Datenverträge in der Insolvenz: Zugriffsrechte des Nutzers in der Insolvenz des Datenverwalters 9783658401351, 9783658401368, 3658401354

Dieser Band widmet sich einem aktuellen Thema an der Schnittstelle des Daten- und Insolvenzrechts. Immer mehr Nutzer spe

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Datenverträge in der Insolvenz: Zugriffsrechte des Nutzers in der Insolvenz des Datenverwalters
 9783658401351, 9783658401368, 3658401354

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Der Gegenstand der Arbeit
1.2 Die rechtspraktische Bedeutung
1.3 Der Gang der Untersuchung
2 Der Begriff des Datums
2.1 Der Datenbegriff außerhalb der Rechtswissenschaft
2.2 Der Datenbegriff im Strafrecht
2.3 Der Datenbegriff im Datenschutzrecht
2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen
2.4.1 Der Datenbegriff nach Zech
2.4.2 Die Rezeption in der Literatur
2.4.3 Das Datenkonzept dieser Untersuchung
2.4.4 Zwischenergebnis
2.5 Personenbezogene Daten und Maschinendaten
2.5.1 Personenbezogene Daten
2.5.2 Maschinendaten
2.5.3 Zwischenergebnis
2.6 Zusammenfassung
3 Datenverträge in der Insolvenz
3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen
3.1.1 Fortführung von Verträgen nach § 108 InsO
3.1.2 Die Erfüllungswahl nach § 103 InsO
3.1.3 Zwischenergebnis
3.2 Cloud-Verträge
3.2.1 Vertragstypologische Einordnung
3.2.2 Insolvenzrechtliche Konsequenzen
3.2.3 Zwischenergebnis
3.3 Andere Datenverträge
3.3.1 E-Mail-Provider-Vertrag
3.3.2 Messenger-Dienste
3.3.3 Video-on-Demand/Audio-on-Demand
3.3.4 Online-Gaming
3.3.5 Zwischenergebnis
3.4 Zusammenfassung
4 Die Aussonderung von Daten
4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen
4.1.1 Der Gegenstand der Aussonderung
4.1.2 Die Aussonderungsberechtigung
4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten
4.2.1 Rechte mit Zuordnungsfunktion
4.2.2 Ausschließlichkeitsrechte an Daten
4.2.3 Die Folge der fehlenden ausschließlichen zivilrechtlichen Zuordnung
4.2.4 Die Zuordnung über das Vertragsrecht
4.2.5 Die Ausgestaltung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten de lege ferenda
4.2.6 Zusammenfassung
4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung
4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten
4.4.1 Dingliche Rechte an Daten
4.4.2 Persönliche Rechte an Daten
4.4.3 Die Aussonderung von Daten bei ausgewählten Datenverträgen
4.4.4 Zwischenergebnis
4.5 Die Folgen der Datenaussonderung
4.5.1 Praktische Durchführung
4.5.2 Kosten
4.5.3 Zwischenergebnis
4.6 Insolvenzfestigkeit gesetzlich garantieren
4.6.1 Die Datenaussonderung nach luxemburgischem Recht
4.6.2 Vorbild für deutsches Insolvenzrecht?
4.6.3 Zwischenergebnis
4.7 Zusammenfassung
5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
5.1 Der Begriff des Datums
5.2 Datenverträge in der Insolvenz
5.3 Die Aussonderung von Daten
Literaturverzeichnis

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Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht

Maxime von Dreusche

Datenverträge in der Insolvenz Zugriffsrechte des Nutzers in der Insolvenz des Datenverwalters

Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht Reihe herausgegeben von Matthias Cornils, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Rheinland-Pfalz, Deutschland Louisa Specht-Riemenschneider, Universität Bonn, Bonn, Nordrhein-Westfalen, Deutschland

In der Schriftenreihe erscheinen Forschungsbeiträge zum Kommunikations- und Medienrecht in seiner vollen Breite, vom Äußerungs-, Urheber- und Kunsturheberrecht über das Daten- und Informationsrecht bis zu Fragen öffentlichrechtlicher Medien- oder Intermediärsregulierung, einschließlich ihrer theoretischen Hintergründe. Erfasst sind insbesondere innovative akademische Qualifikationsschriften, aber auch Abhandlungen und Sammelbände von herausragendem wissenschaftlichen Wert.

Maxime von Dreusche

Datenverträge in der Insolvenz Zugriffsrechte des Nutzers in der Insolvenz des Datenverwalters

Maxime von Dreusche Bonn, Deutschland Die vorliegende Arbeit wurde als Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors des Rechts durch die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn eingereicht. Die Zulassung zur Promotion fand am 11. Februar 2022 durch den Dekan Prof. Dr. Jürgen von Hagen statt. Erstberichterstatter der Arbeit war Prof. Dr. Moritz Brinkmann. Zweitberichterstatterin war Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider. Der Tag der mündlichen Prüfung war der 08. September 2022.

ISSN 2662-9488 ISSN 2662-9496 (electronic) Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht ISBN 978-3-658-40135-1 ISBN 978-3-658-40136-8 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Meiner Familie

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2022 von der Rechtsund Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis zur Fertigstellung im Februar 2022 Berücksichtigung finden. An erster Stelle möchte ich mich bei meinen Doktorvater Prof. Dr. Moritz Brinkmann für die hervorragende Betreuung und motivierende Unterstützung während der Erstellung dieser Arbeit bedanken. Darüber hinaus bin ich ihm sehr dankbar für die Möglichkeit zur persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung während meiner Mitarbeit am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Insolvenzrecht der Universität Bonn. Ich blicke auf sechs sehr schöne Jahre zurück, in denen ich erst als studentische Hilfskraft und seit Januar 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl tätig war. Die Zeit am Lehrstuhl hat meine Studien- und Promotionszeit ohne Frage ganz maßgeblich geprägt. Dazu haben insbesondere meine wunderbaren Kolleginnen und Kollegen beigetragen, die mir über die Jahre sehr ans Herz gewachsen sind und mir viel Freude im Arbeitsalltag bereitet haben. Ich hätte mir keinen besseren Ort zum Lernen, Studieren und Promovieren vorstellen können. Ganz herzlicher Dank gebührt auch Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider für die Erstellung des Zweitgutachtens und ihre konstruktiven Anmerkungen. Außerdem danke ich ihr und Prof. Dr. Matthias Cornils für die Aufnahme meiner Arbeit in diese Schriftenreihe. Ebenso gilt mein Dank Dr. Johannes Richter für die Durchsicht dieser Arbeit, seine wertvollen Anmerkungen und die vielen hilfreichen Gespräche während der Erstellung dieser Arbeit. Besonderer Dank gebührt ferner meinem Freund Moritz Hoogland, der mir sowohl für fachliche Gespräche als auch mit stetigem Zuspruch immer zur Seite

VII

VIII

Vorwort

stand und somit auch einen großen Beitrag zum Gelingen dieses Vorhabens geleistet hat. Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern, Gerlinde und Oliver von Dreusche, für ihre uneingeschränkte Unterstützung auf meinem bisherigen Lebensweg. Auch sie tragen daher einen großen Anteil am Gelingen dieser Arbeit. Ihnen und meiner restlichen Familie ist die Arbeit in tiefer Dankbarkeit gewidmet. Bonn Oktober 2022

Maxime von Dreusche

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die rechtspraktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 4

2 Der Begriff des Datums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Der Datenbegriff außerhalb der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . 2.2 Der Datenbegriff im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der Datenbegriff im Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Der Datenbegriff nach Zech . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Die Rezeption in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Das Datenkonzept dieser Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.1 Daten als Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.2 Daten als Binärcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Personenbezogene Daten und Maschinendaten . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Personenbezogene Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Maschinendaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 7 8 10 11 11 13 15 15 17 18 19 19 20 21 22

3 Datenverträge in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Fortführung von Verträgen nach § 108 InsO . . . . . . . . . . . 3.1.1.1 Vertrag im Sinne von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 24 24 25

IX

X

Inhaltsverzeichnis

3.1.1.2 Die Insolvenz des Dienstverpflichteten . . . . . . . . 3.1.1.2.1 Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1.2.2 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1.2.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Die Erfüllungswahl nach § 103 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2.1 Die Erfüllungswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2.2 Die Erfüllungsablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Cloud-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Vertragstypologische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Cloud-Speicher-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1.1 Mietvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1.2 Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1.3 Verwahrungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1.4 Mietvertrag mit verwahrungsvertraglicher Nebenleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Sonstige Cloud-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Insolvenzrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.1 Fortführung von Cloud-Verträgen nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.2 Erfüllungswahl im Rahmen eines Cloud-Vertrags nach § 103 InsO . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Andere Datenverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 E-Mail-Provider-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.1 Technischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.2 Vertragstypologische Einordnung . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.3 Insolvenzrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Messenger-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Video-on-Demand/Audio-on-Demand . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.1 Technischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2 Urheberrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2.1 Download . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2.2 Streaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 25 27 35 35 36 37 37 38 38 40 40 44 45

47 48 49 50 50 51 53 55 56 56 56 57 59 61 63 64 66 66 71 72

Inhaltsverzeichnis

3.3.3.3 Vertragstypologische Einordnung . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.3.1 „Kauf“ von digitalen Werken . . . . . . 3.3.3.3.2 Streaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.4 Insolvenzrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.4.1 „Kauf“ von digitalen Werken . . . . . . 3.3.3.4.2 Streaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Online-Gaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.1 Technischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.2 Urheberrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.3 Vertragstypologische Einordnung . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.3.1 Spielsoftware-Vertrag . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.3.2 Account-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.3.3 Verträge über virtuelle Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.4 Insolvenzrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.4.1 Spielsoftware-Vertrag . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.4.2 Account-Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.4.3 Verträge über virtuelle Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Die Aussonderung von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Der Gegenstand der Aussonderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Die Aussonderungsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.1 Dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.1.1 Der Begriff der Dinglichkeit . . . . . . . 4.1.2.1.2 Der Begriff der Dinglichkeit im Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.2 Persönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2.2.1 Das Klagerecht des nur obligatorisch Berechtigten . . . . . . . . . 4.1.2.2.2 Die Anforderungen an den obligatorischen Aussonderungsanspruch . . . . . . . . . . . 4.1.2.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

72 72 76 78 78 88 90 90 92 93 96 96 98 99 100 100 101 102 103 103 104 107 108 109 109 111 112 113 115 116

120 120

XII

Inhaltsverzeichnis

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Rechte mit Zuordnungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Ausschließlichkeitsrechte an Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.1 Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.2 Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.2.1 „Dateneigentum“, § 903 BGB . . . . . . 4.2.2.2.2 Zuordnung über das Eigentum am Datenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.2.3 Daten als Sachfrüchte oder Nutzungen, §§ 99, 100 BGB . . . . . . . 4.2.2.2.4 Zuordnung über § 950 BGB . . . . . . . 4.2.2.2.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3 Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3.1 Datenbankwerkschutz . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3.2 Datenbankschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.3.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.4 Geschäftsgeheimnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.5 Zuordnung über das Datenschutzrecht . . . . . . . . . 4.2.2.6 Zuordnung über das Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.6.1 Der Skripturakt im Strafrecht . . . . . . 4.2.2.6.2 Anwendung der strafrechtlichen Zuordnung im Zivilrecht . . . . . . . . . . 4.2.2.6.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.7 Daten als sonstiges Recht, § 823 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2.8 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Die Folge der fehlenden ausschließlichen zivilrechtlichen Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.4 Die Zuordnung über das Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Die Ausgestaltung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Dingliche Rechte an Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1 Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1.1 Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1.2 Lizenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1.3 Geschäftsgeheimnisschutz . . . . . . . . .

121 122 124 124 126 126 127 128 130 132 133 134 135 137 138 142 145 146 147 157 157 159 159 161 162 165 166 174 177 179 179 180 185

Inhaltsverzeichnis

4.4.1.1.4 Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1.5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Persönliche Rechte an Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.1 Vertragliche Vereinbarung eines Aussonderungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.2 Herausgabeanspruch aus §§ 667 1. Alt., 675 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.2.1 Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.2.2 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.3 Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Die Aussonderung von Daten bei ausgewählten Datenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.1 Cloud-Speicher-Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.2 E-Mail und Messenger-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.3 Video- und Audio-On-Demand . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3.4 Online-Gaming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.4 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Die Folgen der Datenaussonderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Praktische Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Insolvenzfestigkeit gesetzlich garantieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.1 Die Datenaussonderung nach luxemburgischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2 Vorbild für deutsches Insolvenzrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.3 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

187 188 188 189 190 190 191 192 193 194 194 195 197 198 202 203 204 205 210 210 211 211 213 213

5 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Der Begriff des Datums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Datenverträge in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Die Aussonderung von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

215 215 216 219

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225

Abkürzungsverzeichnis

a.A. a.a.O. a.E. a.F. Abs. AcP AGB Alt. AoD ArchBürgR Art. ASP AT Az. BAG BayObLG BB BDI BDSG BeckOK Begr. Bekl. BerGer. Beschl. BGB BGH

andere Ansicht am angegebenen Ort am Ende alte Fassung Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeine Geschäftsbedingungen Alternative Audio-on-Demand Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Application Service Providing Allgemeiner Teil Aktenzeichen Bundesarbeitsgericht Bayerische Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Bundesverband der deutschen Industrie Bundesdatenschutzgesetz Beck’scher Online-Kommentar Begründer Beklagter Berufungsgericht Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof

XV

XVI

BGHZ BMJ BMVI bpsw. BT-Drucks. BVerfG bzw. CR DaaS ders. DGVZ dies. DIN DM DSGVO DuD e.V. EA EG Einl. EU EuGH EWiR f. ff. Fn. FS gem. GeschGehG GG ggf. GRUR GRUR Int. GRUR-Prax GS HGB Hrsg. Hs.

Abkürzungsverzeichnis

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesministerium für Justiz Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur beispielsweise Bundestagsdrucksachen Bundesverfassungsgericht beziehungsweise Computer und Recht Data as a Service derselbe Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung dieselbe/n Deutsche Institut für Normung Deutsche Mark Datenschutz-Grundverordnung Datenschutz und Datensicherheit eingetragener Verein Electronic Arts Europäische Gemeinschaft Einleitung Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgend/auf der nächsten Seite auf den nächsten Seiten Fußnote Festschrift gemäß Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen Grundgesetz gegebenenfalls Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht International Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Gedächtnisschrift Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz

im

Abkürzungsverzeichnis

i.R.e. i.S.d. i.S.v. i.V.m. IaaS IMAP InsO IP IPRB IT ITRB IuR JA JIPITEC JurPC JuS JZ K&R KO KTS KWG LG lit. LLP Ltd. m.w.N. MDR MMORPG MMR MPI MüKoBGB MüKoInso MüKoStGB MüKoZPO NFT NJOZ NJW

XVII

im Rahmen einer im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Infrastructure as a Service Internet Message Access Protocol Insolvenzordnung Internet Protocol IP-Rechtsberater Informationstechnik IT-Rechtsberater Informatik und Recht Juristische Arbeitsblätter Journal of Intellectual Property, Information Technology and Electronic Commerce Law Internet-Zeitschrift für Rechtsinformatik und Informationsrecht Juristische Schulung JuristenZeitung Kommunikation und Recht Konkursordnung Zeitschrift für Insolvenzrecht Kreditwesengesetz Landgericht littera (Buchstabe) Limited Liability Partnership Limited mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für deutsches Recht Massively Multiplayer Online Role-Playing Game MultiMedia und Recht Max-Planck-Institut Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Münchener Kommentar zum Insolvenzordnung Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung Non-Fungible Token Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift

XVIII

NJW-RR No. Nr. NZA NZI NZKart NZWiSt OLG PaaS PC PinG POP RG RGZ Rn. Rs. S. SaaS Slg. sog. StGB SWD TK u.a. UrhG Urt. USA UWG v. vgl. vs. VersR VO VoD Vol. Vor VuR

Abkürzungsverzeichnis

Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Number Nummer Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht Neue Zeitschrift für Kartellrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht Oberlandesgericht Platform as a Service Personal Computer Privacy in Germany Post Office Protocol Reichsgericht Entscheidungssammlung des Reichsgerichts Randnummer Rechtssache Seite oder Satz Software as a Service Sammlung sogenannt/e Strafgesetzbuch Staff Working Dokument Telekommunikation unter anderem oder und andere Urheberrechtsgesetz Urteil Vereinigten Staaten von Amerika Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom vergleiche versus Versicherungsrecht Verordnung Video-on-Demand Volume Vorbemerkung Verbraucher und Recht

Abkürzungsverzeichnis

Web-Dok. WiKG WM WRP XaaS z.B. ZD ZEuP ZfDR ZGE ZInsO ZIP zit. ZPO ZUM ZVI ZZP ZZPInt

Web-Dokument Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Anything as a Service zum Beispiel Zeitschrift für Datenschutz Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Digitalisierung und Recht Zeitschrift für Geistiges Eigentum Zeitschrift für das gesamte Insolvenz- und Sanierungsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International

XIX

1

Einleitung

Daten sind in aller Munde: Immer mehr Nutzer speichern ihre Daten in der Cloud, laden sich Filme und Musik im Internet herunter oder verbringen ihre Zeit beim Online-Gaming. Es ist daher nur wenig verwunderlich, dass die derzeit wertvollsten Unternehmen unserer Zeit – Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft – ihr Geld unter anderem mit der Verarbeitung von Daten verdienen. Zugleich nimmt die globale Datenmenge stetig zu: Das Volumen der jährlich generierten digitalen Daten weltweit wird nach Prognosen von 2020 zu 2025 um ein dreifaches auf eine unvorstellbare Zahl von etwa 181 Zettabyte, also 181.000.000.000.000.000.000.000 Byte, ansteigen.1 Daten werden in der Zukunft damit zwangsläufig immer öfter auch Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzung sein. Es liegt somit nahe, auch den Umgang mit Daten in der Insolvenz in den Blick zu nehmen. Gerade im Falle der Insolvenz eines Unternehmens stellen sich eine Reihe von nicht hinreichend erforschten Fragen. Zwar ist Stand heute noch kein größerer Cloud-Betreiber oder anderer Datenverwalter insolvent gegangen und auch eine Insolvenz von Facebook oder Google ist kein naheliegendes Szenario.2 Dennoch sind Daten bereits gegenwärtig Gegenstand von Insolvenzen, sodass es sich nicht um ein rein theoretisches Problem handelt.

1

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/267974/umfrage/prognose-zum-weltweit-gen erierten-datenvolumen/, letzter Abruf am: 25.10.2022. Ein Zettabyte ist eine Maßeinheit für Speicherkapazität und steht für 1021 Bytes. 2 Solche Gedankenspiele bei C. Paulus, JZ 2019, 11, 14; D. Paulus, ZZPInt 21 (2016), 199, Fn. 93. © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 M. von Dreusche, Datenverträge in der Insolvenz, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8_1

1

2

1

1.1

Einleitung

Der Gegenstand der Arbeit

An der Schnittstelle von Daten- und Insolvenzrecht eröffnen sich zahlreiche Themenbereiche, wie etwa die datenschutzrechtliche Stellung des Insolvenzverwalters oder die datenschutzrechtlichen Herausforderungen im Rahmen der Verwertung von Daten. Diese Untersuchung setzt jedoch an einem anderen Punkt an und widmet sich primär dem Vertragsverhältnis zwischen dem Nutzer und dem datenverwaltenden Unternehmen und im Besonderen der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Nutzer in der Insolvenz des Datenverwalters weiter Zugriff auf „seine“ Daten hat. Die Zugriffsfrage stellt sich bei diesen Datennutzungsverhältnissen, da sich die Daten eben nicht im Herrschaftsbereich des jeweiligen Nutzers befinden, sondern extern von dem Datenverwalter gespeichert werden. Der Nutzer wird in der Insolvenz des Datenverwalters regelmäßig ein Interesse haben, auf die entsprechenden Daten weiter zugreifen zu können. Der luxemburgische Gesetzgeber hat mit der Einführung des Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce, der einen insolvenzrechtlichen Herausgabeanspruch für unkörperliche Gegenstände normiert, ausdrücklich anerkannt, dass dieses Interesse eines rechtlichen Schutzes bedarf: Er wollte damit sicherstellen, dass der Nutzer im Fall der Insolvenz eines Cloud-Computing-Anbieters zuvor ausgelagerte Daten wiedererlangen kann.3 Mangels einer gleichlautenden Vorschrift im deutschen (Insolvenz-) Recht, ist zu klären, ob der Nutzer im Fall der Insolvenz eines Datenverwalters rechtlich abgesichert ist oder ob Schutzlücken bestehen, die es zu schließen gilt. Dieser Frage soll im Rahmen der Untersuchung nachgegangen werden.

1.2

Die rechtspraktische Bedeutung

Um sich dieser rechtlichen Fragestellung zu nähern, ist zunächst ihre rechtspraktische Bedeutung anhand verschiedener Anwendungsbeispiele darzulegen. Grundsätzlich ist eine Vielzahl von Datenverträgen vorstellbar, bei denen sich die Daten nicht im Herrschaftsbereich des jeweiligen Datennutzers befinden, sondern von einem Dritten verwaltet werden. Neben dem Standardbeispiel der Insolvenz eines Cloud-Betreibers kann auch in der Insolvenz von anderen datenverarbeitenden Unternehmen wie Video- oder Audio-On-Demand-Anbietern oder Online-Gaming-Betreibern der weitere Zugriff auf die Daten von Interesse für den Nutzer sein. Da jedoch die Insolvenz eines Cloud-Providers einen besonders

3

Siehe dazu noch ausführlich 4.6.1.

1.2 Die rechtspraktische Bedeutung

3

anschaulichen und zudem wirtschaftlich relevanten Anwendungsfall dieser Problematik darstellt, ist die rechtspraktische Bedeutung der Untersuchung anhand dieses Beispiels im Folgenden zu skizzieren. Cloud-Anbieter sind grundsätzlich Unternehmen, die IT-Infrastrukturen wie Software und Hardware über ein Netzwerk zur Verfügung stellen, auf das über das Internet von überall zugegriffen werden kann.4 2010 wurde „the Cloud“ noch „als Inbegriff für die kommende Revolution im Netz“ gehandelt:5 Inzwischen bestimmt das Cloud-Computing die moderne Datenverarbeitung und ist nicht mehr hinwegzudenken. Der Zugriff auf nahezu unbegrenzte IT-Ressourcen in der „Wolke“ macht das Cloud-Computing außerordentlich attraktiv.6 Daher kommt den Cloud-Diensten auch eine immer größere Bedeutung zu: Gerade Unternehmen gehen beispielsweise immer öfter dazu über, die stetig wachsenden Datenmengen nicht selbst zu speichern, sondern stattdessen auf große Serverkapazitäten von externen Anbietern zurückzugreifen.7 Aber auch Einzelpersonen nutzen vermehrt Cloud-Dienste: 2020 verwendete fast jeder dritte Deutsche einen Cloud-Service.8 Das Angebot von Cloud-Computing wächst dementsprechend stetig. In der Regel erbringen Cloud-Anbieter verschiedene Serviceleistungen im Rahmen einer längeren Laufzeit.9 Den Schwerpunkt des umfassenden Leistungsspektrums bilden zurzeit (noch) drei Service-Modelle: Zum einen werden externe Speicherkapazitäten und Rechenleistung angeboten (Infrastructure as a Service, IaaS); ferner werden Betriebssysteme virtuell zur Verfügung gestellt, beispielsweise zur Entwicklung eigener Software (Platform as a Service, PaaS); schließlich stellen Cloud-Anbieter auch Software bereit (Software as a Service, SaaS).10 Um 4

Lehmann/Giedke, CR 2013, 608, 609. Cloud-Computing ist kein klar abgegrenzter Begriff, statt vieler Schuster/Reichl, CR 2010, 38. Zu grundlegenden Unterscheidungen im Rahmen des Cloud-Computings siehe Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 120 ff. 5 Oberhaus, NJW 2010, 651. 6 Noch für die Zukunft formulierend: Schuster/Reichl, CR 2010, 38. 7 2020 nutzen etwa 82 % der deutschen Unternehmen Cloud-Computing: https://de.statista. com/statistik/daten/studie/177484/umfrage/einsatz-von-cloud-computing-in-deutschen-unt ernehmen-2011/, letzter Abruf: 25.10.2022. 8 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/381271/umfrage/nutzung-von-cloud-dienstendurch-einzelpersonen-in-europa-im-laendervergleich/, letzter Abruf: 25.10.2022. 9 Splittgerber/Rockstroh, BB 2011, 2179. 10 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 124 ff.; Böse/Rockenbach, MDR 2018, 70; Niemann/Paul, K&R 2009, 444, 445; Wicker, MMR 2012, 783.

4

1

Einleitung

in den Genuss dieser Dienste zu kommen, braucht der Nutzer nicht mehr als einen Internetzugang. Die Nutzung von Cloud-Diensten bietet den Vorteil, dass die Anschaffung teurer Software, Festplatten und weiterer Hardware entfällt und die jeweiligen Dienste je nach Bedarf angepasst werden können.11 Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Cloud-Angebote, ist diesen unterschiedlichen Dienstmodellen gemein, dass der Nutzer Daten auf einem fremden Server auslagert – auch bei der Nutzung eines virtuellen Betriebssystems oder von Software in der Cloud werden Daten generiert, die der Dienstleister für den Kunden extern speichert. Daher geht mit der Nutzung der Cloud-Dienste zugleich auch ein Kontrollverlust einher:12 Dies kann sich insbesondere bei der Insolvenz des Cloud-Anbieters bemerkbar machen. Wird über das Vermögen des Dienstanbieters das Insolvenzverfahren eröffnet, haben betroffene Unternehmen wie Privatpersonen ein starkes Interesse daran, alsbald auf „ihre“ Daten zugreifen zu können. Insbesondere wird den Datengläubigern eine quotale Befriedigung nicht genügen. Da im Speziellen die externe Speicherung von Daten den weiteren Zugriff auf die Daten in der Insolvenz erschwert, wird sich diese Untersuchung primär auf solche Cloud-Dienste beschränken, die Speicherplatz zur Verfügung stellen. Das IaaS-Angebot – zu dem das Cloud-Speicher-Angebot gehört – ist von erheblicher wirtschaftlicher Relevanz: 2021 betrugen die weltweiten Ausgaben für IaaS über 90 Milliarden US-Dollar; diese Ausgaben sollen sich bis 2023 auf über 150 Milliarden US-Dollar erhöhen.13

1.3

Der Gang der Untersuchung

Der Zugriff des Nutzers auf „seine“ Daten in der Insolvenz eines datenverwaltenden Unternehmens ist möglich, wenn dem betroffenen Kunden eine insolvenzfeste Position zusteht: Die weitere Zugriffsmöglichkeit auf die Daten in der Insolvenz kann sich aus der Fortführung des entsprechenden Datenvertrags ergeben oder auf einem Aussonderungsrecht des Nutzers beruhen.14 Zu diesem Zweck ist – nach der Konkretisierung des Gegenstands der Untersuchung („Der

11

Oberhaus, NJW 2010, 651. Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 282 f. 13 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/307025/umfrage/umsatz-mit-infrastructureas-a-service-weltweit-seit-2010/, letzter Abruf: 25.10.2022. 14 Siehe dazu Teil 4. 12

1.3 Der Gang der Untersuchung

5

Begriff des Datums“) – im zweiten Teil der Arbeit („Datenverträge in der Insolvenz“) zu analysieren, ob Datenverträge in der Insolvenz fortbestehen. Dazu wird das Schicksal von Verträgen in der Insolvenz untersucht und dabei insbesondere auf die §§ 103, 108 InsO eingegangen. Als konkrete Praxisbeispiele werden Cloud-Verträge (insbesondere Cloud-Speicher-Verträge), E-Mail-Provider- und Messenger-Dienst-Verträge sowie Verträge im Video- und Audio-on-DemandBereich und im Rahmen von Online-Gaming näher untersucht. Bevor eine insolvenzrechtliche Einschätzung zum Fortbestand dieser Verträge möglich ist, müssen indes vertragstypologische und teilweise auch urheberrechtliche Bewertungen erfolgen. Im dritten Teil („Die Aussonderung von Daten“) wendet sich die Untersuchung der Frage der haftungsrechtlichen Zuordnung von Daten zu. Ob Daten massezugehörig sind beziehungsweise ausgesondert werden können, richtet sich danach, für wessen Verbindlichkeiten die Daten haften. Dies orientiert sich maßgeblich an der allgemeinen zivilrechtlichen Zuordnung, die daher zunächst umfassend zu analysieren ist, bevor die Möglichkeit der Datenaussonderung in den Blick genommen werden kann. Wenngleich die Frage der Zuordnung von und der Rechte an Daten in den letzten Jahren immer öfter Gegenstand von Veröffentlichungen war,15 so fehlt bisher eine umfassende Beschäftigung in Bezug auf die vorliegende insolvenzrechtliche Untersuchungsfrage. Zwar findet man auch in der insolvenzrechtlichen Literatur vereinzelte Ausführungen; indes bleiben diese oftmals oberflächlich: Daten wird im insolvenzrechtlichen Kontext ein dinglicher Zuweisungsgehalt – und in der Konsequenz eine entsprechende Aussonderungsberechtigung – teilweise ohne nähere Begründung zugesprochen.16 Die folgende Untersuchung versucht diese Lücken zu schließen.

15

Siehe nur Behling, ZGE 2021, 3 ff.; Grützmacher, CR 2016, 485 ff.; Heymann, CR 2016, 650 ff.; Martini/Kolain/Neumann/Rehorst/Wagner, MMR Beilage 2021, 3 ff. 16 So beispielsweise bei Bultmann, ZInsO 2011, 992, 993 f.

2

Der Begriff des Datums

Daten sind Dreh- und Angelpunkt dieser Untersuchung. Daher ist dieser Begriff in einem ersten Schritt zu definieren. Dies ist erforderlich, weil der Begriff „Daten“ in verschiedenen Kontexten mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird. So formuliert Amstutz: „Jedermann und niemand weiß, was Daten sind.“1 Auch um den juristischen Datenbegriff ranken sich viele Unklarheiten. Insbesondere für die Diskussion, wem die Daten „gehören“ und welche Rechte an Daten bestehen können, ist es jedoch unumgänglich, die verschiedenen Begriffsverständnisse zu erläutern und auseinander zu halten. Ausgangspunkt soll zunächst das Verständnis von Daten außerhalb der Rechtswissenschaft sein. Im Anschluss werden Datenbegriffe, die sich innerhalb der Rechtswissenschaft etabliert haben – namentlich das strafrechtliche und das datenschutzrechtliche Datenverständnis – in den Blick genommen. Weiterhin ist erforderlich, sich mit der Abgrenzung von Daten und Informationen auseinanderzusetzen. Schließlich soll auch die Differenzierung von personenbezogenen und rein maschinengenerierten Daten Berücksichtigung finden.

2.1

Der Datenbegriff außerhalb der Rechtswissenschaft

Um dem Datenbegriff außerhalb der Rechtswissenschaft näher zu kommen, bietet sich zunächst die Wortherkunft als Anhaltspunkt an. Das Wort „Datum“ entstammt dem lateinischen Wort „dare“ (zu deutsch „geben“); das Partizip Perfekt Passiv von dare, datum, bedeutet seinem Wortsinn nach etwas „Gegebenes“. Weitere Erkenntnisse können auch die lexikalischen Erklärungen nach dem Duden 1

Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 542.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 M. von Dreusche, Datenverträge in der Insolvenz, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8_2

7

8

2

Der Begriff des Datums

verschaffen: Daten sind „durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u. a. gewonnene [Zahlen]werte, […] Angaben, formulierbare Befunde“; sie können aber auch als „elektronisch gespeicherte Zeichen, Angaben und Informationen“ verstanden werden.2 Ferner kann die Definition des Deutschen Instituts für Normung für die Annäherung der Begriffsbestimmung herangezogen werden: Danach sind Daten ein „Gebilde aus Zeichen oder kontinuierlichen Funktionen, die aufgrund bekannter oder unterstellter Abmachungen Informationen darstellen, vorrangig zum Zwecke der Verarbeitung oder als deren Ergebnis“.3 Gemäß Terminologie der geltenden Norm des internationalen Technologiestandards ISO/IEC 2382:2015 sind Daten „reinterpretable representation of information in a formalized manner suitable for communication, interpretation, or processing“. Insgesamt ist das Datenverständnis außerhalb der Rechtswissenschaft damit relativ weit. Erfasst sind zunächst grundsätzlich analoge und digitale Daten. Diese Untersuchung behandelt jedoch nur digitale Daten, also elektronisch gespeicherte Zeichenfolgen, die Informationen darstellen.

2.2

Der Datenbegriff im Strafrecht

Das (deutsche) Strafrecht, welches Daten vor verschiedenen Eingriffen schützt, konkretisiert das Schutzgut Daten in § 202a Abs. 2 StGB.4 Danach sind Daten nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden. Innerhalb des StGB verweisen verschiedene Normen auf diese Bestimmung.5 § 202a Abs. 2 StGB spezifiziert allerdings nicht weiter, was unter Daten selbst zu verstehen ist. Die Norm dient damit allein der Begrenzung eines allgemeinen Datenbegriffs, der beispielsweise §§ 263a, 268–270 StGB zugrunde liegt.6 Diesen allgemeinen Datenbegriff hat

2

Zitiert nach Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Daten, letzter Abruf: 25.10.2022. 3 DIN-Norm 44300 Teil 2 Nr. 2.2.13. Diese Norm ist inzwischen zurückgezogen worden. 4 § 202a Abs. 2 StGB wurde 1986 im Rahmen des 2. Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität eingeführt, welches der Entwicklung neuer Medien Rechnung tragen sollte. 5 Beispielsweise §§ 202b, 202c Abs. 1 Nr. 1, 202d Abs. 1, 303a Abs. 1, 303b Abs. 1 Nr. 2 StGB. 6 Graf , in: MüKoStGB, § 202a Rn. 12.

2.2 Der Datenbegriff im Strafrecht

9

die strafrechtliche Literatur selbst entwickeln müssen; inzwischen ist anerkannt, dass Daten Zeichenfolgen sind, die Information darstellen.7 § 202a Abs. 2 StGB schränkt dieses allgemeine Verständnis nun wie folgt ein: Es ist zum einen erforderlich, dass die Daten nicht unmittelbar wahrnehmbar sind. Dies ist der Fall, wenn die Darstellung der Information nicht ohne Weiteres, sondern erst nach technischer Transformation einer sinnlichen Wahrnehmung zugänglich ist.8 Zum anderen müssen die Daten gespeichert oder übermittelt werden. Gespeichert sind die Daten, wenn sie für eine weitere Verwendung erfasst, aufgenommen oder aufbewahrt werden.9 Werden sie durch die speichernde Stelle auf elektronischer oder sonstiger technischer Weise weitergegeben, liegt eine Übermittlung vor.10 Nach § 202a Abs. 2 StGB codieren Daten somit Informationen in einer für eine Datenverarbeitungsanlage erkennbaren Form;11 erfasst werden also beispielsweise E-Mails und Textdateien – sowohl im gespeicherten als auch im übermittelten Zustand.12 Damit ist die Norm in ihrer Konzeption an die zuvor genannten technischen Definitionen angelehnt.13 Der Gesetzgeber wollte mit § 202a Abs. 2 StGB keine ausdrückliche Definition für Daten schaffen,14 sondern ließ den Begriff der Daten bewusst offen, um ihn für neue technische Entwicklungen freizuhalten.15 Möglicherweise hat sich aus diesem Grund aus dem strafrechtlichen Datenverständnis bisher keine allgemein geltende juristische Definition entwickelt. Der Rekurs auf § 202a

7

Eisele, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 202a Rn. 3; Graf , in: MüKoStGB, § 202a Rn. 12. 8 Schmitz, JA 1995, 478, 479 f. Graf , in: MüKoStGB, § 202a Rn. 15 ff.: Lochkarten fallen nicht unter § 202a StGB, da die Lochungen auf einer Lochkarte visuell erfassbar und daher auch die Daten unmittelbar wahrnehmbar sind. 9 Graf , in: MüKoStGB, § 202a Rn. 20. 10 Eisele, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 202a Rn. 6; Graf , in: MüKoStGB, § 202a Rn. 20. 11 Siehe auch Lenckner/Winkelbauer, CR 1986, 483, 484; Peschel/Rockstroh, MMR 2014, 571, 573; Wilke, NZWiSt 2019, 168, 170. 12 Rübenstahl/Debus, NZWiSt 2012, 129, 130. 13 So auch: Conrad/Grützmacher, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 1, 5. Kritisch: Schmitz, JA 1995, 478, 479: Die DIN-Norm beziehe sich ausdrücklich auf die Datenverarbeitung und sei insofern zu eng. 14 BT-Drucks. 10/5058, S. 29. 15 Kargl, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, § 202a Rn. 4.

10

2

Der Begriff des Datums

Abs. 2 StGB kann bei der Bestimmung des zivilrechtlichen Begriffs des digitalen Datums allein eine Orientierungshilfe bieten.16

2.3

Der Datenbegriff im Datenschutzrecht

Wenig überraschend findet sich auch im Datenschutzrecht eine Konkretisierung des Datenbegriffs. Gemäß Art. 4 Abs. 1 DSGVO17 sind personenbezogene Daten, „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“. Ähnlich formulierte es § 3 Abs. 1 BDSG a.F.: „Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).“18 Für die Suche nach einem allgemein geltenden zivilrechtlichen Verständnis von Daten sind die datenschutzrechtlichen Definitionen jedoch nicht geeignet, da das Datenschutzrecht einen sehr begrenzten Regelungszweck hat. Nach Art. 1 Abs. 1 DSGVO soll es Informationen über natürliche Personen schützen.19 Schon aufgrund dieses spezifischen Regelungszwecks kann die datenschutzrechtliche Begriffsbestimmung nicht unmittelbar für einen allgemeinen zivilrechtlichen Datenbegriff herangezogen werden.20

16

§ 202a Abs. 2 StGB wird in der Literatur dennoch immer wieder als Grundlage für die zivilrechtliche Behandlung von Daten herangezogen. Siehe Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 4; Denga, NJW 2918, 1371, 1372; Markendorf , ZD 2018, 409, 410. 17 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DatenschutzGrundverordnung). 18 Das aktuelle BDSG hat inzwischen die Definition an die der DSGVO angeglichen, § 46 Nr. 1 BDSG. 19 Geschützt wird also semantische Information, zu diesem Begriff siehe sogleich 2.4.1. Bartsch, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 939: Das Datenschutzrecht schütze nicht den engeren Bereich von Daten, sondern insgesamt personenbezogene Information. Siehe auch Oster, JZ 2021, 167, 170 f. Siehe aber Specht, CR 2016, 288, 290: Die DSGVO schütze nicht die Information selbst, sondern die personenbezogenen Daten, aus denen Informationen lediglich abgeleitet werden. 20 Zum Begriff des personenbezogenen Datums siehe auch 2.5.1.

2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen

2.4

11

Das Verhältnis von Daten und Informationen

Da alle Begriffsverständnisse von Daten auf die durch sie vermittelten Informationen Bezug nehmen, ist für die Konkretisierung des Datenbegriffs unumgänglich, das Verhältnis von Daten und Informationen zu bestimmen.21 Dafür kann als Ausgangspunkt auf die von Zech geprägte und in der Literatur viel rezipierte Differenzierung der verschiedenen Ebenen von Information abgestellt werden.22 Diese wird im Folgenden zunächst kurz erläutert und anschließend die daran anknüpfende Diskussion zum Datenbegriff in der Literatur dargestellt. In einem weiteren Schritt ist der Datenbegriff, der dieser Untersuchung zugrunde liegt, zu konkretisieren.

2.4.1

Der Datenbegriff nach Zech

Zech unterscheidet zwischen semantischer, syntaktischer und struktureller Information. Während die semantische Ebene an die Bedeutung der Information anknüpft,23 beschreibt die syntaktische Ebene eine Menge von Zeichen und ihre Beziehung zueinander.24 Die strukturelle Ebene stellt hingegen auf die Verkörperung von Information ab.25 Übersicht zu den verschiedenen Ebenen von Information Semantische Ebene (Bedeutungsebene)

Syntaktische Ebene (Zeichen z.B. Buchstaben) Strukturelle Ebene (Verkörperung z.B. Datenträger)

21

Der (umstrittene) Informationsbegriff soll nicht Gegenstand der Untersuchung sein, sondern allein im Hinblick auf die Abgrenzung zu Daten herangezogen werden. 22 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 35 ff. 23 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 37 f.; ders., CR 2015, 137, 138. 24 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 38. 25 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 41 ff.: Strukturelle Information sei an den jeweiligen Gegenstand gebunden, allerdings könne strukturelle Information vervielfältigt werden.

12

2

Der Begriff des Datums

Die Informationstechnologie habe mit Daten eine besondere Art von Information geschaffen:26 Zech definiert Daten als „maschinenlesbar codierte Information“27 , also die „Menge von ‚Nullen und Einsen‘ […], sei es als Datei oder als Datenstrom“,28 und ordnet sie der syntaktischen Ebene zu. Der technische Fortschritt habe einen Wandel im Umgang mit syntaktischer Information bewirkt; die maschinelle Datenverarbeitung mache die Trennung von syntaktischer Information vom menschlichen Geist sichtbar und löse eine Verselbständigung selbiger aus.29 Die Abstraktion folge zum einen daraus, dass sich bei syntaktischer Information der Trägerbezug lockere, da sie sich leicht und ohne Verluste vervielfältigen lasse und damit unabhängig von einer konkreten Verkörperung sei.30 Des Weiteren komme syntaktische Information ohne Schöpfer aus, da sie nicht nur von Menschen geschaffen, sondern auch technisch gewonnen werden kann, zum Beispiel durch Fotografie, Tonaufnahme oder das automatische Erfassen von Messdaten.31 Schließlich hätten maschinenlesbare Zeichen, also Daten, auf der semantischen Ebene möglicherweise eine Bedeutung, erforderlich sei dies aber nicht.32 Musterbeispiel für Daten sei Software, die keine für den menschlichen Geist relevante semantische Information vermittele, sondern nur Maschinen steuernde Funktion erfülle.33 Die technische Entwicklung treibe diesen Abstraktionsprozess weiter voran und in der Folge werde syntaktische Information immer mehr zum selbständigen Gut: Information sei nicht nur als Wissen, geistige Schöpfung oder Aussage über Sachverhalte zu verstehen, sie trete neuerdings auch in Form von Bilddateien oder Datenpaketen auf.34 Zech schließt aus der Abstraktion weiter, dass (syntaktische) Information ein Gegenstand, ein Objekt von Rechten, sei.35 26

Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 32. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 32. 28 Zech, GRUR 2015, 1151, 1153. Die „Menge von Nullen und Einsen“ beschreibt die sog. Binärcodierung. 29 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 167 ff., 176 ff. 30 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 168 f.: Demgegenüber sei früher das manuelle Abschreiben noch relativ aufwendig und die syntaktische Information dementsprechend von Vervielfältigungstücken abhängig gewesen. 31 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 171 f. 32 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 32 f., 176. 33 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 33, 56 und S. 176: Semantik setzte einen menschlichen Empfänger voraus. 34 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 177 f. 35 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 178. Konkreter wird Zech auf S. 325: Syntaktische Information (und damit auch Daten) seien vorrechtlich existierendes Rechtsobjekt. 27

2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen

2.4.2

13

Die Rezeption in der Literatur

Abseits der Ausführungen von Zech wird die zivilrechtliche Begriffsbestimmung von Daten in der Literatur wenig und wenn im Rahmen der Diskussion um Rechte an Daten angesprochen. Der wohl überwiegende Teil der Literatur bezieht sich bei der Begriffsbestimmung von Daten ebenfalls auf die Zeichenebene (syntaktische Ebene) und grenzt so zur Information (im Sinne der Bedeutungsebene) ab.36 Im Kontext der Bestimmung von Rechten an Daten erklärt sich die Begrenzung des Datenbegriffs auf die Zeichenebene damit, dass verhindert werden soll, die Bedeutungsebene, und damit die Information selbst, über ein (mögliches) Schutzregime für Daten mit zu erfassen.37 Die rechtliche Zuordnung von reiner Information sei „heikel und selten“38 – dies gelte auch vor dem Hintergrund grundrechtlicher Aspekte wie der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG.39 Das Immaterialgüterrecht etwa, welches auf der semantischen Ebene ansetzt, sei daher darauf ausgerichtet, eine Balance zwischen dem Zugang und dem Schutz von Information zu erhalten.40 Würde daneben ein weiteres Schutzregime treten, könnte das bestehende Gleichgewicht gestört werden.41 Aus der Perspektive zu (möglichen) Rechten an Daten wird daher ein möglichst enger Datenbegriff gefordert, der jedenfalls nicht auf der Bedeutungsebene ansetzt. Abweichend davon plädiert Determann für eine einheitliche Verwendung der Begriffe Daten und Informationen: Er ist der Auffassung, dass eine Differenzierung von Daten und Informationen zu Abgrenzungsproblemen führe und ohne

36

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 30; Heymann, CR 2016, 650, 651; Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 25; Oster, JZ 2021, 167, 168 ff.; Specht, CR 2016, 288, 290; Steinrötter, MMR 2017, 731, 732. 37 Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 469 f.; Wiebe, CR 2017, 87, 91. 38 Becker, in: FS Fezer, S. 815, 816. 39 Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 167: Aus verfassungsrechtlichen Gründen bestünden für die Begründung von Ausschließlichkeitsrechten an Informationen andere Vorzeichen als für die Begründung von Rechten auf der Zeichenebene. Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 467 ff.: Grundsätzlich bestehe ein Interesse der Allgemeinheit, dass Informationen soweit wie möglich jedermann zugänglich sind und zu diesem Zweck von rechtlichen Regelungen frei bleiben. Zur Informationsfreiheit siehe Bethge, in: Sachs, Grundgesetz, Art. 5 Rn. 51 ff. 40 Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 470. 41 Commission Staff Working Document on the free flow of data and emerging issues of the European data economy, Accompanying the document Communication Building a European data economy, (10.01.2017), SWD (2017) 2 final, S. 34, spricht von der Gefahr eines „super IP right”.

14

2

Der Begriff des Datums

Not die Komplexität der Thematik erhöhe.42 Demgegenüber fordert Drexl zwar nicht ausdrücklich einen einheitlichen Begriff, übt aber Kritik an der Reduzierung des Datenbegriffs auf die syntaktische Ebene: Auf dieser Ebene seien Daten nur eine lange Folge von Nullen und Einsen (sog. Binärcodierung); sowohl die Nutzung als auch die Wertschöpfung von Daten finde indes auf der Bedeutungsebene der Daten statt.43 Wie ein Datenbegriff stattdessen zu bestimmen ist, lässt er allerdings offen. Die Reduzierung von Daten auf die Binärcodierung ist hingegen Ausgangspunkt für den von Amstutz befürworteten Datenbegriff. Er versteht Daten als eine „Abfolge von Zeichen, die entweder die Zahl 0 oder die Zahl 1 sind“.44 Anschaulich beschreibt er den Vorgang der „Doppelcodierung“: Daten seien Produkt einer binären Codierung von Information, die ihrerseits bereits durch alphabetische Buchstaben codiert sei.45 Vor diesem Hintergrund entwickelt Amstutz einen medialen Datenbegriff, bei welchem die Übermittlungsfunktion und die kommunikative Dimension von Daten in den Fokus rückt:46 Daten als eine binärcodierte Darstellung von etwas verfügten über eine Verarbeitungs-, Wiederinterpretationsund Übertragungsfähigkeit.47 Ausdrücklich wendet er sich gegen einen Datenbegriff, der an die „in“ den Daten enthaltenen Informationen anknüpft.48 In der Konsequenz spricht er Daten allerdings auch ihre wirtschaftliche Funktion ab; Daten seien nur dann Güter im ökonomischen Sinn, wenn man ihnen die Nützlichkeit oder den Wert der Information zuschreibe, die sie enthalten – genau eine solche Attribution hält er aber für einen Fehlschluss.49 Folglich wird die von Zech getroffene Differenzierung zwischen syntaktischer und semantischer Ebene von Information und die damit einhergehende 42

Determann, ZD 2018, 503, 504; ders., Hastings Law Journal Vol. 70 (2018), 1, 6. Möglicherweise bezieht sich Determann damit auf die dargestellten Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der Begrifflichkeiten, allerdings bleibt dies mangels konkreter Ausführungen seinerseits offen: Er lehnt die differenzierende Behandlung von Daten und Informationen ab und folgert daraus ohne weitere Erklärung, dass ein einheitlicher Begriff vorzuziehen sei. 43 Drexl, NZKart 2017, 339, 343. 44 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 466. 45 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 451. 46 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 452. 47 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 469. 48 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 469. Schur, Lizenzierung von Daten, Fn. 46, kritisiert, dass Amstutz mit seinem medialen Datenkonzept den Bezug zu Information vollständig auflöse; die Unterscheidung zwischen Daten und Information könne nur verstanden werden, wenn man ihren Zusammenhang berücksichtige. 49 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 488.

2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen

15

Abgrenzung von Daten und Dateninhalt in der Literatur überwiegend zustimmend aufgegriffen, zum Teil aber auch kritisiert. Im Rahmen der geübten Kritik zeichnen sich zwei Extreme ab: So fordert Determann Daten und Informationen gleichzusetzen, während Amstutz eine strikte Trennung der Begrifflichkeiten befürwortet. Letzterer bemängelt nicht bloß den von Zech etablierten syntaktischen Datenbegriff, sondern schafft mit seinem medialen Datenbegriff ein mögliches Gegenkonzept. Die Abkehr von Daten als Form von Information hätte weitreichende Folgen: Versteht man Daten „nur“ als Medium, würde ihnen nicht länger die viel beschworene Stellung als „Öl“ der Neuzeit zukommen,50 da diese Formulierung auf den Wert der in den Daten enthaltenen (potentiellen) Informationen abstellt.

2.4.3

Das Datenkonzept dieser Untersuchung

Diese Arbeit hat nicht zum Ziel, die Konzepte von Zech und Amstutz einer abschließenden Bewertung zuzuführen oder gar einen neuen zivilrechtlichen Datenbegriff, der umfassend rechtliche, ökonomische und philosophische Aspekte verbindet, zu schaffen. Diese Untersuchung wählt stattdessen einen praxisnahen Ansatz: Für den insolvenzrechtlichen Kontext ist allein von Relevanz, wie Daten als wirtschaftliches Gut am Markt gehandelt werden. Wie das Gut Daten konkretisiert werden kann, ist im Folgenden – unter Rückgriff auf das Konzept von Zech – näher zu erläutern.

2.4.3.1 Daten als Gut Den Gegenstand der Untersuchung bilden allein digitale Daten. Nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis sind digitale Daten elektronisch gespeicherte Zahlenfolgen, die semantische Information kodieren.51 Anders als Amstutz in seinem medientheoretischen Konzept vorschlägt, sind Daten damit nicht von den in ihnen enthaltenen Informationen vollständig zu trennen. Auch Zech unterscheidet letztlich allein zwischen verschiedenen Ebenen von Information; Daten versteht er als syntaktische Information. Trotz der von Zech beschriebenen Abstraktion ist gerade ihre Funktion als (potentieller) Träger von semantischer Information maßgeblich für den wirtschaftlichen Nutzen von Daten.52 Insofern sind Daten 50

Statt vieler Müller, DuD 2019, 159, 160. So auch Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 105. 52 Heymann, CR 2016, 650; Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 56. In diese Richtung auch Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 178. 51

16

2

Der Begriff des Datums

auch ein wirtschaftliches Gut. Dies gilt unabhängig davon, dass Daten als Darstellungsmittel von Information im digitalen Umfeld zugleich als „Medium“ fungieren. Unbeschadet der Verknüpfung von Zeichen- und Bedeutungsebene können Daten und Information zumindest formal getrennt werden; dies erfolgt unter Rückgriff auf die syntaktische und semantische Ebene. Die begriffliche Differenzierung ist im Hinblick auf die Unterschiede von Daten und Informationen auch gerechtfertigt: Daten sind grundsätzlich verschiedene Bedeutungsmöglichkeiten inhärent, von denen der menschliche Empfänger „durch interpretatorische Leistung eine oder mehrere im Rahmen des Verständnisvorgangs selektiert“ – erst hierdurch entsteht Information.53 Ferner können Daten als Zeichen oder Zeichenfolgen auf einem Datenträger fixiert werden und sind aufgrund dieser Fixierung objektiv fassbar.54 Information leitet sich zwar daraus ab, die Bedeutungsebene ist aber nicht visuell fassbar, sondern entsteht erst durch geistige Interpretationsleistung im Gehirn des Menschen.55 Im Rahmen der rechtlichen Behandlung kann diese formale Trennung im Hinblick auf die funktionale Stellung von Daten allerdings nicht konsequent eingehalten werden.56 Änderungen und Regelungen auf der Datenebene können daher Einfluss auf den Bedeutungsgehalt haben,57 andersherum strahlt der Schutz von Dateninhalten zwangsläufig auch auf die

53

Specht, CR 2016, 288, 290. Dies solle aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass das Speichermedium mit den Daten gleichgesetzt werden könne, siehe Specht, Konsequenzen der Ökonomisierung, S. 19. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 40: Syntaktische Information sei nicht von der konkreten Verkörperung abhängig; sie könne beliebig vervielfältigt werden; sie ähnele darin semantischer Information; allerdings existiere syntaktische Information nur, wenn zumindest eine Verkörperung als strukturelle Information existierte. „Objektiv fassbar“ soll keine Körperlichkeit i.S.v. § 90 BGB suggerieren. Vielmehr ist damit gemeint, dass sich beispielsweise die Reihung von Nullen und Einsen objektiv visualisieren lässt – im Gegensatz zur Information als rein geistige Größe. Zur fehlenden Körperlichkeit von Daten siehe auch 4.2.2.2.1. 55 Specht, CR 2016, 288, 290; dies., Konsequenzen der Ökonomisierung, S. 25. 56 Specht/Kerber, Datenrechte, S. 14. Zu einem solchen Ergebnis gelangt auch die öffentlichrechtliche Literatur siehe Schoch, in: Informationsfreiheitsgesetz, § 2 Rn. 17: Bei Daten und Information handele es sich funktional um zwei Seiten derselben Medaille. Siehe auch Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 32. 57 Drexl, NZKart 2017, 339, 343; Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 472. 54

2.4 Das Verhältnis von Daten und Informationen

17

Daten als solche aus.58 Infolge dieser Wechselwirkungen kann auch eine konsequente begriffliche Trennung die Gefahr der (unbeabsichtigten) gleichzeitigen Regulierung beider Ebenen nicht verhindern.

2.4.3.2 Daten als Binärcodierung Die Versuche, Daten auf die Binärcodierung zu reduzieren und auf diese Weise eine Abgrenzung zur Bedeutungsebene zu schaffen, können ebenfalls nicht überzeugen; insbesondere sind Daten mehr als bloße Kombinationen von Nullen und Einsen. Zwar steuern diese als kleinste Einheiten unsere technischen Geräte und alle digitalisierten Prozesse lassen sich auf die maschinenlesbaren Binärcodes herunterbrechen. Die Beschränkung der Zeichenebene auf Nullen und Einsen hat jedoch keine eindeutige Loslösung der Daten von der enthaltenen Information zur Folge: Auch Binärcodes sind letztlich nichts anderes als Codierung von Information. Der Abstand zur Bedeutungsebene wird nur um eine weitere „Abstraktionsstufe“ vergrößert, verschwindet aber nicht völlig. Der Binärcode lässt sich erst in andere Zeichen und anschließend durch menschliche Interpretationsleistung in Information verwandeln.59 Der hier zugrundeliegende syntaktische Datenbegriff ist daher nicht nur auf die Binärcodierung zu beschränken. Ein syntaktisches Datenverständnis ist weiter zu fassen: Syntax bedeutet zunächst (schon dem altgriechischen Wortursprung nach) nur die Einhaltung bestimmter Regeln bei der Verwendung der Zeichen. Die Zeichen auf der syntaktischen Ebene sind daher nicht nur auf Nullen und Einsen beschränkt, sondern können auch Buchstaben sein. Deshalb erfasst der gewählte Datenbegriff neben der zugrundeliegenden Binärcodierung etwa auch den (in einer Programmiersprache) geschriebenen Quellcode; das Gleiche gilt für das entsprechende Programm oder die konkrete (Text-/Foto-/Video-) Datei. Ein solcher Datenbegriff bezieht alle digitalen Darstellungsebenen ein, da ein Datenverständnis, das ausschließlich auf der Ebene der Binärcodierung ansetzt, keine erkennbaren Vorteile bietet und zudem die Tatsache verkennt, dass es sich um die gleichen Daten handelt, die jeweils in einer anderen (Programmier-)Sprache codiert sind.60

58

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 31 f.; a.A. Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 488. 59 Aufgrund dessen kann auch Drexl, NZKart 2017, 339, 343, nicht zugestimmt werden, dass die Binärcodierung keinen wirtschaftlichen Wert verkörpere, da sie jedenfalls potentielle Informationen enthält. 60 So auch Adam, NJW 2020, 2063, 2064: „Bei Computerspeichern ist die syntaktische Ebene mehrschichtig.“

18

2

Der Begriff des Datums

Die höheren Darstellungsebenen von Daten entsprechen wohl auch regelmäßig dem wirtschaftlichen Gut Daten, welches am Markt gehandelt wird: Eine bloße Reihung von Nullen und Einsen wäre zu unspezifisch, um gehandelt zu werden, da nicht erkennbar ist, an welcher Stelle der Zahlenreihe eine Information anfängt beziehungsweise aufhört. Eine ausreichende Spezifikation des Guts Daten wird jedoch dadurch erreicht, dass auf Dateien, also die Sammlung zusammengehörender Daten, abgestellt wird. Unter welchen Voraussetzungen Daten eine funktionell zusammenhängende Einheit bilden, ist grundsätzlich nicht rein informationstechnisch, sondern unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu bewerten: Ein Dokument, das mit einem Textverarbeitungsprogramm (z.B. Word) erstellt wird, bildet klassischerweise eine Dateieinheit, wenngleich es sich tatsächlich aus mehreren Einzeldateien zusammensetzt, die durch ein ZIP-Format komprimiert werden.61

2.4.4

Zwischenergebnis

Vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Meinungslage zu der Frage, was Daten (in Abgrenzung zu Information) sind, wurde das der folgenden Untersuchung zugrundeliegende Datenverständnis erläutert. Dieses trennt formal zwischen Daten und Informationen, erkennt aber ihre funktionale Verknüpfung an: Daten sind Zeichen oder Zeichenfolgen, die „potentielle Informationen“62 kodieren und aus dieser Funktion ihre Werthaltigkeit schöpfen; sie können auf einem Datenträger fixiert und deshalb von Computern oder anderen Geräten digital verarbeitet werden. Zudem erfasst der syntaktische Datenbegriff nicht ausschließlich die zugrundeliegende Binärcodierung, sondern auch höhere Transformationsstufen: Text-, Foto- und andere Dateien – diese nach der Verkehrsauffassung zusammenhängenden Datengebilde – sollte der Leser vor Augen haben, wenn in dieser Untersuchung von Daten gesprochen wird. Ob der darüberhinausgehenden These von Zech, dass Daten (vorrechtliches) „Rechtsobjekt“63 seien, zuzustimmen ist, kann an dieser Stelle allerdings noch nicht abschließend bewertet werden. Dies erfordert zunächst eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob Daten einem Rechtssubjekt rechtlich zugeordnet werden können. Diese Frage wird noch ausführlich behandelt.64 61

Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 106. Albers, Informationelle Selbstbestimmung, S. 89. 63 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 325. 64 Siehe 4.2. 62

2.5 Personenbezogene Daten und Maschinendaten

2.5

19

Personenbezogene Daten und Maschinendaten

Im Rahmen der begrifflichen Auseinandersetzung mit Daten müssen der Vollständigkeit halber sowohl der Begriff der personenbezogenen Daten einerseits als auch der Begriff der Maschinendaten andererseits erläutert werden. Es handelt sich um zwei essentielle Kategorien von Daten, die helfen, den weiten Anwendungsbereich von Daten zu konkretisieren. Zudem wird bei der folgenden rechtlichen Auseinandersetzung auf personenbezogene Daten und Maschinendaten zurückzukommen sein.

2.5.1

Personenbezogene Daten

Der Begriff der personenbezogenen Daten ist bereits im Kontext des datenschutzrechtlichen Datenbegriffs aufgetaucht: Das dort vorgestellte Datenverständnis ist vom (syntaktischen) Datenbegriff zu trennen, da ersteres auf der Bedeutungsebene ansetzt. Das Datenschutzrecht will nicht Daten als Zeichengebilde, sondern Informationen über natürliche Personen schützen.65 Nach Art. 4 Abs. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten, „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.“66 Weiter heißt es: „Als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind.“ Die Voraussetzungen der Identifizierbarkeit konkretisiert Erwägungsgrund 26 in S. 3 zur DSGVO: „Um festzustellen, ob eine natürliche Person identifizierbar ist, sollten alle Mittel berücksichtigt werden, die von dem Verantwortlichen oder einer anderen Person nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren [...].“

65

Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 4. Es wird im Hinblick auf die unmittelbare Wirkung der DSGVO die unionsrechtliche Regelung herangezogen. In § 46 Nr. 1 BDSG findet sich aber eine wortgleiche Begriffsbestimmung.

66

20

2

Der Begriff des Datums

Durch diese Hinweise des europäischen Gesetzgebers hat sich der im Rahmen des alten Bundesdatenschutzgesetzes geführte Theorienstreit, ob der Personenbezug relativ oder objektiv zu bestimmen ist, erübrigt.67 Für die Identifizierbarkeit kommt es nicht nur auf die Kenntnisse des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen an, sondern auch auf das Wissen und die Nachforschungsmöglichkeiten Dritter. Es sollen allerdings nur diejenigen Mittel berücksichtigt werden, die keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern; eine nur hypothetische Identifizierbarkeit genügt nicht.68 Daher sind pseudonymisierte Daten69 , die durch Heranziehung zusätzlicher Informationen einer natürlichen Person zugeordnet werden können, personenbezogen – sofern die Bestimmbarkeit eben keinen unvernünftigen Aufwand erfordert.70 Nicht in den Anwendungsbereich der DSGVO fallen hingegen anonymisierte Daten, da in diesem Fall die Daten derart verändert wurden, dass keine Möglichkeit mehr besteht, sie einer natürlichen Person zuzuordnen.71

2.5.2

Maschinendaten

Maschinendaten spielen vor allem in der Industrie 4.0 eine Rolle. Die Digitalisierung der Industrie macht autonome Produktions- und Prozessabläufe möglich: Vernetzte Werkstücke durchlaufen selbstständig die Schritte der Fertigung und kommunizieren zu diesen Zwecken digital mit Anlagen und Maschinen.72 Dabei

67 So beispielsweise noch zur Frage zur Personenbeziehbarkeit von IP-Adressen, Specht, Konsequenzen der Ökonomisierung, S. 28 ff. Zur relativen Theorie, wonach die Möglichkeit der Zuordnung durch den konkreten Datenverwender entscheidend ist: Roßnagel/Scholz, MMR 2000, 721, 722 f. Zur objektiven Theorie, die die theoretische Möglichkeit der Bestimmung ausreichen lässt: Schaar, Datenschutzrecht im Internet, S. 55 f. Dazu richtungsweisend: EuGH, Urt. v. 19.10.2016, Rs. C-582/14 (Patrick Breyer ./. Bundesrepublik Deutschland), NJW 2016, 3579 f. 68 Müller, DuD 2019, 159, 161; Roßnagel, ZD 2018, 243, 244. 69 Art. 4 Nr. 5 DSGVO. 70 Müller, DuD 2019, 159, 161. Ob mit der Aufdeckung des Personenbezugs zu rechnen ist, muss für den Einzelfall anhand der genannten Kriterien ermittelt werden. Im Hinblick auf die „verfügbare Technologie“ (Erwägungsgrund 26 S. 4 zur DSGVO) und die sich stetig fortentwickelnden technischen Methoden spricht viel dafür, dass die Identifikation der zu den Daten zugehörigen Person immer leichter wird, sodass ein Personenbezug folglich regelmäßig zu bejahen ist. 71 Müller, DuD 2019, 159, 161. 72 Müller, DuD 2019, 159.

2.5 Personenbezogene Daten und Maschinendaten

21

entstehen Datenströme unter anderem mit Angaben zur Laufzeit, zur Temperatur und produzierten Menge, zum Stromverbrauch der Maschinen, aber auch zu möglichen Störfällen. Diese Maschinendaten, die nicht nur in der industriellen Produktion entstehen, weisen keinen Personenbezug auf, da es sich um automatisiert erzeugte Daten oder um reine Maschinenkommunikation (M2M), also Kommunikation, die ohne menschliche Einflussnahme stattfindet, handelt.73 Unter Umständen kann aber auch bei Maschinendaten ein Personenbezug durch Hinzufügung weiterer Daten hergestellt werden. Das gilt etwa bei Maschinendaten, die bei der Nutzung technischer Produkte generiert werden: Im Transportwesen (autonomes Fahren) und in der Immobilienwirtschaft (Smart Home und Smart Meters) kann der Bezug zu den Personen hergestellt werden, die die Daten generieren. Die Produkthersteller haben ein großes Interesse an den erzeugten Nutzungsdaten: Sie werden auf Störungen ihrer Produkte hingewiesen oder nutzen die Daten, um das Kundenverhalten zu analysieren und auf diese Weise ihre Produkte zu verbessern.74 Daher ist der ökonomische Wert dieser Rohdaten (insbesondere in ihrer Vielzahl) nicht zu unterschätzen.

2.5.3

Zwischenergebnis

Personenbezogene Daten und Maschinendaten sind keine streng voneinander zu unterscheidenden Kategorien; ein Personenbezug kann einerseits durch Anonymisierung beseitigt und andererseits durch entsprechende Kontextualisierung hergestellt werden.75 Wenngleich digitale Daten unabhängig von ihrem Inhalt Untersuchungsgegenstand sind, darf im Hinblick auf die festgestellten Wechselwirkungen zwischen semantischer und syntaktischer Ebene nicht ausgeblendet werden, dass beispielsweise ein Personenbezug Einfluss auf die rechtliche Behandlung von Daten nimmt. Nichtsdestoweniger sind stets beide Datenkategorien gemeint, wenn in der vorliegenden Untersuchung von Daten gesprochen wird.

73

Müller, DuD 2019, 159, 160. Ernsthaler, NJW 2016, 3473, 3474. 75 Specht, GRUR Int. 2017, 1040, 1042; dies., in: Stiftung Datenschutz, S. 301, 304. Siehe auch Müller, DuD 2019, 159, 160. 74

22

2.6

2

Der Begriff des Datums

Zusammenfassung

In diesem ersten Teil wurden verschiedene Datenbegriffe dargestellt und insbesondere erläutert, welches Datenverständnis dieser Untersuchung zugrunde liegt: Obwohl sich Daten und Informationen formal abgrenzen lassen, ist eine funktionale Verknüpfung der Begriffe anzuerkennen. Daten sind Zeichenfolgen, die eine (potentielle) Information kodieren. Das hat zur Folge, dass ein rechtlicher Schutz der semantischen Ebene mittelbar auch die syntaktische Ebene erfasst – und umgekehrt. Zudem ist die Binärcodierung zwar die allen Daten zugrundeliegende Darstellungsoption; indes sind höhere Transformationsstufen (wie Software oder Dateien) das maßgebliche (wirtschaftliche) Gut. Sie sind daher geeigneter und praktisch sinnvoller Anknüpfungspunkt für den insolvenzrechtlichen Umgang mit Daten.

3

Datenverträge in der Insolvenz

Wer seine Daten nicht auf dem eigenen Computer beziehungsweise einer eigenen externen Festplatte sichert, sondern die Dienste eines Cloud-Speicher-Anbieters in Anspruch nimmt, hat ein Interesse daran, zu jeder Zeit auf die dorthin ausgelagerten Daten zugreifen zu können. Wird über das Vermögen des gewählten Cloud-Betreibers das Insolvenzverfahren eröffnet, dauert es unter Umständen nicht lange, bis der Betrieb der Cloud-Server eingestellt wird und der Nutzer nicht mehr auf „seine“ Daten zugreifen kann. Ein solches Szenario wirkt sich auf vielfältige Weise negativ für den betroffenen Kunden aus: Ist die sorgfältig gepflegte Foto-Mediathek der letzten Jahre oder ein umfangreiches Manuskript plötzlich nicht mehr verfügbar, kann dies nicht nur immaterielle, sondern auch finanzielle Einbußen zur Folge haben. Insbesondere Unternehmen, die CloudSpeicher-Dienste nutzen, werden ein starkes wirtschaftliches Interesse haben, alsbald wieder auf „ihre“ Daten zugreifen zu können: Ohne den Zugriff auf die Maschinen-, Lieferanten-, Kunden- und Arbeitnehmerdaten ist nur eine sehr eingeschränkte Fortführung des Unternehmens möglich. Wird in diesem Fall das zukunftsorientierte Unternehmen, das auf Digitalisierung von Unternehmensprozessen gesetzt und die Massen an Papierbergen und Aktenordern hinter sich gelassen hat, abgestraft? Dies wäre ein wenig zufriedenstellendes Ergebnis. Abseits der Cloud-Speicher-Verträge sind auch andere Datenverträge vorstellbar, bei denen der Nutzer in der Insolvenz des Dienstanbieters nicht mehr auf „seine“ Daten zugreifen kann. Zu nennen sind etwa E-Mail- und Messenger-Dienstanbieter, Video- und Audio-On-Demand-Angebote, sowie der Online-Gaming-Sektor. Auch in diesen Kontexten ist der Vertragspartner in der Insolvenz des jeweiligen Datenverwalters an dem Zugriff beziehungsweise der Herausgabe der Daten interessiert. Den gemeinsamen Untersuchungsgegenstand bildet daher die Frage, ob für den Vertragspartner zuvor verfügbare Daten in © Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 M. von Dreusche, Datenverträge in der Insolvenz, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8_3

23

24

3

Datenverträge in der Insolvenz

der Insolvenz des Datenverwalters erreichbar bleiben. Der Zugriff auf die Daten wäre weiter möglich, wenn die Datenverträge mit dem Datenverwalter trotz der Insolvenz fortgeführt werden. Um dies bewerten zu können, sind die relevanten insolvenzrechtlichen Normen (§§ 108, 103 InsO) zu erläutern. Hierbei wird sich zeigen, dass eine insolvenzrechtliche Bewertung ohne die vorherige Analyse der jeweiligen Vertragstypen nicht möglich ist. Die ausgewählten Datenverträge sind daher jeweils vertragstypologisch einzuordnen.1 In diesem Zusammenhang sind technische und immaterialgüterrechtliche Besonderheiten der einzelnen Verträge zu erörtern. Auf die Ausführungen kann auch später im Rahmen einer möglichen Aussonderung der Daten zurückgegriffen werden.2 Die gewonnenen Erkenntnisse zu den Datenverträgen ermöglichen, im Anschluss Aussagen zum insolvenzrechtlichen Schicksal dieser Datenverträge zu treffen.

3.1

Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

Die Insolvenzfestigkeit von Verträgen kann sich grundsätzlich daraus ergeben, dass der Vertrag nach § 108 InsO in der Insolvenz fortbesteht. Findet die Norm keine Anwendung, verbleibt die Möglichkeit, dass der Insolvenzverwalter im Rahmen eines gegenseitigen noch nicht vollständig erfüllten Vertrags nach § 103 Abs. 1 InsO die Erfüllung des Vertrags wählt. Diese beiden insolvenzrechtlichen Normen sind nachfolgend genauer darzustellen.

3.1.1

Fortführung von Verträgen nach § 108 InsO

Ein schuldrechtlicher Vertrag wird trotz der Insolvenz einer Partei und unabhängig von der (Erfüllungs-)Wahl des Insolvenzverwalters fortgeführt, wenn § 108 Abs. 1 S. 1 InsO eingreift: Die Norm ordnet für bestimmte Dauerschuldverhältnisse an, dass sie mit Wirkung für die Masse auch nach der

1

Bei internationalen Sachverhalten stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem anwendbaren Recht. Insbesondere bei standardisierten Angeboten wird das anwendbare Recht regelmäßig durch eine Rechtswahl im Vertrag bestimmt, da diese die für die Parteien zuverlässigste Lösung bietet. Zur Rechtswahl siehe Niemann/Paul, K&R 2009, 444, 446. Fragen des internationalen Privatrechts sind jedoch auszublenden, da die Untersuchung nur deutsches Recht zum Gegenstand hat. Für die folgende Analyse wird daher unterstellt, dass allein deutsches Recht anwendbar ist. 2 4.4.1.1 und 4.4.3.

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

25

Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen und insofern das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO entfällt.3

3.1.1.1 Vertrag im Sinne von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO Aus einem Datenvertrag ergeben sich indes nur dann oktroyierte Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO,4 wenn er ein Vertrag im Sinne des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist: Die Norm ordnet den Fortbestand von Miet- und Pachtverhältnissen über unbewegliche Gegenstände und Räume sowie die Fortführung von Dienstverhältnissen in der Insolvenz an. Unabhängig davon, ob man Cloud-Verträge oder andere Datenverträge als Mietverträge einordnen kann, betreffen sie jedenfalls nicht die Vermietung unbeweglicher Gegenstände im Sinne des § 49 InsO.5 In Frage kommt daher allenfalls eine Einordnung als Dienstvertrag. Den bürgerlich-rechtlichen Vertragsklassifizierungen liegen allerdings andere Maßstäbe zugrunde als § 108 InsO, welcher Masse- und Kontinuitätsinteressen zum Ausgleich bringen will; daher ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO um das Erfordernis zu ergänzen, dass es sich um eine „kontinuierlich zu erbringende Tätigkeit“ handeln muss; nicht jeder Dienstvertrag fällt somit unter § 108 InsO.6 Ein Datenvertrag besteht nur dann nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort, sofern er ein Dienstvertrag mit Dauerschuldcharakter ist. Diese Voraussetzung wird sogleich im Rahmen der vertragstypologischen Untersuchung für die jeweiligen Datenverträge geprüft.

3.1.1.2 Die Insolvenz des Dienstverpflichteten Darüber hinaus müsste § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der in Rede stehenden Insolvenz des Datenverwalters, also der Insolvenz des Dienstverpflichteten, überhaupt eingreifen.

3.1.1.2.1 Diskussionsstand Diese Frage ist in der Literatur stark umstritten: Nach dem Wortlaut der Norm sei der Anwendungsbereich nicht auf die Insolvenz des Dienstberechtigten beschränkt, sodass § 108 Abs. 1 S. 1 InsO auch in der Insolvenz des

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Siehe zur Erfüllungswahl 3.1.2. J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 1. 5 Zum Begriff der unbeweglichen Gegenstände siehe J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 37. 6 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 116. 4

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Datenverträge in der Insolvenz

Dienstverpflichteten Anwendung finde.7 Eine stark verbreitete Gegenauffassung will die Norm in der Insolvenz des Dienstverpflichteten jedoch im Hinblick auf historische, systematische und teleologische Aspekte nicht anwenden:8 Die Vorgängernorm der Konkursordnung (§ 22 KO) hätte allein für die Insolvenz des Dienstberechtigten einen Fortbestand von Dienstverträgen gegenüber der Masse vorgesehen;9 nach der Begründung des Gesetzentwurfs zur Insolvenzordnung solle die neue Regelung im Grundsatz dem früheren Recht entsprechen.10 Ferner habe der Gesetzgeber den Fortbestand nur für solche Fälle anordnen wollen, in denen an die Stelle des Wahlrechts besondere Kündigungsrechte treten;11 solche sehe das Gesetz in der Insolvenz des Dienstverpflichteten aber gerade nicht vor.12 Dienstverhältnisse könnten – im Gleichlauf mit §§ 113, 115, 116 InsO – daher nur in der Insolvenz des Dienstberechtigten fortbestehen.13 Die (privilegierende) Fortführung des Dienstvertrags in der Insolvenz des Dienstverpflichteten sei hingegen nach Sinn und Zweck nicht notwendig, da der Dienstberechtigte im Vergleich zu den anderen Gläubigern keinen besseren Schutz verdiene, er insbesondere die Dienstleistung auch kurzfristig anderweitig erhalten könne; ferner seien keine besonders schutzwürdigen Interessen des Dienstverpflichteten ersichtlich, die einen Bestandsschutz des Vertrags erforderten.14 Das vorrangige gesetzgeberische Ziel der Einbeziehung von Dienstverträgen in den § 108 Abs. 1 S. 1 InsO 7

Ringstmeier, in: K. Schmidt, InsO, § 108 Rn. 29; Wagner/Wexler-Uhlich, BB 2010, 2454, 2455; Emde/Kelm, ZVI 2004, 382; J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 125. 8 Caspers, in: MüKoInsO, § 113 Rn. 5; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 245; Krüger, ZInsO 2010, 507, 509 f.; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 136 ff.; Wente, ZIP 2005, 335, 336 ff. 9 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 8. 10 BT-Drucks. 12/2443, S. 146. 11 BT-Drucks. 12/2443, S. 146: „Aus Absatz 1 ergibt sich, daß bei […] Dienstverhältnissen des Schuldners das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 117 des Entwurfs keine Anwendung findet. An die Stelle des Wahlrechts treten in diesen Fällen besonders geregelte Kündigungs- und Rücktrittsrechte (vgl. die §§ 123, 127 des Entwurfs), die das Fortbestehen des Vertragsverhältnisses über den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus voraussetzen.“ Siehe auch Krüger, ZInsO 2010, 507, 509. 12 Wente, ZIP 2005, 335, 336; Krüger, ZInsO 2010, 507, 509; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 243. 13 Wente, ZIP 2005, 335, 336. Dazu auch Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 243, siehe zudem Rn. 244: Zwar bestünde auch keine besondere Kündigungsmöglichkeit in der Vermieterinsolvenz, allerdings sei in diesem Fall die Anordnung des Fortbestands aus Mieterschutzgründen erforderlich. 14 Wente, ZIP 2005, 335, 337. Den Streitstand wiedergebend: J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 125.

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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liege in dem Schutz von Arbeitnehmerbelangen; um diesem Ziel Rechnung zu tragen, genüge indes die Fortführung von Dienstverträgen in der Insolvenz des Dienstberechtigten.15 Hoffmann, der § 108 Abs. 1 S. 1 InsO grundsätzlich auch in der Insolvenz des Dienstverpflichteten anwenden will, befürwortet eine vom BGH16 formulierte Einschränkung: Demnach soll ein Dienstvertrag nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen, wenn die Erbringung der Dienstleistung die Begründung erheblicher Masseschulden impliziere.17 In dieser Situation könne der Insolvenzverwalter den Dienstvertrag mangels eines Sonderkündigungsrechts ansonsten nur wegen allgemeiner, das heißt nicht insolvenzbedingter, Gründe beenden.18 Die vom BGH entwickelte Ausnahme zu § 108 Abs. 1 S. 1 InsO wird jedoch auch kritisiert: Sie finde keine Stütze im Gesetz und fördere Rechtsunsicherheit, da unklar sei, wann von einer „erheblichen“ Massebelastung auszugehen ist.19

3.1.1.2.2 Bewertung Ob § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten nicht, nur eingeschränkt oder uneingeschränkt Anwendung findet, gilt es kritisch zu hinterfragen. Dazu sind zunächst der Zweck der Norm sowie ihr tatsächlicher Anwendungsbereich in der Insolvenz des Dienstverpflichteten näher zu bestimmen. Zudem ist die genannte Rechtsprechung des BGH eingehend zu untersuchen. 3.1.1.2.2.1 Zweck der Norm § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ordnet – wie gesehen – für bestimmte Dauerschuldverhältnisse an, dass diese mit Wirkung für die Masse auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen; damit statuiert die Norm eine Ausnahme zu der Grundregel des § 103 InsO, wonach der Insolvenzverwalter grundsätzlich frei über das Schicksal beiderseits noch unerfüllter Verträge entscheiden kann.20 Häsemeyer lehnt die Regelung des § 108 InsO grundsätzlich ab: Da die aus den dort genannten Schuldverhältnissen folgenden Verpflichtungen qua Gesetz als Masseverbindlichkeiten berichtigt werden müssten, werde dem Verwalter die Entscheidung genommen, ob er diese Dauerschuldverhältnisse überhaupt für die 15

Ahrendt, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 113 Rn. 10. BGH, Urt. v. 20.10.2011, Az. IX ZR 10/11 = NZI 2011, 936. 17 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 124; ders., JZ 2019, 960, 961, Fn. 17. 18 Bultmann, ZInsO 2011, 992, 993; Wente, ZIP 2005, 335. 19 Berberich, in: BeckOK, InsO, § 108 Rn. 18.1. 20 Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 108 Rn. 50. Zu § 103 InsO sogleich 3.1.2. 16

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Datenverträge in der Insolvenz

Masse nutzen wolle: Diese „aufgezwungenen“ oder „oktroyierten“ Verbindlichkeiten hätten eine soziale Schutzfunktion übernommen und belasteten die Masse auch dann, wenn aus ihnen keine kompensierenden Vorteile mehr folgen.21 Es sei vorzugswürdig, wenn der Insolvenzverwalter eigenverantwortlich entscheiden dürfe, ob er das einzelne Dauerschuldverhältnis für die Masse übernehmen wolle.22 Der Gesetzgeber hat sich mit der Normierung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO indes für den Fortbestand bestimmter Verträge entschieden; dieser Status quo ist der Untersuchung zugrunde zu legen. Allerdings ist der mit der Ausnahme verfolgte Zweck umstritten: Teilweise wird darauf abgestellt, dass die Begründung zum Entwurf der Insolvenzordnung zeige, dass die Norm ausschließlich auf den Schutz der Masse – nicht hingegen auf den Schutz der Vertragspartner – ausgerichtet sei; der Fortbestand der Verträge sichere die Infrastruktur des insolventen Unternehmens, welche zur sachgerechten Abwicklung durch den Insolvenzverwalter erforderlich sei, und diene dem Erhalt wichtiger Vertragsverhältnisse.23 Andere stellen demgegenüber auf die schutzwürdigen Kontinuitätsinteressen der anderen Vertragspartei ab, die auf die Dauer des Leistungsaustauschs vertraue.24 Allerdings ist kein eindeutiger Maßstab zu erkennen, wonach sich die Schutzwürdigkeit der Interessen beurteilt. Das erweckt den Eindruck, dass vielmehr umgekehrt bei den erfassten Verträgen (Mietverhältnis, Arbeitsverhältnis) schutzwürdige Kontinuitätsinteressen identifiziert und davon auf den Normzweck geschlossen wurde. Insgesamt fehlt ein klares System, aus dem folgt, welche Verträge von § 108 InsO erfasst sind und welche nicht; vielmehr handelt es sich in Teilen um „eine dezisionistische Entscheidung […], die sich einer vollumfänglichen Systematisierung entzieht.“25 Jacoby stellt daher zu Recht fest, dass die Dogmatik der Vertragsfortführung nach § 108 InsO bisher kaum ergründet ist.26 Vor diesem Hintergrund ist die Aussagekraft der „Normzwecke“, also dass § 108 InsO eine geordnete insolvenzrechtliche Abwicklung ermöglichen und die Kontinuitätsinteressen bestimmter Schuldner sichern soll, grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. 21

Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 342. Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 343. 23 Ries, ZInsO 2013, 1612, 1614, verweist auf BT-Drucks. 12/2443, S. 147, wonach eine Kündigung des Mietverhältnisses gegenüber dem Schuldner „eine sachgerechte Insolvenzabwicklung behindern und die zeitweilige Fortführung des insolventen Unternehmens erheblich erschweren“ würde. Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 108 Rn. 50. 24 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 3. 25 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 4. 26 Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 18. 22

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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Ob § 108 Abs. 1 S. 1 InsO auch in der Insolvenz des Dienstverpflichteten Anwendung findet, ist dennoch anhand der genannten „Normzwecke“ zu überprüfen. Zunächst erleichtert die Vertragsfortführung mit dem Dienstberechtigten nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO eine geordnete insolvenzrechtliche Abwicklung nur bedingt: Laufen die Dienstverträge, in denen das insolvente Unternehmen als Dienstverpflichteter tätig wird, fort, liegt darin zwar nicht zwingend nur eine Massebelastung; im Einzelfall bieten die Dienstverträge bis zum Wirksamwerden entsprechender Kündigungen auch eine sichere Einnahmequelle aufgrund der fortbestehenden Vergütungspflicht des dienstberechtigten Vertragspartners.27 In einem solchen Fall könnte das gleiche Resultat aber dadurch erreicht werden, dass der Verwalter die Erfüllung des vorteilhaften Vertrags nach § 103 Abs. 1 InsO wählt. Mithin ist eine Vertragsfortführung in der Insolvenz des Datenverwalters mit Blick auf den ersten Normzweck jedenfalls nicht zwingend geboten. Hinsichtlich des zweiten Normzwecks ist zunächst zuzugeben, dass sich „schutzwürdige“ Kontinuitätsinteressen in der Insolvenz primär für die dienstverpflichteten Arbeitnehmer identifizieren lassen: Das Vertrauen des Arbeitnehmers an der Vertragsfortführung ist schutzwürdig, da seine (wirtschaftliche) Existenz von der Fortführung des Arbeitsverhältnisses abhängig ist und ihn die Vertragsbeendigung daher besonders stark treffen würde; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Arbeitnehmer nicht ohne weiteres eine alternative Einnahmequelle verschaffen kann. Allerdings kann auch der Dienstberechtigte schutzwürdige Interessen für sich reklamieren: Er wird im Vertrauen auf den Dauerschuldcharakter des Dienstverhältnisses regelmäßig (finanzielle) Dispositionen im Hinblick auf die Langfristigkeit der Vertragsbeziehung mit dem konkreten Dienstleister getätigt haben.28 In aller Regel wird der Dienstberechtigte durch eine mögliche Vertragsbeendigung aber nicht im gleichen Maße gefährdet sein wie die dienstverpflichteten Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers,29 sondern er wird die Dienstleistung vielmehr auch kurzfristig anderweitig erhalten können.30 Richtigerweise darf das Kontinuitätsinteresse des dienstberechtigten Vertragspartners daher nicht überbewertet werden, zumal ein solches auch bei 27

Madaus, KTS 2012, 215, 219. Eine solche Betrachtungsweise revidiert die im Rahmen der Diskussion des Urteils getroffene Feststellung, dass eine extensive Auslegung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO stets „die Masse bis zum Zeitpunkt der […] nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit mit den Lasten der Vertragsfortsetzung belegt.“, so etwa Sauer, EWiR 2012, 119, 120. 28 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 125. 29 Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 245, zieht einen Vergleich zu dem schutzbedürftigeren Mieter in der Vermieterinsolvenz. 30 Den Streitstand wiedergebend: J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 125.

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Datenverträge in der Insolvenz

manch anderem Vertrag besteht, der nicht von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO erfasst wird.31 Aus den genannten Normzwecken folgt somit nicht, dass die Vertragsfortführung in der Insolvenz des Dienstverpflichteten erforderlich ist. Vielmehr besteht ein argumentativer Raum für eine teleologische Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO. 3.1.1.2.2.2 Anwendungsbereich der Norm Der Anwendungsbereich von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist in der Insolvenz des Dienstverpflichteten von vornerein stark eingeschränkt:32 Sofern die persönliche Arbeitsleistung des Dienstverpflichteten in Rede steht, kann diese ohnehin nicht durch den Insolvenzverwalter erzwungen werden; sie unterliegt wegen Art. 2, 12 GG nicht dem Insolvenzbeschlag.33 § 108 Abs. 1 S. 1 InsO greift daher in der Insolvenz des Dienstverpflichteten nur, wenn der Dienstvertrag durch die Leistungen eines zur Masse gehörenden Unternehmens des Schuldners zu erfüllen ist.34 Zur Erfüllung eines solchen Dienstvertrags muss der Verwalter zwangsläufig Mittel der Masse aufwenden; die Entscheidung, ob eine solche Ressourcenaufwendung dem Interesse der Masse entspricht, ist jedoch charakteristische Aufgabe des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO.35 Daher wird teilweise vorgebracht, dass der Verwalter ohne Rücksicht auf die Massebelastung in unzulässiger Weise über § 108 Abs. 1 S. 1 InsO zugunsten des Vertragspartners verpflichtet werde: Daher sei der Anwendungsbereich des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO auf die Insolvenz des Dienstberechtigten zu beschränken.36 Indes lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes keine entsprechende Einschränkung entnehmen. Handelt es sich bei der weiten Formulierung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO aber tatsächlich allein um einen bloßen Redaktionsfehler des Gesetzgebers?37 Dem Gesetzgeber an dieser Stelle Nachlässigkeit zu unterstellen, 31

Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 142. Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 139. 33 BAG, Urt. v. 20.06.2013, Az. 6 AZR 789/11 = NZA, 2013, 1147, 1149; BGH, Urt. v. 18.07.2002, Az. IX ZR 195/01 = BGHZ 151, 353, 362 = NZI 2002, 543, 545; Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 240; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 140; Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 108 Rn. 47; Wente, ZIP 2005, 335, 337. 34 Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 141. 35 Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 141. Siehe auch Krüger, ZInsO 2010, 507, 510: Durch die Anwendung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO werde der Handlungsspielraum des Insolvenzverwalters ohne Not eingeschränkt. 36 Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Rn. 141 f. 37 So Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 6. Wente, ZIP 2005, 335, 337: Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber das Problem nicht gesehen habe. 32

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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ist heikel, da er durchaus zu differenzieren wusste: Der Wortlaut des § 113 S. 1 InsO bezieht sich allein auf die Insolvenz des Dienstberechtigten.38 Orientiert man sich daher richtigerweise im Ausgangspunkt am Wortlaut und der Systematik der Insolvenzordnung, fallen alle Dienstverhältnisse, die nicht Geschäftsbesorgung sind – da diese gemäß § 116 InsO erlöschen – in den Anwendungsbereich der Norm; und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner Dienstberechtigter oder Dienstverpflichteter ist. 3.1.1.2.2.3 Urteil des BGH Die Vertreter einer einschränkenden Auslegung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO sehen sich indes durch die Rechtsprechung des BGH bestätigt. Allerdings handelt es sich um ein einzelnes Urteil aus dem Jahr 2011, das einen (weniger praxisrelevanten) Privatschulvertrag betraf. Nachgehend ist zu analysieren, ob eine Abweichung von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO gerechtfertigt ist, wenn die Fortführung des Dienstvertrags „erhebliche Massebelastungen“ verursacht. Nach der Auffassung des BGH sollte der in Rede stehende Privatschulvertrag in der Insolvenz der Schulträgerin nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortgeführt werden, da die Norm „nach dem Regelungszweck“ nicht eingreife, wenn „der Dienstvertrag vom Insolvenzverwalter unter Begründung von Masseverbindlichkeiten mit den Mitteln eines zur Masse gehörenden Dienstleistungsunternehmens erfüllt werden muss.“39 Ansonsten hätte der Insolvenzverwalter, „um die Schulverträge nach Insolvenzeröffnung fortführen zu können, zwangsläufig für die Entlohnung der Lehrkräfte und Unterhaltung der Schulräume erhebliche Aufwendungen aus der Masse erbringen“ müssen; in diesem Fall sei dem Insolvenzverwalter das gesetzliche Wahlrecht nicht zu versagen.40 Die Resonanz auf diese Entscheidung des BGH fiel ganz unterschiedlich aus. Teilweise wurde aus dem Urteil gefolgert, dass das Gericht damit die Auffassung untermauere, dass § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten nicht anzuwenden ist: Die Rechtsprechung bringe zum Ausdruck, dass das Wahlrecht nach § 103 InsO grundsätzlich vorrangig sei; das gelte unabhängig von der Höhe der verursachten Masseverbindlichkeiten.41 Nach anderer Auffassung folge aus dem Urteil nur eine einschränkende Auslegung: § 108 Abs. 1 S. 1 InsO sei in der Insolvenz des Dienstverpflichteten lediglich für den Fall zu versagen, dass durch die Fortführung des Vertrags „erhebliche Masseschulden“ begründet 38

Madaus, KTS 2012, 215, 219. BGH, Urt. v. 20.10.2011, Az. IX ZR 10/11 = NZI 2011, 936, Rn. 6. 40 BGH, Urt. v. 20.10.2011, Az. IX ZR 10/11 = NZI 2011, 936, Rn. 6. 41 Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 108 Fn. 284 a.E. 39

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Datenverträge in der Insolvenz

würden; im Übrigen sei diese Erheblichkeitsschwelle auch auf Miet- und Pachtverhältnisse zu übertragen.42 Wieder andere halten diese einzelne Entscheidung des BGH für nicht überzeugend und sprechen sich gegen eine wie auch immer geartete teleologische Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO aus.43 Um die Entscheidung vollständig einordnen zu können, sollten die Aussagen des BGH zu § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in ihrem Kontext gesehen werden. Das Gericht hatte vorrangig über eine Aufrechnungsfrage zu entscheiden: Die beklagten Eltern wollten die vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Schulgeldforderungen mit noch offenen Darlehensrückzahlungsansprüchen aus einem Elterndarlehen an die Schule aufrechnen. Der BGH versagte jedoch die Möglichkeit der Aufrechnung: Der Schulvertrag bestehe nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort; allerdings habe sich der Insolvenzverwalter für die Erfüllungswahl gemäß § 103 Abs. 1 InsO entschieden und verlange nun die Schulgeldzahlung zur Masse; gegen diese (neu begründete)44 Verbindlichkeit sei die Aufrechnung der Eltern nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen.45 Eine mögliche Deutung des Urteils ist, dass das Gericht letztlich keine grundlegenden Aussagen zur teleologischen Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO trifft, sondern vor allem eine Aufrechnung zum Nachteil der Masse verhindern wollte.46 Dafür spricht unter anderem, dass der BGH für den Fall, dass man den

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J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 124. Madaus, KTS 2012, 215, 218 f. 44 BGH, Urt. v. 21.11.1991, Az. IX ZR 290/90 = BGHZ 116, 156, 158 ff. = NJW 1992, 507, 508. Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 41, mit Erfüllungswahl erhalten die Erfüllungsansprüche eine andere Rechtsqualität, sie werden originäre Masseforderung, eine Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist nicht mehr möglich. Siehe dazu auch: Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 133: „Diese durch die Erfüllungswahl bewirkte Änderung der Rechtsqualität (sog Qualitätssprung) macht die mit Verfahrenseröffnung suspendierten Erfüllungsansprüche insolvenzrechtlich zu neuen und damit durchsetzbaren Ansprüchen der und gegen die Masse, die mit den ursprünglichen Erfüllungsansprüchen zwar inhaltlich, aber nicht rechtlich identisch sind. Die vor Insolvenzeröffnung durch Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Vertragspartner begründeten Erfüllungsansprüche werden nach der Erfüllungswahl insolvenzrechtlich so behandelt, als seien sie durch einen neuen, nach Insolvenzeröffnung zwischen dem Insolvenzverwalter und dem anderen Teil geschlossenen Vertrag begründet worden.“ A.A. Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 103 Rn. 286, bedauert diese Sichtweise, da sie Züge der aufgegebenen Erlöschenstheorie trage. 45 BGH, Urt. v. 20.10.2011, Az. IX ZR 10/11 = NZI 2011, 936, Rn. 6. 46 So vermutet Madaus, KTS 2012, 215, 219: Es verwundere daher nicht, dass der IX. Zivilsenat hilfsweise für den Fall, dass man § 108 Abs. 1 S. 1 InsO für einschlägig hält, die Regelungen der §§ 95, 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO zum Gegenstand seines zweiten Begründungsansatzes macht. 43

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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Fortbestand des Schulvertrags nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO doch bejahen wollte, eine zusätzliche Begründung für das Scheitern der Aufrechnung anführt.47 Wenngleich eine solche Auslegung des Urteils letztlich Spekulation bleibt, ist die Feststellung des Gerichts, dass die teleologische Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO unter gewissen Umständen zum Masseerhalt erforderlich sei, dennoch zu hinterfragen. Das Argument des Masseerhalts kann nämlich allein dann überzeugen, wenn die vom BGH vorgeschlagene Einschränkung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO, die Insolvenzmasse tatsächlich entlastet: Indes entstehen einem insolventen Unternehmen in der Rolle als Dienstberechtigter oder als Mieter nicht selten ohnehin weitere Personal- und Sachkosten über § 108 Abs. 1 S. 1 InsO.48 Es ist zumindest vorstellbar, dass die insolvenzfesten Arbeitsverträge mit dem Schulpersonal und die Mietverträge über die Schulräume die maßgeblichen (und ohnehin andauernden) Verpflichtungen waren, um die Fortführung der Schule zu ermöglichen. In diesem Fall wird der einzelne Schulvertrag mit den beklagten Eltern womöglich gar nicht mehr ausschlaggebend bei der Massebelastung ins Gewicht gefallen sein. 3.1.1.2.2.4 Ein Lösungsvorschlag Es sind bereits überzeugende Gründe dargelegt worden,49 die dafür sprechen, § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten überhaupt nicht anzuwenden. Eine grundsätzliche Nichtanwendung der Norm in diesem Fall erscheint daher durchaus plausibel. Möchte man hingegen grundsätzlich an der wortlautgetreuen Anwendung des Gesetzes festhalten, ist unter bestimmten – im Folgenden genauer zu konkretisierenden – Umständen in der Insolvenz des Dienstverpflichteten dennoch vom Fortbestand eines Dienstvertrags abzusehen. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist nach Sinn und Zweck nämlich wenigstens dann nicht anzuwenden, wenn die Fortführung der Dienstverträge eine Massebelastung von einem solchen Ausmaß schaffen würde, dass diese Belastung in einem auffälligen Missverhältnis zu den (grundsätzlich zu beachtenden) Kontinuitätsinteressen der dienstberechtigten Vertragspartner stünde: Wie gesehen ist das Kontinuitätsinteresse des Dienstberechtigten in der Insolvenz des Dienstverpflichteten BGH, Urt. v. 20.10.2011, Az. IX ZR 10/11 = NZI 2011, 936 f. Rn. 7: „Selbst wenn man mit dem BerGer. annehmen wollte, dass der Schulvertrag der Bekl. und der Schuldnerin nach § 108 I 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestand […].“ 48 Madaus, KTS 2012, 215, 219: Aufgrund der kurzen Kündigungsfristen des § 621 BGB kann indes eine übermäßige Massebelastung aus zur Dienstleitung verpflichtenden Verträgen in der Regel vermieden werden. 49 Siehe 3.1.1.2.1. 47

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Datenverträge in der Insolvenz

ohnehin weniger „schutzwürdig“, weniger existentiell, als etwa das Fortführungsinteresse des dienstverpflichteten Arbeitnehmers;50 der Dienstberechtigte hat (anders als etwa ein Arbeitnehmer) die Möglichkeit, die Dienstleistung auch kurzfristig anderweitig zu erhalten.51 Ein etwaiges Kontinuitätsinteresse des Dienstberechtigten kann daher jedenfalls keine unverhältnismäßige Massebelastung rechtfertigen. Bei einem solchen Ungleichgewicht fehlt jede Vergleichbarkeit zu den anderen von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO erfassten Konstellationen. Ob ein solches Missverhältnis mit der pauschalen Formel der „erheblichen Massebelastung“ bestimmt werden kann, ist hingegen zweifelhaft: Der Begriff der „Erheblichkeit“ ist mit Unsicherheiten verknüpft; insbesondere bleibt unklar, unter welchen Voraussetzungen die Schwelle der Erheblichkeit überschritten sein soll. Das Missverhältnis der Interessen ist daher jedenfalls nicht über eine bestimmte oder eine prozentual zu bestimmende Geldsumme festzustellen. Zwar würde ein solches Vorgehen Klarheit schaffen, allerdings sind der Insolvenzordnung solche Grenzen fremd: Das zeigt etwa die insolvenzfeste Vormerkung (§ 106 InsO), die eine erhebliche finanzielle – aber dennoch vom Gesetz akzeptierte – Massebelastung sein kann. Unabhängig davon, ob und gegebenenfalls wo man eine Grenze ziehen mag, ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO aber zumindest im folgenden Fall teleologisch zu reduzieren: Von einer vom Gesetz nicht mehr erfassten Massebelastung ist auszugehen, wenn die Fortführung des betroffenen Dienstvertrags letztlich die – zwar gegebenenfalls nur vorübergehende aber doch kostenintensive – Fortführung des gesamten schuldnerischen Unternehmens erfordert (oktroyierte Unternehmensfortführung). Allerdings ist eine einschränkende Auslegung allein dann geboten, wenn umfassende, massebelastende Verpflichtungen aufrechterhalten werden müssen, die ohne die Fortführung des konkreten Dienstvertrags gerade nicht bestünden. Mit anderen Worten: Der einzelne Dienstvertrag (oder die Bündelung mehrerer Dienstverträge) muss allein kausal für die oktroyierte Unternehmensfortführung sein. In diesem (Extrem-)Fall ist der Dienstvertrag nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortzuführen. Andernfalls würde nicht nur die Masse unverhältnismäßig belastet, sondern den Gläubigern würde zugleich faktisch die Entscheidung über das Ob der Fortführung des Unternehmens genommen. Daher ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn die Fortführung eines Dienstvertrags eine oktroyierte Unternehmensfortführung zur Folge hätte.

50 51

Siehe dazu bereits 3.1.1.2.2.1. Siehe bereits 3.1.1.2.1.

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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3.1.1.2.3 Zwischenergebnis Das vereinzelt gebliebene Urteil des BGH zum eingeschränkten Anwendungsbereich von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO erfordert eine kritische Handhabung. Es muss offenbleiben, ob der BGH tatsächlich verallgemeinerungsfähige Aussagen zu § 108 Abs. 1 S. 1 InsO getroffen oder vielmehr vom Ergebnis geleitet entschieden hat. Die Überlegungen des BGH sind aber dennoch zu berücksichtigen, wenngleich sie weiterer Konkretisierung bedürfen: Wendet man § 108 Abs. 1 S. 1 InsO seinem Wortlaut nach in der Insolvenz des Dienstverpflichteten grundsätzlich an, ist eine teleologische Reduktion der Norm jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Fortführung der betroffenen Dienstverträge die Fortführung des gesamten schuldnerischen Unternehmens impliziert (oktroyierte Unternehmensfortführung). Ob ein solcher Fall vorliegt und somit der Weg für die Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO eröffnet ist, muss für den konkreten Einzelfall ermittelt werden. Indes ist der Anwendungsbereich der Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters ohne weitere Prüfung in jedem Fall eröffnet, wenn man § 108 Abs. 1 S. 1 InsO entgegen seinem Wortlaut in der Insolvenz des Dienstverpflichteten grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen lässt. Der vorstehende Lösungsvorschlag orientiert sich hingegen im Ausgangspunkt am Wortlaut des Gesetzes. Er bietet den Vorteil eines differenzierten Umgangs im Einzelfall, der die involvierten Interessen angemessen berücksichtigen kann. In dieser Untersuchung wird daher die oktroyierte Unternehmensfortführung als Maßstab berücksichtigt, um zu bestimmen, ob die zu untersuchenden datenrelevanten Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen.

3.1.2

Die Erfüllungswahl nach § 103 InsO

Greift keine Ausnahmevorschrift der §§ 104 ff. InsO, besteht bei gegenseitigen noch nicht vollständig erfüllten Verträgen in der Insolvenz die Möglichkeit der Erfüllungswahl durch den Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 1 InsO. Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich der Erfüllungswahl nicht eröffnet ist, wenn eine Vertragspartei bereits vollständig geleistet hat. Hat der Schuldner vollständig erfüllt, kann der Vertragspartner die Leistung grundsätzlich behalten.52 Dem Insolvenzverwalter steht im Gegenzug aber weiter ein Anspruch auf die entsprechende Gegenleistung zu, da der Vertragspartner die Vorleistung nicht

52

Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 59 – beachte aber die Möglichkeit der Anfechtung §§ 130 ff. InsO.

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Datenverträge in der Insolvenz

unentgeltlich behalten soll.53 Eine vollständige Erfüllung setzt allerdings voraus, dass der Vertragspartner die Leistung in ihrem vorgesehenen Umfang über die Insolvenz des Schuldners hinaus auch tatsächlich nutzen kann. Dies ist beispielsweise dann nicht möglich, wenn der Gebrauch des Leistungsgegenstands von der Infrastruktur des Schuldners abhängig ist und diese insolvenzbedingt wegfällt. Hat hingegen der Vertragspartner bereits vollständig geleistet, steht ihm nur ein seiner Leistung entsprechender Erfüllungsanspruch auf die Gegenleistung als Insolvenzforderung zu.54 Bei datenrelevanten Verträgen handelt es sich oft um Dauerschuldverhältnisse, sodass keine Seite vollständig erfüllt haben wird. In diesen Fällen ist der Anwendungsbereich von § 103 InsO eröffnet.

3.1.2.1 Die Erfüllungswahl Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat grundsätzlich keine Auswirkung auf den Bestand oder den Inhalt des gegenseitigen Vertrags, allerdings nimmt sie den gegenseitigen Erfüllungsansprüchen des Vertragspartners ihre Durchsetzbarkeit.55 Nach § 103 InsO kann der Insolvenzverwalter über das weitere Schicksal der noch ausstehenden Leistungen entscheiden: Er kann die Erfüllung des Vertrags wählen oder diese ablehnen. Wählt er die Erfüllung des Vertrags (§ 103 Abs. 1 InsO), wird der Vertrag mit dem Insolvenzverwalter mit dem ursprünglichen Inhalt fortgeführt; dies ist für den Vertragspartner von Vorteil, da dadurch seine Leistungsansprüche die Qualität originärer Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO) erhalten und somit vorrangig zu befriedigen sind (§ 53 InsO).56 Die Erfüllungswahl ermöglicht die Fortführung des konkreten Vertrags in Fällen, in denen ein Interesse an dessen Erhalt besteht; auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Insolvenzverwalter später einen neuen Vertrag mit möglicherweise schlechteren Konditionen abschließen muss.57

53

Zur teilweisen Vorleistung durch den Schuldner Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 32. Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 60. 55 BGH, Urt. v. 17.11.2005, Az. IX ZR 162/04 = NZI 2006, 229, 231. Es ist strittig, ob die beiderseitigen Erfüllungsansprüche ihre Durchsetzbarkeit verlieren (auch: „Suspensivtheorie“). Dafür: BGH, Urt. v. 25.04.2002, Az. IX ZR 313/99 = BGHZ 150, 353, 359 = NZI 2002, 375, 376; BGH, Urt. v. 27.05.2003, Az. IX ZR 51/02 = BGHZ 155, 87, 90 = NZI 2003, 491; BGH, Urt. v. 01.03.2007, Az. IX ZR 81/05 = NZI 2007, 335; Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 11. Ablehnend: Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 103 Rn. 31. 56 Bork, Insolvenzrecht, S. 103; Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 39 ff. 57 Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 13a; Kreft, in: FS Kübler, S. 359, 364. 54

3.1 Die Insolvenzfestigkeit von Datenverträgen

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3.1.2.2 Die Erfüllungsablehnung Entscheidet sich der Insolvenzverwalter hingegen dazu, die Erfüllung abzulehnen, bleiben die gegenseitigen Leistungsansprüche undurchsetzbar;58 dem Vertragspartner steht ein Anspruch wegen der Nichterfüllung des Vertrags zu (§ 103 Abs. 2 S. 1 InsO). Macht der Vertragspartner diesen Anspruch geltend,59 wird – erst dann – das Vertragsverhältnis umgestaltet und an die Stelle der beiderseitigen Erfüllungsansprüche tritt der Nichterfüllungsanspruch des Vertragspartners,60 den er allerdings nur als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. Das hat folgende Konsequenzen für den Vertragspartner: Als Insolvenzgläubiger wird er erst nachdem die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt wurden und nur anteilig aus der dann noch vorhandenen Insolvenzmasse befriedigt; ferner kann er als Insolvenzgläubiger nicht mehr selbstständig seinen Anspruch durchsetzen, sondern muss diesen zur Tabelle anmelden (§§ 87, 89, 174 ff. InsO).61 Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für eine Erfüllungsablehnung, kann der Vertragspartner, der an „seine“ Daten gelangen möchte, diesem Verlangen daher allenfalls über eine Aussonderung nach § 47 InsO zur Geltung verhelfen sofern ihm ein entsprechendes Recht zusteht.62

3.1.3

Zwischenergebnis

Die §§ 108, 103 InsO sind die maßgeblichen insolvenzrechtlichen Normen, die das Schicksal von Verträgen in der Insolvenz und damit auch das Schicksal der in Rede stehenden Datenverträge bestimmen. Ein Datenvertrag ist insolvenzfest, wenn er ein Dienstvertrag im Sinne von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist und die Fortführung des konkreten Datenvertrags nicht zugleich die Fortführung des 58

Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 20: Die Erfüllungsablehnung bringe deklaratorisch zum Ausdruck, dass es bei den mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbundenen Folgen bleibe. Siehe auch Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 157. 59 Verzichtet der Vertragspartner hingegen auf die Teilnahme am Insolvenzverfahren, bleibt der Vertrag in der Lage bestehen, in der er sich bei Insolvenzeröffnung befand, siehe Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 159. Der Vertragspartner kann in diesem Fall nach Beendigung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner weiter die Erfüllung des Vertrags verlangen, siehe Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 22. 60 Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 22. Erst durch die Forderungsanmeldung nach § 174 Abs. 1 S. 1 InsO wird das Vertragsverhältnis materiell-rechtlich umgestaltet und die gegenseitigen Erfüllungsansprüche erlöschen, siehe Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 103 Rn. 161. 61 Siehe Bork, Insolvenzrecht, S. 40. 62 Siehe dazu 4.4.

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Datenverträge in der Insolvenz

gesamten, insolventen Unternehmens erfordert. Besteht der Datenvertrag nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort, kann der Insolvenzverwalter – vorausgesetzt, dass der gegenseitige Vertrag noch nicht vollständig erfüllt ist – die Erfüllung nach § 103 Abs. 1 InsO wählen, wenn er ein Interesse am Erhalt des konkreten Vertrags hat. Auf der Grundlage dieser abstrakten Voraussetzungen ist das Schicksal der konkreten Datenverträge zu erläutern.

3.2

Cloud-Verträge

Einen praktisch sehr relevanten Anwendungsfall von Datenverträgen bilden die bereits genannten Cloud-Verträge. Nachfolgend soll daher das Schicksal der Cloud-Verträge in der Insolvenz des Betreibers näher untersucht werden. Im Fokus stehen jene Cloud-Verträge, die die Bereitstellung von Speicherplatz betreffen: Der Nutzer hat (gegebenenfalls wertvolle) Daten in eine Cloud ausgelagert; später wird über das Vermögen des Cloud-Speicher-Anbieters das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Insolvenz des Cloud-Betreibers wäre indes ohne größeren Verlust für den datenauslagernden Vertragspartner, wenn der Cloud-Speicher-Vertrag trotz der Insolvenz fortbesteht. Ein Cloud-Vertrag besteht aber allein dann nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort, wenn dieser dem Dienstvertragsrecht unterfällt. Um eine insolvenzrechtliche Bewertung vornehmen zu können, ist der Cloud-Vertrag daher in einem ersten Schritt vertragstypologisch einzuordnen. Erst im Anschluss kann das insolvenzrechtliche Schicksal nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO bewertet werden. Sollte der Cloud-Vertrag nicht insolvenzfest sein, ist zu prüfen, ob der Vertrag infolge einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 1 InsO fortbestehen kann.

3.2.1

Vertragstypologische Einordnung

Das Cloud-Computing kann – wie in der Einleitung bereits beschrieben – sehr verschiedene Leistungen umfassen, sodass auf einen Cloud-Vertrag nur selten ein Vertragsrecht in seiner „Reinform“ Anwendung finden wird. In der Praxis finden sich gemischte Verträge, in denen die Parteien Elemente verschiedener gesetzlich

3.2 Cloud-Verträge

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geregelter Verträge kombinieren, oder atypische Verträge, die sich nicht unter die gesetzlich geregelten Verträge subsumieren lassen.63 Bei gemischten Verträgen kann der Vertragstyp nach dem rechtlichen oder wirtschaftlichen Schwerpunkt des Vertrags bestimmt werden (Absorptionsmethode); lässt sich hingegen keine prägende Leistung für den gesamten Vertrag identifizieren, ist für jeden Vertragsteil der entsprechende Vertragstypus zu bestimmen (Kombinationsmethode).64 Auf atypische Verträge finden die Regeln des allgemeinen Schuldrechts Anwendung; ergänzend gelten die gesetzlichen Regeln vergleichbarer Vertragstypen direkt oder analog.65 Schließlich sind die Verträge mit andersartiger Nebenleistung zu nennen, bei denen die Vertragspartner in einem typischen Vertrag eine Nebenleistung vereinbaren, die einem anderen Vertragstyp zugeordnet werden kann; zwar ist in diesen Fällen grundsätzlich das Recht der Hauptleistung entscheidend, allerdings kann auf die für die Nebenleistung geltenden Vorschriften zurückgegriffen werden.66 Welchem Vertragstyp der einzelne Cloud-Vertrag zuzuordnen ist, hängt von der individuellen Ausgestaltung ab und kann nicht generell beantwortet werden. Nichtsdestoweniger soll eine vertragstypologische Einordnung versucht werden, um konkretere Aussagen zur insolvenzrechtlichen Bewertung der Cloud-Verträge treffen zu können. Die nachstehende vertragstypologische Einordnung konzentriert sich vorrangig auf solche Cloud-Dienste, die Speicherplatz zur Verfügung stellen, also einem Unterfall des Infrastructure as a Service (IaaS) Modells,67 der teilweise auch eigenständig unter dem Begriff Data Storage as a Service (DaaS) firmiert.68 Der Cloud-Speicher-Vertrag verdient ein besonderes Augenmerk, da das Interesse des Speichernden in der Insolvenz des Anbieters auf den Zugriff und die Herausgabe der Daten gerichtet ist. Im Anschluss werden ergänzend andere Cloud-Angebote einer kursorischen rechtlichen Einordnung unterzogen.

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Die Grenzen sind fließend und die Terminologie schwankend, siehe Emmerich, in: MüKoBGB, § 311 Rn. 24. 64 Emmerich, in: MüKoBGB, § 311 Rn. 28. 65 Emmerich, in: MüKoBGB, § 311 Rn. 26. 66 Emmerich, in: MüKoBGB, § 311 Rn. 32. 67 Das IaaS-Angebot umfasst grundsätzlich die bedarfsabhängige Bereitstellung von ITRessourcen, insbesondere Rechen-, Speicher-, Kommunikations- und andere Basisressourcen, siehe Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 124. 68 Siehe zum Beispiel Schuster/Reichl, CR 2010, 38, 39.

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Datenverträge in der Insolvenz

3.2.1.1 Cloud-Speicher-Vertrag Die im Rahmen von Cloud-Speicher-Verträgen erbrachten Dienste ermöglichen es dem Nutzer, Daten über einen bestimmten Zeitraum extern in einer „Datenwolke“, also einem über das Internet erreichbaren Server, zu speichern. Bei diesem Geschäftsmodell verbleibt die physische Infrastruktur, also die Hardware, im Eigentum und Besitz des Cloud-Anbieters (beziehungsweise für den Fall, dass der Cloud-Anbieter die Hardware selbst gemietet hat, im Eigentum und Besitz des Drittanbieters); dem Nutzer wird lediglich der Zutritt zu den Speicherkapazitäten für die Dauer des Vertrags ermöglicht – ohne, dass er die Hardwareressourcen direkt steuern oder kontrollieren könnte.69 Die Cloud-Speicher-Verträge sind zweifellos Dauerschuldverhältnisse. Indes ist die Einordnung als Miet-, Dienst-, oder Verwahrungsvertrag strittig. Eine Subsumtion unter das Werkvertragsrecht scheidet hingegen von vornherein aus, da der Anbieter keinen Erfolg im Sinne des § 631 BGB – also die Herstellung eines Werks – schuldet, sondern der Cloud-Nutzer nur die Möglichkeit erhält, die Speicherkapazitäten im vertraglich vereinbarten Umfang zu nutzen.70 Im weiteren Verlauf wird dargelegt, dass eine Einordnung des Cloud-SpeicherVertrags unter das Mietvertragsrecht überzeugend ist, und dass demgegenüber eine Subsumtion unter einen Dienst- oder (reinen) Verwahrungsvertrag ausscheiden muss. Allerdings ist die vertragstypologische Einordnung als Mietvertrag um eine andersartige verwahrungsvertragliche Nebenleistung zu ergänzen.

3.2.1.1.1 Mietvertrag Der Schwerpunkt des Cloud-Speicher-Vertrags liegt in der Verschaffung einer Nutzungsmöglichkeit von Speicherkapazitäten, die dem Nutzer über das Internet gegen ein Entgelt zur Verfügung gestellt werden.71 Dies legt eine Einordnung als Mietvertrag nahe, welche sich auch in der Rechtsprechung seit dem ASP72 Urteil des BGH aus dem Jahr 2006 abzeichnet:73 In diesem bestätigte der 69

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 124 und S. 134. Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 138. 71 Bei den – hier nicht weiter zu thematisierenden – kostenlosen Cloud-Speicher-Angeboten käme hingegen eine Leihe in Betracht. 72 Application Service Providing: Anders als beim Cloud-Computing (Speicherkapazitäten sind auf einer Vielzahl von Servern verteilt) kann der Kunde auf eine feststehende physische Ressource zurückgreifen, siehe Boehm, ZEuP 2016, 358, 365. 73 BGH, Urt. v. 15.11.2006, Az. XII ZR 120/04 = NJW 2007, 2394. Nicht zu verwechseln mit BGH, Urt. v. 23.03.2005, Az. III ZR 338/04 = NJW 2005, 2076: Dort urteilte der BGH, dass ein Access-Provider-Vertrag über die Verschaffung des Zugangs zum Internet als Dienstvertrag einzuordnen sei. Der Schwerpunkt der Leistung liege im Transport von Daten in das 70

3.2 Cloud-Verträge

41

BGH nicht nur, dass auf einen Vertrag, der die Überlassung von Software zum Gegenstand hat, Mietvertragsrecht Anwendung findet; ferner qualifizierte er die Zurverfügungstellung von Speicherkapazitäten auf dem Server des Anbieters zur Speicherung der vom Nutzer im Rahmen der Softwarenutzung eingegebenen Daten als mietvertraglich.74 Gegen die Einordnung als Mietvertrag könnte zwar eingewandt werden, dass dem Nutzer kein tatsächlicher Zugriff auf den Speicher, sondern nur eine virtuelle Nutzungsmöglichkeit eingeräumt wird.75 Diese Bedenken sind jedoch zurückzuweisen: Nach § 535 Abs. 1 BGB muss der Vermieter dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit gewähren. Nach dem gesetzlichen Leitbild ist aber nicht erforderlich, dass eine Besitzüberlassung an den Mieter stattfindet,76 sofern der Gebrauch der Mietsache auch ohne diese möglich ist. Eine Subsumtion der Cloud-Speicher-Verträge unter § 535 BGB scheitert daher nicht daran, dass dem Nutzer lediglich ein Online-Zugang zu den Speicherkapazitäten gewährt wird.77 Gegen die vertragstypologische Einordnung des Cloud-Speicher-Vertrags als Mietvertrag kann zudem nicht eingewandt werden, dass § 535 Abs. 1 BGB nur die Gebrauchsüberlassung von Sachen, also körperlichen Gegenständen, betrifft. Dieses Argument greift für die in Rede stehenden Cloud-Speicher-Verträge nicht, da die Bereitstellung der Speicher-Kapazitäten stets die Gebrauchsüberlassung von Hardware und damit von körperlichen Sachen erfordert, wenngleich der Zugriff über das Internet und damit virtuell erfolgt. Insofern überrascht die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 548a BGB, der die Anwendbarkeit des und aus dem Internet; der Anbieter verspreche nicht das jederzeitige Zustandekommen einer Verbindung in das Internet mit einer bestimmten Datenübertragungsgeschwindigkeit. 74 BGH, Urt. v. 15.11.2006, Az. XII ZR 120/04 = NJW 2007, 2394 f. 75 Siehe Hoeren, IT-Vertragsrecht, S. 301. 76 BGH, Urt. v. 15.11.2006, Az. XII ZR 120/04 = NJW 2007, 2394, 2395: „Ist daher eine Besitzverschaffung für den vertragsgemäßen Gebrauch nicht erforderlich, wie hier bei der Online-Nutzung von Software, so genügt es für die Gebrauchsgewährung, wenn dem Mieter der Zugang zur Mietsache verschafft wird, der auch online erfolgen kann“. Siehe auch Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 76. 77 So im Ergebnis auch: Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 139; Heymann, CR 2015, 807; Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 284; Niemann/Paul, K&R 2009, 444, 447; Wicker, MMR 2012, 783, 786. Kritisch Strittmatter, in: AuerReinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 22 Rn. 33: Dies überzeuge jedoch nur hinsichtlich der (mietrechtlichen) Hauptleistungspflichten. Ablehnend: Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 438: Ein Mietvertrag komme nicht in Betracht, weil der wirtschaftliche Erfolg einer Cloud nur durch ein Bündel von Dienstleistungen ermöglicht werden kann. Siehe dazu aber sogleich: 3.2.1.1.5.

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Datenverträge in der Insolvenz

Mietrechts auf (unkörperliche) digitale Produkte klarstellt und zur Umsetzung der Richtlinie78 über die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen zum 1. Januar 2022 in das BGB eingefügt wurde: Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 548a BGB würden Verträge, die die Gebrauchsüberlassung von körperlichen Datenträgern zum Gegenstand haben, ohne dass der Mieter Besitz an dem Datenträger erlangt, „eine besondere Stellung [einnehmen]“; dies betreffe etwa „die Vermietung sogenannter dedizierter Server“, also die Vermietung eines physischen „Geräts zum exklusiven Gebrauch“, „das sich in einem Rechenzentrum befindet und auf das der Mieter nur mittels eines Online-Zugangs zugreifen soll“.79 Es sei der „Klärung in Wissenschaft und Rechtsprechung vorbehalten“, ob diese oder ähnliche Verträge unter § 535 BGB oder § 548a BGB fielen.80 Gerade für dedizierte Server ist jedoch ein Rückgriff auf § 548a BGB nicht erforderlich, da eine konkrete körperliche Sache vermietet wird. Dieser Fall wird von § 535 BGB erfasst. Allerdings ist auch bei Cloud-Speicher-Verträgen eine Subsumtion unter § 535 BGB möglich, obwohl die Daten in der Cloud nicht mehr einem konkreten, physisch lokalisierbaren Server zugeordnet werden können, sondern die Daten je nach Bedarf auf verschiedenen, flexibel zuschaltbaren Hardwareressourcen gespeichert werden.81 Die Aufteilung der gespeicherten Daten gelingt mit Hilfe sogenannter Virtualisierungstechnik, die mehrere Speicher als einen einzigen erscheinen lässt.82 Diese technische Besonderheit garantiert die (für den Nutzer attraktive) Leistungsfähigkeit des Cloud-Computings: Über die weltweiten Netzwerke steht nahezu unbegrenzter Speicherplatz jederzeit zur Verfügung.83 Durch diese Optimierung der Ressourcennutzung verliert der Gebrauch von konkreter Hardware an Bedeutung.84 Die komplexen technischen Vorgänge im Hintergrund bleiben dem durchschnittlichen Nutzer in der Regel verborgen.85 Diese technische Eigenart der Cloud-Speicher Nutzung steht der Einordnung als Mietvertrag im Sinne des § 535 BGB aber nicht entgegen, da der mietende Nutzer nicht die 78

Richtlinie (EU) 2019/770 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen. Zu den zentralen Regelungen der Richtlinie: Metzger, JZ 2019, 577 ff. 79 BT-Drucks. 19/27653, S. 84. 80 BT-Drucks. 19/27653, S. 84. 81 Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 434; Lehmann/Giedke, CR 2013, 608, 611. 82 Lehmann/Giedke, CR 2013, 608, 611. 83 Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 434. 84 Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 435. 85 Lehmann/Giedke, CR 2013, 608, 612.

3.2 Cloud-Verträge

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Bereitstellung von Speicherkapazitäten von einem bestimmten Server an einem bestimmten Ort erwartet, sondern nur an der Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit der vereinbarten Speicherkapazitäten interessiert ist. Eine weitergehende Eingrenzung der Mietsache ist nach den Interessen des Vertragspartners daher nicht erforderlich; gewissermaßen handelt es sich um eine virtuelle Gebrauchsüberlassung von verschiedenen Mietgegenständen in Bruchteilen. Die Tatsache, dass der Speicherplatz nicht auf einem konkreten Server zur Verfügung gestellt wird, steht der Einordnung unter § 535 BGB somit ebenfalls nicht entgegen.86 Im Übrigen hätte ein Rückgriff auf § 548a BGB für die hiesige Problematik keine Auswirkungen, da dieser letztlich nur die Anwendbarkeit von Mietvertragsrecht anordnet. Dennoch ist der Vollständigkeit halber zu erörtern, ob eine Subsumtion des Cloud-Speicher-Vertrags unter § 548a BGB überhaupt in Frage kommt. Daran bestehen insofern Zweifel, als die Norm nach der Begründung des Gesetzentwurfs primär zum Ziel hat, den Anwendungsbereich der §§ 535 ff. BGB auf unkörperliche Gegenstände zu erweitern.87 Im Rahmen eines Cloud-Speicher-Vertrags ist aber wie gezeigt weiterhin die – wenngleich virtuelle – Gebrauchsüberlassung körperlicher Server und nicht die zeitweise Überlassung von unkörperlichen Daten (z. B. Software) geschuldet. Indes suggeriert der Wortlaut der Gesetzesänderung, dass die Bereitstellung der virtuellen Speicherkapazitäten die Vermietung eines digitalen Produkts gemäß § 548a BGB sei: Nach § 327 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB erfasst der Oberbegriff des digitalen Produkts nämlich auch digitale Dienstleistungen wie „die Speicherung von Daten in digitaler Form“. Allerdings werden in dieser Definition Leistungsgegenstand (digitales Produkt) und Leistung (Speicherung) miteinander gleichgesetzt. In der Konsequenz könnte in wortlautgetreuer Umsetzung von § 548a BGB eine Leistung zum zeitweisen Gebrauch überlassen werden. Dies widerspricht jedoch der Systematik des Mietrechts: Grundsätzlich wird ein Leistungsgegenstand zum Gebrauch überlassen; die Leistung liegt in der Gebrauchsüberlassung. Aufgrund dessen ist trotz des Wortlauts von § 327 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB zweifelhaft, ob Cloud-Speicher-Verträge tatsächlich einen Anwendungsfall von § 548a BGB bilden. Es muss sich noch zeigen, wie sich die gesetzliche Neuerung auf den Inhalt des Mietvertragsrecht im Konkreten auswirkt. Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 548a BGB zeigt aber jedenfalls, 86

Fraglich ist, ob über diesen Umstand der Rekurs auf § 548a BGB hinweghelfen könnte, da nicht nur keine konkrete Sache, sondern auch kein bestimmtes digitales Produkt (z. B. konkrete Daten) vermietet wird. Etwas anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn das digitale Produkt die „Möglichkeit zur Speicherung“ ist. Wie die beschriebene Gemengelage von Leistungsgegenstand und Leistung zu lösen ist, muss sich indes noch zeigen. 87 BT-Drucks. 19/27653, S. 84.

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Datenverträge in der Insolvenz

dass auch der Gesetzgeber von einer Einordnung der Cloud-Speicher-Verträge unter das Mietvertragsrecht ausgeht.

3.2.1.1.2 Dienstvertrag In anderen europäischen Mitgliedstaaten werden IaaS-Cloud-Verträge regelmäßig als Dienstverträge eingestuft.88 Auch auf unionsrechtlicher Ebene werden Cloud-Verträge grundsätzlich unter das Dienstvertragsrecht nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO subsumiert; dort wird der Begriff der Dienstleistung allerdings auch deutlich weiter ausgelegt als im BGB:89 Der unionsrechtliche Dienstleistungsbegriff erfasst jede Leistung, die gegen Entgelt erbracht wird.90 Der Cloud-Speicher-Vertrag kann hingegen nicht als Dienstvertrag im Sinne des § 611 BGB eingeordnet werden, da der Cloud-Speicher-Anbieter nicht allein ein bloßes Tätigwerden schuldet. Der Cloud-Speicher-Nutzer erwartet mehr als nur eine Leistung mittlerer Art und Güte; der Anbieter soll sich nicht nur erfolgreich um die Überlassung von Speicherplatz bemühen, der Nutzer will die bereitgestellte Infrastruktur auch tatsächlich in Gebrauch nehmen und seine Daten extern speichern können.91 Die Unterstellung unter deutsches Dienstvertragsrecht entspricht daher nicht den Interessen des Cloud-Speicher-Nutzers. An dieser Bewertung ändert auch § 327 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB nichts, wenngleich dort der Begriff der Dienstleistung sehr weit ist und die Speicherung von Daten in digitaler Form erfasst, sodass der Eindruck entstehen könnte, dass die Cloud-Speicher-Angebote dem Dienstvertragsrecht unterfallen. Allerdings bleibt der Begriff der Dienstleistung im Sinne von § 611 BGB davon unberührt. Dies wird durch die Stellung der §§ 327 ff. BGB deutlich: Sie sind bewusst im Allgemeinen Teil des Rechts der Schuldverhältnisse verortet, da dem BGB ein eigenes Vertragsrecht für bestimmte Produktgruppen fremd ist.92 Es bleibt daher bei dem Ergebnis, dass die Cloud-Speicher-Verträge nicht dem Dienstvertragsrecht unterfallen. 88

Europäische Kommission, Comparative Study on cloud computing contracts, S. 28, indes wird nur für Schweden konkretisiert, dass dort Dienstvertragsrecht auf Cloud-SpeicherVerträge Anwendung findet; Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 139, stellt – ohne weitere Hinweise zu geben – ebenfalls fest, dass in anderen EUMitgliedstaaten IaaS-Verträge als Dienstverträge klassifiziert werden. 89 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 132. 90 Martiny, in: MüKoBGB, Art. 4 Rom I-VO Rn. 39. 91 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 139; Boehm, ZEuP 2016, 358, 364; Strittmatter, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 22 Rn. 34; Wicker, MMR 2012, 783, 784. 92 Siehe dazu die Prüfung der alternativen Standorte in BT-Drucks. 19/27653, S. 24 f.

3.2 Cloud-Verträge

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3.2.1.1.3 Verwahrungsvertrag Das Speichern von Daten in der Cloud wird zudem teilweise als eine Verwahrung eingestuft.93 Ein Verwahrungsvertrag verbindet Elemente einer Miete (Gewährung von Raum) und einer Dienstleistung (Übernahme von Obhut).94 Ein Vorteil dieser vertraglichen Konstruktion sei, dass der Dienstanbieter – unabhängig von den sonstigen Vereinbarungen – als Verwahrer schon von Gesetzes wegen die aufbewahrten Daten weder selbst nutzen noch bei Dritten hinterlegen, also etwa bei einem anderen Provider speichern, dürfe.95 Allerdings ist nachfolgend zu zeigen, dass eine Einordnung des Cloud-Speicher-Vertrags als reiner Verwahrungsvertrag nicht möglich ist. Die diesbezüglichen Überlegungen sind indes für eine andersartige Nebenleistung des Mietvertrags fruchtbar zu machen.96 Ein entsprechender Verwahrungsvertrag hätte – anders als die Miete der körperlichen Speicherkapazitäten – die Inobhutnahme von unkörperlichen Daten zum Gegenstand. Die Tatsache, dass der Wortlaut des § 688 BGB nur bewegliche Sachen erfasst, steht der Annahme eines Datenverwahrungsvertrags jedoch nicht entgegen:97 Zwar wurde im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie zur Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen im BGB keine Änderung des § 688 BGB vorgenommen. Die Tatsache, dass im Rahmen der Gesetzesänderung nur für bestimmte Vertragstypen der Anwendungsbereich des besonderen Schuldrechts auf digitale Produkte (und damit Daten) ausgeweitet wurde, sollte jedoch nicht als bewusste Entscheidung gegen die Anwendung anderer Vertragstypen auf Daten verstanden werden. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird erläutert, dass Änderungen bei denjenigen Vertragsarten im Besonderen Teil des Schuldrechts erfolgt sind, die Bestimmungen zum Gewährleistungsrecht vorsehen.98 Der Gesetzgeber sah bei diesen praxisrelevanten Vertragstypen einen besonderen Regelungsbedarf; möglicherweise fehlte ihm zudem die notwendige Vorstellungskraft, dass Daten auch Gegenstand anderer Vertragstypen sein können. Darüber hinaus ist eine entsprechende Anwendung der Regeln des besonderen Schuldrechts auf unkörperliche Gegenstände dogmatisch durchaus vertretbar – anders als die analoge Anwendung der sachenrechtlichen Regelungen auf Daten, die aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit von Daten und Sachen abzulehnen ist.99 93

Koch, ITRB 2001, 39, 42; Söbbing, MMR 2007, 479. Henssler, in: MüKoBGB, § 688 Rn. 7; Wicker, MMR 2012, 783, 785. 95 Koch, ITRB 2001, 39, 42. 96 Siehe sogleich 3.2.1.1.4. 97 Koch, ITRB 2001, 39, 42. 98 BT-Drucks. 19/27653, S. 26. 99 Siehe dazu noch ausführlich 4.2.2.6.2.2. 94

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Datenverträge in der Insolvenz

Dass im Schuldrecht eine andere Bewertung als im Sachenrecht gerechtfertigt ist, zeigen nicht nur die schuldrechtlichen Neuerungen des BGB, sondern entspricht auch der gesetzlichen Systematik: Im Sachenrecht sind die Normen auf nichtrivale Güter zugeschnitten und es gelten strenge Prinzipien wie der Typenzwang; das Schuldrecht ist hingegen durch die Privatautonomie geprägt. Im Übrigen sind keine zwingenden Gründe erkennbar, die ein Festhalten an der Sache als Vertragsgegenstand – im Rahmen des § 688 BGB – erfordern. Daher scheitert eine Einordnung des Cloud-Speicher-Vertrags als Verwahrungsvertrag jedenfalls nicht bereits an der Unkörperlichkeit der Daten. Allerdings müsste sich der Cloud-Speicher-Vertrag unter die weiteren Voraussetzungen von § 688 BGB subsumieren lassen. Ein Verwahrungsvertrag ist maßgeblich durch die Obhutspflicht des Verwahrers gekennzeichnet; diese Obhutspflicht, muss nach den Interessen der Parteien die wesentliche Vertragsleistung darstellen.100 Besteht die Obhutspflicht als Nebenpflicht eines anderen Vertrags, sind die § 688 ff. BGB nicht unmittelbar anwendbar; das Verhältnis der Parteien richtet sich dann vorrangig nach den Vorschriften des jeweiligen Rechtsverhältnisses.101 Der Cloud-Speicher-Vertrag wäre demnach allein dann ein reiner Verwahrungsvertrag, wenn die Sicherheit und Erhaltung der gespeicherten Daten die primäre Pflicht des Anbieters und nicht nur eine Neben(leistungs)pflicht im Rahmen eines Mietvertrags ist. Indes liegt der Schwerpunkt des Cloud-SpeicherVertrags auf der virtuellen Gebrauchsüberlassung des fremden Speichers an den Kunden. Mit dem Abschluss eines Cloud-Speicher-Vertrags will der Nutzer den Kauf eigener Speicherkapazitäten vermeiden und die benötigten Kapazitäten (nur) solange in Anspruch nehmen, wie ein entsprechender Bedarf besteht.102 Die Tatsache, dass der Cloud-Anbieter die Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners wahrt, indem er selbst nicht auf die Daten zugreift, er den Zugriff Dritter verhindert und die Verfügbarkeit der Daten sicherstellt, bildet hingegen nicht den Schwerpunkt des Vertrags, sondern ergibt sich entweder aus einer allgemeinen Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB oder stellt eine (andersartige) Nebenleistungspflicht dar.103 Dies genügt aber nicht für die Einordnung des Cloud-Speicher-Vertrags als reiner Verwahrungsvertrag nach § 688 BGB.

100

Henssler, in: MüKoBGB, § 688 Rn. 44. Henssler, in: MüKoBGB, § 688 Rn. 46. 102 Wicker, MMR 2012, 783, 785. 103 Wicker, MMR 2012, 783, 785. 101

3.2 Cloud-Verträge

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3.2.1.1.4 Mietvertrag mit verwahrungsvertraglicher Nebenleistungspflicht Die Cloud-Speicher-Verträge unterfallen folglich hinsichtlich ihrer Hauptleistungspflichten den §§ 535 ff. BGB. Der Vertragspartner hat aber zugleich auch ein Interesse, dass der Cloud-Anbieter eine besondere Obhutspflicht in Bezug auf die (in aller Regel vertraulichen) Daten erfüllt. Es ist zu zeigen, dass die Parteien zu diesem Zweck eine gesonderte verwahrungsvertragliche Nebenleistungspflicht vereinbaren. Aus dem Mietvertrag folgt nämlich nur die Pflicht zur Gebrauchsgewährung, also die Pflicht den Mietgebrauch zu verschaffen und zu erhalten.104 Zwar können Obhutspflichten auch als unmittelbare Nebenpflichten aus dem Mietvertrag folgen;105 im Rahmen des Cloud-Speicher-Vertrags ist es jedoch geboten, das gesonderte Regelungsregime der §§ 688 ff. BGB als andersartige Nebenleistungspflicht anzuerkennen, da die Vertragstypisierung unter der Berücksichtigung des Nutzerinteresses zu erfolgen hat:106 Der Nutzer des Cloud-Speichers ist daran interessiert, dass der Cloud-Anbieter die Daten nicht bei einem Dritten speichert (§ 691 BGB) und eine Änderung der Art der Speicherung anzeigt (§ 692 S. 2 BGB). Maßgebliches Interesse des Nutzers im Rahmen eines Cloud-SpeicherVertrags ist ferner, dass er die gespeicherten Daten vom Cloud-Anbieter jederzeit herausverlangen kann. Ein solches Rückforderungsrecht ist explizit in § 695 BGB geregelt und folgt so ausdrücklich nicht bereits aus den mietvertraglichen Regeln. Das liegt daran, dass die Sachverhalte im typischen Mietvertrag anders gelagert sind: Im Regelfall wird ein Gegenstand oder eine Räumlichkeit gemietet und in Besitz genommen. Bringt der Mieter nun eigene Sachen in das Mietobjekt ein, bleiben diese in seinem Besitz und er kann sie grundsätzlich jederzeit wieder aus der Mietsache entfernen. Die Situation bei einem Cloud-Speicher-Vertrag weicht davon ab: Der Nutzer mietet virtuelle Serverkapazitäten und speichert auf diesen Daten; im Unterschied zu einer „klassischen“ Miete, kommt das Element der Auslagerung der Daten hinzu. Auch wenn der Nutzer exklusiven virtuellen Zugriff auf die Daten hat, ist ein „Datenbesitz“ des Nutzers – wie an anderer Stelle noch auszuführen ist107 – abzulehnen. Die Daten befinden sich auf den Servern des Cloud-Speicher-Anbieters und damit in dessen Herrschaftsbereich. Aus diesem Grund ist das vertragliche Interesse des Nutzers darauf gerichtet, 104

Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 76. Häublein, in: MüKoBGB, § 535 Rn. 187. 106 Zum Vorgehen bei der Vertragstypisierung siehe Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 436. 107 Siehe zum „Datenbesitz“ noch 4.2.2.6.2.2. 105

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3

Datenverträge in der Insolvenz

dass das Rückforderungsrecht nach § 695 BGB eine eigene Nebenleistungspflicht darstellt. Infolge dieser besonderen Situation ist der Cloud-Speicher-Vertrag als Mietvertrag mit einer andersartigen Nebenleistung einzuordnen. Für die Nebenleistungspflichten kann auf die §§ 688 ff. BGB zurückgegriffen werden: Insbesondere steht dem Nutzer ein jederzeitiges Rückforderungsrecht nach § 695 BGB zu. An späterer Stelle wird darauf zurückzukommen sein, dass aus der besonderen verwahrungsvertraglichen Nebenleistungspflicht (persönliche) Rechte des Nutzers in der Insolvenz des Betreibers folgen.108

3.2.1.1.5 Zwischenergebnis Ist die Subsumtion eines Vertrags unter einen der Vertragstypen des BGB nicht eindeutig, ist derjenige Vertragstyp zu ermitteln, dem die vertraglich geschuldeten Leistungen am nächsten kommen.109 Nach der bisherigen Untersuchung sind „reine“ Cloud-Speicher-Verträge als Mietverträge mit verwahrungsvertraglichen Nebenleistungspflichten einzuordnen. Dieses Ergebnis bedarf jedoch einer ergänzenden kritischen Würdigung in Bezug auf zwei Aspekte: Zum einen hat die Zuordnung zum Mietrecht nicht zur Folge, dass das gesamte Regelungsregime dieses Vertragstyps anzuwenden ist. Es scheiden diejenigen Vorschriften aus, deren Anwendung mit dem Charakter der Cloud-Speicher-Verträge nicht zu vereinbaren ist; dies gilt beispielsweise für die verschuldensunabhängige Haftung des Betreibers bei Mängeln des CloudSystems vor Vertragsschluss (§ 536a Abs. 1 Var. 1 BGB), die „sich mit dem massenhaften Charakter der Cloud-Modelle nicht vereinbaren“ lässt.110 Zum anderen wird der „reine“ Cloud-Speicher-Vertrag in der Praxis wohl immer seltener vorkommen, sondern regelmäßig von verschiedenen Serviceleistungen wie der Überwachung und Verwaltung der IT-Infrastrukturen, einem Identitätsmanagement, das die Zugriffsberechtigung kontrolliert, sowie von einem Service- und Wartungs-Angebot begleitet sein.111 Da diese Leistungen einen dienst- oder werkvertraglichen Charakter haben, wird die Einordnung als Mietvertrag teilweise kritisch gesehen.112 Wenngleich die abstrahierte Betrachtung 108

Siehe 4.4.3.1. Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 434. 110 Strittmatter, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 22 Rn. 33, 35. 111 Wicker, MMR 2012, 783, 784: Dienstvertragsrecht könne für Zusatzleistungen wie Support, Schulungen und Hotlines i.R.e. Cloud-Anbieter-Nutzer-Beziehung Anwendung finden; es handele sich im Kern jedoch nicht um Cloud-Services, sondern um Zusatzverträge. 112 Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 438. 109

3.2 Cloud-Verträge

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des Cloud-Speicher-Vertrags daher nicht immer lebensnah sein mag, unterfällt aber jedenfalls die Leistung „Zurverfügungstellung von Speicherkapazitäten“ dem Mietvertragsrecht.

3.2.1.2 Sonstige Cloud-Verträge Die Cloud-Speicher-Verträge bilden nur einen Teil des Cloud-Computing Spektrums ab. Das Bereitstellen von Speicher-Kapazitäten ist ein Unterfall des Infrastructure as a Service (IaaS) Modells, das zum Beispiel auch das Anbieten von Rechenleistung umfasst; daneben lassen sich noch das Zurverfügungstellen von Entwicklerplattformen (Platform as a Service, PaaS) sowie das Bereitstellen von Softwareapplikationen und Webanwendungen (Software as a Service, SaaS) als Ausprägungen der Cloud-Modelle identifizieren.113 Da eine eindeutige Zuordnung zu diesen Kategorien immer schwieriger wird, hat sich inzwischen das übergreifende Modell Anything as a Service (XaaS) herausgebildet, welches alle Formen des Cloud-Computing erfasst.114 Diese erweiterten Cloud-Verträge sind regelmäßig typengemischt, da es aufgrund der Bündelung verschiedener Leistungen häufig nicht mehr möglich sein wird, den gesamten Vertrag nach einer prägenden Leistung einheitlich einzuordnen, sodass für jeden Vertragsteil auf den jeweiligen Schwerpunkt abgestellt werden muss.115 Diese weitergehenden Cloud-Verträge können nicht nur mietvertraglich, sondern auch werkvertraglich oder dienstvertraglich ausgerichtet sein:116 Die Pflege von Software oder die Unterstützung bei der Nutzung der Cloud werden beispielsweise als Dienstleistung eingeordnet; die Installation, Implementierung oder Anpassung der Anwendungssoftware kann hingegen dem Werkvertragsrecht unterfallen.117 Eine weitere Besonderheit von Cloud-Verträgen ist, dass im Rahmen einer Cloud-Infrastruktur eine Vielzahl von Akteuren mitwirkt, mit denen der Kunde keinen Vertrag geschlossen hat. Dies kann die vertragstypologische Einordnung weiter erschweren. Der Schwerpunkt von sonstigen Cloud-Verträgen wird aber regelmäßig bei den zu erbringenden Dienstleistungen

113

Siehe schon Einleitung, B. Statt vieler Wicker, MMR 2012, 783. Schuster/Reichl, CR 2010, 38, 39; Wicker, MMR 2012, 783, 784. 115 Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 284; Splittgerber/Rockstroh, BB 2011, 2179. 116 Böse/Rockenbach, MDR 2018, 70, 71; Duisberg, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 633, 636. 117 Nägele/Jacobs, ZUM 2010, 281, 284. Heymann, CR 2015, 807: „Platform as a Service“ oder „Software as a Service“ seien als Werkvertrag mit Dauerschuldcharakter einzuordnen. 114

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Datenverträge in der Insolvenz

liegen.118 Ob sich angesichts der Vielzahl an Leistungen indes überhaupt ein Schwerpunkt bestimmen lässt, wird vom jeweiligen Vertrag abhängen.

3.2.1.3 Zwischenergebnis Während Cloud-Speicher-Verträge als Mietverträge mit verwahrungsrechtlichen Nebenleistungspflichten einzuordnen sind, können andere Cloud-Verträge dienst- oder werkvertragliche Schwerpunkte aufweisen; diesbezüglich haben sich gewisse Fallgruppen gebildet, die bei Auftreten neuartiger Dienste als Referenz für die vertragstypologische Einordnung herangezogen werden können. Die vorhergehenden Ausführungen sollen jedoch nicht zu der Annahme verleiten, dass Cloud-Verträge grundsätzlich einem gesetzlich geregelten Vertragstyp zugeordnet werden können; nicht alle technischen Entwicklungen und neuartigen IT-Leistungen lassen sich unter die bestehenden gesetzlichen Vertragstypen subsumieren. Die vertragstypologische Einordnung war dennoch erforderlich, um das insolvenzrechtliche Schicksal der Cloud-Verträge bewerten zu können.

3.2.2

Insolvenzrechtliche Konsequenzen

Auf der Grundlage der vertragstypologischen Einordnung der Cloud-Verträge ist in einem zweiten Schritt das insolvenzrechtliche Schicksal dieser Verträge zu untersuchen: Wird über das Vermögen eines Cloud-Anbieters das Insolvenzverfahren eröffnet, besteht die Gefahr, dass der Betrieb der entsprechenden Server insolvenzbedingt eingestellt wird. In diesem Fall kann der Nutzer nicht länger auf die Daten in der Cloud zugreifen.119 Dazu kommt es indes nicht, wenn der CloudVertrag trotz der Insolvenz nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbesteht.120 Alternativ 118

Kirn/Müller-Hengstenberg, NJW 2017, 433, 437. Ferner könne der typengemischte Rechenzentrumvertrag zumindest in Teilen als Geschäftsbesorgung qualifiziert, siehe Grützmacher, ITRB 2004, 260, 261. Dass eine Geschäftsbesorgung vorliegt, also eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen, wird jedoch nur in besonders gelagerten Vertragsverhältnissen anzunehmen sein, siehe auch noch 4.4.2.2.2. 119 Sollte der Nutzer eine lokale Kopie der Daten über eine Verknüpfung auf seinem Rechner gespeichert haben, so ist diese vom Fortbestand des Datensatzes auf den Servern des DiensteAnbieters abhängig. Gerade im Rahmen einer Liquidation des Cloud-Unternehmens könnte es dazu kommen, dass der Verwalter die Server verwerten will und die Daten löscht. Vorrangig sind aber diejenigen Szenarien zu untersuchen, in denen der Datenzugriff allein in der Cloud, das heißt – ohne lokale Kopie – erfolgt. 120 Dies steht unter der Annahme, dass der Insolvenzverwalter seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt und zur Erfüllung der Verträge die Server in Betrieb hält.

3.2 Cloud-Verträge

51

wäre die Insolvenz des Dienstanbieters ohne Auswirkung für den Cloud-Nutzer, wenn der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Wahlrechts nach § 103 Abs. 1 InsO die Erfüllung wählt.

3.2.2.1 Fortführung von Cloud-Verträgen nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO Zunächst ist ein möglicher Fortbestand der Cloud-Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in den Blick zu nehmen. Der Cloud-Speicher-Vertrag stellt weder ein Mietverhältnis über unbewegliche Gegenstände dar, noch hat er seinen Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht. Es handelt sich um einen Mietvertrag über einen beweglichen Gegenstand und ist somit keine oktroyierte Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Auch aus der andersartigen verwahrungsvertraglichen Nebenleistungspflicht ergibt sich nichts Abweichendes. Für andere Cloud-Verträge mit Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht ist der Anwendungsbereich von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO hingegen eröffnet;121 allerdings nur sofern man die Norm in der Insolvenz des Dienstverpflichteten (also des Datenverwalters) überhaupt zur Anwendung kommen lässt.122 Wendet man die Norm in der Insolvenz des Dienstverpflichteten – ausgehend vom Gesetzeswortlaut – hingegen grundsätzlich an, ist davon indes eine Ausnahme zu machen, wenn die Fortführung des Dienstvertrags mit dem Kunden die Fortführung des insolventen Unternehmens als Gesamtes erforderlich macht.123 In diesem Fall wäre der Fortbestand des Dienstvertrags eine unverhältnismäßige und vom Gesetz nicht gewollte Massebelastung. Um bewerten zu können, ob der Fortbestand des sonstigen Cloud-Vertrags in der Insolvenz des Anbieters eine derartige Belastung in Form einer oktroyierten Unternehmensfortführung impliziert, sind zunächst diejenigen Leistungen zu identifizieren, die zur Erfüllung des Cloud-Dienstvertrags notwendig sind. Die weitere Erfüllung der vertraglichen Leistungspflichten gegenüber dem Cloud-Nutzer in der Insolvenz des Anbieters setzt voraus, dass die gesamte Cloud-Infrastruktur aufrechterhalten wird: Diese Infrastruktur erfordert Personal, lizenzierte Software und – da sich die Cloud-Anbieter oft Dritter bedienen, um ihr umfangreiches Leistungsspektrum anbieten zu können – gegebenenfalls

121

Wegener, in: Uhlenbruck, InsO, § 108 Rn. 13: Bei typengemischten Verträgen kommt es für die Anwendbarkeit des § 108 InsO auf den Schwerpunkt der Leistung an. 122 Siehe 3.1.1.2. 123 Siehe 3.1.1.2.2.4.

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3

Datenverträge in der Insolvenz

externe Dienstleister.124 Zudem müssen die Server betrieben und am Netz gehalten werden; dies verursacht Stromkosten (wenn die Plattform auf eigenen Servern betrieben wird) oder entsprechende Miet- oder Leasingkosten (falls externe Server genutzt werden) und schafft Verbindlichkeiten gegenüber dem jeweiligen Internetanbieter.125 Nichtsdestotrotz ist eine teleologische Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO nur dann angezeigt, wenn allein die Fortführung der sonstigen Cloud-Verträge für diese umfassenden Verpflichtungen kausal ist. Sollte eine weitgehende Fortführung des Unternehmens bereits wegen anderer insolvenzfester Verpflichtungen – zum Beispiel als Dienstberechtigter über § 108 Abs. 1 S. 1 InsO – erforderlich sein, wären die durch den Fortbestand der Cloud-Verträge zusätzlich verursachten Kosten keine unverhältnismäßige Massebelastung. Daher ist zu untersuchen, ob ohnehin andere umfassende insolvenzrechtliche Verpflichtungen des Cloud-Anbieters bestehen oder ob die Infrastruktur allein zur Erfüllung der Cloud-Verträge in diesem Umfang aufrechtzuerhalten wäre. Legt man die oben genannten kostenverursachenden Verpflichtungen zugrunde, ergibt sich für die Insolvenzfestigkeit der verschiedenen Verträge des Cloud-Unternehmens das folgende Bild:126 Die Verträge der Angestellten des Cloud-Anbieters bestehen als Arbeits- oder Dienstverträge gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ohne Kündigung in der Insolvenz zunächst fort. Das Gleiche gilt für die Internet-Provider-Verträge, die ebenfalls als Dienstverträge eingeordnet werden.127 Die anderen, zur Fortführung der Infrastruktur aufrechtzuerhaltenden Verpflichtungen des Cloud-Anbieters sind hingegen keine oktroyierten Masseverbindlichkeiten, da es sich nicht um Verträge im Sinne des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO handelt: Die Überlassung von Software wird als Mietvertrag über einen beweglichen Gegenstand eingeordnet;128 Stromverträge unterfallen dem Kaufvertragsrecht.129 Die Verträge über die Miete externer Server bestehen ebenfalls nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort. Diese knappe Einordnung der Verpflichtungen zeigt, dass zwar bestimmte Dienstverträge die Masse ohnehin belasten. Jedoch erreichen die zusätzlichen, zur Aufrechterhaltung der Cloud-Infrastruktur erforderlichen Verpflichtungen ein 124

J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965 f. J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965 f. 126 Der Cloud-Anbieter ist abseits der aufgeführten Verträge noch in weitere Vertragsverhältnisse, die unter Umständen ebenfalls dem Dienstvertragsrecht unterfallen, eingebunden. Das komplexe Vertragsgefüge ist an dieser Stelle jedoch nicht genauer darzulegen. Für die vorliegenden Zwecke genügt es, einen Eindruck der wesentlichen Verpflichtungen zu gewinnen. 127 BGH, Urt. v. 23.03.2005, Az. III ZR 338/04 = NJW 2005, 2076. 128 Siehe BGH, Urt. v. 15.11.2006, Az. XII ZR 120/04 = NJW 2007, 2394 und 3.2.1.1.1. 129 Unberath/Fricke, NJW 2007, 3601, 3603; Westermann, in: MüKoBGB, § 433 Rn. 11. 125

3.2 Cloud-Verträge

53

Maß, das einer aufgezwungenen Unternehmensfortführung entspricht: Die Fortführung der sonstigen Cloud-Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO hätte zur Konsequenz, dass das gesamte Cloud-Unternehmen fortgeführt werden müsste. Die sonstigen Cloud-Verträge sind daher nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortzuführen, auch wenn sie Dienstvertragsrecht unterfallen. Zu dem gleichen Ergebnis würde man im Übrigen gelangen, wenn man die Anwendbarkeit von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten von vorneherein ablehnt. Schließlich sind auch keine besonders schutzwürdigen Interessen ersichtlich, die ein gegenteiliges Ergebnis rechtfertigen würden. Dies zeigt der Vergleich zu den Cloud-Speicher-Verträgen, die in der Insolvenz des Betreibers ohnehin nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen, obwohl der Vertragspartner durchaus ein Kontinuitätsinteresse im Hinblick auf den weiteren Zugriff auf „seine“ Daten hat. Zwar ist auch der Dienstberechtigte im Rahmen eines sonstigen CloudVertrags grundsätzlich an der Fortführung des Vertrags interessiert, da er im Vertrauen auf die Dauer des Cloud-Angebots Dispositionen getätigt haben wird und der Wechsel des Cloud-Anbieters zwangsläufig nicht nur Zeit und Mühe, sondern auch zusätzliche Kosten verursacht. Abseits dessen wird ein anderer Cloud-Anbieter die Leistungen aber gleichwertig erfüllen können. Damit stehen die Kontinuitätsinteressen des Kunden außer Verhältnis zu einer aufgezwungenen Unternehmensfortführung. Im Ergebnis werden die sonstigen Cloud-Verträge in den allermeisten Fällen deshalb nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen.

3.2.2.2 Erfüllungswahl im Rahmen eines Cloud-Vertrags nach § 103 InsO Da die Cloud-Verträge somit nicht bereits nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen, ist der Anwendungsbereich der Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO eröffnet: Die Erfüllungswahl kommt sowohl für die Cloud-Speicher-, als auch für die sonstigen Cloud-Verträge unabhängig von ihrer vertragstypologischen Einordnung in Frage – jedenfalls sofern den Cloud-Diensten gegenseitige noch nicht vollständig erfüllte Verträge zugrunde liegen. Da Cloud-Verträge Dauerschuldcharakter haben, werden die gegenseitigen Leistungspflichten zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Vertragspartnern noch nicht (vollständig) erfüllt sein. Der Cloud-(Speicher-)Vertrag kann daher in Folge einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters mit dem ursprünglichen Inhalt fortgeführt werden. In diesem Fall bestehen die Ansprüche aus den Cloud-Speicher-Verträgen

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3

Datenverträge in der Insolvenz

als Masseverbindlichkeiten fort: Der Insolvenzverwalter tritt in die Rechtsstellung des Cloud-Providers ein und muss den Vertrag wie geschuldet erfüllen; die Cloud-Dienste können wie gewohnt weiter genutzt werden.130 Ob sich der Insolvenzverwalter für die Erfüllungswahl entscheiden wird, hängt letztlich von den ganz konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Der Insolvenzverwalter wird sich für die Erfüllungswahl entscheiden, wenn er ein Interesse am Erhalt des konkreten Vertrags hat. Ein solches Interesse besteht insbesondere im Falle einer geplanten Unternehmensfortführung, wenn also eine Sanierung mittels eines Insolvenzplans oder eine übertragende Sanierung in Rede steht: In diesem Fall kann (und sollte) der Weiterbetrieb der Cloud-Infrastruktur und die Fortführung der Kundenbeziehungen ein Teil der Sanierungsstrategie sein. Läuft das Insolvenzverfahren hingegen auf die Liquidation des Unternehmens hinaus, wird der Insolvenzverwalter regelmäßig kein besonderes Interesse haben, die Kundenverträge aufrecht zu erhalten, da er in diesem Fall die Cloud-Infrastruktur zu hohen Kosten fortführen muss. Eine solche Investition ist im Rahmen einer Liquidation in der Regel wirtschaftlich nicht sinnvoll. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für die Erfüllungsablehnung nach § 103 Abs. 2 InsO, hat dies zur Folge, dass der Nutzer des Cloud-SpeicherAngebots seine vertraglichen Ansprüche auf die Zugangsgewähr zu den Daten nicht mehr durchsetzen kann. Zwar verbleibt ihm die Möglichkeit, einen Anspruch wegen Nichterfüllung geltend zu machen, allerdings stellt ein nur anteilig zu erfüllender Schadensersatzanspruch keinen ausreichenden Ausgleich für die fehlende Zugriffsmöglichkeit auf die Daten dar: Insbesondere für ein Unternehmen, das „seine“ Daten in eine Cloud ausgelagert hat, besteht ein (existentielles) wirtschaftliches Interesse, unverzüglich auf die Daten zugreifen zu können; ohne die Daten wird die Fortführung des Betriebs nur eingeschränkt möglich oder sogar gefährdet sein.131 Der (ursprüngliche) Dateninhaber hat daher kein Interesse an einer quotalen Geldzahlung, sondern er verlangt „seine“ Daten heraus. Der Cloud-Speicher-Nutzer könnte dieses Herausgabeverlangen bei einer insolvenzbedingten Vertragsbeendigung nach § 103 Abs. 2 InsO nur noch mit Hilfe eines Aussonderungsrechts nach § 47 InsO geltend machen.132 Für den sonstigen Cloud-Nutzer hat die Erfüllungsablehnung zur Folge, dass er nicht mehr auf die Dienste zugreifen kann und somit die bisherige ITInfrastruktur zusammenbricht. In diesen Fällen wird ohne entsprechende Software oder ausreichende Rechenleistung die Fortführung des betroffenen Unternehmens 130

Jülicher, ZIP 2015, 2063. So auch: Jülicher, ZIP 2015, 2063. 132 Siehe dazu 4.4.3.1. 131

3.2 Cloud-Verträge

55

nur eingeschränkt möglich sein. Indes hat der dienstberechtigte Cloud-Nutzer – anders als etwa ein Arbeitnehmer – die Möglichkeit kurzfristig Abhilfe zu erlangen, indem er einen anderen Cloud-Anbieter beauftragt und ihn in die Unternehmensstruktur eingliedert. In Bezug auf die ausbleibenden Leistungen kann der betroffene Nutzer den Nichterfüllungsanspruch geltend machen; abseits dessen stehen ihm aber keine insolvenzrechtlichen Instrumente zur Verfügung. Im Übrigen ist auch in diesen Fällen zu berücksichtigen, dass ausgelagerte Daten betroffen sein können und daher – sofern möglich – eine Herausgabe der gespeicherten Daten über § 47 InsO zu betreiben ist.

3.2.3

Zwischenergebnis

Die Cloud-Speicher-Verträge sind ein besonders anschauliches Beispiel, um sich zu vergegenwärtigen, inwiefern die Insolvenz eines Datenverwalters den Zugriff des Nutzers auf (zuvor verfügbare) Daten einschränkt. Allerdings ist der Zugriff auf die ausgelagerten Daten in der Insolvenz des Cloud-Anbieters bereits dann weiter möglich, wenn der zugrundeliegende Vertrag trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbesteht. Der Cloud-Speicher-Vertrag ist aber nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest, da er als Mietvertrag über einen beweglichen Gegenstand (mit verwahrungsvertraglichen Nebenleistungspflichten) einzuordnen ist.133 Die Durchsetzbarkeit der vertraglichen Ansprüche des Nutzers hängt somit davon ab, ob sich der Verwalter – gegebenenfalls um die Möglichkeit der Unternehmensfortführung zu wahren – für die Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO entscheidet und die vertraglichen Ansprüche zu Masseverbindlichkeiten werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Entscheidet sich der Insolvenzverwalter hingegen für die Erfüllungsablehnung, verbleibt dem Cloud-Speicher-Nutzer nur die noch näher zu untersuchende Möglichkeit, „seine“ ausgelagerten Daten über ein dingliches oder persönliches Recht gemäß § 47 InsO auszusondern.134

133

Obgleich die teilweise vertragstypologische Einordnung der sonstigen Cloud-Verträge als Dienstverträge zunächst etwas anderes vermuten lässt, verläuft das insolvenzrechtliche Schicksal im Ergebnis parallel. Eine Fortführung der sonstigen Cloud-Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO würde eine Fortführung des gesamten insolventen Cloud-Unternehmens erfordern; jedenfalls in solchen Fällen der oktroyierten Unternehmensfortführung ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO teleologisch zu reduzieren. 134 Siehe noch 4.4.3.1.

56

3.3

3

Datenverträge in der Insolvenz

Andere Datenverträge

Die Cloud-Speicher-Verträge sind nicht die einzigen datenrelevanten Verträge, bei denen der Zugriff auf die Daten in der Insolvenz des Dienstanbieters möglicherweise nicht mehr gewährleistet ist. Für die insolvenzrechtliche Untersuchung wurden daher weitere Anwendungsbeispiele ausgewählt: E-Mail- und Messenger-Dienste, der Video- und Audio-On-Demand (VoD, AoD) Bereich sowie Online-Gaming-Welten. Die Insolvenz des jeweiligen Dienstanbieters wäre indes auch im Rahmen dieser Anwendungskontexte ohne gravierende Konsequenzen für den Vertragspartner, sofern der entsprechende Vertrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder aufgrund einer Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO fortbesteht; in beiden Fällen wäre der Zugriff auf die Daten bereits vertraglich weiter möglich. Um das insolvenzrechtliche Schicksal der E-Mail-, der Messenger-, der VoDund AoD- sowie der Online-Spiel-Verträge bewerten zu können, sind sie daher jeweils vertragstypologisch einzuordnen. In diesem Zusammenhang ist auch der entsprechende technische Hintergrund kurz zu erläutern.

3.3.1

E-Mail-Provider-Vertrag

E-Mail-Dienste sind eines der meistgenutzten Angebote im Internet.

3.3.1.1 Technischer Hintergrund E-Mail-Accounts werden in der Regel vom Anbieter kostenlos (Freemail) oder gegen ein Entgelt unter der Domain des Anbieters zur Verfügung gestellt (sog. webbasierter E-Mail-Dienst); der E-Mail-Account ist dann über das Internet auf der Plattform des Anbieters abrufbar.135 Die E-Mails können aber auch über ein auf dem Computer des Nutzers installiertes E-Mail-Programm abgerufen und versendet werden. Für den insolvenzrechtlichen Kontext ist von besonderer Relevanz, an welchem Ort die E-Mails dauerhaft gespeichert werden.136 Dies hängt von der 135

Strittmatter, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 21 Rn. 82: Zudem besteht die Möglichkeit ein E-Mail-Postfach unter einer registrierten Domain einzurichten, welche dann auch für den Empfang und den Versand der E-Mail genutzt wird (sog. Client-Server-Based-E-Mail). 136 Schmidt/Pruß, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 3 Rn. Rn. 182: Bei der Speicherung von E-Mails sei zu beachten, dass diese häufig nicht einzeln als separate Dateien, sondern zusammengefasst in Container-Dateien gespeichert werden.

3.3 Andere Datenverträge

57

verwendeten Technik ab: Macht der Nutzer nur von dem Webinterface des Account-Anbieters Gebrauch, werden die E-Mails auf dem Server des Anbieters gespeichert.137 Setzt der Nutzer hingegen ein E-Mail-Programm (zum Beispiel Microsoft Outlook oder Apple Mail) ein, ist zu differenzieren: Liest das E-MailProgramm die E-Mails mit IMAP (Internet Message Access Protocol), verbleiben die E-Mails auf den Server des Anbieters; dem steht POP (Post Office Protocol) gegenüber, bei welchem die E-Mails auf dem lokalen Speicher des Nutzers gesichert und zugleich vom Server gelöscht werden.138 Der Vorteil von IMAP ist, dass der Nutzer auch außerhalb der lokalen Netzwerkumgebung jederzeit über das Internet auf den E-Mail-Bestand zugreifen kann. Wird der E-Mail-Account auf mehreren Endgeräten genutzt, synchronisiert sich bei dieser Speicherform der Inhalt des E-Mail-Kontos sowohl im Internet als auch auf allen verknüpften Geräten. Dies kann im Falle der Insolvenz des E-Mail-Providers allerdings zugleich die Gefahr implizieren, dass der weitere Zugriff auf den E-Mail-Bestand nicht dauerhaft gesichert ist: Zwar wird im entsprechenden E-Mail-Programm regelmäßig eine vorübergehende, lokale Kopie der Nachrichten angelegt, sodass diese auch ohne Internetverbindung gelesen werden können. Allerdings sind diese lokalen Kopien von der Existenz der E-Mails auf dem Server des Anbieters abhängig. Werden die E-Mails dort (zum Beispiel vom Insolvenzverwalter oder vom Drittanbieter, der die Server vermietet hat) gelöscht, weil die Server anderweitig verwendet werden sollen, könnte es – je nach technischer Ausgestaltung – dazu kommen, dass sich das Postfach im E-Mail-Programm automatisch synchronisiert. Damit kann der dauerhafte Zugriff des Nutzers auf die Nachrichten im E-Mail-Programm (IMAP) – ohne eine vorherige Sicherung der bereits erhaltenen und versendeten Nachrichten – vom Fortbestand der E-Mails auf dem jeweiligen Mail-Server abhängig sein.139

3.3.1.2 Vertragstypologische Einordnung Um das insolvenzrechtliche Schicksal des E-Mail-Vertrags zu bestimmen, muss zunächst eine vertragstypologische Einordnung erfolgen. Die Leistungen des EMail-Anbieters bestehen im Wesentlichen aus zwei Elementen: Der Anbieter stellt zum einen Speicherplatz auf einem eigenen oder fremden Server zur Verfügung und zum anderen ist er dafür verantwortlich, dass die E-Mails von dem 137

Schmidt/Pruß, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 3 Rn. Rn. 181. Schmidt/Pruß, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 3 Rn. Rn. 181: Bei neueren POP-Versionen können die E-Mails (je nach Server Einstellung) aber auch auf dem Server des E-Mail-Anbieters verbleiben. 139 Bevor es zur Löschung der Daten kommt, werden die Server regelmäßig „nur“ abgeschaltet. In diesem Fall ist ein weiterer Zugriff auf die Server möglich. 138

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Datenverträge in der Insolvenz

Nutzer-Account versandt und abgerufen werden können.140 Während für die Bereitstellung von Speicherplatz für das E-Mail-Postfach das Mietvertragsrecht gilt,141 ist fraglich, wie die andere Verpflichtung einzuordnen ist. Nach einer Auffassung sei der E-Mail-Anbieter nicht nur zur Erbringung einer Tätigkeit mittlerer Art und Güte, sondern vielmehr zum erfolgreichen Transport einschließlich der Aussendung und des Abrufs der einzelnen E-Mails verpflichtet; der E-MailService-Provider-Vertrag sei daher ein Werkvertrag mit Dauerschuldcharakter.142 Dagegen wird teilweise vorgebracht, dass der Anbieter keine hundertprozentige Erreichbarkeit und Abrufbarkeit garantieren könne, sodass eine werkvertragliche Erfolgshaftung ausscheide und stattdessen das Dienstvertragsrecht zur Anwendung komme.143 Zudem sei eine Subsumtion unter das Werkvertragsrecht schon deshalb abzulehnen, da nicht bei jeder einzelnen abgerufenen oder versandten E-Mail ein Vertrag geschlossen werde.144 Letzteres Argument kann jedoch nicht überzeugen, da anerkannt ist, dass auch ein Werkvertrag Dauerschuldcharakter haben kann.145 Die Einordnung als Werk- oder Dienstvertrag hängt letztlich von der Gewichtung der involvierten Interessen ab: Der Kunde ist an einem erfolgreichen Transport der E-Mail interessiert, sodass eine Einordnung nach Werkvertragsrecht seinem Interesse entspräche. Nach dem Interesse des Anbieters soll aber gerade keine Erfolgshaftung geschuldet sein, sodass er regelmäßig nur eine Dienstleistung erbringen werden will. Letztlich wird sich die Vertragsausgestaltung nach den tatsächlichen Bedingungen am Markt richten: Da das Anbieten von E-MailProvider-Verträgen ein Massengeschäft darstellt, wird in der Praxis der jeweilige E-Mail-Anbieter, die für ihn vorteilhaften Vertragsbedingungen vorgeben und daher regelmäßig nur die Verpflichtung zur Erbringung einer Tätigkeit mittlerer Art und Güte vereinbaren. Das ist insofern gerechtfertigt, als dass der Erfolg seiner Tätigkeit stets von weiteren Faktoren abhängt, die außerhalb seines Wirkungsbereichs liegen. Sollte ausnahmsweise dennoch ein Erfolg geschuldet sein, wird dieser deshalb unter der Bedingung einer funktionierenden Internetverbindung sowohl beim Sender als auch beim Empfänger stehen.146 Im Ergebnis ist 140

Härting, CR 2001, 37, 40. Strittmatter, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 21 Rn. 82. Zu den parallelen Ausführungen zum Cloud-Speicher-Vertrag siehe 3.2.1.1.1. 142 Koch, BB 1996, 2049, 2055; Spindler, BB 1999, 2037. 143 Härting, CR 2001, 37, 41; Jessen, ZUM 1998, 282, 288. 144 Härting, CR 2001, 37, 41. 145 Siehe Gaier, in: MüKoBGB, § 314 Rn. 7. 146 Strittmatter, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 21 Rn. 82. 141

3.3 Andere Datenverträge

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der E-Mail-Provider-Vertrag jedenfalls ein typengemischter Vertrag; in der Regel mit miet- und dienstvertraglichen und gegebenenfalls auch mit werkvertraglichen Elementen.

3.3.1.3 Insolvenzrechtliche Bewertung Von insolvenzrechtlichem Interesse sind diejenigen Konstellationen, in denen die E-Mails ausschließlich extern auf dem Server des Anbieters gespeichert werden: Der Kunde, der die allein webbasierten E-Mail-Dienste nutzt, kann bei der insolvenzbedingten Einstellung der Anbieterplattform nicht mehr auf seine E-Mails zugreifen. Von der Insolvenz des Anbieters kann aber auch derjenige Kunde betroffen sein, der ein IMAP basiertes E-Mail-Programm nutzt: Wie bereits erläutert, sind die lokalen Kopien der E-Mails in dem Mail-Programm auf dem Endnutzergerät – abhängig von den konkreten technischen Gegebenheiten – möglicherweise nur solange verfügbar bis sie von den Servern des insolventen Unternehmens gelöscht werden. Zwar werden die Server regelmäßig zunächst einmal „nur“ ausgeschaltet; dies hat noch keine Auswirkung auf die lokale Speicherung der Dateien auf dem Endgerät des Nutzers. Allerdings können die Daten von den Servern gelöscht werden, wenn der Insolvenzverwalter die Server verwerten möchte oder er die bestehenden Mietverträge über die Server aufkündigt und der entsprechende Vermieter die Server anderweitig vermieten möchte. Der E-Mail-Provider-Vertrag besteht in der Insolvenz des Anbieters allerdings nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort. Dies gilt auch für den Fall, dass ein dienstvertragliches Leistungselement identifiziert werden kann. Zwar liegt der Schwerpunkt eines solchen E-Mail-Provider-Vertrags auf der Dienstleistung,147 da primär das Versenden und Empfangen der E-Mails geschuldet und die mietvertragliche Pflicht zur Bereitstellung von Speicherplatz dem untergeordnet ist.148 Indes besteht ein Dienstvertrag in der Insolvenz des Dienstverpflichteten zumindest dann nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort, wenn er eine oktroyierte Unternehmensfortführung impliziert:149 Wie bei den Cloud-Verträgen erfordert die Fortführung der E-Mail-Provider-Verträge im Wesentlichen die Aufrechterhaltung der gesamten Infrastruktur. Dies stellt eine unverhältnismäßige Massebelastung dar, da die dafür aufrechtzuerhaltenden Verbindlichkeiten 147

Typengemischte Verträge sind nur dann insolvenzfest, wenn der Schwerpunkt des Vertrags auf der von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO erfassten Leistung liegt, siehe BGH, Urt. v. 05.04.1978, Az. VIII ZR 42/77 = BGHZ 71, 190, 191 f. = NJW 1978, 1383, 1384. Siehe auch Jacoby, in: Jaeger, InsO, § 108 Rn. 46. 148 Diese Schwerpunktverteilung gilt insbesondere für die Fälle, in denen die E-Mails jeweils (auch) beim Nutzer gespeichert werden. 149 Siehe 3.1.1.2.2.4.

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Datenverträge in der Insolvenz

ohne den Fortbestand der Kunden-Verträge nicht weitergeführt werden müssten: Insbesondere Verpflichtungen bezüglich der Stromversorgung oder der Miete externer Server sind nicht bereits oktroyierte Masseverbindlichkeiten.150 Wenngleich also einzelne Dienstverträge (Personal, Internet) die Masse ohnehin nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO belasten, müssten umfassende zusätzliche Verpflichtungen fortgeführt werden, um den E-Mail-Dienst aufrechtzuerhalten, sodass der Fortbestand der E-Mail-Provider-Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO eine oktroyierte Unternehmensfortführung zur Folge hätte. Eine solche Konstellation ist nach Sinn und Zweck der Norm jedenfalls nicht erfasst. Die E-Mail-Provider-Verträge sind damit trotz einer möglichen Einordnung unter das Dienstvertragsrecht nicht insolvenzfest. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man im Übrigen, wenn man einen werkvertraglichen Charakter der E-Mail-Provider-Verträge bejahen will; in diesem Fall kommt eine Anwendung des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO von vornherein nicht in Betracht. Es verbleibt aber die Möglichkeit einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters – sofern der Anwendungsbereich von § 103 Abs. 1 InsO für den E-Mail-Provider-Vertrag eröffnet ist, da eine Erfüllungswahl nur bei einem gegenseitigen Vertrag in Frage kommt. Ein solch gegenseitiger Vertrag liegt vor, wenn die vereinbarten Leistungspflichten in einem Synallagma stehen: „Jede Partei hat die betreffende Pflicht nur zu dem Zweck übernommen, [um] von der anderen Partei dafür die vereinbarte Gegenleistung zu erhalten (‚do ut des‘).“151 Ein gegenseitiger Vertrag wird daher jedenfalls den kostenpflichtigen E-MailDienstangeboten zugrunde liegen. Für ein Freemail-Angebot zahlt der Nutzer hingegen kein Geld. Indes kann der Verbraucher nach den §§ 312 Abs. 1a, 327 Abs. 3 BGB statt mit Geld auch mit seinen personenbezogenen Daten bezahlen.152 Ob er damit eine Gegenleistung im Sinne des § 103 InsO erbringt, hängt davon ab, wie man diese Datenhingabe bewertet – §§ 312 Abs. 1a, 327 Abs. 3 BGB verwenden den Begriff der „Gegenleistung“ jedenfalls nicht. Die Begründung des Gesetzesentwurfs lässt die Frage, ob die Datenhingabe eine

150

Siehe dazu bereits 3.2.2.1. Wegener, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 25: Entscheidend sei die wechselseitige Bedingtheit der Hauptleistungspflichten nach dem Parteiwillen, ohne dass es auf deren objektive Gleichwertigkeit ankomme. 152 Siehe dazu Kilian, in: Stiftung Datenschutz, S. 191 ff.; Klink-Straub, NJW 2021, 3217 ff.; Sattler, NJW 2020, 3623, 3627 f. 151

3.3 Andere Datenverträge

61

Gegenleistung darstellt, offen.153 Eine abschließende dogmatische Klärung bleibt daher abzuwarten. Kommt es nicht zu einer Erfüllungswahl (entweder weil der Anwendungsbereich von § 103 Abs. 1 InsO schon nicht eröffnet ist oder weil sich der Insolvenzverwalter für eine Erfüllungsablehnung entscheidet), ist insbesondere für die webbasierten E-Mail-Dienste, bei denen der Nutzer keinerlei Kopie der Daten hat, die Möglichkeit der Aussonderung der betroffenen Daten durch den Nutzer zu klären.154 Für die Fälle, dass der Nutzer eine lokale Kopie der E-Mails auf seinem Gerät gespeichert hat, stellt sich diese rechtliche Frage hingegen nicht; der Nutzer hat vielmehr tatsächlich dafür Sorge zu tragen, dass er die Daten rechtzeitig in sicherer Form, das heißt serverunabhängig, speichert.

3.3.2

Messenger-Dienste

Messenger-Dienste wie WhatsApp, Threema, Signal oder Telegram sind von großer Bedeutung für die Kommunikation im privaten Bereich. Der Informationsaustausch erfolgt in diesem Kontext vorrangig über die unmittelbare Versendung von Textnachrichten (sogenanntes „Instant-Messaging“). Die Besonderheit dieser Dienste ist, dass der Absender und der Empfänger den gleichen Messenger nutzen müssen. Für das insolvenzrechtliche Szenario ist erneut von Relevanz, an welchem Ort die Nachrichten gespeichert werden. WhatsApp erklärt beispielsweise, dass die übermittelten Nachrichten nicht auf den Servern des Unternehmens verbleiben.155 153

BT-Drucks. 19/27653, S. 35: „Es wird an dieser Stelle auf eine rechtsdogmatische Einordnung der Bereitstellung personenbezogener Daten beziehungsweise der entsprechenden Verpflichtung hierzu aus schuldrechtlicher Sicht verzichtet. Für die Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB, wie auch der §§ 327 ff. BGB, ist es unerheblich, wie die Bereitstellung personenbezogener Daten oder die entsprechende Zusage im Rahmen des Schuldrechts einzuordnen ist, ob es sich hierbei um eine (Gegen-)Leistung handelt und ob diese im Gegenseitigkeitsverhältnis steht oder nicht. Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat in einem Gutachten im Rahmen der Verhandlungen über die Richtlinie darauf hingewiesen, dass in diesem Kontext die Einstufung personenbezogener Daten als Gegenleistung aus grundrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründen verfehlt sei […]. Die Richtlinie verzichtet daher ebenfalls auf diese Begrifflichkeit.“ Dazu Klink-Straub, NJW 2021, 3217, 3219 f., nach deren Auffassung die Annahme eines Synallagmas abzulehnen sei. 154 Siehe dazu 4.4.3.4. 155 Die WhatsApp Datenschutzrichtlinie äußert sich dazu wie folgt: „In der Regel werden deine Nachrichten auf deinem Gerät bzw. deinen Geräten gespeichert und nicht auf unseren Servern. Während der Zustellung speichern wir deine Nachrichten vorübergehend in

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3

Datenverträge in der Insolvenz

Das gleiche gilt für die Konkurrenten Threema156 und Signal.157 Erstellt der Nutzer jedoch ein Chat-Backup, werden (zumindest bei WhatsApp) die Nachrichten und Chats (unverschlüsselt) auf den Servern der verbundenen Drittanbieter iCloud (für iPhone) oder Google Drive (für Android) gespeichert.158 Eine serverbasierte Speicherung der Nachrichten entspricht auch dem grundsätzlichen Modell von Telegram: Dieser Messenger-Dienst speichert alle Standard-Chats auf den Servern des Betreibers.159 Bei der externen Speicherung der Nachrichten verläuft die insolvenzrechtliche – ebenso wie die vorgeschaltete vertragstypologische – Bewertung parallel zu der der E-Mail-Anbieter, sodass auf die Ausführungen dort verwiesen werden kann.160 Die Insolvenz des Messenger-Anbieters wird insbesondere Probleme bereiten, wenn keine Kopien der Nachrichten auf dem Gerät des Nutzers gespeichert werden oder die Messenger-App nicht mehr funktioniert. Setzen die Messenger-Dienste hingegen auf eine rein lokale Speicherung der Daten auf dem Gerät des Nutzers, ist die Insolvenz des Dienstanbieters für die Nutzer weniger problematisch, da der Zugriff auf die Daten weiter möglich ist.161

verschlüsselter Form. Sobald deine Nachrichten zugestellt wurden, werden sie von unseren Servern gelöscht.“, https://www.whatsapp.com/legal/privacy-policy-eea, letzter Abruf: 25.10.2022. 156 „Sobald eine Nachricht erfolgreich an den Empfänger übermittelt worden ist, wird sie sofort vom Server gelöscht.“, https://threema.ch/de/faq/data, letzter Abruf: 25.10.2022. 157 „Nachrichten, Bilder, Dateien und andere Inhalte in Signal werden lokal auf deinem Gerät gespeichert.“, https://support.signal.org/hc/de/articles/360007059412-Signal-und-dieDatenschutz-Grundverordnung-DSGVO-, letzter Abruf: 25.10.2022. 158 Bei Signal sind hingegen nur manuelle Backups auf anderen Geräten möglich. Bei Threema Safe-Backup können nach Wunsch des Nutzers Backups auf einem eigenen Server gespeichert werden. 159 Siehe https://telegram.org/faq, letzter Abruf: 25.10.2022. 160 Insbesondere ist die lokale Kopie auf dem Gerät des Nutzers vom Bestand der gespeicherten Daten auf den Servern des Messaging- oder des Drittanbieters abhängig. 161 Je nach Anbieter kann auch der Zugriff auf die lokal gespeicherten Daten vom Funktionieren der App abhängig sein. Bei Signal gibt es aber beispielsweise mehrere durch die Community entwickelte Open-Source-Anwendungen, die lokal gespeicherte Signal-Inhalte einlesen können.

3.3 Andere Datenverträge

3.3.3

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Video-on-Demand/Audio-on-Demand

Einen weiteren Anwendungsbereich von Datenverträgen bildet die Bereitstellung von Serien, Filmen, Musik und Hörbüchern – in Form von digitalen Daten – über das Internet: Netflix, Amazon Prime, Spotify, Apple Music oder Audible sind nur einige der bekanntesten Anbieter auf diesem Gebiet. Diesen Diensten ist es gelungen, den zuvor florierenden Handel mit Raubkopien sowie illegales Streaming einzudämmen und auf diese Weise eine totgesagte Branche wiederzubeleben. Die Dienste haben gegenüber der traditionellen Vermittlung von Werken den Vorteil, dass der Nutzer162 unkompliziert und kostengünstig auf diese jederzeit und von überall über das Internet zugreifen kann. Sowohl Video- als auch Audio-on-Demand spielen daher eine wichtige Rolle im Rahmen der Internetnutzung; 2021 nutzten beispielsweise mehr als 50 % der Deutschen kostenpflichtige Video-Streaming-Dienste.163 Zudem handelt es sich auch aus wirtschaftlicher Perspektive um eine wachsende Branche: Allein mit den VideoStreaming-Diensten wurden 2019 in Deutschland 3,6 Milliarden Euro erzielt; für 2024 wird hierzulande sogar ein Umsatz von rund 6,5 Milliarden Euro erwartet.164 Nachstehend soll untersucht werden, wie sich die Insolvenz eines entsprechenden Dienstanbieters auf die Verträge mit dem Nutzer auswirkt. Zwar können auch Unternehmen Gläubiger eines insolventen On-Demand-Diensts sein – etwa der Vertragspartner, der die notwendigen Server bereitstellt, das Design der Website gestaltet oder den Film „verleiht“. Von besonderem Interesse im vorliegenden Kontext ist jedoch das Schicksal der Endnutzerverträge, da sie – wie auch die bisher dargestellten Verträge – einen Datenaustausch zum Gegenstand haben. Die nachgehenden Ausführungen betreffen daher nur die Verträge des privaten Nutzers mit der jeweiligen Plattform über die rechtmäßige Nutzung der Video- und Audio-Inhalte. Vorweg sei gesagt, dass die Insolvenz eines entsprechenden Dienstanbieters gewiss weniger praktische Auswirkungen hat als die eines Cloud-SpeicherAnbieters, da die ausgetauschten Daten (anders als wichtige Unternehmensdaten) allein einen Unterhaltungswert erfüllen und zugleich das finanzielle Investment des Einzelnen von einem begrenzten Ausmaß ist. Nichtsdestoweniger lohnt es 162

Der Begriff des Nutzers meint allein den Endnutzer, obwohl auch der Plattformbetreiber Nutzer der Werke sein kann, indem er sie auf seiner Plattform bereitstellt. 163 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/872410/umfrage/nutzung-von-kostenpflich tigen-videostreaming-diensten-in-deutschland/, letzter Abruf: 25.10.2022. 164 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1108901/umfrage/prognose-zu-den-umsaet zen-mit-videostreaming-in-deutschland/, letzter Abruf: 25.10.2022.

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Datenverträge in der Insolvenz

sich, die insolvenzrechtlichen Probleme, die sich in diesem Kontext ergeben, zu untersuchen, zumal die AoD- und VoD-Verträge in dieser Untersuchung nur stellvertretend für eine Vielzahl von anderen Verträgen stehen, bei denen ebenfalls die Bereitstellung von Daten gegen ein Entgelt geschuldet ist. Die Auseinandersetzung mit diesen inhaltlich anders gelagerten Datenverträgen kann ferner dazu beitragen, den insolvenzrechtlichen Umgang mit den „Datenspeicherverträgen“ zu bekräftigen: Verschiedene Datenverträge rechtfertigen eine unterschiedliche insolvenzrechtliche Bewertung. Im Folgenden werden zunächst die technischen Gegebenheiten der OnDemand-Dienste erläutert. Darüber hinaus wird der urheberrechtliche und der vertragsrechtliche Hintergrund der zugrundeliegenden Verträge analysiert. Diese Untersuchungen sind erforderlich, um das insolvenzrechtliche Schicksal der Verträge umfassend beurteilen zu können: Die vertragstypologische Einordnung hat Einfluss darauf, ob ein Vertrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest ist. Ferner ermöglicht sie die Bestimmung, ob ein gegenseitiger Vertrag bereits vollständig erfüllt ist und somit eine Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO ausscheidet. Die urheberrechtlichen Überlegungen sind hingegen erforderlich, da diskutiert wird, ob urheberrechtliche Nutzungsrechte Einfluss auf die Insolvenzfestigkeit des zugrundeliegenden Vertrags nehmen können. Die zu treffenden immaterialgüterrechtlichen Einschätzungen können im Übrigen auch im Rahmen der späteren Analyse zu möglichen Aussonderungsrechten fruchtbar gemacht werden.165

3.3.3.1 Technischer Hintergrund166 Video-on-Demand versetzt den Nutzer in die Lage, einen digital gespeicherten Film oder eine Serie im Internet abzurufen; bei Audio-on-Demand geschieht dies für Musikstücke und anderes Audiomaterial.167 Der Seh- und Hörgenuss kann dabei über verschiedene technische Wege erfolgen: „Kauft“ ein Nutzer einen Film oder ein Hörbuch auf einer Internetplattform, wird die entsprechende Datei (schreibgeschützt) auf seinem Laufwerk gespeichert und er kann diese unbegrenzt nutzen (Download-to-own).168 Davon zu unterscheiden sind solche 165

Siehe 4.4.1.1. Die Ausführungen beschränken sich auf die wesentlichen technischen Merkmale, die für die vorliegende Untersuchung von Relevanz sind. 167 Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 31a UrhG Rn. 44. 168 Bäcker/Höfinger, ZUM 2013, 623, 626; Schwarz, ZUM 2014, 758, 759. Beim Video-onDemand besteht zudem die Möglichkeit des sog. „Download-to-rent“: Der Nutzer „mietet“ einen Film für einen begrenzten Zeitraum von beispielsweise 24 oder 48 Stunden und kann ihn währenddessen beliebig oft wiedergeben. 166

3.3 Andere Datenverträge

65

„Kaufverträge“, in denen das „gekaufte“ Werk in die technische Infrastruktur des Plattformanbieters eingebunden ist.169 Hierbei sind verschiedene Ausgestaltungen möglich: In manchen Fällen wird das Werk auf das Gerät des Nutzers heruntergeladen, nach einigen Tagen aber wieder gelöscht und kann dann bei Bedarf (immer wieder) erneut über die Plattform des Internetanbieters heruntergeladen werden. In anderen Fällen wird das „gekaufte“ Werk der „Bibliothek“ des Nutzer-Accounts hinzugefügt und kann im Anschluss (unbegrenzt) gestreamt oder auch offline, also ohne Internetverbindung, genutzt werden. Da das Werk für die Offline-Nutzung jedoch nur in das anbietereigene Programm geladen wird, ist das dauerhafte Abspielen des Werks vom Funktionieren beziehungsweise dem Zugriff auf dieses Programm abhängig.170 Beiden technischen Szenarien ist daher gemein, dass die dauerhafte Nutzung des „gekauften“ Werks den Fortbestand der Infrastruktur des Dienstanbieters erfordert. Darüber hinaus können die Werke im Wege des On-Demand-Streamings konsumiert werden: Beim Streaming werden die Video- oder Audiodaten zu vom Nutzer ausgewählten Zeiten abgerufen, übertragen und wiedergegeben, ohne dass sie dauerhaft auf dem Gerät des Nutzers gespeichert werden.171 Freilich werden auch beim Streaming Daten – wenn auch begrenzt – lokal gespeichert: Die empfangenen Daten müssen zumindest vorübergehend zur Verarbeitung in den Arbeitsspeicher geladen werden; ferner werden die Daten regelmäßig „gepuffert“, also in dem Cache zwischengespeichert, um das gleichmäßige Abspielen des Films oder der Musik zu gewährleisten.172 Die Datenspeicherung ist jedoch stets temporär, da die Daten bei Erreichen einer bestimmten Kapazität gelöscht werden.173

169

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 246: Die Nutzungsmöglichkeit heruntergeladener digitaler Inhalte ist oftmals an ein technisches System gebunden; das Dateiformat des erworbenen digitalen Inhalts muss mit unterschiedlichen Hardund Softwareumgebungen kompatibel sein. Heerma, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 17 UrhG Rn. 33: Die veräußerten Werke werden derart mit dem persönlichen Account des Käufers verknüpft, dass er sie nur in Verbindung mit seinem persönlichen Account nutzen kann. 170 Hinzukommen kann, dass das Werk in einem speziellen Dateiformat gespeichert ist, das nicht standardmäßig gelesen werden kann. 171 Bäcker/Höfinger, ZUM 2013, 623, 625 f.; Schwarz, ZUM 2014, 758, 759. 172 Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677, 678. 173 Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677, 678. Nicht behandelt wird Streaming in Form des progressiven Downloads. Bei diesem werden die ankommenden Datenpakete so gespeichert, dass die Datei am Ende der Übertragung vollständig auf dem Zielrechner liegt, siehe Busch, GRUR 2011, 496, 497.

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Datenverträge in der Insolvenz

Ferner existieren „Hybrid-Modelle“, die das Streaming- und DownloadAngebot vereinen: So ist Spotify zwar grundsätzlich vor allem ein StreamingAnbieter; das Unternehmen bietet dem Nutzer im Rahmen der kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaft darüber hinaus aber auch die Möglichkeit, einzelne Werke oder ganze Playlists (innerhalb des Accounts) für die Dauer der Mitgliedschaft herunterzuladen, sodass der Nutzer auf seine ausgewählte Musik auch ohne eine Internetverbindung zugreifen kann.

3.3.3.2 Urheberrechtlicher Hintergrund174 Eine Vielzahl der heruntergeladenen und gestreamten Video- und Audiodateien sind geschützte Werke im Sinne des § 2 Abs. 1 UrhG.175 Unstreitig benötigt daher zunächst der Plattformanbieter die entsprechenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte, da das Bereithalten der Dateien zum Download oder Streamen das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG betrifft.176 Ob auch dem Nutzer im Rahmen von Download und Streaming (Unter-)Lizenzen vom Vertragspartner im Wege einer Lizenzkette eingeräumt werden, ist für den in Rede stehenden insolvenzrechtlichen Kontext von Interesse, da das insolvenzrechtliche Schicksal urheberrechtlicher Nutzungsrechte in der Literatur und Rechtsprechung umfassend diskutiert und daraus teilweise eine Insolvenzfestigkeit nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder jedenfalls ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO abgeleitet wird. Im Folgenden ist daher der urheberrechtliche Hintergrund der Downloadund Streaming-Angebote zu prüfen.

3.3.3.2.1 Download Das Herunterladen einer urheberrechtlich geschützten Datei stellt eine Vervielfältigung im Sinne von § 16 Abs. 1 UrhG dar, da im Rahmen des Downloads 174

Die urheberrechtlichen Ausführungen erfolgen überblicksartig und können im Rahmen dieser Untersuchung nicht abschließend behandelt werden. 175 Es ist für die folgende Darstellung allein auf deutsches Urheberrecht abzustellen, wenngleich auch das Immaterialgüterrecht anderer Rechtsordnungen im Datenkontext einschlägig sein kann. 176 Der Vorgang der öffentlichen Zugänglichmachung im Rahmen des Streamings ist als Einheit zu sehen: Die vorgelagerte Vervielfältigung (§ 16 UrhG) auf dem Server des Plattformanbieters ist untergeordnete, unselbstständige Nutzungsart ebenso wie die beim Nutzer entstehende Vervielfältigung; bei zum Download angebotenen Werken bedarf es hingegen eines zusätzlichen Nutzungsrechts durch den Urheber, da der Download eine eigenständige Nutzungsart nach § 31 UrhG ist, siehe Wirz, Media-Streaming, S. 120 ff. Das Bereithalten einer Datei zum Download oder Streamen ist allerdings kein Verbreiten i.S.v. § 17 UrhG, siehe OLG Hamm, Urt. v. 15.05.2014, Az. 22 U 60/13 = NJW 2014, 3659, 3661.

3.3 Andere Datenverträge

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eine Verkörperung des Werks auf dem Speicher des Nutzers abgelegt wird.177 Die Rechtmäßigkeit des Downloads steht daher grundsätzlich unter der Voraussetzung, dass dem Nutzer von dem Plattformbetreiber ein (zeitlich unbegrenztes) Nutzungsrecht an den heruntergeladenen Werken im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 1 UrhG eingeräumt wird.178 In dem Vertrag zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber findet sich in der Regel eine entsprechende Bestimmung über die Einräumung eines Nutzungsrechts in Form einer „Lizenz“.179 3.3.3.2.1.1 Vervielfältigung zum privaten Gebrauch nach § 53 Abs. 1 UrhG Allerdings könnte die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Plattformbetreiber entbehrlich sein, wenn sich der private Nutzer bei dem Download eines Werks auf die urheberrechtlichen Schrankenregelungen berufen kann:180 Bestimmte Handlungen sind vom urheberrechtlichen Verbotsrecht ausgenommen, um dem Interesse der Allgemeinheit an einer unkomplizierten und kostengünstigen Werksnutzung Rechnung zu tragen.181 177

Zech, ZUM 2014, 3, 4 f. Auch ein ausschließlich Nutzungsberechtigter kann nach § 31 Abs. 1 UrhG Nutzungsrechte einräumen. Erforderlich ist allein, dass der Urheber dem Plattformbetreiber ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat. 179 Siehe die Nutzungsbedingungen bei Apple: „Mit jeder Transaktion erwerben Sie nur eine Lizenz zur Nutzung der Inhalte. […] Die Bereitstellung von Diensten oder Inhalten durch Apple räumt Ihnen keine Rechte zur kommerziellen oder werbemäßigen Nutzung ein, und stellt keine Gewährung von Rechten oder einen Verzicht auf Rechte durch die Urheberrechtsinhaber:innen dar.“, siehe https://www.apple.com/de/legal/internet-services/itunes/de/terms. html, letzter Abruf: 25.10.2022. Siehe die Nutzungsbedingungen bei Amazon Prime: „Vorbehaltlich der Zahlung von Leih-, Kauf- oder Zugangsgebühren für Digitale Inhalte sowie vorbehaltlich Ihres Einverständnisses mit allen Bedingungen dieser Vereinbarung gewährt Ihnen Amazon für die Dauer des vereinbarten Nutzungszeitraums eine einfache, nicht übertragbare, nicht unterlizenzierbare, eingeschränkte Lizenz, die Digitalen Inhalte gemäß den Nutzungsregeln für persönliche, nicht kommerzielle, private Zwecke zu nutzen.“, siehe https://www.pri mevideo.com/help?nodeId=202095490&language=de_DE&view-type=content-only, letzter Abruf: 25.10.2022. Siehe die Nutzungsbedingungen bei Audible: „Vorbehaltlich Ihrer Einhaltung dieser Nutzungsbedingungen und der Begleichung ggf. anfallender Gebühren, gewährt Ihnen Audible oder der entsprechende Inhalteanbieter ein beschränktes, nicht-exklusives, unübertragbares und nicht unterlizenzierbares Nutzungsrecht für den Zugriff auf den Audible-Service und dessen persönliche, nicht-gewerbliche Nutzung.“, siehe https://www.audible.de/legal/condit ions-of-use, letzter Abruf: 25.10.2022. 180 Zech, ZUM 2014, 3, 4 f. 181 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberechtsgesetz, § 53 UrhG Rn. 1. 178

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Datenverträge in der Insolvenz

Nach § 53 Abs. 1 UrhG sind einzelne Vervielfältigungen eines (aus einer rechtmäßigen Quelle stammenden) Werks durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch zulässig. Da davon ausgegangen wird, dass die Plattformbetreiber die erforderlichen Rechte an den angebotenen Werken innehaben, ist die „Kopiervorlage“ der Musik- und Filmwerke nicht offensichtlich rechtswidrig; ferner ist das Herunterladen einer Datei keine Vervielfältigung eines Datenbankwerks, § 53 Abs. 5 UrhG. Dient die im Rahmen des Downloadvorgangs getätigte Vervielfältigung182 daher dem privaten Gebrauch, könnte die Speicherung bereits von der Schranke des § 53 Abs. 1 UrhG gedeckt und der Downloadvorgang somit urheberrechtlich zulässig sein. In der Konsequenz müsste dem Verbraucher für eine rechtmäßige Nutzung der heruntergeladenen Film- oder Audiodatei nicht zwangsläufig eine Lizenz eingeräumt werden. Einige Stimmen in der Literatur gehen sogar weiter: Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Plattformbetreiber sei in diesem Fall überhaupt nicht möglich, da eine aufgrund einer gesetzlichen Schranke zulässige Nutzung nicht Gegenstand eines Nutzungsrechts nach § 31 Abs. 1 UrhG sein könne; dem Urheber (und auch dem abgeleiteten Rechtsinhaber) stehe – im Umfang der Schranke – kein Verwertungsrecht zu, über das er disponieren könne.183 Die Einräumung von Nutzungsrechten durch die Plattformanbieter gehe daher – anders als die meisten Nutzungsbedingungen es suggerierten – ins Leere.184 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen: Die von (soweit ersichtlich) allen Anbietern gelebte Praxis der Lizenzeinräumung erfolgt nicht ohne eine entsprechende Befugnis. Die gesetzlichen Schranken nehmen dem Urheber bezüglich der erfassten Handlungen lediglich sein negatives Verbotsrecht, nicht aber auch seine positive Verwertungsbefugnis.185 Im Übrigen wird ein Eingreifen von § 53 Abs. 1 UrhG teilweise sogar abgelehnt: So sind nach der Begründung des Entwurfs des Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft Vervielfältigungen, die unter vertraglichen Bedingungen erfolgen,

182

§ 53 Abs. 1 UrhG erlaubt unstrittig die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke; die strittige Frage, wie viele Exemplare im Rahmen der Privatkopie zulässig sind, muss vorliegend nicht entschieden werden. 183 Pech, On-Demand-Streaming, S. 96 ff.; Stieper, Schranken des Urheberrechts, S. 200 f., 401 f. 184 Pech, On-Demand-Streaming, S. 99 f. 185 Ullrich, ZUM 2010, 311, 312.

3.3 Andere Datenverträge

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keine privaten Vervielfältigungen im Sinne des § 53 Abs. 1 UrhG, sondern „Nutzungshandlungen, die vom Rechtsinhaber lizenziert worden sind.“186 Mit Blick auf die Frage, ob die Schrankenregelung nach § 53 Abs. 1 UrhG beim Download überhaupt eingreift,187 ist nachvollziehbar, dass die Plattformbetreiber im Rahmen ihrer Vertragsbedingungen den Kunden Nutzungsrechte einräumen. Auf diese Weise schaffen sie Rechtssicherheit und garantieren eine rechtmäßige Nutzung der Werke: Sollte die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 UrhG nicht greifen, wäre die Einräumung einer Lizenz nämlich konstitutiv für eine rechtmäßige Nutzung. Dies gilt umso mehr, als vorliegend allein deutsches188 Urheberrecht Gegenstand der Untersuchung ist und womöglich aus dem Urheberecht einer anderen Rechtsordnung folgt, dass zur rechtmäßigen Nutzung des geschützten Werks stets eine Lizenz erforderlich ist. Im Übrigen sind die heruntergeladenen Werke regelmäßig durch Kopierschutzmaßnahmen zusätzlich gesichert:189 In diesem Fall tritt die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 UrhG ohnehin zurück;190 eine weitere Vervielfältigung ist ohne Zustimmung des Rechtsinhabers gemäß § 95a Abs. 1 UrhG unzulässig.191 186

Siehe BT-Drucks. 16/1828, S. 20. Andere Stimmen in der Literatur verneinen den Anwendungsbereich von § 53 Abs. 1 UrhG mit dem Hinweis darauf, dass die Vervielfältigung auf dem Speicher des Nutzers im Rahmen des Downloadvorgangs bereits deshalb keine private Handlung nach § 53 Abs. 1 UrhG sei, da die Vervielfältigungshandlung dem Plattformbetreiber zuzurechnen ist: Der Anbieter liefere nicht nur die Vervielfältigungsvorlage, sondern kontrolliere zentral die Bereithaltung und Übermittlung des Werks und damit im Endeffekt auch den Downloadvorgang; der Nutzer sei lediglich privater Auftraggeber. Eine Vervielfältigung durch eine Privatperson sei nur anzunehmen, wenn sie einen im Internet übermittelten Inhalt, der nur gestreamt werde, durch eigene Anstrengungen kopiere oder das durch Download entstandene Vervielfältigungsstück ein weiteres Mal kopiere, siehe Ullrich, ZUM 2010, 311, 313. Zu beachten ist allerdings, dass der Nutzer nach dieser Lösung erst recht kein eigenes Nutzungsrecht benötigt. 187 Auch für den Fall, dass die Schrankenregelung greift, würden dem Kunden trotz der Begrifflichkeit der „gesetzlichen Lizenz“ keine Nutzungsrechte eingeräumt und er könne das geschützte Werk lediglich im „tatsächlichen Reflex“ ohne die Einwilligung des Urhebers nutzen, siehe Ullrich, ZUM 2010, 311, 312. 188 Siehe Fn. 1. 189 Cichon, GRUR-Prax 2010, 381, 384: Verzichte der Rechteinhaber auf technische Schutzmaßnahmen und ersetze diese durch ein Verbot in den AGB des Anbieters, so könne man die Vornahme der untersagten Verwertungshandlung – im Umkehrschluss zu § 95a UrhG – jedenfalls nicht als urheberrechtlichen „Lizenzverstoß“, sondern lediglich als schuldrechtliche Vertragsverletzung mit den entsprechend milderen Rechtsfolgen ahnden. 190 Stickelbrock, GRUR 2004, 736, 740. 191 Es besteht für die Privatkopie insbesondere keine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis, siehe § 95b Abs. 1 UrhG.

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3.3.3.2.1.2 Einfaches Nutzungsrecht Wenngleich die Plattformbetreiber den Nutzern vertraglich regelmäßig „Lizenzen“ einräumen, bleibt zu klären, ob sie ihren Kunden tatsächlich ein einfaches Nutzungsrecht im Sinne des § 31 Abs. 2 UrhG gewähren. Ein einfaches Nutzungsrecht ist nämlich mit Sukzessionsschutz ausgestattet: Das bedeutet, dass der Inhaber des einfachen Nutzungsrechts gegen Beeinträchtigungen seines Nutzungsrechts in der Form geschützt ist, dass dieses Nutzungsrecht auch bei späteren Verfügungen des Urhebers an Dritte, dem Wechsel in der Urheberschaft oder dem Verzicht des Urheberrechts wirksam bleibt (§ 33 UrhG).192 Ist ein solcher Bestandschutz hingegen nicht beabsichtigt, liegt nur eine rein schuldvertragliche Gestattung vor (Stufenleiter der Gestattungen).193 Welche Gestattung der Plattformbetreiber gewährt, hängt von der individuellen Vertragsgestaltung ab und ist durch Auslegung zu ermitteln. Möglicherweise ist mit dem Abschluss des „Lizenzvertrags“ nur die Überlassung des nichtkörperlichen Guts zur Benutzung bezweckt, ohne dem Nutzer urheberrechtliche Nutzungsrechte mit Sukzessionsschutz einräumen zu wollen. Ergibt die Auslegung jedoch, dass der Anbieter dem Nutzer tatsächlich eine einfache (Unter-)Lizenz verschafft, vermittelt diese allein ein positives Benutzungsrecht: Der Erwerber darf das geschützte Recht im vereinbarten Umfang nutzen, er hat aber keine Abwehrbefugnisse und kann die Lizenz auch nicht übertragen.194 3.3.3.2.1.3 Zwischenergebnis Der Nutzer erwirbt beim Download von Film- und Audiodateien eine (teilweise eingeschränkte) faktische Position an den Daten. Darüber hinaus werden dem Nutzer laut den Nutzungsbedingungen der Plattformbetreiber „Lizenzen“ eingeräumt. Den Plattformbetreibern steht eine entsprechende urheberrechtliche Befugnis zu, wenngleich die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 UrhG greift. Anhand der einzelnen Plattform-Verträge ist zu ermitteln, welche (Stufe der) Gestattung dem Nutzer gewährt werden soll, insbesondere ob dem Kunden ein 192

Siehe Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 33 Rn. 1. Ohly, GRUR 2012, 983, 986: „Man kann von einer ‚Stufenleiter der Gestattungen‘ sprechen […]. Sie reicht von der vollständigen Übertragung des Rechts, die freilich im deutschen Urheberrecht gem. § 29 I UrhG nicht möglich ist, über die ausschließliche Lizenz oder das ausschließliche Nutzungsrecht, über einfache, aber immerhin mit Sukzessionsschutz ausgestattete Lizenzen und Nutzungsrechte und die reine schuldvertragliche Gestattung ohne Sukzessionsschutz bis herunter zur schlichten Einwilligung. Welche Form der Gestattung gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln.“ 194 Peters, in: MüKoInsO, § 35 Rn. 341 f. Zur Rechtsnatur der einfachen Lizenz siehe 4.4.1.1.2.2. 193

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Nutzungsrecht im Sinne des § 31 Abs. 2 UrhG (sog. einfache Lizenz) eingeräumt wird.

3.3.3.2.2 Streaming Auch für das Streaming ist zu klären, ob dem Nutzer Nutzungsrechte eingeräumt werden. Da beim Streaming die Daten zumindest kurzfristig zwischengespeichert werden, liegt für den Fall, dass die gestreamten Werke urheberrechtlich geschützt sind, eine vorübergehende (Teil-)Vervielfältigung nach § 16 Abs. 1 UrhG vor.195 Dennoch stellt diese Form der Benutzung der Werke keine urheberrechtlich relevante Nutzung dar:196 Nach § 44a Nr. 2 UrhG sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend, sowie integraler oder wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sind und keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, also keine neuen Nutzungsmöglichkeiten eröffnen, zulässig – sofern der alleinige Zweck der Vervielfältigung die rechtmäßige Nutzung des Werks ist. Diese Voraussetzungen wird man bei (hier vorausgesetztem) legalen Streaming in aller Regel bejahen können: Die Daten sind nur vorübergehend vervielfältigt; ferner ist die Vervielfältigung unabdingbar für die technische Wiedergabe und erlaubt zugleich auch keine weitere Verwertung der Daten.197 Danach müsste im Rahmen eines Streaming-Vertrags kein urheberrechtliches Nutzungsrecht eingeräumt werden. Da die gestreamten Daten jedoch regelmäßig durch Kopierschutzmaßnahmen gesichert sind, bleibt die Zustimmung des Rechteinhabers erforderlich, § 95a Abs. 1 UrhG. Für die Frage, ob es sich bei den

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Stieper, MMR 2012, 12, 14: Soweit es sich um Daten handelt, denen keine Werkqualität zukommt, kann Streaming auch unter ein Vervielfältigungsrecht aus verwandten Schutzrechten fallen, etwa §§ 85, 91, 95 UrhG. Damit liegt eine urheberrechtliche Verwertungshandlung jedenfalls vor. 196 Zech, ZUM 2014, 3, 6 ff. 197 Busch, GRUR 2011, 496, 501 ff.; Fangerow/Schulz, GRUR 2010, 677, 680 f.; Stolz, MMR 2013, 353, 355 f.; Wandtke/von Gerlach, GRUR 2013, 676, 678 ff.; Stieper, MMR 2012, 12, 14 ff. Beim rechtmäßigen privaten Streaming kann neben § 44a Nr. 2 UrhG zudem die Schrankenregelung nach § 53 Abs. 1 UrhG greifen.

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„Lizenzen“, die die Plattformanbieter den Nutzern einräumen,198 aber um Nutzungsrechte im Sinne des § 31 Abs. 2 UrhG handelt, ist auf die Ausführungen zum Download zu verweisen.199

3.3.3.2.3 Zwischenergebnis Im Rahmen der VoD- und AoD-Verträge können den Nutzern (einfache) Lizenzen eingeräumt werden. Dies ist für die vorliegende Untersuchung von Relevanz, da diskutiert wird, dass urheberrechtliche Nutzungsrechte auf die Insolvenzfestigkeit des zugrundeliegenden Vertrags Einfluss nehmen.200 Zudem kann im Rahmen der noch näher zu untersuchenden Aussonderung von Daten auf die Feststellungen zu den urheberrechtlichen Nutzungsrechten zurückgegriffen werden.

3.3.3.3 Vertragstypologische Einordnung Die Insolvenz des VoD- oder AoD-Anbieters wäre für den Vertragspartner zunächst ohne Konsequenzen, wenn der Zugriff auf die Daten bereits vertraglich weiter möglich wäre. Ob ein Vertrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder aufgrund einer Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO in der Insolvenz fortbesteht, richtet sich nach Vertragsart und -inhalt. Vor diesem Hintergrund sind die (in der Regel standardisierten) Verträge zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber über den „Kauf“ oder das Streamen der Werke vertragstypologisch einzuordnen.

3.3.3.3.1 „Kauf“ von digitalen Werken Für die vertragstypologische Einordnung des „Kaufs“ der Werke ist zwischen den verschiedenen Nutzungsmodellen der Plattformbetreiber zu differenzieren. Wie zuvor bereits erläutert, ermöglicht nicht jeder „kaufweise“ Download die unbegrenzte und unbefristete Verfügungsmöglichkeit über das Werk. An einer 198

Siehe die Nutzungsbedingungen von Spotify: „Spotify bzw. die Lizenzgeber von Spotify sind alleinige Inhaber aller Rechte an den Spotify-Diensten bzw. den Inhalten. Wir gewähren Ihnen ein beschränktes, nicht exklusives, widerrufliches Recht zur Nutzung der SpotifyDienste und ein beschränktes, nicht exklusives, widerrufliches Recht zur Nutzung der Inhalte für persönliche, nicht-kommerzielle Zwecke (zusammen „Zugang“).“, siehe https://www. spotify.com/de/legal/end-user-agreement/#5-rechte-die-wir-ihnen-gewähren, letzter Abruf: 25.10.2022. Siehe die Nutzungsbedingungen von Netflix: „Während Ihrer Netflix-Mitgliedschaft gewähren wir Ihnen ein beschränktes, nicht exklusives und nicht übertragbares Recht, um auf den Netflix-Dienst und Netflix-Inhalte zuzugreifen. Abgesehen davon werden keine Rechte, Titel oder Ansprüche an Sie übertragen.“, siehe https://help.netflix.com/de/legal/termsofuse, letzter Abruf: 25.10.2022. 199 3.3.3.2.1.2. 200 Siehe dazu sogleich unter 3.3.3.4.1.1.

3.3 Andere Datenverträge

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solchen fehlt es, wenn das (heruntergeladene) Werk in die technische Infrastruktur des Plattformanbieters eingebunden ist und die dauerhafte Nutzung oder der erneute, zeitlich begrenzte Download des Werks vom fortwährenden Zugriff auf ebendiese Infrastruktur abhängt. Von diesen beiden Nutzungsmodellen, also dem vollständigen Download und dem plattformabhängigen „Kauf“ des Werks, ist der Download, der im Rahmen der „Hybrid“-Modelle ermöglicht wird, abzugrenzen: Bei diesem hängt der weitere Zugriff auf das heruntergeladene Werk für die Vertragsparteien erkennbar vom Bestand des Streaming-Abonnements ab und ist daher von dem in Rede stehenden „Kauf“ der Werke zu unterscheiden. Der „klassische“ – das heißt der plattformunabhängige und vollständige – Download von Werken ist als einmaliges Austauschverhältnis (Daten gegen Geld) ausgestaltet, sodass sich ein kaufvertragliches Leitbild aufdrängt.201 Zwar ist der Verkäufer nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich verpflichtet, dem Käufer Eigentum und Besitz an der Kaufsache zu verschaffen. Es besteht jedoch – wie noch zu zeigen sein wird – weder ein „Dateneigentum“, welches übertragen, noch ein „Datenbesitz“, der verschafft werden könnte.202 Darüber hilft jedoch § 453 Abs. 1 2. Alt. BGB hinweg, wonach die Vorschriften über den Kauf von Sachen auf den Kauf von sonstigen Gegenständen (und damit auch auf Dateien) entsprechende Anwendung finden. Die Pflicht des Verkäufers beschränkt sich daher regelmäßig darauf, dem Vertragspartner den sonstigen Gegenstand zur Verfügung zu stellen.203 Aus diesem Grund ist die Neufassung204 des § 453 Abs. 1 BGB allein klarstellender Natur: Danach wird § 433 Abs. 1 S. 1 BGB für den Verkauf digitaler Inhalte durch einen Unternehmer an einen Verbraucher im Hinblick auf „die Übergabe der Kaufsache“ für unanwendbar erklärt. Auch in der Begründung zum Gesetzentwurf wird darauf eingegangen, dass § 433 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen ist, „soweit darin auf die ‚Übergabe‘ abgestellt wird.“205 201

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 238 ff. Cichon, GRURPrax 2010, 381, 382: Der Erwerb standardisierter Produkte wie elektronische Werkkopien im digitalen Vertriebsweg weise das „typisch kaufrechtliche Synallagma – Verschaffung einer (digitalen) Ware gegen (einmalige) Zahlung eines Entgelts – i.S.v. §§ 433 ff. BGB auf“. Siehe auch Christiansen, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Medienrecht, 52. Abschnitt, Rn. 3; Zech, ZGE 2013, 368, 385 ff. 202 Siehe 4.2.2.2.1, 4.2.2.6.2.1 und 4.2.2.6.2.2. 203 Faust, in: BeckOK, BGB, § 453 Rn. 25. 204 Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. 205 BT-Drucks. 19/27653, S. 82.

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Diese Gesetzesänderung ist insofern missverständlich, als der Eindruck entstehen könnte, dass zwar kein Besitz verschafft werden muss, aber eine Pflicht des Verkäufers besteht, dem Käufer das Eigentum an dem sonstigen Kaufgegenstand zu verschaffen. Angesichts der Tatsache, dass kein „Dateneigentum“ existiert, kann die Gesetzänderung indes allein dann ihre volle Wirkkraft entfalten, wenn § 453 Abs. 1 BGB so gelesen wird, dass – entsprechend der vorherigen Rechtslage bei § 453 Abs. 1 BGB – an dem sonstigen Gegenstand weder Besitz noch Eigentum verschafft werden müssen. Schließlich macht eine solche Interpretation der §§ 433, 453 BGB das Pflichtenprogramm des § 433 Abs. 1 S. 1 BGB auch nicht vollständig redundant: Zur Erfüllung eines Kaufvertrags über einen digitalen Inhalt ist erforderlich, dass der Verkäufer dem Käufer die Daten bereitstellt („Übergabe“) und zwar so, dass dieser dauerhaft, uneingeschränkt und unabhängig von Dritten auf die Daten zugreifen kann („Verschaffung von Eigentum“). Auf diese Weise vollzieht sich „unter dem Einfluss der Digitalisierung ein schleichender Wandel des kaufvertraglichen Leitbilds […] von der klassischen Besitzund Eigentumsverschaffung hin zur bloßen Bereitstellung benutzbarer digitaler Inhalte.“206 Darüber hinaus wird dem Nutzer in aller Regel vertraglich eine „Lizenz“ gewährt. Allerdings liegt in diesem Fall nicht zwingend ein (im BGB ohnehin nicht geregelter) Lizenzvertrag vor, sondern die Lizenz kann Teil des Kaufvertrags sein.207 Alternativ ist von einem lizenzähnlichen Rechtsgeschäft mit einem kaufrechtlichen Leitbild gemäß §§ 433, 453 BGB auszugehen. Das Kaufrecht eignet sich hingegen nicht als Leitbild für das davon abweichende „Kauf“-Modell, bei welchem die dauerhafte Nutzung des Werks vom Fortbestand der technischen Infrastruktur des Plattformanbieters und der weiteren Zugriffsmöglichkeit des Nutzers auf diese abhängt. Wie soeben dargelegt, ist beim Kauf eines digitalen Inhalts nach §§ 433, 453 BGB (neben der Bereitstellung der Daten) erforderlich, dass der Verkäufer dem Käufer eine Position verschafft, die es ihm ermöglicht, dauerhaft, uneingeschränkt und unabhängig vom Verkäufer auf die Daten zuzugreifen. An einer vollkommen unabhängigen Nutzung fehlt es bei den in Rede stehenden Vertriebsmodellen jedoch gerade; hinter diesen Modellen steht daher trotz der Deklarierung als „Kauf“ gerade kein Kaufvertrag. 206

Zech, ZGE 2013, 368, 387. Cichon, GRUR-Prax 2010, 381 f.: Sollte der Kunde zur Benutzung des heruntergeladenen Werks tatsächlich eine urheberrechtliche Lizenz benötigen, erfordere dies nicht zwingend den Abschluss eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags als Vertrag eigener Art ohne gesetzliches Leitbild. Vielmehr sei es auch möglich eine Lizenz in einem Kauf-, Miet- oder sonstigen Vertrag explizit oder implizit mit einzuräumen.

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3.3 Andere Datenverträge

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Welchem Vertragstyp der nur scheinbare „Kauf“ stattdessen zuzuordnen ist, kann freilich nicht generell bestimmt werden, da die Vertragsbedingungen der Plattformbetreiber divergieren. Allerdings sollen einige grundsätzliche Überlegungen zu den Leistungspflichten der Parteien angestellt werden: Der Nutzer muss in der Regel nur eine einmalige Zahlungsgebühr entrichten; demgegenüber ist der Anbieter verpflichtet, die entsprechende Datei zum Download oder zum Streaming dauerhaft bereitzustellen.208 Die Leistungspflicht des Anbieters umfasst daher, dem Kunden den fortwährenden Zugang zu seiner technischen Infrastruktur zu ermöglichen, damit dieser das Werk – je nach Vertriebsmodell – erneut herunterladen, wiederholt streamen oder offline abspielen kann. Im Rahmen der dauerhaften Bereitstellung von digitalen Inhalten muss der Anbieter dem Nutzer den Inhalt für den gesamten vereinbarten Zeitraum über seine Einrichtung (die Plattform) zugänglich machen. Im Fall des „Kaufs“ ist der vereinbarte Zeitraum grundsätzlich unbegrenzt. Der Leistungspflicht des Plattformbetreibers kommt somit ein Dauerschuldcharakter zu. Verletzt der Anbieter diese Pflicht, wenn er etwa die entsprechenden Lizenzen nicht mehr vermitteln kann oder den Geschäftsbetrieb einstellt, ist dies nicht ohne Konsequenzen: Da der Nutzer für die dauerhafte Nutzung einen entsprechend höheren Preis als für einen einmaligen Zugriff gezahlt hat, wird er für den Fall, dass der Zugriff auf das erworbene Werk entfällt, einen Schadensersatzanspruch geltend machen können. Indes behalten sich einige Anbieter in ihren Nutzungsbedingungen vor, dass sie die „gekauften“ Werke von ihrer Plattform wieder entfernen können.209 Damit schränken die Anbieter ihre Leistungspflicht nicht unerheblich ein und verhindern auf diese Weise Schadensersatz leisten zu müssen. Inwiefern diese Klauseln wirksam sind, ist nicht Gegenstand der Untersuchung.210 208

Siehe dazu etwa den Hilfebereich von Amazon: „Wenn Sie einen Titel kaufen, wird er zu ‚Mein Bereich‘ hinzugefügt und steht Ihnen in der Regel zum Download oder zum Streamen zur Verfügung.“, siehe https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=GES DB6EUB6DPYST4, letzter Abruf: 25.10.2022. 209 Bei Amazon steht beispielsweise: „Gekaufte Digitale Inhalte stehen Ihnen grundsätzlich weiterhin zum Herunterladen oder Streamen zur Verfügung, sind jedoch aufgrund von möglichen Lizenzbeschränkungen des Inhaltsanbieters oder aus anderen Gründen eventuell nicht mehr verfügbar. Amazon übernimmt keine Haftung für den Fall, dass Gekaufte Digitale Inhalte für ein weiteres Herunterladen oder Streamen nicht mehr zur Verfügung stehen.“, https://www.primevideo.com/help?nodeId=202095490&language=de_DE& view-type=content-only, letzter Abruf: 25.10.2022. 210 In den USA ist 2020 ein Verfahren (Amanda Caudel vs. Amazon.com, Inc.) gestartet, in welchem sich die Klägerin gegen diese konkrete Form der Geschäftspraktiken von Amazon wendete. Die Sammelklage wurde vom Gericht im Oktober 2021 jedoch als unzulässig

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Hinter dem „Kauf“ von digitalen Inhalten steckt somit nur dann ein tatsächlicher Kaufvertrag im Sinne des §§ 433, 453 BGB, wenn der Nutzer die Datei dauerhaft und plattformunabhängig in einem lesbaren Format speichern kann. Ist die Nutzung eines digitalen Werks hingegen vom fortwährenden Zugriff auf die technische Infrastruktur des Anbieters abhängig, ist das Kaufrecht nicht einschlägig: Der nur einmaligen Vergütungspflicht des Nutzers steht die dauerhafte Leistungspflicht des Dienstanbieters gegenüber. In der Konsequenz kann der Plattformbetreiber – anders als der Nutzer – nie vollständig erfüllen. Dem Nutzungsmodell liegt letztlich ein Vertrag sui generis mit einseitigen dauerschuldvertraglichen Elementen zugrunde.211

3.3.3.3.2 Streaming Die zeitweise Verschaffung der Benutzungsmöglichkeit von Einzelwerken im Wege des Streamings könnte hingegen als Mietvertrag zu qualifizieren sein.212 Dies zeigt der Vergleich zu der (inzwischen anachronistisch erscheinenden) Miete einer DVD, da in beiden Fällen die Leistungserwartung des Kunden vergleichbar ist: Die Übermittlung der entsprechenden Film- oder Audiodatei im Rahmen des Streamings soll dem Nutzer wie bei der Miete einer DVD den Werkgenuss während der Vertragslaufzeit ermöglichen.213 Allerdings wurde gegen die Einordnung als Mietvertrag bisher eingewandt, dass der Streaming-Nutzer am Ende der Mietzeit – anders als bei der „DVD-Ausleihe“ – nichts an den Plattformanbieter zurückgeben müsse, da ihm nicht der Gebrauch einer körperlichen Sache verschafft werde, sondern er bloß Zugriff auf die gespeicherten unkörperlichen

abgelehnt: The “plaintiff lacks standing to bring the suit […]. Here there is only one jurisdictional fact the court need consider, and that is the undisputed fact that Caudel has never lost access to any of the videos she purchased”, siehe https://storage.courtlistener.com/recap/ gov.uscourts.caed.372604/gov.uscourts.caed.372604.36.0.pdf, letzter Abruf: 25.10.2022. Nach deutschem Recht ist an eine Unwirksamkeit gem. § 305c Abs. 1 BGB (überraschende Klausel) zu denken. Andererseits können Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund gekündigt werden, § 314 Abs. 1 BGB. Eine vollständig unbegrenzte vertragliche Bindung ohne jegliche Beendigungsmöglichkeit könnte eine unzulässige Einschränkung der Unternehmensfreiheit darstellen – insbesondere aufgrund der nur einmaligen Leistungspflicht des Nutzers. 211 Sofern dem Nutzer „Lizenzen“ eingeräumt werden, gilt das Gleiche wie beim plattformunabhängigen Download: In diesem Fall liegt regelmäßig wohl kein (im BGB nicht näher definierter „Lizenzvertrag“) vor, sondern die Lizenz ist Teil des anderen Vertrags. 212 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 176 ff.; Christiansen, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Medienrecht, 52. Abschnitt, Rn. 3. 213 Stieper, Schranken des Urheberrechts, S. 409.

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Daten erhalte.214 Für einen solchen Fall wurde indes eigens § 548a BGB geschaffen,215 der die Vorschriften über die Miete von Sachen auf die Miete digitaler Produkte entsprechend anwendet, sodass die Bereitstellung digitaler, das heißt unkörperlicher, Werke zu Zwecken des Streamings durchaus mietvertraglichen Charakter haben kann. Die Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ weist jedoch zu Recht drauf hin, dass Streaming-Plattformen wie Netflix und Spotify keine statischen Werksammlungen bereithalten, sondern das Angebot auf den Plattformen ständigen Änderungen unterworfen ist: Im Rahmen der „Mitgliedschaft“ oder des „Abonnements“ verpflichtet sich der Anbieter daher lediglich, eine Auswahl von Werken auf seiner Plattform als Stream verfügbar zu halten.216 Da es für viele Streaming-Anbieter charakteristisch ist, ihr Angebot fortlaufend zu aktualisieren und zu ändern, spricht in diesen Konstellationen daher viel für die Anwendung von Dienstvertragsrecht.217 Eine Subsumtion unter das Mietvertragsrecht scheidet nach den vertraglichen Interessen hingegen aus: Im Vordergrund steht nicht, dass der Nutzer unkörperliche Werkdaten zum Gebrauch überlassen bekommt, sondern dass er Zugriff auf die gesamte virtuelle Mediathek erhält.218 Damit ist der Streaming-Vertrag je nach Vertriebsmodell als Miet- oder Dienstvertrag einzuordnen. Räumen die Plattformbetreiber den Nutzern einfache Nutzungsrechte ein, sind die Lizenzen Teil der miet- oder dienstrechtlich ausgerichteten Rechtsgeschäfte.219 214

Zech, ZUM 2014, 3, 7. Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten. 216 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 178. 217 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 185 und S. 178 f.: Das „schrankenlose Wahlrecht“ des Anbieters hinsichtlich der Werkauswahl könne schließlich auch nicht mehr als Vereinbarung eines Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB gewertet werden. 218 Daher besteht auch kein Widerspruch zu der Einordnung des Cloud-Speicher-Vertrags als Mietvertrag – wenngleich beim Cloud-Speicher-Vertrag der Mietgegenstand (auch) nicht genau konkretisiert ist, da die Daten auf verschiedenen, unbestimmten Servern lagern: Zum einen ist zumindest die gemietete Speichergröße festgelegt; diese kann auch nicht einseitig vom Dienstanbieter geändert werden. Das Cloud-Speicher-Modell ist – anders als ein Streaming-Dienst – nicht schon im Ausgangspunkt auf ein fortlaufend wechselndes (Programm-)Angebot ausgerichtet. Zum anderen ist es für den Nutzer eines CloudSpeichers ohne Belang, auf welchen Servern die gemieteten Speicherkapazitäten liegen, siehe 3.2.1.1.1. 219 Zech, ZUM 2014, 3, 8: Zech geht ohnehin von einem lizenzähnlichen Rechtsgeschäft aus, da bereits die Verschaffung der faktischen Nutzungsmöglichkeit urheberrechtlicher Werke 215

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3.3.3.4 Insolvenzrechtliche Bewertung Im Folgenden gilt es das Schicksal der Nutzungsverträge für den Fall zu bewerten, dass über das Vermögen eines Video- oder Audio-on-Demand- Anbieters das Insolvenzverfahren eröffnet wird.220

3.3.3.4.1 „Kauf“ von digitalen Werken Der Nutzer ist nicht zwingend von der Insolvenz des Plattformbetreibers betroffen – jedenfalls sofern er die bereits vollständig erhaltenen Video- und AudioDateien insolvenzunabhängig behalten und weiter nutzen kann. Auf die Daten, die in die Infrastruktur des Anbieters eingebunden sind, kann er hingegen nur dann weiter zugreifen, wenn der Vertrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder aufgrund einer Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO fortbesteht. Allerdings handelt es sich bei dem plattformabhängigen „Kauf“ des Werks nur um ein einseitiges Dauerschuldverhältnis, sodass fraglich ist, ob der § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in diesem Fall nach Sinn und Zweck überhaupt greift.221 Im Übrigen ist zweifelhaft, ob die Leistung des Dienstanbieters dienstvertraglich einzuordnen ist. Ungeachtet dessen wäre aber selbst bei einer etwaigen Subsumtion unter Dienstvertragsrecht letztlich eine Insolvenzfestigkeit des „Kaufvertrags“ abzulehnen: Eine Vertragsfortführung hätte nämlich eine oktroyierte Unternehmensfortführung zur Folge; dies wird im Rahmen der insolvenzrechtlichen Ausführungen zum Streaming-Vertrag noch näher dargelegt.222 Nachstehend ist zu erläutern, dass sich eine fortbestehende Zugriffsmöglichkeit auf das „gekaufte“ Werk in der Insolvenz auch nicht über eine – sofern zugleich eingeräumte – Lizenz herleiten lässt. Schließlich wird zu zeigen sein, dass eine für den Nutzer vorteilhafte Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO gleichfalls ausscheidet, da der Vertrag regelmäßig bereits (einseitig) vollständig erfüllt ist.

typisches Element von Lizenzverträgen sei; aber auch in diesen Fällen liege ein lizenzähnliches Rechtsgeschäft mit miet- oder dienstvertraglichem Leitbild vor. 220 Die Konstellation, in der über das Vermögen des Hauptlizenzgebers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, und die Frage, inwiefern sich dies auf die Unterlizenz auswirkt, sind nicht Gegenstand der Untersuchung. 221 Im konkreten Anwendungsfall ist weder ersichtlich, dass die Fortführung des Vertrags dem Schuldner einen für die Abwicklung wichtigen Vertragspartner erhält, noch, dass der Vertragspartner im Vertrauen auf die Dauer der Leistung weitere finanzielle Dispositionen getätigt hat. 222 Siehe 3.3.3.4.2.1.

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3.3.3.4.1.1 Insolvenzfestigkeit des Lizenzvertrags Bei der urheberrechtlichen Analyse wurde gezeigt, dass dem Nutzer eine einfache Lizenz für das „gekaufte“ Werk eingeräumt werden kann.223 Das hat zur Folge, dass der entsprechende Vertrag lizenzvertragliche Elemente aufweist. Allerdings folgt aus einer etwaigen Einordnung als Lizenzvertrag im Ergebnis keine Insolvenzfestigkeit nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO. Die Insolvenzfestigkeit des Lizenzvertrags ist indes eine sehr umstrittene und mangels klarer Regeln weiterhin wenig zufriedenstellende Thematik, die zumindest in ihren Grundzügen dargestellt werden soll. In der Konkursordnung wurden Lizenzen relativ unumstritten den Regelungen über Miete und Pacht unterstellt, die sowohl bewegliche wie unbewegliche Sachen erfassten; als Dauerschuldschuldverhältnisse überdauerten Lizenzverträge in analoger Anwendung von § 21 Abs. 1 KO den Konkurs und waren damit dem Verwalterwahlrecht entzogen.224 Demgegenüber beschränken die §§ 108 ff. InsO ihren Anwendungsbereich auf die Miete und Pacht unbeweglicher Gegenstände. Nichtsdestoweniger wurde vereinzelt vorgeschlagen, dass auch § 108 Abs. 1 InsO analog für Lizenzen heranzuziehen sei.225 Eine planwidrige Regelungslücke kann nach der Änderung des § 108 Abs. 1 InsO indes nicht mehr überzeugend begründet werden; eine analoge Anwendung muss deshalb ausscheiden.226 Dies entspricht auch der Auffassung des BGH: Wenngleich sich das Gericht nicht ausdrücklich mit der (analogen) Anwendung von § 108 Abs. 1 InsO auf Lizenzen beschäftigt hat, vertritt es die Auffassung, dass Lizenzen dem Wahlrecht des Verwalters unterfallen.227 De lege lata werden die Kontinuitätsinteressen des Lizenznehmers somit nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO (analog) geschützt.228 Lizenzen sind jedoch von enormer wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere wenn ein Unternehmen im Vertrauen auf den Bestand der Lizenz erhebliche 223

Siehe 3.3.3.2.1.2. BGH, Urt. v. 27.04.1995, Az. X ZR 60/93 = KTS 1995, 656, 658; siehe auch Fezer, WRP 2004, 793, 795. 225 Fezer, WRP 2004, 793, 800 ff. 226 Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 326; Ganter, NZI 2011, 833, 837; Hombrecher, WRP 2006, 219; Plath, CR 2005, 613 f. Siehe auch Bausch, NZI 2005, 289, 293: Eine analoge Anwendung von § 108 InsO schaffe keinen sachgerechten Interessenausgleich. Dahl/Schmitz, NZI 2007, 626, 627: § 108 Abs. 1 S. 1 InsO sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. 227 BGH, Urt. v. 17.11.2005, Az. IX ZR 162/04 = NZI 2006, 229, 230: „Da hier kein unbewegliches Vermögen betroffen ist, eröffnen derartige Nutzungsverträge […] ein Wahlrecht nach § 103 InsO“. 228 J. F. Hoffmann, in: MüKoInsO, § 108 Rn. 172. 224

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Investitionen tätigt, die wertlos werden, sobald das lizenzierte Recht nicht mehr genutzt werden kann; zumal sich die Lizenz – anders als andere Güter – nicht ohne weiteres substituieren lässt.229 Aufgrund dessen wurden nicht nur verschiedene insolvenzfeste Vertragsgestaltungen in der Literatur entwickelt, sondern auch der Gesetzgeber hat sich in zwei (im Ergebnis gescheiterten) Anläufen darum bemüht, Lösungen für eine insolvenzfeste Ausgestaltung von Lizenzverträgen zu schaffen. Im Folgenden sollen überblicksartig zunächst einige der von Wissenschaft und Praxis vorgeschlagenen Gestaltungsversuche und anschließend die gesetzgeberischen Reformversuche dargestellt werden.230 Die Ansätze zur insolvenzbeständigen Gestaltung von Lizenzverträgen sind vielfältig: Sie zielen aber in der Regel darauf ab, dem Lizenznehmer die Lizenz für den Fall zu erhalten, dass sich der Insolvenzverwalter für eine Erfüllungsablehnung nach § 103 Abs. 2 InsO entscheidet. Nach Hölder/Schmoll etwa soll sich der Lizenznehmer zur Sicherung seiner Interessen in der Insolvenz des Lizenzgebers bereits im Lizenzvertrag ein Pfandrecht an der Lizenz bestellen oder sich die Lizenz sicherheitshalber übertragen lassen; das verschaffe ihm ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO, das er nach § 173 Abs. 1 InsO verwerten dürfe.231 Bork hat stattdessen vorgeschlagen, die Insolvenzfestigkeit der Lizenz über eine (von der Rechtsprechung als insolvenzfest anerkannte)232 Doppeltreuhand zu konstruieren:233 Zu diesem Zweck soll der Lizenzgeber dem Lizenznehmer nicht nur eine einfache Lizenz, sondern darüber hinaus auch ein Optionsrecht auf den Erwerb eines immerwährenden dinglichen Lizenzrechts einräumen. Zur Sicherung dieses Optionsrechts werde das Lizenzrecht auf einen Treuhänder übertragen, der dieses sowohl für den Lizenzgeber als auch den Lizenznehmer halte. In der Insolvenz des Lizenzgebers könne der Lizenznehmer das Optionsrecht ausüben. Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt, sei der damit einhergehende Schadensersatzanspruch nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO durch das treuhänderisch gehaltene Lizenzrecht gesichert: Der Lizenznehmer sei absonderungsberechtigt und könne die Lizenz nach § 173 Abs. 1 InsO verwerten.

229

Wimmer, ZIP 2012, 545, 547 f. Siehe auch bei Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 130 ff.; Dahl/Schmitz, NZI 2007, 626, 627 ff.; McGuire/von Zumbusch/Joachim, GRUR Int 2006, 682, 694 ff. 231 Hölder/Schmoll, GRUR 2004, 830, 831 ff. 232 BGH, Urt v. 12.10.1989, Az. IX ZR 184/88 = BGHZ 109, 47, 52 f. = NJW 1990, 45, 46 f. 233 Bork, NZI 1999, 337, 338 ff. 230

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Berger will die Stellung des Lizenznehmers hingegen über einen Lizenzsicherungsnießbrauch sichern:234 Zu diesem Zweck werden an dem betroffenen Immaterialgut die Lizenz und der Nießbrauch nebeneinander bestellt. Die Verwertung des Immaterialguts erfolge zunächst in erster Linie auf Grundlage der Lizenz und der Sicherungsnießbrauch bestehe erst einmal nur im Hintergrund. Entscheide sich der Verwalter in der Insolvenz des Sichergebers gegen die Erfüllung des Lizenzvertrags, trete der „Sicherungsfall“ ein und der Lizenznehmer könne nun die weitere Nutzung des Guts allein auf den Nießbrauch stützen. Vor diesem Hintergrund werde sich der Verwalter aber nicht für die Erfüllungsablehnung entscheiden, da die Lizenz aufgrund des Nießbrauchs ohnehin weitergenutzt werden könnte, zugleich aber der Anspruch auf die Lizenzgebühren aus dem Lizenzvertrag entfalle. Allein das Bestehen eines Lizenzsicherungsnießbrauchs beeinflusse daher die Entscheidung des Verwalters nach § 103 InsO. Nach allen Ansätzen soll dem Lizenznehmer die Lizenz trotz der Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter erhalten bleiben. Daher könnten diese Gestaltungsversuche möglicherweise gegen § 119 InsO, der grundsätzlich keine Abweichung von den §§ 103 ff. InsO zulässt, verstoßen.235 Jacoby wendet jedoch zu Recht ein, dass jedenfalls die Vereinbarung einer insolvenzfesten dinglichen Sicherung von schuldrechtlichen Ansprüchen nach §§ 50 f. InsO grundsätzlich zulässig und somit keine Abrede sei, die eine Anwendung der §§ 103 ff. InsO von vornerein ausschließe.236 Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH237 wird es entscheidend darauf ankommen, ob sich die konkrete vertragliche Gestaltung gezielt gegen die Ausübung des Wahlrechts richtet.238 Unabhängig davon haben sich die Lösungsansätze aber auch deshalb nicht durchsetzen können, da sie jedenfalls weiteren praktischen Bedenken ausgesetzt sind: Die „hochgradig komplizierten rechtlichen Konstruktionen“ werden nicht nur für deutsche Vertragspartner Schwierigkeiten bereithalten, sondern insbesondere ausländische Vertragspartner abschrecken.239 Darüber hinaus wird der 234

Chr. Berger, GRUR 2004, 20, 21 ff. Zur Absicherung von Softwarelizenzen durch Einräumung eines Nießbrauchs siehe Plath, CR 2005, 613, 615 ff. 235 Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 327 f.; Dahl/Schmitz, NZI 2007, 626, 627 f.; Wimmer, ZIP 2012, 545, 547, 549. 236 Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 136 ff. Ebenso Hombrecher, WRP 2006, 219, 221; Tintelnot, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 103 Rn. 68. 237 BGH, Urt. v. 17.11.2005, Az. IX ZR 162/04 = NZI 2006, 229, 231. 238 McGuire/von Zumbusch/Joachim, GRUR Int 2006, 682, 695. 239 Wimmer, ZIP 2012, 545, 547, 549.

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Lizenzgeber schlicht kein Interesse daran haben, dem Lizenznehmer eine solche Rechtsposition einzuräumen; er selbst profitiert nicht davon, den anderen mit einer überschießenden Rechtsmacht auszustatten – vielmehr verliert er eine wertvolle und möglicherweise auch seine einzige Kreditsicherheit.240 Sollte ungeachtet dessen eine zur Absonderung berechtigende Konstruktion zwischen den Parteien des Lizenzvertrags vereinbart werden, dient ein Verwertungsrecht nach § 173 Abs. 1 InsO nur bedingt den Interessen des Lizenznehmers: Im Rahmen der Verwertung kann es dazu kommen, dass ein anderer Erwerber ein höheres Gebot abgibt. Da das Gebot der bestmöglichen Verwertung gilt,241 muss das Lizenzrecht an diesen veräußert werden. Zwar wird der Lizenznehmer in diesem Fall befriedigt, er ist aber nicht mehr befugt, die – für ihn entscheidende – Lizenz zu nutzen.242 Schließlich stehen die vertraglichen Konstruktionen unter dem Vorbehalt einer Insolvenzanfechtung; die jeweilige Abrede könnte eine vorsätzliche Benachteiligung der übrigen Gläubiger im Sinne des § 133 InsO sein, sofern die Parteien beabsichtigen „die Lizenz als Vermögenswert dem Lizenznehmer in der Insolvenz des Lizenzgebers zuzuweisen.“243 Da die verschiedenen Vorschläge der Literatur den Anforderungen der Praxis und den Interessen der Parteien nicht gerecht werden können, haben sie sich im Ergebnis nicht durchgesetzt. Die gesetzgeberischen Reformversuche244 haben an einer anderen Stellschraube gedreht: Es war jeweils ein neu einzufügender § 108a InsO vorgesehen. Die geplanten Änderungen von 2007 und 2012 wurden jedoch nicht umgesetzt, sodass die Insolvenzfestigkeit der Lizenz im Ergebnis weiterhin ungeregelt ist. Der erste Entwurf 2007 sah den Fortbestand des Lizenzvertrags über einen an § 108 InsO angelehnten § 108a InsO vor.245 Damit sollte das Insolvenzverwalterwahlrecht zugunsten des Lizenznehmers beschränkt werden. Allerdings enthielt 240

Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 139; Wimmer, ZIP 2012 545, 549. Siehe auch Bausch, NZI 2005, 289, 291; McGuire/von Zumbusch/Joachim, GRUR Int 2006, 682, 695. 241 Kern, in: MüKoInsO, § 173 Rn. 14. 242 Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 139. 243 Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 139; Wimmer, ZIP 2012, 545, 548. Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 328, äußert selbst Bedenken bezüglich einer möglichen Anfechtbarkeit des von ihm entwickelten Lizenzsicherungsnießbrauchs. 244 Einen Überblick über die Gesetzgebungsinitiativen gibt Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 330 ff. 245 BT-Drucks. 16/7416, „§ 108a Schuldner als Lizenzgeber: Ein vom Schuldner als Lizenzgeber abgeschlossener Lizenzvertrag über ein Recht am geistigen Eigentum besteht mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Dies gilt für vertragliche Nebenpflichten nur in dem Umfang, als deren Erfüllung zwingend geboten ist, um dem Lizenznehmer eine Nutzung

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der Entwurf zwei Einschränkungen: Zum einen sollte die Masse nicht zugleich mit jeglichen Nebenpflichten des Lizenzvertrags, sondern nur mit den zwingend notwendigen Nebenpflichten belastet werden. Zum anderen konnte der Verwalter eine Anpassung des Lizenzvertrags hinsichtlich der Vergütung verlangen. Die Vorschrift wurde zwar grundsätzlich begrüßt; gerade im Hinblick auf die Einschränkungsmöglichkeiten aber als zu unbestimmt bewertet.246 Der Entwurf fiel letztlich dem Ende der Legislaturperiode zum Opfer.247 Der Gesetzgeber setzte im Jahr 2012 zu einem zweiten Versuch an, den Lizenznehmer in der Insolvenz des Lizenzgebers besserzustellen. Diesmal sah der geplante § 108a InsO allerdings keinen Fortbestand des Lizenzvertrags vor; stattdessen sollte der Lizenznehmer für den Fall der Erfüllungsablehnung durch den Verwalter einen Anspruch auf Neuabschluss des Lizenzvertrags gegen diesen haben.248 Nach dieser Regelung sollte das Wahlrecht des Insolvenzverwalters des geschützten Rechts zu ermöglichen. Besteht zwischen der im Lizenzvertrag vereinbarten Vergütung und einer marktgerechten Vergütung ein auffälliges Missverhältnis, so kann der Insolvenzverwalter eine Anpassung der Vergütung verlangen; in diesem Fall kann der Lizenznehmer den Vertrag fristlos kündigen.“ 246 Chr. Berger, ZInsO 2007, 1142, 1143 f. Hauck, AcP 211 (2011), 626, 648 f., gibt einen Überblick zu der geäußerten Kritik. 247 Jacoby, in: Jaeger, InsO, Vor §§ 103–119 Rn. 143. 248 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur Insolvenzfestigkeit von Lizenzen, Januar 2012: „§ 108a Schuldner als Lizenzgeber (1) Lehnt der Insolvenzverwalter nach § 103 die Erfüllung eines Lizenzvertrages ab, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, so kann der Lizenznehmer binnen eines Monats, nachdem die Ablehnung zugegangen ist, vom Verwalter oder einem Rechtsnachfolger den Abschluss eines neuen Lizenzvertrages verlangen, der dem Lizenznehmer zu angemessenen Bedingungen die weitere Nutzung des geschützten Rechts ermöglicht. Bei der Festlegung der Vergütung ist auch eine angemessene Beteiligung der Insolvenzmasse an den Vorteilen und Erträgen des Lizenznehmers aus der Nutzung des geschützten Rechts sicherzustellen; die Aufwendungen des Lizenznehmers zur Vorbereitung der Nutzung sind zu berücksichtigen, soweit sie sich werterhöhend auf die Lizenz auswirken. (2) Handelt es sich bei dem Vertrag, den der Schuldner als Lizenzgeber geschlossen hat, um einen Unterlizenzvertrag und lehnt der Insolvenzverwalter gegenüber dem Hauptlizenzgeber die Erfüllung des Lizenzvertrages ab, so kann ein Unterlizenznehmer des Schuldners vom Hauptlizenzgeber den Abschluss eines Lizenzvertrages nach den in Absatz 1 genannten Bedingungen verlangen. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, dass der Unterlizenznehmer seine Verpflichtungen aus dem Vertrag wird erfüllen können, so kann der Hauptlizenzgeber den Abschluss von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. (3) Der Lizenznehmer ist berechtigt, bis zum Abschluss eines neuen Lizenzvertrages das lizenzierte Recht gemäß dem bisherigen Lizenzvertrag zu nutzen. Wird innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Aufforderung des Lizenznehmers zum Neuabschluss des Lizenzvertrags kein neuer Lizenzvertrag

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unangetastet bleiben. Der Vorschlag wurde in der Literatur viel kritisiert249 und bereits im darauffolgenden Regierungsentwurf nicht mehr berücksichtigt.250 Als weiterer möglicher Grund für das Fallenlassen der geplanten Änderung wird die Rechtsprechung des BGH („Reifen Progressiv“251 und „M2Trade“252 ) genannt;253 in den Urteilen kam das Gericht zu dem Schluss, dass das Erlöschen des ausschließlichen Nutzungsrechts beziehungsweise der Hauptlizenz nicht zum Erlöschen des einfachen Nutzungsrechts/der Unterlizenz führe. Allerdings trifft der BGH in diesen Urteilen keine Aussagen zum insolvenzrechtlichen Umgang mit Lizenzverträgen,254 sodass die – sofern angenommene – Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung für das Schicksal von Lizenzverträgen in der Insolvenz des Lizenzgebers jedenfalls nicht bereits mit der Rechtsprechung des BGH entfallen ist. Da der Gesetzgeber nach den beiden gescheiterten Reformversuchen keinen erneuten Vorstoß mehr gewagt hat, fehlt noch immer eine gesetzgeberische Lösung für den Umgang mit Lizenzverträgen in der Insolvenz des Lizenzgebers. Ob der Gesetzgeber die damit einhergehenden wirtschaftspolitischen Überlegungen in Zukunft klären wird, hängt davon ab, ob er den zugunsten der

abgeschlossen, so ist die weitere Nutzung nur zulässig, wenn 1. eine Vergütung gezahlt wird, deren Höhe sich nach den Anforderungen von Absatz 1 bemisst, und 2. der Lizenznehmer spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nachweist, dass er gegen den Verwalter, im Fall des Absatzes 2 gegen den Hauptlizenzgeber, Klage auf Abschluss eines Lizenzvertrages erhoben hat. Wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, wirkt der neue Vertrag auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück.“ 249 Jungclaus, ZInsO 2012, 724 ff. Bullinger/Hermes, NZI 2012, 492, 495 ff., begrüßen grundsätzlich, dass der Gesetzgeber erneut eine Regelung für Lizenzen in der Insolvenz bemüht hat; der Entwurf sei jedoch an einigen Stellen noch etwas unscharf. Siehe auch: McGuire, GRUR 2012, 657, 663 f.: Der Entwurf weise zu dem ursprünglichen Entwurf erhebliche Nachteile auf; dennoch solle die Kritik nicht den Blick dafür verstellen, dass selbst diese Regelung ein Fortschritt im Vergleich zur bestehenden Rechtslage wäre. 250 BT-Drucks. 17/11268. 251 BGH, Urt. v. 26.03.2009, Az. I ZR 153/06 = BHGZ 180, 344 ff. = NJW-RR 2010, 186 ff. 252 BGH, Urt. v. 19.07.2012, Az. I ZR 70/10 = BGHZ 194, 136 ff. = GRUR 2012, 916 ff. 253 Siehe etwa Brinkmann, NZI 2012, 735, 737; Marotzke, ZInsO 2012, 1737, 1738 und 1740. Beide stellen aber fest, dass die Rechtsprechung des BGH gerade keinen Anlass bot, die Reform fallen zu lassen. 254 Brinkmann, NZI 2012, 735, 737 f.; McGuire, GRUR 2012, 657, 659.

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Insolvenzfestigkeit der Lizenz vorgetragenen Argumenten – namentlich Investitionsschutz, Standortsicherung und die fehlende Substituierbarkeit – folgen will.255 Lizenzverträge sind damit – wie eingangs bereits vorweggenommen – nicht insolvenzfest. Die umstrittene Thematik wird die Rechtsprechung, die Literatur und den Gesetzgeber aber weiterhin beschäftigen. Eine zukünftige Ausgestaltung des Schutzes für den Lizenznehmer in der Insolvenz des Lizenzgebers soll aber nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein.256 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des in Rede stehenden Anwendungskontexts: Der private Nutzer, der ein Werk auf einer VoD- oder AoD-Plattform „kauft“ und plattformabhängig herunterlädt, trifft keine auf der dazugehörigen Lizenz aufbauenden wirtschaftlichen Investitionen. Damit dient die „Download-Lizenz“ als ein Beispiel dafür, dass ein insolvenzbedingter Fortfall der Nutzungsberechtigung für den Lizenznehmer nicht zwangsläufig den wirtschaftlichen Ruin bedeutet. Daher ist – wenngleich der Nutzer als Lizenznehmer in der Zukunft über einen insolvenzfesten Vertrag geschützt sein mag – vorerst vom Status quo auszugehen. 3.3.3.4.1.2 Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO Damit ist der Weg für eine Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO eröffnet, sofern von beiden Seiten nicht oder zumindest noch nicht vollständig erfüllt wurde. Für den Fall des vollständigen und unabhängigen Downloads scheidet eine Erfüllungswahl daher von vornherein aus, da sowohl der Anbieter als auch der Nutzer bereits vollständig erfüllt haben. Für den Fall des plattformabhängigen „Kaufs“ besteht auf Seiten des Plattformanbieters indes eine Leistungspflicht mit Dauerschuldcharakter, sodass er mit der Bereitstellung des digitalen Inhalts zum Download noch nicht vollständig erfüllt hat.257 Etwas Abweichendes ergibt sich auch dann nicht, wenn dem Nutzer eine einfache Lizenz eingeräumt wird, wenngleich der Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung im Sinne des § 103 Abs. 1 InsO für Lizenzverträge umstritten

255

Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 333: „Wirtschaftlich geht es um einen Konflikt zwischen der Werthaltigkeit von Immaterialgüterrechten, für die bei insolvenzsicherer Lizenzvergabe tendenziell höhere Lizenzgebühren erzielt werden können, und der finanziellen Absicherung von Restrukturierungsprozessen in IP-geprägten Unternehmen, die sich bei Fortfall von erteilten Lizenzen möglicherweise einfacher gestaltet. Freilich führt nicht jede Insolvenz zur Sanierung, und nicht jede Erfüllungsablehnung hat ruinöse Folgen für den Lizenznehmer.“ 256 Siehe aber Lösungsvorschläge bei Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 333 ff. 257 Siehe 3.3.3.3.1.

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ist.258 Es ist zwischen zwei Arten von Lizenzverträgen zu unterscheiden: Bei dem „klassischen Lizenzvertrag“ zahlt der Lizenznehmer Lizenzgebühren für bestimmte Zeitabschnitte; es handelt sich um ein Dauerschuldverhältnis.259 Da die Pflicht zur Überlassung einerseits und die Zahlung der Gebühr andererseits mit Zeitablauf immer wieder neu entstehen, wird aus insolvenzrechtlicher Sicht überwiegend davon ausgegangen, dass keine der beiden Seiten vollständig erfüllt hat.260 Davon unterschieden wird die zeitlich unbeschränkte Überlassung von lizenzierter Software, die „kaufweise“ erlangt wird.261 Ein Dauerschuldverhältnis widerspreche in diesem Fall der Lebenswirklichkeit und den Vorstellungen der Vertragsparteien.262 Vereinbart sei die Überlassung der Software, welche der andere unbefristet für eigene Zwecke nutzen könne; diese Konstellation ähnele mehr dem Kauf als einem Dauerschuldverhältnis, sodass § 103 InsO mit der Überlassung der Software nicht mehr anzuwenden sei.263 Für den hiesigen Anwendungskontext wirkt sich diese Differenzierung wie folgt aus: Das Vertriebsmodell, das einen vollständigen und uneingeschränkten Zugriff auf die heruntergeladene Datei ermöglicht, läuft parallel zu der beschriebenen Konstellation beim Software-Download. Mit der Überlassung der Filmoder Audio-Datei und der Einräumung der unbefristeten Nutzungsbefugnis tritt 258

Siehe McGuire/von Zumbusch/Joachim, GRUR Int 2006, 682, 692. Da nur einfache Lizenzen in Rede stehen, kann die Frage offenbleiben, zu welchem Zeitpunkt ein Vertrag über eine ausschließliche Lizenz vollständig erfüllt ist. 259 BGH, Urt. v. 17.11.2005, Az. IX ZR 162/04 = NZI 2006, 229, 230; Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 325. 260 Teilweise wird die vollständige Erfüllung aufgrund einer fortbestehenden (Neben-)Pflicht des Lizenzgebers, dem Lizenznehmer „das Recht zur Nutzung für die Vertragslaufzeit […] zu belassen und zu erhalten“, abgelehnt, siehe Abel, NZI 2003, 121, 124. Kritisch Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 325: Er weist darauf hin, dass eine Erhaltungspflicht der Lizenz wenig überzeugend sei, da auch bei anderen Austauschverhältnissen den Veräußerer die Pflicht treffe, diese dem Erwerber belassen, also etwa die kaufvertraglich geleistete Sache nicht wieder an sich zu nehmen. Hilfreicher sei der Hinweis auf § 108 InsO, der als Ausnahme zu § 103 InsO redundant wäre, wenn der Vermieter durch Überlassung der Mietsache bereits voll erfüllt hätte: Die Existenz von § 108 InsO bringe mittelbar zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber annimmt, dass im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen mit der Besitz- und Rechtsverschaffung noch keine Erfüllung eingetreten sei. 261 Dieselhorst, CR 2010, 69, 73. Plath, CR 2005, 613, 614 f.: Für die Überlassung von Software sollen die gleichen Grundsätze gelten wie für den Verkauf von Hardware oder anderer körperlicher Gegenstände. Er weist zugleich darauf hin, dass dies nicht unumstritten sei. Ferner stelle sich die Frage, ob unerfüllte Nebenpflichten einer vollständigen Erfüllung entgegenstehen. 262 Brinkmann, NZI 2012, 735, 740. 263 Brinkmann, NZI 2012, 735, 740.

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vollständige Erfüllung seitens des Anbieters ein – § 103 InsO findet keine Anwendung. Die Insolvenz des Plattformbetreibers ist in diesem Fall für den Nutzer daher ohne Folgen: Er kann die (plattformunabhängig) heruntergeladene Datei behalten und das Werk weiterhin abspielen; im Übrigen stellt der bloß private Werkgenuss keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar.264 In einem Vertriebsmodell, bei welchem der Zugriff auf das heruntergeladene Werk vom Fortbestand der Infrastruktur abhängig ist, ist die Einräumung der Lizenz hingegen als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet, sodass der Plattformbetreiber mit der ersten Einräumung der entsprechenden Lizenz noch nicht vollständig erfüllt hat. Allerdings scheidet die Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO im Ergebnis auch für dieses Nutzungsmodell aus, da jedenfalls der Kunde vollständig erfüllt hat: Im Rahmen des „Kaufs“ wird er in aller Regel das entsprechende Entgelt sofort erbringen. Anderweitige Nebenpflichten des Nutzers, die einer Erfüllung entgegenstehen könnten,265 sind nicht ersichtlich. Beim „Kauf“ eines digitalen Werks im VoD- und AoD-Kontext ist somit unabhängig vom konkreten Nutzungsmodell der Anwendungsbereich für eine Erfüllungswahl nicht eröffnet. 3.3.3.4.1.3 Zwischenergebnis Für den plattformunabhängigen „Kauf“ von digitalen Werken stellen sich in der Insolvenz keine Probleme, da der Nutzer die Datei unabhängig von einer späteren Insolvenz des Dienstanbieters weiter nutzen kann.266 Indes ist die technische Besonderheit, dass zum Abspielen des heruntergeladenen Werks die Infrastruktur des Plattformbetreibers weiter bereitgehalten werden muss, in der Insolvenz des Anbieters nicht ohne Folgen: Wird die Plattform insolvenzbedingt eingestellt, kann der Nutzer auf die „gekaufte“ Datei nicht weiter zugreifen. Ferner besteht der Vertrag bei diesem Vertriebsmodell auch nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder § 103 Abs. 1 InsO fort. Die weitere Nutzung des „gekauften“ Werks in der Insolvenz des Plattformbetreibers könnte daher allenfalls über ein – sofern bestehendes – Aussonderungsrecht nach § 47 InsO realisiert werden.267

BGH, Urt. v. 20.01.1994, Az. I ZR 267/91 = GRUR 1994, 363, 364. Siehe BGH, Urt. v. 17.03.1972, Az. V ZR 53/70 = BGHZ 58, 246, 247 ff. = NJW 1972, 875, 876; Huber, in: MüKoInsO, § 103 Rn. 123. Siehe auch Hölder/Schmoll, GRUR 2004, 830, 835 f. 266 Eine Einschränkung der Nutzung ist allein bei technischen Veränderungen denkbar, wenn etwa ein Dateiformat ausläuft und die Datei daher nicht mehr abgespielt werden kann. 267 Siehe dazu 4.4.3.3. 264 265

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3.3.3.4.2 Streaming Ferner ist das insolvenzrechtliche Schicksal der Streaming-Verträge zu untersuchen. Die Insolvenz des Streaming-Anbieters wäre abermals ohne Konsequenz für den Nutzer, wenn die Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO oder über eine Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO in der Insolvenz des Plattformbetreibers fortbestehen. 3.3.3.4.2.1 Insolvenzfestigkeit des Streaming-Vertrags Aus einer (je nach Vertriebsmodell durchaus möglichen) Einordnung des Streaming-Vertrags als Mietvertrag über sonstige, unkörperliche Gegenstände folgt keine Insolvenzfestigkeit nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO. Allerdings wurde gezeigt, dass der Streaming-Vertrag regelmäßig dem Dienstvertragsrecht unterfällt.268 Daher könnte der zugrundeliegende Vertrag nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO grundsätzlich trotz der Insolvenz des Anbieters fortbestehen. Indes ist zu berücksichtigen, dass ein Dienstvertrag in der Insolvenz des Dienstverpflichteten nach Sinn und Zweck des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO jedenfalls dann nicht fortzuführen ist, wenn er eine oktroyierte Unternehmensfortführung impliziert.269 Ob § 108 Abs. 1 S. 1 InsO im Kontext von Streaming-Verträgen überhaupt zur Anwendung kommt, muss daher im Folgenden anhand der fortbestehenden Verpflichtungen der Streaming-Plattform in der Insolvenz des Betreibers bewertet werden. Ähnlich wie bei den bereits diskutierten Cloud-Verträgen verlangt die Fortführung der Streaming-Verträge die Aufrechterhaltung der gesamten Plattform: Zu diesem Zweck ist insbesondere das Personal weiter zu beschäftigen, sind die technischen Voraussetzungen der Infrastruktur (Server, Internet, Strom) zu erhalten und die Lizenzverträge für die gestreamten Werke weiterzuführen. Die Fortführung des Streaming-Vertrags mit dem Nutzer stellt aber allein dann eine unverhältnismäßige Massebelastung dar, wenn die aufrechtzuerhaltenden Verbindlichkeiten ohne den Fortbestand der Kunden-Verträge nicht weitergeführt werden müssten. Eine oktroyierte Unternehmensfortführung liegt demnach nicht vor, wenn die zur Fortführung der Streaming-Plattform genannten Verpflichtungen in der Insolvenz überwiegend ohnehin andauern: Als insolvenzfest erweisen sich jedoch nur die Verträge mit den Angestellten sowie die Internet-Verträge, da beide als Dienstverträge in der Insolvenz ohne eine Kündigung zunächst

268 269

Siehe 3.3.3.3.2. 3.1.1.2.2.4.

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nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen.270 Die anderen Verpflichtungen des Streaming-Anbieters sind hingegen keine oktroyierten Masseverbindlichkeiten: Die Lizenzverträge mit den Urhebern über die auf der Plattform zur Verfügung gestellten Werke unterfallen nicht § 108 Abs. 1 S. 1 InsO (analog).271 Das Gleiche gilt für die Stromlieferungsverträge sowie für mögliche Verträge über die Miete externer Server. Wenngleich also bestimmte Dienstverträge die Masse ohnehin belasten, müssten umfassende zusätzliche Verpflichtungen fortgeführt werden, um die Streaming-Plattform aufrechtzuerhalten und die StreamingVerträge zu erfüllen. Demnach hätte der Fortbestand der Streaming-Verträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO eine oktroyierte Unternehmensfortführung zur Folge. In einer solchen Konstellation findet die Norm indes keine Anwendung. Die Streaming-Verträge sind damit trotz ihrer Einordnung unter das Dienstvertragsrecht im Ergebnis nicht insolvenzfest. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man im Übrigen, wenn man § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten von vornherein nicht anwenden will. 3.3.3.4.2.2 Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO Mithin ist der Weg frei für eine Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 1 InsO: Da die Nutzung der Streaming-Plattform in aller Regel über ein monatliches Abonnement erfolgt und somit keine Partei bereits vollständig erfüllt hat, ist der Anwendungsbereich des § 103 Abs. 1 InsO auch eröffnet. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter dazu, die Erfüllung abzulehnen und die Plattform einzustellen, ist das Streaming-Angebot für den Nutzer nicht mehr erreichbar. Dies ist indes eine vom betroffenen Nutzer hinzunehmende Konsequenz: Insbesondere ist – so viel sei an dieser Stelle vorweggenommen – eine Aussonderungsberechtigung des Nutzers an den entsprechenden Dateien nach § 47 InsO fernliegend, zumal sich die Daten nie im Herrschaftsbereich des Nutzers befanden.272 Der Nutzer muss sich hinsichtlich eines bereits gezahlten Abonnements auf die Insolvenzquote verweisen lassen. 270

Der Streaming-Anbieter ist natürlich noch in weitere Vertragsverhältnisse, die unter Umständen auch dem Dienstvertragsrecht unterfallen, eingebunden. Dieses komplexe Vertragsgefüge kann an dieser Stelle jedoch nicht genauer dargelegt werden. Für die vorliegenden Zwecke genügt es, einen Eindruck der wesentlichen Verpflichtungen zu vermitteln. 271 Siehe dazu 3.3.3.4.1.1. 272 Siehe dazu auch Chr. Berger, ZGE 2016, 170, 191: Erste Voraussetzung eines Rechts am digitalen Gut sei das Vorliegen eines beherrschbaren „Gegenstands“; dieser müsse nach einem faktischen Transfer der Kontrolle des Erwerbers unterliegen. Eine Kontrolle über die Daten fehle bei reinen Streaming-Diensten, die einen Datenstrom erzeugen und nur eine Wiedergabe ohne dauerhafte Speicherung ermöglichen.

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3.3.3.5 Zwischenergebnis Aus der insolvenzrechtlichen Perspektive ist damit festzustellen, dass die Insolvenz des VoD- oder AoD-Plattform-Anbieters für den Nutzer nur dann ohne gravierende Folgen ist, wenn er die Dateien vollständig, das heißt plattformunabhängig und in einem lesbaren Format, auf seinem Rechner gespeichert hat. In diesem Fall kann er die Dateien unabhängig von einer Insolvenz des Anbieters weiter nutzen. Ein Streaming-Kunde kann bei einer insolvenzbedingten Einstellung der Plattform nicht länger auf „seine“ Filme, Serien oder Musik zugreifen. Er hat aber auch lediglich ein monatliches Abonnement abgeschlossen und wird daher finanziell kaum getroffen sein; zudem kann er ohne Aufwand zu einem anderen Anbieter wechseln. Von der Insolvenz eines Dienstanbieters ist daher primär derjenige Nutzer betroffen, der die Dateien zwar „gekauft“ hat, diese jedoch in die Infrastruktur des Plattform-Anbieters eingebettet sind, sodass die weitere Nutzungsmöglichkeit des Werks vom andauernden Zugriff auf die Plattform abhängig ist. Der Nutzer wird regelmäßig davon ausgehen, dass ihm die „gekaufte“ und bezahlte Datei „gehört“. Tatsächlich erwirbt der Nutzer wie gesehen aber keine veräußerbare Rechtsposition, sondern nur eine technisch eingeschränkte Herrschaft über die Daten sowie gegebenenfalls eine einfache Lizenz am Dateninhalt. Da der Vertrag nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbesteht und eine Erfüllungswahl aufgrund der (jedenfalls einseitigen) Erfüllung durch den Nutzer gleichfalls ausscheidet, wird der Nutzer in der Insolvenz des Anbieters nicht länger auf das Werk zugreifen können. Das gilt im Übrigen nicht nur für den VoD- und AoDBereich, sondern auch für alle parallel gelagerten Fälle, in denen der Nutzer ein Werk plattformabhängig „kauft“. Ob in einem solchen Fall eine Aussonderung der entsprechenden Dateien nach § 47 InsO in Frage kommt, gilt es noch zu untersuchen.273

3.3.4

Online-Gaming

Ein weiterer wachsender Sektor im digitalen Kontext sind Online-MultiplayerSpiele: Call of Duty, World of Warcraft und Fortnite sind nur einige der erfolgreichsten und umsatzstärksten Online-Spiele der letzten Jahre. Im Gegensatz zu den „klassischen“ Computerspielen274 wird bei den Online-Spielen nicht 273

Siehe dazu 4.4.3.3. „Computerspiel“ meint hier verallgemeinernd Spiele auf allen digitalen Plattformen (PCs, Konsolen, mobilen Endgeräten).

274

3.3 Andere Datenverträge

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alleine gegen den Computer oder die Konsole gespielt, sondern die Nutzer spielen zeitgleich gegen- und miteinander in einem weltweit verzweigten Netzwerk.275 Die Online-Spiele werden in der Regel über einen langen Zeitraum gespielt, der es den Spielern ermöglicht, sich eine komplexe virtuelle Identität aufzubauen. Im Rahmen dieser Spiele sollen die Spieler verschiedene Missionen und Aufgaben meistern. Zu diesem Zweck müssen sie sich (teilweise sehr zeitaufwändig) neue Fähigkeiten oder Gegenstände erarbeiten. Alternativ können die Spieler Spielgegenstände,276 zusätzliche Fähigkeiten und kosmetische Änderungen für die Spielfiguren (sog. Avatare)277 im Spiel erwerben (sog. In-Game-Käufe):278 Die virtuellen Gegenstände können mit realem Geld oder einer virtueller Währung – die wiederum teilweise zuvor mit realem Geld erworben werden kann279 – vom Anbieter gekauft oder zwischen den Spielern gehandelt werden.280 Dieser Handel mit den virtuellen Gütern mag als „Spielerei“ belächelt werden, aber allein in Deutschland wurde im Jahr 2021 mit In-Game-Käufen ein Umsatz von 4,24 Milliarden Euro erwirtschaftet.281 Die wirtschaftliche Bedeutung des Handels mit virtuellen Gegenständen wird in Zukunft noch steigen. Dazu könnten sog. NFTs (Non-Fungible Token) beitragen.282 Es handelt sich dabei um nicht austauschbare, das heißt einzigartige (durch eine eindeutige Kennung voneinander unterscheidbare) virtuelle Objekte, 275

Sogenannte Massive Multi-Player Online Role-Playing Games (MMORPGs), siehe auch Trump/Wedemeyer, K&R 2006, 397. 276 Siehe dazu Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 263 f. 277 Siehe dazu Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 262. 278 Maties, NJW 2020, 3685, 3686: „Teilweise gingen einige Publisher dazu über, bezahlte Leistungen (z. B. in Form von Lootboxen) anzubieten, die einen spürbaren Wettbewerbsvorteil im Spiel (bspw. spielstärkere Items oder Charaktere) brachten (sog. pay2win).“ Die virtuellen Gegenstände werden darüber hinaus auch auf externen Plattformen (eBay) gehandelt. Gerade letzteres wird von den Herstellern in den AGB aber regelmäßig unterbunden, um zu verhindern, dass die spielinternen Handels- und Balancesysteme verzerrt werden – und wohl auch, um selbst an den Gewinnen dieser Mikrotransaktionen beteiligt zu werden. 279 Maties, NJW 2020, 3685, 3686: „Bei der In-Game-Währung (oftmals virtuelles Gold oder virtuelle Diamanten) ist danach zu differenzieren, ob diese ihrerseits a) rein erspielt, b) mit realem Geld gekauft wird oder c) sowohl erspielt als auch gekauft werden kann.“ Siehe auch Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 265. 280 Berberich, in: Nutzergenierte Inhalte, S. 165, 168; Diegmann/Kuntz, NJW 2010, 561. 281 Siehe https://de.statista.com/statistik/daten/studie/200040/umfrage/umsatz-mit-virtue llen-zusatzinhalten-fuer-videospiele-in-deutschland-seit-2008/, letzter Abruf: 25.10.2022. 282 NFTs sind nicht nur im Online-Gaming Bereich von Relevanz, sondern auch im Kontext von anderen virtuellen Gütern: Vgl. etwa die Digitalcollage die 2021 für 69 Millionen Euro

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Datenverträge in der Insolvenz

die einem eindeutig identifizierbaren Besitzer mittels Blockchain-Technologie zugeordnet werden können.283 NFTs sind wiederverkäuflich und haben einen variierenden Wert. Im Dezember 2021 stellte etwa das Videospielunternehmen Ubisoft seine eigene NFT-Plattform vor, die den Spielern ermöglichen soll, einzigartige kosmetische Gegenstände mit jeweils eigener Kennung zu erwerben. Setzt sich dieser Krypto-Trend durch,284 ist zu erwarten, dass in Zukunft bestimmte exklusive In-Game-Gegenstände zu immer höheren Preisen weiterverkauft werden. Hat sich der einzelne Spieler nun über Jahre und nicht zuletzt durch den Einsatz finanzieller Mittel eine Online-Identität aufgebaut und in diesem Kontext möglicherweise auch virtuelle Gegenstände erworben, stellt sich die Frage, welches Schicksal seinem Account in der Insolvenz des Spielanbieters droht. Eine insolvenzrechtliche Untersuchung der zugrundeliegenden „Online-Spiel-Verträge“ nach §§ 108, 103 InsO ist jedoch erst möglich, wenn das Verhältnis zwischen dem Nutzer und dem Spielanbieter ausreichend konkretisiert ist: Daher folgen auf eine kurze technische Einführung einige Erläuterungen zu urheberrechtlichen und vertragsrechtlichen Aspekten der „Online-Spiel-Verträge“, bevor sich darauf aufbauend die insolvenzrechtliche Bewertung anschließt.

3.3.4.1 Technischer Hintergrund Im Kontext des Online-Gamings ist zwischen serverseitigen und clientseitigen Browserspielen zu unterscheiden. In ersten Fall benötigt der Spieler lediglich einen Internetzugang und einen Webbrowser: Der Spieler erstellt sich einen (oftmals kostenlosen) Account und loggt sich mittels eines Benutzernamens und eines Passworts auf den Online-Server ein. Bei clientseitigen Spielen ist ein zusätzliches Programm (sog. Client) erforderlich. Der Spieler installiert eine (kostenpflichtige) Zugangssoftware auf seinem Gerät, um anschließend über den Client online auf seinen Account und die virtuelle Umgebung des Spiels zugreifen zu können.285 Die dem Spiel zugrundeliegende Software liegt auf den Rechnern des Herstellers; auch bei clientseitigen Spielen installiert der Nutzer nur kleine im Auktionshaus Christies versteigert wurde, siehe https://www.spiegel.de/netzwelt/web/ nft-auktion-bei-christie-s-69-millionen-dollar-fuer-beeples-kryptokunst-a-fb6e4d0a-9ab344f6-8889-6115ddcfb578, letzter Abruf: 25.10.2022. 283 Siehe https://www.gamestar.de/artikel/ubisoft-quartz-nft-blockchain,3376034.html, letzter Abruf: 25.10.2022. 284 Von 2021 zu 2022 betrug das prozentuale Wachstum des gesamten Handelsvolumens von NTFs über 700 Prozent. Siehe https://de.statista.com/infografik/24807/kennzahlen-der-nftindustrie/, letzter Abruf: 25.10.2022. 285 Diegmann/Kuntz, NJW 2010, 561.

3.3 Andere Datenverträge

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Softwareteile auf seinem Rechner.286 Insbesondere die Daten des konkreten Charakters, dessen Handlungen und andere Spielstände werden nicht lokal, sondern zentral auf dem Server des Anbieters gespeichert, da dieser die virtuelle Welt insgesamt verarbeitet; loggt sich der Spieler in seinem Account ein, lässt der Anbieter dem Spieler die Daten zukommen, sodass dieser „wieder dort in das Spielgeschehen einsteigen kann, wo er es zuvor verlassen hat.“287

3.3.4.2 Urheberrechtlicher Hintergrund Nicht nur die Computerspiele in ihrer Gesamtheit genießen urheberrechtlichen Schutz,288 auch die von der Spielsoftware abgrenzbaren virtuellen Gegenstände sind vermögenswerte Objekte,289 denen urheberrechtlicher Schutz zukommen kann:290 Insbesondere den virtuellen Avataren kann nach ihrem Erscheinungsbild und ihren Fähigkeiten eine gewisse Schöpfungshöhe zukommen (§ 2 UrhG).291 Ob auch der Nutzer ein eigenes Urheberrecht an selbst kreierten virtuellen Gegenständen erlangen kann, bedarf einer Beurteilung im Einzelfall: Wenn der Spieler seinen Avatar lediglich mit vorgefertigten Einstellungsparametern konfiguriert oder den virtuellen Gegenstand erwirbt, ohne Veränderungen vorzunehmen, fehlt eine menschlich gestaltende Schöpfung ebenso wie bei dem (wenngleich zeitaufwändigen) Verbessern der Fähigkeiten des Avatars oder der Ausstattung mit

286

Redecker, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 12, Rn. 442. Wemmer/Bodensiek, K&R 2004, 432, 434. 288 Siehe Brüggemann, CR 2015, 697 ff. 289 Diegmann/Kuntz, NJW 2010, 561; Lober/Weber, MMR 2005, 653, 655. 290 Sofern Immaterialgüterrechte an den einzelnen virtuellen Gegenständen bestehen, sind sie Rechtsgegenstand beziehungsweise Rechtsobjekt, siehe zu den Begrifflichkeiten noch 4.2.3. 291 Lober/Weber, MMR 2005, 653, 658: Virtuelle Gegenstände seien Teile von Computerprogrammen i.S.d. § 69a UrhG; auch selbstständige Teile einer Software wie Items sollten als Teilwerk dem urheberrechtlichen Schutz unterfallen. Anders hingegen Trump/Wedemeyer, K&R 2006, 397, 400: Die virtuellen Gegenstände fielen – anders als die Software, die das Spielgeschehen steuert – nicht unter den Begriff des Computerprogramms nach § 69a UrhG, sondern seien als gestaltendes Element filmähnliches Werk nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG einzuordnen. So auch Brüggemann, CR 2015, 697, 698; Loewenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 2 UrhG Rn. 217. Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 2 UrhG Rn. 129 f.: Die im Computerspiel enthaltenen Figuren können auch Werk der bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 sein. Siehe auch Bullinger/Czychowski, GRUR 2011, 19, 23 f.: Spielfiguren unterfielen ebenso wie Comicfiguren § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. So auch: Gössl/Vetter, in: Nutzergenerierte Inhalte, S. 141, 158 f. 287

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Datenverträge in der Insolvenz

zusätzlichen Gegenständen.292 Ein urheberrechtlicher Schutz steht in diesen Fällen allein dem Spielbetreiber zu, der die Avatare und virtuellen Gegenstände zur Verfügung stellt.293 Eine davon abweichende Beurteilung kann jedoch gerechtfertigt sein, wenn der Nutzer den Avatar schöpferisch verändert oder sogar die virtuellen Güter (zum Beispiel mit einer vom Betreiber zur Verfügung gestellten Software) selbst erstellt.294 Für den Fall, dass nur Veränderungen vorgenommen werden, kann dies – bei hinreichender Schöpfungshöhe – eine Bearbeitung nach § 3 S. 1 UrhG sein, die ein selbstständiges urheberrechtliches Werk ist.295 Erschafft der Nutzer hingegen vollkommen selbstständig einen Avatar oder einen anderen virtuellen Gegenstand, der nicht bloße Nachbildung eines realen Gegenstands ist,296 kann dem Nutzer ein urheberrechtlicher Schutz nach § 2 Abs. 2 UrhG an diesem zugesprochen werden.297 Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, dass die virtuellen Gegenstände ihrerseits von der virtuellen Spielumgebung abhängig sind.298 Allerdings bleibt die Unselbstständigkeit des virtuellen Gegenstands nicht ohne Folgen: Der urheberrechtliche Schutz kann gegenüber dem Betreiber der virtuellen Umgebung nicht dergestalt eingreifen, dass der virtuelle Gegenstand in seiner Existenz geschützt ist; der Betreiber ist also durchaus dazu berechtigt, das 292

Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 273. Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 276: „Zwar hat der Betreiber nicht selber das Urheberrecht an den von seinen Angestellten entworfenen Avataren und virtuellen Gütern, denn hierfür kommen nur natürliche Personen in Betracht: […] Jedoch werden die angestellten Softwareentwickler regelmäßig dem Betreiber umfassende Nutzungsrechte einräumen, falls dies nicht bereits gesetzlich gemäß § 69b UrhG erfolgt ist. Der Betreiber hat mithin ein Urheberrecht an dem MMORPG als Ganzem, aber auch an den einzelnen Teilen, die logischerweise mitgeschützt sind.“ 294 Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 276. Siehe auch Gössl/Vetter, in: Nutzergenerierte Inhalte, S. 141, 158: Die Bereitstellung des Programms begründe in diesen Fällen keine Miturheberschaft des Betreibers, da die Programme lediglich als Hilfestellung dienen. 295 Schwiering/Zurel, MMR 2016, 440, 443: Die Erstellung einer Bearbeitung oder anderen Umgestaltungen sei gem. § 23 S. 1 UrhG grundsätzlich auch ohne die Einwilligung des Urhebers erlaubt. Allerdings unterliegt in diesem Fall eine freie Werkverwertung gemäß § 24 UrhG strengen Voraussetzungen: Das neue Werk muss gegenüber dem alten eine deutlich zutage tretende Eigenständigkeit aufweisen, da der Nutzer nicht fremde Bemühungen für sich beanspruchen soll. 296 Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 273. 297 Die urheberrechtlichen Regelungen in den Nutzungsbedingungen könne man so auslegen, dass der Nutzer dem Betreiber alle Nutzungsrechte an den virtuellen Gegenständen einräumt, siehe Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 277. 298 Psczolla, JurPC Web-Dok. 17/2009, Abs. 25; Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 272. 293

3.3 Andere Datenverträge

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Spielsystem einzustellen.299 Insofern ist der urheberrechtliche Schutz des Nutzers durch die vertragliche Beziehung zum Anbieter eingeschränkt.300 Ferner kann der Spielanbieter – als Urheber des Spiels und der virtuellen Gegenstände – den Spielern Nutzungsrechte gemäß § 31 UrhG einräumen.301 Dies ist notwendig, da die Online-Spiele einen permanenten Datenaustausch zwischen dem Zentralserver und den Spielern erfordern, der gewährleistet, dass die Online-Welt immer den jeweiligen Interaktionen der Spieler angepasst wird; dieser Datenaustausch zwischen den Nutzern unterfällt dem Recht auf öffentliche Zugänglichmachung analog § 19a UrhG.302 Zudem werden die Daten (ähnlich wie beim Streaming) vorübergehend auf dem Gerätespeicher der Nutzer vervielfältigt.303 Die Nutzungsbedingungen der Online-Spiele, die auch für den spielinternen Kauf der virtuellen Gegenstände gelten, vermitteln daher

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Spindler, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 261, 272 f. Aus diesem Grund wird urheberrechtlicher Schutz teilweise abgelehnt: Siehe Psczolla, JurPC Web-Dok. 17/2009, Abs. 26: „Die Abhängigkeit der Rechtsposition eines Nutzers an einem virtuellen Gegenstand von einer durch Privatautonomie geprägten Vertragsbeziehung verhindert, dass dieser losgelöst von der Einwirkung eines Dritten über den Gegenstand Rechtsmacht ausüben kann. Dieser Umstand ist mit der Anerkennung eines absoluten Rechts an einem virtuellen Gegenstand nicht zu vereinbaren.“ 301 Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 276 f. Ist der Spielbetreiber selbst Lizenznehmer, wird eine entsprechende Unterlizenz eingeräumt. 302 Trump/Wedemeyer, K&R 2006, 397, 401: „§ 19a UrhG erfasst diese Form ausweislich des Gesetzeswortlautes nicht. Die Anbieter solcher permanenten Datenaustausche rechtlos zu stellen, ist nicht hinnehmbar. Wenn schon ein einmaliger Datenaustausch eine urheberrechtlich relevante Nutzungsart darstellt, muss erst recht ein permanenter Datenaustausch, der mit wesentlich größerem Aufwand für den Anbieter verbunden ist, urheberrechtlich relevant sein. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Aufzählung der Verwertungsrechte in § 15 UrhG nicht abschließend ist, da eine solche mit dem raschen technischen Fortschritt nicht mithalten könnte.“ 303 Es spricht viel dafür, dass auch in diesem Fall die urheberrechtlichen Schranken nach §§ 44a Nr. 2, 53 Abs. 1 UrhG greifen. Siehe dazu 3.3.3.2.1.1 und 3.3.3.2.2. 300

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Datenverträge in der Insolvenz

entsprechende Lizenzen.304 Diese gewähren jedoch allenfalls ein einfaches Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 2 UrhG, da die Hersteller nicht nur einem einzigen Nutzer den Gebrauch ermöglichen möchten.305

3.3.4.3 Vertragstypologische Einordnung Auf schuldrechtlicher Ebene ist zwischen verschiedenen Verträgen zu differenzieren.

3.3.4.3.1 Spielsoftware-Vertrag Für den Erwerb klassischer Spielsoftware kommt die Subsumtion unter einen (im BGB nicht geregelten) Lizenzvertrag mit kaufrechtlichem Leitbild in Betracht.306 Nach §§ 453 Abs. 1 2. Alt., 433 BGB ist erforderlich, dass der Verkäufer dem Käufer die Daten so bereitstellt, dass dieser dauerhaft, uneingeschränkt und unabhängig von Dritten auf die Daten zugreifen kann.307 Ein solcher dauerhafter Zugriff auf die Daten ist bei reinen Offline-Spielen anzunehmen, wenn der Spieler das Spiel plattformunabhängig speichern kann oder er sogar im Besitz der physischen Version des Spiels ist. Eine kaufrechtliche Einordnung scheidet indes aus, wenn die Spielsoftware lediglich die Voraussetzungen zum Zugang der Online-Spielwelt schafft.308 In diesem Fall hängt die Gebrauchsmöglichkeit der Spielsoftware davon ab, ob 304

Siehe die Electronic Arts Nutzungsbedingungen: „Vorbehaltlich der Einhaltung der Bestimmungen dieser Vereinbarung, gewährt EA Ihnen eine persönliche, zeitlich begrenzte, nicht übertragbare (d. h. nicht zur gemeinsamen Nutzung mit anderen bestimmte), widerrufliche und nicht exklusive Lizenz zur Nutzung der EA-Services, auf die Sie für nichtkommerzielle Zwecke Zugriff haben.“, siehe https://tos.ea.com/legalapp/WEBTERMS/US/ de/PC/, letzter Abruf: 25.10.2022. Siehe auch Blizzard-Endnutzerlizenzvereinbarungen: „Sofern Sie den Bedingungen der Vereinbarung zustimmen und diese einhalten, gewährt und überlässt Blizzard […] Ihnen eine begrenzte, nicht unterlizenzierbare und nicht exklusive Lizenz zur Nutzung der Plattform“, siehe https://www.blizzard.com/de-de/legal/08b946df-660a-40e4-a072-1fb de65173b1/blizzard-endnutzerlizenzvereinbarung, letzter Abruf: 25.10.2022. 305 Gössl/Vetter, in: Nutzergenerierte Inhalte, S. 141, 159. 306 Nach dem ASP-Urteil des BGH (BGH, Urt. v. 15.11.2006, Az. XII ZR 120/04 = NJW 2007, 2394) findet auf einen Vertrag, der die Überlassung von Software zum Gegenstand hat, Mietvertragsrecht Anwendung. Indes passt diese Einordnung nicht im Hinblick auf die nur einmalige Leistungspflicht des Spielers beim Erwerb der Spielsoftware. 307 Siehe 3.3.3.3.1. 308 A.A. Weber, in: Brandi-Dohrn/Lejeune, Recht 2.0, S. 197, 207: Die Zurverfügungstellung von Zugangssoftware sei als Sachkauf zu werten. In den meisten Fällen wird „der (weitere) Vertrag über die Zugangsgewährung zur virtuellen Welt als Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages [über die Zugangssoftware] im Sinne der §§ 313 Abs. 1, 2 BGB anzusehen sein.

3.3 Andere Datenverträge

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auch ein Zugang zum Online-Angebot des Spielanbieters besteht: Wenngleich der Spieler zwar auf die überlassenen Daten dauerhaft zugreifen kann – sofern er die Spielsoftware plattformunabhängig gespeichert hat – ist die Nutzbarkeit der erlangten Daten nicht unabhängig von Dritten möglich. Der Wert der Leistung des Spielanbieters liegt nicht darin, dass der Spieler auf die Zugangssoftware zugreifen kann, sondern gerade in der damit verknüpften konkreten Spielmöglichkeit. Ohne den tatsächlichen Zugriff auf die Online-Spielwelt kann der Spieler mit der überlassenen Software nichts anfangen. Schließlich ist vorstellbar, dass die heruntergeladene Spielsoftware in die Plattform des Anbieters eingebunden ist, sodass der Spieler noch nicht einmal über diese Daten unabhängig verfügt.309 Eine Einordnung als Kaufvertrag nach §§ 453 Abs. 1 2. Alt., 433 BGB scheidet daher aus. Daher ist zu klären, wie der Spielsoftware-Vertrag in diesem Fall stattdessen vertragstypologisch einzuordnen ist: Wenngleich aufgrund der vielfältigen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können, muss der Nutzer in der Regel nur einmalig zahlen.310 Der Anbieter wird hingegen neben der Bereitstellung der Spielsoftware (auf einer CD oder als Download) verpflichtet sein, den Zugang zur Online-Spielwelt zu ermöglichen. Daher wird es etwa unzulässig sein, eine Spielsoftware zu vertreiben, wenn für den Anbieter erkennbar ist, dass diese mangels einer Online-SpielMöglichkeit von Anfang an nicht genutzt werden kann. In der Praxis finden sich jedoch zahlreiche einschränkende vertragliche Klauseln der Spielanbieter.311 Im Gewährt der Anbieter den Zugang nicht, obwohl der Nutzer insofern abschluss- und zahlungsbereit ist, kann der Nutzer den Kauf gemäß § 313 Abs. 3 BGB rückabwickeln. Auch bei erheblichen Preissteigerungen des Online-Zugangs nach dem Kauf der Software könnte die Geschäftsgrundlage gestört sein.“ Gegen einen eigenständigen Vertrag hingegen Redecker, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, Teil 12, Rn. 449: „Im Normalfall stellt der Erwerb der Zugangssoftware zu dem Spiel keinen eigenen Vertrag dar, sondern ist ein nachgeordneter Teil des Vertrages über die Spielnutzung. Anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Software auch ohne Plattform nutzbar ist.“ So auch Redecker, in: Redecker, IT-Recht, Rn. 1270. 309 Siehe dazu 3.3.3.3.1. 310 Denkbar sind auch kostenlose Spielprogramme (free to play). Siehe dazu die neuen §§ 312 Abs. 1a, 327 Abs. 3, welche die Zahlung von Geld und die Bereitstellung von personenbezogenen Daten gleichstellen. Siehe bereits 3.3.1.3. 311 Siehe zum Beispiel die Nutzungsbedingungen von Amazon-Games: „Wir garantieren nicht dafür, dass Ihnen eine Online-Anwendung zur Verfügung steht oder für Sie verfügbar bleibt und sind nicht für etwaige Ausfallzeiten von Online-Anwendungen verantwortlich.“, https://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html?nodeId=201441190, letzter Abruf: 25.10.2022.

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Datenverträge in der Insolvenz

Rahmen dieser Untersuchung ist jedoch nicht abschließend zu klären, ob diese Einschränkungen wirksam sind. Im Ausgangspunkt ist daher anzunehmen, dass der Spielsoftware-Vertrag – ähnlich wie der „Kauf“ von digitalen Werken im VoD- und AoD-Bereich – ein einseitiges Dauerschuldverhältnis eigener Art mit lizenzrechtlichen Elementen ist.312

3.3.4.3.2 Account-Vertrag Davon zu unterscheiden ist die Erstellung eines Accounts und der damit verknüpfte Erwerb des Rechts zur Nutzung der virtuellen Umgebung des Spiels: Der Account-Vertrag stellt kein reines Mietverhältnis dar,313 da die Interessen der Nutzer über eine bloße Überlassung des Spiels hinausgehen: Es sollen zum Beispiel auch der Zugang zur Spielwelt gesichert, die virtuelle Spielmöglichkeit gegen andere Spieler verschafft und die Spieldaten gespeichert werden: Damit liegt eine Einordnung als typengemischter Vertrag mit dienst-, werk- und mietvertraglichen Elementen nahe.314 Da ein Erfolgsversprechen des Spielanbieters aufgrund der vielgestaltigen technischen Bedingungen – auch auf dem heimischen Computer des Spielers – weder vom Nutzer vernünftigerweise erwartet noch von dem Anbieter zuverlässig eingelöst werden könnte, wird regelmäßig lediglich ein Bemühen geschuldet sein, sodass der Schwerpunkt vieler Account-Verträge trotz der miet- und werkvertraglichen Elemente auf dem Dienstvertragsrecht liegen wird.315 Da die Überlassung eines unkörperlichen Guts (die virtuelle Spielumgebung) zur Benutzung in Rede steht, wird die Einrichtung des Accounts teilweise auch als Lizenzvertrag beurteilt.316 Die Nutzungsbedingungen der Spielanbieter vermitteln ein ähnliches Bild.317 Mithin ist regelmäßig von einem lizenzähnlichen Rechtsgeschäft mit einem dienstvertraglichem Leitbild auszugehen. 312

Siehe dazu bereits ausführlich 3.3.3.3.1. Aus dem gleichen Grund scheidet im Falle der kostenlosen Nutzung auch eine bloße Leihe nach § 598 BGB aus. 314 Krasemann, MMR 2006, 351, 352; Redecker, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, MultimediaRecht, Teil 12, Rn. 448. Picot, in: Auer-Reinsdorff/Conrad, Handbuch IT-Recht, § 29 Rn. 38: In der Gewährung der zeitlich befristeten Spielmöglichkeit in einer virtuellen Spielwelt gegen Entgelt liege einerseits ein mietvertragliches Element (Überlassung der Spielsoftware als SaaS), andererseits auch ein werkvertragliches Element, da es dem Nutzer vor allem auf die erfolgreiche Bereitstellung einer funktionierenden Spielmöglichkeit ankomme. Zu einem kostenlosen Spielnutzungsvertrag: AG Karlsruhe, Urt. v. 19.05.2015, Az. 8 C 377/14 = MMR 2015, 514: Es handele sich um einen typengemischten Vertrag, der sowohl leihvertragliche wie auch auftragsrechtliche Elemente aufweise. 315 Wemmer/Bodensiek, K&R 2004, 432, 434. 316 Trump/Wedemeyer, K&R 2006, 397, 399. 317 Siehe Fn. 304. 313

3.3 Andere Datenverträge

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3.3.4.3.3 Verträge über virtuelle Gegenstände Weitere eigenständige Verträge bilden die einzelnen Mikrotransaktionen: Bei den virtuellen Gegenständen handelt es sich um sonstige Gegenstände nach § 453 Abs. 1 2. Alt. BGB. Die Mikrotransaktionen werden bei Erwerb mit realem Geld regelmäßig als Kaufvertrag nach §§ 433 Abs. 1 S. 1, 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB eingeordnet.318 Wird der virtuelle Gegenstand nicht mit einem gesetzlichen Zahlungsmittel, sondern in einer Spielwährung bezahlt, soll hingegen ein Tauschvertrag vorliegen, auf den nach § 480 BGB gleichfalls das Kaufrecht Anwendung findet;319 regelmäßig wird die virtuelle Spielwährung vorher gegen Geld, also nach §§ 433 Abs. 1 S. 1, 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB, erworben. Nicht von Bedeutung ist, ob der Vertrag über die Handelsplattform eines Drittanbieters oder eine vom Spielanbieter in das Spiel integrierte Plattform abgeschlossen wird.320 Der Veräußerer ist jeweils verpflichtet, dem Erwerber die Nutzung des virtuellen Gegenstands zu ermöglichen; insofern kommt eine Klassifizierung als Lizenzvertrag mit kaufrechtlichem Leitbild in Betracht.321 Indes ist zweifelhaft, ob eine Einordnung als Kaufvertrag tatsächlich überzeugend ist. Zur Erfüllung eines Kaufvertrags nach § 453 Abs. 1 2. Alt. BGB über einen digitalen Inhalt ist erforderlich, dass der Käufer die Daten dauerhaft, uneingeschränkt und unabhängig von Dritten nutzen kann. Bei den Online-Spielen ist eine unabhängige Nutzbarkeit des „gekauften“ In-GameGegenstands (z. B. einer virtuellen Waffe) aber gerade nicht gegeben, da diese vom Bestand der technischen Infrastruktur des Spielanbieters abhängt: Entfällt die Online-Spielmöglichkeit, endet auch die Nutzungsmöglichkeit des „gekauften“ Gegenstands.322 Die Einordnung als Kauf im Sinne des § 453 Abs. 1 2. Alt. BGB ist daher abzulehnen.323 318

Diegmann/Kuntz, NJW 2010, 561, 562; Maties, NJW 2020, 3685, 3687; Klickermann, MMR 2007, 766, 768; Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 278. 319 Lutzi, NJW 2012, 2070, 2071; Redecker, in: Redecker, IT-Recht, Rn. 1270. 320 Lutzi, NJW 2012, 2070, 2071; Rippert/Weimer, ZUM 2007, 272, 279. 321 Siehe Zech, ZUM 2014, 3, 8: Auch die Verschaffung der faktischen Nutzungsmöglichkeit sei typisches Element von Lizenzverträgen. 322 Eine weitere Nutzungsmöglichkeit könnte sich in Zukunft mithilfe sog. NFTs (NonFungible-Token) ergeben. Siehe dazu bereits Teil 2: C. IV. Der Hauptgedanke bei NFTs ist, dass sie auch außerhalb eines Spieles existieren und man sie in andere Welten mitnehmen kann. Das funktioniert indes nur dann, wenn die anderen Spielanbieter tatsächlich zulassen, dass die fremden Tokens in ein anderes Spiel eingebunden werden können. Das bleibt abzuwarten. 323 A.A. Christiansen, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Medienrecht, 52. Abschnitt, Rn. 3: „Der Kauf von virtuellen Gütern in Spielen und Apps steht unter der auflösenden Bedingung des Betriebs des Spiels.“

100

3

Datenverträge in der Insolvenz

Für das vertragliche Verhältnis gelten stattdessen die folgenden Grundsätze: Auf Seiten des Nutzers steht allein die einmalige Vergütungspflicht, während der Anbieter dazu verpflichtet ist, dem Nutzer den In-Game-Gegenstand – also die entsprechenden Daten – dauerhaft innerhalb der virtuellen Welt zur Verfügung zu stellen, sodass dieser den Gegenstand im Spiel jederzeit einsetzen kann. Der Vertrag über einen virtuellen Gegenstand ist daher – wie der „Kauf“ von digitalen Werken und der Spielsoftware-Vertrag – ein nur einseitiges Dauerschuldverhältnis eigener Art mit lizenzrechtlichen Elementen.

3.3.4.4 Insolvenzrechtliche Bewertung Wird über das Vermögen eines Online-Spielanbieters das Insolvenzverfahren eröffnet, stellt sich die Frage nach dem Schicksal der verschiedenen Verträge, die dem Online-Gaming zugrunde liegen. Die wesentlichen Spieldaten liegen wie zuvor beschrieben auf den zentralen Servern des Anbieters, sodass der Spieler auf diese nur zugreifen kann, sofern die Spielplattform weiter betrieben wird.

3.3.4.4.1 Spielsoftware-Vertrag Der Vertrag über klassische Spielsoftware für Offline-Spiele, die der Nutzer käuflich erworben und auf seinem Endgerät plattformunabhängig gespeichert hat, ist insolvenzfest, da der Spieler die Software auch im Falle der Insolvenz des Anbieters weiter nutzen kann. Schafft die Spielsoftware hingegen lediglich den Zugang zur Online-Welt, ist die erhaltene Leistung in Bezug auf die Softwareteile, die allein den Online-Zugang ermöglichen, nur bedingt insolvenzfest: Sofern der Spieler das Spiel plattformunabhängig gespeichert hat, kann er zwar die dazugehörigen Daten behalten; da die Server für das Online-Spiel jedoch insolvenzbedingt eingestellt werden können, ist die andauernde Gebrauchsmöglichkeit der Spielsoftware in der Insolvenz des Spielanbieters nicht gewährleistet. Die Leistung des Spielanbieters ist erst recht nicht insolvenzfest, wenn die Spielsoftware in die technische Infrastruktur des Anbieters eingebunden ist. Der Spielsoftware-Vertrag besteht aber auch nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort: Unabhängig von der Frage, ob die Norm überhaupt Anwendung auf einseitige Dauerschuldverhältnisse findet, ist fraglich, ob der einzelne Spielsoftware-Vertrag seinen Schwerpunkt im Dienstvertragsrecht hat. Sollte man zu einer dienstvertraglichen Einordnung gelangen, würde der Vertrag aber aufgrund der damit einhergehenden oktroyierten Unternehmensfortführung nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO andauern; dies wird im Rahmen der insolvenzrechtlichen Ausführungen zum Account-Vertrag noch näher erläutert.324 Der 324

3.3.4.4.2.

3.3 Andere Datenverträge

101

Spielsoftware-Vertrag besteht schließlich auch nicht aufgrund seines lizenzvertraglichen Charakters nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort: Weder waren die gesetzgeberischen Versuche zur Schaffung eines § 108a InsO erfolgreich noch ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO analog anzuwenden.325 Unabhängig von einer etwaigen Erfüllung des Spielanbieters,326 kommt für den Spielsoftware-Vertrag schließlich keine Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO in Betracht, da jedenfalls der Spieler seiner Zahlungspflicht bereits nachgekommen sein wird.327 Es bleibt daher festzuhalten, dass der Spieler in der Insolvenz des Online-Spielanbieters zwar die ihm überlassenen und vom ihm bezahlten Daten behalten kann, sofern er diese plattformunabhängig speichern konnte; die daraus folgende, maßgebliche Online-Spielmöglichkeit ist aber letztlich nicht insolvenzfest.

3.3.4.4.2 Account-Vertrag Der Account-Vertrag besteht nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort. Eine Einordnung als Lizenzvertrag führt nicht zum Fortbestand des Account-Vertrags.328 Etwas anderes gilt auch nicht für den Fall, dass eine Dienstleistung den Schwerpunkt des Vertrags bildet; dies wird für einige der kostenpflichtigen Account-Verträge anzunehmen sein.329 § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist, wie an anderer Stelle ausführlich beschrieben,330 in der Insolvenz des Dienstverpflichteten (jedenfalls dann) teleologisch zu reduzieren, wenn die Fortführung eines Dienstvertrags die Fortführung des Unternehmens als Ganzes erforderlich macht: Zur Erfüllung der Account-Verträge muss – im Gleichlauf zu den Cloud- und Streaming-Verträgen – die gesamte virtuelle Spielwelt aufrechterhalten, also das Personal weiter beschäftigt und die technische Infrastruktur sowie die Spiellizenzen weitergeführt werden. Die Fortführung der Account-Verträge ist aber nur

325

Siehe schon 3.3.3.4.1.1. Je nach den vereinbarten vertraglichen Pflichten, hat der Spielanbieter vollständig erfüllt, siehe 3.3.4.3.1. Der Spielanbieter wird jedenfalls mit Blick auf die zusätzliche Lizenzeinräumung vollständig erfüllt haben, da die Lizenz für die überlassenen Softwareteile einmalig eingeräumt wird. Siehe zur vollständigen Erfüllung bei Lizenzen bereits 3.3.3.4.1.2. 327 Sofern ein unentgeltliches Spiel in Rede steht, ist mit Blick auf die neuen §§ 312 Abs. 1a, 327 Abs. 3 BGB, die die Zahlung mit Geld und die Bereitstellung personenbezogener Daten gleichstellen, noch zu klären, ob ein gegenseitiger Vertrag vorliegt und falls ja, unter welchen Voraussetzungen der Verbraucher „vollständig erfüllt“ hat. Siehe dazu 3.3.1.3. 328 Siehe zur Insolvenzfestigkeit des Lizenzvertrags ausführlich 3.3.3.4.1.1. 329 Zur vertragstypologischen Einordnung siehe 3.3.4.3.2. 330 Siehe 3.1.1.2.2.4. 326

102

3

Datenverträge in der Insolvenz

deshalb eine unverhältnismäßige Massebelastung, da die meisten dieser Verpflichtungen in der Insolvenz andernfalls nicht fortbestünden, sondern dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters unterliegen würden: Insolvenzfest sind zwar die Dienstverträge der Angestellten sowie die Internet-Verträge.331 Allerdings unterfallen weder die Lizenzverträge332 mit den Urhebern über die Spielsoftware, noch die Stromverträge oder die Verträge über die Miete externer Server dem § 108 Abs. 1 S. 1 InsO. Um die Fortführung der Spiel-Accounts gewährleisten zu können, müssten daher umfassende zusätzliche Verpflichtungen bedient werden, die zusammen genommen einer oktroyierten Unternehmensfortführung gleichkommen, sodass § 108 Abs. 1 S. 1 InsO nicht anzuwenden ist.333 Das Gleiche gilt, wenn aufgrund einer anderen Gewichtung der Leistungen das Dienstvertragsrecht nicht bereits den Schwerpunkt des Account-Vertrags bildet. Folglich greift die Grundregel der Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO; der Account-Vertrag ist als gegenseitiges Dauerschuldverhältnis noch nicht vollständig erfüllt. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für eine Erfüllungswahl, führt er den Account-Vertrag mit dem Nutzer fort und der Spieler kann wie gewohnt auf die virtuelle Spielwelt zugreifen.

3.3.4.4.3 Verträge über virtuelle Gegenstände Die erbrachte Leistung im Rahmen der Verträge über virtuelle Gegenstände ist nicht insolvenzfest: Ähnlich wie bei der Überlassung der Spielsoftware hängt die Nutzbarkeit der virtuellen Gegenstände vom Fortbestand der Spielwelt ab.334 Damit verliert der virtuelle Gegenstand bei einer insolvenzbedingten Einstellung der Spiel-Server seine Gebrauchsfähigkeit. Ferner bestehen die Verträge über die virtuellen Gegenstände, die Teil der Online-Gaming-Welt sind, nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort. Auch hier gilt, dass unabhängig davon, ob man die Leistung des Spielanbieters als Dienstleistung einstufen kann, schon zweifelhaft ist, ob einseitige Dauerschuldverhältnisse in den Anwendungsbereich des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fallen. Aber selbst wenn man diese beiden Voraussetzungen bejahen würde, wären die zuvor zum Account-Vertrag gefundenen Ergebnisse zu übertragen: Auch die Fortführung der Verträge über virtuelle Gegenstände würde

331

Siehe bereits 3.2.2.1. Siehe dazu 3.3.3.4.1.1. 333 Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man § 108 Abs. 1 S. 1 InsO in der Insolvenz des Dienstverpflichteten von vornherein nicht anwenden will. 334 Etwas anderes könnte sich in Zukunft aufgrund der sog. NFTs ergeben, siehe bereits Fn. 322. 332

3.3 Andere Datenverträge

103

zusätzliche Verpflichtungen erfordern, die zusammen genommen einer oktroyierten Unternehmensfortführung gleichkämen. Eine solche Konstellation ist von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO jedenfalls nicht erfasst.335 Eine Erfüllungswahl nach § 103 Abs. 1 InsO scheidet im Rahmen von Mikrotransaktionen gleichfalls aus, da der Spieler den Kaufpreis im Rahmen der einmaligen Transaktion erbracht haben wird, sodass von seiner Seite vollständig erfüllt wurde.

3.3.4.5 Zwischenergebnis Im Kontext der Online-Spiele kann der einzelne Account des Nutzers einen nicht unerheblichen ideellen und wirtschaftlichen Wert haben; letzteres gilt insbesondere, wenn der Spieler nennenswerte Summen Geld im Rahmen diverser Mikrotransaktionen investiert hat. Die den Online-Spielen zugrundliegenden Verträge sind indes nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest: Zwar kann der Account-Vertrag ein Dienstvertrag sein, allerdings erreichen die mit einer Fortführung der Account-Verträge verbundenen umfassenden zusätzlichen Massebelastungen das Maß einer oktroyierten Unternehmensfortführung; in einem solchen Fall ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO nach Sinn und Zweck nicht anwendbar. In der Insolvenz des Online-Spielanbieters kann der Spieler – vorbehaltlich einer möglichen Erfüllungswahl des Verwalters – daher nicht weiter auf den Account zugreifen. Die überlassene Spielsoftware und die einzelnen virtuellen Gegenstände kann der Spieler nur bei Fortführung des Accounts, also bei Fortführung der virtuellen Spielwelt, weiter nutzen. Ob für die Spieldaten eine Aussonderung nach § 47 InsO in Betracht kommt, ist im Folgenden noch zu untersuchen.336

3.3.5

Zwischenergebnis

Im vorangegangenen Abschnitt wurde illustriert, dass abseits der Insolvenz von Cloud-Speicher-Diensten auch andere Datendienste existieren, deren Insolvenz zur Folge hat, dass der Nutzer auf zuvor verfügbare Daten – E-Mails, Textnachrichten, Serien und Filme oder eben virtuelle Spielidentitäten – nicht mehr zugreifen kann, da sie sich im Herrschaftsbereich des Anbieters befinden. Der Zugriff auf die Daten ist jedoch über die Insolvenz des jeweiligen Anbieters hinaus weiter möglich, sofern die zugrundeliegenden Verträge in der Insolvenz fortbestehen. 335

Siehe zur teleologischen Reduktion bei einer oktroyierten Unternehmensfortführung 3.1.1.2.2.4. 336 Siehe 4.4.3.4.

104

3

Datenverträge in der Insolvenz

Es hat sich allerdings gezeigt, dass auch diese anderen Datenverträge in der Insolvenz in der Regel nicht andauern. Eine entsprechende Insolvenzfestigkeit nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO könnte ohnehin nur für diejenigen Datenverträge bejaht werden, die dem Dienstvertragsrecht unterfallen. Den diskutierten Datenverträgen, auf die das zutraf, ist indes gemein, dass ihre Fortführung jeweils einer oktroyierten Unternehmensfortführung gleichkäme. Nach der hier vertretenen Auffassung kann jedenfalls in solchen Fällen § 108 Abs. 1 S. 1 InsO nach Sinn und Zweck nicht eingreifen. Eine Fortführung der vertraglichen Beziehung in der Insolvenz des Datenverwalters kommt daher allein bei einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters in Betracht. Im Rahmen der VoD-/AoD- sowie der Online-Spiel-Verträge wurden zudem urheberrechtliche Überlegungen angestellt, da teilweise vertreten wird, dass die Einräumung von Lizenzen Einfluss auf die insolvenzrechtliche Behandlung der Verträge nach §§ 108, 103 InsO nehme. Es wurde jedoch erörtert, dass die Einräumung einer Lizenz keinen Einfluss auf die Insolvenzfestigkeit der Verträge hat.

3.4

Zusammenfassung

Dieser Teil der Untersuchung hat sich dem Schicksal verschiedener datenrelevanter Verträge in der Insolvenz gewidmet. Der insolvente Dienstanbieter müsste dem Nutzer den Zugriff auf die Daten weiter ermöglichen, wenn der zugrundeliegende Datenvertrag trotz der Insolvenz fortbesteht. Daher wurde untersucht, ob die ausgewählten Datenverträge nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest sind. Alternativ wäre der Zugriff auf die Daten weiter möglich, wenn der Insolvenzverwalter im Rahmen eines gegenseitigen noch nicht vollständig erfüllten Vertrags nach § 103 Abs. 1 InsO die Erfüllung wählt. Indes hat sich gezeigt, dass die untersuchten Datenverträge in der Insolvenz in aller Regel nicht fortbestehen. In der Insolvenz des Datenverwalters lassen sich für den Nutzer die folgenden ungünstigen Szenarien identifizieren: 1. Der Anwendungsbereich von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ist eröffnet, da der Datenvertrag ein Dienstvertrag ist. Indes impliziert die Fortführung des Vertrags eine oktroyierte Unternehmensfortführung, da zur Erfüllung des Datenvertrags die gesamte Infrastruktur des Dienstanbieters aufrechterhalten werden muss. In diesem Fall ist § 108 Abs. 1 S. 1 InsO teleologisch zu reduzieren und der Datenvertrag daher nicht insolvenzfest.

3.4 Zusammenfassung

105

2. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO greift nicht ein. Der Anwendungsbereich von § 103 Abs. 1 InsO ist dennoch nicht eröffnet, da der Nutzer vorgeleistet hat. In diesem Fall steht ihm ein seiner Vorleistung entsprechender Anspruch als quotale Insolvenzforderung gegen den Schuldner zu. 3. Der Anwendungsbereich von § 103 InsO ist eröffnet, aber der Zugriffsanspruch auf die Daten ist wegen der Erfüllungsablehnung nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO nicht durchsetzbar und es verbleibt nur ein quotaler Schadensersatzanspruch des Gläubigers. 4. Schließlich kann der Vertrag entweder durch eine Erfüllungswahl oder aufgrund der ausnahmsweisen Anwendbarkeit von § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest sein. In diesem Fall besteht allerdings die Gefahr, dass der vertragliche Zugriffsanspruch wegen Masseunzulänglichkeit wertlos ist, da die Leistungen des Dienstanbieters nicht fortgeführt werden können. Ein tatsächlich andauernder vertraglicher Zugriff des Nutzers auf seine Daten kommt somit allein dann in Betracht, wenn § 108 Abs. 1 S. 1 InsO (ausnahmsweise) einschlägig ist oder wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Datenvertrags nach § 103 Abs. 1 InsO wählt: In diesem Fall bestehen die Verträge fort und der Nutzer kann innerhalb der technischen Infrastruktur des Anbieters weiter auf die Daten zugreifen. In allen anderen Fällen kann der Nutzer seinem Zugriffs- und Herausgabebegehren allenfalls mithilfe der Aussonderung nach § 47 InsO zum Erfolg verhelfen.

4

Die Aussonderung von Daten

Da die Datenverträge mit dem Nutzer in der Insolvenz des Datenverwalters in der Regel nicht fortgeführt werden und ein weiterer vertraglicher Zugriff auf die Daten daher ausscheidet, kann der Nutzer die Herrschaft über „seine“ Daten nur über die Herausgabe derselben (wieder)erlangen. Sofern dem Nutzer ein entsprechendes dingliches oder persönliches Recht an den Daten zusteht, kann er sein Herausgabebegehren mithilfe der Aussonderung nach § 47 InsO durchsetzen. Indes ist auch in diesem Fall keine Herausgabe im herkömmlichen Sinn möglich, da die Daten nicht körperlich aus der Masse herausgelöst, sondern allenfalls kopiert, bereitgestellt und beim Insolvenzschuldner gelöscht werden können.1 Besteht kein Aussonderungsrecht, sind die Daten, die sich auf den Servern des insolventen Datenverwalters befinden, für den Nutzer verloren.2 Im Folgenden ist zunächst das insolvenzrechtliche Institut der Aussonderung zu erörtern. Zu diesem Zweck werden der Gegenstand der Aussonderung und die Hintergründe der dinglichen und persönlichen Aussonderungsberechtigung skizziert. Im Anschluss wird die Aussonderung von Daten im Besonderen in den Blick genommen. In diesem Zusammenhang ist es zwingend erforderlich die zivilrechtliche Zuordnung von Daten zu analysieren, da sich die im Insolvenzrecht maßgebliche haftungsrechtliche Zuordnung an dieser orientiert. Darauf aufbauend können die insolvenzrechtlichen Konsequenzen erörtert werden: Es ist zu erläutern, dass Daten, obwohl sie nicht klassischer Rechtsgegenstand sind, Gegenstand der Aussonderung nach § 47 InsO sein können. Daran anknüpfend werden mögliche dingliche und persönliche Rechte an Daten identifiziert beziehungsweise ausgeschlossen. Für die ausgewählten Anwendungsbeispiele, also 1 2

J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 962. J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 961.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 M. von Dreusche, Datenverträge in der Insolvenz, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8_4

107

108

4

Die Aussonderung von Daten

die Insolvenz von Cloud-Speicher-, E-Mail- und Messenger-Diensten, sowie von VoD- und AoD- oder Online-Gaming-Anbietern, ist zu untersuchen, ob der Nutzer die Daten in der Insolvenz des Dienstanbieters aussondern kann. Ferner sollen auch etwaige praktische Folgen einer Datenaussonderung in den Blick genommen werden. Schließlich ist zu thematisieren, ob ein gesetzlich garantiertes Aussonderungsrecht – wie es im luxemburgischen Recht besteht – ein sinnvolles Instrument darstellen könnte.

4.1

Die Aussonderung im Allgemeinen

Die Aussonderung nach § 47 InsO bezweckt, dass Gegenstände, die nicht für Verbindlichkeiten des Schuldners haften, aus der Insolvenzmasse entfernt werden, sodass sie nicht zugunsten der Massegläubiger verwertet werden können. Sie trägt somit dazu bei, dass die „Ist-Masse“ zur „Soll-Masse“ bereinigt wird.3 Der Aussonderungsberechtigte ist kein Insolvenzgläubiger, sondern kann seine Rechte mit Hilfe der zivilprozessualen Rechtsbehelfe außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend machen.4 Auch die Aussonderungsberechtigung selbst leitet sich nicht aus dem Insolvenzrecht ab: Nach § 47 S. 2 InsO wird ein Recht vorausgesetzt, das außerhalb des Insolvenzverfahrens besteht und zum Ausdruck bringt, dass der betreffende Gegenstand massefremd ist. Das Insolvenzrecht schafft mithin keinen eigenen Aussonderungsanspruch; § 47 InsO verweist letztlich nur darauf, dass die Nichtzugehörigkeit zur Insolvenzmasse gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen ist.5

3

Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 3. Die Ist-Masse beschreibt diejenigen Vermögensgegenstände, welche der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens tatsächlich in Besitz nimmt (§ 148 Abs. 1 InsO); sie meint also den tatsächlichen Bestand, der im Laufe des Insolvenzverfahrens beispielsweise durch Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) vermehrt und durch Aussonderung verringert wird – bis schließlich die Soll-Masse übrigbleibt, die der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient, siehe Bork, Insolvenzrecht, S. 126. 4 Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 4. 5 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 192: Es sei daher missverständlich von einem „Anspruch auf Aussonderung“ oder einem „Aussonderungsrecht“ zu sprechen. Siehe dazu auch: Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 5; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 4 ff. Picker, in: FS Schröder, S. 517, 519, nennt die Aussonderung „zivilrechtsakzessorisch“.

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

4.1.1

109

Der Gegenstand der Aussonderung

Der Aussonderung nach § 47 InsO unterliegen alle Gegenstände im Rechtssinne.6 Unter den Begriff des Gegenstands werden in der Regel Sachen und Rechte subsumiert.7 Indes erfasst der Begriff des Gegenstands in § 47 InsO nicht nur Rechtsgegenstände,8 sondern auch alle sonstigen Gegenstände im Sinne des § 453 Abs. 1 BGB. Wenngleich der Gesetzgeber der Konkursordnung, der die weitestgehend identische Vorgängernorm von § 47 InsO entwarf, ein solch weites Verständnis sicherlich nicht vor Augen hatte, muss die Lesart von § 47 InsO der rechtlichen Wirklichkeit angepasst werden, in welcher unkörperliche Güter, die nicht Rechte sind, gegen Geld gehandelt werden und daher Teil des Vermögens sind, das in die Insolvenzmasse nach § 35 InsO fällt.9 Im Umkehrschluss10 sind daher Vermögenswerte, die weder Sachen noch Rechte sind, grundsätzlich auch als aussonderungsfähige Gegenstände anzuerkennen.11 Dies wird anhand von Daten noch näher erörtert.12

4.1.2

Die Aussonderungsberechtigung

Einem Aussonderungsbegehren kann indes nur stattgegeben werden, wenn eine entsprechende Aussonderungsberechtigung besteht. § 47 S. 1 InsO statuiert, dass aussonderungsberechtigt nur ist, wer aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass der Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Wie bereits dargestellt, ergibt sich ein solches Recht nicht aus dem Insolvenzrecht, sondern muss dem Dritten nach dem allgemeinem Zivilrecht

6

Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 4. Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 4; Thole, in: K. Schmidt, InsO, § 47 Rn. 6. 8 Siehe zum Begriff des Rechtsgegenstands noch 4.2.3. 9 Siehe in Bezug auf Daten dazu noch ausführlich 4.3. Peukert, Güterzuordnung, S. 621: Grundsätzlich zähle „jeder rechtmäßig realisierbare Vermögensbestandteil zur Insolvenzmasse“, auch wenn es sich um ein Gut mit bloß faktischem Wert handele. 10 „Was dem Schuldner nicht i.S. des § 35 Abs. 1 InsO ‚gehört‘, kann gem. § 47 InsO ‚ausgesondert‘ werden. Insofern besagen beide Vorschriften dasselbe.“, siehe Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 231. 11 Entsprechend werden auch Daten als sonstige Güter von der herrschenden Meinung als aussonderungsfähige Gegenstände charakterisiert. Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 4; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 31a. 12 Siehe dazu 4.3. 7

110

4

Die Aussonderung von Daten

zustehen.13 Ob ein Aussonderungsrecht tatsächlich besteht, ist (ebenso wie umgekehrt die Massezugehörigkeit nach § 35 Abs. 1 InsO) haftungsrechtlich zu bestimmen:14 Dingliche und persönliche Rechte berechtigen allein dann zur Aussonderung, sofern der betroffene Gegenstand nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haftet und daher nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist.15 Die Geltendmachung der Nichthaftung eines Gegenstands ist daher der Kern des Aussonderungsstreits.16 Dafür ist nicht zwingend ein materiell-rechtlicher Anspruch (also zum Beispiel ein Herausgabeanspruch) erforderlich; die Nichthaftung eines Gegenstands kann auch mit einer Feststellungsklage geltend gemacht werden.17 Dass die Geltendmachung der Nichthaftung und das Herausgabeverlangen nicht ein und dasselbe sind, zeigt bereits § 771 ZPO. Die dort geregelte Drittwiderspruchsklage ist die zwangsvollstreckungsrechtliche Parallelvorschrift zur insolvenzrechtlichen Aussonderung:18 Mit einer Drittwiderspruchsklage verfolgt der Kläger das Ziel, dass die Zwangsvollstreckung eingestellt wird, weil der Gegenstand nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haftet und der Kläger „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ geltend machen kann.19 Will der Intervenient auch die Herausgabe des Gegenstands, muss er zusätzlich eine Herausgabeklage gegen den Schuldner betreiben (§ 771 Abs. 2 ZPO).20 Allerdings wird der Aussonderungsberechtigte in der Regel ein Interesse daran haben, den Aussonderungsgegenstand „in den Händen zu halten“, sodass er die Herausgabe des Gegenstands verfolgen wird.21 Die Aussonderung wird daher 13

Bork, Insolvenzrecht, S. 163 f. Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 2; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 278 ff.; Wellensiek, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 218. 15 Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 282. 16 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 193. 17 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 193; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 278. Eckardt, KTS 2005, 15, 22: Eine abweichende Bewertung ergebe sich allerdings für den allein aufgrund eines persönlichen Rechts Berechtigten, dem der Gegenstand also nicht schon dinglich zugeordnet ist; dieser müsse einen Anspruch haben, da die „Befugnis, die Nichtzugehörigkeit zum haftenden Vermögen geltend zu machen, kein Popularrecht darstell[t][…], sondern allein solchen Personen zugestanden werden darf, die kraft dieses Anspruchs ein legitimes Interesse daran dartun können“, den Gegenstand aus der Masse zu entfernen. 18 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 1. 19 K. Schmidt/Brinkmann, in: MüKoZPO, § 771 Rn. 17. 20 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 193; K. Schmidt/Brinkmann, in: MüKoZPO, § 771 Rn. 67. 21 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 193: Der Aussonderungsberechtigte kann aber auch nur die Feststellungsklage der Nichthaftung erheben und von der Herausgabeklage zunächst absehen; dies muss er möglicherweise sogar, wenn der Herausgabeanspruch noch nicht 14

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

111

in der Praxis zumeist auf einen Herausgabeanspruch und im speziellen den Vindikationsanspruch gestützt, obgleich § 47 InsO auch andere zivilrechtliche Ansprüche erfasst; zu denken ist etwa an Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche.22 Die Aussonderung kann daher ganz allgemein als die „Verteidigung eines aussonderungsfähigen Rechts gegenüber der Masse“ beschrieben werden.23 Diese aussonderungsfähigen Rechte sind (dingliche wie persönliche) materielle Rechtspositionen. Diese Rechtspositionen sind nachstehend näher zu untersuchen.

4.1.2.1 Dingliche Rechte Dingliche Rechte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie Wirkung gegenüber jedermann entfalten, also absolut sind und ihnen eine Abwehr- und Zuordnungsfunktion zukommt.24 Der Inhaber des dinglichen Rechts kann das Gut verteidigen, endgültig übertragen und ist in Insolvenz und Zwangsvollstreckung durch die Aussonderung beziehungsweise die Drittwiderspruchsklage besonders geschützt.25 Das Paradebeispiel für ein zur Aussonderung berechtigendes dingliches Recht ist das Eigentum.26 Ist ein Dritter Eigentümer einer Sache, gehört sie nicht dem Schuldner und ist (in der Regel)27 auch nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen.28 Der aussonderungsberechtigte Eigentümer nimmt daher nicht an der wechselseitigen Ausgleichshaftung der Insolvenzgläubiger teil; dies trägt dem Eigentumsschutz nach Art. 14 GG Rechnung.29

besteht, weil zum Beispiel ein Vertrag, der nach § 108 InsO noch fortbesteht, ein Recht zum Besitz vermittelt. 22 K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 51. 23 K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 51. 24 Klinck, in: Staudinger, Eckpfeiler, U. Sachenrecht, Rn. 1 f. Ausführlich zum Begriff der Dinglichkeit sogleich 4.1.2.1.1. 25 Krebs/Becker, JZ 2009, 932, 935. 26 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 10; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 37 ff. 27 Siehe zur abweichenden haftungsrechtlichen Zuordnung bei Sicherungseigentum 4.1.2.1.2. 28 Bork, Insolvenzrecht, S. 164. 29 Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 3; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 6a.

112

4

Die Aussonderung von Daten

Neben Miteigentum30 und Gesamthandseigentum31 sowie beschränkt dinglichen Rechten32 sind zudem Forderungen, die der Insolvenzverwalter unberechtigterweise für die Masse in Anspruch nimmt, aussonderungsfähig.33 Forderungen verschaffen jedoch nur insofern ein dingliches Recht zur Aussonderung, wie „nicht […] die (schuldrechtliche) Realisierung des Inhalts der Forderung, sondern […] die Zuordnung der Forderung zum richtigen Rechtsträger als solche“ betroffen ist.34 Im Hinblick auf diese absolute Zuordnung soll auch der wahre Forderungsinhaber ein dingliches Recht beanspruchen können. Darüber hinaus werden auch Immaterialgüterrechte als dingliche Rechte eingeordnet.35 Die Tatsache, dass sowohl dem Inhaber von Immaterialgüterrechten als auch dem wahren Forderungsinhaber ein dingliches Aussonderungsrecht zusteht, zeigt, dass der Begriff der Dinglichkeit in § 47 S. 1 InsO nicht allein sachenrechtlich zu verstehen ist. Der Begriff der Dinglichkeit ist daher im Folgenden genauer zu untersuchen. Zu diesem Zweck soll zunächst das allgemeine und im Anschluss das spezifisch insolvenzrechtliche Verständnis der Dinglichkeit dargelegt werden.

4.1.2.1.1 Der Begriff der Dinglichkeit Der Gesetzgeber hat den Begriff „dinglich“ abseits von § 47 S. 1 InsO unter anderem in §§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 438 Abs. 1 Nr. 1a BGB sowie in § 24 Abs. 1 ZPO verwendet; überraschenderweise findet sich der Begriff nicht im dritten Buch des BGB, also im Sachenrecht, sondern nur in den dazugehörigen Motiven zum BGB:36 Dort werden die dinglichen Rechte zunächst von den obligatorischen Rechten abgegrenzt; weiter wird konkretisiert, „dass dingliche Rechte nur stattfinden können an Sachen im eigentlichen Sinne, an körperlichen Dingen“.37 Die Gesetzesverfasser haben somit einen sehr engen, auf körperliche Gegenstände beschränkten Dinglichkeitsbegriff gewählt.38 30

Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 45 ff. Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 51 f. 32 Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 285. 33 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 48; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 204; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 285 f. 34 Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 44e. 35 Siehe Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 66 ff.; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 339 ff.; Thole, in: K. Schmidt, InsO, § 47 Rn. 59. 36 Heinze, in: Staudinger, BGB, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 2. 37 Motive zum BGB, Band III, S. 2. 38 Dieses Verständnis wurde vielfach aufgegriffen, siehe nur Staub, ArchBürgR 5 (1891), 12, 15 f.: „Der Inhalt des dinglichen Rechts ist die Befugnis, das Schicksal einer Sache zu bestimmen. Die Dinglichkeit liegt, wie schon der Name sagt, in der Beziehung des Menschen 31

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

113

Allerdings finden sich in der Literatur Gegenstimmen zu dieser Sichtweise der Dinglichkeit. Nach Canaris ist für die Dinglichkeit eines Rechts nicht seine Unterstellung unter die Regeln des Sachenrechts ausschlaggebend, sondern dass es einen außerhalb seiner selbst liegenden Gegenstand absolut zuordnet.39 Als Beispiel nennt er das Pfandrecht an Forderungen: Das Pfandrecht an einer Forderung ordne einen außerhalb seiner selbst liegenden Gegenstand – die Forderung – dem Pfandgläubiger mit absoluter Wirkung zu; aufgrund dessen sei das Pfandrecht an einem Recht dinglich.40 Er definiert dingliche Rechte daher als absolute Herrschaftsrechte an Sachen und Rechten; die Prinzipien des Sachenrechts seien nur „Ausprägungen allgemeiner Rechtsgedanken, die für alle dinglichen Rechte Geltung beanspruchen“.41 In der Tat erscheint es mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung zweifelhaft, ob Objekt der dinglichen Rechte allein Sachen sind.42 Ein solcher Dinglichkeitsbegriff stünde im Widerspruch zu den beschränkt dinglichen Rechten, welche nicht nur an Sachen sondern auch an Rechten bestehen können, wie etwa der Nießbrauch oder das Pfandrecht an einem Recht, §§ 1068 Abs. 1, 1273 Abs. 1 BGB.43 Letztlich ist der Rechtswissenschaft „eine Definition des dinglichen Rechts von seinen Voraussetzungen her […] bis heute nicht gelungen.“44 Es soll an dieser Stelle nicht versucht werden, den Begriff allgemeingültig zu definieren. Im Kontext des Insolvenzrechts ist dies ohnehin nicht erforderlich.

4.1.2.1.2 Der Begriff der Dinglichkeit im Insolvenzrecht Für die Definition der Dinglichkeit wird in der Regel nicht auf die Motive des BGB zurückgegriffen, sondern auf die Wirkungen des dinglichen Rechts abgestellt: umfassende Abwehransprüche, Sukzessionsschutz und besonderer Schutz zur Sache, kraft deren er das Schicksal derselben in einer für alle Genossen verbindlichen Weise bestimmen darf.“ 39 Canaris, in: FS Flume, S. 371, 374 f. 40 Canaris, in: FS Flume, S. 371, 375. 41 Canaris, in: FS Flume, S. 371, 375 f. 42 Schöneich, Begriff der Dinglichkeit, S. 78. Siehe auch Jänich, Geistiges Eigentum, S. 194: „Der Gesetzgeber des BGB hat keine Beschränkung dahingehend vorgenommen, daß nur an körperlichen Gegenständen ein Eigentum existieren kann.“ A.A. Heinze, in: Staudinger, BGB, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 7; Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, S. 6. 43 Heinze, in: Staudinger, BGB, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 12, benennt diese Beispiele als systemwidrige Erscheinungen im Sachenrecht. Jänich, Geistiges Eigentum, S. 217: Das fehlende dingliche (körperliche) Bezugsobjekt von Rechtsnießbrauch und Pfandrecht an Rechten zeige die begriffliche Unschärfe der Dinglichkeit im Sachenrecht. 44 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738.

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Die Aussonderung von Daten

in Zwangsvollstreckung und Insolvenz.45 Ein Recht wird unter anderem „dann als ‚dinglich‘ bezeichnet wenn (und weil) es insolvenzfest ist.“46 Für das Insolvenzrecht besteht jedoch eine methodische Schwierigkeit bei diesem Vorgehen: Die Definition erfolgt von der Rechtsfolgenseite,47 sodass derjenige, der „ein Recht als ‚dinglich‘ bezeichnet und aus dieser Einordnung die Insolvenzfestigkeit folgern will, […] einen Zirkelschluss“ begeht.48 Der Begriff der Dinglichkeit ist im Insolvenzrecht daher anders zu bestimmen. Im Insolvenzrecht überzeugt ein auf körperliche Gegenstände beschränkter Dinglichkeitsbegriff nicht, da die sachenrechtliche Zuordnung im Insolvenzrecht nicht ausschlaggebend ist. Sie spiegelt zwar regelmäßig die haftungsrechtliche Zuordnung wider; dies kann aber beispielsweise in der Insolvenz des Sicherungsnehmers hinsichtlich des Sicherungseigentums anders sein. Das Sicherungsgut haftet für die Schulden des Sicherungsgebers, nicht aber für die Verbindlichkeiten des Sicherungsnehmers, obwohl dieser sachenrechtlich der Eigentümer der Sache ist.49 Nach der vertraglichen Zweckbindung wird das Sicherungseigentum nämlich nur vorübergehend und fiduziarisch übertragen, sodass es bei einer wertenden Betrachtung dem Vermögen des Insolvenzschuldners, also des Sicherungsgebers, zuzuordnen ist.50 Der Sicherungsnehmer hat „nur“ ein Absonderungsrecht nach § 51 Nr. 1 InsO. Folglich hat die sachenrechtliche Zuordnung im Insolvenzrecht nicht immer Bestand. Im Rahmen von § 47 InsO ist der Begriff der Dinglichkeit daher nicht allein als Herrschaftsmacht an einem körperlichen Gegenstand, sondern weiter zu verstehen. Aus diesem Grund ist es auch möglich, Immaterialgüterrechte und Forderungen als dingliche Rechte zu subsumieren.51 Sowohl bei Forderungen 45 Schöneich, Begriff der Dinglichkeit, S. 112: „Das dingliche Recht stellt sich in diesem Zusammenhang als ein Bündel verschiedener Wirkungen dar.“ Ablehnend: Heinze, in: Staudinger, BGB, Einl. zum Sachenrecht, Rn. 16. 46 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738. 47 So vorgehend Hauck, AcP 211 (2011), 626, 627: Die „Bezeichnung dinglich ist ein Rechtsfolgenbegriff. Es ist also nicht so, dass ein Recht gewisse Wirkungen hat, weil es ein dingliches Recht ist. Vielmehr ergibt sich aus den relativen oder absoluten Wirkungen die Zuordnung eines Rechts als obligatorisch oder eben dinglich.“ 48 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738. 49 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 16; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 283. 50 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 16; Schöneich, Begriff der Dinglichkeit, S. 124. 51 A.A. Jänich, Geistiges Eigentum, S. 217: Forderungen könnten unter den Begriff „persönliches Recht“ gefasst werden, sodass für § 47 InsO eine Beibehaltung des engen sich allein auf körperliche Gegenstände beziehenden Begriffes der Dinglichkeit möglich sei und eine

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

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als auch bei Immaterialgüterrechten ist allein die absolute Zuordnung zum Inhaber entscheidend. Freilich ist daraus nicht zu folgern, dass die Begriffe dinglich und absolut – weder für das Insolvenzrecht noch grundsätzlich – gleichzusetzen sind,52 auch wenn sie unglücklicherweise nicht selten austauschbar verwendet werden.53 Es besteht zwar eine große Ähnlichkeit zum dinglichen Recht, da auch das absolute Recht dem Berechtigten einen Gegenstand so zuordnet, dass “jeder andere dazu verpflichtet ist, ihm dieses Gut zu lassen und es nicht zu beeinträchtigen“.54 Die Begrifflichkeiten decken sich jedoch nicht:55 Zwar ist jedes dingliche Recht absolut, aber nicht jedes absolute Recht ist dinglich.56 Der Begriff des dinglichen Rechts im Insolvenzrecht steht folglich losgelöst von der Diskussion im allgemeinen Zivilrecht. Ein dingliches Recht nach § 47 S. 1 InsO kann danach auch an unkörperlichen Gegenständen bestehen, sofern es einem Inhaber absolut zugeordnet werden kann. In diesem Zusammenhang haben sich gewisse Fallgruppen entwickelt, die unter die dinglichen Rechte des § 47 S. 1 InsO subsumiert werden. Indes scheint es nicht ausgeschlossen, in Zukunft weitere Rechte unter diesen Begriff zu fassen, solange sie Ausdruck der haftungsrechtlichen Zuordnung sind.

4.1.2.2 Persönliche Rechte Neben den dinglichen Rechten können auch persönliche Rechte eine Befugnis zur Aussonderung nach § 47 S. 1 InsO verschaffen. Obligatorische Ansprüche berechtigen allerdings nicht uneingeschränkt zur Aussonderung;57 insbesondere vermitteln vertragliche Verschaffungsansprüche keine Aussonderungsberechtigung.58 Da schuldrechtliche Ansprüche im Gegensatz zu den dinglichen Rechten generelle Tendenz des Gesetzgebers zur Verwässerung des Begriffes der Dinglichkeit sich daher nicht feststellen lasse. Auch Immaterialgüterrechte könnten unter die persönlichen Rechte gefasst werden, siehe etwa die Motive zum BGB, Band III, S. 2: Es gibt „eine Reihe […] persönlicher Rechte, welche absolute Wirkung haben; so […] die sogenannten immateriellen Rechte.“ 52 Eine solche Gleichsetzung erfolgt auch nicht bei Canaris, in: FS Flume, S. 371 ff.; davon ausgehend aber Jänich, Geistiges Eigentum, S. 200. 53 Siehe nur RG, Urt. v. 26.10.1931, Az. VIII 117/31 = RGZ 134, 91, 96. Jänich, Geistiges Eigentum, S. 216: Die scharfe Trennung der Begriffe sei aufgeweicht worden. Gut zeige dies die Diskussion um die „Verdinglichung“ relativer Rechte. Siehe 4.1.2.2.1. 54 Jänich, Geistiges Eigentum, S. 198. 55 So auch ausdrücklich die Motive zum BGB, Band III, S. 2. 56 Klinck, in: Staudinger, Eckpfeiler, U. Sachenrecht, Rn. 2. 57 Siehe dazu sogleich 4.1.2.2.2. 58 Statt vieler Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 347.

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Die Aussonderung von Daten

nur relativ wirken, verwundert eine schuldrechtliche Aussonderungsberechtigung insofern, als mit der Aussonderung geltend zu machen ist, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Die Nichthaftung eines Gegenstands kann (in der Regel) der Eigentümer oder der sonst dinglich Berechtigte darlegen und beweisen; dass auch ein „nur“ schuldrechtlich Berechtigter aussondern darf, ist demgegenüber zumindest erklärungsbedürftig.

4.1.2.2.1 Das Klagerecht des nur obligatorisch Berechtigten Die Herleitung der Klageberechtigung des nur schuldrechtlich Berechtigten ist nicht abschließend geklärt, allerdings zeichnen sich die folgenden Erklärungsansätze ab: Picker ist Vertreter eines prozessualen Verständnisses der Klageberechtigung.59 Nach seiner Auffassung diene das zusätzliche Klagerecht allein der Erleichterung der Rechtsverfolgung; der Aussonderungsprozess werde entlastet, da der Aussonderungskläger nicht darauf angewiesen sei, sein Eigentum oder ein anderes dingliches Recht nachzuweisen.60 Stattdessen könne er auf den einfacher zu beweisenden schuldrechtlichen Anspruch zurückgreifen: „Diese durch leicht erfasste Lebensvorgänge begründeten Rechte veranschaulichen […] das Nichteigentum des Schuldners und damit das präsumtive Eigentum des Intervenienten.“61 Picker moniert das mangelnde Verständnis für die Beweisfunktion des obligatorischen Anspruchs vor allem im Hinblick auf die Drittwiderspruchsklage; für die Aussonderung stellt er fest, dass „die wissenschaftliche Diskussion von vornherein durch die positive Regelung des Gesetzgebers abgeschnitten“ sei.62 Obwohl § 47 S. 1 InsO die persönlichen Rechte ausdrücklich nenne, diene das obligatorische Klagerecht allein „als Beweis eines ‚hinter‘ ihm stehenden dinglichen Rechts des Herausfordernden oder seines Hintermannes“.63 Dieser „pragmatische Schritt“ sollte indes keine neuen materiellen Rechtspositionen schaffen.64 Mit der Aufdeckung der bloß prozessualen Unterstützungsfunktion entmystifiziere sich die persönliche Aussonderungsberechtigung.65 59

Picker, in: FS Schröder, S. 517, 522 ff.; zur Drittwiderspruchsklage siehe ders., Drittwiderspruchklage, S. 474 ff. 60 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 194 f. 61 Picker, in: FS Schröder, S. 517, 530. 62 Picker, Drittwiderspruchklage, S. 474 f. Ders, in: FS Schröder, S. 517, 537: „Im Windschatten der Drittwiderspruchsklage genießt das ungelöste Problem der Aussonderung scheinbar gesetzlich gewährte Schonung.“ 63 Picker, in: FS Schröder, S. 517, 537. 64 Picker, in: FS Schröder, S. 517, 538. 65 Picker, in: FS Schröder, S. 517, 539.

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

117

Die Gegenauffassung versteht den schuldrechtlichen Anspruch hingegen als eine Befugnis, die dem obligatorisch Berechtigten kraft seines persönlichen Rückforderungsrechts zustehe.66 Für die Geltendmachung der Aussonderung ist kein (dahinterstehendes) dingliches Recht erforderlich – beziehungsweise, wie Berger es formuliert, „das Eigentum [spielt] für die Aktivlegitimation keine Rolle“.67 Das Aussonderungsrecht des „nur“ obligatorisch Berechtigten diene allein seinem eigenen Interesse und bezwecke insbesondere nicht, dem obligatorisch Berechtigten die Abwicklung im Innenverhältnis zum Eigentümer zu erleichtern.68 Die Anerkennung des Aussonderungsrechts des nur persönlich Berechtigten wird vielmehr historisch angeknüpft: Die Materialien zur Konkursordnung von 1877 würden zeigen, dass die Aussonderungsansprüche „nicht auf die eigentliche Eigenthumslage […] beschränkt“ sein sollten und die actio Publicana den Hauptfall bilde.69 Bei dieser Rechtsfigur aus dem römischen Recht handelte es sich um die Herausgabeklage des Ersitzungsbesitzers, der erst im Begriff war, durch Ersitzung Eigentümer zu werden.70 Die Konkursordnung knüpfte mit der Anerkennung eines persönlichen Klagerechts somit an eine viele Jahrhunderte zurückreichende Rechtstradition an.71 Leitmotiv der Materialien zur Konkursordnung ist zudem das Klagerecht des Treugebers; er soll seinen Herausgabeanspruch in der Insolvenz des Treuhänders schlicht auf den Treuhandvertrag

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Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 198; ablehnend: Picker, in: FS Schröder, S. 517, 539. Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 195. 68 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 197: Das Argument, dass der Mieter seiner Rückgabepflicht einfacher nachkommen könne, wenn er sich die Sache aus der Masse verschaffen könne, sei zwar ein wünschenswerter Effekt, trage aber nicht das Klagerecht nach § 47 InsO. 69 Siehe dazu Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung, S. 157. Dort heißt es zudem: „Selbst wenn die fremden Sachen nicht im Eigenthum des Separatisten sind, sondern einem Dritten gehören, wird ihre Zurückforderung seitens des Ersteren auf Grund eines nur obligatorischen Rechts gestattet.“ 70 Raff , in: MüKoBGB, § 1007 Rn. 3: „Der Ersitzungsbesitzer sollte gegen Dritte vorgehen können, hatte aber die rei vindicatio nicht zur Verfügung, denn diese verlangte bereits vorhandenes Eigentum.“ 71 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 198. 67

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Die Aussonderung von Daten

stützen können.72 Nach Berger liege in der obligatorischen Klageberechtigung eine Form der „Verdinglichung obligatorischer Rechte“.73 Der Begriff der Verdinglichung obligatorischer Rechte wurde maßgeblich in der gleichnamigen Schrift von Dulckeit geprägt, in welcher er sich mit der Frage beschäftigte, „ob es im System des geltenden Vermögensrechts Forderungsrechte gibt, die zwar eindeutig als solche bestimmt sind, dennoch aber schon Züge eines dinglichen Rechts an sich tragen.“74 Die Verdinglichung führe jedoch nicht dazu, dass die betroffene „Rechtsposition mit den Wirkungen eines ‚echten‘ dinglichen Rechts“ ausgestattet werde.75 Als Beispiel für eine Verdinglichung wird unter anderem die Vormerkung (§ 883 BGB) genannt:76 Sie hat zur Folge, dass ein nur relativer schuldrechtlicher Anspruch Wirkung gegen einen Dritten entfaltet. Die obligatorische Aussonderungsberechtigung soll nun ein weiterer Fall dieses Konzepts sein: Ein „nur“ relatives Recht vermittelt (unter gewissen Voraussetzungen) die Berechtigung zur Aussonderung, ist also insolvenzfest und wäre damit (jedenfalls von der Rechtsfolgenseite aus gedacht) verdinglicht. Inwiefern der Begriff der Verdinglichung aber überhaupt einen Mehrwert schafft, ist zweifelhaft. Für den insolvenzrechtlichen Kontext kann der Gebrauch des Begriffs jedenfalls nicht überzeugen: Entscheidende Voraussetzung für die Aussonderung ist die haftungsrechtliche Zuordnung; die im Insolvenzrecht weit verstandene Dinglichkeit und damit erst recht der Begriff der Verdinglichung sind hingegen wenig ergiebig. Abseits dieser begrifflichen Unschärfe lassen sich also zwei Ansätze zur Klageberechtigung des obligatorisch Berechtigten identifizieren: Die Aussonderungsberechtigung kann als prozessuales Hilfsmittel oder als eigenes materielles Recht verstanden werden. Picker lehnt den letztgenannten Ansatz vehement ab, 72

Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 198. Berger bezieht sich auch auf Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung. Dort heißt es auf S. 158: „Schon die chursächsiche Prozessordnung vom 28. Juli 1622 hebt im Titel 42 § 1 den Fall hervor: ‚wann einer etwas bei dem deponirt und zu treuen Händen hinterlegt oder ihm, als seinem Befehlichhabern, etwas gebe, das ihm verkaufen, oder was anders damit thun soll, und es wäre dasselbe noch unverwendet vorhanden‘.“ Die Gesetzgebungsmaterialien nehmen noch auf weitere ältere Gesetzestexte Bezug, die zeigen, dass der Treugeber über eine lange Rechtstradition anerkannt aussonderungsberechtigt ist. 73 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 198; Canaris, in: FS Flume, S. 371, 372. 74 Dulckeit, Verdinglichung, S. 10. Um von einer Verdinglichung zu sprechen, müsse das Recht bestimmte Wirkungen, wie umfassenden Klageschutz, Verfügungs- und Sukzessionsschutz, Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit, entfalten, siehe Hauck, AcP 211 (2011), 626, 630. 75 Hauck, AcP 211 (2011), 626, 629. Krebs/Becker, JZ 2009, 932, 933: Sie erschüttere jedoch den bestehenden Dualismus zwischen absoluten und relativen Rechten. 76 Weitere Beispiele bei Dulckeit, Verdinglichung, S. 11 ff.

4.1 Die Aussonderung im Allgemeinen

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da das Gesetz mit der Einbeziehung bestimmter persönlicher Rechte nicht den Schutz des obligatorisch Berechtigten selbst verfolge; seine Zulassung zur Aussonderung diene „allein der Verstärkung des Schutzes des ‚hinter‘ ihm stehenden Eigentümers“.77 Nur wenn man diesem Ansatz folge, stelle die obligatorische Klageberechtigung „die Rolle des Insolvenzrechts als ‚Prüfstein der Dinglichkeit‘ nicht in Frage“.78 Es lässt sich in der Tat rechtshistorisch überzeugend darlegen, dass die zusätzliche Klageberechtigung dazu entwickelt wurde, den Schwierigkeiten des Nachweises der dinglichen Rechtslage Rechnung zu tragen. Allerdings sollte die Herleitung der Klageberechtigung als (historisch gewachsene) Erleichterung bei der Rechtsverfolgung nicht die Anerkennung eines eigenen Aussonderungsrechts des (nicht dinglich berechtigten) Treugebers ausschließen.79 Ein eigenständiges materielles Klagerecht kann sich durchaus über die Zeit etabliert haben, wenngleich es einen prozessualen Ursprung hat. Im Übrigen ist ein rein prozessualer Ansatz nicht erforderlich, um die Rolle des Insolvenzrechts als „Prüfstein der Dinglichkeit“ zu schützen; die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass nicht der Begriff der Dinglichkeit, sondern vielmehr die haftungsrechtlichen Wertungen für die Zuordnung von Vermögen in der Insolvenz entscheidend sind:80 Dies zeigt sich wie gesehen bei Treuhandverhältnissen wie der Sicherungsübereignung.81 Bei dieser hat der Sicherungsnehmer – obwohl er Eigentümer der Sache ist – nach § 51 Nr. 1 InsO nur eine Absonderungsrecht in der Insolvenz des Sicherungsgebers; das dingliche Recht verschafft ihm in diesem Fall also gerade kein Aussonderungsrecht. Der Sicherungsgeber hat umgekehrt in der Insolvenz des Sicherungsnehmers ein Aussonderungsrecht, wenn der schuldrechtliche Rückgewähranspruch fällig geworden ist; hier reicht also auch ein nur schuldrechtlicher Anspruch. 77

Picker, in: FS Schröder, S. 517, 529 f., kommt daher zu dem Schluss, dass „die scheinbare ‚Verdinglichung‘ der obligatorischen Rechte […] keine materiellrechtliche Regelung“ sei, sondern eine prozessuale Gestaltungtreffe, die das materielle Recht sichere. Die Sicherung erfolge in zweierlei Hinsicht: Zum einen diene der obligatorische Rückgewähranspruch dem Eigentümer als Beweiserleichterung; zum anderen könne der schuldrechtlich Rückgewährberechtigte als „Sachwalter des Eigentümers“ agieren, sodass der Gegenstand näher an den Rechtsinhaber rücke. 78 Picker, in: FS Schröder, S. 517, 545. 79 Es ist zudem noch zu zeigen, dass sich Pickers Theorie im Kontext von Daten nicht bewährt. Siehe dazu sogleich 4.4. 80 So auch Flitsch, in: FS Wellensiek, S. 383, 386: Dass nicht unbedingt die dingliche, sondern die haftungsrechtliche Zuordnung eines Gegenstands für die Aussonderungsberechtigung entscheidend sei, zeige sich in der Insolvenz des Treugebers. 81 Siehe dazu bereits 4.1.2.1.2.

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Die Aussonderung von Daten

4.1.2.2.2 Die Anforderungen an den obligatorischen Aussonderungsanspruch Obligatorische Ansprüche berechtigen allerdings nicht uneingeschränkt zur Aussonderung: Die schuldrechtlich begründeten Aussonderungsrechte können nicht vertraglich geschaffen werden; es ist auf gesetzliche Regelungen zurückzugreifen, die zum Ausdruck bringen, dass der Gegenstand haftungsrechtlich nicht dem Vermögen des Schuldners zuzuordnen ist.82 Insbesondere vermitteln vertragliche Verschaffungsansprüche keine Aussonderungsberechtigung.83 Das klassische Beispiel für eine obligatorische Aussonderungsberechtigung ist das Recht des Vermieters nach § 546 BGB, demzufolge der Mieter verpflichtet ist, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.84 Diesen Anspruch kann auch derjenige Vermieter geltend machen, der nicht zugleich Eigentümer der Mietsache ist. Im Rahmen des persönlichen Rechts im Sinne des § 47 InsO genügt zu zeigen, dass der Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört und somit nicht den Insolvenzgläubigern haftet;85 dem Kläger selbst muss der Gegenstand hingegen nicht haftungsrechtlich zugewiesen sein. Es reicht, wenn der obligatorisch Berechtigte einen (den oben beschriebenen Anforderungen entsprechenden) schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Gegenstands hat. Die zusätzliche Aktivlegitimation des obligatorisch Berechtigten ändert damit letztlich nichts am materiellen Klagegrund; dieser knüpft in allen Fällen des § 47 InsO an die Nichthaftung des Gegenstands an.86

4.1.2.3 Zwischenergebnis Die Aussonderung nach § 47 InsO begründet keinen speziell insolvenzrechtlichen Anspruch, sondern setzt Rechte voraus, die außerhalb des Insolvenzverfahrens bestehen. Neben dinglichen Rechten können auch persönliche Rechte eine

82

Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 340; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 45a. 83 Statt vieler Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 347. Picker, in: FS Schröder, S. 517, 540, erklärt die Nichtgeltung bei Verschaffungsansprüchen damit, dass die obligatorische Aussonderungsberechtigung zu versagen sei, wenn der Gegenstand dem Rechtsinhaber (Eigentümer) nicht nähergebracht werde. 84 Siehe nur: Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 341. 85 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 194; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 286 f. 86 Chr. Berger, in: FS Kreft, S. 191, 199.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

121

entsprechende Aussonderungsberechtigung verschaffen, solange sie zum Ausdruck bringen, dass der auszusondernde Gegenstand haftungsrechtlich nicht der Insolvenzmasse zugeordnet ist.87

4.2

Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

Daten könnten demnach ausgesondert werden, wenn ein Gläubiger eine insolvenzfeste Rechtsposition an den Daten hat, sie also nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haften. Dafür müssten Daten indes überhaupt dem insolvenzrechtlichen Haftungssystem unterfallen. Dieses orientiert sich grundsätzlich an der allgemeinen zivilrechtlichen Zuordnung. Folglich hängt die Frage der Datenaussonderung eng mit der zivilrechtlichen Zuordnung von Daten zusammen, welche daher in einem ersten Schritt umfassend analysiert wird. Die Rechtswissenschaft hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit der zivilrechtlichen Zuordnung von Daten beschäftigt. Das Ziel diverser Untersuchungen ist eine eindeutige Zuweisung, um Rechtsunsicherheiten auf dem stetig wachsenden Datenmarkt zu beseitigen.88 Allerdings hat sich noch keine klare Rechtsauffassung bezüglich der Zuordnung von Daten entwickelt. Stattdessen wird oftmals auf den bestehenden „Flickenteppich“ an Rechten verwiesen.89 Da keine rechtliche Regel existiert, die Daten explizit zuweist, wird bei der folgenden Untersuchung an bestehende Rechtsinstitute angeknüpft. Dabei wird sich zeigen, dass keine Ausschließlichkeitsrechte an Daten bestehen und die Zuordnung von Daten allein über vertragliche Regeln möglich ist.

87 Sehr weitgehend Schöneich, Begriff der Dinglichkeit, S. 125: „Die Tatsache, dass der Wortlaut des § 47 Abs. 1 InsO [sic!] auf dingliche und persönliche Rechte abstellt, hat keinen eigenständigen Aussagegehalt. Die Formulierung, die bereits in der Vorgängernorm des § 43 KO enthalten war, knüpft an die Auffassung von Savigny bzw. den Motiven zum BGB an und setzt voraus, dass dem Zivilrechtssystem die Zweiteilung in dingliche und persönliche Rechte zu Grunde liegt. Vor diesem Hintergrund dient sie der Klarstellung, dass grundsätzlich jedes subjektive Recht zur Aussonderung berechtigen kann, sofern der betreffende Gegenstand bei wertender Betrachtung aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners fällt.“ 88 Beurskens, in: Einheit des Privatrechts, S. 443, 459. 89 Statt vieler: Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 89; Grützmacher, CR 2016, 485.

122

4.2.1

4

Die Aussonderung von Daten

Rechte mit Zuordnungsfunktion

Im Kontext der Diskussion um Rechte an Daten wird eine Vielzahl von Rechten genannt. In einem ersten Schritt ist zwischen den verschiedenen Arten von Rechten zu unterscheiden, da nicht jedes Recht die Zuordnungsfrage beantworten kann. Zech hat eine „Stufenleiter der Güterzuordnung“ entwickelt: Nach dieser wird zwischen übertragbaren und nicht übertragbaren Ausschließlichkeitsrechten, Rahmenrechten und bloßen Abwehrrechten differenziert.90 Das Ausschließlichkeitsrecht bezeichnet grundsätzlich die „originäre, exklusive Zuordnung eines Gutes zu einer bestimmten Person unter Ausschluss aller Übrigen.“91 Dabei zeichnen sich Ausschließlichkeitsrechte insbesondere durch „den negativen Ausschluss aller anderen und die positive Zuweisung von Befugnissen tatsächlicher und rechtlicher Art“92 aus. Übertragbare Ausschließlichkeitsrechte schaffen die stärkste Form der rechtlichen Zuweisung; aber auch nicht (vollständig) übertragbare absolute Rechte, wie das Urheberrecht (§ 29 UrhG) oder Persönlichkeitsrechte, können nach Zech Ausschließlichkeitsrechte sein.93 Abweichend hiervon ist Peukert der Auffassung, dass die Übertragbarkeit des primären Rechts konstitutives Merkmal von Ausschließlichkeitsrechten sei; indes formuliert er einschränkend, dass für die Annahme eines Ausschließlichkeitsrechts zumindest erforderlich sei, dass „überhaupt eine andere Person aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Verfügung das Recht umfassend oder teilweise im eigenen Namen gegen Dritte geltend machen kann“.94 Peukert qualifiziert daher das unübertragbare Urheberrecht als Ausschließlichkeitsrecht, da an diesem Nutzungsrechte eingeräumt werden können und nimmt lediglich höchstpersönliche 90

Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 85 ff. Peukert, Güterzuordnung, S. 56. 92 Peukert, Güterzuordnung, S. 58. 93 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 75, 83 f., 86. Ders., GRUR 2015, 1151, 1154: „Wichtige Kriterien bei der Frage, ob eine eigentumsartige Zuweisung von Befugnissen an einem Gegenstand bzw. Gut besteht, […] [ist] der wirtschaftliche Zuweisungsgehalt eines Rechts […] und die (für den wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt nicht zwingend erforderliche) Übertragbarkeit des Rechts. Zwischen Übertragbarkeit und wirtschaftlichem Zuweisungsgehalt besteht ein Stufenverhältnis, da die Übertragbarkeit des Rechts den wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt bedingt, jedoch für diesen nicht notwendig ist. Vielmehr genügt es, wenn das Recht die wirtschaftliche Nutzung auch auf andere Weise als durch translative Übertragung einräumt. Zumindest ist aber erforderlich, dass der Schutzgegenstand faktisch übertragbar ist, dass also die zugewiesenen Befugnisse faktisch auch durch eine andere Person als den Rechtsträger ausgeübt werden können, was zB auch bei bestimmten Persönlichkeitsaspekten wie dem eigenen Bild (semantisch abgegrenzt) der Fall ist.“ 94 Peukert, Güterzuordnung, S. 59. 91

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

123

und andere unverwertbare Rechtsgüter vom Kreis der Ausschließlichkeitsrechte aus. Auch für die hiesige Zuordnungsfrage ist allein auf übertragbare Ausschließlichkeitsrechte an Daten abzustellen, da unübertragbare Rechte weder der Einzelnoch der Gesamtvollstreckung unterliegen.95 Eine weitere Stufe der Güterzuordnung bilden nach Zech die sogenannten Rahmenrechte, die im Deliktsrecht von der Rechtsprechung anerkannt werden, und deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB auslöst; ihnen kommt jedoch kein (oder jedenfalls nur ein eingeschränkter) Zuweisungsgehalt zu.96 Weiterhin bestehen bloße Abwehrrechte, die sich vor allem in gesetzlichen Verboten finden,97 und denen überhaupt kein Zuweisungsgehalt beizumessen ist.98 Die Darstellung der verschiedenen Stufen der Güterzuweisung zeigt, dass zwischen dem rechtlichen Schutz von Daten und ihrer rechtlichen Zuordnung unterschieden werden muss. Ergänzend können in diesem Kontext noch Zugangsrechte und vertragliche Zuweisungsregeln genannt werden, wenngleich diese nicht Teil der klassischen Güterzuordnung sind: Zugangsrechte regeln die Teilhabe und Nutzung von Gütern.99 Ferner kann die Zuordnung (von Daten) vertraglich festgelegt werden; allerdings hat diese keine gegenüber jedermann geltende Wirkung. Die relativen Rechte sind jedoch „ihrerseits verkehrsfähig und können daher durchaus als Bestandteile der materiellen Güterordnung aufgefasst werden.“100 Neben übertragbaren Ausschließlichkeitsrechten könnten damit primär vertragliche Regeln für die Zuordnung von Daten herangezogen werden.

95

Wie noch zu zeigen sein wird (4.3.), sind für das Insolvenzrecht nur solche vermögenswerten Gegenstände von Relevanz, die der Zwangsvollstreckung unterliegen, siehe Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35 Rn. 13. 96 Zech, CR 2015, 137, 140; ders., Information als Schutzgegenstand, S. 87 f. Kritisch Peukert, Güterzuordnung, S. 53 f.: Diese Rechte seien unter anderem nicht (zwangsweise) übertragbar. 97 Wie noch zu zeigen ist, handelt es sich z. B. bei dem Datenschutzrecht um ein bloßes Abwehrrecht, siehe 4.2.2.5. 98 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 89. 99 Zech, CR 2015, 137, 140. 100 Peukert, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 95, 113.

124

4.2.2

4

Die Aussonderung von Daten

Ausschließlichkeitsrechte an Daten

Die verschiedenen Versuche, Daten einem Inhaber ausschließlich zuzuordnen, bedienen sich der gesamten Bandbreite des Rechts. Die diskutierten Zuordnungsansätze werden im Folgenden dargestellt und bewertet: Nach einleitenden verfassungsrechtlichen Überlegungen werden Zuordnungsversuche nach den Kriterien des Sachen- und Immaterialgüterrechts analysiert, da sowohl das Sachenals auch das Immaterialgüterrecht grundsätzlich eine ausschließliche Zuweisung vornehmen. Ferner wird erläutert, dass weder der Geschäftsgeheimnisschutz, noch das Datenschutzrecht oder das Strafrecht für die ausschließliche Zuordnung der Daten herangezogen werden können. Abschließend wird die Diskussion um Daten als sonstige Rechte im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB thematisch eingeordnet.

4.2.2.1 Verfassungsrecht Als Anknüpfungspunkte für ein verfassungsrechtliches Ausschließlichkeitsrecht an Daten wird der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG und für personenbezogene Daten zusätzlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Fallgruppe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG herangezogen. Zunächst ist hinsichtlich des Eigentumsschutzes festzustellen, dass das Grundgesetz den Begriff des Eigentums zwar nicht festlegt, dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 14 GG nach der Rechtsprechung des BVerfG aber „jedenfalls diejenigen vermögenswerten Rechtspositionen […][unterfallen], die das bürgerliche Recht einem privaten Rechtsträger als Eigentum zuordnet“;101 nur die „durch das Normensystem als subjektive Rechte konkretisierten vermögenswerten Positionen sind verfassungsrechtlich“ geschützt.102 Der grundrechtliche Schutz ist somit akzessorisch gegenüber einfachgesetzlichen Regelungen und trifft selbst keine Zuweisungsentscheidung.103 Art. 14 GG scheidet daher als Ausgangspunkt für eine Zuordnung von Daten aus. BVerfG, Beschl. v. 19.06.1985, Az. 1 BvL 57/79 = NVwZ 1986, 113; Beschl. v. 15.07.1981, Az. 1 BvL 77/78 = NJW 1982, 745, 748. 102 Papier/Shirvani, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 148: Art. 14 GG sei deshalb ein normgeprägtes Grundrecht. 103 Eichberger, VersR 2019, 709, 712 f.: „Das entscheidende Hindernis dafür, die Daten selbst dem Schutz des Art. 14 GG zu unterstellen, liegt de lege lata […] an der fehlenden gesetzlichen Zuordnung“. Siehe auch Denga, NJW 2018, 1371, 1375; Michl, NJW 2019, 2729; Schulz, PinG 2018, 72; Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 463. Daten können aber natürlich über das Eigentum am Datenträger oder über Immaterialgüterrechte dem grundrechtlichen Eigentumsschutz unterfallen. 101

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

125

Allerdings könnte für personenbezogene Daten eine Zuordnung zum Datenbetroffenen über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfolgen. Aus diesem Grundrecht folgt die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.104 Das könnte zur der Annahme verleiten, dass das Grundrecht dem Einzelnen seine Daten auch rechtlich zuordnet. Ferner sind geldwerte Bestandteile des Persönlichkeitsrechts – wie beispielsweise das Recht am eigenen Bild – anerkannt,105 sodass dem Betroffenen möglicherweise eine ausschließlichkeitsrechtliche Position an seinen Daten zusteht.106 Etwas Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Volkszählungsurteil des BVerfG, in welchem es konstatierte, dass der Einzelne kein Recht im Sinne einer absoluten, uneingeschränkten Herrschaft über seine Daten habe.107 Diese Aussage ist nur als Schranke des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu verstehen und darf nicht als pauschale Entscheidung gegen das Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts an persönlichen Daten gewertet werden.108 Specht/Rohmer identifizieren daher bereits de lege lata ein nichtübertragbares Ausschließlichkeitsrecht an personenbezogenen Daten; sie machen jedoch zugleich deutlich, dass die Diskussion um Ausschließlichkeitsrechte an Daten nur übertragbare Ausschließlichkeitsrechte betreffe; ein solches übertragbares Ausschließlichkeitsrecht an personenbezogenen Daten können sie indes nicht identifizieren.109 Dem ist zuzustimmen: Unabhängig von der Frage, ob nicht-übertragbare Ausschließlichkeitsrechte an Daten bestehen, sind – wie zuvor festgestellt – für den insolvenzrechtlichen Kontext allein übertragbare Rechte von Relevanz. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schafft in seiner Grundkonzeption

BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83 u.a = BVerfGE 65, 1, 43 = NJW 1984, 419, 422. 105 BGH, Urt. v. 08.05.1956, Az. I ZR 62/54 = BGHZ 20, 345, 353 f. = GRUR 1956, 427, 429. 106 Specht, CR 2016, 288, 292. 107 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83 u.a = BVerfGE 65, 1, 44 = NJW 1984, 419, 422: „Information, auch soweit sie personenbezogen ist, stellt ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich dem Betroffenen allein zugeordnet werden kann.“ 108 Eichberger, VersR 2019, 709, 711; Specht, CR 2016, 288, 293; a.A. Blunk, Datenbestände in der Insolvenz, S. 47 f.; Kornmeier/Baranowski, BB 2019, 1219, 1221; Müller, DuD 2019, 159, 162. 109 Specht/Rohmer, PinG 2016, 127, 128. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 75, bejaht ein Ausschließlichkeitsrecht an Persönlichkeitsrechten, da sie Zuweisungsgehalt besitzen und bereicherungs- und deliktrechtlichen Schutz genießen. 104

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Die Aussonderung von Daten

jedoch gerade kein übertragbares Ausschließlichkeitsrecht,110 sondern garantiert „lediglich“, dass der Einzelne selbst über die Verwendung seiner Daten entscheiden kann.111 Dies folgt auch aus der Ausrichtung der Grundrechte: Sie haben primär abwehrrechtlichen Charakter und schützen bestehende Rechtspositionen vor unberechtigten staatlichen Eingriffen.112 Insgesamt ist das Verfassungsrecht daher kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die rechtliche Zuordnung von Daten.

4.2.2.2 Sachenrecht Wohl am häufigsten wird das Sachenrecht für die Zuordnung von Daten bemüht. Das ist wenig verwunderlich, ist doch das Eigentum das Paradebeispiel für eine dingliche und zugleich ausschließliche Zuordnung. Diese Tatsache hat wohl entschieden zur Popularität des Begriffs „Dateneigentum“ beigetragen.113 Die im Kontext des „Dateneigentums“ geführte Diskussion ist jedoch mehrdeutig: Regelmäßig ist nicht Eigentum im Sinne des BGB gemeint; vielmehr dient das „Dateneigentum“ als Sammelbegriff für die verschiedenen Versuche, Daten einem Verfügungsberechtigten zuzuordnen.114 Der insofern verfehlte Begriff provoziert daher Missverständnisse.115 Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es inzwischen kein Geheimnis mehr ist, dass nach ganz überwiegender Auffassung gerade kein Eigentum im Sinne von § 903 BGB an Daten besteht. Nachfolgend werden die Gründe, die gegen ein „Dateneigentum“ (im engeren Sinn) sprechen, sowie weitere sachenrechtliche Ansätze erläutert.

4.2.2.2.1 „Dateneigentum“, § 903 BGB Nur Sachen im Sinne von § 90 BGB sind eigentumsfähig. Eine Sache ist abgesehen von ihrer Körperlichkeit durch sinnliche Wahrnehmbarkeit, Abgrenzbarkeit 110

Specht, CR 2016, 288, 292. Eichberger, VersR 2019, 709, 713. Peukert, Güterzuordnung, S. 81 ff., spricht sich daher gegen eine güterzuordnende Funktion des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus – insbesondere in Form eines Ausschließlichkeitsrechts, da er Ausschließlichkeitsrechte als übertragbare Rechte versteht. 112 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 44. 113 Hoeren, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 37, 39, gesteht, nicht ganz unschuldig an der Verwendung des Begriffs des Dateneigentums zu sein. 114 Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 25. Raue, NJW 2019, 2425, nennt das Dateneigentum explizit einen „Sammelbegriff für bereits existierende Rechtspositionen“. Riehm, VersR 2019, 714, 716: Das Dateneigentum hat „zu zahlreichen Missverständnissen und vorschnellen Analogieschlüssen ebenso wie zur Vermengung verschiedenster Aspekte“ geführt. Siehe auch Schulz, PinG 2018, 72. 115 In dieser Arbeit wird daher der Terminus der Ausschließlichkeitsrechte bevorzugt. 111

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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im Raum und Beherrschbarkeit gekennzeichnet.116 Daten wird zwar teilweise zugesprochen, dass sie wahrnehmbar, abgrenzbar und beherrschbar seien;117 ihnen fehlt jedoch unbestreitbar die von § 90 BGB geforderte Körperlichkeit.118 Alle Versuche, eine Körperlichkeit von Daten zu begründen, können nach Amstutz „nur mit rechtsdogmatisch gequälten Windungen, deren Plausibilität nicht auf der Hand liegt“, erfolgen.119 Dem ist zuzustimmen: Daten sind keine Sachen und ein „Dateneigentum“120 ist daher abzulehnen. Schließlich ist der Sachbegriff auch nicht erweitert auszulegen, da weder die absolute Wirkung des Sachenrechts noch der Grundsatz des numerus clausus eine Erweiterung zulassen: Das Gesetz legt abschließend fest, welche dinglichen Rechte im Sachenrecht anzuerkennen sind.121

4.2.2.2.2 Zuordnung über das Eigentum am Datenträger Die Rechtsprechung hat für die Zuordnung von Daten bisher immer auf das Eigentum am Datenträger zurückgegriffen; das war indes der Tatsache geschuldet, dass die tatsächlichen Umstände in den höchstrichterlich zu entscheidenden Fällen einen solchen Rückgriff zuließen.122 Wenngleich dieser Ansatz klare Ergebnisse ermöglicht, kann die Zuordnung durch einen Rekurs auf das Eigentum am Datenträger, also Festplatten oder andere Speichermedien, jedoch ebenfalls

116

Stieper, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 90–103 Rn. 9. Berberich, in: Nutzergenerierte Inhalte, S. 165, 199 f.: Dass Daten nicht dem Sachenrecht unterliegen, liege allein an ihrer fehlenden Körperlichkeit, da sie ansonsten durchaus wahrnehmbare, abgrenzbare und beherrschbare Objekte seien. A.A. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 98 ff., 326 ff.: Nicht geheime syntaktische Information lasse sich beliebig vervielfältigen und sei daher nicht beherrschbar. 118 BGH, Urt. v. 13.10.2015, Az. VI ZR 271/14 = BGHZ 207, 163, 168 = NJW 2016, 1094, 1095; OLG Brandenburg, Urt. v. 06.11.2019, Az. 4 U 123/19 = ZD 2020, 157, 158; LG Konstanz, Urt. v. 10.05.1996, Az. 1 S 292/95 = NJW 1996, 2662; Dorner, CR 2014, 617, 618; Kornmeier/Baranowski, BB 2019, 1219, 1220; Peschel/Rockstroh, MMR 2014, 571, 572. 119 Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 544. Allerdings ist Amstutz zugleich einer der wenigen, der eine (teil-) analoge Anwendung des § 90 BGB auf Daten befürwortet. Daten wiesen im Rechtsverkehr eine Präsenz auf, die ihnen eine gewisse Nähe zur Körperlichkeit verschaffe, siehe Amstutz, a.a.O., 546. 120 Maßgeblich den Begriff des Dateneigentums prägend Hoeren, MMR 2013, 486 ff. 121 Heinze, in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Sachenrecht, Rn. 94; Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 37 f. 122 Siehe nur BGH, Urt. v. 04.11.1987, Az. VIII ZR 314/86 = BGHZ 102, 135 = NJW 1988, 406; Riehm, VersR 2019, 714, 717 m.w.N. 117

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Die Aussonderung von Daten

nicht überzeugen.123 Die Konstruktion über das Eigentum am Datenträger ist insoweit untauglich, als sie nicht die Daten selbst, sondern nur deren Verkörperung erfasst.124 Eine solche Zuordnung reduziert Daten auf ihre Darstellung und Speicherung auf dem konkreten Datenträger, also auf eine körperliche Ebene, und blendet damit die immaterielle Komponente von Daten aus.125 Aus dem Eigentum am Medium ist daher nicht zu folgern, wie die Inhalte des Trägermediums rechtlich zu behandeln sind.126 Dies bestätigt auch das folgende Beispiel: Werden die Daten nicht auf einem eigenen Datenträger, sondern in einer Cloud gespeichert, ist es nicht gerechtfertigt, die Daten dem Betreiber der Cloud, der Eigentümer des Speichermediums ist, rechtlich zuzuweisen, da dieser mit den Daten in keiner näheren Beziehung steht; eine Zuordnung der Daten, die an das Eigentum des jeweiligen Datenträgers anknüpft, ist daher schlichtweg überholt.127

4.2.2.2.3 Daten als Sachfrüchte oder Nutzungen, §§ 99, 100 BGB Weiterhin wird diskutiert, maschinengenerierte Daten als Früchte im Sinne des § 99 Abs. 1 BGB einzuordnen. Eine solche Konstruktion soll beispielsweise ermöglichen, die von einem vernetzten Auto erzeugten Maschinendaten ausschließlichkeitsrechtlich dem Eigentümer des Autos zuzuordnen. Allerdings definiert § 99 Abs. 1 BGB Früchte als die Erzeugnisse und Ausbeute einer Sache. Bei maschinengenerierten Daten kann es sich indes nicht um Früchte nach § 99 Abs. 1 BGB handeln:128 Zum einen lassen sich Maschinen nicht ausbeuten, da 123

So aber noch Bydlinski, AcP 198 (1998), 287, 306. Hornung/Goeble, CR 2015, 265, 268: Prima facie spreche einiges für die Zuordnung der Verfügungsbefugnis zum Eigentümer des jeweiligen Objekts. 124 Riehm, VersR 2019, 714, 717. 125 Siehe auch Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 38. 126 Specht, CR 2016, 288, 292: Wenn der Inhalt auf dem Trägermedium urheberrechtlich geschützt sei, folge aus der Eigentumsübertragung des Trägermediums nicht zugleich die Übertragung der Nutzungsrechte. Faust, in: Stiftung Datenschutz, S. 85, 86 f.: Ein Rechtssatz, der die Daten dem Eigentümer des Datenträgers zuschreibt, sei verfehlt. 127 Adam, NJW 2020, 2063, 2064; Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 170 f.; Hoeren, MMR 2013, 486, 487; Hoppen, CR 2015, 802, 803; Riehm, VersR 2019, 714, 717. Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 40, nennt weitere absurde Folgen einer rechtlichen Unselbstständigkeit von Daten und erläutert auf S. 40 ff., dass sich eine rechtliche Zuweisungsabhängigkeit von Daten zu ihren Speichermedien auch nicht daraus ergebe, dass sie wesentlicher Bestandteil des Datenträgers nach § 93 BGB sind. 128 Daten sind auch keine Früchte nach § 99 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB. Anders nur Grosskopf , IPRB 2011, 259, 260, er zieht eine Anwendung von § 99 Abs. 2 BGB in Betracht. Es ist aber fraglich, welches Recht bestimmungsgemäß als Ertrag „Datenfrüchte“ abwerfen soll. § 99

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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sich durch die Erzeugung von Daten weder die Hauptsache in ihrem Bestand verringert noch die Daten ihrerseits den notwendigen Sachcharakter aufweisen.129 Zum anderen werfen Maschinen keine organischen Erzeugnisse ab.130 Im Übrigen führt auch eine analoge Anwendung von § 99 BGB nicht weiter, da die Norm nur definiert, nicht aber die Fruchtverteilung regelt,131 und daher ohnehin keine Zuweisung zur Folge hätte.132 Eine Zuweisung erfolgt erst über § 953 BGB, der allerdings allein eigentumsfähige Sachen zuordnet und damit für Daten nicht anwendbar ist.133 Ein weiterer Ansatz, der auf ähnlichen Überlegungen beruht, will Daten als Gebrauchsvorteile einer Sache nach § 100 BGB einordnen: Resultieren aus dem Gebrauch einer Sache Vorteile, so stehen diese (vorbehaltlich abweichender Regelungen) dem Eigentümer der Sache zu; auch bei Daten handele es sich um einen Gebrauchsvorteil im Sinne des § 100 BGB, wenn diese aus dem Gebrauch einer Sache resultierten; dies sei etwa bei Maschinendaten der Fall.134 Aber auch dieser Ansatz ist – jedenfalls für die Frage der Zuordnung von Daten – abzulehnen. Zum einen ist fraglich, ob Daten überhaupt Gebrauchsvorteile im Sinne der Norm sind. Grundsätzlich erfasst § 100 BGB jene Vorteile, die aus dem Gebrauch der Sache resultieren und ihrer Natur nach flüchtig sind, wie beispielsweise der Gebrauch eines Autos, einer Wohnung oder eines Reitpferdes;135 Daten existieren jedoch dauerhaft und können sogar übertragen werden und sie entsprechen daher nicht dem vom Gesetzgeber konzipierten Gebrauchsvorteil.136 Unabhängig davon begründet die Einordnung als Gebrauchsvorteil jedenfalls kein

Abs. 3 BGB erfasst hingegen vor allem die Gegenleistung für die Überlassung einer Sache an andere zur Nutzung – also insbesondere Geld, siehe Stresemann, in: MüKoBGB, § 99 Rn. 6. Specht, CR 2016, 288, 292, lehnt die Annahme von Früchten mit der Begründung ab, dass die Daten zwar durch die Maschine aufgezeichnet werden, sie aber nicht von ihr stammen; sie seien weniger ein Produkt der Maschine als ein Produkt des Gegenstandes oder der Person, über die sie erhoben werden. 129 Stieper, in: Staudinger, BGB, § 99 Rn. 9 f. 130 Schulz, PinG 2018, 72, 74. Stresemann, in: MüKoBGB, § 99 Rn. 2: Erzeugnisse seien alle natürlichen Tier- und Bodenprodukte. 131 Stieper, in: Staudinger, BGB, § 99 Rn. 1. 132 Zech, CR 2015, 137, 142. 133 Zech, CR 2015, 137, 142, allenfalls sei eine analoge Anwendung in Betracht zu ziehen, die aber wegen der fehlenden Vergleichbarkeit abzulehnen sei. 134 So vor allem: Heun/Assion, CR 2015, 812, 818. 135 Stresemann, in: MüKoBGB, § 100 Rn. 2 ff. 136 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 60; Schulz, PinG 2018, 72, 74.

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Ausschließlichkeitsrecht des Eigentümers der Sache an den Daten:137 Selbst unter der Voraussetzung, dass Daten Gebrauchsvorteile im Sinne von § 100 BGB wären oder man eine entsprechende Anwendung in Betracht zieht, ist dem Eigentümer der Sache nur das Erstnutzungsrecht der Daten zugewiesen.138 Das Recht zur Nutzung ist aber nicht mit einer originären Zuweisung der Daten zu verwechseln.139 Damit erfolgt auch über § 100 BGB (analog) keine ausschließliche Zuordnung von Daten.

4.2.2.2.4 Zuordnung über § 950 BGB Für die Zuordnung von Daten wird zudem die Anwendung von § 950 BGB vorgeschlagen. Dieser regelt die Rechtsfolgen der Verarbeitung eines Stoffes dahingehend, dass der Hersteller der neuen Sache das Eigentum an dieser erwirbt, sofern der Wert der Verarbeitung nicht geringer ist als der Wert des Stoffes. Im Kontext von Daten wird unter anderem diskutiert, ob das Aufspielen von Daten auf ein Speichermedium einen Eigentumserwerb zur Folge hat.140 Dies hätte allerdings nur zur Konsequenz, dass der Hersteller Eigentum an dem Datenträger erlangt; eine originäre Inhaberschaft an den Daten würde hingegen nicht begründet.141

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Zech, CR 2015, 137, 142: Die mit einem Aufnahmegerät erfolgte Aufnahme stelle möglicherweise eine Nutzung des entsprechenden Geräts dar; es handele sich jedoch nicht um eine dem Eigentümer der Sache ausschließlich zugewiesene Nutzung. 138 Siehe dazu auch Heun/Assion, CR 2015, 812, 818. 139 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 88: Eine Zuordnung könne allenfalls daraus folgen, dass die Daten derart eng mit dem datengenerierenden Gegenstand verbunden sind, dass sich die Berechtigung an der Sache auch an den Daten fortsetze. Das Kriterium der „engen Verbundenheit“ ist jedoch sehr subjektiv. Zudem ist nicht klar, wie sich die Zuordnung beurteilen könnte, wenn die generierten Daten nicht lokal auf dem Gerät, sondern extern (in einer Cloud) gespeichert werden. 140 BGH, Urt. v. 10.07.2015, Az. V ZR 206/14 = BGHZ 206, 211 ff. = GRUR 2016, 109 ff. Der BGH kam in der Entscheidung zu Kanzler Kohls Tonbändern zu dem Schluss, dass durch das Bespielen eines Tonbandes keine neue Sache entstehe, da diese Veränderung der bestimmungsgemäßen Benutzung des Tonbandes entspreche; anders verhalte es sich nur, wenn der Datenträger seine typische Funktion verändere, etwa ein Speichermedium zum Hörbuch werde. Werden Inhalte beispielsweise in einer Cloud gespeichert, bleibe der Speichernde daher urheberrechtlich Berechtigter an den gespeicherten Inhalten, er werde aber nicht Miteigentümer der Computeranlage des Dienstleisters. 141 Hoeren, MMR 2013, 486, 490. Die Entscheidung des BGH treffe keine weitergehende Aussage für die Güterzuweisung von Daten unabhängig von einem Speichermedium, siehe Specht, CR 2016, 288, 292, Fn. 44.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

131

Interessanter ist daher die Frage, ob die Daten selbst derart verarbeitet werden können, dass der Hersteller „Eigentum“ an ihnen erwirbt. Da § 950 BGB – wie auch § 953 BGB – eine eigentumsfähige Sache voraussetzt, also sowohl Ausgangsstoff als auch Endprodukt der Verarbeitung Sache sein müssen, scheidet eine direkte Anwendung der Norm aus. Ernsthaler zieht allerdings die entsprechende Übernahme des Regelungsbereichs des § 950 BGB für maschinengenerierte Daten in Betracht und ordnet die Rollen von Bearbeiter und Lieferant des Ausgangstoffes wie folgt zu: Bearbeiter sei das Unternehmen, dass die technischen Vorrichtungen implementiere, damit das jeweilige Gerät die Daten erfassen und übermitteln kann; der Nutzer, der die Daten – ohne gesonderten Aufwand – generiere, sei hingegen der Rohstofflieferant.142 Maßgeblich sei die „vorbereitende Bearbeitung“ (also das Anbringen der technischen Vorrichtungen), sodass es gerechtfertigt sei, dem Unternehmer als Hersteller die Verfügungsmöglichkeit an den Daten zuzusprechen.143 Die Anwendung von § 950 BGB schütze damit eine Leistung, die nicht in einer geistigen Schöpfung liege, sondern den Aufwand der Erhebung der Daten im gewerblichen Bereich widerspiegele.144 Nach der von Ernsthaler vorgeschlagenen Konstruktion würden etwa die generierten Maschinendaten in vernetzten Kraftfahrzeugen dem herstellenden Unternehmen zugeordnet.145 Allerdings bereitet die Subsumtion unter die (angepassten) Voraussetzungen von § 950 BGB Schwierigkeiten: Auch für eine analoge Anwendung von § 950 BGB ist ein Ausgangstoff erforderlich, der durch wertsteigernde Verarbeitung zu etwas Neuem wird. Wenn der Ausgangsstoff die vom Nutzer generierten Rohdaten sind und das Anbringen der technischen Mittel, die die Erfassung der Daten durch die Maschine ermöglichen, die vorbereitende Verarbeitung durch den Hersteller ist, dann wäre die Verarbeitung der Entstehung des Ausgangstoffs vorgelagert. Will man die eigentliche Verarbeitung hingegen in dem Erfassen und anschließenden Übermitteln der Daten sehen, wären nicht nur die Unterschiede zwischen Ausgangstoff und Verarbeitung aufgelöst, unklar bliebe auch, inwiefern sich die übermittelten Daten als etwas Neues von den Rohdaten als Ausgangstoff unterschieden. Als problematisch erweist sich schließlich, dass 142

Ernsthaler, NJW 2016, 3473, 3476. Ernsthaler, NJW 2016, 3473, 3476. 144 Ernsthaler, NJW 2016, 3473, 3476 f.: Der durch ein solches Leistungsschutzrecht hervorgerufene Interessenkonflikt zwischen Hersteller und generierenden Personen könnte durch einen Wertausgleich beseitigt werden. 145 Das herstellende Unternehmen zu bestimmen, würde – angesichts komplexer Produktionsketten – allerdings eine weitere Herausforderung darstellen. 143

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Die Aussonderung von Daten

in Ernsthalers Konstruktion dem Rohstofflieferanten keinerlei Rechtsposition zugewiesen wird.146 Aus einer entsprechenden Anwendung des § 950 BGB folgt daher keine originäre Zuordnung der Rohdaten147 – unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen einer Analogie. Eine anschließende Ordnung und Analyse der Rohdaten, die als wertsteigernde Verarbeitung eingestuft werden könnte, stellt hingegen einen nachgelagerten Arbeitsschritt dar, der die Frage der originären Inhaberschaft an den Rohdaten jedoch unbeantwortet lässt. § 950 BGB analog könnte damit allenfalls bei der weiteren Verarbeitung von Rohdaten zum Tragen kommen.148

4.2.2.2.5 Zwischenergebnis Das Sachenrecht kann Daten nicht originär zuordnen. Eine Subsumtion unter §§ 903, 90 BGB scheidet mangels Körperlichkeit von Daten ebenso aus wie Versuche einer Zuordnung über §§ 99, 100 BGB (analog). Ferner wurde gezeigt, dass die originäre Zuordnung von Daten auch nicht über eine analoge Anwendung von § 950 BGB erfolgt. Nicht geklärt wurde bislang, ob Daten über eine analoge Anwendung von § 903 BGB oder den Besitzregeln nach §§ 854 ff. BGB zugeordnet werden können. Da diese Ansätze jeweils an die strafrechtlichen Normen zu Daten anknüpfen, werden sie erst im Rahmen der strafrechtlichen Zuordnungsversuche dargestellt.

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Stender-Vorwachs/Steege, NJOZ 2018, 1361, 1365: Eine originäre Zuordnung über § 950 BGB überzeuge nicht, da danach das Eigentum bei dem Datenverarbeiter entstehe, der vorherige Dateninhaber aber keine Berechtigung an den Daten habe. Ebenso Westermann, WM 2018, 1205, 1207: Es sei lebensnah und sachgerecht allen Stationen einer Wertschöpfungskette gefestigte Rechtspositionen einzuräumen; dieser Gedanke würde missachtet, ließe man den Lieferanten der Rohdaten außer Acht. 147 Ernsthaler, NJW 2016, 3473, 3476, betont selbst, dass über § 950 BGB kein Ausschließlichkeitsrecht an den Daten geschaffen würde; allein die Entnahme der (einzelnen) Daten aus der geschaffenen Sammlung sei verboten; anders als bei dem urheberrechtlichen Datenbankschutz wären die Daten selbst und nicht nur die Struktur geschützt. 148 Ob die Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind, ist jedoch fraglich: Insbesondere ist die Interessenlage nicht zwingend vergleichbar: Anders als bei körperlichen Sachen ließe sich ein möglicher „Verlust“ der Rohdaten verhindern, wenn für die nachgelagerte Bearbeitung der Rohdaten der Datensatz zunächst kopiert würde. Zur fehlenden Vergleichbarkeit von Daten mit den Regeln des Sachenrechts siehe auch 4.2.2.6.2.1.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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4.2.2.3 Immaterialgüterrecht Ein weiterer Versuch der Zuordnung von Daten erfolgt über das Immaterialgüterrecht.149 Schutzgegenstand des Immaterialgüterrechts sind nicht körperliche Gegenstände, sondern geistige Güter; dazu gehören unter anderem die auf gewerblichen Schaffen beruhenden technischen Schutzrechte (z. B. Patentrechte), Zeichenrechte (z. B. Markenrechte) sowie der im Urheberrecht vermittelte Schutz der geistigen Schöpfung.150 Soweit immaterialgüterrechtliche Zuordnungen auf der semantischen Ebene von Information ansetzen,151 wie zum Beispiel im Patentrecht, das sämtliche Formulierungen der Erfindung schützt,152 können diese mittelbar für eine mögliche Zuordnung der syntaktischen Informationsebene herangezogen werden.153 Das Urheberrecht schützt hingegen die syntaktische Information, also beispielsweise die konkrete Ausformung eines Textes, nicht aber deren Aussagegehalt.154 Dem Urheber werden Verwertungs- und Nutzungsrechte sowie Abwehransprüche vermittelt; es handelt sich um ein Ausschließlichkeitsrecht.155 Dem Urheber können Daten folglich ausschließlich zugeordnet werden. Freilich betrifft das nur solche Daten, die Ausdruck einer geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sind. Dies ist beispielsweise bei der digitalen Speicherung eines Manuskripts (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG) gegeben oder wenn die Daten Träger von Musik (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG) und Filmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG)

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Siehe Härting, CR 2016, 646, 647 ff.; Riehm, VersR 2019, 714, 716; Wulf/Burgenmeister, CR 2015, 404, 408. 150 Rehbinder/Peukert, Urheberrecht, S. 3. 151 Arbeitsgemeinschaft „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 31. 152 Hofmann, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 9, 13; Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 411. 153 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 410: Die Informationsarten stünden zueinander in einem Stufenverhältnis. Die Zuweisung semantischer Information erfasse auch syntaktische Information, sofern diese einen entsprechenden semantischen Gehalt aufweise. A.A. Amstutz, AcP 218 (2018), 438, 488: Die Rechte am Dateninhalt entfalteten keine Ausstrahlungswirkung für die Daten. 154 Hofmann, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 9, 13; Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 411. Unklar: Heun/Assion, CR 2015, 812, 813, die die gespeicherten Inhalte als immaterialgüterrechtlich schutzfähig betrachten. 155 Siehe bereits 4.2.1: Das grundsätzlich unübertragbare Urheberrecht ist Ausschließlichkeitsrecht, da Nutzungsrechte eingeräumt werden können. Siehe aber Rehbinder/Peukert, Urheberrecht, S. 118, „kein Eigentum“ wird grenzenlos gewährleistet – auch die urheberrechtlichen Verwertungsrechte sind in ihrer Reichweite begrenzt.

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Die Aussonderung von Daten

sind.156 Fotos fallen grundsätzlich unter den Schutz des Urhebergesetzes, entweder als Lichtbildwerke (§ 2 Nr. 5 UrhG), die wiederum eine (geringe) persönliche geistige Schöpfung erfordern, oder über das in § 72 UrhG verankerte Leistungsschutzrecht, das einfache Lichtbilder ohne eine bestimmte Gestaltungshöhe, also auch Familien- oder Urlaubsfotos, schützt.157 Maschinengenerierte Daten sowie andere „einfache“ Daten, die Information bloß speichern, stellen hingegen keine persönliche Schöpfungsleistung dar.158 Indes kann für diese möglicherweise auf den im Urhebergesetz verankerten Schutz des Datenbankwerks (§ 4 Abs. 2 S. 1 UrhG) oder den Datenbankschutz (§§ 87a ff. UrhG) zurückgegriffen werden. Es ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schutz besteht und, ob dieser die Daten einem bestimmten Akteur zuordnet.

4.2.2.3.1 Datenbankwerkschutz Daten könnten zunächst über § 4 Abs. 2 S. 1 UrhG geschützt sein. Das setzt allerdings eine systematische oder methodische Auswahl oder Anordnung der Datenbankelemente dergestalt voraus, dass die Datenbank Ausdruck einer persönlichen geistigen Schöpfung ist, § 4 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 2 Abs. 2 UrhG.159 Eine persönliche geistige Schöpfung erfordert ein gewisses Maß an Individualität und Originalität bei der Anordnung der Daten.160 Bei sog. „Datenhaufen“ aus automatisch generierten Daten fehlt beispielsweise bereits die systematische Anordnung.161 Zudem wird im Kontext der Industrie 4.0 die Auswahl und Anordnung der Daten regelmäßig auf rein technischen Gründen beruhen, sodass die erforderliche geistige Schöpfung nicht vorliegen wird.162 Sollte im Einzelfall die Anordnung der Daten eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen, ist aber lediglich 156

Riehm, VersR 2019, 714, 716: Damit werde letztlich die in den Daten gespeicherte Information selbst als Gegenstand des Schutzes behandelt, weil diese zur wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Daten führe. 157 Schulze, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 72 UrhG Rn. 1 f.: Unterschiede bestehen allein bei der Schutzdauer. 158 Riehm, VersR 2019, 714, 718. 159 Leistner, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 50; Marquardt, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 8. 160 Leistner, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 19 f. Peschel/Rockstroh, MMR 2014, 571, 572: Die schöpferische Eigenart einer zum Einsatz kommenden Datenbanksoftware hat keinen Einfluss auf die Schöpfungshöhe der Datenbank. 161 Leistner, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 53: Das Erfordernis der Anordnung ist allerdings schon dann erfüllt, wenn der Datenbestand mit einem Abfragesystem verbunden ist, das eine zielgerichtete Suche ermöglicht. 162 Dorner, CR 2014, 617, 621; Zieger/Smirra, MMR 2013, 418, 420.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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diese schöpferische Leistung geschützt und nicht die einzelnen Daten selbst, § 4 Abs. 1 Hs. 2 UrhG.163

4.2.2.3.2 Datenbankschutz Das Leistungsschutzrecht sui generis des Datenbankherstellers erfordert keine persönliche Schöpfung, sondern eine wirtschaftliche Investition bei der Sammlung und Anordnung der Daten. Nachstehend ist jedoch zu zeigen, dass auch der Schutz des Datenbankherstellers nach §§ 87a ff. UrhG im Ergebnis keine originäre Zuordnung einzelner Daten schafft. Die Voraussetzung für den Schutz ist zunächst, dass die (voneinander unabhängigen)164 Daten systematisch, also nach logischen oder sachlichen Kriterien, oder methodisch, das heißt planmäßig strukturiert, abgelegt werden.165 Entscheidend ist für die elektronische Datenbank, dass die Daten so aufbereitet sind, dass eine sinnvolle Abfrage der einzelnen Daten ermöglicht wird.166 Ferner muss die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Daten eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordern. Die Investition kann in dem Einsatz von menschlichen, finanziellen oder technischen Mitteln, sowie der Pflege bestehender Datensätze liegen.167 Die Anforderungen an die Wesentlichkeit der Investition sind relativ gering: Sie ist wesentlich, wenn sie nicht ganz unbedeutend und nicht von jedermann leicht zu erbringen ist.168 Allerdings beschränkt

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Dorner, CR 2014, 617, 621; Marquardt, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 4 UrhG Rn. 10; Zieger/Smirra, MMR 2013, 418, 419 f. 164 Unabhängig bedeutet, dass die einzelnen Elemente für sich nutzbar sind; die Formulierung „Daten oder andere unabhängige Elemente“ des Gesetzgebers zeige, dass Daten bereits die erforderliche Unabhängigkeit besitzen, siehe Zech, GRUR 2015, 1151, 1157. 165 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 7. Nach Erwägungsgrund 21 der Datenbank-Richtlinie (Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken) ist aber nicht erforderlich, dass die physische Speicherung in einer geordneten Weise erfolgt. 166 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 7: Sogenannte „Datenhaufen“ bleiben damit auch im Rahmen dieser Norm ungeschützt. BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 52: Allerdings wollen die Akteure aus den Rohdaten einen Mehrwert generieren und werden für diese Zwecke die Daten entsprechend anordnen. Siehe zudem Zech, GRUR 2015, 1151, 1157: Die niedrige Hürde der systematischen und methodischen Anordnung sei letztlich ein „de minimis“ Kriterium. 167 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 12. 168 BGH, Urt. v. 01.12.2010, Az. I ZR 196/08 = GRUR 2011, 724, 725.

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Die Aussonderung von Daten

sich der Schutz auf Investitionen, die einen bereits vorhandenen Datensatz bearbeiten, sodass die Datenerzeugung nicht erfasst wird.169 In diesem Kontext können sich Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Frage ergeben, ob Daten beschafft oder erzeugt wurden; das gilt insbesondere für den Fall, dass der Datenbankhersteller die Daten selbst generiert.170 Ferner sind Datenbanken, die als Nebenprodukte unternehmerischer Tätigkeit (sog. spin-offs) anfallen, ebenfalls kein tauglicher Investitionsgegenstand,171 da der Schutz allein Investitionen erfasst, die der tatsächlichen Herstellung der Datenbank dienen.172 Nach § 87a Abs. 2 UrhG ist der Hersteller der Datenbank und in der Folge der Inhaber der entsprechenden Urheberrechte diejenige (natürliche oder juristische) Person, die die Investition vorgenommen hat, also die Herstellung initiiert, verantwortet und das Investitionsrisiko trägt; diese Funktionen kann auch ein entsprechender Dienstleister einnehmen, wenn er die Daten im Auftrag eines anderen aufbereitet.173 Sind die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG erfüllt, hat dies zur Folge, dass die getätigte Investition durch die in § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG statuierten Rechte zur ausschließlichen Nutzung der gesamten Datenbank oder

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EuGH, Urt. v. 09.11.2004, Rs. C-203/02 (The British Horseracing Board Ltd u. a./. William Hill Organization Ltd, BHB-Pferdewetten), Slg. 2004, I-10461, 10477 = GRUR 2005, 244, 247; Urt. v. 09.11.2004, Rs. C-338/02 (Fixtures Marketing Ltd./. Svenska Spel AB), Slg. 2004, I-10532, 10543 = GRUR 2005, 252, 253; Dorner CR 2014, 617, 622; Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 13; Drexl, JIPITEC 2017, 257, 268. Kritisch: Hoeren/Völkel, in: FS Krawietz, S. 603, 613; Sendrowski, GRUR 2005, 369, 372, der Datenerzeuger tätige unter Umständen größere Investitionen, die nicht geschützt würden. Zech, GRUR 2015, 1151, 1158: Dass der sui-generis-Schutz so gut wie keine Wirkung entfalten konnte, liege daran, dass Datenerzeuger als Rechtsträger ausscheiden; zwar sei eine Eingrenzung begrüßenswert, allerdings leuchte der Ausschluss von Investitionen in die Datenerzeugung nicht ein. 170 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 13: Beschaffung sei in Abgrenzung zur Erzeugung so zu verstehen, dass die Ermittlung bereits vorhandener Elemente erfasst ist. Hinweis auf Abgrenzungsprobleme auch bei Peschel/Rockstroh, MMR 2014, 571, 573; Sendrowski, GRUR 2005, 369, 372. Vertiefend zur Frage der Abgrenzung: Wiebe, GRUR 2017, 338, 340 ff. 171 Grützmacher, CR 2016, 485, 488; Wiebe, GRUR Int. 2016, 877, 879; Zech, GRUR 2015, 1151, 1158. 172 Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrecht, § 87a UrhG Rn. 13. 173 Siehe dazu auch Erwägungsgrund 41 S. 2 der Datenbank-Richtlinie; Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87a UrhG Rn. 19 f.; Ehlen/Brandt, CR 2016, 570, 575; Peschel/Rockstroh, MMR 2014, 571, 573. Zu Problemen bei der Bestimmung des Herstellers, wenn mehrere Personen beteiligt sind: Wiebe, GRUR 2017, 338, 342.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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wesentlicher Teile dieser geschützt ist.174 Damit enthält dieses Schutzrecht ein gesetzliches Modell, welches „demjenigen, der wirtschaftliche Investitionen vornimmt, ausschließlichkeitsrechtliche Befugnisse“ zuweist.175 Allerdings stellt die Verwertung von einzelnen Daten durch Dritte keinen Eingriff in die Datenbank dar.176 Daraus folgt, dass die in der Datenbank enthaltenen Daten selbst keinem rechtlichen Schutz unterliegen.177 Die einzelnen Daten bleiben rechtlich ungeschützt und damit auch für jedermann frei nutzbar.178 Geschützt wird die Datenbank als das Ergebnis eines Strukturierungsvorgangs, die rechtliche Zuordnung der Daten zu einer Person ist hingegen nicht bezweckt.179 Das in § 87a Abs. 1 S. 1 UrhG verankerte Leistungsschutzrecht schützt damit weder die Erzeugung der Daten180 noch die Einzeldaten in der Datenbank.

4.2.2.3.3 Zwischenergebnis Einzelne Daten unterfallen dem urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 2 UrhG, wenn sie Produkt einer persönlichen geistigen Schöpfung sind. Daten können auch gemäß §§ 69a ff. UrhG als Computerprogramm oder durch andere Immaterialgüterrechte (mittelbar) geschützt sein, etwa als Patent, Marke oder Design.181 Dem Inhaber des jeweiligen Immaterialguts sind die betreffenden Daten ausschließlich zugeordnet. Ein Großteil der Daten, die von Unternehmen erhoben werden – Kunden-, Transaktions-, technische wie sensorische Daten – sind 174

Dreier, in: Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, § 87b UrhG Rn. 1, unter welchen Voraussetzungen von einem wesentlichen Teil auszugehen sei, siehe weiter Rn. 5 ff. Allerdings können auch wiederholte Zugriffe auf einen unwesentlichen Teil der Daten in der Summe einem wesentlichen Zugriff gleichstehen, siehe § 87b Abs. 1 S. 2 UrhG. 175 Specht, CR 2016, 288, 294, schlägt zudem vor, dass sich der Investitionsschutz grundsätzlich für eine Güterzuweisung fruchtbar machen ließe. Dazu kritisch Kornmeier/Baranowksi, BB 2019, 1219, 1222: Investitionstätigkeit sei ein unbestimmtes Kriterium im Bereich der Daten; getätigte Investitionen verteilten sich meist auf mehrere Akteure. 176 So auch ausdrücklich der Erwägungsgrund Nr. 45 der Datenbank-Richtlinie. Siehe auch Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 169. 177 Dorner, CR 2014, 617, 622; Sendrowski, GRUR 2005, 369, 372. Wulf/Burgenmeister, CR 2015, 404, 408: Liefert ein Unternehmen Einzeldaten an ein Drittunternehmen, welches für ihn eine Big-Data Datenbank erstellt oder Analysen vornimmt, entstehen Leistungsschutzrechte erst durch die Datensammlung beim Auftragnehmer. 178 Sahl, PinG 2016, 146, 148. 179 Sahl, PinG 2016, 146, 148; Hoeren/Völkel, in: FS Krawietz, S. 603, 614. 180 Wiebe, GRUR 2017, 338, 345: „Die Ausklammerung der Investitionen in die Datengenerierung legt den Fokus stärker auf aggregierte und veredelte Daten, was im Sinne einer Anreizwirkung für Wertschöpfungsprozesse durchaus positiv zu bewerten ist.“ 181 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 58.

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Die Aussonderung von Daten

derzeit aber nicht immaterialgüterrechtlich geschützt.182 Insbesondere schützen die §§ 87a ff. UrhG nur eine Datenbank in ihrer Gesamtheit.183 Damit können Maschinendaten und andere „einfache“ Daten nicht immaterialgüterrechtlich zugeordnet werden.

4.2.2.4 Geschäftsgeheimnisse Zu den wichtigsten Vermögenswerten eines Unternehmens gehören das innerbetriebliche Wissen, Know-how und andere nicht öffentlich zugängliche Informationen.184 Dazu zählen unter anderem auch Maschinendaten der Industrie 4.0, die Produktwissen vermitteln und Produktoptimierung ermöglichen. Es besteht ein starkes wirtschaftliches Interesse der Unternehmen, diese Inhalte – die in aller Regel in digitaler Form gespeichert sind – geheim zu halten. Diese Daten bedürfen eines besonderen Schutzes, da bereits die einmalige Verletzung, also das Offenkundigwerden des Geheimnisses, seine Entwertung zur Folge hat.185 Einen solchen Schutz schafft das am 26.04.2019 in Kraft getretene Geschäftsgeheimnisgesetz, welches den ehemals bestehenden Schutz der §§ 17 bis 19 UWG ersetzt.186 Das Gesetz dient der Umsetzung der europäischen Geschäftsgeheimnis-Richtlinie.187 Das Gesetz enthält in § 2 Nr. 1 GeschGehG eine Definition des Geschäftsgeheimnisses. Ein Geschäftsgeheimnis liegt vor, wenn eine Information, die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt: Die Information muss zunächst geheim, das heißt nicht allgemein bekannt oder einfach zugänglich und daher von wirtschaftlichem Wert sein. Des Weiteren muss der rechtmäßige Inhaber angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen haben. Dabei handelt es sich um eine Obliegenheit; erfüllt der Inhaber der Information sie nicht, verliert er den Geheimnisschutz.188 Schließlich erfordert § 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG noch ein

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Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 170. Wiebe, GRUR 2017, 338, 345. 184 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 58. 185 Hauck, NJW 2016, 2218. 186 Zu den Voraussetzungen unter UWG Dorner, CR 2014, 617, 622 f. 187 Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformation (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung. 188 Ohly, GRUR 2019, 441, 443. 183

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung.189 Die Definition des Geschäftsgeheimnisses als Information zeigt, dass dieser Schutz an die semantische Ebene anknüpft.190 Folglich kann der Schutz von Daten in diesem Kontext allenfalls mittelbar erfolgen.191 Wem dieser (mittelbare) Schutz zukommt, legt das Gesetz in § 2 Nr. 2 GeschGehG fest. Inhaber des Geschäftsgeheimnisses und damit Schutzberechtigter ist derjenige, der die rechtmäßige Kontrolle über das Geheimnis hat. Das Gesetz konkretisiert jedoch nicht weiter, unter welchen Voraussetzungen die faktische Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis rechtmäßig ist.192 Dies bleibt eine dem Gesetz vorgelagerte Frage und richtet sich unter anderem nach den vorhandenen vertraglichen Vereinbarungen.193 Vorbehaltlich fehlender Beteiligung Dritter (Lieferanten, Verbraucher oder anderer Vertragspartner) wird im Grundsatz der Unternehmensinhaber Inhaber der entsprechenden Geschäftsgeheimnisse sein. Ob diese Inhaberschaft zugleich eine ausschließliche Zuordnung der Daten bewirkt, ist jedoch umstritten. Bereits unter der alten Gesetzeslage wurde diskutiert, den Geheimnisschutz dem Immaterialgüterrecht zuzuordnen und auf diese Weise eine ausschließliche Zuweisung zu begründen.194 Die Debatte hat sich auch mit der Reform nicht erübrigt. Der Geheimnisschutz ist nicht länger nur in Normen des Nebenstrafrechts geregelt, sondern das neue Gesetz enthält auch zivilrechtliche Ansprüche195 und weicht somit vom bisherigen System ab. Ferner wird auf die Einführung der dreifachen Schadensberechnung, die typisch für das Immaterialgüterrecht ist, hingewiesen.196 Teilweise wird der Geheimnisschutz 189

Diese dritte Voraussetzung findet sich nicht in der europäischen GeschäftsgeheimnisRichtlinie. Zu einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit Ohly, GRUR 2019, 441, 444. 190 Zech, GRUR 2015, 1151, 1155. 191 Schur, Lizenzierung von Daten, S. 65. Lejeune, CR 2016, 330, 342, weist darauf hin, dass, solange ein (Eigentums)recht an Maschinendaten nicht existiere, die Möglichkeit, derartige Daten als Geschäftsgeheimnisse zu schützen, eine wichtige Rolle spiele. 192 Riehm, VersR 2019, 714, 719. 193 Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 2 GeschGehG Rn. 101 f. Ohly, GRUR 2019, 441, 445: Das Rechtsverhältnis unter den Mitinhabern werde, anders als im Patent- und Urheberrecht, durch das GeschGehG nicht näher ausgestaltet und könne daher, sofern keine vertragliche Regelung getroffen wird, Schwierigkeiten bereiten. 194 Ohly, GRUR 2014, 1, 3. Siehe auch Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 236 ff. m.w.N. 195 Ausdrücklicher Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch in § 6 GeschGehG, Ansprüche auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Rücknahme vom Markt in § 7 GeschGehG. 196 Kiefer, WRP 2018, 910, 914.

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Die Aussonderung von Daten

daher im Immaterialgüterrecht verortet: Der europäischen Richtlinie als auch dem deutschen Umsetzungsgesetz wird entnommen, dass dem Geheimnis als „Schutzgegenstand […] auch explizit ein Rechtsträger zugewiesen [sic!]“ wird.197 Es kann jedoch nicht überzeugen, den Geheimnisschutz dem Immaterialgüterrecht zuzuordnen – daher ist auch eine ausschließliche Zuweisung der geheimen Informationen beziehungsweise der Daten zu verneinen.198 Zunächst besteht schon nicht die behauptete „zweifelsfreie Zuordnung“199 , da das Gesetz wie gesehen das Zuordnungssubjekt nicht weiter konkretisiert. Auch wenn sich das neue Gesetz stärker als zuvor dem geistigen Eigentum annähert, bleibt der Geheimnisschutz „Hybrid zwischen Immaterialgüter- und Lauterkeitsrecht“.200 Dies folgt auch aus Erwägungsgrund 39 der Richtlinie, wonach der Geheimnisschutz keinen Einfluss auf „andere […] Bereiche […]“ wie das geistige Eigentum nehme. Damit grenzt die Richtlinie die Regelungsbereiche ab, und lässt die Grundkonzeption des Geheimnisschutzes als „reinen Zugangsschutz“ unverändert.201 Zum anderen sollen nach Erwägungsgrund 16 der Richtlinie keine „Exklusivrechte“ an vertraulichen Informationen begründet werden. In diesem Kontext wird auf die Zulässigkeit von „Doppelgeheimnissen“ verwiesen; die unabhängige Entdeckung desselben Know-hows soll möglich bleiben.202 Das impliziert zugleich, dass die Information dem Inhaber nicht ausschließlich zugewiesen wird.203 Die Zuordnung des Geheimnisschutzes zum Immaterialgüterrecht wird zudem in der Entwurfsbegründung zum GeschGehG ausdrücklich abgelehnt: Zum einen hänge – anders als im Immaterialgüterrecht – der Schutz von Geschäftsgeheimnissen von der tatsächlichen Geheimhaltung der Information ab.204 Der gesetzliche

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Kiefer, WRP 2018, 910, 911. So im Ergebnis auch Hauck, NJW 2016, 2218, 2221: Durch das Schweigen der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie zu Fragen der rechtlichen Zuordnung bringe die Richtlinie keine Weiterentwicklung für eine der drängendsten juristischen Fragen unserer Zeit, derjenigen nach einem „Eigentum an Daten“ als ausschließlicher rechtlicher Zuordnung im Sinne eines subjektiven Rechts. 199 Kiefer, WRP 2018, 910, 911. 200 Ohly, GRUR 2019, 441, 450. 201 Hauck, NJW 2016, 2218, 2221: Ohne faktische Geheimhaltung der Information gebe es schon keinen Schutzgegenstand, der in den Anwendungsbereich der GeschäftsgeheimnisRichtlinie fiele. 202 Siehe auch § 3 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG. 203 Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 1 GeschGehG Rn. 13; a.A. Kiefer, WRP 2018, 910, 912. 204 BT-Drucks. 19/4724, S. 20. 198

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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Schutz ende, wenn die Information offenbart wird.205 Daraus ergebe sich, dass „nicht die geheimen Informationen selbst, sondern lediglich deren ‚Aggregatzustand’ als Geheimnis geschützt wird.“206 Damit verstärke der Geheimnisschutz nur eine „bestehende faktische Ausschließlichkeit“; der Schutz sei demjenigen zugewiesen, „der einen faktisch exklusiven Zugang“ zu den Geheimnissen hat.207 Der Geheimnisschutz gewährt jedoch kein echtes Ausschließlichkeitsrecht an Daten im Sinne einer umfassenden Güterzuweisung.208 Zum anderen weist die Entwurfsbegründung zum GeschGehG darauf hin, dass die geschützte Information keine besondere Qualität aufweisen muss:209 Im Gegensatz zu Immaterialgüterrechten werden an Geschäftsgeheimnisse keine besonderen gegenständlichen, inhaltlichen oder formellen Anforderungen gestellt.210 So wird beispielsweise im Patentrecht die ausschließliche Zuordnung technischer Innovationen dadurch gerechtfertigt, dass der Erfinder sein Wissen der Öffentlichkeit und den Mitbewerbern preisgibt; denselben Schutz auch bei der Geheimhaltung von Informationen zu gewähren, überzeugt hingegen nicht.211 Gegen ein ausschließliches Recht an Daten, das über die Regeln des Geheimnisschutzes vermittelt wird, spricht ferner, dass die Position des Geheimnisträgers zwar einen wirtschaftlichen Zuweisungsgehalt aufweist,212 aber gerade kein übertragbares Recht besteht;213 Geheimnisse können nur faktisch übertragen werden.214 Wenngleich (insbesondere die in der Industrie 4.0 produzierten) Daten nicht selten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sind, schafft 205

Ohly, GRUR 2014, 1, 3. Dorner, CR 2014, 617, 623. Zustimmend: Sappa, GRUR Int. 2019, 135, 137: The information is protected against certain attacks as a secret only. 207 Zech, GRUR 2015, 1151, 1156, – dies verstärke im Ergebnis nur die Probleme des bestehenden faktischen Schutzes. 208 Sahl, PinG 2016, 146, 149; Specht, CR 2016, 288, 291; Zech, GRUR 2015, 1151, 1156. 209 BT-Drucks. 19/4724, S. 20. 210 Lejeune, CR 2016, 330, 331. 211 McGuire, GRUR 2016, 1000, 1004; Peukert, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 95, 121. 212 Zech, GRUR 2015, 1151, 1156. In Richtung eines Zuweisungsgehalts wiesen auch die Verdinglichungstendenzen im Know-how-Schutz, der maßgeblich von Geheimnisschutztatbeständen bestimmt werde, siehe Dorner, CR 2014, 617, 623 (noch zum UWG). 213 Hoeren, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 37, 46: Es fehlen Regelungen zu einem Geheimnisverfügungsrecht. Kiefer WRP 2018, 910, 913: Die Übertragbarkeit sei in der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie zwar nicht ausdrücklich geregelt, ihre Zulässigkeit werde aber unmissverständlich vorausgesetzt, wie sich e contrario aus Art. 4 Abs. 2 ergebe. 214 Zech, GRUR 2015, 1151, 1156. 206

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Die Aussonderung von Daten

der Geheimnisschutz damit nur eine faktische Zuweisung und keine rechtliche Güterzuordnung.215 Im Übrigen wäre ein auf dem Geheimnisschutz basierendes Ausschließlichkeitsrecht an Daten ohnehin nur Unternehmen zugänglich und insofern nicht umfassend.216

4.2.2.5 Zuordnung über das Datenschutzrecht Das Datenschutzrecht wird ebenfalls als Zuordnungsmöglichkeit für Daten herangezogen. Seit dem 25.05.2018 gilt die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO); zugleich wurde das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entsprechend angeglichen und damit das nationale mit dem europäischen Datenschutzrecht harmonisiert. Beide Rechtsquellen enthalten jedoch keine ausdrücklichen Regelungen zu der Frage, wem Daten rechtlich zuzuordnen sind. Art. 4 Nr. 1 DSGVO definiert Daten als Informationen. Beim Datenschutzrecht handelt es sich daher „um eine vom Dateninhalt […] abhängige Rechtsposition“;217 es setzt auf der semantischen und nicht auf der syntaktischen Ebene an,218 sodass eine Zuordnung der syntaktischen Datenebene nur mittelbar erfolgen könnte. Dazu müsste das Datenschutzrecht aber überhaupt eine solche Zuweisung vornehmen. Unbestritten vermittelt das Datenschutzrecht ein absolut wirkendes Abwehrrecht.219 Offen ist aber, ob aus dem Datenschutz darüber hinaus auch ein übertragbares Ausschließlichkeitsrecht folgt. Für das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde dies bereits abgelehnt.220 Für ein aus dem einfachrechtlich geregelten Datenschutz folgendes Ausschließlichkeitsrecht könnten folgende Überlegungen sprechen: Zwar sind personenbezogene Daten aufgrund ihres Bedeutungsgehalts untrennbar mit der Person verbunden und damit nicht im klassischen Sinn übertragbar, andererseits sind die Daten von der Person „ablösbar“, da sie auch ohne die andauernde Mitwirkung der Person verarbeitet werden können.221 Das Datenschutzrecht vermittelt 215

Einzeldaten wird nach dem GeschGehG in der Regel kein Schutz zukommen, da sie ohne den entsprechenden Kontext nicht die Qualität eines Geschäftsgeheimnisses erreichen, siehe Riehm, VersR 2019, 714, 719. So auch Sappa, GRUR Int. 2019, 135, 142, mit Hinweis auf Erwägungsgrund 14 der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie. 216 Specht, CR 2016, 288, 291. 217 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 42. 218 Hoeren/Völkel, in: FS Krawietz, S. 603, 610. Zech, GRUR 2015, 1151, 1154: Im Grunde schütze das Datenschutzrecht die „Person vor Gefahren durch sie betreffende Daten“. 219 Zech, CR 2015, 137, 141. 220 Siehe 4.2.2.1. 221 Zech, GRUR 2015, 1151, 1155.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

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dem Datenbetroffenen, also demjenigen auf den sich die Daten beziehen, konkrete „Verfügungsbefugnisse“, da die Einwilligung der betroffenen Person nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO die Datenverarbeitung zulässig macht und in den Grenzen der Vertragskontrolle eine schuldrechtliche Bindung zur Folge hat.222 Aus der Tatsache, dass der Betroffene über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten entscheiden kann, wird zum Teil gefolgert, dass ihm seine Daten gewissermaßen „gehören“.223 So spreche auch „ohne Zuerkennung zivilrechtlichen Eigentums an den Daten selbst […] der Umfang der Verfügungsrechte der betroffenen Person über die auf ihn beziehbaren Daten für die Anerkennung einer eigentumsähnlichen Stellung an seinen marktfähigen personenbezogenen Daten“.224 Hinter dieser Diskussion steht die Idee, den Datenbetroffenen an den Ergebnissen der Verwertung „seiner“ Daten teilhaben zu lassen.225 Daher wird teilweise vorgeschlagen, dem Betroffenen parallel zum Urheberrecht ausschließliche Nutzungsrechte einzuräumen.226 Auf diese Weise soll ihm eine Teilhabe 222

Zech, GRUR 2015, 1151, 1154 f.: Allerdings werde die schuldrechtliche Bindung durch die Möglichkeit der freien Widerruflichkeit nach Art. 7 Abs. 3 S. 1 DSGVO eingeschränkt, auch wenn der Widerruf gem. Art. 7 Abs. 3 S. 2 DSGVO keine Rückwirkung entfalte. Specht, GRUR Int. 2017, 1040, 1043: Die Möglichkeit zum Widerruf führe auch dazu, dass der Inhaber möglicher Datenrechte sich nicht darauf verlassen könne, mit den Daten tatsächlich nach seinem Belieben verfahren zu können. 223 Schulz, PinG 2018, 72, 73. 224 Kilian, in: GS Steinmüller, S. 195, 207 f. Bejahend Czarnetzki/Röder, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 332, 337. In diese Richtung auch Lahusen, AcP 211 (2021), 1, 18: Das Datenschutzrecht vermittle dem Betroffenen im Hinblick auf seine personenbezogenen Daten einen dem § 985 BGB strukturähnlichen Herausgabeanspruch. Das Recht des Betroffenen von jedem Verantwortlichen Auskunft über die gespeicherten Daten und deren Löschung verlangen zu können, sei „nichts anderes als die digitalisierte Variante des körperlichen Herausgabeanspruchs.“ Wegen der fehlenden Rivalität komme es bei Daten „nicht darauf an, wer sie hat, sondern nur, wer sie nicht hat“, sodass die Löschung der Herausgabe der Daten entspreche. Lahusen, a.a.O., 24, personenbezogene Daten würden insofern einen „verdinglichten“ Schutz genießen. Siehe ferner Ladeur, NJW 2000, 1977, 1980: Es sei an der Zeit, ein quasi-eigentumsähnlich geschütztes Interesse dem Recht am eigenen Bild zuzuordnen. Ders., DuD 2000, 12, 18: Der Datenschutz sollte „nicht dem Persönlichkeitsrecht zugeordnet werden, sondern als Bestandteil eines neuartigen Eigentumsrechts angesehen werden“. Schwartz, Harvard Law Review Vol. 117, No. 7 (2004), 2056, 2094 ff., schlägt für das amerikanische Recht ein „model of propertized personal information“ vor. 225 Härting, CR 2016, 646, 648. 226 Schwartmann/Hentsch, PinG 2016, 117 ff., plädieren für eine Einführung eines Datenverwertungsrechts. Nach Zech, CR 2015, 137, 141, erhielte der Betroffene auch bei einer solchen Konstruktion kein „vollständig übertragbares Ausschließlichkeitsrecht“.

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Die Aussonderung von Daten

am wirtschaftlichen Wert „seiner“ Daten ermöglicht werden. Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass der Personenbezug für eine vermögensrechtliche Zuweisung der Daten überhaupt ausreicht. Für die Zuweisung übertragbarer Rechte ist grundsätzlich die erbrachte Eigenleistung konstituierend:227 Während der Werkurheber eine geistige Schöpfung schafft und ihm daher Nutzungs- und Verwertungsrechte zugesprochen werden können,228 entstehen Datenschutzrechte nicht durch eine Eigenleistung, sondern sie stehen der betroffenen Person kraft ihrer Existenz zu.229 Die bloße Datenbetroffenheit legitimiert keine vermögensrechtliche Zuordnung;230 aus ihr folgt daher auch keine entsprechende Güterzuweisung. Darüber hinaus besteht das grundsätzliche Problem, dass der Datenschutz nicht darauf reduziert werden darf, Verwertungsmöglichkeiten personenbezogener Daten zu sichern.231 Ein Verwertungsrecht an personenbezogenen Daten könnte falsche Anreize schaffen, wenn die Datenbetroffenen in der Folge ihre Daten zu einem möglichst hohen Preis an möglichst viele Anbieter preisgeben und auf diese Weise die Idee des Datenschutzrechts unterlaufen wird.232 Dass das Datenschutzrecht ebenso wenig wie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eine Zuordnung der Daten vornehmen kann, folgt auch aus seiner Zweckbestimmung: Es dient gemäß Art. 1 Abs. 1 DSGVO vorrangig dem Schutz von Persönlichkeitsrechten. Freilich sind die Daten mit dem jeweiligen Betroffenen inhaltlich verknüpft, allerdings stellt dies nur eine

227

Peukert, Güterzordnung, S. 735. Zech, CR 2015, 137, 141. Ders., GRUR 2015, 1151, 1155: Diese Schöpfungsleistung erlaube es ökonomisch, das Urheberrecht als Ausschließlichkeitsrecht einzuordnen. 229 Specht/Rohmer, PinG 2016, 127, 131: Allerdings existierten Ansätze, die eine Eigenleistung in der Opferleistung (z. B. gläserner Kunde) sehen wollen; ob man dies indes ausreichen lassen könne, um dem Betroffenen Ausschließlichkeitsrechte zuzuweisen, erscheine im Vergleich zu der üblichen Leistung fragwürdig. 230 Härting, CR 2016, 646, 648. 231 Weichert, NJW 2001, 1463, 1469. 232 Specht, GRUR Int. 2017, 1040, 1041 f.: Das Grundverständnis des Datenschutzes sei, dass dieser alleiniges Schutzinstrument zugunsten des Betroffenen darstelle und sich einer Kommerzialisierung verschließe. Es sei ein Märchen, dass die Beteiligungsmöglichkeit der Betroffenen zu einem bewussteren Umgang mit den Daten führe. Vor diesem Hintergrund könnten auch die neuen §§ 312 Abs. 1a, 327 Abs. 3 BGB (das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen ist am 01.01.2022 in Kraft getreten), wonach der Verbraucher statt mit Geld mit seinen personenbezogenen Daten bezahlen kann, im Widerspruch zu der derzeitigen Lesart der DSGVO stehen. Siehe dazu Sattler, NJW 2020, 3623, 3627 f. 228

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bereichsspezifische Zuordnung dar und kein „vollumfängliches, eigentumsähnliches Recht, da dem Betroffenen kein gegenüber jedermann wirkendes, positives Nutzungsrecht zusteht“:233 Die Rechtsposition ist nicht übertragbar,234 auch wenn aufgrund der Möglichkeit zur Einwilligung die Verarbeitung der Daten zumindest gesteuert werden kann.235 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Recht auf Datenübertragbarkeit nach Art. 20 DSGVO. Dieses Recht basiert auf wettbewerbspolitischen Erwägungen und soll sog. Lock-in-Effekte für Verbraucher verringern, indem ein Anbieterwechsel erleichtert wird.236 Das Datenschutzrecht könnte schließlich ohnehin kein umfassendes Ausschließlichkeitsrecht an Daten begründen, da es nur für personenbezogene Daten gilt: „Verschiedene Zuweisungskriterien für personenbezogene und nichtpersonenbezogene Daten zu etablieren, scheint aufgrund der vielfach gegebenen Umwandlungsmöglichkeiten beider Datenkategorien [aber] nicht zweckdienlich.“237 Damit bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass die datenschutzrechtliche Betroffenheit kein Ausschließlichkeitsrecht an Daten begründet.238 Das Datenschutzrecht bleibt aber eine wichtige Einschränkung im praktischen Umgang mit personenbezogenen Daten.239

4.2.2.6 Zuordnung über das Strafrecht Das zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 15.05.1986 hat das sog. Computerstrafrecht in das StGB inkorporiert. Damit regelt das 233

Schulz, PinG 2018, 72, 73. Zech, CR 2015, 137, 141. 235 Richter/Hilty, in: Stiftung Datenschutz, S. 241, 252, man könne den Datenschutz allenfalls als „ein zugewiesenes Bündel an Rechten sehen“; „quasi ein ‚ausgedünntes Eigentumsrecht‘“. 236 Siehe Paal, in: Paal/Pauly, DS-GVO, Art. 20 Rn. 6. Weitergehend aber Jülicher/Röttgen/von Schönfeld, ZD 2016, 358, 361: Sie sehen in dem Übertragungsanspruch eine Art positives Nutzungsrecht. Dagegen Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 51 ff.: Art. 20 DSGVO sei kein Beleg für eine rechtliche Zuordnung personenbezogener Daten. 237 Specht, GRUR Int. 2017, 1040, 1047. 238 Hoeren/Völkel, in: FS Krawietz, S. 603, 611; Schur, Lizenzierung von Daten, S. 105. Weichert, NJW 2001, 1463, 1469: Das Datenschutzrecht dürfe nicht als ein eigentums-ähnliches Recht missverstanden werden. Zech, GRUR 2015, 1151, 1155: Gewichtiges Argument gegen die Annahme echter eigentumsartiger Rechte sei, dass dies voraussetzen würde, dass sie auch gegen den Willen des Rechtsträgers diesem entzogen werden könnten, zum Beispiel bei der Zwangsvollstreckung. Das sei für den Datenschutz und andere Persönlichkeitsrechte aber abzulehnen. 239 Zech, CR 2015, 137, 141. 234

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Die Aussonderung von Daten

Strafrecht anders als das allgemeine Zivilrecht in verschiedenen Vorschriften ausdrücklich den Umgang mit Daten. Wie bereits dargestellt, setzt das Strafrecht in § 202a Abs. 2 StGB einen technischen Datenbegriff voraus. Somit schützen die strafrechtlichen Regelungen die syntaktische Ebene von Information.

4.2.2.6.1 Der Skripturakt im Strafrecht Im Rahmen der datenrelevanten Strafrechtsnormen stellen sich ebenfalls Zuordnungsfragen: § 202a Abs. 1 StGB bestraft das Ausspähen von Daten und schützt damit den Zugang zu Daten. Taugliches Tatobjekt können nur solche Daten sein, die nicht für den Täter bestimmt sind; dies richtet sich nach dem Willen des „Verfügungsbefugten“.240 § 303a StGB schützt demgegenüber vor Datenveränderung und damit die Integrität von Daten. Der Wortlaut des § 303a Abs. 1 StGB beschränkt sich zwar nicht ausdrücklich auf fremde Daten; sinnvollerweise ist aber nur der Eingriff in Daten, an denen eine andere Person als der Täter ein schutzwürdiges Interesse hat, tatbestandsmäßig.241 Da das Strafrecht nicht ausdrücklich regelt, wer jeweils Berechtigter der Daten ist, hat sich frühzeitig ein strafrechtlicher Diskurs zur Bestimmung der „Verfügungsberechtigung“ an Daten entwickelt.242 Die Literatur befürwortet vor allem die Zuordnung über den sogenannten Skripturakt, welcher inzwischen auch von der Rechtsprechung243 und dem Gesetzgeber244 als maßgeblich betrachtet wird. Der Begriff des Skripturaktes wurde bereits 1988 von Welp eingeführt und mit der Zeit weiter konkretisiert. Danach ist derjenige originärer Dateninhaber, der die Daten erzeugt, also die Speicherung oder Übermittlung unmittelbar auslöst, durch die Eingabe der Daten, den Start eines selbsttätig speichernden Programms oder die Einspeisung externer Daten.245 Dieses handhabbare Zuordnungskriterium bedarf in Einzelfällen gewisser Modifizierungen: Auch wenn der Skripturakt und das Medieneigentum auseinanderfallen, soll der Skribent in der Regel der Dateninhaber bleiben, während der Medieneigentümer lediglich zivilrechtliche Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend machen könne; einschränkend soll jedoch etwas anderes gelten, wenn der Eigentümer des Datenträgers 240

BT-Drucks. 10/5058, S. 29; siehe auch Schmitz, JA 1995, 478, 481. Siehe dazu Wieck-Noodt, in: MüKoStGB, § 303a Rn. 9. 242 Siehe zu den verschiedenen Ansätzen Hilgendorf , JuS 1996, 890, 892 ff. 243 BayObLG, Urt. v. 24.06.1993, Az. 5 St RR 5/93 = JR 1994, 476, 477; OLG Nürnberg, Beschl. v. 23.01.2013, Az. 1 Ws 445/12 = CR 2013, 212, 213. 244 Siehe BT-Drucks. 18/5088, S. 46. 245 Welp, IuR 1988, 443, 447, für diese Annahme spreche „nichts weiter als eine gewisse Plausibilität“. Der Skripturakt sei das einzige Kriterium, das eine Zuordnung in die Rechtssphäre ihres Urhebers bewirken könne. 241

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die Skriptur in keiner Weise mitveranlasst hat, etwa wenn das Speichermedium abhanden gekommen ist.246 In Auftragsverhältnissen komme eine abweichende Bewertung der Dateninhaberschaft nur dann in Frage, wenn der Auftraggeber das Datenwerk erhalten hat oder die Bearbeitung bereits in allen Einzelheiten nach seiner Weisung erfolgte.247 Andere stellen beim weisungsgebundenen Skribenten hingegen grundsätzlich auf den Auftraggeber als den Berechtigten ab.248 Dagegen spreche aber, dass § 303a StGB nicht zu einer Kriminalisierung von Vertragsbrüchen führen soll.249 Abseits dieser Einzelprobleme hat sich der Skripturakt insgesamt als taugliches Zuordnungskriterium für das Strafrecht etabliert.

4.2.2.6.2 Anwendung der strafrechtlichen Zuordnung im Zivilrecht Diese im Strafrecht herrschende Lösung für die Verfügungsberechtigung an Daten wird als wichtiger Impulsgeber für einen entsprechenden zivilrechtlichen Ansatz betrachtet.250 Die strafrechtlich geschützte Position sei im Sinne der Einheit der Rechtsordnung auf das Zivilrecht zu übertragen.251 Dabei werden verschiedene Ansätze diskutiert, die im Folgenden kritisch zu untersuchen sind. 4.2.2.6.2.1 „Dateneigentum“, § 903 BGB analog Besonders viel Aufmerksamkeit hat der Vorschlag erfahren, ein „Dateneigentum“ nach dem Vorbild der strafrechtlichen Regeln zu konstruieren: Die strafrechtliche Zuordnung über den Skripturakt schaffe ein Vollrecht an Daten analog § 903 BGB.252 Im Sinne einer einheitlichen Rechtsordnung sei derjenige, der nach den strafrechtlichen Kriterien an den Daten berechtigt sei, auch im Zivilrecht Verfügungsbefugter.253 Das zeige auch schon die Analogie, die in der strafrechtlichen Literatur zu § 903 BGB gezogen werde.254 246

Hilgendorf , JuS 1996, 890, 893; Hoeren, MMR 2013, 486, 487 f. Ders., in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 303, 309 f., es sei systemwidrig, den Eigentümer des Datenspeichers in allen Fällen der Verletzung seines Eigentums durch fremde Datenskriptur als alleinigen Dateninhaber anzusehen. So aber Welp, IuR 1988, 443, 448. 247 Welp, IuR 1988, 443, 448; OLG Nürnberg, Beschl. v. 23.01.2013, Az. 1 Ws 445/12 = CR 2013, 212, 213. 248 Hilgendorf , JuS 1996, 890, 893; Lenckner/Winkelbauer, CR 1986, 824, 829. 249 Hoeren, MMR 2013, 486, 487: Werden übermittelte Daten im Auftrag verarbeitet, soll aber der ursprüngliche Inhaber an den Originaldaten verfügungsbefugt bleiben. 250 Riehm, VersR 2019, 714, 718. 251 Hoeren, MMR 2013, 486, 488. 252 Die Diskussion prägend: Hoeren, MMR 2013, 486, 487. 253 Hoeren, MMR 2013, 486, 488. 254 Hoeren, MMR 2013, 486, 488.

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Ein Dateneigentum gemäß § 903 BGB analog ist freilich nur möglich, wenn die grundsätzlichen Voraussetzungen einer Analogie gegeben sind. Die Befürworter einer solchen Analogie bejahen eine planwidrige Regelungslücke im Hinblick darauf, dass der historische Gesetzgeber des BGB die Behandlung von Daten nicht bedacht habe und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Lücke absichtlich nicht geschlossen wurde.255 Zudem bestehe auch eine vergleichbare Interessenlage: Das gelte zum einen in Hinblick auf den „fühlbareren Wert“256 der Daten und zum anderen ordne § 303a StGB die Daten einer Person zu, nur sie dürfe mit ihren Daten „nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen“; die Analogie zu § 903 BGB sei daher gerechtfertigt.257 Die Konstruktion eines Dateneigentums ist jedoch entschieden abzulehnen, da die Voraussetzungen einer Analogie zu § 903 BGB nicht vorliegen. Zunächst ist schon zu bezweifeln, ob im Hinblick auf die Vielzahl der bestehenden (gesetzlich verankerten) Rechte, die bereits angesprochen wurden, eine planwidrige Regelungslücke vorliegt.258 Unabhängig von dieser Frage bestehen gravierende Unterschiede zwischen Daten und Sachen, sodass nicht von einer vergleichbaren Interessenlage auszugehen ist: Anders als körperliche Gegenstände sind Daten nicht-rival, das heißt, auf einen Datensatz kann gleichzeitig von unbegrenzt vielen Nutzern zugegriffen werden, da Daten unkompliziert vervielfältigt werden können.259 Zudem lässt sich die Nutzung der Daten durch Dritte schwer ausschließen, sofern sie einmal öffentlich zugänglich waren; sie sind anders als Sachen in ihrer Grundkonzeption nicht-exklusiv.260 Schließlich fehlt bei Daten der durch Nutzung verursachte Verschleiß, der typisch für Sachen ist; Daten sind nicht-abnutzbar.261 Selbst Hoeren, der die Konstruktion eines Dateneigentums 255

Hoeren, MMR 2013, 486, 488. Hoeren, MMR 2013, 486, 489. 257 Hoeren, MMR 2013, 486, 489. 258 So Schulz, PinG 2018, 72, 75. 259 Heymann, CR 2016, 650, 653; Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 118. Insbesondere kann auch nicht das (für den Datenbesitz angeführte) Argument überzeugen, dass die konkrete Speicherung rival sei, da nicht unbegrenzt viele Menschen auf diese gleichzeitig zugreifen könnten, siehe dazu 4.2.2.6.2.2. 260 Zech, CR 2015, 137, 139. Exklusivität lasse sich aber durch technische Schutzvorrichtungen erreichen, sodass Daten zumindest eingeschränkt exklusiv seien, siehe ders., in: Pertot, Rechte an Daten, S. 91, 93 f. 261 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 119. Zweifelnd hingegen Heymann, CR 2016, 650, 653: Die meisten Daten dürften nur für eine vorübergehende Phase von wirtschaftlichem Interesse sein. 256

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nach § 903 BGB analog maßgeblich in Gang gesetzt hatte, erkennt inzwischen an, dass die speziellen Eigenarten von Daten eine analoge Anwendung der Vorschriften zum Sacheigentum nicht zulassen.262 4.2.2.6.2.2 „Datenbesitz“ Die Debatte um die rechtliche Behandlung von Daten hat zuletzt neuen Aufwind durch den Vorschlag zum „Datenbesitz“ bekommen. Ausgelöst wurde die Diskussion von Hoeren, der es weiterhin für erforderlich hält, die Inhaberschaft an Daten dogmatisch überzeugend in das bestehende Rechtssystem einzuordnen.263 Michl macht dabei deutlich, dass nur eine analoge Anwendung der §§ 854 ff. BGB in Frage kommt, da Daten nicht körperlich sind;264 Besitz nach § 854 Abs. 1 BGB kann nur an Sachen begründet werden.265 Anhaltspunkt für die Frage, ob die Rechtsordnung einen „Datenbesitz“ kennt, soll wiederum das Strafrecht sein,266 da bereits die bloße Schaffung des § 303a StGB zeige, dass der Gesetzgeber, das Bedürfnis wahrgenommen habe, den tatsächlichen Inhaber von Daten nicht ungeschützt zu lassen.267 Die Voraussetzungen einer Analogie werden wie folgt begründet: Für eine planwidrige Regelungslücke spreche, dass sich der Gesetzgeber bewusst sei, dass ein Rechtsrahmen für Daten fehle, aber eine bewusste Entscheidung, den status quo beizubehalten, nicht zu erkennen sei.268 Auch eine vergleichbare Interessenlage sei zu bejahen, da sowohl der zivilrechtliche Besitz als auch die Dateninhaberschaft im Sinne des § 303a StGB durch ihren tatsächlichen Charakter gekennzeichnet seien.269 Zwar unterscheide sich der faktische Zugang zu Daten vom Besitz, da Daten parallel genutzt werden können, allerdings sei die konkrete 262

Hoeren, MMR 2019, 5, 6. So auch schon vorher Zech, GRUR 2015, 1151, 1159. Hoeren, MMR 2019, 5 ff. Auch Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 399 f., 434 ff., spricht von „besitzartigem“ Schutz des Speichernden. 264 Michl, NJW 2019, 2729, 2730. Nicht ganz eindeutig bei Hoeren, MMR 2019, 5, 6 ff., der zwar sagt, dass Besitz grundsätzlich nur an Sachen begründet werden könne, zugleich aber betont, dass die fehlende Sachqualität von Daten nicht gegen die Anwendbarkeit des Besitzrechts spreche. 265 BGH, Urt. v. 13.10.2015, Az. VI ZR 271/14 = BGHZ 207, 163, 168 = NJW 2016, 1094, 1095; Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 34. 266 Hoeren, MMR 2019, 5, 6. 267 Hoeren, MMR 2019, 5, 7: Dass der Gesetzgeber zum Schutz der Daten „das besonders scharfe Schwert des Strafrechts“ nutze, unterstreiche dies einmal mehr. 268 Adam, NJW 2020, 2063, 2066. 269 Hoeren, MMR 2019, 5, 7: Der Skripturakt habe eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Sachherrschaft. 263

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Speicherung durchaus rival, da nicht unbegrenzt viele Menschen auf diese gleichzeitig zugreifen könnten.270 Weiterhin bestehe ein Gleichlauf zum Schutzzweck der §§ 858 ff. BGB: Die Anwendung der Besitzschutzregeln auf Daten sichere das staatliche Gewaltmonopol im digitalen Raum.271 Schließlich schaffe die faktischtechnische Zugriffsmöglichkeit eine mit dem Sachbesitz vergleichbare Publizität, da objektiv erkennbar sei, wer die Macht besitzt, den Datensatz auszulesen.272 Dass der „Datenbesitz“ eine solche Publizitätsfunktion erfüllt, lässt sich jedoch bezweifeln: Sobald die Daten einmal erzeugt sind, ist regelmäßig nicht mehr nach außen erkennbar, wer Skribent ist; darin sieht Hoeren indes kein unüberwindbares Hindernis für eine entsprechende Anwendung der Besitzregeln, da die §§ 857, 868 BGB zeigten, dass auch der zivilrechtliche Besitz nicht immer an die nach außen erkennbare Sachherrschaft anknüpfe.273 Da die Anwendung der Besitznormen aber zunächst nur possessorische Schutzansprüche zur Folge habe und über weitere materielle Berechtigungen des Datenbesitzers Unklarheit bestehe, sei der Datenbesitz ein „relativ schwaches Konstrukt“, mit dem sich Daten aber zumindest formal zuordnen ließen.274 Der „Datenbesitz“ ist im Ergebnis jedoch ebenfalls abzulehnen, da die Analogie zu den §§ 854 ff. BGB insbesondere an einer vergleichbaren Interessenlage scheitert:275 Zwar basieren sowohl die strafrechtliche Dateninhaberschaft als auch der Besitz auf tatsächlichen Elementen, allerdings würde ein „Datenbesitz“ nicht die dem Besitz normalerweise inhärente Publizitätsfunktion erfüllen können. Dieser Mangel kann nicht allein mit Hinweis auf die Ausnahmen bei den zivilrechtlichen Besitzregeln überwunden werden: Besitz im Sinne des § 854 BGB ist zumindest grundsätzlich nach außen erkennbar, wenngleich davon regelmäßig abgewichen wird. Davon zu unterscheiden ist die Situation, in der für 270

Adam, NJW 2020, 2063, 2067. In Bezug auf die konkrete Speicherung so auch schon Riehm, VersR 2019, 714, 721. 271 Adam, NJW 2020, 2063, 2067; Michl, NJW 2019, 2729, 2731. 272 Adam, NJW 2020, 2063, 2067. 273 Hoeren, MMR 2019, 5, 7. 274 Hoeren, MMR 2019, 5, 8. Michl, NJW 2019, 2729, 2731: Der Datenbesitz sei „blanker“ Besitz mit Abwehransprüchen, aber ohne positive Verfügungs-, Nutzungs-, oder Verwertungsbefugnisse. 275 OLG Brandenburg, Urt. v. 06.11.2019, Az. 4 U 123/19 = ZD 2020, 157, 158. Wenig überzeugend ist, dass das Gericht eine planwidrige Regelungslücke mit dem Hinweis ablehnt, dass auf Grund des damaligen technischen Stands kein Bedürfnis für eine Regelung bestand. Dem Hinweis auf die fehlende vergleichbare Interessenlage ist hingegen zuzustimmen: Daten sind nicht-rival, nicht-exklusiv und nicht-abnutzbar. So auch Zech, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 91, 99.

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Dritte generell nicht objektiv erkennbar ist, wem das Gut zugeordnet ist: Daten ist – jedenfalls nach Abschluss ihrer Speicherung – nicht anzusehen, wer ihr Inhaber/Skribent ist, da dieser nicht selten vom Eigentümer des Datenträgers abweichen wird. Allenfalls kann eine eingeschränkte Publizität angenommen werden, wenn die Möglichkeit zum Zugriff auf einen Datenbestand oder eine Datei je nach technischer Lösung auch für Dritte in einem gewissen Grad erkennbar ist.276 Ferner ist Besitz durch die Rivalität der Nutzung gekennzeichnet.277 Der Rekurs auf die konkrete Speicherung der Daten, die rival sei, kann im Ergebnis nicht überzeugen. Zwar können tatsächlich nicht beliebig viele Menschen auf eine konkrete Speicherung gleichzeitig zugreifen – das gilt nicht nur für die Daten auf dem privaten Computer, sondern auch für Daten in der Cloud, da eine lokale Kopie der Daten auf dem Endgerät des Nutzers (zwischen)gespeichert wird. Entscheidendes Charakteristikum von Daten ist aber, dass sie überhaupt beliebig oft (lokal) gespeichert werden können: Sie können unbegrenzt vervielfältigt werden und sind daher gerade nicht-rival. Aufgrund der Nicht-Rivalität von Daten ist schließlich auch die behauptete digitale Friedensordnung mit derjenigen bei Sachen nur schwer zu vergleichen: Ein unberechtigter Zugriff auf Daten bedeutet nicht zwingend den Verlust der Zugriffsmöglichkeit des Berechtigten.278 Insbesondere im Hinblick auf die fehlende Rivalität ist eine analoge Anwendung der Besitzregeln daher abzulehnen.279 Im Übrigen würde die Anerkennung eines „Datenbesitzes“ des Skribenten für die in Rede stehende ausschließliche Güterzuordnung von Daten nicht weiterführen, da der bloße Besitz selbst keine rechtliche Zuordnung schafft. Besitz im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB meint allein tatsächliche Sachherrschaft, der die Rechtsordnung gewisse Abwehrrechte verleiht und damit eine Friedensordnung bezweckt.280 Daher würde die Anerkennung der Figur des „Datenbesitzes“ zwar eine formale Zuordnung zu demjenigen schaffen, der die Daten gespeichert hat, jedoch keine Aussage über eine materielle Berechtigung treffen: Analog zum Sachbesitz könnte auch der Datendieb „Datenbesitzer“ sein.281 Der „Datenbesitz“ wäre allenfalls „blanker“ Besitz und hätte keine Verfügungs-, Nutzungs276

Zech, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 91, 99. Zech, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 91, 97. 278 Zech, in: Pertot, Rechte an Daten, S. 91, 99. 279 So im Ergebnis auch Martini/Kolain/Neumann/Rehorst/Wagner, MMR Beilage 2021, 3, 13 f. 280 Schäfer, in: MüKoBGB, § 854 Rn. 8, 11 f., 14. 281 Michl, NJW 2019, 2729, 2732. 277

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oder Verwertungsbefugnisse zur Folge.282 Eine faktische Zuordnung von Daten ist aber schon heute zu demjenigen möglich, in dessen Herrschaftsbereich sich die Daten befinden; dieser kann auf die Daten tatsächlich zugreifen. Mithin würde der (ohnehin abzulehnende) „Datenbesitz“ keine Erkenntnisse für die ausschließliche Güterzuordnung von Daten gegenüber der jetzigen Rechtslage schaffen. 4.2.2.6.2.3 „Datenverfügungsrecht“ nach Vorbild des Strafrechts Ob (andere) zivilrechtliche Konsequenzen aus den strafrechtlichen Regelungen folgen, wird unter anderem lebhaft im Rahmen der Frage diskutiert, ob ein Recht an Daten als sonstige Rechtsposition des § 823 Abs. 1 BGB existiert.283 Losgelöst vom Deliktsrecht geht Schulze von einem eigenständigen „Datenverfügungsrecht“ im geltenden Recht nach Vorbild und im Einklang mit den strafrechtlichen Regeln aus:284 Ebenso wie die zuvor dargestellten Ansätze knüpft er dafür an § 303a StGB und den Skripturakt an.285 Indes greift er nicht auf die sachenrechtlichen Vorschriften (analog) zurück, sodass die fehlende Rivalität von Daten nicht bereits gegen sein konzipiertes „Datenverfügungsrecht“ vorgebracht werden kann. Im Ergebnis muss die Existenz eines solchen „Datenverfügungsrechts“ im geltenden Recht jedoch ebenfalls abgelehnt werden – nicht nur, weil ein solcher Ansatz der

282

Michl, NJW 2019, 2729, 2733. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 436 f., folgert jedoch aus dem strafrechtlichen Schutz – ähnlich dem berechtigten Besitz – eine über die bloße Abwehrbefugnis hinaus gehende rechtliche Zuweisung – zumindest für den berechtigt Speichernden. Von einer unrechtmäßigen Speicherung sei auszugehen, wenn sie gegen bestehende Ausschließlichkeitsrechte an den Daten verstoße. Siehe ferner Zech., a.a.O., S. 399: Der Schutz des berechtigten Besitzes stelle eine „Verdichtung einer rechtlich geschützten faktischen Position zu einer begrenzten rechtlichen Zuweisung“ dar. Es überzeugt jedoch nicht, die Berechtigung zur Speicherung und die damit einhergehende rechtliche Zuweisung der Daten davon abhängig zu machen, dass sonst keine Zuweisungsregeln bestehen. Berechtigter Besitzer i.S.d. BGB ist der Eigentümer oder derjenige, der ein Besitzrecht vom Eigentümer durch Vertrag ableitet. Ein Dateneigentümer existiert jedoch nicht, sodass ungeklärt bleibt, unter welchen Voraussetzungen der Datenbesitz berechtigt ist. 283 Statt vieler Schneidereit, Haftung für Datenverlust, S. 275 ff., bejaht ein Recht am generierten Datenbestand. Zu § 823 Abs. 1 BGB sogleich unter 4.2.2.7. 284 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 70 ff. Die Argumentation verläuft im Wesentlichen parallel zu der Diskussion um ein sonstiges Recht an Daten im Deliktsrecht. Da sonstige Rechte im Deliktsrecht jedoch nicht notwendig auch ein übertragbares Ausschließlichkeitsrecht darstellen (siehe nur APR), soll die Darstellung unabhängig vom Deliktsrecht erfolgen. 285 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 59 ff., S. 62: Die Kritik am Zuweisungskriterium des Skripturakts verkenne, dass eine rechtliche Zuweisung zwar im Ergebnis eindeutig ausfallen, nicht aber offenkundig sein müsse.

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gegenwärtigen gesetzgeberischen Einschätzung zu absoluten Rechten an Daten widerspricht.286 Schulze ist der Auffassung, dass ein Bedarf für eine klare Zuweisung besteht: Allein auf die rein faktische Vermögenszuordnung zum tatsächlichen Inhaber der Daten abzustellen, genüge nicht den gewachsenen Anforderungen beim Cloud-Computing.287 Dies ist zwar nachvollziehbar, jedoch ist mit Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten festzustellen, dass gerade im Bereich der CloudDienste in der Regel vertragliche288 Lösungen die Zuordnung hinreichend klären können. Im Übrigen kann von einem möglichen Regelungsbedarf nicht auf ein bestehendes Recht geschlossen werden.289 Schulze führt als Beweis für ein bestehendes „Datenverfügungsrecht“ an, dass die Rechtsprechung das Kriterium des Skripturaktes zur positiven Bestimmung des Verfügungsberechtigten der Daten bereits anwende.290 Dafür nimmt er Bezug auf ein Urteil vom OLG Düsseldorf:291 Das Urteil betrifft die Herausgabe von Kundendaten einer insolventen Werbeagentur gegenüber ihrem Auftraggeber. Das Gericht beschäftigt sich mit der Auslegung von § 667 Alt. 1 und Alt. 2 BGB; die Verfügungsberechtigung an Daten oder der Skripturakt werden nicht erwähnt. Auch wenn der Entscheidung, dass die Werbeagentur die Kundendaten nach § 667 Alt. 1 BGB vom Auftraggeber erhalten und nicht nach Alt. 2 erlangt hat, möglicherweise ähnliche Wertungen zugrunde liegen wie der normativen292 Bestimmung des Skribenten, ist das Urteil nichts anderes als das Ergebnis einer Vertragsauslegung unter der Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten sowie der Verkehrsanschauung. Dem Urteil ist danach keine allgemein geltende richterliche Rechtsfortbildung zu einem „Datenverfügungsrecht“ zu entnehmen, welches aus der strafrechtlichen Dogmatik folgt. Zudem ist Schulze der Auffassung, dass der Skripturakt den zivilrechtlichen Anforderungen einer Zuordnung genüge: Es werde nicht nur negativ festgelegt, 286

Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 88: Das geltende Recht kenne keine absoluten Rechte an Daten. 287 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 70. 288 Siehe dazu 4.2.4. 289 Das gilt auch für das im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB vorgebrachte Argument, dass ohne ein absolutes Recht an Daten Schutzlücken der Haftung bei fahrlässiger Datenlöschung bestehen. 290 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 73 f. 291 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887 ff. Siehe zu dem Urteil auch noch ausführlich 4.4.2.2. 292 So Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 65: Um zu bestimmen, wer Skribent ist, sei eine normative und verkehrsgerechte Betrachtung erforderlich.

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wer als Straftäter in Frage komme, sondern auch positiv bestimmt, wem die Daten gehörten.293 Das Strafrecht konstruiere einen vom Informationsgehalt losgelösten Vermögensschutz von Daten; aus dem Wechselspiel mit den Grundsätzen des Zivilrechts ergebe sich ein Herrschaftsrecht an den Daten mit positiver Verwendungsbefugnis für den Berechtigten und negativer Ausschließungsfunktion gegenüber Nichtberechtigten.294 Die „Datenverfügungsbefugnis“ sei damit kein bloßer Rechtsreflex, sondern eine gezielt durch den Strafrechtsschutz gefestigte Rechtsposition des Berechtigten und die aus ihr folgende Zuordnung auch kein rein tatsächliches Phänomen.295 Dem ist jedoch ebenfalls nicht zuzustimmen. Auch wenn der Skripturakt ein geeignetes Kriterium bei der Zuordnung im Strafrecht sein mag, kann daraus nicht automatisch gefolgert werden, dass die strafrechtliche Regelung ein unmittelbar wirkendes Ausschließlichkeitsrecht im geltenden Zivilrecht schafft. Dies wird insbesondere mit Blick auf den konkreten Inhalt der strafrechtlichen Normen deutlich: Wie bereits festgestellt, sichert § 202a StGB den Zugang zu den Daten,296 während § 303a StGB die Integrität von Daten schützt.297 Die strafrechtlichen Normen bilden damit nur spezifische Gefährdungslagen ab und bezwecken keine Güterzuweisung der Daten. Im Kontext dieser Normen wird zwar jeweils vom „Verfügungsberechtigten“ gesprochen, dies meint jedoch die faktische Herrschaft über die gespeicherten Daten, die nicht mit einem ausschließlichen Recht an den Daten verwechselt werden darf.298 Dass allein die tatsächlichen Umstände maßgebend sind, zeigt sich beispielsweise darin, dass der Hersteller einer Datenkopie Skribent und damit Berechtigter ist, auch wenn er in Bezug auf die Originaldaten nicht befugt gehandelt hat.299 Es ist ein Unterschied, ob ein exklusiver Herrschaftsbereich durch faktisches Handeln entsteht oder durch rechtliche Anerkennung verliehen wird; ein Ausschließlichkeitsrecht

293

Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 74. Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 97. 295 So aber Faust, NJW-Beilage 2016, 29, 32. 296 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 390. 297 Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 171; BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 55: Von denkbaren zuweisbaren Handlungsbefugnissen werde einer Person über § 303a StGB lediglich das Recht auf Schutz vor Beeinträchtigung der Integrität von Daten indirekt zugewiesen. 298 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 394. 299 OLG Nürnberg, Beschl. v. 23.01.2013, Az. 1 Ws 445/12 = CR 2013, 212, 214; Berberich/Golla PinG 2016, 165, 171. Der tatsächliche Charakter der Dateninhaberschaft nach § 303a StGB wird auch von den Befürwortern des „Datenbesitzes“ betont. 294

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

155

an Daten kann nicht allein damit begründet werden, dass der Inhaber faktischen Zugriff hat.300 Ferner erfüllt das (strafrechtliche) „Datenverfügungsrecht“ nicht alle Merkmale eines Ausschließlichkeitsrechts: Diese sind durch negative Abwehrrechte sowie positive Nutzungszuweisungen gekennzeichnet.301 Das Strafrecht schützt den Skribenten aber allein vor den in den Strafnormen aufgeführten Tathandlungen durch unberechtigte Dritte.302 Damit verschafft die faktische Verfügungsmacht ein strafrechtliches Abwehrrecht, vermittelt jedoch keine positiven Nutzungsbefugnisse,303 insbesondere keinen Herausgabeanspruch.304 Schließlich wäre nach außen nicht erkennbar, wer Inhaber des „Datenverfügungsrechts“ sein sollte. Die fehlende Publizität eines solchen „Datenverfügungsrechts“ ist ein weiteres Indiz, das gegen das Bestehen eines Ausschließlichkeitsrechts spricht.305 Überdies ist noch auf das folgende Argument einzugehen: Schulze baut das von ihm vorgeschlagene „Datenverfügungsrecht“ maßgeblich auf der Einheit der Rechtsordnung auf; es sei nicht sinnvoll, die beiden Gebiete gedanklich zu trennen und die Zuordnungen des Vermögensstrafrechts nicht auf das Zivilrecht zu übertragen, schließlich seien zukünftige Entwicklungen zu Daten im Zivilrecht umgekehrt auch jederzeit im Strafrecht zu berücksichtigen.306 Das Datenstrafrecht beende das digitale Faustrecht und führe eine rechtliche Zuordnung ein; um Widersprüche zu vermeiden, finde das Zuordnungskriterium des Skripturaktes daher in der aktuellen Rechtslage auch im Zivilrecht Anwendung.307 Obgleich grundsätzlich von einer Einheit der Rechtsordnung auszugehen ist, macht dies nicht zwangsläufig erforderlich, dass strafrechtliche Zuordnungen im

300

Berberich, in: Nutzergenerierte Daten, S. 165, 203. Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 65. 302 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 56; Schulz, PinG 2018, 72, 73 f. 303 Schulz, PinG 2018, 72, 74. Nicht überzeugen kann das Argument der Gegenseite, dass das diskutierte Ausschließlichkeitsrecht gerade eine personelle Zuordnung ermöglichen soll und deshalb auch eine Zuweisungsfunktion erfüllt, so aber Schneidereit, Haftung für Datenverlust, S. 281. Dass das vorgestellte Recht eine Zuweisung als Rechtsfolge vornehmen soll, ist davon zu unterscheiden, dass das Strafrecht, aus welchem das Ausschließlichkeitsrecht an Daten abgeleitet wird, keine Nutzungszuweisung trifft. Ebenso wenig überzeugt es, die Zuweisungsfunktion des Rechts an Daten aus der initialen faktischen Zugriffsmöglichkeit des Speichernden abzuleiten, so aber Riehm, VersR 2019, 714, 720. 304 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 56. 305 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 82 f. 306 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 74 f. 307 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 75. 301

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Zivilrecht zu übernehmen sind. Abhängig vom Schutzzweck des Straftatbestandes kann ein Begriff oder Konzept durchaus weiter oder enger verstanden werden als im Zivilrecht (sog. Relativität strafrechtlicher Konzepte);308 beispielsweise weichen die Wertungen des strafrechtlichen Gewahrsams (§ 242 StGB) vom zivilrechtlichen Besitz ab. Daher kann aus der Tatsache, dass sich die Fremdheit der Sache bei der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) nach dem BGB richtet,309 nicht gefolgert werden, dass auch bei § 303a StGB ein entsprechender (umgekehrter) Gleichlauf mit dem Zivilrecht besteht. Im Übrigen ist es dogmatisch fragwürdig, für die zivilrechtliche Datenzuordnung auf das Strafrecht zurückzugreifen, obwohl das Strafrecht selbst keine geschriebenen Zuordnungsregeln kennt und im Rahmen des Skripturaktes teilweise auf die zivilrechtliche Eigentumsordnung verwiesen wird: Der strafrechtliche Schutz gelte für Daten, an denen „eigentümerähnliche“ Verfügungsbefugnisse bestehen.310 Das Strafrecht bedient sich bei der Suche nach einem Zuordnungskonzept einer etablierten rechtlichen Figur, da es selbst keine Bestimmung vornimmt. Diese Bezugnahme ist mangels eines zivilrechtlichen Eigentums an Daten jedoch problematisch. Letztlich bietet das Strafrecht somit auch nicht mehr als eine Behelfslösung. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, ein zivilrechtliches Verfügungsrechtesystem auf dem strafrechtlichen Schutz aufzubauen.311 Das Argument der Einheit der Rechtsordnung kann daher insgesamt nicht überzeugen. Zwar könnten der Skripturakt und seine weiteren Konkretisierungen möglicherweise ein Vorbild für ein zu schaffendes Datenrecht sein, ein bereits existierendes „Datenverfügungsrecht“ ist jedoch abzulehnen.312 Aus diesem

308

Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 171. Wieck-Noodt, in: MüKoStGB, § 303 Rn. 15. 310 Hilgendorf , JuS 1996, 890. Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 171: Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, dass der Verfügungsberechtigte im Sinne dieser Vorschriften gleich dem Eigentümer einer Sache im Zivilrecht über seine Daten verfügen können sollte. Die analoge Anwendung von § 903 BGB für die zivilrechtliche Behandlung von Daten ist bereits abgelehnt worden, siehe 4.2.2.6.2.1. 311 Berberich, in: Nutzergenerierte Inhalte, S. 165, 196. Heun/Assion, CR 2015, 812, 813 f.: „Bloß weil das Strafrecht scheinbar einen Schutz gewährt, der über das Zivilrecht hinausgeht, solle das Zivilrecht nun quasi im Sprungschritt das Strafrecht wieder überholen und eine Art generelles Dateneigentum erschaffen, damit das Strafrecht dieses dann schützen kann. Einem derartigen Verständnis der Beziehung zwischen Straf- und Privatrecht ist entgegenzutreten“. 312 Berberich/Golla, PinG 2016, 165, 171. 309

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

157

Ergebnis folgt freilich nicht, dass grundsätzlich nur Lösungen über rein gesetzespositivistische Ansätze zu finden sind;313 mit den gegebenen rechtsmethodischen Mitteln kann jedoch de lege lata kein eigenständiges Datenverfügungsrecht begründet werden.

4.2.2.6.3 Zwischenergebnis Damit bleibt festzuhalten, dass die strafrechtliche Figur des Skripturaktes Daten nicht rechtlich zuordnet – weder über die analoge Anwendung der Regeln zu Eigentum und Besitz noch als „Datenverfügungsrecht“, das sich aus der Einheit der Rechtsordnung ableitet. Die „Verfügungsberechtigung“ im Strafrecht unterscheidet sich konzeptionell von einem Ausschließlichkeitsrecht, da sie zwar den Schutz der Daten nicht aber ihre Güterzuweisung bezweckt und damit eine andere Schutzrichtung verfolgt.314 Eine ausschließliche Zuordnung von Daten kann de lege lata nicht festgestellt werden.

4.2.2.7 Daten als sonstiges Recht, § 823 Abs. 1 BGB Die (bereits erwähnte) Debatte, ob Daten sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB sind, ist aus Klarstellungsgründen zu thematisieren, obwohl sie für die in Rede stehende Frage der Datenzuordnung nicht zielführend ist: Es muss nämlich zwischen Rechtszuweisung und Rechtsdurchsetzung unterschieden werden; während Stammrechte wie das Eigentum die Rechtszuweisung regeln, dienen Ansprüche der Rechtsdurchsetzung.315 Nicht immer wird unmissverständlich berücksichtigt, dass über Rechtsdurchsetzungsrechte keine Güterzuweisung erfolgen kann.316 Zech stellt daher fest, dass im Bereich von Ersatzansprüchen regelmäßig „neue Ausschließlichkeitsrechte geschaffen werden, bevor sie ausdrücklich als solche anerkannt sind.“317 Der Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB lässt sich der Kategorie der Rechtsdurchsetzung zuordnen. Das Deliktsrecht trifft weder eine Entscheidung darüber, ob ein Recht an Daten besteht, noch wer dessen Inhaber sein könnte.318 Es handelt sich um dem Deliktsrecht vorgelagerte Fragen. Nach der herrschenden Meinung hängt die Anerkennung eines sonstigen Rechts nach § 823 313

So der Vorwurf von Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 75. Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 26. 315 Hofmann, in: Rechte an Daten, S. 9, 12. 316 Hofmann, in: Rechte an Daten, S. 9, 12. 317 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 71. 318 Peukert, Güterzuordnung, S. 275: Das Deliktrecht treffe keine Entscheidung über das Ob der Zuordnung. 314

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Die Aussonderung von Daten

Abs. 1 BGB von einer Nutzungs- und Ausschlussfunktion der betroffenen Position ab.319 Die geführte Diskussion zu einem sonstigen Recht an Daten läuft daher im Wesentlichen parallel zu der um ein (aus dem Strafrecht folgendes)320 Ausschließlichkeitsrecht. Nach der hier vertretenen Auffassung existiert jedoch kein normexternes (strafrechtliches) Ausschließlichkeitsrecht an Daten. Konsequenterweise muss deshalb auch ein absolutes Recht an Daten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verneint werden.321 Darüber hinaus kann der Vorschlag, den (strafrechtlichen) Schutz des Speichernden als abwägungsoffenes Rahmenrecht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anzuerkennen,322 ebenfalls nicht überzeugen: Zech will damit zwar einen bloß eingeschränkten zivilrechtlichen Schutz schaffen; die gespeicherten Daten wären gegen Löschung und Veränderung geschützt, die Vervielfältigung und Nutzung der syntaktischen Information bliebe hingegen ohne Konsequenzen.323 Das veranlasst zu der Schlussfolgerung, dass ein rahmenrechtliches Datenrecht des Speichernden allein den einfachen Zugang zu den Daten erhalten und dem Integritätsschutz Rechnung tragen würde. Allerdings impliziert die Zuerkennung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche die Zuweisung der vermögensrechtlichen Nutzung der gespeicherten Daten zum Anspruchsinhaber, also dem Speichernden, und damit möglicherweise „durch die Hintertür“ eine rechtliche Zuweisung der Daten, die jedoch eine deliktsrechtsexterne Anerkennung voraussetzt.324 Angesichts der Tatsache, dass den strafrechtlichen Normen ein Zuweisungsgehalt nach hier vertretener Auffassung abgesprochen wird, ist die Anerkennung schadensrechtlicher Ansprüche über ein Rahmenrecht nach § 823 Abs. 1 BGB daher kritisch zu sehen.325 Den gleichen Zirkelschluss vollzieht 319

Siehe nur Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 303. Die Befürworter eines sonstigen Rechts an Daten führen als Beweis für die Existenz eines absoluten Rechts das Strafrecht an, siehe nur Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 338. 321 Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 45 ff.; Heymann, CR 2016, 650, 652. A.A.: Faustmann, VuR 2006, 260, 262 f.; Meier/Wehlau, NJW 1998, 1585, 1588 f.; Riehm, VersR 2019, 714, 720 ff.; Schneidereit, Haftung für Datenverlust, S. 275 ff.; Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 332. 322 So aber Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 401; ders., CR 2015, 137, 143; ders., GRUR 2015, 1151, 1158. 323 Zech, CR 2015, 137, 143; ders., GRUR 2015, 1151, 1158. 324 A.A. Zech, GRUR 2015, 1151, 1158: Aus der Anerkennung als deliktisch geschützte Position ergäben sich kein wirtschaftlicher Zuweisungsgehalt oder eine übertragbare Rechtsposition. 325 Auch Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 434 f., formuliert einschränkend: Der Schutz des Speichernden könne nur mit der Senkung von Kosten im Umgang mit Information gerechtfertigt werden. Er schlägt außerdem vor, statt des Speicherns einen hinreichend 320

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

159

der (soweit ersichtlich) unstrittige326 Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 202a, 303a StGB. Diese Problematik bedarf weiterer rechtswissenschaftlicher Beschäftigung, kann jedoch im Rahmen dieser Arbeit, die ein anderes Thema zum Gegenstand hat, nicht näher behandelt werden.

4.2.2.8 Zwischenergebnis Fasst man die bisherigen Ergebnisse zusammen, so lässt sich festhalten, dass kein umfassendes Ausschließlichkeitsrecht für Daten existiert. Zwar ist eine (mittelbare) ausschließliche Zuordnung über das Immaterialgüterrecht möglich; die anderen Rechtsinstitute – wie etwa das Datenschutzrecht – verleihen hingegen nur Schutz und nehmen keine ausschließliche Zuweisung von Daten vor. Aus diesem Grund bleibt die originäre rechtliche Zuordnung für Daten, die nicht die immaterialgüterrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, ungeregelt.

4.2.3

Die Folge der fehlenden ausschließlichen zivilrechtlichen Zuordnung

Da an Daten, wie soeben erläutert, keine Ausschließlichkeitsrechte bestehen, ist zu fragen, ob sie überhaupt Rechtsgegenstände327 sind – beziehungsweise um es mit Zechs Worten zu formulieren, ob es sich bei Daten tatsächlich um „vorrechtlich bestehende Rechtsobjekte“328 handelt. Unter den Begriff der Rechtsgegenstände fallen solche Objekte, an denen Herrschafts- und Nutzungsrechte gegenüber Dritten bestehen können.329 Da solche Rechte an Daten – nach der hier vertretenen Auffassung – jedenfalls nicht grundsätzlich bestehen, sondern verfestigten Zugang zu der gespeicherten Information als allgemeinere schutzfähige Position zu definieren. Wer den passwortgeschützten Netzzugang hat, wird sich jedoch regelmäßig nach vertraglichen Vereinbarungen richten. 326 Die strafrechtlichen Normen werden als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB anerkannt, siehe Arbeitsgemeinschaft „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 36, 55; Zech, GRUR 2015, 1151, 1159. OLG Celle, Urt. v. 22.10.2010, Az. 7 U 49/09 = MMR 2011, 208 f., erkennt § 202a StGB als Schutzgesetz an, ersetzt wird jedoch nur der mittelbare Schaden, der der Klägerin durch die Datenausspähung entstanden ist – die Daten selbst werden ihr nicht vermögensrechtlich zugewiesen. 327 Der Begriff des Rechtsgegenstands soll hier synonym zum Rechtsobjekt verstanden werden. 328 Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 325. 329 Zum Begriff „Rechtsgegenstand“, siehe Neuner, BGB AT, S. 300. Zum „Rechtsobjekt“ Neuner, a.a.O., S. 315. Im Wesentlichen ist erforderlich, dass an dem Objekt Ausschließlichkeitsrechte bestehen – die (jeweils strittigen) Begriffe der Herrschafts- und Nutzungsrechte

160

4

Die Aussonderung von Daten

nur, wenn die immaterialgüterrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, lassen sich Daten zumindest nicht im Allgemeinen als Rechtsgegenstände – beziehungsweise „Rechtsobjekte“ – kategorisieren. Daten sind aber vorrechtlich existierende Gegenstände.330 Zwar ist auch der Begriff des Gegenstands hoch umstritten;331 orientiert man sich jedoch an dem in § 453 Abs. 1 BGB zugrunde gelegten Verständnis, können Daten unter den Gegenstandsbegriff subsumiert werden: § 453 Abs. 1 BGB regelt, dass die Vorschriften über den Kauf von Sachen nicht nur auf den Kauf von Rechten, sondern auch auf den Kauf von sonstigen Gegenständen entsprechend anzuwenden sind. „Sonstige Gegenstände“ meint Güter, die unkörperlich sind, einen Vermögenswert haben und Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein können, insbesondere eines Kaufvertrags.332 Sie stehen „einem Rechtssubjekt nur rein tatsächlich zu“; insbesondere existiert keine Norm, welche ein Recht an diesem Gut einem bestimmten Rechtssubjekt zuweist.333 Unter diese Voraussetzungen des sonstigen Gegenstands lassen sich Daten ohne Weiteres subsumieren. Daten sind zudem vorrechtlich existierende Gegenstände, da sie ohne rechtliche Regelung existieren.334 Eine Zuordnung von Daten kann wegen ihrer fehlenden Eigenschaft als Rechtsgegenstand daher allein vertraglich erfolgen: Es ist „nur möglich, mit rein schuldrechtlicher Wirkung einem anderen die Nutzung eines solchen Gutes

einerseits und der Ausschließlichkeitsrechte andererseits sollen aber nicht gleichgesetzt werden. 330 Siehe dazu Zech, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 1; Peukert, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 95 ff. Anders als es für den Gegenstandsbegriff teilweise vorgeschlagen wird, ist der in Rede stehende Begriff des Gegenstands nicht Synonym für das Rechtsobjekt, so aber Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 40 f. 331 Siehe nur Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 39 ff. Cebulla, Die Pacht nichtsächlicher Gegenstände, S. 17, nennt eine Definition des „Gegenstands“ in der Rechtssprache: Gegenstand sei alles, was Objekt von Rechten sein kann. Ein solches Verständnis wäre synonym mit dem des Rechtsobjekts. Cebulla, a.a.O, S. 24 ff., geht von einem weiten Gegenstandsbegriff aus; unter den Begriff des Gegenstands fielen grundsätzlich sämtliche Vermögensgüter, allerdings sei der Begriff für jede Rechtsnorm einzeln zu untersuchen. Zech, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 1: Der Begriff der unkörperlichen Güter sei dem sehr umstrittenen Begriff des Gegenstandes vorzuziehen. 332 Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 44. 333 Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 45. 334 Zech, in: Leible/Lehmann/Zech, Unkörperliche Güter, S. 1: Vorrechtlich existierende Gegenstände seien Gütern begrifflich gleichzusetzen.

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

161

zu überlassen.“335 Die Zuordnung über das Vertragsrecht ist daher im nächsten Abschnitt näher zu erörtern.

4.2.4

Die Zuordnung über das Vertragsrecht

Mangels eines einheitlichen und umfassenden Ausschließlichkeitsrechts an Daten ist für die Zuordnung von Daten auf das Vertragsrecht zurückzugreifen: Die Datenzuweisung kann vertraglich geregelt werden, da die Vertragsfreiheit unabhängig von einer rechtlichen Kategorisierung von Daten gilt.336 Allerdings ergeben sich aus dem Verpflichtungsgeschäft allein relative Rechte.337 Zudem folgt aus einem Vertrag zur Nutzung von Daten nur eine Verpflichtung zur rein tatsächlichen Änderung der Zugangsberechtigung; über die Daten wird jedoch nicht verfügt, da eine Verfügung die Einwirkung auf ein bestehendes Recht voraussetzt, das an Daten aber gerade nicht besteht.338 Dennoch ist das Vertragsrecht nicht nur das einzig mögliche, sondern zugleich ein hinreichend flexibles Instrument für die Zuordnung von Daten: Das zeigt sich unter anderem daran, dass Daten bereits heute Gegenstand von Verträgen sind. Die entsprechenden Verträge regeln den Umgang mit Daten umfassend und sind oft nicht nur bilateral ausgestaltet, sondern werden zwischen mehreren Beteiligten geschlossen.339 Um es nicht bei einem Vertrauen auf die Vertragstreue zu belassen, sollten datenrelevante Verträge möglichst viele Fallkonstellationen explizit regeln und Vertragstrafen als Sanktionsmechanismus, der bei Verstößen droht, enthalten.340 Als Maßstab und Grenze der vertraglichen Vereinbarungen dient dabei das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie das Wettbewerbsrecht.341 In Kombination mit den heute möglichen technischen Sicherungsmaßnahmen entsteht damit ein Regime, das quasi Wirkung gegenüber jedermann entfaltet.342 335

Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 46. Faust, in: Stiftung Datenschutz, S. 85, 94; Hofmann, in: Rechte an Daten, S. 9, 27. 337 Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 46: Der Anspruch auf Leistung sei auf Zugangsverschaffung gerichtet – mit einem Recht „am Gut“ habe dies indes nichts zu tun. 338 Siehe dazu Neuner, BGB AT, S. 344; Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 46. 339 Heun/Assion, CR 2015, 812, 815. 340 Sahl, PinG 2016, 146, 150. 341 Siehe dazu Sahl, PinG 2016, 146, 150. 342 Bräutigam/Klindt, Gutachten Digitalisierte Wirtschaft, S. 26; Schur, Lizenzierung von Daten, S. 289; Specht, CR 2016, 288, 295. 336

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Die Aussonderung von Daten

Zwar ist zuzugeben, dass auch solche umfassenden Verträge nicht jedwede Gefahr abdecken können; jedoch gilt zu beachten, dass die vertraglichen Regelungen nicht im rechtsfreien Raum wirken, sondern von einer Vielzahl anderer (bereits thematisierter) Schutzrechte flankiert werden. Insbesondere kann neben dem Straf- und Datenschutzrecht in diesem Kontext auf das GeschGehG hingewiesen werden, welches jedenfalls für Unternehmen ein „scharfes Schwert“ gegen Dritte bereithält und zudem zusätzliche Ansprüche bei Vertragsbruch schafft (§ 4 Abs. 2 i.V.m. §§ 6 ff. GeschGehG). Überdies kennen die beteiligten Parteien ihr jeweiliges Geschäftsmodell am besten, sodass es überzeugt, ihnen die Lösungsfindung zum Umgang mit Daten zu überlassen.343 Der Gesetzgeber könnte die Unternehmen dadurch unterstützen, dass er Modellverträge entwirft, die die Parteien an das konkrete Geschäftsmodell anpassen können; solche Modellverträge würden ferner sicherstellen, dass die Interessen der Verbraucher von Anfang an hinreichend berücksichtigt werden.344 Schließlich kann allein das Vertragsrecht die im Datenkontext unweigerlich gegebenen grenzüberschreitenden Sachverhalte sachgerecht lösen. Ein deutsches und selbst ein europäisches Ausschließlichkeitsrecht an Daten stieße bei internationalen Sachverhalten hingegen an seine Grenzen. Vertragliche Lösungen sind daher im Ergebnis das vorzugswürdige Instrument, um die dynamischen Entwicklungen auf digitalen Märkten abzubilden.345

4.2.5

Die Ausgestaltung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten de lege ferenda

Da kein umfassendes Ausschließlichkeitsrecht an Daten besteht und auch keine Rechtsfortbildung de lege lata angezeigt ist, verbleibt nur die Möglichkeit, ein Datenrecht de lege ferenda zu entwickeln. Im Rahmen dieser Untersuchung können insoweit nur einige grundsätzliche Bemerkungen gemacht werden. Zunächst ist zu klären, ob die Schaffung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten rechtlich und ökonomisch überhaupt notwendig oder zumindest wünschenswert ist.346

343

Kerber, GRUR Int. 2016, 989, 995. Siehe auch Graf von Westphalen, ZIP 2020, 737, 741. 345 Arbeitsgemeinschaft „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 84; Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 27; Sahl, PinG 2016, 146, 150. 346 Auszublenden sind daher zunächst Fragen, wie ein solches Recht ausgestaltet und wem ein solches Recht zuzuordnen wäre. 344

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

163

Dies wird in der Literatur bereits ausführlich diskutiert;347 im Folgenden werden daher nur die wesentlichen Eckpunkte der Debatte dargestellt. Für ein ausschließliches Datenrecht wird etwa angeführt, dass dadurch die teilweise allein faktische Zuordnung von Daten rechtlich abgesichert werde.348 Ferner würde ein Datenrecht neue Märkte schaffen, da Daten aufgrund ihrer fehlenden Exklusivität bisher nur schwer zu handeln seien.349 Allerdings wird die Überlegung, dass ein Datenrecht Anreize zur Sammlung von Daten setzen könnte, angesichts der ohnehin bestehenden „Datensammelwut“ auch von den meisten Befürwortern eines zu schaffenden Datenrechts abgelehnt.350 Die ganz überwiegende Mehrheit spricht sich hingegen deutlich gegen die Schaffung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten aus. Die bisherige rechtliche und ökonomische Lage zeige keine Anzeichen dafür, dass die existierenden rechtlichen Instrumentarien den Handel mit Daten verhinderten; dieser finde auch ohne ein Ausschließlichkeitsrecht statt.351 Ein solches würde vielmehr neue Erschwernisse implizieren: Zunächst würde für Unternehmen der Verwaltungsaufwand und die Komplexität vieler Geschäfte gesteigert; in der Folge entstünden höhere Transaktionskosten.352 Für Verbraucher bestünde auf der anderen Seite ebenfalls kein nachhaltiger Mehrwert: Ein Ausschließlichkeitsrecht an Daten würde wohl nur einen überschaubaren Gewinn für das Individuum generieren, der aber womöglich mit einem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand (zum Beispiel Buchführungs- und Steuerpflichten) einherkäme; zugleich ist damit zu rechnen, dass Verbraucher für bisher kostenlose Angebote im Internet ein Entgelt entrichten müssten.353 Zudem wird das berechtigte Argument vorgebracht, dass ein Ausschließlichkeitsrecht für den Verbraucher – der am Zugang der Daten interessiert ist und dem Hersteller zur Zeit vertraglich unterlegen ist – kein geeignetes Mittel darstellt, um das Ungleichgewicht zu beseitigen: Auch bei „Datenherrschaft“ des Kunden könnte sich der Hersteller ohne weiteres bei Vertragsschluss

347

Siehe nur Schur, Lizenzierung von Daten, S. 241 ff. Zech, CR 2015, 137, 145. 349 Zech, CR 2015, 137, 145. 350 Determann, ZD 2018, 503, 506; Heymann, CR 2016, 650, 653; Kerber, GRUR Int. 2016, 989, 991; Zech, CR 2015, 137, 144. 351 Dorner, CR 2014, 617, 626; Heun/Assion, CR 2015, 812, 814; Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 27. 352 Determann, ZD 2018, 503, 507; Drexl, NZKart 2017, 339, 341; Richter/Hilty, in: Stiftung Datenschutz, S. 241, 249. 353 Determann, ZD 2018, 503, 507; ders., MMR 2018, 277, 278. 348

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Die Aussonderung von Daten

eine vergütungsfreie Nutzung der Daten einräumen lassen.354 Um der Marktmacht einzelner Akteure entgegenzutreten, wird daher vermehrt vorgeschlagen, statt der Zuordnung den Zugang zu den Daten zu regeln.355 Gewichtiges Argument gegen die Einführung eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten ist weiterhin, dass Kollisionen mit anderen Rechten zu befürchten sind: Ein Ausschließlichkeitsrecht auf der syntaktischen Ebene würde mittelbar auch den Zugang zur semantischen Information und damit den freien Informationsfluss beschränken.356 Ein Ausschließlichkeitsrecht an (syntaktischen) Daten, welches den Handel mit diesen ermöglichen soll, steht ferner im Widerspruch zum Datenschutzrecht, das die Entstehung von Märkten an (personenbezogenen) Daten gerade verhindern will.357 Die zu befürchtenden Friktionsflächen – auch zu anderen Regelungsgebieten – sprechen daher gegen ein Ausschließlichkeitsrecht an Daten.358 Im Übrigen würde ein Datenrecht die Entwicklung der digitalen Wirtschaft möglicherweise eher behindern als fördern.359 Dies zeigt der Vergleich mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverleger in §§ 87 ff. UrhG: Danach sind Presseverleger ausschließlich berechtigt, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen. Die Einführung des Leistungsschutzrechts erwies sich jedoch als dysfunktionaler Eingriff in den Markt, da marktmächtige Internetanbieter (Google) die Verlage vor die Wahl stellten, entweder eine kostenlose Lizenz zu vergeben oder nicht mehr aufgeführt zu werden.360 Richter/Hilty kommen daher zu dem Schluss, dass sich die Einführung eines Ausschließlichkeitsrechts schnell als „Hydra“ entpuppen könnte.361 Schließlich müsste ein 354

Drexl, NZKart 2017, 339, 343. Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 28; Richter/Hilty, in: Stiftung Datenschutz, S. 241, 256; Stender-Vorwachs/Steege, NJOZ 2018, 1361, 1366 f.: Das Kartellrecht sei nicht geeignet, das Zugangsproblem zu lösen, da es nur auf fehlerhaften Wettbewerb reagiere und außerdem die lange Verfahrensdauer wenig praxistauglich sei. 356 Determann, ZD 2018, 503, 507; Drexl, NZKart 2017, 339, 343; Heymann, CR 2016, 650, 655; Wiebe/Schur, ZUM 2017, 461, 472. 357 BMVI, „Eigentumsordnung“ an Mobilitätsdaten, S. 104; Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 29; Müller, DuD 2019, 159, 165: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung könnte zum Recht der Wohlhabenden werden, während Sozialhilfeempfänger sich gezwungen sehen, ihre Daten zu kapitalisieren. 358 Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 26. 359 Drexl, NZKart 2017, 339, 341. 360 Determann, Hastings Law Journal Vol. 70 (2018), 1, 41; Hornung/Goeble, CR 2015, 265, 272; Richter/Hilty, in: Stiftung Datenschutz, S. 241, 256. 361 Richter/Hilty, in: Stiftung Datenschutz, S. 241, 256. 355

4.2 Die zivilrechtliche Zuordnung von Daten

165

entsprechendes Recht entwicklungsoffen formuliert sein, um dem technischen Fortschritt gerecht zu werden; dies würde im Ergebnis mehr Rechtsunsicherheit schaffen als beseitigen.362 Auch wenn es reizvoll erscheint, den bestehenden „Flickenteppich“ der Rechte an Daten durch ein umfassendes Datenrecht zu ersetzen,363 ist zu berücksichtigen, dass das differenzierte rechtliche Regelungsregime nicht ohne Grund besteht: Die verschiedenen Einzelprobleme können unmöglich in einem Ausschließlichkeitsrecht an Daten kohärent zusammengeführt werden. Das erforderliche System würde ein Maß an Komplexität erreichen, das außer Verhältnis zu jedem Gerechtigkeitsgewinn stünde. Ferner birgt eine Harmonisierung zwangläufig die Gefahr einer Zersplitterung in zahlreiche Einzelfallentscheidungen; am Ende verbliebe ein völlig entleertes Datenrecht,364 dessen Wirkungen ohnehin begrenzt wären, da es nur im deutschen Hoheitsgebiet durchgesetzt werden könnte.365 Ein Datenrecht de lege ferenda wird bei der nachfolgenden insolvenzrechtlichen Untersuchung daher nicht weiter berücksichtigt.

4.2.6

Zusammenfassung

Die Analyse der zivilrechtlichen Zuordnung von Daten hat ergeben, dass im Zivilrecht keine ausschließliche Zuordnung von Daten erfolgt. Zwar bestehen diverse Abwehrrechte, diese haben jedoch keine ausschließliche Zuweisung der Daten zur Folge. Auch der Blick auf ein möglicherweise zu schaffendes Ausschließlichkeitsrecht an Daten hat gezeigt, dass eine universelle Regelung nicht die komplexen Zusammenhänge im Kontext von Daten abbilden kann. Deshalb ist ein zukünftiges Ausschließlichkeitsrecht an Daten abzulehnen, auch wenn dies zur Folge hat, dass die originäre rechtliche Zuordnung von Daten (zu einem nicht unerheblichen Teil) weiterhin ungeklärt bleibt. Die Zuordnung von Daten vollzieht sich daher – wenn keine (mittelbare) Zuordnung über das Immaterialgüterrecht möglich ist – zunächst allein faktisch. Die Befürworter eines Ausschließlichkeitsrechts an Daten weisen darauf hin, dass in einer Rechtsordnung zwischen Mein und Dein nicht nur faktisch, sondern auch

362

Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 29. Heymann, CR 2016, 650, 657. 364 Determann, ZD 2018, 503, 506 und 508. 365 Kühling/Sackmann, ZD 2020, 24, 27. 363

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4

Die Aussonderung von Daten

rechtlich unterschieden werden müsse.366 Zwar ist dieses Bedürfnis nach klarer rechtlicher Zuordnung nachvollziehbar, jedoch kann diesem auch über vertragliche Regeln Rechnung getragen werden. Die vertraglichen Vereinbarungen werden zudem durch das Immaterialgüterrecht, das GeschGehG, das Datenschutzrecht und das Strafrecht ergänzt. Ferner besteht die Möglichkeit diverser technischer Sicherungsmaßnahmen.367 Die vertragliche Zuordnung ist schließlich die einzige Lösung, die berücksichtigt, dass Sachverhalte, die Daten betreffen, nicht selten grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, sodass weder ein deutsches noch ein europäisches Ausschließlichkeitsrecht an Daten zielführend wäre. Insgesamt ist es daher zurzeit nicht angezeigt, Daten in ein ausschließlichkeitsrechtliches Korsett zu zwingen, das mehr Nach- als Vorteile implizieren würde. Diese Erkenntnisse sind nachstehend für die Aussonderung von Daten fruchtbar zu machen.

4.3

Daten als Gegenstand der Aussonderung

Daten sind kein klassischer Rechtsgegenstand im ursprünglichen Sinn des § 47 InsO. Erkennt man hingegen nicht nur Rechtsgegenstände, sondern ebenso alle sonstigen Gegenstände nach § 453 Abs. 1 BGB als aussonderungsfähige Gegenstände an,368 können auch Daten nach § 47 InsO ausgesondert werden.369 Dafür spricht, dass Daten anerkannte Güter des Rechtsverkehrs sind: Auch der BGH hat für Daten bestätigt, dass sie „selbstständiges vermögenswertes Gut“370 sind. Daten sind aber auch deshalb als aussonderungsfähiger Gegenstand einzuordnen, da sie als insolvenzrechtlicher Vermögensgegenstand in die Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO fallen und § 35 InsO und § 47 InsO wie zwei Puzzlestücke ineinandergreifen: Entweder die Daten „gehören“ dem Schuldner oder 366

Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 35: Zwar könne eine Zuordnung nicht nur originär, sondern auch derivativ, also durch Übertragungsakt abgeleitete Zuordnung erfolgen, allerdings setze die derivative Zuordnung ein originäres Zuweisungsregime voraus. 367 Zu denken ist auch an neue technische Lösungen: Möglicherweise setzt sich der NFTTrend durch; mithilfe von Blockchain-Technologie soll eine exklusive faktische Zuordnung der Daten sichergestellt werden. 368 Siehe 4.1.1. 369 Dafür Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 4, 8; Bultmann, ZInsO 2011, 992, 993; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 31a; Völzmann-Stickelbrock, in: FS Taeger, S. 749, 765. A.A. Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 188: Da Daten und Informationen niemandem vermögensrechtlich zugewiesen seien, fielen sie weder in die Insolvenzmasse noch bestehe an ihnen ein Aussonderungsrecht. 370 BGH, Urt. v. 02.07.1996, Az. X ZR 64/94 = BGHZ 133, 155, 161 = NJW 1996, 2924, 2926.

4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung

167

sie sind nicht dem Schuldnervermögen, sondern einem Dritten haftungsrechtlich zugewiesen.371 Daten können Massebestandteil sein, da sich der Begriff „gehören“ in § 35 Abs. 1 InsO nicht allein auf ausschließlich zugeordnete Vermögensgegenstände beschränkt.372 Der Begriff setzt (nur) voraus, dass dem Schuldner die Vermögensgegenstände zustehen, da sie allein dann für seine Verbindlichkeiten haften.373 Die haftungsrechtliche Zuordnung baut zwar prinzipiell auf der ausschließlichen Güterzuordnung auf. Diese Prämisse ist indes vor dem Hintergrund zu sehen, dass für die bisher anerkannten Güter (Sachen und Rechte) stets eine ausschließliche Zuordnung möglich war. Auf das neuartige Gut Daten sind die bislang anerkannten Maßstäbe daher nicht ohne weiteres zu übertragen. Im Übrigen meinte „Gehören“ auch bisher nicht allein das Eigentum an einer Sache: Die Inhaberschaft eines Vermögensgegenstands kann sich ebenso aus einer schuldrechtlichen Position ergeben.374 Schließlich ist sogar anerkannt, dass auch tatsächliche Werte eines Unternehmens Massebestandteil sein können, wie die Kundschaft oder eine günstige örtliche Lage.375 Daher können auch Daten dem Insolvenzschuldner „gehören“ und für seine Verbindlichkeiten haften, sei es über eine immaterialgüter- oder schuldrechtliche Position an den Daten, sei es über eine rein faktische Position an den Daten. Allerdings genügt die faktische Position an den Daten nur dann für deren Massezugehörigkeit, wenn niemand Drittes ein dingliches oder persönliches Recht an den Daten beanspruchen kann.376 Die Frage des Gehörens ist letztlich das Gegenstück zu der Frage der Aussonderungsberechtigung, die für Daten noch näher zu erläutern ist.377 Der Begriff „gehören“ ist aber auch deshalb weit auszulegen, da andernfalls nicht ausreichend berücksichtigt würde, dass die Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1

371

„Was dem Schuldner nicht i.S. des § 35 Abs. 1 InsO ‚gehört‘, kann gem. § 47 InsO ‚ausgesondert‘ werden. Insofern besagen beide Vorschriften dasselbe.“, siehe Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 231. 372 Siehe zu der parallel gelagerten Thematik bei der Aussonderung sogleich 4.4. 373 Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 223 ff. 374 Siehe Paulus/Berg, ZIP 2019, 2133, 214. Nur bei Sachen wird die Rechtszuständigkeit nach dinglichen Gesichtspunkten zugeordnet; die Rechtszuständigkeit bei Forderungen und sonstigen Rechten ergibt sich hingegen aus Rechtsgeschäft, siehe Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35 InsO Rn. 25. 375 Henckel, in: Jaeger, InsO, § 35 Rn. 8. 376 Zu der Datenaussonderungsberechtigung sogleich noch ausführlich 4.4. 377 Siehe sogleich 4.4.

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Die Aussonderung von Daten

InsO der Befriedigung der Gläubigeransprüche dienen soll.378 Würde man Daten nicht als Massebestandteil anerkennen, würde den Gläubigern einen (womöglich nicht unerheblichen) Teil des Schuldnervermögens vorenthalten. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens, dem „das gesammte Vermögen des Schuldners unterworfen sein muss [sic!]“.379 Im Hinblick auf den Zweck des § 35 Abs. 1 InsO, nach welchem das Schuldnervermögen zur Sicherung der Gläubigeransprüche beim Insolvenzverwalter gebündelt werden soll, ist insgesamt von einem sehr weiten Vermögensbegriff auszugehen.380 Zu dem Vermögen einer Person gehören neben Sachen und geldwerten Rechten daher gleichermaßen sonstige Güter.381 Peukert ist ebenfalls der Auffassung, dass grundsätzlich „jeder rechtmäßig realisierbare Vermögensbestandteil zur Insolvenzmasse“ zähle, auch wenn es sich um ein Gut mit bloß faktischem Wert handele.382 Die Vermögenseigenschaft eines Gegenstands richtet sich allein danach, ob das betroffene Gut grundsätzlich verkehrsfähig ist, einen Geldwert verkörpert und am Markt veräußert werden kann.383 Werthaltige Daten lassen sich am Markt veräußern und sind daher unter den Vermögensbegriff des § 35 Abs. 1 InsO zu subsumieren. Ferner ist die potentielle Gesamtvollstreckung in Daten auch deshalb zu bejahen, weil auch die Einzelvollstreckung in Daten anzuerkennen ist. Zwar finden sich weder in der ZPO noch in der Rechtsprechung ausdrückliche Regeln zum zivilprozessualen Umgang mit Daten und Gewissheit besteht bislang nur insoweit, wie die Pfändung von Daten oder Software auf einem Datenträger nach § 808 ZPO betroffen ist.384 Da Daten aber unstrittig nicht unbewegliches Vermögen sind, muss sich die (hier relevante) Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung nach §§ 803 ff. ZPO (Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen) richten.385 Insbesondere sind keine Gründe ersichtlich, wonach Daten nicht auch

378

Siehe schon Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung, S. 45: „Die Konkursmasse dient zur ausschließlichen und zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger.“ 379 Hahn, Die gesamten Materialien zur Konkursordnung, S. 48. 380 Peters, in: MüKoInsO, § 35 Rn. 1; Czarnetzki/Röder, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 332, 339; Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 18. 381 Henckel, in: Jaeger, InsO, § 35 Rn. 9. 382 Peukert, Güterzuordnung, S. 621. 383 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 19. 384 Gruber, in: MüKoZPO, § 803 Rn. 27; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 35 Rn. 63 f.; Paulus/Berg, ZIP 2019, 2133, 2135. 385 Siehe dazu Völzmann-Stickelbrock, in: FS Taeger, S. 749, 752 ff.: In Betracht komme indes allein die Zwangsvollstreckung nach § 857 Abs. 1 ZPO.

4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung

169

Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein könnten. So wird etwa die Zwangsvollstreckung in Bitcoins – die letztlich nur eine Ausformung von Daten sind – auch nicht in Frage gestellt; andernfalls könnte der Schuldner die Zwangsvollstreckung dadurch vereiteln, dass er sein Vermögen in Bitcoins umwandelt.386 Indes hilft der Vergleich zu Bitcoins nur eingeschränkt, wenn man die Zwangsvollstreckung in Kryptowährungen (allein) deshalb anerkennt, weil der Gesetzgeber Kryptowerten mit der Einführung des § 1 Abs. 11 S. 4 KWG Rechtsqualität verliehen habe.387 Kryptowerte ließen sich daher unter die „anderen Vermögensrechte“ nach § 857 Abs. 1 ZPO subsumieren.388 Folgt man dieser Logik,389 ist festzustellen, dass Daten eine vergleichbare Rechtsqualität regelmäßig fehlt.390 Daten sind wie gesehen nur rein tatsächliche Vermögenswerte, die allein faktisch übertragen werden können, und somit keine Vermögensrechte. Indes ist für Daten eine analoge391 Anwendung von § 857 Abs. 1 ZPO anzuerkennen – so wie dies auch für Kryptowährungen bisher vertreten wurde: § 857 Abs. 1 ZPO ist eine Auffangnorm, die sicherstellen soll, dass eine Vollstreckung wegen Geldforderungen 386

Badstuber, DGVZ 2019, 246, 250. § 1 Abs. 11 S. 4 KWG wurde durch Änderung des Kreditwesengesetzes am 01.01.2020 eingeführt. Danach sind Kryptowerte „digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Siehe dazu d’Avoine/Hamacher, ZIP 2022, 6, 9: Die Definition in § 1 Abs. 11 S. 4 KWG setze die zivilrechtliche Übertragbarkeit von Kryptowerten voraus. Umstritten bleibe allein die Art und Weise der Übertragbarkeit; nach Auffassung der Autoren erfolge diese nach § 453 Abs. 1, § 433 Abs. 1 BGB (Verpflichtungsgeschäft) und über §§ 413, 398, 399 2. Fall BGB (Verfügungsgeschäft). 388 Skauradszun, ZIP 2021, 2610, 2612 ff.: Kryptowerte könnten über die BlockchainTechnologie einer Person absolut zugeordnet und nach §§ 413, 398, 399 2. Fall BGB (analog) übertragen werden. Sie seien daher absolutes Vermögensrecht nach § 857 Abs. 1 ZPO. 389 Die dogmatische Herleitung der Zwangsvollstreckung in Kryptowährungen kann und soll an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden. 390 Siehe dazu ausführlich bereits 4.2. 391 A.A. Völzmann-Stickelbrock, in: FS Taeger, S. 749, 755 f., will § 857 Abs. 1 ZPO hingegen teleologisch reduzieren. Völzmann-Stickelbrock, a.a.O, Fn. 30, dem Charakter der Norm als Auffangtatbestand entspreche die einschränkende Interpretation des Begriffs des Vermögensrechts eher als eine Analogie. Dagegen spricht jedoch, dass eine teleologische Reduktion vorgenommen wird, wenn der Wortlaut der Norm zu weit gefasst ist und auch Fälle einschließt, auf welche die Norm nach Sinn und Zweck nicht passt. Bei § 857 Abs. 1 ZPO ist der Wortlaut der „Vermögensrechte“ jedoch vielmehr zu eng gefasst und schließt daher zu Unrecht andere Vermögensgüter aus. 387

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4

Die Aussonderung von Daten

auch in nicht ausdrücklich genannte vermögenswerte Güter möglich ist.392 Für die Zwangsvollstreckung in Daten besteht eine planwidrige Regelungslücke und angesichts des offenen Charakters des § 857 Abs. 1 ZPO und der Werthaltigkeit von Daten ist auch eine vergleichbare Interessenlage zu bejahen.393 Da Daten Zugriffsobjekt der Einzelvollstreckung sein können, muss entsprechendes auch für die Gesamtvollstreckung gelten.394 Der Versuch die Massezugehörigkeit von Unternehmensdaten unmittelbar über die Bezugnahme auf § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO zu begründen,395 kann hingegen nicht überzeugen: In § 36 Abs. 1 und Abs. 3 InsO werden Vermögensgegenstände benannt, die nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst sind; das sind solche Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Neben höchstpersönlichen Gütern sind vor allem Gegenstände, die einem Pfändungsverbot unterfallen,

392

Effer-Uhe, ZZP 131 (2018), 513, 524: Ein enger Begriff des Vermögensrechts ist damit nicht zu vereinbaren. Siehe auch Koch, in: Kindl/Meller-Hannich, ZPO, § 857 Rn. 35. 393 Für die Zwangsvollstreckung in Daten auch Völzmann-Stickelbrock, in: FS Taeger, S. 749, 756, wenngleich sie § 857 Abs. 1 ZPO direkt anwenden will: „Auf dieser Grundlage kann auch ein Datenbestand, der einen Vermögenswert verkörpert und der aufgrund einer dem Schuldner zukommenden faktischen ‚Datenherrschaft’ grundsätzlich übertragbar ist, trotz der fehlenden absoluten Rechtsposition des Schuldners an den Daten unmittelbar nach § 857 Abs. 1 ZPO gepfändet werden.“ Auf die genaue Umsetzung der Zwangsvollstreckung in Daten kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Das Ergebnis steht im Übrigen nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BGH, Beschl. v. 05.07.2005, Az. VII ZB 5/05 = GRUR 2005, 969 ff., wonach eine „Internet-Domain“ als solche kein anderes Vermögensrecht i.S.v. § 857 Abs. 1 ZPO darstelle und Gegenstand zulässiger Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO in eine „Internet-Domain“ vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche sei, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der Domainregistrierung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis zustünden. Die hier vertretene Lösung lehnt eine Subsumtion von Daten unter ein Vermögensrecht ebenfalls ab. Ist der Schuldner faktischer Inhaber der Daten, bestehen jedoch keine Ansprüche gegen eine Vergabestelle auf die für die Pfändung zurückgegriffen werden könnte. Daher bedarf es für die Dateninhaberschaft einer analogen Anwendung von § 857 Abs. 1 ZPO. Anders ist die Situation zu bewerten, wenn der Schuldner die Daten an einen Datenverwalter ausgelagert hat; dann könnten entsprechende Ansprüche gepfändet werden. 394 Noch weitergehend Skauradszun, ZIP 2021, 2610, 2613 f. und d’Avoine/Hamacher, ZIP 2022, 6, 9, im Rahmen ihrer Ausführungen zu Kryptowerten: Diese gehörten zur Insolvenzmasse, da sie nach § 36 Abs. 1 S. 1 InsO der Zwangsvollstreckung unterliegen. 395 Czarnetzki/Röder, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 332, 338 f.; Geiser, ZInsO 2017, 1185, 1186; Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 29 ff.: „Die Frage, ob Daten insolvenzrelevante Vermögensgegenstände sind, kann offenbleiben, wenn sie der Insolvenzmasse ohnehin als Geschäftsbücher i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO angehören. Die Vorschrift ist […] nicht nur Rückausnahme für unpfändbare Gegenstände.“

4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung

171

erfasst.396 Dies schützt den Schuldner in der Gesamt- ebenso wie in der Einzelvollstreckung vor dem Verlust seiner Existenzgrundlage.397 Nach § 811 Abs. 1 Nr. 11 ZPO sind unter anderem Geschäftsbücher unpfändbar.398 Der Begriff der Geschäftsbücher ist weit und erfasst etwa Kontobücher, Kunden- und Lohnlisten, Rechnungen, Quittungen, Arbeitsaufzeichnungen und Steuererklärungen.399 Diese müssen nicht in gedruckter, sondern können auch in elektronischer Form vorliegen.400 Letzteres stellt immer öfter den Regelfall dar, da inzwischen viele Unternehmen (geschäftsrelevante) Unterlagen nur noch in digitalisierter Form aufbewahren. Nach § 36 Abs. 1 InsO würden entsprechende Unternehmensdaten folglich nicht der Insolvenzmasse unterfallen. Allerdings wird die Gesetzessystematik zur Insolvenzmasse durch § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO ergänzt, der eine Gegenausnahme zu § 36 Abs. 1 InsO schafft, sodass die an sich unpfändbaren Geschäftsbücher doch Massebestandteil sind. Hintergrund dieser Rückausnahme ist, dass Geschäftsbücher für den Insolvenzverwalter notwendige Informationsquelle und Beweismittel bei der Bestimmung des Umfangs der Insolvenzmasse sind.401 Ihre Massezugehörigkeit soll zudem garantieren, dass das Unternehmen während des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden kann und die Möglichkeit einer übertragenden Sanierung erhalten bleibt.402 Teilweise veranlasst diese Systematik zu der Annahme, dass sämtliche Unternehmensdaten über § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO ohne weiteres der Insolvenzmasse zugeordnet werden könnten.403 Die geschäftlichen Daten unmittelbar über § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO der Insolvenzmasse

396

Allerdings erfassen die Pfändungsschutzregeln in der ZPO nicht juristische Personen und Personenhandelsgesellschaften, sodass für die Bestimmung des Umfangs der Insolvenzmasse insofern keine Einschränkungen zu beachten sind, siehe Lüdtke, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 35 Rn. 40. 397 Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 36 Rn. 2. 398 Zudem kann Software (als eine Akkumulation von Daten) auf einem Datenträger ein zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit erforderlicher Gegenstand im Sinne des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO und damit unpfändbar sein, siehe Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 36 Rn. 17. 399 Blunk, Datenbestände in der Insolvenz, S. 57 ff.; Gruber, in: MüKoZPO, § 811 Rn. 47; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 36 Rn. 46. 400 Geiser, ZInsO 2017, 1185, 1186. 401 Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 36 Rn. 47. 402 Lüdtke, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 36 Rn. 53. 403 Czarnetzki/Röder, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 332, 338 f., 345; Geiser, ZInsO 2017, 1185, 1186; Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 29 ff., dies gelte indes nur für Daten, die „Informationen beinhalten, die einen Bezug auf die Geschäftstätigkeit des Schuldners aufweisen.“

172

4

Die Aussonderung von Daten

zuzuweisen, überzeugt jedoch nicht. Zum einen sind nicht jegliche Unternehmensdaten Geschäftsbücher;404 es existiert eine Vielzahl von Daten, die nicht unmittelbar den Zwecken des § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO dienen: Daten, die Informationen zu Marktverhalten liefern oder Maschinendaten, die für die Produktanalyse verwendet werden, können zwar maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beitragen, haben aber weder einen Beweiswert für den Insolvenzverwalter, um Aufschluss über die Geschäfte und das Vermögen des Schuldners zu erhalten, noch sind sie für die Fortführung und Sanierung des Unternehmens zwingend erforderlich. Zum anderen ist die Systematik des Gesetzes (Regel, Ausnahme, Rückausnahme) zu beachten: Elektronische Geschäftskorrespondenz, digitalisierte Buchhaltung und andere Daten, die Träger von Geschäftsbüchern im oben beschriebenen Sinn sind, fallen nicht „ohne weiteres“ über § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO in die Insolvenzmasse, sondern sind (primär) vielmehr trotz § 36 Abs. 1 InsO der Insolvenzmasse zuzuordnen. Nur in vereinzelten Fällen wird § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO eine eigenständige Massezuweisung vornehmen, nämlich wenn die Daten keinen eigenen Vermögens-, sondern allein Beweiswert405 haben. Es überzeugt jedoch nicht, § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO als grundsätzlichen Ausgangspunkt für die Massezuweisung von Unternehmensdaten zu wählen. Diese fallen regelmäßig bereits nach § 35 Abs. 1 InsO als vermögenswertes Gut in die Insolvenzmasse. Die Einordnung von Daten als insolvenzrechtlicher Vermögensgegenstand ist letztlich auch keine neuartige Erscheinung. Das besondere Charakteristikum von Daten ist ihre Unkörperlichkeit, ihre Virtualität. Indes lässt sich diese Eigenschaft auch auf andere rechtliche Institute übertragen. Auch Forderungen406 und Immaterialgüterrechte sind nur „virtuelle“ Vermögensgegenstände; die jeweilige Massezugehörigkeit ist jedoch unstrittig anerkannt.407 Ferner kann Know-how in die Insolvenzmasse fallen;408 jedenfalls unter der Voraussetzung

404

Paulus/Berg, ZIP 2019, 2133, 2136; Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 1; a.A. Czarnetzki/Röder, in: Conrad/Grützmacher, Recht der Daten, S. 332, 338 f. 405 Peters, in: MüKoInsO; § 36 Rn. 101: „Zur Insolvenzmasse gehören [Geschäftsbücher] […], selbst wenn sie zwar keinen Vermögens-, aber Beweiswert haben.“ A.A.: Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 36 Rn. 46: „Die genannten Unterlagen zählen selbst dann zur Masse, wenn sie keine[n] selbstständigen Beweis- oder Vermögenswert besitzen […].“ 406 Paulus/Berg, ZIP 2019, 2133, 2134 f., nennen Forderungen eine „reine Fiktion“. 407 Siehe bereits 4.1.2.1. 408 Chr. Berger/Tunze, ZInsO 2020, 52, 53.

4.3 Daten als Gegenstand der Aussonderung

173

der wirtschaftlichen Verwertbarkeit.409 Bewertet man Know-how, also geschütztes betriebswirtschaftliches, kaufmännisches oder technisches Wissen, welches nicht schon durch gewerbliche Schutzrechte erfasst wird,410 als insolvenzrechtlichen Vermögensgegenstand, muss dies erst recht für Daten gelten: Daten sind, anders als reines Wissen, nicht rein geistige Größe, sondern zumindest auch objektiv fassbar.411 Diese Vergleiche illustrieren, dass der insolvenzrechtliche Vermögensbegriff sehr weit zu fassen ist und sich Daten in den bestehenden Kanon an Vermögensgegenständen einfügen. Daten können aber eben nicht nur Massebestanteil nach § 35 InsO sein, sondern sie sind (im Umkehrschluss) auch potentiell aussonderungsfähiger Gegenstand nach § 47 InsO. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass wenngleich Daten grundsätzlich vermögenswertes Gut sind, sie nicht immer einen abstrakten Wert verkörpern. Es sind auch Konstellationen vorstellbar, in denen den Daten kein wirtschaftlicher Wert zukommt. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund des hier vertretenen Datenverständnisses, wonach Daten gespeicherte Informationen sind und nicht jedweder Information ein Geldwert zukommt. Zu denken ist etwa an Daten, die öffentlich zugänglich sind und daher von jedermann genutzt werden können (open data). Es ist zweifelhaft, ob auch diese Daten entsprechend ausgesondert werden können. Teilweise wird in solchen Fällen bereits das Bedürfnis der Herausgabe dieser Daten entfallen: Sind etwa frei verfügbare Texte und Fotos in einer Cloud gespeichert, wird der Nutzer diese Daten grundsätzlich auch auf andere Weise wiedererlangen können. Indes bietet es sich aus Praktikabilitätsgründen an, dass der Nutzer – sofern möglich412 – den gesamten Inhalt seiner Cloud in der Insolvenz des Betreibers herausverlangen kann: Für den Nutzer wird es nahezu unmöglich sein, die einzelnen Daten konkret zu benennen. Aus diesem Grund ist auch vom – ohnehin nicht unmittelbar anwendbaren – sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip, das eine konkrete Bestimmung der auszusondernden Gegenstände erfordert, abzuweichen. Für das Herausgabeverlangen muss es genügen, dass auf die Daten, die unter ein konkretes Vertragsverhältnis fallen, Bezug genommen wird.413

409

Im Einzelnen strittig, siehe dazu: Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35 Rn. 253. Peters, in: MüKoInsO, § 35 Rn. 400: Von einer wirtschaftlichen Verwertbarkeit sei auszugehen, wenn ein Know-how-Vertrag abgeschlossen wurde oder ein konkreter Preis besteht. 410 Peters, in: MüKoInsO, § 35 Rn. 399. 411 Schulze, Daten als Kreditsicherungsmittel, S. 21; siehe auch 2.4.3.1. 412 Siehe dazu 4.4.3.1. 413 So auch Jülicher, ZIP 2015, 2063, 2064.

174

4

Die Aussonderung von Daten

Diese praktischen Überlegungen zur Herausgabe der Daten dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Werthaltigkeit des auszusondernden Guts nach wie vor eine konstituierende Voraussetzung darstellt: Wertlose Daten haben keine Relevanz für die Masse; kommt ihnen kein Vermögenswert zu, können sie nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haften. Da wertlose Daten nicht Teil der Insolvenzmasse sind,414 entfällt im Umkehrschluss auch die Aussonderung derselben. Indes muss in diesem Fall aber eine tatsächliche Rückführung der Daten zum ursprünglichen Inhaber, der seinen wertlosen „Datenmüll“ möglicherweise noch gebrauchen kann, möglich sein. Insbesondere sind keine entgegenstehenden Interessen des Schuldners, des Insolvenzverwalters oder der anderen Gläubiger erkennbar. Diese Rückführung der Daten ist aber nicht Aussonderung im Sinne des § 47 InsO; vielmehr werden die wertlosen Daten bloß im Rahmen der Aussonderung der anderen Daten des betroffenen Vertragsverhältnisses mit herausgegeben. Sollte es sich bei den betroffenen Daten eines Vertragsverhältnisses hingegen allein um wertlose Daten handeln, kann der Nutzer mangels eines schützenswerten Interesses nicht vom Insolvenzverwalter verlangen, dass dieser den Aufwand betreibt, ihm die Daten zur Verfügung zu stellen. Ein etwaiger Herausgabeanspruch aus dem Vertrag kann in diesem Fall nicht im Wege der Aussonderung, sondern nur als eine einfache Insolvenzforderung geltend gemacht werden.

4.4

Die Aussonderungsberechtigung an Daten

Die Aussonderung von Daten in der Insolvenz des Datenverwalters setzt weiter voraus, dass demjenigen, der die Herausgabe der Daten verlangt, eine entsprechende Aussonderungsberechtigung zusteht.415 Eine solche Berechtigung kann sich aus einem dinglichen oder persönlichen Recht an den Daten herleiten. Daten können als vorrechtliche Objekte regelmäßig nicht ausschließlich416 zugeordnet werden; vielmehr erfolgt die Zuordnung primär über das Vertragsrecht. Die vertragliche Zuordnung schafft indes keine „klassische“ Güterzuordnung, sondern ist vielmehr auf einer „niedrigeren Zuordnungsebene“ zu 414

A.A.: Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 182: Auch wertlose Gegenstände könnten in die Insolvenzmasse fallen; diese zeige die Möglichkeit der Freigabe von Massegegenständen durch den Insolvenzverwalter. 415 Für die Datenaussonderung ist zu unterstellen, dass diese allein auf die „Herausgabe“ der Daten gerichtet ist. 416 Denkbar ist eine ausschließliche Zuordnung allein über das Immaterialgüterrecht, siehe 4.2.2.3.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

175

verorten. Nun gilt für das Insolvenzrecht grundsätzlich, dass rein vertragliche Regeln in der Insolvenz nicht „durchschlagen“: Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits festgestellt, setzt die haftungsrechtliche Zuordnung zwar prinzipiell eine ausschließliche Güterzuordnung voraus; diese Prämisse ist indes vor dem Hintergrund zu sehen, dass für die bisher anerkannten Güter (Sachen und Rechte) eine ausschließliche Zuordnung stets möglich war. Auf das neuartige Gut Daten sind die bislang anerkannten Maßstäbe hingegen nicht ohne weiteres zu übertragen. Ausweislich des Wortlauts von § 47 S. 1 InsO verschaffen aber auch persönliche Rechte eine Berechtigung zur Aussonderung. Wie gesehen versteht Picker das Klagerecht des nur obligatorisch Berechtigten indes allein als prozessuale Erleichterung, die der Durchsetzung der Eigentumsordnung dient.417 Bisher hat seine Konzeption für die Ergebnisse in Bezug auf § 47 InsO regelmäßig keine Abweichungen zu der Gegenauffassung ergeben, die das persönliche Aussonderungsrecht als eigenes materielles Klagerecht versteht.418 Aus diesem Grund blieb die dogmatische Herleitung des persönlichen Aussonderungsrechts eine eher theoretische Frage. Im Kontext von Daten hätte Pickers Ansatz allerdings zur Konsequenz, dass die Aussonderung allein von solchen Gütern möglich wäre, an denen ausschließliche Rechte bestehen, da nach seinem (historisch abgeleiteten) Erklärungsansatz das obligatorische Aussonderungsrecht allein ein Instrument des dahinterstehenden dinglichen Inhabers ist. Eine Aussonderung von Daten wäre demnach nicht möglich – genau diese Konsequenz zieht Pickers akademischer Enkel Hoffmann.419 Im Kontext von Daten ist jedoch eine Abkehr von der von Picker entwickelten Dogmatik erforderlich. Daten können daher trotz der fehlenden umfassenden ausschließlichen Güterzuordnung ausgesondert werden.420 § 47 InsO bietet mit der ausdrücklichen Nennung der persönlichen Rechte auch ausreichend Raum für

417

Siehe zu Pickers Theorie bereits ausführlich 4.1.2.2.1. Siehe dazu 4.1.2.2.1. 419 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960 ff. 420 A.A. Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 188 ff.: Da Daten und Informationen niemandem vermögensrechtlich zugewiesen seien, fielen sie weder in die Insolvenzmasse noch bestehe an ihnen ein Aussonderungsrecht. Indes erkennen sie den „starken“ Anspruch aus § 667 BGB an; es wird nicht deutlich, ob dieser im Wege der Aussonderung geltend gemacht werden kann. 418

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4

Die Aussonderung von Daten

eine solche Weiterentwicklung.421 Zwingende ökonomische Überlegungen veranlassen zu dieser Schlussfolgerung: Ließe man die Aussonderung von Daten nicht zu, würde dies ein wirtschaftlich widersinniges Ergebnis herbeiführen. Da § 35 und § 47 InsO wie ein Schlüssel-Schloss-Prinzip wirken, hätte Pickers Ansatz zur Folge, dass Daten nicht nur nicht ausgesondert werden könnten, sondern ebenso wenig Massebestandteil wären.422 Können Daten niemandem haftungsrechtlich zugeordnet werden, kann auch der Schuldner nicht für sich beanspruchen, dass diese für seine Verbindlichkeiten haften sollen. Das würde implizieren, dass der Insolvenzverwalter die Daten, die sich in seinem Herrschaftsbereich befinden, nicht verwerten könnte. Die Daten könnten – obwohl sie anerkannt vermögenswertes Gut sind – nicht zur Gläubigerbefriedigung genutzt werden.423 Dieses Ergebnis ist ökonomisch nicht tragbar und widerspricht zudem der gelebten Praxis. Man mag diesem Argument entgegensetzen, dass es im Ausgangspunkt sehr praxisorientiert ist. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich das Insolvenzrecht den sich ändernden tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen muss: Mit anderen Worten muss auch das Insolvenzrecht anerkennen, dass Daten als vermögenswertes Gut am Markt gehandelt werden. Die Auslegung von Recht kann und muss sich über die Zeit weiterentwickeln; im Falle des § 47 InsO ist dies mit Blick auf „neue Güter“, die weder Sachen noch Rechte sind und sich regelmäßig niemandem ausschließlich zuordnen lassen, erforderlich. Im Zusammenhang mit Daten entfaltet die persönliche Aussonderungsberechtigung eine selbständige Bedeutung.424 Im Übrigen hat Pickers Theorie wie gesehen ohnehin Schwächen:425 Dies zeigt sich etwa bei Treuhandverhältnissen wie der Sicherungsübereignung.426 Bei dieser hat der Sicherungsnehmer – obwohl er Eigentümer der Sache ist – nach 421

Im Rahmen der parallelen Drittwiderspruchsklage bietet der Wortlaut weniger Spielraum. Indes wird man konsequenterweise auch „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ neu interpretieren müssen. So im Ergebnis auch Völzmann-Stickelbrock, in: FS Taeger, S. 749, 753: „Der schuldrechtliche Anspruch des Cloud-Nutzers auf Rückgewähr der Daten ist Ausdruck der Nichtzugehörigkeit dieser Daten zum Schuldnervermögen, sodass ein die Veräußerung hinderndes Recht zu bejahen ist.“ 422 Die besseren Gründe sprechen aber dafür, Daten als Massebestandteil nach § 35 Abs. 1 InsO anzuerkennen, siehe dazu die Ausführungen in 4.3. 423 Siehe dazu bereits 4.3. 424 Auch grundsätzlich gibt es – wie bereits ausgeführt – andere Stimmen, die die obligatorische Aussonderungsberechtigung anderweitig, das heißt nicht allein prozessual, begründen. Siehe zu der alternativen Herleitung des Klagerechts bereits 4.1.2.2.1. 425 Siehe dazu bereits 4.1.2.2.1. 426 Siehe dazu bereits 4.1.2.1.2.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

177

§ 51 Nr. 1 InsO nur eine Absonderungsrecht in der Insolvenz des Sicherungsgebers; das dingliche Recht verschafft ihm in diesem Fall also gerade kein Aussonderungsrecht. Der Sicherungsgeber hat umgekehrt in der Insolvenz des Sicherungsnehmers ein Aussonderungsrecht, wenn der schuldrechtliche Rückgewähranspruch fällig geworden ist; es reicht also auch ein allein schuldrechtlicher Anspruch. Insofern ist es nur konsequent, anzuerkennen, dass die persönliche Aussonderungsberechtigung mehr ist als die bloße Erleichterung der dinglichen Rechtsdurchsetzung. Da sich Daten regelmäßig nicht ausschließlich zuordnen lassen, erfolgt die Aussonderung von Daten primär über persönliche Rechte. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Zuordnung der Daten über das Immaterialgüterrecht vorgenommen werden kann. Für diesen Fall ist auch eine entsprechende dingliche Aussonderungsberechtigung zu bejahen.427 In der insolvenzrechtlichen Literatur werden indes verschiedene dingliche und persönliche Rechte an Daten diskutiert. Diese Ansätze sind nachstehend vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser Untersuchung zu bewerten. Im Anschluss ist die Datenaussonderung für die ausgewählten Datenverträge zu erörtern.

4.4.1

Dingliche Rechte an Daten

Dingliche Rechte können zur Aussonderung von Daten berechtigen – sofern sie zum Ausdruck bringen, dass die Daten nicht der Masse haftungsrechtlich zugeordnet sind. Da sich die haftungsrechtliche Zuordnung der Daten maßgeblich an der zivilrechtlichen Zuordnung orientiert, können die dazu getroffenen Erkenntnisse auf den insolvenzrechtlichen Kontext übertragen werden. Das Musterbeispiel des dinglichen Rechts ist das Eigentum. Indes wurde umfassend dargelegt, dass ein „Dateneigentum“ im Sinne von § 903 BGB zu verneinen ist.428 Daher muss auch eine entsprechende Datenherausgabe nach § 985 BGB von vorneherein ausscheiden. Eine analoge Anwendung des § 985 BGB ist gleichfalls abzulehnen.429 Schließlich kann zwar auch der Besitz grundsätzlich über §§ 861, 862, 1007 BGB zur Aussonderung berechtigen,430 allerdings ist das

427

Siehe dazu sogleich auch noch 4.4.1.1 Siehe 4.2.2.2.1. 429 Gegen eine analoge Anwendung von § 903 BGB siehe: 4.2.2.6.2.1. 430 Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 326. 428

178

4

Die Aussonderung von Daten

Konstrukt des „Datenbesitzes“ abzulehnen,431 sodass auch eine entsprechende dingliche Aussonderungsberechtigung zu verneinen ist. Ferner wird in der Literatur teilweise eine Aussonderung von Daten über das Deliktsrecht vorgeschlagen:432 Grützmacher stellt fest, dass die Verweigerung der Herausgabe der Daten durch den Provider, §§ 823 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 303a StGB und § 826 BGB erfülle. Ein Aussonderungsrecht ergebe sich aber erst in Kombination mit § 1004 Abs. 1 BGB; der Anspruch auf Unterlassen der Herausgabeverweigerung entspreche im Ergebnis einer Herausgabepflicht. Zwar kann ein quasinegatorischer Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB analog ein Aussonderungsrecht gewähren, wenn die Störung im eröffneten Insolvenzverfahren eintritt.433 Dieser Anspruch erfasst allerdings allein die (sonstigen) durch das Deliktsrecht geschützten Rechte und Rechtsgüter. Nach der hier vertretenen Auffassung besteht aber kein absolutes Recht an Daten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB: Wie bereits erläutert, nimmt das Deliktsrecht keine rechtliche Zuordnung der Daten vor, sondern setzt eine solche voraus.434 Da eine grundsätzliche Zuordnung über ein normexternes Ausschließlichkeitsrecht an Daten allerdings nicht identifiziert werden konnte, ist auch ein absolutes Recht an Daten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB abzulehnen. Die Anerkennung eines Anspruchs aus §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 202a, 303a StGB muss konsequenterweise gleichfalls ausscheiden, da andernfalls eine rechtliche Zuordnung „über die Hintertür“ zugelassen würde.435 Daher kann die Herleitung eines deliktsrechtlichen Aussonderungsrechts über § 1004 Abs. 1 BGB insgesamt nicht überzeugen. Ein dingliches Aussonderungsrecht an Daten kann aber möglicherweise über ein Spezialgesetz begründet werden: Im Folgenden wird auf die Rechte, die bereits im Rahmen der zivilrechtlichen Zuordnung von Daten diskutiert wurden, also insbesondere das Immaterialgüterrecht, den Geheimnisschutz und das Datenschutzrecht Bezug genommen.

431

Siehe 4.2.2.6.2.2. Siehe zum Beispiel Grützmacher, ITRB 2004, 282 f.; zustimmend Bultmann, ZInsO 2011, 992, 995; siehe auch Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 32 f. 433 Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 353a. 434 Siehe 4.2.2.7. 435 Siehe dazu 4.2.2.7. 432

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

179

4.4.1.1 Immaterialgüterrecht Immaterialgüterrechte berechtigen zur Aussonderung.436 Sofern Daten eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen oder aus anderen Gründen dem Immaterialgüterrecht unterfallen, könnte daraus ein zur Aussonderung berechtigendes dingliches Recht folgen. Nachstehend ist die im Datenkontext relevante Aussonderung von Urheberrechten und Lizenzen näher zu untersuchen, wenngleich auch andere Immaterialgüterrechte ihren Inhaber in der Insolvenz des Dritten zur Aussonderung berechtigen.437

4.4.1.1.1 Urheberrecht Das Urheberrecht ist ein absolutes Recht, das eine dingliche Aussonderungsberechtigung vermittelt. Allerdings ist das Aussonderungsrecht des Urhebers (§ 7 UrhG) vorrangig auf Unterlassung (drohender) widerrechtlicher Urheberrechtsverletzungen nach § 97 Abs. 1 UrhG gerichtet,438 das heißt der Urheber kann beispielsweise verlangen, dass der Insolvenzverwalter die geschützten Daten nicht verwertet. Dem Urheber steht hingegen kein grundsätzlicher Herausgabeanspruch zu: Nach § 98 Abs. 3 UrhG kann er zwar die Überlassung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke vom Eigentümer verlangen, diese Norm wird im insolvenzrechtlichen Datenkontext jedoch aus gleich zwei Gründen regelmäßig nicht greifen. Zum einen existiert kein Eigentum an Daten, sodass allenfalls eine entsprechende Anwendung der Norm in Frage kommt. Zum anderen steht im insolvenzrechtlichen Kontext regelmäßig nicht die Herausgabe rechtswidrig vervielfältigter Daten zur Rede, sondern die „bloße“ Herausgabe der verwalteten Daten. Indes kann der Urheber den begehrten Zugriff auf die Daten über einen Umweg, dem urheberrechtlichen Zugangsrecht nach § 25 Abs. 1 UrhG, erreichen. Zwar ist der Besitzer eines Werks nach § 25 Abs. 2 UrhG nicht verpflichtet dieses herauszugeben, allerdings soll das Zugangsrecht dem Urheber die Herstellung von Vervielfältigungstücken des Werks ermöglichen.439 Dieses Recht ist als Ausfluss des Urheberpersönlichkeitsrechts insolvenzfest und berechtigt zur Aussonderung.440 Überträgt man diese Überlegungen auf den Datenkontext, muss 436

Siehe 4.1.2.1. Siehe dazu Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 68 ff. 438 Siehe dazu Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 339b. 439 Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn es sich um das Originalwerk handelt, dass der Urheber reproduzieren will, siehe Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 25 UrhG Rn. 12. 440 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 962. 437

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Die Aussonderung von Daten

der Urheber über den Zugangsanspruch nach § 25 Abs. 1 UrhG Kopien der urheberrechtlich geschützten Daten in der Insolvenz des Datenverwalters anfertigen dürfen.441 Indes scheidet die direkte Anwendung von § 25 Abs. 1 UrhG aus, da die Norm auf den Besitz des geschützten Werks abstellt und ein Besitz im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB an Daten abzulehnen ist.442 Indes sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm gegeben: Der urheberrechtliche Gesetzgeber ging augenscheinlich von den sachenrechtlichen Kategorien „Besitz“ und „Eigentum“ an den Werken aus und hat die Möglichkeit unkörperlicher, in Form von Daten gespeicherter Werke nicht berücksichtigt, sodass eine planwidrige Regelungslücke zu bejahen ist. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die als codierte Informationen gespeicherten Werke weniger schutzwürdig sind als etwa ein Ölgemälde; in der heutigen Zeit verlagert sich das kreative Schaffen nun einmal vielfach von der Leinwand auf den Computerbildschirm. Zudem sind keine schutzwürdigen Interessen des Datenverwalters erkennbar, die dem Zugangsrecht entgegengehalten werden könnten.443 Folglich besteht auch eine vergleichbare Interessenlage. Der Zugangsanspruch kann daher nach § 25 Abs. 1 UrhG analog auch gegen denjenigen, in dessen Herrschaftsbereich sich die geschützten Daten befinden, geltend gemacht werden. Diesen Anspruch muss der Urheber auch in der Insolvenz durchsetzen können. Sogleich ist noch darzulegen, dass das Zugangsrecht in der Praxis allerdings einer vom Insolvenzverwalter zentral gesteuerten Herausgabe zu weichen hat.444 Im Ergebnis ist eine urheberrechtliche Aussonderung der Daten in der Insolvenz des Datenverwalters jedenfalls anzuerkennen.

4.4.1.1.2 Lizenzen An immaterialgüterrechtlich geschützten Gegenständen können Dritten Nutzungsrechte beziehungsweise Lizenzen eingeräumt werden.445 Beispielweise kann der Plattformbetreiber im Kontext der VoD- und AoD-Verträge und beim OnlineGaming den Nutzern einfache (Unter-)Lizenzen erteilen. Ob eine Lizenz in der Insolvenz des Lizenzgebers insolvenzfest ist, also eine weitere Nutzungsmöglichkeit des lizenzierten Gegenstands besteht, wird in der Literatur umfassend 441

Siehe dazu J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 962. 4.2.2.6.2.2. 443 Siehe dazu Bullinger, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 25 UrhG Rn. 14 ff. Insbesondere werden Daten durch ihre Vervielfältigung nicht in ihrer Substanz gefährdet. 444 Siehe 4.5.1. 445 Im Folgenden soll der Begriff der Lizenz stets auch das urheberrechtliche Nutzungsrecht erfassen. 442

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

181

diskutiert. Dabei erfolgt die Auseinandersetzung nicht selten primär im Lichte einer möglichen Aussonderungsmöglichkeit nach § 47 InsO, wenngleich sich die Frage der Insolvenzfestigkeit vorrangig nach den bereits dargelegten §§ 103 ff. InsO richtet. Da jedoch gezeigt worden ist, dass die datenrelevanten Lizenzverträge in der Insolvenz regelmäßig nicht nach §§ 103 ff. InsO fortbestehen, gewinnt die Frage, inwiefern urheberrechtliche Nutzungsrechte zur Aussonderung berechtigen, an Bedeutung. Das gilt insbesondere für Konstellationen, in denen der Nutzer ein digitales, urheberrechtlich geschütztes Werk „kauft“, ihm die entsprechende Lizenz also grundsätzlich dauerhaft vermittelt werden soll, der Nutzer aber aufgrund der technischen Besonderheiten des Vertriebsmodells nicht tatsächlich dauerhaft – und insbesondere in der Insolvenz des Anbieters nicht länger – auf das Werk zugreifen kann.446 Sollte die Lizenz hingegen ausgesondert werden können, wäre dem Lizenznehmer die weitere Nutzung des lizenzierten Gegenstands zu ermöglichen. Im Folgenden sind daher die wesentlichen Aspekte der zur Aussonderungsfähigkeit von Lizenzen bestehenden Debatte darzustellen. Die Untersuchung beschränkt sich allerdings auf die Aussonderung einfacher Lizenzen, da dem Endnutzer im Kontext der in Rede stehenden Datenverträge auch allenfalls einfache urheberrechtliche Nutzungsrechte eingeräumt werden.447 Es ist zu zeigen, dass die einfache Lizenz nicht nach § 47 InsO ausgesondert werden kann. 4.4.1.1.2.1 Verknüpfung von Lizenz und Lizenzvertrag Für den Fortbestand der Lizenz in der Insolvenz kommt es in einem ersten Schritt darauf an, ob der zugrundeliegende Lizenzvertrag trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführt wird. Da das gesetzgeberische Vorhaben zu § 108a InsO gescheitert ist und auch eine analoge Anwendung des § 108 InsO ausscheidet,448 besteht der Lizenzvertrag nur dann fort, sofern er dem Verwalterwahlrecht nach § 103 InsO unterfällt und der Verwalter auch tatsächlich die Erfüllung wählt.449

446

Siehe 3.3.3.4.1. Nach der wohl überwiegenden Meinung kommt jedenfalls der ausschließlichen Lizenz ein (quasi-)dinglicher Charakter und eine entsprechende Aussonderungskraft zu. Siehe dazu: Bausch, NZI 2005, 289, 293 f.; Ganter, NZI 2011, 833, 834; Koehler/Ludwig, NZI 2007, 79, 82 ff.; a.A. Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 327. 448 Siehe dazu 3.3.3.4.1.1. 449 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 73. 447

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4

Die Aussonderung von Daten

Hat sich der Insolvenzverwalter indes gegen die Erfüllung des Lizenzvertrags entschieden, führt dies nicht zur materiell-rechtlichen Beendigung des Vertrags – welche zugleich das Erlöschen des Nutzungsrechts zur Folge hätte450 – sondern die gegenseitigen Erfüllungsansprüche verlieren lediglich ihre Durchsetzbarkeit. Aufgrund der engen Verknüpfung von Lizenz und Lizenzvertrag spricht indes viel dafür, dass infolge der Undurchsetzbarkeit des Lizenzvertrags auch die Lizenz selbst erlischt.451 Diese Sichtweise ist allerdings umstritten. Nach anderer Ansicht bleibt die Lizenz im Falle der Undurchsetzbarkeit der lizenzvertraglichen Ansprüche zunächst bestehen.452 Die Konsequenz der ersten Auffassung wäre, dass sich die Frage nach der Möglichkeit einer Aussonderung der Lizenz nach § 47 InsO nicht mehr stellen würde, da mit der Erfüllungsablehnung nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO die Lizenz – und damit der Aussonderungsgegenstand – entfiele. Eine solche Schlussfolgerung würde sich freilich verbieten, wenn das Schicksal der Lizenz (entsprechend der Gegenmeinung) vom Schicksal des Lizenzvertrags abstrakt wäre. Von einer solchen Abstraktion, also einer Unabhängigkeit im Bestand, ist jedenfalls dann auszugehen, wenn dem Lizenznehmer die Position eines dinglichen Rechtsinhabers zukommt. Ob sich die Erfüllungsablehnung auf den Bestand der Lizenz auswirkt, hängt somit von der Rechtsnatur der Lizenz ab. Mit anderen Worten kann die Erfüllungsablehnung keine Auswirkung auf den Bestand der Lizenz haben, wenn die Lizenz ein (zur Aussonderung berechtigendes) dingliches Recht ist. Daher ist im Folgenden die Rechtsnatur des einfachen urheberrechtlichen Nutzungsrechts zu klären. Diese Frage ist im Übrigen auch für die Fälle relevant, in denen der Anwendungsbereich der Erfüllungswahl nicht eröffnet ist und insoweit allein der Weg über die Aussonderung der Lizenz verbliebe. 4.4.1.1.2.2 Rechtsnatur der einfachen Lizenz Das einfache urheberrechtliche Nutzungsrecht ist mit einem gesetzlichen Sukzessionsschutz ausgestattet, § 33 UrhG.453 Einige Stimmen in der Literatur wollen der einfachen Lizenz – insbesondere im Hinblick auf den Sukzessionsschutz – einen dinglichen Charakter zusprechen und entsprechend eine Siehe dazu BGH, Urt. v. 19.07.2012, Az. I ZR 70/10 = BGHZ 194, 136, 141 f. = GRUR 2012, 916, 917 f. m.w.N. in Rn. 16 ff. 451 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738 f. 452 Siehe Koehler/Ludwig, NZI 2007, 79, 83 f. 453 Siehe zur Rechtsnatur der einfachen Lizenz im Urheberrecht Cebulla, Pacht, S. 132 ff., 147; Pahlow, ZUM 2005, 865, 868 ff. Es ist an dieser Stelle noch einmal auf Ohly, GRUR 2012, 983, 986 (Stufenleiter der Gestattungen) zu verweisen, siehe bereits Fn. 193 in Kap. 3. 450

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

183

Aussonderungsberechtigung des Lizenznehmers begründen.454 Die Vertreter dieser Sichtweise sehen sich durch die Rechtsprechungsreihe „Reifen Progressiv“455 /„M2Trade“456 /„Take Five“457 bestätigt, in welcher der BGH den Fortbestand der einfachen (Unter)Lizenz bei Wegfall der ausschließlichen (Haupt)Lizenz statuierte. Das Gericht hat in „Reifen Progressiv“458 und in einer weiteren Entscheidung („Vorschaubilder“459 ) sogar von einem „dinglichen Charakter“ des einfachen Nutzungsrechts gesprochen. Diese Feststellungen blieben allerdings ohne entsprechende Begründung. Zudem erfolgten in den anderen genannten Folgeurteilen keine weiteren Ausführungen zum „dinglichen Charakter“ des einfachen Nutzungsrechts. Richtigerweise ist kein „dinglicher Charakter“ der einfachen Lizenz anzuerkennen: Ein solcher folgt insbesondere nicht aus dem Sukzessionsschutz der einfachen Lizenz. Zum einen lässt die Normierung des Sukzessionsschutzes den mit der „Verdinglichung“ der einfachen Lizenz zuvor verfolgten Zweck (Sukzessionsschutz herstellen) entfallen; zum anderen impliziert die Einführung von § 33 UrhG, dass der Sukzessionsschutz gesetzlich normiert werden musste, da das einfache Nutzungsrecht gerade kein dingliches Recht, sondern eine bloß schuldrechtliche Gestattung ist.460 Ferner zeigt der Blick auf den unstrittig nur schuldrechtlich zu qualifizierenden § 566 BGB, dass der Sukzessionsschutz allein kein Argument für den dinglichen Charakter eines Rechts sein kann.461 Darüber hinaus wird häufig übersehen, dass § 33 UrhG dispositiv462 ist und schon aus diesem Grund nicht die Rechtsnatur des einfachen Nutzungsrechts zu 454 Forkel, NJW 1983, 1764 ff.; Grützmacher, CR 2006, 289, 292 f., zur dinglichen Qualität einfacher Lizenzen im Urheberrecht; Wallner, NZI 2002, 70, 77; Wandtke/Grunert, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 31 UrhG Rn. 31. Hirte/Knof , JZ 2011, 989, 901, bejahen die Aussonderungskraft der einfachen Lizenz unabhängig von einer dinglichen Wirkung. 455 BGH, Urt. v. 26.03.2009, Az. I ZR 153/06 = BHGZ 180, 344 ff. = NJW-RR 2010, 186 ff. 456 BGH, Urt. v. 19.07.2012, Az. I ZR 70/10 = BGHZ 194, 136 ff. = GRUR 2012, 916 ff. 457 BGH, Urt. v. 19.07.2012, Az. I ZR 24/11 = NJW-RR 2012, 1127 ff. 458 BGH, Urt. v. 26.03.2009, Az. I ZR 153/06 = BHGZ 180, 344, 353 = NJW-RR 2010, 186, 189: „Das einfache Nutzungsrecht hat – wie auch das ausschließliche Nutzungsrecht – keinen schuldrechtlichen, sondern dinglichen Charakter“. 459 BGH, Urt. v. 29.04.2010, Az. I ZR 69/08 = BGHZ 185, 291, 302 = NJW 2010, 2731, 2734: In der Entscheidung nimmt der BGH noch ein weiteres Mal Bezug auf die dingliche Rechtsnatur einfacher urheberrechtlicher Nutzungsrechte; nähergehende Ausführungen oder Begründungen finden sich indes auch dort nicht. 460 Pahlow, ZUM 2005, 865, 869 f. 461 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738; Ganter, NZI 2011, 833, 836; Pahlow, ZUM 2005, 865, 869. 462 BGH, Urt. v. 25.06.1985, Az. KZR 31/84 = GRUR 1986, 91, 93.

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Die Aussonderung von Daten

bestimmen vermag.463 Schließlich spricht gegen den dinglichen Charakter der einfachen Lizenz auch, dass sie dem Berechtigten nur positive Nutzungs- und keine negativen Abwehrrechte verschafft; eine negative Abwehrbefugnis ist aber ein konstitutives Merkmal eines dinglichen Rechts.464 4.4.1.1.2.3 Folgen für das Insolvenzrecht Nach der hier vertretenen Auffassung leitet sich aus dem Sukzessionsschutz also weder eine Dinglichkeit noch ein „dinglicher Charakter“ der einfachen Lizenz ab.465 Aber auch wenn man (davon abweichend) mit dem BGH zumindest einen „dinglichen Charakter“ des einfachen Nutzungsrechts bejahen wollte, hätte dies jedenfalls keinen Einfluss auf den in Rede stehenden insolvenzrechtlichen Kontext: Die Aussagen des BGH in „Reifen Progressiv“ erfolgten ohne Bezug zum Insolvenzrecht. Das Gericht hatte über eine Kettenlizenz zu entscheiden; in dieser Situation galt es die Interessen der Unterlizenznehmer gegen die Interessen des Hauptlizenzgebers abzuwägen.466 Dem Insolvenzrecht liegt indes ein anderer Interessenkonflikt zugrunde: das Verhältnis zwischen dem Lizenznehmer und den anderen Insolvenzgläubigern.467 Ob eine Aussonderungsberechtigung des Lizenznehmers besteht, richtet sich allein nach der haftungsrechtlichen Zuordnung.468 Folglich ist der Hinweis auf den Sukzessionsschutz und eine etwaige „Verdinglichung“469 der einfachen Lizenz für das insolvenzrechtliche Verhältnis nicht weiterführend, da damit nichts für die Bestimmung der maßgeblichen haftungsrechtlichen Zuordnung gewonnen ist. Schließlich würden die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Dinglichkeit unzulässigerweise gleichgesetzt, wenn die dingliche Natur der einfachen Lizenz aus dem Sukzessionsschutz und aus der so begründeten Dinglichkeit dann die Insolvenzfestigkeit der einfachen Lizenz gefolgert würde.470 Ein solches Vorgehen ist wie zuvor471 beschrieben zirkelschlüssig und daher abzulehnen.

463

Pahlow, ZUM 2005, 865, 870. Hauck, AcP 211 (2011), 626, 640 ff.; Pahlow, ZUM 2005, 865, 872. 465 So auch Brinkmann, NZI 2012, 735, 738; Hauck, AcP 211 (2011), 626, 638 ff. 466 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738. 467 Brinkmann, NZI 2012, 735, 738. 468 Siehe bereits 4.1.2.1.2. 469 Siehe zum Begriff der „Verdinglichung“ 4.1.2.2.1. 470 Chr. Berger, GRUR 2013, 321, 326 f. 471 Siehe 4.1.2.1.2. 464

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

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4.4.1.1.2.4 Zwischenergebnis Wenngleich die einfache Lizenz Bestandschutz genießt, stellt sie letztlich nur ein schuldrechtliches Benutzungsrecht dar, das keine haftungsrechtliche Zuweisung vornimmt. Sie berechtigt daher nicht zur Aussonderung nach § 47 InsO.472 Der Vertragspartner kann sich in der Insolvenz des Datenverwalters folglich nicht auf das einfache Nutzungsrecht berufen, um die Herausgabe der Daten zu erreichen.

4.4.1.1.3 Geschäftsgeheimnisschutz Es wurde bereits thematisiert, inwiefern eine Zuordnung von Daten über den Geheimnisschutz in Frage kommt: Danach ist der Geheimnisschutz demjenigen zugewiesen, „der einen faktisch exklusiven Zugang“473 zu den Geheimnissen hat; es erfolgt jedoch keine ausschließliche Zuordnung von Daten.474 Mangels eines dinglichen Rechts an den Geschäftsgeheimnissen, scheidet eine auf den Geheimnisschutz gestützte Datenaussonderung in der Insolvenz des Datenverwalters aus.475 Der Geschäftsgeheimnisinhaber wird die entsprechenden geheimen Daten allerdings regelmäßig trotzdem aussondern können: Dazu muss er sich jedoch anderer Instrumente bedienen, etwa eines persönlichen Rechts, das aus dem zugrundeliegenden Datenverwaltungsvertrag folgt und welches zum Ausdruck bringt, dass die geschützten Daten nicht für die Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners haften.476 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Nr. 1 GeschGehG, der ausdrücklich einen Anspruch des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses auf die Herausgabe elektronischer Dateien statuiert,477 da auch dieser Anspruch keine haftungsrechtliche Zuordnung zum Ausdruck bringt. Nichtsdestoweniger kann 472

Hauck, AcP 211 (2011), 626, 656: Eine grundsätzliche Aussonderungsberechtigung ergebe sich auch nicht aus einem Vergleich des Inhabers der einfachen Lizenz mit dem aussonderungsberechtigten Inhaber einer Forderung, da die Forderungszuständigkeit des Lizenznehmers bezüglich der Gebrauchsüberlassung des lizenzierten Rechts ende, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Lizenzvertrags nach § 103 Abs. 2 InsO ablehne. 473 Zech, GRUR 2015, 1151, 1156. 474 Siehe zur fehlenden rechtlichen Zuordnung des GeschGehG 4.2.2.4, insbesondere ist das GeschGehG nicht dem Immaterialgüterrecht zuzuordnen. 475 A.A. wohl Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 187 f., die sich nicht ausdrücklich mit der Aussonderung nach GeschGehG, sondern mit dem umgekehrten Fall der Massezugehörigkeit beschäftigen: Die Rechtsposition nach § 2 Nr. 2 GeschGehG falle in die Insolvenzmasse, da der Begriff des Inhabers eine Zuordnung der Information zu einer bestimmten (natürlichen oder juristischen) Person vornehme. 476 Siehe zur Aussonderung im Rahmen eines Cloud-Speicher-Vertrags sogleich 4.4.3.1. 477 Dieser Anspruch steht unter dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt nach § 9 GeschGehG.

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Die Aussonderung von Daten

dieser Herausgabeanspruch im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden, da der Insolvenzverwalter den Regeln des Geheimnisschutzes Rechnung tragen muss.478 Voraussetzung dieses Anspruchs ist allerdings, dass sich die genannten Objekte – also auch die elektronischen Dateien – „im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers“ befinden. An unkörperlichen Daten besteht jedoch weder Eigentum noch Besitz. Diese Anforderungen des § 7 Nr. 1 GeschGehG beruhen indes auf einer fehlerhaften Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 lit. d der Geschäftsgeheimnis-Richtlinie.479 Die Richtlinie selbst fordert weder Eigentum noch Besitz an den Dateien und den anderen Objekten; nach einer richtlinienkonformen Auslegung genügt es daher, dass sich die unkörperlichen Daten „im Einflussbereich des Rechtsverletzers“ befinden.480 Der Herausgabeanspruch kann jedoch nur gegen den Rechtsverletzer im Sinne des § 4 GeschGehG geltend gemacht werden. Er besteht daher nur, wenn der Insolvenzverwalter die als Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 2 Nr. 1 GeschGehG geschützten Daten rechtswidrig genutzt oder offengelegt hat, ohne dass diese Handlungen durch § 5 GeschGehG gedeckt wären; ein Verschulden ist nicht erforderlich.481 In diesem Fall wäre der Herausgabeanspruch eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Im Rahmen dieses vorrangig zu befriedigenden Anspruchs müsste der Insolvenzverwalter als Rechtsverletzer dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses den tatsächlichen Zugriff an den Dateien verschaffen und selbst zugleich jegliche Zugriffsmöglichkeit aufgeben.482 Der Geheimnisschutz selbst verschafft damit zwar keine Aussonderungsberechtigung im Sinne des § 47 InsO; kommt es im Rahmen des Insolvenzverfahrens aber zu einem Verstoß nach dem GeschGehG, kann der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses diesen Verstoß des Insolvenzverwalters geltend machen 478

Siehe auch J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 962. Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung. 480 Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 7 GeschGehG Rn. 12 ff. 481 BT-Drucks. 19/4724, S. 30. Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 7 GeschGehG Rn. 10: Allerdings müssten bei einer mittelbaren Rechtsverletzung nach § 4 Abs. 3 GeschGehG die subjektiven Voraussetzungen, also Wissen oder Wissenmüssen, vorliegen. 482 Siehe dazu Alexander, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 7 GeschGehG Rn. 18. Zu den dabei entstehenden Kosten verhalte sich das GeschGehG nicht, siehe J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 962. Indes bietet die Geschäftsgeheimnis-Richtlinie Aufschluss: Nach Art. 12 Abs. 4 werden die „Maßnahmen auf Kosten des Rechtsverletzers durchgeführt […], es sei denn, es liegen besondere Gründe dafür vor, hiervon abzusehen.“ 479

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

187

und von diesem unter anderem die Herausgabe der betroffenen Dateien nach § 7 Nr. 1 GeschGehG verlangen.

4.4.1.1.4 Datenschutzrecht Unter den Daten, die sich im Herrschaftsbereich des insolventen Datenverwalters befinden, werden auch regelmäßig personenbezogene Daten sein. Daher drängt sich die Frage auf, ob die Datenbetroffenen ein Aussonderungsrecht an ihren personenbezogenen Daten nach § 47 InsO geltend machen können. Dem Datensubjekt stehen unstrittig verschiedene datenschutzrechtliche Ansprüche zu, wie die Ansprüche auf Auskunft, Berichtigung oder Löschung, die auch im Falle der Insolvenz fortbestehen.483 Die datenschutzrechtlichen Ansprüche belasten die Masse, da sie eine „negative Schranke für die Nutzung und Verwertung von Daten“484 darstellen. Darüber hinaus könnte das Datenschutzrecht ein Aussonderungsrecht nur vermitteln, sofern es dem Datensubjekt die Daten haftungsrechtlich zuordnet. Allerdings ist bereits festgestellt worden, dass weder das Datenschutzrecht noch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eine Zuordnung von Daten vornimmt.485 Daher kann das Datenschutzrecht nicht zur Bestimmung der haftungsrechtlichen Zuordnung beitragen und den Datenbetroffenen folglich auch kein Aussonderungsrecht vermitteln.486 Die datenschutzrechtlichen Ansprüche der Datenbetroffenen können 483

Grützmacher, ITRB 2004, 282, 285; Berberich/Kanschik, NZI 2017, 1, 3. Allerdings ist zu beachten, dass auch die datenschutzrechtlichen Befugnisse des Schuldners in der Insolvenz nicht ohne weiteres entfallen. 484 Berberich/Kanschik, NZI 2017, 1, 3. 485 Siehe dazu 4.2.2.1 und 4.2.2.5. 486 Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 20 DSGVO, siehe J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 963 und siehe bereits 4.2.2.5. Gegen ein Aussonderungsrecht sind auch: Chr. Berger/Tunze, ZIP 2020, 52, 57. Für eine Aussonderungsberechtigung hingegen: Blunk, Datenbestände in der Insolvenz, S. 50 ff., der sich für ein Aussonderungsrecht über § 1004 BGB analog ausspricht. Ebenfalls für eine Aussonderungsberechtigung: Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 31a; wohl auch Haneke, in: BeckOK, InsO, § 47 Rn. 82. Beide jedoch ohne nähergehende Erläuterung. Lahusen, AcP 211 (2021), 1, 18, ist der Auffassung, dass das Datenschutzrecht dem Betroffenen im Hinblick auf seine personenbezogenen Daten einen dem § 985 BGB strukturähnlichen Herausgabeanspruch vermittle. Das Recht des Betroffenen von jedem Verantwortlichen Auskunft über die gespeicherten Daten und deren Löschung verlangen zu können, sei „nichts anderes als die digitalisierte Variante des körperlichen Herausgabeanspruchs.“ Wegen der fehlenden Rivalität komme es bei Daten „nicht darauf an, wer sie hat, sondern nur, wer sie nicht hat“, sodass die Löschung der Herausgabe der Daten entspreche. Lahusen, a.a.O., 23, der Löschungsanspruch habe einen verdinglichten Gehalt, sodass auch ein entsprechendes Aussonderungsrecht bestünde. Dem ist nicht zuzustimmen.

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Die Aussonderung von Daten

allenfalls Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sein487 – sofern der Insolvenzverwalter Verantwortlicher gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist.488

4.4.1.1.5 Zwischenergebnis Die Datenaussonderung kann auf ein dingliches Recht gestützt werden, wenn sich der Aussonderungsberechtigte auf ein Immaterialgüterrecht, beispielsweise ein Urheberrecht, an den Daten berufen kann. Einfache Nutzungsrechte, der Geheimnis- und der Datenschutz berechtigen hingegen nicht zur Aussonderung.

4.4.2

Persönliche Rechte an Daten

Da dingliche Rechte an Daten nur in Ausnahmefällen bestehen, kann eine umfassende Datenaussonderung nur über die Geltendmachung persönlicher Rechte erfolgen. Zu den anerkannten persönlichen (Aussonderungs-)Rechten gehören insbesondere die obligatorischen Herausgabeansprüche. Aussonderungskraft kommt etwa dem Herausgabeanspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Rückgabe des Mietgegenstands nach § 546 BGB zu; gleiches gilt für den Rückgabeanspruch des Verpächters nach § 596 BGB, des Verleihers nach § 604 BGB und des Hinterlegers nach § 695 BGB.489 Sofern solche Schuldverhältnisse Daten zum Gegenstand haben, können diese über die entsprechenden vertraglichen Herausgabeansprüche ausgesondert werden. Nachstehend ist die Möglichkeit einer vertraglichen Vereinbarung eines Aussonderungsrechts zu bewerten, sowie auf den Herausgabeanspruch nach §§ 667 1. Alt., 675 BGB und die Datentreuhand einzugehen.

Gegen den Begriff der Verdinglichung siehe bereits 4.1.2.2.1. Lahusens Lösung verkennt ferner, dass die Datenaussonderung regelmäßig auf die tatsächliche Herausgabe und nicht die bloße Löschung der Daten gerichtet ist. 487 Berberich/Kanschik, NZI 2017, 1, 3. Von Relevanz ist in diesem Kontext wohl vor allem der Löschungsanspruch nach Art. 17 DSGVO. Manche folgern zudem aus Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO einen eigenständigen Herausgabeanspruch der personenbezogenen Daten. Einen Überblick zu Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO gibt Härting, CR 2019, 219 ff., der sich im Ergebnis für einen solchen Herausgabeanspruch ausspricht. A.A. Wybitul/Baus, CR 2019, 494 ff. Siehe zudem Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 24, zu der Rückgabepflicht aus Art. 28 Abs. 3 lit. g DSGVO bei einer Auftragsdatenverarbeitung. Auch dieser Anspruch berechtigt jedoch nicht zur Aussonderung. 488 Siehe dazu ausführlich Thole, ZIP 2018, 1001 ff. 489 Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 61; Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 341.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

189

4.4.2.1 Vertragliche Vereinbarung eines Aussonderungsrechts Im Kontext von persönlichen Aussonderungsrechten an Daten trifft man auf den Vorschlag, ein entsprechendes Recht zur Aussonderung vertraglich zu vereinbaren, um den Vertragspartner in der Insolvenz des Datenverwalters in jedem Fall abgesichert zu wissen.490 In diese Richtung geht etwa Jülicher, der dafür plädiert, dass die entsprechenden datenrelevanten Verträge umfassende „Regelungen hinsichtlich etwaiger Zugriffs- und Herausgabeansprüche des Kunden im Insolvenzfall beinhalten“ sollten.491 Diese Lösung492 geht allerdings fehl: Wenngleich auch in dieser Untersuchung festgestellt wurde, dass die Zuordnung von Daten vorrangig über das Vertragsrecht erfolgt,493 ist davon zu trennen, ob auch ein entsprechendes Aussonderungsrecht an Daten im Vertrag vereinbart werden kann. Die Parteien können jedoch keinen aussonderungsfähigen Anspruch an den Daten vereinbaren. Die gegenteilige Auffassung verkennt die Voraussetzungen eines Aussonderungsrechts, das stets die haftungsrechtliche Zuordnung des auszusondernden Gegenstands widerspiegeln muss:494 Wenngleich sich regelmäßig im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung schuldrechtliche Herausgabeansprüche gegen den Datenverwalter ermitteln lassen, berechtigen diese allein dann zur Aussonderung, wenn darin zum Ausdruck kommt, dass die Daten nicht zugleich der Insolvenzmasse haftungsrechtlich zuzuordnen sind.495 Nicht jeder Anspruch kann vertraglich „hochgestuft“ und für insolvenzfest erklärt werden.496 Ein persönliches Aussonderungsrecht an den Daten besteht nur insoweit, wie den vertraglichen Verhältnissen ohnehin eine entsprechende haftungsrechtliche Zuordnung zugrunde liegt. Es verbleibt aber natürlich die Möglichkeit, dass die Parteien im Vertrag ausdrücklich einen Herausgabeanspruch des Nutzers gegen den Datenverwalter vereinbaren. Ein solcher wird den Datenverträgen zwar ohnehin regelmäßig über

490

Siehe etwa Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 45 f. 491 Jülicher, ZIP 2015, 2063, 2064 – er macht sogar einen entsprechenden Formulierungsvorschlag in Fn. 38. 492 Das gleiche gilt für die Ausführungen der Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“, Bericht vom 15. Mai 2017, S. 64, die ebenfalls ein vertraglich vereinbartes Aussonderungsrecht für möglich hält. 493 Siehe 4.2.4. 494 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965. 495 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 964. 496 Bultmann, ZInsO 2011, 992, 994.

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Die Aussonderung von Daten

eine Vertragsauslegung zu entnehmen sein.497 Um diesbezügliche Unsicherheiten zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, dass die Parteien den Anspruch auf die Herausgabe der Daten explizit in den Vertrag aufnehmen.498 Dies vermeidet Streitigkeiten über die Auslegung des Vertrags. Ob dieser Herausgabeanspruch auch insolvenzfest ist, muss hingegen – wie soeben dargelegt – anhand insolvenzrechtlicher Maßstäbe bewertet werden.

4.4.2.2 Herausgabeanspruch aus §§ 667 1. Alt., 675 BGB Im Zusammenhang mit der Aussonderung von Daten stößt man zwangsläufig auf ein Urteil des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 2012,499 in welchem das Gericht die Aussonderung von Kundendaten in der Insolvenz eines Dienstleisters über §§ 667 1. Alt., 675 BGB bejahte. Diese vielfach rezipierte Entscheidung ist im Folgenden darzulegen und ihre Bedeutsamkeit für den insolvenzrechtlichen Datenkontext einzuordnen.

4.4.2.2.1 Die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf In dem dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt hatten die klagenden Gesellschaften die später insolvente Schuldnerin im Rahmen eines Werbeagenturvertrags beauftragt, für die Kläger mindestens zweimal wöchentlich einen Newsletter an ihre Kunden zu übermitteln; zu diesem Zweck hatten die Kläger der Schuldnerin die entsprechenden Kunden-E-Mail-Adressen überlassen, die die Kläger zuvor selbst über die von ihnen betriebene Homepage gewonnen hatten; nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlangten die Kläger vom Insolvenzverwalter die Herausgabe dieser Kunden-E-Mail-Adressen.500 Das OLG hat einen zur Aussonderung berechtigenden Herausgabeanspruch der Kläger gemäß §§ 667 1. Alt., 675 BGB bejaht: Die Schuldnerin habe die Kunden-E-Mail-Adressen von den Klägern im Sinne des § 667 1. Alt. BGB erhalten und nicht nach § 667 2. Alt. BGB erlangt; dies zeige sich daran, dass die Kläger die streitgegenständlichen E-Mail-Adressen über ihre eigenen Server und auf einer von ihnen betriebenen Homepage gewonnen haben; etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Kläger, die Kunden-E-Mail-Adressen vor

497

Siehe Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 25. Ein solches Recht kann der Kunde auch vor Eintritt des Insolvenzfalls geltend machen, sofern er erste Anzeichen für eine Krise des Anbieters erkennt, siehe Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 8. 499 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887 ff. 500 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887. 498

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

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der automatischen Weiterleitung an die Schuldnerin nicht selbst zwischengespeichert haben.501 Bei der Bestimmung welche Alternative des § 667 BGB vorliege, seien nicht die technischen Schritte, sondern die objektivierte Vorstellung der Kunden entscheidend: Danach wären die Kläger stets als diejenigen aufgetreten, welche von den Kunden die E-Mail-Adressen erbeten hätten.502 Der daher zu bejahende Herausgabeanspruch nach § 667 1. Alt. BGB berechtige – im Gegensatz zum Verschaffungsanspruch nach § 667 2. Alt. BGB – seinem Wesen nach zur Aussonderung.503

4.4.2.2.2 Bewertung Wenngleich der Möglichkeit einer Aussonderung von Daten über § 667 1. Alt. BGB grundsätzlich nichts entgegenzusetzen ist, schafft die Lösung des OLG nur einen begrenzten Gewinn für die hiesige Problematik. Ein entsprechendes Aussonderungsrecht kommt nämlich nur für bestimmte Datenverträge in Betracht.504 Die meisten Datenverträge stellen aber weder ein unentgeltliches Auftragsverhältnis nach § 662 BGB noch eine Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB dar. Nach dem sogenannten „engen Geschäftsbesorgungsbegriff“ der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist eine „entgeltliche Geschäftsbesorgung dadurch gekennzeichnet, dass sich der Geschäftsbesorger gegenüber dem Geschäftsherrn dazu verpflichtet, eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen auszuführen“.505 Eine entsprechende vertragstypologische Einordnung wird jedenfalls für die untersuchten datenrelevanten Verträge nicht diskutiert. Anders als teilweise dargestellt,506 kann der viel besprochene Weg über §§ 667 1. Alt., 675 BGB daher keine grundsätzliche insolvenzrechtliche Lösung bieten.507 Somit lässt sich eine Diskrepanz zwischen dem vorgeschlagenen Ausweg für die Aussonderung von Daten über §§ 667 1. Alt., 675 BGB und der tatsächlichen vertragstypologischen Einordnung von vielen Datenverträgen feststellen. 501 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887, 889, insbesondere umfasse der Herausgabeanspruch nach § 667 BGB auch immaterielle Güter. 502 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887, 889. 503 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.2012, Az. I-6 U 241/11 = NZI 2012, 887, 890. 504 Siehe dazu Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 28. 505 Heermann, in: MüKoBGB, § 675 Rn. 3. 506 So etwa Chr. Berger/Tunze, ZIP 2020, 52, 57: Grundlage für die Datenaussonderung in der Insolvenz eines Cloud-Anbieters sei der vertragliche Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 1. Alt BGB. 507 So wohl auch Zurth/Lersch, ZfDR 2021, 175, 190 f.

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Die Aussonderung von Daten

Der Umstand, dass diese einzelne Entscheidung des OLG Düsseldorf so zahlreich im insolvenzrechtlichen Datenkontext aufgriffen wurde, ist primär der Tatsache geschuldet, dass es sich um einen der (bisher) wenigen Anhaltspunkte handelt, den die Rechtsprechung in Bezug auf das Schicksal von Daten in der Insolvenz bietet.

4.4.2.3 Treuhand Schließlich wird im Kontext der insolvenzrechtlichen Behandlung von Daten auch eine Lösung über eine fremdnützige Treuhand vorgeschlagen.508 Im Folgenden ist jedoch zu zeigen, dass die Treuhand im Ergebnis kein passendes Konzept für Daten bietet. Die Ausformungen von Treuhandverhältnissen sind vielgestaltig: In der Regel überträgt der Treugeber dem Treuhänder Vermögensrechte oder räumt ihm Verfügungsmacht ein; dabei wird der Treuhänder durch eine Treuhandvereinbarung schuldrechtlich beschränkt.509 Vor diesem Hintergrund besteht im Datenkontext schon kein nennenswerter Anwendungsbereich für Treuhandverhältnisse: Daten können allein tatsächlich übertragen werden; eine Verfügung über Daten scheidet mangels dinglicher Rechtspositionen an diesen aus. Daher käme für Daten allenfalls eine unechte Verwaltungstreuhand in Betracht. Bei dieser überlässt der Treugeber dem Treuhänder Gegenstände lediglich zur Verwaltung, und überträgt – anders als bei einer echten Verwaltungstreuhand – keine Vermögenswerte auf den Treuhänder.510 Nach Sinn und Zweck einer unechten Verwaltungstreuhand wird der Treuhänder darüber hinaus aber regelmäßig ermächtigt oder bevollmächtigt über das Treugut zu verfügen. Selbst wenn man für den Datenkontext nur eine entsprechende Ermächtigung zur tatsächlichen Übertragung der Daten annehmen würde, wird der Parteiwille in den meisten Konstellationen nicht darauf gerichtet sein, dem Treuhänder der Daten eine solche Befugnis zuzusprechen. Den meisten Datenverträgen wird daher bereits kein Treuhandcharakter zukommen.511 Im Übrigen wäre mit der Konstruktion über eine Treuhand für die Frage der Aussonderung der Daten in der Insolvenz des Datenverwalters (des Treuhänders) 508

Bultmann, ZInsO 2011, 992, 995; Berberich/Kanschik, NZI 2017, 1, 4; Chr. Berger/Tunze, ZIP 2020, 52, 57. Ablehnend: J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965. 509 Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 355. 510 Ganter, in: MüKoInsO, § 47, Rn. 359 f. 511 So im Ergebnis auch Specht-Riemenschneider/Blankertz/Sierek/Schneider/Knapp/Henne, MMR Beil. 2021, 25, 33 f., die zwar verschiedene Datentreuhandmodelle vorstellen, indes klarstellen, dass es sich dabei nicht um „eine echte (Daten-)Treuhand im engeren Sinne“ handele.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

193

wenig gewonnen. Zwar kann ein Treugeber im Rahmen einer unechten Verwaltungstreuhand grundsätzlich bereits aufgrund seiner andauernden Stellung als Eigentümer aussondern, da weitere Voraussetzungen wie das Unmittelbarkeitsprinzip512 anders als bei der echten Verwaltungstreuhand nicht erforderlich sind. Indes würde eine Datenaussonderung daran scheitern, dass der Treugeber an den betroffenen Daten keine entsprechende dingliche Rechtsposition geltend machen könnte; ein „Dateneigentum“ oder eine andere ausschließliche Rechtsposition existiert regelmäßig nicht.513 Der Treuhandgedanke führt somit für den hiesigen Anwendungsbereich nicht weiter: Treuhandvereinbarungen bewegen sich an einer Schnittstelle zwischen dem Schuld- und Sachenrecht.514 Wie bereits wiederholt festgestellt, haben Daten jedoch keine Anknüpfung im sachenrechtlichen Kontext. Eine auf eine Treuhand gestützte Aussonderung von Daten scheidet daher aus.515

4.4.2.4 Zwischenergebnis Die Datenaussonderung kann über persönliche Rechte an den Daten erfolgen. Das bedeutet freilich nicht, dass das Schicksal der Daten in der Insolvenz des Datenverwalters durch eine entsprechende Vertragsklausel von den Parteien kautelarjuristisch geregelt werden kann: Aussonderungsrechte können gerade nicht vertraglich vereinbart werden, sondern müssen vielmehr stets Ausdruck der haftungsrechtlichen Zuordnung des Aussonderungsgegenstands sein. Die Rechtsprechung hat bisher nur ausdrücklich eine Aussonderungsmöglichkeit von Daten über §§ 667 1. Alt., 675 BGB bestätigt. Nachstehend ist noch im Einzelnen zu zeigen, dass eine Datenaussonderung auch über andere vertragliche Ansprüche erfolgen kann. Der Anspruch aus §§ 667 1. Alt., 675 BGB bietet nämlich keine

RGZ, 127, 341, 344; RGZ 133, 84, 87; BGH, Urt. v. 19.11.1992, Az. IX ZR 45/92 = NJW-RR 1993, 301. Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 80: Der Treugeber könne das Treugut aussondern, wenn es zuvor von seinem Vermögen unmittelbar in das Vermögen des Treuhänders gelangt ist; hat der Treuhänder das Treugut hingegen von dritter Seite erworben, sei eine Aussonderungsmöglichkeit abzulehnen. Gegen das Unmittelbarkeitsprinzip jedoch Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 357. 513 Eine dingliche Rechtsposition existiert nur, wenn dem Treugeber ein Immaterialgüterrecht an den Daten zusteht. Siehe dazu bereits 4.2.2. 514 Adolphsen, in: Gottwald/Haas, Insolvenzrechts-Handbuch, § 40 Rn. 31. 515 So auch J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965: „Treuhandkonstruktionen werden eingesetzt, um die absolute Zuweisung einer Rechtsposition unter bestimmten Voraussetzungen mit Hilfe einer im Ausgangspunkt nur relativ wirkenden Treuhandabrede zu überlagern. Ein Aussonderungsrecht an Daten gestützt auf den Treuhandgedanken setzt wiederum voraus, dass an digitalen Daten überhaupt absolute Rechte in syntaktischer Hinsicht bestehen können.“ 512

194

4

Die Aussonderung von Daten

Lösung, wenn dem betroffenen Datenvertrag keine Geschäftsbesorgung zugrunde liegt.

4.4.3

Die Aussonderung von Daten bei ausgewählten Datenverträgen

Im Folgenden sind die bisherigen Ergebnisse auf die ausgewählten und im vorherigen Teil der Untersuchung bereits umfassend analysierten Datenverträge prägnant zu übertragen.

4.4.3.1 Cloud-Speicher-Verträge Die Cloud-Speicher-Verträge bestehen als Mietverträge mit verwahrungsvertraglichen Nebenleistungspflichten in der Insolvenz – wie zuvor erläutert – nicht gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort.516 Entscheidet sich der Insolvenzverwalter gegen die Erfüllung des Vertrags nach § 103 Abs. 1 InsO, könnte der Nutzer daher allein über die Aussonderung nach § 47 InsO an „seine“ Daten gelangen. Dem Cloud-Speicher-Nutzer steht indes kein grundsätzliches und umfassendes dingliches Recht an den ausgelagerten Daten zu, das ihn zu deren Aussonderung berechtigen würde: Nur wenn die Daten immaterialgüterrechtlich geschützt sind, kann der Nutzer die Daten (beispielsweise über sein Urheberrecht) aussondern.517 Dies wird jedoch in aller Regel nur einen Bruchteil der ausgelagerten Daten betreffen. Die Herausgabe der gesamten in der Cloud gespeicherten Daten kann der Nutzer allein über ein persönliches Aussonderungsrecht erreichen. Der Cloud-Speicher-Vertrag ist nach der hier vertretenen Auffassung ein Mietvertrag mit verwahrungsrechtlichen Nebenleistungspflichten.518 Über seine Stellung als Mieter erlangt der Nutzer kein Aussonderungsrecht; ein solches steht lediglich dem Vermieter nach § 546 BGB zu.519 Allerdings ist der Nutzer nicht schutzlos gestellt: Er kann sich für sein Aussonderungsbegehren auf das (jedenfalls konkludent anzunehmende) verwahrungsrechtliche Element des 516

Siehe 3.2.2.1. Siehe zur urheberrechtlichen Aussonderung 4.4.1.1.1. 518 Siehe 3.2.1.1.4. 519 Nach Steinrötter/Bohlsen, ZZP 133 (2020), 459, 473, folge ein Aussonderungsrecht aus dem Wegnahmerecht nach § 539 Abs. 2 BGB (analog). Dem ist nicht zuzustimmen: Die Daten sind nur Scheinbestandteil der Server; ein Scheinbestandteil kann aber allein aufgrund des fortbestehenden Eigentums an diesem ausgesondert werden – ein Eigentum an Daten besteht jedoch nicht. Siehe zur (fehlenden) Aussonderungskraft des Wegnahmerechts, Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 325. 517

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

195

Cloud-Speicher-Vertrags berufen. Wie bereits dargestellt, ist das Kernelement dieser andersartigen Nebenleistungspflicht, dass der Nutzer vom Cloud-SpeicherAnbieter nach § 695 BGB jederzeit die Herausgabe der Daten verlangen kann.520 In diesem Anspruch kommt zum Ausdruck, dass die Daten nicht für die Verbindlichkeiten des Schuldners haften, also nicht Teil der Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO sind. Der Cloud-Speicher-Nutzer kann folglich auch ohne eine „klassische“ güterrechtliche Zuordnung von Daten und allein aufgrund seiner vertraglichen Position in der Insolvenz des Cloud-Speicher-Anbieters die ausgelagerten Daten nach § 47 InsO aussondern. Insbesondere kann der Nutzer bei der Geltendmachung dieser persönlichen Aussonderungsberechtigung alle Daten, die unter das konkrete Vertragsverhältnis mit dem insolventen Anbieter fallen, herausverlangen.521 Das gilt etwa auch für Daten, die der Nutzer andernfalls über einen urheberrechtlichen Anspruch in der Insolvenz des Anbieters erlangen könnte. Der Cloud-SpeicherNutzer muss sich also nicht auf verschiedene Ansprüche berufen, um die Daten in ihrer Gesamtheit zu erlangen. Letztlich können wohl auch wertlose Daten, die streng genommen schon kein aussonderungsfähiger Gegenstand sind, im Rahmen der Geltendmachung des Aussonderungsanspruchs mit herausgegeben werden; es handelt sich dabei aber „nur“ um eine tatsächliche Rückführung der Daten.522 Der Cloud-Speicher-Vertrag beruht letztlich auf einem verwahrungsrechtlichen Gedanken; aus diesem folgt, dass die ausgelagerten Daten in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Cloud-Provider haftungsrechtlich zugeordnet sind. Der Cloud-Speicher-Nutzer ist daher in der Insolvenz des Dienstanbieters über seine persönliche Aussonderungsberechtigung abgesichert, da er den Herausgabeanspruch nach § 695 BGB weiter geltend machen kann.

4.4.3.2 E-Mail und Messenger-Dienste Der Nutzer von E-Mail und Messenger-Diensten möchte in der Insolvenz des Dienstanbieters ebenfalls an „seine“ Daten gelangen. Ist eine lokale Kopie der Daten auf dem jeweiligen Gerät des Nutzers gespeichert, bleibt der Zugriff auf die Daten trotz der Insolvenz des jeweiligen Anbieters zunächst weiter möglich. Erst wenn die Daten von den Servern des Anbieters gelöscht werden, können (je nach technischer Ausgestaltung) auch die verknüpften lokalen Kopien der Dateien auf dem Gerät des Nutzers nicht mehr verfügbar sein. In diesem Fall stellt sich

520

3.2.1.1.4. Siehe 4.3. 522 Siehe dazu bereits 4.3. Die wertlosen Daten sind nicht aussonderungsfähiger Gegenstand. 521

196

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Die Aussonderung von Daten

indes nicht die rechtliche Frage der Aussonderung, sondern der Nutzer hat rechtzeitig dafür Sorge zu tragen, dass er die Daten (E-Mails und Textnachrichten) in sicherer, das heißt plattformunabhängiger, Form speichert. Unter welchen Voraussetzungen der Insolvenzverwalter überhaupt berechtigt ist, die Daten von den Servern des insolventen Anbieters zu löschen, ist zunächst zurückzustellen.523 Bei reinen Web-Anwendungen ist der weitere Zugriff auf die Daten in der Insolvenz des Dienstanbieters hingegen nicht möglich, da die Daten lediglich extern auf einem Server des Anbieters gespeichert werden. Die zugrundeliegenden typengemischten Verträge mit miet- und dienstvertraglichen und gegebenenfalls auch mit werkvertraglichen Elementen bestehen nicht bereits nach § 108 InsO fort.524 Auch in diesem Anwendungsbereich kann eine Lösung nur über die Aussonderung der Daten erfolgen: Erreicht die E-Mail oder Textnachricht eine schöpferische Gestaltungshöhe, wird man dem Nutzer – aber nur demjenigen, der die E-Mail versendet (also kreiert) hat – eine urheberrechtliche Aussonderungsmöglichkeit zusprechen können. Für alle anderen Konstellationen ist zu klären, ob der Nutzer „seine“ Daten mit Berufung auf ein persönliches Recht nach § 47 InsO aussondern kann. Grundsätzlich ist die Situation mit der der Cloud-SpeicherVerträge vergleichbar: Auch bei den E-Mail- oder Messenger-Diensten werden von dem Nutzer generierte Daten auf den Servern des Anbieters gespeichert. Der Nutzer hat ein besonderes Interesse an der Sicherheit und dem Erhalt dieser Daten und erwartet vom Dienstanbieter die Einhaltung einer entsprechenden Obhutspflicht. Wenngleich eine verwahrungsvertragliche Nebenleistungspflicht anders als bei den Cloud-Speicher-Verträgen für diese Verträge bisher nicht explizit festgestellt wurde, spricht die parallel gelagerte Interessenlage dafür, auch im Kontext von E-Mail und Messenger-Diensten einen verwahrungsrechtlichen Herausgabeanspruch des Nutzers anzuerkennen. Es entstünde vielmehr ein Wertungswiderspruch, wenn sich zwar der Cloud-Speicher-Nutzer auf ein entsprechendes Aussonderungsrecht berufen könnte, dem Nutzer von E-Mail- und Messenger-Diensten diese Möglichkeit hingegen versagt würde. Ungeachtet der Tatsache, dass ein verwahrungsvertragliches Element der EMail- und Messenger-Dienst-Verträge zuvor nicht ausdrücklich festgestellt wurde, ist nach den Interessen der Vertragsparteien davon auszugehen, dass zumindest ein verwahrungsrechtlicher Herausgabeanspruch und daher ein (daraus abgeleitetes) persönliches Aussonderungsrecht des Nutzers besteht. Der Nutzer der E-Mail- und Messenger-Dienste kann in der Insolvenz somit über ein aus 523 524

Siehe noch 4.5.1. Siehe 3.3.1.3 und 3.3.2.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

197

dem Verwahrungsgedanken abgeleitetes persönliches Aussonderungsrecht die Herausgabe „seiner“ Daten verlangen.

4.4.3.3 Video- und Audio-On-Demand Im VoD- und AoD-Bereich ist eine Datenaussonderung durch den Nutzer in der Insolvenz des Dienstanbieters hingegen nicht möglich. Im Kontext der StreamingVerträge besteht schon kein dingliches oder persönliches Recht des Nutzers an den gestreamten Daten, dass zur Aussonderung derselben berechtigen würde. Allerdings scheidet auch eine Aussonderung der Dateien aus, die der Nutzer über einen „kaufweisen“ Download erlangt hat und die er nicht bereits insolvenzfest speichern konnte, da der weitere Zugriff auf das Werk vom Fortbestand der technischen Infrastruktur des Anbieters abhängt:525 Es bestehen keine eigenen Immaterialgüterrechte des Nutzers an den gekauften Werken. Zwar werden dem Nutzer regelmäßig Lizenzen an den Werken eingeräumt; dabei handelt es sich jedoch allenfalls um einfache Lizenzen im Sinne des § 31 Abs. 2 UrhG. Diese vermitteln nach der hier vertretenen Auffassung jedoch kein Aussonderungsrecht.526 Eine anderweitige dingliche Aussonderungsberechtigung des Nutzers lässt sich nicht herleiten. Der Nutzer kann gegenüber dem Dienstanbieter aber auch kein persönliches Aussonderungsrecht aus dem zugrundeliegenden „Kaufvertrag“527 geltend machen. Der Vertrag bringt keine haftungsrechtliche Zuordnung der Daten zum Nutzer zum Ausdruck. Mit Blick auf die anderen Datenverträge ist dieses Ergebnis nachvollziehbar; die VoD- und AoD-Verträge sind tatsächlich und rechtlich nicht mit den Cloud-Speicher-Verträgen vergleichbar. Bei Letzteren lagert der Kunde „eigene“ Daten auf den Server des Cloud-Speicher-Anbieters aus, während der Nutzer beim „Kauf“ der Datei (abhängig vom konkreten Vertriebsmodell) nur vorübergehend eine Datenkopie beziehungsweise ein Zugriffsrecht auf „fremde“ Daten erlangt.528 Auch das vertragliche Interesse ist in beiden Situationen

525

Die Werke, die der Nutzer plattformunabhängig in einem lesbaren Format gespeichert hat, kann er unabhängig von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weiter nutzen, sodass sich die Frage der Aussonderung schon nicht stellt. 526 4.4.1.1.2.3. 527 Es handelt sich dabei nicht um einen Kauf i.S.d. § 433 BGB, sondern um ein einseitiges Dauerschuldverhältnis mit lizenzvertraglichen Elementen siehe 3.3.3.3.1. 528 Folgende Ausgestaltungen sind beim „plattformabhängigen Kauf“ zu unterscheiden: Entweder das Werk wird tatsächlich auf das Gerät des Nutzers heruntergeladen, nach einigen Tagen aber wieder gelöscht und kann dann bei Bedarf (immer wieder) erneut über die Plattform des Internetanbieters heruntergeladen werden. In anderen Fällen wird das „gekaufte“

198

4

Die Aussonderung von Daten

ein anderes: Die Auslagerung der Daten ist durch ein verwahrungsvertragliches Element geprägt; ein solches fehlt hingegen beim VoD-/AoD-Vertrag. Der Download-Kunde hat zwar einen Anspruch auf die dauerhafte Bereitstellung der bestimmten Datei aus dem zugrundeliegenden Vertrag; darin kommt jedoch keine haftungsrechtliche Zuordnung der „gekauften“ Daten zum Ausdruck. Das heruntergeladene Werk ist – in den Fällen, in denen die Nutzung vom Fortbestand der technischen Infrastruktur des Dienstanbieters abhängig ist – in der Insolvenz des Dienstanbieters für den Nutzer daher „verloren“. Dieser Tatsache sollte sich der Nutzer bewusst sein, bevor er sich auf das Vertriebsmodell des Dienstanbieters einlässt.

4.4.3.4 Online-Gaming Zuletzt ist eine mögliche Aussonderung von Daten für den Online-GamingBereich zu untersuchen. Aussonderungsgegenstand wären in diesem Fall die Spieldaten, also die Daten des jeweiligen Spiel-Accounts, unter anderem Spielstände, Fähigkeiten der Avatare, gekaufte virtuelle Gegenstände oder selbst entworfene Avatare. Wird über das Vermögen des Spielanbieters, der die Spielserver betreibt und die entsprechenden Daten speichert,529 das Insolvenzverfahren eröffnet, stellt sich die Frage nach dem Schicksal dieser Spieldaten, da die zugrundeliegenden Verträge nach der hier vertretenen Auffassung nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen.530 Das Gleiche gilt, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung der Account-Verträge ablehnt.531 Der Spieler könnte Werk der „Bibliothek“ des Nutzer-Accounts hinzugefügt und kann im Anschluss (unbegrenzt) gestreamt oder auch offline – also ohne Internetverbindung – genutzt werden. Da das Werk für die Offline-Nutzung jedoch nur in das anbietereigene Programm geladen wird, ist das dauerhafte Abspielen des Werks vom Funktionieren beziehungsweise dem Zugriff auf dieses Programm abhängig. Siehe bereits 3.3.3.3.1. 529 Für die Untersuchung wird vorausgesetzt, dass die Server allein vom Herausgeber des Spiels beziehungsweise vom Konsolenhersteller betrieben werden („Client-ServerArchitektur“). Daneben kann die Spielarchitektur aber grundsätzlich auch über verschiedene von (privaten) Dritten betriebenen Servern verteilt sein. In diesem Fall ist zu unterscheiden, ob auf den Servern vollständig verschiedene, wenn auch parallele, virtuelle Welten existieren (sog. „shards“) oder ob die Spielwelt in verschiedene Zonen, zwischen denen der Spieler wechseln kann, eingeteilt ist. Betritt ein Avatar eine andere Zone, wird er auf den entsprechenden Server geleitet. Schließlich kann das Spiel auch ohne einen externen Server „Peer-to-Peer“ erfolgen. Da das Client-Server-Modell eine sehr umfassende Infrastruktur erfordert, wird das Modell in der Regel nur von den großen Betreibern genutzt. 530 3.3.4.4. 531 Für die Spielsoftware-Verträge und die Verträge über virtuelle Gegenstände kommt aufgrund der einseitigen Erfüllung des Spielers schon keine Erfüllungswahl in Betracht.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

199

die Spieldaten aber aus der Insolvenzmasse nach § 47 InsO aussondern, sofern die Daten nicht für Verbindlichkeiten des insolventen Spielbetreibers haften.532 Dafür würde zunächst sprechen, dass im umgekehrten Fall, dass also der Spieler insolvent ist, die Verwertung des unter Umständen wertvollen Spiel-Accounts – welcher nichts anderes als eine Aggregation der Spieldaten ist – durch den Insolvenzverwalter möglich erscheint. Allerdings hat die Aussonderung der Spieldaten in der Insolvenz des Spielbetreibers keinen tatsächlichen Anwendungsbereich: Die Spieldaten sind mit der speziellen Spielsoftware verknüpft und finden allein in der Spielumgebung Verwendung.533 Die Einsatzmöglichkeit der Spieldaten entfällt daher mit der insolvenzbedingten Beendigung der virtuellen Welt. Der nicht unerhebliche wirtschaftliche Wert der Spieldaten fußt ebenfalls auf der Voraussetzung, dass die konkrete Spielwelt existiert: Der Wert eines Accounts oder von virtuellen, handelbaren Gegenständen bestimmt sich durch das Angebot und die Nachfrage nach den Daten im „Wirtschaftssystem“ der jeweiligen Spielwelt und entfällt daher bei der Einstellung des Online-Spiels. Die Spieldaten sind mit der Insolvenz des Spielanbieters nicht länger am Markt handelbares Gut und damit nicht mehr vermögenswerter Gegenstand. Für eine Aussonderung der Daten besteht in diesem Fall nicht nur weder ein tatsächliches noch ein wirtschaftliches Interesse des

532

Die Datenaussonderung betrifft Daten aus den Account-Verträgen und den Verträgen über virtuelle Gegenstände. Bei den Spielsoftware-Verträgen können keine Daten ausgesondert werden: Entweder die Daten der Spielsoftware befinden sich bereits (insolvenzfest) im Herrschaftsbereich des Spielers – in diesem Fall ist für den Spieler in der Insolvenz allein von Relevanz, ob die virtuelle Welt weiter zugänglich ist. Alternativ sind die Daten der Spielsoftware in die Infrastruktur des Anbieters eingebunden. In diesem Fall steht dem Spieler – parallel zu den VoD-/AoD-Verträgen – kein dingliches oder persönliches Aussonderungsrecht an den Daten zu. Siehe 4.4.3.3. 533 Allenfalls könnte die Möglichkeit bestehen, die „blanken“ Spieldaten in einer unabhängigen Spielmodifikation weiter zu nutzen, die vom Hersteller zumeist nicht gestattet sein wird. Sollte der Anbieter der Modifikation dem Import der Altdaten zustimmen, werden die Daten aber nicht mehr den gleichen Wert haben wie zuvor. Die Fortführung des Spiels wäre reine Liebhaberei, der kein wirtschaftlicher Wert zuzumessen ist. Für den Fall, dass das Spiel auf den Servern verschiedener Betreiber läuft und nur ein einzelner Serverbetreiber insolvent ist, ist zu überlegen, ob der Spieler die Daten auf einen anderen Spielserver übertragen kann. Indes müsste auch der dortige Serverbetreiber zunächst der Übernahme der „Altdaten“ aus der anderen virtuellen Welt zustimmen. Ein uneingeschränkter Import fremder Daten ist indessen nicht in seinem Interesse, da dies das wirtschaftliche System des Spiels aus dem Gleichgewicht bringen würde.

200

4

Die Aussonderung von Daten

Spielers, sondern es entfällt auch die Voraussetzung eines aussonderungsfähigen Gegenstands.534 Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass der Cloud-Nutzer im Zuge der Geltendmachung seines persönlichen Aussonderungsrechts die Herausgabe jeglicher Daten – also auch die tatsächliche Rückführung wertloser Daten, die nicht aussonderungsfähiger Gegenstand sind – verlangen kann.535 Der entscheidende Unterschied zwischen den Spiel- und den Clouddaten ist nämlich die weitere potentielle Nutzbarkeit der Daten nach der Aussonderung. Anders als der Cloud-Speicher-Anbieter, der die Daten lediglich für den Nutzer verwahrt, speichert der Spielanbieter nicht nur die Daten, sondern schafft mit der virtuellen Spielwelt überhaupt erst die Voraussetzung ihrer Nutzbarkeit. Für die Daten, die der Nutzer in der Cloud speichert, liegt die Möglichkeit der Verwendung hingegen in der Sphäre des Nutzers und entfällt nicht bereits mit der Insolvenz des Cloud-Speicher-Anbieters, sodass auch ein entsprechendes Bedürfnis des Nutzers besteht, jegliche Daten, die in der Cloud lagern, herauszuverlangen.536 Der Wunsch des betroffenen Spielers die „Altdaten“ weiter nutzen zu können, also zum Beispiel den Lieblings-Avatar weiter „leben zu lassen“, kann hingegen bereits tatsächlich nicht umgesetzt werden. Damit besteht im Kontext des Online-Gamings kein Anwendungsbereich für eine Aussonderung von Spieldaten. Für den Fall, dass sich in Abkehr der vorstehenden Ausführungen doch eine anderweitige technische Nutzungsmöglichkeit537 der Daten ergibt und die Daten daher vermögensrechtlicher und damit aussonderungsfähiger Gegenstand

534

Eine Massezugehörigkeit der Daten nach § 35 InsO ist in diesem Fall ebenfalls zu verneinen. Zum einen sind die wertlosen Spieldaten kein Vermögensgegenstand, der verwertet werden könnte. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die Spieldaten für die Verbindlichkeiten des insolventen Spielbetreibers haften. Siehe dazu auch noch im Folgenden. 535 Siehe auch 4.3. Das muss für die Cloud-Speicher Fälle schon aus Praktikabilitätsgründen gelten, da es für die beteiligten Parteien einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde, die einzelnen Daten in Bezug auf ihre Werthaltigkeit zu sortieren. Einer Auswertung der Daten durch den Insolvenzverwalter stünden im Übrigen auch datenschutzrechtliche Bedenken entgegen. 536 Ferner erfolgt die Herausgabe der wertlosen Cloud-Daten nur im Rahmen der Aussonderung anderer werthaltiger Daten, siehe 4.3. 537 Vorstellbar ist zudem die folgende Situation: Zwar wird der einzelne Vertrag mit dem Spieler wegen einer Erfüllungsablehnung nicht fortgeführt, aber die Spielwelt an sich wird vom Insolvenzverwalter aufrechterhalten. In diesem Fall könnte der Spieler ein Aussonderungsinteresse haben, weil er die Daten im Rahmen eines neuen Account-Vertrags nutzen möchte.

4.4 Die Aussonderungsberechtigung an Daten

201

sind,538 könnte ein Aussonderungsinteresse der Spieler bestehen. Die Aussonderung würde indes voraussetzen, dass dem Spieler ein dingliches oder persönliches Recht an den Spieldaten zusteht. Zwar wurde zuvor bereits behauptet, dass der Spiel-Account in der Insolvenz des Nutzers der Insolvenzmasse zuzuordnen sei; dies ist im Folgenden jedoch genauer zu erörtern. Für die allgemeinen Spieldaten kann sich der Spieler nicht auf ein zur Aussonderung berechtigendes Urheberrecht berufen, da er nicht als geistiger Urheber dieser Daten in Erscheinung tritt: Das Verbessern der Fähigkeiten des Avatars ist ebenso wie das restliche Spielverhalten keine gestalterische Schöpfung. Andere dingliche Rechte des Nutzers sind nicht ersichtlich. Daher käme lediglich eine persönliche Aussonderungsberechtigung aus dem zugrundeliegenden Account-Vertrag in Betracht. Eine solche Berechtigung könnte über ein verwahrungsvertragliches Element des Account-Vertrags hergeleitet werden. Für diesen Fall hätte der Spieler (ebenso wie der Nutzer eines Cloud-Speichers) einen insolvenzfesten Herausgabeanspruch gegen den Anbieter nach § 695 BGB. Maßgebliches Merkmal von Verwahrungsverträgen ist die Inobhutnahme von Gegenständen, die der Hinterleger jederzeit herausverlangen kann. Der Spielanbieter speichert für den Spieler die von ihm generierten Daten auf seinen Servern. Zwar werden die Daten in der speziellen Spielumgebung des Anbieters geschaffen, allerdings erst durch den einzelnen Spieler. Gerade die Tatsache, dass der Spieler die Spieldaten beim Online-Gaming selbst generiert, ist ein entscheidender Unterschied etwa zu den VoD- und AoD-Verträgen, bei welchen dem Nutzer lediglich fremde Film- oder Musikdaten bereitgestellt werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Spieler nur aufgrund der technischen Gegebenheiten des Online-Gamings, welches den ständigen Datenaustausch aller Spieler erfordert, die Daten nicht selbst speichern kann. Gerade vor dem Hintergrund der technischen Abhängigkeit des Spielers, der auf die fehlerfreie Speicherung des Anbieters vertrauen muss, sind sowohl eine vertragliche Obhutspflicht des Spielanbieters in Bezug auf die individuellen Spieldaten als auch ein entsprechender Herausgabeanspruch zu befürworten. Der Account-Vertrag hat somit zumindest einen verwahrungsvertraglichen Charakter. Der Spieler könnte daher eine persönliche Aussonderungsberechtigung an den Daten geltend machen. Für die „gekauften“ virtuellen Gegenstände wird man die Aussonderungsmöglichkeit hingegen nur mit Einschränkungen bejahen können. Der virtuelle 538

Eine solche Möglichkeit könnte sich für virtuelle Gegenstände in Zukunft z. B. mithilfe sog. NFTs (Non-Fungible-Token) ergeben. Siehe dazu bereits 3.3.4. Der Hauptgedanke bei NFTs ist, dass sie auch außerhalb eines Spieles existieren und man sie in andere Welten mitnehmen kann. Das funktioniert indes nur, wenn die Tokens in anderen Spielen (von anderen Spielanbietern) eingebunden werden können. Siehe Fn. 533.

202

4

Die Aussonderung von Daten

Gegenstand ist zwar in den Spielverlauf des Spielers eingebettet und mit den übrigen Spieldaten verknüpft. Indes handelt es sich (ebenso wie bei den fremden Musikdaten) nicht um selbst generierte Daten. Anders ist die Situation zu bewerten, in der der Spieler einen gekauften Avatar weiterentwickelt und auf diese Weise individualisiert. Im Übrigen muss der Spieler die Gegenstände, die er individuell entworfen hat, sodass ihm ein Urheberrecht an diesen zusteht, über ein aus seinem Urheberrecht folgendem dinglichen Recht aussondern können. Aber auch in diesem Fall erhält der Spieler allein die „blanken“ Daten ohne die dazugehörige Spielumgebung – wie bereits festgestellt, ist das Urheberrecht des Spielers durch die vertragliche Beziehung zum Anbieter beschränkt.539 Wenngleich eine Aussonderung von Spieldaten aus Online-Spielen damit theoretisch möglich sein mag, hat sie keinen praktischen Anwendungsbereich, solange der Spieler die Spieldaten ohne die weitere Bereitstellung der originalen Spielumgebung nicht nutzen kann.

4.4.4

Zwischenergebnis

Die Datenaussonderung ist sowohl für den Nutzer von Cloud-Speicher-Angeboten als auch von E-Mail- und Messenger-Diensten möglich. Ein Kunde, der Filme oder andere Werke bei einem Anbieter im Netz „kauft“ (und diese nicht insolvenzfest speichern kann), erhält hingegen keine Rechtsposition, die ihm die Aussonderung der Daten in der Insolvenz des Anbieters ermöglichen würde; daher ist das entsprechende Werk für den Nutzer in diesem Fall verloren. Für den Spieler von Online-Spielen stellt sich die Frage der Aussonderung hingegen bereits nicht: Die Spieldaten können zwar theoretisch in der Insolvenz ausgesondert werden, ihnen kommt aber außerhalb der virtuellen Spielwelt kein sinnvoller Verwendungszweck zu. Eine Aussonderung der Spieldaten wäre daher ohne Mehrwert für den Spieler, sodass er eine solche in der Praxis auch nicht verfolgen wird. Die verschiedenen Ergebnisse lassen sich mit abweichenden technischen Voraussetzungen erklären – tatsächliche Unterschiede rechtfertigen eine divergierende rechtliche Behandlung. Im Übrigen lassen die vorstehenden Ausführungen nicht erkennen, dass ein Bedürfnis besteht, ein Aussonderungsrecht an Daten im Wege der Rechtsfortbildung zu entwickeln:540 Die bestehenden Instrumente bieten bereits weitgehend

539 540

Siehe 3.3.4.2. Anders J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 965.

4.5 Die Folgen der Datenaussonderung

203

ausgeglichene Lösungen für den insolvenzrechtlichen Umgang mit Daten. Insbesondere ist die Datenaussonderung für den wirtschaftlich bedeutenden Fall der Cloud-Speicher-Verträge nach geltendem Recht möglich. Ob die Geschäftsmodelle der AoD- und VoD-Anbieter die Interessen der Verbraucher ausreichend berücksichtigen, ist hingegen eine vertragsrechtliche Frage, die nicht im Rahmen dieser Untersuchung zu klären ist. Auch ob sich technische Möglichkeiten finden werden, die es ermöglichen, dass der Online-Spieler „seine“ Spieldaten anderweitig nutzbar machen kann und somit ein Anwendungsbereich für eine entsprechende Datenaussonderung entsteht, bleibt abzuwarten und ist gleichfalls eine Frage, die tatsächlicher beziehungsweise technischer und nicht insolvenzrechtlicher Natur ist. Schließlich ist die Möglichkeit der Aussonderung von Daten auch nicht vor dem Hintergrund anzuzweifeln, dass nach den Ergebnissen der Untersuchung eine ausschließliche Güterzuordnung von Daten (zum jetzigen Zeitpunkt) nicht möglich ist. Picker versteht das Klagerecht des nur obligatorisch Berechtigten zwar allein als prozessuale Erleichterung, die der Durchsetzung der wahren Eigentumsordnung dient.541 Da bei Daten ein „dahinterstehender Eigentümer“ fehlt, wäre die Möglichkeit der Aussonderung demnach zu verneinen. Dass Daten dennoch Massebestandteil und entsprechend Aussonderungsgegenstand sein können, ist bereits dargelegt worden:542 Daten können als Vermögensbestandteil des Schuldners für seine Verbindlichkeiten haften und sind daher potentiell Massebestandteil gemäß § 35 Abs. 1 InsO. Im Umkehrschluss ist auch die Aussonderungsfähigkeit von Daten anzuerkennen: Sind Daten Gegenstand eines Vertragsverhältnisses und kommt in dieser vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck, dass die Daten nicht der Masse haftungsrechtlich zugeordnet sind, können die betroffenen Daten nach § 47 InsO ausgesondert werden.

4.5

Die Folgen der Datenaussonderung

Obwohl die Aussonderung von Daten grundsätzlich möglich ist, schafft die Realisierung der Datenaussonderung im Vergleich zur traditionellen Aussonderung von Sachen neue praktische Herausforderungen. Diese tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Bewerkstelligung der Aussonderung von Daten sind nachstehend zu erörtern. Ferner sind die Kosten der Datenaussonderung zu thematisieren.

541 542

Siehe dazu bereits 4.1.2.2.1. Siehe 4.4.

204

4.5.1

4

Die Aussonderung von Daten

Praktische Durchführung

Die Datenaussonderung ist in aller Regel auf die Herausgabe der Daten gerichtet, da der Nutzer in den ausgewählten Szenarien stets ein Interesse daran hat, dass die Daten wieder in seinen „Herrschaftsbereich“, also auf seinen eigenen Speicher gelangen. Hat der Gläubiger sein Aussonderungsbegehren schriftlich angezeigt und seine Berechtigung hinreichend dargelegt, erfolgt die Herausgabe der Daten koordiniert über den Insolvenzverwalter, der von den betroffenen Daten Kopien anfertigt, diese dem Nutzer zur Verfügung stellt und im Anschluss die Daten auf den Servern des Schuldners löscht. Diese „Herausgabe“ der Daten erfolgt sinnvollerweise zentral gesteuert über den Insolvenzverwalter; insbesondere muss er es nicht dulden, dass der Nutzer Zugang zu den Servern erhält und dort nach „seinen“ Daten sucht; das wäre zudem wenig praktikabel, wenn das Zugangsrecht von sehr vielen Nutzern gleichzeitig unkontrolliert in Anspruch genommen wird.543 Aufgrund dessen sind auch urheberrechtlich geschützte Daten auf diese Weise „herauszugeben“, wenngleich dem Urheber grundsätzlich nur ein Zugangsrecht nach § 25 Abs. 1 UrhG und kein Herausgabeanspruch zusteht.544 Insbesondere schränkt die ersatzweise Herausgabe der Daten das Urheberrecht nicht ein, obwohl das Zugangsrecht grundsätzlich bezweckt, dem Urheber einen direkten Kontakt zu seinem Werk zu ermöglichen; ein solches Bedürfnis besteht bei einem digitalen Werk, das ohne Verlust oder Veränderung vervielfältigt werden kann, indes nicht.545 Ein Aussonderungsrecht an den Daten impliziert ferner, dass der Insolvenzverwalter die Daten, die auf den Servern des Schuldners lagern, nicht ohne weiteres löschen darf – etwa, wenn er die Server des insolventen Unternehmens verwerten möchte; eine Löschung der Daten beeinträchtigt das Aussonderungsrecht des Nutzers und könnte schadensersatzrechtliche Konsequenzen zulasten der Masse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO) und zulasten des Insolvenzverwalters (§ 60 Abs. 1 S. 1 InsO) haben.546 Freilich kann der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet sein, die Daten unbegrenzt für den aussonderungsberechtigten Nutzer bereitzuhalten. Daher muss es ihm möglich sein, dem Nutzer eine angemessene Frist zur Geltendmachung seines Aussonderungsrechts zu setzen; nach Ablauf der

543

J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. Siehe bereits 4.4.1.1.1. 545 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. 546 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. 544

4.5 Die Folgen der Datenaussonderung

205

Frist ist ihm die Löschung der Daten gestattet.547 Dieses Vorgehen – also Fristsetzung vor Datenlöschung – empfiehlt sich im Übrigen auch für alle anderen Konstellationen, die nicht unmittelbar eine Aussonderung zum Gegenstand haben: Zu denken ist etwa an den Nutzer von E-Mail-Diensten, bei dem die lokale Kopie auf seinem Gerät von der Existenz der Datei auf dem Server abhängig sein kann (IMAP). Der Insolvenzverwalter muss dem Nutzer in einem angemessenen Zeitraum ermöglichen, die Dateien extern zu sichern. Diese Pflicht besteht, obwohl diese Situation einer Aussonderung der Daten vorgeschaltet ist (da die Daten für den Nutzer noch auf dem eigenen Gerät verfügbar sind und insofern eine Aussonderung entfällt). Mit einer vorschnellen, das heißt unangekündigten, Löschung der Daten vom Server, wären die Daten nämlich – je nach technischer Ausgestaltung – für den Nutzer auf seinem Gerät nicht länger verfügbar. Ein nun gestelltes Aussonderungsbegehren des Nutzers könnte der Insolvenzverwalter aufgrund der vorgenommenen Löschung nicht mehr erfüllen. Schließlich ist auch denkbar, dass der Insolvenzverwalter die Server, auf denen die Daten gespeichert sind, freigibt. In diesem Fall endet die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters für die Daten; der Nutzer muss sich an den Insolvenzschuldner wenden, um an die Daten zu gelangen, da dieser mit der Freigabe die Verfügungsbefugnis über die Server zurückerlangt.548

4.5.2

Kosten

Schließlich sind die Kosten der Datenaussonderung von besonderem Interesse, da die Herausgabe von Daten unter Umständen einen erheblichen finanziellen Aufwand erfordert. Zwar entstehen keine Kosten, wenn der Insolvenzverwalter die Infrastruktur des Schuldners aufrechterhält und auch die Server weiterbetreibt, da die finanziellen Aufwendungen für das Kopieren und Bereitstellen der Daten in diesem Fall zu vernachlässigen sind.549 Allerdings können die Aussonderungskosten ein beträchtliches Maß annehmen, wenn allein zur Bewerkstelligung der Datenaussonderung die Server der Plattform weiter betrieben werden müssen. Der Umfang der Kosten wird zwar geringer ausfallen, als bei einer oktroyierten

547

J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. 549 Siehe auch J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. 548

206

4

Die Aussonderung von Daten

Unternehmensfortführung,550 da für die Aussonderung lediglich solche kostenverursachenden Posten des insolventen Unternehmens kurzzeitig fortgeführt beziehungsweise reaktiviert werden müssen, die die Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur gewährleisten. Indes werden auch diese Kosten regelmäßig deutlich höher ausfallen als beim Standardfall der Herausgabe einer Sache. Daher ist zu klären, wer die Kosten für die Server, die Software und gegebenenfalls geschultes Personal zu tragen hat. In der Insolvenzordnung finden sich keine Bestimmungen zu den Kosten der Aussonderung. Dies ist insofern wenig verwunderlich, als die Kostenfrage im Ausgangspunkt keine insolvenzrechtliche ist, sondern sich nach den allgemeinen Pflichten der Parteien des Herausgabeanspruchs richtet: Das folgt bereits aus § 47 S. 2 InsO, wonach sich der Anspruch auf Aussonderung nach den Gesetzen außerhalb der Insolvenzordnung bestimmt, sodass sich auch das vom Verwalter zu erfüllende Pflichtenprogramm im Rahmen der Aussonderung nach dem allgemeinen Zivilrecht richtet.551 Nach dem BGB ist der Ort der Herausgabe im Rahmen des (klassischerweise einschlägigen) § 985 BGB regelmäßig der Ort, an dem sich die Sache befindet (sog. Holschuld).552 Für den – im Kontext der Cloud-Speicher-Dienste relevanten – verwahrungsvertraglichen Herausgabeanspruch ist in § 697 BGB sogar ausdrücklich geregelt, dass der Herausgabegläubiger die Sache am Ort der Verwahrung abzuholen hat.553 Auf die Kostenverteilung wirkt sich dies wie folgt aus: Die Kosten der Bereitstellung und Aushändigung der Sache trägt der Besitzer, während der Eigentümer für die Kosten der Besitzübernahme (also insbesondere der Abholung der beweglichen Sache) aufkommt.554 Bei vertraglich vereinbarten Herausgabeansprüchen können die Parteien zwar einen Erfüllungsort ihrer Wahl

550

Siehe zur oktroyierten Unternehmensfortführung 3.1.1.2.2.4. Die Fortführung von Dienstverträgen in der Insolvenz des Dienstverpflichteten ist nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO abzulehnen, wenn dafür die gesamte technische Infrastruktur aufrechtzuerhalten ist und dies einer aufgezwungenen Unternehmensfortführung entspräche. 551 Siehe dazu auch Apel, Herausgabeansprüche, S. 256. 552 Baldus, in: MüKoBGB, § 985 Rn. 96 ff. 553 Die Norm ist allerdings dispositiv, siehe Henssler, in: MüKoBGB, § 697 Rn. 1. 554 Thole, in: Staudinger, BGB, § 985 Rn. 173. Siehe dazu auch Apel, Herausgabeansprüche, S. 35 f.: Da der Besitzer den Eigentümer nicht in seinen Herrschaftsbereich hineinlassen müsse, obliege ihm die Pflicht, die Sache von seinen übrigen Vermögensgegenständen zu trennen. Um dem Eigentümer den Zugriff zu ermöglichen, müsse der Besitzer die herausgesuchte Sache „an die Grenze seines Rechtskreises bringen“, also die Sache zur Abholung bereithalten.

4.5 Die Folgen der Datenaussonderung

207

vereinbaren, der Herausgabeschuldner wird aber in jedem Fall dafür Sorge zu tragen haben, dass die Sache bereitgestellt wird. Diese Grundsätze gelten auch für den im Wege der Aussonderung geltend gemachten Herausgabeanspruch: Der Berechtigte muss den aussonderungsfähigen Gegenstand auf eigene Kosten abholen;555 indes fallen etwaige Kosten der Bereitstellung der Masse zur Last,556 da diese Handlung eine typische Verwalterpflicht ist.557 Ist für die Bereitstellung erforderlich, dass der Gegenstand aus einem größeren Bestand herausgesucht oder gar ausgebaut werden muss, so sind auch diese Kosten von der Masse zu tragen.558 Die Übernahme der Aussonderungskosten kann vom Gläubiger hingegen nur verlangt werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung vorliegt.559 Überträgt man diese Grundsätze zur Kostentragung auf die Datenaussonderung, hätte dies zur Folge, dass die Kosten zur Bereitstellung der Datenkopien gleichfalls von der Masse zu tragen sind.560 Im Konkreten sind das diejenigen Kosten, die erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur zu gewährleisten – der Betrieb der technischen Infrastruktur ist nämlich notwendige Voraussetzung für die Bereitstellung der Daten. Da die entstehenden Kosten jedoch nicht mit den Kosten der Herausgabe von Sachen vergleichbar seien, plädiert Hoffmann dafür, dass die Kosten der Datenaussonderung allein von den aussonderungsberechtigten Nutzern zu tragen sind.561 In der Tat besteht bei der Aussonderung von Daten eine besondere Situation. Während der Gesetzgeber des BGB die Kostenrisiken des Herausgabepflichtigen bei der Vindikation für vernachlässigbar hielt,562 ist die Bereitstellung der Daten BGH, Urt. v. 28.06.2012, Az. IX ZR 219/10 = BGHZ 194, 1, 9 = NZI 2012, 841, 843, Rz. 19. 556 BGH, Urt. v. 26.05.1988, Az. IX ZR 276/87 = BGHZ 104, 304 ff. = NJW 1988, 3264; a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 297. 557 Apel, Herausgabeansprüche, S. 257; siehe auch Brinkmann, in: Uhlenbruck, InsO, § 47 Rn. 133. 558 Ganter, in: MüKoInsO, § 47 Rn. 470. 559 Lüke, KTS 1988, 421, 432; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47 Rn. 85. 560 So im Ergebnis auch Hartung/Berjasevic, in: Leupold/Wiebe/Glossner, IT-Recht, Teil 11.4.1., Rn. 39. 561 J. F Hoffmann, JZ 2019, 960, 965, 967. Zustimmend: Steinrötter/Bohlsen, ZZP 133 (2020), 459, 484. 562 Motive zum BGB, Band 3, S. 425: „Bei der Vindikation ist die Einräumung des Besitzes oder der Inhabung, selbst wenn die bewegliche Sache dabei hervorgeholt und von der Stelle bewegt werden muss, eine geringe Dienstleistung, welche besondere Aufwendungen 555

208

4

Die Aussonderung von Daten

regelmäßig mit beträchtlichen Kosten verbunden. Fraglich ist daher, ob die Kosten der Bereitstellung bei der neuartigen Konstellation der Datenherausgabe von den aussonderungsberechtigten Gläubigern zu tragen sind. In der Tat impliziert eine Belastung der Masse mit den Kosten der Datenherausgabe (zugunsten der Aussonderungsgläubiger) eine nicht unbeachtliche finanzielle Einschränkung der anderen Insolvenzgläubiger. Darüber hinaus ist zu beachten, dass – die Insolvenz hinweggedacht – der Schuldner, also der Datenverwalter, zwar dazu verpflichtet gewesen wäre, die Kosten für die Bereitstellung der Daten zu tragen, er zugleich aber auch ein Entgelt für diese Leistung erhalten hätte. Vor diesem Hintergrund könnte es gerechtfertigt sein, die aussonderungsberechtigten Gläubiger an den Kosten der Datenherausgabe zumindest zu beteiligen. Eine Kostenbeteiligung dürfte jedoch nicht zur Folge haben, dass etwa der private Nutzer davon abgehalten wird, von seinem Aussonderungsrecht Gebrauch zu machen. Ein sachgerechtes – und für den aussonderungsberechtigten Nutzer ohne weiteres zumutbares – Ergebnis könnte indes über die Fortzahlung der bisherigen, vertraglich vereinbarten Nutzungsentgelte für den Zeitraum der Fortführung der Plattform erreicht werden. Allerdings würde eine solche abweichende Lösung der Kostentragung einen dogmatischen Unterbau erfordern: Da die Möglichkeit der Aussonderung in den Fällen virulent wird, in denen der Vertrag zwischen dem Nutzer und dem Datenverwalter nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbesteht, keine Erfüllung gewählt wird oder der Anwendungsbereich von §103 InsO ohnehin nicht eröffnet ist,563 kann die Fortzahlung des Entgelts jedenfalls nicht auf den bisherigen Vertrag gestützt werden. Ferner kann die Kostentragung in Höhe des bisher entrichteten Entgelts auch nicht über eine ungerechtfertigte Bereicherung begründet werden. Dafür müsste der Nutzer die weitere Gebrauchsmöglichkeit der Plattform nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Rechtsgrund durch die Leistung des Insolvenzverwalters erlangt haben. Der Bereicherungsanspruch scheitert indes daran, dass in der Aussonderungsberechtigung nach § 47 InsO der Rechtsgrund der Bereicherung liegt, da die Plattform gerade zu dem Zweck der Bereitstellung der Daten (Datenaussonderung) aufrechterhalten wird. Die Bereitstellung der Daten fällt wie gesehen aus dem eigenen Vermögen des Leistungspflichtigen nicht mit sich bringt und deren Auferlegung deshalb nicht zu einer fühlbaren Beschwerung gereicht, zumal die Herausgabepflicht eine Holschuld ist und die weiteren Kosten des Abholens, insbesondere der Trennung, von dem Anspruchsberechtigten zu tragen sind.“ 563 In diesen Fällen könnte der Aussonderungsgläubiger nämlich über den fortbestehenden vertraglichen Zugriffsanspruch an seine Daten gelangen. Die §§ 103 ff. InsO sind für die untersuchten Datenverträge jedoch regelmäßig nicht einschlägig, siehe Teil 3.

4.5 Die Folgen der Datenaussonderung

209

in den Verantwortungsbereich des Insolvenzverwalters und damit der Masse. Zwar kann § 47 InsO möglicherweise nicht für den gesamten weiteren Zeitraum, in dem die Plattform fortgeführt wird, einen Rechtsgrund verschaffen, da die Zurverfügungstellung der Daten des konkreten Vertragsverhältnisses – und damit die Erfüllung des Aussonderungsbegehrens – nur einen begrenzten Zeitraum einnehmen wird. Hinsichtlich der restlichen Zeitspanne wird es sich aber um eine aufgedrängte Bereicherung handeln, da der Kunde kein Interesse mehr an der Nutzung der – gegebenenfalls nicht mehr voll funktionsfähigen – Plattform haben wird. Die Entgeltfortzahlung kann daher auch nicht bereicherungsrechtlich begründet werden. Wenngleich im Hinblick auf den Grundsatz des Masseerhalts das Bedürfnis nachvollziehbar ist, die Aussonderungsberechtigten – zumindest anteilig – an den Kosten der Datenaussonderung zu beteiligen, fehlt für eine derartige Verteilung der Kosten eine rechtliche Anknüpfung. Insbesondere erlaubt die Tatsache, dass im Falle der Masseunzulänglichkeit die gesamte Kostenübernahme der Aussonderungsberechtigten der einzige Weg ist, um an die Daten zu gelangen, keinen Rückschluss für den insolvenzrechtlichen Ausgangsfall. Die Kostenfrage ist mit den Pflichten der Parteien verbunden und keine reine Wertungsfrage. Solange daher keine anderweitige Regel bezüglich der entsprechenden Kostenübernahme bei der Bereitstellung von Daten durch den Gesetzgeber normiert wird, ist weiter auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen.564 Dies gilt umso mehr als es letztlich nur dem Geschäftsmodell der Datenverwaltung geschuldet ist, dass die Bereitstellung von Daten kostenintensiver als die Bereitstellung einer Sache ist, während die „Abholung“ der Daten (anders als die Abholung einer Sache) keine Kosten verursacht. Ein neues Geschäftsmodell (mit anderen tatsächlichen Begebenheiten) erfordert aber nicht zwingend auch eine andere rechtliche Behandlung. Im Übrigen impliziert nicht allein die Datenbereitstellung hohe Kosten: Auch bei der Herausgabe von Sachen sind durchaus Fälle denkbar, in denen bereits das Heraussuchen und die anschließende Bereitstellung der Sachen nicht unerhebliche Kosten verursachen; so hat die Bereitstellung der Aussonderungsgegenstände in einem vom BGH zu entscheidenden Fall immerhin 34.200 DM gekostet.565 Nach der jetzigen Rechtslage sind die Kosten der Datenaussonderung von der Masse zu tragen. Um dem Grundsatz der Masseerhaltung Genüge zu tun, sollten indes alle Beteiligten darauf hinwirken, die Kosten für die Masse so gering 564

Insbesondere handelt es sich bei der Bereitstellung der Daten auch nicht um eine überobligatorische Handlung für die teilweise eine Kostentragung durch den Aussonderungsberechtigten diskutiert wird, siehe dazu Apel, Herausgabeansprüche, S. 258. 565 BGH, Urt. v. 26.05.1988, Az. IX ZR 276/87 = BGHZ 104, 304 ff. = NJW 1988, 3264.

210

4

Die Aussonderung von Daten

wie möglich zu halten. Dieses Ziel kann unter Beachtung der bereits festgelegten Pflichten und Kompetenzen erreicht werden: Erfolgt die Abwicklung der Aussonderung zentral gesteuert durch den Insolvenzverwalter, kann er den Gläubigern angemessene Fristen setzen. Auf diese Weise kann es gelingen, die für die Aussonderung notwendige Fortführung der Server und anderer Leistungen auf einen kurzen Zeitraum zu begrenzen, sodass sowohl die Aussonderungsgläubiger als auch die Masse mit möglichst geringen Kosten belastet werden.

4.5.3

Zwischenergebnis

Die tatsächliche Umsetzung der Aussonderung von Daten schafft im Vergleich zur standardisierten Herausgabe von Sachen neue Herausforderungen. Insbesondere kann die Herausgabe der Daten erhebliche Kosten verursachen. Die Kosten der Datenaussonderung sind dennoch – nicht anders als bei der regulären Aussonderung von Sachen – von der Masse zu tragen. Um die Massebelastung gering zu halten, ist die Aussonderung vom Insolvenzverwalter zu koordinieren und auf diese Weise auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu begrenzen.

4.6

Insolvenzfestigkeit gesetzlich garantieren

Die bisherige Untersuchung hat ergeben, dass das bestehende Insolvenzrecht in der Insolvenz eines Datenverwalters bereits ausreichende Instrumente bietet. Insbesondere besteht im wirtschaftlich relevanten Fall der Cloud-Speicher-Dienste ein persönliches Aussonderungsrecht des Nutzers. Damit kann kein Bedürfnis identifiziert werden, die Datenherausgabe gesetzlich insolvenzfest auszugestalten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einem Rechtsvergleich mit dem luxemburgischen Recht, das das Datenaussonderungsrecht gesetzlich verankert hat. Die dort getroffene Regelung soll im Folgenden vorgestellt und im Anschluss erörtert werden, dass eine Implementierung einer vergleichbaren Regelung in die deutsche Rechtsordnung nicht geboten ist.

4.6 Insolvenzfestigkeit gesetzlich garantieren

4.6.1

211

Die Datenaussonderung nach luxemburgischem Recht

Nach Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce566 besteht ein insolvenzrechtlicher Herausgabeanspruch: Nach dieser Norm können unkörperliche Vermögensgegenstände, die vom Gemeinschuldner verwahrt werden, von demjenigen, der sie dem Gemeinschuldner anvertraut hat, eingefordert werden, sofern sie zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens von anderen unkörperlichen Gütern getrennt werden können. Die Norm ist so weit formuliert („verwahrt“, „anvertraut“), dass Daten, die im Dateiformat ohne weiteres voneinander trennbar sind, darunter subsumiert werden können. Dies bestätigt ein Blick in die dazugehörigen Gesetzgebungsmaterialien: Die Regelung zielt gerade darauf ab, sicherzustellen, dass der Nutzer im Fall der Insolvenz eines Cloud-Computing-Anbieters die ausgelagerten Daten wiedererlangt.567 Darüber hinaus regelt der luxemburgische Gesetzgeber aber auch ausdrücklich die Kostentragung der Aussonderung; anders als nach geltendem deutschen Recht sollen die Kosten von den Aussonderungsberechtigten übernommen werden.

4.6.2

Vorbild für deutsches Insolvenzrecht?

Die luxemburgische Lösung wird teilweise als vorteilhaft gegenüber § 47 InsO bewertet, da sie „unmittelbar an die rechtliche Zuordnung der Daten an den Kunden“ knüpfe und damit ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewähre.568 Indes ist zweifelhaft, ob die Regelung tatsächlich der Lösung nach deutschem Recht vorzuziehen ist. Nach der hier vertretenen Auffassung besteht für die von der luxemburgischen Norm allein erfassten verwahrungsvertraglichen Konstellationen ohnehin

566

Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce: „Les biens meubles incorporels non fongibles en possession du failli ou détenus par lui peuvent être revendiqués par celui qui les a confiés au failli ou par leur propriétaire, à condition qu’ils soient séparables de tous autres biens meubles incorporels non fongibles au moment de l’ouverture de la procédure, les frais afférents étant à charge du revendiquant.“ 567 Projet de loi portant modification de l’article 567 du Code de commerce, n°6485 chambre des députés, vom 23.10.2012, Document 6485/00, S. 3. Dieses Dokument ist abrufbar unter: https://wdocs-pub.chd.lu/docs/exped/157/119/115168.pdf, letzter Abruf: 25.10.2022. Siehe auch Projet de loi portant modification de l’article 567 du Code de commerce, Rapport de la Commission Juridique, n°64853 chambre des députés, vom 26.04.2013, Document 6485/03, S. 1, abrufbar unter: https://wdocs-pub.chd.lu/docs/exped/119/229/121288. pdf, letzter Abruf: 25.10.2022. 568 Jülicher, K&R 2015, 448, 451.

212

4

Die Aussonderung von Daten

ein solcher Herausgabeanspruch nach dem deutschen insolvenzrechtlichen Haftungssystem, da dem Nutzer ein persönliches Aussonderungsrecht gegen den Datenverwahrer zusteht.569 Damit bestätigt die luxemburgische Norm letztlich das gefundene Ergebnis nach deutschem Recht. Ein Bedürfnis für eine parallele Regelung in der hiesigen Rechtsordnung besteht hingegen nicht: Zwar entfällt aufgrund der ausdrücklichen Normierung der Möglichkeit der Datenaussonderung jede Unsicherheit bezüglich der Insolvenzfestigkeit der Herausgabeansprüche in den erfassten Konstellationen. Diese Tatsache allein genügt jedoch nicht, um die luxemburgische Regelung der deutschen Lösung gegenüber als „vorteilhaft“ zu bezeichnen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Norm selbst nicht die behauptete unmittelbare Zuordnung der Daten an den Kunden zur Folge hat. Dass die Norm im Endeffekt auch nicht mehr Rechtssicherheit schafft, zeigt der Blick auf die Kostentragungsregel. Wie zuvor dargelegt,570 müssen die Kosten der Bereitstellung der Daten nach geltendem deutschen Recht allein von der Masse getragen werden, wenngleich eine Beteiligung der Aussonderungsberechtigten grundsätzlich vertretbar erscheint. Nach Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce hat hingegen ausdrücklich der Antragsteller, also der Aussonderungsgläubiger, für die Kosten der Aussonderung aufzukommen. Obwohl auch Hoffmann die Kosten der Datenaussonderung grundsätzlich den aussonderungsberechtigten Gläubigern übertragen will,571 sodass er die luxemburgische Regelung begrüßen müsste, bewertet er sie kritisch: Zwar habe der luxemburgische Gesetzgeber erkannt, dass die Herausgabe der Daten die Aufrechterhaltung der Infrastruktur erfordere, allerdings folge aus den Gesetzesmaterialien, dass man davon ausging, dass der Insolvenzverwalter die Ressourcen des Schuldners weiternutzen könne.572 Inwiefern die Fortführung der Infrastruktur bewerkstelligt wird, bleibt jedoch offen. Aus Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce gehe nicht hervor, ob der Insolvenzverwalter verpflichtet sei, die Infrastruktur unter Einsatz von Massemitteln aufrechtzuerhalten; für den Fall, dass die Infrastruktur weiterbetrieben werden müsse, sei die Bedeutung der Kostentragung durch den Nutzer indes unklar, da die Kosten des Kopiervorgangs der Daten zu vernachlässigen seien.573 Schließlich habe man im Gesetzgebungsverfahren scheinbar angenommen, dass die Kosten der Vindikation ohnehin stets vom Kläger zu tragen seien 569

Siehe 4.4.3.1. Siehe 4.5.2. 571 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 967. 572 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 968. 573 J. F. Hoffmann, JZ 2019, 960, 968. 570

4.7 Zusammenfassung

213

und es sich bei der Neuregelung insoweit um eine (überflüssige) Klarstellung handele.574 Insgesamt bleibt der konkrete Inhalt der luxemburgischen Kostentragungsregel damit unklar. Vor diesem Hintergrund ist die Implementierung einer Kostentragungsregel nach luxemburgischem Vorbild in das deutsche Recht nicht zu empfehlen.

4.6.3

Zwischenergebnis

Luxemburg ist mit seiner Regelung in Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce Vorreiter in Bezug auf die gesetzliche Implementierung der Datenaussonderung. Indes ist eine vergleichbare Regelung für das deutsche Recht nicht erforderlich. Zum einen wird die von der Norm bezweckte Rechtslage schon heute bei Anwendung der bestehenden insolvenzrechtlichen Regeln erreicht. Zum anderen überzeugt die luxemburgische Umsetzung der Kostenverteilungsregel nicht. Sollten Datenaussonderungen in Zukunft unverhältnismäßige Massebelastungen verursachen und der deutsche Gesetzgeber daher in Bezug auf die Kostenverteilung tätig werden wollen, sind vergleichbare Unklarheiten zu vermeiden, indem der Umfang der Pflichten des Insolvenzverwalters und der aussonderungsberechtigten Gläubiger klar abgesteckt wird.

4.7

Zusammenfassung

Dieser dritte Teil der Arbeit hat die Aussonderung von Daten nach § 47 InsO in den Blick genommen. Zu diesem Zweck wurden zunächst die Begriffe des dinglichen und persönlichen Rechts und das System der haftungsrechtlichen Zuordnung näher erläutert. Im Anschluss konnten Ausführungen zur Aussonderung von Daten erfolgen. In diesem Zusammenhang war die zivilrechtliche Zuordnung von Daten näher zu untersuchen. Es hat sich gezeigt, dass sich Daten nicht ausschließlich, sondern allein vertraglich zuordnen lassen. Obgleich Daten

574

„Dans la mesure où il est admis que les frais de revendication sont toujours à la charge du revendiquant, les deux chambres professionnelles estiment que toute précision sur ce point est superfétatoire et pré-conisent de biffer, à la fin de l’alinéa 2, les termes ‘les frais afférents étant à la charge du revendiquant’.“, siehe Avis commun de la Chambre de Commerce et de la Chambre des Métiers, n°64851 chambre des députés, vom 29.01.2013, Document 6485/01, S. 4.

214

4

Die Aussonderung von Daten

daher nicht Rechtsgegenstand sind, sind sie als vermögenswertes Gut aussonderungsfähiger Gegenstand im Sinne des § 47 InsO. Allerdings lässt sich eine Aussonderungsberechtigung regelmäßig nur über persönliche Rechte herleiten.575 Schließlich wurden noch praktische Probleme, insbesondere die Kosten der Datenaussonderung, thematisiert. Obwohl die Kosten ein beträchtliches Maß annehmen können, wenn etwa allein zur Bereitstellung der Daten die Server der Plattform weiter betrieben werden müssen, sind diese Kosten – wie bei der regulären Aussonderung von Sachen – von der Masse zu tragen. Abschließend wurde festgestellt, dass in der deutschen Rechtsordnung kein Bedarf für eine an das luxemburgische Recht angelehnte Kodifikation der Datenaussonderung besteht; denn obwohl viele schwierige Fragen im Kontext von Daten offen sind, bietet das Insolvenzrecht bereits heute geeignete Lösungen.

575

Siehe dazu auch die Ausführungen zu den ausgewählten Datenverträgen, 4.4.3.

5

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

In dieser Untersuchung wurde das Schicksal von Datenverträgen in der Insolvenz analysiert. Insbesondere ist erforscht worden, unter welchen Voraussetzungen der Nutzer in der Insolvenz des Datenverwalters weiter Zugriff auf „seine“ Daten hat, wenn sich die Daten nicht im Herrschaftsbereich des jeweiligen Nutzers befinden, sondern extern gespeichert sind. Die Untersuchung ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Interesse des Nutzers in der Insolvenz des Datenverwalters weiter auf die entsprechenden Daten zugreifen zu können, in vielen Fällen hinreichend Rechnung getragen werden kann. Die wesentlichen Ergebnisse der drei Teile der Untersuchung (Der Begriff des Datums (A.), Datenverträge in der Insolvenz (B.) und die Aussonderung von Daten (C.)) sollen im Folgenden noch einmal zusammengefasst dargestellt werden.

5.1

Der Begriff des Datums

Zur Bestimmung des Datenbegriffs wurde auf Zech zurückgegriffen, der zwischen semantischer, syntaktischer und struktureller Information unterscheidet. Die semantische Ebene knüpft an die Bedeutung der Information an, die syntaktische Ebene beschreibt eine Menge von Zeichen und ihre Beziehung zueinander; die strukturelle Ebene stellt hingegen auf die Verkörperung von Information ab. Daten definiert Zech als „maschinenlesbar codierte Information“1 , also die „Menge von Nullen und Einsen […], sei es als Datei oder als Datenstrom“,2 und ordnet sie 1 2

Zech, Information als Schutzgegenstand, S. 32. Zech, GRUR 2015, 1151, 1153.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2022 M. von Dreusche, Datenverträge in der Insolvenz, Juridicum – Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht, https://doi.org/10.1007/978-3-658-40136-8_5

215

216

5

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

der syntaktischen Ebene zu. Daten sind auch nach dem hiesigen Verständnis Zeichen oder Zeichenfolgen, die potentielle Informationen kodieren. Dennoch sind Daten und Informationen zumindest formal zu trennen. Diese Unterscheidung ist schon deshalb geboten, da Daten als Zeichen oder Zeichenfolgen auf einem Datenträger fixiert werden können und aufgrund dieser Fixierung objektiv fassbar sind. Information leitet sich zwar daraus ab, die Bedeutungsebene ist aber nicht visuell fassbar, sondern entsteht erst durch geistige Interpretationsleistung im Gehirn des Menschen.3 Im Rahmen der rechtlichen Behandlung von Daten kann diese formale Trennung im Hinblick auf die funktionale Stellung von Daten indes nicht konsequent eingehalten werden: Gerade ihre Funktion als (potentieller) Träger von semantischer Information ist maßgeblich für den wirtschaftlichen Nutzen von Daten. Daher erfasst rechtlicher Schutz auf der semantischen Ebene mittelbar auch die syntaktische Ebene – und umgekehrt.4 Zudem umfasst der gewählte Datenbegriff neben der zugrundeliegenden Binärcodierung auch den (in einer Programmiersprache) geschriebenen Quellcode; das Gleiche gilt für das entsprechende Programm oder die konkrete (Text-/Foto/Video-) Datei. Es handelt sich jeweils um die gleichen Daten, die nur in einer anderen (digitalen) Sprache codiert sind. Diese nach der Verkehrsauffassung zusammenhängenden Datengebilde entsprechen dem wirtschaftlichen Gut Daten, welches am Markt gehandelt wird und das für die in Rede stehende insolvenzrechtliche Behandlung ausschlaggebend ist.

5.2

Datenverträge in der Insolvenz

Es sind zahlreiche Datenverträge vorstellbar, bei denen der Nutzer in der Insolvenz des Dienstanbieters nicht mehr auf „seine“ Daten zugreifen kann. Zu nennen sind neben Cloud-Speicher-Diensten, E-Mail- und Messenger-Dienste, Videound Audio-On-Demand-Angebote sowie der Online-Gaming-Sektor. In diesen Kontexten hat der Nutzer in der Insolvenz des jeweiligen Datenverwalters ein Interesse an dem weiteren Zugriff beziehungsweise der Herausgabe der Daten. Ein Zugriff auf die Daten ist indes nur bei der Fortführung der entsprechenden Datenverträge gesichert. Die relevanten insolvenzrechtlichen Normen sind §§ 108, 103 InsO: § 108 Abs. 1 S. 1 InsO ordnet unter anderem für Dienstverträge an, dass sie mit

3 4

Specht, CR 2016, 288, 290; Specht, Konsequenzen der Ökonomisierung, S. 25. Siehe dazu 2.4.3.1.

5.2 Datenverträge in der Insolvenz

217

Wirkung für die Masse auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestehen und insofern das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO entfällt.5 Allerdings ist in der Insolvenz des Dienstverpflichteten eine teleologische Reduktion des § 108 Abs. 1 S. 1 InsO jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Fortführung der betroffenen Dienstverträge die Fortführung des gesamten schuldnerischen Unternehmens erfordert (sog. oktroyierte Unternehmensfortführung).6 Ob ein solcher Fall vorliegt, muss für den konkreten Einzelfall ermittelt werden. Besteht ein Datenvertrag nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fort, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung nach § 103 Abs. 1 InsO wählen, sofern der gegenseitige Vertrag noch nicht (einseitig) erfüllt ist.7 Die Auseinandersetzung mit den §§ 108, 103 InsO hat gezeigt, dass die insolvenzrechtliche Bewertung eines Datenvertrags ohne die vorherige Analyse des jeweiligen Vertragstyps nicht möglich ist. Aus diesem Grund waren die ausgewählten Datenverträge vertragstypologisch einzuordnen: – Ein Cloud-Speicher-Vertrag8 ist als Mietvertrag mit verwahrungsrechtlichen Nebenleistungspflichten einzuordnen. Damit ist er nicht oktroyierte Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Die sonstigen Cloud-Verträge, die regelmäßig einen dienstvertraglichen Schwerpunkt haben, bieten indes ein Beispiel dafür, dass § 108 Abs. 1 S. 1 InsO im Falle einer oktroyierten Unternehmensfortführung nicht anzuwenden ist, sodass auch sonstige CloudVerträge regelmäßig nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbestehen. Aufgrund ihres Dauerschuldcharakters werden allerdings die gegenseitigen Leistungspflichten zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von beiden Vertragspartnern noch nicht (vollständig) erfüllt sein. Der Cloud-(Speicher-) Vertrag kann daher in Folge einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters nach § 103 Abs. 1 InsO mit dem ursprünglichen Inhalt fortgeführt werden, sofern der Insolvenzverwalter ein Interesse am Erhalt des Vertrags hat. In diesem Fall bestehen die Ansprüche aus dem Cloud-(Speicher-)Vertrag als Masseverbindlichkeiten fort. – Der E-Mail-Provider-Vertrag9 besteht als ein typengemischter Vertrag – mit miet- und dienstvertraglichen und gegebenenfalls auch mit werkvertraglichen Elementen – in der Insolvenz des Dienstanbieters ebenfalls nicht nach § 108 5

Siehe 3.1.1. Siehe 3.1.1.2, insbesondere 3.1.1.2.2.4. 7 Siehe 3.1.2. 8 Siehe 3.2.1.1. 9 Siehe 3.3.1. Zur Insolvenz eines Messenger-Anbieters, siehe 3.3.2. 6

218









10

5

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

Abs. 1 S. 1 InsO fort. Sofern § 103 Abs. 1 InsO anwendbar ist, verbleibt aber die Möglichkeit einer Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters. Einen weiteren Anwendungsbereich von Datenverträgen bildet die Bereitstellung von Serien, Filmen, Musik und Hörbüchern (sog. VoD- und AoDVerträge).10 „Kauft“ ein Nutzer einen Film oder ein Hörbuch auf einer Internetplattform, wird die entsprechende Datei entweder auf seinem Laufwerk gespeichert und er kann diese unbegrenzt nutzen oder das Werk ist in die technische Infrastruktur des Plattformanbieters eingebunden. In letzterem Fall ist der Zugriff und die weitere Nutzung des „gekauften“ Werks vom Bestand der Plattform abhängig. Da zur Erfüllung eines Kaufvertrags nach §§ 433, 453 BGB erforderlich ist, dass der Verkäufer dem Käufer die Daten so bereitstellt, dass dieser dauerhaft, uneingeschränkt und unabhängig von Dritten auf die Daten zugreifen kann, eignen sich die §§ 433, 453 BGB nicht als Leitbild für das „Kauf“Modell, bei welchem die dauerhafte Nutzung des Werks vom Fortbestand der technischen Infrastruktur des Plattformanbieters abhängt. Diesem Nutzungsmodell liegt ein Vertrag sui generis mit einseitigen dauerschuldvertraglichen und lizenzrechtlichen Elementen zugrunde. Die technische Besonderheit, dass zum Abspielen des heruntergeladenen Werks die Infrastruktur des Plattformbetreibers weiter bereitgehalten werden muss, hat in der Insolvenz des Anbieters zur Folge, dass der Nutzer nicht länger auf die „gekaufte“ Datei zugreifen kann, da der Vertrag bei diesem Vertriebsmodell nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO fortbesteht und eine Erfüllungswahl wegen einseitiger Erfüllung durch den Nutzer ausscheidet. Im Kontext der Online-Spiele11 kann der einzelne Account des Nutzers einen nicht unerheblichen ideellen und wirtschaftlichen Wert haben; letzteres gilt insbesondere, wenn der Spieler nennenswerte Summen Geld im Rahmen diverser Mikrotransaktionen investiert hat. Die den Online-Spielen zugrundliegenden Verträge sind indes nicht nach § 108 Abs. 1 S. 1 InsO insolvenzfest. In der Insolvenz des Online-Spielanbieters kann der Spieler den Account daher – vorbehaltlich einer möglichen Erfüllungswahl des Verwalters – nicht weiter nutzen.12

Siehe 3.3.3. Siehe 3.3.4. 12 Die überlassene Spielsoftware und die einzelnen virtuellen Gegenstände kann der Spieler nur bei Fortführung der virtuellen Spielwelt weiter nutzen. 11

5.3 Die Aussonderung von Daten

219

Insgesamt hat die Analyse der verschiedenen Datenverträge gezeigt, dass der Nutzer in der Regel keinen andauernden vertraglichen Zugriff auf seine Daten hat.

5.3

Die Aussonderung von Daten

Werden die Datenverträge mit dem Nutzer in der Insolvenz des Datenverwalters nicht fortgeführt, kann der Nutzer die Herrschaft über „seine“ Daten daher nur über die Aussonderung derselben (wieder)erlangen. Um bewerten zu können, ob die Aussonderung von Daten möglich ist, wurde zunächst die rechtliche Zuordnung von Daten umfassend thematisiert. Die Zuordnung von Daten ist nämlich nicht nur von grundsätzlicher gesellschaftlicher und rechtlicher Relevanz, sondern insbesondere auch für die insolvenzrechtliche Behandlung entscheidend: Entweder die Daten „gehören“ dem Schuldner und sind der Insolvenzmasse zuzuordnen (§ 35 Abs. 1 InsO) oder ein Gläubiger hat eine insolvenzfeste Rechtsposition an den Daten, sodass er sie aussondern kann (§ 47 InsO). Die Zuordnung im Insolvenzrecht erfolgt zwar spezifisch haftungsrechtlich, sie orientiert sich aber an der allgemeinen zivilrechtlichen Zuordnung. Da keine rechtliche Regel existiert, die Daten explizit zuweist, wurde an verschiedene bestehende Rechtsinstitute angeknüpft: – Am häufigsten wird das Sachenrecht für die Zuordnung von Daten bemüht; indes ermöglicht es keine ausschließliche Zuordnung von Daten.13 Insbesondere besteht nach ganz überwiegender Auffassung kein Dateneigentum im Sinne von § 903 BGB, da nur Sachen eigentumsfähig und Daten nicht körperlich im Sinne des § 90 BGB sind. – In bestimmten Fällen kann das Immaterialgüterrecht bei der Zuordnungsfrage weiterhelfen.14 Relevanz entfaltet im Datenkontext vor allem das Urheberrecht: Freilich betrifft das nur solche Daten, die Ausdruck einer geistigen Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG sind. Daten können aber auch durch andere Immaterialgüterrechte (mittelbar) geschützt sein, etwa als Patent, Marke oder Design. Dem Inhaber des jeweiligen Immaterialguts sind die betreffenden Daten ausschließlich zugeordnet.

13 14

Siehe 4.2.2.2. Siehe 4.2.2.3.

220

5

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

– Ein ausschließliches Recht an Daten wird hingegen nicht über die Regeln des Geheimnisschutzes nach dem GeschGehG vermittelt;15 der Geheimnisschutz ist insbesondere nicht Teil des Immaterialgüterrechts. Das liegt unter anderem daran, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen von der tatsächlichen Geheimhaltung der Information abhängt; „nicht die geheimen Informationen selbst, sondern lediglich deren ‚Aggregatzustand‘ als Geheimnis [wird] geschützt.“16 – Ein aus dem Datenschutz folgendes Ausschließlichkeitsrecht ist ebenfalls abzulehnen.17 Der Personenbezug genügt nicht für eine vermögensrechtliche Zuweisung der Daten, da für die Zuweisung übertragbarer Rechte grundsätzlich die erbrachte Eigenleistung konstitutiv ist: Datenschutzrechte entstehen jedoch nicht durch eine Eigenleistung, sondern stehen der betroffenen Person bereits kraft ihrer Existenz zu. Aus der bloßen Datenbetroffenheit folgt somit keine rechtliche Zuweisung. Dies folgt im Übrigen auch aus der Zweckbestimmung des Datenschutzrechts: Es dient gemäß Art. 1 Abs. 1 DSGVO vorrangig dem Schutz von Persönlichkeitsrechten. – Schließlich wird auch das Strafrecht als Anknüpfungspunkt für eine Zuordnung von Daten herangezogen.18 Die strafrechtliche Zuordnung erfolgt über den sogenannten Skripturakt: Danach ist derjenige originärer Dateninhaber, der die Daten erzeugt, also die Speicherung oder Übermittlung unmittelbar auslöst. Die verschiedenen Versuche, diese im Strafrecht herrschende Lösung für die Zuordnung von Daten im Zivilrecht fruchtbar zu machen, können jedoch nicht überzeugen; allen voran der Vorschlag ein „Dateneigentum“ analog § 903 BGB zu konstruieren. Die Voraussetzungen einer Analogie sind nicht gegeben; es fehlt eine vergleichbare Interessenlage, da Daten – anders als körperliche Gegenstände – nicht-rival sind. Auf einen Datensatz kann gleichzeitig von unbegrenzt vielen Nutzern zugegriffen werden, da Daten unkompliziert vervielfältigt werden können. An der fehlenden Rivalität von Daten scheitert schließlich auch ein „Datenbesitz“ analog der §§ 854 ff. BGB. Die Anerkennung eines „Datenbesitzes“ des Skribenten würde für die in Rede stehende ausschließliche Güterzuordnung von Daten im Übrigen nicht weiterführen, da der bloße Besitz selbst keine rechtliche Zuordnung schafft. Schließlich konnte auch die aus dem Strafrecht abgeleitete Figur des „Datenverfügungsrechts“ nicht überzeugen. Sie begründet insbesondere kein 15

Siehe 4.2.2.4. Dorner, CR 2014, 617, 623. 17 Siehe 4.2.2.5. 18 Siehe 4.2.2.6. 16

5.3 Die Aussonderung von Daten

221

Ausschließlichkeitsrecht an Daten. Ausschließlichkeitsrechte sind durch negative Abwehrrechte sowie positive Nutzungszuweisungen gekennzeichnet; das Strafrecht schützt den Skribenten indes allein vor den in den Strafnormen aufgeführten Tathandlungen durch unberechtigte Dritte und ist damit allein ein Abwehrrecht. Damit kommt Daten über das Geschäftsgeheimnisgesetz, den Datenschutz und das Strafrecht ein vielseitiger Schutz zu. Da aber kein Ausschließlichkeitsrecht existiert, bleibt die originäre Güterzuordnung von Daten – die nicht die immaterialgüterrechtlichen Voraussetzungen erfüllen – ungeregelt. Insbesondere folgt auch nichts anderes aus § 823 Abs. 1 BGB.19 Ob ein Recht an Daten besteht oder wer dessen Inhaber ist, sind dem Deliktsrecht vorgelagerte Fragen. Da nach der hier vertretenen Auffassung jedoch kein normexternes Ausschließlichkeitsrecht an Daten existiert, muss konsequenterweise auch ein absolutes Recht an Daten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verneint werden. Daraus folgt, dass Daten nicht Rechtsgegenstand sind, da unter den Begriff der Rechtsgegenstände nur solche Objekte fallen, an denen Ausschließlichkeitsrechte bestehen. Indes sind Daten vorrechtlich existierende (sonstige) Gegenstände im Sinne des § 453 Abs. 1 BGB, also unkörperliche Güter, die weder Sachen noch Rechte sind, einen Vermögenswert haben und Gegenstand eines Rechtsgeschäfts sein können.20 Mangels eines einheitlichen und umfassenden Ausschließlichkeitsrechts an Daten ist für die Zuordnung von Daten auf das Vertragsrecht zurückzugreifen.21 Im Rahmen der insolvenzrechtlichen Behandlung von Daten wirkt sich das wie folgt aus: Daten sind nicht Rechtsgegenstand aber vermögenswertes Gut, das am Markt gehandelt wird.22 Die haftungsrechtliche Zuordnung im Insolvenzrecht baut zwar grundsätzlich auf der ausschließlichen Güterzuordnung auf; dass die Aussonderung von Daten dennoch anzuerkennen ist, ergibt sich jedoch aus der folgenden Überlegung: Könnten Daten niemandem haftungsrechtlich zugeordnet werden, könnte auch der Schuldner nicht für sich beanspruchen, dass diese für seine Verbindlichkeiten haften. Dies hätte zur Folge, dass der Insolvenzverwalter Daten, die sich in seinem Herrschaftsbereich befinden, nicht verwerten und zur Gläubigerbefriedigung einsetzen könnte – obwohl sie anerkannt vermögenswertes Gut sind. Eine solche Schlussfolgerung ist weder wirtschaftlich noch rechtlich 19

Siehe 4.2.2.7 Siehe 4.2.3. 21 Siehe 4.2.4. 22 Siehe 4.3. 20

222

5

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

geboten: Auch Daten können als Vermögensbestandteil des Schuldners für seine Verbindlichkeiten haften und sind daher potentieller Massebestandteil gemäß § 35 Abs. 1 InsO. Im Umkehrschluss ist auch die Aussonderungsfähigkeit von Daten anzuerkennen: Sind Daten Gegenstand eines Vertragsverhältnisses und kommt in dieser vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck, dass die Daten nicht der Masse haftungsrechtlich zugeordnet sind, können die betroffenen Daten nach § 47 InsO ausgesondert werden. Die Aussonderung von Daten in der Insolvenz eines Datenverwalters erfolgt – bis auf den Fall von Immaterialgüterrechten – daher allein über persönliche Rechte an den Daten.23 Die Aussonderung von Daten für den Nutzer von CloudSpeicher-Angeboten beziehungsweise von E-Mail- und Messenger-Diensten ist möglich, da diesen Verträgen ein verwahrungsvertraglicher Charakter zukommt.24 Ein Kunde, der Filme oder andere Werke, bei einem Anbieter im Netz „kauft“ (und diese nicht insolvenzfest speichern kann), erhält hingegen keine Rechtsposition, die ihm die Aussonderung der Daten in der Insolvenz des Anbieters ermöglichen würde; daher ist das entsprechende Werk für den Nutzer in diesem Fall verloren.25 Für den Spieler von Online-Spielen stellt sich hingegen die Frage der Aussonderung bereits nicht: Die Spieldaten können zwar theoretisch in der Insolvenz herausverlangt werden, ihnen kommt aber außerhalb der virtuellen Spielwelt kein sinnvoller Verwendungszweck zu.26 Wenngleich das Insolvenzrecht somit Lösungen für den Umgang mit Daten bietet, schafft die Umsetzung der Datenaussonderung im Vergleich zur standardisierten Herausgabe von Sachen neue Herausforderungen.27 Insbesondere kann die Bereitstellung der Daten erhebliche Kosten verursachen. Nichtsdestoweniger sind nach der hier vertretenen Auffassung die Kosten der Datenaussonderung – nicht anders als bei der regulären Aussonderung von Sachen – von der Masse zu tragen. Um die Massebelastung gering zu halten, ist die Aussonderung vom Insolvenzverwalter zu koordinieren und auf diese Weise auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu begrenzen.

23

Siehe 4.4.2. Siehe 4.4.3.1 und 4.4.3.2. 25 Siehe 4.4.3.3. 26 Siehe 4.4.3.4. 27 Siehe 4.5. 24

5.3 Die Aussonderung von Daten

223

Schließlich ist Luxemburg mit seiner Regelung in Art. 567 Abs. 2 des Code de Commerce Vorreiter in Bezug auf eine gesetzliche Implementierung der Datenaussonderung. Allerdings wurde gezeigt, dass eine vergleichbare Regelung für das deutsche Recht nicht erforderlich ist, da die von der luxemburgischen Norm bezweckte Rechtslage bei Anwendung der bestehenden deutschen insolvenzrechtlichen Regeln bereits heute erreicht wird.28

28

Siehe 4.6.

Literaturverzeichnis

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