eine dem § 305 AktG weitgehend entsprechende Abfindungsvorschrift, die wegen des Ausscheidens der Minderheitsaktionäre in den Fälle des § 320 AktG zwingend (Art. 14 Abs. 1 GG) ist.422 Für die Unternehmensverträge sehen die §§ 304–307 AktG strenge Schutzvorschriften zugunsten außenstehender Aktionäre vor, insbesondere die Ausgleichspflicht des § 304 AktG. Die Interessen der außenstehenden Aktionäre werden im Rahmen eines Unternehmensvertrags zudem mittelbar durch die Schutzvorschriften zugunsten der abhängigen Gesellschaft, namentlich § 302 AktG, gewahrt: Da der abhängigen Gesellschaft das Vermögen erhalten bleiben soll, welches sie vor Abschluss des Unternehmensvertrags 419

Dazu soeben → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) dd). Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; dazu Drüke Haftung der Muttergesellschaft, S. 176; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168. 421 Emmerich/Habersack KonzernR § 10 Rn. 55. 422 Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) cc). 420

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hatte, wird den außenstehenden Aktionären garantiert, dass sie nach Beendigung des Unternehmensvertrags ihre Gesellschaft im ursprünglichen Zustand zurückerhalten.423 Sowohl im Vertragskonzern (§ 291 Abs. 3 AktG) als auch bei der Eingliederung (§ 323 Abs. 2 AktG) werden die Kapitalbindungsregelungen der §§ 57, 58, 60 AktG außer Kraft gesetzt, weil der Vermögensschutz auf andere Weise garantiert wird. Anders als durch die Sicherungsvorschriften der §§ 300–303 AktG werden die Gläubiger der eingegliederten Gesellschaft durch die Mithaftung der Hauptgesellschaft für die Verbindlichkeiten der eingegliederten Gesellschaft geschützt, § 322 AktG.424 Dass im Vertragskonzern § 302 AktG lediglich zu einer mittelbaren Haftung des herrschenden Unternehmens für die Verbindlichkeiten der abhängigen Gesellschaft führt, ist mit der erforderlichen Mitsicherung der Interessen von außenstehenden Aktionären zu begründen.425 In der Konsequenz reicht der Verlustausgleichsanspruch des § 324 Abs. 3 AktG daher deutlich weniger weit als der des § 302 AktG.426 Neben der Mithaftung nach § 322 AktG wird die Kompensation der fehlenden, den §§ 300–303 AktG entsprechenden Gläubigerschutzvorschriften durch die Sicherheitsleistung nach § 321 AktG gewährleistet.427 Danach muss die Hauptgesellschaft den Gläubigern der eingegliederten Gesellschaft, deren Forderungen vor Bekanntmachung der Eintragung der Eingliederung in das Handelsregister begründet wurden, Sicherheit leisten. Durch die umfassende Pflicht zur Sicherheitsleistung für bereits begründete Ansprüche und die un-

423 Anders Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im transnationalen Unternehmen, S. 413, der insofern auf die Passage zu § 305 AktG in der Regierungsbegründung (bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 397) Bezug nimmt, dass „nach den Umständen […] auch die Sorge begründet sein [könne], daß die Gesellschaft bei Beendigung des Vertrags nicht mehr fähig ist, auf eigenen Füßen zu stehen“ – das meint selbstverständlich nicht, dass das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft ausbeuten darf bis hin zur Vermögenslosigkeit. Vielmehr bezieht sich der Gesetzgeber hier auf die tatsächliche enge Verflechtung von Tochter- und Muttergesellschaft im Hinblick auf ihre Geschäftsbereiche und die Arbeitsverteilung. Es kann nach Beendigung des Unternehmensvertrags selbstverständlich schwierig für die Tochtergesellschaft sein, ohne die Unterstützung der Muttergesellschaft selbst auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Damit ist aber nicht die finanzielle Unterstützung, sondern die tatsächliche Unterstützung gemeint. 424 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; dazu Kuhlmann/Ahnis Konzernund Umwandlungsrecht § 6 Rn. 882; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168; diese Mithaftung entspricht auch dem Vorschlag Flumes, der die subsidiäre Haftung des herrschenden Unternehmens für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft für sämtliche Konzerntatbestände befürwortete, siehe Flume Referentenentwurf, S. 24 f. 425 Drüke Haftung der Muttergesellschaft, S. 176. 426 Dazu → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) ee) (2). 427 GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 6.

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mittelbare Haftung der Hauptgesellschaft ist der Gläubigerschutz bei der Eingliederung folglich stärker ausgeprägt als im Vertragskonzern.428 Dass bei der Eingliederung keine außenstehenden Aktionäre vorhanden sind und der Gläubigerschutz auf andere Weise gewährleistet wird als bei Unternehmensverträgen, widerspricht der analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG nicht: Denn Zweck dieser Vorschrift ist es, die infolge der Insolvenzverfahrenseröffnung geänderten Umstände interessengerecht auszugleichen. Die Hauptversammlung der eingegliederten Gesellschaft soll entscheiden dürfen, ob sie trotz erheblicher Veränderung der Umstände die Konzernverbindung beibehalten möchte, indem sie erneut einen Eingliederungsbeschluss trifft. Diese Überlegung des Gesetzgebers dient gerade nicht dem Schutz der Gläubiger, sondern soll nur die eingegliederte Gesellschaft selbst schützen. Ebenso widerspricht die fehlende Beteiligung außenstehender Aktionäre bei der Eingliederung nicht der analogen Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern: Im Gegenteil wird durch das Erfordernis eines erneuten Hauptversammlungsbeschlusses, um den Vertragskonzern erneut zu begründen, gerade auch ein außenstehender Aktionär beteiligt und folglich geschützt. Da sich der Gesetzeszweck des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf den Vertragskonzern übertragen lässt, sprechen die Unterschiede im Außenseiterschutz nicht gegen eine analoge Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. (3) Unterschiede bei der Verlustausgleichspflicht Während die vollumfängliche Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG darauf gerichtet ist, der abhängigen Gesellschaft das Vermögen zu erhalten, welches sie vor Abschluss des Unternehmensvertrags hatte, soll durch § 324 Abs. 3 AktG lediglich verhindert werden, dass die eingegliederte Gesellschaft ständig ein Reinvermögen aufweist, welches hinter ihrem Grundkapital zurückbleibt.429 Nur ein sonst entstehender, die offenen Rücklagen übersteigender Bilanzverlust muss ausgeglichen werden, was auch durch die Auflösung von Rücklagen – selbst durch Auflösung der gesetzlichen Rücklage – erfolgen kann.430 Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rücklage vor oder erst während der Eingliederung gebildet wurde.431 Im Vertragskonzern muss hingegen der volle Jahresfehlbetrag ausgeglichen werden. Die Auflösung von Rücklagen ist nur zulässig, wenn es sich 428

Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168; Vetter FS Marsch-Barner 2018, 575

(581). 429 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391, 429; dazu ferner Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 102; Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 106. 430 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 428 f. 431 Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 106.

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nicht um die gesetzliche Rücklage handelt und die Rücklage während der Vertragsdauer gebildet wurde.432 Die Unterschiede im Umfang der Verlustausgleichspflicht lassen sich mit der unterschiedlichen Haftung der Haupt/Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der eingegliederten/abhängigen Gesellschaft erklären: Die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG bewirkt eine mittelbare Haftung der Muttergesellschaft für die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft, indem die Muttergesellschaft der Tochter das Reinvermögen erhalten muss, welches diese vor Abschluss des Unternehmensvertrags hatte. Die lediglich mittelbare Haftung geht auf den Schutz der außenstehenden Aktionäre zurück, die ein Interesse daran haben, dass die Gesellschaft durch die Konzernsituation nicht in ihrem Vermögensbestand verändert wird. Auf diesen Umweg kann im Fall der Eingliederung mangels außenstehender Aktionäre verzichtet werden. Zum Schutz der eingegliederten Gesellschaft und ihrer Gläubiger reicht die Direkthaftung über § 322 Abs. 1 AktG. Es besteht keine Notwendigkeit dafür, der eingegliederten Gesellschaft das Reinvermögen zu erhalten, welches sie vor der Eingliederung hatte, weil die Hauptgesellschaft ohnehin nachhaftet, § 327 Abs. 4 S. 1 AktG. Dass zumindest ein Reinvermögen in Höhe des Grundkapitals erhalten bleiben muss, folgt denklogisch aus der Tatsache, dass mit Beendigung der Eingliederung die Kapitalbindungsvorschriften wieder vollständig anwendbar sind. Die eingegliederte Gesellschaft muss daher überlebensfähig bleiben. In Anbetracht der Nachhaftung der Muttergesellschaft reicht aber ein Reinvermögen in Höhe des Grundkapitals zum Schutz der eingegliederten Gesellschaft und ihrer Gläubiger. Wegen der Nachhaftung bedarf es auch keiner dem § 303 AktG entsprechenden Sicherungspflicht nach Vertragsbeendigung.433 Umgekehrt erklärt die weitreichende Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG, dass die Muttergesellschaft im Gegensatz zur Hauptgesellschaft keine Sicherheit für die vor der Eingliederung (bzw. vor Abschluss des Unternehmensvertrags) begründeten Verbindlichkeiten leisten muss, vgl. § 321 AktG. Der Eingliederung und dem Vertragskonzern liegen folglich unterschiedliche Haftungskonzepte zugrunde, die beide dem Schutz der abhängigen Gesellschaft und ihrer Gläubiger dienen. Die unterschiedliche Ausgestaltung lässt sich auf die bei der Eingliederung nicht vorhandenen außenstehenden Aktionäre zurückführen. Beide Haftungskonzepte sollen die abhängige Gesellschaft bei Beendigung des Konzernverhältnisses zumindest überlebensfähig hinterlassen – sei es in Form der Nachhaftung unter Beibehaltung des Grundkapitals oder durch die Erhaltung des Reinvermögens, welches vor Abschluss des Unternehmensvertrags vorhanden war. Dieses Überleben ist bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Mutter432 433

Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 391. Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 106 f.

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/Hauptgesellschaft nicht mehr sichergestellt. Die unterschiedlichen Haftungskonzepte und die unterschiedliche Reichweite des Verlustausgleichsanspruchs ändern folglich nichts an der Feststellung, dass bei einer so gravierenden Veränderung der Verhältnisse wie im Fall der Insolvenzeröffnung die Konzernverbindung nicht fortbestehen darf. Es bleibt deshalb bei einer vergleichbaren Interessenlage. (4) Unterschiede im Umfang des Weisungsrechts Ähnlich wie der Beherrschungsvertrag begründet die Eingliederung die Leitungsmacht des Hauptunternehmens über die eingegliederte Gesellschaft (§ 323 Abs. 1 S. 1 AktG), welche in ihrer Reichweite jedoch über die des § 308 AktG hinausgeht.434 Nachteilige Weisungen müssen bei der Eingliederung nicht durch das Konzerninteresse gerechtfertigt sein, vgl. §§ 308 Abs. 1 S. 2, 323 AktG.435 Die Hauptgesellschaft kann weitgehende Verfügungen über die Substanz der beherrschten Gesellschaft treffen, da die eingegliederte Gesellschaft von der Rücklagenbildungspflicht befreit ist und bereits gebildete Rücklagen auflösen darf.436 Bei einem Unternehmensvertrag bleibt hingehend die Pflicht zur Rücklagenbildung in abgeschwächter Form (§ 300 AktG) bestehen. Auch hinsichtlich der Bereiche, die eine Weisung betreffen kann, ist § 323 Abs. 1 S. 1 AktG weiter gefasst als § 308 AktG. Der Vorstand der Muttergesellschaft ist auf die Leitung der Gesellschaft (§ 76 AktG) beschränkt.437 Zudem kann das Weisungsrecht durch Vereinbarung im Unternehmensvertrag eingeschränkt werden.438 Diese Grenzen existieren bei der Eingliederung nicht. Selbstverständlich führt die weite Regelung des § 323 Abs. 1 AktG aber nicht dazu, dass der Vorstand der Hauptgesellschaft ohne jede Einschränkung handeln kann – an die Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters ist er stets gebunden, da er sonst in die Haftung 434 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; Geßler DB 1965, 1729; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 4; Koch AktG § 323 Rn. 3; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 319 Rn. 2; MüKoAktG/Grunewald AktG Vor §§ 319 ff. Rn. 3; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168 f.; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 323 Rn. 5; Vetter FS Marsch-Barner 2018, 575 (581). 435 So ausdrücklich die Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 427; ferner Geßler DB 1965, 1729; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 6; Koch AktG § 323 Rn. 3; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 169; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 323 Rn. 5. 436 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 421; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 319 Rn. 4; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vor § 319 Rn. 6; Rasch Deutsches Konzernrecht 1974, S. 168; K. Schmidt GesR § 30 III 1; Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 157. 437 Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 145. 438 Veit Unternehmensverträge und Eingliederung, S. 148.

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gerät, § 323 Abs. 1 AktG in Verbindung mit § 309 AktG. Damit ist festzustellen, dass das Weisungsrecht bei der Eingliederung deutlich weiter reicht als im Vertragskonzern. Das spricht aber nicht gegen die Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf die Unternehmensverträge: Denn die Erwägung, dass die Bestimmung der Geschicke der eingegliederten Gesellschaft durch die Hauptgesellschaft im Insolvenzfall nicht mehr möglich sein soll, sondern vielmehr nach der ursprünglichen Kompetenzverteilung die Hauptversammlung der eingegliederten Gesellschaft über die Beherrschungssituation entscheiden soll, hängt nicht vom Umfang des Weisungsrechts ab. Es geht nur um die Tatsache, dass die Geschicke durch eine andere Gesellschaft bestimmt werden, nicht aber um die Frage, in welchem Umfang dies möglich ist. Wie auch beim Unternehmensvertrag stellt sich bei der Eingliederung die Frage, ob die Weisungserteilung durch die Vollwertigkeit des Verlustausgleichanspruchs begrenzt ist. Die überwiegende Ansicht lässt bei der Eingliederung sogar sog. existenzgefährdende (und teilweise existenzvernichtende) Weisungen zu. Lediglich zu einem satzungswidrigen oder gesetzeswidrigen Verhalten dürfe die eingegliederte Gesellschaft nicht veranlasst werden.439 Andere beschränken auch bei der Eingliederung die Weisungsbefugnis, wenn der Verlustausgleichsanspruch nicht vollwertig ist.440 Zuzustimmen ist der zweiten Ansicht: Auch wenn das Reinvermögen der eingegliederten Gesellschaft deutlich stärker angegriffen werden darf als das der abhängigen Gesellschaft, muss der eingegliederten Gesellschaft zumindest stets ihr Grundkapital erhalten bleiben. Gerade das wird durch den Verlustausgleichsanspruch sichergestellt. Schon der historisch enge Zusammenhang zwischen Eingliederung und Vertragskonzern zeigt, dass der Verlustausgleichspflicht jeweils die Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer zugrunde liegt. Daher kann es auch in der Eingliederung gar nicht zu existenzgefährdenden Weisungen kommen, weil die Hauptgesellschaft ebenfalls die Existenz der eingegliederten Gesellschaft garantieren muss. Dies geschieht bei der Eingliederung nur anders als im Vertragskonzern, namentlich durch die unmittelbare (Nach-)Haftung und die Pflicht, das Grundkapital zu erhalten. Daher muss auch bei der Eingliederung das Weisungsrecht der Hauptge-

439 Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 323 Rn. 2; Emmerich/Habersack KonzernR § 10 Rn. 52; GroßkommAktG/Schmolke AktG § 323 Rn. 2; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 323 Rn. 4; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 6 Rn. 883 m. Fn. 8; MHdB AG/Krieger § 74 Rn. 48; MüKoAktG/Grunewald AktG § 323 Rn. 3; Wachter/Rothley AktG § 323 Rn. 1; offengelassen bei Koch AktG § 323 Rn. 3. 440 Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz AktG § 323 Rn. 4; K. Schmidt/Lutter/Ziemons AktG § 323 Rn. 6; ähnlich BeckOGK AktG/Singhof AktG § 323 Rn. 3; insofern widersprüchlich GroßkommAktG/Schmolke AktG § 323 Rn. 5 – die von ihm aufgeführten existenzbedrohenden Weisungen kann es gar nicht geben, wenn das Weisungsrecht von der Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängt.

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sellschaft seine Grenze in der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs finden. Die Unterschiede im Umfang des Weisungsrechts sprechen folglich nicht gegen eine analoge Anwendung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. (5) Unterschiede im Rahmen des Auskunftsrechts der Aktionäre Die Aktionäre der Hauptgesellschaft haben nach § 326 AktG ein gegenüber dem allgemeinen Auskunftsrecht in § 131 Abs. 1 AktG erweitertes Auskunftsrecht über die Angelegenheiten der eingegliederten Gesellschaft. Sie sind über Angelegenheiten der eingegliederten Gesellschaft genauso zu informieren wie über die Angelegenheiten der Hauptgesellschaft. Das erklärt sich durch die stärkere Näheverbindung zwischen eingegliederter Gesellschaft und Hauptgesellschaft im Vergleich zu Mutter- und Tochtergesellschaft aufgrund der hundertprozentigen Beteiligung.441 Das Auskunftsrecht hat jedoch keine Auswirkung auf die Frage, ob das Konzernverhältnis mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens enden muss. ff) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns Damit besteht eine vergleichbare Interessenlage bei Vertragskonzern und Eingliederung für den Fall, dass über das Vermögen der Hauptgesellschaft/Muttergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Unterschiede zwischen beiden Konzernverhältnissen haben keine Auswirkungen auf die Übertragbarkeit des Grundgedankens in § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG auf die Beendigung von Unternehmensverträgen. Daher kann man a maiore ad minus darauf schließen, dass, wenn schon bei der Eingliederung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Mutter ipso iure beendet sein soll, dies erst recht für die schwächere Verbindung durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gelten muss. Die Überlegung, § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG könne schon keine Anwendung finden, da bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine Suspension liquidationswidriger Vertragsfolgen in Betracht komme,442 stellt einen bloßen Zirkelschluss dar. Freilich lässt sich die automatische Vertragsbeendigung bei Verfahrenseröffnung nicht damit verneinen, dass die Rechte und Pflichten lediglich suspendiert seien.

441

Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 431. KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 45, der auch nicht näher begründet, weshalb die Suspension der liquidationswidrigen Vertragsfolgen bei Unternehmensverträgen in Frage komme, bei der Eingliederung aber mit „erheblichen Schwierigkeiten“ verbunden sei. 442

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Auch wirtschaftliche Zweckmäßigkeitserwägungen bringen kein anderes Ergebnis: Eine Umgehung des Gesetzes lässt sich nicht mit einem ökonomischen Wunsch nach dem Fortbestehen des Konzernverbundes rechtfertigen.443 Ferner steht das Fortführungsgebot der §§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 158 InsO dem automatischen Ende des Unternehmensvertrags nicht entgegen,444 da die Fortführung des Unternehmens der Obergesellschaft nicht mit der weiteren Beherrschung der Untergesellschaft verbunden sein muss und darf: Der Vertragskonzern bildet eine wirtschaftliche Fusion der verbundenen Unternehmen, durch die das herrschende Unternehmen dazu verpflichtet wird, die wirtschaftliche Existenz der abhängigen Gesellschaft zu garantieren und die Befriedigung ihrer Gläubiger sicherzustellen. Das führt aber zwingend dazu, dass die abhängige Gesellschaft keine Leistungen mehr erbringen darf und ihre wiedererlangte wirtschaftliche Unabhängigkeit im Interesse der Gesellschaft, der Gesellschafter und der Gläubiger optimal nutzen muss.445 Die Interessenlage ist folglich bei der Eingliederung und im Vertragskonzern identisch, sodass sich das Ende des organisationsvertraglichen Elements des Unternehmensvertrags auf § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG in analoger Anwendung stützen lässt. c) Zur analogen Anwendung der §§ 115, 116 InsO Aus den insolvenzrechtlichen Bestimmungen der §§ 115, 116 InsO kann für das schuldvertragliche Element abgeleitet werden, dass der Vertragskonzern mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens automatisch beendet ist. aa) Anwendungsbereich und Rechtsfolge der §§ 115, 116 InsO §§ 115, 116 InsO regeln, dass Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverträge bei Insolvenz des Beauftragten automatisch beendet werden. Schon unter Geltung des früheren § 23 KO war umstritten, ob sich die angeordnete Beendigung auf den ganzen „Vertrag“ oder lediglich die übertragene Geschäftsbesorgungsbefugnis bezieht.446 Das Erlöschen des gesamten Vertragsverhältnisses hätte angeblich zu einer Verkürzung der Konkursmasse um die sich aus der Geschäftsbesorgung ergebenden Ansprüche geführt, weshalb ein Teil der 443

So aber Bous Konzernleitungsmacht, S. 150 f.; ebenso Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.09 m. Fn. 28: „Die zum bisherigen Recht h.A. gibt den Beteiligten mit dem Verweis auf den Neuabschluss des Unternehmensvertrages Steine statt Brot.“ 444 So aber Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2041). 445 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 106. 446 Ausführlich Marotzke FS Henckel 1995, 579 (585 ff.); so heute noch K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 115 Rn. 8; ebenso Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690), die aus diesem Grund die analoge Anwendung der §§ 115, 116 InsO auf den Unternehmensvertrag ablehnen.

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Literatur nur die Geschäftsbesorgungsbefugnis entfallen lassen wollte.447 Gestützt wurde diese Argumentation auf den Wortlaut des § 23 Abs. 2 KO, der nur von der sich aus dem Werk- oder Dienstvertrag ergebenden Verpflichtung, ein ihm von dem Gemeinschuldner übertragenes Geschäft für diesen zu besorgen, sprach.448 Die Kommission für Insolvenzrecht hatte deswegen vorgeschlagen, die Beendigung des Geschäftsbesorgungsverhältnisses in das Ermessen des Insolvenzverwalters zu stellen.449 Vollmachten sollten hingegen automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen.450 Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Diskussion um die Rechtsfolge der §§ 115, 116 InsO ein bloßes Scheinproblem darstellt. Die Bedenken, bei vollständigem Entfallen des Vertrages könnten zugunsten der Insolvenzmasse nur noch Forderungen aus der Geschäftsführung ohne Auftrag oder sonstige gesetzliche Ansprüche bestehen,451 erfassen die Konsequenzen eines erloschenen Vertrags schon nicht richtig. Denn §§ 115, 116 InsO ordnen in keiner Weise an, dass der Vertrag mit ex tunc Wirkung erlischt. Vielmehr ist das Erlöschen des Vertrags als Rechtsfolge mit ex nunc Wirkung zu verstehen, da sich das Erlöschen eines Vertrags nicht auf den Vertragsantrag im Sinne des § 145 BGB zurückbezieht.452 Erlöschen meint nur, dass das Vertragsverhältnis beendet ist, dies setzt aber keine Anknüpfung an den Antrag voraus. Dementsprechend bestehen die bereits entstandenen Ansprüche aus dem bisherigen Auftragsverhältnis selbstverständlich fort.453 Diese Auffassung steht in Einklang mit den Überschriften der §§ 115, 116 InsO, die sich explizit auf die Verträge und nicht die mit ihnen verbundene Befugnis beziehen.454

447

Marotzke FS Henckel 1995, 579 (585). Marotzke FS Henckel 1995, 579 (596) mit Hinweis auf den folglich misslungenen und daher korrekturbedürftigen Wortlaut des § 27 KO, der von einem erloschenen Auftrag oder Dienst- oder Werkvertrag sprach (so auch die heutige Überschrift des § 116 InsO Erlöschen von Geschäftsbesorgungsverträgen). 449 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1995, S. 225 mit Leitsatz 2.4.1.9. 450 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1995, S. 118 mit Leitsatz 1.2.10 Abs. 2. 451 Marotzke FS Henckel 1995, 579 (585 f.). 452 BGH IX ZR 121/05, BGHZ 168, 276 (279) = ZIP 2006, 1781; Andres/Leithaus/Andres InsO § 115 Rn. 6; BeckOK InsR/Berberich InsO § 115 Rn. 10; Braun/Hartwig InsO § 115 Rn. 5; Graf-Schlicker/Kubusch InsO § 115 Rn. 6; HK-InsO/Schmidt InsO § 115 Rn. 4; KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 30; MüKoInsO/Vuia InsO § 115 Rn. 11 ff.; Nerlich/Römermann/Kießner InsO § 115 Rn. 10; Uhlenbruck/Sinz InsO § 116 Rn. 8. 453 Andres/Leithaus/Andres InsO § 115 Rn. 6; Braun/Hartwig InsO § 115 Rn. 5. 454 HK-InsO/Schmidt InsO § 115 Rn. 4. 448

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bb) Historische Betrachtung der §§ 115, 116 InsO §§ 115, 116 InsO gehen auf §§ 23, 27 KO zurück.455 § 23 KO regelte, dass ein Auftrag, Dienst- oder Werkvertrag mit Konkurseröffnung erlösche, es sei denn, der Vertrag beziehe sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen. § 27 KO, der dem heutigen § 115 Abs. 2 S. 3 InsO entspricht, regelte unter Verweisung auf § 672 S. 2 BGB die Ersatzansprüche, die dem Geschäftsführer im Fall der Notgeschäftsführung entstanden. Weder § 23 KO noch § 27 KO waren in der ursprünglichen Fassung der Konkursordnung 1877 enthalten. Die §§ 15 ff. KO 1877 sahen zwar schon eine spezielles Insolvenzvertragsrecht vor, in dem auch ein Verwalterwahlrecht (§ 15 KO 1877 als Vorgänger des heutigen § 103 InsO) geregelt war. Einzelne Vertragstypen fanden jedoch nur vereinzelt Berücksichtigung, so beispielsweise Miet-, Pacht- und Dienstverträge in den §§ 17–19 KO 1877. Für alle übrigen Vertragstypen ordnete § 20 KO 1877 die Weitergeltung des bisherigen Rechts an. Grund für diese pauschale Verweisung auf das geltende Recht war die damalige Rechtszerstückelung.456 Der Gesetzgeber der KO 1877 berief sich darauf, dass das geltende Recht den Fall der Konkurseröffnung für einzelne Vertragstypen aufgrund der Eigentümlichkeit dieser Verträge regelte. Einen Eingriff in diese bestehenden Vorschriften hielt der Gesetzgeber nicht für gerechtfertigt, solange diese mit dem Wesen des Konkurses vereinbar seien.457 So findet sich in den Motiven zu § 20 KO 1877 unter anderem der Hinweis auf § 197. I. 13 des Preußischen Allgemeinen Landrechts,458 der bestimmte, dass Aufträge durch den Konkurs des Machtgebers erlöschen.459 §§ 23, 27 KO wurden mit der KO-Novelle von 1898460 eingeführt, weil der Gesetzgeber wegen der Vereinheitlichung der Auftragsregeln im BGB, die keine speziellen Bestimmungen über den Einfluss der Konkurseröffnung enthielten, die Problematik in der Konkursordnung geregelt haben wollte.461

455

Begr. RegE bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 251. Dazu Schröder Deutsche Rechtsgeschichte, S. 783 ff. 457 Motive zum Entwurf einer KO, abgedruckt bei Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen IV, S. 100. 458 § 197. I. 13 PrALR lautete „Sobald ein Kaufmann in Concurs verfällt oder nicht mehr zahlen zu können öffentlich erklärt; sind die ihm gegebenen Aufträge für widerrufen zu achten.“ 459 Motive zum Entwurf einer KO, abgedruckt bei Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen IV, S. 102, ferner unter Hinweis auf 1. 8. §. 3. D. mand. 17. 1. und 1. 28. D. de neg. gest. 3. 5 sowie art. 2003. des Code civil; dazu auch Meisner KO 1877 § 20 II d. 460 RGBl. 1898, S. 612. 461 So die amtliche Begründung, abgedruckt bei Hahn/Mugdan Die gesammten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen VII, S. 238 f. 456

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

In den §§ 115–117 InsO finden sich heute entzerrte Regelungen, die den §§ 23, 27 KO weitgehend entsprechen. Durch die Einführung des § 117 InsO ist die Unterscheidung zwischen dem Innenverhältnis des Auftrags und der nach außen wirkenden Vollmacht deutlicher geworden als noch unter Geltung der Konkursordnung.462 cc) Regelungszweck der §§ 115, 116 InsO §§ 115, 116 InsO sollen die Insolvenzmasse schützen.463 Bereits unter Geltung des § 23 KO entsprach es der allgemeinen Auffassung, dass die Konkursmasse bei dem zuständigen Konkursverwalter monopolisiert und gegen Verwaltungshandlungen Dritter abgeschirmt werden müsse.464 Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung wollte mit den §§ 115, 116 InsO erreichen, dass die Masse nur durch den Insolvenzverwalter verwaltet wird, also kein Beauftragter seine Rechtsmacht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens behält.465 Dadurch wird die Insolvenzmasse vor der Belastung durch weitere Ansprüche des Vertragspartners auf Aufwendungsersatz oder Entgelt geschützt.466 Für den Fall der Notgeschäftsführung sieht § 115 Abs. 2 InsO eine Ausnahme vom Erlöschensgrundsatz vor, weil in Fällen, in denen der Insolvenzverwalter nicht anderweitig Fürsorge treffen kann, zumindest durch die weitere Geschäftstätigkeit des Beauftragten die Masse erhalten werden soll.467 § 115 Abs. 3 InsO soll hingegen dem Schutzbedürfnis des Beauftragten nachkommen, wenn dieser unverschuldet keine Kenntnis von der Verfahrenseröffnung hat, indem der Fortbestand des Auftrags fingiert wird. Der Beauftragte hätte sonst nur einen Anspruch nach den strengen Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB und wäre gleichzeitig der Schadensersatzhaftung aus § 678 BGB ausgesetzt.468

462

KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 1; Uhlenbruck/Sinz InsO § 116 Rn. 1. Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 20.67; KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 2. 464 Kilger/K. Schmidt KO § 23 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO § 23 Rn. 1; Marotzke FS Henckel 1995, 579 (580). 465 Begr. RegE bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 251; ferner BeckOK InsR/Berberich InsO § 115 Rn. 1; Braun/Hartwig InsO § 115 Rn. 1; Graf-Schlicker/Kubusch InsO § 115 Rn. 1; HK-InsO/Schmidt InsO § 115 Rn. 2; MüKoInsO/Vuia InsO § 115 Rn. 1; Nerlich/Römermann/Kießner InsO § 115 Rn. 2; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 115 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz InsO § 116 Rn. 1. 466 KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 2. 467 Siehe bereits die Begr. RegE zu § 27 KO-Novelle 1898, abgedruckt bei Hahn/Mugdan Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen VII, S. 239 f.; Andres/Leithaus/Andres InsO § 115 Rn. 8; MüKoInsO/Vuia InsO § 115 Rn. 16; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 115 Rn. 12. 468 Andres/Leithaus/Andres InsO § 115 Rn. 9; Braun/Hartwig InsO § 115 Rn. 8; MüKoInsO/Vuis InsO § 115 Rn. 17; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 115 Rn. 13. 463

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Der Grund für das automatische Erlöschen von Aufträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen im Gegensatz zu Dienstverträgen liegt in der Natur der aus diesen Vertragsverhältnissen erwachsenden Ansprüche und den mit diesen verbundenen Gefahren für die Insolvenzmasse: Den Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverhältnissen ist immanent, dass der Geschäftsbesorger/Beauftragte Ansprüche gegen den Auftraggeber/Geschäftsherrn begründen kann, und zwar unabhängig vom Verhalten des Letzteren. Der Anspruch aus § 670 BGB entsteht gerade ohne jede Einflussmöglichkeit des Geschäftsherrn/Auftraggebers. Im Unterschied dazu sind die typischen Ansprüche, die im Rahmen eines Dienstvertrags oder auch eines Arbeitsvertrags entstehen, die Entgeltansprüche des Dienstverpflichteten. Diese sind ihrer Höhe nach auf das vertraglich Vereinbarte beschränkt – der Dienstherr hat also Einfluss auf deren Höhe und Entstehung. Da die Ansprüche aus dem Dienstverhältnis im Insolvenzfall durch den Insolvenzverwalter verwaltet werden können, weil dieser das Direktionsrecht erhält (§ 80 Abs. 1 InsO), ist der Fortbestand solcher Vertragsverhältnisse gerechtfertigt, § 108 InsO.469 Bei Geschäftsbesorgungsverhältnissen und Aufträgen liegt es hingegen nicht in der Hand des Auftraggebers/Geschäftsherrn, ob und in welcher Höhe Ansprüche des Beauftragten/Geschäftsführers entstehen. Eine Direktion durch den Insolvenzverwalter ist also von Vornherein ausgeschlossen. Daher müssen derartige Vertragsverhältnisse mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens enden, um die Masse nicht zu gefährden.470 Der Gesetzeszweck der §§ 115, 116 InsO lässt sich auf die Beendigung von Unternehmensverträgen übertragen: Bestünde das Konzernverhältnis auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens unverändert fort, würde die Insolvenzmasse durch den Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG weiter belastet, da die Tochtergesellschaft trotz Insolvenz der Muttergesellschaft weiter wirtschaften darf.471 Der Verlustausgleichsanspruch entsteht ebenso wie der Anspruch aus § 670 BGB unabhängig vom Verhalten des herrschenden Unternehmens und bringt daher Gefahren für die Masse mit sich.472 Gerade das soll durch die Anordnung des automatischen Erlöschens des Auftrags-/Geschäftsbesorgungsverhältnisses vermieden werden. Es reicht insbesondere nicht aus, dem Insolvenzverwalter die Direktionsbefugnis in Form des Weisungsrechts zu übertragen – das ist wegen der automatischen Suspendierung des Weisungsrechts im Zeitpunkt der Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens gar nicht möglich.473 469

Siehe bereits Jaeger/Henckel KO § 23 Rn. 9. So bereits Jaeger/Henckel KO § 23 Rn. 9. 471 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) ee). 472 Zur Vergleichbarkeit von § 302 AktG und § 670 BGB gleich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). 473 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b). 470

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

dd) Vergleichbarkeit von Geschäftsbesorgungsvertrag und Unternehmensvertrag Da die §§ 115, 116 InsO nur ausdrücklich den Auftrag und die Geschäftsbesorgung erlöschen lassen, muss erneut eine vergleichbare Interessenlage für die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG begründet werden. Es wird sich zeigen, dass das Recht der Geschäftsbesorgung nicht nur die historische Grundlage der Unternehmensverträge bildet, sondern sich die Grundgedanken der §§ 662 ff. BGB auch heute noch in den §§ 291 ff. AktG finden. (1) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag als Weiterentwicklung des Organschaftsvertrags (a) Historische Grundlagen des Auftrags und der Geschäftsbesorgung Der Auftrag stammt ursprünglich aus dem Römischen Recht.474 Das mandatum wurde als die vertragliche Übernahme der unentgeltlichen Besorgung eines fremden Geschäfts verstanden.475 Grundlage dessen war die sittliche Pflicht zum Tätigwerden im Interesse des Nächsten, die auf die fides, also die Pflicht zum Worthalten,476 gestützt wurde.477 Trotz des unentgeltlichen Charakters bestand eine gesellschaftliche Verpflichtung zur Vergütung der Gefälligkeit durch ein honorarium/salarium, welches später sogar einklagbar wurde.478 Wie im Römischen Recht war auch im Gemeinen Recht der Auftrag grundsätzlich unentgeltlicher Natur, ein Honorar konnte aber als Anerkennung zugesagt werden, vgl. I 13 §§ 74 ff. PrALR.479 Bei der Entstehung des BGB sah die Erste Kommission noch vor, dass eine Vergütung für den Auftrag zulässig sei und sogar als stillschweigend ver-

474 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte Staudinger/Martinek/Omlor Vorb. vor BGB §§ 662 ff. Rn. 3 ff. 475 Paulus im 32. Buch zum Edikt D. 17, 1, 1, 4 „Mandatum nisi gratuitum nullum est: nam originem ex officio atque amicitia trahit, contrarium vero est officio merces: interveniente enim pecuniares ad locationem et conductionem potius respicit.“; der Begriff „mandatum“ wird von Isidor (Etymologiae 5, 24, 20) darauf zurückgeführt, dass sich die Beteiligten bei der Übertragung einer Geschäftsbesorgung einander die Hand gaben („quod alter alteri manum dabat“), kann aber auch aus dem zusammengezogenen in manum dare (in die Hand legen) abgeleitet werden; dazu Kaser/Knütel/Lohsse Römisches Privatrecht, S. 334 f. 476 Dazu Kaser/Knütel/Lohsse Römisches Privatrecht, S. 31. 477 Paul. D. 17, 1, 1, 4. 478 Ulp. D. 50, 13, 1 pr. ff.; dazu Kaser/Knütel/Lohsse Römisches Privatrecht, S. 335, 326. 479 Siehe auch Dernburg/Sokolowski System des Römischen Rechts Teil II, § 372, S. 795; Förster/Eccius Preußisches Privatrecht, S. 316; Windscheid/Kipp Pandektenrecht, S. 745.

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einbart gelte, wenn die Ausführung des Auftrags in der Regel nur gegen Vergütung zu erwarten sei (§ 586 BGB-E I).480 Die Zweite Kommission ging hingegen vom Grundsatz der Unentgeltlichkeit aus (§ 593 BGB-E II), um die Abgrenzung zum Dienst- und Werkvertrag zu erleichtern.481 Für die entgeltliche Geschäftsbesorgung wurden in § 606 BGB E-II (heute § 675 BGB) Sonderregelungen geschaffen, um die Anwendung der Auftragsvorschriften in diesen Fällen beizubehalten.482 (b) Organschaftsvertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag Der von der Kautelarjurisprudenz entwickelte Organschaftsvertrag, der den Vorläufer des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bildet, wurde einhellig als Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, eingeordnet.483 Für die Organgesellschaft war die Wahrnehmung kaufmännischer Geschäfte im eigenen Namen in fremdem Interesse, auf fremde Rechnung und auf fremde Weisung kennzeichnend.484 Die Organgesellschaft sollte im Falle des Tätigwerdens also ausschließlich im Interesse des herrschenden Unternehmens ihr gesamtes Vermögen in den Dienst der Herrschaftsperson stellen.485 Der Organträger konnte das Wirtschaften der Organgesellschaft durch seine Weisungen lenken.486 Die Organgesellschaft hatte das bei der Ausführung der Dienste Erlangte herauszugeben und musste bei ihrer Tätigkeit die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwenden. Der Organträger war verpflichtet, der Organgesellschaft die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen und ihre Verluste zu übernehmen. Gestützt wurden diese Pflichten auf die §§ 662 ff. BGB. Die Einordnung als Auftrag (§ 662 BGB)

480

Motive II S. 526 ff. Protokolle II S. 352. 482 Protokolle II S. 376 f. 483 Siehe bereits die Nachweise bei → Kapitel 2 § 1 C.; ferner Hamburger GS Seckel 1927, 261 (272); Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften, S. 10 ff.; Haußmann Grundlegung des Rechts der Unternehmenszusammenfassungen, S. 114 ff.; Kronstein Die abhängige juristische Person, S. 104; vgl. auch Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (227 f.); Paulus ZIP 1996, 2141. 484 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (272, 280), der die Organgesellschaft als „eine Gesellschaft, die im eigenen Namen kaufmännische Geschäfte tätigt, aber dabei fremde Interessen wahrnimmt und ihren Betrieb nach fremden Weisungen führt“, definierte; Hamburger Schuldenhaftung für Konzerngesellschaften, S. 14; ferner Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 92. 485 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (303); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 92. 486 Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (228). 481

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

oder Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) folgte nach der Beurteilung der Entgeltlichkeit der Geschäftsbesorgung.487 Nicht notwendig war, dass die Organgesellschaft ausschließlich als Organ des Organträgers tätig wurde; vielmehr konnte sie auch in gewissem Umfang ein selbstständiges Handelsgeschäft führen, solange eine klare Trennung der Geschäftsbereiche möglich war.488 Dies galt auch für die Beherrschung einer Organgesellschaft durch mehrere Organträger.489 (c) Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Der Gesetzgeber wollte mit dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag keinen neuen Vertragstyp schaffen, sondern vielmehr den gewohnheitsrechtlich anerkannten Organschaftsvertrag gesetzlich normieren.490 Es wird sich zeigen, dass die Wurzeln des Organschaftsvertrags und damit des Geschäftsbesorgungsvertrags immer noch in den Unternehmensverträgen des § 291 Abs. 1 AktG zu finden sind. (2) Parallelen zwischen Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag (a) Geschäftsführung in fremdem Interesse Wie beim Auftrag, bei der Geschäftsführung ohne Auftrag und im Recht der entgeltlichen Geschäftsbesorgung wird die beherrschte Gesellschaft beim Unternehmensvertrag im Interesse des herrschenden Unternehmens tätig. Beim Gewinnabführungsvertrag erwirtschaftet die beherrschte Gesellschaft ihren Gewinn nur noch zugunsten des herrschenden Unternehmens, § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG. Im Rahmen eines Beherrschungsvertrages richtet die abhängige Gesellschaft ihr Eigeninteresse nach den Weisungen des herrschenden Unternehmens, § 308 AktG.491 Zwar handelt die Tochtergesellschaft im eigenen Namen und berechtigt und verpflichtet im Außenverhältnis ausschließlich sich selbst – das ändert jedoch nichts daran, dass sich ihre gesamte Geschäftsbesorgung letztlich auf das Vermögen der Muttergesell487

Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 162; Hamburger GS Seckel 1927, 261 (273); Kronstein Die abhängige juristische Person, S. 104; Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 92 f. 488 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (281 f.); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 93. 489 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (282); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 93. 490 Begr. RegE, abgedruckt bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 374; dazu Ballerstedt ZHR 137 (1973), 388 (390). 491 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 11, 68; Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (228 f.); Meilicke FS Hirsch 1968, S. 99; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 84, 144; Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215.

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schaft auswirkt: Die beherrschte Gesellschaft hat ihr wirtschaftliches Ergebnis über §§ 301, 302 AktG an das herrschende Unternehmen weiterzuleiten.492 Zu weit ginge allerdings die Behauptung, die Ausrichtung des Interesses der beherrschten Gesellschaft auf das Konzerninteresse führe dazu, dass keine Geschäftsführung im „fremden“ Interesse vorliegen könne, weil das Konzerninteresse das Eigeninteresse der beherrschten Gesellschaft vollständig ersetze.493 Wie bereits dargelegt kommt es durch den Unternehmensvertrag gerade nicht zu einer Satzungsänderung, sodass nicht von einer „Ersetzung“ des Eigeninteresses der beherrschten Gesellschaft die Rede sein kann.494 Vielmehr behält die abhängige Gesellschaft ihre rechtliche Selbstständigkeit und damit ihr Eigeninteresse: Die bloße Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Unternehmens führt nicht dazu, dass die Tochtergesellschaft ihre Selbstständigkeit einbüßt. Sie hat es gerade selbst in der Hand, wie sie die Weisungen der Muttergesellschaft umsetzt, und beeinflusst dadurch auch ihre Ansprüche gegenüber der Muttergesellschaft infolge der Geschäftsführung. Deshalb kann der analogen Anwendung von §§ 115, 116 InsO nicht entgegengehalten werden, die Stellung der abhängigen Gesellschaft sei nicht mit der rechtlichen Selbstständigkeit des Geschäftsbesorgers vergleichbar.495 Die Geschäftsbesorgung im fremden Interesse ist zwar umfangreicher als beim Auftrag, da sie sich auf das gesamte Vermögen der beherrschten Gesellschaft bezieht, während beim Auftrag nur für ein bestimmtes Geschäft das fremde Interesse durch den Beauftragten wahrzunehmen ist. Von korporativer Versklavung muss deshalb aber noch nicht die Rede sein.496 Es bleibt also dabei, dass sowohl beim Unternehmensvertrag als auch im Recht der Geschäftsbesorgung eine Geschäftsführung im fremden Interesse erfolgt.497

492 Damit würde sich auch ein weiteres Wirtschaften der abhängigen Gesellschaft als „Verwaltungshandlung“ darstellen, die sich auf die Insolvenzmasse der Mutter bezieht. Der Schutzgedanke der §§ 115, 116 InsO ist also entgegen der Ansicht von Bous Konzernleitungsmacht, S. 167 berührt. 493 So aber KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 10; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 20. 494 Oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. a). 495 So Bous Konzernleitungsmacht, S. 166; zur Frage der Selbstständigkeit bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. a) cc). 496 Der Vergleich mit der altrömischen Sklaverei stammt von Meilicke FS Hirsch 1968, 99, der den Unterschied zwischen römischer Sklaverei und der „modernen deutschen korporativen Versklavung“ einzig darin sah, dass die versklavte AG nicht wie der römische Sklave mit dinglicher Wirkung für den Herrn erwirbt, sondern ihren Jahresüberschuss nach § 301 AktG abzuführen hat. 497 Ebenso Grigoleit/Servatius AktG § 291 Rn. 5.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

(b) Befolgung von Weisungen § 665 BGB, der die Abweichung von Weisungen des Auftraggebers regelt, setzt denklogisch voraus, dass dem Auftraggeber ein Weisungsrecht gegenüber dem Beauftragten zusteht. Die Pflicht zur Weisungsbefolgung geht aus der Pflicht des Beauftragten zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers hervor.498 Die Weisungsbefugnis ist für den Beherrschungsvertrag explizit in § 308 Abs. 1 AktG festgelegt; die korrespondierende Folgepflicht der beherrschten Gesellschaft ergibt sich aus § 308 Abs. 2 AktG. Wesentlich strenger als im Auftragsrecht sind beim Beherrschungsvertrag die Voraussetzungen für eine Abweichung oder eine Nichtbefolgung von Weisungen. § 665 BGB lässt eine Abweichung von Weisungen zu, soweit anzunehmen wäre, dass der Auftraggeber dies bei Kenntnis der Sachlage billigen würde. § 308 Abs. 2 S. 2 AktG setzt für ein Weigerungsrecht hingegen voraus, dass die Weisung offensichtlich nicht dem Konzerninteresse dient. Selbstverständlich dürfen weder beim Geschäftsbesorgungsvertrag/Auftrag noch beim Beherrschungsvertrag rechtswidrige oder sittenwidrige Weisungen erteilt werden.499 Zudem bildet die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs aus § 302 AktG für das Weisungsrecht eine Grenze. Die fehlende Vollwertigkeit etwaiger Ansprüche aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis kann der Beauftragte dem Auftraggeber hingegen nur über § 273 BGB entgegenhalten. Dem Anspruch aus § 670 BGB ist das Vollwertigkeitserfordernis im Gegensatz zu § 302 AktG nicht immanent. Der Auftraggeber muss die Existenz des Beauftragten gerade nicht garantieren. § 670 BGB ist nur Ausdruck der Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer.500 Aufgrund der weniger weitreichenden Ausrichtung auf das fremde Interesse reicht der Verweis auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 273 BGB. In Verkennung dieser Grundsätze ist der analogen Anwendung von §§ 115, 116 InsO entgegengehalten worden, dass das automatische Erlöschen des Unternehmensvertrags schon deshalb nicht erforderlich sei, weil das Weisungsrecht im Insolvenzverfahren unproblematisch durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden könne. Begründet wurde dies mit einem Vergleich zu 498

BeckOGK BGB/Riesenhuber BGB § 665 Rn. 14; BeckOK BGB/Fischer BGB § 665 Rn. 1; Erman/Berger BGB § 665 Rn. 1; Jauernig/Mansel BGB § 665 Rn. 1; MüKoBGB/ Schäfer BGB § 665 Rn. 12; Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215; Staudinger/Martinek/Omlor BGB § 665 Rn. 1. 499 Zum Unternehmensvertrag siehe bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. a); für den Auftrag: BeckOGK BGB/Riesenhuber BGB § 665 Rn. 22; BeckOK BGB/Fischer BGB § 665 Rn. 5; Erman/Berger BGB § 665 Rn. 4; MüKoBGB/Schäfer BGB § 665 Rn. 13; Staudinger/Martinek/Omlor BGB § 665 Rn. 6a. 500 Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b).

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den Dienst- und Arbeitsverträgen, die im Insolvenzverfahren weiter bestehen und nur gekündigt werden können, §§ 108 ff. InsO.501 Wer dies behaupten möchte, verkennt nicht nur den Schutzzweck der §§ 115, 116 InsO, sondern gleichzeitig den der §§ 108 ff. InsO: Arbeits- und Dienstverhältnisse enden nach der gesetzgeberischen Intention ebenso wie Miet- und Pachtverträge nicht automatisch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil sie keine ernsthafte Gefahr für die Insolvenzmasse mit sich bringen. Die Ansprüche, die aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis entstehen können, sind im Wesentlichen von Vornherein festgelegt und insbesondere vertraglich ausgehandelt, lassen sich aber jedenfalls durch die Ausübung des Direktionsrechts steuern.502 Maßgeblich sind gerade die Entgeltansprüche. Über die bloße Entgeltforderung hinausgehende Ansprüche zulasten der Masse kann der Arbeitnehmer/Dienstverpflichtete schon deshalb nicht begründen, weil eine etwaige Vertretungsmacht nach § 117 InsO automatisch erlischt. Sonstige Ansprüche, also Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche bilden nicht den Grundfall der Ansprüche aus einem Arbeits-/Dienstverhältnis. Deshalb sieht § 108 Abs. 1 S. 1 InsO das Fortbestehen solcher Schuldverhältnisse vor. Umgekehrt ist es dem Auftrags-/Geschäftsbesorgungsverhältnis gerade immanent, dass Aufwendungsersatzansprüche gegen den Geschäftsherrn erworben werden. Das Entstehen solcher Ansprüche ist nicht vom Verhalten des Geschäftsherrn abhängig und lässt sich insbesondere nicht durch das Weisungsrecht steuern. Diese fehlende Einflussmöglichkeit des Geschäftsherrn auf die Ansprüche aus der Geschäftsführung rechtfertigt das automatische Erlöschen derartiger Vertragsverhältnisse. Der Gesetzgeber wollte erreichen, dass die Insolvenzmasse nur noch durch den Insolvenzverwalter beeinflusst werden kann.503 Im Ergebnis geht der Vergleich zu den Dienst- und Arbeitsverhältnissen aus zwei Gründen fehl: Nicht nur ist der Verlustausgleichsanspruch ebenso wie der Aufwendungsersatzanspruch unabhängig vom Verhalten des herrschenden Unternehmens.504 Das Weisungsrecht ist darüber hinaus mit Insolvenzreife automatisch suspendiert, sodass ein Übergang auf den Insolvenzverwalter gar nicht in Betracht kommt.505 Es ist also zusammenfassend festzustellen, dass das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens und die korrespondierende Befolgungspflicht 501

Bous Konzernleitungsmacht, S. 165 f. Zu dieser Abgrenzung bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) aa); ebenso bereits die Begr. RegE zur KO 1877, abgedruckt bei Hahn Die gesammten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen IV, S. 88 ff. 503 Siehe bereits oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) aa). 504 Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215. 505 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b). 502

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

der abhängigen Gesellschaft weitreichender ist als im Auftragsrecht. Hintergrund dessen ist die wirtschaftliche Fusion, die durch den Unternehmensvertrag bewirkt wird. Die sehr enge Verbindung zwischen herrschendem Unternehmen und abhängiger Gesellschaft rechtfertigt eine weitreichende Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Unternehmens. Da die beherrschte Gesellschaft allerdings selbstständig bleibt und die gegenüber dem herrschenden Unternehmen entstehenden Ansprüche, insbesondere § 302 AktG, gerade nicht von der Ausübung und vom Umfang des Weisungsrechts abhängen, spricht diese weitreichendere Weisungsbefugnis nicht gegen die analoge Anwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO.506 (c) Herausgabe des Erlangten Der Beauftragte hat alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, § 667 BGB. Darauf wurde vor Einführung der §§ 291 ff. AktG für den Organschaftsvertrag die Gewinnabführungspflicht gestützt.507 Die Gewinnabführungspflicht ergibt sich nunmehr direkt aus dem Gewinnabführungsvertrag. Der Beherrschungsvertrag sieht eine solche Herausgabepflicht hingegen nicht vor. Vielmehr müsste eine Weisung des herrschenden Unternehmens dahingehend erfolgen, dass das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben ist.508 Das spricht allerdings nicht gegen eine fehlende Vergleichbarkeit von Beherrschungsvertrag und Auftrag, sondern lässt sich anhand der Gesetzeshistorie erklären: Der Gesetzgeber hat den Organschaftsvertrag mit dem Aktiengesetz 1965 lediglich in einen Gewinnabführungsvertrag und einen Beherrschungsvertrag aufgespalten. Dem Organschaftsvertrag lag aber gerade der Herausgabeanspruch im Sinne des § 667 BGB zugrunde, namentlich in Form der Gewinnabführungspflicht. Damit ist die organschaftsvertragliche Wurzel der Unternehmensverträge und damit die auftragsrechtliche Grundlage auch heute noch in der Gewinnabführungspflicht enthalten. Bei genauer Betrachtung sind auch im Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG, der sowohl für den Gewinnabführungsvertrag als auch für den (isolierten) Beherrschungsvertrag anwendbar ist, noch die Wurzeln des § 667 BGB zu finden. Die Pflicht zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten ist in § 302 AktG insofern berücksichtigt, als nur der tatsächliche Verlust bei der abhängigen Gesellschaft, nicht aber sämtliche Aufwendungen

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Dazu gleich noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 162; Hamburger GS Seckel 1927, 261 (303). 508 So das Argument von Bous Konzernleitungsmacht, S. 167 gegen eine Vergleichbarkeit von Geschäftsbesorgungsverhältnis und Unternehmensvertrag mit der Konsequenz, dass §§ 115, 116 InsO deshalb nicht analog heranzuziehen seien. 507

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unabhängig von einer möglicherweise durch die Geschäftsführung erfahrenen Kompensation zu ersetzen ist.509 Der automatischen Beendigung von Unternehmensverträgen mit Verfahrenseröffnung wurde entgegengehalten, dass das automatische Ende eines Gewinnabführungsvertrags nicht dem Zweck des § 115 InsO entspreche, weil die abgeführten Gewinne der beherrschten Gesellschaft in die Insolvenzmasse flössen, die § 115 InsO gerade zu sichern bezwecke.510 Dass dieses Argument untauglich ist, liegt vor dem Hintergrund des § 667 BGB auf der Hand. Denn auch der Herausgabeanspruch des § 667 BGB würde in die Insolvenzmasse fließen. Führte man dieses Argument gegen die analoge Anwendung der §§ 115, 116 InsO konsequent weiter, müsste man dazu kommen, dass auch Geschäftsbesorgungsverträge und Aufträge nicht automatisch beendet sein dürfen, weil der Herausgabeanspruch des § 667 BGB schließlich in die Insolvenzmasse flösse. Das stellt die Dinge freilich auf den Kopf. §§ 115, 116 InsO sollen die Insolvenzmasse vor den nicht durch den Insolvenzverwalter beeinflussbaren Ansprüchen aus § 670 BGB schützen. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll ein Fremdeinfluss auf die Insolvenzmasse nicht mehr möglich sein. Soweit also behauptet wird, die Gewinnabführungspflicht führe dazu, dass die Insolvenzmasse durch den Fortbestand der Unternehmensverträge nicht gefährdet wird, wird der Rechtsgrund der §§ 115, 116 InsO nicht richtig erfasst. (d) Aufwendungsersatzanspruch § 670 BGB regelt den Aufwendungsersatzanspruch zugunsten des Geschäftsführers. Die Norm wird über ihren Wortlaut hinaus überwiegend auch als Schadensersatzanspruch verstanden, soweit es sich um tätigkeitsspezifische Schäden handelt, in denen sich das auftragsspezifische Risiko realisiert.511 Nach § 669 BGB kann der Beauftragte sogar einen Vorschuss für die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen verlangen. Vor Inkrafttreten des § 302 AktG war der Aufwendungsersatzanspruch der beherrschten Gesellschaft im Organschaftsverhältnis direkt aus § 670 BGB abgeleitet worden. Von diesem Anspruch waren nach der überwiegenden Ansicht nicht nur sämtliche Aufwendungen der Gesellschaft erfasst, sondern

509 Zu den Unterschieden zwischen dem Aufwendungsersatzanspruch und dem Verlustausgleichsanspruch gleich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). 510 Bultmann ZInsO 2007, 785 (786). 511 BeckOGK BGB/Riesenhuber BGB § 670 Rn. 61 ff.; BeckOK BGB/Fischer BGB § 670 Rn. 15 ff.; Erman/Berger BGB § 670 Rn. 18 ff.; Jauernig/Mansel BGB § 670 Rn. 5 ff.; MüKoBGB/Schäfer BGB § 670 Rn. 18 ff.; Staudinger/Martinek/Omlor BGB § 670 Rn. 17 ff.

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auch alle im Zusammenhang mit der Organtätigkeit entstehenden Verluste.512 Der Anspruch der Organgesellschaft auf Aufwendungsersatz wurde in Anlehnung an § 669 BGB so weit ausgelegt, dass das beherrschende Unternehmen die Organgesellschaft zur Begleichung sämtlicher Verpflichtungen instand setzen musste.513 § 302 AktG sollte diese bisherige Rechtspraxis normativ im Konzernrecht verankern.514 Im Gegensatz zu § 670 BGB ist § 302 AktG auf den Ausgleich sämtlicher Verluste gerichtet, unabhängig davon, ob diese im Zusammenhang mit der Geschäftsführung der beherrschten Gesellschaft für das herrschende Unternehmen entstanden sind.515 In dieser Hinsicht ist der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG weitreichender als der Aufwendungsersatzanspruch des § 670 BGB. Hinzu kommt, dass § 670 BGB im Gegensatz zu § 302 AktG nach allgemeiner Ansicht dispositiv ist.516 Diese Unterschiede lassen sich mit der weitergehenden Schutzrichtung des § 302 AktG erklären: § 302 AktG dient zwar wie § 670 BGB dem Schutz des Geschäftsführers, im Vertragskonzern ergibt sich allerdings zugleich die Notwendigkeit des Schutzes der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft. Denn die Gläubiger einer Kapitalgesellschaft müssen aufgrund der Haftungsbeschränkung stets gesondert geschützt werden. Bei Bestehen eines Unternehmensvertrags geschieht dies nicht durch die Kapitalerhaltungsvorschriften, da diese nach § 291 Abs. 3 AktG außer Kraft gesetzt sind. Die Außerkraftsetzung der gläubigerschützenden Kapitalerhaltungsvorschriften lässt sich aber nur rechtfertigen, wenn ein (vollwertiger) Verlustausgleichsanspruch besteht.517 Damit liegt auf der Hand, dass § 302 AktG nicht dispositiv sein darf und zudem auf den Ersatz sämtlicher Verluste gerichtet sein muss, nicht nur auf Aufwendungen und im Zusammenhang mit der Geschäftsführung entstandene Schäden. Auf der anderen Seite scheint § 302 AktG auf den ersten Blick enger als § 670 BGB zu sein, weil er an den tatsächlich entstehenden Jahresfehlbetrag anknüpft. Im Gegensatz zum Auftragsrecht gibt es im Recht des Vertrags512 Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 162; Hamburger GS Seckel 1927, 261 (315); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 93. 513 Ballerstedt Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften, S. 162; Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 447; Hamburger GS Seckel 1927, 261 (314); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 92 f. 514 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 390 f. 515 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 18; Bürgers/Körber/Lieder/Schenk AktG § 302 Rn. 7; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 30; Grigoleit/Servatius AktG § 302 Rn. 6; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 302 Rn. 7; Koch AktG § 302 Rn. 9; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 19. 516 BeckOGK BGB/Riesenhuber BGB § 670 Rn. 4; MüKoBGB/Schäfer BGB § 670 Rn. 3; Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 216. 517 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) dd).

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konzerns also keine dem § 669 BGB vergleichbare ausdrückliche Regelung, nach der die beherrschte Gesellschaft etwa einen Vorschuss verlangen könnte, bevor sie überhaupt Aufwendungen tätigt. Richtiger Ansicht nach ist § 302 AktG aber dahingehend auszulegen, dass auch unterjährig eine vollumfängliche Ausgleichspflicht des herrschenden Unternehmens bis hin zu einer Vorschusspflicht besteht.518 Ein Rückgriff auf § 669 BGB analog ist nicht erforderlich, da sich die Vorschusspflicht direkt aus § 302 AktG ergibt. Dass der Gesetzgeber im Auftragsrecht eine Vorschusspflicht explizit geregelt hat, lässt sich mit dem unterschiedlichen Normcharakter von § 670 BGB und § 302 AktG erklären: § 302 AktG löst ein gesetzliches Dauerschuldverhältnis aus, welches den auf längere Zeit angelegten Konzernverhältnissen geschuldet ist.519 § 670 BGB bezieht sich hingegen auf einen einzelnen Auftrag, der in der Regel nicht auf längere Zeit angelegt ist. Es geht nur um die Besorgung eines einzelnen Geschäfts. Der Gesetzgeber des Aktiengesetzes ging also davon aus, dass es reiche, an die ohnehin aufzustellende Jahresbilanz anzuknüpfen, weil das Konzernverhältnis auf längere Zeit bestehen sollte. Die Unterschiede zwischen § 302 AktG und § 670 BGB haben gezeigt, dass § 302 AktG sich als Weiterentwicklung des auftragsrechtlichen Prinzips der §§ 670, 683 BGB verstehen lässt, dass der Geschäftsbesorger keinen Nachteil aus der Geschäftsbesorgung im Fremdinteresse ziehen darf.520 Deckungsgleich sind die Ansprüche aufgrund der Besonderheiten, die das Konzernverhältnis mit sich bringt, selbstverständlich nicht. Für die analoge Anwendung der §§ 115, 116 InsO ist entscheidend, dass beide Ansprüche dieselben Gefahren für die Insolvenzmasse mit sich bringen: Beide sind vom Verhalten des Geschäftsherrn unabhängig und können daher auch durch den Insolvenzverwalter nicht beeinflusst werden. Da die Insolvenzmasse nur noch durch den Insolvenzverwalter beeinflusst werden soll, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, darf das zugrundeliegende Vertragsverhältnis nicht mehr fortbestehen. Daher kann der analogen Anwendung von §§ 115, 116 InsO auch nicht entgegengehalten werden, dass die Masse schon deshalb nicht gefährdet sei, weil die Ansprüche der beherrschten Gesellschaft aus § 302 AktG lediglich eine Insolvenzforderung bildeten, sodass eine automati-

518

Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 3 A. I. 3. Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) bb). 520 Altmeppen Abschied vom „qualifiziert faktischen“ Konzern, S. 74 ff.; Emmerich GS Sonnenschein 2003, 651 (654 ff.); HK-InsO/Marotzke InsO § 115 Rn. 9; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 13; Pentz Rechtsstellung der Enkel-AG, S. 41 ff.; K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 302 Rn. 7; Schreiber GmbHR 2018, 1003 (1007 f.); Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 214; Ulmer in: Ulmer, Probleme des Konzernrechts, 26 (56); Wilhelm DB 1986, 2113 (2116); aA BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 6; Kleindiek Strukturvielfalt im Personengesellschafts-Konzern, S. 131; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftung, S. 17 ff. 519

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sche Suspendierung die Insolvenzmasse hinreichend schütze.521 Das müsste für § 670 BGB ebenfalls gelten und erfasst darüber hinaus den Rechtsgrund der §§ 115, 116 InsO nicht richtig. (e) Unentgeltlichkeit Wie auch im Auftragsrecht erhält die beherrschte Gesellschaft keine Gegenleistung dafür, dass sie ihr Eigeninteresse vollumfänglich den Weisungen des herrschenden Unternehmens unterwirft. Insbesondere stellen weder die Verlustausgleichspflicht noch die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln eine Gegenleistung für die Weisungsunterwerfung dar. Der Verlustausgleich ist vielmehr die notwendige Folge dessen, dass die abhängige Gesellschaft ihr Eigeninteresse aufgibt. Die Außerkraftsetzung soll ein möglichst unbeschränktes Weisungsrecht ermöglichen und lässt sich nur damit begründen, dass die Gläubiger und die außenstehenden Aktionäre durch die besonderen Vorschriften im Rahmen des Vertragskonzerns hinreichend geschützt sind.522 Insgesamt stehen die Recht und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander, sondern sind nur die gesetzliche Folge des Abschlusses des Unternehmensvertrags.523 (f) Formvorschriften Während der Auftrag selbst an keine Formvorschriften gebunden ist, bedarf der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nach § 293 Abs. 1, 2 AktG der Zustimmung der Hauptversammlungen beider Gesellschaften, ist schriftlich abzuschließen (§ 293 Abs. 3 AktG) und im Handelsregister einzutragen (§ 294 AktG). Der Organschaftsvertrag war wegen der direkten Anwendung der §§ 662 ff. BGB noch keinen Formvorgaben unterworfen.524 Im Aktiengesetz von 1937 bedurfte der Abschluss eines Gewinngemeinschaftsvertrags nur dann der Zustimmung der Hauptversammlung, wenn sich die beherrschte Gesellschaft dazu verpflichtete, mehr als drei Viertel ihres Gesamtgewinns abzuführen, § 256 Abs. 1 AktG 1937. Formerfordernisse gab es für die Unternehmensverträge des § 256 AktG 1937 noch nicht, wenn auch die Verträge in der Praxis in der Regel schon wegen ihrer Tragweite schriftlich abgeschlossen wurden.525 Das Formerfordernis für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag spiegelt das organisationsvertragliche Element der Unternehmensverträge wider. Denn im Unterschied zum Auftragsverhältnis müssen im Konzern521

So Bultmann ZInsO 2007, 785 (786); Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690). Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) dd). 523 Dazu noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. e) gg) (1). 524 Hamburger GS Seckel 1927, 261 (275); Rasch Deutsches Konzernrecht 1944, S. 93. 525 Vgl. Baumbach/Hueck AktG § 293 Rn. 3. 522

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verhältnis aufgrund dessen einschneidender Wirkung die Gläubiger, die Gesellschaft und die außenstehenden Aktionäre gesondert geschützt werden. Insbesondere die außenstehenden Aktionäre werden durch die Zustimmungspflicht geschützt, weil diese sowohl durch die Verpflichtung zur Gewinnabführung als auch durch die Unterstellung unter die Herrschaft des herrschenden Unternehmens in ihren Interessen beeinträchtigt werden.526 Dass der Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen formbedürftig ist, steht also nicht im Widerspruch zu deren geschäftsbesorgungsvertraglichem Charakter, sondern trägt nur dem besonderen Umstand Rechnung, dass außenstehende Aktionäre ein besonderes Schutzbedürfnis mit sich bringen. Insbesondere widerspricht das Formerfordernis im Vertragskonzern nicht der analogen Anwendung der §§ 115, 116 InsO, da diese die Geschäftsbesorgungsverhältnisse zur Massesicherung beenden. Im Gegenteil entspricht die automatische Vertragsbeendigung gerade dem Interesse der außenstehenden Aktionäre: Diese haben ein Interesse daran, dass ihre Gesellschaft nicht weiter im Einflussbereich eines insolventen Unternehmens steht, sondern sie vielmehr selbst entscheiden können, ob die Konzernverbindung durch erneuten Vertragsabschluss nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder aufleben soll. (g) Beendigung Während das Auftragsverhältnis frei widerruflich und jederzeit kündbar ist (§ 671 BGB), sind wegen der organisationsvertraglichen Elemente des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags höhere Anforderungen an dessen Beendigung zu stellen. So sieht § 297 AktG nur ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vor. Gesetzliche Beendigungsgründe sind nur in § 307 AktG geregelt, wenn außenstehende Aktionäre hinzutreten. Wieder lässt sich der Unterschied durch das besondere Sicherungsbedürfnis außenstehender Aktionäre erklären. Da die automatische Vertragsbeendigung aber gerade im Interesse der außenstehenden Aktionäre liegt, widersprechen auch die unterschiedlichen Beendigungsgründe, die das Gesetz vorsieht, nicht der analogen Anwendung der §§ 115, 116 InsO. (3) Ergebnis zur Vergleichbarkeit von Unternehmensvertrag und Geschäftsbesorgungsvertrag Die historische Betrachtung hat gezeigt, dass Unternehmensverträge ihrem Wesen nach Geschäftsbesorgungsverträge sind. Sie gehen auf den Organschaftsvertrag zurück, welcher nach den Regeln der §§ 662 ff. BGB behandelt wurde. Auch heute sind die historischen Wurzeln noch vorhanden. Die 526

Begr. RegE bei Kropff AktG 1965, S. 380.

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Unterschiede zwischen Geschäftsbesorgungsvertrag und Unternehmensvertrag lassen sich auf die Besonderheiten des Unternehmensvertrags, namentlich die Notwendigkeit des Außenseiterschutzes und die engere Verflechtung von herrschendem Unternehmen und beherrschter Gesellschaft, zurückführen. An dem Charakter der Unternehmensverträge ändert dies allerdings nichts. Sie stellen nach wie vor Verträge dar, die die Führung fremder Geschäfte im eigenen Namen zum Gegenstand haben und damit die beherrschte Gesellschaft zur Wahrung fremder Interessen verpflichten. Der ausschlaggebende Punkt ist, dass durch beide Vertragstypen die Insolvenzmasse in gleicher Weise gefährdet würde, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem Fortbestand des Vertrags ausgegangen würde: Denn beiden Vertragstypen ist immanent, dass die Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn nicht vom Verhalten des Letzteren abhängen und auch nicht durch die Parteivereinbarung beeinflusst werden. Vielmehr entstehen sie von Gesetzes wegen als notwendige Folge des Grundsatzes, dass die Führung fremder Geschäfte für den Geschäftsführer wirtschaftlich neutral sein muss. ee) Folgerungen für die Beendigung des Vertragskonzerns Der Vergleich von Auftrag und Unternehmensvertrag hat gezeigt, dass die Interessenlage in Bezug auf die §§ 115, 116 InsO bei beiden Vertragstypen gleich liegt. Für das schuldvertragliche Element der Unternehmensverträge führt also die analoge Anwendung von §§ 115, 116 InsO zu einer automatischen Vertragsbeendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Damit ist zugleich das letzte Argument, das gegen die Analogie zu §§ 115, 116 InsO vorgebracht wurde, widerlegt: Die Analogie zu §§ 115, 116 InsO betrifft das schuldvertragliche Element; durch die Gesamtanalogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und §§ 115, 116 InsO wird der organisationsrechtliche Charakter des Vertragskonzern vorliegend gerade nicht außer Acht gelassen.527 d) Überlegungen zum Verhältnis von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und §§ 115, 116 InsO Nun könnte man dem gefundenen Ergebnis vorhalten, dass es möglicherweise widersprüchlich ist, wenn man zugleich die Anwendbarkeit des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und der §§ 115, 116 InsO bejaht. Schließlich bezieht sich erstere Norm auf die Eingliederung, die ihrer Rechtsnatur nach rein organisationsrechtlich ist. §§ 115, 116 InsO sind hingegen Regelungen für ausschließlich schuldrechtliche Verträge. Im Ergebnis begründet aber nur die parallele Anwendung von §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG die automatische Beendigung der Unternehmensverträge zufriedenstellend. Denn nur durch sie wird sowohl das schuldvertragliche Element als auch das organisa527

So das Argument von Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690).

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tionsvertragliche Element der Unternehmensverträge hinreichend berücksichtigt. Wie mehrfach aufgezeigt schließen sich das organisationsvertragliche und das schuldvertragliche Element gerade nicht gegenseitig aus, sondern beide Elemente sind für den Charakter der Unternehmensverträge prägend. Dieser Doppelnatur trägt aber nur eine Gesamtanalogie hinreichend Rechnung. Soweit die §§ 115, 116 InsO in Einzelfällen zu einem anderen Ergebnis kommen würden als § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG, wäre letztere Norm vorrangig anzuwenden, weil die Unternehmensverträge vorrangig als Organisationsverträge einzuordnen sind, die lediglich schuldvertragliche Elemente enthalten.528 e) Stellungnahme zu den übrigen Lösungsansätzen Dass das gefundene Ergebnis über die analoge Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG und §§ 115, 116 InsO das methodisch und teleologisch richtige ist, lässt sich weiter dadurch unterstreichen, dass sämtliche anderen Lösungsansätze methodisch unsauber sind und in sich nicht stimmige Ergebnisse mit sich bringen. aa) Kollision von Insolvenzzweck und Konzernleitung Eines der ausschlaggebenden Argumente für die automatische Beendigung der Unternehmensverträge war schon unter Geltung der Konkursordnung die Kollision der gesellschaftsrechtlichen Auflösung und der Konzernleitung. Der Konkursverwalter habe für die Liquidation der Gesellschaft zu sorgen, könne also keine Konzernleitungsmacht ausüben.529 Auch heute wird die automatische Beendigung der Unternehmensverträge noch teilweise auf diese Überlegung gestützt.530 Dem wird entgegengehalten, dass in der Zeit bis zum vollständigen Abschluss des Insolvenzverfahrens durch Vollbeendigung der Gesellschaft diese ihr Unternehmen weiterbetreibe, die Konzernleitung also kein Fremdkörper, sondern Teil der unternehmerischen Tätigkeit sei.531 Beides trifft den tatsächlichen Grund für die automatische Beendigung der Unternehmensverträge nicht richtig: Die Konzernleitungsmacht ist schon deshalb nicht mit der Stellung des Insolvenzverwalters unvereinbar, weil der Konzern ab Insolvenzreife nicht mehr weiterbetrieben werden darf.532 Daher stellt sich die Frage gar nicht, ob die Konzernleitung durch den Insolvenzverwalter ausgeführt werden kann. Selbstverständlich wird der Insolvenzver528

Zu dieser Problematik noch → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. e). Siehe bereits die Nachweise bei → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. 530 Vgl. die Nachweise oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 4. a) aa). 531 Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 98 f.; v. Wilmowsky Der Konzern 2016, 261 (262). 532 → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. 529

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walter nicht zum „Ersatzgeschäftsführer“; er ist keinen gesellschaftsrechtlichen Bindungen unterworfen.533 Aufgrund der automatischen Suspendierung der Rechte und Pflichten mit Eintritt der Insolvenzreife kann die Konzernleitung auch nicht Teil einer etwaigen Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter sein. Einzig richtig an den Überlegungen zur Kollision von Konzernleitung und Insolvenzverfahren ist, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine solch gravierende Änderung der Verhältnisse, die dem Vertragsschluss zugrunde lagen, eintritt, dass eine erneute Entscheidung der Hauptversammlungen über den Unternehmensvertrag erforderlich wird. Gerade das ist aber der Gedanke, der dem § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG zugrunde liegt.534 Die Schwäche der aufgezeigten Argumentation liegt also in ihrer fehlenden normativen Verankerung. bb) Ergänzende Vertragsauslegung Der BGH stützte in seiner Familienheim-Entscheidung das automatische Ende des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags auf eine ergänzende Vertragsauslegung.535 Dogmatisch kann dies nur in Form einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) für den Fall, dass über das herrschende Unternehmen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, erfolgen.536 Das setzt allerdings voraus, dass man Unternehmensverträge unter eine auflösende Bedingung stellen kann, was aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen ist. Die mit dem Abschluss des Unternehmensvertrags einhergehende Strukturänderung der abhängigen Gesellschaft darf nicht mit einem Unsicherheitsfaktor belastet sein.537 Insbesondere besteht kein ausreichender Verkehrsschutz über

533

Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (282); Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 118 ff. → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) dd). 535 BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (6 f.) = NJW 1988, 1326; dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. a) aa). 536 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. a) aa). 537 Im Ergebnis ebenso BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 293 Rn. 9; Bürgers/Körber/Lieder/Schenk AktG § 293 Rn. 37; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 293 Rn. 18, § 297 Rn. 29; Emmerich/Habersack KonzernR § 16 Rn. 11; § 19 Rn. 53; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 141 f.; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 293 Rn. 35; Koch AktG § 293 Rn. 22; Kuhlmann/Ahnis Konzern- und Umwandlungsrecht § 5 Rn. 568; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 16; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 293 Rn. 26, der die Konstruktion des BGH allerdings für „gewiss denkbar“ hält § 297 Rn. 108; Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 117; Windbichler Unternehmensverträge und Zusammenschlusskontrolle, S. 58 ff., die dieses Ergebnis damit begründet, dass die Vorschriften über die Vertragsbeendigung nicht umgangen werden dürften; aA GroßkommAktG/Mülbert AktG § 293 Rn. 16; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 293 Rn. 19; Timm FS Kellermann 1991, S. 461 (468); Walter GmbHR 2015, 865 (867); 534

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§ 15 HGB.538 Zudem würden durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung die Vorschriften über die Zustimmungspflicht der abhängigen Gesellschaft und ihrer außenstehenden Gesellschafter im Fall der Kündigung sowie die Vorschriften über die Beendigungsfristen umgangen.539 Die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann deshalb nicht auf eine auflösende Bedingung gestützt werden. cc) Automatische Beendigung nach § 84 InsO analog Die analoge Heranziehung von § 84 InsO540 vermag nicht zu überzeugen. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag stellt schon kein Gesellschaftsverhältnis dar,541 sodass nicht von einem Gesellschaftsanteil des herrschenden Unternehmens gesprochen werden kann. Ferner regelt § 84 InsO nicht den Fall der Auflösung der Gemeinschaft oder Gesellschaft: Der Auflösungsgrund des in § 84 InsO genannten Gesellschaftsverhältnisses kann zwar in der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen. § 84 Abs. 1 InsO setzt allerdings eine Vertragsbeendigung voraus, kann also nicht der Rechtsgrund für dieselbe sein.542 Zweck des § 84 InsO ist es, eine Kollision zwischen dem Insolvenzrecht und der Auseinandersetzung nach dem Gesellschafts- oder Gemeinschaftsrecht zu vermeiden. Er hat dabei eine mehr klarstellende als konstitutive Wirkung.543 Dass § 84 InsO für die Beendigung von Unternehmensverträgen keine Anwendung finden kann, zeigt sich ferner in der Behauptung, der Verlustausgleichsanspruch der beherrschten Gesellschaft falle nicht in die Insolvenz-

einschränkend Grigoleit/Servatius AktG § 291 Rn. 36: „nur zulässig, wenn der Bedingungseintritt für jedermann eindeutig bestimmbar ist“. 538 So aber GroßkommAktG/Mülbert AktG § 293 Rn. 16; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 293 Rn. 19. 539 Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 142. 540 Vgl. bereits die Nachweise → Kapitel 3 § 2 A. III. 4. a) dd); insb. Paulus ZIP 1996, 2141 (2144); zust. Uhlenbruck/Hirte InsO § 84 Rn. 8. 541 Siehe bereits → Kapitel 3 § 1 B. 542 Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 84 Rn. 4; BeckOK Insolvenzrecht/Riewe/Kaubisch InsO § 84 Rn. 8; Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 326; Bous Konzernleitungsmacht, S. 170 f.; Uhlenbruck/Hirte InsO § 84 Rn. 2. 543 Siehe dazu die Begr. RegE zu § 16 KO (§ 14 RegE) bei Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen IV, S. 82; ferner Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 84 Rn. 2; BeckOK Insolvenzrecht/Riewe/Kaubisch InsO § 84 Rn. 1; Braun/Kroth InsO § 84 Rn. 1; HK-InsO/Kayser InsO § 84 Rn. 4; Nerlich/Römermann/Kruth InsO § 84 Rn. 2; K. Schmidt/Sternal InsO § 84 Rn. 1; Uhlenbruck/Hirte InsO § 84 Rn. 1.

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masse, sondern berechtige diese zur Absonderung (§ 84 Abs. 1 S. 2 InsO).544 Die Anwendung des § 84 InsO setzt voraus, dass es überhaupt ein gemeinschaftliches Vermögen gibt. Auf reine Innengesellschaften ist er daher nicht anwendbar, weil bei diesen nur ein schuldrechtlicher Ausgleich erfolgt, nicht aber gemeinsames Vermögen aufgeteilt wird.545 Bei keiner Konzernform handelt es sich um eine Außengesellschaft, sie begründen also kein gemeinsames Vermögen.546 Darüber hinaus werden etwaige Gegenansprüche der Mutter, derentwegen ein Absonderungsrecht überhaupt in Betracht käme, bei der bilanzmäßigen Feststellung des Verlustausgleichsanspruchs berücksichtigt.547 dd) Automatische Beendigung nach § 729 Abs. 2 BGB analog Konzerngesellschaften bilden keine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts,548 sodass eine direkte Anwendung des § 729 Abs. 2 BGB nicht in Betracht kommt. Darüber hinaus ist die Bezugnahme auf § 729 Abs. 2 BGB unstimmig, da es bei Annahme einer BGB-Gesellschaft viel näher läge, die Auflösung auf § 730 Abs. 2 BGB zu stützen, da dieser ausdrücklich den Fall der Insolvenz eines Gesellschafters regelt.549 Ebenso zeigt der Vergleich des Wortlauts von § 729 Abs. 2 BGB und § 725 Abs. 2 BGB, dass die Unmöglichkeit der Zweckerreichung keinen wichtigen Grund darstellt, der den Gesellschafter zur Kündigung des Gesellschaftsvertrags berechtigen würde. Da die Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens die abhängige Gesellschaft zur Kündigung des Unternehmensvertrags nach § 297 AktG berechtigt,550 kann die Insolvenz nicht als Fall des § 729 Abs. 2 BGB gelten.551 ee) Fortbestand des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags Ein unveränderter Fortbestand des Unternehmensvertrags ist nicht möglich, weil mit Insolvenzreife die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensver-

544 Paulus ZIP 1996, 2141 (2144); abw. Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 403, siehe aber § 84 Rn. 18. 545 Dazu bereits die Begr. RegE zu § 51 KO (§ 44 RegE) bei Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen IV, S. 215; ferner Braun/Kroth InsO § 84 Rn. 7; MüKoInsO/Gehrlein InsO § 84 Rn. 16, 24; Nerlich/Römermann/Kruth InsO § 84 Rn. 5; K. Schmidt/Sternal InsO § 84 Rn. 16; so schon unter Geltung des § 16 KO Kilger/K. Schmidt KO § 16 Anm. 1; K. Schmidt KTS 1977, 1 (18). 546 → Kapitel 3 § 1 B.; ebenso MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 109 m. Fn. 191. 547 MüKoInsO/Gehrlein InsO § 84 Rn. 16. 548 → Kapitel 3 § 1 B. 549 Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 325. 550 Siehe dazu bereits oben → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. f). 551 Ebenso Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 112.

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trag suspendiert werden.552 Die Bezugnahme auf den sanierungsfreundlichen Gedanken der Insolvenzordnung verkennt nicht nur diese konzernrechtlichen Besonderheiten, sondern verdreht auch den Zweck des Insolvenzverfahrens: § 1 S. 1 InsO erklärt die Haftungsverwirklichung des Insolvenzschuldners zum Ziel der Insolvenzordnung.553 Die durch die Insolvenzordnung eingeführte Sanierungsmöglichkeit soll dieses Ziel erleichtern, die Rettung des insolventen Unternehmens aber nicht zum primären Verfahrenszweck machen. Die Sanierungsmöglichkeit darf nur genutzt werden, wenn sie die voraussichtlich weitreichendste Gläubigerbefriedigung mit sich bringt.554 Es bleibt also auch nach Einführung der Sanierungsmöglichkeit mit Inkrafttreten der Insolvenzordnung bei dem Grundsatz, dass die Haftung des einzelnen Insolvenzschuldners verwirklicht werden soll.555 Bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen handelt es sich um eine rein wirtschaftliche Fusion mehrerer (Insolvenz-)Schuldner. Auch mit der Insolvenzrechtsreform wurde gerade kein einheitliches Konzerninsolvenzrecht gebildet und es bleibt bei dem Grundsatz, dass die einzelnen Konzernunternehmen in der Insolvenz getrennt zu behandeln sind.556 Die Zielsetzung der Insolvenzordnung und damit auch die Sanierungsfreundlichkeit des Insolvenzverfahrens beziehen sich daher auch nur auf das einzelne Konzernunternehmen. Die Haftungsverwirklichung des einzelnen Insolvenzschuldners ist damit unabhängig von der wirtschaftlichen Fusion des Konzerns zu beurteilen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Muttergesellschaft ist diese wirtschaftliche Fusion hinfällig, weil die dem Vertragskonzern immanente Existenzgarantie zugunsten der Tochter nicht mehr fortbesteht. Daher kann aus dem sanierungsfreundlichen Grundgedanken der Insolvenzordnung kein Rückschluss auf den Fortbestand des Unternehmensvertrags gezogen werden. Diesen Überlegungen kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Kommission für Insolvenzrecht noch vorgesehen hatte, Unternehmensverträge nicht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch enden zu lassen. Dieser Vorschlag wurde gerade nicht normativ umgesetzt.557 Es war eine politische Entscheidung, die Behandlung von Konzerninsolvenzen der Rechtsprechung und Literatur zu überlassen. Daher kann aus den Erwägungen der Kommission für Insolvenzrecht nicht auf das richtige Ergebnis für die Kon552

Siehe bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. Siehe dazu die Allgemeine Begründung zum Regierungsentwurf der InsO, abgedruckt bei Kübler/Prütting Das neue Insolvenzrecht, S. 101 ff. 554 Allgemeine Begründung zum Regierungsentwurf der InsO, abgedruckt bei Kübler/Prütting Das neue Insolvenzrecht, S. 94 ff.; siehe auch die Begründung zu § 1 InsO bei Kübler/Prütting Das neue Insolvenzrecht, S. 150 f. 555 Ebenso Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (288). 556 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 3. 557 Dazu bereits oben → Kapitel 2 § 1 F. und Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) bb). 553

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zerninsolvenz geschlossen werden. Außerdem ging die Kommission für Insolvenzrecht noch davon aus, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Auflösung der Gesellschaft führt, sondern diese erst mit Liquidation der Gesellschaft eintritt.558 Damit ist die Situation bei eröffnetem Insolvenzverfahren nach der tatsächlichen Gesetzeslage ganz anders gelagert, als dies noch von der Kommission für Insolvenzrecht vorgesehen war. ff) Suspendierung der Unternehmensverträge Eine bloße Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag wird dem gravierenden Einschnitt, der mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einhergeht, nicht gerecht. Dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens deutlich einschneidender ist als der bloße Eintritt der Insolvenzreife oder die Stellung des Insolvenzantrags, wird in den Einzelgesetzen mehrfach verdeutlicht: Vielfach ordnet das Gesetz die Auflösung einer Verbindung einzelner Rechtssubjekte an, wenn über das Vermögen eines Beteiligten das Insolvenzverfahren eröffnet wird, beispielsweise § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 730 Abs. 2 BGB (zumindest bei entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag). Die Insolvenzordnung sieht für Verträge bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Beendigung (§§ 115, 116 InsO), den Fortbestand (§ 108 InsO) oder ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters (§ 103 InsO) vor. Eine Suspendierung ist hingegen nach den speziell insolvenzrechtlichen Bestimmungen gar keine Option. Vielmehr tritt die Suspendierung bereits bei Insolvenzreife ein.559 Grund hierfür ist der Zusammenhang zwischen der Verlustausgleichspflicht und den übrigen Rechten und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag sowie die den Massesicherungspflichten zugrundeliegende Wertung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist also derart einschneidend, dass jedenfalls eine erneute Entscheidung der Hauptversammlungen nach Auflösung der unternehmensvertraglichen Verbindung gerechtfertigt erscheint. Das gilt auch für den Fall der Fortsetzung des herrschenden Unternehmens nach Abschluss des Insolvenzverfahrens, weil sich dessen unternehmerische Ausrichtung mit diesem typischerweise erheblich verändert. Eine Suspendierung würde also bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Mitspracherechte der Gesellschafter ungerechtfertigt verkürzen.560

558 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 118 mit Leitsatz 1.2.10 Abs. 6. 559 → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. 560 Oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) dd); siehe auch Krieger FS Metzeler 2003, 139 (144 f.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 106 f.

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gg) Wahlrecht des Insolvenzverwalters Auch dem Lösungsansatz über § 103 InsO analog561 kann nicht gefolgt werden. Unternehmensverträge lassen sich nicht – auch nicht entsprechend – unter den Tatbestand des § 103 InsO subsumieren. Daneben passt die Zweckrichtung des § 103 InsO nicht zu den Unternehmensverträgen. Außerdem wird § 103 InsO durch die spezielleren §§ 115, 116 InsO verdrängt, ist also wegen der soeben begründeten Analogie gar nicht analog anwendbar. (1) Unternehmensverträge als gegenseitige Verträge § 103 InsO wäre auf den Vertragskonzern nur anwendbar, wenn die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG gegenseitige Verträge wären. Schon unter Geltung des § 17 KO, der als Vorgängernorm zu § 103 InsO noch von einem zweiseitigen Vertrag sprach, verlangte die Rechtsprechung, dass es sich bei dem Vertrag im Sinne des § 17 KO um einen vollkommen zweiseitigen Vertrag, also einen gegenseitigen Vertrag handelte.562 Gegenseitig im Sinne des § 103 InsO meint eine synallagmatische Verknüpfung (§§ 320 ff. BGB) rechtlich (nicht wirtschaftlich) gleichwertiger Verpflichtungen.563 Das bedeutet, dass die Pflichten in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen und die eine somit um der anderen willen erbracht wird.564 Bei Rechten und Pflichten, die sich aus gesellschaftsrechtlichen Organisationsverträgen ergeben, findet § 103 InsO nach überwiegender Ansicht keine Anwendung, weil die Sozialverbindlichkeiten und -ansprüche der Gesell561

Vgl. dazu die Nachweise → Kapitel 3 § 2 A. III. 4. b) cc). RG II 327/34, RGZ 147, 340 (342); RG Rep. VI. 176/06, RGZ 65, 46 (47); Die von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung lässt sich allerdings bereits in den Gesetzesmaterialien zu § 15 KO 1877 erkennen, abgedruckt bei Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen IV, S. 84: „Die zweiseitigen Verträge haben das Besondere, daß sie zwei verschiedene Leistungen bezwecken und jeden der vertragsschließenden Theile zum Gläubiger der einen und zugleich zum Schuldner der anderen Leistung machen.“ 563 Andres/Leithaus/Andres InsO § 103 Rn. 6; BeckOK InsR/Berberich InsO § 103 Rn. 26 ff.; Braun/Fehl-Weileder InsO § 103 Rn. 5; Graf-Schlicker/Breitenbücher InsO § 103 Rn. 19; HK-InsO/Marotzke InsO § 103 Rn. 19; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 40; MüKoInsO/Huber InsO § 103 Rn. 55; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO § 103 Rn. 8; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 13; Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 25; so schon unter Geltung des § 17 KO BGH VIII ZR 298/78, NJW 1980, 226 (227). 564 So bereits RG II 327/34, RGZ 147, 340 (342); im Anschluss daran BGH IX ZR 66/07, NJW 2009, 1414 Rn. 15; BGH IX ZR 200/03, BGHZ 161, 241 (251 f.); siehe ferner Braun/Fehl-Weileder InsO § 103 Rn. 5; Graf-Schlicker/Breitenbücher InsO § 103 Rn. 19; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 40; MüKoInsO/Huber InsO § 103 Rn. 55; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO § 103 Rn. 8; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 13; Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 25. 562

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schafter nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zueinander stehen.565 Die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG bilden Organisationsverträge mit schuldvertraglichen Elementen.566 Während für das organisationsvertraglichen Element der Unternehmensverträge § 103 InsO also keine Anwendung findet, scheint wegen der schuldvertraglichen Elemente die Anwendung des § 103 InsO nicht von Vornherein ausgeschlossen.567 Immerhin befürwortet die überwiegende Ansicht die Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB auf die Rechte und Pflichten im Konzernverhältnis.568 Beleuchtet man das Verhältnis der sich aus den Unternehmensverträgen ergebenden Pflichten allerdings genau, zeigt sich, dass diese nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zueinanderstehen. (a) Beherrschungsvertrag: Verhältnis von Verlustübernahmepflicht und Weisungsrecht Der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG ist eine Weiterentwicklung des Aufwendungsersatzanspruchs des § 670 BGB.569 Zwischen Verlustübernahme und Weisungsbefolgung besteht ebenso wenig ein synallagmatisches Verhältnis wie zwischen Aufwendungsersatz und Geschäftsführung: Zwar mag es sein, dass das herrschende Unternehmen die Verlustausgleichpflicht nur auf sich nimmt, weil es die umfassende Weisungsbefugnis über die abhängige Gesellschaft erhält. Allerdings reicht es für einen gegenseitigen Vertrag nicht aus, wenn nur eine der beiden Vertragsparteien die Leistung um der 565

BeckOK InsR/Berberich InsO § 103 Rn. 29, 32; Braun/Fehl-Weileder InsO § 103 Rn. 15; HK-InsO/Marotzke InsO § 103 Rn. 21; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 131 ff.; MüKoInsO/Huber InsO § 103 En. 114 ff.; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO § 103 Rn. 22; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 14; Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 56; so auch ausdrücklich die Bundesregierung in ihrer Begründung zu § 119 InsO (§ 137 RegE), abgedruckt bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht, S. 254; aA BeckOGK BGB/Rüfner BGB § 320 Rn. 8 f. 566 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. a); soweit Autoren Unternehmensverträge ausschließlich als Organisationsverträge verstehen, lehnen sie konsequenterweise zumindest die direkte Anwendung des § 103 InsO ab. So unter anderem bereits Kropff BB 1965, 1281 (1287). 567 Bultmann ZInsO 2007, 785 (787); HK-InsO/Marotzke InsO § 103 Rn. 29; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 134 f.; ferner bereits Hamburger GS Seckel 1927, 261 (300). 568 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 291 Rn. 41, § 308 Rn. 69; Henssler/Strohn/Paschos AktG § 291 Rn. 4; Koch AktG § 291 Rn. 18; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Vorb. § 291 Rn. 157; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 134; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 38; Stephan Konzern 2014, 1 (22); aA Glaser Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern, S. 9; Kort Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge im GmbH-Recht, S. 56; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 74. 569 Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) (2) (d).

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anderen willen erbringt.570 Wie beim Auftrag übernimmt die beherrschte Gesellschaft die Geschäftsbesorgung für das herrschende Unternehmen nicht, um etwaige Verluste ausgeglichen zu bekommen.571 Der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG ist vielmehr wie auch der Aufwendungsersatzanspruch des § 670 BGB notwendige Folge der Geschäftsbesorgung.572 Das fehlende Gegenseitigkeitsverhältnis zeigt sich ferner daran, dass das herrschende Unternehmen die Verlustübernahme nicht von der Weisungsbefolgung abhängig machen kann, während die beherrschte Gesellschaft den Weisungen des herrschenden Unternehmens keine Folge mehr leisten muss, wenn die Verlustübernahme unsicher ist.573 Die Pflichten sind also nicht gleichermaßen durchsetzbar, weshalb kein tatsächliches Gegenseitigkeitsverhältnis besteht. Zudem ist die Pflicht zur Weisungsbefolgung keine sich aus der vertraglichen Vereinbarung ergebende Leistungspflicht der abhängigen Gesellschaft, sondern die gesetzliche Folge der Unterstellung der Gesellschaft unter die Leitung des herrschenden Unternehmens.574 In dem Verhältnis von Verlustübernahme und Weisungsbefugnis findet sich der Gedanke des „do ut des“ nicht. (b) Beherrschungsvertrag: Verhältnis von Abfindungs- und Ausgleichansprüchen und Beherrschung Dasselbe gilt für das Verhältnis von Weisungsrecht und Abfindungs- und Ausgleichsansprüchen der außenstehenden Aktionäre: Die außenstehenden Aktionäre nehmen die Unterstellung der abhängigen Gesellschaft unter die Leitung des herrschenden Unternehmens und die damit verbundene Aussetzung der Kapitalerhaltungsregeln nicht hin, um einen Abfindungs- oder Ausgleichanspruch zu erhalten.575 Die Abfindungs- und Ausgleichansprüche

570 BeckOK BGB/Schmidt BGB § 320 Rn. 4; Jauernig/Stadler BGB § 311 Rn. 13; MüKoBGB/Emmerich Vor BGB §§ 320 ff. Rn. 3; Staudinger/Schwarze Vor BGB §§ 320 ff. Rn. 5 ff. 571 Wie hier v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (272); das verkennt die einseitige Betrachtung von Jensen Der Konzern in der Krise, S. 78; die ganz überwiegende Auffassung verneint deshalb die Anwendung der §§ 320 ff. BGB auf unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge wie den Auftrag: BeckOK BGB/Schmidt BGB § 320 Rn. 4; MüKoBGB/Emmerich Vor BGB §§ 320 ff. Rn. 2; Staudinger/Schwarze Vor BGB §§ 320 ff. Rn. 33. 572 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) cc); ferner Bous Konzernleitungsmacht, S. 257 m. Fn. 298; Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215. 573 → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) ee). 574 Glaser Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern, S. 9; Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 74; Schreiber Konzernrechtsfreie Kontrolle, S. 215. 575 So aber Hommelhoff FS Claussen 1997, 129 (132).

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stellen sich vielmehr als Entschädigung dar, die die außenstehenden Aktionäre infolge der Konzernierung hinnehmen müssen.576 (c) Gewinnabführungsvertrag: Gewinnabführungspflicht und Verlustübernahmepflicht Erst recht steht bei einem Gewinnabführungsvertrag die Gewinnabführungspflicht nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Verlustübernahmepflicht. Denn auch im Rahmen eines (isolierten) Gewinnabführungsvertrags ist die Verlustübernahmepflicht nur die notwendige Folge der Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft im Interesse und für Rechnung des herrschenden Unternehmens.577 (d) Ergebnis zur Gegenseitigkeit der Unternehmensverträge Damit scheitert die Anwendung von § 103 InsO auf den Vertragskonzern daran, dass die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG keine gegenseitigen Verträge im Sinne der §§ 320 ff. BGB sind. Dass die beherrschte Gesellschaft die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten im Stadium der Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens verweigern kann, steht nicht im Widerspruch zu diesem Ergebnis: Denn die automatische Suspendierung ergibt sich nicht aus § 320 BGB, sondern aus dem Schutzzweck der §§ 302 ff. AktG. Ein Rückgriff auf § 320 BGB ist nicht notwendig und wäre mangels Gegenseitigkeit der sich aus dem Beherrschungsvertrag ergebenden Ansprüche auch nicht dogmatisch sauber. Die Weisungserteilung ist ipso iure rechtswidrig, weshalb auch die Befolgungspflicht entfällt, ohne dass sich die beherrschte Gesellschaft auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen müsste.578 Ausreichend wäre bei Nichtanerkennung der automatischen Suspendierung im Übrigen der Hinweis auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 273 BGB.579 Das geht schon aus der verfehlten Begründung der herrschenden Ansicht für die Anwendung der §§ 320 ff. BGB auf die Unternehmensverträge hervor: Der beherrschten Gesellschaft soll die stärkste Einrede zur Durch576

BGH II ZB 5/97, BGHZ 138, 136 (138 f.); BeckOGK AktG/Veil/Preissner AktG § 304 Rn. 4; KölnKomm AktG/Koppensteiner Vor AktG § 304 Rn. 3; MüKoAktG/van Rossum AktG § 304 Rn. 8; K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 304 Rn. 9; v. Wilmowsky Der Konzern 2016, 261 (272); ausführlich zur Problematik Veil Unternehmensverträge, S. 215 ff. 577 Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (c). 578 Dazu ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) ff). 579 Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 308 Rn. 69; Glaser Grenzen des Weisungsrechts im Vertragskonzern, S. 10; aA Praël Eingliederung und Beherrschungsvertrag als körperschaftliche Rechtsgeschäfte, S. 74, der generell das Leistungsverweigerungsrecht der Tochtergesellschaft ablehnt.

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setzung ihrer Rechte zur Verfügung stehen.580 Diese Überlegung beruht im Insolvenzfall darauf, dass die überwiegende Ansicht § 273 BGB für nicht insolvenzfest hält: § 273 BGB soll im Insolvenzfall keine Anwendung finden, damit der Vertragspartner keine Einreden aus anderen Verträgen mit dem Insolvenzschuldner erhebt.581 Bei den Rechten und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag handelt es sich aber gerade nicht um Ansprüche aus „anderen Verträgen“. Damit greift das Argument für Unternehmensverträge gar nicht und § 273 BGB bleibt „insolvenzfest“. Daher stellt die Behauptung, es müsse sich schon um gegenseitige Verträge im Sinne des § 320 BGB handeln, damit der abhängigen Gesellschaft nicht ihre Durchsetzungsmacht bezüglich der Erfüllung der Verlustausgleichspflicht genommen wird,582 eine bloße petitio principii zur Begründung der Anwendbarkeit von § 103 InsO dar. (2) Zweck des § 103 InsO § 103 InsO dient sowohl der Erhaltung der Insolvenzmasse als auch der Gleichbehandlung der Gläubiger. Dem Insolvenzverwalter soll die Möglichkeit eröffnet werden, auf die Erfüllung eines Vertrages zu bestehen, soweit dies für die Insolvenzmasse vorteilhaft ist.583 Dadurch werden die Interessen der Gläubiger an der Massemehrung und des Vertragspartners an der Erfüllung des gegenseitigen Vertrags ausgeglichen.584 Ein expliziter Schutz des Vertragspartners vor Nichterfüllung wird hingegen von § 103 InsO entgegen früher vertretener Auffassung585 nicht bezweckt, da die Zurückbehaltungsrechte wie soeben dargelegt insolvenzfest sind.586 580 Koch AktG § 291 Rn. 18; KölnKomm AktG/Koppensteiner Vor AktG § 291 Rn. 157. 581 BeckOK InsR/Berberich InsO § 103 Rn. 106; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 24; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 18. 582 Bultmann ZInsO 2007, 785 (787). 583 So bereits zu § 17 KO BGH IX ZR 50/88, BGHZ 106, 236 (244) = NJW 1989, 1282; BGH IX ZR 290/90, BGHZ 116, 156 (159) = NJW 1992, 507; BGH IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336 (339) = NJW 1995, 1966; BGH IX ZR 5/96, BGHZ 135, 25 (27 f.); = ZIP 1997, 688; BGH IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28 (32 f.) = NJW 2001, 3704; ferner Andres/Leithaus/Andres InsO § 103 Rn. 5; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 7; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO § 103 Rn. 3; K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 3; Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 1. 584 BGH IX ZR 457/99, BGHZ 150, 138 (148 f.) = NJW 2002, 2313; BeckOK InsR/Berberich InsO § 103 Rn. 1; Braun/Fehl-Weileder InsO § 103 Rn. 2; GrafSchlicker/Breitenbücher InsO § 103 Rn. 11; MüKoInsO/Huber InsO § 103 Rn. 2. 585 RG VI 557/13, RGZ 84, 228 (234); RG I 141/33, RGZ 142, 296 (300); BGH V ZR 53/70, BGHZ 58, 246 (248 f.) = NJW 1972, 875; BGH VII ZR 335/75, BGHZ 67, 242 (247) = NJW 1977, 50; so heute noch Andres/Leithaus/Andres InsO § 103 Rn. 5; Braun/Fehl-Weileder InsO § 103 Rn. 2; Graf-Schlicker/Breitenbücher InsO § 103 Rn. 10 f.; Nerlich/Römermann/Balthasar InsO § 103 Rn. 3. 586 K. Schmidt/Ringstmeier InsO § 103 Rn. 3; Uhlenbruck/Wegener InsO § 103 Rn. 1.

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Das zeigt aber, dass der Zweck des § 103 InsO gar nicht auf die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG passt. Mangels Gegenseitigkeitsverhältnisses besteht gar kein Erfordernis, einen Ausgleich zwischen der Massesicherung und dem Erfüllungsinteresse des Vertragspartners herzustellen. Aber auch der Massesicherungszweck kann nicht über die analoge Anwendung von § 103 InsO erreicht werden: Das Verwalterwahlrecht soll die Massesicherung dadurch bewirken, dass ein Vertragspartner, der sich sonst auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen könnte, zur Erfüllung gezwungen werden kann. Da aber die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag ohnehin mit Eintritt der Insolvenzreife automatisch suspendiert sind und sich die beherrschte Gesellschaft jederzeit über § 297 AktG aus dem Vertragsverhältnis lösen kann, besteht für die analoge Heranziehung von § 103 InsO kein sinnvoller Grund. Dieses Problem wird auch nicht durch eine Heranziehung der mietrechtlichen Kündigungssperre des § 112 Nr. 2 InsO bis zur Entscheidung des Insolvenzverwalters bewältigt.587 Dieser passt als speziell mietrechtliche Vorschrift erstens nicht auf Unternehmensverträge und hilft zudem nicht über die automatische Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag hinweg. Denn diese ergibt sich allein aus dem Verhältnis der einzelnen konzernrechtlichen Vorschriften zueinander und nicht aus speziellen insolvenzrechtlichen Vorschriften. Weiter widerspricht die Heranziehung des § 103 InsO der Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft: Die Entscheidung über Unternehmensverträge liegt grundsätzlich bei den Hauptversammlungen der beteiligten Gesellschaften. Darüber kann auch § 160 InsO nicht hinweghelfen.588 Es reicht nicht aus, die Entscheidung des Insolvenzverwalters von der Entscheidung der Gläubigerversammlung abhängig zu machen: Nicht nur bildet die aus einem Querschnitt der Gläubigergruppen zusammengesetzte Gläubigerversammlung die Hauptversammlung der beherrschten Gesellschaft nicht hinreichend ab (vgl. § 74 Abs. 1 S. 2 InsO); hinzu kommt, dass das Insolvenzverfahren auch die Möglichkeit des Gläubigerausschusses vorsieht, in dem die abhängige Gesellschaft noch stärker unterrepräsentiert wäre (§ 67 Abs. 2 InsO). Daher liegt die Interessenlage bei Unternehmensverträgen viel näher an den §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG als an § 103 InsO.

587 So der Vorschlag von Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2043 f.); Jensen Der Konzern in der Krise, S. 93 f.; KPBJ/Tintelnot InsO § 103 Rn. 135; kritisch v. Wilmowsky Konzern 2016, 261 (266 f.). 588 So Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2044 f.).

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(3) Isolierter Gewinnabführungsvertrag Dass § 103 InsO auch im Übrigen nicht auf die Unternehmensverträge passt, zeigt sich bei genauer Betrachtung des isolierten Gewinnabführungsvertrags. § 103 InsO setzt voraus, dass der gegenseitige Vertrag nach § 103 InsO noch von keiner Seite vollständig erfüllt ist. Hätte die abhängige Gesellschaft bei einem isolierten Gewinnabführungsvertrag die Ansprüche aus den vorausgehenden Geschäftsjahren bereits erfüllt, wäre § 103 InsO unanwendbar.589 Bei einer Kombination aus Gewinnabführungsvertrag und Beherrschungsvertrag wäre hingegen auch bei bereits erfülltem Gewinnabführungsanspruch die Anwendung des § 103 InsO nicht ausgeschlossen, weil jedenfalls die Weisungsbefolgung noch gar nicht vollständig erfüllt sein kann. Dann liegt aber auf der Hand, dass die Unternehmensverträge nicht von § 103 InsO erfasst sein können: Die Annahme, ein isolierter Gewinnabführungsvertrag könne nicht nach § 103 InsO behandelt werden, sobald dieser aber mit einem Beherrschungsvertrag kombiniert werde, finde § 103 InsO Anwendung, zeigt die Inkonsequenz dieser Ansicht. Insoweit bringt auch ein Verweis auf die Regelung des § 105 InsO keinen Mehrwert:590 Ganz unabhängig davon, ob man die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag als teilbar einordnen möchte oder nicht,591 hilft auch § 105 InsO nicht über die fehlende Gegenseitigkeit der Unternehmensverträge hinweg. Die Betrachtung des isolierten Gewinnabführungsvertrags zeigt also, dass die Überlegungen zu § 103 InsO völlig inkonsequent sind. (4) Verhältnis von §§ 115, 116 InsO und § 103 InsO Gegen die entsprechende Heranziehung von § 103 InsO spricht ferner, dass dieser durch die aufgezeigte analoge Anwendung der §§ 115, 116 InsO verdrängt wird.592 Denn §§ 115, 116 InsO sind im Verhältnis zu § 103 InsO die spezielleren Normen, sodass der Grundsatz lex specialis derogat legi generali die (analoge) Anwendbarkeit von § 103 InsO ausschließt.

589

Bultmann ZInsO 2007, 785 (787). Bultmann ZInsO 2007, 785 (787); § 105 InsO wurde eingeführt, um bei teilweise erfüllten Verträgen der bisherigen Privilegierung desjenigen Insolvenzgläubiger entgegenzuwirken, der wegen § 17 KO auch für seine bereits erbrachten Leistungen, für die er aber noch keine Gegenleistung erhalten hatte, nicht auf die bloße Insolvenzquote verwiesen wurde; dazu Begr. RegE bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht, S. 234. 591 Dazu ausführlich Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 280 f. 592 BGH IX ZR 121/05, BGHZ 168, 276 (280 Rn. 12) = ZIP 2006, 1781; Andres/Leithaus/Andres InsO § 103 Rn. 7; Braun/Hartwig InsO § 115 Rn. 5; KPBJ/Tintelnot InsO §§ 115, 116 Rn. 39; MüKoInsO/Vuia InsO § 115 Rn. 13; Nerlich/Römermann/Kießner InsO § 11 Rn. 9; aA HK-InsO/Marotzke InsO § 115 Rn. 6, 8. 590

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(5) Ergebnis zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters Die analoge Heranziehung von § 103 InsO überzeugt nicht. Nicht nur ist § 103 InsO auf gegenseitige Verträge ausgerichtet, sodass er auf die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG gar keine Anwendung finden kann; ferner kann der Zweck des § 103 InsO nicht verwirklicht werden. hh) Kündigungsrecht der abhängigen Gesellschaft Völlig fehl geht die Annahme, eine automatische Beendigung des Unternehmensvertrags im Insolvenzfall nehme dem Kündigungsrecht der beherrschten Gesellschaft nach § 297 Abs. 1 AktG jeden sinnvollen Anwendungsbereich, weil der Zeitpunkt, in dem die Kündigung möglich würde, im Regelfall mit dem Zeitpunkt, ab dem ein Insolvenzantragsrecht oder gar die Insolvenzantragspflicht des herrschenden Unternehmens bestehe, zusammenfalle.593 Nur weil das herrschende Unternehmen den Insolvenzantrag stellen kann oder gar muss, wird das Kündigungsrecht der beherrschten Gesellschaft nicht zwecklos. Diese Behauptung unterstellt, dass es die Problematik der Insolvenzverschleppung überhaupt nicht gibt. f) Ergebnis Die dogmatisch richtige und sinnvolle Lösung liegt in der automatischen Beendigung der Unternehmensverträge mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens. Die normative Herleitung erfolgt über eine Gesamtanalogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG sowie §§ 115, 116 InsO. Nur durch diese Gesamtanalogie wird die zweigeteilte Rechtsnatur der Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG hinreichend berücksichtigt. 6. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung a) Verlustausgleichspflicht Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Ende des Unternehmensvertrags endet auch die Verlustausgleichspflicht endgültig. Da der Wortlaut des § 302 AktG an den Jahresfehlbetrag anknüpft, ging die überwiegende Ansicht früher davon aus, die Verlustausgleichspflicht entfalle rückwirkend für das angelaufene Geschäftsjahr, wenn das Ende des Unternehmensvertrags nicht mit dem Ende des Geschäftsjahres zusammenfalle.594 Einigkeit bestand hingegen 593 So aber Freudenberg ZIP 2009, 2037 (2042); Jensen Der Konzern in der Krise, S. 75 f. 594 OLG Schleswig 1 U 71/85, ZIP 1987, 1448 (1454); Bley/Mohrbutter VglO § 108 Anm. 8; v. Godin/Wilhelmi AktG § 302 Anm. 6; Jaeger/Weber KO §§ 207, 208 Anm. 11; Meister WM 1976, 1182 (1184); Peltzer AG 1975, 309 (311).

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immer dahingehend, dass die Verlustausgleichspflicht jedenfalls nicht mehr für das gesamte angelaufene Geschäftsjahr gelte, in das die Eröffnung des Insolvenzverfahrens falle.595 Richtigerweise muss bei unterjähriger Vertragsbeendigung grundsätzlich ein Rumpfgeschäftsjahr auf den Beendigungsstichtag gebildet werden, für das dann noch ein Verlustausgleichsanspruch bestehen kann, der freilich im Insolvenzverfahren eine bloße Insolvenzforderung darstellt, § 38 InsO.596 Für die Entstehung von Insolvenzforderungen ist ausschlaggebend, ob diese bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind.597 Der Verlustausgleichsanspruch entsteht grundsätzlich am Bilanzstichtag (und ist dann direkt fällig) und ist nicht von der Aufstellung und Richtigkeit des Jahresabschlusses abhängig, weshalb er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf jeden Fall begründet ist.598 Die Anknüpfung des § 302 AktG an den Jahresfehlbetrag erfolgt allein aus Praktikabilitätsgründen.599 Dem herrschenden Unternehmen kann schon aus Gründen des Schutzes der beherrsch595

Bultmann ZInsO 2007, 785 (789); Koch AktG § 302 Rn. 11; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 32; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 24 ff.; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 109. 596 BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (4) = NJW 1988, 1326; Altmeppen DB 1999, 2453 (2455); BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 22; Bultmann ZInsO 2007, 785 (789); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 38; Grigoleit/Servatius AktG § 302 Rn. 7; GroßkommAktG/Hirte AktG § 302 Rn. 19; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 199 ff.; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (300 ff.); Henssler/Strohn/Paschos AktG § 302 Rn. 10; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 302 Rn. 17; Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht Rn. 563; Koch AktG § 302 Rn. 11; Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 331 ff.; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 67; Müller FS Goerdeler 1987, 375 (391 ff.); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 729; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1691); K. Schmidt GesR § 31 III 2 d; K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 231; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (525); K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 302 Rn. 36; Sonnenschein Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 337; Timm GmbHR 1987, 8 (16 ff.); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 109 ff.; Uhlenbruck in: Der Fachanwalt für Steuerrecht im Rechtswesen 1999, 181 (191); Uhlenbruck KTS 1986, 419 (423); Wachter/Müller AktG § 302 Rn. 4; Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 55; aA Jaeger/Weber KO §§ 207, 208 Anm. 11; Meister WM 1976, 1182 (1184); Peltzer AG 1975, 309 (311). 597 Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 38 Rn. 3; BeckOK InsR/Kirchner InsO § 38 Rn. 20; Braun/Bäuerle InsO § 38 Rn. 5; Graf-Schlicker/Bremen InsO § 38 Rn. 16; HKInsO/Ries InsO § 38 Rn. 27; KPBJ/Holzer InsO § 38 Rn. 12; MüKoInsO/Ehricke/Behme InsO § 38 Rn. 20; Nerlich/Römermann/Andres InsO § 38 Rn. 13; K. Schmidt/Büteröwe InsO § 38 Rn. 15; Uhlenbruck/Sinz InsO § 38 Rn. 26. 598 BGH II ZR 120/98, BGHZ 142, 382 (384) = NJW 2000, 210; bestätigt durch BGH II ZR 361/92, ZIP 2005, 854 (855). 599 Noack Gesellschaftsrecht Rn. 729; K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 231.

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ten Gesellschaft und der Gläubiger nicht zugutekommen, wenn das Vertragsverhältnis vor Ablauf des Geschäftsjahres endet. Anderenfalls könnte das herrschende Unternehmen durch Herauszögern der Bilanzfeststellung oder durch unterjährige Vertragsbeendigung auf den Verlustausgleichsanspruch Einfluss nehmen.600 Der Verlustausgleichsanspruch führt aber dazu, dass das herrschende Unternehmen während der Vertragsdauer das gesamte Geschäftsrisiko der abhängigen Gesellschaft zu tragen hat. Anders lässt sich die Außerkraftsetzung der Kapitalbindungsregeln während der Vertragsdauer nicht rechtfertigen.601 Daher muss grundsätzlich die gesamte Vertragsdauer berücksichtigt werden, die Verlustausgleichspflicht also bis zum Stichtag der Vertragsbeendigung fortbestehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Fall der Vertragsbeendigung wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft die Verlustausgleichspflicht bereits ab Insolvenzreife suspendiert ist. Nur der bis dahin entstandene Verlustausgleichsanspruch wird zur Insolvenzforderung gegen die Muttergesellschaft. Die Höhe der Verlustausgleichspflicht ist durch eine Stichtagsbilanz auf der Basis von Liquidationswerten zu ermitteln, da § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB für den Fall der unsicheren Überlebensfähigkeit eine Ermittlung unter Ansetzung von Zerschlagungswerten vorschreibt.602 b) Gewinnabführungspflicht Die beherrschte Gesellschaft darf ebenfalls nicht von der unterjährigen Beendigung des Unternehmensvertrags profitieren. § 301 AktG knüpft wie § 302 AktG nur aus Praktikabilitätsgründen an den Jahresüberschuss an. Daher hat die beherrschte Gesellschaft ihre Gewinne gleichermaßen grundsätzlich bis zum Beendigungsstichtag abzuführen.603 Im hier interessierenden Fall der Vertragsbeendigung wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt sich auch für die Gewinnabführungspflicht die Besonderheit, dass diese bereits

600 BGH II ZR 120/98, BGHZ 142, 382 (385) = NJW 2000, 210; BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (9 f.) = NJW 1988, 1326; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 25; Sonnenschein Organschaft und Konzerngesellschaftsrecht, S. 337; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 110 f. 601 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) dd). 602 Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 8; Müller FS Kropff 1997, 517 (524 ff.); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (533). 603 Altmeppen DB 1999, 2453 (2455); Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl, 283 (301); Hölters/Weber/Deilmann AktG § 301 Rn. 7; Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht Rn. 563; MHdB AG/Krieger § 72 Rn. 23; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 301 Rn. 17 m. Fn. 31; Müller FS Goerdeler 1987, 375 (391 ff.); K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 301 Rn. 20; Sonnenschein Organschaft und Kapitalgesellschaftsrecht, S. 337.

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mit Eintritt der Insolvenzreife suspendiert ist. Daher kann nur bis zu diesem Zeitpunkt ein Gewinnabführungsanspruch entstehen. c) Ausgleichspflicht Mit Beendigung des Gewinnabführungsvertrags im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet auch die Ausgleichspflicht des § 304 AktG, die allerdings wie die anderen Rechte und Pflichten bereits mit Insolvenzreife suspendiert ist.604 d) Sicherungsanspruch der Gläubiger Die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft haben ab dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gegen das herrschende Unternehmen einen Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 303 AktG. Gegen die Anwendung von § 303 AktG im Insolvenzfall wurde vorgebracht, dass er zu einer doppelten Geltendmachung desselben Leistungsinteresses führe, weil auch der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG in die Insolvenzmasse falle.605 Diese Überlegung wird dem Schutzzweck des § 303 AktG nicht gerecht: § 303 AktG soll den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft bei Ende des Unternehmensvertrags eine Sicherungsmöglichkeit bieten, weil ab diesem Zeitpunkt ihre mittelbare Sicherung in Form der durch den Verlustausgleichsanspruch vermittelten Überlebensgarantie der abhängigen Gesellschaft wegfällt. Denn die Vertragsbeendigung kann gerade bei noch nicht fälligen Ansprüchen der Gläubiger gegen die vormals abhängige Gesellschaft erhebliche Unsicherheiten mit sich bringen. Mit dem Vertragsende ist nicht klar, ob die vormals abhängige Gesellschaft eigenständig wirtschaftlich erfolgreich sein kann.606 Das ändert selbstverständlich nichts daran, dass für den Zeitraum bis zur Vertragsbeendigung – im Insolvenzfall bis zum Zeitpunkt der Insolvenzreife – der Verlustausgleichsanspruch besteht. Dieser entfällt nicht etwa rückwirkend, weil nunmehr der Anspruch auf Sicherheitsleistung entstanden ist. Im Gegenteil: Der Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung hängt in keiner Weise von dem Verlustausgleichsanspruch ab; er setzt vor allem nicht voraus, dass die abhängige Gesellschaft während der Vertragsdauer Verluste gemacht hat. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung soll lediglich die nunmehr zweifelhafte Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft ausgleichen.607

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Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, S. 303; Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht Rn. 563. 605 Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 98; Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.11; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 209 f. 606 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 2. 607 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 50.

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Das hat im Übrigen nichts mit den Besonderheiten des Insolvenzverfahrens zu tun – wollte man im Insolvenzfall die Anwendung des § 303 AktG verneinen, weil die Ansprüche der Gläubiger sonst durch den Verlustausgleichsanspruch und den Anspruch auf Sicherheitsleistung „doppelt gesichert wären“, müsste man dies auf jeden Fall der Vertragsbeendigung übertragen. Dieses argumentum ad absurdum zeigt, dass die Vertreter der oben genannten Ansicht schlicht den Normzweck des § 303 AktG verkannt haben. Bei dem Anspruch auf Sicherheitsleistung handelt es sich um eine Insolvenzforderung, nicht um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.608 Er tritt mit dem Ende des Unternehmensvertrags609 automatisch an die Stelle des Verlustausgleichsanspruchs, sodass die schuldrechtlichen Grundlagen für den Anspruch bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden. Damit war der Anspruch bereits bei Verfahrenseröffnung begründet, § 38 InsO. 7. Haftungsfragen Da die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, kommt eine Haftung des Geschäftsleiters der Mutter nicht mehr in Betracht. Für die bereits begründeten Haftungstatbestände kann er selbstverständlich auch während des Insolvenzverfahrens noch zur Verantwortung gezogen werden. Eine Haftung kommt ferner weder über § 309 AktG noch über § 310 AktG in Betracht, da der Unternehmensvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet ist. Ebenso ist § 15b Abs. 4 InsO im eröffneten Verfahren nicht mehr anwendbar. Sollte der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft seine Pflichten gegenüber der eigenen Gesellschaft verletzen, kommt er in die Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG. Der Insolvenzverwalter haftet für Pflichtverletzungen nach §§ 60, 61 InsO. Schäden, die unmittelbar am Vermögen der Tochtergesellschaft zu entstehen, führen zu einem individuellen Schadensersatzanspruch aus §§ 60, 61 InsO, nicht zu einer Haftung gegenüber der Masse.610

608 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 110; im Ergebnis richtig, allerdings umständlich über eine teleologische Reduktion des § 55 InsO begründet Bultmann ZInsO 2007, 785 (789). 609 Zur analogen Anwendung infolge der Suspendierung bei Insolvenzreife bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. a) dd). 610 Andres/Leithaus/Andres InsO §§ 60, 61 Rn. 38; BeckOK InsR/Desch/Hochdorfer InsO § 60 Rn. 77; K. Schmidt/Thole InsO § 60 Rn. 52.

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8. Einzelfragen a) Eigenverwaltung §§ 270 ff. InsO Die Eigenverwaltung wurde mit der Insolvenzordnung 1999 neu eingeführt und soll dem Insolvenzschuldner die Möglichkeit geben, bestehende Expertise zu nutzen, um eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger herbeizuführen. Sowohl die Sanierung als auch die Liquidation können im Eigenverwaltungsverfahren durchgeführt werden.611 Der Insolvenzschuldner behält in der Eigenverwaltung seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und wird lediglich unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt. aa) Meinungsstand (1) Fortbestand des Unternehmensvertrags Bei Anordnung der Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) soll der Unternehmensvertrag nach überwiegend vertretener Ansicht fortbestehen.612 Das spiegelt die Rspr. und hM zur Konkurs- und Vergleichsordnung wider: Die §§ 270 ff. InsO sind in Anlehnung an das Modell der Vergleichsordnung geschaffen worden.613 Bei Eröffnung des Vergleichsverfahrens wurde überwiegend angenommen, der Unternehmensvertrag könne unverändert fortbestehen.614 Die frühere Unterscheidung von Vergleichsverfahren und Konkursverfahren hat der Gesetzgeber in § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG nicht für das Eigenverwaltungs- und Regelinsolvenzverfahren übernommen: Dort ist nur davon die Rede, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Auflösung der Gesellschaft führt.615 Da die unterschiedliche Behandlung von Konkurseröffnung und Vergleichsverfahren vorrangig damit begründet wurde, dass die Eröffnung des Vergleichsverfahrens gerade nicht zur Auflösung der Gesellschaft führe, kann die damals herrschende Meinung nicht ohne Weiteres übertragen werden.616 611

Dazu bereits oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 3. BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 39; Böcker GmbHR 2004, 1257 (1258); 1314; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; Grigoleit/Grigoleit AktG § 297 Rn. 46; Koch AktG § 297 Rn. 22a; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 205 ff.; Trendelenburg NJW 2002, 647 (648); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 101. 613 Begr. RegE, abgedruckt bei Begr. RegE, abgedruckt bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 452; zur Historie gleich noch ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (1) und (2). 614 Siehe bereits die Nachweise bei → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. a) bb) und b). 615 Gemäß Art. 47 Nr. 9a EGInsO wurde lediglich der Begriff „Konkursverfahren“ durch „Insolvenzverfahren“ ersetzt. 616 Zu dieser Unterscheidung → Kapitel 3 § 2 A. III. 2. a) bb). 612

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Teilweise wird deshalb angenommen, das Insolvenzrecht müsse auch in der Eigenverwaltung das Gesellschaftsrecht überlagern, sodass die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag suspendiert seien.617 (2) Automatisches Erlöschen des Unternehmensvertrags Andere gehen auch bei Anordnung der Eigenverwaltung von einer automatischen Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags aus.618 Eine unterschiedliche Behandlung von Eigenverwaltung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil auch bei der Eigenverwaltung der Zweck der Gesellschaft nunmehr auf die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger gerichtet sei.619 bb) Stellungnahme (1) Historische Betrachtung der Eigenverwaltung620 Die Kommission für Insolvenzrecht hatte noch kein Eigenverwaltungsverfahren vorgesehen, weil diejenigen Personen, die für die Insolvenz verantwortlich sind, ungeeignet seien, die Insolvenzmasse ordnungsgemäß zu verteilen.621 Der Diskussionsentwurf (DE) des Bundesjustizministeriums führte die Eigenverwaltung in den §§ 320 InsO-DE ein, um im Ausnahmefall die Vorteile der Eigenverwaltung zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung zu nutzen.622 Der Referentenentwurf623 (§§ 320 ff. InsO-RefE) sowie der Regierungsentwurf624 (§§ 331 ff. InsO-RegE) übernahmen diese Vorschriften ohne inhaltliche Veränderungen. Die Regelungen zur Eigenverwaltung traten mit der Insolvenzordnung von 1999 schließlich in den §§ 270 ff. InsO in Kraft. Dem Eigenverwaltungsverfahren liegt die Vorstellung zugrunde, dass ein sachkundiger Schuldner unter Umständen besser als ein von außen kommender Insolvenzverwalter agieren könne. Denn so würde die Einarbeitungszeit 617 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 39; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 297 Rn. 52b; Emmerich/Habersack KonzernR § 19 Rn. 74; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 161; Koch AktG § 297 Rn. 22a; Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (295); Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 205 ff. 618 Krieger FS Metzeler 2003, 139 (144, 149); MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 207; Thole ZIP 2020, 389 (390). 619 Thole ZIP 2020, 389 (390). 620 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte HK-InsO/Brünkmans Vor InsO §§ 270 ff. Rn. 1 ff.; KPBJ/Prütting InsO § 270 Rn. 7 ff.; Uhlenbruck/Zipperer InsO § 270 Rn. 1. 621 Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 124 ff. mit Leitsatz 1.3.1.1. 622 Diskussionsentwurf InsO, B 289. 623 Referentenentwurf InsO, S. 186 ff. mit Begründung, S. 330 ff. 624 Abgedruckt bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 451 ff.

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des Fremdverwalters vermieden und es könnten die Kenntnisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung genutzt werden. Ebenso wollte der Gesetzgeber dadurch einen Anreiz für den Insolvenzschuldner schaffen, rechtzeitig den Insolvenzantrag zu stellen, da er so damit rechnen könne, zumindest nicht ganz aus der Geschäftsführung verdrängt zu werden. Die Eigenverwaltung soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers allerdings den Ausnahmefall bilden, weil in der Regel davon auszugehen sei, dass eine Person, die schon nicht den Eintritt der Insolvenz vermeiden konnte, die Insolvenzmasse auch nicht optimal verteilen könne.625 (2) Vergleich der Anordnung der Eigenverwaltung mit der Eröffnung des Vergleichsverfahrens Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat die Eigenverwaltung „in Anlehnung an das Modell der Vergleichsordnung“ geschaffen.626 Bei der Eröffnung des Vergleichsverfahrens verblieb im Gegensatz zur Eröffnung des Konkursverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner, vgl. § 6 KO. Der Vergleichsverwalter hatte eine Zustimmungsbefugnis für außergewöhnliche Geschäfte, § 57 Abs. 1 VglO, sowie eine Prüfungs- und Überwachungsfunktion hinsichtlich der Geschäftsführung des Schuldners, § 39 VglO. Auch in der Eigenverwaltung bleibt der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt. Der Sachwalter wird lediglich zur Überwachung und Prüfung der Geschäftsführung bestellt, § 274 Abs. 2 InsO, und hat eine Zustimmungsbefugnis für außergewöhnliche Geschäfte, § 275 InsO. Ein entscheidender Unterschied zwischen Vergleichsverfahren und Eigenverwaltung besteht darin, dass die Vergleichsordnung ausschließlich auf die Sanierung des Unternehmens ausgerichtet war, § 1 VglO, während die Eigenverwaltung auch zur Zerschlagung des Unternehmens führen kann.627 Konkursverfahren und Vergleichsverfahren schlossen sich gegenseitig aus, § 2 Abs. 2 VglO, wohingegen die Eigenverwaltung gerade an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anknüpft, § 270 Abs. 1 InsO. Die Eigenverwaltung kann nach § 271 InsO auch noch nach Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens angeordnet werden, wenn die Gläubigerversammlung dies beantragt. Zudem waren die Voraussetzungen für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens 625

Begr. RegE, abgedruckt bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 452. Begr. RegE, abgedruckt bei Kraemer Das neue Insolvenzrecht 1995, S. 452; ausführlich zu den Parallelen zwischen Eigenverwaltung und früherer Vergleichsordnung Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 8.03; Gottwald/Haas/Haas § 84 Rn. 8 ff.; MüKoInsO/Kern Vor InsO §§ 270 ff. Rn. 8 f. 627 § 1 VglO sprach von der Abwendung des Konkurses durch das gerichtliche Vergleichsverfahren; dazu Gottwald/Haas/Haas § 84 Rn. 9; Noack ZIP 2002, 1873 (1874); Uhlenbruck/Zipperer InsO § 270 Rn. 1. 626

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strenger als für die Anordnung der Eigenverwaltung: Die §§ 270 ff. InsO verzichten auf die Würdigkeitsprüfung des § 17 VglO und die Quotengarantie des § 7 Abs. 1 S. 2 VglO.628 Hinzu kommt, dass im Eigenverwaltungsverfahren – anders als noch im Vergleichsverfahren (§§ 39, 56 ff. VglO) – das materielle Insolvenzrecht vollständig zur Anwendung kommt. (3) Schlussfolgerungen für das Schicksal des Unternehmensvertrags in der Eigenverwaltung Sowohl die Eigenverwaltung als auch das Regelinsolvenzverfahren verfolgen das Ziel der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung, § 1 InsO. Da es bei der Eigenverwaltung nach der Intention des Gesetzgebers nur darum geht, die besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse des Schuldners zu nutzen, im Übrigen aber dieselben Ziele verfolgt werden wie im Insolvenzverfahren, ergeben sich keine Unterschiede zu den Befunden im Regelinsolvenzverfahren.629 Das Pflichtenprogramm des eigenverwaltenden Insolvenzschuldners wird dahingehend verändert, dass er nicht mehr kraft seiner eigenen Privatautonomie handelt, sondern wie der Insolvenzverwalter zum Amtswalter der Gläubiger mit den entsprechenden Rechten und Pflichten wird.630 Dass für die Eigenverwaltung in der Literatur nach wie vor von einem Fortbestand des Unternehmensvertrags ausgegangen wird, lässt sich auf ein schon unter Geltung der Vergleichs- und Konkursordnung entstandenes Fehlverständnis zurückführen: Weil die damals herrschende Auffassung das automatische Ende des Unternehmensvertrags mit einer Kollision zwischen Konzernleitung und Stellung des Insolvenzverwalters begründete und sich dabei maßgeblich an der mit der Eröffnung des Konkursverfahrens einhergehenden Auflösung der Gesellschaft orientierte, entstanden überhaupt erst Zweifel, ob dies im Vergleichsverfahren auch gelten könne. Doch hat das automatische Ende des Unternehmensvertrags bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gar nichts mit der Frage zu tun, ob die Konzernleitung mit der Stellung des Insolvenzverwalters und seinen Aufgaben vereinbar ist: Die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag sind ohnehin mit Eintritt der Insolvenzreife suspendiert, weshalb sich die Frage, ob der Insolvenzverwalter diese ausüben darf, gar nicht stellt.631 Der eigentliche Grund für das automatische Ende des Unternehmensvertrags mit Insolvenzeröffnung liegt in 628

Dazu Gottwald/Haas/Haas § 84 Rn. 10. So auch Thole ZIP 2020, 389 (390). 630 BeckOK InsR/Ellers InsO § 270 Rn. 30; Braun/Riggert InsO § 270 Rn. 1; GrafSchlicker/Graf-Schlicker InsO § 270 Rn. 10; HK-InsO/Brünkmans InsO § 270 Rn. 9; KPBJ/Prütting InsO § 270 Rn. 7; MüKoInsO/Kern InsO § 270 Rn. 141; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 398; Uhlenbruck/Zipperer InsO § 270 Rn. 12. 631 Dazu und zur Inkonsequenz der herrschenden Meinung, die diese Behauptung gerade nicht auf das vorläufige Insolvenzverfahren überträgt, bereits → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. d). 629

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der gesetzgeberischen Wertung, die sich aus einer Gesamtanalogie zu §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG ziehen lässt. Damit liegt das Ergebnis für die Eigenverwaltung auf der Hand: Denn nicht nur §§ 115, 116 InsO unterscheiden nicht zwischen der Eigen- und Fremdverwaltung, sondern knüpfen allgemein an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens an; auch § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG bezieht sich einzig auf die Auflösung der Gesellschaft – § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG unterscheidet aber ebenfalls nicht zwischen Regelinsolvenzverfahren und Eigenverwaltung. Damit ergibt sich auch bei der Eigenverwaltung das automatische Vertragsende aus einer Gesamtanalogie zu §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Ferner würde die Aufrechterhaltung des Unternehmensvertrags bei Anordnung der Eigenverwaltung zu dem untragbaren Ergebnis führen, dass bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Anordnung der Fremdverwaltung und späterer Anordnung der Eigenverwaltung ein Wiederaufleben des automatisch erloschenen Unternehmensvertrages begründet werden müsste. Dass dies schon methodisch keinen Sinn ergibt, weil Verträge nicht einfach wieder entstehen können, ist selbsterklärend.632 Hinzu kommt, dass die Entscheidungskompetenz über den Abschluss von Unternehmensverträgen bei der Hauptversammlung liegt. Ein automatisches Wiederaufleben würde also auch dieser Kompetenzverteilung zuwiderlaufen. (4) Haftungsfragen Für die Haftung ergeben sich kaum Unterschiede zum Regelinsolvenzverfahren. An Stelle des Insolvenzverwalters haftet der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens über § 276a Abs. 2 S. 1 InsO nach den Vorschriften über die Verwalterhaftung, §§ 60 ff. InsO. Bei Schäden an der Tochtergesellschaft infolge weiter erteilter Weisungen ist die Haftung aus den §§ 60 ff. InsO auf Ersatz des Individualschadens gerichtet und direkt an die Tochter zu zahlen.633 Obwohl die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Geschäftsleiter bleibt, findet § 15b Abs. 4 InsO hingegen generell keine Anwendung mehr, da dieser durch die speziellere Haftung nach den §§ 60 ff. InsO verdrängt wird.634

632

Bultmann ZInsO 2007, 785 (786) unter Hinweis auf die Eintragungspflicht aus § 294 AktG und das Schriftformerfordernis des § 291 Abs. 3 AktG. 633 Siehe die Nachweise → Kapitel 3 § 2 A. III. 7. 634 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 170; Haas ZHR 178 (2014), 603 (614); KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 14; NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 111; Scholz/Bitter Vor GmbHG § 64 Rn. 207 ff.

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cc) Ergebnis Bei Anordnung der Eigenverwaltung endet der Unternehmensvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch. Das ergibt sich wie auch im Regelinsolvenzverfahren aus der analogen Anwendung von §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Die Überlegungen zur Eigenverwaltung unterstreichen, dass die normative Anknüpfung an §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG der methodisch saubere Weg ist, weil er – anders als die übrigen Lösungsansätze – keine in sich unstimmigen Ergebnisse mit sich bringt. b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung Das Insolvenzplanverfahren der §§ 217 ff. InsO gehört zu den wichtigsten Neuerungen, die die Insolvenzordnung 1999 mit sich brachte. Es eröffnet die Möglichkeit zur umfassenden Reorganisation, die das insolvente Unternehmen wieder wettbewerbsfähig machen soll. Dabei erlaubt das Insolvenzplanverfahren eine vom Regelverfahren abweichende privatautonome Gestaltung der Verwertung, Verteilung, Verfahrensdurchführung und insolvenzrechtlichen Haftung des Schuldners. Den Verfahrensbeteiligten soll dadurch die wirtschaftlich bestmögliche Insolvenzverwaltung selbst überlassen werden.635 aa) Meinungsstand Teilweise wird angenommen, dass im Insolvenzplanverfahren keine automatische Beendigung des Unternehmensvertrags eintreten soll.636 Dabei geht ein Teil der Literatur von einer Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag aus, weil es so mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Erarbeitung eines Insolvenzplans unproblematisch zu einem Wiederaufleben des Unternehmensvertrags kommen könne.637 Hauptargument ist jeweils, dass ein Insolvenzplan nicht daran scheitern dürfe, dass die abhängige Gesellschaft nicht zum Neuabschluss des mit Eröffnung des Insolvenzverfah-

635 Andres/Leithaus/Andres Vor InsO §§ 217 ff. Rn. 1; BeckOK InsR/Geiwitz/von Danckelmann InsO § 217 Rn. 1; Braun/Braun/Frank Vor InsO §§ 217 ff. Rn. 1 f.; Frege/Keller/Riedel Handbuch Insolvenz, Teil 4 Rn. 2; HK-InsO/Fiebig Vor InsO §§ 217 ff. Rn. 2 ff.; KPBJ/Spahlinger InsO § 217 Rn. 1 ff.; MüKoInsO/Eidenmüller Vor InsO §§ 217 ff. Rn. 1 ff.; Nerlich/Römermann/Rühle InsO § 217 Rn. 5 ff.; K. Schmidt/Spliedt Vor InsO §§ 217 f. Rn. 1 ff.; Uhlenbruck/Lüer/Streit Vor InsO §§ 217 ff. Rn. 1. 636 Unter der Einschränkung, dass die Gesamtgläubigerschaft nach § 157 InsO zustimmen muss Böcker GmbHR 2004, 1314; dazu kritisch Bultmann ZInsO 2007, 785 (786). 637 Grüner Die Beendigung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen, S. 162.

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rens beendeten Unternehmensvertrags bereit sei.638 Andere nehmen auch im Insolvenzplanverfahren ein automatisches Ende des Unternehmensvertrags an.639 bb) Stellungnahme Bei genauer Betrachtung ergibt sich im Insolvenzplanverfahren im Vergleich zum regulären Insolvenzverfahren kein Unterschied für die Behandlung der Unternehmensverträge: Denn auch hier führt die gravierende Änderung der Umstände durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu, dass der Insolvenzfall jedenfalls einen erneuten Beschluss der Hauptversammlung notwendig macht. Die §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG gelten auch im Insolvenzplanverfahren: Aus der Aufzählung der plandispositiven Vorschriften in § 217 InsO ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Vorschriften über die Wirkung der Insolvenzverfahrenseröffnung, mithin §§ 80–147 InsO nicht durch einen Insolvenzplan abweichend geregelt werden können.640 Dass außerhalb der Vorschriften der Insolvenzordnung keine abweichenden Regelungen möglich sind, zeigt der Wortlaut des § 217 InsO („dieses Gesetzes“).641 Von den §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG kann im Insolvenzplan mithin keine Abweichung getroffen werden. Untauglich ist das Argument, der Insolvenzplan könne daran scheitern, dass die abhängige Gesellschaft sich gegen den erneuten Abschluss entscheide: Das Risiko des Scheiterns des Insolvenzplans liegt bei der insolventen Gesellschaft, weshalb man den Fortbestand des Unternehmensvertrags darauf nicht stützen kann.642 Wie auch in der Eigenverwaltung würde darüber hinaus die Annahme eines Fortbestandes des Unternehmensvertrags zu dem methodisch untragbaren Ergebnis führen, dass bei Vorlage eines Insolvenzplans nach Verfahrenseröffnung (vgl. § 218 Abs. 1 S. 3 InsO) das Wiederaufleben des beendeten Unternehmensvertrags begründet werden müsste.643 Das würde aber die Kompetenzverteilung in der Aktiengesellschaft umgehen, weil über den Abschluss von Unternehmensverträgen stets die Hauptversammlung zu entscheiden hat. 638

Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 162 f.; Noack GesR Rn. 723 ff.; Trendelenburg NJW 2002, 647 (649); Zeidler NZG 1999, 692 (696 f.). 639 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 297 Rn. 39; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 106 ff. 640 Andres/Leithaus/Andres InsO § 217 Rn. 9; HK-InsO/Fiebig InsO § 217 Rn. 10; KPBJ/Spahlinger InsO § 217 Rn. 53; Nerlich/Römermann/Rühle InsO § 217 Rn. 41. 641 Uhlenbruck/Lüer/Streit InsO § 217 Rn. 91. 642 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 107; so bereits unter Geltung der KO Baur/Stürner Insolvenzrecht, S. 386. 643 Bultmann ZInsO 2007, 785 (786); dazu soeben → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb).

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Im Insolvenzplanverfahren endet der Unternehmensvertrag daher automatisch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens. c) Isolierter Gewinnabführungsvertrag aa) Meinungsstand Bei Insolvenz des herrschenden Unternehmens entspricht es der herrschenden Meinung, dass ein isolierter Gewinnabführungsvertrag nur außerordentlich gekündigt werden könne.644 Bei einer Kombination von Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sei hingegen dem Rechtsgedanken des § 139 BGB zu entnehmen, dass der Gewinnabführungsvertrag mit Beendigung des Beherrschungsvertrags ebenfalls ende.645 Andere gehen auch für den isolierten Gewinnabführungsvertrag von einer automatischen Beendigung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der herrschenden Gesellschaft aus.646 bb) Stellungnahme Die Differenzierung zwischen kombiniertem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und isoliertem Gewinnabführungsvertrag lässt außer Acht, dass auch bei einem isolierten Gewinnabführungsvertrag eine wirtschaftliche Fusion stattfindet. Genau wie bei der Kombination aus Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag hat das herrschende Unternehmen die wirtschaftliche Existenz der Tochter zu garantieren.647 Das automatische Vertragsende mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt sich daher auch beim isolierten Gewinnabführungsvertrag aus einer analogen Anwendung von §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. d) Fehlerhafter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag Es ist ganz überwiegend anerkannt, dass ein fehlerhafter Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft 644 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 48; Mönning Betriebsfortführung in der Insolvenz, Rn. 1150; Wilken/Ziems FS Metzeler 2003, 153 (156); so schon die überwiegende Ansicht unter Geltung der KO: Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 122; Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 94; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (303); Jaeger/Weber §§ 207, 208 KO Rn. 11; KölnKomm AktG/Koppensteiner, 2. Aufl. 2004, AktG § 297 Rn. 30; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO Vorb. K zu § 207 Rn. 3a; Mertens ZGR 1984, 542 (552); Wellensiek ZIP 1984, 541 (544). 645 Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (303); Wellensiek ZIP 1984, 541 (544). 646 Koch AktG § 297 Rn. 22a; Krieger FS Metzeler 2003, 139 (146); so bereits unter Geltung der KO Kley Rechtsstellung, S. 212 f. 647 Dazu bereits oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (c).

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entsprechend bei Vollzug der Verträge nur durch jederzeit mögliche Kündigung aus wichtigem Grund beendet werden kann.648 Wenn man also den fehlerhaften Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bis zu seiner Beendigung durch außerordentliche Kündigung wie einen wirksamen Vertrag behandelt, muss diese Gleichbehandlung konsequenterweise auch in der Insolvenz erfolgen. Dementsprechend ist auch der fehlerhafte Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch beendet, wie die analoge Anwendung von §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG ergibt. e) Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aa) Meinungsstand Soweit von einer automatischen Beendigung des Unternehmensvertrags mit Insolvenzeröffnung ausgegangen wird, wird die Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse gleichbehandelt.649 Im Übrigen findet dieser Sonderfall in der Literatur meist keine Erwähnung. bb) Stellungnahme Bei Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse wirkt sich die Einordnung der Unternehmensverträge als Organisationsverträge mit schuldvertraglichen Elementen aus: Während §§ 115, 116 InsO auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abstellen und deshalb nicht herangezogen werden können, lässt sich über § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG die automatische Beendigung des Unternehmensvertrags ebenso begründen wie bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieser stellt nur auf die Auflösung der Gesellschaft ab und nicht explizit auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nach § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG führt aber auch die Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, zur Auflösung der Gesellschaft. Dass mangels Anwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO für das schuldvertragliche Element der Unternehmensverträge keine explizite Beendigung vorgesehen ist, ist unschädlich: Denn die Ablehnung der Verfahrenseröffnung mangels Masse ist gerade der „schlimmste“ Fall der Insolvenz. Für diesen muss erst recht gelten, was für die Beendigung der Unternehmensverträge mit Verfahrenseröffnung festgestellt wurde. Führen §§ 115, 116 InsO und § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG nicht ohnehin zum selben Ergebnis, ist § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG schon deshalb vorrangig, weil Unter-

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Ausführlich zum Meinungsstand MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 195 ff. Heidel/Peres AktG § 297 Rn. 21; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 297 Rn. 110; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 297 Rn. 31; aA Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 382 ff. 649

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nehmensverträge Organisationsverträge darstellen, die lediglich auch schuldvertragliche Elemente beinhalten.650 Insofern überlagert § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG die fehlende Anwendbarkeit der §§ 115, 116 InsO im Fall der Ablehnung der Eröffnung mangels Masse. Das automatische Vertragsende ergibt sich deshalb aus der analogen Anwendung von § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG. 9. Ergebnis Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des herrschenden Unternehmens führt zur automatischen Beendigung des Unternehmensvertrags. Dies lässt sich aus einer Gesamtanalogie zu §§ 115, 116 InsO sowie § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG herleiten. Mit dem Ende des Unternehmensvertrags enden auch die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien endgültig, die bereits seit der Insolvenzreife suspendiert waren. Für das angefangene Geschäftsjahr ist ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden, sodass auf dieser Basis der anteilige Verlustausgleich und die anteilige Gewinnabführung berechnet werden können. Den Gläubigern der abhängigen Gesellschaft hat das herrschende Unternehmen Sicherheit zu leisten. Die Ansprüche gegen das herrschende Unternehmen sind reine Insolvenzforderungen, § 38 InsO. B. Faktischer Konzern I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. These Auch der faktische Konzern darf spätestens ab dem Zeitpunkt der Verletzung der Massesicherungspflichten nicht mehr betrieben werden. Dies ergibt sich aus §§ 311, 317 AktG sowie den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO. Die Massesicherungspflichten führen dazu, dass der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens den Geschäftsbetrieb einstellen muss und die Insolvenzmasse nicht mehr antasten darf. Eine etwaige Verpflichtung zum Nachteilsausgleich würde die Masse aber belastet, weshalb jede Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf die abhängige Gesellschaft zu unterbleiben hat. Zudem darf sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft gar nicht mehr auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen, da er eine für seine Gesellschaft nachteilige Maßnahme nur dann ergreifen kann, wenn bereits im Zeitpunkt der Einflussnahme sicher erscheint, dass der Nachteil wieder ausgeglichen wird. Soweit der Ausgleich nicht unmittelbar in tatsächlicher Form oder in Form eines werthaltigen Anspruchs gegen das herrschende Unternehmen geleistet werden kann, muss jedenfalls der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich sicher erscheinen. Ist das herrschende Unternehmen insolvent, kann aber ein unmittelbarer Ausgleich 650

Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. d).

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gar nicht geleistet werden und erst recht scheint ein späterer Ausgleich nicht sicher. Deshalb ist ab diesem Zeitpunkt jede Einflussnahme verboten. Das Verbot der Einflussnahme führt dazu, dass bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG und damit die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG widerlegt, das faktische Konzernverhältnis also aufgelöst ist. Wird der Konzern dennoch weiter betrieben, geraten die Geschäftsleiter beider Gesellschaften sowie das herrschende Unternehmen selbst in die Haftung. 2. Meinungsstand Die Frage nach den Auswirkungen der Insolvenz der Muttergesellschaft im faktischen Konzern hat vor allem im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten Berücksichtigung in der Diskussion gefunden. Die überwiegende Ansicht, die einen zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich nach § 311 Abs. 2 AktG immer bis zum Ende des Geschäftsjahres zulassen möchte, macht hiervon eine Ausnahme, wenn die Solvenz des herrschenden Unternehmens in Frage steht. Nachteilige Maßnahmen, namentlich die Gewährung eines Darlehens durch die abhängige Gesellschaft an das herrschende Unternehmen, müssen direkt ausgeglichen oder jedenfalls besichert werden. Soweit dies nicht möglich ist, soll der Vorstand der abhängigen Gesellschaft die Maßnahme verweigern dürfen.651 Teilweise beschränken sich die Ausführungen auch auf den Hinweis, der Vorstand der abhängigen Gesellschaft habe eine Maßnahme zu verweigern, die die Existenz seiner Gesellschaft gefährdet.652 Immerhin erkennt die weit überwiegende Ansicht an, dass eine Maßnahme dann durch den Vorstand der abhängigen Gesellschaft verweigert werden muss, wenn der Nachteilsausgleich – und sei es in zeitlich gestreckter Form – nicht sichergestellt ist.653

651 BGH II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 13 = NJW 2009, 850 – MPS; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 62a; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 339; Habersack ZGR 2009, 347 (357 f.); Habersack/Schürnbrand NZG 2004, 689 (694); MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 92; Mülbert/Leuschner NZG 2009, 281 (286); K Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 104; abw. Wessels ZIP 2004, 793 (796); zur Kritik an dieser hM gleich → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) bb). 652 GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 351; ähnlich Zeidler Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 54, 87 ff, der einen „Unterlassungsanspruch“ der abhängigen Gesellschaft über die Treuepflicht und § 317 AktG herleiten möchte. 653 Siehe bereits BGH II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 14 = NJW 2009, 850; KG 1 W 363/02, AG 2003, 500; OLG Hamm 8 U 59/94, AG 1995, 512 (516); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 68 ff.; Altmeppen ZIP 1996, 693 (695); BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 125; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 78; Grigoleit/Grigoleit AktG § 311 Rn. 63; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 15 f.; Henssler/Strohn/Bödeker AktG § 311 Rn. 35; Koch AktG § 311 Rn. 48; MHdB

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3. Stellungnahme a) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 311, 317 AktG Im Unterschied zum Vertragskonzern stehen im faktischen Konzern die abhängige Gesellschaft und das herrschende Unternehmen gleichberechtigt nebeneinander.654 Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft führt die Geschäfte trotz der Beherrschungssituation eigenverantwortlich weiter, § 76 AktG, und muss dementsprechend die Sorgfaltspflicht des § 93 AktG wahren. Die „Beherrschung“ kommt im faktischen Konzern nur dadurch zustande, dass der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft im Regelfall den Wünschen des Mehrheitsaktionärs entsprechen wird, da dieser über seine Stellung als Vorstand entscheidet. Bei richtiger Einordnung der §§ 311 ff. AktG ergibt sich das Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns schon aus dem Schutzzweckzusammenhang dieser Normen. Denn die §§ 311 ff. AktG regeln ein generelles Schädigungsverbot des herrschenden Unternehmens zulasten der abhängigen Gesellschaft. Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft darf keine nachteiligen Maßnahmen ausführen, wenn der Nachteilsausgleich nicht sicher ist. aa) Historische Betrachtung der §§ 311 ff. AktG Die Regelungen zum faktischen Konzern sind mit dem Aktiengesetz 1965 neu eingeführt worden.655 Das Aktiengesetz 1937 enthielt in § 101 Abs. 1 lediglich eine Schadensersatzpflicht, wenn der Einfluss auf eine Gesellschaft zur Erlangung gesellschaftsfremder Sondervorteile genutzt wurde. Eine Ausnahme sah § 101 Abs. 3 AktG 1937 nur dann vor, wenn der Sondervorteil schutzwürdigen Belangen diente, worunter der Gesetzgeber und die damals vorherrschende Meinung das Konzerninteresse fassten.656 Im Referentenentwurf zum Aktiengesetz 1965 sollte der faktische Konzern durch eine drakonische Haftung unattraktiv gemacht und dadurch faktisch verboten werden.657 § 284 RefE sah eine Haftung gegenüber der abhängigen Gesellschaft und ihren übrigen Gesellschaftern für jede Art von Beeinflussung vor, unabhängig davon, ob ein Ausgleich erfolgt wäre oder ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Maßnahme möglicherweise auch vorgenommen hätte. Damit wollte der Gesetzgeber verhindern, dass außerhalb eines Unternehmensvertrags Leitungsmacht durch ein herrAG/Krieger § 70 Rn. 31; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1002 ff.); Vetter ZGR 171 (2007), 342 (358 f.). 654 Vgl. bereits die Ausführungen unter → Kapitel 3 § 1 B. II. 1. b). 655 Zur Historie Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II, 1027 (1044 ff.). 656 Begr. RegE bei Klausing Aktiengesetz 1937, S. 87; ebenso v. Godin/Wilhelmi AktG 1937 § 101 Rn. 6; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 101 Rn. 10. 657 Vgl. bereits die Ausführungen unter → Kapitel 2 § 1 E. I.

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schendes Unternehmen ausgeübt würde. Denn nur durch einen Unternehmensvertrag seien die außenstehenden Aktionäre und die Gläubiger hinreichend gesichert.658 Der Regierungsentwurf ging ebenfalls davon aus, dass eine Schädigung der abhängigen Gesellschaft ohne den durch einen Beherrschungsvertrag vermittelten Schutz generell nicht rechtfertigbar sei, und verbat deshalb die nachteilige Einflussnahme, § 300 Abs. 1 RegE.659 Eine Ausnahme sah § 300 Abs. 2 RegE nur für solche nachteiligen Maßnahmen vor, für die in unmittelbarem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang ein entsprechender, vertraglich vereinbarter Ausgleich erfolgte. Soweit bei der zeitgleichen Bewertung von Vor- und Nachteilen innerhalb des einheitlichen Vorgangs nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die abhängige Gesellschaft benachteiligt würde, musste die Maßnahme unterbleiben. Der Regierungsentwurf sah darin eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben und eine Konkretisierung allgemeiner schadensrechtlicher Prinzipien.660 Ohne angemessenen Ausgleich führte die Benachteiligung nach § 306 RegE zur Haftung des herrschenden Unternehmens und seines Geschäftsleiters. Eine Exkulpation war nach § 306 Abs. 2 RegE nur möglich, wenn das Geschäftsleiterermessen im Zeitpunkt der schädigenden Maßnahme korrekt ausgeübt wurde, indem das Verhältnis von Ausgleich und Benachteiligung pflichtgemäß eingeschätzt wurde. Der Rechtsgrund für die Haftung des herrschenden Unternehmens und seines Geschäftsleiters lag also schon nach dem Regierungsentwurf in der pflichtwidrigen Fehleinschätzung des Verhältnisses von Benachteiligung und Ausgleich.661 Die Regelung des § 306 RegE entspricht dem heutigen § 317 AktG. Erst die erhebliche Kritik des Wirtschaftsausschusses an der fehlenden Flexibilität der Regelungen zum faktischen Konzern (der sich der Rechtsausschuss sodann anschloss), führte dazu, dass der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich in § 311 Abs. 2 AktG 1965 eingeführt wurde: Die Interessen der außenstehenden Aktionäre und Gläubiger seien ausreichend geschützt, wenn innerhalb des Geschäftsjahres tatsächlich ein Vorteil erbracht oder jedenfalls vertraglich zugesagt würde, der den Nachteil wieder ausgleiche.662 Von dem Grundsatz des Schädigungsverbots zum Schutz der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und der außenstehenden Aktionäre hat sich der Gesetzgeber damit aber nicht abgewandt. Das unterstreicht auch der Ausschussbericht, da hier davon die Rede ist, dass „die §§ 300 ff. gegen die Gefahren sichern sollen, die mit einem beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft für die Minderheitsaktio658

Referentenentwurf AktG, S. 408. Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 407. 660 Begr. RegE bei Kropff Aktiengesetz 1965, S. 408. 661 Dazu Altmeppen ZHR 171 (2007), 320 (329). 662 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drs. IV/3296, S. 48 f. 659

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näre und andere an der Gesellschaft Beteiligte verbunden sind“.663 Es ging dem Gesetzgeber mit der Einführung des zeitlich gestreckten Nachteilsausgleichs folglich nicht darum, eine Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft zu erlauben; vielmehr ging er davon aus, dass „die Interessen, die §§ 300 ff. wahren wollen, genügend geschützt [seien], wenn Nach- und Vorteile innerhalb einer Rechnungsperiode ausgeglichen sein müssen“.664 Die historische Betrachtung zeigt also, dass der Gesetzgeber immer selbstverständlich davon ausging, dass die abhängige Gesellschaft im faktischen Konzern nicht geschädigt werden dürfe. Die Regelungen zum gestreckten Nachteilsausgleich sollten lediglich eine für die Praxis handhabbare Möglichkeit zur Gestaltung des faktischen Konzerns schaffen.665 bb) Zum Rechtsgrund der §§ 311 ff. AktG Die mittlerweile überwiegende Ansicht erkennt den Zweck der §§ 311 ff. AktG zutreffend im Schutz der abhängigen Gesellschaft vor Schädigungen aufgrund der Abhängigkeit, wodurch mittelbar auch ihre Gläubiger und außenstehenden Aktionäre geschützt werden.666 Die abhängige Gesellschaft soll so gestellt werden, als wäre sie unabhängig.667 Die §§ 311 ff. AktG bilden dabei ein System, das den Schutz der abhängigen Gesellschaft durch den Abhängigkeitsbericht (§ 312 AktG) noch deutlich wirksamer sicherstellt als die allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften.668 Gleichzeitig soll aber nach heute vorherrschender Meinung ein „Konzernprivileg“ in der Tatsache zu erkennen sein, dass anders als nach § 62 AktG, der bei Einlagenrückgewähr eine unmittelbare Rückgewährpflicht anordnet, der Nachteilsausgleich nach

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Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drs. IV/3296, S. 48. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drs. IV/3296, S. 48 f. 665 Dazu Altmeppen ZHR 171 (2007), 320 (323 f.); Bayer/Habersack/Altmeppen Bd. II, 1027 (1046 f.). 666 BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 3; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 311 Rn. 1; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 1; Grigoleit/Grigoleit AktG § 311 Rn. 1; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 6; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 4; Henssler/Strohn/Bödeker AktG § 311 Rn. 1; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 311 Rn. 3; Koch AktG § 311 Rn. 1; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 1; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 3; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 3; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1002); Wachter/Rothley AktG § 311 Rn. 1; Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 308. 667 Kellmann ZGR 1974, 220 (222). 668 Treffend Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 59 f.; Altmeppen ZIP 1996, 693 (695 f.); Geßler FS Westermann 1974, 145 (147); Kropff NJW 2009, 814 (816); Maul Die faktisch abhängige SE, S. 28; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 42, 480; dazu gleich noch → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) ee). 664

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§ 311 Abs. 2 AktG bis zum Ende des Geschäftsjahres aufgeschoben werden kann.669 Dass durch die §§ 311 ff. AktG der Schutz der Gesellschaft und dadurch auch der Schutz ihrer Gläubiger und außenstehenden Gesellschafter bezweckt wird, hat bereits die Gesetzeshistorie gezeigt: Die Regelungen zum faktischen Konzern haben sich von einer drakonischen Haftung für jegliche Einflussnahme (§ 284 RefE) über eine Haftung für jede nicht unmittelbar ausgeglichene Benachteiligung (§§ 300, 306 RegE) zu einem Benachteiligungsverbot mit der Möglichkeit des zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich entwickelt. Der Schutzzweck geht heute auch aus der Überschrift des Zweiten Abschnitts hervor: „Verantwortlichkeit bei Fehlen eines Beherrschungsvertrags“. § 311 AktG regelt im Gegensatz zu § 308 AktG gerade nicht eine Weisungsbefugnis und eine korrespondierende Folgepflicht der abhängigen Gesellschaft, sondern die „Schranken des Einflusses“. Der Gesetzgeber wollte mit §§ 311 ff. AktG die faktische Beeinflussung also nicht mehr verbieten, ihr aber enge Grenzen zum Schutz der abhängigen Gesellschaft setzen.670 Falsch ist daher die Annahme, der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich stelle ein „Schädigungsprivileg“ dar, sodass die §§ 311 ff. AktG gleichzeitig eine Privilegierungsfunktion hätten.671 Der Gesetzgeber hat den zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich nur zugelassen, weil sich nicht immer am Stichtag der Maßnahme zuverlässig bewerten lässt, ob die Maßnahme nachteilig

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BGH II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 11 = NJW 2009, 850; BGH II ZR 141/09, BGHZ 190, 7 Rn. 48 = NJW 2011, 2719; BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 3; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 82; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 358; Henssler/Strohn/Bödeker AktG § 311 Rn. 36; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 311 Rn. 2; Henze BB 1996, 489 (498); KölnKomm AktG/Koppensteiner Vor AktG § 311 Rn. 5; Kropff NJW 2009, 814 (816); Kropff DB 1967, 2147 (2153); Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff GmbHG Anh. § 13 Rn. 26; Lutter in: Hommelhoff/Semler/Doralt/Roth Entwicklungen im GmbH-Konzernrecht 1986, 192 (205); Lutter FS Steindorff 1990, 125 (148); MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 146; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 4; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 24 ff.; Timm AcP 193, 423 (440, 442); Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1007); Zeidler Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 98 ff. 670 Geßler FS Westermann 1974, 145 (147); Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 127, 303. 671 Zutr. Altmeppen ZIP 2016, 441 (444); Altmeppen FS Priester 2007, 1 (12 f.); Altmeppen ZIP 2006, 1025 (1032); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 57 ff.; Altmeppen ZIP 1996, 693 (696); Cahn Kapitalerhaltung im Konzern, S. 64 ff.; Gätsch Gläubigerschutz im qualifizierten faktischen GmbH-Konzern, S. 146 f.; Geßler FS Westermann 1974, 145 (153 ff.); Grigoleit ZGR 2019, 412 (453); Koch AktG § 311 Rn. 1; Kropff NJW 2009, 814 (816); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 32, 42, 479; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 3; Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 125 ff., 303 ff.

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ist.672 Das hat allerdings nichts an der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers geändert, die abhängige Gesellschaft dürfe nicht benachteiligt werden. Vielmehr zeigt die enge Beschränkung des zeitlich gestreckten Nachteilsausgleichs auf ein Geschäftsjahr, dass § 311 Abs. 2 AktG einen bloßen Ausnahmefall regeln sollte.673 Der Ausgleich innerhalb eines Geschäftsjahres wurde für gerade noch zulässig gehalten, um die Prüfung des Einzelausgleichsgrundsatzes nicht unmöglich zu machen. Dass jeder einzelnen Benachteiligung aber ein entsprechender Ausgleich gegenüberstehen musste, hielt der Gesetzgeber schon zur Verwirklichung des Schutzes der abhängigen Gesellschaft für zwingend erforderlich.674 Entgegen allgemeiner Ansicht675 darf der Nachteilsausgleich daher nicht stets bis zum Jahresende hinausgeschoben werden, sondern nur dann, wenn der unmittelbare Ausgleich nicht möglich ist. Diese zeitliche Verschiebung muss dann bei der Quantifizierung des Ausgleichs einbezogen und der Ausgleichsanspruch entsprechend abgesichert werden.676 Ein Schädigungsprivileg kann im zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich daher nicht erkannt werden. cc) Dogmatische Einordnung des Nachteilsausgleichs Der Nachteilsausgleich wurde zunächst weit überwiegend als Schadensersatz – entweder in Form der Vorteilsanrechnung677 oder in Form einer Ersetzungsbefugnis des herrschenden Unternehmens678 – eingeordnet. Das ist 672

Altmeppen NZG 2010, 401 (402); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 38 ff. Geßler FS Westermann 1974, 145 (149); vgl. dazu auch die Aussage von Wilhelmi bei der 3. Lesung des AktG, abgedruckt im Protokoll DBT 4. WP 187. Sitzung, S. 9405: „Wir haben den Grundsatz aufgestellt, daß im faktischen Konzern die einzelnen Unternehmen nicht geschädigt werden dürfen“; ähnlich auch Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 125 ff. 674 Siehe den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drs. IV/3296, S. 49: „Lasse man einen Vorteilsausgleich über die von den Ausschüssen vorgeschlagenen Grenzen hinaus zu, so werde die ohnehin schwierige Prüfung, ob dem einzelnen Nachteil aus dem Beherrschungsverhältnis ein bestimmter Vorteil gegenüberstehe, unmöglich. Dann sei […] der Schutz der Aktionäre und Gläubiger im faktischen Konzern entscheidend entwertet.“ 675 Beuthien DB 1969, 1781 (1783); Bürgers/Körber/Lieder/Fett § 311 Rn. 55; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 72; Grigoleit ZGR 2019, 412 (453); Kellmann BB 1969, 1509 (1518); Koch AktG § 311 Rn. 46; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 126; Kropff DB 1967, 2147 (2151); Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 64; MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 92. 676 Grigoleit ZGR 2019, 412 (453); KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 106; Löbbe Unternehmenskotrolle im Konzern, S. 349; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 305. 677 Bälz FS Raiser 1974, 287 (308). 678 Haesen Der Abhängigkeitsbericht im faktischen Konzern, S. 100 ff.; Kellmann ZGR 1974, 220 (221); Kellmann BB 1969, 1509 (1512 ff.); Müller ZGR 1977, 1 (16); Wälde DB 673

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schon deshalb unzutreffend, weil eine nachteilige Veranlassung nicht zwingend einen rechtswidrigen Eingriff darstellt. Vielmehr kann auch ein unabhängiges Unternehmen vorübergehend Nachteile in Kauf nehmen, wenn deren Ausgleich im Laufe der Zeit gesichert ist.679 Die heute wohl herrschende Meinung hält den Nachteilsausgleich für eine Ausgleichsverpflichtung eigener Art. Diese soll das Gleichgewicht zwischen der Maßnahme der abhängigen Gesellschaft und der dafür erhaltenen Gegenleistung herstellen. Begründet wird dies mit dem systematischen Hinweis auf § 317 AktG – der Nachteilsausgleich des § 311 AktG könne schon deshalb keine Schadensersatzpflicht darstellen, weil diese eigens in § 317 AktG normiert sei.680 Beide Ansichten dringen nicht zum Kern der §§ 311 ff. AktG vor, weil § 311 AktG schon nicht isoliert von § 317 AktG gelesen werden kann.681 §§ 311, 317 AktG bilden zusammen den Schadensersatzanspruch für die benachteiligende Einflussnahme ohne Ausgleich: Die Besonderheit im faktischen Konzern ergibt sich lediglich aus der faktischen Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Unternehmens, das über den Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft in personeller Hinsicht entscheidet. Diese Einflussnahmemöglichkeit, die das herrschende Unternehmen durch die Mehrheitsbeteiligung hat, führt dazu, dass das herrschende Unternehmen und auch sein Geschäftsleiter zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung bei der abhängigen Gesellschaft verpflichtet sind.682 Denn wer faktisch dazu in der Lage ist, die Führung der Geschäfte zu bestimmen, muss entsprechend sorgfältig und ordentlich vorgehen wie der eigentliche Geschäftsleiter (§ 93 AktG). Ebendiese Pflicht liegt den §§ 311, 317 AktG zugrunde. Da bei einer nachteiligen Maßnahme, die durch einen Vorteil ausgeglichen wird, kein Schaden entsteht, führt der Nachteilsausgleich selbstverständlich dazu, dass die Haftung nicht eintritt. Das folgt schon aus den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen der Vorteilsausgleichung.683 Wenn also durch die Einflussnahmemöglichkeit des herrschenden Unternehmens eine nachteilige Maßnahme bei der abhängigen Gesellschaft verursacht werden soll, ist diese Geschäftsführung nur ordentlich und sorgfältig, wenn der Nachteil ausgeglichen wird. 1972, 2289; so wohl auch Geßler FS Westermann 1974, 145 (162 f.), der allerdings trotzdem eine Vereinbarung zwischen herrschendem Unternehmen und abhängiger Gesellschaft verlangt. 679 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 315. 680 BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 111; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 61; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 64. 681 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 163. 682 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 319 ff. 683 BeckOGK BGB/Brand BGB § 249 Rn. 290 ff.; BeckOK BGB/Flume BGB § 249 Rn. 331 ff.; MüKoBGB/Oetker BGB § 249 Rn. 228 ff.

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Der Nachteilsausgleich ist also nur die Folge der Pflicht, die Geschäftsführung in der abhängigen Gesellschaft in einer sorgfältigen und ordnungsgemäßen Art und Weise vorzunehmen.684 Einen Rechtsanspruch auf Nachteilausgleich gibt es dementsprechend freilich nicht, weil er die selbstverständliche Voraussetzung für das herrschende Unternehmen und seinen Geschäftsführer ist, um nicht in die Haftung nach §§ 311, 317 AktG zu geraten.685 Eine Haftungsbefreiung kommt bei nicht ausgeglichenen Nachteilen nur in Betracht, wenn die Ausgleichsbemessung im Zeitpunkt der Vereinbarung noch der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entsprach, § 317 Abs. 2 AktG. Dies zu beweisen, liegt selbstverständlich in der Pflicht des Geschäftsleiters, der die abhängige Gesellschaft zu der Maßnahme veranlasst hat.686 Gleichzeitig stellt der Nachteilsausgleich aber auch den Dreh- und Angelpunkt für das Geschäftsleiterermessen des Vorstands der abhängigen Gesellschaft dar: dd) Zu den Vorstandspflichten im faktischen Konzern Im Unterschied zum Vertragskonzern führt die faktische Konzernierung mangels einer dem § 308 AktG entsprechenden Vorschrift gerade nicht dazu, dass § 76 AktG eingeschränkt wird. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft bleibt in seinen Entscheidungen von dem herrschenden Unternehmen unabhängig und ist insbesondere an die Sorgfaltspflichten des § 93 AktG gebunden. Er darf seiner Gesellschaft also keine Nachteile zufügen, wenn kein Ausgleich erfolgt, und er hat über die Beziehung zum herrschenden Unternehmen ständig Rechenschaft abzulegen, § 312 AktG. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde ein nachteiliges Geschäft nur dann vornehmen, wenn mit hinreichender Sicherheit ein entsprechender Vorteil den Nachteil wieder ausgleichen würde. Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft muss also überzeugt sein, dass der Nachteil wieder ausgeglichen wird, bevor er sich auf eine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einlässt. Eine Geschäftsleitung, die die abhängige Gesellschaft ohne entsprechenden Ausgleich benachteiligt, ist pflichtwid684

MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 319 ff. BGH II ZR 235/92, BGHZ 124, 111 (119) = NJW 1994, 520; Altmeppen ZIP 1996, 693 (697); BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 112; Bürgers/Körbe/Lieder/Fett AktG § 311 Rn. 47; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 75; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 324; Henssler/Strohn/Bödeker AktG § 311 Rn. 33; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 311 Rn. 81; Koch AktG § 311 Rn. 38; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 122; MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 89; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 384; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 106; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1004); Wachter/Rothley AktG § 311 Rn. 25. 686 Altmeppen FS Priester 2007, 1 (12); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 332. 685

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rig, § 93 AktG. Der gesetzliche Vertreter der abhängigen Gesellschaft ist daher dazu verpflichtet, den geschuldeten Ausgleich richtig zu bewerten und von dem herrschenden Unternehmen eine Zusage der Leistung zu verlangen, bevor er die gewünschte Geschäftsleitung ausführt.687 Die dafür erforderlichen Informationen – insbesondere zur Bonität des herrschenden Unternehmens – muss ihm der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens zur Verfügung stellen.688 Der Ausgleich muss so bemessen sein, dass auch der Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft das Geschäft vornehmen dürfte.689 Damit zeigt sich aber, dass auch ohne einen Verweis auf § 308 AktG der Nachteil stets zumindest im Interesse des Gesamtkonzerns stehen muss – denn ein sorgfältiger Geschäftsleiter würde keine für seine Gesellschaft nachteilige Maßnahme veranlassen, die allein dem Interesse eines Dritten dient, der in keiner Verbindung zu seiner eigenen Gesellschaft steht.690 Daher kann das herrschende Unternehmen den Nachteilsausgleich entgegen weit verbreiteter Ansicht auch nicht einseitig diktieren.691 Denn der Vorstand der abhängigen Gesellschaft würde seine Sorgfaltspflicht verletzen, würde er den Ausgleich nicht pflichtgemäß mit dem herrschenden Unternehmen abstimmen.692 Soweit sich die ursprünglich vereinbarte Ausgleichsleis687 Altmeppen NZG 2010, 401 (402); Altmeppen FS Priester 2007, 1 (16); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 61; Altmeppen ZIP 1996, 693 (695 ff.); Geßler FS Westermann 1974, 145 (152, 156 ff.); Grigoleit ZGR 2019, 412 (453 f.); Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 30 ff. 688 Altmeppen NZG 2010, 401 (404). 689 Grigoleit ZGR 2019, 412 (453 f.); Maul Die faktisch abhängige SE, S. 27; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 322. 690 Geßler FS Westermann 1974, 145 (158); Koch AktG § 311 Rn. 43; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 309, 483; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1002); unter Hinweis auf § 308 AktG: Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 60; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 351; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 16; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 102; Kropff DB 1967, 2147 (2152); K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 110; siehe auch Beuthien DB 1969, 1781 (1784), der daran eine Haftung aus § 309 Abs. 2 AktG in Verbindung mit § 31 BGB knüpfen möchte; 691 So aber die nach wie vor hM BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 119; Beuthien DB 1969, 1781 (1783); Bürgers/Körber/Fett AktG § 311 Rn. 53; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 71; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 311 Rn. 71; Henssler/Strohn/Bödeker AktG § 311 Rn. 29; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 311 Rn. 89; Koch AktG § 311 Rn. 41; MHdB AG/Krieger AktG § 311 Rn. 93; Möhring FS Schilling 1973, 253 (265); K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 102; Wachter/Rothley AktG § 311 Rn. 31. 692 Altmeppen FS Priester 2007, 1 (16); BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 125; Grigoleit ZGR 2019, 412 (453 f.); Koch AktG § 311 Rn. 48; Löbbe Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 346 ff.; Maul Die faktisch abhängige SE, S. 25 ff.; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 30 ff.

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tung als nicht ausreichend herausstellt, um den Nachteil zu kompensieren, muss der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft eine entsprechende Erhöhung verlangen.693 Bestehen Meinungsverschiedenheiten über den Ausgleich, muss der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft die Maßnahme ablehnen.694 Für die Abstimmungspflicht spricht auch der Wortlaut des § 311 Abs. 2 S. 2 AktG, da hiernach die abhängige Gesellschaft einen Rechtsanspruch auf den Ausgleich zugesagt bekommen soll.695 Das herrschende Unternehmen kann daher auch nicht unter dem Hinweis, es könne später noch ein Ausgleich erfolgen, verlangen, dass die schädigende Maßnahme zunächst getroffen wird.696 Der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich legt also nur einen weiteren Maßstab für das Geschäftsleiterermessen fest.697 Auch auf ihn darf sich der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nur einlassen, wenn das zeitliche Hinausschieben eine ordentliche und sorgfältige Geschäftsleitung darstellt. Dies kann aber nur der Fall sein kann, wenn die zeitliche Streckung sich sachlich rechtfertigen lässt, etwa weil zum Zeitpunkt der Maßnahme deren nachteiliges Ausmaß oder jedenfalls der für ihren Ausgleich angemessene Vorteil noch nicht sicher bewertet werden kann.698 Ist der Ausgleich generell nicht quantifizierbar oder der Nachteil nicht ausgleichsfähig, darf die Maßnahme selbstverständlich unabhängig von § 311 Abs. 2 AktG nicht durchgeführt werden.699

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Altmeppen ZIP 2016, 441 (444); Altmeppen FS Priester 2007, 1 (13); Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1004). 694 Altmeppen ZHR 171 (2007), 320 (329); Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 78; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 311 Rn. 351; Koch AktG § 311 Rn. 48; Kropff DB 1967, 2147 (2151 f.); Löbbe Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 346 ff.; Maul Die faktisch abhängige SE, S. 25 ff.; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 115; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 31. 695 MüKoAktG/Altmeppen § 311 Rn. 360; Geßler FS Westermann 1974, 145 (152). 696 Altmeppen ZIP 2016, 441 (444); Grigoleit ZGR 2019, 412 (453 f.); Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 31. 697 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 466 f. 698 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) bb); Altmeppen ZIP 2016, 441 (443); Löbbe Unternehmenskontrolle im Konzern, S. 349. 699 Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 43; Koch AktG § 311 Rn. 24; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 311 Rn. 89; Maul Die faktisch abhängige SE, S. 27; MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 84; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 311 Rn. 112; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1003).

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ee) Verhältnis der §§ 311 ff. AktG zu den §§ 57 ff. AktG Eine nachteilige Maßnahme wird oftmals eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen. §§ 57, 62 AktG verbieten grundsätzlich sämtliche Leistungen der Gesellschaft an einen Aktionär, denen keine entsprechende Gegenleistung gegenübersteht.700 Soweit die abhängige Gesellschaft auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens eine für sie nachteilige Maßnahme vornimmt, steht dieser meist auf Seiten des herrschenden Unternehmens ein entsprechender Vorteil gegenüber. Derartige Leistungen müssen grundsätzlich sofort zurückgewährt werden, § 62 AktG. Die überwiegende Ansicht sieht darin einen Widerspruch zu §§ 311 ff. AktG, insbesondere zu § 311 Abs. 2 AktG, und geht daher davon aus, die allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften seien durch die §§ 311 ff. AktG überlagert.701 Das trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Die allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften sind auf den Erhalt des bilanziellen Vermögens gerichtet, während nach §§ 311, 317 AktG die abhängige Gesellschaft vor sämtlichen Nachteilen geschützt werden soll, die durch die Beherrschungssituation entstehen. Im Gegensatz zu den allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften sollen die §§ 311 ff. AktG auch (zumindest mittelbar) die Minderheitsaktionäre schützen.702 Die Minderheitsaktionäre haben ein Interesse daran, dass die abhängige Gesellschaft in ihrem vollen wirtschaftlichen Wert erhalten bleibt. Daher folgt aus den §§ 311 ff. AktG, dass die abhängige Gesellschaft stets so erhalten bleiben muss, dass sie auch nach Beendigung des Konzernverhältnisses lebens- und wettbewerbsfähig ist.703 Die §§ 311 ff. AktG stellen folglich ein eigenständiges, von den allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften losgelöstes Schutzsystem dar. Das bedeutet aber, dass die §§ 57, 62 AktG im Grundsatz unberührt bleiben, insbesondere nicht durch die §§ 311 ff. AktG überlagert werden.704 Das zeigt auch die Systematik der Konzernvorschriften im Vergleich zu den allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften: Im Vertragskonzern wird ausdrücklich die Kapital700

BGH II ZR 299/90, NJW 1992, 2821; Bürgers/Körber/Lieder/Westermann AktG § 57 Rn. 5; GroßkommAktG/Arnold/Notz AktG § 57 Rn. 9; Heidel/Drinhausen AktG § 57 Rn. 4 ff.; Koch AktG § 57 Rn. 6 ff.; KölnKomm AktG/Drygala AktG § 57 Rn. 16; MHdB AG/Rieckers § 16 Rn. 57; MüKoAktG/Bayer AktG § 57 Rn. 8 ff.; K. Schmidt/Lutter/Fleischer AktG § 57 Rn. 9 ff.; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 24; Wachter/Servatius AktG § 57 Rn. 3; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1005). 701 Siehe bereits die Nachweise oben → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) bb). 702 Zu diesen unterschiedlichen Schutzrichtungen ausführlich Hirschfeld Aufsteigende Sicherheiten im Konzern, S. 75 ff. 703 BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 91; Kropff NJW 2009, 814 (815 f.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 10; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 16 ff.; aA Schneider ZGR 1980, 511 (544). 704 Bälz FS Raiser 1974, 287 (314); Cahn Kapitalerhaltung im Konzern, S. 64 ff.; Geßler FS Westermann 1974, 145 (152, 157); Kropff NJW 2009, 814 (816).

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erhaltung nach § 57 AktG aufgehoben, § 291 Abs. 3 AktG. Im faktischen Konzern existiert keine korrespondierende Regelung. Lediglich von der unverzüglichen Rückgewährpflicht des § 62 AktG macht § 311 Abs. 2 AktG eine Ausnahme, indem er den zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich zulässt.705 Damit modifizieren die §§ 311 ff. AktG allerdings nur die Durchsetzung des Kapitalschutzes, nicht aber die materiellen Kapitalbindungsregeln.706 Denn auch der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich steht nicht im Widerspruch zu §§ 57, 62 AktG, weil er ohnehin nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen zulässig ist und der Benachteiligung dann zwingend der Anspruch auf Nachteilsausgleichung gegenübersteht; damit liegt schon keine Leistung „entgegen den Vorschriften dieses Gesetzes“ vor.707 Eine Benachteiligung darf nicht erfolgen, wenn der Nachteilsausgleich nicht sicher erscheint. Der Gesetzgeber wollte das ursprünglich geforderte „wirtschaftlich einheitliche Geschäft“ durch den zeitlich gestreckten Nachteilsausgleich lediglich auflockern, keinesfalls aber den Gläubigerschutz oder den Schutz der Minderheitsaktionäre mindern. Da sämtliche Nachteile, also auch solche, die aus einer Verzögerung entstehen, zu kompensieren sind, ist es nicht erforderlich, den Rückgewähranspruch vor Ablauf des Geschäftsjahres zu verlangen. Es werden weder die Gesellschaft noch ihre Gläubiger durch die Zulassung des zeitlich gestreckten Nachteilsausgleichs beeinträchtigt.708 Das galt auch vor dem MoMiG: Schon vor Inkrafttreten des § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG durfte sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nur auf nachteilige Maßnahmen einlassen, deren Ausgleich sicher erschien.709 Der Schutz der §§ 311 ff. AktG bleibt daher nicht hinter den allgemeinen Kapitalerhaltungsvorschriften zurück, sondern geht bei genauer Betrachtung weiter als der der §§ 57 ff. AktG: Denn vom Schädigungsverbot ist der gesamte wirtschaftliche Wert der abhängigen Gesellschaft umfasst, nicht nur das bilanzielle Vermögen.710 Es gibt also Fälle, die von § 57 AktG nicht erfasst sind, aber einen Nachteil im Sinne der §§ 311, 317 AktG darstellen – so 705

Kropff NJW 2009, 814 (816); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 468 f. Für uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 62 AktG Bälz FS Raiser 1974, 287 (314 f.); BeckOGK AktG/Cahn/v. Spannenberg AktG § 57 Rn. 145; Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 181 ff.; Cahn Kapitalerhaltung im Konzern, S. 64 ff.; Schön FS Kropff 1997, 285 (288, 294 f.); Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 125 ff., 303 ff. 707 Altmeppen ZIP 2016, 441 (444); Altmeppen FS Priester 2007, 1 (16); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 304 ff, 477; ähnlich Geßler FS Westermann 1974, 145 (154); Kropff DB 1967, 2147 (2153). 708 MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 477. 709 Dazu ausführlich Altmeppen NZG 2010, 401 (402). 710 Altmeppen NZG 2010, 401 (402); Kropff DB 1967, 2147 (2153); Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 125 ff. 706

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beispielsweise alle Veränderungen des Gesellschaftsvermögens, die sich bilanziell nicht auswirken. Der Begriff des Nachteils wird durch eine Gegenüberstellung der Chancen und Risiken aus Perspektive eines unabhängigen Geschäftsleiters bestimmt.711 Ein Nachteil für die beherrschte Gesellschaft kann also bereits die Selbstgefährdung sein, die mit der weiteren Geschäftstätigkeit mit einer insolventen Muttergesellschaft einhergeht,712 ebenso wie das Fehlen eines Informations- und Frühwarnsystems.713 Dass allerdings nicht jeder Nachteil zwangsweise eine Haftung mit sich bringt, zeigt schon die Exkulpationsregel des § 317 Abs. 2 AktG.714 ff) Konsequenzen der Insolvenzreife für das Weiterbetreiben des Konzerns Damit liegt das Ergebnis auf der Hand: Im Stadium der Insolvenzverschleppung kann das herrschende Unternehmen eine Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft nicht mehr unmittelbar ausgleichen. Da aber bei der Veranlassung oftmals noch gar nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob sie zu einer Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft führt, muss grundsätzlich jede Einflussnahme unterbleiben. Denn auch der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich kann im Stadium der Insolvenzverschleppung selbstverständlich nicht mehr genutzt werden: Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft muss – soweit der Nachteil nicht unmittelbar ausgeglichen werden kann – davon überzeugt sein, dass der Nachteilsausgleich im Sinne des § 311 Abs. 2 AktG erfolgen kann, bevor er seine Gesellschaft benachteiligen darf.715 Jedenfalls muss sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft mit dem Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens vor der Benachteiligung darauf einigen, dass der Nachteilsausgleich noch bestimmt wird, sodass die Benachteiligung seiner Gesellschaft ausgeschlossen ist.716 Genau das ist aber nicht mehr möglich, wenn das herrschende Unternehmen insolvenzreif ist, sodass sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft gar nicht mehr auf solche Vereinbarungen einlassen darf. Selbstverständlich darf der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nicht mehr von einem Ausgleich ausgehen, wenn der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens seine Insolvenzantragspflicht verletzt hat. Das Insolvenzrisiko, das sonst durch eine 711 BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 91; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 311 Rn. 44; Koch AktG § 311 Rn. 26; MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 82 f.; Wackerbarth Grenzen der Leitungsmacht, S. 125 ff. 712 Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 47a. 713 Koch AktG § 311 Rn. 29. 714 Dazu unten → Kapitel 3 § 2 B. I. 4. a) aa). 715 Ebenso für den Zeitraum des Eröffnungsverfahrens Bous Konzernleitungsmacht, S. 319 ff. 716 Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 62; Altmeppen ZIP 1996, 693 (696).

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entsprechende Absicherung oder einen Risikozuschlag auszugleichen wäre,717 lässt sich in diesem Stadium nicht mehr mit der ordnungsgemäßen und sorgfältigen Geschäftsführung vereinbaren. Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft muss sich also so verhalten, wie dies der Geschäftsleiter einer unabhängigen Gesellschaft tun würde: Da bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht keine hinreichende Absicherung mehr möglich ist, darf er sich auf keine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einlassen. Das faktische Konzernverhältnis ist folglich mit Eintritt der Insolvenzreife aufgelöst, da die Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG widerlegt ist. Das herrschende Unternehmen kann keinen Einfluss mehr auf die beherrschte Gesellschaft nehmen, sodass keine Abhängigkeit mehr vorliegt, § 17 Abs. 1 AktG. Da im Gegensatz zum Unternehmensvertrag ein Wiederaufleben faktischer Konzernverhältnisse unproblematisch möglich ist, steht dieses Ergebnis auch nicht im Widerspruch zur fehlenden Endgültigkeit des Stadiums der Insolvenzreife. b) Zum Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns nach §§ 15a, 15b InsO Die Massesicherungspflichten führen dazu, dass ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife die Stilllegung des Unternehmens herbeigeführt werden muss und unverzüglich der Insolvenzantrag zu stellen ist.718 Im hier interessierenden Zeitpunkt der Verletzung der Insolvenzantragspflicht stellt jedes Weiterbetreiben des Geschäftsbetriebs eine verbotene Zahlung nach § 15b Abs. 1 InsO dar.719 Daher folgt auch aus den Massesicherungspflichten, dass das faktische Konzernverhältnis aufgelöst ist, weil das herrschende Unternehmen keinen Einfluss mehr auf die abhängige Gesellschaft nehmen darf, sondern seinen Geschäftsbetrieb einzustellen hat. 4. Haftungsfragen a) Haftung der Muttergesellschaft aa) Haftung nach §§ 311, 317 AktG Wird der faktische Konzern trotz Insolvenzreife der Muttergesellschaft fortgeführt, so haftet diese nach §§ 311, 317 Abs. 1 AktG für den Schaden, der infolge der Einflussnahme entsteht. Die „Veranlassung“ ist als Ausfluss der haftungsbegründenden Kausalität zu verstehen, sodass ein Veranlassungsbe-

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MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 324. Oben → Kapitel 3 § 2 A. 3. d). 719 Ähnlich für das Stadium des Eröffnungsverfahrens Bous Konzernleitungsmacht, S. 319 ff. 718

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wusstsein nicht erforderlich ist.720 Es kommt lediglich darauf an, dass das Verhalten des herrschenden Unternehmens in irgendeiner Weise ursächlich für den Schaden beim abhängigen Unternehmen geworden ist. Dies wird sich im Regelfall schon aus dem Abhängigkeitsbericht des § 312 AktG ergeben und wird außerdem nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 18 Abs. 1 S. 3, 17 Abs. 2, 16 AktG im faktischen Konzern wegen der Beherrschungssituation stets vermutet.721 Über § 317 Abs. 2 AktG wird dem Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens die Beweislast dafür auferlegt, dass die Veranlassung mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar war. Die Einschränkung, die die überwiegende Ansicht mit dem Merkmal des Veranlassungsbewusstseins vorzunehmen versucht, ist also erst auf Verschuldensebene über § 317 Abs. 2 AktG zu erreichen. Vor dem Hintergrund, dass die §§ 311, 317 AktG für den faktischen Konzerngeschäftsleiter in Person des Geschäftsleiters des herrschenden Unternehmens die dem § 93 AktG entsprechenden Sorgfaltspflichten regeln, offenbart sich § 317 Abs. 2 AktG als Parallelregelung zu § 93 Abs. 2 S. 2 AktG.722 Soweit sich eine veranlasste Maßnahme wider Erwarten doch nachteilig auswirkt, kommt eine Haftung nicht in Betracht, weil das Geschäftsleiterermessen nicht verletzt wurde.723 Die umständliche Formulierung des § 317 Abs. 2 AktG ist der Besonderheit im faktischen Konzern geschuldet, dass die Schädigung der abhängigen Gesellschaft immer gleichermaßen auf dem Verhalten der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft und des herrschenden Unternehmens beruht.724 Denn der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft wird durch das herrschende Unternehmen nur psychisch kausal beeinflusst, bleibt aber nach § 76 AktG unabhängig. Damit stellt die Nachteilszufügung stets eine Selbstschädigung der abhängigen Gesellschaft durch das eigene Organ dar.725 Das herrschende Unternehmen und auch dessen Geschäftsleiter können sich also nur dann exkulpieren, wenn sie den Nachweis erbringen, dass ihre (mittelbare) Geschäftsführung ordentlich und sorgfältig war. 720 Zur Untauglichkeit dieses Abgrenzungsmerkmals der herrschenden Meinung MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 80. 721 Altmeppen NZG 2010, 401 (404); Altmeppen FS Priester 2007, 1 (6 f.); Altmeppen ZHR 171 (2007), 320 (331); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 80. 722 Diese Parallele wird unterstrichen durch einen Vergleich der Regelungen zu Verjährung, Verzicht und Vergleich: MüKoAktG/Altmeppen AktG § 317 Rn. 10; Wilhelm Rechtsform und Haftung, S. 232. 723 Altmeppen FS Priester 2007, 1 (13); Kropff DB 1967, 2147 (2150 f.); Wilhelm Rechtsform und Haftung, S. 231 f. 724 S. dazu bereits Flume Grundfragen der Aktienrechtsreform, in Gesammelte Schriften II, 123 (149), der deshalb vorschlug, den Gedanken des § 317 Abs. 2 AktG (§ 306 RegE) an die Spitze der Vorschriften über den faktischen Konzern zu stellen. 725 Altmeppen FS Priester 2007, 1 (7 ff.); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 311 Rn. 80.

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Damit liegt auf der Hand, dass die Haftung nach § 317 AktG auch keine „Veranlasserhaftung“ sein kann,726 sondern eine gewöhnliche culpa-Haftung für die nicht sorgfaltsgemäße Bewertung von Benachteiligung und Ausgleich im Zeitpunkt der Veranlassung ist.727 Es kommt deswegen auf den tatsächlich eingetretenen Schaden bei der abhängigen Gesellschaft an; bei positiver Entwicklung eines ursprünglich nachteilig eingeordneten Geschäfts tritt daher selbstverständlich keine Schadensersatzpflicht ein.728 Von einem „Mindestschaden“ in Höhe des Nachteils kann nicht die Rede sein.729 Da ein Ausgleich nachteiliger Maßnahmen im Zeitraum der Insolvenzverschleppung nicht mehr in Betracht kommt, wird in der Regel ein Schaden bei der abhängigen Gesellschaft zu bejahen sein. Soweit der Konzern also weiterbetrieben wird, obwohl nach § 15a InsO ein Insolvenzantrag zu stellen wäre, bringt sich das herrschende Unternehmen dadurch in die Haftung nach §§ 311, 317 Abs. 1 AktG. bb) Haftung nach §§ 57, 62 AktG Die Veranlassung nachteiliger Maßnahmen erweist sich oftmals als verdeckte Gewinnausschüttung. Da die §§ 57, 62 AktG neben den §§ 311 ff. AktG anwendbar bleiben,730 haftet das herrschende Unternehmen nach § 62 AktG verschuldensunabhängig auf Rückgewähr des unter Verstoß gegen § 57 AktG Empfangenen.731 Ebenso ergibt sich ein Rückgewähranspruch aus § 812

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So die heute herrschende Ansicht BeckOGK AktG/Müller AktG § 317 Rn. 5; Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 167; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 317 Rn. 7; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 317 Rn. 5, 7; Grigoleit/Grigoleit AktG § 317 Rn. 4; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 317 Rn. 22; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 317 Rn. 9; Koch AktG § 317 Rn. 5; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 317 Rn. 8; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 317 Rn. 7. 727 Altmeppen FS Priester 2007, 1 (14); Altmeppen ZHR 171 (2007), 320 (330); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 59, 63; Altmeppen Abschied vom „qualifiziert faktischen“ Konzern, S. 12; Bälz FS Raiser 1974, 287 (308 f.); Flume BGB AT I/2, S. 88 ff.; Möhring FS Schiller 1973, 253 (265); Müller ZGR 1977, 1 (14); Schatz Sicherung, S. 36 f.; Wilhelm KapGesR Rn. 1322; Wilhelm Rechtsform und Haftung, S. 227 ff., 349 ff. 728 Grigoleit/Grigoleit AktG § 317 Rn. 6; GroßkommAktG/Fleischer AktG § 317 Rn. 21; Heidel/Schatz/Schödel AktG § 317 Rn. 10; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 317 Rn. 17; Kropff DB 1967, 2147 (2151); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 317 Rn. 40; K. Schmidt/Lutter/Vetter AktG § 317 Rn. 8. 729 So aber BeckOGK AktG/Müller AktG § 317 Rn. 11; Bürgers/Körber/Lieder/Fett AktG § 317 Rn. 4; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 45, § 317 Rn. 17; Habersack ZIP 2006, 1327 (1330); Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 317 Rn. 15; Koch AktG § 317 Rn. 7; MHdB AG/Krieger § 70 Rn. 130. 730 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) ee). 731 Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1006).

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Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, weil das zugrundeliegende Rechtsgeschäft nichtig ist.732 cc) Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG Daneben kommt eine Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG in Betracht, der durch die §§ 311 ff. AktG ebenfalls nicht verdrängt wird.733 Das geht schon daraus hervor, dass § 117 Abs. 7 AktG selbst regelt, welche Konzernverhältnisse zu seiner Verdrängung führen.734 § 117 AktG verpflichtet den Aktionär bei schädigender Einflussnahme zum Ersatz des entstandenen Schadens. Soweit eine Benachteiligung nicht nach § 311 AktG erlaubt ist, wird sie in der Regel eine schädigende Einflussnahme darstellen. Soweit der Nachteil in einer nach § 311 AktG zulässigen Form ausgeglichen wird, liegt keine schädigende Einflussnahme vor. Bei Veranlassungen im Stadium der Insolvenzverschleppung tritt daher die Haftung nach § 117 AktG neben die aus §§ 311, 317 AktG. Die Anforderungen an die Haftung nach § 117 Abs. 1 AktG sind wegen des Vorsatzerfordernisses höher. dd) Haftung nach sonstigen Vorschriften Ebenso haftet die Muttergesellschaft gegebenenfalls nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 266, 26 StGB und § 826 BGB. Das Verhalten des Geschäftsleiters des herrschenden Unternehmens wird diesem über § 31 BGB analog zugerechnet.735 b) Haftung des Geschäftsleiters der Mutter Neben die Haftung der Muttergesellschaft tritt die Haftung ihres Geschäftsleiters, §§ 311, 317 Abs. 3 AktG. Die Veranlassung muss auf den in Anspruch zu nehmenden Geschäftsleiter zurückzuführen sein, um die haftungsbegründende Kausalität zu bejahen.736 Für das Verschulden gilt das zum herrschen732

Altmeppen ZIP 1996, 693 (695); Ulmer FS Hüffer, 2010, 999 (1006). BeckOGK AktG/Müller AktG § 311 Rn. 127, § 317 Rn. 26; Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 183 ff.; Flume BGB AT I/2, S. 88 ff.; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 311 Rn. 8; Koch AktG § 311 Rn. 51, § 117 Rn. 14; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 317 Rn. 115 ff.; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1010); Wälde DB 1972, 2289; einschränkend für Fälle, in denen von Vornherein nicht die Absicht zum Nachteilsausgleich bestand Kropff DB 1967, 2147 (2152); aA Beuthien DB 1969, 1781 (1784); Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 437 ff.; Strohn Die Verfassung der Aktiengesellschaft im faktischen Konzern, S. 32 ff. 734 Zutr. Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, S. 184. 735 Geßler FS Westermann 1974, 145 (160); MüKoAktG/Altmeppen AktG § 317 Rn. 115 ff. 736 Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 63 ff.; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 317 Rn. 93; ähnlich BeckOGK AktG/Müller AktG § 317 Rn. 18. 733

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den Unternehmen Gesagte entsprechend. Daneben trifft ihn die allgemeine Haftung aus § 117 Abs. 3 AktG. Ebenso kommt für den Geschäftsleiter eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 266, 26 StGB und § 826 BGB in Betracht. Gegenüber seiner eigenen Gesellschaft ist eine Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG denkbar.737 Daneben gelten die oben zur Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO gefundenen Ergebnisse: Soweit infolge der Weiterführung des Konzerns ein Schaden der Gläubigergemeinschaft eintritt, hat der Muttergeschäftsführer diesen zu ersetzen.738 Wie auch im Vertragskonzern ist in die Berechnung des Gesamtschadens allerdings nicht der Schaden einzubeziehen, der unmittelbar bei der Tochtergesellschaft entsteht und der über §§ 311, 317 Abs. 3 AktG zu ersetzen ist. Denn auch im faktischen Konzern wäre es verfehlt, wenn ein Schaden, der nur einen Gläubiger der Muttergesellschaft betrifft, namentlich die Tochtergesellschaft, zugunsten der Gläubigergesamtheit der insolventen Muttergesellschaft durchgesetzt würde. Der Schaden, der unmittelbar bei der Tochtergesellschaft entsteht, kann nicht zugunsten aller Insolvenzgläubiger der Muttergesellschaft zu einer Leistung des Schadensersatzes durch den Muttervorstand an die Insolvenzmasse führen. c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochter Der Geschäftsleiter der Tochter gerät nach § 93 Abs. 2 AktG (Abs. 3 Nr. 1, soweit es sich gleichzeitig um einen Verstoß gegen §§ 57, 62 AktG handelt) in die Haftung gegenüber seiner Gesellschaft, wenn er sie dadurch schädigt, dass er gegenüber dem herrschenden Unternehmen ohne Sicherung in Vorleistung tritt.739 Die Pflichtverletzung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft besteht also darin, dass er nicht pflichtgemäß eingeschätzt hatte, ob ein Nachteilsausgleich (und sei es in zeitlich gestreckter Form) erfolgen würde. Da das herrschende Unternehmen die Werthaltigkeit etwaiger Ansprüche der beherrschten Gesellschaft garantieren muss, bestimmt sich der Pflichtenmaßstab des Geschäftsleiters der Tochter nach den Informationsansprüchen, die er gegen das herrschende Unternehmen hat. Er ist dazu verpflichtet, den Geschäftsleiter der Mutter hinsichtlich aller Informations- und Überwachungspflichten in Anspruch zu nehmen, um eine Schädigung seiner eigenen Gesellschaft zu vermeiden.740 Soweit der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft auf Verlangen des herrschenden Unternehmens ein für seine Gesellschaft nachtei737 Altmeppen ZIP 2013, 801 (808); Altmeppen NZG 2010, 401 (405); Altmeppen ZIP 2009, 49 (51 f.); BeckOGK AktG/Müller AktG § 317 Rn. 18; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 311 Rn. 88, § 317 Rn. 34. 738 Oben ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc). 739 Altmeppen ZIP 2013, 801 (808); Altmeppen NZG 2010, 401 (405); Altmeppen ZIP 2009, 49 (51 f.); Altmeppen ZIP 1996, 693 (695). 740 Altmeppen NZG 2010, 401 (405).

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liges Geschäft vornehmen möchte, muss er prüfen, ob mit einem Ausgleich gerechnet werden kann.741 Letzteres ist bei Insolvenzreife der Muttergesellschaft selbstverständlich nicht mehr der Fall. Daher muss jedes trotzdem vorgenommene nachteilige Geschäft auf Verlangen der Mutter zur Haftung des Geschäftsleiters der Tochter nach § 93 Abs. 2 AktG führen. Soweit der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft sich mit dem herrschenden Unternehmen auf einen Nachteilsausgleich geeinigt hatte oder sich einen entsprechenden Rechtsanspruch hatte einräumen lassen, beschränkt sich seine Pflicht auf die Berichtserstellung nach § 312 AktG. Er kommt dann nur in die Haftung nach § 318 AktG, wenn er in dem Bericht das nachteilige Geschäft nicht aufgeführt hatte.742 Im Übrigen lässt die Berichtspflicht und die Haftung nach § 318 AktG die Sorgfaltspflichten des Geschäftsleiters nach § 93 AktG freilich unberührt.743 Zusätzlich wäre denkbar, eine Haftung des Vorstands der abhängigen Gesellschaft nach § 15b Abs. 5 InsO anzunehmen, wenn er eine Maßnahme zum Vorteil des herrschenden Unternehmens ergreift, die zur Insolvenz seiner Gesellschaft führen musste. Das würde allerdings außer Acht lassen, dass § 15b Abs. 5 InsO gar keinen sinnvollen Anwendungsbereich hat,744 weil eine Zahlung, die zur Insolvenz der Gesellschaft führen musste, ohnehin unter das Zahlungsverbot des § 15b Abs. 1 InsO fällt. Insofern bleibt es auch für den Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft bei der „gewöhnlichen“ Haftung für verbotene Zahlungen nach § 15b Abs. 4 InsO, sofern sich seine Gesellschaft ebenfalls in Solvenzproblemen befindet. II. Eröffnungsverfahren 1. These Auch im faktischen Konzern ändert das Eröffnungsverfahren nichts an den zur Insolvenzreife gefundenen Ergebnissen. Der Konzern darf in diesem Stadium nicht weiterbetrieben werden. Dies ergibt sich erneut aus §§ 311, 317 AktG sowie §§ 15a, 15b InsO. Es kommt wie im Vertragskonzern nicht darauf an, ob ein starker oder ein schwacher Insolvenzverwalter bestellt wird. Denn das Verbot des Weiterbetreibens des Konzerns ergibt sich unabhängig davon, ob die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der insolventen

741

Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) dd). Altmeppen FS Priester 2007, 1 (19); Geßler FS Westermann 1974, 145 (157 f.); Kropff DB 1967, 2147 (2151). 743 BGH II ZR 102/07, BGHZ 179, 71 Rn. 14 = NJW 2009, 850 – MPS; Emmerich/Habersack/Habersack AktG § 318 Rn. 11; Koch AktG § 318 Rn. 9; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 318 Rn. 10; Ulmer FS Hüffer 2010, 999 (1012 f.). 744 Dazu noch → Kapitel 3 § 3 B. I. 4. c) bb). 742

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Muttergesellschaft verbleibt oder auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. 2. Meinungsstand Das Eröffnungsverfahren findet nur vereinzelt Berücksichtigung in der Diskussion. Das verwundert auch beim faktischen Konzern, da wie im Vertragskonzern die Auflösung des Konzernverhältnisses bei Verfahrenseröffnung meist mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter begründet wird. Konsequent wäre daher natürlich eine Übertragung der Überlegungen auf den „starken“ Insolvenzverwalter.745 Wird das Eröffnungsverfahren behandelt, findet sich ebendiese Unterscheidung: Die Muttergesellschaft soll so lange weiter zur Wahrnehmung der Konzernleitungsmacht befugt sein, bis die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter übergeht. Soweit ein verfügungsbefugter vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, soll dieser die faktische Konzernleitungsmacht wahrnehmen dürfen.746 Auch für diesen stellten sich jedoch die Schranken der §§ 311 ff. AktG, sodass er im Regelfall nur nach vorheriger Sicherheitsbestellung mit einer Befolgung seiner Veranlassung durch die abhängige Gesellschaft rechnen dürfe.747 3. Stellungnahme Der faktische Konzern darf ab Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten nicht mehr betrieben werden. Dies muss erst recht gelten, wenn ein Insolvenzantrag gestellt ist. Denn jede weitere Maßnahme, die die Muttergesellschaft oder auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter ergreift, ist eine verbotene Zahlung und deswegen nach § 15b Abs. 1 InsO verboten. Ebenso gilt das zu §§ 311, 317 AktG Gesagte: Der Geschäftsleiter der Muttergesellschaft darf keinen Einfluss mehr auf die abhängige Gesellschaft nehmen, der Geschäftsleiter der Tochter darf sich nicht mehr auf nachteilige Maßnahmen einlassen, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt ist. Daher ist nicht erforderlich, zwischen einem starken und einem schwachen Insolvenzverwalter zu unterscheiden. Denn für das Ende des faktischen Konzernverhältnisses kommt es gerade nicht darauf an, ob die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist oder nicht.

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Zur Parallelkritik im Vertragskonzern → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. d). Bous Konzernleitungsmacht, S. 319 ff.; Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (294). 747 Bous Konzernleitungsmacht, S. 321. 746

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4. Haftungsfragen Das Eröffnungsverfahren unterscheidet sich hinsichtlich der Haftungsgesichtspunkte nur unwesentlich von der Haftung im Stadium der Insolvenzreife. Lediglich bei Bestellung eines „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters tritt dessen Haftung an die Stelle der Haftung des herrschenden Unternehmens und seines Geschäftsleiters.748 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1. These Im eröffneten Insolvenzverfahren bleibt das faktische Konzernverhältnis aufgelöst. Denn auch in diesem Stadium gilt, dass sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nicht mehr auf nachteilige Maßnahmen einlassen darf, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt ist. Daher stellt sich die Frage überhaupt nicht, ob der Insolvenzverwalter die „Konzernleitungsmacht“ wahrnehmen darf. Auf die Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO kann diese Überlegung in diesem Stadium freilich nicht mehr gestützt werden, wohl aber auf die Überlegung, dass im eröffneten Insolvenzverfahren erst recht keine Verbindlichkeiten mehr begründet werden dürfen, die die Insolvenzmasse belasten. 2. Meinungsstand unter Geltung der Konkursordnung Unter Geltung der Konkursordnung wurde einhellig angenommen, der Konkursverwalter habe das Vermögen des herrschenden Unternehmens zu liquidieren und dürfe daher keine faktische Konzernleitungsmacht ausüben.749 Es wurde zwar grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Konkursverwalter die Stimmrechte aus der Beteiligung an der beherrschten Gesellschaft ausüben dürfe. Allerdings sei die Stimmrechtsausübung rechtswidrig, soweit sie sich als Konzernleitung erweise.750 Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens sollte hingegen keine Auswirkung auf den faktischen Konzern haben, da die Einflussnahmemöglichkeit der Mutter durch die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht generell eingeschränkt oder aufgehoben werde.751

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Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. II. 4. a). Kort ZIP 1988, 681 (687 f.); Lutter ZfB 1984, 781 (782 f.); Mertens ZGR 1984, 543 (553); K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 229; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 127; vgl. auch BGH II ZR 275/84, BGHZ 95, 330 (348); offen gelassen bei Baur/Stürner Insolvenzrecht, S. 387. 750 Jaeger/Weber KO §§ 207, 208 Rn. 34; K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 229; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 127. 751 Kort ZIP 1988, 681 (688); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 127 f. 749

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

3. Meinungsstand heute Kommt es zur Insolvenz des herrschenden Unternehmens, fallen die von ihm gehaltenen Anteile nach einhelliger Ansicht in die Insolvenzmasse,752 sodass der Insolvenzverwalter der Mutter die mit der Beteiligung verbundenen Rechte uneingeschränkt wahrnehmen kann.753 In der Konsequenz wird vertreten, der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO beinhalte auch den Übergang der Konzernleitungsmacht. Begründet wird dies mit dem Fortführungsgebot der §§ 22 Abs. 1 Nr. 2, 158 InsO.754 Etwaige Ansprüche wegen eines fehlenden Ausgleichs seien dann Masseforderungen.755 Manche Stimmen in der Literatur wollen hingegen zwischen einem „Vermögensbereich“ und einem „gesellschaftsrechtlichen Bereich“ unterscheiden. Gemeint ist, dass der Insolvenzverwalter das aus der Beteiligung resultierende Stimmrecht nur insofern wahrnehmen könne, als das Vermögen, das er verwaltet, betroffen ist.756 Dem wird entgegengehalten, dass es kaum praktikabel sei, zwischen Leitungsausübung und sonstiger Einflussnahme zu unterscheiden.757 Wieder andere gehen von einer automatischen Beendigung des Konzernverhältnisses aus, um einen Widerspruch zur autonomen Stellung des Insolvenzverwalters zu vermeiden.758 Begründet wird dies damit, dass es nicht 752

Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 104; MüKoInsO/Peters InsO § 35 Rn. 266; Uhlenbruck/Hirte/Praß InsO § 35 Rn. 160; für die Beteiligung an einer GmbH Bergmann ZInsO 2004, 225. 753 Beck MwStR 2014, 359 (365); BeckOGK AktG/Rieckers AktG § 134 Rn. 47; Flöther/Pleister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 492; Gottwald/Haas/Mock § 91 Rn. 145; HCL/Hüffer/Schäfer GmbHG § 47 Rn. 119; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 113 f.; NSH/Noack GmbHG § 47 Rn. 42; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 226 f.; für die Beteiligung an einer GmbH Bergmann ZInsO 2004, 225 (228). 754 Jensen Der Konzern in der Krise, S. 114; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 228; insofern einschränkend Bous Konzernleitungsmacht, S. 312, der von einer Beendigung nur dann ausgeht, wenn die Liquidation des herrschenden Unternehmens verfolgt wird. 755 So ausdrücklich auch für einen „Anspruch auf Nachteilsausgleich“ Gottwald/Haas/ Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 104. 756 Uhlenbruck/Uhlenbruck, 12. Aufl. 2003, InsO § 35 Rn. 105; ähnlich Hess/Weis/Wienberg/Weis InsO §§ 35, 36 Rn. 154; Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (293); für den GmbH-Anteil HCL/Hüffer/Schäfer GmbHG § 47 Rn. 119; krit. Bergmann ZInsO 2004, 225 (228 f.); Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 104. 757 Bous Konzernleitungsmacht, S. 312 f.; Flöther/Pleister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 495; Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 227. 758 Ehricke ZInsO 2002, 393 (394); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 732; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 128; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 413; ebenso Böcker GmbHR 2004, 1314 (1315), der sich aber letztlich nicht zwischen einer bloßen Suspendierung und einer automatischen Beendigung entscheidet und weitere Einschränkungen für die Fälle sieht, in denen eine Unternehmensfortführung geplant ist.

§ 2 Die Auswirkungen der Insolvenz der Mutter auf den Konzern

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Aufgabe des Insolvenzverwalters sei, die Konzernleitungsmacht auszuüben.759 4. Stellungnahme Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert nichts daran, dass sich der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft nicht mehr auf nachteilige Maßnahmen einlassen darf, weil deren Ausgleich nicht mehr sicher ist.760 Damit darf der faktische Konzern nicht mehr betrieben werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Die Betrachtungen zum Stadium der Insolvenzreife haben gezeigt, dass hierfür auch nicht der Verweis auf § 80 InsO erforderlich ist. Der faktische Konzern darf schon deshalb nicht mehr betrieben werden, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt ist. Auf den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter kommt es hierfür aber nicht an. Eine Unterscheidung zwischen der Ausübung von Konzernleitungsmacht und sonstiger Ausübung des Stimmrechts ist nicht möglich, da die Ausübung der Leitungsmacht in der Regel gerade durch die Ausübung des Stimmrechts erfolgt und so eine Abgrenzung nicht denkbar ist.761 Insbesondere zeigt die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG, dass grundsätzlich in jeder Stimmrechtsausübung des Mehrheitsaktionärs eine Einflussnahme im Sinne des § 311 AktG gesehen werden kann. 5. Haftungsfragen Da die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, kommt eine Haftung des herrschenden Unternehmens und dessen Geschäftsleiter nicht mehr in Betracht.762 Die gesetzlichen Vertreter der Tochtergesellschaft dürfen ab Insolvenzreife Veranlassungen durch die Muttergesellschaft nicht mehr nachkommen. Soweit sie es dennoch tun, haften sie der abhängigen Gesellschaft gegenüber aus § 93 Abs. 2 AktG. Für den Insolvenzverwalter wird eine analoge Heranziehung der §§ 311, 317 Abs. 3 AktG für eine nachteilige Einflussnahme auf die abhängige Ge-

Weiter verkennt er, dass im faktischen Konzernverhältnis nicht von „Weisungen“ die Rede sein kann; dazu bereits unter Geltung der Konkursordnung Lutter ZfB 1984, 781 (783). 759 Noack Gesellschaftsrecht Rn. 732; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 413; dazu bereits Lutter ZfB 1984, 781 (782). 760 So bereits die erste Kommission für Insolvenzrecht, die deshalb eine besondere insolvenzgesetzliche Regelung ablehnte, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 5, S. 293. 761 Ebenso Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 227. 762 Für eine Haftung der Mutter bei Einflussnahme des Insolvenzverwalters auf die abhängige Gesellschaft Bous Konzernleitungsmacht, S. 316.

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sellschaft diskutiert.763 Dafür fehlt es in Anbetracht der §§ 60 ff. InsO freilich an einer planwidrigen Regelungslücke, da diese ebenfalls auf den Ersatz von Individualschäden gerichtet sind. Mit der weiteren Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft verletzt der Insolvenzverwalter seine eigene Pflicht zur Sicherung und Verwertung der Insolvenzmasse. 6. Einzelfragen a) Eigenverwaltung Bei der Eigenverwaltung wollen manche Stimmen in der Literatur danach unterscheiden, ob diese auf Liquidation oder auf Fortführung des Unternehmens gerichtet ist.764 Andere gehen davon aus, dass die faktische Konzernherrschaft des herrschenden Unternehmens fortbestehe.765 Auch in der Eigenverwaltung ändert sich aber nichts daran, dass der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft sich nicht mehr auf die Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einlassen darf, weil ein eventuell erforderlicher Nachteilsausgleich nicht mehr sicher ist. b) Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Unternehmenssanierung Im Insolvenzplanverfahren soll die faktische Konzernleitung weiterhin zulässig sein, soweit dieses auf die Fortführung des Unternehmens gerichtet ist.766 Das ist abzulehnen, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr gesichert ist und der faktische Konzern deshalb nicht mehr betrieben werden darf. c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Dies gilt erst recht für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, denn hier ist der Nachteilsausgleich erst recht nicht mehr gesichert. 7. Ergebnis Der faktische Konzern darf ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst recht nicht mehr betrieben werden. Dies ergibt sich aus den §§ 311 ff. AktG, die eine Einflussnahme auf die abhängige Gesellschaft nur zulassen, wenn sichergestellt ist, dass etwaige Nachteile ausgeglichen werden. Das ist bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber nicht der Fall, sodass der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens die Einflussnahme nicht mehr versuchen darf und sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nicht

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Bous Konzernleitungsmacht, S. 313. Bous Konzernleitungsmacht, S. 312. 765 Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 128. 766 Bous Konzernleitungsmacht, S. 312. 764

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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mehr auf die Einflussnahme einlassen darf. Zugleich darf im Insolvenzverfahren die Masse erst recht nicht mehr angetastet werden. Die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG ist damit widerlegt, sodass die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG keine Anwendung mehr findet. Das faktische Konzernverhältnis ist mithin bereits mit Eintritt der Insolvenzreife aufgelöst, besteht also bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls nicht mehr fort.

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern Die Auswirkungen der (isolierten) Insolvenz der Tochter wurden und werden deutlich häufiger und ausführlicher diskutiert als die Auswirkungen der isolierten Insolvenz der Mutter. Das erstaunt, da es den Fall der isolierten Insolvenz der Tochter im Vertragskonzern gar nicht gibt. Der weitaus weniger diskutierte Fall des faktischen Konzerns lässt sich hingegen auch für die isolierte Insolvenz der Tochter beleuchten. A. Vertragskonzern I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. These Die Frage nach der isolierten Insolvenzreife der Tochter stellt sich schon deshalb nicht, weil die Mutter auch unterjährig zum Verlustausgleich nach § 302 AktG verpflichtet ist. Denn der Schutz des § 302 AktG ist nicht nur auf den Ausgleich des Jahresfehlbetrags gerichtet, sondern das herrschende Unternehmen schuldet auch unterjährigen Verlustausgleich bis hin zu einer Vorschusspflicht, die § 669 BGB gleichkommt. Daher kann die Tochter nur dann insolvent werden, wenn auch die Mutter insolvent ist. Gäbe es den Fall der isolierten Insolvenz der Tochtergesellschaft in der Praxis, läge dies einzig an einer rechtswidrigen Handhabung des § 302 AktG. 2. Meinungsstand a) Insolvenzgrund der Überschuldung Da § 302 AktG seinem Wortlaut nach an den Ausgleich des Jahresfehlbetrags anknüpft, ist zumindest für den Fall der Überschuldung (§ 19 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 InsO) weitgehend anerkannt, dass diese bei der Tochter so lange nicht eintreten kann, wie der Ausgleichsanspruch gegen die Mutter werthaltig ist

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und das Konzernverhältnis nicht beendet ist.767 Denn § 19 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 InsO setzt für die Überschuldung gerade voraus, dass die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten nicht überwiegend wahrscheinlich ist.768 Zur Ermittlung der Überschuldung ist eine auf den Zweck der Insolvenzeröffnung zugeschnittene Überschuldungsbilanz zugrunde zu legen, um so den tatsächlichen Wert des Unternehmens bei hypothetischer Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewerten zu können.769 b) Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit Für die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) wird hingegen vielfach angenommen, dass diese trotz der Verlustausgleichspflicht eintreten könne, weil das herrschende Unternehmen nicht dazu verpflichtet sei, unterjährige Verluste auszugleichen.770 Begründet wird dies mit dem Wortlaut des § 302 AktG, der dahingehend eindeutig sei („Jahresfehlbetrag“). Teilweise wird sogar angenommen, die Mutter könne infolge eines Liquiditätsabzugs die Auflösung des Konzerns erzwingen.771 In der Folge wird dem herrschenden Unternehmen ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, wenn die Risiken durch 767

BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 28; Böcker GmbHR 2004, 1257; Bultmann ZInsO 2007, 785 (791); Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 30; Fichtelmann GmbHR 2005, 1346 (1348); Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 156 f.; Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.10; Hommelhoff FS Goerdeler 1987, 221 (226); Meister WM 1976, 1182 (1188); Paulus ZIP 1996, 2141 (2143); Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 399; Schatz Sicherung, S. 190; ebenso SchluckAmend FS Marsch-Barner 2018, 491 (500 f.), die allerdings eine eigenständige vertragliche Pflicht auf Zahlung etwaig notwendiger Abschlagszahlungen zu regeln empfiehlt; aA Piepenburg NZI 2004, 231 (235). 768 Zur Kritik am „zweistufigen“ Überschuldungsbegriff Altmeppen ZIP 1997, 1173 (1175). 769 BGH II ZR 191/99, NJW 2001, 1136; BGH II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 (146) = NJW 1994, 1477; Gottwald/Haas/Grundlach § 6 Rn. 44 ff.; Nerlich/Römermann/Mönning InsO § 19 Rn. 31 ff.; Uhlenbruck/Mock InsO § 19 Rn. 39 ff. 770 Bultmann ZInsO 2007, 785 (791); Eilers/Schwahn Sanierungssteuerrecht Rn. 4.165; Grigoleit/Servatius AktG § 302 Rn. 14; GroßkommAktG/Hirte AktG § 302 Rn. 62; Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 157; Häsemeyer Insolvenzrecht Rn. 32.10; Hentzen AG 2006, 133 (140 f.); Hölters/Weber/Deilmann AktG § 302 Rn. 23; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 96; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 57; Krieger FS Metzeler 2003, 139 (148); Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (239); Liebscher ZIP 2006, 1221 (1222); Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (615); Meister WM 1976, 1182 (1184, 1188); MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 75; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 895; Peltzer AG 1975, 309 (311); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.305; Schatz Sicherung, S. 190; Schluck-Amend FS MarschBarner 2018, 491 (500 f.); K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 302 Rn. 49; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 399; Zeidler NZG 1999, 692 (695). 771 Böcker GmbHR 2004, 1257; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 399.

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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die Verschlechterung der Vermögens- oder Ertragslage der abhängigen Gesellschaft untragbar werden und das herrschende Unternehmen die Situation nicht zu vertreten hat.772 Soweit die herrschende Gesellschaft hingegen die Lage zu verantworten hat, soll sie nur zur außerordentlichen Kündigung berechtigt sein, wenn die Lebensfähigkeit des Gesamtkonzerns bedroht ist.773 Andere leiten aus der Pflicht des herrschenden Unternehmens, die Existenz der abhängigen Gesellschaft zu garantieren, eine unterjährige Verlustausgleichspflicht ab, die die beherrschte Gesellschaft zur Einforderung von Abschlagszahlungen berechtigt.774 Die Verlustausgleichspflicht verhindere daher auch stets den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bei der abhängigen Gesellschaft. 3. Stellungnahme Die beherrschte Gesellschaft kann nicht isoliert insolvent werden. Die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG stellt eine Existenzgarantie für die abhängige Gesellschaft in der Zeit des Bestehens des Unternehmensvertrags dar. Die Anknüpfung an den Jahresfehlbetrag erfolgt einzig aus Praktikabilitätsgründen, um die Anspruchshöhe in der Jahresbilanz darstellen zu können.775 Der Verlustausgleichsanspruch entsteht aber nicht erst mit Jahresabschluss, ist insbesondere nicht davon abhängig, ob der Jahresabschluss richtig und rechtzeitig festgestellt wurde – vielmehr muss der Jahresabschluss den

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Krieger/Janott DStR 1995, 1473 (1475); Krieger in U. H. Schneider Beherrschungsund Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 99 (107); Samer Beherrschungsund Gewinnabführungsverträge, S. 188 ff.; Timm GmbHR 1987, 8 (13). 773 Krieger/Janott DStR 1995, 1473 (1475); Krieger in U. H. Schneider Beherrschungsund Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 99 (107); Timm GmbHR 1987, 8 (13). 774 Altmeppen ZIP 2006, 1025 (1032); Altmeppen DB 2002, 879; Altmeppen DB 1999, 2453 (2455 f.); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 8; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 28; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 41; Emmerich/Habersack KonzernR § 20 Rn. 48; Fichtelmann GmbHR 2005, 1346 (1348); Hennrichs ZHR 174 (2010), 683 (696 f.); Kleindiek ZGR 2001, 479 (492ff.); Kleindiek Strukturvielfalt im Personengesellschafts-Konzern, S. 162 ff.; Koch AktG § 302 Rn. 13; Lutter/Hommelhoff//Hommelhoff GmbHG Anh. § 13 Rn. 98; MüKoAktG/Altmeppen § 297 Rn. 117, § 302 Rn. 38, 74; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 895; Nodoushani NZG 2017, 728 (730); NSH/Beurskens Anh. KonzernR Rn. 135; Philippi/Neveling BB 2003, 1685 (1690); Priester ZIP 1989, 1301 (1307 f.); Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 58; K. Schmidt GesR § 31 III 2 d; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (526); Schneider ZGR 1984, 497 (534 f.); Veil Unternehmensverträge, S. 120. 775 Altmeppen DB 1999, 2453 (2454); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 729; K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 231; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (521 f.); dies wird verkannt von Meister WM 1976, 1182 (1184); Peltzer AG 1975, 309 (311); Werner AG 1967, 122 (124).

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entstandenen Verlustausgleichsanspruch richtig und pünktlich wiedergeben.776 Es wurde bereits dargelegt, dass bei unterjähriger Beendigung eines Vertragskonzerns ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden ist und das herrschende Unternehmen den bis dahin (beziehungsweise im Insolvenzfall den bis zum Zeitpunkt der Suspendierung der Rechte und Pflichten) entstandenen, auf Basis von Zerschlagungswerten zu berechnenden (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) Verlustausgleich schuldet.777 Damit liegt auf der Hand, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochter gar keinen Sinn ergäbe, solange der Verlustausgleichsanspruch werthaltig ist.778 Der Insolvenzgrund der Überschuldung kann wegen § 302 AktG gar nicht erst entstehen und auch der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit würde nur dazu führen, dass bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung wegen der damit einhergehenden Vertragsbeendigung die restlose Befriedigung der Gläubiger wegen des Verlustausgleichsanspruchs feststünde.779 Ferner wird die beherrschte Gesellschaft sich auch bei Dritten unproblematisch einen Kredit beschaffen können, da der Kreditgeber bei Solvenz des herrschenden Unternehmens durch die §§ 302, 303 AktG hinreichend geschützt ist. Dabei spielt sogar die Verzinsung des Kredits für die Tochtergesellschaft keine Rolle, weil auch dieser Verlust über den Ausgleichsanspruch des § 302 AktG erfasst wäre. Daher wäre es absurd, die Gläubiger der abhängigen, zahlungsunfähigen Gesellschaft auf das Insolvenzverfahren zu verweisen, statt den Insolvenzgrund schon vor Ende des Geschäftsjahres zu beheben.780 Damit ergibt sich zwingend ein unterjähriger Verlustausgleichsanspruch, weshalb die beherrschte Gesellschaft nicht zahlungsunfähig werden kann, solange die Mutter solvent ist.781

776 Altmeppen DB 1999, 2453 (2454); BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 23; Mertens ZGR 1984, 542 (551); MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 67; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 26 f.; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 729; K. Schmidt GesR § 31 III 2 d.; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (524); soweit keine Bilanz aufgestellt werden kann, hat das Gericht die Höhe des entstandenen Verlustausgleichsanspruchs zu schätzen, § 287 ZPO, BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 26. 777 → Kapitel 3 § 2 A. III. 6. a). 778 Altmeppen DB 1999, 2453 (2456). 779 Altmeppen DB 2002, 879; Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 8; BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 302 Rn. 28. 780 Altmeppen DB 2002, 879; Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 8; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 35 ff. 781 Altmeppen DB 1999, 2453 (2456); Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 8; ebenso Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 41; Hennrichs ZHR 174 (2010), 683 (696 f.); Kleindiek Strukturvielfalt im Personengesellschafts-Konzern, S. 162 ff.

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Dies bestätigt auch die Historie, da § 302 AktG eine Weiterentwicklung des Aufwendungsersatzanspruchs des § 670 BGB ist, für den beim Organschaftsvertrag noch eine Vorschusspflicht aus § 669 BGB abgeleitet wurde.782 Die Verpflichtung des herrschenden Unternehmens zur unterjährigen Verlustausgleichung folgt heute allerdings direkt aus § 302 AktG, ein Rückgriff auf § 669 BGB analog ist insoweit nicht nötig.783 Dieses Ergebnis kann auch nicht mit dem Argument entkräftet werden, dass es inkonsistent wäre, einerseits eine Pflicht zur unterjährigen Liquiditätsausstattung zu begründen, obwohl § 302 AktG nur an den Jahresabschluss anknüpfe, andererseits aber Verluste vor Vertragsschluss nicht für ausgleichsfähig zu halten.784 Das herrschende Unternehmen übernimmt während der Vertragsdauer die Verantwortung für den Erhalt des vor Vertragsschluss vorhandenen Vermögens. Das ist gerade Ausdruck der wirtschaftlichen Neutralität der Geschäftsführung für den Geschäftsführer. Weder der Geschäftsherr noch das herrschende Unternehmen ist aber dazu verpflichtet, vorvertragliche Verluste auszugleichen, da diese gar nicht mit der Geschäftsführung zusammenhängen.785 Damit zeigt sich aber auch, dass die in der Literatur vielfach diskutierten786 „existenzgefährdenden Weisungen“ in Wahrheit gar nicht existieren. Denn das herrschende Unternehmen kann die abhängige Gesellschaft gar nicht in ein Stadium bringen, in dem seine Existenz gefährdet wäre, da dieser Zustand stets über den Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG wieder aufzuheben wäre. Ist dieser Anspruch nicht mehr vollwertig, ist das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens ohnehin suspendiert, sodass es gar keine Weisungen geben kann, die die Existenz der abhängigen Gesellschaft bedrohen würden.787 Diese Überlegung unterstreicht das gefundene Ergebnis: Der Anspruch des § 302 AktG muss sich auch auf die Beseitigung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit erstrecken, weil das herrschende Unterneh782

Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). Kleindiek ZGR 2001, 479 (492 ff.); Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 35 ff.; so aber Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 141 ff.; Emmerich/Habersack KonzernR § 20 Rn. 48. 784 So das Argument von Schluck-Amend FS Marsch-Barner 2018, 491 (501). 785 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. c) dd) (2) (d). 786 Siehe nur Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 308 Rn. 60 ff.; Habersack FS Schaumburg 2009, 1291 (1298 f.); GroßkommAktG/Hirte AktG § 308 Rn. 42 ff.; Hölters/Weber/Leuering/Goertz AktG § 308 Rn. 36; Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S. 150 f., 307 ff.; Koch AktG § 308 Rn. 19; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 153; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 31 Rn. 830 ff.; K. Schmidt/Lutter/Langenbucher AktG § 308 Rn. 31 ff.; Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 139 ff.; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 275 ff. 787 Siehe bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) dd) (2); ferner Altmeppen Die Haftung des Managers im Konzern, S. 22 ff. 783

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men sonst die Beendigung des Unternehmensvertrags herbeiführen könnte, indem es die abhängige Gesellschaft in die Insolvenz treibt. Das würde aber eine Umgehung der §§ 296, 297 AktG darstellen.788 II. Eröffnungsverfahren Da es schon nicht zur isolierten Insolvenzreife der abhängigen Gesellschaft kommen kann, kann es auch kein Eröffnungsverfahren geben. Die Frage, ob ein starker oder ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde,789 stellt sich deshalb auch in dieser Konstellation nicht.790 Ferner zeigt sich auch hier wieder, dass die überwiegende Ansicht in ihrer Argumentation inkonsequent ist: Denn wenn das automatische Ende des Vertragskonzerns auf den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter gestützt werden soll,791 müsste diese Überlegung schon im Eröffnungsverfahren für den starken vorläufigen Insolvenzverwalter angestellt werden. Das passiert aber bei Untersuchungen zur Insolvenz der Tochtergesellschaft ebenfalls nicht. Im Ergebnis bleibt es dabei, dass es bei Solvenz der Mutter nicht zum Eröffnungsverfahren über das Vermögen der Tochtergesellschaft kommen kann, weil die Mutter sowohl die Zahlungsunfähigkeit als auch die Überschuldung bei der Tochter verhindern muss. III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1. These Diese Überlegungen gelten selbstverständlich auch für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Auch hierzu kann es wegen der Reichweite der Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG nicht kommen, solange die Muttergesellschaft selbst noch solvent ist. 2. Meinungsstand Soweit übersehen wird, dass die abhängige Gesellschaft gar nicht isoliert insolvent werden kann, nimmt die überwiegende Ansicht mit Verfahrenseröffnung ein automatisches Ende des Vertragskonzerns an.792 Begründet wird 788

So ebenfalls Berthold Unternehmensverträge in der Insolvenz Rn. 150. Dazu Bous Konzernleitungsmacht, S. 309, der dem starken Insolvenzverwalter das Weisungsrecht übertragen möchte und beiden Parteien ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt; ebenso für die bloße Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 398. 790 Zur Sinnlosigkeit der Unterscheidung bei isolierter Insolvenz der Muttergesellschaft → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. b). 791 Dazu gleich → Kapitel 3 § 3 A. III. 2. 792 Böcker GmbHR 2004, 1257 (1258); Kölner Schrift InsO/Uhlenbruck, 1157 (1180 f. Rn. 30); Krieger FS Metzeler 2003, 139 (149); MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 207; Mönning 789

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dies damit, dass der Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft in eigener Verantwortung zu handeln habe und daher nicht den Weisungen der Muttergesellschaft ausgesetzt sein könne. Vielmehr sei die abhängige Gesellschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Auflösung gerichtet, sodass der Liquidationszweck verhindere, dass sie weiter im Konzerninteresse tätig werde. Daneben sei die automatische Beendigung aus Gläubigerschutzgesichtspunkten erforderlich, weil nur so der Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 303 AktG geltend gemacht werden könne.793 Teilweise wird hingegen von einer bloßen Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag ausgegangen, weil dies die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters der Tochter (§ 56 InsO) hinreichend berücksichtige.794 Eine automatische Beendigung sei schon nicht mit der Möglichkeit des Eigenverwaltungsverfahrens zu vereinbaren, weil die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der abhängigen Gesellschaft verbleibe.795 Lediglich für den Fall, dass die beherrschte Gesellschaft nicht endgültig liquidiert wird, wird mit dem Übergang in die Eigenverwaltung (§ 271 InsO) oder mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 InsO) ein Wiederaufleben des Weisungsrechts in Erwägung gezogen.796

Betriebsfortführung in der Insolvenz, Rn. 1147; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 397; so bereits unter Geltung der Konkursordnung BGH II ZR 170/87, BGHZ 103, 1 (7) = NJW 1988, 1326; Gottwald/Timm/Körber InsR-Hdb, 1990, § 83 Rn. 58; Hengeler/HoffmannBecking FS Hefermehl 1976, 283 (284 ff.); Jaeger/Weber §§ 207, 208 KO Rn. 11; Kort ZIP 1988, 681 (682); Lutter ZfB 1984, 781 (782); Mertens ZGR 1984, 542 (550); Peltzer AG 1975, 309 (310); Schatz Sicherung, S. 190; zum Vergleichsverfahren wurde hingegen überwiegend ein bloßes Kündigungsrecht angenommen Peltzer AG 1975, 309 (310); Schatz Sicherung, S. 191; Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 32 f. 793 Krieger FS Metzeler 2003, 139 (150 f.). 794 Jensen Der Konzern in der Krise, S. 97 f.; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 47; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 725 f.; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 101; für die Tochter-GmbH Zeidler NZG 1999, 692 (697); so bereits unter Geltung der Konkursordnung Rümker WM 1974, 990 (995); K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 228; ebenso, allerdings mit Einschränkungen hinsichtlich der einzelnen Gegenstände des Weisungsrechts Acher Vertragskonzern und Insolvenz, S. 119 ff. 795 KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 297 Rn. 47; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 99; für die Tochter-GmbH Zeidler NZG 1999, 692 (697); kritisch Krieger FS Metzeler 2003, 139 (149). 796 Jensen Der Konzern in der Krise, S. 98; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 726; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 101; für die Tochter-GmbH Zeidler NZG 1999, 692 (697).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

Teilweise wird dem herrschenden Unternehmen ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 297 Abs. 1 AktG zugesprochen.797 Daneben soll auch die beherrschte Gesellschaft ein Kündigungsrecht haben, welches durch den Insolvenzverwalter auszuüben ist.798 Vereinzelt wird von einem uneingeschränkten Fortbestand des Unternehmensvertrags ausgegangen.799 3. Stellungnahme Solange das herrschende Unternehmen solvent ist, kann es nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochtergesellschaft kommen. Die Gründe entsprechen den oben genannten: Die Muttergesellschaft hat für die Überlebensfähigkeit der Tochter einzustehen, also gegebenenfalls schon unterjährig Abschlagszahlungen zu erbringen. Damit kann bei der Tochtergesellschaft kein Insolvenzeröffnungsgrund eintreten.800 4. Einzelfragen Auch der isolierte Gewinnabführungsvertrag bringt die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG mit sich, sodass sich zu dem gefundenen Ergebnis kein Unterschied zeigt. Das herrschende Unternehmen muss die Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft garantieren, sodass es nicht zur isolierten Insolvenz der Tochtergesellschaft kommen kann.801 Da es schon nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommen kann, stellt sich die Frage, wie sich die Anordnung der Eigenverwaltung auswirkt,

797

Böcker GmbHR 2004, 1257 (1258); Bous Konzernleitungsmacht, S. 295 ff.; Bultmann ZInsO 2007, 785 (790); Flöther/Peister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 479; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 398; für die Tochter-GmbH Zeidler NZG 1999, 692 (697); so bereits unter Geltung der Konkursordnung Samer Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, S. 188 ff. 798 Bultmann ZInsO 2007, 785 (790); Flöther/Peister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 479; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 398; so auch die Kommission für Insolvenzrecht, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 3, S. 292 f.; einschränkend Kübler ZGR 1984, 560 (588 f.), der der Tochtergesellschaft das Kündigungsrecht nehmen möchte, „sofern dies zur Sanierung des Gesamtkonzerns geboten erscheint“. 799 Piepenburg NZI 2004, 231 (135 ff.); unter Geltung der Konkursordnung Meister WM 1976, 1182 (1188 f.). 800 Siehe dazu → Kapitel 3 § 3 A. I. 3. 801 Für ein automatisches Ende des isolierten Gewinnabführungsvertrags mit Verfahrenseröffnung Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 93; Gottwald/Timm/Körber InsR-Hdb, 1990, § 83 Rn. 58; Kort ZIP 1988, 681 (685); für eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (821); Wellensiek ZIP 1984, 541 (544); Wilken/Ziems FS Metzeler 2003, 153 (156).

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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ebenfalls nicht.802 Dasselbe gilt für das Insolvenzplanverfahren und für die Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. IV. Ergebnis Eine isolierte Insolvenz der abhängigen Gesellschaft kann nicht eintreten, weil die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG die Pflicht für das herrschende Unternehmen mit sich bringt, die Überlebensfähigkeit der abhängigen Gesellschaft ständig sicherzustellen. Kann aber schon kein Insolvenzgrund eintreten, kommt es gar nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Besondere insolvenzrechtliche Haftungsfragen stellen sich deshalb auch nicht. B. Faktischer Konzern I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. These Mangels Anwendbarkeit des § 302 AktG im faktischen Konzern ist die isolierte Insolvenzreife der Tochter möglich. Aus den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO und den §§ 76, 93 Abs. 1 AktG folgt jedoch, dass jede weitere Form der einheitlichen Leitung zu unterbleiben hat, da sie sich potenziell als nachteilig für die abhängige Gesellschaft erweisen könnte. Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft hat das Unternehmen stillzulegen und den Insolvenzantrag zu stellen, darf sich also unabhängig von der Frage, ob ein Nachteilsausgleich erfolgt, nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einlassen. Bei dennoch erfolgender nachteiliger Einflussnahme geraten die Muttergesellschaft sowie ihr Geschäftsleiter ebenso wie der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft in die Haftung. 2. Meinungsstand Die Auswirkungen der Insolvenzreife der Tochtergesellschaft auf den faktischen Konzern werden kaum diskutiert. Lediglich im Zusammenhang mit Haftungsfragen taucht beispielsweise die Überlegung auf, ob die Muttergesellschaft in den Adressatenkreis der Zahlungsverbote einbezogen werden kann.803

802 Für eine bloße Suspendierung der Rechte und Pflichten in diesem Fall Eidenmüller ZHR 169 (2005), 528 (548 f.); GroßkommAktG/Hirte AktG § 308 Rn. 84; Uhlenbruck/ Hirte InsO § 11 Rn. 398. 803 Dazu gleich → Kapitel 3 § 3 B. I. 4. a) aa).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

3. Stellungnahme Die §§ 311 ff. AktG sind darauf gerichtet, die abhängige Gesellschaft, ihre Gläubiger und die außenstehenden Aktionäre zu schützen. Dazu wurde bereits dargelegt, dass eine Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen nur zulässig ist, soweit der Nachteilsausgleich unmittelbar erfolgt oder der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich zumindest sicher erscheint.804 Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft darf sich auf die Einflussnahme nur einlassen, wenn es mit seiner Sorgfaltspflicht und Unabhängigkeit vereinbar ist, §§ 76, 93 Abs. 1 AktG. Soweit diese Grenzen der Einflussnahme eingehalten werden, scheint daher ein Fortbestand der faktischen Konzernbeziehung zunächst möglich: Solange die abhängige Gesellschaft und mittelbar dadurch ihre Gläubiger und Minderheitsaktionäre wegen der Grenzen der §§ 311, 317 AktG nicht geschädigt werden können, besteht keine Gefahr für die Insolvenzmasse. Das ließe allerdings außer Acht, dass die Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft modifizieren: In dem hier interessierenden Zeitpunkt der Verletzung der Insolvenzantragspflicht muss der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft die weitere Geschäftstätigkeit seiner Gesellschaft einstellen und den Insolvenzantrag stellen. Die §§ 15a, 15b InsO führen folglich dazu, dass die Geschäftsleitersorgfalt des § 93 Abs. 1 AktG es dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft verbietet, sich weiter auf eine Beeinflussung durch das herrschende Unternehmen einzulassen. Diese strenge Sorgfaltspflicht wird auch durch die zahlreichen insolvenzbezogenen Strafvorschriften deutlich, etwa § 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO oder § 283 StGB. Hinzu kommt, dass jede Einflussnahme zumindest im Interesse des Gesamtkonzerns stehen müsste; genau das widerspricht aber im Insolvenzfall der par conditio creditorum, da einzelne Gläubiger, also auch das herrschende Unternehmen, nicht mehr bevorteilt werden dürfen. Die Insolvenz der abhängigen Gesellschaft ändert selbstverständlich nichts daran, dass zugefügte Nachteile generell ausgleichsfähig wären.805 Das System der §§ 311 ff. AktG versagt insofern nicht.806 Da sich aber der Vorstand der abhängigen Gesellschaft generell nicht mehr auf die Einflussnahme der Muttergesellschaft einlassen darf, weil er den weiteren Geschäftsbetrieb einzustellen hat, kommt es auf die Ausgleichsfähigkeit etwaiger Nachteile gar nicht an. Das heißt in der Konsequenz, dass auch nicht zwischen der bloßen Stimmrechtsausübung und der Einflussnahme unterschieden werden kann. Denn schon die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 AktG zeigt, dass in jeder Stimm804

→ Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a). So aber Drygala GmbHR 1993, 317 (321). 806 Zutr. Zeidler Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 36. 805

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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rechtsausübung grundsätzlich eine Einflussnahme zu sehen ist. Es bleibt also bei dem gefundenen Ergebnis: Die durch die Massesicherungspflichten beeinflusste Sorgfaltspflicht des Tochtervorstands verbietet es ihm, sich auf die weitere Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einzulassen. Das bedeutet aber, dass bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG widerlegt ist, sodass auch kein Konzern nach der Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG mehr vorliegt. Das faktische Konzernverhältnis ist aufgelöst. 4. Haftungsfragen a) Haftung der Mutter aa) Teilnehmerhaftung über § 830 Abs. 2 BGB Bei isolierter Insolvenz der Tochtergesellschaft ist der Vorstand der Muttergesellschaft nicht selbst Adressat der Massesicherungspflichten. Daher stellt sich die Frage, ob eine Teilnahme seitens der Muttergesellschaft an der Insolvenzverschleppung der Tochtergesellschaft möglich ist: Für die Insolvenzantragspflicht lässt sich eine deliktische Mithaftung der Muttergesellschaft über § 830 Abs. 2 BGB bereits nach der herrschenden Meinung bejahen. Diese ordnet die Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ein,807 sodass eine Teilnahme unproblematisch möglich ist, solange ein vorsätzlicher Beitrag zur vorsätzlichen Haupttat des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft geleistet wird. Darunter fällt nach überwiegender Ansicht insbesondere die Einflussnahme in Form der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung dahingehend, dass von einer Insolvenzantragstellung abgesehen wird.808 Für die Zahlungsverbote des § 15b InsO wird hingegen die Schutzgesetzeigenschaft und daher auch die Teilnehmerhaftung der Muttergesellschaft nach § 830 Abs. 2 BGB überwiegend abgelehnt.809 Diese Überlegung ist auf

807

Vgl. die Nachweise → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) dd) (1). So bereits zur alten Rechtslage BGH II ZR 390/03, BGHZ 164, 50 (57 ff.) = NJW 2005, 3137; BGH II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 (107) = NJW 1979, 1823; ferner BeckOGK AktG/Fleischer AktG § 92 Rn. 97; BeckOK GmbHG/Mätzig GmbHG § 64 Rn. 102; HCL/Casper GmbHG Anh. § 62 Rn. 266; Henssler/Strohn/Arnold GmbHG § 64 Rn. 71; MüKoInsO/Klöhn InsO § 15a Rn. 275; NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 299; Saenger/Inhester/Kolmann Vor GmbHG § 64 Rn. 260 f.; K. Schmidt/K. Schmidt/Herchen InsO § 15a Rn. 18. 809 BGH X ARZ 317/19, NZG 2019, 1113 Rn. 20; BGH II ZR 291/06, NZG 2008, 468 Rn. 6; BeckOK GmbHG/Mätzig GmbHG § 64 Rn. 10; Bitter/Baschnagel ZInsO 2018, 557 (577); GroßkommAktG/Habersack/Foerster AktG § 92 Rn. 135; HCL/Casper GmbHG Anh. § 62 Rn. 96; KPBJ/Bork/Kebekus InsO § 15b Rn. 83; MüKoGmbHG/Müller GmbHG § 64 Rn. 166; so noch für § 64 GmbHG BGH II ZR 291/06, NZG 2008, 468 Rn. 6; Saen808

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

die falsche Einordnung der Haftung wegen verbotener Zahlungen zurückzuführen.810 Richtigerweise sind beide Massesicherungspflichten als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB einzuordnen und insbesondere auch die Haftung wegen verbotener Zahlungen deliktsrechtlicher Natur.811 Daher ist die Mutter über § 830 Abs. 2 BGB in den Adressatenkreis der Haftung miteinbezogen.812 Voraussetzung ist auch hier die vorsätzliche Teilnahme an der vorsätzlichen Haupttat, weshalb die praktische Bedeutung dieser Haftungstatbestände wohl gering sein dürfte. Das Verhalten ihres Geschäftsleiters wird der Mutter dabei über § 31 BGB analog zugerechnet. Die geringe Praxisrelevanz dieser Haftung wird selbstverständlich dadurch verstärkt, dass sich an der Haftung der Mutter nach §§ 311, 317 AktG auch im Fall der isolierten Insolvenz der Tochtergesellschaft nichts ändert.813 bb) Existenzvernichtungshaftung § 826 BGB? Die von der Rechtsprechung für den faktischen GmbH-Konzern entwickelten Grundsätze zur Existenzvernichtungshaftung814 müssen nicht auf den faktischen Aktienkonzern übertragen werden, da es in Anbetracht der §§ 311 ff. AktG und des § 117 AktG keines Rückgriffs auf die Blankettnorm des § 826 BGB bedarf. Diese würde unter strengeren Voraussetzungen ohnehin nur zur identischen Rechtsfolge der Innenhaftung gegenüber der abhängigen Gesell-

ger/Inhester GmbHG § 64 Rn. 20; Scholz/Bitter GmbHG § 64 Rn. 77; Wicke GmbHG § 64 Rn. 19. 810 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (1). 811 → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) dd) (1) und (2). 812 Zutr. Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 236; Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 214 ff.; Gehrlein DB 2016, 1177 (1183); KölnKomm AktG/Cahn AktG Anh. B § 92 Rn. 37; MüKoAktG/Spindler AktG § 92 Rn. 50; NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 18, 299. 813 Dazu gleich → Kapitel 3 § 3 B. I. 4. a) cc). 814 BGH II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 Rn. 22 ff. = NJW 2007, 2689 – Trihotel; dazu ausführlich Altmeppen GmbHG § 13 Rn. 73 ff.; BeckOK BGB/Förster BGB § 826 Rn. 115 ff.; MHLS/Lieder GmbHG § 13 Rn. 420 ff.; MüKoGmbHG/Liebscher GmbHG Anh. § 13 Rn. 539 ff.

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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schaft führen.815 Beweisproblemen im Rahmen der §§ 117, 317 AktG lässt sich mit einer entsprechenden Heranziehung von § 287 ZPO begegnen.816 cc) Sonstige Haftungstatbestände Im Übrigen ergeben sich dieselben Haftungstatbestände wie im Fall der Insolvenz der Muttergesellschaft, insbesondere die Schadenersatzpflicht bei fehlendem Nachteilsausgleich, §§ 311, 317 Abs. 1 AktG sowie § 117 Abs. 1 AktG. Ebenso kommt eine Haftung nach §§ 57, 62 AktG in Betracht.817 Eine analoge Heranziehung des § 93 AktG, um die Haftung der Muttergesellschaft im Verhältnis zur abhängigen Gesellschaft zu begründen, ist im Aktienrecht wegen §§ 311, 317 AktG und § 117 AktG nicht erforderlich.818 b) Haftung des Geschäftsleiters der Muttergesellschaft Unterlässt der Geschäftsleiter der Muttergesellschaft die weitere Einflussnahme nicht, kann er in die Haftung nach §§ 311, 317 Abs. 3 AktG geraten. Daneben trifft ihn die Haftung nach § 117 Abs. 3 AktG.819 Auch er kann Teilnehmer im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB sein, wenn er vorsätzlich zur vorsätzlichen Haupttat der Insolvenzverschleppung anstiftet oder Hilfe leistet. c) Haftung des Geschäftsleiters der Tochtergesellschaft aa) Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO Der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft läuft vorrangig Gefahr, nach § 15b Abs. 4 InsO in die Haftung zu geraten. Da er im Stadium der Insolvenzverschleppung auch für zufällige Schäden einzustehen hat, die an der Insolvenzmasse eintreten, kann er sich – anders als bei der Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG – nicht darauf berufen, dass der Nachteilausgleich im Zeitpunkt der Vereinbarung gesichert erschien. Bleibt der Nachteilsausgleich aus oder

815 Zutr. Grigoleit/Grigoleit AktG § 1 Rn. 129; Koch AktG § 1 Rn. 29 f.; MüKoAktG/Altmeppen AktG Anh. § 317 Rn. 13; einschränkend Emmerich/Habersack KonzernR § 28 Rn. 10; Emmerich/Habersack/Habersack AktG Anh. § 317 Rn. 5a; für eine Heranziehung der Existenzvernichtungshaftung auch im Aktienrecht BeckOK AktG/Wüsthoff AktG § 1 Rn. 65; Bürgers/Körber/Lieder/Westermann AktG § 1 Rn. 32; Hölters/Weber/Solveen AktG § 1 Rn. 19; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG Anh. § 318 Rn. 73 ff.; MüKoAktG/Heider AktG § 1 Rn. 87; K. Schmidt/Lutter/Lutter AktG § 1 Rn. 22; Tröger/Dangelmayer ZGR 2011, 558 (586 f.); Wachter/Franz AktG § 1 Rn. 26. 816 Koch AktG § 1 Rn. 29; MüKoAktG/Altmeppen AktG Anh. § 317 Rn. 22 ff.; Zeidler Zentrales Cashmanagement in faktischen Aktienkonzernen, S. 36. 817 Zu den aufgeführten Haftungstatbeständen bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 4. a). 818 Zu § 43 GmbHG Altmeppen GmbHG Anh. § 13 Rn. 121 ff. 819 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 4. b).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

treten sonstige Verschlechterungen der Insolvenzmasse ein, hat der Geschäftsleiter diese zu ersetzen.820 bb) Haftung nach § 15b Abs. 5 InsO Auf den ersten Blick scheint darüber hinaus eine Haftung des Geschäftsleiters der abhängigen Gesellschaft aus § 15b Abs. 5 InsO in Betracht zu kommen: Dieser sanktioniert Zahlungen an einen Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten. Bei genauer Betrachtung hat § 15b Abs. 5 InsO aber gar keinen sinnvollen Anwendungsbereich, der über die Haftung nach § 93 Abs. 2 AktG hinausginge: Soweit es um die Frage geht, ob fällige Ansprüche gegen die Gesellschaft noch bedient werden dürfen, kann § 15b Abs. 5 InsO schon gar nicht zu einer eigenen Haftung führen, weil fällige Ansprüche bei der Prüfung der Zahlungsfähigkeit berücksichtigt werden müssen.821 Das Zahlungsverbot ergäbe sich in diesem Fall also direkt aus § 15b Abs. 1 InsO und die korrespondierende Haftung wäre aus § 15b Abs. 4 InsO abzuleiten.822 Dasselbe gilt für Ansprüche, die durch den Gesellschafter fällig gestellt werden können, so insbesondere Ansprüche aus Gesellschafterdarlehen.823 Ein Leistungsverweigerungsrecht der abhängigen Gesellschaft ergibt sich daraus nicht.824 § 15b Abs. 5 InsO erfasst nach allem nur offene und verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter, die allerdings ohnehin über § 93 Abs. 2 AktG zu sanktionieren wären.825 cc) Sonstige Haftungstatbestände Für die sorgfaltswidrige Geschäftsleitung gerät der Vorstand der abhängigen Gesellschaft gegenüber seiner Gesellschaft nach § 93 Abs. 2 AktG in die Haftung. Der Anspruch fällt in die Insolvenzmasse. Daneben kommt eine Haftung nach § 318 AktG wegen fehlerhafter Angaben im Abhängigkeitsbe-

820

Zur Zufallshaftung bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. b) cc) (4). Um § 15b Abs. 5 InsO einen Anwendungsbereich zu verschaffen, wird vorgeschlagen, die Zahlungsunfähigkeit anders als nach § 17 InsO zu bestimmen, indem nur auf die fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Nicht-Gesellschafter-Gläubigern abgestellt wird: Haas GmbHR 2010, 1 (6); Spliedt ZIP 2009, 149 (159 f.); Dahl/Schmitz NZG 2009, 567 (569); NSH/Haas GmbHG § 64 Rn. 199. 822 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 269; BeckOK GmbHG/Mätzig GmbHG § 64 Rn. 83. 823 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 275; Altmeppen FS Hüffer 2010, 1 (5); Desch BB 2010, 2586 (2587 f.). 824 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d) dd). 825 Altmeppen GmbHG Anh. § 60 Rn. 276 f.; Altmeppen FS Hüffer 2010, 1 (8); Desch BB 2010, 2586 (2589); Winstel/Skauradszun GmbHR 2011, 185 (186 f.). 821

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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richt in Betracht. Im Übrigen ist auf die Ausführungen zur Insolvenz der Muttergesellschaft zu verweisen.826 II. Eröffnungsverfahren Auch im Eröffnungsverfahren darf der Konzern nicht weiterbetrieben werden. Insofern ergeben sich keine Unterschiede zu den Ausführungen bei der Insolvenzreife der Tochter. Denn aufgrund des Zusammenspiels der Geschäftsleitersorgfalt mit den Massesicherungspflichten darf sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens einlassen. Wird ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, hat auch dieser die Masse zu sichern, weshalb auch seine Sorgfaltspflicht es ihm verbietet, sich auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einzulassen, vgl. § 60 Abs. 1 S. 2 InsO. In haftungsrechtlicher Hinsicht ergibt sich bei Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters dessen eigene Haftung aus §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, 60, 61 InsO.827 Wird über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet, gelten die Überlegungen entsprechend. Hinzu kommt, dass die Hauptversammlung und damit die herrschende Gesellschaft im Fall der vorläufigen Eigenverwaltung schon nach der gesetzlichen Anordnung des § 276a Abs. 3, Abs. 1 InsO keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung nehmen darf.828 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1. These Das faktische Konzernverhältnis besteht auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tochter nicht mehr fort. Denn der Insolvenzverwalter ist dazu verpflichtet, die Masse zu sichern und bestmöglich zu verwerten. Er darf sich daher wie schon der Geschäftsleiter und der vorläufige Insolvenzverwalter nicht auf eine Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen. 2. Meinungsstand Wird das Insolvenzverfahren über die faktisch konzernierte Tochtergesellschaft eröffnet, geht die überwiegende Ansicht aufgrund der Unabhängigkeit

826

→ Kapitel 3 § 2 B. I. 4. c). Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. II. 4. a). 828 BeckOK InsR/Ellers InsO § 276a Rn. 56. 827

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

des Insolvenzverwalters (§ 56 InsO) davon aus, dass die Einflussmöglichkeit der Mutter und damit das Konzernverhältnis beendet wird.829 3. Stellungnahme Bei genauer Betrachtung stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gar keine Besonderheit für die Behandlung des faktischen Konzerns dar. Vielmehr lassen sich die Überlegungen, die zuvor für den Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft getroffen wurden, auf den Insolvenzverwalter übertragen: a) Zur Sorgfaltspflicht des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter ist dazu verpflichtet, die Masse so zu verwerten, dass die Gläubiger möglichst umfassend befriedigt werden, § 1 Abs. 1 InsO. Er hat dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters zu wahren, § 60 Abs. 1 S. 2 InsO. Der Insolvenzverwalter ist – soweit dies zur bestmöglichen Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist – auch dazu verpflichtet, das Unternehmen weiterzuführen. Die Weiterführung des Unternehmens ist dabei geprägt vom Verfahrensziel, welches in der Regel in der Abwicklung des Unternehmens liegen wird.830 Unternehmerische Entscheidungen muss er deshalb anhand der Erwartung treffen, dass diese Vorteile für die Masse mit sich bringen.831

829 Beck MwStR 2014, 359 (365); Böcker GmbHR 2004, 1257 (1259); Bous Konzernleitungsmacht, S. 340; Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 383; Ehricke ZInsO 2002, 393 (394); Flöther/Pleister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 497; Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 104; Haarmeyer/Wutzke/Förster Handbuch der vorläufigen Insolvenzverwaltung § 14 Rn. 57; Jensen Der Konzern in der Krise, S. 112; Noack Gesellschaftsrecht Rn. 732; Rieble/Kolbe KTS 2009, 281 (293); Schmollinger Der Konzern in der Insolvenz, S. 229; Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 413; so auch die Begründung der Kommission für Insolvenzrecht für die Nichtregelung der Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den faktischen Konzern, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13 Abs. 5, S. 293; ebenso bereits unter Geltung der Konkursordnung Baur/Stürner Insolvenzrecht, S. 387; Kort ZIP 1988, 681 (687); Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO Vorb. K zu § 207 Rn. 5; Limmer Die Haftungsverfassung des faktischen GmbH-Konzerns, S. 343; Lutter ZfB 1984, 781 (782); K. Schmidt Wege zum Insolvenzrecht der Unternehmen, S. 228; Schulz Masselose Liquidation, S. 71 ff.; Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 127; anders wiederum für das Vergleichsverfahren Kort ZIP 1988, 681 (688); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 127. 830 BeckOK InsR/Desch/Hochdorfer InsO § 60 Rn. 15; Uhlenbruck/Sinz InsO § 60 Rn. 12. 831 BGH IX ZR 125/17, BGHZ 225, 90 Rn. 27 = NJW 2020, 1800; Foerste Insolvenzrecht § 6 Rn. 59; HK-InsO/Lohmann InsO § 60 Rn. 8.

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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Der Ermessensspielraum, den der Insolvenzverwalter bei unternehmerischen Entscheidungen hat, ist durch den Insolvenzzweck geprägt.832 Es geht also gerade nicht um unternehmerische Entscheidungen, die im Interesse des Gesamtunternehmens getroffen werden müssen, sondern um unternehmerische Entscheidungen im Interesse der Gesamtgläubigerschaft. Die Business Judgement Rule lässt sich deshalb nicht auf den Insolvenzverwalter übertragen. Im Übrigen ist die Sorgfaltspflicht des Insolvenzverwalters eigens in § 60 Abs. 1 S. 2 InsO geregelt, sodass es schon an einer planwidrigen Regelungslücke für die Analogie zu § 93 Abs. 1 S. 2 AktG fehlt. Hinzu kommt, dass durch die Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG) diese nunmehr auf Abwicklung gerichtet ist und der Insolvenzverwalter seine unternehmerischen Entscheidungen auch hieran ausrichten muss. Die Abwicklung findet freilich nicht nach den §§ 265 ff. AktG statt, sondern richtet sich nach dem insolvenzrechtlichen Abwicklungsregime, § 264 Abs. 1 AktG.833 Damit liegt auf der Hand, dass der Insolvenzverwalter nicht auf die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens eingehen darf, insbesondere keine nachteiligen Maßnahmen mehr ergreifen darf, weil diese die Insolvenzmasse gefährden würden. Es wurde bereits dargelegt, dass die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen ohnehin nur zulässig ist, wenn sie zumindest im Interesse des Gesamtkonzerns erfolgt.834 Das würde aber im klaren Widerspruch zum Insolvenzzweck der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger stehen. Da also die Sorgfaltspflicht des Insolvenzverwalters noch stärker von der Massesicherung geprägt ist als die des Geschäftsleiters, darf sich der Insolvenzverwalter erst recht nicht mehr auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen. b) Zur Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters Diese Überlegungen sind keine besondere Ausprägung der „Unabhängigkeit“ des Insolvenzverwalters. Denn auch der Vorstand der abhängigen Gesellschaft ist unabhängig, § 76 AktG. Wäre einzig die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters entscheidend für die Auflösung des faktischen Konzernverhältnisses mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wäre das argumentum ad absurdum, dass sich auch der Vorstand einer AG nie auf die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens einlassen darf, da er schließlich unabhängig ist. Das wagt aber niemand ernsthaft zu behaupten. Vielmehr ist die Frage, ob 832 BGH IX ZR 125/17, BGHZ 225, 90 Rn. 29 ff. = NJW 2020, 1800; Foerste Insolvenzrecht § 6 Rn. 59; MüKoInsO/Schoppmeyer InsO § 60 Rn. 28a; einschränkend K. Schmidt/Thole InsO § 60 Rn. 15. 833 Zu diesem Verhältnis BeckOGK AktG/Bachmann AktG § 264 Rn. 9; Grigoleit/Servatius AktG § 264 Rn. 33 ff.; Henssler/Strohn/Drescher AktG § 264 Rn. 8 ff.; Koch AktG § 264 Rn. 3 ff. 834 → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) dd).

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen möglich ist, immer von der jeweiligen Sorgfaltspflicht geprägt: Weder der Insolvenzverwalter noch der Geschäftsleiter einer nicht insolventen Aktiengesellschaft müssen sich auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen – mehr noch: Sie dürfen es gar nicht, wenn der Nachteilsausgleich nicht unmittelbar erfolgt oder zumindest gesichert erscheint. Diese Sorgfaltspflicht wird durch die besondere Situation in der Insolvenz geprägt: Denn dann ist die Unternehmensfortführung auf die Massesicherung ausgerichtet und auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen darf generell nicht mehr eingegangen werden. Alles andere würde der par conditio creditorum widersprechen. 4. Einzelfragen a) Eigenverwaltung Auch in der Eigenverwaltung müssen unternehmerische Entscheidungen im Sinne des Insolvenzzwecks der bestmöglichen Befriedigung aller Gläubiger getroffen werden. Das rechtfertigt dann selbstverständlich keine Einflussnahme des herrschenden Unternehmens im eigenen Interesse oder im Interesse des Gesamtkonzerns mehr. Unterstrichen wird das im Fall der Eigenverwaltung durch § 276a Abs. 1 InsO, der die Einflussnahme in der Hauptversammlung ausdrücklich verbietet.835 Das bekräftigt aber erneut das für das Regelinsolvenzverfahren gefundene Ergebnis: Denn der Gesetzgeber des ESUG836 wollte mit der Einführung des § 276a InsO gerade erreichen, dass die Organe des Schuldners in der Eigenverwaltung keine weitergehenden Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung haben als im Regelinsolvenzverfahren.837 Das heißt, dass er selbstverständlich davon ausging, dass die Hauptversammlung auch im Regelinsolvenzverfahren keinen Einfluss auf den Insolvenzverwalter nehmen darf. b) Insolvenzplanverfahren Auch im Insolvenzplanverfahren bleibt die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen verboten. Zwar legt § 217 S. 2 InsO fest, dass auch die 835

BeckOK InsR/Ellers InsO § 276a Rn. 61; Brünkmans ZIP 2013, 193 (199 f.); Flöther/Pleister/Theusinger Konzerninsolvenzrecht § 4 Rn. 501; Gottwald/Haas/Specovius/von Wilcken § 95 Rn. 104; HK-InsO/Brünkmans Vor InsO §§ 270 ff. Rn. 22; MüKoInsO/Klöhn InsO § 276a Rn. 15a; aA Ehricke ZInsO 2002, 393 (395); Tschernig Haftungsrechtliche Probleme der Konzerninsolvenz, S. 128; einschränkend Uhlenbruck/Zipperer InsO § 276a Rn. 7. 836 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, BGBl. 2011 I S. 2582. 837 Begr. RegE ESUG, BT-Drs. 17/5712, S. 42.

§ 3 Die Auswirkungen der Insolvenz der Tochter auf den Konzern

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Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einbezogen werden können. Damit ist jedoch nur gemeint, dass ihre Rechtsstellung auch gegen ihren Willen im Insolvenzplan geändert werden kann, § 225a InsO.838 Denn auch das Insolvenzplanverfahren ist auf die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger gerichtet, sodass Maßnahmen, die sich nur am Interesse des herrschenden Unternehmens orientieren, nicht ergriffen werden dürfen. Wird das Unternehmen durch das Insolvenzplanverfahren erfolgreich saniert und wieder in die Eigenständigkeit entlassen, ist ein Wiederaufleben der faktischen Konzernverbindung denkbar, sodass nach den Regeln der §§ 311 ff. AktG auch die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens wieder möglich wird. c) Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Erst recht gebietet es die Sorgfalt des Vorstands, für dessen Gesellschaft der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wurde, dass sich dieser nicht mehr auf eine Beeinflussung durch das herrschende Unternehmen einlässt. Denn dieser „schlimmste“ Fall der Insolvenz bringt erhebliche Gefahren mit sich, sodass im Interesse der Gesellschaftsgläubiger eine vollständige Einstellung der Geschäftstätigkeit geboten ist, vgl. § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG. Die Sorgfaltspflicht des Vorstands ist durch den Abwicklungszweck dahingehend beeinflusst, dass einer weiteren Einflussnahme des herrschenden Unternehmens im eigenen Interesse oder im Interesse des Gesamtkonzerns nicht mehr entsprochen werden darf. Die Abwicklung richtet sich nach den §§ 265 ff. AktG und nicht nach dem insolvenzspezifischen Abwicklungsregime. 5. Haftungsfragen Nimmt das herrschende Unternehmen weiter Einfluss auf die abhängige Gesellschaft, gerät es in die Haftung nach §§ 311, 317 Abs. 1 AktG sowie § 117 Abs. 1 AktG. Der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens haftet nach §§ 311, 317 Abs. 3 AktG sowie § 117 Abs. 3 AktG. Die Haftung des Insolvenzverwalters, der sich auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlässt, richtet sich ausschließlich nach §§ 60, 61 InsO. Da er seine eigenen, insolvenzspezifischen Sorgfaltspflichten mit der Vornahme von Maßnahmen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens verletzt, ist für eine entsprechende Heranziehung der §§ 311, 317 Abs. 3, 117 Abs. 3 AktG kein Raum.

838

MüKoInsO/Eidenmüller InsO § 225a Rn. 1.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

IV. Ergebnis Die Insolvenz der abhängigen Gesellschaft führt dazu, dass die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters und auch des späteren Insolvenzverwalters durch den Insolvenzzweck der Massesicherung maßgeblich beeinflusst wird. Sie lässt folglich nicht mehr zu, dass der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft auf eine Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen eingeht und Maßnahmen ergreift, die nicht im Interesse der Gläubigergesamtheit liegen. Das herrschende Unternehmen kann seine Interessen und die Interessen des Gesamtkonzerns folglich bereits bei Eintritt der Insolvenzreife nicht mehr durchsetzen, weil sich der Vorstand der abhängigen Gesellschaft darauf nicht mehr einlassen darf. Im Ergebnis bedeutet dies eine Auflösung des faktischen Konzernverhältnisses bereits mit Eintritt der Insolvenzreife, weil ab diesem Zeitpunkt die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG und damit die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG widerlegt ist. Ist eine Einflussnahme wieder möglich, weil die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters infolge des Wegfalls des Insolvenzgrundes nicht mehr auf den Massesicherungszweck gerichtet ist oder die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit nach erfolgreicher Sanierung im Insolvenzverfahren wieder aufgreifen kann, kann das faktische Konzernverhältnis wieder aufleben.

§ 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern Da Insolvenzen in der Praxis in den meisten Fällen zu spät erkannt oder eingestanden werden und die Geschäftstätigkeit nicht rechtzeitig eingestellt wird, reißen sich die am Konzern beteiligten Gesellschaften in der Regel gegenseitig in die Insolvenz. Es ist daher für den gesellschaftsrechtlichen Teil dieser Arbeit noch eine Betrachtung der Folgen der Doppelinsolvenz anzustellen. A. Vertragskonzern Gerade im Vertragskonzern hat die (unerlaubte) weitere Beherrschung der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen, das sich bereits in Solvenzproblemen befindet, häufig zur Folge, dass auch die abhängige Gesellschaft in die Insolvenz fällt. Denn ihre Existenz ist gerade nicht mehr durch den Verlustausgleichsanspruch hinreichend gesichert, weil dieser nicht mehr vollwertig ist.

§ 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern

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I. Insolvenzreife beider Gesellschaften bei Verletzung der Massesicherungspflichten Ist es tatsächlich so weit gekommen, dass beide Gesellschaften insolvenzreif sind, darf der Vertragskonzern selbstverständlich nicht mehr weiter betrieben werden.839 Dies ergibt sich aus den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO sowie aus dem Zusammenspiel der Vorschriften der §§ 291 ff. AktG. Die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag sind automatisch suspendiert, weil der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG nicht mehr vollwertig ist, dieser aber die Grundlage für alle anderen Rechte und Pflichten im Unternehmensvertrag bildet. Insofern ergibt sich kein Unterschied zur isolierten Insolvenzreife der Muttergesellschaft.840 Auch aus Haftungsgesichtspunkten ergeben sich nur wenige Unterschiede zu den oben gefundenen Ergebnissen:841 Der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft gerät zusätzlich in die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO, wenn er noch weiter auf Weisung der Muttergesellschaft handelt. Eine Teilnehmerhaftung der Muttergesellschaft und ihres Geschäftsleiters an der Verletzung der Massesicherungspflichten der Tochtergesellschaft kommt über § 830 Abs. 2 BGB in Betracht.842 II. Eröffnungsverfahren Auch für das Eröffnungsverfahren gelten die für die isolierte Insolvenz der Muttergesellschaft gefundenen Ergebnisse.843 Die Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag bleiben weiter suspendiert. Auf Haftungsebene ersetzt bei Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters die Haftung nach §§ 60 ff. InsO die Haftung nach § 15b Abs. 4 InsO auch für die abhängige Gesellschaft.844 Bei Zusammenwirken von starkem vorläufigem Insolvenzverwalter der Mutter mit dem der Tochter845 kommt erneut eine Teilnehmerhaftung in Betracht, ebenso für die Muttergesellschaft selbst, sollte für sie noch kein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt sein.

839

Wie hier Fichtelmann GmbHR 2005, 1346 (1348). Dazu oben → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. 841 → Kapitel 3 § 2 A. I. 4. 842 Zur Teilnahme an der Verletzung der Massesicherungspflichten bereits → Kapitel 3 § 3 B. I. 4. a) aa). 843 → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. 844 Insofern ergibt sich also auch kein Unterschied zur Haftung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters bei der Muttergesellschaft → Kapitel 3 § 2 A. II. 4. a). 845 Zu dem Verfahrenskoordinationsmöglichkeiten in der Doppelinsolvenz gleich → Kapitel 3 § 5. 840

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften 1. Folgen für die Unternehmensverträge Der Vertragskonzern ist ipso iure aufgelöst, wenn über beide Gesellschaftsvermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist.846 Dies ergibt sich wie bei der Mutter aus einer Analogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG sowie §§ 115, 116 InsO. Wird zuerst das Verfahren über die Tochter eröffnet, bleibt es so lange bei der Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Unternehmensvertrag, bis auch über das Vermögen der Muttergesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Denn § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG knüpft an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Hauptgesellschaft an und §§ 115, 116 InsO an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftraggebers beziehungsweise Geschäftsherrn. Aus Haftungsgesichtspunkten ist zusätzlich eine Haftung des Insolvenzverwalters der Tochtergesellschaft denkbar, wenn dieser sich auf das Weiterbetreiben des Konzerns einlässt, §§ 60, 61 InsO. 2. Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung a) Verlustausgleichspflicht Bis zum Beendigungsstichtag – im Insolvenzfall bis zum Zeitpunkt der Suspendierung der Verlustausgleichspflicht – entstandene Verluste sind wie auch im Fall der isolierten Insolvenz der Muttergesellschaft auszugleichen.847 Offen bleibt nach dieser Feststellung lediglich die Frage, ob der Verlustausgleichsanspruch auch sog. Abwicklungsverluste umfasst. Abwicklungsverluste ergeben sich aus der Differenz einer Insolvenzeröffnungsbilanz zu Liquidationswerten und der Schlussbilanz zu Fortführungswerten.848 Untauglich für die Beantwortung dieser Frage ist eine Beurteilung danach, ob die Abwicklungsverluste auf die Beherrschung durch die Muttergesellschaft im Sinne äquivalenter Kausalität zurückgeführt werden können oder nicht.849 Dasselbe gilt für die Behauptung, Abwicklungsverluste seien schon deshalb nicht von der Verlustausgleichspflicht erfasst, weil sie nicht das Ergebnis werbender Tätigkeit der abhängigen Gesellschaft seien, sondern aus 846 So bereits unter Geltung der Konkursordnung Braun/Uhlenbruck Unternehmensinsolvenz, S. 94 f.; Kuhn/Uhlenbruck/Uhlenbruck KO Vorb. K zu § 207 KO Rn. 3b; Lutter ZfB 1984, 781 (783); aA Fichtelmann GmbHR 2005, 1346 (1348); Piepenburg NZI 2004, 231 (235); Uhlenbruck/Hirte InsO § 11 Rn. 411; Vallender NZI 2020, 761. 847 Oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 6. a). 848 Kölner Schrift InsO/Uhlenbruck, 1157 (1181 Rn. 30); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 730; K. Schmidt ZGR 1983, 513 (532 f.). 849 Meister WM 1976, 1182 (1187); Noack Gesellschaftsrecht Rn. 730; Peltzer AG 1975, 309 (311); Samer Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge, S. 232 ff.; Werner AG 1972, 137 (143); einschränkend Jensen Der Konzern in der Krise, S. 104.

§ 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern

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der Realisierung des Gesellschaftsvermögens hervorgingen.850 Für die Verlustübernahmepflicht des § 302 AktG kommt es gerade nicht darauf an, dass Verluste durch die Beherrschung im Rahmen des Unternehmensvertrags zumindest mitverursacht wurden oder auf eine werbende Tätigkeit der abhängigen Gesellschaft zurückgehen.851 Die Verlustübernahmepflicht erstreckt sich vielmehr auf sämtliche Verluste, die während des Bestehens des Unternehmensvertrags entstehen. Maßgeblich ist dabei immer der „sonst entstehende Jahresfehlbetrag“. Richtigerweise lässt sich die Frage nach der Behandlung von Abwicklungsverlusten anhand des Zwecks des § 302 AktG beantworten. Denn dieser soll der Gesellschaft das Reinvermögen erhalten, welches sie vor Abschluss des Unternehmensvertrags hatte. Das richtige Ergebnis muss sich daher aus der Berechnungsgrundlage für den letzten Verlustausgleichsanspruch ergeben: Dieser ist nach Liquidationswerten zu berechnen, § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Denn würde der Verlustausgleichsanspruch zu Fortführungswerten berechnet, stellte sich bei Vertragsende das Problem, dass eine allein überlebensfähige Gesellschaft eine juristische Sekunde nach Vertragsende überschuldet wäre, weil ihr Vermögen dann zu Zerschlagungswerten zu berechnen wäre. Damit wäre der Zweck des § 302 AktG verfehlt.852 Damit ist der überwiegenden Ansicht Recht zu geben: Soweit sich Verluste bereits in der Insolvenzeröffnungsbilanz abzeichnen, sind diese vom Verlustausgleichsanspruch erfasst.853 Wiederaufbauhilfen schuldet das herrschende Unternehmen hingegen nicht.854 Da der Zeitpunkt des letzten Verlustausgleichsanspruchs im Insolvenzfall allerdings schon im Eintritt der Insolvenzreife liegt, ist die 850 So das Argument von Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (616) unter Bezugnahme auf BFH I 262/63, BFHE 90, 370 Rn. (374 f.) = DStZ 1968, 379. 851 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) cc). 852 K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 302 Rn. 39; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 42; aA Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 214 f. 853 Grüner Die Beendigung von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen, S. 212 ff.; Heidel/Schubert AktG § 302 Rn. 14; KölnKomm AktG/Koppensteiner AktG § 302 Rn. 37; Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (615 f.); MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 67; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 302 Rn. 42; Müller FS Goerdeler 1987, 375 (393 f.); Raiser/Veil KapGesR § 62 Rn. 55; Rümker WM 1974, 990 (995); K. Schmidt ZGR 1983, 513 (531 ff.); K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 302 Rn. 39; Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 33 ff.; für eine Ausgleichspflicht hinsichtlich aller Abwicklungsverluste Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 302 Rn. 39; generell gegen eine Einbeziehung von Abwicklungsverlusten BFH I 262/63, BFHE 90, 370 (374 f.) = DStZ 1968, 379; Hengeler/Hoffmann-Becking FS Hefermehl 1976, 283 (293 f.); Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (616). 854 So aber Hommelhoff Die Konzernleitungspflicht, S. 310; vgl. auch Wilhelm Die Beendigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags, S. 116 ff.; zu Recht aA MüKoAktG/Altmeppen AktG § 291 Rn. 60 ff.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

Frage nach der Ersatzfähigkeit von Abwicklungsverlusten nur von eingeschränkter Relevanz. b) Anspruch der Gläubiger auf Sicherheitsleistung, § 303 AktG Der Sicherungsanspruch der Gläubiger aus § 303 AktG ist nicht mehr auf Sicherung gerichtet, sondern ein direkter Zahlungsanspruch gegen das herrschende Unternehmen. Das ist für den Fall, dass der Zahlungsausfall der abhängigen Gesellschaft etwa wegen Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse feststeht, unumstritten, für die bloße Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber gleichermaßen zu bejahen. Denn ein Anspruch auf Sicherheitsleistung ist bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der abhängigen Gesellschaft gerade sinnlos – schließlich stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerade den klassischen Sicherungsfall dar, vgl. nur § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB.855 Der Anspruch besteht unabhängig von den etwaigen fortbestehenden Verlustausgleichsansprüchen der Tochtergesellschaft, da der Anspruch auf Sicherheitsleistung und damit auch die Ausfallhaftung nicht davon abhängt, ob die abhängige Gesellschaft Verluste gemacht hat.856 Da das herrschende Unternehmen diesen Anspruch nicht mehr erfüllen kann, weil es selbst in die Insolvenz geraten ist, kann der Anspruch in analoger Anwendung des § 93 InsO nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.857 c) Gewinnabführungspflicht Mit Ende des Unternehmensvertrags endet auch die seit der Insolvenzreife suspendierte Gewinnabführungspflicht der abhängigen Gesellschaft endgültig. Da sich diese im Fall der Doppelinsolvenz ohnehin selbst in Zahlungs-

855 Assmann JZ 1986, 928 (937); BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 303 Rn. 25; Bürgers/Körber/Lieder/Schenk AktG § 303 Rn. 17; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 303 Rn. 25; Heidel/Meilicke/Kleinertz AktG § 303 Rn. 18; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 303 Rn. 15; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 229; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 45 ff.; K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 303 R. 28; vgl. dazu bereits RG III 329/80, RGZ 4, 123 (124); aA GroßkommAktG/Hirte AktG § 303 Rn. 12 f.; Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (619); Wimmer-Leonhardt Konzernhaftungsrecht, S. 42 f. 856 BeckOGK AktG/Veil/Walla AktG § 303 Rn. 25; Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 303 Rn. 24; Hölters/Weber/Deilmann AktG § 303 Rn. 15; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 50; aA Lwowski/Groeschke WM 1994, 613 (619). 857 BeckOGK Akt/Veil/Walla AktG § 303 Rn. 26; Bork ZIP 2012, 1001 (1002 ff.); GroßkommAktG/Hirte AktG § 303 Rn. 12, 23; MüKoAktG/Altmeppen AktG § 303 Rn. 56; so bereits unter Geltung der Konkursordnung Assmann JZ 1986, 928 (937); K. Schmidt ZIP 1986, 146 (147); Wiedemann ZGR 1986, 656 (667); aA Emmerich/Habersack/Emmerich AktG § 303 Rn. 25; MHdB AG/Krieger § 71 Rn. 229; K. Schmidt/Lutter/Stephan AktG § 303 Rn. 29.

§ 4 Die Auswirkungen der Doppelinsolvenz auf den Konzern

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schwierigkeiten befindet, wird es gar keinen Gewinn geben, den sie abführen könnte. Hinzu kommt, dass Abwicklungsüberschüsse nach den §§ 271 ff. AktG zu verteilen sind, also nicht unter die Gewinnabführungspflicht fallen.858 B. Faktischer Konzern Auch im faktischen Konzern laufen die Überlegungen parallel zu denen bei isolierter Insolvenz der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft. Die Frage hat – soweit ersichtlich – noch kaum eine Erläuterung in der Literatur gefunden. I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten Da sich der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft nicht auf eine Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen darf, wenn der Nachteilsausgleich nicht gesichert erscheint, ist das faktische Konzernverhältnis bereits mit Eintritt der Insolvenzreife aufgelöst. Zudem ist der Tochtervorstand mit Eintritt der Insolvenzreife selbst zur Einstellung des Geschäftsbetriebs verpflichtet, um die Masse bestmöglich zu sichern. Wird der Konzern dennoch weiter betrieben, geraten beide Geschäftsleiter in die Haftung aus § 15b Abs. 4 InsO wegen Verletzung der eigenen Zahlungsverbote. Für den Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens und das herrschende Unternehmen selbst kommt darüber hinaus eine Teilnehmerhaftung für die Beihilfe an oder die Anstiftung zur Insolvenzverschleppung bei der abhängigen Gesellschaft in Betracht, §§ 830 Abs. 2 BGB, 15a, 15b InsO. Im Übrigen ergibt sich kein Unterschied zur Haftung bei der isolierten Insolvenz der Muttergesellschaft.859 II. Eröffnungsverfahren Auch das Eröffnungsverfahren ändert nichts daran, dass der faktische Konzern nicht mehr betrieben werden darf und das faktische Konzernverhältnis damit aufgelöst ist. Hinsichtlich der Haftung kommt zusätzlich zu den Erwägungen bei der isolierten Insolvenz der Muttergesellschaft860 eine Haftung wegen eigener Insolvenzverschleppung bei der Tochtergesellschaft in Betracht, die entweder den Geschäftsleiter nach § 15b Abs. 4 InsO trifft oder den starken vorläufigen Insolvenzverwalter nach §§ 60, 61 InsO. Eine Teilnehmerhaftung ist auch hier denkbar.

858 Ebenso BFH I 262/63, BFHE 90, 370 (373 ff.) = DStZ 1968, 135; Werner AG 1972, 137 (143). 859 → Kapitel 3 § 2 B. I. 4. 860 → Kapitel 3 § 2 B. II. 4.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften Der faktische Konzern besteht auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über beide Gesellschaften nicht fort.861 Im Gegensatz zum Vertragskonzern gibt es gerade keinen Unterschied dahingehend, über welche Gesellschaft das Insolvenzverfahren zuerst eröffnet wurde, da ohnehin ab Insolvenzreife einer der beiden Gesellschaften die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens ausgeschlossen ist. Bezüglich der Haftung ist auf die Ausführungen zur isolierten Insolvenz der Mutter862 und der Tochter863 entsprechend zu verweisen. Auch die Eigenverwaltung864 oder ein Insolvenzplanverfahren865 ändern nichts an den bereits gefundenen Ergebnissen.

§ 5 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen In der Praxis wird die Insolvenz einzelner Konzernunternehmen oftmals zu spät erkannt, sodass es zu einem Dominoeffekt kommt und die übrigen am Konzern Beteiligten ebenfalls in die Insolvenz gerissen werden.866 Deshalb wurde vielfach moniert, dass es aufgrund des insolvenzrechtlichen Trennungsgrundsatzes867 nicht möglich sei, die etablierten Konzernstrukturen auch in der Abwicklung noch zu nutzen, um so eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen.868 Als zaghafte Antwort auf diese Problemstellung ist am 21.4.2018 das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen869 in Kraft getreten. Es verfolgt das Ziel, die infolge der Insolvenz der Konzerngesellschaften eintretende Dezentralisierung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit dem Erhalt der wirtschaftlichen Einheit in Einklang zu bringen.870 Dabei hält es zwar am Trennungsprinzip der bisherigen Insolvenzordnung 861

So bereits unter Geltung der Konkursordnung Lutter ZfB 1984, 781 (783). → Kapitel 3 § 2 B. III. 5. 863 → Kapitel 3 § 3 B. III. 4. 864 → Kapitel 3 § 2 B. III. 6. a) und Kapitel 3 § 3 B. III. 4. a); aA Vallender NZI 2020, 761 (763), der in der Eigenverwaltung einen Fortbestand der Konzernleitungsmacht annimmt, um den Sanierungserfolg wahrscheinlicher zu machen. 865 → Kapitel 3 § 2 B. III. 6. b) und Kapitel 3 § 3 B. III. 4. b). 866 Dazu gerade schon → Kapitel 3 § 4. 867 → Kapitel 3 § 1. 868 Die Kommission für Insolvenzrecht hat eine verfahrens- und verwaltungsrechtliche Konzentration der Insolvenzverfahren noch ausdrücklich abgelehnt, Erster Bericht der Kommission für Insolvenzrecht 1985, S. 290 mit Leitsatz 2.4.9.13; dazu Uhlenbruck GmbHR 1989, 101 (103 f.). 869 BGBl. 2017 I 866. 870 Begr. RegE BT-Drs. 18/407, 1. 862

§ 5 Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen

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fest, soll jedoch eine erleichterte Zusammenarbeit der Gerichte und Verwalter der einzelnen Konzernunternehmen ermöglichen.871 Dies geschieht in Form eines „Gruppen-Gerichtsstands“ (§§ 3a-e InsO) und der Möglichkeit, für alle Unternehmen dieselbe Person als Insolvenzverwalter zu bestellen (§ 56b Abs. 1 InsO).872 Soweit nicht der Gruppen-Gerichtsstand gewählt wird oder kein einheitlicher Insolvenzverwalter bestellt wird, sind die Gerichte und die Insolvenzverwalter der einzelnen Konzerngesellschaften zur umfassenden Zusammenarbeit verpflichtet (§§ 269a-c InsO).873 Das neu eingeführte Koordinationsverfahren ist in §§ 269d ff. InsO geregelt und ermöglicht ein noch stärker abgestimmtes Verfahren unter Betreuung eines Verfahrenskoordinators.874 Seine Praxisrelevanz wird aufgrund der hohen Kosten und des hohen Aufwands bislang eher gering eingeschätzt.875 Bereits vor Erlass des Gesetzes war absehbar, dass dieses an der bisherigen materiell-rechtlichen Behandlung der Konzernunternehmen in der Insolvenz nichts ändern würde.876 Denn es möchte den Konzern nur als ökonomische Verflechtung nutzen, um die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu ermöglichen. Das zeigt schon die eigene insolvenzrechtliche Definition der Unternehmensgruppe des § 3e InsO, die eher mit dem Konzernbegriff des § 290 HGB als mit dem Konzernbegriff des § 18 AktG vergleichbar ist.877 Auch ein einheitlicher Insolvenzverwalter ist in seiner Sorgfaltspflicht jedoch an die für die getrennten Insolvenzverwalter gefundenen Pflichtenmaßstäbe gebunden. Das Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen ändert folglich nichts daran, dass ein Weiterbetreiben des Konzerns bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife verboten ist. Der Mehrwert besteht lediglich in den verbesserten Möglichkeiten zur Verfahrenskoordination, die

871 Begr. RegE BT-Drs. 18/407, 1 f.; dazu Flöther/Flöther Konzerninsolvenzrecht § 1 Rn. 4; Grigoleit/Grigoleit AktG § 15 Rn. 21. 872 Brünkmans Der Konzern 2017, 518 (519 ff.); Bruns FS Ebke 2021, 133 (135 ff.); Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185; Harder/Lojowsky NZI 2013, 327 (328); Lutter/Bayer/Kremer/Uelner Rz. 20.80 f. 873 Brünkmans Der Konzern 2017, 518 (522 f.); Flöther/Flöther Konzerninsolvenzrecht § 1 Rn. 11 ff.; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185; Harder/Lojowsky NZI 2013, 327 (328 f.); Lutter/Bayer/Kremer/Uelner Rz. 20.82. 874 Flöther/Flöther Konzerninsolvenzrecht § 1 Rn. 15; Harder/Lojowsky NZI 2013, 327 (329 f.). 875 Andres/Leithaus/Leithaus InsO § 269d Rn. 2; Brünkmans Der Konzern 2017, 518 (524). 876 Flöther/Hoffmann FS Kübler 2015, 147 (152 ff.). 877 „Eine Unternehmensgruppe bilden rechtlich selbstständige Unternehmen, die den Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland haben und die unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind durch 1. die Möglichkeit der Ausübung eines beherrschenden Einflusses oder 2. eine Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung“; dazu Brünkmans Der Konzern 2017, 518 (519); Harder/Lojowsky NZI 2013, 327.

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Kapitel 3: Der Konzern in der Insolvenz

aber nicht zu einem Wiederaufleben des Konzerns führen. Daher bleibt zu bezweifeln, ob das Gesetz tatsächlich den gewünschten Mehrwert bringt.878

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Kritisch auch Bruns FS Ebke 2021, 133 (142 f.); Flöther/Flöther Konzerninsolvenzrecht § 1 Rn. 16; Harder/Lojowsky NZI 2013, 327 (332); zuversichtlich Brünkmans Der Konzern 2017, 518 (524).

Kapitel 4

Die Organschaft in der Insolvenz § 1 Umsatzsteuerliche Organschaft Die Frage, wie sich die Insolvenz eines beteiligten Unternehmens auf den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft auswirkt, wird meist ab dem Zeitpunkt der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters diskutiert. Doch stellt sich die Frage – wie auch im Konzernrecht – spätestens ab Verletzung der Massesicherungspflichten. Für die Beantwortung der Problemstellung ist die Untersuchung der einzelnen Eingliederungsmerkmale erforderlich. A. Insolvenz des Organträgers I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. These Ab Insolvenzreife des Organträgers kann dieser auf die Organgesellschaft keinen Einfluss mehr nehmen. Daher fällt ab diesem Zeitpunkt die finanzielle sowie die organisatorische Eingliederung weg, sodass die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft nicht mehr gegeben sind. Da der Organträger darüber hinaus nicht mehr auf eine werbende Tätigkeit ausgerichtet ist, gibt es auch keine wirtschaftliche Verflechtung zwischen Organgesellschaft und Organträger mehr, sodass die wirtschaftliche Eingliederung nicht mehr fortbesteht. 2. Meinungsstand Wie im Konzernrecht findet die bloße Insolvenzreife in der Diskussion um den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft zumeist keine Berücksichtigung. Vereinzelt wird die vorsichtige Behauptung vorgebracht, die organisatorische Eingliederung entfalle bereits mit Eintritt der Insolvenzreife, soweit sie auf einem Beherrschungsvertrag beruhe, da die Organgesellschaft ab diesem Zeitpunkt das Leistungsverweigerungsrecht des § 273 BGB gel-

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Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz

tend machen könne.1 Im Übrigen soll die bloße Insolvenzreife aber nichts an der umsatzsteuerlichen Organschaft ändern.2 Andere beschränken sich auf den Hinweis, es sei aus Haftungsgesichtspunkten zu empfehlen, dass bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Tatbestandsvoraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft beseitigt werden.3 3. Stellungnahme a) Finanzielle Eingliederung Die finanzielle Eingliederung setzt voraus, dass sich aus der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft eine Einflussnahmemöglichkeit ergibt. Diese Einflussnahmemöglichkeit muss aber nicht nur rein tatsächlich bestehen, sondern vor allem durchsetzbar sein, denn sonst liefe das Merkmal der organisatorischen Eingliederung ins Leere. Ist der Organträger allerdings insolvent, kann er keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen: Bei Bejahung der umsatzsteuerlichen Organschaft liegt stets ein faktischer Konzern vor.4 Die Einflussnahme des herrschenden Unternehmens auf die abhängige Gesellschaft ist jedoch spätestens ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr erlaubt. Denn der Geschäftsleiter des herrschenden Unternehmens muss aufgrund der Massesicherungspflichten die Geschäftstätigkeit einstellen.5 Der Geschäftsleiter der abhängigen Gesellschaft darf sich zudem nicht mehr auf die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen einlassen, weil sich diese als nachteilig erweisen könnte, der Nachteilsausgleich aber gerade nicht mehr sichergestellt ist.6 Deshalb kann die finanzielle Eingliederung nicht mehr bejaht werden: Wegen der aktienrechtlichen Konzernvermutung ist in jeder Stimmrechtsausübung durch das herrschende Unternehmen in der Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft eine „Veranlassung“ und damit eine Einflussnahme zu sehen.7 Da diese nicht mehr erlaubt ist, kann schwerlich die Rede davon sein, der Organträger habe nach wie vor eine aus seiner Beteiligung an der Organgesellschaft folgende Einflussnahmemöglichkeit. Der Einfluss auf die Geschäftsleitung der Organgesellschaft hat vielmehr zu unterbleiben und der Geschäftsleiter der Organgesellschaft darf sich auf dahingehende Versuche

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Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.29; zur Frage der Notwendigkeit des Rückgriffs auf § 273 BGB bereits → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) ff). 2 Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.22, 24.29. 3 Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 4 Rn. 76; zur Haftung noch ausführlich → Kapitel 4 § 1 A. V. 4 → Kapitel 2 § 3 B. 5 Siehe bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. b). 6 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) dd). 7 → Kapitel 3 § 2 B. III. 4. und Kapitel 3 § 3 B. I. 3.

§ 1 Umsatzsteuerliche Organschaft

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nicht mehr einlassen. Daher entfällt die finanzielle Eingliederung mit Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens. b) Wirtschaftliche Eingliederung Da für die wirtschaftliche Eingliederung eine tatsächliche Verflechtung der Strukturen erforderlich ist, es sich also um eine rein wirtschaftliche Betrachtung handelt, führt die Insolvenzreife auf den ersten Blick nicht zwingend zum Ende der wirtschaftlichen Eingliederung.8 Bei wirtschaftlicher Betrachtung kann die Organgesellschaft grundsätzlich auch im Zeitpunkt der Insolvenzreife des Organträgers noch als dessen Betriebsabteilung erscheinen. Allerdings bringt die Insolvenzreife die Pflicht für den Geschäftsleiter des Organträgers mit sich, den weiteren Geschäftsbetrieb einzustellen und den Insolvenzantrag zu stellen. Er darf folglich nicht mehr werbend tätig werden. Das hat aber zur Folge, dass sich die Organgesellschaft nicht mehr an der werbenden Tätigkeit des Organträgers beteiligen kann, sodass die wirtschaftliche Eingliederung wegfällt. c) Organisatorische Eingliederung Beruht die organisatorische Eingliederung auf einem Beherrschungsvertrag, endet sie zwangsweise mit Eintritt der Insolvenzreife beim Organträger. Denn die organisatorische Eingliederung setzt gerade voraus, dass die Einflussnahmemöglichkeit wirklich wahrgenommen wird. Da allerdings das Weisungsrecht des § 308 AktG bereits im Zeitpunkt der fehlenden Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs suspendiert ist,9 kann auch eine Einflussnahmemöglichkeit aus dem Beherrschungsvertrag nicht mehr wahrgenommen werden. Dasselbe gilt für die organisatorische Eingliederung, die nicht über einen Beherrschungsvertrag vermittelt wird. Denn auch die Einflussnahmemöglichkeit, die sich aus der Mehrheitsbeteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft ergibt, darf nicht mehr ausgeübt werden, wenn der Organträger seine Massesicherungspflichten verletzt. Denn dann hat der Geschäftsleiter des Organträgers die Geschäftstätigkeit einzustellen und der Geschäftsleiter der Organgesellschaft darf sich nicht mehr auf die Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen.10 Damit kommt eine tatsächliche Ausübung nicht mehr in Betracht. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, die Eingliederungsmerkmale knüpften nicht an das rechtliche Dürfen, sondern stets

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Ebenso Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.26. Dazu ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. b) ee). 10 → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. 9

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Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz

an das faktische Können an.11 Es kann schwerlich behauptet werden, das Gesetz knüpfe positive Rechtsfolgen, also den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft, an rechtswidriges (§§ 15b InsO, 117, 311, 317, 93 AktG) und strafbares (§ 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO) Verhalten.12 Deshalb setzt auch die tatsächliche Ausübung der Einflussnahmemöglichkeit aus der finanziellen Eingliederung setzt eine rechtliche Durchsetzbarkeit voraus. 4. Ergebnis Die Eingliederungsmerkmale der umsatzsteuerlichen Organschaft liegen ab Insolvenzreife des herrschenden Unternehmens nicht mehr vor. Die finanzielle wie auch die organisatorische Eingliederung fallen spätestens in dem Zeitpunkt weg, in dem der Organträger seine Massesicherungspflichten verletzt, weil dann die Einflussnahme seitens des Organträgers nicht mehr erlaubt ist. Da dieser ferner nicht mehr werbend tätig bleiben darf, besteht auch die wirtschaftliche Eingliederung nicht weiter fort. Dieses Ergebnis tritt unabhängig vom Willen der Organgesellschaft und des Organträgers ein.13 II. Eröffnungsverfahren 1. These Da schon ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife die finanzielle, die wirtschaftliche und die organisatorische Eingliederung nicht mehr gegeben sind, liegen die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft im Eröffnungsverfahren ebenfalls nicht mehr vor. Dies gilt unabhängig davon, ob ein starker oder ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. 2. Meinungsstand Wird für das Vermögen des Organträgers ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, wird teilweise danach differenziert, ob dieser tatsächlich Einfluss auf die Organgesellschaft nimmt.14 Andere gehen immer von einem Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft aus, wenn ein starker vorläufiger

11 So Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2588); dagegen zu Recht Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 324 ff. 12 Vgl. dazu allgemein Tipke Steuerrechtsordnung Bd. 1, S. 59. 13 Siehe dazu bereits die Nachweise → Kapitel 2 § 2 B. 14 BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (358) = DStR 1999, 497; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (63); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.215; Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (819); hier zeigt sich wie auch im Konzernrecht (dazu bereits → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. d)) die Inkonsequenz der überwiegenden Ansicht, die bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft auf den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter stützt.

§ 1 Umsatzsteuerliche Organschaft

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Insolvenzverwalter bestellt wird.15 Die Bestellung eines „schwachen“ Insolvenzverwalters soll hingegen nur dann zur Beendigung des Organschaftsverhältnisses führen, wenn das Insolvenzgericht einen Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordnet hat.16 Allgemeiner gesprochen soll es also für die Beendigung der organisatorischen Eingliederung ausreichen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter einen von der Geschäftsführung abweichenden Willen durchsetzen kann und einen derart maßgeblichen Einfluss auf den Schuldner erhält, dass eine Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger nicht mehr möglich ist.17 3. Stellungnahme Wie bei der Insolvenzreife ergibt sich aus der Tatsache, dass weder ein faktischer noch ein Vertragskonzern weiter betrieben werden dürfen, zwingend das Ergebnis, dass im Eröffnungsverfahren sowohl die finanzielle Eingliederung als auch die organisatorische Eingliederung nicht mehr vorliegen. Denn es besteht schon keine rechtliche Einflussnahmemöglichkeit mehr, da sich jede Stimmrechtsausübung als Veranlassung darstellen würde, die dem Geschäftsleiter des Organträgers aber schon mit Insolvenzreife untersagt ist, da er die Masse zu sichern hat. Ebenso darf sich der Geschäftsleiter der Tochter aufgrund seiner eigenen Sorgfaltspflicht nicht mehr auf die Einflussnahme einlassen.18 Hinzu kommt, dass aufgrund der Pflicht des Muttervorstands, die weitere Geschäftstätigkeit einzustellen, auch die wirtschaftliche Eingliederung entfällt. Denn da der Organträger nicht mehr werbend tätig bleiben darf, kann die Organgesellschaft auch nicht mehr als Betriebsabteilung des Organträgers erscheinen. Auf die Frage, ob ein starker oder ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, kommt es mithin nicht an. Denn die Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers besteht unabhängig davon nicht mehr, ob dem vorläufigen Insolvenzverwalter ein Zustimmungsvorbehalt eingeräumt wurde oder ob auf ihn möglicherweise bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist.

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Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 260; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 401. Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 260; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 401; gegen eine Beendigung der Organschaft auch bei Zustimmungsvorbehalt Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (63 f.); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.217; für eine Einzelfallbetrachtung Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.31 f. 17 Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1558. 18 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. II. 3. 16

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Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz

III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1. These Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers bleibt die umsatzsteuerliche Organschaft beendet. Es ergeben sich keine Unterschiede zu den für die Insolvenzreife und das Eröffnungsverfahren gefundenen Ergebnissen. 2. Meinungsstand Für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers ist sich die Literatur weitgehend einig, dass aufgrund des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsrechte auf den Insolvenzverwalter (§ 80 Abs. 1 InsO) jedenfalls keine organisatorische Eingliederung mehr vorliege und folglich die umsatzsteuerliche Organschaft ende.19 Die finanzielle Eingliederung soll durch die Insolvenz des Organträgers hingegen nicht betroffen sein, da die Stimmrechte des Organträgers an der Organgesellschaft weiter durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden könnten. Ebenso bestehe die wirtschaftliche Eingliederung fort, solange das Insolvenzverfahren nicht auf die Zerschlagung des Unternehmens gerichtet sei und noch eine wirtschaftliche Kooperation zwischen Organträger und Organgesellschaft erfolge.20 Der BFH nahm zunächst eine Einzelfallbetrachtung dahingehend vor, ob der Organträger trotz eigener Insolvenz noch seine Vorstellungen in der Organgesellschaft durchsetzen könne.21 In seinem Beschluss vom 19.03.201322 hat er den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers hingegen für

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Beck/Depré/Ampferl/Depré/Dobler § 35 Rn. 73; Eilers/Schwahn Sanierungssteuerrecht Rn. 4.160; Farr Die Besteuerung in der Insolvenz, Rn. 421; Lippross Umsatzsteuer, S. 477; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1529; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 400; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 257; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 325; aA Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 259 f.; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (62); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.205; Maus GmbHR 2005, 859 (861); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (822); MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 423; Schiffer DStR 1998, 1989 (1991). 20 Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 259 f.; Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (822); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.385; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 234; Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2588); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 166; aA Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1529. 21 BFH V R 68/00, BFHE 195, 446 (449 f.) = DStR 2001, 2328; BFH V R 32/98, BFHE 187, 355 (359) = DStR 1999, 497; so auch Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 259 f.; Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2588 ff.), die von einem Ende der organisatorischen Eingliederung ausgehen, wenn diese durch einen Beherrschungsvertrag begründet ist. 22 BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 = MwStR 2014, 369.

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„ernstlich zweifelhaft“ gehalten. Mit Urteil vom 15.12.201623 bestätigte er diese Zweifel und entschied, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers die umsatzsteuerliche Organschaft ende. Ausschlaggebend für diesen Richtungswechsel war die Überlegung, dass das Finanzamt den Steueranspruch für Umsatztätigkeiten nach Insolvenzeröffnung nur durch Steuerbescheid festsetzen könne, soweit es sich um Masseverbindlichkeiten des Organträgers handele.24 Der Umsatzsteueranspruch für Umsatztätigkeiten des Organträgers sei zwar nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Masseverbindlichkeit; die Umsatzsteuer für die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft (vgl. § 35 Abs. 1 InsO) falle allerdings nicht unter die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse, sodass sie keine Masseverbindlichkeit begründe. Darin erkannte der BFH einen Widerspruch zwischen dem umsatzsteuerrechtlichen Einheitsgrundsatz und dem insolvenzrechtlichen Trennungsgrundsatz.25 3. Stellungnahme Der Insolvenzverwalter des Organträgers darf ebenfalls keinen Einfluss auf die Organgesellschaft nehmen. Denn auch den Insolvenzverwalter trifft eine Sorgfaltspflicht, die auf die Sicherung der Insolvenzmasse gerichtet ist, sodass dieser den Geschäftsbetrieb des Organträgers nicht weiterführen darf.26 Der Geschäftsleiter der Organgesellschaft darf sich nach wie vor nicht auf die Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen, um seine eigene Sorgfaltspflicht nicht zu verletzen.27 Daher besteht die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Einflussnahmemöglichkeit nicht mehr fort. Diese kann dann selbstverständlich nicht tatsächlich wahrgenommen werden, sodass die organisatorische Eingliederung nicht mehr bejaht werden kann. War die organisatorische Eingliederung auf einen Beherrschungsvertrag gestützt, kommt erschwerend hinzu, dass dieser mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch endet (§§ 115, 116 InsO, § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG analog).28 Auch die wirtschaftliche Eingliederung besteht nicht mehr fort, denn der

23 BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 = DStR 2017, 599; im Anschluss daran auch UStAE 2.8 Abs. 12 S. 1. 24 BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 23 ff. = DStR 2017, 599; BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 Rn. 30= MwStR 2014, 369; aA Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2586). 25 BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 21 ff. = DStR 2017, 599; BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 Rn. 31 = MwStR 2014, 369; so auch Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1530; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 1016; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 258; kritisch zu diesen Urteilen Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2586); Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2204 f.). 26 Dazu bereits → Kapitel 3 § 3 B. III. 3. a). 27 → Kapitel 3 § 2 B. III. 4. 28 → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) und c).

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Kapitel 4: Die Organschaft in der Insolvenz

Organträger ist auf den Insolvenzzweck, mithin die Liquidation, ausgerichtet, nicht mehr auf die werbende Tätigkeit. In diese Tätigkeit kann sich die Organgesellschaft freilich nicht einbringen, sodass die wirtschaftlich enge Verflechtung zwischen Organträger und Organgesellschaft wegfällt. Im Ergebnis ist der Rechtsprechung des BFH also zu folgen, auch wenn sie argumentativ nicht zu überzeugen vermag: Der BFH geht richtigerweise davon aus, dass bei hypothetischem Fortbestand der Organschaft durch die Umsätze der Organgesellschaft keine Masseverbindlichkeiten des Organträgers begründet würden. Denn die umsatzsteuerliche Organschaft führt nur dazu, dass die Umsätze – also das Ergebnis der Umsatztätigkeit – dem Organträger zugerechnet werden. Die Umsatztätigkeit wird hingegen nicht zugerechnet. Damit kann sich die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft selbstverständlich nicht als Verwaltungshandeln des Insolvenzverwalters des Organträgers im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstellen.29 Deshalb kann für die Umsätze der Organgesellschaft keine Steuerfestsetzung beim Organträger erfolgen.30 Allerdings geht die Behauptung des BFH, es liege ein Widerspruch zwischen insolvenzrechtlichem Trennungsgrundsatz und umsatzsteuerlichem Einheitsgrundsatz vor, fehl: Die zivilrechtliche Trennung zwischen Organträger und Organgesellschaft stellt gerade keine insolvenzrechtliche Besonderheit dar; vielmehr sind Organgesellschaft und Organträger auf zivilrechtlicher Ebene immer zu trennen.31 Richtig ist daran nur, dass die umsatzsteuerliche Organschaft im Insolvenzverfahren praktisch nicht mehr sinnvoll betrieben werden könnte. Nicht nachvollziehbar ist schließlich die in der Literatur vorgebrachte Behauptung, die Organschaft müsse fortbestehen, weil sie keine Nachteile für die Organgesellschaft mit sich bringe und für den Insolvenzverwalter des Organträgers ein steuerlich vorteilhaftes Instrument darstellen könne.32 Die Organschaft wird nicht durch die Wahl von Organträger und Organgesellschaft begründet, sondern entsteht von Gesetzes wegen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.33 Dasselbe gilt aber auch für die Beendigung der Organschaft. Es kommt gerade nicht darauf an, ob die Parteien die Organschaft fortbestehen lassen wollen, sondern ob die Voraussetzungen bei objektiver Betrachtung noch gegeben sind. Die Argumentation bewegt sich daher auf demselben Niveau wie die Behauptung, die Organschaft müsse fortbestehen, weil sie wirtschaftlich wünschenswert ist, um eine weitere Verschärfung der

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So aber Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2204 f.). Richtig erkannt von Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 950. 31 Zutr. Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2204). 32 So Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2207). 33 → Kapitel 2 § 2 B. 30

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Krise zu verhindern.34 Dass dies kein rechtlich ausschlaggebendes Argument sein kann, muss nicht näher erläutert werden. Wirtschaftlich wünschenswerte Überlegungen werden nur rechtlich vertretbar, wenn der Gesetzgeber entsprechend tätig wird. IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft Sobald die Voraussetzungen für die Organschaft nicht mehr vorliegen, werden die Leistungen der Organgesellschaft ihr selbst als eigenständige Unternehmerin zugerechnet. Damit hat sie die auf Umsätze nach Beendigung der Organschaft entfallende Umsatzsteuer selbst zu tragen und kann den Vorsteueranspruch selbst geltend machen.35 Es kommt also für sämtliche Verpflichtungen und Ansprüche darauf an, ob die Organschaft im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch bestand oder nicht, vgl. § 13 UStG.36 Aus Vereinfachungsgründen knüpft die Finanzverwaltung für den maßgeblichen Voranmeldungszeitraum an die Steuer des vorangegangenen Kalenderjahres des bisherigen Organkreises an. Allerdings kann die bisherige Organgesellschaft einen davon abweichenden Voranmeldungszeitraum beantragen.37 Für Umsätze, die vor Beendigung der Organschaft getätigt wurden, hat hingegen der Organträger die Umsatzsteuer zu tragen, ist zum Vorsteuerabzug berechtigt und Schuldner und Gläubiger etwaiger Berichtigungsansprüche nach § 37 Abs. 2 AO.38 V. Haftungsfragen Die Organgesellschaft kann nach § 73 AO für sämtliche Steueransprüche gegen den Organträger in die Haftung genommen werden, die mit der Organschaft zusammenhängen. Namentlich haftet sie also für die Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer des Organträgers. Ihre Haftung beschränkt sich dabei nicht auf die Steuer, die durch ihre eigene Umsatztätigkeit ausgelöst wurde, sondern erstreckt sich auf den gesamten Organkreis, § 73 34 Möhlenkamp/Möhlenkamp DStR 2014, 1357 (1362); Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.16; Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2207); mit Recht dagegen Oesterwinter/Luczak Der Konzern 2021, 474 (477). 35 Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (64); Offerhaus/Söhn/Lange/Hartman UStG § 2 Rn. 249; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 245; zu Fragen der Vorsteuerberichtigung gleich noch → Kapitel 4 § 1 B. IV. 2. 36 BFH XI R 84/07, BFHE 225, 282 (285 f.) = DStR 2009, 1533; Bunjes/Korn UStG § 2 Rn. 256; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (64); Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 235; Wäger/Heber UStG § 2 Rn. 175; aA Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 1038; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 245: Zeitpunkt des Rechnungseingangs. 37 UStAE 18.2 Abs. 1 S. 3, 4. 38 Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 1025; für den Fall der insolventen Organgesellschaft gleich noch → Kapitel 4 § 1 B. IV. 1.

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S. 2 AO.39 § 73 AO soll Steuerausfälle vermeiden, die infolge von Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen. Es soll insbesondere das mit der Insolvenz des Organträgers verbundene Ausfallrisiko vermieden werden, das durch die Verlagerung der Steuerschuldnereigenschaft auf den Organträger entsteht.40 Für die Haftung nach § 73 AO kommt es einzig darauf an, dass im Zeitpunkt der Begründung des Steueranspruchs ein Organschaftsverhältnis bestand.41 Für steuerliche Nebenleistungen hat die Organgesellschaft nicht zu haften.42 Die Inanspruchnahme der Organgesellschaft kommt nach der Ermessensentscheidung im Sinne des § 191 Abs. 1 S. 1 AO in Verbindung mit § 5 AO jedenfalls dann in Betracht, wenn mit der Zahlung durch den Organträger nicht zu rechnen ist, vgl. § 219 AO43 – das ist im hier interessierenden Insolvenzfall des Organträgers stets der Fall. Bei Nichterfüllung der Steuerschuld kommt daneben eine Haftung des Geschäftsleiters der Organgesellschaft und des Organträgers jeweils über § 69 AO in Betracht, da diese nach § 34 AO für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten Sorge zu tragen haben. VI. Einzelfragen 1. Eigenverwaltung Auch mit Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens liegt schon deshalb keine finanzielle Eingliederung mehr vor, weil die Einflussnahme des Organträgers auf die Organgesellschaft ausgeschlossen ist.44 Das ergibt sich aus der Tatsache, dass das Insolvenzverfahren auf Sicherung der Masse gerichtet ist, 39 Gosch/Jatzke AO § 73 Rn. 11; HHS/Boeker AO § 73 Rn. 14 ff.; Koenig/Kratzsch AO § 73 Rn. 11 ff.; Klein/Rüsken AO § 73 Rn. 1; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 185; aA: Lippross/Seibel/Niewerth AO § 73 Rn. 3 f.; Tipke/Kruse/Loose AO § 73 Rn. 6: Verstoß gegen Übermaßverbot. 40 Begr. RegE, BT-Drs. VI/1982, 120; BFH VII R 18/21, BFHE 276, 328 Rn. 25; BFH I R 54/15, BFHE 259, 1 Rn. 9 = DStR 2017, 2214; BFH 76/03, BFHE 207, 18 Rn. 6 = GmbHR 2005, 119; Gosch/Jatzke AO § 73 Rn. 2; Koenig/Kratzsch AO § 73 Rn. 1; Lippross/Seibel/Niewerth AO § 73 Rn. 1; Tipke/Kruse/Loose AO § 73 Rn. 1. 41 BFH VII R 18/21, BFHE 276, 328 Rn. 27 = DStR 2022, 1863; HHS/Boeker AO § 73 Rn. 20; Koenig/Kratzsch AO § 73 Rn. 5; Klein/Rüsken AO § 73 Rn. 6; Lippross/Seibel/Niewerth AO § 73 Rn. 2; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 185; Tipke/Kruse/Loose AO § 73 Rn. 3. 42 Gosch/Jatzke AO § 73 Rn. 14; HHS/Boeker AO § 73 Rn. 19; Koenig/Kratzsch AO § 73 Rn. 12; Klein/Rüsken AO § 73 Rn. 10; Lippross/Seibel/Niewerth AO § 73 Rn. 3; Tipke/Kruse/Loose AO § 73 Rn. 7; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 188. 43 BFH VII R 43/08, BFHE 226, 391 (397) = DStR 2009, 2670; Koenig/Kratzsch AO § 73 Rn. 18; Klein/Rüsken AO § 73 Rn. 12; Gosch/Jatzke AO § 73 Rn. 15; Tipke/Kruse/Loose AO § 73 Rn. 8. 44 Zutr. Hasbach MwStR 2017, 262 (268); Hölzle DStR 2006, 1210 (1212); aA Wäger UR 2014, 81 (91 f.).

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sodass der Geschäftsleiter des Organträgers keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen darf – der Insolvenzschuldner wird im Eigenverwaltungsverfahren gerade nicht mehr aufgrund der eigenen Privatautonomie tätig sondern ist Amtswalter der Insolvenzgläubiger.45 Ferner darf sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft aufgrund seiner eigenen Sorgfaltspflicht nicht mehr auf die Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen.46 Auch die organisatorische Eingliederung entfällt, weil schon keine auf der finanziellen Eingliederung beruhende Möglichkeit zur Einflussnahme mehr besteht, die tatsächlich wahrgenommen werden könnte.47 Beruht die organisatorische Eingliederung auf einem Beherrschungsvertrag, ist dieser mit Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens beendet und im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren bereits suspendiert.48 Zudem liegt auch im Eigenverwaltungsverfahren keine wirtschaftliche Eingliederung mehr vor, weil der Organträger keiner werbenden Tätigkeit mehr nachgeht, an der sich die Organgesellschaft beteiligen könnte. Das Eigenverwaltungsverfahren ändert folglich nichts an den gefundenen Ergebnissen: Die umsatzsteuerliche Organschaft ist beendet.49 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, ändert dies ebenfalls nichts an der Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft. In diesem Fall wird vor allem das Ende der wirtschaftlichen Eingliederung deutlich, weil eine masselose Gesellschaft in jedem Fall keiner Tätigkeit mehr nachgeht, an der sich die Organgesellschaft im Sinne der wirtschaftlichen Eingliederung noch sinnvoll beteiligen könnte.50 Für die finanzielle wie auch die organisatorische Eingliederung ergibt sich das Ende aus dem Pflichtenprogramm des jeweiligen Geschäftsführers: Der Geschäftsführer des Organträgers muss die Liquidation seiner Gesellschaft herbeiführen, § 264 Abs. 1 AktG; der Geschäftsführer der Organgesellschaft darf sich nicht

45

Dazu bereits die Nachweise oben → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (3); so im Ergebnis auch Kahlert ZIP 2013, 2348 (2350), der der Organgesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht zusprechen möchte, weil sie einen Anspruch auf Herausgabe eines etwaigen Vorsteuerüberhangs hätte. 46 Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. III. 6. a). 47 AA Wäger UR 2014, 81 (91 f.); Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2208). 48 Im Ergebnis ebenso Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.33 f.; Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2208). 49 Ebenso UStAE 2.8 Abs. 12 S. 2; OFD Niedersachsen S 7105 – 49 – St 186, DStR 2017, 1826 (1827). 50 So zu Recht Wäger UR 2014, 81 (91).

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mehr auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen.51 Beruht die organisatorische Eingliederung auf einem Beherrschungsvertrag, ist dieser mit Rechtskraft des Ablehnungsbescheids beendet (§ 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG in Verbindung mit § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG).52 In gleicher Weise ergibt sich aus den Sorgfaltspflichten der Geschäftsführer das Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft im Insolvenzplanverfahren.53 B. Insolvenz der Organgesellschaft I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. These Soweit die organisatorische Eingliederung durch einen Beherrschungsvertrag begründet wird, verhindert die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG die Insolvenz der Organgesellschaft. In den übrigen Fällen liegen die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft nicht mehr vor, wenn die Organgesellschaft insolvenzreif ist. Das geht aus der Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters der Organgesellschaft hervor, die in der Insolvenzreife maßgeblich durch die Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO bestimmt wird. 2. Meinungsstand Bei Insolvenzreife der Organgesellschaft wird vertreten, dass diese nichts an der organisatorischen Eingliederung und damit am Bestand der Organschaft ändere.54 Andere nehmen hingegen an, dass die Organschaft ab dem Zeitpunkt der strafrechtlich relevanten Krise im Sinne des § 283 StGB beendet sei, da sich aus dieser Strafvorschrift ein Verbot der weiteren Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft und damit eine Einschränkung der Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife ergebe, sodass die finanzielle und die organisatorische Eingliederung entfalle.55 51

Dazu bereits → Kapitel 3 § 2 B. III. 6. c). Dazu → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. e) bb). 53 Dazu → Kapitel 3 § 2 B. III. 6. b). 54 UStAE 2.8 Abs. 6c S. 1; BFH V R 34/01, BFH/NV 2002, 223 (224) = UR 2002, 214; BFH V R 128/93, BFH/NV 1996, 275 (276) = StRK UStG 1980 § 2 Abs. 2 R.10; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1526, 1543; Offerhaus/Söhn/Lange/Hartman UStG § 2 Rn. 245; Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.57; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 252; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 327; Ziegenhagen/Thieme Besteuerung in Krise und Insolvenz § 5 Rn. 277. 55 Roth DZWiR 2009, 274 (276); Roth/Germer NWB 2005, 3285 (3287 ff.); gegen diese Interpretation des § 283 StGB BFH XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977 = ZInsO 2009, 1262; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1526. 52

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3. Stellungnahme Soweit zwischen Organträger und Organgesellschaft ein Beherrschungsvertrag geschlossen wurde, kann die Organgesellschaft nicht in die Insolvenz fallen. § 302 AktG verpflichtet den Organträger dazu, die ständige Liquidität der Organgesellschaft zu gewährleisten.56 Liegt hingegen kein Beherrschungsvertrag vor, entfällt ab Verletzung der Massesicherungspflichten die Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers auf die Organgesellschaft. Denn die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters der Organgesellschaft ist nunmehr durch die Massesicherungspflichten modifiziert. Er hat daher die weitere Geschäftstätigkeit einzustellen und darf sich nicht auf eine weitere Einflussnahme durch den Organträger einlassen.57 Verstärkend kommt hinzu, dass seine weitere Geschäftstätigkeit unter Strafe gestellt ist, § 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO. Die Strafbarkeit nach § 283 StGB vermag dieses Ergebnis nicht eigenständig zu begründen, kann aber unterstützend herangezogen werden. Denn auch in ihr geht der Grundgedanke der Massesicherungspflichten auf, dass im Stadium der Insolvenzreife die Masse zu sichern ist. Damit kann der Organträger keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen, sodass die finanzielle Eingliederung wegfällt. Das heißt in der Konsequenz aber auch, dass eine tatsächliche Einflussnahme auf Grundlage der durch die finanzielle Eingliederung begründeten Einflussnahmemöglichkeit nicht mehr denkbar ist, weshalb auch die organisatorische Eingliederung entfällt. Insbesondere kann nicht geltend gemacht werden, die organisatorische Eingliederung knüpfe nur an die tatsächlichen Gegebenheiten an, sodass das rechtliche Dürfen auf dieser Ebene keine Rolle spiele – denn auch das Steuerrecht darf keine positiven Folgen, namentlich den Fortbestand der umsatzsteuerlichen Organschaft, an rechtswidriges und sogar strafbares Verhalten knüpfen.58 Da die Organgesellschaft ihre werbende Tätigkeit einzustellen hat, entfällt auch die wirtschaftliche Eingliederung.59 Hinzu kommt die praktische Überlegung, dass die Organgesellschaft bereits im Stadium der Insolvenzreife wegen des Zahlungsverbots in § 15b InsO den Ausgleichsanspruch des Organträgers aus § 426 Abs. 1 BGB für die von ihm entrichtete Umsatzsteuer nicht mehr bedienen darf. Damit kann der Organträger nicht mehr sinnvoll seiner Funktion als Steuereinnehmer des Staates nachkommen, weil er letztlich selbst die Steuer tragen müsste und nicht nur einnehmen würde.60 56

→ Kapitel 3 § 3 A. I. 3. → Kapitel 3 § 3 B. I. 3. 58 Dazu bereits → Kapitel 4 § 1 I. 3. c). 59 Ziegenhagen/Thieme Besteuerung in Krise und Insolvenz § 7 Rn. 165. 60 Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 395; so zutreffend für die (vorläufige) Eigenverwaltung Hasbach MwStR 2017, 262 (269 f.). 57

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II. Eröffnungsverfahren Das Eröffnungsverfahren ist seit Jahrzehnten zentraler Gegenstand der Diskussion um den Fortbestand der Organschaft in der Insolvenz. Besonders vehement streiten sich Rechtsprechung und Literatur im Fall der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters für das Vermögen der Organgesellschaft. 1. These Da die Einflussnahmemöglichkeit, welche sowohl für die finanzielle als auch die organisatorische Eingliederung erforderlich ist, bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife entfällt, ändert auch das Eröffnungsverfahrens nichts daran, dass die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft nicht mehr gegeben sind. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob ein starker oder ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Auch die wirtschaftliche Eingliederung liegt im Eröffnungsverfahren nicht mehr vor. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist deshalb beendet. 2. Meinungsstand a) Die Rechtsprechung des BFH Der BFH hat unter Geltung der Konkursordnung zunächst eine Einzelfallbetrachtung dahingehend vorgenommen, ob der Sequester maßgeblichen Einfluss auf die Organgesellschaft erhält und ihm eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft möglich ist.61 Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und danach unterschieden, ob ein starker oder schwacher Insolvenzverwalter bestellt wurde. Nur im ersten Fall sollte die umsatzsteuerliche Organschaft beendet sein, weil nur auf den starken vorläufigen Insolvenzverwalter bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergehe. Es sei dem Insolvenzverwalter also nicht möglich, eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft zu bewirken, solange dieser kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt werde.62 Mittlerweile nimmt der BFH auch für den Fall, dass ein schwacher vorläufi61

BFH V R 96/96, BFHE 182, 426 (430) = DStR 1997, 1487; bestätigt durch BFH V R 34/01, BFH/NV 2002, 223 (225) = UR 2002, 214; zur Sequestration bereits → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. a); ausführlich zu der damaligen Rechtsprechung Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1548 ff. 62 BFH V R 24/03, BFHE 204, 520 (524 f.) = DStR 2004, 951; so auch noch BFH V R 14/08, BFHE 227, 513 Rn. 35 = DStR 2010, 323; BFH XI B 66/08, BFH/NV 2009, 977 = ZInsO 2009, 1261; krit. dazu Farr, Die Besteuerung in der Insolvenz, Rn. 421; Hölzle DStR 2006, 1210; Maus GmbHR 2005, 859; Onusseit ZInsO 2004, 1182; Roth DZWiR 2009, 274 (275 ff.); Roth/Germer NWB 2005, 3285.

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ger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt wird, an, dass die organisatorische Eingliederung entfalle, weil der Organträger seinen Willen in der Organgesellschaft nicht mehr tatsächlich durchsetzen könne.63 Das ist freilich auf seine Rechtsprechungsänderung zu den Erfordernissen der Eingliederungsmerkmale zurückzuführen.64 b) Meinungen in der Literatur Auch die Literatur unterscheidet meist nach der Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters: Während die Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters nur die Organschaft beende, wenn zu seinen Gunsten ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet wurde,65 soll der starke Insolvenzverwalter stets das Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft mit sich bringen.66 Teilweise wird auch angenommen, die Organschaft werde durch die vorläufige Insolvenzverwaltung nicht betroffen.67 3. Stellungnahme Im Insolvenzeröffnungsverfahren kommt es nicht darauf an, ob ein schwacher oder ein starker Insolvenzverwalter bestellt wird. Da bereits mit Insolvenzreife spätestens ab Verletzung der Massesicherungspflichten die Voraussetzungen für die umsatzsteuerliche Organschaft entfallen, ist diese erst recht beendet, wenn der Insolvenzantrag gestellt wird. Denn schon das vorläufige Insolvenzverfahren ist auf die Sicherung der Masse gerichtet.68 Es kommt also weder darauf an, ob die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bei der Or63 BFH V R 18/13, BFHE 242, 433 Rn. 27 ff. = DStR 2013, 1883; nachfolgend BFH VII R 18/21, BFHE 276, 328 Rn. 23 = DStR 2022, 1863; BFH V R 36/15, BFHE 255, 310 Rn. 15 = DStR 2016, 2965; BFH XI R 35/17, BFHE 267, 542 Rn. 43 = DStR 2020, 494; so jetzt auch UStAE 2.8 Abs. 12 S. 4. 64 Dazu bereits → Kapitel 2 § 2 B. IV. 65 Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 260; Hölzle DStR 2006, 1210 (1212 ff.); Maus GmbHR 2005, 859 (862); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (820); MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 419; Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.38; Roth DZWIR 2009, 274 (275 f.); Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 393; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 257; aA Nickert/Nickert ZInsO 2004, 479 (481); Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (70); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 5 Rn. 277, § 7 Rn. 164. 66 Beck/Depré/Ampferl/Depré/Dobler § 35 Rn. 73; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (63); MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 419; Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (819); Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1554 ff.; Nickert/Nickert ZInsO 2004, 479 (481); Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.37; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.383; Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 234; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 396; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 257; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (69); Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 164. 67 Keul, Die umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz, S. 40 ff. 68 Dazu bereits ausführlich → Kapitel 3 § 2 A. II. 3. b).

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gangesellschaft selbst verbleibt oder bereits auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht, noch spielt es eine Rolle, ob zugunsten des vorläufigen Insolvenzverwalters ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet wird. Denn die Eingliederungsvoraussetzungen entfallen schon aufgrund des geänderten Pflichtenmaßstabs, den bereits die Insolvenzreife mit sich bringt. Da der Geschäftsleiter der Organgesellschaft und auch der vorläufige Insolvenzverwalter dazu verpflichtet ist, die Masse zu schützen, sind sämtliche Maßnahmen zu unterlassen, die die Masse potenziell gefährden könnten. Dazu gehört aber auch die Einflussnahme durch den Organträger. Auf diese darf sich folglich weder der Geschäftsleiter der Organgesellschaft noch ein etwaiger vorläufiger Insolvenzverwalter einlassen.69 Damit liegen die Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung nicht mehr vor, weshalb erst recht keine tatsächliche Einflussnahme mehr erfolgen kann, sodass auch die organisatorische Eingliederung wegfällt. Die wirtschaftliche Eingliederung besteht ebenfalls nicht mehr fort, da die Organgesellschaft nicht mehr werbend tätig sein darf, sich also nicht mehr wirtschaftlich in den Betrieb des Organträgers einbringen kann. Werden zusätzliche Sicherungsmaßnahmen – wie etwa ein Zustimmungsvorbehalt oder ein allgemeines Verfügungsverbot – angeordnet, unterstreichen diese die gefundenen Ergebnisse. III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1. These Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert nichts daran, dass die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft seit der Insolvenzreife nicht mehr vorliegen. Der Insolvenzverwalter ist zur Sicherung der Masse verpflichtet und darf sich nicht von den Interessen des Organträgers beeinflussen lassen. 2. Meinungsstand Die überwiegend vertretene Ansicht sieht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft als Grund für die Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft.70 Die Eingliederungsvoraussetzungen 69

→ Kapitel 3 § 3 B. II. UStAE 2.8 Abs. 12 S. 1; BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 28 ff. = DStR 2017, 599; BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 Rn. 33 = MwStR 2014, 369; Eilers/Schwahn Sanierungssteuerrecht Rn. 4.161; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 258 f.; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (62); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (824); MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 418; Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1527; Prinz/Witt/Wagner Rn. 24.36; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.379; Schiffer DStR 1998, 1989 (1991); Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 234; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 392; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 258; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 321; 70

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seien durch den Übergang der Vermögensverwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO nicht mehr gegeben. Zudem sei der insolvenzrechtliche Trennungsgrundsatz mit dem umsatzsteuerlichen Einheitsgrundsatz unvereinbar. Der Organträger könne außerdem nicht mehr als Steuereinnehmer des Staates fungieren, weil sein Ausgleichsanspruch in der Insolvenz eine bloße Insolvenzforderung sei und keine Masseforderung im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO.71 Andere wollen danach differenzieren, ob die Leitung der Organgesellschaft den Willen des Organträgers weiterhin tatsächlich umsetzt.72 3. Stellungnahme Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft führt erst recht zum Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft. Denn der Insolvenzverwalter ist einzig den Gläubigern gegenüber verpflichtet und hat die Masse bestmöglich zu sichern und zu verwerten. Deshalb darf er sich nicht auf die Einflussnahme durch den Organträger einlassen. Da der Organträger also seine Einflussnahmemöglichkeit verliert, bestehen die Voraussetzungen für die finanzielle Eingliederung nicht mehr fort. Dementsprechend kann die Einflussnahmemöglichkeit auch nicht mehr tatsächlich wahrgenommen werden, sodass auch die organisatorische Eingliederung nunmehr zu verneinen ist. Darüber hinaus nimmt die Organgesellschaft spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine werbende Tätigkeit mehr wahr, weshalb die wirtschaftliche Eingliederung entfällt. Im Ansatz hat die überwiegende Ansicht folglich recht, wenn sie behauptet, die Organschaft könne wegen des besonderen Pflichtenkatalogs des Insolvenzverwalters nicht mehr fortbestehen. Das ist aber freilich keine bloße Frage des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, sondern eine allgemeine Feststellung für die gesamte Insolvenzphase. Denn der Pflichtenkatalog des Insolvenzverwalters ist wie auch schon der Pflichtenkatalog des vorläufigen Insolvenzverwalters und des insolvenzverschleppenden Geschäftsleiters auf die Sicherung der Insolvenzmasse zur bestmöglichen Gläubigerbefriedigung gerichtet. Es kommt also nicht auf den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis an, sondern auf die generelle Beeinflussung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch die insolvenzrechtlichen Besonderheiten. Hinzu kommt die praktische Überlegung, dass der Organträger nur sinnvoll als Steuereinnehmer für den Staat tätig sein kann, wenn er die Steuern

so auch die Kommission für Insolvenzrecht, die aber bewusst auf eine explizite Regelung verzichtete: Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 243 f. 71 AA Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2586). 72 Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2591).

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nicht letztlich selbst tragen muss. Denn sein Erstattungsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB liefe in der Insolvenz der Organgesellschaft in der Regel ins Leere. Damit wäre der Organträger nicht mehr Steuereinnehmer, sondern letztlich derjenige, der die Steuerlast zu tragen hat.73 Eine spezifisch insolvenzrechtliche Kollision von Trennungsgrundsatz und umsatzsteuerlichem Einheitsgrundsatz lässt sich hingegen nicht erkennen, weil die Trennung von Organträger und Organgesellschaft dem Zivilrecht insgesamt anhaftet und keine Besonderheit des Insolvenzrechts ist.74 IV. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft 1. Erstattungsanspruch Zahlt der Organträger nach dem Ende der Organschaft weiterhin die Umsatzsteuer, die auf die Umsätze der Organgesellschaft entfällt, steht ihm ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO zu.75 Gläubiger des Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO ist derjenige, dessen Steuerschuld nach dem gegenüber dem Finanzamt erkennbar hervorgetretenen Willen des Zahlenden getilgt werden sollte. Besteht aber die Organschaft nicht mehr fort, handelt es sich bei der Umsatzsteuer, die auf die Umsätze der Organgesellschaft entfällt, um eine eigene Steuerschuld der Organgesellschaft. Geht der Organträger mithin irrig weiter davon aus, dass eine Organschaft bestehe, er also auch für die auf die Umsatztätigkeit der Organgesellschaft entfallende Umsatzsteuer Steuerschuldner sei, kann er den Erstattungsanspruch selbst geltend machen. Er hat erkennbar auf eine eigene, in Wahrheit aber nicht bestehende Steuerschuld geleistet, nicht auf die Steuerschuld der Organgesellschaft.76 Soweit die Organgesellschaft bei vermeintlich fortbestehender Organschaft hingegen auf die vermeintliche Umsatzsteuerschuld des Organträgers zahlt, steht der Erstattungsanspruch ebenfalls dem Organträger zu, da die Organgesellschaft dessen Umsatzsteuerschuld tilgen wollte und nicht in Erfüllung ihrer eigenen (subsidiären!) Haftung aus § 73 AO geleistet hat.77 Eine Verrechnung des Erstattungsanspruchs mit der tatsächlichen Steuerschuld der Organgesellschaft ist nicht möglich.78 Soweit das Finanzamt den Betrag allerdings bereits an die Insolvenzmasse der Organgesellschaft ausbezahlt hat,

73

→ Kapitel 4 § 1 B. I. 3. → Kapitel 4 § 1 A. III. 3. 75 BFH VII R 49/96, BFH/NV 1997, 537 (538) = UR 1998, 111; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (66). 76 AA Gosch/Schlücke AO § 37 Rn. 138. 77 Zutr. BFH VII R 20/18, BFHE 274, 507 Rn. 20 = DStR 2022, 933; FG Hessen 1 K 1239/15, EFG 2018, 616 (617 f.); Siebel/Streit ZInsO 2023, 666 (667); aA BGH IX RZ 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 20 = NJW 2012, 550; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 299. 78 BFH VII R 20/18, BFHE 274, 507 Rn. 19 = DStR 2022, 933. 74

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ist der Anspruch des Organträgers nach der Rechtsprechung des BFH wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben nicht durchsetzbar.79 Ein Ausgleichsanspruch des Organträgers für die trotz entfallener Organschaft noch gezahlte Umsatzsteuer (§ 426 Abs. 1 BGB) besteht hingegen nicht mehr, weil dieser eine bestehende Organschaft voraussetzen würde. Daher stellt sich die Frage gar nicht, ob dieser eine Masseverbindlichkeit darstellen würde – dies ist aus den bereits genannten Gründen zu verneinen.80 2. Vorsteuerberichtigungsanspruch Ist über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden, wird der Organträger den Vorsteuerabzug in der Regel bereits bezogen haben. Da aber die Organgesellschaft ihre Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann, ist nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UStG die Vorsteuer zu berichtigen. Deshalb stellt sich die Frage, gegen wen sich der Vorsteuerberichtigungsanspruch richtet. Teilweise wird der Organträger generell als Schuldner des Vorsteuerberichtigungsanspruchs angesehen, da der Umsatz zunächst an ihn ausgeführt wurde.81 Andere nehmen hingegen an, dass sich ein Vorsteuerberichtigungsanspruch, der erst nach Beendigung der Organschaft entstanden ist, gegen die Organgesellschaft selbst richte.82 Dies zeige schon der systematische Vergleich zu § 15a UStG, der Vorsteuerberichtigungsansprüche gegenüber der Organgesellschaft nach Beendigung der Organschaft für Wirtschaftsgüter der Organgesellschaft regelt, die noch während der bestehenden Organschaft angeschafft wurden. Richtigerweise ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Forderung gegen die Organgesellschaft uneinbringlich wurde. Fällt dieser Zeitpunkt erst in die Zeit nach Beendigung der Organschaft, haftet die Organgesellschaft selbst für den Vorsteuerberichtigungsanspruch. Denn es ist kein Grund ersichtlich, die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 UStG anders zu behandeln als die

79 BFH VII R 16/13, BFH/NV 2015, 8 Rn. 23 = NZG 2014, 2404; dazu Siebel/Streit ZInsO 2023, 666 (667). 80 Dazu schon → Kapitel 4 § 1 A. III. 3.; ferner Kahlert ZIP 2013, 2348 (2350). 81 BFH VII R 49/96, BFH/NV 1997, 537 (539 f.) = UR 1998, 111; FG Düsseldorf 5 K 531/90 U, EFG 1993, 747 (748) = GmbHR 1994, 73; Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 1044 f., § 17 Rn. 84 f. 82 FG Brandenburg 1 V 857/96, EFG 1996, 1061 (1062) = FR 1997, 395; FG Münster 15 K 28/85 U, EFG 1992, 228 (229) = WPg 1992, 294; FG Nürnberg II 169/86, EFG 1990, 543 (544) = ZIP 1990, 1491; so im Ansatz bereits BFH V B 110/01, BFHE 199, 55 (59) = GmbHR 2002, 935; Hess/Boochs/Weis Steuerrecht in der Insolvenz, Rn. 696; Hölzle DStR 2006, 1210 (1211); Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (65); Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 407; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (71); Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 328.2; Ziegenhagen/Thieme Besteuerung in Krise und Insolvenz § 4 Rn. 76.

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nach § 15a UStG.83 Dem steht auch nicht entgegen, dass § 17 UStG von dem Unternehmer spricht, „an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist“. Denn die Organschaft führt gerade dazu, dass die Organgesellschaft und der Organträger als einheitliches Unternehmen gelten. Infolge der Beendigung der Organschaft wird die Organgesellschaft aber wieder zu einem umsatzsteuerlich eigenständigen Unternehmen. Daher kann sich der Vorsteuerberichtigungsanspruch dann auch gegen sie richten.84 Da aber für die Uneinbringlichkeit maßgeblich ist, dass nicht mehr damit zu rechnen ist, dass die Organgesellschaft die Leistungen noch erbringt, fällt der Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit nach den gefundenen Ergebnissen mit dem Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft zusammen. Denn mit der Nichterfüllung ist jedenfalls dann zu rechnen, wenn die Insolvenzantragspflicht verletzt wurde.85 Mit diesem Zeitpunkt ist aber auch die umsatzsteuerliche Organschaft beendet. Daher kommt es in den hier interessierenden Fällen gar nicht dazu, dass ein Vorsteuerberichtigungsanspruch erst nach Beendigung der Organschaft entsteht. Mithin bleibt es bei dem gefundenen Ergebnis, dass der Organträger Schuldner des Vorsteuerberichtigungsanspruchs nach § 17 Abs. 2 UStG ist. V. Einzelfragen 1. Eigenverwaltung Richtigerweise entfällt auch bei Anordnung der Eigenverwaltung über das Vermögen der Organgesellschaft die finanzielle und die organisatorische Eingliederung.86 Die finanzielle Eingliederung fehlt schon deshalb, weil der Organträger keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen darf. Das ergibt sich aus der Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters der Organgesellschaft, die in der Eigenverwaltung dahingehend modifiziert ist, dass ihn das Pflichtenprogramm der §§ 270 ff. InsO, vorrangig also die Massesicherung 83

Zutr. BFH V R 2/05, BFHE 216, 375 (378 f.) = DStR 2007, 440; SWR/Radeisen UStG § 2 Rn. 262; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (71); im Ergebnis ebenso Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (65); Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 407; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 328.2; Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 170. 84 Zutr. BFH V R 2/05, BFHE 216, 375 (378 f.) = DStR 2007, 440; Walter/Stümper GmbHR 2006, 68 (71). 85 Vgl. zur Uneinbringlichkeit auch BFH XI R 25/97, BFHE 184, 208 (211) = ZIP 1998, 214; ähnlich Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (65). 86 AA Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (63); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.203; Maus GmbHR 2005, 859 (862); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (824); Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1528; Wagner/Fuchs BB 2017, 2202 (2208): Fortbestand der Organschaft, solange dem Sachwalter keine Befugnisse eingeräumt werden, die ihm eine Willensbildung in der Organgesellschaft gegen den Willen des Organträgers ermöglichen.

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trifft.87 Denn auch der eigenverwaltende Insolvenzschuldner wird nicht kraft seiner Privatautonomie tätig, sondern ist Amtswalter im Interesse aller Insolvenzgläubiger.88 Er darf also den Ausgleichsanspruch des Organträgers aus § 426 BGB nicht mehr erfüllen. Mit der Bestellung eines Sachwalters, insbesondere mit der Frage nach dessen Befugnissen, hat dies aber nichts zu tun.89 Verstärkend kommt hinzu, dass der Geschäftsleiter des Organträgers schon wegen § 276a Abs. 1 S. 1 InsO keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen darf.90 Das gilt über § 276a Abs. 3 InsO auch schon im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren.91 Das Ergebnis für die vorläufige Eigenverwaltung wird dadurch unterstrichen, dass das Insolvenzgericht oftmals den Vollstreckungsschutz nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO anordnen wird, sodass eine Beherrschung durch den Mehrheitsgesellschafter erst recht nicht mehr in Betracht kommt.92 Entfällt aber die finanzielle Eingliederung, kann der Organträger auch die aus der finanziellen Eingliederung hervorgehende tatsächliche Einflussnahme nicht mehr vollziehen, die für die organisatorische Eingliederung erforderlich wäre.93 Beruht die organisatorische Eingliederung auf einem Beherrschungsvertrag, kann die Insolvenz der Organgesellschaft hingegen wegen § 302 AktG gar nicht eintreten.94 Die wirtschaftliche Eingliederung entfällt im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren ebenfalls, weil die Organgesellschaft sich nicht mehr an der werbenden Tätigkeit des Organträgers beteiligen kann, da ihr Geschäftsleiter an die Massesicherungspflicht gebunden ist.

87 Zutr. FG Münster 5 K 3123/15 U, EFG 2017, 1756 (1759) = ZIP 2018, 2217; Kahlert ZIP 2013, 2348 (2349); vgl. auch Hasbach MwStR 2017, 262 (269 f.). 88 Dazu bereits die Nachweise → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (3). 89 So aber das maßgebliche Kriterium nach UStAE 2.8 Abs. 12 S. 2; zutr. hingegen BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 Rn. 40 f. = DStR 2014, 934 unter Bezugnahme auf den insolvenzrechtlichen Einzelverfahrensgrundsatz. 90 Zutr. BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 35 f. = DStR 2017, 599. 91 Zutr. BMF III C 2 – S 7105/20/10001 :001, DOK 2021/0458682, DStR 2021, 1542; Rapp/Engelhardt/Lampe DStR 2021, 2229; anders noch vor Inkrafttreten des § 276a Abs. 3 InsO BFH XI R 35/17, BFHE 267, 542 Rn. 65 = DStR 2020, 494; im Anschluss daran BMF III C 2 – S 7105/20/10001 :001, DOK 2021/0174033, DStR 2021, 619; ebenso noch UStAE 2.8 Abs. 12 S. 6. 92 Kahlert ZIP 2013, 2348 (2350); ähnlich MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 420; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 398 f.; so auch FG Münster 5 K 3123/15 U, EFG 2017, 1756 (1759) = ZIP 2018, 2217; aA aber der BFH in der Revision: BFH XI R 35/17, BFHE 267, 542 Rn. 56 = DStR 2020, 494. 93 Insofern zutreffend Hasbach MwStR 2017, 262 (269). 94 Dazu → Kapitel 3 § 3 A. I. 3.

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2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Die mit der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundene Auflösung der Organgesellschaft soll nach überwiegend vertretener Auffassung keine automatische Beendigung der Organschaft mit sich bringen.95 Vielmehr sei für das Ende der Organschaft erforderlich, dass alle Rechtsbeziehungen der Organgesellschaft abgewickelt seien.96 Das geht fehl, weil gerade die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse den „schlimmsten“ Fall der Insolvenz darstellt. Er führt zur Auflösung der Organgesellschaft, die nunmehr nur noch auf die eigene Abwicklung gerichtet ist. Um seine durch den Liquidationszweck modifizierten Sorgfaltspflichten nicht zu verletzen, darf sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft daher nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen.97 Damit fällt die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Einflussnahmemöglichkeit weg und mit ihr auch die Möglichkeit, tatsächlichen Einfluss im Sinne der organisatorischen Eingliederung zu nehmen. Daneben kann sich eine auf die eigene Liquidation gerichtete Gesellschaft nicht mehr an der werbenden Tätigkeit des Organträgers beteiligen, sodass auch die wirtschaftliche Eingliederung nicht mehr gegeben ist.98 Aus denselben Gründen ist im Insolvenzplanverfahren die umsatzsteuerliche Organschaft ebenfalls beendet.99 C. Insolvenz von Organgesellschaft und Organträger I. These In der Doppelinsolvenz ergeben sich keine Unterschiede zu den bislang gefundenen Ergebnissen. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife beendet.

95 BFH V B 213/06, BeckRS 2007, 25012940; BFH V B 78/91, BFH/NV 1992, 346 (347) = UR 1992, 176; FG Münster 5 K 3761/88 U, UR 1992, 378 (379); Kahlert/Rühland/Rühland Rn. 9.204; Maus GmbHR 2005, 859 (861); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (819, 822); Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1541; Onusseit ZIP 2003, 743 (749); Rau/Dürrwächter/Stadie UStG § 2 Rn. 1014; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.384; Sölch/Ringleb/Treiber UStG § 2 Rn. 252; Stadie UStG § 2 Rn. 327; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 327; OFD Frankfurt/M. S 7105 A – 21 – St 110, UR 2014, 783; OFD Hannover S 7105 – 49 – StO 171, DStR 2005, 157; OFD Niedersachsen S 7105 – 49 – St 186, DStR 2017, 1826 (1827). 96 Maus GmbHR 2005, 859 (861); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.364. 97 → Kapitel 3 § 3 B. III. 4. c). 98 Insofern zutr. Müller/Detmering/Lieber Die Organschaft, Rn. 1541. 99 → Kapitel 3 § 3 B. III. 4. b).

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II. Meinungsstand Im Fall der Doppelinsolvenz wurde vielfach danach differenziert, ob für beide Gesellschaften ein identischer Insolvenzverwalter oder unterschiedliche Insolvenzverwalter bestellt werden: Soweit ein einheitlicher Verwalter bestellt werde, sei auch die einheitliche Willensbildung noch möglich, sodass die Organschaft fortbestehen könne.100 Heute wird die Unterscheidung überwiegend für untauglich gehalten, weil auch ein identischer Insolvenzverwalter ausschließlich die Interessen der Gläubiger zu wahren habe, also in der Organgesellschaft nicht den Willen des Organträgers durchsetzen dürfe.101 Andere wollen unabhängig davon, ob ein einheitlicher Insolvenzverwalter bestellt wurde oder nicht, von einem Fortbestand der Organschaft ausgehen, bis der Wille des Organträgers in der Organgesellschaft tatsächlich nicht mehr umgesetzt wird.102 III. Stellungnahme Es kommt nicht darauf an, ob ein einheitlicher (vorläufiger) Insolvenzverwalter für beide Gesellschaften bestellt wird. Vielmehr ändert sich an den bislang gefundenen Ergebnissen nichts: Bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife darf sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen, weil er die Masse zu sichern hat und den Insolvenzantrag stellen muss. Seine Sorgfaltspflicht wird also dahingehend durch die Massesicherungspflichten beeinflusst, dass er die Geschäftstätigkeit in der Organgesellschaft einzustellen hat.103 Hinzu kommt, dass der Nachteilsausgleich im faktischen Konzern, welcher bei Bejahung der umsatzsteuerlichen Organschaft stets vorliegt, nicht mehr gesichert ist, sodass auch die allgemeine Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters der Organgesellschaft jede Maßnahme auf Veranlassung des Organträgers verbieten würde.104 Doch auch der Geschäftsleiter eines insolvenzreifen Organträgers darf keine 100

Farr Die Besteuerung in der Insolvenz, Rn. 426; Jahn/Gierlich SAM 2010, 59 (62); Maus GmbHR 2005, 859 (863); Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (825); MüKo InsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 425; Schiffer DStR 1998, 1989 (1992); Schumacher Die Organschaft im Steuerrecht, S. 234; Stadie UStG § 2 Rn. 328; Ziegenhagen/Thieme, Besteuerung in Krise und Insolvenz, § 7 Rn. 168; so auch UStAE 2.8 Abs. 12 S. 5. 101 BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 39 = DStR 2017, 599; BFH V B 14/14, BFHE 244, 156 Rn. 41 = MwStR 2014, 369; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 260; MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 425; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.388; Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 405; Wäger UR 2014, 81 (91); Waza/Uhländer/Schmittmann/Waza Rn. 1940; Weymüller/Müller UStG § 2 Rn. 326. 102 Wagner/Fuchs BB 2014, 2583 (2591). 103 → Kapitel 3 § 3 B. I. 3. 104 → Kapitel 3 § 2 B. I. 3. a) dd).

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weiteren Geschäfte mehr vornehmen, also insbesondere nicht mehr versuchen, Einfluss auf die Organgesellschaft zu nehmen. Denn auch er hat den Insolvenzantrag zu stellen und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Masse zu sichern.105 Im vorläufigen Insolvenzverfahren ergibt sich ebenfalls kein Unterschied. Denn dieses ist jeweils auf die Sicherung der Masse gerichtet. Dasselbe gilt für das eröffnete Verfahren. Da also der (vorläufige) Insolvenzverwalter stets dazu verpflichtet ist, die Masse zu sichern und bestmöglich zu verwerten, er also ausschließlich im Interesse der Insolvenzgläubiger der jeweiligen Gesellschaft tätig wird, kann auch nicht davon die Rede sein, dass ein einheitlicher Insolvenzverwalter die Interessen des Organträgers in der Organgesellschaft weiter durchsetzen könnte. Im Gegenteil: Würde er dies tun, läge ein Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten vor, sodass er nach §§ 60, 61 InsO schadensersatzpflichtig würde. Damit ergibt sich unabhängig von der Bestellung eines einheitlichen Insolvenzverwalters im Fall der Doppelinsolvenz erneut das Ergebnis, dass die Organschaft bereits im Zeitpunkt der Insolvenzreife aufgelöst ist. Soweit die organisatorische Eingliederung auf einen Beherrschungsvertrag gestützt war, ändert dies nichts, sondern unterstreicht das gefundene Ergebnis nur: Denn im Stadium der Insolvenzreife und im Eröffnungsverfahren sind die Rechte und Pflichten aus dem Beherrschungsvertrag suspendiert und mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet er automatisch.106 Damit kann sich aus ihm auch keine tatsächliche Einflussnahmemöglichkeit mehr ergeben. IV. Einzelfragen 1. Eigenverwaltung In der Eigenverwaltung liegen die Dinge nicht anders: Auch der eigenverwaltende Insolvenzschuldner wird als Amtswalter der Gläubigergesamtheit und gerade nicht aufgrund seiner eigenen Privatautonomie tätig.107 Deshalb darf der Organträger keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen und umgekehrt darf sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen. Im Eigenverwaltungsverfahren hat dieser Gedanke sogar gesetzlichen Niederschlag in § 276a Abs. 1 InsO gefunden, der die Unabhängigkeit des Geschäftsleiters von den übrigen Organen im Eigenverwaltungsverfahren anordnet und über § 276a Abs. 3 InsO bereits im vorläufigen Insolvenzverfahren gilt. Damit fehlt auch im Eigenverwaltungsverfahren die finanzielle Eingliederung mangels Einflussnahmemöglichkeit und infolgedessen die organisatorische Eingliederung, 105

→ Kapitel 3 § 2 B. I. 3. b). → Kapitel 3 § 2 A. III. 5. b) und c). 107 → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (3); zutr. Kahlert ZIP 2013, 2348 (2350). 106

§ 2 Körperschaftsteuerliche Organschaft

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weil keine Möglichkeit des Organträgers mehr besteht, tatsächlich Einfluss zu nehmen.108 Ebenso fehlt es an der wirtschaftlichen Eingliederung, weil der Organträger schon keiner werbenden Tätigkeit mehr nachgehen darf, an der sich die Organgesellschaft beteiligen könnte. 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Auch für die Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bringt die Doppelinsolvenz kein abweichendes Ergebnis. Denn ab diesem Zeitpunkt sind die Gesellschaften jeweils auf die Liquidation gerichtet, sodass es die Sorgfalt des Geschäftsleiters der Organgesellschaft nicht mehr zulässt, eine Einflussnahme seitens des Organträgers umzusetzen. Ebenso hat der Geschäftsleiter des Organträgers die Abwicklung seiner Gesellschaft herbeizuführen, darf also selbst auch nicht mehr auf die Organgesellschaft Einfluss nehmen. Damit entfällt die finanzielle Eingliederung und mit ihr auch die organisatorische Eingliederung. Da eine sich in der Abwicklung befindliche Gesellschaft nicht mehr werbend tätig wird, fehlt es ebenfalls an der wirtschaftlichen Eingliederung. Die Organschaft wird mithin beendet.

§ 2 Körperschaftsteuerliche Organschaft A. Insolvenz des Organträgers I. Insolvenzreife bei Verletzung der Massesicherungspflichten 1. Finanzielle Eingliederung Die finanzielle Eingliederung entfällt für die körperschaftsteuerliche Organschaft bei Insolvenzreife des Organträgers. Denn diesem ist jede Einflussnahme auf die Organgesellschaft untersagt, weil sein Geschäftsleiter den weiteren Geschäftsbetrieb einzustellen hat. Das ergibt sich aus den Massesicherungspflichten, die die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters dahingehend modifizieren, dass er nunmehr keine Geschäftstätigkeit mehr ausüben darf und den Insolvenzantrag für seine Gesellschaft stellen muss. Damit fehlt ihm die Einflussnahmemöglichkeit auf die Organgesellschaft.109

108

So zutr. BFH V R 14/16, BFHE 256, 562 Rn. 39 = DStR 2017, 599; ebenso Sonnleitner/Witfeld Kap. 5 Rn. 405. 109 → Kapitel 4 § 1 A. I. 3. a).

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2. Fortbestand des Gewinnabführungsvertrags Die Insolvenzreife hat keine Auswirkung auf den Fortbestand des Gewinnabführungsvertrags. Vielmehr bleibt bei Insolvenzreife des Organträgers der Gewinnabführungsvertrag an sich bestehen, die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten sind aber suspendiert. Kommt es später zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Gewinnabführungsvertrag automatisch beendet. 3. Tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags Für die körperschaftsteuerliche Organschaft ist allerdings erforderlich, dass der Gewinnabführungsvertrag für die Zeit von fünf Jahren abgeschlossen und während seiner Geltungsdauer tatsächlich durchgeführt wird. Im Zeitpunkt der Insolvenzreife ist die Gewinnabführung durch die Organgesellschaft aber mangels Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs nicht mehr erlaubt.110 Ebenso darf der Organträger wegen § 15b Abs. 1 InsO die Verluste nicht weiter ausgleichen.111 Daher kommt es nicht mehr zur tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags. Soweit es später zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit zur automatischen Vertragsbeendigung kommt, stellt sich allerdings die Frage, ob für den Fall, dass die Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren noch nicht erfüllt wurde, die Organschaft rückwirkend insgesamt entfällt oder ob sie erst ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife mit ex nunc Wirkung beendet wird: 4. Zur vorzeitigen Beendigung des Gewinnabführungsvertrags Wird der Gewinnabführungsvertrag vor Ablauf der Mindestlaufzeit von fünf Jahren beendet, entfällt die körperschaftsteuerliche Organschaft grundsätzlich rückwirkend. Eine Ausnahme sieht § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG nur dann vor, wenn der Gewinnabführungsvertrag durch Kündigung aus wichtigem Grund beendet wird. Dann wirkt die Beendigung der Organschaft nur ex nunc. Daher stellt sich zunächst die Frage, ob die Beendigung des Gewinnabführungsvertrags infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Kündigung aus wichtigem Grund gleichgesetzt werden kann: Die Mindestvertragslaufzeit soll verhindern, dass die Besteuerung willkürlich beeinflusst werden kann. Daraus folgt, dass die vorzeitige Beendigung des Vertrags vor Ablauf der Mindestlaufzeit nur dann unschädlich sein kann, wenn die Beendigung nicht im Belieben der beiden Parteien steht. Es muss also im Fall der außerordentlichen Kündigung objektiv ein wichtiger Grund vorliegen, etwa eine erhebliche Störung der Vertragsbeziehung. Die Eröff110 111

→ Kapitel 3 § 2 A. I. 3. c). → Kapitel 3 § 2 A. I. 3. d).

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nung des Insolvenzverfahrens und die mit ihr verbundene Beendigung des Gewinnabführungsvertrags steht nicht dergestalt im Belieben der Parteien, dass diese willkürlich das Vertragsende herbeiführen könnten. Vielmehr besteht nach § 15a Abs. 1 InsO gerade die Verpflichtung des Geschäftsleiters des Organträgers, den Insolvenzantrag zu stellen. Damit läuft es dem Zweck des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG grundsätzlich nicht zuwider, wenn auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren unschädlich ist.112 Als Zwischenergebnis lässt sich folglich festhalten, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Kündigung aus wichtigem Grund gleichzusetzen ist, sodass auch bei noch nicht erfüllter Mindestvertragslaufzeit die Organschaft nur mit Wirkung ex nunc beendet wäre und nicht rückwirkend entfiele. Darüber hinaus muss der Gewinnabführungsvertrag aber auch während der gesamten Vertragsdauer tatsächlich durchgeführt werden. Das setzt voraus, dass er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird, dass also die Gewinne tatsächlich an den Organträger abgeführt und die Verluste durch diesen übernommen werden.113 Es wurde bereits festgestellt, dass schon im Stadium der Insolvenzreife keine tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags mehr in Betracht kommt, weil die Rechte und Pflichten aus diesem suspendiert sind.114 Wird später das Insolvenzverfahren eröffnet, wird der Verlustausgleichsanspruch der Organgesellschaft zu einer bloßen Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO. Da typischerweise die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mit dem endgültigen Jahresabschluss zusammenfällt, stimmen die in einem vorläufigen Jahresabschluss festgestellten Verlustausgleichs- und Gewinnabführungsansprüche in der Regel nicht mit dem in der endgültigen Bilanz ausgewiesenen Betrag überein. Da es aber für die tatsächliche Durchführung nicht ausreicht, wenn die Ansprüche nur in einem vorläufigen Jahresabschluss festgestellt werden und diese mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedoch nicht mehr bedient werden dürfen, ist die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags auch bei späterer Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzulehnen.115 Darüber kann § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG aber gerade nicht hinweghelfen, da sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 KStG schon nach Systematik und Wortlaut nur auf die Mindestvertragsdauer, nicht aber auf die tatsächliche 112

FG Nürnberg 1 K 483/17, EFG 2020, 479 (481 f.) = GmbHR 2020, 340; Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 165; Eilers/Schwahn Sanierungssteuerrecht Rn. 4.166; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 216; Kahlert DStR 2014, 73 (76); Rödder/Herlinghaus/Neumann/Rödder/Liekenbrock KStG § 14 Rn. 367. 113 BFH I R 29/19, DStR 2023, 264 (265); so bereits BFH I R 156/93, BFHE 177, 429 (432) = GmbHR 1995, 1593. 114 → Kapitel 4 § 2 A. I. 3. 115 BFH I R 29/19, DStR 2023, 264 (266); aA noch die Vorinstanz FG Nürnberg 1 K 483/17, EFG 2020, 479 (483 ff.) = GmbHR 2020, 340.

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Vertragsdurchführung bezieht. Unterstrichen wird dieses Ergebnis durch folgende Überlegung: Die Rückwirkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG erstreckt sich lediglich auf das laufende Wirtschaftsjahr. Oftmals wird die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags infolge der Insolvenzreife bereits im vorangegangenen Wirtschaftsjahr verboten sein. Dass der Geschäftsleiter des Organträgers so rechtzeitig den Insolvenzantrag stellt, dass das Insolvenzverfahren im selben Wirtschaftsjahr eröffnet wird, dürfte in Anbetracht der vielen Insolvenzverschleppungsfälle nicht der Regelfall sein. Das würde aber zu dem willkürlichen Ergebnis führen, dass je nachdem, wie nah der Eintritt der Insolvenzreife am neuen Wirtschaftsjahr liegt, sich das Ergebnis für die Rückwirkung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG ändern würde. Während bei Eintritt der Insolvenzreife bereits im vorangehenden Wirtschaftsjahr die Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrags für die Voraussetzungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft schädlich wären, würde § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG für den Eintritt der Insolvenzreife im laufenden Geschäftsjahr die Unschädlichkeit herbeiführen. Hinzu kommt, dass sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 3 KStG nicht nur auf die Vertragsbeendigung aus wichtigem Grund bezieht, sondern sämtliche unterjährigen Vertragsbeendigungen meint, da zivilrechtlich nicht immer klar ist, zu welchem Zeitpunkt die Vertragsbeendigung wirkt.116 Damit liegt auf der Hand, dass sich § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 2 und S. 3 KStG nur auf die Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren beziehen können, nicht aber auf die tatsächliche Durchführung des Gewinnabführungsvertrags.117 Daher ist es auch bei späterer Eröffnung des Insolvenzverfahrens schädlich, dass der Gewinnabführungsvertrag ab Insolvenzreife nicht mehr tatsächlich durchgeführt werden konnte. Die körperschaftsteuerliche Organschaft fällt deshalb im Stadium der Insolvenzreife des Organträgers weg. II. Eröffnungsverfahren Richtiger Ansicht nach besteht die körperschaftsteuerliche Organschaft auch im vorläufigen Insolvenzverfahren nicht mehr fort. Dies liegt nicht daran, dass der Gewinnabführungsvertrag bereits beendet ist – dies ist erst ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall. Allerdings ist der Gewinnabführungsvertrag wie auch im Stadium der Insolvenzreife nicht mehr durchführbar, sodass die körperschaftsteuerliche Organschaft hieran scheitert. Denn die Organgesellschaft hat ihrer Gewinnabführungspflicht nicht mehr nachzukommen, wenn ihr kein vollwertiger Verlustausgleichsanspruch zusteht, und der Organträger darf aufgrund der Massesicherungspflichten der Verlustaus116

Begr. RegE StÄndG 1992, BT-Drs. 12/1108, S. 67. Ebenso BFH I R 29/19, DStR 2023, 264 (267); aA FG Nürnberg 1 K 483/17, EFG 2020, 479 (485) = GmbHR 2020, 340: „enge Auslegung wäre nicht sachgerecht“. 117

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gleichspflicht nicht mehr nachkommen.118 Für die finanzielle Eingliederung gilt weiterhin, dass die Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers nicht mehr fortbesteht, weil sein Geschäftsleiter an die Massesicherungspflichten gebunden ist und der Geschäftsleiter der Organgesellschaft sich nicht mehr auf die Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen darf. Auf die Frage, ob ein starker oder ein schwacher Insolvenzverwalter bestellt wird, kommt es folglich nicht an.119 III. Eröffnung des Insolvenzverfahrens Wird über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzverfahren eröffnet, bestehen sämtliche Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht mehr. Der Gewinnabführungsvertrag ist automatisch beendet (§§ 115, 116 InsO, § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG analog) und kann dementsprechend erst recht nicht mehr durchgeführt werden.120 Die finanzielle Eingliederung scheitert daran, dass eine weitere Einflussnahme des Organträgers oder des Insolvenzverwalters auf die Organgesellschaft schon wegen des Massesicherungszwecks des Insolvenzverfahrens nicht mehr erlaubt ist.121 Der Geschäftsleiter der Organgesellschaft darf sich außerdem nicht mehr auf eine Einflussnahme einlassen, ohne seine eigene Sorgfaltspflicht zu verletzen, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt ist. IV. Rechtsfolgen der Beendigung der körperschaftsteuerlichen Organschaft Tritt die Insolvenzreife vor Ende der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren ein, fehlt es an dem Merkmal der tatsächlichen Durchführung des Gewinnabführungsvertrags während dieser Mindestlaufzeit. In Folge dessen kommt es zu einer rückwirkenden Nichtanerkennung der Organschaft. Zwar hält es der BFH grundsätzlich für denkbar, dass es während der gesamten Vertragslaufzeit zu einer Unterbrechung der Organschaft kommt, ohne dass dies zu einer rückwirkenden vollständigen Nichtanerkennung der Organschaft führen wür118

Ebenso Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 165. Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 186; Kahlert DStR 2014, 73 (75); aA Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 697. 120 R 14.5 Abs. 6 S. 2 KStR; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185; HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 216; Lehmann/Schiller FS Reuter 2021, 235 (248); Lippross/Seibel/Herkens KStG § 14 Rn. 210; so bereits unter Geltung der Konkursordnung Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, S. 541; aA Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 696; MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 228; Oesterwinter/Luczak Der Konzern 2021, 474 (477); Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.303; Streck/Olbing KStG § 14 Rn. 119; Waza/Uhländer/Schmittmann/Uhländer Rn. 1654 ff.; Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 242 f. 121 AA Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 186; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 696. 119

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de. Wird allerdings das Insolvenzverfahren eröffnet, kommt es nicht nur zu einer Unterbrechung der Organschaft, sondern zu einer vollständigen Beendigung. Ist also die Mindestlaufzeit von fünf Jahren noch nicht erreicht, entfällt die Organschaft vollständig und rückwirkend.122 Ist hingegen die Mindestlaufzeit bereits erreicht gewesen, so kommt es nicht zu einem rückwirkenden Entfallen der Organschaft. Zwar besagt § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, dass der Vertrag während seiner gesamten Dauer durchgeführt werden muss. Allerdings ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang dieses Durchführungserfordernisses mit der Mindestvertragslaufzeit, die sich nur auf den Abschluss des Gewinnabführungsvertrags bezieht, dass eine Nichtdurchführung nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit nicht zu einem rückwirkenden Entfall der Organschaft führt.123 V. Einzelfragen 1. Eigenverwaltung Sowohl in der vorläufigen Eigenverwaltung als auch im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren liegen die Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht mehr vor. Der Gewinnabführungsvertrag darf in der vorläufigen Eigenverwaltung nicht mehr tatsächlich durchgeführt werden und ist mit Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens beendet.124 Die finanzielle Eingliederung liegt nicht vor, weil die Einflussnahmemöglichkeit aus der Mehrheitsbeteiligung gerade nicht mehr fortbesteht.125 Daran ändert auch eine Ermächtigung des Organträgers zur Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270b Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 55 Abs. 2 InsO beziehungsweise § 270a InsO) nichts, da diese Ermächtigung nicht über die fehlende Durchsetzungsmöglichkeit des Einflusses und die fehlende Durchführbarkeit des Gewinnabführungsvertrags hinweghilft.126 2. Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse Wird der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, gelten die gefundenen Ergebnisse erst recht. Denn auch die Ablehnung mangels Masse führt zur automatischen Beendigung des Gewinnabführungsvertrags und der Organträger kann erst recht keinen Einfluss mehr auf die

122

BFH I R 29/19, DStR 2023, 264 (267 f.). R 60 Abs. 8 S. 1 Nr. 1 KStR; BFH I R 29/19, DStR 2023, 264 (268); Kahlert DStR 2014, 73 (76). 124 → Kapitel 3 § 2 A. III. 8. a) bb) (3). 125 → Kapitel 4 § 2 A. I. 1. und III. 126 Zutr. Kahlert DStR 2014, 73 (75). 123

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Organgesellschaft nehmen, sodass die finanzielle Eingliederung nicht mehr besteht. B. Insolvenz der Organgesellschaft I. These Da der Gewinnabführungsvertrag stets die Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG mit sich bringt, besteht schon gar nicht die Möglichkeit, dass die Tochter isoliert insolvenzreif wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gewinnabführungsvertrag in Kombination mit einem Beherrschungsvertrag geschlossen wird oder isoliert besteht. Da es also gar nicht zum Eröffnungsverfahren über das Vermögen der Organgesellschaft kommen kann, stellt sich die Frage, ob zwischen einem starken und schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter zu unterscheiden ist, nicht. II. Meinungsstand In Verkennung127 der richtigen Interpretation des § 302 AktG wird in der Literatur vorwiegend diskutiert, ob das Ende der körperschaftsteuerlichen Organschaft im vorläufigen Insolvenzverfahren nur mit Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters eintrete128 oder ob ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die finanzielle Eingliederung beende.129 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll dann aber der Gewinnabführungsvertrag und mit ihm die körperschaftsteuerliche Organschaft beendet sein.130 Ebenso soll durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft die Einflussmöglichkeit des Organträgers und damit die finanzielle Eingliederung beendet sein.131 In der (vorläufigen) Eigenverwaltung wird

127

Besonders deutlich bei Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 296, der annimmt, der Insolvenzverwalter verletze seine Pflichten, wenn er den Verlustausgleichsanspruch nicht gegen den Organträger durchsetze; ebenso verkannt von Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.305. 128 So Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 697; MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 229; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185. 129 Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 82a; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185; Kahlert DStR 2014, 73 (74). 130 HHR/Kolbe KStG § 14 Rn. 216; Jurkat Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, S. 542; Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 695; aA Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 297. 131 Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 82; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 185; MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 229; Oesterwinter/Luczak Der Konzern 2021, 474 (476); Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 243; aA Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 297; Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.306.

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unter Hinweis auf § 276a Abs. 1 (Abs. 3) InsO angenommen, dass keine finanzielle Eingliederung mehr vorliege.132 III. Stellungnahme Die gesamte Diskussion verkennt die Grundlagen des Verlustausgleichsanspruchs des § 302 AktG. Denn dieser führt gerade dazu, dass die Überlebensfähigkeit der Organgesellschaft stets durch den Organträger garantiert werden muss. Damit kann aber weder ihre Überschuldung noch ihre Zahlungsunfähigkeit eintreten, weil auch unterjährige Liquidität geschuldet ist. Damit stellt sich weder die Frage, ob ein schwacher oder starker Insolvenzverwalter die körperschaftsteuerliche Organschaft beendet, noch, ob sich im Eigenverwaltungsverfahren ein anderes Ergebnis zeigt als im Regelinsolvenzverfahren. Solange der Organträger solvent ist, kann es weder zur Insolvenzreife noch zum Eröffnungsverfahren noch zur tatsächlichen Verfahrenseröffnung bei der Organgesellschaft kommen. C. Insolvenz von Organträger und Organgesellschaft I. These Sind sowohl Organträger als auch Organgesellschaft insolvenzreif, gilt das oben Gesagte erst recht: Der Organträger kann seine Einflussnahmemöglichkeit aus der Mehrheitsbeteiligung nicht mehr wahrnehmen, die Organgesellschaft darf sich auf die Einflussnahme nicht mehr einlassen. Denn die Geschäftsleiter würden sonst jeweils gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen, die durch die Massesicherungspflichten streng auf den Erhalt der eigenen Insolvenzmasse gerichtet ist. Die Rechte und Pflichten aus dem Gewinnabführungsvertrag sind suspendiert, sodass dieser nicht mehr tatsächlich durchgeführt werden kann.133 Daran ändert sich im Eröffnungsverfahren nichts. Insbesondere ist auch der Pflichtenmaßstab des vorläufigen Insolvenzverwalters auf den Erhalt der Masse gerichtet. Wird das Verfahren schließlich eröffnet, ist der Gewinnabführungsvertrag beendet. Das gilt unabhängig davon, ob das Regelinsolvenzverfahren eröffnet oder die Eigenverwaltung angeordnet wurde. II. Meinungsstand Unabhängig davon, ob ein einheitlicher (vorläufiger) Insolvenzverwalter bestellt wird, nimmt die überwiegende Ansicht ein Ende der körperschaftsteuerlichen Organschaft an, weil die weitere Durchführung des Gewinnab132

Brandis/Heuermann/Krumm KStG § 14 Rn. 82a; Kahlert DStR 2014, 73 (74); aA Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 695. 133 Zutr. Kahlert DStR 2014, 73 (75); aA Gosch/Neumann KStG § 14 Rn. 297.

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führungsvertrags dem Massesicherungszweck der Insolvenzordnung widerspräche.134 Bei Bestellung eines einheitlichen (vorläufigen) Insolvenzverwalters soll nach teilweise vertretener Ansicht die körperschaftsteuerliche Organschaft fortbestehen, weil dieser weiter zur Einflussnahme berechtigt sei, sodass die finanzielle Eingliederung fortbestehe.135 Werden hingegen unterschiedliche Insolvenzverwalter bestellt, soll sowohl die finanzielle Eingliederung entfallen als auch der Gewinnabführungsvertrag nicht mehr durchgeführt werden können, weil der Insolvenzverwalter des Organträgers keinen Einfluss auf den Insolvenzverwalter der Organgesellschaft nehmen könne.136 III. Stellungnahme Die körperschaftsteuerliche Organschaft findet auch im Fall der Doppelinsolvenz ihr automatisches Ende bereits im Stadium der Insolvenzreife. Denn ab diesem Zeitpunkt ist dem Organträger die weitere Einflussnahme auf die Organgesellschaft untersagt, weil er seine eigene, durch die Massesicherungspflicht modifizierte Sorgfaltspflicht wahren muss. Der Geschäftsleiter der Organgesellschaft darf sich auf die Einflussnahme auch nicht mehr einlassen, weil er schon wegen des unsicheren Nachteilsausgleichs nicht mehr auf die Veranlassungen seitens des Organträgers eingehen darf und daneben selbst durch die Massesicherungspflichten gebunden ist. Das heißt in der Konsequenz, dass die finanzielle Eingliederung entfällt. Ebenso darf bereits im Stadium der Insolvenzreife der Gewinnabführungsvertrag nicht weiter durchgeführt werden, weil die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten suspendiert sind, sobald der Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist. Die körperschaftsteuerliche Organschaft ist damit schon im Stadium der Insolvenzreife beendet. Daran ändert sich auch im Eröffnungsverfahren nichts. Wird das Insolvenzverfahren schließlich eröffnet, endet der Gewinnabführungsvertrag. Damit sind dann alle Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche Organschaft entfallen. Daran ändert sich auch im (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahren nichts, weil die Suspendierung der Rechte und Pflichten aus dem Gewinnabführungsvertrag einzig von der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs abhängt und die Vertragsbeendigung im Eigenverwaltungsverfahren wie auch im Regelinsolvenzverfahren eintritt. Die finanzielle Eingliederung hat im Eigenverwaltungsverfahren ebenfalls keinen Fortbestand mehr, weil beide Insolvenzschuldner nicht mehr privatautonom tätig werden, sondern als Amtswalter nur noch im Interesse der Gläubiger134 MüKoInsO/Schüppen/Schlösser Insolvenzsteuerrecht Rn. 230; Frotscher Besteuerung bei Insolvenz, 186; aA Roth Insolvenzsteuerrecht, Rn. 4.307, der auf die „Zweckmäßigkeit“ des Fortbestands des Organschaftsverhältnisses verweist. 135 Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 696. 136 Lademann/Lohmar KStG § 14 Rn. 696.

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gesamtheit agieren. Daher darf sich der Geschäftsleiter der Tochtergesellschaft nicht auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen und der Geschäftsleiter des Organträgers darf auch keinen Einfluss mehr nehmen. Soweit die Organgesellschaft infolge der Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst wird, ist der Gewinnabführungsvertrag ebenfalls beendet und auch die finanzielle Eingliederung entfällt.

§ 3 Gewerbesteuerliche Organschaft A. These Für die gewerbesteuerliche Organschaft ergibt sich wegen der identischen Voraussetzungen kein Unterschied zur körperschaftsteuerlichen Organschaft. Es ist also erneut festzustellen, dass nur die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers oder die gleichzeitige Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von Organträger und Organgesellschaft in Betracht kommen. Die isolierte Insolvenz der Organgesellschaft ist hingegen wegen § 302 AktG nicht denkbar. Bereits im Stadium der Insolvenzreife darf der Organträger keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen und umgekehrt darf sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft nicht auf die Einflussnahme durch den Organträger einlassen, sodass die finanzielle Eingliederung entfällt. Zudem sind bereits mit Insolvenzreife die Rechte und Pflichten aus dem Gewinnabführungsvertrag suspendiert, sodass dieser nicht mehr tatsächlich durchgeführt werden kann. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Gewinnabführungsvertrag automatisch beendet, sodass ab diesem Zeitpunkt alle Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft wegfallen. B. Meinungsstand Überwiegend wird auch für die gewerbesteuerliche Organschaft von einem Wegfall der Voraussetzungen ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung über das Vermögen des Organträgers und/oder der Organgesellschaft ausgegangen.137 Teilweise wird auch unterschieden: Soweit über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet wird, soll die gewerbesteuerliche Organschaft fortbestehen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gewerbesteuerpflicht nicht berühre und bis zur Beendigung der Abwicklung 137

Lippross/Seibel/Hidien GewStG § 2 Rn. 604; aA Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3701 f.; Maus FS Uhlenbruck 2000, 813 (822); Zweiter Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 243.

§ 3 Gewerbesteuerliche Organschaft

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der Gewerbebetrieb weiter Steuergegenstand bleibe.138 Der Insolvenzverwalter der Organgesellschaft – nicht hingegen der Organträger – könne allerdings den Gewinnabführungsvertrag außerordentlich kündigen.139 Die finanzielle Eingliederung soll entfallen, weil die Beherrschungsmöglichkeit nicht mehr fortbestehe.140 Soweit über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, soll die gewerbesteuerliche Organschaft hingegen fortbestehen, da die finanzielle Eingliederung nicht entfalle.141 Der Gewinnabführungsvertrag soll durch die Organgesellschaft sowie durch den Insolvenzverwalter gekündigt werden können.142 Wird über die Vermögen von Organgesellschaft und Organträger das Insolvenzverfahren eröffnet, soll die Organschaft selbst bei Bestellung eines identischen Insolvenzverwalters enden.143 C. Stellungnahme Die Fälle der gewerbesteuerlichen Organschaft sind wie die der körperschaftsteuerlichen Organschaft zu behandeln. Ist der Organträger insolvent, ist der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt, sodass sich der Geschäftsleiter der Organgesellschaft nicht mehr auf eine Einflussnahme einlassen darf. Hinzu kommt, dass die Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO die Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters des Organträgers dahingehend verändern, dass er nunmehr den Geschäftsbetrieb einzustellen hat und die zukünftige Insolvenzmasse sichern muss. Das führt aber dazu, dass er keinen Einfluss mehr auf die Organgesellschaft nehmen darf, um seine eigene Sorgfaltspflicht nicht zu verletzten und sich nicht haft- und strafbar zu machen. Darüber hinaus ist der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG nicht mehr vollwertig, weshalb in der Konsequenz auch die Rechte und Pflichten aus dem Gewinnabführungsvertrag nicht mehr fortbestehen. Da aber auch die gewerbesteuerliche Organschaft voraussetzt, dass der Gewinnabführungsvertrag während seiner Geltungsdauer tatsächlich durchgeführt wird, fällt die Organschaft bereits in diesem Stadium weg. Im Eröffnungsverfahren ist das Ergebnis dasselbe, unabhängig davon, ob ein starker oder schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Wird das Insolvenzverfahren – egal ob 138

Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 187; so auch Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3701; dazu § 4 GewStDV. 139 Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 187; Lenski/Steinberg/Keß GewStG § 2 Rn. 3702; dazu auch R 14.5 Abs. 6 S. 2 KStR 2022. 140 Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 187; Glanegger/Güroff/Güroff GewStG § 2 Rn. 535. 141 Glanegger/Güroff/Güroff GewStG § 2 Rn. 535. 142 Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 187. 143 Brandis/Heuermann/Drüen GewStG § 2 Rn. 187.

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als Regelinsolvenzverfahren oder als Eigenverwaltungsverfahren – eröffnet, ist der Gewinnabführungsvertrag darüber hinaus beendet. Damit fallen alle Voraussetzungen für die gewerbesteuerliche Organschaft weg. Die isolierte Insolvenz der Organgesellschaft kann auch bei der gewerbesteuerlichen Organschaft wegen der Verlustausgleichspflicht des § 302 AktG nicht eintreten, weil der Organträger die Überlebensfähigkeit der Organgesellschaft stets garantieren muss. Sind sowohl Organträger als auch Organgesellschaft insolvent, ergibt sich ebenfalls kein Unterschied zu den Ausführungen bei isolierter Insolvenz des Organträgers. Verstärkend kommt jeweils hinzu, dass auch der Geschäftsleiter der Organgesellschaft sowie deren (vorläufiger) Insolvenzverwalter die Masse zu sichern haben und sich deshalb nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des Organträgers einlassen dürfen. Die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ändert an den gefundenen Ergebnissen schon deshalb nichts, weil auch sie den Gewinnabführungsvertrag beendet. Zudem sind die Gesellschaften mit Rechtskraft des Beschlusses auf die Abwicklung gerichtet, sodass eine weitere Einflussnahme des Organträgers auf die Organgesellschaft dem Abwicklungszweck widersprechen würde.

Kapitel 5

Zusammenfassung der Ergebnisse I. Der Konzern und die Organschaft sind historisch eng miteinander verbunden und überschneiden sich in ihren Voraussetzungen weitgehend. Liegen die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen, körperschaftsteuerlichen oder gewerbesteuerlichen Organschaft zwischen zwei Aktiengesellschaften vor, besteht immer ein faktischer Konzern. II. 1. Im Vertragskonzern muss die abhängige Gesellschaft ihren Pflichten aus dem Unternehmensvertrag nur so lange nachkommen, wie ihre Existenz durch einen vollwertigen Verlustausgleichsanspruch garantiert wird. Sobald der Verlustausgleichsanspruch nicht mehr vollwertig ist, muss die Sicherung des Vermögens der abhängigen Gesellschaft wieder durch die Kapitalbindungsregeln erfolgen. Die Befolgung nachteiliger Weisungen wie auch die weitere Gewinnabführung würden gegen die Kapitalbindungsregeln verstoßen, weshalb diese Pflichten bei fehlender Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs automatisch suspendiert sind. Der Verlustausgleichsanspruch ist spätestens bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht durch den Muttervorstand nicht mehr vollwertig, sodass der Vertragskonzern ab diesem Zeitpunkt nicht mehr betrieben werden darf. 2. Diese Überlegung wird durch die den Massesicherungspflichten der §§ 15a, 15b InsO zugrundeliegende Wertung unterstrichen: In der Insolvenzverschleppungsphase hat der Geschäftsleiter den weiteren Geschäftsbetrieb einzustellen und unverzüglich den Insolvenzantrag zu stellen. Unterlässt er dies, haftet er für die gesamte Masseverkürzung in der Verschleppungsphase. Die Muttergesellschaft darf daher spätestens ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht ihren Pflichten aus dem Vertragskonzern nicht mehr nachkommen, um nicht gegen die par conditio creditorum zu verstoßen. III. Das Eröffnungsverfahren ist ebenfalls auf die Massesicherung gerichtet ist, sodass die Mutter ihren Pflichten aus dem Unternehmensvertrag nicht mehr nachkommen darf. Dementsprechend sind auch die Pflichten der Tochtergesellschaft mangels vollwertigen Verlustausgleichsanspruchs weiterhin suspendiert. IV. Der Unternehmensvertrag endet bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft automatisch. Das ergibt sich aus einer Gesamtanalogie zu §§ 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG, 115, 116 InsO. Die Gesamtanalogie ist wegen der zweigeteilten Rechtsnatur der Unternehmensver-

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Kapitel 5: Zusammenfassung der Ergebnisse

träge des § 291 Abs. 1 AktG erforderlich: Der Unternehmensvertrag ist ein Organisationsvertrag mit schuldvertraglichen Elementen. 1. Die Regelung des § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG ist auf das organisationsvertragliche Element übertragbar, weil die Eingliederung aus dem Vertragskonzern erwachsen ist. Im Referentenentwurf zum Aktiengesetz 1965 war der Vertragskonzern noch so ausgestaltet, dass die vertragliche Konzernierung stets in einer der heutigen Eingliederung entsprechenden Alleinherrschaft des herrschenden Unternehmens geendet hätte. Dass die Eingliederung im Regierungsentwurf schließlich getrennt geregelt wurde, ist Folge der Erkenntnis, dass es bei ihr keines Schutzes etwaiger außenstehender Aktionäre bedarf. Die heutigen Unterschiede zwischen Eingliederung und Vertragskonzern gehen allesamt auf die fehlenden außenstehenden Aktionäre zurück. Grund für die automatische Beendigung der Eingliederung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptgesellschaft ist aber einzig die Überlegung, dass die insolvente Hauptgesellschaft nicht weiter die Geschicke der eingegliederten Gesellschaft bestimmen darf. Die Hauptversammlung der eingegliederten Gesellschaft soll vielmehr entscheiden, ob die Konzernverbindung trotz der erheblichen Änderung der Umstände erneut eingegangen wird. Dieser Gedanke ist auf den Vertragskonzern übertragbar. 2. Das automatische Ende des schuldvertraglichen Elements ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von §§ 115, 116 InsO. Die Unternehmensverträge des § 291 Abs. 1 AktG gehen auf den Organschaftsvertrag zurück, welcher als Geschäftsbesorgungsvertrag einzuordnen ist. Durch den Beherrschungsvertrag wird die abhängige Gesellschaft nicht mehr im eigenen Interesse tätig, führt also Geschäfte für das herrschende Unternehmen. Der Gewinnabführungsvertrag führt dazu, dass die abhängige Gesellschaft nicht mehr zur eigenen Gewinnerzielung wirtschaftet, sondern die Gewinne nunmehr für das herrschende Unternehmen erzielt. Die Unternehmensverträge sind damit nach wie vor Geschäftsbesorgungsverträge. Die §§ 115, 116 InsO sollen die Insolvenzmasse vor Ansprüchen schützen, die ohne Einflussnahmemöglichkeit des Insolvenzverwalters entstehen. Darunter fällt namentlich der Aufwendungsersatzanspruch des § 670 BGB. Der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG ist eine Weiterentwicklung des Aufwendungsersatzanspruchs, sodass die Interessenlage vergleichbar ist. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das schuldvertragliche Element nach §§ 115, 116 InsO analog automatisch beendet. V. Das faktische Konzernverhältnis ist bei Insolvenz des herrschenden Unternehmens spätestens im Zeitpunkt der Insolvenzantragspflichtverletzung aufgelöst, weil die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG und damit die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG widerlegt ist. 1. Grund ist das aus §§ 311, 317 AktG folgende Verbot, auf die abhängige Gesellschaft nachteilig Einfluss zu nehmen, ohne dass Verluste ausgeglichen werden. Der Vorstand der abhängigen Gesellschaft darf sich nicht mehr auf

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eine Einflussnahme seitens des insolvenzreifen herrschenden Unternehmens einlassen, weil der Nachteilsausgleich nicht mehr sichergestellt ist. Die abhängige Gesellschaft ist im faktischen Konzern so zu stellen, als wäre sie unabhängig. Deshalb darf auch der zeitlich gestreckte Nachteilsausgleich nur dann vereinbart werden, wenn sich der Nachteil im Zeitpunkt der Maßnahme zwar noch nicht bewerten lässt, der Vorstand der abhängigen Gesellschaft aber sicher davon ausgeht, dass der Nachteilsausgleich erfolgen wird. 2. Zudem verbieten die Massesicherungspflichten dem Muttervorstand jede weitere Geschäftstätigkeit ab Verletzung der Insolvenzantragspflicht. 3. Im Eröffnungsverfahren und im eröffneten Verfahren greifen die §§ 311 ff. AktG und die Pflicht zur Sicherung der Masse erst recht, da sich die finanzielle Notlage umso mehr verdichtet hat. VI. Die Tochtergesellschaft kann im Vertragskonzern nicht isoliert insolvenzreif werden: Die Muttergesellschaft ist auch unterjährig zur finanziellen Ausstattung der Tochtergesellschaft verpflichtet. Der Verlustausgleichsanspruch des § 302 AktG bringt eine Existenzgarantie für die Tochtergesellschaft mit sich. Bei unterjähriger Beendigung des Vertragskonzerns wäre ein Rumpfgeschäftsjahr zu bilden und der Verlustausgleichsanspruch müsste auf Basis von Zerschlagungswerten berechnet werden. Deshalb kann die Überschuldung nicht eintreten, solange die Muttergesellschaft solvent ist. Aber auch die Zahlungsunfähigkeit würde nur dazu führen, dass bereits im Eröffnungszeitpunkt die restlose Befriedigung der Gläubiger feststünde. Ferner könnte sich die abhängige Gesellschaft aufgrund der §§ 302, 303 AktG auch unproblematisch finanzielle Mittel am Kapitalmarkt beschaffen. Daher bringt der Verlustausgleichsanspruch zwingend eine Pflicht zu unterjährigen Abschlagszahlungen mit sich. VII. 1. Im faktischen Konzern darf der Vorstand einer insolvenzreifen Tochtergesellschaft nicht mehr auf eine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens eingehen. Aufgrund der Massesicherungspflichten hat er den Geschäftsbetrieb stillzulegen und die Masse zu sichern. Da die Einflussnahme nicht mehr möglich ist, ist die Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG und damit auch die Konzernvermutung des § 18 Abs. 1 S. 3 AktG widerlegt, sodass das faktische Konzernverhältnis aufgelöst ist. 2. Im Eröffnungsverfahren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt dies ebenso: Der (vorläufige) Insolvenzverwalter muss sämtliche Entscheidungen am Insolvenzzweck, also an der Massesicherung ausrichten. 3. Hinzu kommt, dass eine Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen ohnehin nur gestattet ist, wenn sie zumindest im Interesse des Gesamtkonzerns erfolgt. Im Insolvenzfall darf der Insolvenzschuldner aber nicht mehr im Interesse eines einzelnen Gläubigers handeln, weil dies der par conditio creditorum widerspräche. VIII. 1. Die Doppelinsolvenz ändert an den gefundenen Ergebnissen nichts. Der Vertragskonzern darf im Zeitpunkt der Insolvenzreife nicht mehr

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betrieben werden und ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch beendet. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Tochtergesellschaft zuerst eröffnet, bleibt der Unternehmensvertrag unter Suspendierung der Rechte und Pflichten bis zur Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen der Muttergesellschaft bestehen. 2. Das faktische Konzernverhältnis ist im Zeitpunkt der Insolvenzreife einer der beiden Gesellschaften beendet, da die Einflussnahme nicht mehr erlaubt ist. IX. Die umsatzsteuerliche Organschaft endet spätestens mit Insolvenzantragspflichtverletzung auf Seiten der Organgesellschaft und/oder des Organträgers. 1. Die finanzielle Eingliederung besteht nicht mehr fort, da die mit der Mehrheitsbeteiligung verbundene Einflussnahmemöglichkeit nicht mehr ausgeübt werden darf. Die zum Konzernrecht gefundenen Ergebnisse lassen sich übertragen, weil mit der Organschaft immer ein faktischer Konzern besteht. 2. Eine insolvente Gesellschaft muss ihren Geschäftsbetrieb einstellen, sodass die wirtschaftliche Eingliederung bei Insolvenzreife einer der beiden Gesellschaften wegfällt. Bei Insolvenz des Organträgers gibt es keinen Geschäftsbetrieb mehr, in den sich die Organgesellschaft einbringen könnte. Die insolvente Organgesellschaft darf ihren Geschäftsbetrieb nicht mehr aufrechterhalten, sodass sie nicht mehr an der wirtschaftlichen Tätigkeit des Organträgers mitwirken kann. 3. Mangels finanzieller Eingliederung liegt bei Insolvenzantragspflichtverletzung keine organisatorische Eingliederung vor, weil keine tatsächliche Einflussnahme mehr möglich ist. Ein strafbares (§ 15a Abs. 4, Abs. 5 InsO!) Verhalten des Geschäftsführers kann die Voraussetzungen der Organschaft nicht begründen. 4. Die Eingliederungsvoraussetzungen liegen auch im Eröffnungsverfahren sowie im eröffneten Verfahren nicht mehr vor. X. Die körperschaftsteuerliche Organschaft endet im Zeitpunkt der Insolvenzreife des Organträgers oder beider Beteiligten. Die Organgesellschaft kann wegen des Verlustausgleichsanspruchs aus § 302 AktG nicht isoliert insolvent werden. 1. Die finanzielle Eingliederung entfällt aufgrund der fehlenden Einflussnahmemöglichkeit des Organträgers. 2. Der Gewinnabführungsvertrag besteht bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Organträgers fort. Dann ist er über die Gesamtanalogie zu § 327 Abs. 1 Nr. 4 AktG sowie §§ 115, 116 InsO automatisch beendet. 3. Ab Insolvenzreife des Organträgers darf der Gewinnabführungsvertrag nicht mehr tatsächlich durchgeführt werden. Die fehlende Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs suspendiert die Rechte und Pflichten aus diesem.

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XI. Die Voraussetzungen der gewerbesteuerlichen Organschaft sind mit denen der körperschaftsteuerlichen Organschaft identisch, sodass diese mit Insolvenzreife des Organträgers oder beider Beteiligten ebenfalls beendet ist.

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Sachregister abhängige Gesellschaft – Begriff 23 – Eigeninteresse 64 f., 74, 150, 158 – Eröffnungsverfahren 218, 227 – Existenzgefährdung 57 f., 67 f., 83, 214 ff., siehe auch Weisungen, existenzgefährdende – Informationsrecht 72 f., 197, 206 – Insolvenzreife 213 ff., 221 ff. – Insolvenzverfahren 218 ff., 227 ff. – Kündigungsrecht 54 ff., 74, 83 f., 108, 121 ff., 164, 186, 220 – Kündigungspflicht 55, 84, 102 f. Abhängigkeit 23, 190, 203 Abhängigkeitsvermutung 23, 37 ff., 42 f., 202, 213, 222 f., 232 Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens siehe Eröffnungsantrag, Ablehnung ADHGB 7, 9, 76, 79 f., 94, 127 Aktiengesetz 1937 15 ff., 19 f., 77, 98 f., 126 f., 158, 190 Aktiengesetz 1965 17 ff., 61 f. – Referentenentwurf 17 ff., 62 f., 83, 127 ff., 190 f. – Regierungsentwurf 19, 38, 62 f., 127, 129 f., 191 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch siehe ADHGB Allgemeines Preußisches Landrecht 145, 148 Auftrag siehe Geschäftsbesorgungsvertrag außenstehende Aktionäre – Abfindung 128, 136, 169 f. – Ausgleichszahlung 128, 136, 139 f., 177 – Auskunftsrecht 142

– faktischer Konzern, Schutz 199 f., 273 – Verlustausgleichspflicht, Schutz durch 137 außerordentliche Kündigung siehe Vertragskonzern Beherrschungsvertrag siehe auch Vertragskonzern – Abhängigkeit 23 – fehlerhafter 186 f. – historische Entwicklung 19, 150 – organisatorische Eingliederung 31, 243 – Synallagma 71, 121, 158, 168 ff. Cash Pooling 45 f. Doppelinsolvenz 232 ff., 262 ff., 272 ff., 274 ff. – Eröffnungsverfahren 233, 237, 264, 272 f., 276 – Insolvenzreife 233, 237, 262 f., 273, 276 – Insolvenzverfahren 234 ff., 238, 262 ff., 272 ff., 274 ff. Eigenverwaltung 108 f., 179 ff., 220 f., 230, 250 f., 260 f., 264 f., 270 ff., 275 f. – Amtswalter 182, 230, 251, 260 f. – Auflösung der Gesellschaft 179, 183 – faktischer Konzern, Ende 212, 230, 238 – Gläubigerversammlung 181 – Haftung 183 – historische Entwicklung 106, 116, 179 ff. – Konzernleitung 182

312

Sachregister

– Organschaft, Ende 250 f., 260 f., 264 f., 270 ff., 273, 275 f. – Sachwalter, Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 179, 181 – Vertragskonzern, Ende 180, 182 f., 220 f. – vorläufige 111, 227, 251, 260 f., 270 ff. – Suspendierung der Rechte und Pflichten 180, 182 eingegliederte Gesellschaft siehe Eingliederungskonzern Eingliederung, finanzielle 242 f., 245 ff., 250 f., 253, 256, 261 f., 265, 269 ff., 274 f. – Abhängigkeitsvermutung 37 ff., 43 – Begriff 27 f., 33 f., 35, 242 – Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag 39, 43 – faktischer Konzern 39, 43 f., 242 – Konzernrechnungslegungspflicht 38 f. – Mehrheitsbeteiligung 27 f., 33 f., 37 ff., 242 – Unterordnung 28 – Willensdurchsetzung 28, 33 f., 242, 246, 253 ff., 263, 269 f. Eingliederung, organisatorische 243 ff., 251 ff., 256, 261 f. – Begriff 29 ff. – Beherrschungsvertrag 31, 40 f., 241 ff., 246 f., 251 ff., 261, 264 f. – Eingliederungskonzern 41 – Mehrheitsbeteiligung 41 f. – personelle Verflechtung 30 – Vetorechte 31 Eingliederung, wirtschaftliche 243, 246 ff., 251, 253, 256, 261 f. – Begriff 28 f. – einheitliche Leitung 39 f. Eingliederungskonzern – Abhängigkeit 23 – Auflösung der Hauptgesellschaft 125 f. – Außenseiterschutz 136 ff. – außenstehende Aktionäre siehe dort – Ende in der Insolvenz 125 ff. – Ende infolge Verschmelzung 132 f.

– Hauptgesellschaft, Haftung 134, 137, 139 – historische Entwicklung 19, 127 ff. – Kapitalerhaltung siehe dort – Rechtsnatur 129, 133 ff. – Rücklagen, Auflösung 138 ff. – Satzungsänderung 135 – Sicherheitsleistung 137 f. – Verlustausgleichspflicht 134, 137 ff., 141 f. – Weisungsrecht 140 ff. einheitliche Leitung 24, 42 Eröffnungsantrag, Ablehnung 187 f., 212, 231, 251 f., 262, 265, 270, 274, 276 – faktischer Konzern, Ende 212, 231 – Gläubigerklagerecht 90, 102 – Organschaft, Ende 251 f., 262, 265, 274, 276 – Vertragskonzern, Ende 187 – Sicherheitsleistung 236 Eröffnungsverfahren siehe auch Insolvenzverwaltung, vorläufige – außerordentliche Kündigung 108 – Doppelinsolvenz 233, 237, 264, 272 f., 276 – Gewinnabführungspflicht, Suspendierung 105 ff., 233, 268 f., 272 f. – Haftung 109 ff., 209, 227, 233 – historische Entwicklung 106 f. – Insolvenzverwalter, vorläufiger siehe dort – Muttergesellschaft im faktischen Konzern 207 ff. – Muttergesellschaft im Vertragskonzern 104 ff. – Organgesellschaft 254 ff., 271 f., 276 – Organträger 244 f., 268 f., 275 f. – Tochtergesellschaft im faktischen Konzern 227 – Tochtergesellschaft im Vertragskonzern 218 – verbotene Zahlungen, Haftung für siehe dort – Verlustausgleichspflicht, Suspendierung 105 ff., 233 – Weisungsrecht, Suspendierung 105 ff., 233

Sachregister – Zahlungsverbote siehe dort ESUG 230 Existenzvernichtungshaftung 101, 224 f. faktischer Konzern – Abhängigkeitsbericht 193, 196, 203, 207, 226 f. – Außenseiterschutz 199 f., 222 – Eigenverwaltung 212, 230 – Eröffnungsverfahren bei Doppelinsolvenz 237 – Eröffnungsverfahren über Vermögen der Mutter 207 ff. – Eröffnungsverfahren über Vermögen der Tochter 227 – finanzielle Eingliederung 39 – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 50 f., 52, 190 – Informationspflichten 197 – Insolvenzplanverfahren siehe dort – Insolvenzreife bei Doppelinsolvenz 237 – Insolvenzreife der Muttergesellschaft 188 ff. – Insolvenzreife der Tochtergesellschaft 221 ff. – Kapitalerhaltung 199 ff. – Konzernprivileg 193 – Leistungsverweigerungsrecht 189, 202, 242 f. – nachteilige Einflussnahme, Haftung für siehe dort – Nachteilsausgleich siehe dort – Haftung für schädigende Weisungen 18, 129, 190 f. – historische Entwicklung 15 ff., 190 ff. – Schädigungsverbot siehe dort – Verfahrenseröffnung bei Doppelinsolvenz 238 – Verfahrenseröffnung über Vermögen der Mutter 209 ff. – Verfahrenseröffnung über Vermögen der Tochter 227 ff. – wirtschaftliches Eigentum 34 Geschäftsbesorgungsvertrag

313

– Aufwendungsersatzanspruch 64 f., 147, 149, 152 f., 155 ff., 168 f., 217 – Beendigung 159 – Beendigung im Insolvenzfall 117, 143 ff. – Begleitschäden, risikotypische 155 – Formfreiheit 158 – Geschäftsbesorger, Haftung 146 – Herausgabeanspruch 74, 147, 149, 154 f. – historische Entwicklung 148 f. – Leistungsverweigerungsrecht 152 – Notgeschäftsführung 145 f. – Schadensersatzanspruch 155 – Unentgeltlichkeit 148 f., 158 – Verlustausgleich 155 f. – Vorschusspflicht 155 f., 217 – Weisungsrecht 152 ff. – wirtschaftliche Neutralität 62, 64 f., 70, 74, 107, 141, 152, 160, 217 Geschäftsgrundlage, Wegfall siehe Vertragskonzern Geschäftsleiter – Existenzvernichtungshaftung siehe dort – Haftung 89 ff., 101 ff., 109 ff., 178, 183, 205 ff., 209, 211, 225 ff., 233, 237 f., 250 – Haftung, Konkurrenzen 97 f., 110, 206 – Insolvenzverschleppung siehe dort – Rechenschaftspflicht 94 – Sorgfaltspflicht 84, 90, 101 ff., 141, 178, 190, 196 ff., 203 f., 205 ff., 211, 222, 226, 231, 237, 247, 251 f., 263 ff., 268 f. – Unabhängigkeit 195 ff., 203, 222 – verbotene Zahlungen, Haftung für siehe dort – Verrichtungsgehilfe 88 – Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 109, 179, 181, 208, 255 f. Gesellschaft bürgerlichen Rechts – faktischer Gleichordnungskonzern 52 – faktischer Unterordnungskonzern 50 f., 190 – gemeinsamer Zweck 48 f., 51 f.

314

Sachregister

– Gleichordnungsvertragskonzern 51 f. – Insolvenzfähigkeit 46 – Konzern als Außen-GbR 47 f., 164 – Konzern als Innen-GbR 48 ff., 164 – Unterordnungsvertragskonzern 48 f. Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen siehe StaRUG Gesetz über Steuermilderungen zur Erleichterung der Wirtschaftslage siehe Steuermilderungsgesetz Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen 1, 20, 238 ff. Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts siehe SanInsFoG Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts siehe Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz 2001 Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen siehe MoMiG Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts siehe Körperschaftsteuer-Modernisierungsgesetz 1926 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung siehe Steuersenkungsgesetz 2000 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen siehe ESUG Gewinnabführungspflicht – Beherrschungsvertrag 154 f. – historische Entwicklung 74, 154 – Suspendierung 60, 74 f., 105 ff., 115, 120, 166, 172, 176 f., 180, 219, 233, 266, 268 f., 272 f. Gewinnabführungsvertrag siehe auch Vertragskonzern – Abhängigkeit 20 – fehlerhafter 186 f. – gewerbesteuerliche Organschaft siehe dort – Gewinnabführungspflicht siehe dort

– historische Entwicklung 18, 128, 150 – körperschaftsteuerliche Organschaft siehe dort – Synallagma 71, 121, 158, 170 ff. Gewinnabführungsvertrag, isolierter 44, 103 f., 170, 173, 186, 220 – außerordentliche Kündigung 186 – Haftung 103 f. – Synallagma 170, 173 Gläubigergleichbehandlung 76, 82, 115, 222, 230

– – – – –

Hauptgesellschaft siehe Eingliederungskonzern herrschendes Unternehmen – Eröffnungsverfahren 104 ff., 207 ff. – Haftung 86 ff., 103 f., 109, 202 ff., 209, 211, 223 ff., 231 – Insolvenzreife 53 ff., 188 ff. – Insolvenzverfahren 111 ff., 209 ff. – Kündigungsrecht 55 f., 84 f., 108, 122, 214 f., 220 historische Entwicklung 7 ff. – Aktiengesetz 1937 siehe dort – Aktiengesetz 1965 siehe dort – Auftrag 148 f. – Eigenverwaltung 106, 116, 179 ff. – Eingliederungskonzern 19, 127 ff. – Eröffnungsverfahren 106 f. – faktischer Konzern 15 ff., 190 ff. – Geschäftsbesorgungsvertrag 148 f. – Insolvenzantragspflicht 75 ff., 98 ff. – Organschaft, gewerbesteuerliche 13 – Organschaft, körperschaftsteuerliche 14 f. Organschaftslehre 10 ff. Organschaft, umsatzsteuerliche 13 f. Verlustausgleichspflicht 61 f. Vertragskonzern 13, 16 ff. Zahlungsverbote 75 ff., 95, 99 f. Insolvenz – Doppelinsolvenz bei gewerbesteuerlicher Organschaft 274 ff. – Doppelinsolvenz bei körperschaftsteuerlicher Organschaft 272 ff. – Doppelinsolvenz bei umsatzsteuerlicher Organschaft 262 ff.

Sachregister – Doppelinsolvenz im faktischen Konzern 237 f. – Doppelinsolvenz im Vertragskonzern 232 ff. – drohende Zahlungsunfähigkeit 53 – Gläubigergleichbehandlung siehe dort – Masselosigkeit siehe Eröffnungsantrag, Ablehnung – Muttergesellschaft im faktischen Konzern 188 ff. – Muttergesellschaft im Vertragskonzern 53 ff. – Organgesellschaft bei gewerbesteuerlicher Organschaft 274 ff. – Organgesellschaft bei körperschaftsteuerlicher Organschaft 271 ff. – Organgesellschaft bei umsatzsteuerlicher Organschaft 252 ff. – Organträger bei gewerbesteuerlicher Organschaft 274 ff. – Organträger bei körperschaftsteuerlicher Organschaft 265 ff. – Organträger bei umsatzsteuerlicher Organschaft 241 ff. – Tochtergesellschaft im faktischen Konzern 221 ff. – Tochtergesellschaft im Vertragskonzern 213 ff. – Überschuldung 53, 213 ff. – Zahlungsunfähigkeit 53, 214 ff. Insolvenzantragspflicht 75 ff. – Ablehnung des Eröffnungsantrags siehe Eröffnungsantrag, Ablehnung – historische Entwicklung 76 f. – Insolvenzverschleppung siehe dort – Schutzgesetz 98 f., 223 f. – Zahlungsverbote, Zusammenhang siehe Massesicherungspflichten Insolvenzordnung 115 f., 180, 184 – Kommission für Insolvenzrecht 20, 45, 116, 126 f., 144, 165 f., 180, 211, 220, 228, 238, 257, 269, 272, 274 – Sanierungsfreundlichkeit 120, 122, 165, 184 Insolvenzplanverfahren 115, 184 ff., 212, 221, 230 f., 238, 252

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– faktischer Konzern, Ende 212, 230 f., 238 – historische Entwicklung 115 f., 184 – Organschaft, Ende 252 – Suspendierung der Rechte und Pflichten 184 f. – Vertragskonzern, Ende 185 f., 221 Insolvenzreife – außerordentliche Kündigung 54 ff., 74, 83 ff., 164, 214 f. – Doppelinsolvenz 233, 237, 262 f., 273, 276 – Gewinnabführungspflicht, Suspendierung 74 f., 176 f., 182, 233, 266, 272 f. – Haftung 86 ff., 202 ff., 223 ff. – Insolvenzantragspflicht siehe dort – Insolvenzverschleppung siehe dort – Leistungsverweigerungsrecht 202, 226 – Muttergesellschaft im faktischen Konzern 188 ff. – Muttergesellschaft im Vertragskonzern 53 ff. – nachteilige Einflussnahme, Haftung für siehe dort – Organgesellschaft 252 ff. – Organträger 241 ff., 265 ff., 271 f., 274 f. – Sicherheitsleistung 88 f. – Tochtergesellschaft im faktischen Konzern 221 ff. – Tochtergesellschaft im Vertragskonzern 213 ff. – verbotene Zahlungen, Haftung für siehe dort – Verlustausgleichspflicht, Suspendierung 60, 75 ff., 176 f., 182, 233 – Weisungsrecht, Suspendierung 56 ff., 182, 233, 243 – Zahlungsverbote siehe dort Insolvenzverfahren – Arbeitsvertrag 147, 153 – Auflösung der Gesellschaft 117, 161 f., 179, 183, 229, 234 – Auftrag siehe Geschäftsbesorgungsvertrag – Auseinandersetzung von Gesellschaften 117 f., 163 f.

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Sachregister

– außerordentliche Kündigung 119 f., 121 ff., 186, 220 – Dienstvertrag 147, 153 – Doppelinsolvenz 234 ff., 238, 262 ff., 272 ff., 274 f. – Eigenverwaltung siehe dort – Fortführungsgebot 115, 119, 143, 210 – Geschäftsbesorgungsvertrag siehe dort – Gewinnabführungspflicht, Suspendierung 120, 166, 172, 176 f., 180, 219 – Gläubigerausschuss 105, 121, 172 – Gläubigerversammlung 121, 172, 181 – Insolvenzforderung 104, 121, 157, 175 f., 178, 188, 257, 267 – Insolvenzplanverfahren siehe dort – Koordinationsverfahren 239 – Masseverbindlichkeit 105, 121, 178, 210, 247 f., 257, 259, 270 – Mietvertrag 153, 172 – Muttergesellschaft im faktischen Konzern 209 ff. – Muttergesellschaft im Vertragskonzern 111 ff. – Organgesellschaft 256 ff., 271 f., 274 f. – Organträger 246 ff., 269, 274 f. – Pachtvertrag 153 – Tochtergesellschaft im faktischen Konzern 227 ff. – Tochtergesellschaft im Vertragskonzern 218 ff. – Trennungsgrundsatz 45 f., 238, 247 f., 257 f. – Verlustausgleichspflicht, Suspendierung 120, 166, 172, 176 f., 180, 219 – Weisungsrecht, Suspendierung 120, 166, 172, 180, 219 – Zweckänderung 116 f., 131 f., 161 f., 180, 229, 247 f. – Zweckerreichung, Unmöglichkeit 118, 164 Insolvenzverschleppung – Haftung 98 ff., 109 ff., 206 f., 223 ff., 233, 237, siehe auch verbotene Zahlungen, Haftung für

– Rechenschaftspflicht 94 – Strafbarkeit 80 f., 95, 101, 222, 244, 252 f. Insolvenzverursachungshaftung 58, 68, 207, 226 Insolvenzverwalter – Geltendmachung von Ansprüchen 90, 102 – Haftung 178, 211 f., 231, 234, 238, 264 – Konzernleitungsbefugnis 109, 116, 161 f., 182, 208 ff., 228 f. – Sorgfaltspflicht 228 f., 247, 263 f. – Unabhängigkeit 219, 227 ff. – Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 108 f., 147, 207 f., 211, 247, 257 f. – Wahlrecht 121 f., 145, 167 ff. – Weisungsrecht 147, 153 f. Insolvenzverwalter, vorläufiger – Haftung 109 ff., 209, 227, 233, 237 – Massesicherungspflicht 107 f., 208, 255 f., 263 f., 268 f. – schwacher 108, 110, 207 f., 218, 244 f., 254 ff., 268 f., 271 f. – starker 104 ff., 110, 207 f., 218, 227, 233, 237, 244 f., 254 ff., 268 f., 271 f. – verbotene Zahlungen, Haftung für siehe dort – Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 108 f., 110, 207 f., 218, 244 f., 255 f. – Weisungsrecht 107 – Zustimmungsvorbehalt 245, 255 f., 271 Insolvenzverwaltung, vorläufige siehe auch Insolvenzverwalter, vorläufiger und Eröffnungsverfahren – Fortführungsgebot 108, 143, 210 – Sequestration 106 f., 254 – Verfügungsverbot 105, 254 ff. Interessengemeinschaft 46 f., 52, 125 Kapitalerhaltung 56 ff., 66 ff., 74 f., 76, 84, 98 – Aufhebung der Kapitalbindung 57, 66 ff., 74 f., 84, 107, 123 f., 137, 139, 156, 176

Sachregister – faktischer Konzern 199 ff., 204 – Gläubigerschutz 68, 70 – Haftung 204 f. – Konzernprivileg siehe dort KörperschaftsteuerModernisierungsgesetz 33 Konkursantragspflicht siehe Insolvenzantragspflicht Konkursordnung 20, 106 f., 111 ff., 126, 145 f., 167, 179, 254 Konkursverfahren – Auflösung der Gesellschaft 113, 161, 179 – außerordentliche Kündigung 115 – faktischer Konzern, Ende 209 – Geschäftsbesorgungsvertrag, Ende 145 f. – historische Entwicklung 106 f. – Konkursverwalter, Haftung 107 – Konkursverwalter, Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 113 ff., 161 – Massesicherungspflicht 146 – Suspendierung der Rechte und Pflichten 115 – Vertragskonzern, Ende 113 ff., 179, 218 f. – Zweckänderung 113, 131 f., 161 f. Konzern – Eingliederungskonzern siehe dort – enger Konzernbegriff 24, 39 f. – Entstehungsvoraussetzungen 21 ff. – faktischer Konzern siehe dort – GbR 46 ff., siehe auch Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Insolvenzfähigkeit 45 ff. – Rechtsfähigkeit 45 ff., 90 – Unternehmensgruppe 239 f. – Vertragskonzern siehe dort – weiter Konzernbegriff 24, 40 Konzerngefahr 17, siehe auch Abhängigkeit und Geschäftsleiter, Unabhängigkeit Konzerninteresse – nachteilige Einflussnahme 197, 222 – Vorrang 16, 114, 190 – Weisungsrecht 49, 61, 140, 152 Konzernprivileg 57, 66 ff., 74, 84, 107, 139, 193

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Konzernvermutung 24, 42, 202, 213, 222 f., 232, 242 Kündigung, außerordentliche siehe Vertragskonzern Massesicherungspflichten 75 ff., 98 ff., 107 f., 222 ff. – Eröffnungsverfahren 107 ff., 208, 255 f., 263 f. – Geschäftsbetrieb, Stilllegung 79 f., 95 ff., 108 ff., 202, 222, 242 f., 263 f. – Geschäftsbetrieb, Tochtergesellschaft 82 f., 222, 261 ff. – Geschäftsleitersorgfalt, Modifikation 222, 261 ff., 273, 275 f. – historische Entwicklung 76 f., 95 – Insolvenzantragspflicht siehe dort – Schutzgesetze 98 ff., 223 f. – Schutzzweck 77, 98 ff. – Trennung 77 ff. – Zahlungsverbote siehe dort – Zusammenhang 77 ff., 92 ff., 97, 100, 223 f. Minderheitsaktionäre siehe außenstehende Aktionäre MoMiG 58, 68, 77 ff., 99, 200 Muttergesellschaft siehe herrschendes Unternehmen nachteilige Einflussnahme, Haftung für 202 ff., 209, 211 f., 225, 231 – Exkulpation 201, 203 f. – Geschäftsleiter 201 f., 205 f., 225, 231 – historische Entwicklung 190 f. – Insolvenzverwalter 211 f. – Nachteilsausgleich siehe dort – Rechtsgrund 190 ff., 203 f. – Schaden 203 f. – Schädigungsverbot siehe dort – Veranlassung 202 ff., 205, 242 – Veranlassungsbewusstsein 202 ff. – Verschulden 202 ff. – Vorteilsausgleichung 195 Nachteilsausgleich – Abstimmungspflicht siehe Festlegung, einvernehmliche – dogmatische Einordnung 195 f.

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Sachregister

– Festlegung, einvernehmliche 197 f., 206 f. – historische Entwicklung 190 f. – Insolvenzrisiko 201 f. – Kapitalerhaltung 199 f. – Meinungsverschiedenheiten 198 – Nachteil, nicht ausgleichsfähiger 198 – Nachteil, nicht quantifizierbarer 198 – Rechtsanspruch 196, 198 – Schädigungsprivileg 193 ff. – Umfang 200 f. – zeitlich gestreckter 19, 189, 191 f., 193 ff. Organgesellschaft – Begriff 26 f., 32 f., 35 – Eröffnungsverfahren 254 – Haftung 249 f. – Haftung, Geschäftsleiter 250 – Insolvenzreife 252 f. – Insolvenzverfahren 256 ff. Organschaft – Eigenverwaltung 250 f., 260 f., 264 f., 270, 273, 275 f. – Eröffnungsantrag, Ablehnung 251 f., 262, 265, 270, 274, 276 – Eröffnungsverfahren bei Doppelinsolvenz 264, 272 f., 276 – Eröffnungsverfahren über Vermögen der Organgesellschaft 254 ff., 271 f., 276 – Eröffnungsverfahren über Vermögen des Organträgers 244 f., 268 f., 275 f. – gewerbesteuerliche siehe Organschaft, gewerbesteuerliche – grunderwerbsteuerliche siehe Organschaft, grunderwerbsteuerliche – Insolvenzplanverfahren 252 – Insolvenzreife bei Doppelinsolvenz 263 f., 273 ff. – Insolvenzreife der Organgesellschaft 252 f., 271 ff., 274 ff. – Insolvenzreife des Organträgers 241 ff., 265 ff., 274 ff. – körperschaftsteuerliche siehe Organschaft, körperschaftsteuerliche

– umsatzsteuerliche siehe Organschaft, umsatzsteuerliche – Verfahrenseröffnung bei Doppelinsolvenz 238, 262 ff., 272 ff., 274 ff. – Verfahrenseröffnung über Vermögen der Organgesellschaft 256 ff., 271 f., 274 ff. – Verfahrenseröffnung über Vermögen des Organträgers 246 ff., 269, 274 ff. Organschaft, gewerbesteuerliche – Eingliederung, finanzielle siehe dort – Einheitstheorie, gebrochene 34 – Entstehungsvoraussetzungen 34 f. – Gewinnabführungsvertrag 34 f., 274 ff. – historische Entwicklung 13 – Organgesellschaft siehe dort – Organträger siehe dort – Rechtsfolgen 34 f. – Zweck 35 Organschaft, grunderwerbsteuerliche 4 Organschaft, historische Entwicklung 10 ff. – Angestelltentheorie 11 f. – Aufwendungsersatzanspruch 12 f., 155 f. – Freistellungsanspruch 12 – gewerbesteuerliche Organschaft 13 – körperschaftsteuerliche Organschaft 14 f. – Organschaftsvertrag 12 f., 149 f., 154 f., 217 – Organtheorie 12 ff. – umsatzsteuerliche Organschaft 13 f. Organschaft, körperschaftsteuerliche – Eingliederung, finanzielle siehe dort – Eingliederung, organisatorische 13 f. – Eingliederung, wirtschaftliche 13 f. – Entstehungsvoraussetzungen 31 ff. – Gewinnabführungsvertrag 33, 266 ff. – historische Entwicklung 14 f. – Mindestvertragslaufzeit 33, 266 ff., 269 f. – Organgesellschaft siehe dort – Organträger siehe dort – Rechtsfolgen 31 f.

Sachregister Organschaft, umsatzsteuerliche – Allphasen-NettoUmsatzsteuersystem 14 – Ausgleichsanspruch 26, 253, 258 f., 261 – Belastungsneutralität 26 – Eingliederung, finanzielle siehe dort – Eingliederung, organisatorische siehe dort – Eingliederung, wirtschaftliche siehe dort – Einheitsgrundsatz 247 f., 257 f. – Entstehungsvoraussetzungen 25 ff. – Erstattungsanspruch 249, 258 f. – Haftung § 73 AO 14, 26, 249 f. – historische Entwicklung 13 f. – Organgesellschaft siehe dort – Organträger siehe dort – Rechtsfolge 25 f. – Vorsteuerabzug 26, 249, 259 – Vorsteuerberichtigungsanspruch 259 f. Organträger – Begriff 26, 32, 35 – Eröffnungsverfahren 244 f. – Haftung, Geschäftsleiter 250 – Insolvenzreife 241 ff. – Insolvenzverfahren 246 ff. – Steuereinnehmer des Staates 31, 248, 253, 257 f. par conditio creditorum siehe Gläubigergleichbehandlung Reichsgewerbesteuergesetz 1936 13 Relativitätsthese 36 Sachwalter siehe Eigenverwaltung SanInsFoG 77, 79, 95 Schachtelprivileg 10 Schädigungsverbot 18 f., 190 ff., 200, 205 – Gewinnabführungsvertrag, isolierter 103 f. – Selbstschädigung der abhängigen Gesellschaft 203 Sequestration 106 f., 254 StaRUG 3 Steuermilderungsgesetz 1926 47

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Steuersenkungsgesetz 2000 13, 31, 41 Tochtergesellschaft siehe abhängige Gesellschaft Überschuldung siehe Insolvenz Unternehmen 21 ff. – abhängiges siehe dort – Holding 42 f. – teleologischer Unternehmensbegriff 21 f. Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz 2001 13, 34 Unternehmensvertrag siehe Vertragskonzern verbotene Zahlungen, Haftung für 91 ff., 109 ff., 178, 183, 206 f., 209, 223 ff., 233, 237, siehe auch Zahlungsverbote – Altgläubiger 82, 94 – culpa in contrahendo 101 – dogmatische Einordnung 91 f., 224 – Einzelbetrachtung 93 – Gegenleistungen, kompensierende 94 ff. – Gesamtbetrachtung 93 f., 95 f. – Gesamtschaden der Gläubigerschaft 79, 81, 93 ff., 97, 206 – Haftungsgrund 93 ff. – historische Entwicklung 76 f., 95 – Insolvenzverwalter, vorläufiger 108 ff. – Kontrahierungsschaden 101 – Masseverkürzung siehe Gesamtschaden der Gläubigerschaft – Neugläubiger 101 – Rechenschaftspflicht 94 – rechtmäßiges Alternativverhalten 94, 97 – Rechtsnatur 91 f. – Schaden siehe Gesamtschaden der Gläubigerschaft – Schadensersatzanspruch 91 f., 206 f. – Teilnahme 103, 223 f., 233, 237 – Trennungslehre 93, 96 – Veranlassung 96 f. – Verhältnis zu § 309 AktG 97 f. – Verhältnis zu §§ 311, 317 AktG 206

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Sachregister

– Vorleistung 96 – Vorteilsausgleichung siehe Gegenleistungen, kompensierende – Zufallsschäden 80, 96 f., 101, 109 f., 225 f. Vergleichsordnung 106 f., 179, 181 f., 209 Vergleichsverfahren 106 f., 181 f., 209 – Auflösung der Gesellschaft 113 f., 179 – außerordentliche Kündigung 114 f. – faktischer Konzern, Ende 209 – Vergleichsverwalter, Verwaltungsund Verfügungsbefugnis 114, 181, 209 – Vertragskonzern, Ende 113 ff., 179, 218 f. – vorläufiges 106 – Würdigkeitsprüfung 182 Verlustausgleichspflicht – Abwicklungsverluste 234 ff. – auftragsrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch 61 f., 147, 149, 152 f., 155 ff., 168 f., 217, siehe auch Geschäftsbesorgungsvertrag – außerordentliches Kündigungsrecht 54 f., 74, 83 f., 108, 122, 164, 214 f. – außenstehende Aktionäre, Schutz 137, 139 – Eingliederungskonzern siehe dort – Existenzgarantie 64 f., 69 ff., 72 f., 83, 107, 138, 176, 186, 215 ff., 220, 232, 235, 253, 261, 272, 273 ff. – gesetzliches Dauerschuldverhältnis 63 – historische Entwicklung 61 f. – Jahresfehlbetrag 139, 156 f., 174 f., 213 ff., 235 – Kapitalerhaltung 56 ff., 74, siehe auch Kapitalerhaltung – mittelbare Haftung 65, 88, 137, 139, 177 – Rechtsgrund 63 ff., 168 f., 235 – Rücklagen, Auflösung von 139 – Suspendierung 60, 75 ff., 107 f., 115, 120, 166, 169, 172, 176, 180, 219, 233

– Sicherheitsleistung 88 f., 139, 177 f., 219, 236 – unterjährige siehe Vorschusspflicht – Verluste, vorvertragliche 217 – Vollwertigkeitserfordernis 56 ff., 66 ff., 74, 107, 141 f., 152, 156, 169, 176, 217, 266 – Vorschusspflicht 155 ff., 213 ff., 220 – Wiederaufbauhilfen 235 Vermögensbindung siehe Kapitalerhaltung Vertragskonzern – Außenseiterschutz 136 ff. – außenstehende Aktionäre siehe dort – außerordentliche Kündigung 54 ff., 74, 83 ff., 108, 119 f., 121 ff., 164, 186, 214 f., 220 – Beendigung siehe Insolvenzverfahren – Bedingung, auflösende 113, 118, 162 f. – Beherrschungsvertrag siehe dort – Eigenverwaltung 179 ff., 220 f., siehe auch dort – Eröffnungsverfahren bei Doppelinsolvenz 233 – Eröffnungsverfahren über Vermögen der Mutter 104 ff. – Eröffnungsverfahren über Vermögen der Tochter 218 – fehlerhafter Vertrag 186 f. – Formvorschriften 158 f. – Fusion, wirtschaftliche 117, 143, 154, 165, 186 – Geschäftsbesorgungsvertrag 123 ff., 150 ff. – Geschäftsgrundlage, Wegfall 55 f., 85 f. – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 48 f., 51 f. – Gewinnabführungspflicht siehe dort – Gewinnabführungsvertrag siehe dort – Gläubigerschutz, Sicherheitsleistung 88 f., 139, 177 f., 219, 236 – Haftung 86 ff., 109 ff., 178 – Informationspflichten 72 f., 101 – Insolvenzplanverfahren siehe dort

Sachregister – Insolvenzreife bei Doppelinsolvenz 233 – Insolvenzreife der Muttergesellschaft 53 ff. – Insolvenzreife der Tochtergesellschaft 213 ff. – Organisationsvertrag 123 ff., 160 f., 168, 187 f. – Rechtsnatur 123 ff., 134 ff., 160 f., 168, 187 f. – Rücklagenbildung 138 ff. – Satzungsänderung 123 f. – Schuldvertrag 123 ff., 187 f. – Synallagma 71, 121, 158, 167 ff. – Verfahrenseröffnung bei Doppelinsolvenz 234 ff. – Verfahrenseröffnung über Vermögen der Mutter 111 ff. – Verfahrenseröffnung über Vermögen der Tochter 218 ff. – Verlustausgleichspflicht siehe dort – Vertragsauslegung, ergänzende 113, 118, 162 f. – Weisungsrecht siehe dort Vertragskonzern, historische Entwicklung 16 ff., 123, 149 f., 154 – Beherrschungsvertrag 19 – Organschaftsvertrag 12 f., 149 f., 154 – Weisungsvertrag 18 f., 128 Weisungen, existenzgefährdende 59, 67 f., 73, 141, 214 ff. Weisungsrecht – Eingliederungskonzern siehe dort – Insolvenzverwalter siehe dort

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– Leistungsverweigerungsrecht 59, 71 ff., 152, 169 f., 226 – Suspendierung 59, 71, 82, 107, 115, 120, 147, 153, 166, 172, 180, 217, 219, 233, 243 – Umfang 140 ff., 152 ff. – Verlustausgleichsanspruch 70 f., 152 f., 168 f., 217 – Weisungen, Haftung für rechtswidrige 86 ff., 89 f., 102, 109 Zahlungsunfähigkeit siehe Insolvenz Zahlungsunfähigkeit, drohende siehe Insolvenz Zahlungsverbote – Eigenverwaltung 183 – Eröffnungsverfahren 107 f., 208, 233 – Gegenleistungen, kompensierende 94 ff. – historische Entwicklung 76 f., 95 – Insolvenzverfahren 178, 209 – Leistungsverweigerungsrecht 82, 226 – Schutzgesetz 99 f., 223 f. – Verbindlichkeiten, Begründung von 80 – verbotene Zahlungen, Haftung siehe dort – Vorteilsausgleichung siehe Gegenleistungen, kompensierende – Zahlungen, Begriff 79 ff., 95 f., 101 – Zahlungen der Tochter, Zurechnung 82 – Zahlungen, sorgfältige 81, 95, 108 f. – Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters 108 f.