Kontrolle kirchlichen Verwaltungshandelns 9783534403578, 9783534403592, 9783534403585

Wie kann die Machtausübung kirchlicher Amtsträger kontrolliert werden? Ein Vorschlag des Synodalen Weges ist die Ermögli

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Kontrolle kirchlichen Verwaltungshandelns
 9783534403578, 9783534403592, 9783534403585

Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Hinführung zur Thematik
I. Vollmacht, Teilhabe und Gewaltenunterscheidung: Ein kurzer Überblick über die geltende Rechtslage und ihr lehramtliches Fundament
1. Gewaltenunterscheidung statt Gewaltentrennung
2. Einheit der kirchlichen Vollmacht im Amt des Papstes/Bischofskollegiums sowie des Diözesanbischofs und Partizipation anderer Amtsträger sowie Laien an deren Amtsvollmacht
3. Lehramtliche Grundlage
4. Die Prinzipien der Bischofssynode zur Codexreform
5. Zusammenfassung
II. Die rechtliche Möglichkeit lokale Verwaltungsgerichte einzurichten
1. Die Intention der Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen der Codexreform
2. Status quo: Hierarchische Beschwerde (cann. 1732–1739) und anschließende verwaltungsgerichtliche Klage (Art. 123 Pastor bonus; Art. 34 Lex propria)
2.1. Verwaltungsbeschwerde
2.2. Welche Verfahrensschritte sind zu beachten, um eine Verwaltungsbeschwerde ordnungsgemäß vorzubringen?
2.3. Das Verfahren, das der hierarchische Obere bei der Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde zu beachten hat
2.4. Die Möglichkeit zur Aussetzung des Vollzugs (vgl. can. 1736)
2.5. Wie ist mit entstandenem Schaden umzugehen?
2.6. Verwaltungsklage
2.7. Vom Mehrwert einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen
3. Lokale Verwaltungsgerichte im CIC: Die Interpretation der cann. 1400 § 2 sowie 149 § 2
4. Die Kompetenz zur Errichtung lokaler Verwaltungsgerichte
4.1. Kann die Bischofskonferenz eine Zuständigkeit in der Sachfrage beanspruchen?
4.2. Kann die Apostolische Signatur die Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit approbieren?
4.3. Bedarf es einer Intervention des Gesetzgebers zur Einführung lokaler Verwaltungsgerichte?
4.4. Conclusio
5. Das Verhältnis einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur
5.1. Ausrichtung und Bindung lokaler Verwaltungsgerichte an der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Apostolischen Signatur
5.2. Möglichkeit der Berufung an den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur
5.3. Gerichtsaufsicht der Apostolischen Signatur über lokale Verwaltungsgerichte
6. Zusammenfassung und Ausblick
III. Theologische Skizzen zur Begründung kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit
1. Weshalb die vorgebrachten theologischen Argumente gegen eine lokale Verwaltungs gerichtsbarkeit nicht stichhaltig sind
2. Skizzen einer theologischen Grundlegung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit
2.1. Aspekte theologischer Anthropologie
2.2. Aspekte einer Theologie des gemeinsamen Priestertums
2.3. Aspekte einer Theologie des Amtes
2.4. Aspekte einer Communio-Ekklesiologie
2.5. Aspekte einer Theologie der Synodalität
2.6. Aspekte einer petrinischen Theologie
3. Zusammenfassung
IV. Die jeweils spezifische Sendung von Verwaltung und Rechtsprechung im Dienst der Verwirklichung der kirchlichen Communio: Voraussetzungen, Verfahrensfragen, Perspektiven
1. Grenzen verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung
1.1. Beschränkung auf Verwaltungsentscheidungen, die mit ausführender Gewalt erlassen wurden
1.2. Beschränkung auf das persönliche rechtliche Interesse sowie das forum externum
1.3. Beschränkung auf bloße Rechtmäßigkeitsüberprüfung
2. Die Verwaltung als Dienst zur Verwirklichung der kirchlichen Communio
2.1. Förderung einer aufmerksamen Rechtskultur kirchlichen Verwaltungshandelns
2.2. Entscheiden ist alles andere als Willkür: Ein Blick in das geltende Recht
2.3. Möglichkeiten einer „arteigenen Rechtsprechung innerhalb der Verwaltung“
3. Ein berechtigtes Nebeneinander von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Ein Blick in das Codex-Entwurfsschema 1982
4. Exkurs: Die Errichtung von Strafgerichtshöfen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz
5. Zusammenfassung
V. Ein kritischer Blick auf neuere Entwicklungen
1. Fehlende verwaltungsgerichtliche Überprüfung bei Strafen, die bei delicta graviora von der Glaubenskongregation auf dem Verwaltungsweg verhängt werden
2. Die Sonderbefugnisse einiger Kongregationen
3. Die Amtsenthebung von Bischöfen und Höheren Oberen
4. Die zunehmende Tendenz einiger Dikasterien des Heiligen Stuhls, päpstliche Entscheidungen herbeizuführen
5. Die Instruktion Cor Orans über die kontemplativen Nonnenklöster
6. Zusammenfassung
Ausblick
Anhang
1. Entwurfsschema Codex Iuris Canonici 1982
2. Verwaltungsgerichtsordnung der Würzburger Synode
1. Teil: Gerichtsverfassung
2. Teil: Verfahren
Bibliographie
Quelle
Zweites Vatikanisches Konzil
Bischofssynode
Päpstliche Dokumente
Dokumente des Heiligen Stuhls
Rechtsprechung der Apostolischen Signatur
Sonstige Quellen
Hilfsmittel
Sekundärliteratur
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Matthias Ambros

Kontrolle kirchlichen Verwaltungshandelns

Matthias Ambros

Kontrolle kirchlichen Verwaltungshandelns Ein Beitrag zur Diskussion um die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnd.d-nb.de abrufbar

wbg Academic ist ein Imprint der wbg © 2020 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Satz und eBook: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-40357-8 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-40359-2 eBook (epub): 978-3-534-40358-5

Inhalt Vorwort.............................................................................................................................9 Abkürzungsverzeichnis................................................................................................13 Hinführung zur Thematik............................................................................................14 I. Vollmacht, Teilhabe und Gewaltenunterscheidung: Ein kurzer Überblick über die geltende Rechtslage und ihr lehramtliches Fundament......................20 1. Gewaltenunterscheidung statt Gewaltentrennung....................................... 21 2. Einheit der kirchlichen Vollmacht im Amt des Papstes/ ​Bischofskollegiums sowie des Diözesanbischofs und Partizipation anderer Amtsträger sowie Laien an deren Amtsvollmacht......................... 23 3. Lehramtliche Grundlage.................................................................................. 24 4. Die Prinzipien der Bischofssynode zur Codexreform................................. 27 5. Zusammenfassung............................................................................................ 29 II. Die rechtliche Möglichkeit lokale Verwaltungsgerichte einzurichten..............30 1. Die Intention der Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen der Codexreform......................................................................... 31 2. Status quo: Hierarchische Beschwerde (cann. 1732–1739) und anschließende verwaltungsgerichtliche Klage (Art. 123 Pastor bonus; Art. 34 Lex propria).......................................................................................... 35 2.1. Verwaltungsbeschwerde........................................................................... 35 2.2. Welche Verfahrensschritte sind zu beachten, um eine Verwaltungsbeschwerde ordnungsgemäß vorzubringen?.................... 39 2.3. Das Verfahren, das der hierarchische Obere bei der Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde zu beachten hat............................... 40 2.4. Die Möglichkeit zur Aussetzung des Vollzugs (vgl. can. 1736)........... 42 2.5. Wie ist mit entstandenem Schaden umzugehen?.................................. 45 2.6. Verwaltungsklage....................................................................................... 46 2.7. Vom Mehrwert einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen............................................................ 48 3. Lokale Verwaltungsgerichte im CIC: Die Interpretation der cann. 1400 § 2 sowie 149 § 2............................................................................ 50 5

4. Die Kompetenz zur Errichtung lokaler Verwaltungsgerichte..................... 57 4.1. Kann die Bischofskonferenz eine Zuständigkeit in der Sachfrage beanspruchen?......................................................................... 58 4.2. Kann die Apostolische Signatur die Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit approbieren?.............................................. 59 4.3. Bedarf es einer Intervention des Gesetzgebers zur Einführung lokaler Verwaltungsgerichte?................................................................... 59 4.4. Conclusio.................................................................................................... 61 5. Das Verhältnis einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur....................................... 61 5.1. Ausrichtung und Bindung lokaler Verwaltungsgerichte an der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Apostolischen Signatur...... 62 5.2. Möglichkeit der Berufung an den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur............................................................................. 63 5.3. Gerichtsaufsicht der Apostolischen Signatur über lokale Verwaltungsgerichte.................................................................................. 66 6. Zusammenfassung und Ausblick.................................................................... 67 III. Theologische Skizzen zur Begründung kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit....................................................................................70 1. Weshalb die vorgebrachten theologischen Argumente gegen eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht stichhaltig sind............................ 71 2. Skizzen einer theologischen Grundlegung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit............................................................................. 75 2.1. Aspekte theologischer Anthropologie.................................................... 76 2.2. Aspekte einer Theologie des gemeinsamen Priestertums.................... 77 2.3. Aspekte einer Theologie des Amtes......................................................... 78 2.4. Aspekte einer Communio-Ekklesiologie................................................ 80 2.5. Aspekte einer Theologie der Synodalität................................................ 81 2.6. Aspekte einer petrinischen Theologie..................................................... 82 3. Zusammenfassung............................................................................................ 84 IV. Die jeweils spezifische Sendung von Verwaltung und Rechtsprechung im Dienst der Verwirklichung der kirchlichen Communio: Voraussetzungen, Verfahrensfragen, Perspektiven.............................................................................85 1. Grenzen verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung..................................... 87 1.1. Beschränkung auf Verwaltungsentscheidungen, die mit ausführender Gewalt erlassen wurden........................................................... 87 6

2.

3.

4. 5.

1.2. Beschränkung auf das persönliche rechtliche Interesse sowie das forum externum.................................................................................. 90 1.3. Beschränkung auf bloße Rechtmäßigkeitsüberprüfung....................... 93 Die Verwaltung als Dienst zur Verwirklichung der kirchlichen Communio.......................................................................................................... 94 2.1. Förderung einer aufmerksamen Rechtskultur kirchlichen Verwaltungshandelns................................................................................ 94 2.2. Entscheiden ist alles andere als Willkür: Ein Blick in das geltende Recht..........................................................................................100 2.3. Möglichkeiten einer „arteigenen Rechtsprechung innerhalb der Verwaltung“.......................................................................................112 Ein berechtigtes Nebeneinander von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Ein Blick in das Codex-Entwurfsschema 1982...................................................................................................................115 Exkurs: Die Errichtung von Strafgerichtshöfen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz.......................................................................120 Zusammenfassung..........................................................................................124

V. Ein kritischer Blick auf neuere Entwicklungen................................................. 127 1. Fehlende verwaltungsgerichtliche Überprüfung bei Strafen, die bei delicta graviora von der Glaubenskongregation auf dem Verwaltungsweg verhängt werden................................................................131 2. Die Sonderbefugnisse einiger Kongregationen...........................................133 3. Die Amtsenthebung von Bischöfen und Höheren Oberen.......................135 4. Die zunehmende Tendenz einiger Dikasterien des Heiligen Stuhls, päpstliche Entscheidungen herbeizuführen................................................136 5. Die Instruktion Cor Orans über die kontemplativen Nonnenklöster......137 6. Zusammenfassung..........................................................................................138 Ausblick....................................................................................................................... 139 Anhang........................................................................................................................ 142 1. Entwurfsschema Codex Iuris Canonici 1982..............................................142 [Schema Novissimum CIC 1982].................................................................142 2. Verwaltungsgerichtsordnung der Würzburger Synode.............................156 1. Teil: Gerichtsverfassung..........................................................................157 2. Teil: Verfahren..........................................................................................167 7

Bibliographie............................................................................................................... 192 Quellen...................................................................................................................192 Zweites Vatikanisches Konzil........................................................................192 Bischofssynode:...............................................................................................192 Päpstliche Dokumente:..................................................................................192 Dokumente des Heiligen Stuhls:...................................................................193 Rechtsprechung der Apostolischen Signatur:.............................................194 Sonstige Quellen:............................................................................................194 Hilfsmittel...............................................................................................................195 Sekundärliteratur...................................................................................................195

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Vorwort „Eine Verwaltung, die Vorschriften missachtet, Dilettanten anstelle von Fachleuten einsetzt, ihre Entscheidungen nicht dokumentiert und nachvollziehbar macht, überhaupt heute so und morgen so entscheidet und ansonsten nicht erkennen lässt, wer auf welchem Sachgebiet eigentlich wofür zuständig und verantwortlich ist, wäre ein Albtraum“1

Damit dieser fiktive Albtraum des Verwaltungswissenschaftlers Wolfgang Seibel in der Kirche nicht Wirklichkeit wird, braucht es das Bewusstsein, dass Verwaltung nicht nur ein sekundäres Aufgabenfeld ist, für das Bischöfe und Pfarrer neben vielen anderen Kompetenzen, die ihnen zukommen, auch noch nebenbei Verantwortung tragen. Verwaltung ist vielmehr als Ausübung des munus regendi ein Dienst für die kirchliche Gemeinschaft, der zum Wesen des Priestertums Christi gehört und damit konstitutiv für die Kirche selber ist. Wie die Ausübung einer korrekten, gerechten und effizienten Verwaltung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft gewährleistet werden kann, beschäftigt mich seit geraumer Zeit. Einzelne Gedankenschritte, die Abwägung verschiedener Argumente und die Erarbeitung von Optimierungsvorschlägen, die in verschiedenen Veröffentlichungen an anderer Stelle bereits vorgetragen wurden, fließen in diese Abhandlung mit ein.2

Wolfgang Seibel, Verwaltung verstehen. Eine theoriegeschichtliche Einführung, Berlin 20172, 153. 2 Das grundsätzliche Interesse am Thema ist im Rahmen meines Promotionsstudiums entstanden. In meiner Dissertation (Matthias Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Effizienz des kirchlichen Rechtsschutzes gemessen an 1

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Ausgehend von der Grundüberzeugung, dass auch die Rechtsprechung einen spezifischen ekklesialen Dienst leistet, möchte diese Studie untersuchen, ob die Errichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Ortskirche ein wirksames Instrumentarium sein könnte, um die Qualität kirchlicher Verwaltung zu sichern und gegebenenfalls zu heben – um des Wesens der Kirche selbst willen. Ein nüchterner Blick auf die kirchliche Rechtskultur, die sich im konkreten Verfahrens- und Prozessrecht widerspiegelt, darf nicht fehlen, um adäquate Verbesserungsvorschläge einsichtig zu machen. Die Abhandlung gliedert sich in fünf Kapitel: Im ersten Kapitel wird ein kurzer Überblick über die geltende Rechtslage und deren lehramtliche Grundlage zum Wesen und den Trägern kirchlicher Vollmacht, Partizipation und Gewaltenunterscheidung gegeben. Das zweite Kapitel diskutiert die zentrale Fragestellung dieser Untersuchung, d. h. die rechtliche Möglichkeit, Verwaltungsgerichte auf lokaler Ebene einzurichten. Im dritten Kapitel wird eine theologische Skizze zur Begründung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgelegt. Das vierte Kapitel versucht die unterschiedliche Aufgabenstellung von Verwaltung und Rechtsprechung, die in unterschiedlichen Bereichen zum Wohl der kirchlichen Gemeinschaft, die sich auch im jeweiligen Verfahrensrecht widerspiegelt, vorzustellen. Das fünfte Kapitel wagt schließlich einen kritischen Blick auf jüngere Entwicklungen des kirchlichen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechtes und deren Auswirkungen auf die kirchliche Rechtskultur. Ein abschließender Ausblick rundet die Untersuchung ab und will zum weiterführenden Diskurs anregen. Im Anhang wird das Entwurfsschema des Codex Iuris Canonici von 1982, das als letztes eine Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz vorsah, in lateinischer Sprache als Quellentext abgedruckt und mit einer deutschen Übersetzung versehen, um ihn auf diese Weise einem breiteren Leserkreis bekanntmachen zu können. In diesem Zusammenhang darf auch der Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung der Gemeinsamen Synode der Deutschen Bistümer nicht fehlen, um eine weiterführende Diskussion anhand der einschlägigen Rechtstexte zu erleichtern.

einem Passauer Patronatsstreit, Paderborn 2016) habe ich mich intensiv mit dem juridischen System der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit auseinandergesetzt und vor allem dessen Stärken und Schwächen herausgearbeitet. 10

Dieses Buch tritt nicht in die mittlerweile aufgeflammte Diskussion ein, ob und wie der synodale Weg in Deutschland abzulaufen hat. Es versteht sich lediglich als kanonistischer Beitrag zu der immer aktuellen und kontrovers diskutierten Fragestellung, inwiefern kirchliches Recht und rechtliche Strukturen dem Wesen der Kirche dienen und mithelfen, dass Kirche ihre von Christus empfangene Sendung erfüllen kann. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass die Leser dieser Studie nachvollziehen können, dass Aufbau und Arbeitsweise kirchlicher Verwaltung und kirchlicher Gerichte nicht nur bloße Strukturfragen sind, sondern unter dem Anspruch stehen, selbst der Verkündigung des Evangeliums zu dienen. Indem sich dieses Buch nicht in der Diskussion von Spezialfragen verliert, sondern als Einführung in die Thematik versteht, die sich nicht nur an Fachexperten des Kirchenrechts richtet, soll auch das Interesse von Leserinnen und Lesern geweckt werden, die sich über die im Gang befindliche Diskussion um die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz grundlegend informieren wollen. Dieses Buch will hierzu einen kleinen Beitrag liefern und ein Denkanstoß sein, wenn die Themen „Macht, Partizipation und Gewaltenteilung“3 besprochen werden. Darüber hinaus kann es demjenigen, der in irgendeiner Form als Amtsträger für das Wohl der kirchlichen Gemeinschaft Verantwortung trägt, ein Reflexionsanstoß für sein eigenes Handeln sein. Es kann als Erstinformation für den Verwaltungskanonisten dienen, der den Bischof, Generalvikar, Ordensoberen oder Verbandsvorsitzenden beraten soll, wenn sich ein Gläubiger mit einer Verwaltungsentscheidung nicht einverstanden zeigt. Schließlich will die Studie das Interesse derjenigen wecken, die sich damit beschäftigen wollen, wie Kirche die berechtigten rechtlichen Interessen ihrer Gläubigen schützt und welche Perspektiven sich aus der möglichen Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenzen ergeben könnten.

3

Ein Forum des synodalen Weges sollte zunächst diesen Titel tragen, das laut veröffentlichtem Satzungsentwurf vom 29. Oktober 2019 (Quelle: https://​www.dbk.de/​fileadmin/​ redaktion/​diverse_​downloads/​presse_​2019/​2019-178a-Satzung-Synodaler-Weg.pdf) nunmehr in „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ umbenannt wurde. Anstelle von „Gewaltenteilung“ ist sinnvoller Weise von „Gewaltenunterscheidung“ zu sprechen, da die Einheit der kirchlichen Vollmacht im Amt des Papstes/​Bischofskollegiums und des Diözesanbischofs zum Wesen der Kirche gehört und damit ius divinum ist. 11

In besonderer Weise möchte ich mich bei G. Paolo Montini, Professor an der Päpstl. Universität Gregoriana, bedanken, der mich als profunder Kenner von Gerichtspraxis und Rechtsprechung der Apostolischen Signatur wie schon im Rahmen meines Promotionsstudiums so auch jetzt wieder mit seinen wertvollen Hinweisen beim Schreiben dieses Buches unterstützt hat. Mein Dank gilt ebenso Prof. Ulrich Rhode sj, dem Dekan der Kanonistischen Fakultät der Päpstl. Universität Gregoriana, für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Melanie Rosenbaum bin ich für das Korrekturlesen zu Dank verpflichtet. Rom, im Dezember 2019 Matthias Ambros

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Abkürzungsverzeichnis AfkKR can. cann. CUMA DBK ed. hg. Id. i. V. m. KuR LKStKR MIDI MP Periodica QDE RGCR VApSt

Archiv für katholisches Kirchenrecht Canon Canones MP Come una madre amorevole Deutsche Bischofskonferenz Editor/​Editores (Herausgeber) Herausgegeben Idem in Verbindung mit Kirche & Recht. Zeitschrift für die kirchliche und staatliche Praxis Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht MP Mitis Iudex Dominus Iesus Motu proprio Periodica de re canonica Quaderni di diritto ecclesiale Regolamento generale della Curia Romana/​Grundordnung der Römischen Kurie Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, hg. von der DBK

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Hinführung zur Thematik „Wir wissen um die Fälle klerikalen Machtmissbrauchs. Er verrät das Vertrauen von Menschen auf der Suche nach Halt und religiöser Orientierung. Was getan werden muss, um den nötigen Machtabbau zu erreichen und eine gerechtere und rechtlich verbindliche Ordnung aufzubauen, wird der synodale Weg klären. Der Aufbau von Verwaltungsgerichten gehört dazu,“4

lautete das abschließende Pressestatement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz,5 Kardinal Reinhard Marx, nach der Frühjahrsvollversammlung der DBK am 14. März 2019. In der Sitzung wurde demnach der Beschluss gefasst, „eine Ordnung für Verwaltungsgerichte im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zu erarbeiten.“6 In der Tat ist Macht, selbst wenn sie innerkirchlich als „heilige Vollmacht“ (potestas sacra) und damit theologisch legitimiert wird, anfällig für Grenzüberschreitungen. Kontrollmechanismen, Aufsichtsorgane und Gerichte, wie sie in staatlichen Rechtssystemen heute Standard sind, könnten auch innerkirchliche Lösungsstrategien sein, vor allem auch deshalb, weil es diesbezüglich Anknüpfungspunkte in der kirchlichen Lehr- und Rechtstradition gibt.7 Obwohl im Rahmen der Reform des kirchlichen

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5 6 7

Reinhard Kardinal Marx, Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. März 2019 in Lingen, in: https://​www. dbk.de/​f ileadmin/​redaktion/​diverse_​downloads/​presse_​2019/​2019-040-Pressebericht-FVV-Lingen.pdf, 7 [abgerufen am 9. Dezember 2019]. Im Folgenden abgekürzt: DBK. Pressebericht, 3. Vgl. hierzu insbesondere die rechtshistorische Studie von Heribert Schmitz, Appellatio extraiudicialis. Entwicklungslinien einer kirchlichen Gerichtsbarkeit über die Verwaltung im Zeitalter der klassischen Kanonistik (1140–1348), München 1970. 14

Gesetzbuches, die nach Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils in Gang kam, wertvolle Impulse in diese Richtung gesetzt wurden, ist die Beteiligung von Organen der Mitverantwortung, Sachverständigen und den von einer Verwaltungsentscheidung betroffenen Gläubigen bisweilen immer noch keine Selbstverständlichkeit. Neuerdings wird die Forderung zur Errichtung lokaler Verwaltungsgerichte im Kontext der Missbrauchsprävention sowie -aufklärung genannt, wobei in diesem Zusammenhang die Errichtung von Strafgerichtshöfen und die Aus- und Fortbildung von Strafrechtsexperten die adäquatere Antwort sein dürfte. Auch dieser Frage soll in einem Exkurs im Rahmen dieser Studie nachgegangen werden. Welche konkreten Fälle aus dem kirchlichen Alltag aber muss man vor Augen haben, wenn man die Errichtung kirchlicher Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenz diskutiert? – Ein Kirchenvorstand beschließt beispielsweise, dass eine Kirche, die sich auf dem Pfarrgebiet befindet, abgerissen werden soll. Der Verkauf des Grundstücks, auf dem die Kirche steht, wurde bereits besiegelt. Die Verträge sind unterschrieben. Von der Entscheidung erfahren die Gläubigen aus der regionalen Zeitung. In der Pfarrei, in der noch die Generation lebt, die den Kirchenbau vorangetrieben, persönliche Arbeitsleistungen eingebracht und zur Finanzierung durch Spenden beigetragen hat, regt sich Protest gegen den Abriss der Kirche. Auch der kirchliche Rechtsweg wird von den Gläubigen in Betracht gezogen. – Ein Diözesanbischof beschließt eine pastorale Strukturreform. Ehemals 1000  Pfarreien, die heute schon in 400  Pfarreiengemeinschaften zusammengeschlossen sind, sollen auf 40 Pfarreien reduziert werden. Sowohl bei den 400 Priestern, die derzeit Pfarrer sind, als auch bei vielen Gläubigen, die sich in den Veränderungsprozess nicht eingebunden fühlen, wächst Unmut. Sie fürchten um die Lebendigkeit ihrer Pfarreien und wollen nicht akzeptieren, dass sie ihren Pfarrer höchstens einmal im Jahr im örtlichen Gottesdienst erleben. Zudem fragt man sich, ob dieser radikale Eingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht: Ein Fall für das kirchliche Verwaltungsgericht. – Ein Generalvikar teilt einem Gläubigen mit, dass dieser für die anstehende Kirchenverwaltungswahl das passive Stimmrecht verliert, weil er die Wahlvoraussetzungen nicht erfülle. Da dies vom Betroffenen als Unrecht empfunden wird, wehrt er sich dagegen mit rechtlichen Mitteln. 15

– Einer Religionslehrerin wird vom Bischof die missio canonica zur Erteilung des Unterrichts entzogen, da sie sich der letzten Visitation durch den bischöflichen Schulbeauftragten verweigert hat. Die Lehrerin hält dieses Vorgehen für unverhältnismäßig, da sie der Auffassung ist, dass sie seit Jahren einen bewährten und soliden Unterricht verantwortet, und will deshalb beim Verwaltungsgericht klagen. – In einem deutschen Bistum steht die Wahl zum Kirchenvorstand an. Diejenigen, die bei der Kommunalverwaltung einen Sperrvermerk im Hinblick auf die Weitergabe persönlicher Daten eingetragen haben, bekommen keine Benachrichtigung über die Wahl, was zur Folge hat, dass sie de facto ihr Wahlrecht verlieren. Vor einem kirchlichen Verwaltungsgericht könnten Betroffene ihre Rechte geltend machen. – Die Statuten einer Philosophisch-Theologischen Hochschule sehen vor, dass ein außerordentlicher Professor nach drei Jahren Lehr- und Forschungstätigkeit den Antrag auf Beförderung zum ordentlichen Professor stellen kann und, wenn die Voraussetzungen geben sind, zum Ordinarius zu ernennen ist. Auf den Antrag, den er an den Dekan richtet, erhält der Professor keine Antwort. Auf die Beschwerde, die er an den Rektor der Hochschule richtet, erhält er ebenfalls keine Antwort. Der Großkanzler lässt ihm mündlich mitteilen, dass er sich in die internen Angelegenheiten der Hochschule nicht einmischen will. – Der Studiendekan einer kirchlichen Theologischen Fakultät verweigert die Anerkennung von Studienleistungen, die an einer anderen Fakultät erbracht wurden, mit der Begründung, dass die ECTS-Punkte nicht übereinstimmen. Anstatt eines schematischen Vergleichs und der Orientierung an den erreichten Kompetenzen wird nur das eigene Curriculum als Vergleichsmaßstab für die Anerkennung von Studienleistungen im konkreten Fall angewandt. Mit Verweis auf die Lissabon-Konvention rekurriert der Studierende an den Heiligen Stuhl. – Der Vorstand eines kirchlich anerkannten Vereins beschließt den Ausschluss eines Mitglieds. Die betroffene Person vertritt die Meinung, dass es hierfür keinen Grund gibt, der in den Statuten vorgesehen ist. Sie will deshalb die Entscheidung anfechten. – Eine Ordensschwester erhält von ihrer neu gewählten Oberin, mit der sie gemeinsam im Noviziat war und mit der sie seitdem zwischenmenschliche 16

Schwierigkeiten und Anspannungen hatte, ein Schreiben, wonach jene die Gültigkeit ihrer Ordensprofess anzweifelt und sie deshalb das Ordenshaus am Monatsende zu verlassen habe. Die Schwester, die um dieses plötzlichen Rachefeldzugs willen aus allen Wolken fällt und ihre Ordensberufung in ungerechter Weise bedroht sieht, will mit allen rechtlichen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen, dagegen vorgehen. All diese Fälle können nur beispielhaft andeuten, wie sich innerhalb der Kirche Streitigkeiten anbahnen und wie sie ausgetragen werden. Gemeinsam ist ihnen, dass irgendwer, der in irgendeiner Form Verantwortung in der Kirche hat, weil er ein bestimmtes Amt ausübt, durch seine Entscheidungen, selbst wenn sie letztlich rechtlich und sachlich nicht zu beanstanden sind, dennoch eine Beschwernis beim Adressaten bewirken kann. Der oftmals in der Diskussion angeführte Begriff des „Klerikalismus“ ist deshalb in einer Kirche der unterschiedlichen Berufungen und reichen Vielfalt unterschiedlicher Dienste zu kurz gegriffen, falls er sich bloß auf Kleriker beziehen will, wie die oben genannten Beispiele versucht haben, die Problemlage zu beschreiben. Unbeschadet der besonderen Rolle, die im Ämtergefüge der kirchlichen Verfassung Diözesanbischof und Pfarrer innehaben, werden Entscheidungen innerhalb der Kirche von Männern wie Frauen, von Klerikern wie Laien getroffen. Bischof, Generalvikar und Pfarrer, Priester und Diakon, Ordensoberin und Ordensoberer, Vereinsvorsitzende und Vereinsvorsitzender, kollegiale Leitungsgremien und Organe der Mitverantwortung können durch ihr Handeln oder Nichthandeln Situationen bewirken, die eine rechtliche Beschwernis bei einem Gläubigen hervorrufen können. Die Forderung zur Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist dabei in diesem Zusammenhang nichts Neues. Sie wurde von verschiedenen Kanonisten seit Jahren immer wieder vorgetragen.8 Recht und rechtliche Struk-

8

Vgl. z. B.: Klaus Lüdicke, Kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland. Zur Lage 20 Jahre nach dem Beschluß der Gemeinsamen Synode, in: Heinrich J. F. Reinhardt, Theologia et Ius Canonicum. Festgabe für Heribert Heinemann zur Vollendung seines 70. Lebensjahres, Essen 1995, 433–446; Dominicus M. Meier, Verwaltungsgerichte für die Kirche in Deutschland? Von der gemeinsamen Synode 1975 zum Codex Iuris Canonici 1983, Essen 2001; Matthias Pulte, Die Schaffung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit für die deutschen Diözesen. Ein bleibendes Desiderat aus der Kodifikationsgeschichte zum CIC/​1983, in: Wilhelm Rees – Sabine Demel – Ludger Müller, ed., 17

turen wollen Macht und Ausübung von Macht ordnen und austarieren. Mit Bernhard Welte kann man nämlich aus rechtsphilosophischer Sicht sagen: „Wo das Welt-Dasein des mitmenschlichen Wir als Macht hervortritt, da ist sie auch die ausgezeichnete Stelle, an der Macht durchsichtig wird auf ein sie innerlich belebendes Prinzip hin, welches sie als menschliche Macht ideell konstituiert. Wir nennen dieses ideell die menschliche Macht konstituierende Prinzip das Recht.“9 Doch ist mit der Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit als rechtliches Instrumentarium zur Ordnung der Macht so ohne Weiteres zu rechnen? Ist dieses Vorhaben einfach umsetzbar? Diesem Fragekomplex will sich dieses Buch primär zuwenden. Dabei soll keine spekulative Abhandlung vorgelegt werden, sondern der Ausgangspunkt ist die durch die DBK wieder neu aufgeworfene und damit praxisrelevante kanonistische Fragestellung: Ist es rechtlich möglich, Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenz einzurichten? Eine Analyse des geltenden Rechts, der Rekurs auf die Arbeiten der Codexreformkommission sowie die Bezugnahme auf die Praxis des Obersten Gerichtshofs der Apostolischen Signatur sind notwendig, um eine solide und verantwortbare Antwort geben zu können. Dabei darf auch nicht fehlen, das geltende Recht, das die Rechtsbehelfe der Verwaltungsbeschwerde sowie der Verwaltungsklage kennt, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Apostolischen Signatur, darzustellen. Um den Rahmen dieser Untersuchung nicht zu sprengen, können Einzelaspekte, die in der Kanonistik kontrovers diskutiert werden, zwar angedeutet, aber nicht detailliert analysiert werden. Die Skepsis gegenüber Recht in der Kirche, die sich teils latent, teils offen zeigt, spielt auch eine Rolle, wenn es um die Frage nach der rechtlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen kirchlicher Amtsträger geht. Die Theologie hat sich

9

Im Dienste von Kirche und Wissenschaft. Festschrift für Alfred Hierold zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Berlin 2007, 771–788; Alfred E. Hierold, Recursus ab abusu. Plädoyer für eine Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche, in: Ludger Müller – Wilhelm Rees, ed., Geist – Kirche – Recht. Festschrift für Libero Gerosa zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Berlin 2014, 285–293; Burkhard J. Berkmann, Mehr Subsidiarität im Kirchenrecht. Bischofskonferenzen und Verwaltungsgerichte, in: Concilium 52 (2016) 604–612; Thomas Mitschke-Kollande, Sonne der Gerechtigkeit. Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche, in: Stimmen der Zeit 237 (2019) 304–311. Bernhard Welte, Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht. Eine philosophische Untersuchung und eine theologische These dazu, Freiburg 19652, 21. 18

dieser Problematik bislang kaum oder überhaupt nicht gewidmet, obwohl sich im Themenkomplex Amtsträger versus Gläubiger, (Voll)macht versus Machtkontrolle, Einheit der Vollmacht versus Unterscheidung der Funktionen und Funktionsträger, Verantwortung versus Mitverantwortung, der Ernstfall praktischer Ekklesiologie zeigt. Wenigstens ansatzweise darf daher nicht fehlen, im Rahmen dieser Studie zumindest skizzenhaft eine theologische Legitimierung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche zu erarbeiten. Schließlich kann man nicht über Verwaltungsgerichte reden, wenn man nicht auch die Verwaltung und ihre Zweckbestimmung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft in den Blick nimmt. Deshalb wird diesem Thema ebenfalls ein breiter Raum eingeräumt. Dabei lässt sich die folgende Untersuchung von der Perspektive der Reformprinzipien der Bischofssynode von 1967 leiten, die sie für die Überarbeitung des kirchlichen Gesetzbuches nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil vorgelegt hat und die von ihrer Aktualität bis heute nichts an Bedeutung eingebüßt haben. Die klare Unterscheidung kirchlicher Vollmacht in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung, die durch die Etablierung und Professionalisierung entsprechender Organe eine konkrete Ausdrucksform finden muss, ist jedoch selbst fünfzig Jahre nach Abschluss der Synode keineswegs erreichter Standard. Der synodale Weg, der von der Deutschen Bischofskonferenz angestoßen wurde, kann daher eine Etappe sein, um zu überlegen, wie auf Ebene der Bistümer in Deutschland die Rechtskultur in der Kirche noch vertiefter als bisher gefördert werden kann.

19

I. Vollmacht, Teilhabe und Gewaltenunterscheidung: Ein kurzer Überblick über die geltende Rechtslage und ihr lehramtliches Fundament „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mk 10,45)

Die Entstehung der modernen Rechtssysteme in Europa ist einer gegenseitigen Befruchtung von Kanonistik und Zivilrecht zu verdanken. Dennoch ist die Entwicklung eines systematischen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts in staatlichen Rechtssystem ein eher spätes Phänomen, bei dem die Kanonistik keinen Einfluss mehr auf das staatliche Recht ausüben konnte. So wurde erst im 19. Jahrhundert der Begriff Verwaltungsakt ein Oberbegriff für hoheitliches, obrigkeitliches Handeln, verbunden mit dem Zweck, das Niveau rechtlicher Standards für das Handeln der Verwaltung zu heben und um ähnliche Rechtsschutzmöglichkeiten zu bieten, wie sie im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit längst gegeben waren. Auf diese Weise gaben durch Rechtslehre und ihre Anwendung in der Praxis moderne rechtsstaatliche Prinzipien auch der Kanonistik einen wesentlichen Impuls, auch wenn das staatliche Recht nicht vorbehaltlos auf die Kirche übertragen werden konnte und man dies auch heute nicht kann. 20

1. Gewaltenunterscheidung statt Gewaltentrennung

Von diesen Entwicklungen im staatlichen Recht beeinflusst, haben Kanonisten wie z. B. Klaus Mörsdorf versucht, in der Besinnung auf die eigene Rechtstradition im Hinblick auf das kirchliche Gesetzbuch von 1917 (CIC/​1917) zwar keine Gewaltentrennung wie im modernen Rechtsstaat für die Kirche herleiten zu wollen, aber zumindest versucht, eine Gewaltenunterscheidung aufzuzeigen. Dabei wurde insbesondere auf zwei Normen verwiesen: can. 201 sowie can. 335 § 1 CIC/​ 1917. Can.  201 unterscheidet in §  2 die richterliche Gewalt (potestas iudicialis) von der nicht-richterlichen Gewalt (potestas voluntaria seu non-iudicialis). In dieser Zweiteilung sieht Mörsdorf die aus dem römischen Recht in die im 17. und 18. Jahrhundert in die Kanonistik übernommene Unterscheidung von streitiger und freiwilliger Rechtspflege (iurisdictio contentiosa – voluntaria). Der bekannte Münchner Kirchenrechtsprofessor kritisierte, dass der Begriff der iurisdictio contentiosa viel zu sehr auf die Ausübung richterlicher Tätigkeit engführend interpretiert und alle anderen Funktionen als freiwillige Rechtspflege angesehen wurden. Mörsdorf stellte die Auffassung in Frage, wonach es völlig ausreichend sei, wenn in der Kirche lediglich zwei unterschiedliche Ausdrucksformen der Vollmacht unterschieden werden. Um diese Argumentation zu stützen, nahm Mörsdorf Bezug auf can. 335 § 1 CIC/​1917, der dem Bischof gesetzgebende, rechtsprechende und strafende Zwangsgewalt (potestas legislativa, iudiciaria et coactiva) zuspricht. In die rechtsprechende Vollmacht hatte er schon in seinem im Jahr 1949 erstmals erschienen Aufsatz die verwaltende Tätigkeit eingeschlossen, sodass er die Auffassung vertrat, dass das kirchliche Gesetzbuch von 1917 einen weiter gefassten Richterbegriff verwende.10 Mörsdorf kommt daher zum Ergebnis:

10

Die zeigt sich z.  B. in den cann.  894; 1566 §  2 und 1621 §  2 CIC/​1917. Vgl. Klaus Mörsdorf, Die Regierungsaufgaben des Bischofs im Lichte der kanonischen Gewaltenunterscheidung, in: Id., Schriften zum kanonischen Recht, hg. von Winfried Aymans – Karl-Theodor Geringer – Heribert Schmitz, Paderborn 1989, 370–390, hier: 370–375 (ursprünglich veröffentlicht in: Episcopus. Studien über das Bischofsamt. Festgabe für Kardinal Faulhaber, Regensburg 1949, 257–277). 21

„In Wirklichkeit sind die drei Gewaltfunktionen so stark in das neukodifizierte Kirchenrecht eingegangen, daß es unmöglich ist, ein volles Verständnis des Gesetzbuches zu gewinnen, wenn man ohne diese Gewaltenunterscheidung auskommen wollte. Der CIC anerkennt die Gesetzgebung als eigenständige Gewalt und handelt darüber in dem Titel De legibus (cc. 8–23); dasselbe gilt von der richterlichen Gewalt, der im wesentlichen das ganze vierte Buch gewidmet ist. Wenn er die dritte Gewaltart, die Verwaltung, die das Herzstück der kirchlichen Regierungsgewalt darstellt, nicht ausdrücklich als solche namhaft macht, so ist doch gerade ihr der größere Teil des Gesetzbuches gewidmet.“11

Der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erneuerte Codex Iuris Canonici hat schließlich die für den CIC/​1917 ansatzweise festgestellte Gewaltenunterscheidung endgültig rezipiert. So wird in can.  135 §  1 die Leitungsgewalt in gesetzgebende, ausführende und richterliche Vollmacht (potestas legislativa, exsecutiva, iudicialis) unterschieden. In can.  135 §§  2–3 wird das Legalitätsprinzip in das kirchliche Gesetzbuch übernommen: Sowohl die gesetzgebende als auch die rechtsprechende Gewalt sind jeweils auf die im Recht vorgesehene Weise auszuüben. Aufgrund der hierarchischen Verfasstheit der Kirche, die im göttlichen Recht wurzelt und damit als zum Wesen der Kirche gehörig verstanden wird, sind im Amt des Papstes/​Bischofskollegiums sowie des Diözesanbischofs jedoch alle drei Ausdruckformen der einen Vollmacht vereint, mit der Folge, dass es im kirchlichen Verfassungsrecht keine Gewaltentrennung wie im staatlichen Rechtssystem geben kann. Das bedeutet aber nicht, dass es in der konkreten Ausgestaltung nicht eine gewisse Trennung, die in der Unterscheidung der Kompetenzen, in der Tätigkeit von Stellvertretungsämtern sowie der Beteiligung von Kollegialorganen ihre Ausdrucksform findet, erfolgen kann. Die Erst- und Letztverantwortung bleibt jedoch als persönliche Vollmacht immer Papst/​Bischofskollegium und Diözesanbischof reserviert. Als Frage an die persönliche Amtsführung bleibt jedoch, ob sie sich im Sinne der Prinzipien der Gewaltenunterscheidung sowie der Partizipation eine Selbstzurückhaltung auferlegt, wenn es sich um Fragen der allgemeinen Verwaltungstätigkeit des Bistums bzw. der Weltkirche handelt. Dies gilt für den Papst

11

Vgl. Mörsdorf, Die Regierungsaufgaben, 374–375. 22

in besonderer Weise, da jedes persönliche Verwaltungshandeln des Papstes die Möglichkeit verwaltungsgerichtlicher Klage ausschließt (vgl. can. 333 § 3).

2. Einheit der kirchlichen Vollmacht im Amt des Papstes/​Bischofskollegiums sowie des Diözesanbischofs und Partizipation anderer Amtsträger sowie Laien an deren Amtsvollmacht In diesem Sinne kommt dem Diözesanbischof für seine Diözese gesetzgebende, ausführende und rechtsprechende Vollmacht zu (vgl. can. 391 § 1), wobei er die gesetzgebende Gewalt selbst ausübt, die ausführende Gewalt selbst oder nach Maßgabe des Rechts durch den General- oder Bischofsvikar und die richterliche Gewalt selbst oder nach Maßgabe des Rechts durch den Gerichtsvikar und die Richter (vgl. can. 391 § 2). Neben diesen Stellvertretungsämtern stehen dem Bischof der Priesterrat (vgl. Christus Dominus, 11 und 28; can. 495 § 1), das Konsultorenkollegium (vgl. can.  502) sowie der Pastoralrat (vgl. can.  511 §  1) als partizipative Kollegialorgane zur Verfügung. Als außerordentliches Beratungs- und partizipatives Entscheidungsorgan ist nicht zuletzt die Diözesansynode zu sehen, auf der die wirklich großen Themen und bedrängenden Fragen einer Teilkirche durch Repräsentanten des diözesanen Gottesvolkes unter der Leitung des Bischofs umfassend beraten und entschieden werden können (vgl. cann. 460–468). Neben der Beteiligung der Kollegialorgane an Gesetzgebung und Verwaltung ist auch die Fachexpertise einzelner Gläubiger nicht zu vernachlässigen. Hubert Müller vertritt dabei sogar die Auffassung, dass der Diözesanbischof die ihm zukommende Vollmacht erlaubterweise und in einigen wenigen im Recht genannten Bereichen sogar gültiger weise allein nicht ausüben könne. Der Bischof sei in seinem Tun immer auf die Beteiligung von Stellvertretungsämter und Konsultativorgane verwiesen.12 Allerdings scheint dies eher eine moralische als juridisch-bindende Argumentation zu sein, denn nach geltendem Recht entscheidet der Bischof bis auf die wenigen Fälle, in denen ein Anhörungsrecht für ein Kollegialorgan besteht, 12

Vgl. Hubert Müller, Die Stellung des Diözesanbischofs in der Partikularkirche aufgrund des Codex Iuris Canonici von 1983, in: ThGl 76 (1986) 94–110, hier: 106. 23

allein, wann und ob er sich beraten lassen will und legt ggf. den Beratungsgegenstand autonom fest. Das ist Konsequenz der Gewaltenfülle im hierarchischen Amt des Diözesanbischofs. Denkbar ist freilich, dass der Diözesanbischof in einem Allgemeindekret Mitwirkungsrechte von Kollegialorganen ausweitet und, indem sie in einem Diözesangesetz festgeschrieben werden, auch eine gewisse Objektivität erreicht wird und eine zumindest moralische Selbstbindung des Bischofs an das von ihm gesetzte Recht erfolgt. Auch der Papst bedient sich entsprechender Stellvertretungsämter und Kollegialorgane. Die Leitung des Bistums Rom ist grundsätzlich dem Kardinalvikar als Spezialfall eines Generalvikar-Amtes, dem auch stellvertretende rechtsprechende Vollmacht zukommt, anvertraut.13 Die ausführende Vollmacht übt der Papst persönlich oder durch die Verwaltungsdikasterien der Römischen Kurie aus. Die Rechtsprechung nehmen die Gerichte des Apostolischen Stuhls wahr, sofern nicht der Papst eine Sache persönlich an sich zieht (vgl. can. 334). Als Konsultativorgane sind die Bischofssynode (vgl. cann. 342–348) und das Kardinalskollegium (vgl. cann.  349–359) zu nennen. Nach can.  333 §  2 hat der Papst das Recht zu bestimmen, ob er sein Amt persönlich oder im kollegialen Verbund ausüben will. Schließlich ist auch denkbar, dass das Bischofskollegium, vereint mit dem Papst als seinem Haupt, Akte gesetzgebender, ausführender oder rechtsprechender Gewalt setzt (vgl. can. 336).

3. Lehramtliche Grundlage Die den Normen des kanonischen Rechts zugrundeliegende Ekklesiologie ist diejenige, die das Zweite Vatikanische Konzil vorgelegt hat und die in kirchenrechtliche Sprache eingeholt wurde bzw. dieses zumindest versucht wurde. Die Texte des Konzils müssen verbindlicher Maßstab für die Reform der Kirche sein. Im Kontext der Fragestellung von kirchlicher Vollmacht, Partizipation und Gewaltenunterscheidung ist es daher ratsam, auf die einschlägigen Konzilstexte zu rekurrieren, um ausgehend von diesen nach ihrer Verortung in der Kirche zu suchen. 13

Vgl. Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Effizienz des kirchlichen Rechtsschutzes gemessen an einem Passauer Patronatsstreit, Paderborn 2016, 227–228. 24

Die Dogmatische Konstitution über die Kirche, Lumen gentium, 19b, betont die besondere Stellung des Bischofs in der Kirche: „Unter den verschiedenen Dienstämtern, die so von den ersten Zeiten her in der Kirche ausgeübt werden, nimmt nach dem Zeugnis der Überlieferung das Amt derer einen hervorragenden Platz ein, die zum Bischofsamt bestellt sind und kraft der auf den Ursprung zurückreichenden Nachfolger Ableger apostolischer Pflanzung besitzen.“

Sie üben ihr Amt in Gemeinschaft mit dem Presbyterium und den Diakonen aus und stehen als Hirte, Lehrer und Priester der Herde vor (vgl. LG, 19c). Das Konzil lehrt, dass „die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel als Hirten der Kirche getreten sind“ (LG, 19c). Nach Lumen gentium, 21b, wurde dem Bischof „durch die Bischofsweihe die Fülle des Weihesakramentes übertragen.“ Dabei steht der Bischof in Gemeinschaft mit der Gesamtkirche, denn er kann die Dienste des Heiligens, Lehrens und Leitens nur „in der hierarchischen Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums“ (LG, 21b) ausüben. Gleichzeitig steht der Bischof in Gemeinschaft mit dem Bistum, mit der Ortskirche, d. h. mit den Klerikern wie Laien, in dessen Dienst er steht (vgl. LG, 18a). In diesem Sinne konkretisiert das Dekret über die Bischöfe, Christus Dominus, die Mitarbeit von Klerikern und Laien am Hirtendienst des Bischofs. Es spricht von den Koadjutoren und Weihbischöfen (vgl. CD, 25–26), von der Diözesankurie mit ihren zentralen Leitungsämtern wie Generalvikar und Bischofsvikar, sowie den Kollegialorganen wie Domkapitel, Konsultorenkollegium und andere Räte. Christus Dominus, 27, nennt in diesem Zusammenhang auch die „Priester und Laien, die zur Diözesankurie gehören“ und dort „dem Hirtenamt des Bischofs Hilfe und Unterstützung leisten“. Laien sollen nach Christus Dominus, 27e, selbstverständlich Teil des diözesanen Seelsorgerats werden, dem „der Diözesanbischof selbst vorsteht und dem besonders ausgewählte Kleriker, Ordensleute und Laien angehören.“ Auch wenn die Aufgabenzuschreibung derjeniger, die an der Diözesankurie tätig sind, in Christus Dominus, 27, offen bleibt und dies in einem Konzilstext auch nicht bis in alle Detailfragen geklärt werden kann, so kann zumindest festgehalten werden, dass im Lichte der Texte des Zweiten Vatikanums die Diözesankurie eine Gemeinschaft von Klerikern und Laien ist, die den Bischof in seinem Hirtendienst unterstützt, entsprechend der theologischen Grundüberzeugung: 25

„Es besteht in der Kirche eine Verschiedenheit des Dienstes, aber eine Einheit der Sendung. Den Aposteln und ihren Nachfolgern wurde von Christus das Amt übertragen, in seinem Namen und in seiner Vollmacht zu lehren, zu heiligen und zu leiten. Die Laien hingegen, die auch am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi teilhaben, verwirklichen in Kirche und Welt ihren eigenen Anteil an der Sendung des ganzen Volkes Gottes“ (Apostolicam actuositatem, 2b).

Es bleibt aber eine Frage von Theologie und Kirchenrecht, wie dieses Miteinander der verschiedenen Dienste im Konkreten zu verwirklichen ist. Die Primatsstellung des römischen Bischofs wurde ebenfalls durch das Zweite Vatikanische Konzil neu vorgelegt: „Damit aber der Episkopat selbst einer und ungeteilt sei, hat er den heiligen Petrus an die Spitze der übrigen Apostel gestellt und in ihm ein immerwährendes und sichtbares Prinzip und Fundament der Glaubenseinheit und der Gemeinschaft eingesetzt. Diese Lehre über Errichtung, Dauer, Gewalt und Sinn des dem Bischof von Rom zukommenden heiligen Primats sowie über dessen unfehlbares Lehramt legt die Heilige Synode abermals allen Gläubigen fest zu glauben vor.“ (Lumen gentium, 18b).

Gleichzeitig entwickelt Lumen gentium in Ergänzung zum petrinischen Prinzip eine Theologie der Kollegialität: „Wie nach der Verfügung des Herrn der heilige Petrus und die übrigen Apostel ein einziges apostolisches Kollegium bilden, so sind in entsprechender Weise der Bischof von Rom, der Nachfolger Petri, und die Bischöfe, die Nachfolger der Apostel, untereinander verbunden. […] Glied der Körperschaft der Bischöfe wird man durch die sakramentale Weihe und die hierarchische Gemeinschaft mit Haupt und Gliedern des Kollegiums. Das Kollegium oder die Körperschaft der Bischöfe hat aber nur Autorität, wenn das Kollegium verstanden wird in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom, dem Nachfolger Petri, als seinem Haupt, und unbeschadet dessen primatialer Gewalt über alle Hirten und Gläubigen. Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der 26

ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben. Die Ordnung der Bischöfe aber, die dem Kollegium der Apostel im Lehr- und Hirtenamt nachfolgt, ja, in welcher die Körperschaft der Apostel immerfort weiter besteht, ist gemeinsam mit ihrem Haupt, dem Bischof von Rom, und niemals ohne dieses Haupt, gleichfalls Träger der höchsten und vollen Gewalt über die ganze Kirche. Diese Gewalt kann nur unter Zustimmung des Bischofs von Rom ausgeübt werden“ (Lumen gentium, 22).

4. Die Prinzipien der Bischofssynode zur Codexreform Aus der Analyse der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanums können wir festhalten, dass sowohl der Papst als auch das Bischofskollegium Träger höchster Vollmacht in der Kirche sind. Die Kanonistik differenziert deren Leitungsgewalt in gesetzgebende, ausführende und richterliche Vollmacht. Über die Ausgestaltung der konkreten Ausübung der höchsten Vollmacht in der Kirche schweigt Lumen gentium. Es war jedoch unbestritten, dass es nach Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils auch einer Reform der Römischen Kurie sowie des kirchlichen Gesetzbuches und damit der gesamten kirchlichen Disziplin im Lichte der neuen ekklesiologischen Akzente bedurfte. Das Konzil konnte dies nicht mehr leisten. Papst Paul  VI. berief deshalb 1967 eine Bischofssynode ein, in der die Erneuerung des Codex Iuris Canonici zum Thema gemacht wurde. Im Rahmen der Synode wurden unter anderem die Prinzipien zur Codexreform approbiert.14 Im sechsten Prinzip ist vom Dienstcharakter kirchlicher Vollmacht die Rede. Aufgabe des kirchlichen Rechts sei es deshalb die rechtmäßige Ausübung der potestas sacra sicherzustellen sowie die Rechte der Gläubigen deutlicher als bislang zu formulieren. Die Bischofssynode scheut sich auch nicht, von Machtmissbrauch zu sprechen, dem u. a. durch das Kanonische Recht entgegenzutreten sei:

14

Vgl. Prinzipien zur Reform des Codex Iuris Canonici, in: Communicationes 1 (1969) 77– 85. 27

„6. Wegen der fundamentalen Gleichheit aller Gläubigen und wegen der Verschiedenheit der Ämter und Dienste, die in der hierarchischen Ordnung der Kirche selbst grundgelegt ist, ist es förderlich, dass die Rechte der Personen in geeigneter Weise umschrieben und sichergestellt werden. Dies bringt mit sich, dass die Ausübung der Vollmacht deutlicher als Dienst erscheint, ihre Anwendung besser gesichert und ihr Missbrauch ausgeschlossen wird.“15

Das siebte Prinzip zur Codexreform beschäftigt sich ausdrücklich mit der Frage des Rechtschutzes der Gläubigen gegen Verwaltungsmaßnahmen und forderte eine exakte Unterscheidung der Gewalten: „7. Damit dies in geeigneter Weise verwirklicht werden kann, muss besondere Sorge angewandt werden, um die Vorgehensweise zum Schutz subjektiver Rechte festzulegen. Bei der Erstellung des neuen Rechts sollte also beachtet werden, was in dieser Beziehung bezüglich des Einspruchs gegen Verwaltungsentscheidungen und bezüglich der Rechtsprechung dringend gefordert wurde. Um dies zu erreichen, ist es notwendig, dass die verschiedenen Aufgaben kirchlicher Verwaltung genau unterschieden werden, nämlich die Aufgabe der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung, und dass in geeigneter Weise festgelegt wird, von welchen Organen die einzelnen Aufgaben ausgeführt werden sollen.“16

Diese Prinzipien waren richtungsweisend für die Revision des kirchlichen Gesetzbuches. Ob sie maximal appliziert worden sind oder ob es weiteren Reformbedarf gibt, der sich von diesen Leitlinien inspiriert sieht, darüber lässt sich diskutieren. Jedoch lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, dass die von der Bischofssynode kirchenrechtsreformleitenden Prinzipien, die m. E. nichts an Aktualität eingebüßt haben, im Bewusstsein von Kanonisten und Theologen kaum vorhanden sind. 15

16

In: Communicationes 1 (1969) 14; dt. Übersetzung: Martin Hülskamp, Rechtsprechung und Rechtschutz. Die Gerichtsbarkeit des Bischofs in der Diözese, in: Ilona Riedel-Spangenberger, ed., Rechtskultur in der Diözese. Grundlagen und Perspektiven, Freiburg 2006, 275–299, hier: 277. In: Communicationes 1 (1969) 14; dt. Übersetzung: Martin Hülskamp, Rechtsprechung und Rechtschutz, 275–299, hier: 277. 28

Doch wer adäquate kanonistische Instrumentarien im Lichte der vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgelegten Ekklesiologie vorlegen will, wird an den Prinzipien zur Reform des Codex Iuris Canonici nicht vorbeikommen. Von ihnen inspiriert soll auch die in dieser Untersuchung gestellte Frage nach der Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz einer ausführlichen und begründeten Beantwortung zugeführt werden.

5. Zusammenfassung Die Reform des kirchlichen Gesetzbuches, die durch das Zweite Vatikanische Konzil angestoßen wurde, versucht mit den Prinzipien der Gewaltenunterscheidung und der Partizipation die Spannung auszugleichen, die durch das Prinzip der Einheit der Vollmacht im hierarchischen Amt des Papstes/​Bischofskollegiums sowie des Diözesanbischofs im Verfassungsgefüge der Kirche vorhanden ist. Wie weit dies gelungen ist, kann hier nicht im Einzelnen diskutiert werden. Als ein Baustein im Austarieren dieses Spannungsverhältnisses ist jedoch die Gerichtsbarkeit zu sehen, die über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen kirchlicher Amtsträger entscheiden soll. Eine Ausweitung der an der Apostolischen Signatur bereits bestehenden Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Ebene der Ortskirchen wäre mit den Prinzipen zur Reform des kirchlichen Gesetzbuches, die von der Bischofssynode 1967 approbiert wurden, völlig im Einklang und deshalb ein weiterer, schon lange Zeit ersehnter und längst fälliger Schritt zur Stärkung der Rechtskultur in der Kirche.

29

II. Die rechtliche Möglichkeit lokale Verwaltungsgerichte einzurichten „Da Gerechtigkeit kein Gegensatz zum Liebesgebot der Kirche, sondern eine ihrer Ausdrucksweisen ist, und Vertrauen am ehesten durch ein faires Verfahren, das allen in gleicher Weise offensteht, garantiert werden kann, sollte eine kirchliche Gerichtsbarkeit über die Verwaltung innerhalb der kirchlichen Rechtssysteme etabliert werden.“17

Ausgehend von den Prinzipien zur Codexreform soll im folgenden Kapitel der rechtlichen Fragestellung nachgegangen werden, ob Bischofskonferenzen die Möglichkeit haben, in ihrem Zuständigkeitsbereich eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit zu etablieren. Dabei darf auch eine Darstellung der derzeit geltenden universalkirchlichen Rechtslage nicht fehlen, wie sich entsprechend der einschlägigen Canones des kirchlichen Gesetzbuches ein Gläubiger gegen Maßnahmen der kirchlichen Verwaltung zur Wehr setzen kann. Ein Vergleich von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsprozess will zudem den verfahrensrechtlichen Mehrwehrt einer gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungshandeln unterstreichen.

17

Meier, Verwaltungsgerichte, 452. 30

1. Die Intention der Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen der Codexreform Seit der Neuordnung der Römischen Kurie durch Papst Pius  X. im Jahre 1908 bestand die Möglichkeit, dass die Gläubigen Beschwerden gegen Verwaltungsentscheidungen der Bischöfe beim sachlich zuständigen Dikasterium des Heiligen Stuhls vorbringen konnten. Der Gerichtsweg war jedoch ausgeschlossen (vgl. can.  1601 CIC/​1917). Diese Form der sogenannten „hierarchischen Beschwerde“, in der die jeweils höher gestellte Verwaltungsautorität die Entscheidung der unteren Ebene überprüfen sollte, wurde auch nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beibehalten. Zudem hat Papst Paul VI. in einem primatialen Akt, wohl in dem Bewusstsein, dass die detaillierten Arbeiten der Codexreformkommission einige Jahre in Anspruch nehmen werden, mit der Promulgation der nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erneuerten Apost. Konstitution über die Römische Kurie Regimini Ecclesiae universae am 15. August 1967 am Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur eine Sectio Altera eingerichtet, der eine verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit zur Lösung von Verwaltungsstreitigkeiten übertragen wurde, die aus Entscheidungen, die Dikasterien des Heiligen Stuhls getroffen oder gebilligt haben, hervorgegangen sind (vgl. Artt. 96; 106 REU). Die mehr als fünfzigjährige Existenz einer etablierten kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit sollte daher in der Diskussion um die Einführung von lokalen Gerichten nicht unterschlagen werden. Das Desiderat der Bischofssynode von 1967, welche die Notwendigkeit des Schutzes subjektiver Rechte der Gläubigen betonte und die Einrichtung von wirklichen und unabhängigen Verwaltungsgerichten auch auf lokaler Ebene gefordert hatte, ist bislang jedoch nicht erfüllt worden.18 Die Überprüfung der Verwaltungsentscheidungen im Rahmen des hierarchischen Rekurses, die von Mörsdorf als „arteigene Rechtsprechung innerhalb der

18

Vgl. Matthias Ambros, Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in der Kirche. Zur Erinnerung an den 50. Jahrestag der Errichtung der Sectio Altera der Apostolischen Signatur als kirchliches Verwaltungsgericht durch Papst Paul VI., in: Periodica 106 (2017) 405–433. 31

Verwaltung“19 bezeichnet wurde, war nach Ansicht der Synodenväter nicht ausreichend, um einen wirksamen Rechtsschutz für die Gläubigen zu garantieren. Mechthild Pötter schreibt diesbezüglich: „Was den hierarchischen Rekurs insgesamt angeht, bleibt Unzufriedenheit und auch Misstrauen, wenn man bedenkt, dass die Verwaltung ihre eigenen Entscheidungen selbst kontrolliert.“20 Den Leitlinien der Bischofssynode folgend, schickte sich die Codexreformkommission an, eine Ordnung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Ortskirchen zu erarbeiten. Unabhängig davon gab es das Bestreben einiger Partikularkirchen und Bischofskonferenzen, auf lokaler Ebene eine Verwaltungsgerichtsbarkeit analog zur bestehenden ordentlichen Gerichtsbarkeit einzuführen. Insofern wurden diesbezügliche Ordnungen in Eigenverantwortung erarbeitet. Wie die Analyse der mittlerweile umfassend veröffentlichten Schemata, welche die verschiedenen Phasen der Arbeit der Codexreformkommission widerspiegeln, ergibt, war von Anfang an21 eine parallele Wahlmöglichkeit zwischen hierarchischem Rekurs sowie Verwaltungsklage bei einem Verwaltungsgericht vorgesehen, wobei die anfangs vorgesehene verpflichtende Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz schließlich zu einer fakultativen Errichtungsmöglichkeit abgemildert worden ist. Als Hintergrund dieser Entwicklung, lediglich eine fakultative Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorzusehen, ist festzuhalten, dass dies ein Ergebnis der Beratungen mit den Dikasterien des Heiligen Stuhls und insbesondere mit den Bischofskonferenzen war. Ihnen wurde nämlich am 20. April 1972 das von der Codexreformkommission erarbeitete Schema zur Konsultation vorgelegt. 64 Rückmeldungen gingen ein, wobei sich die meisten dafür aussprachen, dass ein Gesetz zur Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit erlassen werden solle. Insbesondere

19

20 21

Klaus Mörsdorf, Rechtsprechung und Verwaltung im kanonischen Recht, Freiburg 1941, 112. Vgl. auch Klaus Lüdicke, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: HdbKathKR3, 1749–1759, hier: 1755: „Mit dem Begriff „Verwaltungsgerichtsbarkeit“ bezeichnete die Kanonistik unter Geltung des Codex Iuris Canonici von 1917 nicht nur die richterliche Prüfung von Verwaltungsakten durch Organe der potestas iudicialis, sondern auch die Prüfung von Verwaltungsentscheidungen durch Organe der Verwaltung in gerichtsförmiger Weise.“ Mechthild Pötter, Die Beschwerde im kirchlichen Prozessrecht, Essen 2007, 126. Vgl. Schema vom 25.  Mai 1970, Schema vom 26.  November 1970, Schema vom Juli 1971, Schema vom 10. November 1971 sowie Schema vom 15. April 1972. 32

die Bischofskonferenzen aus Ländern mit Priestermangel oder Missionsgebieten, mit deren spezifischen Problemen, äußerten Bedenken theologischer oder praktischer Art gegenüber der Errichtung von Verwaltungsgerichten. So bezweifelte die Bischofskonferenz von Vietnam, ob Verwaltungsgerichte mit dem Zweck und der Sendung der Kirche kompatibel seien. Es wurde die Befürchtung geäußert, dass sie die Autorität der Bischöfe untergraben könnten, da die Gerichte weder mit der Autorität eines Ökumenischen Konzils oder des Papstes handeln, so die Bischofskonferenzen von Vietnam, Neuseeland und Sri Lanka. Manche brachten Bedenken zum Ausdruck, dass bei einer Einführung von lokalen Verwaltungsgerichten die pastorale Handlungsfähigkeit durch übermäßige Opposition und Streitigkeiten beeinträchtigt werden könnte (Bischofskonferenzen von Vietnam und Venezuela). Unterstrichen wurde von der Vietnamesischen Bischofskonferenz zudem, dass die Beziehung zwischen Hirten und Gläubigen eine mehr väterliche und pastorale sei im Gegensatz zur rein juridischen Relation, die zwischen Verwaltungsautoritäten und den Untergegebenen in staatlichen Rechtssystemen bestehe. Zudem wurde aus Vietnam der Einwand erhoben, dass es aufgrund der überwiegend konfuzianischen Kultur praktisch undenkbar sei, dass es gegen einen Verwaltungsakt eines Oberen einen Rekurs an ein Gericht geben könne. Bedenken praktischer Art wurden insofern in die Diskussion eingebracht, als dass die Apostolische Pönitentierie sowie die Bischofskonferenz von Vietnam bemerkten, dass es vielerorts schon schwierig sei, eine ordentliche Gerichtsbarkeit sicherzustellen, da oft keine personellen oder materiellen Ressourcen vorhanden seien.22 Weitere Beratungen und Modifikationen führten zum Schema vom 30. März 1973 sowie zu einem Entwurf eines Motu proprio Administrativae potestatis vom Oktober 1973.23 Schließlich wurde die Entscheidung getroffen, kein eigenes diesbezügliches Gesetz zu erlassen, sondern die einschlägigen Normen doch als Teil des neuen CIC vorzusehen. Dies führte zum Entwurfsschema vom 29. Juni 1980, das von der Plenarversammlung der Codexeformkommission insbesondere unter der Fragestellung, ob es zu einer obligatorischen Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenzen kommen solle, vom 20. bis 29. Oktober 1981 ausführlich diskutiert wurde. Die Meinungen gingen bei den Mitgliedern auseinander. Zu den Bedenkenträgern gehörte beispielsweise der Erzbischof von Köln, Kardinal 22 23

Vgl. Communicationes 42 (2010) 403–404; 412–416. Vgl. Kurt Martens, The law that never was. The motu proprio „Administrativae potestatis“ on administrative procedures, in: Jurist 68 (2008) 178–222. 33

Höffner. Er wies darauf hin, dass viele Bischofskonferenzen schon heute Schwierigkeiten hätten, Richter für ihre Diözesangerichte zu finden. Sodann meinte er, dass es der Kirche an ausreichender Erfahrung bezüglich einer Verwaltungsgerichtsbarkeit fehle. Deshalb könnten durch eine fakultative Errichtung erste Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt werden. Um den Gläubigen einen Schutz gegen unrechtmäßige Akte kirchlicher Verwaltung zu bieten, solle an der Möglichkeit der Verwaltungsbeschwerde und darauffolgendem Rekurs an die Apostolische Signatur festgehalten werden. Kardinal Rugambwa, Erzbischof von Daressalam (Tansania), der im Übrigen der erste Kardinal war, der aus Afrika stammte, vertrat die Auffassung, dass Bischofskonferenzen, in denen das kirchliche Leben gut organisiert sei, Verwaltungsgerichte errichten könnten. Für seine und viele andere Bischofskonferenzen, die der Jurisdiktion der Sacra Congregatio de Propaganda Fidei unterstehen, sei ein solches Gericht nicht notwendig und ohne Funktion. Zudem verweist auch er auf das mangelnde Gerichtspersonal. Die meisten anderen Mitglieder brachten ebenfalls das Argument vor, dass es zu wenig ausgebildetes Gerichtspersonal gebe, mit der Folge, dass sich bei der Abstimmung 53 von 59 Mitglieder für die fakultative Einführung lokaler Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenz aussprachen.24 In das daraufhin überarbeitete Entwurfsschema vom 15. März 1982 wurde dieses Abstimmungsergebnis implementiert.25 Mit Verwunderung musste man aber nach Veröffentlichung des neuen CIC feststellen, dass die Normen, die eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit vorsahen, gestrichen worden waren. Mit Meier kann deshalb zusammenfassend festgehalten werden: „Das bringt die Erkenntnis mit sich, dass die Kirche in ihrem Bemühen um einen kirchlichen Rechtsschutz an der Stelle steht, die bereits mit der Einführung der Gerichtsbarkeit der Sectio Altera durch Paul VI. (…) im Jahre 1967 erreicht war.“26 Vgl. Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Schema Codicis iuris canonici iuxta animadversiones S.R.E. Cardinalium, Episcoporum Conferentiarum, Dicasteriorum Curiae Romanae, universitatum facultatumque ecclesiasticarum necnon superiorum institutorum vitae consecratae recognitum, 29. Juni 1980, Romae 1980, 335–344. 25 Vgl. Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Schema novissimum iuxta placita Patrum Commissionis emendatum atque Summo Pontifici praesentatum, Romae 1982. 26 Vgl. Meier, Verwaltungsgerichte, 70. Zur Redaktion einer universalkirchlichen Ordnung für die Verwaltungsgerichtbarkeit, die erfolgten Konsultationen und Modifikationen, auf die in diesem Abschnitt der Untersuchung Bezug genommen wurde, siehe ausführlich und unter exakter Angaben der Quellen in: Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 134–155. 24

34

2. Status quo: Hierarchische Beschwerde (cann. 1732–1739) und anschließende verwaltungsgerichtliche Klage (Art. 123 Pastor bonus; Art. 34 Lex propria) Nachdem sich Papst Johannes Paul  II. entgegen der Intention der Bischofssynode von 1967 entschieden hat, im kirchlichen Gesetzbuch zunächst keine Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenzen verbindlich oder fakultativ vorzusehen, stellt die gegenwärtige Rechtsordnung sowohl administrative Instrumente als auch gerichtliche Mittel zur Verfügung, um bei einer eventuellen Rechtsverletzung durch kirchliche Verwaltungsorgane die Wiederherstellung oder Durchsetzung der eigenen Rechte oder rechtlichen Interessen vorantreiben zu können. Erst wenn alle administrativen Rechtsbehelfe ausgeschöpft worden sind, steht es den Gläubigen frei, das Verwaltungsgericht der Apostolischen Signatur anzurufen. Im Kontext der Fragestellung dieser Untersuchung, ob es ggf. dennoch rechtlich möglich ist, Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenzen einzuführen, scheint es daher zunächst angebracht, anhand der geltenden Rechtsordnung wenigstens skizzenhaft darzustellen, wie in den aktuell anzuwendenden Verfahrensordnungen Rechtsschutz gegen Maßnahmen der kirchlichen Verwaltung gewährleistet werden soll.

2.1. Verwaltungsbeschwerde Das Prinzip der Verwaltungsbeschwerde geht davon aus, dass immer dann, wenn ein Verwaltungsakt im Einzelfall vorliegt, dieser beim jeweils in der Verwaltungshierarchie höherstehenden Oberen (Superior hierarchicus) angefochten werden kann, sofern sich aus der Entscheidung eine Beschwernis für den Empfänger ergibt (vgl. can. 1737 § 1). Can 1732 schränkt jedoch ein: • die cann.  1732–1739 sind nicht anwendbar gegen Entscheidungen, die im Rahmen eines Gerichtsprozesses gefällt werden: das Prozessrecht sieht bei diesen Dekreten und Urteilen, die von Gerichtsorganen erlassen werden, andere Rechtsbehelfe vor; 35

• eine Verwaltungsbeschwerde kann nicht gegen Entscheidungen, die im forum internum getroffen wurden, eingelegt werden; • es gibt keine hierarchische Beschwerde im Sinne der cann. 1732–1739 gegen Allgemeindekrete (diözesane Gesetze oder diejenigen der Bischofskonferenz) sowie allgemeine Ausführungsdekrete der Verwaltung sowie Instruktionen; • es gibt keinen Rekurs gegen Entscheidungen des Papstes oder eines Ökumenischen Konzils. Das kirchliche Gesetzbuch spricht vom Verwaltungsakt für Einzelfälle (actus administrativus singularis)27 bzw. von Dekret (decretum28). Die Rechtsprechung der Apostolischen Signatur hat jedoch herausgearbeitet, dass auch bloßes Verwaltungshandeln ohne Erlass eines förmlichen Dekretes, wie z. B. der Abriss einer Kirche, ein Einzel-Verwaltungsakt und damit Rekursobjekt sein kann; ebenso ist auch eine Entscheidung, die unter Auslassung aller Förmlichkeiten in einem einfachen und in einem „pastoralen Ton“ verfassten Brief mitgeteilt wird, als Einzel-Verwaltungsakt zu bewerten. Der zuständige hierarchische Obere, an den die Verwaltungsbeschwerde durch einen Gläubigen herangetragen wird, hat dabei – im Gegensatz zu einem Verwaltungsgericht – nicht nur die Kompetenz, über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu befinden, sondern es kommt ihm auch zu, über die Zweckmäßigkeit zu entscheiden. Can. 1739 drückt es folgendermaßen aus: „Der Obere, der über die Beschwerde befindet, darf je nach Lage des Falles nicht nur ein Dekret bestätigen oder für nichtig erklären, sondern auch gänzlich aufheben, widerrufen oder, sofern dies dem Oberen zweckdienlicher erscheint, verbessern, ersetzen oder teilweise aufheben.“29

Dadurch, dass die höhere Verwaltungsebene im Rahmen eines hierarchischen Rekurses eine Bewertung der Entscheidung einer untergeordneten Verwaltungsins27 28 29

Vgl. can. 1732. Vgl. cann. 1732; 1733; 1734; 1735; 1736; 1737; 1739. „Superiori, qui de recursu videt, licet, prout casus ferat, non solum decretum confirmare vel irritum declarare, sed etiam rescindere, revocare, vel, si id Superiori magis expedire videatur, emendare, subrogare, ei obrogare“. Vgl. hierzu die detaillierte Studie von Johannes Fürnkranz, Effizienz der Verwaltung und Rechtsschutz im Verfahren. Can. 1739 in der Dynamik der hierarchischen Beschwerde, Paderborn 2014. 36

tanz vornimmt, kann es sogar zu einer völligen Neubewertung der Sachfrage, bis hin zu einer Verschlechterung der Ausgangssituation für den Beschwerdeführer, kommen. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Diözesanbischof einem Priester, der in einer anderen Diözese inkardiniert ist, per Dekret die Befugnis zur Homilie in einer bestimmten Kirche seines Bistums entzogen hat, kann die Kongregation für den Klerus, die im Rahmen der Verwaltungsbeschwerde angerufen wurde, in der Abwägung der konkreten Situation zum Ergebnis kommen, dass der Rekurrent nicht nur die Befugnis zur Homilie verliert, sondern generell zum Predigtdienst. In diesem Fall hätte sich die die Situation für den Beschwerdeführer verschlechtert, da der hierarchische Obere eine noch schärfere Maßnahme verhängt als zuvor der Bischof. In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass die kirchliche Verwaltung auf ein Schreiben eines Gläubigen nicht antwortet. Eine Reaktion des Gesetzgebers war hierauf, in can. 57 § 1 des erneuerten Codex Iuris Canonici vorzusehen, dass in den Fällen, in denen ein Gesetz den Erlass eines Dekretes vorschreibt oder wenn in einem Antrag an die kirchliche Verwaltung ein rechtliches Interesse geltend gemacht wird, innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags oder der Beschwerde von der zuständigen Autorität eine Entscheidung herbeizuführen ist, sofern das Gesetz keine andere Frist vorschreibt. Falls keine Antwort gegeben wird, wird nach drei Monaten eine ablehnende Entscheidung präsumiert (vgl. can. 57 § 2). Ebenso normiert can. 1735 den Fall, dass nach Einlegung eines Widerspruchs nach can. 1734 § 1 die Verwaltung schweigt, indem der Gesetzgeber hier vorsieht, dass die Fristen für eine Verwaltungsbeschwerde ab dem dreißigsten Tag zu laufen beginnen. Die Berücksichtigung in der Rechtsordnung, dass die Verwaltung entgegen ihrer rechtlichen Verpflichtung zum Handeln untätig bleibt, ist im Vergleich zum vorhergehenden kirchlichen Gesetzbuch definitiv eine Innovation, die zum Gelingen einer funktionierenden öffentlichen Verwaltung ihren Beitrag leistet und den Dienstcharakter der Verwaltung unterstreicht. Ziel ist dabei, dass sich die lokal zuständige Autorität mit der Angelegenheit befasst und das erbetene Dekret erlässt. Der hierarchische Obere kann dies aber auch im Sinne einer Ersatzvornahme gemäß can. 1739 selber tun.30

30

Vgl. Gian Paolo Montini, Problemata quaedam de silentio et recursu iuxta can.  57 C.I.C., in: Periodica 80 (1991) 469–498. 37

28

28

Die folgende Graphik soll veranschaulichen, welche möglichen Streitobjekte Gegenstand einer Verwaltungsbeschwerde sein können: Förmliches Dekret Schaffen von Tatsachen (z. B. Abriss der Schaffen von Tatsachen Pfarrkirche) (z. B. Abriss der Pfarrkirche)

Förmliches Dekret

Einzel-Verwaltungsakt

Einzel-Verwaltungsakt

Sonstiges hoheitliches Verwaltungshandeln Sonstiges hoheitliches Verwaltungshandeln

„Pastoraler Brief“

„Pastoraler Brief“

Schweigen der Verwaltung Schweigen der Verwaltung

Dem hierarchischen Oberen kommt gemäß can. 1739 in der Bewertung der VerDem hierarchischen Oberen kommt gemäß can. 1739 in der Bewertung der waltungsbeschwerde eineumfassende umfassende Kompetenz Verwaltungsbeschwerde eine Kompetenz zu: zu: Dem hierarchischen Oberen kommt gemäß can. 1739 Verwaltungsbeschwerde eine umfassende Kompetenz zu:

Rechtmäßigkeitsbewertung

Rechtmäßigkeitsbewertung

Zweckmäßigkeitsbewertung

Zweckmäßigkeitsbewertung

in

der

Bewertung

der

•Wurde Verfahrensrecht verletzt? •Wurde Rechtverletzt? verletzt? •Wurde materielles Verfahrensrecht

•Wurde materielles Recht verletzt?

•Ist die getroffene Entscheidung sinnvoll? •Sollte rechtlichEntscheidung nicht zu beanstandene •Ist diedie getroffene sinnvoll? Entscheidung aus anderen Gründen •Sollte die rechtlich nicht zu beanstandene abgeändert oder zurückgenommen werden? Entscheidung aus anderen Gründen abgeändert oder zurückgenommen werden?

2.2. Welche Verfahrensschritte sind zu beachten, um eine Verwaltungsbeschwerde vorzubringen? 2.2. Welche Verfahrensschritteordnungsgemäß sind zu beachten, um eine

Verwaltungsbeschwerde ordnungsgemäß vorzubringen?

Ein erstes und verbindlich vorgeschriebenes Verwaltungsentscheidung innerhalb einer Nutzfrist 38 Ein erstes und verbindlich vorgeschriebenes Verwaltungsentscheidung innerhalb einer Nutzfrist

Element von zehn Element von zehn

ist es, beim Autor der Tagen die Rücknahme oder ist es, beim Autor der Tagen die Rücknahme oder

2.2. Welche Verfahrensschritte sind zu beachten, um eine Verwaltungsbeschwerde ordnungsgemäß vorzubringen? Ein erstes und verbindlich vorgeschriebenes Element ist es, beim Autor der Verwaltungsentscheidung innerhalb einer Nutzfrist von zehn Tagen die Rücknahme oder Abänderung des Dekretes zu beantragen (vgl. can. 1734 §§ 1–2). Diese im Rahmen der Codexreform neu eingeführte Verpflichtung zum Einspruch/​Widerspruch oder Gegenvorstellung hat das Ziel, die Verwaltung möglichst früh darauf aufmerksam zu machen, dass sich ggf. ein Rechtsstreit anbahnen könnte. Der Empfänger einer Verwaltungsentscheidung ist mit deren Inhalt nicht zufrieden und versucht aus Recht- oder Zweckmäßigkeitserwägungen heraus den Autor des Einzel-Verwaltungsakts zu einem Überdenken seiner Entscheidung zu bringen. Die Verwaltung hat dabei dreißig Tage Zeit zu antworten. Nach einer negativen Antwort beginnt die Frist von fünfzehn Tagen zur Vorlage einer Verwaltungsbeschwerde zu laufen. Falls jedoch eine Antwort ausbleibt, kann nach Ablauf der dreißig Tage eine negative Antwort präsumiert werden, mit der Folge, dass die Frist zur Vorlage einer hierarchischen Beschwerde dann zu laufen beginnt (vgl. can.  1735). Das gilt auch, wenn von der zuständigen Verwaltungsautorität eine Entscheidung erbeten wird und innerhalb von drei Monaten nach Empfang des Antrags immer noch kein Einzel-Verwaltungsakt vorliegt (vgl. can. 57).31 31

Can. 1734 § 3 kennt jedoch Ausnahmen von der Verpflichtung zum Einspruch: –– eine Beschwerde gegen Entscheidungen von dem Bischof unterstellten Autoritäten (1º): General- und Bischofsvikar gehören hierzu nicht (vgl. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Endurteil coram Stankiewicz, 22.  Oktober 2014, in: AfkKR 185 (2016) 465–472. Das Urteil ist kommentiert bei Matthias Ambros, Der Beitrag der Rechtsprechung zur Interpretation von can. 1734 § 3 nr. 1, Kommentar zum Endurteil der Apostolischen Signatur, coram Stankiewicz, vom 22. Oktober 2014, in: AfkKR 185 (2016) 439 465. Vgl. zudem Id., Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kapitel IV sowie Id., Il Vicario generale nel sistema dei ricorsi gerarchici. L’interpretazione del can. 1734 § 3, 1°, Periodica 105 (2016) 435–455); auch Inhaber von delegierter Vollmacht scheinen hier nicht gemeint zu sein (vgl. Matthias Ambros, Il ricorso gerarchico contro la decisione di un delegato. L’interpretazione del can. 1734 § 3, 1°, in: QDE 32 (2019) [im Erscheinen]); –– der Analyse der Entwurfsschemen des CIC nach sind hier vor allem Amtsträger von Instituten des Geweihten Lebens oder Gesellschaften apostolischen Lebens diözesanen Rechts, sowie Amtsträger von Vereinigungen von Gläubigen diözesanen 39

2.3. Das Verfahren, das der hierarchische Obere bei der Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde zu beachten hat Die cann.  1732–1739 sehen kein detailliertes Verfahren vor, wie der hierarchische Obere eine Verwaltungsbeschwerde zu behandeln hat. Die bis 1999 geltenden Grundordnungen der Römischen Kurie (RGCR) schwiegen ebenfalls hierzu. Erst das RGCR aus dem Jahr 1999 sieht in den Artt. 134–138 Grundlinien einer Verfahrensordnung zur Behandlung von hierarchischen Beschwerden durch die Dikasterien der Römischen Kurie vor. Nach Eingang einer Verwaltungsbeschwerde hat sich das jeweilige Dikasterium, an welches der Rekurs gerichtet ist, der eigenen Zuständigkeit in der Angelegenheit zu versichern. Zudem prüft es die formale Annahmefähigkeit des Rekurses. Gegebenenfalls stellt es die eigene Unzuständigkeit fest bzw. weist aus formellen Gründen die Verwaltungsbeschwerde ab. Da sich die Klärung der Zuständigkeit, die sich grundsätzlich aus Pastor bonus ergibt, in der Praxis als kompliziert erweisen kann, hat der Gesetzgeber in can. 1737 § 1 zugunsten des Rekurrenten vorgesehen, dass die Beschwerde beim Autor des Dekretes eingereicht werden kann, der die Pflicht hat, den Verwaltungsrekurs an den zuständigen hierarchischen Oberen weiterzuleiten. Um die Frist zu wahren, bietet sich in der Praxis auch an, die Verwaltungsbeschwerde an den Apostolischen Nuntius zu richten, der die Beschwerde an das zuständige Dikasterium der Römischen Kurie weiterleitet. TreRechts gemeint. Oder allgemeiner ausgedrückt: Es handelt sich um Beschwerden, die aus Entscheidung einer verwaltenden Tätigkeit entstehen, ohne jedoch Akte der ausführenden Gewalt im engeren Sinn (vgl. cann. 134; 137) zu sein, und an den Bischof auf dem Beschwerdeweg herangetragen werden (vgl. Ulrich Rhode, Attività amministrativa svolta senza esercizio di potestà di governo, in: Periodica 106 (2017) 359–403); –– eine Beschwerde gegen Entscheidungen über eine hierarchische Beschwerde, sofern sie nicht vom Bischof getroffen wurde (2°): Um das Verfahren zu beschleunigen wenn bei einer Verwaltungsbeschwerde mehrere Verwaltungsinstanzen beteiligt sind, ist der direkte Instanzenzug vorgesehen, sofern nicht der ursprüngliche Autor der Diözesanbischof ist. Dies kann praktische Relevanz insbesondere im Vereinigungs-, Religiosen- sowie Hochschulrecht haben, wenn die Statuten einen mehrstufigen Beschwerdeweg vorsehen, bis dass der Verwaltungsrekurs an das jeweils zuständige Dikasterium der Römischen Kurie herangetragen werden kann; –– eine Beschwerde gegen die Untätigkeit der Verwaltung im Sinne der cann. 57 und 1735 (Schweigen; Nichtbeantwortung eines Antrags (3°). 40

ten zwischen den Dikasterien Kompetenzstreitigkeiten auf, ist die Apostolische Signatur das Organ, um Zuständigkeitsfragen zu klären (vgl. Art. 137 § 2 RGCR). Art. 138 RGCR ruft das Recht (vgl. can. 1738) des Rekurrenten in Erinnerung, wonach sich der Beschwerdeführer eines Anwalts-Prokurators bedienen kann oder ggf. der Leiter des Dikasteriums einen Anwalt ex officio für den Rekurrenten bestellt. Konkret bedeutet dies, dass nicht nach Belieben ein Anwalt genommen werden kann, sondern dies beschränkt ist auf diejenigen, die im sogenannten Album der Anwälte bei der Römischen Kurie (Album advocatorum apud Curiam Romanam) eingeschrieben sind. Allerdings schweigt die Grundordnung der Römischen Kurie darüber, welche Befugnisse den Anwälten im Rahmen eines Verwaltungsbeschwerdeverfahrens zukommen. Einen Anwalt haben zu können, ist deshalb die eine positive Seite der Medaille. Das Fehlen der Umschreibung der konkreten Tätigkeit des Anwalts in den Verfahrensnormen ist jedoch die andere Seite der Medaille. Art. 136 § 1 RGCR spiegelt die geltende Rechtslage wider, wonach das zuständige Dikasterium als hierarchischer Oberer eine Verwaltungsbeschwerde sowohl hinsichtlich der Rechtmäßigkeit als auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit überprüft. Diese Formulierung drückt komprimiert aus, was der Gesetzgeber in can. 1739 dem hierarchischen Oberen an Kompetenzen hinsichtlich Überprüfung und abschließender Entscheidung zugewiesen hat. Art. 136 § 2 RGCR zitiert can. 57 und bestimmt, dass über eine Verwaltungsbeschwerde innerhalb von drei Monaten zu entscheiden ist. Sobald aber aufgrund der Komplexität des Einzelfalls eine längere Bearbeitungszeit notwendig wird, ist der Beschwerdeführer durch das Dikasterium hierüber zu informieren. Es ist ihm mittzuteilen, innerhalb welcher Frist der hierarchische Obere entscheiden wird. Zudem sind die Gründe mitzuteilen, die zu dieser Bearbeitungszeitverlängerung führen. Es bleibt jedoch fraglich, ob dadurch die Frist zur Einlegung einer Verwaltungsklage ebenfalls verlängert wird oder ob der Rekurrent nach Ablauf von drei Monaten nach Einlegen der Verwaltungsbeschwerde (vgl. can.  57) bereits eine weitere Beschwerde bei der Apostolischen Signatur einlegen könnte. Dies brächte für den Rekurrenten zumindest die Möglichkeit, durch seinen Rechtsbeistand erstmals im Verfahren Akteneinsicht nehmen zu können. Art. 136 § 3 RGCR legt unter Bezugnahme auf can. 51 fest, dass das zuständige Dikasterium seine Entscheidungen über Verwaltungsbeschwerden begründen muss. 41

Art. 134 RGCR ordnet die Angelegenheit einer Verwaltungsbeschwerde sowie etwaige Einsprüche gegen die Entscheidung über einen Verwaltungsrekurs als derart wichtig ein, dass sie dies der ordentlichen bzw. der Vollversammlung eines Dikasteriums überträgt. Art. 136 § 4 RGCR bringt in Erinnerung, dass gegen Verwaltungsentscheidungen, die von den Dikasterien der Römischen Kurie gesetzt oder gebilligt wurden, Rekurs an die Apostolische Signatur möglich ist, die über die Rechtmäßigkeit sowie, auf Antrag, über etwaigen Schadensersatz urteilt.32 Auch wenn die Grundordnung der Römischen Kurie einige Grundzüge zur Bearbeitung eines hierarchischen Rekurses vorgibt, so muss dennoch abschließend festgehalten werden, dass sich daraus kein detailliertes Verfahrensrecht ableiten lässt. In der konkreten Bearbeitung, insbesondere inwieweit der Rekurrent selbst in das Verfahren mit einbezogen wird, kommt dem hierarchischen Oberen ein weiter Ermessenspielraum zu. Eine bleibende Aufgabe für die Kanonistik wird es deshalb auch sein, Vorschläge zu erarbeiten, wie ein adäquates Verfahrensrecht dazu beitragen kann, dass auch die hierarchische Beschwerde als wirksames Mittel zum Schutz der rechtlichen Interessen Gläubiger wahrgenommen werden kann.

2.4. Die Möglichkeit zur Aussetzung des Vollzugs (vgl. can. 1736) Bezüglich der Aussetzung der Wirksamkeit eines Einzel-Verwaltungsaktes ist zu unterscheiden: 32

Art. 135 § 1 RGCR, wie auch schon Art. 119 RGCR/​1968 sowie Art. 119 RGCR/​1992, sieht eine fakultative Gegenvorstellung an das Dikasterium vor, das eine Verwaltungsentscheidung erlassen hat. Falls sich der Rekurrent, dem die Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde zugestellt wird, oder auch falls sich der Empfänger des Dekretes – wenn es sich um eine erstmalige Entscheidung eines Dikasteriums der Römischen Kurie handelt – beschwert fühlt, kann er innerhalb von zehn Tagen um die Rücknahme oder die Abänderung der Entscheidung bitten. Für die Bearbeitung der Entscheidung sind dreißig Tage vorgesehen (vgl. Art. 135 § 2 RGCR). Die Frist zur Einlegung der Verwaltungsklage an die Apostolische Signatur wird durch das beneficium novae audientiae wohl nicht gehemmt. Dies ist in der Praxis vor allem dann wichtig, wenn die entsprechende Kongregation nicht innerhalb von dreißig Tagen antwortet oder ggf. noch einmal eine Fristverlängerung, in Analogie zu Art. 136 § 2 RGCR, vornimmt. 42

– Aussetzung ipso iure; – Aussetzung auf Antrag hin; – Aussetzung ex officio.

32

Entlassung aus dem Ordeninstitut (can. 700)

Aussetzung ipso iure

In einigen Fällen sieht das Recht vor, dass im Falle einer Verwaltungsbeschwerde die Entscheidung nicht vollzogen wird, solange nicht endgültig über den Rekurs entschieden ist.

Aussetzung auf Antrag hin

Aus schwerwiegenden Gründen und zum Heil der Seelen durch den Autor der Entscheidung bzw. durch den hierarchischen Oberen.

Aussetzung ex officio

Aus schwerwiegenden Gründen und zum Heil der Seelen kann die Verwaltung auf eigenen Antrieb hin die Aussetzung des Vollzugs in allen Ebenen des Verfahrens entscheiden.

Strafdekrete (can. 1353)

Amtsenthebung eines Pfarrers (can. 1747 § 3)

Nichtigerklärung der Ordensprofess durch Verwaltungsdekret

a) Wenn ein Gläubiger gegen einen Einzel-Verwaltungsakt vorgeht, dann mit dem Ziel, eine a) Wenn ein Gläubiger gegendereinen Einzel-Verwaltungsakt vorgeht, danneiner mit Rücknahme oder Abänderung Entscheidung zu erreichen. Mit Einlegen dem Ziel, eine Rücknahme oder Abänderung der Entscheidung zu erreichen. Verwaltungsbeschwerde erlischt jedoch nicht die Wirksamkeit der Verwaltungsentscheidung, bis auf wenigen Fälle, vom Recht festgelegt sind: Die Beschwerde diedie Entlassung aus MitdieEinlegen einerdieVerwaltungsbeschwerde erlischt jedochgegen nicht Wirksameinem Ordensinstitut (vgl. can. 700), gegen Strafdekrete (vgl. can. 1353) sowie gegen die keit der Verwaltungsentscheidung, bis auf die wenigen Fälle, die vom Recht festAmtsenthebung eines Pfarrers, wobei der Bischof einen Pfarradministrator ernennen kann, gelegt sind: Die Beschwerde die Entlassung ausNach einem solange der Rechtsstreit anhängiggegen ist (vgl. can. 1747 § 3). derOrdensinstitut Rechtsprechung (vgl. der Apostolischen Signatur hat eine Beschwerde gegen die auf dem Verwaltungsweg festgestellte Nichtigkeit der Ordensprofess ebenfalls aufschiebende Wirkung.33 Auch Spezial- und 43 33

Vgl. OBERSTER GERICHTSHOF DER APOSTOLISCHEN SIGNATUR, Dekret vom 19. September 2016, Prot. N. 51354/16 CA, zitiert nach: Gian Paolo MONTINI, De recursibus hierarchicis. Ad usum Auditorum,

can.  700), gegen Strafdekrete (vgl. can.  1353) sowie gegen die Amtsenthebung eines Pfarrers, wobei der Bischof einen Pfarradministrator ernennen kann, solange der Rechtsstreit anhängig ist (vgl. can. 1747 § 3). Nach der Rechtsprechung der Apostolischen Signatur hat eine Beschwerde gegen die auf dem Verwaltungsweg festgestellte Nichtigkeit der Ordensprofess ebenfalls aufschiebende Wirkung.33 Auch Spezial- und Partikularnormen können bei bestimmten Entscheidungen die Aussetzung des Vollzugs im Falle einer Beschwerde vorsehen. Der Vollzug der Entscheidung ist in diesen Fällen schon mit Vorlage des Widerspruchs nach can. 1734 ausgesetzt (vgl. can. 1736 § 1). b) In den Fällen, in denen die automatische Aussetzung des Vollzugs eines Einzel-Verwaltungsaktes bei Vorlage einer Beschwerde vom Recht nicht vorgesehen ist, kann nach zehn Tagen, nachdem beim Autor einer Verwaltungsentscheidung ein Widerspruch eingegangen ist (vgl. can. 1734), beim hierarchischen Oberen die Aussetzung des Vollzugs der Verwaltungsentscheidung beantragt werden (vgl. can.  1736 §  2). Wohlbemerkt wird dieser Antrag in einer Frühphase des sich anbahnenden Rechtsstreits gestellt, denn der Autor der Entscheidung hat, wie can.  1735 festlegt, insgesamt dreißig Tage Zeit, um auf die Abänderungs- bzw. Rücknahmebitte zu antworten. In diesem Sinne ist beim hierarchischen Oberen noch nicht die Entscheidung als solche anfechtbar, sondern lediglich die rechtlichen Effekte, die aus ihr hervorgehen. Ziel der Aussetzung des Vollzugs kann es daher nur sein, unumkehrbaren Schaden für den Einzelnen sowie für die kirchliche Gemeinschaft zu vermeiden. Der hierarchische Obere kann deshalb die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung nur aus schwerwiegenden Gründen verfügen, solange die hierarchische Beschwerde noch nicht bei ihm anhängig ist (vgl. can. 1736 § 2). Ansonsten genügt in Analogie zu can. 1650 § 3 der fumus boni iuris der eingereichten Beschwerde sowie die Gefahr etwaiger Schäden, die bei einer Ablehnung des Suspensiveffekts unwiderruflich wären. Um Beispiele zu nennen: Wenn der Vollzug des Dekretes, das den Abriss einer Kirche in zwei Wochen vorsieht, nicht ausgesetzt wird, wäre – falls die Entscheidung unrechtmäßig ergangen ist – der Schaden nicht mehr rückgängig zu machen. Ein Kandidat, der 33

Vgl. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Dekret vom 19.  September 2016, Prot. N. 51354/​16 CA, zitiert nach: Gian Paolo Montini, De recursibus hierarchicis. Ad usum Auditorum, Romae 20183, 136. 44

zum Dekan an einer Katholischen Universität gewählt wurde und der, nach den einschlägigen Statuten, der Bestätigung des Großkanzlers bedarf, könnte bei einer Beschwerde seine Rechte nicht mehr geltend machen, wenn zwischenzeitlich ein anderer Kandidat in das Amt des Dekans eingeführt worden ist. Ein Pfarrer legt gegen seine Amtsenthebung Beschwerde ein. Entgegen der Bestimmung des 1747 §  3 ernennt der Bischof, solange die Beschwerde anhängig ist, keinen Pfarradministrator, sondern einen Pfarrer. Gegen die Ernennung eines neuen Pfarrers rekurriert der bisherige Pfarrer und bittet den hierarchischen Oberen um Aussetzung des Vollzugs, damit seine Rechte als Pfarrer nicht beeinträchtigt werden. c) Da es der Verwaltung immer um die Verwirklichung des Gemeinwohls geht, das auch den Schutz der Rechte des Einzelnen beinhaltet, kann die Verwaltung in allen zuständigen Verwaltungsebenen von sich aus die Entscheidung treffen, den Vollzug eines Einzel-Verwaltungsaktes auszusetzen. Da dies, um zu einem effizienten Verwaltungshandeln beizutragen, lediglich aus schwerwiegenden Gründen und zum Heil der Seelen (vgl. can. 1736 § 2) erlaubt ist, hat im Rahmen der Verwaltungsbeschwerde der höhere Obere zu prüfen, ob die Aussetzung zu bestätigen oder aufzuheben ist (vgl. can. 1736 § 3).

2.5. Wie ist mit entstandenem Schaden umzugehen? Die Etablierung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit führte zu neuen Fragestellungen: Was ist, wenn eine Verwaltungsentscheidung in der Überprüfung im hierarchischen Rekurs als unrechtmäßig bewertet wurde? Welche praktischen Konsequenzen zieht das nach sich? Was hat es für Folgen, wenn durch das Setzen eines Verwaltungsaktes, der sich im Nachhinein objektiv als unrechtmäßig erwiesen hat, ein Schaden angerichtet wurde? Führt es zu Rechtsfolgen für denjenigen, der den Verwaltungsakt erlassen hat? Muss er Verantwortung übernehmen für einen Schaden, den er zumindest fahrlässig verursacht hat? Die Normen, die im kirchlichen Gesetzbuch den hierarchischen Rekurs behandeln (vgl. cann.  1732–1739), greifen diese Fragestellung unter der Perspektive eines möglichen Schadensersatzes auf, die der hierarchische Obere auf Antrag hin entscheiden muss (vgl. can. 221 § 1 i. V. m. can. 57). Zudem sind die Kompetenzen 45

des hierarchischen Oberen in can.  1739 so weit gefasst, dass er alle rechtlichen Möglichkeiten hat, eine Streitfrage umfassend zu lösen.

2.6. Verwaltungsklage Nachdem das zuständige Dikasterium der Römischen Kurie (vgl. v. a. Pastor bonus) über die Verwaltungsbeschwerde entschieden hat, besteht für den Rekurrenten die Möglichkeit, innerhalb einer Nutzfrist von sechzig Tagen nach Empfang des Dekretes verwaltungsgerichtliche Klage (recursus contentiosus-administrativus) beim Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur einzulegen. In Art. 34 § 1 Lex propria hat nämlich Papst Benedikt XVI. in Kontinuität zu den bislang provisorisch von Papst Paul VI. erlassenen Verfahrensnormen festgelegt: „Die Apostolische Signatur entscheidet über Beschwerden, die innerhalb der Nutzfrist von sechzig Tagen eingelegt worden sind, und die sich gegen einzelne Verwaltungsakte richten, die entweder von Dikasterien der Römischen Kurie gesetzt oder von diesen gebilligt wurden, und zwar jedesmal dann, wenn fraglich ist, ob der beanstandete Akt das Gesetz in der Entscheidung- oder Verfahrensweise verletzt hat.“34

Neben der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung ist zudem Kompetenz der Apostolischen Signatur, auf Antrag einer der Streitparteien (vgl. Art. 95 § 1 Lex propria) oder des Promotor iustitiae (vgl. Art. 95 § 2 Lex propria), über die Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung sowie über den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedergutmachung des entstandenen Schadens, der aus einem unrechtmäßigen Einzel-Verwaltungsakt hervorgegangen ist (vgl. Art. 34 § 2 Lex propria), zu entscheiden.

34

„Signatura Apostolica cognoscit de recursibus, intra terminum peremptorium sexaginta dierum utilium interpositis, adversus actus administrativos singulares sive a Dicasteriis Curiae Romanae latos sive ab ipsis probatos, quoties contendatur num actus impugnatus legem aliquam in decernendo vel in procedendo violaverit.” Für die Rechtsfortentwicklung ist es nicht unbedeutend, dass Benedikt XVI. die Frist zur Vorlage der Klage von dreißig auf sechzig Tagen verlängert hat. 46

Das verwaltungsgerichtliche Verfahren35 vor der Apostolischen Signatur ist ein schriftliches Summarverfahren. Beweise und Argumente können von den beteiligten Parteien eingebracht werden. Als amtlicher Vertreter des öffentlichen Wohls wirkt der Promotor iustititae (Kirchenanwalt) mit, der ebenfalls seine Stellungnahme abgibt und den Sachverhalt, ohne dass ihm eine Entscheidungsvollmacht zukäme, im Hinblick auf die dem Prozess zugrundeliegende Streitfrage überparteilich und objektiv klärt. Das Schriftlichkeitsprinzip wird nur einmal unterbrochen, indem es nach der Zulassung des Rekurses zur Entscheidung vor dem Richterkollegium zu einer mündlichen Erörterung der Streitsache zwischen dem Sekretär der Apostolischen Signatur, dem Kirchenanwalt sowie den Anwälten und Parteibeiständen kommt. Neben der Möglichkeit, offene Fragen oder weitere Beweisanträge, wie z. B. hinsichtlich Zeugenbefragungen, zu stellen, wird bei dieser Begegnung der Streitparteien, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, auch die Streitfrage endgültig festgelegt (vgl. Art. 85 § 1 Lex propria). Das Verfahren selbst ist folgendermaßen bestimmt: Eine erste Vorprüfung einer bei der Apostolischen Signatur eingereichten Klage nimmt der Sekretär vor, der den Rekurs hinsichtlich seiner formalrechtlichen Voraussetzungen untersucht. Wenn der Sekretär zum Ergebnis kommt, dass der Rekurs nicht aus eindeutigen Gründen nach Art. 76 § 1 Lex propria abzuweisen ist, beginnt das Gerichtsverfahren. Alle Beteiligten werden über den anhängigen Rekurs informiert und es wird ihnen ausreichend Gelegenheit gegeben, durch ihre Anwälte und Prozessbevollmächtigten, Stellung zu nehmen und ggf. Beweise vorzulegen. Die Entscheidung, ob ein Rekurs tatsächlich vor einem Kollegialgericht der Apostolischen Signatur zu behandeln ist, wird aufgrund der Aktenlage im Kongress getroffen: In dieser Sitzung, an der der Sekretär, der Kirchenanwalt sowie die stellvertretenden Kirchenanwälte, der Bandverteidiger und der Kanzler der Apostolischen Signatur, der als Notar fungiert, teilnehmen, trifft der Präfekt, der im Kongress der einzige Richter ist, nach einer ausführlichen Beratung der Streitsache, die Entscheidung, ob der Rekurs zur Entscheidung vor dem Richterkollegium zuzulassen, oder ob er ggf. abzuweisen ist, da er offenkundig nicht die nötigen rechtlichen Voraussetzungen oder das notwendige rechtliche Fundament vorweist (vgl. Art. 83 § 1 Lex 35

Vgl. die ausführliche Darstellung bei Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 297–312. 47

propria). Ein Kollegialgericht an der Apostolischen Signatur besteht aus dem Kardinalpräfekten sowie vier weiteren Richtern, die vom Präfekten aus dem Kreis der Mitglieder der Apostolischen Signatur bestellt werden (vgl. Artt. 21 und 5 § 1, 1° Lex propria). Falls es der Präfekt aufgrund der Wichtigkeit der Streitsache für angebracht hält, kann er die Entscheidung einer Plenarsitzung dieses Gerichtshofes übertragen (vgl. Art. 1 § 3 Lex propria).

2.7. Vom Mehrwert einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen Das Wesen der Verwaltungsbeschwerde ist ein Verwaltungsverfahren. Es entscheidet ein Verwaltungsorgan, das während des ganzen Verfahrens in einem Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem Wohl und Einzelinteresse des Rekurrenten steht. Es stehen sich keine gleichberechtigten Parteien gegenüber, sondern von Anfang des Verfahrens an ist der hierarchische Obere, der über die Verwaltungsbeschwerde entscheidet, als Verwaltungsorgan ein Mitbeteiligter. Die Analyse der Verfahrensnormen zeigt, dass neben dem Wesen der Verwaltungsbeschwerde als administrativem Vorgang auch die unzureichenden Verfahrensschritte eine Entscheidung im Sinne des Autors der angefochtenen Entscheidung begünstigen. Das Verteidigungsrecht ist defizitär. Der in can. 1738 zugestandene Rechtsbeistand hat keine rechtlichen Befugnisse im Verwaltungsrekursverfahren, da das Gesetz diesbezüglich schweigt. Es besteht auch kein Recht auf Akteneinsicht. Vor Erlass des Dekretes, mit dem der Rekurs entschieden wird, ist keine verbindliche Anhörung des Beschwerdeführers vorgesehen. Der Rekurrent ist während des ganzen Verfahrens in eine passive Haltung des Abwartens gedrängt. Er hat darauf zu warten, bis ihm die Entscheidung des hierarchischen Oberen zugestellt wird, ohne selbst an der Formung dieser Entscheidung beteiligt gewesen zu sein. Falls es dennoch zu einer Beteiligung des Rekurrenten kommt, ist dies allein auf eine freiwillige, sorgfältige und verantwortungsbewusste Verwaltung zurückzuführen, oder der Rekurrent ergreift selbst im Rahmen seiner Möglichkeiten die Initiative, indem er argumentiert und eventuell vorhandene Beweismittel beibringt. Eine ganz andere Qualität erreicht das Beschwerdeverfahren, wenn nach einer für den Rekurrenten nicht zufriedenstellende Verwaltungsentscheidung durch das in der Sachfrage zuständige Dikasterium des Heiligen Stuhls die Apostolische 48

Signatur angerufen wird: Das Wesen dieser Beschwerde ist nämlich ein Verwaltungsprozess (recursus contentiosus-administrativus). Konkret bedeutet dies, dass der Rekurrent die Kongregation, die über seine vorhergehende Verwaltungsbeschwerde entschieden hat „vor Gericht zieht“. Das hierarchische Über- und Unterordnungsprinzip, das zwischen Verwaltung und Gläubigen besteht wird nun durchbrochen, sodass sich beide Beteiligten als gleichberechtigte Streitparteien gegenüberstehen. Auch die kirchliche Verwaltung muss im Rahmen des bei der Apostolischen Signatur geführten Prozesses ihren eigenen Rechtsstandpunkt darstellen, eventuelle Beweise beibringen und die zuvor im Dekret getroffene Entscheidung noch einmal vertieft begründen. Es besteht Anwaltspflicht, sodass sich beide Parteien durch einen Rechtsbeistand vertreten lassen müssen. Schließlich nimmt am Verfahren auch ein Vertreter des öffentlichen Wohls teil: Der Kirchenanwalt (Promotor iustitiae) ist als unabhängige und objektive dritte Partei am Prozess beteiligt und würdigt in seinen Stellungnahmen die von den Parteien vorgetragenen Argumente und eingebrachten Beweise. Schon in der Diskussionsphase wird so eine Bewertung der Streitsache erreicht, ohne dass das Urteil des Richterkollegiums vorweggenommen werden würde. Die Parteien haben die Möglichkeit, alle Akten einzusehen. Sie können sich äußern und das, was die eine Partei erwidert, wird der anderen Partei zur Kenntnis gebracht, mit der Folge, dass die Gelegenheit gegeben ist, zu widersprechen und die eigene Sicht der Dinge darzulegen. Infolge des gesetzlich gesicherten und im Verfahren durchbuchstabierten Informations-, Anhörungs- und Verteidigungsrechts kommt es zu einer regen schriftlichen Diskussion, mit dem Ziel, den Sachverhalt vollumfänglich aufzuklären, um eine gerechte Entscheidung treffen zu können. Insgesamt lässt eine Analyse der Verfahrensnormen von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsprozess sowie ein Vergleich des ihnen zugrundeliegenden unterschiedlichen Ansatzes nur den Schluss zu, dass die Einführung einer gerichtlichen Überprüfung von Einzel-Verwaltungsakten, die von den Dikasterien der Römischen Kurie gesetzt oder gebilligt wurden, eine Verbesserung für die Rechtskultur in der Kirche darstellt. Der Fortschritt, den der mutige und prophetische Einsatz Papst Pauls VI., der in einem primatialen Akt am 15. August 196736 an der 36

Mit Erlass der neuen Grundordnung für die Römische Kurie, die Papst Paul VI. am 15. August 1967 erlassen hat, sah er in Art. 106 Regimine Ecclesiae universae für die Apostolische Signatur eine verwaltungsgerichtliche Kompetenz vor, die sie bis dahin nicht hatte. 49

Apostolischen Signatur eine Sectio Altera als kirchliches Verwaltungsgericht eingerichtet hat, gebracht hat, lässt deshalb die Diskussion um die Einrichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenzen zumindest in einigen Ländern, zu denen auch Deutschland gehört, seitdem nicht mehr verstummen. Um es mit Alfred Hierold ins Wort zu fassen: „Überall dort, wo es um die Erforschung und Feststellung der Wahrheit geht, muss der gemeingerichtliche Weg eingeschlagen werden. Gerade in einer Gemeinschaft wie der Kirche, die einen hohen Anspruch auf Recht und Gerechtigkeit erhebt und deren Entscheidungen auch in tiefe geistliche Dimensionen reichen, kann ein gemeingerichtliches Verfahren mehr an Gerechtigkeit hervorbringen als Verfahren auf dem Verwaltungsweg.“37

3. Lokale Verwaltungsgerichte im CIC: Die Interpretation der cann. 1400 § 2 sowie 149 § 2 Ein Blick in den geltenden CIC zeigt, dass an zwei Stellen von einem Verwaltungsgericht (tribunal administrativum) die Rede ist: Can. 1400 determiniert die Objekte kirchlicher Gerichtsverfahren. Dabei wird in can. 1400 § 2 festgelegt: „Streitigkeiten jedoch, die sich aus einer Maßnahme der ausführenden Gewalt ergeben, können nur einem Oberen oder einem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden.“38

In can. 149 § 2 heißt es: „Die Übertragung eines Kirchenamtes an jemanden, der die erforderlichen Eigenschaften nicht besitzt, ist nur dann ungültig, wenn diese Eigenschaf-

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Alfred E. Hierold, Vorgehen auf dem Verwaltungs- oder auf dem Gerichtsweg?, in: Id., ed., Rechtsschutz in der Kirche, Wien 2011, 25–38, hier: 38. „Attamen controversiae ortae ex actu potestatis administrativae deferri possunt solummodo ad Superiorem vel ad tribunal administrativum“. [unser Kursiv!] 50

ten vom allgemeinen oder partikularen Recht oder von den Stiftungsbestimmungen zur Gültigkeit der Amtsübertragungen ausdrücklich verlangt werden; andernfalls ist sie gültig, kann aber durch Dekret der zuständigen Autorität oder durch Urteil eines Verwaltungsgerichts aufgehoben werden.“39

Die Erwähnung des Verwaltungsgerichts an diesen beiden Stellen wird von Kanonisten unterschiedlich interpretiert: Manche sind der Meinung, es handle sich bloß um ein redaktionelles Versehen.40 Andere sind der Auffassung, es sei eine gewollte und ausdrückliche Erwähnung.41 Gian Paolo Montini erinnert daran, dass die betreffenden Normen in der durch das Staatsekretariat nach der Promulgation des CIC erfolgten Bekanntgabe und Berichtigung redaktioneller Fehler42 nicht verändert wurden. Jedoch findet sich die im CIC gewählte Formulierung nicht mehr in den analogen Normen des CCEO (vgl. can. 1055 § 2).43 Javier Ochoa ver-

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„Provisio officii ecclesiastici facta illi qui caret qualitatibus requisitis, irrita tantum est, si qualitates iure universali vel particulari aut lege fundationis ad validitatem provisionis expresse exigantur; secus valida est, sed rescindi potest per decretum auctoritatis competentis aut per sententiam tribunalis administrativi“. [unser Kursiv!] Vgl. z. B. Mario Francesco Pompedda, Diritto processuale nel nuovo Codice di diritto Canonico. Revisione o innovazione?, Roma 1983, 9; Heribert Heinemann, Recht und Rechtsschutz im neuen kirchlichen Gesetzbuch, in: Klaus Lüdicke  –  Hans Paarhammer – Dieter A. Binder, ed., Recht im Dienst des Menschen. Eine Festgabe. Hugo Schwendenwein zum 60. Geburtstag, Graz 1987, 331–347, 340: „Die Aussagen in cc. 1400 § 2 bzw. 149 § 2 mit ihren Verweisen auf das „tribunal administrativum“ dürften folglich als bei der Endredaktion des kirchlichen Gesetzbuches übersehene Trümmer einer bereits vorbereiteten, von vielen Kanonisten als Besinnung auf altes kanonistisches Eigengut gewünschten Wiedereinführung einer „appellatio extraiudicialis“, der Möglichkeit einer Klage zum Schutz und Abwehr rechtlich nicht abgesicherter Verwaltungsakte, angesehen werden.“; Andreas Weiss, Grundfragen kirchlicher Gerichtsbarkeit, in: HdbKathKR3, 1647–1660, hier: 1659 (Anm. 45): „An zwei Stellen des CIC schimmert der vorgesehene und dann doch nicht verankerte gerichtliche Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte noch durch.“ Vgl. z. B. Javier Ochoa, I processi canonici in generale, in: Il nuovo Codice di diritto canonico. Novità, motivazione e significato. Atti della Settimana di Studio 26–30. aprile 1983, Roma 1983, 438–465, 444–445. Vgl. AAS 75 (1983) II, 321–324; AAS 75 (1983) I, 1140; AAS 80 (1988) 1819. Vgl. Gian Paolo Montini, I tribunali amministrativi locali, in: Periodica 91 (2002) 313– 359, 316–317. 51

trat die Meinung, dass die Formulierung „ad Superiorem vel ad tribunal administrativum“ als Wahlmöglichkeit für den Rekurrenten zu verstehen sei, wonach er sich an den hierarchischen Oberen oder direkt an die Apostolische Signatur wenden könne.44 Die Praxis nach der Promulgation des CIC/​1983 zeigt jedoch, dass dies nicht intendiert war. Die Interpretation, dass sich die cann.  1400 §  2 sowie 149 § 2 allein auf die Apostolische Signatur beziehen, ist in der Literatur ebenfalls zu finden.45 Andere Autoren lehnten diesen Bezug auf die Apostolische Signatur mit der Begründung ab, dass sie eben erst dann angerufen werden könne, wenn ein Dikasterium der Römischen Kurie über die Verwaltungsbeschwerde entschieden habe.46 Montini47 schreibt, dass es noch zwei weitere Interpretationsmöglichkeiten gibt, die in der Literatur vertreten werden: Einige Kanonisten erinnern daran, dass sich die entsprechende Norm, wonach die Apostolische Signatur erst dann angerufen werden kann, wenn zuvor der hierarchische Rekurs vom dafür zuständigen Dikasterium des Heiligen Stuhls entschieden worden ist, nicht im CIC selbst befindet, sondern lediglich in Spezialgesetzen. Demnach müssten die entsprechenden Normen des CIC durch die für die Apostolische Signatur erlassene Verfahrensordnung abrogiert worden sein.48 Andere Kanonisten wiederum vertreten die Ansicht, dass sich das tribunal administrativum im Sinne der cann. 1400 § 2 und 149 § 2 sowohl auf die Apostolische Signatur als auch auf jedes andere Verwaltungsgericht, das entsprechend dem Prozessrecht errichtet werden könne, bezieht. Der Bezug zur Apostolischen Signatur wird demnach nicht in

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Vgl. Ochoa, I processi canonici in generale, 456. Vgl. Hubert Socha, in: Münsterischer Kommentar zum CIC, 149/​13 (Oktober 2018). Nach der Ausführung, dass sich in den Fällen, in denen sich ein Gläubiger durch die Amtsübertragung an einen kanonisch Ungeeigneten in seinen Rechten beeinträchtigt sieht, er sich mit Verwaltungsbeschwerde an die Römischen Dikasterien wenden kann und deren Entscheidung durch die Zweite Sektion der Apostolischen Signatur gerichtlich überprüfen lassen kann, weist Socha auf das Desiderat einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit hin: „Entgegen dem Leitsatz 7 für die Reform des CIC (Comm. 1 [1969] 83) wurde die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den teilkirchlichen Ebenen durch den gesamtkirchlichen Gesetzgeber bisher nicht verwirklicht“. Vgl. z. B. Zenon Grocholewski, Atti e ricorsi amministrativi, in: Apollinaris 57 (1984) 259–280, 273. Montini, I tribunali amministrativi locali, 317–318. Vgl. z. B. Pio Vito Pinto, I processi nel Codice di diritto canonico. Commento sistematico al Lib. VII, Città del Vaticano 1993, 45 (Anm. 51). 52

einem ausschließlichen Sinn verstanden.49 Klaus Lüdicke nimmt Bezug auf die Abrogation von can. 1601 CIC/​1917 und sieht in der Formulierung von can. 1400 § 2 die Offenheit des Gesetzgebers, Verwaltungsgerichte auf Ebene der Teilkirche bzw. Bischofskonferenzen zu errichten.50 In der Tat starteten einige Diözesen den Projektversuch diözesaner Verwaltungsgerichte. Der Erzbischof von Milwaukee beispielsweise hat am 31. Juli 1995 für sein Bistum ein „Verwaltungsgericht“ errichtet, an das sich Gläubige gegen Entscheidungen wenden können, die von Pfarrern, Pfarrvikaren, Dekanen, oder Amtsträgern der bischöflichen Kurie, die ggf. mit stellvertretender oder delegierter Vollmacht des Bischofs handeln, erlassen worden waren. Dahinter steht wohl die Rechtsaufassung, wonach auch ein Diözesanbischof aufgrund der Formulierung der cann. 1400 § 2 sowie 149 § 2 ein diözesanes Verwaltungsgericht errichten könne. Die Apostolische Signatur hat jedoch mit Schreiben vom 11. Dezember 1998, Prot. N. 28264/​97 VT, an den Erzbischof von Milwaukee erklärt, dass ein Verwaltungsgericht nicht ohne Approbation des Heiligen Stuhls errichtet werden könne.51 Montini zeigt auf, dass im Partikular-

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Vgl. z. B. Kevin Matthews, The Development and Future of the Administrative Tribunal, in: Studia canonica 18 (1984) 3–233, 187. Vgl. Klaus Lüdicke, Möglichkeit und Notwendigkeit einer partikularrechtlichen kirchlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland, in: De processibus matrimonialibus 6 (1999) 55– 70, hier: 59–60. Heribert Heinemann, Recht und Rechtsschutz im neuen kirchlichen Gesetzbuch, 340: „Mit viel Wohlwollen könnte die Erwähnung der Verwaltungsgerichte in cc. 149 § 2, 1400 § 2 jedoch auch dahingehend interpretiert werden, dass es Aufgabe der Bischofskonferenzen wäre, solche verwaltungsgerichtlichen Wege zu schaffen, wie sie die Bayerische Bischofskonferenz in vorbildlicher Weise bereits vorbereitet hatte. Dazu aber fehlt m.E. bisher der Auftrag des Gesetzgebers, wenngleich zuzugeben ist, dass die Bischofskonferenz darauf nicht notwendigerweise warten muss.“ Vgl. Montini, I tribunali amministrativi locali, 313–359, insbesondere 325–326 und 341–342. Die Apostolische Signatur schreibt in dem oben genannten Brief an den Bischof von Milwaukee u. a.: „It would, however, seem better to avoid the term „Administrativ Tribunal“ for this arrangement since it is clear from the explanation given in your letter and from the discussion with N. N. that it is not a true administrativ tribunal. In this regard, moreover, it is the opinion of this Supreme Tribunal that a true administrativ tribunal could not be erected without the approval of the Apostolic See. “ Gleichzeitig wird aber auf die Bedeutung von Schlichtungsstellen im Sinne von can. 1733 sowie die adäquate Vorbereitung von Verwaltungsakten, einschließlich der Wahrung des Verteidigungsrechts, unter Verweis auf cann. 1737–1739, 50–51 betont. Nicht zuletzt unterstreicht das Schreiben der Apostolischen Signatur die Bedeutung von qualifizierten Mitarbeitern des Bischofs, deren Einbindung ins Verfahren sowie die Empfehlung an den 53

recht der syro-malabaresischen Kirche ebenfalls eine Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehen ist.52 Wie jedoch die Analyse von Statik und Dynamik dieser Institution zeigt, handelt es sich hier eher um eine Schlichtungsstelle im Sinne von can. 1733 als um ein Verwaltungsgericht im eigentlichen Sinn. Die Einrichtung von diözesanen Schlichtungsstellen, die nach einer festen Verfahrensordnung, die durch Diözesangesetz erlassen wird und an das auch der Bischof gebunden ist,53 vorgehen, hat jedenfalls den Vorteil, dass in einer frühen Phase eines sich anbahnenden Rechtsstreits durch die mögliche Einbindung von Rechtsexperten und der Wahrung des Verteidigungsrechts die Formung eines recht- und zweckmäßigen Verwaltungsaktes auf diözesaner Ebene noch erreicht werden kann, verbunden mit der Hoffnung, dass so ein Rechtsstreit vermieden wird. Wenn wir der Frage nach der Möglichkeit einer Einrichtung von Verwaltungsgerichten auf den Grund gehen wollen, scheint in diesem Kontext der Hinweis auf drei weitere Institutionen im Bereich der DBK angebracht zu sein:54

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Bischof, sich deren Ratschlag zu eigen zu machen: „It is also wise and prudent that you rely upon the assistance of competent persons to relieve you of the burden of examing every such case and that you make your own the decisions they propose“. Vgl. Gian Paolo Montini, De iudicio contentioso ordinario. De processibus matrimonialibus. I. Pars statica, Ad usum Auditorum, Romae 2014, 23 (Fußnote 21): „All disputes and complaints with regard to the conduct, proceedings, resolutions, decisions and actions taken or adopted by the Potuyogam or Pratinidhiyogam shall be preferred by the aggrieved before administrative Tribunal constitued by the eparchial bishop for such purpose, within seven days from the date of such yogam. The Tribunal shall dispose off [sic!] the dispute or complaint within 30 days from the receipt of such complaints. A recourse shall lie on the decision of the Tribunal to the eparchial bishop within 15 days of such decision of the Tribunal. The eparchial bishop shall dispose off [sic!] the recourse expeditiously as possible and his decision shall be final“ (The Palliyogam – Procedures Roles – of the Syro-Malabar Major Archiepiscopal Curch, in: Synodal News. Bulletin of the Syro-Malabar Major Archiepiscopal Curch n. 11 [1998] 44–74). Vgl. auch Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Prot. N.  38171/​06 VT (unveröffentlicht). Eine mögliche Verletzung der diözesanen Ordnung wäre ein weiterer Grund, um zu rekurrieren. Gernot Sydow, Perspektiven der kirchlichen Gerichtsbarkeit. Die Datenschutzgerichte der katholischen Kirche als (über)spezialisierte kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: KuR 25 (2019) 1–8; hier: 8, merkt nämlich diesbezüglich in zutreffender Weise an: „[Die Diskussion um die Errichtung kirchlicher Verwaltungsgerichte] ist um eine zusätzliche Perspektive und ein zusätzliches Argument zu erweitern: Funktional sind 54

a) Disziplinargerichte In einigen Diözesen im Bereich der DBK bestehen, in Analogie zum staatlichen Beamtenrecht, auch für kirchliche Beamte eine eigene Disziplinarordnung sowie eine Disziplinargerichtsbarkeit.55 Diese Gerichte entscheiden über mögliche Disziplinarmaßnahmen, bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, die im Hinblick auf das bonum commune Ecclesiae verhängt werden. Ein detailliertes Verfahrensrecht und eine Objektivierung der Entscheidung durch die Einsetzung eines Entscheidungskollegiums führt zu mehr Rechtssicherheit und zu einer Entlastung des Diözesanbischofs in der Entscheidungsfindung. b) Arbeitsgerichte56 Die Arbeitsgerichte, die von der DBK nach Genehmigung durch die Apostolische Signatur errichtet worden sind, sind eine spezialisierte Form einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit für Rechtsstreitigkeiten, die sich aufgrund eines eng begrenzten Bereichs partikularen Arbeits- und Dienstrechts ergeben können. Die Präambel der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO)57 fasst es folgendermaßen ins Wort: „Die Deutsche Bischofskonferenz erlässt aufgrund eines besonderen Mandats des Apostolischen Stuhles gemäß can. 455 § 1 CIC in Wahrnehmung der der Kirche durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland garantierten Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen,

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kirchliche Verwaltungsgerichte in der katholischen Kirche in Deutschland bereits vorhanden, wenn auch unter anderen Bezeichnungen und in einer unsystematischen Weise mit zersplitterten Kompetenzen.“ Vgl. Montini, I tribunali amministrativi, 344–346; Id., Una cittadina tedesca, la strada che porta al Duomo medievale sulla collina, la vetrina di un negozio e … alcune vignette satiriche. Un processo disciplinare canonico, in: QDE 31 (2018) 329–335. Vgl. Alfred E. Hierold, Die Arbeitsgerichtsbarkeit der Katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, in: Stephan Haering – Johann Hirnsperger – Gerlinde Katzinger – Wilhelm Rees, ed., In mandatis meditari. Festschrift für Hans Paarhammer zum 65. Geburtstag, Berlin 2012, 671–680. Die KAGO findet sich veröffentlicht: DBK, Kirchliches Arbeitsrecht, Bonn 20152 (Die deutschen Bischöfe, 95), 146–178. 55

- zur Sicherung der Glaubwürdigkeit der Einrichtungen, welche die Kirche unterhält und anerkennt, um ihren Auftrag in der Gesellschaft wirksam wahrnehmen zu können, - zur Herstellung und Gewährleistung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes auf den Gebieten der kirchlichen Ordnungen für das Zustandekommen von arbeitsvertragsrechtlichen Regelungen und das Mitarbeitervertretungsrecht, wie dies in Artikel 10 Absatz 2 der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ (GrO) vorgesehen ist, - zur Sicherstellung einer einheitlichen Auslegung und Anwendung der in den deutschen Bistümern übereinstimmend geltenden arbeitsrechtlichen Grundlagen die folgende Ordnung […].“58

Dabei haben die Arbeitsgerichte keine Zuständigkeit für Streitigkeiten, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben (vgl. § 2 Abs. 3 KAGO), sondern lediglich für Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Recht der nach Art. 7 GO gebildeten Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts (vgl. § 2 Abs. 1 KAGO) sowie für Rechtsstreitigkeiten, die sich aus dem Mitarbeitervertretungsrecht sowie dem Recht der Mitwirkung in Caritas-Werkstätten für Menschen mit Behinderungen einschließlich des Wahlverfahrensrechts und des Verfahrens vor der Einigungsstelle (vgl. § 2 Abs. 2 KAGO) ergeben. Es ist sowohl ein Gericht erster Instanz auf Ebene des Bistums59 sowie ein Gericht zweiter Instanz auf Ebene der DBK vorgesehen (vgl. § 1 sowie § 14 und § 21 KAGO). c) Datenschutzgerichte Ebenfalls als eine spezialisierte Form einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde im Bereich der DBK jüngst eine Datenschutzgerichtsbarkeit eingeführt. Die Kirchliche Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO)60 wurde durch Beschluss der Vollversammlung der DBK vom 20. Februar 2018 approbiert. Die

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Präambel der KAGO. Mehrere Bistümer können jedoch auch ein gemeinsames Gericht erster Instanz einrichten (vgl. § 14 Abs. 2 KAGO). Veröffentlicht in: https://​www.erzbistum-muenchen.de/​cms-media/​media-42967520. pdf (abgerufen: 9. Dezember 2019). 56

Recognitio durch die Apostolische Signatur erfolgte am 3. Mai 2018. Im Rahmen der Selbstverwaltung, die der Kirche nach den geltenden staatlichen Normen zukommt, kann vor diesen kirchlichen Gerichten die Verletzungen der Privatsphäre (vgl. can.  220)61 durch kirchliche Amtsträger geltend gemacht werden. Mit Genehmigung der Apostolischen Signatur wurde demnach von den beteiligten Bischöfen ein gemeinsames interdiözesanes Gericht erster Instanz mit Sitz in Köln (vgl. § 1 Abs. 1 KDSGO) sowie von der DBK ein Interdiözesanes Gericht zweiter Instanz mit Sitz in Bonn (vgl. §  1 Abs.  2 KDSGO) errichtet. Die Gerichte sind zuständig für die „Überprüfung von Entscheidungen der Datenschutzaufsichten der Katholischen Kirche in Deutschland sowie für gerichtliche Rechtsbehelfe der betroffenen Person gegen den Verantwortlichen oder den kirchlichen Auftragsverarbeiter“ (§ 2 Abs. 1 KDSGO).

4. Die Kompetenz zur Errichtung lokaler Verwaltungsgerichte Wie unter Bezugnahme auf divergierende Meinungen unterschiedlicher Autoren in Bezug auf die Interpretation der cann. 1400 § 2 sowie 149 § 2 dargelegt wurde, besteht keine einheitliche Rechtsauffassung unter den Kanonisten darüber, ob eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt werden kann. Die Antwort der Apostolischen Signatur an den Erzbischof von Milwaukee macht jedoch deutlich, dass ein einzelner Bischof zur Errichtung eines diözesanen Verwaltungsgerichts die Approbation des Heiligen Stuhls braucht. Jedoch sind weltweit Einrichtungen vorhanden, die eine Analogie zu einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Diözesanebene erkennen lassen. Im Bereich der DBK ist mit der kirchlichen Arbeits- sowie Datenschutzgerichtsbarkeit mit Genehmigung des Apostolischen Stuhls eine spezialisierte Form einer Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits verwirklicht. Der Beschluss der DBK, nunmehr eine Ordnung zur Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erarbeiten, führt deshalb erneut zur Frage, ob sie hierfür eine Zuständigkeit beanspruchen kann, es ggf. die Approbation der Apostolischen

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Es fällt negativ auf, dass diese kodikarische Grundnorm in der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO) nicht einmal Erwähnung findet. 57

Signatur braucht oder sogar eine Intervention des gesamtkirchlichen Gesetzgebers notwendig ist.

4.1. Kann die Bischofskonferenz eine Zuständigkeit in der Sachfrage beanspruchen? Die Bischofskonferenz, als Zusammenschluss von Bischöfen eines bestimmten Gebietes oder einer bestimmten Nation, dient unter anderem der gemeinsamen Ausübung gewisser pastoraler Aufgaben, wie can. 447 festlegt. Insofern könnte die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz eine dieser Aufgaben sein, die unter genannte Norm zu subsumieren wäre. Wenn die Ordnung zur Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit als gesetzgeberischer Akt der Bischofskonferenz intendiert ist, kommt die DBK an ihre Grenze, da sie Allgemeindekrete (decreta generalia) nur in den Angelegenheiten erlassen kann, in denen sie das allgemeine Recht vorschreibt, oder aufgrund eines besonderen Mandats des Heiligen Stuhls, das aus eigenem Antrieb oder auf Bitten der Konferenz hin erteilt worden ist (vgl. can. 455 § 1). Da der CIC der Bischofskonferenz nicht das Recht einräumt, in dieser Sachfrage Gesetze zu erlassen, bräuchte es hierfür ein Mandat des Heiligen Stuhls, sofern nicht die These zutrifft, dass es in dieser spezifischen Rechtsmaterie eine Intervention des Papstes als Gesetzgeber braucht, wie weiter unten diskutiert werden wird. Nach Art. 82 Pastor bonus ist es in der Zuständigkeit der Kongregation für die Bischöfe, ggf. die Dekrete der Bischofskonferenzen zu rekognoszieren, wobei sie sich in diesem Verfahren mit den anderen Dikasterien des Heiligen Stuhls, die eine materielle Zuständigkeit beanspruchen, berät. Im Hinblick auf das Gerichtswesen ist dies die Apostolischen Signatur, die neben der Aufgabe, „die Funktion des obersten Gerichts auszuüben, dafür [sorgt], dass die Gerechtigkeit in der Kirche auf rechte Weise gepflegt wird“ (Art. 121 Pastor bonus). Die DBK könnte also den Weg gehen, von der Bischofskongregation, die sich zuvor mit der in der Sachfrage zuständigen Apostolischen Signatur berät – immer vorausgesetzt, dass es keine Intervention des Papstes als Gesetzgeber braucht – das Mandat zu erbitten, ein Allgemeindekret zur Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich der DBK zu erarbeiten und es in einem zweiten Schritt, nach erfolgter Recognitio des Heiligen Stuhls als Gesetz der Bischofskonferenz in Kraft zu setzen. 58

4.2. Kann die Apostolische Signatur die Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit approbieren? Wenn die Rechtsaufassung zutrifft, dass die cann. 1400 § 2 und 149 § 2 in ihrer Formulierung, dass die Gläubigen entweder an den hierarchischen Oberen oder an ein Verwaltungsgericht rekurrieren können, schon jetzt die Möglichkeit offen lassen, eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit einzurichten, dann hat die Apostolische Signatur alle administrativen Mittel zur Verfügung, in ihrer Zuständigkeit hinsichtlich der Rechtspflege und der Gerichtsaufsicht, die Errichtung von Verwaltungsgerichten sowie die zur Genehmigung vorgelegte Ordnung zu bewerten und, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, zu approbieren. Ein Indiz dafür, dass dies eine ernstzunehmende Rechtsauffassung ist, ist das Schreiben der Apostolischen Signatur an den Erzbischof von Milwaukee, dass ein Verwaltungsgericht nicht ohne Approbation des Heiligen Stuhls errichtet werden könne. Dies ist zwar eine Negativformulierung, da in dem Schreiben nicht die Voraussetzungen für eine mögliche Approbation genannt sind. Allerdings steht damit im Raum, dass eine solche Genehmigung durchaus potentiell erteilt werden könne. Dabei wird es sicher im Ermessen der Apostolischen Signatur sein, darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen in der Abwägung aller Einzelaspekte und Umstände gegeben sind. Zu Recht wird in der Diskussion aber darauf hingewiesen, dass im Bereich der DBK schon jetzt eine vom Heiligen Stuhl genehmigte Arbeitsgerichtsbarkeit sowie eine Datenschutzgerichtsbarkeit besteht und damit Spezialgerichte errichtet wurden, die vom allgemeinen Recht nicht vorgesehen und damit praeter ius sind, was aber nicht heißt, dass sie deshalb contra ius wären.

4.3. Bedarf es einer Intervention des Gesetzgebers zur Einführung lokaler Verwaltungsgerichte? Wie aus der Analyse der Entwicklungsgeschichte des nach dem Zweiten Vatikanischen Konzils erneuerten CIC hervorgeht, war im letzten Entwurfsschema, das nach der Vollversammlung der Mitglieder der Codexreformkommission erstellt wurde, zumindest eine fakultative Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz vorgesehen. Der Codex sollte zudem 59

eine konkrete Verwaltungsprozessordnung enthalten. Der promulgierte CIC enthielt jedoch diese Normen nicht, was unter Kanonisten allgemein große Verwunderung hervorrief. Wie aus der dem CIC vorangestellten Praefatio zu entnehmen ist, hat „der Papst […] höchstpersönlich mithilfe einiger Sachverständiger und unter Anhörung des Pro-Präses der Päpstlichen Kommission zur Revision des Codex Iuris Canonici dieses neueste Schema“62 überprüft. Hier muss wahrscheinlich Ort und Umstand sein, die dazu führten, dass Papst Johannes Paul II. entschieden hat, die Normen über eine lokale kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Entwurfsschema zu streichen. Wenn nun die Rechtsauffassung vertreten wird, dass dieses Streichen der Normen eine bewusste päpstliche gesetzgeberische Entscheidung war, keine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit einzuführen, dann wäre es nicht im Ermessen von Verwaltungsbehörden, einen diesbezüglichen Antrag positiv zu bescheiden, da die Rechtsgrundlage hierfür fehlen würde. Es bräuchte daher einen gesetzgeberischen Akt des Papstes, sei es durch ein allgemeines Gesetz oder ein Spezialgesetz, das für bestimmte Bischofskonferenzen Geltung beanspruchen könnte, oder durch eine vom Papst gewährte approbatio specifica eines ihm vorgelegten Verwaltungsaktes, mit der eine Ordnung zur Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit genehmigt werden soll.63 Mit dem langjährigen Sekretär und Präfekten der Apostolischen Signatur, Kardinal Zenon Grocholewski, der im Übrigen selbst zu den in der Praefatio zum CIC genannten Sachverständigen, mit denen der Papst das letzte Entwurfsschema beriet, gehörte, darf jedoch die These bezweifelt werden, dass der Papst durch das Streichen der einschlägigen Normen die Einführung von lokalen Verwaltungsgerichten gesetzgeberisch verbieten wollte. Grocholewski verweist auf can.  1400 §  2, wonach der Gläubige an den hierarchischen Oberen oder an ein Verwaltungsgericht 62

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„Summus Pontifex, autem, per Se ipsum, adiuvantibus quibusdam peritis auditoque Pro-Preside Pontificiae Commissionis Codici Iuris canonici recognoscendo, huiusmodi novissimum Schema recognovit […]“. Klaus Lüdicke, Verwaltungsgerichtsbarkeit: in: Lexikon des Kirchenrechts, hg. von Stephan Haering – Heribert Schmitz, Freiburg 2004, 989–991, hier: 990, beispielsweise scheint für eine gesetzgeberische Intervention zu plädieren, wenn er in Bezug auf die von der Würzburger Gemeinsamen Synode erarbeitete Verwaltungsgerichtsordnung schreibt: „Eine Inkraftsetzung im Zusammenwirken zwischen teil- und universalkirchlichem Gesetzgeber wäre möglich, weil die Sperre des alten Rechts [= can. 1601 CIC/​ 1917] gefallen ist.“ 60

rekurrieren könne. Hier sei nicht die Apostolische Signatur gemeint, sondern es seien die lokalen Verwaltungsgerichte intendiert. Auch wenn der promulgierte CIC keine eigenen Normen im Hinblick auf ihre Errichtung sowie ihre Verfahrensordnung mehr enthalte, sei doch das Vorhandensein dieser Norm mit hoher Wahrscheinlichkeit Rechtsgrundlage für ihre etwaige Errichtung, Struktur, Natur und Prozessordnung. Insofern brauche es für die Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit keiner weiteren gesetzgeberischen Intervention des Papstes.64

4.4. Conclusio Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass es zwei denkbare mögliche Wege gibt, eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich der DBK einzuführen: Den Erlass eines Allgemeindekretes in der oben beschriebenen Vorgehensweise oder die Approbation einer Verwaltungsgerichtsordnung durch die Apostolische Signatur. Eine gesetzgeberische oder administrative Intervention des Papstes scheint nicht notwendig zu sein.

5. Das Verhältnis einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur Die Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit führt nicht zu einer Entwertung der Apostolischen Signatur. Ganz im Gegenteil: Sie würde durch ihre wegweisende höchstrichterliche Rechtsprechung, durch ihren Charakter als Oberster Gerichtshof und damit als Letztinstanz sowie ihre Rolle als Gerichtsaufsichtsbehörde Bezugsgröße für etwaige Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenz bleiben.

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Vgl. Grocholewski, Atti e ricorsi amministrativi, 273–276. 61

5.1. Ausrichtung und Bindung lokaler Verwaltungsgerichte an der höchstrichterlichen Rechtsprechung der Apostolischen Signatur Schon jetzt gibt es, aufgrund der über fünfzig Jahre währenden Tätigkeit der Apostolischen Signatur als einziges und zugleich höchstes Verwaltungsgericht, in vielen Bereichen eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung. Auch wenn nicht alle Sentenzen oder Dekrete veröffentlicht werden, so ist es Praxis des Obersten Gerichtshofs geworden, in kanonistischen Fachzeitschriften ausgewählte Entscheidungen zu veröffentlichen oder deren Publikation, die i. d. R. mit einem privaten Kommentar eines Kanonisten versehen sind, zu approbieren. Diesbezüglich übernimmt sie im Übrigen eine ihr in Art. 11 §4 Lex propria mittlerweile vom Gesetz zugewiesene Aufgaben.65 Schon jetzt, d. h. ohne bestehende lokale Verwaltungsgerichte, will die Veröffentlichung einschlägiger Rechtsprechung einer verbesserten Rechtskultur in der Kirche dienen.66 Adressat ist in erster Linie die kirchliche Verwaltung, die durch das Studium und die Kenntnisnahme einschlägiger Gerichtsentscheidungen in der Applikation der einschlägigen Normen des Kirchenrechts eine Richtschnur erhält, an der sie sich in der Verwaltungspraxis orientieren kann.67 Dies dient im Übrigen auch der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten. Falls auf Ebene der Bischofskonferenz eine Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt werden würde, wäre darüber hinaus die höchstrichterliche Rechtsprechung der Apostolischen Signatur Maßstab für die Rechtspflege an diesen neuen Gerichten. Schon jetzt dienen einschlägige Studien, die sich mit der Rechtsprechung der Sectio Altera der Apostolischen Signatur befassen, die-

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Demnach werden vom Leiter der Gerichtskanzlei der Apostolischen Signatur alle Entscheidungen im Archiv gesammelt. Einige jedoch, die der Präfekt im Kongress ausgewählt hat, werden jährlich veröffentlicht: „Ipse curat ut omnes decisiones colligantur, quarum aliquae, quotannis a Praefecto in Congressu selectae, ope Supremi Tribunalis publici iuris fiunt“ (Art. 11 § 4 Lex propria). Ein von Gian Paolo Montini erstelltes Verzeichnis aller veröffentlichter und ggf. kommentierter Urteile bzw. Dekrete der Apostolischen Signatur in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten findet sich auf der Internetseite der Kanonistischen Fakultät der Päpstlichen Universität Gregoriana: www.iuscangreg.it (Giurisprudenza Segnatura Apostolica). Es ist nämlich die Rechtsauffassung und Rechtspraxis der Römischen Kurie zur Interpretation des kanonischen Rechts heranzuziehen (vgl. in Analogie can. 19). 62

ser Perspektive.68 Auffallend ist jedoch, dass sich in der deutschsprachigen Kanonistik nur selten einschlägige Monographien oder Kommentare zu Gerichtsentscheidungen dieses Verwaltungsgerichts finden lassen.69 Wenn man aber, wie es Intention der DBK ist, den Dienstcharakter kirchlicher Verwaltung mehr als bisher herausstellen möchte, ist eine Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung der Apostolischen Signatur und generell eine aufmerksame kirchliche Rechtskultur, wie noch weiter unten auszuführen sein wird, unabdingbare Voraussetzung. Hier könnte und müsste die Kanonistik als kirchliche Rechtswissenschaft ihren spezifischen Beitrag leisten. Umgekehrt braucht es die Offenheit aller in der Pastoral und kirchlichen Verwaltung Tätigen, sodass sich Recht und Pastoral nicht als zwei monolithische Blöcke gegenüberstehen, sondern das Bewusstsein wächst, dass sie sich gegenseitig bedingen und beleben.70

5.2. Möglichkeit der Berufung an den Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur Auch nach einer etwaigen Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit wird die Apostolische Signatur als oberstes Verwaltungsgericht koexistent bleiben. Neben der Bindung lokaler Verwaltungsgerichte an die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung der Apostolischen Signatur wird konkret die Frage zu klären sein, welche Berufungsmöglichkeiten die lokale Verwaltungsgerichtsordnung vorsehen wird und wie die Möglichkeit der Rekurrenten auch weiterhin gewahrt bleibt, Klage beim Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur einreichen zu können. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus dem allgemeinen Recht der Gläubigen, aufgrund des päpstlichen Jurisdiktionsprimats an den Heiligen 68

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Vgl. z. B. Michael Landau, Amtsenthebung und Versetzung von Pfarrern. Eine Untersuchung des geltenden Rechts unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung der Zweiten Sektion des Höchsten Gerichts der Apostolischen Signatur, Frankfurt am Main 1999; Edward Lohse, Restricting the right of the faithful to enter a church for divine worship: Law and Jurisprudence, Roma 2016. Hier wären die Studien von Landau, Fürnkranz und Ambros zu nennen. Vgl. Matthias Ambros, Trennung von Recht und Pastoral überwinden. Perspektiven der neuen Instruktion zum Kirchenrechtsstudium, Herder Korrespondenz 73/​1 (2019) 32–34. 63

Stuhl zu rekurrieren, der eine Entscheidung an sich ziehen kann (vgl. can. 1417 § 1). Neben diesem außerordentlichen Rechtsmittel, dass nicht ipso facto die Jurisdiktion des zuständigen Richters unterbricht (vgl. can. 1417 § 2), sollten auch in der Prozessordnung selbst ordentliche Berufungsmöglichkeiten an ein Gericht des Apostolischen Stuhls vorgesehen werden, was im Jurisdiktionsprimat des Papstes ebenfalls seine theologische Grundlegung findet.71 Ein Beispiel für ein auf ortskirchlicher Ebene entwickeltes Projekt einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit stellt die sogenannte „Würzburger Verwaltungsgerichtsordnung“ dar, die am 19. November 1975 von der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland als „Entwurf einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsordnung für den Bereich der DBK“ (KVGO) beschlossen wurde.72 Der Entwurf zeigt, dass die Gerichtsverfassung ein Gericht ersten Grades für jedes Bistum vorsah (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 KVGO), falls nicht ein interdiözesanes Gericht für mehrere Bistümer errichtet wird (§ 3 Abs. 2 KVGO). Als Gericht zweiten Grades war auf Ebene der DBK das „Obere Verwaltungsgericht“ als Berufungsinstanz vorgesehen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KVGO). Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts ersten Grades kann, wie es im Entwurfsschema § 95 Abs. 1 KVGO vorgesehen war, an das Obere Verwaltungsgericht eingelegt werden. Wenn das Obere Verwaltungsgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung nicht aufhebt und die Sache

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Denn schon L. Kéry gibt aus rechtshistorischer Sicht zu Bedenken: „Jedoch auch in den Ortskirchen gab es Gründe dafür, sich nicht an die regionalen bischöflichen Gerichtshöfe, sondern an die Kurie zu wenden. Man suchte die Antwort bei der Zentrale nicht nur, weil man hier die besseren Rechtskenntnisse voraussetze und sich als Kläger oder Beklagter vom päpstlichen Gericht ein objektiveres Urteil erhoffte als vom eigenen Bischof, an dessen curia auch lokale Machtinteressen eine Rolle spielten, sondern erkannte solchen Antworten aus der Zentrale eine besondere Autorität im Hinblick auf die Durchsetzung der Entscheidung vor Ort zu“ (Lotte Kéry, Dekretalenrecht zwischen Zentrale und Peripherie, in: Jochen Johrendt – Harald Müller, ed., Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie. Das universale Papsttum als Bezugspunkt der Kirchen von den Reformpäpsten bis Innozenz III., Berlin 2008, 19–45, hier: 24–25). Vgl. Ordnung für Schiedsstellen und Verwaltungsgerichte der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (Kirchliche Verwaltungsgerichtsordnung – KVGO), in: Gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland, 734–763. Walter Bayerlein, Einleitung, 727–734, hier: 729, weiß zu berichten, dass nach „Annahme verschiedener Modifikationen (…) die Vorlage durch die Gemeinsame Synode in ihrer 8.  Vollversammlung am 19. November 1975 mit 239 Ja-Stimmen gegen 7 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen verabschiedet (Prot. VIII, 40–57)“ wurde. 64

an das Verwaltungsgericht zurückweist, wie § 100 KVGO als Möglichkeit vorsah, sondern in der Sache selbst in zweiter Instanz entscheidet, war im Entwurfsschema vorgesehen, dass die Apostolische Signatur in dritter Instanz angerufen werden könne (vgl. § 101 Abs. 1 KVGO). Wenn jedoch das Obere Verwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, war lediglich Nichtigkeits- oder Restitutionsbeschwerde als zulässig vorgesehen (vgl. §  101 Abs.  2 KVGO). Eine Ausnahme waren jedoch Klagen gegen Entscheidungen, die dem Bischof selbst vorbehalten sind: Hier sollte im ersten Instanzenzug das Obere Verwaltungsgericht zuständig sein (vgl. § 34 Abs. 3 KVGO). Daraufhin war die Klagemöglichkeit an die Apostolische Signatur eröffnet (vgl. § 106 KVGO). Die Rolle der Apostolischen Signatur als oberstes Verwaltungsgericht kommt im letzten Entwurfsschema des Codex Iuris Canonici, das noch lokale Verwaltungsgerichte vorsah, deutlicher zum Tragen als in der KVGO: Das Schema novissimum 1982 sah in can. 1737 § 173 vor, dass – wie schon dargelegt – auf Ebene der Bischofskonferenz fakultativ ein Verwaltungsgericht ersten Grades oder auch mehrere Verwaltungsgerichte ersten Grades, die über das Territorium der Bischofskonferenz verteilt sein sollten, errichtet werden können. Can. 1738 § 174 Schema novissimum 1982 bestimmte zudem, dass auf Ebene der Bischofskonferenz fakultativ auch ein Verwaltungsgericht zweiten Grades errichtet werden könne. Nach der Entscheidung eines lokalen Verwaltungsgerichts ersten Grades war in can. 1739, 2°75 Schema novissimum 1982 immer der Rechtsweg eröffnet, Klage beim Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur einzureichen, und zwar kumulativ mit dem lokalen Verwaltungsgericht zweiten Grades oder, falls das lokale Verwaltungsgericht zweiten Grades angerufen wurde, war Klagemöglichkeit in dritter Instanz bei der Apostolischen Signatur vorgesehen. Damit sollte das Recht der Gläubigen gesichert werden, sich an ein Gericht des Apostolischen Stuhls wenden zu können. Zudem wurde durch diese Norm der Charakter der 73

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„Unaquaeque Episcoporum conferentia tribunal administrativum stabiliter constituere potest, vel, si opus sit, plura per territorium distributa, quae videant in primo gradu de recursibus adversus decreta ab Episcopis extra iudicium lata“. „Conferentia Episcoporum potest etiam unum tribunal administrativum secundi gradus constituere appellationibus recipiendis adversus sententias in primo gradu latas a tribunalibus, de quibus in can. 1737“. „in secundo vel tertio gradu de appellationibus adversus sententias latas a tribunalibus administrativis primi vel secundi gradus, servatis tamen praescriptis can. 1738, § 2“. 65

Apostolischen Signatur als oberstes Verwaltungsgericht gestärkt. Man kann sich jedoch vorstellen, dass Gerichtsverfahren, die in erster, zweiter und ggf. in dritter Instanz geführt werden, durchaus Zeit sowie personelle und materielle Ressourcen in Anspruch nehmen.

5.3. Gerichtsaufsicht der Apostolischen Signatur über lokale Verwaltungsgerichte Neben dem nach Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtbarkeit bleibenden Bezug zur Apostolischen Signatur als oberstes Verwaltungsgericht, das ggf. in letzter Instanz höchstrichterliche Entscheidungen trifft und an deren ständiger Rechtsprechung sich die lokalen Verwaltungsgerichte auszurichten haben, gibt es zur Apostolischen Signatur einen weiteren Bezugspunkt: Sie ist neben ihrer judikativen Zuständigkeit auch Gerichtsaufsichtsbehörde.76 Als solche errichtet sie ggf. Gerichte, und nimmt einen jährlichen Rechenschaftsbericht entgegen, analog der jetzt schon bestehenden Verpflichtung der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Sie kann auch disziplinäre Entscheidungen in Bezug auf die Rechtspflege, sowohl was das Gerichtspersonal als auch die am Gericht zugelassenen Anwälte betrifft, vornehmen. Ferner ist sie als Gerichtsaufsichtsbehörde auch hierarchischer Oberer im Falle einer Verwaltungsbeschwerde gegen Verwaltungsentscheidungen, die im Bereich der Gerichtsverwaltung auf lokaler Ebene getroffen werden.

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Generell sind die Kompetenzen der Apostolischen Signatur als Gerichtsaufsichtsbehörde in Art.  35 Lex propria zusammengefasst „Signaturae Apostolicae quoque est rectae administrationi iustitiae invigilare, et speciatim: 1º in ministros tribunalium, advocatos vel procuratores, si opus sit, animadvertere; 2º videre de petitionibus Sedi Apostolicae porrectis ad obtinendam causae commissionem apud Rotam Romanam, dispensationem a legibus processualibus, Ecclesiis orientalibus haud exclusis, vel aliam gratiam relative ad iustitiam administrandam; 3º tribunalium inferiorum competentiam prorogare; 4º approbationem Tribunalis appellationis Sanctae Sedi reservatam concedere; 5° promovere et approbare erectionem tribunalium interdioecesanorum; 6° cognoscere de iis quae Signaturae Apostolicae per conventiones inter Sanctam Sedem et Civitates tribuuntur“. Vgl. auch Artt. 106–121 Lex propria sowie Art. 125 Pastor bonus. 66

6. Zusammenfassung und Ausblick Der Rückgriff auf die mittlerweile vollständig veröffentlichten Entwürfe der zur Reform des kirchlichen Gesetzbuches eingesetzten Kommission legt dar, dass es breiter Konsens war, dass sich Gläubige gegen Maßnahmen der Verwaltung sowohl mit Beschwerden an die Verwaltung als auch mit verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfen zur Wehr setzen können sollten. Neben der Apostolischen Signatur waren daher auf Ebene der Bischofskonferenz Verwaltungsgerichte zunächst verpflichtend, in einem letzten Entwurfsstadium des CIC wenigstens fakultativ vorgesehen. Erst der promulgierte CIC/​ 1983 verfolgte die Idee einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr, was zur Folge hatte, dass Gläubige derzeit Einzel-Verwaltungsakte lediglich durch Verwaltungsbeschwerde an das zuständige Dikasterium der Römischen Kurie und anschließend durch Verwaltungsklage bei der Apostolischen Signatur anfechten können. Die Diskussion um die Einrichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz ist dennoch seitdem nie ganz verstummt, spricht sogar das kirchliche Gesetzbuch in den cann.  149 § 2 sowie 1400 § 2 von „Verwaltungsgericht“, was wohl dahingehend zu interpretieren ist, dass der Gesetzgeber die Einrichtung derartiger Gerichte auf lokaler Ebene unter gewissen Umständen zumindest potentiell ermöglicht, ohne jedoch Struktur und Verfahrensordnung festlegen zu wollen. Da das geltende Recht, wie gezeigt wurde, die zumindest potentielle Existenz von Verwaltungsgerichten neben der Apostolischen Signatur vorsieht, kann die Deutsche Bischofskonferenz aus meiner Sicht nur bestärkt werden, dieses Projekt anzugehen und die Errichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz umzusetzen. Hierbei empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: a. Die Erarbeitung einer konkreten Verfahrensordnung für die Verwaltungsgerichte auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz, die sich m.E. am Schema des Codex Iuris Canonici von 1982 (siehe Anhang) orientieren sollte. b. Die Vorlage des Entwurfs der Verfahrensordnung bei der Apostolischen Signatur mit der Bitte um deren Stellungnahme. c. Die Vorlage eines evtl. durch das Votum der Apostolischen Signatur erforderlichen modifizierten Entwurfs beim Staatssekretariat mit der Bitte 67

um die Erteilung des mandatum durch den Papst,77 um die Verfahrensordnung für den Bereich der Deutschen Bischofskonferenz in Kraft setzen zu können.78 Es empfiehlt sich dabei die Erarbeitung eines neuen Entwurfs, denn bei der Diskussion um den Würzburger Entwurf war die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Apostolischen Signatur erst in den Anfangsjahren und der Codex Iuris Canonici war noch nicht erlassen. Das bedeutet, dass für die Würzburger Verwaltungsgerichtsordnung in erster Linie Anleihen aus der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit und den einschlägigen Gesetzen genommen wurden. Insofern sollte eine neu zu erarbeitende Verwaltungsgerichtsordnung für die Verwaltungsgerichte im Bereich der DBK größere Aufmerksamkeit auf das kanonische (Prozess)recht, dem beispielsweise zu eigen ist, dass Prozesse in unterschiedlichen Graden geführt werden, lenken. Auch die von Papst Benedikt XVI. erlassene Verfahrensordnung der Apostolischen Signatur (Lex propria) konnte logischerweise die Würzburger Verwaltungsgerichtsordnung noch nicht berücksichtigen, sie ist aber heute unverzichtbarer Maßstab für Struktur und Verfahren von etwaigen Verwaltungsgerichten auf lokaler Ebene, was einerseits die Gemeinschaft mit der Universalkirche zum Ausdruck bringt, anderseits aber auch hinsichtlich der Berufungsmöglichkeit an die Apostolische Signatur ihre innere Logik hat. Schließlich scheint es auch sinnvoll, genauer zwischen Normen und Ordnungen zu differenzieren, was den Rechtstext übersichtlicher machen würde. In diesem Sinne sollte ein neues Statut

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Auch bei der Kirchlichen Datenschutzgerichtsordnung (KDSGO) hat der Papst das mandatum erteilt. Vgl. Gian Paolo Montini, I tribunali ecclesiastici amministrativi competenti in materia di privacy in Germania, in: QDE [im Erscheinen]. In diesem Zusammenhang darf Erwähnung finden, dass die Konferenz der bayerischen Bischöfe, die nach Abschluss des Zweiten Vatikanums ebenfalls an einem Entwurf für eine Verwaltungsgerichtsbarkeitsordnung (VPO Bayern) arbeitete, diesen im Februar 1971 dem Kardinalpräfekten der Apostolischen Signatur überreichte, der sie dem Papst zur Genehmigung vorlegte, weil er die Rechtsauffassung vertrat, dass die Signatur noch die Vollmacht zur Genehmigung entbehre. Vgl. hierzu Paul Wirth, Gerichtlicher Schutz gegenüber der kirchlichen Verwaltung. Modell eines kirchlichen Verwaltungsgerichts, in: AfkKR 140 (1971) 29–73, hier: 36. Bei Wirth, 59–73, findet sich die VPO Bayern abgedruckt. Eine lateinsiche Fassung der VPO Bayern findet sich bei Heinrich Straub, De quodam tribunali administrativo in Germania erigendo, in: Periodica 60 (1971) 599–641 68

sowie eine neue Ordnung für eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich der DBK erarbeitet werden. Ferner war, wie das Projekt der Bayerischen Bischofskonferenz zur Erarbeitung der VPO Bayern zeigte, die Würzburger Verwaltungsgerichtsordnung schon damals nicht der alleinige Maßstab, an dem sich eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit zu orientieren hatte. Insofern kann man von einer bloßen Neu-Auflage der Würzburger Verwaltungsgerichtsordnung, ohne eine substantielle Revision vorzunehmen, nur abraten.

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III. Theologische Skizzen zur Begründung kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit „Das kirchliche Interesse ist nicht die Kirche, sondern das Evangelium. Das Amt sollte möglichst lautlos funktionieren und nicht primär sich selbst betreiben. Gewiss, jeder Apparat braucht einen Teil seiner Kraft auch, um sich selbst in Gang zu halten. Aber es ist um so schlechter, je mehr er im Selbstbetrieb aufgeht und er wäre gegenstandslos, wenn er nur noch sich selbst betriebe.“79

Neben praktischen Bedenken, wie z. B. mangelnde personelle oder materielle Ressourcen, oder kulturelle Skepsis, wonach beispielsweise im asiatischen Kontext es undenkbar sei, gegen eine Entscheidung eines Oberen zu rekurrieren, wurden von den Kritikern einer möglichen lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen der Codexreform, aber teilweise auch heute, vor allem theologische Gründe angeführt: – sie untergrabe die bischöfliche Autorität; – sie könne nicht die Autorität des Papstes oder eines Ökumenischen Konzils beanspruchen und sei deshalb aus theologischen Gründen nicht zu rechtfertigen, da das göttliche Recht keine Instanzen zwischen Diözesanbischof und Papst bzw. Bischofskollegium vorsehe; – die Beziehung zwischen Bischof und Gläubigen sei eine väterlich-pastorale und nicht wie beim Staat, diejenige eines bloßen Über- und Unterordnungsverhältnisses; 79

Vgl. Joseph Ratzinger, Demokratisierung der Kirche?, in: Id. – Hans Maier, Demokratie in der Kirche. Möglichkeiten und Grenzen, Limburg – Kevelaer 20052, 20. 70



eine übermäßige Opposition gegen bischöfliche Entscheidungen untergrabe die pastorale Handlungsfähigkeit.

Praktische und kulturelle Einwände, um im Bereich der DBK eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit einzuführen, wird es wohl nicht geben. Um eine etwaige Errichtung daher rechtfertigen zu können, bedarf es einer Entkräftung der vorgebrachten, v. a. theologischen, Argumente und gleichzeitig eine Vertiefung der theologischen Grundlegung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche.

1. Weshalb die vorgebrachten theologischen Argumente gegen eine lokale Verwaltungs gerichtsbarkeit nicht stichhaltig sind Einwände gegen eine lokale80 Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche, die von Kritikern vorgebracht wurden und werden, nehmen Bezug auf das bischöfliche Amt und die mit dem Amt verbundene Autorität. Dabei wird das Bild des Vaters für den Bischof verwendet, das die Beziehung zwischen Bischof und Gläubigen beschreiben soll. Einen Vater ziehe man, dieser Interpretation folgend, nicht vor Gericht. Er würde jede Autorität verlieren, wenn ein Gläubiger, der, – um im Bild zu bleiben – (geistliche) Tochter oder (geistlicher) Sohn des Bischofs ist, seinen Vater verklagt. Würden sich solche Prozesse mehren, würde die pastorale Amtsführung des Bischofs verunmöglicht. Hier muss die Frage erlaubt sein, ob das Verhältnis Bischof – Gläubiger nur im Bild von Vater – Kind beschrieben werden kann oder dies nicht vielmehr eine Engführung ist. Wenn auch nicht in Abrede gestellt wird, dass dieses Bild in einen bestimmten Kontext gestellt, wie z. B. der seelsorglichen Begleitung, richtig sein kann, so gilt es doch darauf hinzuweisen, dass der CIC dieses Bild in der rechtlichen Beschreibung des Bischofs80

Letztlich würden vermutlich Skeptiker oder Kritiker einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit ähnliche oder gleiche Argumente bezüglich der bestehenden Verwaltungsgerichtsbarkeit an der Apostolischen Signatur gegen Verwaltungsentscheidungen der Römischen Kurie vorbringen. Es steht zumindest die Frage im Raum, ob es derzeit nicht gewisse Tendenzen gibt, die Kompetenz der Apostolischen Signatur zurückzudrängen. Vgl. hierzu das fünfte Kapitel dieser Studie. 71

amtes nicht verwendet. Vielmehr ist ein Bischof nach can.  375 §  1 Hirte (pastor), Lehrer (magister) und Priester (sacerdos), dem durch die Bischofsweihe, in der Gemeinschaft mit dem Papst und dem Bischofskollegium, die drei munera des Leitens, Lehrens und Heiligens übertragen worden sind (vgl. can. 375 § 2). Can. 1419 § 1 bezeichnet den Bischof als „Richter erster Instanz“ (iudex primae instantiae) für sein Bistum. In dieser Weise übt er sein Leitungsamt in richtender Funktion aus, was aber auch umgekehrt bedeutet, dass Gläubige gegen ein für sie nicht zufriedenstellendes Urteil des Bischofs an die nächsthöhere Instanz, d.  h. i. d. R. das Metropolitangericht (vgl. can. 1438), appellieren können, und sie sich damit in begründeter Weise gegen ihren Bischof stellen können. Die Leitungsvollmacht, die einem Bischof zukommt, ist in Christus begründet und hat deshalb an ihm Maß zu nehmen. Sie ist in Christus grundgelegt, aber nicht automatisch mit Christus identisch. Es kommt einem Bischof zu, in seiner Leitungsvollmacht die Autorität Christi in Anspruch zu nehmen. Dennoch wird es nicht so sein, dass es automatisch verbürgt ist, dass Worte und Entscheidungen eines Bischofs dem Maßstab Christi entsprechen. Während der Bischof nämlich als Priester Christus sakramental als Spender der Sakramente vergegenwärtigt und damit Christus der eigentliche Wirksame im sakramentalen Heilszeichen ist, mag der Bischof indes als Lehrer und Hirte die Autorität Christi beanspruchen können und wollen, d. h. im Namen Christi handeln, und er wird dennoch, als bruchstückhafter Mensch, im eigenen Tun und Handeln, d. h. auch im Christus repräsentierenden Lehren und Leiten, hinter dem Anspruch Christi zurückbleiben. Zudem korrespondiert mit der Amtsautorität des Lehrens und Leitens auch die aus der pastoralen Zielsetzung des kirchlichen Amtes hervorgehende Pflicht, dies „zum Aufbau des Leibes Christi“ (can.  275 §  1) zu tun und dabei „die Sendung anzuerkennen und zu fördern, welche die Laien, jeder zu seinem Teil, in Kirche und Welt ausüben“ (can.  275 §  2). Insofern ist die Beziehung Bischof – Gläubiger, Kleriker – Laie oder auch generell gesagt Amtsträger – Gläubiger bzw. Verwaltung – Empfänger einer Verwaltungsentscheidung, selbst wenn Kirche von ihrem Ursprung her von Gott gestiftete und von ihm bewirkte Communio ist, in realistischer Analyse der kirchlichen Wirklichkeit ein Spannungsverhältnis. Die Existenz einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit kann dabei bewirken, dass es zu keiner „Überspannung“ kommt. Dem Argument, dass die Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu einer übermäßigen Opposition führe, mit der Folge, dass es zur pastoralen Handlungsunfähigkeit komme, kann dabei entgegen gehalten werden, 72

dass das bereits bestehende Verwaltungsgericht der Apostolischen Signatur bislang nicht von einer Klagewelle überrollt wurde, die zum völligen Unvermögen des Gerichts geführt hätte, wie es das vermeintliche Argument der Kritiker und Skeptiker heraufbeschwört.81 Schließlich gilt es den Einwand zu entkräften, dass eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit deshalb nicht eingeführt werden könne, da sie nicht mit der Autorität des Papstes oder eines Ökumenischen Konzils handle. Dagegen ist vorzubringen, dass schon jetzt in der ordentlichen Gerichtsbarkeit Gerichte zweiter Instanz vorgesehen sind, mit der Folge, dass schon jetzt Entscheidungen von einem Gericht, das kein Tribunal des Apostolischen Stuhls ist, im Berufungsverfahren überprüft werden (vgl. cann.  1438; 1439). Falls dagegen jemand vorbringen möchte, dass es sich hier nicht um bischöfliche Entscheidungen handle, die durch das Berufungsgericht überprüft werden, ist zu sagen: Die Diözesanrichter handeln mit stellvertretender richterlicher Vollmacht des Diözesanbischofs. Sie bilden, wenn sie im Prozess urteilen, mit dem Bischof ein Gericht, wie es das Rechtsprinzip des can. 1420 § 2, auf den Gerichtsvikar bezogen, zum Ausdruck bringt: „Vicarius iudicialis unum constituit tribunal cum Episcopo […]“. Deshalb kann es auch keinen Rekurs vom Diözesangericht an den Bischof geben.82 Schon aufgrund dieses Stellvertretungsprinzips handelt das Diözesangericht im Namen des Bischofs und trifft für ihn eine gerichtliche Entscheidung. Die Diözesanrichter üben die im Bischofsamt grundgelegte höchstpersönliche Kompetenz des Bischofs als Richter aus, gegen deren Urteil eine Berufung bei einer schon vorhandenen Zwischeninstanz von Apostolischem Stuhl und Bistum möglich ist, deren Legitimität in der übereinstimmenden Meinung der Kanonistik nicht angezweifelt wird. Bei aller notwendigen Zurückhaltung und sorgfältiger Abwägung der Umstände, die es meines Erachtens braucht, ist zudem festzuhalten, dass entsprechend dem geltenden Recht der Diözesanbischof als iudex natus seines Bistums in erster Instanz im ordentlichen Gerichtsprozess (vgl. can. 1419) oder auch, wenn die Voraussetzun81

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Im Jahr 2015 gingen bei der Apostolischen Signatur 41 neue Rekurse gegen Verwaltungsentscheidungen ein. Vier anhängige Fälle wurden von einem bestellten Richterkollegium beurteilt. Darüber hinaus sind 26 Entscheidungen zu verzeichnen, die der Präfekt der Apostolischen Signatur im Kongress entschieden hat. Vgl. L’attività della Santa Sede nel 2015. Pubblicazione non ufficiale, Città del Vaticano 2016, 784–790. Wie es auch keinen eigentlichen Rekurs vom Generalvikar an ihn geben kann, der in der Exekutive stellvertretend für den Diözesanbischof handelt. 73

gen gegeben sind, im processus brevior in Eheangelegenheiten selbst als Richter tätig sein kann (vgl. can. 1683). Gegen das Urteil des Bischofs ist Berufung möglich, was ebenfalls das Argument entkräftet, dass Entscheidungen eines Bischofs lediglich vom Apostolischen Stuhl überprüft werden können.83 Der Richter zweiter Instanz, der über einen Beschluss eines Bischofs zu Gericht sitzt, beurteilt „lediglich“ die mehr oder weniger bestehende Übereinstimmung der bischöflichen Entscheidung mit dem vorhandenen oder nicht vorhandenen Recht, ohne dass der Richter selbst die aus dem bischöflichen Amt hervorgehenden Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, die sich insbesondere im Verwaltungsermessen zeigen, ersetzen könnte. Dies ist ein Grund dafür, warum es Gerichte, die bei der Bischofskonferenz, dem Metropoliten oder in einer sonstigen Weise interdiözesan angesiedelt sind, schon jetzt gibt und weshalb es auch, analog dazu, eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit geben kann.84 Nicht zuletzt darf daran erinnert werden, dass die Existenz einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit kein kirchenhistorisches Novum darstellt: Heribert Schmitz hat in seiner Studie gezeigt, dass die appellatio extraiudicialis eine in der Kirche praktizierte Form gerichtlichen Schutzes gegenüber Maßnahmen der Verwaltung war.85 Erst das Konzil von Trient und die darauf folgende Etablierung der Römischen Kurie in ihrem modernen Sinn durch Papst Sixtus  V. führten zur „Stärkung und Straffung der innerkirchlichen Verwaltung,“86 die gleichzeitig 83

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Hier gilt es einen rechtstheoretischen Aspekt zu beachten: Wird in einem Gerichtsurteil erst das Recht durch das Gericht geschaffen, als ob es vorher nicht existiert hätte, oder wird vielmehr durch das Gericht das schon zuvor gegebene und vorhandene Recht, das zumindest von einer Streitpartei in Abrede gestellt wurde (bei Eheprozessen beispielsweise wenigstens vom Bandverteidiger), deklarativ wiederhergestellt? Can. 1400 § 1, 1° nennt als Objekt eines Gerichtsverfahrens die Wiederherstellung oder den Schutz von Rechten, oder die Feststellung rechtserheblicher Tatbestände. In diesem Sinne übernimmt das Gericht also nicht die Aufgabe des Gesetzgebers, indem es Gesetze erlässt und damit Rechte begründet, die es vor dem Gesetzgebungsakt noch nicht gab. Das Gericht dient vielmehr der Rechtspflege, indem es in einem geordneten Verfahren in Zweifel gezogene Rechte als existent deklariert bzw. umgekehrt. Letzteres kann jedoch, unter Berufung auf den Jurisdiktionsprimat, der Apostolische Stuhl, wenn es das Gemeinwohl der Kirche, das aber nie das Wohl des Einzelnen unberücksichtigt lässt, erforderlich macht. Vgl. Schmitz, Appellatio extraiudicialis. Vgl. André Habisch, Kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit? Sozialphilosophische Überlegungen zu einem bleibenden Desiderat, in: AfkKR 162 (1993) 427–450, hier: 436. 74

„eine starke Schwächung innerkirchlicher Gerichtsbarkeit“87 zur Folge hatte. Mit Günther Raab kann deshalb die historische Entwicklung in folgender Weise zusammengefasst werden: „Es ist interessant – gerade im Blick auf eine neu einzurichtende Gerichtsbarkeit über die kirchliche Verwaltung –, dass sowohl äußere (eine betonte Hervorhebung der kirchlichen Verwaltung und ihrer Organe; eine gewisse Angst, innerkirchliche Streitigkeiten auf gerichtlichem Weg austragen zu lassen; das Aufkommen einer Verwaltungsrechtsprechung in französischer Form) wie innere Gründe (eine sich ständig mehr komplizierende Verfahrensweise vor den Gerichten, die eine Bevorzugung des schnelleren und billigeren Verwaltungswegs … zur Folge hatte) zum Verfall einer rechtlichen Institution in der Kirche führten, die erst viel später im staatlichen Bereich als große neue Errungenschaft gefeiert wurde.“88

2. Skizzen einer theologischen Grundlegung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit Nachdem versucht wurde aufzuzeigen, dass die vorgebrachten theologischen Argumente gegen eine lokale Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht stichhaltig sind, soll nun in einem zweiten Schritt die mögliche Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf ihre theologische Grundlegung hin untersucht werden. Denn Ludger Müller stellt diesbezüglich mit Recht fest: „Aus dem Faktum, dass die kirchliche Communio auch eine menschliche Gemeinschaft, ein „gesellschaftliches Gefüge“ ist (vgl. LG 8,1), ergibt sich nicht die Legitimität einer beliebigen Gerichtsbarkeit, die – sozusagen in der Art eines Vereinsgerichts – nur die Aufgabe hätte, die Rechte der Kirchenglieder innerhalb der Kirche zu schützen. Kirchliche Gerichte müssen

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Habisch, Kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit?, 436. Günther Raab, Rechtsschutz gegenüber der Verwaltung. Zur Möglichkeit einer kanonischen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach dem Modell des deutschen Rechts, Rom 1978, 172. 75

stets auch mit der Sendung der Kirche, mit ihren Wesensvollzügen in Wort, Sakrament und Diakonie zu tun haben.“89

Dass eine theologische Begründung kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit im Rahmen dieses Beitrags lediglich skizzenhaft sein kann, versteht sich dabei von selbst.

2.1. Aspekte theologischer Anthropologie Zentraler Gedanke des jüdisch-christlichen Menschenbildes ist die Aussage, dass der Mensch ein Ebenbild Gottes ist und ihm deshalb eine unverlierbare Würde zukommt. Aus dieser Perspektive ist zu fragen, inwiefern Kirche nicht nur Verteidiger der menschlichen Würde nach außen hin ist, indem sie als Anwalt der Menschlichkeit die dem Menschen zukommenden Rechte in der gesellschaftlichen Debatte einfordert, sondern sich ebenso der Frage stellen muss, inwiefern die Menschenrechte innerhalb der Kirche Geltung haben.90 Auch die Gewährleistung eines wirksamen Rechtsschutzes innerhalb der Kirche, wie sie durch die Errichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit intendiert ist, ist eine Konsequenz, die von der gottesebenbildlichen Würde jedes Menschen ableitbar ist. Ein zweiter Zugang zu einer Begründung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist in der Verfasstheit des Menschen zu finden: Der Mensch, der fähig ist, gut und gerecht zu handeln, erlebt sich gleichzeitig als jemand, der hinter diesem Potential zurückbleibt. Welte schreibt: „Wer die Macht gebraucht, wird nicht rein bleiben. Wer sie aber nicht gebraucht, etwa aus Gründen des Glaubens, wird auch nicht rein bleiben. Er wird – von anderem abgesehen – ja auch mitschuldig sein an der Unreinheit der Macht der Mächtigen, weil er diese Macht benutzt. Denn auch er lebt ja auf dieser Welt, weil dieser Mächtige ihm den Daseinsraum gewährleistet und sichert.“91 In dieses Spannungsverhältnis, in dem der Einzelne lebt, ist ebenso

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Ludger Müller, Rechte in der Kirche. Die Begründung kirchlichen Verfahrensrechts, in: Id., ed, Rechtsschutz in der Kirche, Wien 2011, 9–24, hier: 20. Vgl. hierzu beispielsweise Helmuth Pree, Gelten die Menschenrechte auch im Inneren der Kirche?, in: AfkKR 185 (2016) 62–87. Welte, Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht, 59. 76

die Gemeinschaft gestellt. Denn das mehr oder weniger gerechte Tun des einzelnen Menschen wirkt sich auf das Zusammenleben einer bestimmten Gruppe, auf Familie, Staat und Gesellschaft und natürlich ebenso auf die Glaubensgemeinschaft der Kirche aus. Die Gemeinschaft kann und soll deshalb Mechanismen entwickeln, wie dieses Spannungsverhältnis von gutem und gerechtem Handeln bzw. schlechtem und ungerechtem Tun möglichst zum Ausgleich gebracht werden kann. Übertragen auf die kirchliche Verwaltung heißt das, dass der jeweilige Amtsträger, allein schon aufgrund seiner menschlichen Verfasstheit, wie eben beschrieben, bei allem Streben eine gute und gerechte Entscheidung zu treffen, auch hinter diesem Anspruch bewusst oder ungewollt zurückbleiben kann. Die Überprüfung von Entscheidungen, die als ungerecht empfunden werden durch andere Personen und in mehreren Instanzen, ist ein mögliches Instrumentarium, wie die Gesellschaft aber auch die Kirche auf die menschliche Verfasstheit in dem Bemühen, das Gute und das Gerechte zu suchen und zu finden, reagieren kann.

2.2. Aspekte einer Theologie des gemeinsamen Priestertums Das grundlegende Band, das alle Gläubige in der Kirche miteinander vereint, ist durch das Sakrament der Taufe geknüpft. Wie can.  204 §  1 unter Bezugnahme auf Lumen gentium, 7, darlegt, gliedert sie die Gläubigen in den Leib Christi ein. Dadurch haben alle Gläubigen Anteil an der priesterlichen, prophetischen und königlichen Sendung Christi. Entsprechend ihrer je eigenen Stellung (secundum propriam cuiusque condicionem) sind sie berufen, ihre Sendung im Rahmen der Sendung der Kirche auszuüben. Aus der Taufe leitet sich eine wahre Gleichheit in Würde und Tätigkeit aller Gläubigen her. Sie differenzieren sich jedoch nach ihrer jeweiligen Stellung (condicio) sowie Aufgabe (munus), wie can. 208, dessen Quelle Lumen gentium, 32 ist, das Grundstatut aller Gläubigen beschreibt. Indem die Taufe die Menschen in sakramentaler Wirkweise auf Christus hin ausrichtet, sie christusförmig gestaltet, ist seine Kenosis Maßstab für diejenigen, die in seinen Leib eingegliedert sind. Wie die Sendung Christi ihn in seiner Menschwerdung und in seinem Kreuzestod zum Diener Gottes und der Menschen werden ließ, um so von Gott, seinem Vater, verherrlicht zu werden, zielt Christsein darauf hin, sich entsprechend der eigenen Stellung (condicio) und Aufgabe (munus) von Gott für Gott und für die Menschen in Dienst nehmen zu lassen, um auf diese 77

Weise, das eigene Leben heiligend, am Aufbau der Kirche mitzuwirken. Vor jeder Differenzierung innerhalb des Leibes Christi ist es deshalb allen Getauften gemeinsam, dass sie durch die Lebenshingabe Christi Erlöste in der Gemeinschaft der Kirche sind und die Kirche als Gemeinschaft der Erlösten die Sendung hat, Zeichen und Werkzeug der Erlösung für die Welt zu sein (vgl. Lumen gentium, 1). Vom Wesen der Kirche her, von der Theologie der Taufe und des gemeinsamen Priestertums aller Gläubigen gedacht, wird deutlich, dass Christsein an sich, bei aller Verwiesenheit auf Christus und auf die Gemeinschaft der Kirche hin, wertvoll ist und Würde verleiht. Etwaige Begrenzungen durch die Kirche können daher nie die Taufwürde als Ganzes betreffen, sondern lediglich etwaige Rechte, die aus der Taufwürde oder der je eigenen Stellung innerhalb der Kirche oder der übernommenen bzw. übertragenen Aufgabe in der Kirche hervorgehen. Die gleiche Würde aller Getauften, aus der das Recht hervorgeht, entsprechend der je eigenen Stellung, an der Sendung Christi mitzuwirken, ist Grund dafür, weshalb Kirche Rechte nur begründet, durch geeignete Mittel und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit achtend, einschränken kann, um die Mission der Kirche als Ganzes garantieren zu können. Und umgekehrt ist dies ein theologischer Rechtfertigungsgrund, um für eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zu plädieren, die in unabhängiger Weise überprüfen kann, ob eine im Einzelfall als ungerecht empfundene Verwaltungsentscheidung tatsächlich Unrecht ist, verbunden mit dem Zweck, dieses Unrecht zu beseitigen, damit der betroffene Gläubige seine Berufung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft leben kann.

2.3. Aspekte einer Theologie des Amtes Als Verpflichtung wird in can. 275 § 2 Klerikern vom Gesetzgeber eingeschärft, dass sie die Sendung (missio) der Laien in Kirche und Welt anzuerkennen und zu fördern haben. Diese Pflicht der Kleriker korrespondiert sowohl mit der im Grundstatut der Gläubigen festgeschriebenen Gleichheit und Würde aller Getauften (vgl. cann. 204 § 1; 208) sowie mit dem Recht der Laien, ihre eigene Berufung und Sendung in Vereinigungen und Werken des Laienapostolats auszuüben (vgl. can. 225), ihrem Recht für das Gemeinwesen zu sorgen (vgl. can. 227), ihrer Befähigung offizielle Ämter und Aufgaben in der Kirche zu übernehmen (vgl. can. 228) sowie ihrem Recht, akademische Grade in theologischen Wissenschaf78

ten zu erwerben und ihrer Befähigung, einen kirchlichen Auftrag (mandatum) zur Lehre der Theologie zu erhalten (vgl. can. 229). Zum Proprium des Dienstes, der den Klerikern aufgetragen ist, lässt sich aus der in can. 275 § 2 genannten Pflicht das Amt der Einheit ableiten. Es trägt dadurch zum Aufbau der Kirche und zu ihrer Lebendigkeit bei, wenn es mithilft, dass jeder Getaufte aufgrund der ihm zukommenden Stellung und Aufgabe seine Sendung in der Kirche ausüben kann. Entsprechend den drei Stufen des Weihesakraments gehören zum Klerus Bischöfe, Priester und Diakone. Allein sie können kirchliche Ämter erhalten, zu deren Ausübung Weihegewalt (potestas ordinis) oder Leitungsvollmacht (potestas regiminis) erforderlich ist, so der in can. 274 § 1 genannte Grundsatz.92 Ein Kleriker, dem ein Amt mit kirchlicher Leitungsgewalt übertragen wurde, wird daher – im Vergleich zu einem Kleriker ohne Kirchenamt – in einer qualitativ ganz anderen Weise herausgefordert sein, zu garantieren, dass jeder Getaufte seine ihm zukommende oder übertragene Sendung ausüben kann. Das Dargelegte lässt sich aber auch auf Laien oder Gottgeweihte applizieren, denen ein Kirchenamt im Sinne von can. 145 mit oder ohne Leitungsgewalt, oder ein anderer kirchlicher Dienst übertragen wurde. Es gilt auch für Verantwortliche in kirchlichen Vereinigungen, die eine Leitungsaufgabe ausüben, sowie für Obere von Instituten des Geweihten Lebens bzw. Gemeinschaften apostolischen Lebens. Nicht vergessen werden sollten die kollegialen oder personalen Leitungsorgane kirchlicher Fakultäten und Universitäten, die gegenüber Lehrenden und Studierenden Leitungsaufgaben wahrnehmen. Ohne auf die in der Kanonistik eingeführte Differenzierung von hoheitlicher Leitungsgewalt, einfacher Leitungsgewalt, Verbandsgewalt, Hausgewalt, usw., eingehen zu können,93 so ist doch offensichtlich, dass ein Gläubiger, mit seiner individuellen Berufung und Sendung,

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Can. 129 § 1 stellt fest, dass Kleriker befähigt (habiles) seien, nach Maßgabe des Rechts Jurisdiktionsgewalt auszuüben; nach can.  129 §  2 können jedoch Laien bei der Ausübung dieser Gewalt nach Maßgabe des Rechts mitwirken (cooperari possunt). Zur Frage ob Laien ein Kirchenamt mit Jurisdiktionsgewalt ausüben können vgl. Gianfranco Ghirlanda, „Hierarchica Communio“. Significato della formula nella „Lumen Gentium”, Roma 1980; Id., Il diritto nella Chiesa mistero di comunione. Compendio di diritto ecclesiale, Roma 20064, 273–293; Roberto Interlandi, Chierici e laici soggetti della potestà di governo nella Chiesa. Lettura del can. 129, Roma 2018. Vgl. Hans Heimerl – Helmuth Pree, Kirchenrecht. Allgemeine Normen und Eherecht, Wien – New York 1983, 109–120. 79

einem anderen Gläubigen, der ein spezifisches Amt oder Aufgabe in der Kirche ausübt, gegenüberstehen kann. Für jedweden Amtsträger, sei er Kleriker oder sei er Laie, gilt es deshalb mitzuwirken, dass die Gläubigen ihre je spezifische Sendung innerhalb der Kirche ausüben und damit ihre Berufung verwirklichen können.

2.4. Aspekte einer Communio-Ekklesiologie Die zuvor entwickelten und dargelegten Aspekte einer Theologie des gemeinsamen Priestertums sowie des Amtes münden im Bild der Kirche als Communio. Im Leitungsdienst des Amtes muss es letztlich um die Verwirklichung der kirchlichen Gemeinschaft von Laien, Klerikern und Gottgeweihten gehen. Kirche ist nicht nur eine rein soziologisch in dieser Welt verfasste Gemeinschaft, sondern eine durch den Vater in Christus und dem Heiligen Geist zusammengerufene Gemeinschaft. Auch wenn sie hinter diesem Idealbild in der konkreten Verfasstheit ihrer Glieder zurückbleibt, übersteigt sie durch diese göttliche Dimension die Realität ihrer sichtbar-institutionellen Konstitution. Die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit kann daher auch ekklesiologisch begründet werden, da sie ein Instrumentarium ist, durch das sichergestellt wird, dass Gläubige ihre Sendung in der Kirche entsprechend ihrer eigenen Stellung leben können, wenn diese Stellung, die sich neben Pflichten gerade auch in Rechten konkretisiert, von kirchlichen Amtsträgern eingeschränkt wurde und sich die Gläubigen dagegen wehren. Gerichtliche Kontrolle von Leitungsvollmacht in der Kirche kann mithelfen, dass Gläubige, die mit Entscheidungen von Amtsträgern, die sie als unrechtmäßig erachten, das kirchliche Amt als solches nicht auf eine autoritäre Ausübungsweise reduzieren können, wenn das ebenfalls kirchliche Amt, das in der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen ausgeübt wird, zu Rechtsfrieden und zur Gewährleistung von Gerechtigkeit beiträgt. Ebenso wächst die Autorität des Amtes, wenn es sich auch juridisch hinterfragen lässt und auf diese Weise gewährleistet wird, dass Kirche Gemeinschaft bleibt und nicht auseinanderbricht. Die Existenz einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Gemeinschaft der Kirche schützt dabei die Interessen sowohl der Gläubigen als auch des Amtes: Der Gläubige hat die Möglichkeit, eine Entscheidung eines kirchlichen Amtsträgers auf seine Rechtmäßigkeit hin durch ein unabhängiges Gericht überprüfen zu lassen. Die kirchliche Verwaltung wiederum, die in den meisten Fällen in aller nötigen 80

Sorgfalt ihr Amt ausübt und dies nun von einem Gläubigen in Zweifel gezogen sieht, hat bei einer gerichtlichen Überprüfung dieser Entscheidung die Option, rechtmäßiges Verwaltungshandeln als solches von einem unabhängigen Organ bestätigt zu bekommen. Mit Nikolaus Schöch kann daher festgehalten werden: „Die Bereitstellung von Rechtsmitteln – vom Widerspruch (vgl. c. 1734 § 1) bis hin zur Urteilsfindung durch das Richterkollegium der Apostolischen Signatur – stellt einen Ort des Dialogs und der Wiederherstellung der Gemeinschaft in der Kirche dar.“94

2.5. Aspekte einer Theologie der Synodalität Wenn über die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Bischofskonferenz diskutiert wird, dann ist die Verortung auf dieser mittleren Ebene kein Zufall, sondern hängt auch mit ihrer Stellung und ekklesiologischen Bedeutung zusammen, die „vom Zweiten Vatikanischen Konzil im Hinblick auf die Ekklesiologie der Gemeinschaft aufgewertet wurde. In ihr manifestiert sich die bischöfliche Kollegialität und es ist ihr wichtigstes Ziel, die Zusammenarbeit unter den Bischöfen für das Gemeinwohl der ihnen anvertrauten Kirchen zu stärken, im Dienst der Sendung der jeweiligen Nationen.“95 Schon jetzt nimmt die Bischofskonferenz in bestimmten Bereichen gesetzgeberische, ausführende und auch richterliche Funktionen war, durch die die Bischöfe gewisse pastorale Aufgaben gemeinsam ausüben (vgl. can. 447), wobei das Amt des einzelnen Diözesanbischofs von der geltenden Rechtsordnung geschützt wird, indem der Erlass von Allgemeindekreten der Bischofskonferenz nur zukommt, wenn es das allgemeine Recht vorsieht oder ihr vom Apostolischen Stuhl hierfür ein Mandat erteilt worden ist (vgl. can.  455 §  1). Im Hinblick auf die ordentliche Gerichtsbarkeit sieht das geltende Recht vor, dass ggf. die Bischofskonferenz 94

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Nikolaus Schöch, Mediation und Vergleich im streitigen Verwaltungsverfahren zur Wahrung der Identität des pilgernden Gottesvolks als Liebesgemeinschaft (communio), in: Markus Graulich – Thomas Meckel – Matthias Pulte, ed., Ius canonicum in communione christifidelium. Festschrift zum 65. Geburtstag von Heribert Hallermann, Paderborn 2016, 531–549, hier: 531. Internationale Theologische Kommission, Die Synodalität in Leben und Sendung der Kirche, 2. März 2018, VApSt 215, 89. 81

mit Genehmigung des Apostolischen Stuhls, d. h. der Apostolischen Signatur, ein oder mehrere Gerichte zweiter Instanz einrichten kann. In diesem Fall übt die Bischofskonferenz richterliche Vollmacht aus, wobei sie auch einen Bischof als Gerichtsmoderator bestimmen kann (vgl. can. 1439 §§ 2–3). Halten wir fest: Ein Gericht der Bischofskonferenz kann über die Entscheidungen von (Diözesan-) gerichten erster Instanz jetzt schon richten. Dabei ist denkbar, dass der Diözesanbischof in erster Instanz im ordentlichen Verfahren ein Urteil gefällt hat, in zweiter Instanz das Kollegium aber, das über die Sache zu befinden hat, keineswegs aus Bischöfen besteht, sondern aus einem Kollegium von Klerikern bzw. einem Kollegium aus Klerikern und Laien (vgl. cann. 1421; 1673 § 3). Dass man der Bischofskonferenz richterliche Vollmacht zuspricht, ist dabei keineswegs ein Pragmatismus, sondern erkennt an, dass sie auch ekklesiologisch eine adäquate Mittelinstanz zwischen Diözesanbischof und Papst sein kann, um Probleme, die vor Ort entstehen, möglichst dezentral96 zu lösen und in der Bündelung von Fachkompetenz zum Wohl der Kirche auf Ebene der Ortskirche beizutragen. Die Ausübung von richterlicher Vollmacht durch Verwaltungsgerichte der Bischofskonferenz wäre deshalb ebenfalls in dieser Linie zu sehen und würde keineswegs bedeuten, dass in ungerechtfertigterweise Kleriker bzw. Laien über bischöfliche Entscheidungen urteilen würden.

2.6. Aspekte einer petrinischen Theologie Die Existenz von Mittelinstanzen, in der auf regionaler Ebene die Synodalität ausgeübt wird, wird notwendigerweise ergänzt durch das petrinische Prinzip der 96

In der Diskussion um eine mögliche Dezentralisierung von Aufgaben, die bislang der Heilige Stuhl wahrnimmt, muss nicht a priori die Bischofskonferenz das entsprechende Organ sein. Über die Stärkung anderer Mittelinstanzen, wie sie jüngst die Metropoliten durch das MP Vos estis lux mundi erfahren haben, lohnt es sich ebenfalls nachzudenken. Nicht zuletzt ist bei Fragen der Dezentralisierung der Fokus in erster Linie darauf zu richten, welche Aufgaben der Diözesanbischof, der kraft göttlichen Rechts Hirte des ihm anvertrauten Bistums ist, in Eigenverantwortung wahrnehmen kann. Der Heilige Stuhl und jedwede Mittelinstanz können und sollen nur dann tätig werden, insofern der Hirtendienst des einzelnen Bischofs dadurch eine Stärkung erfährt. Dezentralisierung kann deshalb nicht einfach heißen, Aufgaben vom Heiligen Stuhl auf die Bischofskonferenz zu verlagern, da dies lediglich eine Um-Verortung von Zentralismus wäre. 82

Kirche, denn der „Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ (LG, 23). Infolgedessen ist der Papst für die Gesamtkirche oberster Gesetzgeber, oberste ausführende Gewalt und oberster Richter, unbeschadet der Tatsache, dass er sich in der Ausübung seines Amtes durch Stellvertretungsorgane unterstützten lassen kann. Im Hinblick auf die richterliche Vollmacht des Papstes formuliert can. 1442: „Der Papst ist der oberste Richter für den gesamten katholischen Erdkreis. Er spricht Recht entweder persönlich oder durch die ordentlichen Gerichte des Apostolischen Stuhles oder durch von ihm delegierte Richter.“97

Dem Prinzip der Gewaltenunterscheidung folgend übt der Papst gewöhnlicherweise die richterliche Vollmacht nicht persönlich aus, auch wenn ihm dies durchaus zukommt, sondern durch die Gerichte des Apostolischen Stuhls: Rota Romana, Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Kongregation für die Glaubenslehre hinsichtlich der schwerwiegenderen Straftaten nach MP Sacramentum sanctitatis tutela; sowie der Apostolischen Pönitentierie im Bereich des forum internum. Der Papst kann auch ad casum ein delegiertes Gericht einsetzen. Die Bedeutung der Appellation an den Heiligen Stuhl bzw. an den Papst selbst bringt zum Ausdruck, dass es im römischen Bischof eine kirchliche Instanz gibt, die Streitigkeiten innerhalb der Communio Ecclesiarum letztverbindlich entscheiden kann. Damit wird garantiert, dass es neben der eigenberechtigten richterlichen Gewalt des Diözesanbischofs auch eine letzte kirchliche Instanz gibt, die richterliche Entscheidungen überprüfen kann und die Einhaltung gewisser Rechtsstandards gewährleistet. Nicht zuletzt will eine einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung der Rechtspflege in den einzelnen Diözesen Halt und Orientierung geben. Unabhängig von der Frage, ob Verwaltungsgerichte auf Ebene der Ortskirchen eingerichtet werden, gilt schon jetzt für die Rechtsprechung des Höchstgerichts der Apostolischen Signatur, dass sie in ihrer Rechtsprechung über Verwaltungsstreitigkeiten das Handeln der Verwaltung zur Verbesserung der Rechtskultur in der Kirche positiv beeinflussen will. Damit übt der Stuhl Pe97

„Romanus Pontifex pro toto orbe catholico iudex est supremus, qui vel per se ipse ius dicit, vel per ordinaria Sedis Apostolicae tribunalia, vel per iudices a se delegatos.“ 83

tri einen wirksamen Dienst zum Schutz der christlichen Personenwürde und der Rechte der Gläubigen in der Kirche aus. Zudem unterstützt damit der Papst das Hirtenamt des einzelnen Bischofs, dessen Einheitsdienst umso wirksamer wird, je mehr seine Entscheidungen mit dem Recht der Kirche im Einklang stehen und jeder Anschein von Willkür und Amtsmissbrauch vermieden wird. Eine unabhängige rechtliche Überprüfung ist nicht nur organisationssystemisch möglich, sondern ihre ekklesiologische Verortung macht eine Verwaltungsgerichtsbarkeit geradezu notwendig, um in einer qualitativen Weise den Rechtsfrieden innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft zu wahren bzw. wiederherzustellen.

3. Zusammenfassung Die Übernahme von rechtlichen Institutionen und Instrumentarien aus der staatlichen Rechtsordnung in den kirchlichen Bereich kann nur dann erfolgen, wenn sie im Einklang mit dem Wesen der Kirche und ihrer Sendung stehen. Dabei ist es für die kirchliche Einheit, die sich auch in einer gemeinsamen Rechtsordnung zeigt, keineswegs unbedeutend, nicht etwa eine zivile Verwaltungsgerichtsbarkeitsordnung, die lediglich an nationalen oder regionalen staatlichen Gesetzen Anleihen nimmt, einfach zu übernehmen, weil durch Inkohärenzen zum kanonischen Prozessrecht der Dialog mit der Gesamtkirche und anderen Ortskirchen von vornherein gehemmt wird. Man würde dadurch nur die Kritiker bestärken, die meinen, dass eine Rechtsprechung über Entscheidungen von Bischöfen nicht mit der kirchlichen Lehre in Einklang sei. Dass dem nicht so ist, sollte durch die Erarbeitung einer theologischen Grundlegung, die im Rahmen dieser Studie lediglich skizzenhaft sein kann, aufgezeigt werden. Hier weiterzuarbeiten wird eine bleibende Aufgabe von Theologie und Kanonistik sein.

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IV. Die jeweils spezifische Sendung von Verwaltung und Rechtsprechung im Dienst der Verwirklichung der kirchlichen Communio: Voraussetzungen, Verfahrensfragen, Perspektiven „Aus der unterschiedlichen Zielsetzung von richterlicher und exekutiver Tätigkeit ergibt sich, dass jene Streitfragen gerichtlich zu entscheiden sind, bei denen es im Wesentlichen um die Anwendung des geltenden Rechtes geht; andere Fragen, welche die gestaltende Tätigkeit der kirchlichen Autorität erforderlich machen und einen gewissen Ermessensspielraum eröffnen, fallen dagegen in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden.“98

Bereits die Bischofssynode von 1967 hatte eine Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen durch die zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls im Rahmen der hierarchischen Beschwerde für unzureichend erachtet. Eine Schwachstelle im System des Verwaltungsrekurses (vgl. cann. 1732–1739) ist vor allem, wie an anderer Stelle ausführlich dargelegt wurde,99 dass ein weisungsgebundenes Verwaltungsorgan innerhalb eines schnellen Verfahrens (vgl. can. 57 § 1), 98

99

Winfried Aymans – Klaus Mörsdorf – Ludger Müller, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Paderborn 2013, 4, 260. Vgl. Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 273–296. 85

unter Berücksichtigung möglicher „politischer“ bzw. pastoraler Aspekte, ohne eine entsprechende verbindliche Verfahrensordnung, die in adäquater Weise das Anhörungs- und Verteidigungsrecht des Rekurrenten gewährleistet, über die Beschwerde entscheidet. Gerade deshalb war die Errichtung der Sectio Altera der Apostolischen Signatur, durch die ein Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, ein unabhängiges Verwaltungsgericht anzurufen, das in einem transparenten Gerichtsverfahren, bei Offenlegung der Akten, Gewährleistung von Anhörung und Diskussion der Streitsache, bei der sich die Öffentliche Verwaltung und der Kläger als gleichberechtigte Parteien, unter Beteiligung des Promotor iustitiae,100 gegenüberstehen, eine qualitative Verbesserung der kirchlichen Rechtskultur. Freilich hatte die Bischofssynode von 1967 mit der Errichtung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit eine weitere Perspektive im Sinne der Förderung eines adäquaten Rechtsschutzes in der Kirche eröffnet, die bislang noch nicht umgesetzt worden ist. Wenn nun die DBK einen Schritt in diese Richtung geht, ist dies m.E. zu begrüßen und, wie oben dargelegt, auch rechtlich umsetzbar. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass Verwaltungsgerichte eine spezifische Rolle und Arbeitsweise haben und Verwaltung bzw. qualitätsvolles Verwaltungshandeln nicht ersetzen können. Darüber hinaus ist es angebracht, die Verwaltungsbeschwerde nicht nur in ihren vorhandenen Grenzen zu sehen, sondern auch zu betonen, dass sie ebenso Stärken und Vorzüge aufweist. Schließlich gilt es dafür zu plädieren, die kirchliche Verwaltung und die in ihr Tätigen zu sensibilisieren, damit sie in ihrem Tun eine aufmerksame Rechtskultur in der Kirche fördern.

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Zur Bedeutung der Beteiligung des Promotor iustitiae am Verfahren bei der Apostolischen Signatur vgl. Matthias Ambros, Comentario: El servicio del Promotor iustitiae en el hallazgo de la verdad y en la promoción de la justicia en la dinámica del proceso administrativo en la Signatura Apostólica, in: Ius Communionis 6 (2018) 367–393. 86

1. Grenzen verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung 1.1. Beschränkung auf Verwaltungsentscheidungen, die mit ausführender Gewalt erlassen wurden Im geltenden System kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit ist vorgesehen, dass ein hierarchischer Rekurs beim jeweiligen hierarchischen Oberen und anschließende Verwaltungsklage nur gegen Verwaltungsentscheidungen möglich ist, die von einem Amtsträger getroffen wurde, der mit ausführender Gewalt101 handelt. Auf Ebene der Diözese kommt dies lediglich dem Diözesanbischof sowie dem General- bzw. Bischofsvikar zu (vgl. can. 134), wenn nicht im Einzelfall (ad casum) oder generell (ad universitatem casuum) ausführende Gewalt delegiert wurde (vgl. can. 137 § 1). Insofern können wir hier eine erste Problematik im System kirchlicher Verwaltungsgerichtsbarkeit bestimmen: Was nämlich tun, wenn es einen solchen Einzelverwaltungsakt, der mit potestas exsecutiva zu erlassen ist, nicht gibt? Gibt es dann keinen Rechtsschutz für die Gläubigen? In Frage kommen dabei Entscheidungen in Vereinigungen und laikalen Instituten des geweihten Lebens sowie Entscheidungen des Pfarrers und anderer Amtsträger ohne ausführende Gewalt, die eine Beschwernis beim Empfänger der Entscheidung hervorrufen. Es kann aber auch Fälle geben, in denen Amtsträger sich weigern, zu entscheiden: Sie beantworten einen Antrag nicht oder sie verweigern eine förmliche Entscheidung, indem sie einfach Fakten schaffen, wie z. B. der Abriss einer Kirche, ohne dass ein Profanisierungsdekret erlassen wird, oder indem die Sakramentenspendung verweigert wird, wenn ein rechtlich disponierter zwölfjähriger Jugendlicher gefirmt werden will, der Bischof aber das allgemeine Firmalter in seiner Diözese auf 16 Jahre erhöht hat. Im Hinblick auf die Entscheidungen, die von Amtsträgern ohne ausführende Gewalt erlassen wurden,102 bieten sich folgende Handlungsstrategien an, damit Daraus ergibt sich, dass Dekrete, die mit potestas iudicialis erlassen werden, von verwaltungsgerichtlicher Überprüfung ausgenommen sind (vgl. can. 1732). 102 Vgl. hierzu Rhode, Attività amministrativa svolta senza esercizio di potestà di governo. 101

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ein Gläubiger seine rechtlichen Interessen geltend machen kann: Er kann beim Ortsordinarius die gewünschte Verwaltungsentscheidung beantragen. Bei einem ablehnenden Bescheid liegt ein rekurrierbares Dekret vor. Alternativ kann er in analoger Anwendung der cann.  1732–1739 an den Ortsordinarius rekurrieren. Liegt ggf. Eigenrecht oder Diözesanrecht vor, insbesondere bei Vereinigungen und Instituten des geweihten Lebens, gilt es das in den Statuten vorgesehen Verfahren für etwaige Rekurse zu beachten. Wenn schließlich eine Autorität mit ausführender Gewalt einen Einzelverwaltungsakt erlassen hat, greift wiederum das in den cann. 1732–1739 vorgesehene Verfahren. Nach hierarchischem Rekurs an die zuständigen Dikasterien des Heiligen Stuhls steht die Klagemöglichkeit beim Verwaltungsgericht der Apostolischen Signatur offen. Bezüglich der Verweigerung von Verwaltungsentscheidungen gilt es can. 57 § 2 zu beachten: „Wenn nach Ablauf dieser Frist [= drei Monate (vgl. can. 57 § 1)] ein Dekret noch nicht ergangen ist, wird eine ablehnende Antwort vermutet, was die Einlegung einer weiteren Beschwerde betrifft.“103 Das bedeutet: Es wird eine ablehnende Entscheidung vermutet und der Weg steht frei, sich an das zuständige Dikasterium des Heiligen Stuhls per Verwaltungsbeschwerde zu wenden (vgl. can. 1734 § 3, 3°). Eine besondere Herausforderung ist Verwaltungshandeln durch Schaffen von Fakten. Wenn ein Bischof den Auftrag gibt, eine Kirche, die er profanieren will, unter Auslassung des dafür vorgesehenen Verfahrens einfach abzureißen, dann liegt logischerweise kein förmliches Dekret vor, und dennoch ist es naheliegend, dass sich der Pfarrer oder Mitglieder der Pfarrgemeinde beschwert fühlen und die Entscheidung post factum auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüfen lassen wollen. Unter Verweis auf Montini kann hierzu gesagt werden, dass die Rechtsprechung der Apostolischen Signatur dahingehend entschieden hat, dass ab dem Tag, an dem jemand, den es betrifft von diesem durch Fakten geschaffenen Verwaltungshandeln erfährt, die Möglichkeit hat, Verwaltungsbeschwerde beim zuständigen Dikasterium des Heiligen Stuhls einzureichen.104 Eine Remonstratio gemäß can. 1734 § 1, die auch in diesem Fall notwendig ist, welche aber von ihrer Zielsetzung her dazu gedacht ist, dass ein Verwaltungsorgan seine Entscheidung noch „Hoc termino transacto, si decretum nondum datum fuerit, responsum praesumitur negativum, ad propositionem ulterioris recursus quod attinet“. 104 Vgl. Montini, De recursibus hierarchicis, 62. 103

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einmal überdenken kann, wird beim Abriss einer Kirche lediglich den Sinn haben können, dass der Bischof einräumt, dass er das Recht verletzt habe und nach Wegen sucht, wie er den angerichteten Schaden – sofern dies hier überhaupt möglich ist – beheben kann. In den sonstigen Fällen wird der Bischof die Möglichkeit haben, nach Vorlage des Widerspruchs innerhalb von dreißig Tagen Monats (vgl. can. 1735) die de facto Entscheidung zurückzunehmen oder zu korrigieren. Schließlich sei noch kurz angedeutet, dass die Eingrenzung der Zuständigkeit auf Verwaltungsakte im Einzelfall zwar der inneren Logik von Struktur und Arbeitsweise von Verwaltungsgerichten entspricht, Verwaltung aber auch Recht (oder ggf. Unrecht?) durch den Erlass von Normen schafft, wie z. B. Ausführungsbestimmungen und Instruktionen. Auch der Erlass von teilkirchlichen Gesetzen (decreta generalia) durch den Diözesanbischof kann dazu führen, dass sich Gläubige beschwert fühlen, weil sie der Auffassung sein könnten, dass die genannten Normen universalkirchlichen Gesetzen widersprechen. Zwar kommt dem Päpstlichen Rat für Gesetzestexte die Zuständigkeit zu, teilkirchliche Gesetze auf ihre Übereinstimmung mit dem allgemeinen Kirchenrecht hin zu überprüfen (vgl. Art. 158 Pastor bonus). Allerdings ist keine diesbezügliche Verfahrensordnung veröffentlicht, geschweige denn deutlich genug erkennbar, dass der Gläubige ein Recht darauf habe, dass seine Beschwerde geprüft wird. Über eine Stärkung der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit hinaus steht daher die Frage im Raum, inwiefern das Recht der Gläubigen nach rechtmäßigem Handeln von teilkirchlichen Gesetzgebern und rechtssetzender Verwaltung wirksam gewährleistet werden kann. Insofern mag, materiellrechtlich gesehen, der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte eine Kompetenz ausüben, die an ein „Verfassungsgericht“ erinnert. Verfahrensrechtlich betrachtet muss jedoch an Struktur und Verfahrensweise ein höherer Maßstab angelegt werden als der, der momentan erreicht wird.105 105

Heribert Schmitz, Römische Kurie, in: Stephan Haering – Wilhelm Rees – Heribert Schmitz, ed., Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Dritte, vollständig neubearbeitete Auflage [= HdbKathKR3], Regensburg 2015, 494–528, hier: 518, drückt sich vorsichtig aus: „dadurch hat der Rat die (eingeschränkte) Funktion eines Normenkontrollorgans erhalten“. Eduardo Labandeira, Trattato di diritto amministrativo canonico, Milano 1994, 261 bringt das Nichtvorhandensein eines kirchlichen Verfassungsgerichts deutlich und begründet zum Ausdruck: „Attualmente nell’ordinamento ecclesiale non è previsto un ricorso di incostituzionalità che permetta di verificare la compatibilità degli atti legislativi ordinari con una norma suprema. Per una tale ipotesi sarebbe necessario che si formalizzasse una Costituzione, ma ciò non è stato fatto, come dimostra il mancato esito dei lavori 89

1.2. Beschränkung auf das persönliche rechtliche Interesse sowie das forum externum Nach can. 1737 § 1 kann der, der sich durch ein Dekret beschwert fühlt, aus jedem gerechten Grund (quodlibet iustum motivum) Beschwerde einlegen. Diese Formulierung, die zunächst sehr weit gefasst ist, wurde durch die Rechtsprechung der Apostolischen Signatur dahingehend interpretiert, dass der Beschwerdeführer in der Begründung seines Rekurses ein Recht bzw. rechtliches Interesse vorbringen muss, das ihn persönlich, direkt und aktuell zukomme.106 Insofern besteht zwischen der weiten Formulierung von can.  1737 §  1, wonach jeder Beschwerde einlegen kann, der sich aus einem gerechten Grund durch eine Verwaltungsentscheidung beschwert fühlt , und der eingrenzenden Gerichtspraxis, wonach die Entscheidung, welche die Beschwernis hervorbringt, vielmehr ein Interesse tangieren müsse, das dem Rekurrenten persönlich, direkt und aktuell zukomme, eine gewisse Spannung. In diesem Sinne sind hierarchische Beschwerden bzw. Beschwerden in einem weiteren Sinne denkbar,107 in denen der Rekurrent den sachdiretti a produrre una Legge Fondamentale della Chiesa comune a tutti i riti e superiore a tutte le leggi. Di conseguenza la Chiesa non dispone di un Tribunale investito della specifica competenza di vigilare sulla costituzionalità delle leggi e degli altri atti legislativi“. 106 Vgl. z. B. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Dekret des Sekretärs vom 8. September 2014, Prot. N. 49273/​14 CA (unveröffentlicht), mit der er unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung dieses Obersten Gerichtshofs einen Rekurs wegen fehlender Aktivlegitimation zurückweist: „[…] Considerato quod pars recurrens legitimatione activa gaudere debet, quae ‚nihil aliud est quam peculiaris et iuridice tutelata relatio cum obiecto controversiae. Aliis verbis, ut quis in casu concreto agere possit, non sufficit generica capacitas agendi, sed requiritur insuper ut titularis sit alicuis iuris subiectivi vel interesse legitimi, quod asseritur laesum esse‘; ‚quod quidem interesse, ut fundamentum praebeat actioni, intelligi nequit quodcumque, sed debet esse, ut doctrina docet, personale, directum, actuale et a lege, saltem indirecte, tutelatum‘ (H.S.T. decretum definitivum diei 21. novembris 1987, nn. 3 et 4, Prot. N. 17447/​85 CA, in Communicationes 10 [1988] 88–94), et perspecto quod in aestimatione huius gravaminis ‚iudex congrua discretionalitate gaudeat oportet‘ (Pontificia Commissio Codici Iuris Autenticae Interpretando, Interpretatio authentica diei 29 aprilis 1987, ibid. 76, sub n. II); […] Cum impugnata decisio originalis nullo modo mutaverit statum personalem Rev.di […] et eius interesse legitimum, si et quatenus haberetur, utcumque non appareat consideratione dignum […]“. 107 Der hierarchische Obere kann sie, weil es der Verwaltung immer um die Verwirklichung des Gemeinwohls geht, dennoch als hierarchischen Rekurs behandeln. Umgekehrt kann die Verwaltung auch der im Rahmen des Rekurses vorgetragenen Sachfrage 90

lich zuständigen Oberen auf gewisse Missstände und etwaige Rechtsverletzungen hinweist. Allerdings besteht für den Rekurrenten weder ein Rechtsanspruch, dass seine Beschwerde von der Verwaltung weiterverfolgt wird, noch besteht ein Rechtsanspruch auf die Nicht-Abweisung der verwaltungsgerichtlichen Klage.108 Auch gibt es außerhalb der im MP Vos estis lux mundi genannten Fälle keine universalkirchlichen Normen, wie mit solchen Beschwerden umzugehen ist. Unabhängig von der Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit steht deshalb die Frage im Raum, inwiefern das kirchliche Recht durch die Etablierung eines Disziplinarrechts109 weiterentwickelt werden kann, damit die Gläubigen noch wirksamer als bislang etwaige Verletzungen ihrer Rechte geltend machen können.

(i. d. R. ohne Beteiligung des Rekurrenten am weiteren Verfahren) nachgehen, ohne sie jedoch als Beschwerde im Sinne der cann. 1732–1739 zu behandeln. 108 Durch die Vorlage einer hierarchischen Beschwerde im Sinne der cann. 1732–1739 und der anschließenden Klage bei der Apostolischen Signatur erwirbt der Rekurrent jedoch einen Rechtsanspruch darauf, dass durch die Verwaltung bzw. das Gericht die Angelegenheit wenigstens im Hinblick auf die Aktivlegitimation des Rekurrenten geprüft und beantwortet wird. Bei fehlender Aktivlegitimation liegt es allerdings allein im Ermessen der Verwaltung, ob die dem Rekurs zugrundeliegende Sachfrage weiterverfolgt wird. 109 Interessanterweise findet sich im interkonfessionell angelegten Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht unter dem Begriff „Disziplinarrecht“ kein Artikel, der die Rechtslage der katholischen Kirche darstellt (vgl. LKStKR, 1, 463), sondern lediglich im Hinblick auf die evangelischen Kirchen (vgl. Klaus Blaschke, Disziplinarrecht – evangelisch, in: LKStKR, 1, 463–466). Im Hinblick auf das katholische Kirchenrecht wird lediglich auf das Strafrecht verwiesen, womit die (katholischen) Herausgeber des Lexikons wohl die Auffassung vertraten, dass es in der katholischen Kirche keine substantielle Differenz von Straf- und Disziplinarrecht gibt. Seitens der katholischen Kirchenrechtswissenschaft gibt es zu diesem Thema bislang keine monographische Abhandlung, sondern lediglich erste Vorarbeiten und thematische Annäherungen: vgl. hierzu Richard Puza, Die Amts- und Berufspflichten der kirchlich Bediensteten in Deutschland. Verfahrensweisen, die bei Verletzungen dieser Pflichten durch die kirchlich Bediensteten, Kleriker und Laien, angewendet werden, in: Theologische Quartalschrift 183 (2003) 39–70; Heribert Schmitz, Eucharistie-liturgisches Disziplinarrecht. Instruktion „Redemptionis Sacramentum“ der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung vom 25. März 2004, in: AfkKR 173 (2004) 479–496; Hugo Schwendenwein, Probleme um die disziplinäre Verantwortung im kirchlichen Dienst. Zur Frage der Unterscheidung von Straf- und Disziplinarstrafrecht, in: Anna Egler – Wilhelm Rees, ed., Dienst an Glaube und Recht. Festschrift für Georg May zum 80. Geburtstag, Berlin 2006, 611–634; Gian Paolo Montini, Il diritto disciplinare canonico, in: QDE 31 (2018) 264–278. Bei Montini, 264–265 (Anm. 3), finden sich noch weitere Literaturverweise. 91

Eine weitere Grenze findet das System der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Tatsache, dass lediglich Einzelverwaltungsakte, die im forum externum ergangen sind, rekurrierbar sind. Damit ist von einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der sensible Bereich des sakramentalen wie auch des außersakramentalen forum internum ausgenommen, zumindest was eventuelle Entscheidungen betrifft, die im forum internum gesetzt werden. Wenn die kanonische Rechtsordnung für diesen sensiblen Bereich keinen subjektiven Rechtsanspruch auf eine Überprüfung durch den hierarchischen Oberen bzw. das Verwaltungsgericht vorsieht, darf gefragt werden, inwiefern berechtigte Interessen der Gläubigen auf andere Weise geschützt bzw. gewährleistet werden. Strafrechtlich wird das forum internum geschützt, indem das kanonische Recht unter dem Titel „Amtsanmaßung und Amtspflichtverletzung“ folgende Straftatbestände kennt, die – auf Anzeige bzw. ex officio hin – verfolgt werden sollen: – die Erteilung der Lossprechung an einen Pönitenten, der zusammen mit dem Priester an einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs beteiligt war (vgl. cann. 1378 § 1 i. V. m. 977); – die Erteilung der Lossprechung bzw. das Hören der Beichte ohne Beichtfacultas (vgl. can. 1378 § 2, 2º); – Verführung eines Pönitenten zu einer Sünde gegen das sechste Gebot bei der Spendung des Bußsakramentes oder bei Gelegenheit oder unter dem Vorwand der Beichte (vgl. can. 1387); – Beichtsiegelbruch (vgl. can. 1388); – Amtsmissbrauch (vgl. can. 1389). Neben der Möglichkeit, die Straftat beim zuständigen Bischof oder höheren Oberen anzuzeigen, ist hier zudem denkbar, im Sinne der cann.  1732–1739 zu rekurrieren, da in diesen Fällen nicht eine etwa im forum internum getroffene Entscheidung Gegenstand des Verfahrens ist, sondern die Grenzverletzungen, die im Rahmen eines möglichen Beschwerdeverfahrens das öffentliche Wohl der Kirche, und damit das forum externum, betreffen. Der Gläubige könnte dabei vor allem eine Verletzung seiner in der Taufe grundgelegten Würde und die sich daraus ableitenden Rechte geltend machen: – das Recht, geistliche Hilfe von den Hirten zu erhalten (vgl. can. 213); – das Recht auf Schutz der eigenen Intimsphäre (vgl. can. 220). 92

Eine Verwaltungsbeschwerde könnte dabei das Ziel verfolgen, ggf. das unrechtmäßige Handeln des Amtsträgers feststellen zu lassen, verbunden mit der Forderung, entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Anderen Grenzüberschreitungen, die nicht strafrechtlich bewertet werden können, kann im Übrigen eine aufmerksame Verwaltung, der die Verwirklichung des bonum publicum aufgetragen ist, durch etwaige Disziplinarmaßnahmen ex officio entgegenwirken. Auch wenn dies in der Anwendung der geltenden Normen schon jetzt möglich ist, könnte die Entwicklung eines eigenen systematischen Disziplinarrechts ein weiterer Beitrag zu mehr Rechtssicherheit und zu einer Stärkung der Rechtskultur in der Kirche sein.

1.3. Beschränkung auf bloße Rechtmäßigkeitsüberprüfung Eine weitere Grenze findet Verwaltungsgerichtsbarkeit in ihrer vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgabe, die formelle bzw. materielle Rechtmäßigkeit einer Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, ohne jedoch in Ersetzung der jeweiligen Verwaltungsautorität selbst über die Sachfrage entscheiden zu können (vgl. Art. 123 Abs. 1 Pastor bonus; Art. 34 § 1 Lex propria). Die Apostolische Signatur hat zwar eine in diese Richtung gehende Erweiterung ihrer Zuständigkeit erhalten, indem sie darüber entscheiden darf, wie ein Schaden, der aus einer unrechtmäßigen Verwaltungsentscheidung hervorgeht, zu beheben sei (vgl. Art. 123 Abs. 2 Pastor bonus; Art. 34 § 2 Lex propria). Der Grundsatz ist freilich, dass ihrem Wesen entsprechend Ermessensentscheidungen von der Verwaltung erlassen werden, die ggf. von einem hierarchischen Oberen begründet modifiziert werden können. Einem Verwaltungsgericht kommt dies allerdings nicht zu, sondern es hat allenfalls die Aufgabe, die rechte Ausübung von Verwaltungsermessen zu überprüfen.110 Art. 104 Lex propria sieht jedoch vor, dass in Streitigkeiten, die der Apostolischen Signatur vom Papst oder von einem anderen Dikasterium der Römischen Kurie zur Entscheidung übertragen wurden (vgl. Art. 34 § 3 Lex propria), sie die Vollmacht hat, auch de merito causae zu entscheiden. Dies zeigt die Anerkennung eines Mehrwerts einer gerichtlichen Entscheidung gegenüber einer bloß administrativen Vorgehensweise, den die Rechtsordnung heute schon vorsieht und den 110

Vgl. Ronny Raith, Verwaltungsermessen im Kanonischen Recht, Berlin 2007. 93

die Verwaltung, auf Antrag hin, sozusagen subsidiär von der Apostolischen Signatur erbitten kann.

2. Die Verwaltung als Dienst zur Verwirklichung der kirchlichen Communio Die kurze Skizzierung vorhandener Grenzen verwaltungsgerichtlicher Kompetenz sollte deutlich machen, dass eine Einführung von lokalen Verwaltungsgerichten nicht alle Probleme lösen kann, die durch eine unrechtmäßig oder unsorgfältig handelnde kirchliche Verwaltung hervorgerufen werden. Auch die Errichtung der Sectio Altera der Apostolischen Signatur konnte und kann nicht verhindern, dass es immer noch zu unrechtmäßigen Verwaltungsentscheidungen kommt. Neben der Existenz einer unabhängigen und effizienten kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die zweifelsohne einen substantiellen Beitrag zu einem effektiven Rechtsschutz leistet, ist es deshalb keinesfalls unbedeutend, die Qualität kirchlicher Verwaltung selbst sicherzustellen. Insofern ist es nicht sekundär, wer die jeweiligen Verwaltungsorgane sind, wie die Verwaltung aufgebaut ist und inwiefern innerhalb der Verwaltung selbst Strukturen geschaffen werden oder vorhanden sind, die eine Kontrolle von Rechtmäßigkeit, aber auch Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit von Verwaltungshandeln gewährleisten können.111

2.1. Förderung einer aufmerksamen Rechtskultur kirchlichen Verwaltungshandelns Zur Optimierung kirchlicher Verwaltung trägt nicht unwesentlich bei, welche menschlichen und professionellen Ressourcen diejenigen mitbringen, denen Ämter und Dienste übertragen werden.

111

Vgl. in diesem Zusammenhang auch den erhellenden Beitrag von William L. Daniel, „Accountability“ and the juridical responsibility of the Public Ecclesiastical Administration, in: IE 30 (2018) 33–54. 94

2.1.1 Aus- und Fortbildung als professionelle Grundlage kirchlicher Verwaltung Da Verwaltung durch ihre Entscheidung zur Verwirklichung der kirchlichen Communio mit beiträgt, gehört es zu den Hirtenaufgaben des Diözesanbischofs, für eine ordentlich funktionierende Verwaltung zu sorgen. Selbst wenn er hierfür entlastet wird, indem er sich einen Generalvikar als einen generalbevollmächtigten Stellvertreter zu bestellen hat (vgl. cann. 475; 479 § 1), bleibt der Bischof für die administrative Leitung seines ihm anvertrauten Bistums letztverantwortlich. Zwischen dem Bischof und seinem Generalvikar braucht es deshalb ein dementsprechendes Vertrauensverhältnis, damit nach außen deutlich bleibt, dass sich die Vollmacht des Generalvikars ganz und gar vom bischöflichen Amt herleitet und seine Entscheidungen deswegen letztlich bischöfliche Entscheidungen sind. Zum Generalvikar kann nur derjenige ernannt werden, der entsprechende Eigenschaften mitbringt, die zur Ausübung dieses Amtes unabdingbar sind. Can.  478 §  1 nennt neben der wissenschaftlichen Befähigung, Rechtgläubigkeit, Rechtschaffenheit, Klugheit und praktische Verwaltungserfahrung auch den Empfang der Priesterweihe. Letzteres ist keine willkürlich getroffene positive Festlegung des Gesetzgebers, sondern notwendige Konsequenz aus der Einheit von Weihe- und Leitungsgewalt, die das Zweite Vatikanische Konzil als ekklesiologisches Prinzip vorgelegt hat, ohne die theologische Frage zu klären, inwiefern auch Laien Träger von Leitungsvollmacht sein können.112 Aus theologischen Gründen, nämlich der Ausübung der höchstpersönlichen Amtsgewalt des Bischofs durch seinen Generalvikar, hat nämlich der Gesetzgeber festgelegt, dass er Priester sein muss. Dennoch sind darüber hinaus, entsprechend den jeweiligen lokalen Gegebenheiten und Notwendigkeiten, dem Generalvikar zur administrativen Leitung der Diözese geeignete Priester und Laien als Mitarbeiter an die Seite zu stellen. Das allgemeine Recht sieht das Amt eines fakultativen Kurienmoderators vor, dem es zukommt, „die Durchführung der Verwaltungsgeschäfte zu koordinieren sowie dafür zu sorgen, dass die übrigen der Kurie zugeteilten Personen das ihnen übertragene Amt richtig wahrnehmen“ (can. 473 § 2). Als Voraussetzung für die Übernahme dieses Amtes ist lediglich die Priesterweihe vorgesehen (vgl. can. 473 § 2).

112

Vgl. Ghirlanda, „Hierarchica Communio“; Id., Il diritto nella Chiesa, 273–293. 95

Sodann gibt es das verbindliche Amt des Kanzlers,113 der wie die anderen Notare an der Verwaltung mitwirkt, indem er Akten führt, Urkunden erstellt, Verhandlungsprotokolle anfertigt sowie für die Registratur und das Archiv verantwortlich ist (vgl. can. 484). Für die Vermögensverwaltung ist der Ökonom zuständig (vgl. cann.  492–494).114 Im Hinblick auf die Eigenschaften, die jemand für das Amt des Kanzlers oder Notars braucht, mag es selbstverständlich klingen, dass sie unbescholten und über jeden Verdacht erhaben (integrae famae et omni suspicione maiores) sein müssen Es verwundert aber, dass sich sonst keinerlei Hinweis auf eine adäquate Ausbildung finden lässt. Bezüglich des am Kirchengericht tätigen Kanzlers bzw. der Notare hat die Kongregation für das Katholische Bildungswesen in der Instruktion zum Studium des Kirchenrechts im Lichte der Reform des Eheprozesses115 auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, dass insbesondere von den Kanonistischen Fakultäten für die Mitarbeiter des Gerichts, für deren Ämter der Gesetzgeber keinen akademischen Grad vorsieht, eine adäquate Aus- bzw. Fortbildung angeboten werde. Obwohl die Instruktion, die in erster Linie, wie ihr Titel schon besagt, die effektive Tätigkeit der Kirchengerichte in Betracht zieht, deutet sie allerdings an einigen Stellen an, dass die Kanonistischen Fakultäten ebenso für die Ausbildung derjenigen zuständig sind, die in der kirchlichen Verwaltung Ver-

Ggf. auch zusätzlich ein Vize-Kanzler (vgl. can.  482 §  2) sowie weitere Notare (vgl. can. 483). 114 Da es sich bei der Vermögensverwaltung nicht um die Ausübung von potestas administrativa handelt, kann im Rahmen dieses Beitrags verzichtet werden, auf das Amt des Diözesanökonoms näher einzugehen. 115 In: Communicationes 50 (2018) 146–171 (italienische Version); deutsch: http://​www. vatican.va/​roman_​curia/​congregations/​ccatheduc/​documents/​rc_​con_​ccatheduc_​doc_​ 20180428_​istruzione-diritto-canonico_​ge.html (abgerufen: 9. Dezember 2019). Kommentare, die unterschiedliche Aspekte der Instruktion beleuchten, finden sich in der Zeitschrift der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Educatio Catholica 4/​4 (2018) 11–158. Eine allgemeine Einführung in die Instruktion bieten u. a.: Gian Paolo Montini, Gli studi di diritto canonico alla luce della riforma del processo matrimoniale, in: Educatio Catholica 11–26; Matthias Ambros, La formazione degli operatori dei tribunali e dei consulenti nella pastorale matrimoniale e familiare. Una prima lettura dell’Istruzione „Gli studi di Diritto Canonico alla luce della riforma del processo matrimoniale“, in Le „regole procedurali“ per le cause di nullità matrimoniale. Linee guida per un percorso pastorale nel solco della giustizia, Città del Vaticano 2019, 169–180; Gianluca Belfiore, Sull’Istruzione relativa agli studi di diritto canonico alla luce della Riforma del processo matrimoniale, in: Monitor Ecclesiasticus 133 (2017) 701–739. 113

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antwortung tragen. So heißt es in Nr. 3 Bst. B) der Instruktion im Hinblick auf das Personal von Gericht und Verwaltung: „Die von Papst Franziskus gewollte Prozessreform lenkt die Aufmerksamkeit insbesondere auf eine gute Arbeitsweise der Gerichte in den Teilkirchen und auf einen qualitätsvollen Dienst derer, denen die Feststellung eines der kostbarsten Güter anvertraut ist, nämlich die Feststellung, was die Verwirklichung der ehelichen Berufung betrifft. Allerdings soll auch unterstrichen werden, dass es nicht nur äußerst dringend ist, gut ausgebildete Kanonisten im Bereich des Eherechts zu haben, sondern auch für viele andere Bereiche des kirchlichen Lebens, unter denen der Dienst in der Verwaltung an der Diözesankurie zu zählen ist.“116

Art. 11 der Instruktion sieht in dieser Linie zur Vervollkommnung der kirchenrechtlichen Ausbildung nach dem Abschluss des Lizentiatsstudiums die Möglichkeit vor, dass die kanonistischen Fakultäten im Rahmen des Doktoratsstudiums, oder auch unabhängig davon,117 ein mindestens einjähriges Zertifikatsstudium anbieten können: „Die Studienordnung für den dritten Zyklus kann vorsehen, dass neben der Vervollständigung der wissenschaftlichen Ausbildung durch die Anfertigung einer Doktoratsdissertation, auch durch ein in Rechtsprechung spezialisiertes Studienprogramm (mindestens 60 ECTS) für jene, die zum Dienst an kirchlichen Gerichten bestimmt sind oder ein spezialisiertes Stu-

„Processualis reformatio, quam Papa Franciscus incohare voluit, curam potissimum intendit in bonam agendi rationem Tribunalium Ecclesiarum particularium et in qualitatem actionis, cui concreditur investigatio de bono admodum pretioso, quod attinet ad vocationem matrimonialem exercendam. Attamen exponere oportet urgentem necessitatem ut habeantur canonistae congrue praeparati non tantum in campo matrimoniali, sed etiam in multis aliis campis vitae ecclesialis, inter quae numeratur servitium in administratione Curiarum dioecesanarum“. 117 Wenn nämlich die Kanonistische Fakultät ein Zertifikatsstudium, wie Art. 52 Veritatis gaudium i. V. m. Art. 41 der Ordinationes zu Veritatis gaudium vorsieht, in eigener Vollmacht verantwortet. 116

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dienprogramm in einer anderen Disziplin des kanonischen Rechts, je nach den Erfordernissen der Teil- oder der Universalkirche, erfolgt.“118

In dieser Perspektive sind neben den mancherorts schon bestehenden Schwerpunktstudiengängen, die auf eine praktische Tätigkeit am Kirchengericht vorbereiten sollen,119 auch solche denkbar, welche die Tätigkeit in der Verwaltung in den Blick nehmen. Dies kann entweder im Zusammenhang mit strukturierten Studienelementen während des Doktoratsstudium sein oder auch, unabhängig davon, als Zusatzqualifikation, die nach dem Lizentiatsstudium im Kanonischen Recht erworben wird. Zudem sieht Art. 10 § 2 der Instruktion120 vor, dass neben den im Lizentiatsstudium vorgesehenen verpflichtenden Elementen im Curriculum auch Optionalmöglichkeiten vorgesehen werden können, durch die ein Studienschwerpunkt gebildet werden kann.121 Neben einer soliden Grundlegung des gesamten kanonischen Rechts wird der künftige Kanonist, vorausgesetzt es steht schon fest, welche spezifische Aufgabe er künftig übernehmen soll, eine bestimmte Rechtsmaterie vertiefen können. Im Kontext des Themas, das in diesem Diskussionsbeitrag behandelt wird, würde dies bedeuten, dass sich derjenige, der sich auf eine Tätigkeit in der kirchlichen Verwaltung vorbereitet, im Rahmen des Kirchenrechtsstudiums besonders mit Verwaltungsund Verwaltungsprozessrecht auseinandersetzt. Da jedoch für die Übernahme von Ämtern in der kirchlichen Verwaltung das allgemeine Recht keinen akademischen Grad im kanonischen Recht verbindlich vorschreibt und, in Folge dessen, vielerorts Kleriker wie Laien mit einer anderen Vorbildung in der Verwaltung tätig sind, wäre „Ratio studiorum tertii cycli secum ferre potest ut scientificae institutionis subtilior doctrina, praeter dissertationem doctoralem, per speciale curriculum studiorum in Iurisprudentia obtineatur (saltem 60 ECTS) illis, qui ad Tribunalia ecclesiastica destinantur, vel in aliis disciplinis Iuris Canonici, iuxta necessitates Ecclesiae sive particularis sive universa“. 119 Vgl. Janusz Kowal, Studi di specializzazione in Giurisprudenza, in: Educatio Catholica 4/​4 (2018) 151–158. 120 „Art. 10. § 1. Ratio studiorum secundi cycli perscribere debet quae sint disciplinae – principales et subsidiariae  –  necessariae ac proinde omnibus frequentandae et quae autem liberae sint seu optionales. § 2. Si necessitates loci vel personarum id suadent, inter cursus optionales considerari potest iter, quod maiores facultates in re iudiciali studentibus suppeditet, vel alia etiam itinera, exempli gratia ad doctrinam tradendam“. 121 Vgl. Melanie Rosenbaum, The new Instruction The Study of Canon Law in light of the Reform of the Matrimonial Process and its article 10. A wide margin for curriculum design, in: Educatio Catholica 4/​4 (2018) 139–149. 118

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es sinnvoll, wenn die kanonistischen Fakultäten auch Zertifikationsstudiengänge zur Aus- oder Fortbildung dieser Personengruppe anbieten würden. In diesem Sinne ist die kirchenrechtliche Aus- und Fortbildung derjenigen, die eine verwaltende Tätigkeit in der Kirche ausüben, ein dringendes Postulat, um die Rechtskultur in der Kirche zu fördern und einen Präventionsbeitrag zu leisten, der darauf hinzielt, defizitäres Verwaltungshandeln möglichst zu vermeiden.

2.1.2 Menschliche und geistliche Befähigung als Voraussetzung, um ein Amt in der kirchlichen Verwaltung übernehmen zu können Neben dem Erwerb notwendiger theoretischer und praktischer Kompetenzen, um ein Amt in der kirchlichen Verwaltung fruchtbar ausüben zu können, braucht es ebenso die notwendige menschliche und geistliche Reife als Einstellungs- bzw. Ernennungsvoraussetzung. Zuzustimmen ist deshalb Georg Bier, der im Hinblick auf die personelle Ausstattung der Diözesankurie anmahnt: „Die in der Kurie tätigen Personen müssen für das ihnen übertragene Aufgabengebiet ausreichend qualifiziert sein; die Diözesankurie ist kein Betätigungsfeld für (geweihte oder nichtgeweihte) kirchliche Mitarbeiter, die sich in der Gemeindeseelsorge oder anderwärts als nicht verwendbar erwiesen haben.“122 Die Analyse der erforderlichen Eigenschaften, die der Gesetzgeber für die Übernahme gewisser Ämter festlegt, kann ein weiteres Argument zur Festigung dieser These sein: Zum General- oder Bischofsvikar kann nur der ernannt werden, der ausgewiesen sei durch „Klugheit und praktische Verwaltungserfahrung“ (prudentia ac rerum gerendarum experientia).123 Auch die Attribute „unbescholten und über jeden Verdacht erhaben“ (integrae famae et omni suspicione maiores),124 die dem Kanzler und den Notaren vom Gesetzgeber als Amtseigenschaften zugesprochen werden, verdeutlichen ein Mindestmaß an menschlicher und geistlicher Reife, die es braucht, um wichtige Ämter der Diözesanverwaltung übernehmen zu können. In diesem Sinne lässt sich die Pflicht des Diözesanbischofs ableiten, die jeweils in Frage kommenden Kandidaten für ein bestimmtes Amt der Diözesankurie Georg Bier, Kommentar zu can.  473, in: Münsterischer Kommentar zum CIC, 473,3 (Dezember 1999). 123 Vgl. can. 478 § 1. 124 Vgl. can. 483 § 2. 122

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neben ihrer fachlichen Kompetenz auch auf ihre menschlich-geistliche Voraussetzung hin zu prüfen und sie nur dann zu ernennen, wenn diese Eigenschaften, in der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, auch vorhanden sind.

2.2. Entscheiden ist alles andere als Willkür: Ein Blick in das geltende Recht Neben der Qualität humaner Ressourcen, die unabdingbare Voraussetzung für Funktionalität und Wirksamkeit kirchlicher Verwaltung ist, darf keineswegs das Verfahrensrecht für nachrangig gehalten werden. Wer allerdings in das kirchliche Gesetzbuch blickt, wird nur wenige Normen finden, die ein Verwaltungsverfahren begründen. Der Grund hierfür ist, dass Verwaltung grundsätzlich zügig und unbürokratisch handeln soll. Je mehr jedoch eine Verwaltungsentscheidung in die Rechte von Gläubigen eingreift oder die Gefahr besteht, dass die zu treffende Entscheidung ggf. für Unzufriedenheit und Unmut unter den Gläubigen sorgen wird, umso mehr gewinnt das Verfahrensrecht, oder anders ausgedrückt, die Vorbereitung einer Entscheidung, an Bedeutung. Je einschneidender ein Verwaltungsakt für die Rechtsphäre der Gläubigen sein wird, desto bedeutender werden in der Formung des Verwaltungsaktes Rechtsprinzipien, wie z. B. das Anhörungsrecht, Partizipation, Konsultation, Transparenz und Rechtsschutz. Zur Förderung der kirchlichen Rechtskultur und um Rechtssicherheit zu garantieren, kommt deshalb dem Partikularrecht diesbezüglich eine entscheidende Rolle zu, sodass das Rahmenrecht des kirchlichen Gesetzbuches auf bestimmte Situationen und Problemstellungen hin, die sich vor Ort ergeben, konkretisiert wird. Nun aber ein Blick in den geltenden Codex Iuris Canonici und den darin enthaltenen Rechtsprinzipien für Verwaltungshandeln:

2.2.1 Notwendige Erkundigungen, Beweismittel und Anhörung (can. 50) Can. 50 formuliert zurückhaltend. Und doch war die gewählte Formulierung im Vergleich zum vorhergehenden Recht, das diesbezüglich der Verwaltung überhaupt keine Grenzen aufzeigte, ein Rechtsfortschritt: 100

„Bevor eine Autorität ein Dekret erlässt, soll sie notwendige Erkundigungen und Beweismittel einholen sowie nach Möglichkeit diejenigen hören, deren Rechte verletzten werden könnten.“125

Der Gesetzgeber verlangt in der Formulierung von can. 50, die zugegeben sehr defensiv ausfällt, eine adäquate Vorbereitung der Entscheidung durch die Verwaltung: Ermittlung des Sachverhalts durch Erkundigungen und Beweismittel, worunter beispielsweise zu verstehen ist, dass die Verwaltung Personen oder Gremien anhört, die einen sachdienlichen Beitrag zur Entscheidungsfindung beitragen können. Dies kann beispielsweise die Anhörung von Frauen und Männern, Laien und Klerikern sein, die aus ihrer spezifischen Erfahrung und Fachkompetenz eine sachdienliche Einschätzung einer Sachfrage geben können. Dies können u. U. auch Sachverständige sein, die ihre Fachexpertise einbringen, wie z. B. Architekten, die im Hinblick auf den angedachten Abriss einer Kirche prüfen können, ob sie tatsächlich baufällig ist. Im Fall der Profanierung der Kirche sieht der Gesetzgeber auch die obligatorische Anhörung des Priesterrates vor (can. 1222 § 2), der, wenn die vorgesehene Beteiligung tatsächlich über einen bloßen Formalismus hinaus seinen ekklesiologischen Sinn erfüllen soll, die Bewertung der Sachfrage in einer eigenen schriftlichen Stellungnahme vornimmt, wofür ihm vom Diözesanbischof alle Fakten zur Verfügung gestellt werden sollten. Dies gilt im Übrigen auch für andere Organe auf Ebene von Bistum und Pfarrei, auch wenn nicht explizit vom Universalrecht ein explizites Anhörungsrecht vorgesehen ist, wie z. B. für das Konsultorenkollegium, d. h. in den deutschsprachigen Bistümern i. d. R. das Domkapitel, Diözesanrat und Pfarrgemeinderat. Nicht zuletzt gilt dies auch für die Organe der Vermögensverwaltung, wie Diözesanvermögensverwaltungsrat, Diözesansteuerausschuss, Kirchenverwaltung bzw. Vermögensverwaltungsrat auf Pfarrebene, usw. Nicht zuletzt spricht can. 50 davon, dass auch derjenige, dessen Rechte verletzt werden könnten, gehört werden soll. Auch wenn der universalkirchliche Gesetzgeber bedauerlicherweise dieses Anhörungsrecht in das Ermessen der Verwaltung stellt („nach Möglichkeit“; „quantum fieri potest“), ist im Sinne einer Verbesserung der Rechtskultur in der Kirche dafür zu plädieren, dass eine adäquate Anhörung als Ausfluss des Verteidigungsrechts sowie ausnahmslos das Verteidigungsrecht selbst zu garantieren sind. Dies kann durch Partikularrecht verfügt werden. 125

„Antequam decretum singulare ferat, auctoritas necessarias notitias et probationes exquirat, atque, quantum fieri potest, eos audiat quorum iura laedi possint.“ 101

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere dann, wenn eine Verwaltungsentscheidung Rechte Gläubiger tangiert, die Verwaltung einen umfassenden Vorbereitungsprozess in Gang setzen soll: – Die Verwaltung ermittelt intern den Sachverhalt und nimmt eine erste Bewertung vor. – Sie hört qualifizierte Personen an, die haupt- oder ehrenamtlich Verantwortung in der Kirche tragen. – Sie gibt ggf. Sachverständigengutachten in Auftrag. – Sie beteiligt aktiv Beratungs- und Beteiligungsorgane auf Ebene von Bistum und Pfarrei und gibt ihnen die Möglichkeit zu einer bewertenden schriftlichen Stellungnahme. – Sie eröffnet denjenigen, die es betrifft und deren Rechte ggf. eingeschränkt werden können, den Sachverhalt und gibt ihnen die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme. – Bevor die endgültige Entscheidung durch die Verwaltung getroffen wird, hat sie die Möglichkeit, im Beratungsprozess neu vorgebrachte Argumente wiederum einzelnen Konsultoren oder Organen der Mitverantwortung um Stellungnahme vorzulegen.126 All diese Schritte lassen sich mit Geist und Wortlaut von can. 50 vereinbaren. Eine verantwortungsbewusste Verwaltung wird selbstverständlich einen Konsultationsprozess initiieren, wenn komplexe Sachentscheidungen zu treffen sind. Da das universale Recht in seiner Formulierung jedoch sehr zurückhaltend ist und die jeweiligen Verfahrensschritte in das Ermessen der Verwaltung stellt, könnten auf Ebene der Bischofskonferenz, vorausgesetzt, dass das in can. 455 vorgesehene Mandat vorliegt, einheitliche Verfahrensstandards für bestimmte Rechtsbereiche erarbeitet werden. Auch der Diözesanbischof kann durch diözesane Gesetzgebung die kirchliche Rechtskultur durch ein adäquates Verfahrensrecht fördern und wird die auf Ebene der Bischofskonferenz erarbeiteten Verfahrensleitlinien, wenn er es für angemessen hält, in diö126

William L. Daniel, The Art of Good Governance. A Guide to the Administrative Procedure for Just Decision-Making in the Catholic Curch, Montréal 2015, 265–268, schlägt zur Ergänzung und Optimierung des Codex Iuris Canonici einundzwanzig Canones vor, die die kirchliche Verwaltung in der Vorbereitung und Formierung eines Einzel-Verwaltungsaktes in die Pflicht nehmen sollen. Insbesondere fordert er eine Pflicht, diejenigen zu hören, deren Rechte oder Interessen betroffen sein könnten; ein Recht 102

zesanes Recht übernehmen. Zu denken ist insbesondere an Verfahrensordnungen für Rechtsstreitigkeiten, die sich aufgrund der Zuständigkeit des Diözesanbischofs durch Kleriker, Dienst- und Arbeitsrecht auf Ebene von Bistum, Pfarrei und kirchlichen Institutionen, wie z. B. Schulen und Hochschulen, Vereinigungen, Bewegungen, Ordensinstituten, usw., ergeben können. Generell bieten auch Statuten die Möglichkeit, insbesondere in den Bereichen, in denen sich ggf. Rechtsstreitigkeiten aufgrund der Einschränkung von Rechten anbahnen können, Verfahrensrecht festzulegen.

2.2.2 Schriftlichkeitsprinzip und Entscheidungsbegründung (can. 51) Im Vergleich zum CIC/​1917 hat die Reform des kirchlichen Gesetzbuches mit der Formulierung von can.  51 ein Novum und wirklichen Fortschritt in der kirchlichen Rechtskultur geschaffen: „Ein Dekret ist schriftlich zu erlassen und, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, mit wenigstens summarischer Begründung zu versehen.“127

Kirchliche Verwaltung wird mit dieser Norm vom Gesetzgeber an zwei Rechtsprinzipien gebunden: Schriftform und Transparenz. Dekrete als Einzel-Verwaltungsakte, einschließlich der Nebenformen des „Verwaltungsbefehls“ (praeceptum singulare) sowie des „Reskripts“ (rescriptum), sind ausnahmslos schriftlich zu erlassen. Wenn ein Dekret eine Entscheidung enthält, ist sie wenigstens summarisch zu begründen. Die Mindestanforderung des Gesetzgebers an die Verwaltung ist es, eine Entscheidung für den Empfänger des Dekretes nachvollziehbar zu machen, indem im Dekret die wichtigsten Argumente, die Grundlage für die Entscheidung waren, genannt werden. Umgekehrt bedeutet es aber nicht, dass es des Betroffenen, eigene Beweise beibringen zu können; die obligatorische Verfahrensbeteiligung des Kirchenanwalts, der ein eigenes Votum erstellen soll. Im Hinblick auf Entscheidungen und Verwaltungsbefehle fordert er auch das Recht auf anwaltlichen Beistand, Akteneinsicht, das Recht zur Stellungnahme und zur Erwiderung. Im Gegensatz zur Position von W. Daniel, der die oben angeführten Verfahrenskriterien als allgemeine Verfahrensordnung in das kirchliche Gesetzbuch aufnehmen will, scheint mir ein Verweis auf Partikular, Diözesan- oder Eigenrecht zweckmäßiger zu sein. 127 „Decretum scripto feratur expressis, saltem summarie, si agatur de decisione, motivis.“ 103

der Verwaltung verboten wäre, auch eine ausführliche Begründung als Teil des Dekretes anzufügen. Letzteres wird vor allem dann sinnvoll sein, wenn es sich um einen komplexen Vorgang handelt, der auch eine intensive Vorbereitung der Entscheidung, wie sie oben beschrieben wurde, notwendig erscheinen ließ. Die Notwendigkeit einer schriftlichen und begründeten Entscheidung im Sinne von can.  51 hat zur Folge, dass aufgrund des Rechtsprinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ein Einzel-Verwaltungsakt, der diesen Kriterien nicht gerecht wird, unrechtmäßig ist und deshalb angefochten werden kann. Die Rechtsprechung der Apostolischen Signatur hält daran kontinuierlich fest, dass eine fehlende summarische Begründung eine Verletzung des Rechts darstellt.128 Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Verwaltung durch ihr Handeln einfach Fakten schafft, wie z. B. der Abriss einer Kirche, die de-facto Nichtzulassung zu den Sakramenten, usw. Auch der Sonderfall, dass die Verwaltung auf Antrag eines Gläubigen, eine Entscheidung zu treffen, drei Monate nach Erhalt des Antrags nicht handelt, wird vom Gesetzgeber – obwohl kein schriftliches Dekret und damit auch keine schriftliche Begründung vorliegt – als Negativentscheidung betrachtet, sodass die Möglichkeit zu Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsprozess eröffnet ist (vgl. can. 57 i. V. m. cann. 1732–1739; 1445 § 2).

2.2.3 Besondere Verwaltungsverfahrensordnungen Nach dieser kurzen Skizzierung der für kirchliches Verwaltungshandeln allgemeinen Prinzipien, die sich aus den cann. 50, 51 und 57 ergeben, soll auf andere Verfahrensordnungen, die das kirchliche Recht bereits vorsieht, aufmerksam gemacht werden.

a) Entlassung von Mitgliedern von Instituten des gottgeweihten Lebens Das kirchliche Gesetzbuch kennt drei Formen der Entlassung von Ordensleuten: Entlassung ipso facto, die verpflichtende sowie die mögliche Entlassung.129 128 129

Vgl. Montini, De recursibus hierarchicis, 121. Vgl. hierzu Stephan Haering, Die Entlassung aus einem kanonischen Lebensverband, in: Ludger Müller., ed, Rechtsschutz in der Kirche, Wien 2011, 107–126; Dominicus 104

Entlassung ipso facto Ein Ordensmann, eine Ordensfrau gilt als entlassen, wenn ein offenkundiger Glaubensabfall vorliegt (can. 694 § 1, 1°) oder eine, wenn auch nur zivile, Eheschließung versucht wurde (can.  694 §  1, 2°).130 In diesen Fällen sieht can.  694 § 2 ein wenigstens kurzes Verfahren vor: Der höhere Obere hat zusammen mit seinem Rat die Beweise zu sammeln und den Tatbestand festzustellen, damit die Entlassung rechtswirksam wird. Das Dekret ist der betroffenen Person zuzustellen und bekanntzumachen (vgl. can. 54). Gegen den feststellenden Verwaltungsakt ist hierarchische Beschwerde möglich (vgl. cann. 1732–1739).

Obligatorische Entlassung Eine Verpflichtung zur Entlassung aus dem Ordensinstitut besteht, wenn ein Mitglied Straftaten gegen Leben und Freiheit des Menschen im Sinne der cann. 1397– 1398 oder eine Straftat gegen den Zölibat (vgl. can.  1395) begangen hat, es sei denn, dass der Obere im Falle einer Straftat im Sinne von can. 1395 § 2 der Ansicht ist, dass auf die Entlassung verzichtet werden sollte, da für die Besserung des Mitglieds, für die Wiederherstellung der Gerechtigkeit und für die Wiedergutmachung des Ärgernisses auf andere Weise hinreichend gesorgt werden kann. Im Hinblick auf das Verfahren sind zwei Ebenen zu unterscheiden: Die Ebene des höheren Oberen, sofern er nicht mit dem obersten Leiter identisch ist (z. B. Provinzial) sowie die Ebene des obersten Leiters des Instituts. Auf Ebene des höheren Oberen sind mögliche Beweise im Hinblick auf Tatbestand sowie Zurechenbarkeit zu sammeln, um sie dann dem betroffenen Ordensmitglied zur Kenntnis zu bringen. Hier besteht die Möglichkeit zur verteidigenden Stellungnahme. Danach sind die Akten, die vom höheren Oberen und vom Notar zu unterzeichnen sind, einschließlich der vom Ordensmitglied verfassten

M. Meier, Rechtsschutz in den Instituten des geweihten Lebens, in: Thomas Schüller – Martin Zumbült, ed., Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. Festschrift für Klaus Lüdicke zum 70. Geburtstag, Essen 2014, 215–235, insbesondere 229–234. 130 Zur Änderung von can. 694 durch das MP Communis vita, siehe unten. 105

und unterschriebenen Stellungnahme dem obersten Leiter des Instituts zuzusenden (vgl. can. 695 § 2). Das Ordensmitglied kann seine Stellungnahme dem obersten Leiter direkt zur Kenntnis bringen (vgl. can. 698). Der höhere Obere hat nun zusammen mit seinem Rat, der aus mindestens vier Mitgliedern bestehen muss, in kollegialer Weise die vorgebrachten Argumente, Beweise und die verteidigende Stellungnahme zu prüfen. Die Entscheidung, ob die Beweise für eine obligatorische Entlassung ausreichend sind, ist in geheimer Abstimmung zu treffen. Falls der oberste Leiter zusammen mit seinem Rat für eine Entlassung gestimmt haben, ist dem betreffenden Mitglied das Entlassungsdekret, dass zu seiner Gültigkeit wenigstens summarisch die Rechts- und Tatsachengründe enthalten muss, bekanntzumachen (vgl. can.  699). Während bei Klöstern bischöflichen Rechts im Sinne von can. 615 die Entlassungsentscheidung dem Diözesanbischof zukommt (vgl. can. 699 § 2), hat im Falle von can. 699 § 1 das Entlassungsdekret keine Rechtskraft, wenn es nicht vom Heiligen Stuhl bestätigt worden ist, dem das Dekret einschließlich der Akten zuzuleiten ist. Im Falle von Instituten diözesanen Rechts kommt dies dem Bischof zu, in der die Niederlassung liegt, der das Ordensmitglied zugeordnet ist (vgl. can. 700). Weil es sich bei einer Entlassung eines Ordensmitglieds um einen sehr schwerwiegenden Eingriff in die Rechte eines Religiosen handelt, die aus der Ordensprofess hervorgehen, muss das Dekret eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten und eine eventuelle Beschwerde hat aufschiebende Wirkung (vgl. can. 700).

Fakultative Entlassung Schließlich kennt das Ordensrecht noch die Möglichkeit, dass Mitglieder aus anderen schwerwiegenden, nach außen in Erscheinung getretenen, zurechenbaren sowie rechtlich bewiesenen Gründen, die beispielhaft in can. 696 § 1 aufgezählt werden, entlassen werden können. Folgendes Verfahren ist hierfür vorgesehen: Zunächst hat der höhere Obere (auf Ebene der Provinz) seinen Rat anzuhören im Hinblick auf die Frage, ob er aus den in can. 696 § 1 oder im Eigenrecht genannten Gründen ein Entlassungsverfahren einleiten soll. Die Entscheidung hierüber trifft der Obere. Wird ein Verfahren eingeleitet, hat er zunächst die Beweise zu erheben bzw. schon vorhandene Beweise ggf. zu erweitern (vgl. can. 697, 1°), das Mitglied unter Offenlegung des möglichen Entlassungsgrundes sowie unter Wahrung des 106

Verteidigungsrechts schriftlich oder vor zwei Zeugen zu verwarnen und falls die Verwarnung erfolglos bleibt, nach mindestens fünfzehn Tagen eine weitere Verwarnung auszusprechen (vgl. can. 697, 2°). Nach zwei erfolglosen Verwarnungen kann der höhere Obere zusammen mit seinem Rat zur Auffassung kommen, dass die Unverbesserlichkeit des betreffenden Mitglieds hinreichend feststeht und die Verteidigungsgründe unzureichend sind. Diesen Feststellungsbeschluss hat der höhere Obere frühestens nach Ablauf von fünfzehn Tagen seit der letzten Verwarnung, einschließlich der Akten, die von ihm sowie vom Notar unterschrieben sind, dem obersten Leiter zuzusenden (vgl. can. 697, 3°). Für das weitere Vorgehen auf Ebene des obersten Leiters gelten die cann. 699–700, deren Anwendung weiter oben schon dargestellt wurde.

b) Amtsenthebung und Versetzung von Pfarrern Der Codex Iuris Canonici enthält in den cann. 1740–1747 ein explizites Verfahrensrecht für die Amtsenthebung von Pfarrern; die cann. 1748–1752 regeln die Versetzung eines Pfarrers, von einer Pfarrei, die er erfolgreich leitet, in eine andere Pfarrei. Da der Pfarrer eigenberechtigter Hirte der ihm anvertrauten Gläubigen ist (vgl. can. 519) und damit Stabilität in seinem Amt genießt (vgl. can. 522), ist sowohl die Amtsenthebung als auch die Amtsversetzung ein erheblicher Eingriff in seine Klerikerrechte. Um die Sendung des Pfarrers, d. h. seine juridische Stellung im Verfassungsgefüge der Kirche zu schützen, hat das kanonische Recht ein angemessenes Verfahrensrecht entwickelt, das insbesondere zur Vorbereitung der bischöflichen Entscheidung dienen soll. Ein Blick in den einschlägigen Normencorpus zeigt, dass hier das verwirklicht ist, was in den oben im Hinblick auf die Interpretation von can. 50 entwickelten Prinzipien dargelegt wurde und in Analogie in der Verwaltungspraxis auf viele andere Situationen angewandt werden könnte bzw. Vorbildcharakter für zu erarbeitendes partikulares, diözesanes oder als Eigenrecht in Statuten festgelegtes Verfahrensrecht hat. Willkürliche Entscheidungen sollen vermieden werden, indem in den cann.  1740–1741 Gründe als Tatbestandsvoraussetzung aufgelistet werden, die eine etwaige Amtsenthebung rechtfertigen könnten. Die Verwaltung, d.  h. der Diözesanbischof mit seinen Mitarbeitern, muss daher intern prüfen, ob solche Gründe vorliegen und inwiefern sie belegt werden können. Im Hinblick auf die 107

Beweiserhebung wird die Verwaltung ggf. auch Kontakt mit Gläubigen aufnehmen, die sachdienliche Beiträge liefern können. Interessanterweise ist hier vom Gesetzgeber eine zusätzliche Hürde im Verfahren vorgesehen: Die interne und ins reine Ermessen der Verwaltung gestellte Erkundigung des Sachverhalts, wie beispielsweise in can. 50 vorgesehen, reicht nicht. Can. 1742 § 1 sieht nämlich vor, dass der Bischof, nachdem die verwaltungsinterne Beratung und Beweiserhebung durchgeführt worden ist, die Angelegenheit mit zwei Pfarrern, die einem vom Priesterrat bestimmten Kreis angehören müssen, zu erörtern hat. Falls der Bischof nach Erörterung mit den zwei Pfarrern zur Entscheidung gelangt, das Verfahren zur Amtsenthebung einzuleiten, dann ist er nun verpflichtet, den betreffenden Pfarrer hierüber zu informieren. Er fordert ihn „väterlich“ auf, innerhalb von fünfzehn Tagen auf das Amt zu verzichten. Sodann ist der Bischof verpflichtet, dem Pfarrer den Grund und die Beweise für eine etwaige Amtsenthebung darzulegen. Die in can. 1742 § 1 genannten Verfahrensschritte sieht der Gesetzgeber zur Gültigkeit vor. Im Sinne eines adäquaten Rechtsschutzes würde die Nicht-Einhaltung der vorgeschriebenen Verfahrensschritte, die vom Gesetzgeber mit einer Nichtigkeitssanktion belegt wurden, unrechtmäßig machen und diese könnten durch Verwaltungsrekurs bzw. Verwaltungsklage angefochten werden. Die Mitteilung der Verfahrenseröffnung, die Darlegung der Gründe und vorhandener Beweismittel und die Aufforderung auf den Amtsverzicht ist ein einseitiger hoheitlicher Verfahrensschritt unter Wahrung eines Mindeststandards an Verteidigungsrecht. Er ist deshalb als einseitig zu betrachten, da die Norm nicht vorsieht, dass der Pfarrer gehört wird bzw. um Stellungnahme gebeten wird. Can. 50 gilt aber auch hier. Und die Tatsache, dass in can. 1743 auch ein bedingter Amtsverzicht thematisiert wird, ist damit zu erklären, dass Bischof und Pfarrer, Verwaltung und Verwalteter, durch das begonnene Verfahren in einen Dialog treten können, der allerdings nur dann gelingt, wenn sich beide Seiten in einer gewissen Offenheit gegenüberstehen, bei der die Suche nach einer für das Wohl der Kirche, das das Wohl des Einzelnen nicht ausschließt, am besten geeigneten Lösung gegenüberstehen. In der Praxis kann es vorkommen, dass der Pfarrer gegenüber dem Bischof den Amtsverzicht erklärt. Es kann auch sein, dass er ihm einen bedingten Verzicht anbietet. Es ist natürlich auch denkbar, dass er sich begründet oder unbegründet mit der Aufforderung zum Amtsverzicht nicht einverstanden zeigt. Falls der Pfarrer nicht geantwortet hat, muss ihn der Bischof ein zweites Mal auffordern (vgl. can. 1744 § 1). Beantwortet er auch die zweite Aufforderung nicht 108

oder weigert sich zu verzichten ohne Angabe von Gründen, soll der Bischof das Enthebungsdekret erlassen (vgl. can. 1744 § 2). Schließlich thematisiert can. 1745 den Fall, dass der Pfarrer antwortet und begründen will, dass eine Amtsenthebung nicht gerechtfertigt sei. Für das Verfahrensrecht bedeutsam ist die Tatsache, dass der Bischof zur Gültigkeit für das weitere Vorgehen dem Pfarrer die Gewährung von weitreichenden Möglichkeiten, sich zu verteidigen, sicherstellen muss: die Möglichkeit zur Akteneinsicht, schriftliche Gegenvorstellung und Vorlage von weiteren Beweismitteln (vgl. can. 1745, 1º); die Pflicht des Bischofs zu einer erneuten Abwägung des Sachverhalts zusammen mit den aus dem Kreis des Priesterrates bestimmten Pfarrern; die Pflicht des Bischofs eine Sachentscheidung, die schriftlich zu begründen ist, zu erlassen (vgl. can. 1745, 3º). Der Gesetzgeber nennt bewusst auch die Möglichkeit, den Pfarrer nicht von seinem Amt zu entheben (vgl. can. 1745, 3º), denn das Verfahrensrecht ermöglicht einen Dialog zwischen Verwaltung und Pfarrer, dass im Sinne von can. 1733 auch mögliche Kompromisse und die Abwendung von weiteren Rechtsstreitigkeiten zum Ziel hat. Während die Amtsenthebung von Pfarrern, vor allem dann, wenn sich der betreffende Kleriker einer solchen Maßnahme nicht offen zeigt, ein aufwendiges Verfahren braucht, um im Dialog zwischen Offenlegung der verwaltungsintern und -extern erhobenen Tatsachen sowie Anhörung und Erwiderung durch den Pfarrer zu einer recht- und zweckmäßigen Entscheidung zu kommen, erweist sich das Verfahren zur Versetzung von Pfarrern als wesentlich kürzer. Geht es nämlich bei der Amtsenthebung um einen Pfarrer, dessen Dienst aus unterschiedlichsten Gründen schädlich oder unwirksam geworden ist (vgl. can. 1740), kann ein Versetzungsverfahren nur bei einem Pfarrer, der seine bisherige Pfarrei erfolgreich leitet und die Versetzung dem Wohl der Seelen (bonum animarum), der Notwendigkeit oder dem Nutzen der Kirche (Ecclesiae necessitas aut utilitas) dient (vgl. can. 1748), durchgeführt werden. Der Bischof schlägt dem Pfarrer die Versetzung schriftlich und begründet vor (vgl. can.  1748). Dieser kann schriftlich dem Bischof die Gründe darlegen, warum er dieser Bitte nicht Folge leisten will (vgl. can. 1749). Wenn der Bischof persönlich zu der Überzeugung gelangt, dass die Gründe nicht überzeugen, hat er zusammen mit zwei aus dem Kreis des Priesterrates bestimmten Pfarrern die Gründe abzuwägen. Wenn daraufhin der Bischof immer noch der Meinung ist, dass die Versetzung angebracht sei, hat er gegenüber dem Pfarrer die Aufforderung zu wiederholen (vgl. can. 1750). Falls sich der 109

Pfarrer dennoch weigert und der Bischof meint, dass die Versetzung notwendig sei, hat er, mit einer Begründung versehen, das Versetzungsdekret auszustellen und festzusetzen, dass nach Ablauf einer bestimmten Frist, die Pfarrei vakant sei (vgl. cann. 1750; 51).

c) Verhängung von Strafen auf dem Verwaltungsweg Ein Bereich, der in den letzten Jahren eine immer größer werdende Relevanz erfährt, ist das Straf- und Strafverfahrensrecht sowie das Strafprozessrecht. Für die Verhängung von Strafen sieht das Kirchenrecht zwei Möglichkeiten vor: den Gerichtsweg sowie den Verwaltungsweg. Das bedeutet: Wird der Gerichtsweg gewählt, wird vom Kirchenanwalt, der das öffentliche Wohl vertritt eine Anklageschrift gemäß cann. 1502 und 1504 dem zuständigen Gericht vorgelegt, in dem von einem Richterkollegium (vgl. can. 1425 § 1, 2°), sofern nicht die Bischofskonferenz für erstinstanzliche Verfahren erlaubt, dass anstelle eines Kollegialgerichts ein Einzelrichter tätig wird (vgl. can.  1425 §4), ggf. eine Strafe verhängt wird. Meint der Ordinarius, der nach einer Voruntersuchung (vgl. cann.  1717–1719) festgestellt hat, dass sich ein Anfangsverdacht für eine Straftat erhärtet hat, auf dem Verwaltungsweg vorzugehen, weil die Bedingungen hierfür erfüllt sind, wird ggf. eine Strafe von einem Verwaltungsorgan, d. h. dem Ordinarius, verhängt. Das Kirchenrecht kennt aufgrund des kirchlichen Verfassungsrechts keine strikte Gewaltenteilung. Indem aber Strafen, je nach Einzelfall, ggf. von rechtsprechenden Organen oder Verwaltungsorganen verhängt werden, können wir in diesem sensiblen Bereich, der u. U. massiv in die Rechte von Gläubigen eingreift, nicht einmal mehr von einer Gewaltenunterscheidung131 sprechen. Die Verhängung von Strafen auf dem Verwaltungsweg aufgrund der Verfahrensökonomie, weil u.  U. die Straftat evident feststeht, ist aus praktischen Gründen nachvollziehbar. Allerdings ist aus rechtstheoretischen Aspekten dafür zu plädieren, dass bei schweren und schwersten Strafdelikten die Verhängung von Strafen, die auf Dauer verhängt werden, einem Gerichtsorgan vorbehalten sein sollte. Wenn eine Straftat offensichtlich feststeht, könnte in Analogie zum „kürzeren Prozess“ (processus brevior), der unter bestimmten Voraussetzungen von Papst Franziskus bei Ehenichtigkeits131

Zum Begriff der „Gewaltenunterscheidung“ vgl. die Ausführungen im ersten Kapitel. 110

verfahren als mögliche Prozessform eingeführt wurde, ein ähnliches Dokumentenverfahren in Betracht gezogen und von der Kanonistik entwickelt werden, an dessen Ende ggf. von einem Richter/​Richterkollegium die im Recht vorgesehene Strafe verhängt wird.132 Trotz dieser kritischen Bewertung der Verhängung von Strafen auf dem Verwaltungsweg, soll ein kurzer Blick auf das im kirchlichen Gesetzbuch vorgesehenen Verfahrens nicht fehlen. Can. 1720 determiniert Voraussetzungen und Verfahren, damit der Ordinarius auf dem Weg eines außergerichtlichen Strafdekretes vorgehen kann: Er hat dem Beschuldigten die Anklage und die Beweise bekanntzugeben, damit die Möglichkeit zur Verteidigung wahrgenommen werden kann, es sei denn der Beschuldigte erscheint nach ordnungsgemäßer Vorladung nicht (1°); der Ordinarius bewertet danach die vorgelegten Beweise und Begründungen sowie die vom Beschuldigten ggf. vorgebrachten Einwände zusammen mit zwei Beisitzern (2°); der Ordinarius verhängt durch Strafdekret, dem eine wenigstens kurze Rechts- und Tatsachenbegründung beizufügen ist, die im Gesetz vorgesehen Strafen, wenn die Straftat sicher feststeht (certo constet) und die Strafklage noch nicht verjährt ist (3°). Gegen das Strafdekret ist hierarchische Beschwerde möglich (vgl. cann. 1732–1739). Anschließend kann Klage bei der Apostolischen Signatur eingelegt werden (vgl. can. 1445 § 2).

132

Entgegen dem in can. 1342 § 1 genannten Prinzip, wonach Strafen auf Dauer nur durch Gerichtsurteil verhängt werden können, ist in Art. 21 § 2 MP Sacramentorum sanctitatis tutela/​2010 vorgesehen, dass die Glaubenskongregation in Einzelfällen dauerhafte Straften auf dem Verwaltungsweg verhängen kann. Dies ist aus Gründen der Rechtskultur mehr als bedenklich, da hier keine exakte Unterscheidung der jeweiligen Kompetenz von Exekutive und Judikative vorgenommen wird: „Es steht der Kongregation für die Glaubenslehre jedoch frei: 1° In einzelnen Fällen von Amts wegen oder auf Antrag des Ordinarius oder des Hierarchen zu entscheiden, gemäß can. 1720 des Kodex des kanonischen Rechts und can. 1486 des Kodex der Kanones der orientalischen Kirchen auf dem Weg eines außergerichtlichen Dekrets vorzugehen; unbefristete Sühnestrafen können jedoch nur im Auftrag der Kongregation für die Glaubenslehre verhängt werden. 2° Sehr schwerwiegende Fälle, bei denen die begangene Straftat offenkundig ist und dem Angeklagten die Möglichkeit zur Verteidigung gegeben worden war, direkt dem Papst zur Entscheidung über die Entlassung aus dem Klerikerstand oder über die Absetzung zusammen mit der Dispens von der Zölibatsverpflichtung vorzulegen.“ 111

d) Außerkodikarische Verfahrensordnungen Der Vollständigkeit wegen soll hier wenigstens Erwähnung finden, dass es auch außerhalb des Codex Iuris Canonici diverse Verfahrensordnungen gibt, die zur Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung dienen.133

2.3. Möglichkeiten einer „arteigenen Rechtsprechung innerhalb der Verwaltung“134 So wie die menschlichen und fachlichen Ressourcen vorhanden sein müssen, um eine professionell ausgestattete und agierende Verwaltung garantieren zu können, ist es keineswegs unbedeutend, wie Verwaltung organisiert ist, um ggf. unrechtmäßige, unzweckmäßige oder als für unverhältnismäßig erachtete Verwaltungsentscheidungen verwaltungsintern zu revidieren und damit verwaltungssystemimmanent zu bewirken, dass Verwaltungsprozesse vermieden werden können. In diesem Sinne sprach einst Klaus Mörsdorf davon, dass es auch eine „arteigene Rechtsprechung innerhalb der Verwaltung“135 gebe. Er meinte nämlich damit eine Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen durch die in der Hierarchie jeweils höherstehende Verwaltungsautorität. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob es sich um informelle oder formelle Rechtsbehelfe handelt, die innerhalb derselben Stufe der Verwaltungshierarchie vorgelegt werden, auch wenn es sich ggf. im Innenverhältnis dieser Organisationseinheit kirchlicher Verwaltung um verschiedene Personen bzw. Amtsträger handelt, oder ob durch einen förmlichen Rechtsbehelf der jeweils zuständige hierarchische Obere angerufen wird. Um dies zu verdeutlichen: a. Der Generalvikar beispielsweise entscheidet per Dekret, dem eine summarische Begründung beigefügt ist, dass einem privaten Verein von Gläu-

Vgl. z.  B. Kongregation für das Katholische Bildungswesen, Normen zur Erteilung des Nihil obstat bei der Berufung von Professoren der Katholischen Theologie an den staatlichen Universitäten im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz, 25. März 2010, in: DBK, Arbeitshilfen 100, 388–399. 134 Mörsdorf, Rechtsprechung und Verwaltung, 112. 135 Mörsdorf, Rechtsprechung und Verwaltung, 112. 133

112

bigen die beantragte kirchliche Rechtspersönlichkeit nach can. 322 nicht verliehen wird. Dem Vorstand des Vereins bleibt es unbenommen, beim Bischof – unabhängig von den Förmlichkeiten, die beim Verwaltungsrekurs nach den cann. 1732–1739 vorgesehen sind, wie z. B. außerhalb der in can. 1734 § 1 genannten Nutzfrist von zehn Tagen, – mittels einer informellen Beschwerde oder Gegenvorstellung eine Abänderung der Entscheidung zu beantragen. Auch wenn der Generalvikar das Dekret im Namen des Bischofs und mit dessen Vollmacht erlassen hat, ist es nach Abwägung aller vorgebrachten Argumente möglich, Verwaltungsentscheidungen begründet zu revidieren oder zu modifizieren. Hierbei bewegt sich das potentielle Tätigwerden kirchlicher Verwaltung innerhalb derselben Organisationseinheit, nämlich der bischöflichen Verwaltung. Können zwar Bischof und Generalvikar bzw. ggf. ein Bischofsvikar als Personen und Amtsträger voneinander unterschieden werden, bilden sie dennoch keine jeweils neue Verwaltungsinstanz, sondern bringen in der Unterschiedenheit ihrer jeweiligen Ämter den einen bischöflichen Leitungsdienst in der Diözese zum Ausdruck. Der positive Bescheid über einen informellen Rechtsbehelf kann jedenfalls dazu führen, dass verwaltungsintern bereits getroffene Entscheidungen erneut überdacht werden, damit ggf. verletztes Recht wiederhergestellt wird oder ein sich anbahnender Rechtsstreit ex aequitate entschieden, die Situation damit befriedet und auf diese Weise vermieden wird, dass es zu einem gerichtlichen Prozess kommt. b. In can. 1734 § 1 sieht der Gesetzgeber ein verbindliches Widerspruchsverfahren vor, das als formeller Rechtsbehelf zu bewerten ist, der aber innerhalb derselben Stufe der Verwaltungshierarchie verortet ist: Der Einspruch ist nämlich an den jeweiligen Autor der Verwaltungsentscheidung zu richten, verbunden mit der Zielsetzung, dass ggf. die in der Gegenvorstellung vorgebrachten Argumente dazu führen, dass der ursprüngliche Erlass zurückgenommen oder modifiziert wird. Wenn dies geschieht, würde sich ein weiterer formeller Rekurs an den hierarchischen Oberen erübrigen. Ebenso müsste kein Verwaltungsgericht angerufen werden. Die im CIC im Vergleich zum CIC/​1917 neu eingeführte verpflichtende Remonstratio geht daher von der Prämisse aus, dass Verwaltung professionell genug sein kann, eigene Entscheidungen auf ihre Recht-, Zweck- und Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen und ggf. – aufgrund der Kraft der vorgebrachten Argu113

mente – neu zu bewerten. Gegen ein Dekret des General- oder Bischofsvikar ist der Widerspruch im Sinne des can. 1734 § 1 wahlweise entweder an den General- bzw. Bischofsvikar oder an den Bischof zu richten.136 Doch bleibt es dem Rekurrenten unbenommen, seine Argumente sowohl dem Bischof als auch dem Generalvikar in unterschiedlichen Schreiben darzulegen. Diese Vorgehensweise kann mit dem Ziel verbunden sein, dass im Innenverhältnis der bischöflichen Verwaltung und der damit verbundenen notwendigen Abstimmung zwischen dem Inhaber des Hauptamtes und seinen Vikaren (vgl. can. 480) eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den im Widerspruch neu vorgelegten Argumenten des Rekurrenten erfolgt. c. Unabhängig von vorhandenen Verfahrensdefiziten137 hat auch die Vorlage eines hierarchischen Rekurses an die jeweils höherstehende Verwaltungsautorität als formeller Rechtsbehelf eine spezifische Bedeutung und systemische Berechtigung: Denn im Gegensatz zu verwaltungsgerichtlichem Vorgehen kann die in der Verwaltungshierarchie höher stehende Verwaltungsautorität bei der Entscheidung über einen hierarchischen Rekurs unter Umständen zu einer völligen Neubewertung der Sachfrage kommen und, in Folge dessen, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Beschwerdeführers ganz oder teilweise modifizieren,138 während ein Verwaltungsgericht lediglich über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu urteilen hat. Unabhängig von der Entscheidung über die Verwaltungsbeschwerde ist der Eingang einer solchen für die jeweils höhere Verwaltungsautorität zudem von Interesse im Hinblick auf ihre allgemeine Aufsichtsfunktion, die sie als Fachbehörde, sei es auf diözesaner Ebene innerhalb der Diözesankurie, sei es auf Ebene der Römischen Kurie als zuständiges Dikasterium, ausübt. In diesem Sinne sollte deutlich gemacht werden, dass es die ureigene Aufgabe der Verwaltung in ihren unterschiedlichen Ebenen und Organisationsstrukturen ist, Recht

Vgl. Ambros, Der Beitrag der Rechtsprechung. Eine kritische Analyse des Verwaltungsbeschwerde-Verfahrens findet sich bei Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 273–296; 347–364. 138 Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass der hierarchische Obere eine reformatio in peius vornimmt. 136 137

114

anzuwenden und für die Verwirklichung des Gemeinwohls zu sorgen, zu dem die Rechte des Einzelnen nicht im Gegensatz stehen. Der von Verwaltungsorganen ausgeübten formellen oder informellen Kontrolle von Verwaltungshandeln kommt deshalb eine bleibende Bedeutung zu, die nicht im Gegensatz zur Errichtung von Verwaltungsgerichten auf partikular- und universalkirchlicher Ebene gesehen werden darf.

3. Ein berechtigtes Nebeneinander von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit: Ein Blick in das Codex-Entwurfsschema 1982 Zum Aufbau und zur Verwirklichung der kirchlichen Gemeinschaft tragen sowohl die öffentliche Verwaltung als auch die Rechtsprechung bei. Wie in dieser Studie gezeigt wurde, würde in Ergänzung zur Apostolischen Signatur nicht nur der Aufbau einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz zur Gewährleistung eines adäquaten Rechtsschutzes beitragen, sondern auch die Förderung einer fachlich kompetenten Verwaltungsorganisation sowohl in Bezug auf die Vorbereitung, Erlass und Umsetzung einer Verwaltungsentscheidung als auch im Hinblick auf die Fachexpertise, die es für die Bearbeitung einer Verwaltungsbeschwerde braucht. In dieser Perspektive wird mit dieser Studie nicht die Ersetzung der Verwaltungsbeschwerde durch den Verwaltungsprozess, die Ablösung von verwaltungsinterner Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle durch die verwaltungsgerichtliche Überprüfung als Alternative verfolgt, sondern das berechtigte Nebeneinander von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsprozess. Hier kann auch ein Blick in das Codex-Entwurfsschema von 1982 eine Hilfe sein, in das die jahrelangen Vorbereitungsarbeiten für das erneuerte kirchliche Gesetzbuch eingeflossen sind und von dem zumindest die Codex-Reformkommission überzeugt war, dass es praktikabel umsetzbar ist und einen ausreichenden Schutz der Rechte der Gläubigen im Konfliktfall gewährleisten kann.139

139

Vgl. Anhang 1: Entwurfsschema Codex Iuris Canonici 1982 (Schema novissimum CIC 1982). Dort auch genaue Quellenangabe. 115

Im siebten Buch des CIC waren im fünften Abschnitt die Normen für das Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozessrecht vorgesehen (pars V: de procedura administrativa). Der Abschnitt unterscheidet zwei Sektionen: a. Verwaltungsverfahren im Allgemeinen (de procedura administrativa in genere) sowie b. das Verfahren zur Amtsenthebung und Versetzung von Pfarrern (de procedura in parochis amovendis vel transferendis). Im Kontext dieser Studie interessiert vor allem die erste Sektion, die wiederum in folgende Titel unterteilt war: 1. Über die Errichtung von Verwaltungsgerichten (titulus I: de tribunalibus administrativis constituendis) 2. Über die Rekurse gegen Dekrete (titulus II: de recursibus adversus decreta) 3. Über die Verfahrensordnung an Verwaltungsgerichten (titulus III: de ratione procedendi apud tribunalia administrativa). In den Normen des ersten Titels spiegeln sich die Ergebnisse der Diskussion wider, von wem und wo ggf. Verwaltungsgerichte neben der Apostolischen Signatur eingerichtet werden können. Da dies weiter oben schon ausführlich dargestellt wurde, können wir uns darauf beschränken, die Ergebnisse im Entwurfsschema von 1982 hier nur kurz zu referieren: Die Bischofskonferenz kann demnach eines oder mehrere (vgl. can.  1737 Schema 1982) Verwaltungsgerichte ersten Grades und ggf. eines zweiten Grades (vgl. can. 1738 Schema 1982) errichten.140 Es besteht immer die Möglichkeit, nach dem Urteil ersten oder zweiten Grades bei der Apostolischen Signatur Klage einzureichen (vgl. can. 1739 Schema 1982).

140

Burkhard J. Berkmann, Mehr Subsidiarität im Kirchenrecht. Bischofskonferenzen und Verwaltungsgerichte, in: Concilium 52 (2016) 604–612, hier: 610, schlägt vor, als Gericht erster Instanz das des Metropoliten zu bestimmen: „Besser scheint daher die Metropolie als erste Instanz geeignet zu sein. Damit würde eine alte kirchliche Institution mit neuem Leben erfüllt. Der Metropolit übte immer Kontrollfunktionen über die Suffragane aus. Als praktische Erwägung kommt hinzu, dass seit dem Wegfall der doppelten Konformität in den Metropolitangerichten Kapazitäten frei sein müssten. Folglich kann der 116

Neben dieser positiven Grundentscheidung, Verwaltungsgerichte auf Ebene der Bischofskonferenz errichten zu können, beleuchtet der titulus II, „über die Rekurse gegen Dekrete“, das berechtigte Nebeneinander von Verwaltungshandeln und möglicher gerichtlicher Überprüfung. Der zweite Titel gliedert sich in folgende Kapitel: 1. Gemeinsame Normen (caput I: normae communes) 2. Über den hierarchischen Rekurs (caput II: de recursu hierarchico) 3. Über den Rekurs an ein Verwaltungsgericht (caput III: de recursu ad tribunal administrativum) 4. Spezielle Normen über Rekurse gegen die Dekrete derjenigen Autoritäten, die dem Bischof unterstellt sind (caput IV: normae speciales de recursibus adversus decreta eorum, qui Episcopo subsunt). Die gemeinsamen Normen, die sich sowohl an die Verwaltung als auch an den Verwaltungsrichter wenden, sind in der Hermeneutik der Abwendung von Rechtsstreitigkeiten und dem Finden möglicher Kompromisse zu lesen: Schlichtungsstellen, Versöhnungsversuche, die Verpflichtung zum Einspruch, die mögliche Aussetzung des Vollzugs des Einzel-Verwaltungsaktes. Can. 1741 Schema 1982, der zum Suchen einer billigen Lösung und Streitvermittlung sowie die Möglichkeit zur Errichtung von Schlichtungsstellen aufruft, findet sich wortgetreu in can. 1733 wider. Die cann. 1742–1743 Schema 1982 sehen, wie der heutige can. 1734 verpflichtend vor, dass derjenige, der sich durch eine Verwaltungsentscheidung beschwert fühlt, den Autor um Rücknahme oder Abänderung seiner Entscheidung bitten muss. Insofern wird die Verwaltung in einem möglichst frühen Stadium eines evtl. sich anbahnenden Rechtsstreits bereits Mangel an ausreichend qualifiziertem Personal und Mitteln nicht länger als Einwand dienen. (…) Als zweite Instanz böte sich die Ebene der Bischofskonferenz an. (…) Die zweite Sektion der Apostolischen Signatur würde dann als dritte Instanz dienen. Gegen Verwaltungsakte der Bischofskonferenzen und der Römischen Kurie bliebe sie wohl die erste Instanz.“ In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass auch das MP Mitis Iudex Dominus Iesus die Rolle des Metropoliten neu ins Bewusstsein gehoben hat, wenn es im fünften Reformkriterium heißt: „Es geziemt sich, dass die Berufung beim Metropolitansitz wieder aufgenommen werde, weil dieses Amt des Hauptes der Kirchenprovinz – feste Einrichtung über Jahrhunderte – ein erkennbares Zeichen der Synodalität in der Kirche ist.“ 117

darauf aufmerksam gemacht, dass die Entscheidung für ungerecht, unrechtmäßig oder unzweckmäßig empfunden wird und bekommt noch einmal die Möglichkeit, den eigenen Rechtsstandpunkt sowie denjenigen des Beschwerdeführers auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Can. 1744 Schema 1982, der den Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Verwaltungsentscheidung behandelt, findet sich im heutigen kirchlichen Gesetzbuch fast wortgetreu in can. 1736 wider. Lediglich in §4 musste darauf Rücksicht genommen werden, dass im promulgierten Codex schließlich keine lokalen Verwaltungsgerichte mehr vorgesehen waren. Die cann.  1745–1746 Schema 1982 nehmen schließlich die Fälle in Blick, in denen ein Rekurs beim hierarchischen Oberen bereits anhängig ist und dieser auf den Gerichtsweg übergehen soll. Can. 1745 § 1 Schema 1982 bestimmt: „Der Obere, bei dem ein hierarchischer Rekurs anhängig ist, kann den Rekurs an das zuständige Verwaltungsgericht überweisen, wenn sowohl der Autor des Dekrets als auch der Beschwerdeführer zustimmen. Das Gericht aber wird gemäß can. 1750, §§ 1 und 2 urteilen.“141 Den umgekehrten Fall nimmt can. 1745 § 2 Schema 1982 in den Blick: „Der einem Verwaltungsgericht vorgelegte Rekurs kann, solange der Rechtsstreit im ersten Grad anhängig ist, an den hierarchischen Oberen übergeben werden, wenn alle Parteien zustimmen; der Obere aber wird gemäß can. 1749 vorgehen.“142 Can.  1746 Schema 1982 unterscheidet Verwaltungsbeschwerde vom Verwaltungsprozess und nimmt den Autor des Dekrets in die Pflicht, den Rekurs an die zuständige Stelle weiterzuleiten. In § 1 Schema 1982 heißt es: „Jeder Rekurs kann beim Autor des Dekrets selbst eingereicht werden, solange im Rekurs angegeben wird, ob er an den Oberen oder an das Verwaltungsgericht gerichtet ist.“143 Da aber nicht immer damit zu rechnen ist, dass ein Beschwerdeführer in seinem Rekurs klare Angaben und Unterscheidungen vornimmt, wollte § 2 Schema 1982 im Zweifelsfall der Behandlung „Superior, coram quo pendet recursus hierarchicus, potest recursum ad tribunal administrativum competens, remittere, si consentiant et decreti auctor et recurrens; tribunal autem iudicabit ad normam can. 1750, §§ 1 et 3.“ 142 „Recursus ad tribunal administrativum propositus potest, quamdiu lis in primo iudicii gradu pendeat, ad Superiorem hierarchicum transferri, si omnes partes consentiant; Superior autem providebit ad normam can. 1749.“ 143 „Quilibet recursus proponi potest coram ipso decreti auctore, dummodo in ipso recursu indicetur utrum dirigatur ad illius Superiorem an ad tribunal administrativum. “ 141

118

auf dem Verwaltungsweg den Vorrang einräumen: „Sobald gegen dasselbe Dekret sowohl an den hierarchischen Oberen als auch an ein Verwaltungsgericht ein Rekurs vorgelegt wurde, oder wenn, wie im Fall von § 1 nicht deutlich ist, an wen der Rekurs gerichtet wird, ist der hierarchische Obere zuständig.“144 Das berechtigte Nebeneinander von Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsprozess macht auch der im Entwurfsschema 1982 genannte Rekurs- bzw. Klagegrund deutlich: Ein hierarchischer Rekurs kann, sofern sich der jemand durch ein Dekret beschwert fühlt, aus jedem gerechten Grund (propter quodlibet iustum motivum) vorgebracht werden (vgl. can. 1747 § 1 Schema 1982). Der Obere hat eine weitgehende Entscheidungsfreiheit, sodass er auch eine völlige Neubewertung der Sachlage vornehmen kann, einschließlich der Möglichkeit, dass sich die Situation für den Rekurrenten sogar verschlechtert (vgl. can. 1749 Schema 1982). Der Verwaltungsrichter jedoch kann lediglich angerufen werden, wenn das Gesetz in der Vorgehens- oder Entscheidungsweise verletzt worden ist oder die Entscheidung auf falschen Tatsachen beruht (vgl. can. 1750 § 1 Schema 1982). Das Gericht kann dann eine Verwaltungsentscheidung zurücknehmen oder für nichtig erklären, jedoch keine Verbesserung des Dekretes oder eine anderweitige Abänderung vornehmen (vgl. can. 1750 § 3 Schema 1982). Die Amtsvollmacht des Verwaltungsrichters ist wesentlich eingeschränkter als die der kirchlichen Verwaltung. Auch hier wird noch einmal deutlich, dass die Verwaltung eine eigene Rolle im Hinblick auf Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit einnimmt, die von Gerichten nicht ersetzt werden kann. Umgekehrt ist die Rechtmäßigkeitsüberprüfung durch ein unabhängiges Verwaltungsgericht die Rolle, die die Rechtsprechung wahrzunehmen hat und die keine der anderen Gewalten ersetzen kann. Es ist daher zu äußerster Zurückhaltung zu raten, wenn die Verwaltung, i. d. R. die Dikasterien der Römischen Kurie, um die schnellere Erledigung von Entscheidungen voranzubringen den Gerichtsweg145 verunmöglicht, indem sie den Papst um eine besondere Genehmigung (approbatio in forma specifica) bittet, wie noch eingehender im folgenden Abschnitt der Studie problematisiert werden wird. Unbeschadet

„Quoties adversus idem decretum propositi sint recursus et ad Superiorem hierarchicum et ad tribunal administrativum, vel in casu de quo in § 1 non pateat ad quem recursus dirigatur, competens est Superior hierarchicus.“ 145 Durch eine päpstliche approbatio in forma specifica wird im Übrigen auch jeder Verwaltungsrekurs an eine Instanz unterhalb des Papstes ausgeschlossen. 144

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der Bedeutung verwaltungsinterner Kontrolle ihrer Entscheidungen kann jedoch bezweifelt werden, ob das der Verwaltungsbeschwerde zugrundeliegende Verfahren, das sich im Wesentlichen lediglich von den allgemeinen Normen herleiten lässt hierzu ausreichend ist.146 Eine bleibende Aufgabe der Kanonistik wird es sein, diesbezüglich nach möglichen Optimierungen des Verfahrensrechts zu suchen. Insgesamt aber ist es wichtig festzuhalten, dass ein berechtigtes Nebeneinander von verwaltungsinterner und verwaltungsgerichtlicher Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen eine praktikable Perspektive zu sein scheint, die zu einer wirklichen Verbesserung der kirchlichen Rechtskultur einen substanziellen Beitrag leisten könnte.

4. Exkurs: Die Errichtung von Strafgerichtshöfen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz Nachdem der besondere Mehrwert einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, auch auf lokaler Ebene, von Verwaltungsentscheidungen gezeigt wurde, soll in einem kurzen Exkurs die Frage nach der möglichen Errichtung von Strafgerichtshöfen auf Ebene der Bischofskonferenz beleuchtet werden.147 Das kirchliche Recht lässt sich im Gerichtswesen von dem Grundsatz leiten, dass „in jedem Bistum und für alle vom Recht nicht ausdrücklich ausgenommenen Gerichtssachen (…) der Diözesanbischof Richter erster Instanz“148 ist (vgl.

Vgl. hierzu insbesondere Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 275–371. Es ist in erster Linie das defizitäre Verfahrensrecht, das im derzeitigen System von Verwaltungsbeschwerde an den hierarchischen Oberen und anschließender verwaltungsgerichtlichen Klage bei der Apostolischen Signatur den Mehrwert dieses Gerichts zum Vorschein bringt, da erst in dieser Phase grundlegende Rechtsprinzipien, wie z. B. Akteneinsicht, umfassende Verteidigung usw. gewährleistet werden müssen. Insofern steht die Frage im Raum, wie man das Verwaltungsbeschwerde-Verfahren beim hierarchischen Oberen in Statik und Dynamik optimieren könnte, um es als wirksames Instrumentarium zur Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit verstärkt zu etablieren. 147 Vom Projekt der Einrichtung von speziellen Strafgerichtshöfen im Bereich der DBK sprach Kardinal Marx ebenfalls im Anschluss an die Frühjahrsvollversammlung im März 2019. 148 „In unaquaque dioecesi et pro omnibus causis iure expresse non exceptis, iudex primae instantiae est Episcopus dioecesanus [….]“. 146

120

can. 1419 § 1). Auch wenn der Bischof für gewöhnlich seine richterliche Macht durch das von ihm bestellte Diözesangericht und die dort tätigen Richter ausübt, kann er doch seine richterliche Vollmacht auch persönlich ausüben. Letzteres ist durch die Eheprozessrechtsreform, die Papst Franziskus durch das MP Mitis Iudex Dominus Iesus verfügt hat, wieder neu ins kirchliche Bewusstsein gerückt worden, indem er im dritten reformleitenden Prinzip formulierte: „Der Bischof selbst ist Richter. – Damit in diesem Aufgabenfeld mit großer Bedeutung endlich die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils in die Praxis umgesetzt werden kann, wird mit Klarheit festgestellt, dass der Bischof selbst in seiner Kirche, für die er zum Hirten und zum Haupt bestellt ist, Richter der ihm anvertrauten Gläubigen ist. Es wird deshalb gewünscht, dass in den großen und kleinen Diözesen der Bischof selbst ein Zeichen für die Neuausrichtung der kirchlichen Strukturen sei und er die richterliche Funktion auf dem Gebiet der Ehen nicht einfachhin den von ihm delegierten Ämtern der Kurie überlässt. Dies möge besonders im kürzeren Prozess Geltung finden, der eingeführt wird, um die eindeutigeren Nichtigkeitsfälle zu lösen.“

Trotz dieses päpstlichen Impulses in MIDI ist jedoch in der Praxis in den wenigsten Fällen der Bischof als Richter persönlich beteiligt,149 sodass die überwiegende Tätigkeit eines Diözesangerichts darin besteht, in Stellvertretung150 für den Bischof die Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe, d. h. „die Feststellung rechtserheblicher Tatbestände“ (can. 1400, § 1, 1°), durchzuführen. De iure ist es ebenfalls für die Gerichtsverfahren bezüglich der „Straftaten im Hinblick auf die Verhängung oder Feststellung einer Strafe“ (can.  1400, §  1, 2°) zuständig, was jedoch heutzutage kaum praxisrelevant ist. Was würde es nun bedeuten, wenn die Deutsche Bischofskonferenz davon spricht, Strafgerichtshöfe – die es ja

Die Prinzipien der Codexreform sprechen gegen die generelle persönliche Ausübung richterlicher Vollmacht durch den Diözesanbischof. Insofern kann der Verweis auf das Zweite Vatikanische Konzil an dieser Stelle durchaus kritisch gesehen werden. 150 Das dritte reformleitende Prinzip in MIDI spricht anstelle von Stellvertretung für den Bischof fälschlicherweise von einer Delegation durch ihn an die Ämter der Kurie. 149

121

zumindest de jure auf diözesaner Ebene gibt – künftig auf interdiözesaner Ebene einzurichten? In diesem Zusammenhang ist can. 1423 § 1 von Bedeutung: „Mehrere Diözesanbischöfe können mit Genehmigung des Apostolischen Stuhles einvernehmlich anstelle der in cann.  1419–1421 erwähnten Diözesangerichte für ihre Bistümer ein einziges Gericht der ersten Instanz einrichten; in diesem Fall kommen den beteiligten Bischöfen zusammen oder einem von diesen bestimmten Bischof alle Vollmachten zu, die der Diözesanbischof bezüglich seines Gerichtes besitzt.“151

Bischöfe können für alle oder einige Prozessarten (vgl. can. 1423 § 2)152 ein gemeinsames Gericht einrichten. Insofern ist im deutschen Kontext denkbar, dass auf Ebene der Kirchenprovinz oder lokal, z. B. geographisch gesehen im Westen, Norden, Süden oder Osten Deutschlands jeweils ein Gericht ersten Grades eingerichtet würde, dem Strafangelegenheiten im Sinne von can. 1400 § 1, 2° vorbehalten sind. Die Einrichtung eines derartigen Strafgerichtshofs ersten Grades bedarf der Prüfung (probatio) durch den Apostolischen Stuhl, d.  h. der Apostolischen Signatur als Gerichtsaufsichtsbehörde (vgl. Artt. 124, 4° Pastor bonus; 35, 5° Lex propria). Da die Errichtung eines gemeinsamen Gerichtes ersten Grades Sache der beteiligten Bischöfe ist, ist eine Beschlussfassung durch die Bischofskonferenz im Sinne einer heilsamen Dezentralisierung nicht notwendig, sofern nicht auf Ebene der Bischofskonferenz ein Strafgericht ersten Grades eingerichtet werden soll. Im Hinblick auf eventuelle Berufungen gegen ein Urteil ersten Grades, das von einem Strafgerichtshof erlassen wurde, ist can. 1439 § 1 anzuwenden:

„Plures dioecesani Episcopi, probante Sede Apostolica, possunt concordes, in locum tribunalium dioecesanorum de quibus in cann. 1419–1421, unicum constituere in suis dioecesibus tribunal primae instantiae; quo in casu ipsorum Episcoporum coetui vel Episcopo ab eisdem designato omnes competunt potestates, quas Episcopus dioecesanus habet circa suum tribunal.“ 152 „§ 2. Tribunalia, de quibus in § 1, constitui possunt vel ad causas quaslibet vel ad aliqua tantum causarum genera“ (§ 2. Die in § 1 erwähnten Gerichte können entweder für alle beliebigen Gerichtssachen oder nur für einzelne Arten von Prozesssachen eingerichtet werden). 151

122

„Wenn ein einziges Gericht erster Instanz nach Maßgabe von can. 1423 für mehrere Bistümer eingerichtet ist, muss die Bischofskonferenz mit Genehmigung des Apostolischen Stuhles ein Gericht zweiter Instanz einrichten, außer alle beteiligten Bistümer sind Suffragane derselben Erzdiözese.“153

Da es unwahrscheinlich ist, dass bei dem Projekt im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz, Strafgerichte zu etablieren, an die im Recht vorgesehene Möglichkeit einer Errichtung eines gemeinsamen Gerichts innerhalb der Kirchenprovinz ohne Beteiligung der jeweiligen Erzdiözese gedacht wurde, ist die Notwendigkeit der Etablierung von Berufungsgerichten zweiten Grades durch die Bischofskonferenz in Betracht zu ziehen. Auch hier bedarf es wieder der Intervention der Apostolischen Signatur als Gerichtsaufsichtsbehörde, die die Errichtung zu prüfen hat (vgl. Artt. 124, 4° Pastor bonus; 35, 5° Lex propria). Zudem ist de iure die Römische Rota ordentliches Berufungsgericht zweiter Instanz, an das sich ein Gläubiger, unabhängig vom Bestehen eines Gerichtes zweiter Instanz auf Ebene der Bischofskonferenz, jederzeit wenden kann (vgl. can. 1444, § 1, 1°). Die Folge der Errichtung eines gemeinsamen Strafgerichtes erster Instanz ist die absolute Unzuständigkeit des Diözesangerichts. Im Hinblick auf die Einleitung eines Strafprozesses bedeutet dies, dass nach Abschluss der Voruntersuchung (vgl. cann. 1717–1719) die Zuständigkeit, die Klageschrift beim Gericht einzureichen, beim Kirchenanwalt des Strafgerichtshofs ersten Grades liegt und logischerweise nicht mehr beim Kirchenanwalt des Diözesangerichts (vgl. can. 1721). Die räumliche und personelle Distanz ist bezüglich der Unparteilichkeit der am Gerichtsverfahren Beteiligten ein nicht unerheblicher Mehrwert, wobei bei Strafprozessen eine gewisse politische/​kirchenpolitische Beeinflussung der Anklage nie völlig ausgeschlossen ist, da „in jeder Instanz des Verfahrens vom Kirchenanwalt auf Weisung oder mit Zustimmung des Ordinarius, auf dessen Entscheidung der Prozess in Gang gesetzt worden ist, auf den Rechtszug verzichtet werden“ (can. 1724 § 1) kann.

153

„Si quod tribunal primae instantiae unicum pro pluribus dioecesibus, ad normam can. 1423, constitutum sit, Episcoporum conferentia debet tribunal secundae instantiae, probante Sede Apostolica, constituere, nisi dioeceses sint omnes eiusdem archidioecesis suffraganeae. “ 123

Die Errichtung von lokalen Gerichten, denen die Behandlung von Strafprozessen vorbehalten ist, ist keine Erfindung der Deutschen Bischofskonferenz. In den Niederlanden ist dies bereits gängige Praxis.154 Einen Sonderfall stellen jedoch die der Glaubenskongregation vorbehaltenen delicta graviora dar, denn hier sind selbst auf lokaler Ebene etablierte Strafgerichte zunächst unzuständig (vgl. Art. 8 SST/​2010). Die Glaubenskongregation kann jederzeit die Behandlung eines Falles an sich ziehen. Es steht ihr aber frei, auch ein lokales Gericht einzusetzen (vgl. Art. 16 SST/​2010). Gegen ein Urteil erster Instanz, das von einem von der Glaubenskongregation beauftragten Gericht erlassen hat, ist sie wiederum Gericht zweiter Instanz (vgl. Art. 20 SST/​2010). Auch hier steht es der Glaubenskongregation frei, die Behandlung der Angelegenheit einem lokalen Gericht zweiten Grades zu übertragen. Da die Mehrzahl der heute in der Kirche geführten Strafprozesse, sofern die Angelegenheit nicht auf dem Verwaltungsweg entschieden wird, die schwerwiegenderen Straftaten sind, insbesondere die Fälle von Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Kleriker, würde selbst bei der Etablierung einer Strafgerichtsbarkeit auf Ebene der Bischofskonferenz diese an sich unzuständig sein. Umgekehrt würde aber der Glaubenskongregation eine lokale Strafgerichtsbarkeit mit entsprechendem Fachpersonal zur Verfügung stehen, was die Übertragung der Entscheidung auf ortskirchliche Ebene wesentlich erleichtern würde. Das hätte auch zur Folge, dass es in den meisten Fällen keinen Grund mehr gäbe, eine Strafe auf dem Verwaltungsweg zu verhängen.

5. Zusammenfassung Verwaltungsgerichtliche Kontrolle von Einzel-Verwaltungsakten ist auf die Überprüfung ihrer formellen und materiellen Rechtmäßigkeit beschränkt, während verwaltungsintern im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde auch eine Zweckmäßigkeitsprüfung erfolgen kann. Deshalb wäre es zu kurz gegriffen, die Lösung aller Probleme, Meinungsverschiedenheiten und etwaiger Streitigkeit zwischen 154

Vgl. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Prot. N. 4590.1.11: Interdiözesaner Strafgerichtshof erster Instanz; Prot. N. 4590.2.12: Interdiözesaner Strafgerichtshof zweiter Instanz. 124

kirchlichem Amt und Gläubigen lediglich in einer verstärkten Etablierung von Verwaltungsgerichten zu sehen. Wie nämlich die Gerichtsbarkeit eine eigene, unersetzbare Rolle für die kirchliche Gemeinschaft einnimmt, so eben auch die Verwaltung für die Verwirklichung des Gemeinwohls. In diesem Sinne bedarf es einer Diskussion darüber, inwiefern kirchliche Verwaltung auf allen Ebenen ihrer Organisationsstruktur professionalisiert werden kann. Auch der Rechtsbehelf der Verwaltungsbeschwerde hat hierbei einen eigenen Stellenwert, wobei er nur dann als wirksames Mittel zum Schutz der Rechte und rechtlichen Interessen der Gläubigen dienen kann, wenn dessen Bearbeitung von kompetentem Fachpersonal in einem adäquaten Verfahren erfolgt, da „die Rechtserfahrung, das Erleben von Gerechtigkeit, mit dem Verfahren zu tun hat [und sich deshalb] die Bedeutung eines juristisch ausgewogenen und strikt eingehaltenen Verfahrensrechts“155 zeigt. Nicht zuletzt trägt eine professionelle Verwaltung dafür Sorge, dass Entscheidungen solide vorbereitet werden. Insbesondere wenn rechtliche Interessen Dritter berührt werden, wird sie, dem Prinzip der Partizipation gemäß, Konsultativorgane, Sachverständige und nicht zuletzt den oder die Betroffenen in das Verfahren mit einbinden. Das allgemeine Recht kennt bereits einige Verfahrensordnungen, welche dem Prozess der Entscheidungsfindung einen rechtlichen Rahmen vorgeben, um die Rechte und Interessen aller Beteiligten zu schützen. Es liegt aber auch im gesetzgeberischen Ermessen der Diözesanbischöfe, auf teilkirchlicher Ebene ebenfalls die rechtlichen Standards für Verfahren, die im Kompetenzbereich der Diözesanverwaltung liegen, zu heben. Gewisse Rahmen und Leitlinien könnten dabei auf Ebene der Bischofskonferenz bzw. im Rahmen des Synodalen Weges erarbeitet werden. Nicht zuletzt stellt sich auch, unabhängig von der durch Verwaltungsbeschwerde oder Verwaltungsklage geforderten Möglichkeit, einen für den Beschwerdeführer durch eine Verwaltungsentscheidung entstandenen Schaden wiedergutzumachen, die Frage, ob bei einer schwerwiegenden Amtspflichtverletzung durch eine unrechtmäßige Verwaltungsentscheidung, der jeweilige Amtsinhaber mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat. In diesem Feld erlebt die Kirche derzeit eine Rechtsfortentwicklung (vgl. MP Come una madre amorevole bzw. MP Vos estis lux mundi). Allerdings steht offensichtlich die Kirche immer noch in einer unsicheren Anfangsphase, wie mit Amtsträgern, die sich in 155

Ludger Müller, Rechte in der Kirche. Die Begründung kirchlichen Verfahrensrechts, in: Id., ed, Rechtsschutz in der Kirche, Wien 2011, 9–24, hier: 9. 125

ihrer Amtsführung vorsätzlich oder grob fahrlässig verhalten haben, umzugehen ist. Eine überhöhte Amtstheologie, die den Dienstcharakter des Amtsträgers und seine Einbindung in die kirchliche Communio zu wenig betont, tut ihr übriges. Nicht zuletzt ist auch die Frage von Bedeutung, inwiefern die Rolle des Rechts in der Kirche als zu ihrem Wesen gehörig anerkannt wird. Wird letzteres nämlich als sekundär oder als akzidentiell gesehen, entsteht eine Atmosphäre, in der sich Amtsträger über kirchliche Normen ohne Skrupel hinwegsetzen und sich selbst und ihre persönlichen Ideen zum Maß aller Dinge erklären können. Heribert Kalb bringt es deshalb zusammenfassend auf den Punkt: „Desiderata de lege ferenda sind etwa ein geregeltes Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsakte, eine zeitgemäße Lehre vom Ermessen, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit von generellen Verwaltungsakten sowie eine Verwirklichung einer zeitgemäßen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Letztlich ist es unabdingbar, dass die Ergebnisse der modernen Verwaltungslehre im Sinne einer integrierten Verwaltungsrechtswissenschaft unter Beachtung des jeweiligen Kontextes auch in der Kanonistik kritisch mitreflektiert und fruchtbar gemacht werden.“156

156

Heribert Kalb, Verwaltungsakt und Verwaltungsverfahren, in: Stephan Haering  –  Wilhelm Rees  –  Heribert Schmitz, ed., Handbuch des katholischen Kirchenrechts. Dritte, vollständig neubearbeitete Auflage, Regensburg 2015, 163–182, hier: 164. 126

V. Ein kritischer Blick auf neuere Entwicklungen „Das Kirchenrecht ist (…) kein unveränderbarer, monolithischer Block, sondern stets ein Ius semper reformandum. (…) Der Kirchenrechtswissenschaft kommt dabei die Aufgabe zu, das Kirchenrecht immer wieder zu erneuern, damit in ihm immer besser die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils in kanonistische Sprache gefasst werden kann. Der Kirchenrechtswissenschaft kommt dabei die Aufgabe zu, dem Gesetzgeber Reformvorschläge zu unterbreiten.“157

Art. 18 Pastor bonus will die Anwendung des Legalitätsprinzips für die Römische Kurie sicherstellen, indem die Norm u.  a. bestimmt, dass die Verwaltung vom universalen Kirchenrecht nicht dispensieren kann, d. h. dass sie entsprechend den geltenden Normen das Recht anzuwenden hat. Das Prinzip der Gewaltenunterscheidung wird appliziert, indem festgehalten wird, dass es nicht die Kompetenz der Verwaltung ist, Gesetze/​Allgemeindekrete zu erlassen. Dies ist alleinige Aufgabe des Gesetzgebers. Mit der Klausel jedoch, dass dies in Einzelfällen, wenn der Papst eine approbatio specifica erteilt, ermöglicht wird, bleibt das Prinzip der Gewalteneinheit im Papstamt gewahrt, was aber zur Schwächung des Legalitäts- und Gewaltenunterscheidungsprinzips führt: „[…] Die Dikasterien können weder Gesetze noch allgemeine Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen, noch können sie Vorschriften des geltenden uni-

157

Thomas Meckel – Matthias Pulte, Vorwort, in: Id., Ius semper reformandum. Reformvorschläge aus der Kirchenrechtswissenschaft, Paderborn 2018, 8. 127

versalen Rechts abändern, außer in einzelnen Fällen und mit besonderer Genehmigung des Papstes. […]“158

Das rechte Austarieren der Prinzipien Gewalteneinheit und Gewaltenunterscheidung sowie Legalitätsprinzip sollte zur Folge haben, dass es allenfalls Einzelfälle bleiben, in denen Verwaltungsbehörden vom Papst eine besondere Genehmigung erbitten. Neben einer besonderen Genehmigung des Papstes, die einzelne Dikasterien erbitten, um ein Allgemeindekret, das von Normen des universalen Rechts derogiert, erlassen zu können, legen Kurienbehörden dem Papst auch Einzelverwaltungsakte vor, für die sie eine besondere päpstliche Genehmigung (approbatio in forma specifica) erbitten. Um Rechtssicherheit zu schaffen159 sieht diesbezüglich die derzeit gültige Generalordnung der Römischen Kurie160 in Art. 126161 erstmals eine spezifische Verfahrensordnung vor, die von den Dikasterien des Heiligen Stuhls beachtet werden muss, falls sie für einen Einzel-Verwaltungsakt eine päpstliche Approbation in forma specifica herbeiführen wollen. In § 1 heißt es: „Das Dikasterium, das es für zweckmäßig hält, den Papst um die Genehmigung in forma specifica eines Verwaltungsaktes zu bitten, muss einen „Dicasteria leges aut decreta generalia vim legis habentia ferre non possunt nec iuris universalis vigentis praescriptis derogare, nisi singulis in casibus atque de specifica approbatione Summi Pontificis.“ 159 So interpretiert Heribert Hallermann, Die „approbatio in forma specifica“ – Ein Instrument zum Schutz des geltenden Rechts, in: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 45 (1998) 160–171, hier: 170, die in diesem Kontext zu kommentierende Verfahrensnorm: „Art. 126 RGCR kann als ein Instrument des Rechtsschutzes und der Garantie bestehender Rechte in der Kirche gewertet werden, weil die aus der approbatio in forma specifica resultierende Immunität der einschlägigen Rechtsakte nur dann erlangt werden kann, wenn die vorgeschriebene Vorgehensweise tatsächlich eingehalten wird. Mit der vorgeschriebenen Vorgehensweise wird dem Handeln der Kurie in der Person des Papstes eine Kontrollinstanz gegenübergestellt und auf diese Weise verhindert, daß die Zahl der Rechtsakte, gegen die keine Berufung oder Beschwerde mehr möglich ist, ins Unermeßliche steigt.“ 160 Staatssekretariat, Regolamento generale della Curia Romana, 15.  April 1999, in: AAS 91 (1999) 629–699. 161 Zum konkreten „Sitz im Leben“, d. h. die Umstände, die zur Einführung dieser Norm führten, vgl. Gian Paolo Montini, L’approvazione in forma specifica di un atto impugnato, in: Periodica 17 (2018) 37–72, hier: 40–46. 158

128

schriftlichen Antrag stellen, der die Gründe dafür angibt und den endgültigen Textentwurf enthält. Enthält der Rechtsakt Ausnahmen vom geltenden Universalrecht, müssen diese präzisiert und veranschaulicht werden.“162

Wichtig ist es festzuhalten, dass die zuständige Kongregation sich erst an den Papst wenden darf, wenn sie ihre internen Schritte zur Vorbereitung des Verwaltungsaktes bereits erledigt hat und vom Dikasterium der Akt erlassen wurde, aber dem Empfänger noch nicht bekanntgeben ist. Die Kongregation, die eine päpstliche Approbation erbittet, muss einen schriftlichen Antrag stellen, in dem dargelegt wird, weshalb sie in diesem spezifischen Fall ausnahmsweise eine päpstliche Entscheidung herbeiführen will. Dem Antrag ist der Einzel-Verwaltungsakt der Kongregation beizufügen. Insofern er noch nicht bekanntgemacht wurde, kann die Norm von „Textentwurf “ sprechen. Zudem steht es dem Papst frei, falls er seine persönliche Genehmigung aussprechen will, Textmodifikationen vorzunehmen. Eine besondere Klausel, die Art. 126 § 1 RGCR zum Schutz des universalen Rechts, aber auch der Person des Papstes vorsieht, besteht in der Verpflichtung des Dikasteriums, dem Papst gegenüber in der Formulierung des Antrags darzulegen, ob durch diesen Einzel-Verwaltungsakt ggf. irgendeine Norm des kanonischen Rechts derogiert werden solle. Da jede Kongregation die für ihren Bereich spezifischen rechtlichen Befugnisse durch allgemeines oder spezielles Recht schon besitzt, scheint sich eine Bitte um eine besondere Genehmigung durch den Papst in erster Linie von den erbetenen und begründeten Dispensen abzuleiten, die das Dikasterium nicht selber vornehmen kann.163 Der Papst muss also explizit hierauf aufmerksam gemacht werden, um deutlich zu machen, dass er, falls er sich den „Il Dicastero che ritiene opportuno chiedere al Sommo Pontefice l’approvazione in forma specifica di un suo atto amministrativo, deve farne richiesta per iscritto, adducendone i motivi e presentando il progetto di testo definitivo. Se l’atto contiene deroghe al diritto universale vigente, esse devono essere specificate ed illustrate.“ Art. 126 § 2 RGCR regelt den Fall, dass dem Papst von Dikasterien Normen vorgelegt werden, für die sie eine päpstliche Approbation in forma specifica erbitten, die ggf. zu einer Derogation von universalkirchlichen Bestimmungen führt. Da dies jedoch hier nicht Thema ist, können wir hierauf nicht näher eingehen. 163 Montini, L’approvazione in forma specifica, 50: „È evidente il nesso tra la menzione delle deroghe al diritto universale vigente e i motivi dell’approvazione in forma specifica che devono essere menzionati: ordinariamente – sembra di capire – saranno proprie le deroghe che motiveranno l’approvazione in forma specifica.“ 162

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Einzel-Verwaltungsakt des Dikasteriums zu eigen macht, die Verwaltung einen Akt erlassen kann, der von den Normen des universalen Kirchenrechts dispensiert. Art. 126 § 3 RGCR bestimmt: „In jedem dieser Fälle muss die betreffende Akte dem Papst überlassen werden, damit er sie persönlich prüfen und seine Entscheidung dann in der Weise, die er für angemessen hält, mitteilen kann.“164

Diese Norm führt schließlich dazu, dass dem Papst nicht nur der Antrag auf approbatio in forma specifica, einschließlich des vorbereiteten Einzel-Verwaltungsaktes, übermittelt wird, sondern zudem die vollständigen Akten, die den konkreten Fall dokumentieren, überbracht werden müssen. Ziel ist, dass der Papst die Möglichkeit hat, sich persönlich oder durch seine Mitarbeiter mit dem Einzelfall zu beschäftigen, um zu prüfen, ob er sich den erarbeiteten Lösungsvorschlag der Kongregation tatsächlich ganz oder teilweise zu eigen machen will oder nicht. Der Papst bleibt in seinem Handeln konsequenterweise völlig frei. Auch über die Weise, wie er seine Entscheidung mitteilt, gibt es keine Bestimmung. Falls er seine Genehmigung in forma specifica erteilt, ist Art. 126 §4 RGCR zu beachten: „Damit feststeht, dass die Approbation in forma specifica erteilt wurde, muss explizit zum Ausdruck gebracht werden, dass der Papst in forma specifica approbiert hat (in forma specifica approbavit).“165 Dieser Vermerk findet sich gewöhnlicherweise auf dem Einzel-Verwaltungsakt. Es kommt auch vor, dass der Papst selbst auf dem Dekret vermerkt, er habe es in forma specifica approbiert. Die Rechtsfolge einer besonderen Genehmigung durch den Papst ist es, dass er sich einen Akt eines Dikasteriums zu eigen macht. Da aber Rechtsakte, die der Papst setzt, nicht mehr anfechtbar sind, bleibt der weitere Rechtsweg an die Apostolische Signatur verschlossen. Gegen Einzel-Verwaltungsakte des Papstes gibt es nämlich keine verwaltungsgerichtliche Klage.

„In ognuno dei detti casi il fascicolo relativo deve essere lasciato al Sommo Pontefice, in modo che Egli lo possa esaminare personalmente e comunicare in seguito la Sua decisione nel modo ritenuto opportuno.“ 165 „Affinché consti dell’approvazione in forma specifica si dovrà dire esplicitamente che il Sommo Pontefice ‚in forma specifica approbavit‘.“ 164

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Ein Blick in das geltende Recht macht deutlich, dass es nicht wenige Bereiche sind, in denen mittlerweile die persönliche Beteiligung und Entscheidung des Papstes vorgesehen bzw. ein Rechtsmittel an die Apostolische Signatur ausgeschlossen ist.

1. Fehlende verwaltungsgerichtliche Überprüfung bei Strafen, die bei delicta graviora von der Glaubenskongregation auf dem Verwaltungsweg verhängt werden Es ist insbesondere den delicta graviora, d.  h. den „schwereren Straftaten“ hinsichtlich des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Kleriker geschuldet, dass das kirchliche Strafrecht und Strafverfahrensrecht eine neue Bedeutung sowohl in der Kanonistik als auch in der Praxis bekommen hat. In Folge der Problematik, dass viele Missbrauchsfälle seitens der Bischöfe und höheren Ordensoberen nicht aufgearbeitet wurden, d.  h. geltendes Recht einfach nicht angewandt wurde, hat Papst Johannes Paul  II. im MP Sacramentum sanctitatis tutela166 die ausschließliche Zuständigkeit für diese Delikte der Kongregation für die Glaubenslehre übertragen. Im dazugehörigen Rundschreiben an die Bischöfe und Ordensoberen sowie in Art. 6 § 1 Normen 2001 wird die Kongregation für die Glaubenslehre als „Apostolisches Tribunal“ bezeichnet. Infolgedessen gibt es gegen Gerichtsentscheidungen ersten Grades nur Berufung an die Kongregation als Gerichtshof (vgl. Art.  13 Normen SST/​2001). Die Normen SST/​2001 sahen also noch einen gerichtlichen Strafprozess als ordentlichen Weg vor, die der Glaubenskongregation reservierten schwereren Straftaten aufzuklären und ggf. kanonische Strafen zu verhängen. Die Anzahl der Fälle und die im Vergleich zu einem Verwaltungsverfahren länger dauernden Strafprozesse führten dazu, dass in einer am 7.  Februar 2003 dem Kardinalpräfekten der Glaubenskongregation gewährten Audienz von Papst Johannes Paul II. die spezielle Befugnis (facultas) erteilt 166

Zusammen mit dem MP wurden die dazugehörigen Normen promulgiert, ohne jedoch in den AAS oder in einem anderen Publikationsorgan veröffentlicht worden zu sein: Normae substantiales et processuales [= Normen SST/​2001]. 131

wurde, dass der jeweilige Ordinarius bei der Glaubenskongregation beantragen kann, die Entlassung aus dem Klerikerstand per Dekret, und damit auf dem Verwaltungsweg verhängen zu dürfen.167 Bereits eine Woche später, am 14. Februar 2003, wurde dem Kardinalpräfekt von Papst Johannes Paul II. für die Arbeitsweise der Glaubenskongregation eine weitere Spezialvollmacht verliehen: In den Fällen der delicta graviora sollte bei Strafverhängung auf dem Verwaltungsweg jeder Rekurs an die Apostolische Signatur ausgeschlossen sein. Gegen Entscheidungen der Kongregation sollte lediglich ein Rekurs an die ordentliche Versammlung der Kongregation („feria IV“) möglich sein.168 2010 wurden die bereits bestehenden Normen hinsichtlich der Vollmachten der Glaubenskongregation, die sich aus dem MP SST ergeben, einer Revision unterzogen. Auch hier findet sich die seit Februar 2003 bestehende Rechtslage wieder, wonach bei auf dem Verwaltungsweg verhängten Strafen lediglich die Beschwerde an die ordentliche Versammlung der Glaubenskongregation („feria IV“) gegeben ist (vgl. Art. 27 Normen SST/​2010). Selbst bei dieser Reform blieb es also bei einer Verhängung schwerster kirchlicher Strafen auf dem Verwaltungsweg. Art. 21 § 2, 2° SST/​ 2010 sieht sogar vor, dass bei besonders schwerwiegenden Fällen eine Entlassung auch „ex officio et pro bono Ecclesiae“ unmittelbar durch den Papst erfolgen kann. Nicht weil dies etwa als unzureichender Rechtsschutz empfunden wurde, sondern da die Fälle immer mehr wurden und deshalb für eine Entlastung der ordentlichen Versammlung der Glaubenskongregation gesorgt werden sollte, hat Papst Franziskus 2014 ein Kollegium innerhalb der Glaubenskongregation errichtet, das über die Beschwerden gegen ein von der Kongregation im Kongress verhängtes Strafdekret entscheiden soll.169 Auch wenn dieses Kollegium, das aus Kardinälen und Bischöfen besteht, von der Glaubenskongregation nicht direkt abhängig ist und nach einer eigenen Ordnung vorgeht, kann es nicht als Verwaltungsgericht bezeichnet werden. Angesichts der Tatsache, dass es eine der wesentlichen Intentionen der Codexreform war, die Rechte der Gläubigen in angemessener Weise zu schützen und die Gewalten

Vgl. Johannes Paul II., Rescriptum für den Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, 7. Februar 2003, in: IE 16 (2004) 321. 168 Vgl. Johannes Paul II., Rescriptum für den Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, 14. Februar 2003, in: IE 16 (2004) 321. 169 Vgl. Damian G. Astigueta, Il nuovo Collegio all’interno della Congregazione per la Dottrina della Fede e il suo Regolamento, in: Periodica 105 (2016) 335–368. 167

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zu unterscheiden, machte es einerseits die hohe Anzahl der Fälle praktisch erforderlich, eine möglichst schnelle Bearbeitung zu sorgen. Andererseits darf sich die Kirche ihrem rechtlichen Selbstverständnis gemäß auf Dauer nicht damit abfinden, dass schwerwiegendste kirchliche Strafen auf Dauer verhängt werden, ohne dass der Beschuldigte eine ausreichende gerichtliche Kontrolle einfordern kann. Diese neuere Entwicklung im kirchlichen Strafverfahrensrecht wirkt sich auch auf die Apostolische Signatur aus, weil sie nunmehr neben Verwaltungsentscheidungen, die der Papst oder ein Ökumenisches Konzil getroffen haben (vgl. can.  1732), auch für diejenigen der Kongregation für die Glaubenslehre in den Fällen der delicta graviora hinsichtlich einer weiteren Verwaltungsklage unzuständig ist. Da die der Glaubenskongregation in SST zur Behandlung zugewiesenen Straftatbestände sehr umfangreich sind, erreichen heute in der Praxis nur noch wenige Verwaltungsklagen gegen Strafdekrete die Apostolische Signatur. Diese Tendenz ist hinsichtlich der Rechtskultur in der Kirche eindeutig als Defizit und Rückschritt zu benennen.170 Die Verhängung von Strafen auf dem Gerichtsweg, wenn die Glaubenskongregation diese an funktionell gut ausgestattete und professionalisierte Strafgerichtshöfe vor Ort verweisen könnte, wäre in der Tat ein begrüßenswerter positiver Neuansatz.

2. Die Sonderbefugnisse einiger Kongregationen Im Kontext des kirchlichen Strafrechts sind neben der Ausweitung der Kompetenz der Kongregation für die Glaubenslehre auch Sonderbefugnisse171 der Kongregation für die Evangelisierung der Völker sowie der Kongregation für den Klerus zu nennen. Entgegen der Bestimmung von can. 1342 § 2, wonach Strafen auf

Mit der Thematik hat sich ausführlich und kritisch Stefan Loppacher, Processo penale canonico e abuso sessuale su minori. Un’ analisi dei recenti sviluppi normativi intorno al „delictum contra sextum cum minore” alla luce degli elementi essenziali di un giusto processo, Roma 2017, auseinandergesetzt. Vgl. auch Christoph Ohly, Dekretverfahren versus Gerichtsweg – Sanktionsrechtliche Erwägungen zu einer kodikarischen Alternative, in: Matthias Pulte, ed., Tendenzen der kirchlichen Strafrechtsentwicklung, Paderborn 2017, 61–80. 171 Die Bezeichnung „Sonderbefugnisse“ ist ein uneigentlicher Begriff, da es sich in Wirklichkeit nicht um eine Entscheidungsvollmacht der jeweiligen Kongregation handelt, 170

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Dauer nicht auf dem Verwaltungsweg verhängt werden können, teilte die für die Missionsgebiete territorial zuständige Kongregation in einem unveröffentlichten Rundschreiben vom 3. März 1997, Prot. N. 600/​97, mit, dass sie die Befugnis erhalten hat, Kleriker ihres Zuständigkeitsbereichs strafweise auf dem Verwaltungsweg zu entlassen.172 Auch die Kleruskongregation erhielt drei Spezialbefugnisse: Im Rundschreiben vom 18. April 2009, Prot. N. 20090556, teilte sie mit, dass ihr die Befugnis eingeräumt wurde, Kleriker wegen Verletzung der Zölibatsverpflichtung strafweise aus dem Klerikerstand auf dem Verwaltungsweg entlassen zu können.173 Die Entscheidung, einschließlich der Dispens von der Zölibatsverpflichtung, werde dem Papst zur persönlichen Approbation vorgelegt. Mit Schreiben vom 17. März 2010, Prot. N. 20100823,174 teilt die Kongregation mit, dass ihr vom Papst die Befugnis verliehen worden sei in Fällen, in denen es zu einem objektiven Skandal kommen könne, direkt einzugreifen oder getroffene Entscheidungen der Ordinarien zu bestätigen, die auf dem Verwaltungsweg Strafen auf Dauer im Sinne von can. 1399 angedroht bzw. verhängt haben, vorausgesetzt, dass bei Diakonen schwere und bei Priestern schwerwiegende Gründe vorliegen. Auch hier wird eine päpstliche Entscheidung durch die Kleruskongregation herbeigeführt, indem sie die Approbation in forma specifica erbittet. Die Spezialbefugnis ist als eine erhebliche Kompetenzerweiterung der Verwaltung zur Disziplinierung des Klerus zu betrachten. Denn can. 1317 mahnt eigentlich an, dass Strafen nur insoweit vorzusehen seien, als sie wirklich zur Sicherstellung der kirchlichen Disziplin notwendig seien, wobei die Entlassung aus dem Klerikerstand durch Partikulargesetz explizit ausgeschlossen war. Can. 1319 findet bei der Anwendung der Spezialvollmacht ebenfalls keine Anwendung mehr, wonach durch einen Verwaltungsbefehl keine Sühnestrafen für immer angedroht werden können. Can. 1342 § 2, wonach dauerhafte sondern um eine päpstliche Verfügung, welche von den Dikasterien in besonderen Verwaltungsverfahren vorbereitet wird. Im jeweiligen Übertragungsreskript der Befugnis auf das Dikasterium sowie im Entscheidungsreskript ad casum wird nämlich explizit darauf Bezug genommen, dass der Papst die Entlassung aus dem Klerikerstand verfügt hat. Damit liegt eine Entscheidung vor, die nach can. 1732 bzw. can. 1404 nicht rekurrierbar ist. 172 Vgl. Gerald Gruber, Laisierung – Katholisch, in: LKRR, 3, [im Druck]. 173 In: AfkKR 178 (2009) 181–190. 174 In: Ius Ecclesiae 23 (2011) 229–235. 134

Strafen auf dem Verwaltungsweg nicht verhängt werden dürfen, sowie can. 1349, wonach bei einem im Gesetz unbestimmten Strafmaß keine dauerhaften Strafen verhängt werden dürfen, sind in der Anwendung der Sonderbefugnis der Kleruskongregation ebenfalls als aufgehoben anzusehen. Die dritte Spezialbefugnis, die ebenfalls im zitierten Rundschreiben thematisiert wird, gibt der Kongregation schließlich die Möglichkeit, einen Priester aus dem Klerikerstand, einschließlich der Dispens von den priesterlichen Pflichten und dem Zölibat, zu entlassen, der willentlich und unerlaubt in einem zusammenhängenden Zeitraum von mehr als fünf Jahren seinen Dienst aufgegeben hat. Von der Kongregation wird eine päpstliche Entscheidung durch eine Approbation in forma specifica herbeigeführt. Die drei Sonderbefugnisse der Kleruskongregation münden, wenn nach dem Urteil des Kongresses des Dikasteriums, in dem der Präfekt den Vorsitz innehat und damit die Entscheidung trifft, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, in einen päpstlichen Akt, der sich durch die approbatio in forma specifica die Entscheidung der Kongregation zu eigen macht. Das hat logischerweise zur Folge, dass jeder weitere Rechtsbehelf ausgeschlossen ist. Rechtsverstöße formeller oder materieller Art können damit in einem Verwaltungsprozess bei der Apostolischen Signatur nicht geltend gemacht werden. Die Zurückdrängung des Gerichtsweges und die damit einhergehende Bevorzugung des Verwaltungsweges zur Verhängung von Strafen mögen zwar aus einer gewissen pastoralen Not, wie z.  B. der Ermangelung einer gut funktionierenden ordentlichen Gerichtsbarkeit, heraus entstanden sein, zeigen aber exemplarisch auf, wie es um die Rechtskultur in der Kirche derzeit wohl bestellt sein mag.175

3. Die Amtsenthebung von Bischöfen und Höheren Oberen Can. 193 § 1 sieht aus schweren Gründen die Möglichkeit einer Amtsenthebung vor. Inwiefern dies auch für Bischöfe gilt, ist nicht zuletzt durch den Themenkomplex von Missbrauch und Missbrauchsvertuschung in der Kirche eine Frage, die 175

Zu diesen jüngeren Entwicklungen nimmt Ohly fundiert Stellung, und er gibt zu bedenken: „Daher wird sich die Entwicklung trotz der kodikarisch normierten und durch die Verfahrensnormen zu den Sondervollmachten weiterentwickelten Anwendung der ge135

immer größere Relevanz für das Leben der Kirche bekommt. Durch das MP Come una madre amorevole hat Papst Franziskus einen ersten Normenkomplex für die mögliche Amtsenthebung von Bischöfen, ihnen rechtlich Gleichgestellten, sowie höheren Oberen von Instituten des geweihten Lebens erlassen. Dabei fügt sich CUMA in die jüngere Entwicklung ein, letztlich am Ende päpstliche Entscheidungen herbeizuführen: So sieht Art. 5 vor, dass die Entscheidungen im Sinne von Art. 3 und Art. 4 dem Papst mit der Bitte um Genehmigung in forma specifica vorgelegt werden, der sich, bevor er endgültig entscheidet, mit einem hierfür einzurichtenden Juristenkollegium berät. Weitere Bestimmungen zu diesem Kollegium enthält CUMA nicht. Abgesehen davon, dass der Papst frei ist, von wem er sich beraten lässt und daher auch durch Art. 5 nicht durch positives Recht gebunden wird, ist es doch bemerkenswert, dass bei einer derartigen Entscheidung, die in die Rechtsstellung von herausgehobenen kirchlichen Amtsträgern wie Bischöfen und höheren Ordensoberen eingreift, jede verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle ausgeschlossen wird.

4. Die zunehmende Tendenz einiger Dikasterien des Heiligen Stuhls, päpstliche Entscheidungen herbeizuführen In seinem erhellenden Beitrag, der die besondere Genehmigung durch den Papst zum Thema hat, stellt der langjährige Promotor iustitiae am Obersten Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Gian Paolo Montini, fest, dass sich momentan in einigen Kurienbehörden eine neue Praxis herausbildet, entgegen der Verfahrensordnung, die in Art. 126 RGCR vorgesehen ist, vom Papst eine approbatio in richtlichen Grundsätze auf das außergerichtliche Strafverfahren (…) auf Dauer der Anfrage stellen müssen, ob hier in derselben Weise die gebotenen Rechtsschutzkriterien, wie sie für den Strafprozess verbürgt sind, Beachtung finden, und welche Kriterien im Blick auf die zu behandelnden Straftaten die Anwendung des außergerichtlichen Verfahrensweges legitimieren. Der Gefahr eines willkürlichen oder routinemäßigen Vorgehens muss in jedem Fall entgegengewirkt werden. (…) Die kanonistische Literatur plädiert im gegenwärtigen Moment mehrheitlich für die Rückkehr zum gerichtlichen Strafprozess“ (Ohly, Dekretverfahren versus Gerichtsweg, 79). 136

forma specifica zu erbitten, um beispielsweise die Bearbeitung von zahlreichen Rekursen zu vermeiden, die von einem Beschwerdeführer gegen den Ortsordinarius bei der Kleruskongregation eingereicht wurden176 oder, und diese Fälle mehren sich, nachdem bereits verwaltungsgerichtliche Klage bei der Apostolischen Signatur anhängig ist,177 bis hin zu dem Fall, dass die verschiedenen Prozess-Schritte bei der Apostolischen Signatur so weit vorangeschritten waren, dass der Rekurs, aufgrund des vorhandenen fumus boni iuris dem Richterkollegium vorgelegt werden sollte, der Sitzungstag bereits festgelegt und die Richter eingeladen waren, die zuständige Kongregation jedoch noch vor der Urteilssitzung eine approbatio in forma specifica durch den Papst erbat und erhielt. Die von einem Beschwerdeführer vor ein Verwaltungsgericht gebrachte Kongregation tat also alles, um einer Gerichtsentscheidung und der damit verbundenen Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Apostolische Signatur aus dem Weg zu gehen. Was aber befürchtet man, wenn die Gerichtssitzung schon anberaumt ist und mit einem baldigen Urteil zu rechnen ist? Neben der Tatsache, dass jedenfalls Art. 126 RGCR von der Verwaltung nicht beachtet wurde, scheint auch die Akzeptanz von Rechtsprinzipien wie Legalitätsprinzip und Gewaltenunterscheidung keine unangetastete Selbstverständlichkeit im Rechtssystem der Kirche mehr zu sein.

5. Die Instruktion Cor Orans über die kontemplativen Nonnenklöster Schließlich fügt sich in diese neueren Entwicklungen, die in diesem Abschnitt der Studie behandelt werden, auch die Instruktion Cor Orans178 der Kongregation für die Institute des Geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens vom 1. April 2018 ein, die in den „abschließenden Verfügungen“ normativ festhält: Montini, L’approvazione in forma specifica, 55 (Anm. 23), verweist auf R. Dörner, ed., Onore alla verità. Uno scandalo di „non diritto“ canonico, o. O. 2009, 197–199; 200–201. Das Dekret findet sich dort in deutsch und italienisch abgedruckt. 177 Beispiele finden sich bei Montini, L’approvazione in forma specifica, 54–59. 178 Vgl. Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens, Instruktion Cor Orans zur Anwendung der Apostolischen Konstitution Vultum Dei quaerere über das weibliche kontemplative Leben, 1. April 2018. 176

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„Die nach entsprechender Beratung und vorhergehender Behandlung im Kongress des Dikasteriums von dieser Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens zu treffenden Entscheidungen im Hinblick auf die Nonnenklöster, welche die Durchführung einer apostolischen Visitation, die Ernennung eines apostolischen Kommissars, die Aussetzung der Autonomie und die Aufhebung eines Klosters betreffen, werden dem Papst monatlich in forma specifica zur Approbation vorgelegt.“

Im Zusammenhang mit unserem Thema ist vor allem festzuhalten, dass für einen nicht unwesentlichen Bereich des kirchlichen Lebens, nämlich die Berufung und Sendung kontemplativer Nonnenklöster und Nonnen, sozusagen „institutionalisiert“ die päpstliche Approbation in forma specifica erbeten wird und, wenn sie gewährt wird, keine Klage an die Apostolische Signatur zulässig ist.

6. Zusammenfassung Es mag aus vielerlei praktischen Erwägungen heraus nachvollziehbar sein, dass kirchliche Verantwortungsträger vorhandene Probleme schnellstmöglich erledigen wollen und deshalb auf den Verwaltungsweg zurückgreifen. Allerdings lässt die nüchterne Betrachtung dieser neueren Entwicklungen, wie es der Dienst der Kirchenrechtswissenschaft ist, die Frage aufkommen, ob durch ein ggf. nicht austariertes Verfahrensrecht tatsächlich gerechte Entscheidungen getroffen werden. Papst Paul VI. war jedenfalls mit guten Gründen der Auffassung, dass es eine gerichtliche Kontrolle kirchlicher Verwaltungsentscheidungen braucht, weshalb er bei der Apostolischen Signatur eine Verwaltungsgerichtsbarkeit einrichtete. Insofern ist es mit Skepsis zu sehen, dass in zunehmendem Maß der Oberste Gerichtshof der Kirche keine Zuständigkeit mehr beanspruchen kann. Von der Errichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Ortskirchen, wie es schon die Bischofssynode von 1967 wollte, könnte daher ein neuer Impuls zur Stärkung der kirchlichen Rechtskultur ausgehen, der die Anerkennung der wesentlichen und nicht zu ersetzenden Rolle der Judikative zur Verwirklichung der kirchlichen Gemeinschaft deutlicher als bisher zum Ausdruck bringt. 138

Ausblick Zum Schluss dieser Studie sollen deren Ergebnisse in fünf kurzen Thesen festgehalten werden: 1. Die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils betont die Einheit der Vollmacht im hierarchischen Dienst-Amt des Papstes/​Bischofskollegiums und des Diözesanbischofs, wobei Kleriker wie Laien an der geistlichen Leitungsvollmacht partizipieren können und damit ihren Anteil an der Sendung der Kirche erfüllen. Die Bischofssynode von 1967 legt einen besonderen Fokus auf die Differenzierung der einen heiligen Vollmacht in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung und mahnt eine Ausübung dieser unterschiedlichen Funktionen durch unterschiedliche Amtsträger an, ohne das Prinzip der Gewalteneinheit, das im göttlichen Recht wurzelt, dadurch aufgeben zu wollen. Diese Prinzipien der Gewalteneinheit, Partizipation sowie Gewaltenunterscheidung sind auch mehr als fünfzig Jahre nach Abschluss von Konzil und Synode immer noch Richtschnur für die Revision und Applikation kirchlicher Normen und Institutionen. Sie haben nichts an Gültigkeit und Aktualität eingebüßt. 2. Die Bischofssynode von 1967 forderte die Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Ortskirche. Dies ist nicht ohne Kritik geblieben, die dazu führte, dass die anfangs vorgesehene obligatorische Einführung in eine fakultative abgemildert wurde. Der veröffentlichte Codex Iuris Canonici sah schließlich keine eigenen Normen hinsichtlich Aufbaus und Verfahrensweise dieser Gerichte mehr vor, spricht jedoch in den cann.  149 §  2 und 1400 §  2 immer noch von „Verwaltungsgericht“. Auch wenn die diesbezügliche Interpretation, welches Gericht unter dieser Normen zu subsumieren sei oder ob es sich lediglich um einen redaktionellen Fehler handle, in der kanonistischen Diskussion auseinandergeht, kann meines Erachtens mit guten Gründen die Auffassung vertreten werden, dass der Gesetzgeber die Formalstruktur einer Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Ebene der Ortskirche potentiell ermöglicht hat, es aber zu ihrer Aktualisierung, d. h. zur Konkretisierung ihrer 139

potentiellen Gestalt, der Mitwirkung des Heiligen Stuhls bedarf. Zur Erarbeitung von Aufbau und Verfahrensweise kann m. E. auf das mittlerweile veröffentlichte Codexentwurfsschema von 1982 Bezug genommen werden. Diese im Anhang mit einer deutschen Übersetzung versehenen Normen bieten sich in besonderer Weise deshalb an, da sie den zuletzt erarbeiteten Konsens der in der Reformkommission beteiligten Experten widerspiegeln, die davon ausgingen, dass der von ihnen vorgelegte Entwurf weltkirchlich vermittelbar sei und, funktionell betrachtet, als praktikabel anwendbar angesehen wurde. 3. Die Etablierung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit entspricht der Sendung der Kirche. Sie steht mit ihrem Wesen in Einklang, auch wenn dies zuweilen von Skeptikern angezweifelt wird. Es geht nicht darum, dass Bischöfe Macht abgeben. Verwaltungsgerichte prüfen lediglich, und das tut die Apostolische Signatur heute schon, ob eine von einem Bischof oder von einem anderen kirchlichen Amtsträger getroffene Entscheidung mit dem Recht der Kirche übereinstimmt. Eine Gerichtsbarkeit über die Verwaltung will Willkürentscheidungen verhindern und sichert daher institutionell die Funktionsfähigkeit kirchlicher Verwaltung. Sie folgt ihrer eigenen kirchlichen Sendung, indem sie ihren spezifischen Beitrag leistet, damit das kirchliche Amt als Dienst erlebt wird, der in Einheit mit der kirchlichen Gemeinschaft, und das heißt auch mit ihrer konkreten Rechtsordnung, ausgeübt wird. 4. In der Diskussion um die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf Ebene der Ortskirche darf auch der Blick auf die Verwaltung und deren Sendung innerhalb der kirchlichen Gemeinschaft nicht fehlen. Die Optimierung kirchlichen Verwaltungshandelns, zu der neben der ortskirchlichen Möglichkeit, auf Ebene der Bischofskonferenz, der Diözesen oder entsprechend dem Eigenrecht besondere Verwaltungsverfahrensordnungen zu erlassen gehört, hat auch die Aus- und Fortbildung des Personals als eine bleibende Aufgabe sein. Das Proprium der Verwaltung spiegelt sich auch in Konfliktfällen wider, näherhin in der Bedeutung des Rechtsinstrumentariums der Verwaltungsbeschwerde und den Möglichkeiten, die die jeweils höhere Verwaltungsinstanz hat, die nicht nur über die Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Entscheidung befindet, sondern ebenso über deren Zweckmäßigkeit urteilen kann. Insofern hat 140

die Verwaltung einen viel weiteren Beurteilungsspielraum, um zu einer ausgewogenen, alle Details umfassenden Abwägung der Fakten zu kommen, während es die Aufgabe des Verwaltungsrichters ist, lediglich über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung zu befinden, ohne jedoch eine Ermessensentscheidung der Verwaltung ersetzen zu können. So wichtig es deshalb ist, die in der Sectio Altera der Apostolischen Signatur schon bestehende Verwaltungsgerichtsbarkeit des Heiligen Stuhls auf Ebene der Ortskirchen auszuweiten, genauso bedeutsam ist es im Sinne einer Verbesserung der kirchlichen Rechtskultur ein besonderes Augenmerk auf Wesen, Funktionalität und Verfahrensweise kirchlicher Verwaltung zu lenken. Man kann die eine Gewaltenfunktion nicht gegen die andere ausspielen, da es sich im Letzten immer um die Vollmacht Christi handelt und die Frage nach dem Heil der Seelen stets der Maßstab kirchlichen Handelns bleiben muss, wenn Kirche ihrer Sendung treu bleiben will. 5. Neuere Entwicklungen in Gesetzgebung und insbesondere in der Verwaltungspraxis des Heiligen Stuhls machen manifest, wie wichtig ein austariertes Verfahrensrecht und eine Unterscheidung der Gewalten ist, die auch eine Rechtsprechung über Verwaltungsentscheidungen geradezu notwendig macht. Es ist zu hoffen, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass eine Marginalisierung der Apostolischen Signatur kein zukunftsweisendes Projekt sein kann, sondern letzten Endes der Sendung der Kirche einen Schaden zufügt. Geradezu prophetisch ist es deshalb, wenn in einer Ortskirche die Einführung einer lokalen Verwaltungsgerichtsbarkeit wieder neu diskutiert und gefordert wird, da mit der Verwirklichung dieses Projekts ein substantieller Beitrag zur Förderung der kirchlichen Rechtskultur geleistet würde und in ihrem Vorbildcharakter für andere Ortskirchen eine Signalwirkung haben könnte. Die rechtliche Legitimierung einer solchen Verwaltungsgerichtsbarkeit und ihre ekklesiologische Grundlegung wollte diese Studie einsichtig machen.

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Anhang 1. Entwurfsschema Codex Iuris Canonici 1982 [Schema Novissimum CIC 1982]179 PARS V TEIL V DE PROCEDURA ADMINISTRATIVA ÜBER DAS VERWALTUNGSVERFAHREN SECTIO I

SEKTION I

DE PROCEDURA ADMINISTRATIVA IN GENERE

ÜBER DAS VERWALTUNGSVERFAHREN IM ALLGEMEINEN

Can. 1736 – Quae in canonibus huius sectionis de decretis statuuntur, eadem applicanda sunt ad omnes administrativos actus singulares, qui in foro externo extra iudicium dantur, iis exceptis, qui ab ipso Romano Pontífice vel ab ipso Concilio Oecumenico ferantur.

Can. 1736 – Die Bestimmungen über die Dekrete in dieser Sektion sind auf alle Verwaltungsakte für Einzelfälle anzuwenden, die im äußeren Bereich außergerichtlich erlassen werden, mit Ausnahme der vom Papst persönlich oder von einem Ökumenische Konzil erlassenen Dekrete.

179

Vgl. Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Codex iuris canonici. Schema novissimum iuxta placita Patrum Commissionis emendatum atque Summo Pontifici praesentatum, Romae 1982. Verweise auf die anderen Quellentexte zur Vorbereitung des CIC/​1983 im Bereich der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit finden sich bei Fürnkranz, Effizienz der Verwaltung, 377–378 sowie Ambros, Verwaltungsbeschwerde und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 487–488. 142

TITULUS I DE TRIBUNALIBUS ADMINISTRATIVIS CONSTITUENDIS

TITEL I ÜBER DIE ERRICHTUNG VON VERWALTUNGSGERICHTEN

Can. 1737 – § 1. Unaquaeque Episcoporum conferentia tribunal administrativum stabiliter constituere potest, vel, si opus sit, plura per territorium distributa, quae videant in primo gradu de recursibus adversus decreta ab Episcopis extra iudicium lata.

Can. 1737 – § 1. Jede Bischofskonferenz kann eines oder, wenn es notwendig erscheint, mehrere, über das Territorium verteilte, Verwaltungsgerichte dauerhaft errichten, die im ersten Grad über Rekurse gegen Dekrete, die außergerichtlich vom Bischof erlassen wurden, befinden.

§ 2. Episcoporum conferentia potest statuere ut hoc tribunal competens sit ad videndum etiam de recursibus adversus decreta lata ab omnibus vel a nonnullis ipsius conferentiae organis, non autem ab ipsa conferentia; quod si ea tribunalia plura sint, potest huiusmodi competentia vel uni vel pluribus tribui.

§ 2. Die Bischofskonferenz kann bestimmen, dass dieses Gericht auch zuständig sei, über Rekurse gegen Dekrete zu befinden, die von allen oder einigen Organen der Bischofskonferenz erlassen wurden; nicht aber über diejenigen, die von der Bischofskonferenz selbst erlassen wurden. Falls es mehrere Gerichte gibt, kann die Zuständigkeit dieser Art auf eines oder mehrere verteilt werden. Can. 1738 – § 1. Conferentia Episcoporum Can. 1738 – § 1. Die Bischofskonferenz potest etiam unum tribunal administrakann auch ein Verwaltungsgericht zweiten tivum secundi gradus constituere appella- Grades errichten, das die Berufungen tionibus recipiendis adversus sententias in gegen die Urteile entgegennimmt, die primo gradu latas a tribunalibus, de quibus von Gerichten ersten Grades, von den in can. 1737. can. 1737 handelt, erlassen wurden. § 2. Quod si contigerit: 1° adversus sententiam primi gradus appellari potest vel ad hoc tribunal secundi gradus vel ad Signaturam Apostolicam; si tamen alius ad aliud tribunal appellet, competentia in secundo gradu est penes Signaturam Apostolicam, nisi haec aliter decernat;

§ 2. Wenn das zutrifft, kann: 1° gegen ein Urteil ersten Grades an das Gericht zweiten Grades oder an die Apostolische Signatur Berufung eingelegt werden; wenn aber von der anderen Partei Berufung an ein anderes Gericht eingelegt wird, ist die Zuständigkeit zweiten Grades bei der Apostolischen Signatur, wenn sie nicht anders entscheidet;

2° adversus sententiam latam a tribunali de 2° gegen ein Urteil, das von dem Gericht, von quo in § 1 datur appellatio ad Signaturam dem in § 1 die Rede war, erlassen wurde, Berufung an die Apostolische Signatur eingelegt Apostolicam. werden.

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Can. 1739 – Supremum Tribunal Signaturae Apostolicae videt: 1° in primo gradu de recursibus adversus decreta lata vel approbata a conferentiis Episcoporum, a conciliis particularibus et a Sanctae Sedis dicasteriis;

Can. 1739 – Der Oberste Gerichtshof der Apostolischen Signatur befindet: 1° im ersten Grad über Rekurse gegen Dekrete, die von der Bischofskonferenz, von Partikularkonzilien und von Dikasterien des Heiligen Stuhl entweder erlassen oder approbiert wurden;

2° in secundo vel tertio gradu de appellationibus adversus sententias latas a tribunalibus administrativis primi vel secundi gradus, servatis tamen praescriptis can. 1738, § 2. Can. 1740 – Iudices et promotor iustitiae in tribunalibus administrativis sint idonei sacerdotes, qui in decreto ferendo vel in recursibus adversus illud proponendis vel iudicandis nullam partem habuerint; ii autem, qui ad eam dioecesim pertineant, in qua decretum latum est, non possunt iudices esse.

2° im zweiten oder dritten Grad über Berufungen gegen Urteile, die von Verwaltungsgerichten ersten oder zweiten Grades erlassen wurden, unbeschadet der Bestimmungen von can. 1738, § 2. Can. 1740 – Die Richter und der Kirchenanwalt an den Verwaltungsgerichten haben geeignete Priester zu sein, die keinen Anteil am Erlass des Dekretes hatten und die nicht beteiligt waren, als der Rekurs vorgelegt oder entschieden wurde; jene aber, die den Diözesen angehören, in denen das Dekret erlassen wurde, können keine Richter sein.

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TITULUS II

TITEL II

DE RECURSIBUS ADVERSUS DECRETA

ÜBER DIE BESCHWERDEN GEGEN DEKRETE

CAPUT I NORMAE COMMUNES

KAPITEL I GEMEINSAME NORMEN

§ 2. Episcoporum conferentia statuere potest ut in unaquaque dioecesi officium quoddam vel consilium stabiliter constituatur, cui, secundum normas ab ipsa conferentia statuendas, munus sit aequas solutiones quaerere et suggerere; quod si conferentia id non iusserit, potest Episcopus eiusmodi consilium vel officium constituere.

§ 2. Die Bischofskonferenz kann bestimmen, dass in jeder Diözese ein Amt oder ein Rat dauernd eingerichtet wird, dem entsprechend den von der Bischofskonferenz zu erlassenden Bestimmungen die Aufgabe obliegt, billige Lösungen zu suchen und anzuraten; trifft die Konferenz keine solche Anordnungen, so kann der Bischof einen Rat oder ein Amt dieser Art einrichten.

§ 3. Officium vel consilium, de quo in § 2, tunc praecipue operam navet, cum revocatio decreti petita sit ad normam can. 1742, neque termini ad recurrendum sint elapsi; quod si adversus decretum recursus propositus sit, ipse Superior vel iudex, qui de recursu videt, recurrentem et decreti auctorem hortetur, quotiescumque spem boni exitus perspicit, ad eiusmodi solutiones quaerendas.

§ 3. Das Amt oder der Rat, die in § 2 genannt sind, sollen vornehmlich dann ihre Dienste leisten, wenn die Rücknahme des Dekretes nach can. 1742 beantragt worden ist und die Beschwerdefristen nicht verstrichen sind; wenn gegen ein Dekret Beschwerde eingelegt worden ist, soll der Obere, der über die Beschwerde befindet, falls er Hoffnung auf einen gütlichen Ausgang sieht, den Beschwerdeführer und den Urheber des Dekretes auffordern, nach derartigen Lösungen zu suchen.

Can. 1741 – § 1. Valde optandum est ut, quoties quis gravatum se decreto putet, vitetur inter ipsum et decreti auctorem contentio, sed inter eos de aequa solutione quaerenda communi consilio curetur, gravibus quoque personis ad mediationem et studium forte adhibits, ita ut per idoneam viam controversia praecaveatur vel dirimatur.

Can. 1741 – § 1. Es ist sehr zu wünschen, dass zwischen dem, der sich durch ein Dekret beschwert fühlt, und dem, der das Dekret erlassen hat, ein Rechtsstreit vermieden wird und dass zwischen ihnen in gemeinsamer Überlegung für eine billige Lösung Sorge getragen wird; dabei sollen gegebenenfalls auch angesehen Persönlichkeiten zur Vermittlung und zum Dienst beigezogen werden, sodass auf geeignete Weise Streit vermieden oder geschlichtet wird.

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Can. 1742 – § 1. Antequam quis recursum proponat, debet decreti revocationem vel emendationem scripto ab ipsius auctore petere; qua petitione proposita, etiam suspensio exsecutionis eo ipso petita intellegitur.

Can. 1742 – § 1. Bevor jemand Beschwerde einlegt, muss er die Rücknahme oder Abänderung des Dekretes schriftlich bei dem beantragen, der es erlassen hat; durch die Einreichung des Antrages gilt ohne weiteres auch die Aussetzung des Vollzugs als beantragt.

§ 2. Petitio fieri debet intra peremptorium § 2. Der Antrag muss innerhalb einer terminum decern dierum utilium a decreto ausschließenden Nutzfrist von zehn Tagen legitime intimato. nach rechtmäßiger Bekanntgabe des Dekretes gestellt werden. § 3. Normae §§ 1 et 2 non valent: 1° de recursu proponendo ad Episcopum, ad normam can. 1752; 2° de recursu proponendo adversus decretum, quo recursus hierarchicus deciditur, nisi decisio data sit ab Episcopo; 3° de recursibus proponendis ad normam cann. 57, 1743 vel 1751. Can. 1743 – Si intra triginta dies, ex quo petitio, de qua in can. 1742, ad auctorem decreti pervenerit, is novum decretum intimet, quo vel prius emendet vel petitionem reiciendam esse decernat, termini ad recurrendum decurrunt ex novi decreti intimatione; sin autem intra triginta dies nihil decernat, termini decurrunt ex tricesimo die.

§ 3. Die Bestimmungen von §§ 1 und 2 gelten nicht für: 1° Beschwerden beim Bischof gemäß can. 1752; 2° Beschwerden gegen ein Dekret, durch das eine hierarchische Beschwerde entschieden wird, sofern nicht die Entscheidung vom Bischof ergangen ist; 3° Beschwerden gemäß cann. 57, 1743 oder 1751. Can. 1743 – Gibt derjenige, der ein Dekret erlassen hat, innerhalb von dreißig Tagen nach Empfang des in can. 1742 erwähnten Antrages ein neues Dekret bekannt, mit dem er entweder das frühere Dekrete abändert oder entscheidet, dass der Antrag abzuweisen ist, so laufen die Beschwerdefristen ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des neuen Dekretes; fällt innerhalb von dreißig Tagen jedoch keine Entscheidung, so laufen die Fristen ab dem dreißigsten Tag.

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Can. 1744 – § 1. In iis materiis, in quibus recursus hierarchicus suspendit decreti exsecutionem, idem efficit etiam petitio, de qua in can. 1742.

Can. 1744 – § 1. In jenen Materien, in denen die hierarchische Beschwerde den Vollzug des Dekretes aussetzt, hat dieselbe Wirkung auch der in can. 1742 erwähnte Antrag.

§ 2. In ceteris casibus, nisi intra decem dies, ex quo petitio de qua in can. 1742 ad ipsum auctorem decreti pervenerit, is exsecutionem suspendendam decreverit, potest suspensio interim peti ab eius Superiore hierarchico, qui eam decernere potest gravibus tantum de causis et cauto semper ne quid salus animarum detrimenti capiat.

§ 2. Hat in den sonstigen Fällen derjenige, der ein Dekret erlassen hat, nicht innerhalb von zehn Tagen nach Empfang des in can. 1742 erwähnten Antrages die Aussetzung des Vollzuges verfügt, so kann die Aussetzung zwischenzeitlich bei seinem hierarchischen Oberen beantragt werden; dieser kann sie nur aus schwerwiegenden Gründen und stests mit der Vorsorge verfügen, dass das Heil der Seelen keinen Schaden leidet.

§ 3. Suspensa decreti exsecutione ad normam § 2, si postea recursus proponatur, is qui de recursu videre debet, ad normam cann. 1747, § 3 et 1755, § 1 decernat utrum suspensio sit confirmanda an revocanda.

§ 3. Wenn der Vollzug des Dekretes gemäß § 2 ausgesetzt worden ist, und wenn später Beschwerde eingelegt wird, kommt demjenigen zu über die Beschwerde gemäß can. 1747, § 3 und 1755, § 1 zu befinden. Er entscheidet, ob die Aussetzung des Vollzugs zu bestätigen oder zurückzunehmen sei.

§ 4. Si nullus recursus neque ad Superiorem hierarchicum neque ad tribunal administrativum intra statutum terminum adversus decretum proponatur, vel si recursus proponatur tantum ad petendam damnorum reparationem, suspensio exsecutionis, ad normam § 1 vel § 2 interim effecta, eo ipso cessat.

§ 4. Wenn innerhalb der festgesetzten Frist weder an den hierarchischen Oberen noch an das Verwaltungsgericht Beschwerde gegen das Dekret eingelegt wird, oder wenn Beschwerde nur eingelegt wird, um Schadensersatz zu erbitten, erlischt von selbst die Aussetzung des Vollzugs, die zwischenzeitlich gemäß § 1 oder § 2 bewirkt worden war.

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Can. 1745 – § 1. Superior, coram quo pendet recursus hierarchicus, potest recursum ad tribunal administrativum competens, remittere, si consentiant et decreti auctor et recurrens; tribunal autem iudicabit ad normam can. 1750, §§ 1 et 3.

Can. 1745 – § 1. Der Obere, bei dem der hierarchische Rekurs anhängig ist, kann den Rekurs an das zuständige Verwaltungsgericht überweisen, wenn der Autor des Dekretes und der Beschwerdeführer zustimmen; das Gericht aber wird gemäß can. 1750, §§ 1 und 3 urteilen.

§ 2. Recursus ad tribunal administrativum propositus potest, quamdiu lis in primo iudicii gradu pendeat, ad Superiorem hierarchicum transferri, si omnes partes consentiant; Superior autem providebit ad normam can. 1749.

§ 2. Der Rekurs, der bei einem Verwaltungsgericht eingelegt worden ist, kann, solange der Rechtsstreit im ersten Grad anhängig ist, an den hierarchischen Oberen überwiesen werden, wenn alle Parteien zustimmen; der Obere aber wird gemäß can. 1749 verfahren. Can. 1746 – § 1. Ein jeder Rekurs kann Can. 1746 – § 1. Quilibet recursus proponi potest coram ipso decreti auctore, eingelegt werden bei jenem, der das Dekret erlassen hat, sofern im selben Rekurs dummodo in ipso recursu indicetur utrum dirigatur ad illius Superiorem an ad angegeben wird, ob er an den Oberen oder tribunal administrativum. an das Verwaltungsgericht gerichtet ist. § 2. Quoties adversus idem decretum propositi sint recursus et ad Superiorem hierarchicum et ad tribunal administrativum, vel in casu de quo in § 1 non pateat ad quem recursus dirigatur, competens est Superior hierarchicus.

§ 2. Sooft gegen dasselbe Dekret ein Rekurs sowohl an den hierarchischen Oberen als auch an das Verwaltungsgericht vorgelegt wird, oder in dem Fall von dem § 1 handelt, nicht angegeben wurde, an wen der Rekurs gerichtet wird, ist der hierarchische Obere zuständig.

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CAPUT II

KAPITEL II ÜBER DIE HIERARCHISCHE BESCHWERDE

DE RECURSU HIERARCHICO Can. 1747 – § 1. Qui se decreto gravatum esse contendit, potest ad Superiorem hierarchicum eius, qui decretum tulit, propter quodlibet iustum motivum recurrere.

Can. 1747 – § 1. Wer sich durch ein Dekret beschwert fühlt, kann aus jedem gerechten Grund Beschwerde beim hierarchischen Oberen dessen einlegen, der das Dekret erlassen hat.

§ 2. Recursus proponendus est intra peremptorium terminum quindecim dierum utilium, qui in casibus de quibus in can. 1742, § 3 decurrunt ex die quo decretum intimatum est, in ceteris autem casibus decurrunt ad normam can. 1743.

§ 2. Die Beschwerde ist innerhalb einer ausschließenden Nutzfrist von fünfzehn Tagen einzureichen; die Beschwerdefrist läuft in den Fällen des can. 1742, § 3 ab dem Tag der Bekanntgabe des Dekretes, in den sonstigen Fällen nach Maßgabe von can. 1743.

§ 3. Etiam in casibus, in quibus recursus non suspendit ipso iure decreti exsecutionem neque suspensio ad normam can. 1744, § 2 decreta est, potest tamen gravi de causa Superior iubere ut exsecutio suspendatur, cauto tamen ne quid salus animarum detrimenti capiat.

§ 3. Auch in den Fällen, in denen eine Beschwerde nicht von Rechts wegen den Vollzug eines Dekretes aussetzt und nicht die Aussetzung nach can. 1744, § 2 verfügt worden ist, kann der Obere aus schwerwiegendem Grund anordnen, dass der Vollzug ausgesetzt wird, wobei aber darauf zu achten ist, dass das Heil der Seelen keinen Schaden leidet. Can. 1748 – Recurrens semper ius habet Can. 1748 – Der Beschwerdeführer hat advocatum vel procuratorem adhibendi, vi- stets das Recht, einen Anwalt oder Betatis inutilibus moris; immo vero patronus vollmächtigten beizuziehen; dabei sind ex officio constituatur, si recurrens patrono nutzlose Verzögerungen zu vermeiden; es careat et Superior necessarium censeat; soll sogar von Amts wegen ein Rechtsbeisemper tamen potest Superior iubere ut stand bestellt werden, falls der Beschwerrecurrens ipse compareat ut interrogetur. deführer keinen hat und der Obere dessen Bestellung für notwendig erachtet; stets aber kann der Obere anordnen, dass der Beschwerdeführer persönlich zur Befragung erscheint.

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Can. 1749 – Superiori, qui de recursu videt, licet, prout casus ferat, non solum decretum confirmare vel irritum declarare, sed etiam rescindere, revocare, vel, si id Superiori magis expedire videatur, emendare, subrogare, ei obrogare.

Can. 1749 – Der Obere, der über die Beschwerde befindet, darf je nach Lage des Falls nicht nur ein Dekret bestätigen oder für nichtig erklären, sondern auch gänzlich aufheben, widerrufen oder, sofern dies dem Oberen zweckdienlicher scheint, verbessern, ersetzen oder teilweise aufheben.

CAPUT III DE RECURSU AD TRIBUNAL ADMINISTRATIVUM

KAPITEL III ÜBER DEN REKURS AN EIN VERWALTUNGSGERICHT

§ 2. Recursus proponendus est intra peremptorium terminum triginta dierum utilium, servato, quod attinet ad termini initium, praescripto can. 1747, § 2.

§ 2. Der Rekurs ist innerhalb ein ausschließenden Nutzfrist von dreißig Tagen vorzulegen, unbeschadet der Vorschrift des can. 1747, § 2, was den Beginn des Fristenlaufs betrifft.

§ 3. Tribunal potest decretum, quod illegitimum iudicet, rescindere vel irritum declarare, non autem emendare vel aliter mutare; numquam autem potest de alicuius doctrinae circa fìdem vel mores veritate vel errore iudicare.

§ 3. Das Gericht kann das Dekret, das es als unrechtmäßig beurteilt, zurücknehmen oder für nichtig erklären, nicht aber verbessern oder anderweitig abändern; niemals aber kann es über irgendeine Lehre des Glaubens oder der Sitten urteilen.

Can. 1750 – § 1. Adversus decretum, etiamsi agatur de decreto quo recursus hierarchicus deciditur, is qui se gravatum esse contendat, potest ad tribunal administrativum, competens in primo gradu ad normam can. 1737, si adsit, recurrere propter legis violationem in decernendo vel in procedendo, vel propter motiva non vera in actu administrativo allata.

Can. 1750 – § 1. Gegen ein Dekret, auch wenn es sich um eines handelt durch das über einen hierarchischen Rekurs entschieden wurde, kann jener, der sich beschwert fühlt, an das Verwaltungsgericht, das, wenn es errichtet ist, im ersten Grad gemäß can. 1737 zuständig ist, wegen einer Gesetzesverletzung in der Entscheidungs- oder Verfahrensweise, oder weil die im Verwaltungsakt angeführten Gründe nicht wahr sind, rekurrieren.

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Can. 1751 – § 1. Si forte decretum, quod illegitimum sit ad normam can. 1750, § 1, ius alicuius laeserit, laesus potest ad tribunal administrativum recurrere ad damnorum reparationem petendam; quod si tribunal non debeat etiam de recursu ad normam can. 1750 proposito iudicare, potest quidem de decreti legitimitate vel illegitimitate videre, non autem ad decretum rescindendum vel irritum declarandum, sed tantummodo ad quaestionem de damnis definiendam.

Can. 1751 –§ 1. Wenn etwa das Dekret, das gemäß can. 1750, § 1, unrechtmäßig ist, irgendein Recht verletzt, kann derjenige, der verletzt worden ist, an das Verwaltungsgericht rekurrieren, um die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens zu erbitten; wenn daher das Gericht nicht auch über einen Rekurs, der gemäß can. 1750 vorgelegt wurde, zu urteilen hat, kann es zwar über die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Dekretes befinden, nicht aber um das Dekret zurückzunehmen oder um es für nichtig zu erklären, sondern lediglich um die Frage nach der Wiedergutmachung des Schadens zu entscheiden.

§ 2. Ad recursum hunc proponendum datur terminus peremptorius unius anni, qui decurrit ex die quo damnum factum est; terminus autem tamdiu suspensus manet, quamdiu coram tribunali administrativo adversus idem decretum pendeat recursus, quocum petitio de damnis reparandis cumulata non sit.

§ 2. Um diesen Rekurs vorzulegen, ist eine ausschließende Nutzfrist von einem Jahr gegeben, die an dem Tag zu laufen beginnt, an dem der Schaden entstanden ist; die Frist aber bleibt solange ausgesetzt, solange am Verwaltungsgericht gegen jenes Dekret ein Rekurs anhängig ist, mit dem die Bitte um die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens nicht verbunden wurde.

§ 3. Etsi decretum confirmatum vel mutatum sit a Superiore ad normam cann. 1747 et 1749, de damnis tamen, si forte debeantur, officium eius, qui primum tulit decretum, respondet; officium autem Superioris, qui decretum ad normam eorum canonum mutavit, eatenus respondet, quatenus ex eius decisione et ius subiectivum sit laesum et damna obvenerint.

§ 3. Wenn durch den Oberen gemäß den cann. 1747 und 1749 ein Dekret bestätigt oder abgeändert wurde, besteht jedoch hinsichtlich des Schadens, den sie etwa verschuldet haben, eine Verpflichtung für denjenigen, der als erstes das Dekret erlassen hat; für den Oberen aber, der das Dekret entsprechend der vorhergehenden Canones abändert, besteht eine Verpflichtung, sofern aus dessen Entscheidung ein subjektives Recht verletzt worden ist oder Schäden entstanden sind

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CAPUT IV NORMAE SPECIALES DE RECURSIBUS ADVERSUS DECRETA EORUM, QUI EPISCOPO SUBSUNT

KAPITEL IV SPEZIELLE NORMEN ÜBER DIE REKURSE GEGEN DEKRETE VON DENJENIGEN, DIE DEM BISCHOF UNTERSTELLT SIND

§ 2. Adversus decretum Episcopi, qui decidat de recursu de quo in § 1, recurri potest vel ad Superiorem hierarchicum vel ad tribunal administrativum competens, si adsit.

§ 2. Gegen Dekrete des Bischofs, der über eine Beschwerde, von dem § 1 handelt, entscheidet, kann entweder an den hierarchischen Oberen oder an das zuständige Verwaltungsgericht, falls es existiert, rekurriert werden.

TITULUS III DE RATIONE PROCEDENDI APUD TRIBUNALIA ADMINISTRATIVA

TITEL III ÜBER DIE VERFAHRENSORDNUNG AN VERWALTUNGSGERICHTEN

Can. 1752 – § 1. Adversus decreta lata ab auctoritatibus, quae Episcopo subsunt, unus datur recursus ad Episcopum.

Can. 1752 – § 1. Gegen Dekrete, die von Autoritäten erlassen worden sind, die dem Bischof unterstellt sind, ist die Beschwerde an den Bischof gegeben.

Can. 1753 – Tribunal administrativum primi gradus, ab Episcoporum conferentia constitutum, iudicat per collegia trium iudicum; tribunal secundi gradus per collegia trium vel quinque iudicum, prout tribunalis praeses statuerit. Can. 1754 – Iudiciis adesse semper debet promotor iustitiae, servato praescripto can. 1433.

Can. 1753 – Ein Verwaltungsgericht ersten Grades, das von der Bischofskonferenz errichtet wurde, richtet durch ein Kollegium von drei Richtern; ein Gericht zweiten Grades richtet durch ein Kollegium von drei oder fünf Richtern, je nachdem wie es der Präsident festgelegt hat. Can. 1754 – An den Prozessen muss immer der Kirchenanwalt beteiligt werden, unbeschadet der Vorschrift von can. 1433.

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Can. 1755 – § 1. Quolibet iudicii tempore, si recurrens id petat et gravis causa suadeat, tribunal, audito saltem decreti auctore, motivis expressis decernere potest ut pendente processu exsecutio decreti suspensa maneat, cauto tamen ne quid salus animarum detrimenti capiat.

Can. 1755 – § 1. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Gerichtsverfahrens kann das Gericht, wenn der Beschwerdeführer dies erbittet und schwerwiegende Gründe anführt, nach Anhörung wenigstens des Autors des Dekretes unter Angabe von Gründen entscheiden, dass, solange der Prozess anhängig ist, der Vollzug des Dekretes ausgesetzt bleibt; stets mit der Vorsorge, dass das Heil der Seelen keinen Schadet leidet.

§ 2. Quoties autem lex statuii ex recursu hierarchico suspendi ipso iure decreti exsecutionem, idem efficitur etiam ex recursu ad tribunal administrativum.

§ 2. Sofern aber das Gesetz festlegt, dass durch Einlegen einer hierarchischen Beschwerde durch das Recht selbst der Vollzug des Dekretes ausgesetzt wird, hat dieselbe Wirkung auch der Rekurs an das Verwaltungsgericht. Can. 1756 – Der Obere, gegen dessen Dekret zuerst Beschwerde vorgelegt worden ist und alle, neben dem Rekurrenten, die durch jenes Dekret unmittelbar betroffen sind, sind ebenfalls vor Gericht zu zitieren, können aber freiwillig von der Teilnahme am Verfahren absehen, wenn nicht der Richter ihr Erscheinen anordnet, um sie anzuhören.

Can. 1756 – Superior, adversus cuius decretum recursus primum propositus est, iique omnes, praeter recurrentem, quos illud decretum directe attingit, sunt quidem in iudicium vocandi, sed possunt libere a iudicio abesse, nisi iudex eos comparere iubeat ut audiantur.

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Can. 1757 – Recepto recursu, iudex quam primum sessionem indicat, qua:

Can. 1757 – Nachdem die Klage eingegangen ist, hat der Richter so bald als möglich die Sitzung zu bestimmen, in der: 1° quaestio de incompetentia, si forte 1° die Frage der Unzuständigkeit, sofern oriatur, et exceptiones peremptoriae, quae sie sich stellt, und prozessausschließende quidem saltem tres ante dies omnibus Einreden, die wenigstens drei Tage vorher partibus significatae sint, ore tractentur et allen Streitparteien anzuzeigen sind, in sententia decidantur, nisi omnino necesmündlicher Verhandlung erörtert und entsaria videatur brevissima dilatio; schieden werden, wenn nicht in jeder Hinsicht eine Behandlung in kürzester Frist für notwendig erachtet wird; 2° de suspendendo decreto impugnato ad 2° über die Aussetzung des angefochtenen normam can. 1755, § 1 vel de confirmanda Dekrets gemäß can. 1755, § 1 oder gegebenenfalls über die Bestätigung oder Rückvel revocanda suspensione ad normam can. 1744, § 3, si casus ferat, decernatur; nahme der Aussetzung gemäß can. 1744, § 3, entschieden wird; 3° de solutione ad normam can. 1741 3° eine die Lösung der Sachfrage gemäß quaerenda tractetur; can. 1741 gesucht wird; 4° de probationibus colligendis, si forte 4° über die Erhebung von Beweisen, sofern necessarium sit, decernatur. dies notwendig ist, entschieden wird. Can. 1758 – Si tribunal se incompetens Can. 1758 – Wenn sich das Gericht für uniudicaverit, recursus minime caret effectu, zuständig erklärt, verliert der Rekurs keised est statim ad tribunal competens neswegs an Wirkung, jedoch ist er sofort remittendus. an das zuständige Gericht zu übermitteln. Can. 1759 – Curet tribunal ut post primam Can. 1759 – Das Gericht sorgt dafür, sessionem quam primum colligantur dass nach der ersten Sitzung so bald wie probationes; testium autem depositionibus möglich die Beweise erhoben werden: bei partes earumque patroni adesse possunt, etwaigen Zeugenvernehmungen können nisi tribunal propter graves rationes aliter sowohl die Parteien als auch deren Rechtsstatuendum censeat. beistände anwesend sein, sofern nicht das Gericht aus schwerwiegenden Gründen anders entscheidet.

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Can. 1760 – § 1. Collectis probationibus et apud tribunalis cancellariam depositis, partes vocandae sunt ad sessionem discussionis, quae, nisi gravis ratio aliud suadeat, ore est facienda.

Can. 1760 – § 1. Nachdem die Beweise gesammelt und bei der Gerichtskanzlei hinterlegt worden sind, sind die Parteien zur Sacherörterung zusammen zu rufen, die, wenn nicht aus einem schwerwiegenden Grund anderes erforderlich ist, mündlich zu erfolgen hat.

§ 2. Haec sessio, sub poena nullitatis, ita indicenda est, ut partibus tres saltem dies utiles sint ad probationes inspiciendas et transcribendas; caveatur tamen, quatenus fieri possit, ne hoc intervallum superet quindecim dies, nisi exsecutio decreti primum impugnati sit suspensa et eius auctor in dilationem consentiat.

§ 2. Unter Nichtigkeitssanktion ist diese Sitzung so anzukündigen, dass die Parteien wenigstens an drei zu nutzenden Tagen die Beweismittel begutachten und eine Abschrift anfertigen können: man vermeide aber, sofern es möglich ist, dass dieser Zeitraum fünfzehn Tage übersteige, außer der Vollzug des angefochtenen Dekretes wurde zuvor ausgesetzt und dessen Autor stimmt der Verzögerung zu. Can. 1761 – § 1. Wenn sich nicht aus der Diskussion die Notwendigkeit ergibt, dass die Beweiserhebung in der Streitsache zu vervollständigen sei, oder es etwas Anderes gibt, das verhindert, dass das Urteil auf herkömmliche Weise gefällt wird, ist die Streitsache am Ende der Urteilssitzung, von der can. 1760 handelt, zu entscheiden und der Teil des Urteils, der die Entscheidung enthält, sofort vor allen anwesenden Parteien vorzulesen.

Can. 1761 – § 1. Nisi ex discussione quid supplendum in causae instructione comperiatur, vel aliud exsistat quod impediat sententiam rite proferri, causa in fine sessionis, de qua in can. 1760, decidatur, et dispositiva sententiae pars statim coram partibus praesentibus legatur.

§ 2. Potest autem tribunal propter rei difficultatem vel aliam iustam causam, usque ad quintum utilem diem decisionem differre.

§ 2. Das Gericht kann aber auch wegen der Schwierigkeit der Angelegenheit oder aus einem anderen gerechten Grund die Entscheidung bis zu fünf zu nutzende Tage aufschieben.

§ 3. Integer sententiae textus, motivis ex§ 3. Der Text des gesamten Urteils, in der pressis, quam primum, nec regulariter ultra auch die Gründe ausgeführt werden, sind quindecim dies partibus notificetur. so schnell wie möglich, gewöhnlich nicht später als fünfzehn Tage, den Streitparteien bekanntzumachen.

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Can. 1762 – Adversus tribunalis administrativi sententias definitivas aliasve decisiones, quae iudicio in aliquo gradu finem ponant, dantur impugnationes ad normam iuris.

Can. 1762 – Gegen Endurteile und andere Entscheidungen von Verwaltungsgerichten, die einem Gerichtsverfahren jedweden Grades ein Ende bereiten, sind Berufungen entsprechend der Rechtsnormen möglich. Can. 1763 – § 1. In ceteris, quae ad ratioCan. 1763 – § 1. Im Übrigen sind, was die nem procedendi attinent, applicandi sunt, Verfahrensordnung betrifft, wenn nicht die nisi rei natura obstet, Codicis canones de Natur der Sache entgegensteht, die Canoiudiciis in genere ac de iudicio contentioso nes des Kodex über das Gerichtswesen im ordinario, servatis specialibus normis de Allgemeinen sowie über das ordentliche causis ad bonum publicum spectantibus. Streitverfahren anzuwenden, unbeschadet der Spezialnormen für die Fälle, die das öffentliche Wohl betreffen. § 2. Tribunal potest, decreto motivis praedito, normis processualibus, quae non sint ad validitatem statutae, derogare, ut celeritati, salva iustitia, consulat.

§ 2. Das Gericht kann, unter Erlass eines begründeten Dekretes, von den Prozessnormen, die nicht zur Gültigkeit verlangt sind, derogieren, sofern dies, unbeschadet der Gerechtigkeit, die Eile anrät.

2. Verwaltungsgerichtsordnung der Würzburger Synode 180

Votum: Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland bittet den Papst, eine Rahmenordnung für die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit zu erlassen oder der Deutschen Bischofskonferenz eine Einzeler-

180

Die Ordnung für Schiedsstellen und Verwaltungsgerichte der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, wie sie von der Gemeinsamen Synode der deutschen Bistümer erarbeitet und beschlossen wurde, findet sich abgedruckt in: Gemeinsame Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland. Offizielle Gesamtausgabe. Mit einem Vorwort zur Neuausgabe von Karl Kardinal Lehmann, Freiburg 2012, 734–763. Ein überarbeiteter Entwurf, der sich stark an den Beschluss der Würzburger Synode anlehnt, findet sich bei: Meier, Verwaltungsgerichte, 456–487. Die von Meier eingefügten Modifikationen sind kursiv gedruckt und werden im folgenden Abschnitt in den Anmerkungen vollständig angeführt, um einen leichteren Vergleich zu ermöglichen. 156

mächtigung zu geben, eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit einzurichten. Zugleich bittet die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland die Deutsche Bischofskonferenz, sobald die Rahmenordnung oder die Einzelermächtigung vorliegt, in ihrem Bereich die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit mit der folgenden Ordnung zu errichten.

Grundsätze § 1 Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit Die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch unabhängige, von der kirchlichen Verwaltung getrennte Schiedsstellen und Gerichte ausgeübt. § 2 Gütliche Einigung Die Schiedsstellen und Gerichte suchen in jedem Stand des Verfahrens vorrangig eine gütliche und gerechte Einigung der Beteiligten herbeizuführen.

1. Teil: Gerichtsverfassung § 3 Errichtung 1. Es werden errichtet: 1°. Für jede Diözese eine Schiedsstelle und ein Verwaltungsgericht, 2°. Bei der Deutschen Bischofskonferenz das Obere Verwaltungsgericht. 2. Das Verwaltungsgericht kann für mehrere Diözesen gemeinsam errichtet werden gemäß den Vorschriften der Apostolischen Konstitution „Regimini Ecclesiae Universae“ und den Normen „Ut causarum“.181

181

Meier, Verwaltungsgerichte, 456, schlägt vor: „Das Verwaltungsgericht kann für mehrere Diözesen gemeinsam als interdiözesanes Gericht errichtet werden gemäß den Vorschriften des c. 1423 CIC und den Normen von Art. 124, 4° PastBon.“ 157

1. Abschnitt: Richteramt § 4 Unabhängigkeit 1. Die Richter der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit sind von Weisungen unabhängig und nur an das kirchliche Recht gebunden. 2. Richter im Sinne dieses Gesetzes sind auch die Vorsitzenden und Beisitzer der Schiedskammern. § 5 Voraussetzungen für das Richteramt Zum Richter kann berufen werden, wer katholisch und im Besitz der vollen kirchlichen Rechte ist und die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für das kirchliche Gemeinwohl eintritt. Ferner muß er die für das jeweilige Amt erforderliche Qualifikation besitzen. § 6 Ausscheiden aus dem Richteramt Jeder Richter kann durch entsprechende Erklärung gegenüber demjenigen, der ihn ernannt hat, vor Ablauf seiner Amtszeit aus dem Amt ausscheiden. § 7 Vereidigung Die Richter leisten vor Antritt ihres Amtes folgenden Diensteid: „Ich schwöre, mein Amt unparteiisch in Treue zur Heiligen Schrift und zur katholischen Lehre gewissenhaft gemäß dem kirchlichen Recht auszuüben, so wahr mir Gott helfe.“

1. Abschnitt: Schiedsstelle § 8 Besetzung Die Schiedsstelle besteht aus dem Leiter, den übrigen Vorsitzenden der Kammern und den Beisitzern. § 9 Leiter der Schiedsstelle 1. Der Leiter der Schiedsstelle wird von den Vorsitzenden der Kammern aus ihrer Mitte gewählt und vom Bischof ernannt. Seine Amtszeit beträgt

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drei Jahre. Wiederwahl ist zulässig. Besteht bei der Schiedsstelle nur eine Kammer, so ist der Vorsitzende der Kammer gleichzeitig der Leiter der Schiedsstelle. 2. Dem Leiter der Schiedsstelle obliegt neben dem Vorsitz in einer Kammer die Verwaltung der Schiedsstelle. Er übt die Dienstaufsicht über die Vorsitzenden, Beisitzer und sonstigen Mitarbeiter der Schiedsstelle aus. § 10 Kammer 1. Bei der Schiedsstelle wird in der Regel für jede Region oder mehrere Dekanate eine Kammer gebildet. Zumindest ist jedoch bei der Schiedsstelle eine Kammer zu errichten. 2. Die Kammer wird durch den Vorsitzenden und zwei nach Maßgabe von § 11.2 und § 12 bestimmten Beisitzern tätig. Der Vorsitzende wird durch den Vorsitzenden einer anderen Kammer nach einem alljährlich aufzustellenden Vertretungsplan vertreten. Sofern bei der Schiedsstelle nur eine Kammer gebildet ist, wird der Vertreter des Vorsitzenden auf Vorschlag des Diözesanpastoralrates vom Bischof für die Amtszeit des Vorsitzenden ernannt. § 11 Vorsitzender, Beisitzer 1. Zum Vorsitzenden kann berufen werden, wer die allgemeinen Voraussetzungen für das kirchliche Richteramt (§  5) erfüllt. Der Vorsitzende soll für die Verhandlungsführung qualifiziert sein und Erfahrung in Fragen des kirchlichen Gemeindelebens besitzen. Er wird auf Vorschlag des Diözesanpastoralrates vom Bischof für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt. 2. Der Diözesanpastoralrat stellt auf Vorschlag der im Schiedskammerbereich bestehenden pastoralen Räte der mittleren Ebene (Regionalpastoralrat bzw. Dekanatspastoralräte) für jede Schiedskammer eine Liste von fünf bis zehn Priestern und fünf bis zehn Laien als Beisitzer auf. Die Beisitzer sollen in dem Bereich wohnen, für den sie tätig werden.

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§ 12 Beisitzerbennenung182 1. Die Parteien des Schiedsverfahrens benennen aus der Liste der zuständigen Schiedskammer je einen Beisitzer und einen Vertreter, der den benannten Beisitzer im Verhinderungsfalle vertritt. 2. Benennen beide Parteien denselben Beisitzer, so entscheidet zwischen den benannten Vertretern der Vorsitzende durch Los, sofern nicht eine Partei von sich aus einen anderen Beisitzer benennt. 3. Benennt eine Partei trotz Aufforderung keinen Beisitzer, wird er von Amts wegen bestimmt. Die Bestimmung erfolgt nach einem jährlich für jede Kammer aufzustellenden Plan.

2. Abschnitt: Verwaltungsgericht § 13 Besetzung Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und der erforderlichen Zahl von Richtern. § 14 Wahl der Richter am Verwaltungsgericht Die Richter am Verwaltungsgericht werden vom Bischof mit Zustimmung des Diözesanpastoralrates ernannt. Ihre Amtszeit beträgt acht Jahre. Die Wiederernennung ist zulässig. Im Falle des § 3 Abs. 2 haben die Pastoralräte der beteiligten Diözesen ein Vorschlagsrecht. § 15 Präsident 1. Der Präsident wird vom Richterkollegium aus seiner Mitte gewählt und vom Bischof ernannt. Seine Amtszeit beträgt vier Jahre. Wiederwahl ist zulässig. 2. Dem Präsidenten obliegt neben dem Vorsitz in einer Kammer die Verwaltung des Gerichts. Er übt die Dienstaufsicht über die Richter und sonstigen Mitarbeiter des Gerichts aus.

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Meier, Verwaltungsgerichte, 458, schlägt folgende Formulierung vor: „(1) Der Leiter der Schiedsstelle benennt aus einer vom Diözesanpastoralrat erstellten und vom Bischof genehmigten Liste zwei Beisitzer. (2) Die Namen der Beisitzer werden den Parteien gemäß § 63 mitgeteilt. (3) Die Parteien haben das Recht, gegen die Bestellung Einspruch zu erheben § 63“. 160

§ 16 Kammern 1. Das Verwaltungsgericht entscheidet in Kammern, die mit einem Seelsorger und je einem Fachmann des kanonischen und des staatlichen Rechts besetzt sind. Zumindest ein Mitglied muß Priester oder Diakon sein. 2. Als Fachleute des kanonischen Rechts gelten Personen, die ein kirchenrechtliches Studium abgeschlossen haben. Als Fachleute des staatlichen Rechts gelten Juristen mit der Befähigung zum staatlichen Richteramt oder einer vergleichbaren Qualifikation. § 17 Geschäftsverteilung Der Präsident erklärt, in welcher Kammer er den Vorsitz übernimmt. Im Übrigen bestimmt der vom Richterkollegium für das Kalenderjahr aufzustellende Geschäftsverteilungsplan die Zugehörigkeit der Richter zu den Kammern, den Kammervorsitz und die Vertretung der Kammermitglieder im Falle ihrer Verhinderung sowie die Verteilung der Geschäfte. Jeder Richter kann Mitglied mehrerer Kammern sein.

3. Abschnitt: Oberes Verwaltungsgericht § 18 Besetzung Das Obere Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und der erforderlichen Zahl von Richtern. Es entscheidet in der Besetzung mit drei Priestern und zwei Laien. § 19 Richter am Oberen Verwaltungsgericht 1. Als Richter am Oberen Verwaltungsgericht können von der Deutschen Bischofskonferenz Priester und Laien berufen werden, die Fachleute des kanonischen oder staatlichen Rechts sind und Erfahrung im kirchlichen Gemeindeleben oder der kirchlichen Verwaltung besitzen. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend. 2. Die Amtszeit der Richter beträgt acht Jahre. Die Wiederberufung ist zulässig.

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§ 20 Präsident 1. Der Präsident wird vom Richterkollegium aus seiner Mitte gewählt und von der Deutschen Bischofskonferenz ernannt. Seine Amtszeit beträgt vier Jahre. Die Wiederwahl ist zulässig. 2. Dem Präsidenten obliegt neben dem Vorsitz in einer Kammer die Verwaltung des Gerichts. Er übt die Dienstaufsicht über die Richter und sonstigen Mitarbeiter des Gerichts aus. § 21 Geschäftsverteilung Der Präsident erklärt, in welcher Kammer er den Vorsitz übernimmt. Im Übrigen bestimmt der vom Richterkollegium für das Kalenderjahr aufzustellende Geschäftsverteilungsplan die Zugehörigkeit der Richter zu den Kammern, den Kammervorsitz und die Vertretung der Kammermitglieder im Falle ihrer Verhinderung sowie die Verteilung der Geschäfte. Jeder Richter kann Mitglied mehrerer Kammern sein.

4. Abschnitt: Geschäftsstelle, Amtshilfe § 22 Geschäftsstelle Für die Schiedsstellen, die Verwaltungsgerichte und das Obere Verwaltungsgericht werden Geschäftsstellen eingerichtet, die mit den Geschäftsstellen der Offizialate oder mit anderen kirchlichen Geschäftsstellen verbunden werden können. § 23 Rechts- und Amtshilfe Alle kirchlichen Gerichte und Behörden leisten den Schiedsstellen und Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe.

5. Abschnitt: Kirchenanwalt § 24 Kirchenanwalt 1. Zur Wahrung des kirchlichen Gemeinwohls in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberen Verwaltungsgericht werden Kirchenanwälte bestellt. Sie werden für das Verwaltungsgericht vom Bischof, für 162

das Obere Verwaltungsgericht von der Deutschen Bischofskonferenz ernannt.183 2. Der Kirchenanwalt ist vom Gericht unabhängig. Er untersteht dem Weisungsrecht dessen, der ihn bestellt hat. § 25 Beteiligungsbefugnis 1. Dem Kirchenanwalt ist von Klagen und Rechtsmitteln Kenntnis zu geben. Er kann sich an allen verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligen. Das Gericht kann ihn zur Beteiligung auffordern, wenn es dies zur Wahrung des kirchlichen Gemeinwohls für angezeigt erachtet. 2. Ist der Kirchenanwalt beteiligt, muß er von allen Terminen zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme benachrichtigt werden. Schriftsätze, Verfügungen und Entscheidungen sind ihm zur Kenntnis zu bringen. § 26 Prozeßstellung des Kirchenanwalts Der Kirchenanwalt kann selbständig Anträge stellen, in der mündlichen Verhandlung Ausführungen machen sowie gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts oder des Oberen Verwaltungsgerichts Rechtsmittel einlegen.

6. Abschnitt: Verwaltungsrechtsweg § 27 Verwaltungsgerichtsweg 1. Der Verwaltungsrechtsweg ist für alle Streitigkeiten aufgrund der Ausübung außergerichtlicher kirchlicher Funktionen gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch allgemeines kirchliches Recht einem anderen Rechtsweg zugewiesen sind.

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Meier, Verwaltungsgerichte, 461, schlägt folgende Fassung vor: „Zur Wahrung des kirchlichen Gemeinwohls in Verfahren vor der Schiedsstelle und dem Verwaltungsgericht und dem Oberen Verwaltungsgericht werden Kirchenanwälte bestellt. Sie werden für die Schiedsstelle und das Verwaltungsgericht vom Bischof, für das Obere Verwaltungsgericht von der Deutschen Bischofskonferenz ernannt.“ 163

2. Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht gegeben a. für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsnormen, b. für Lehrstreitigkeiten, c. für Gottesdienst, Verkündigung und Spendung der Sakramente, d. für Streitigkeiten innerhalb von Ordensgemeinschaften, soweit sie der bischöflichen Jurisdiktion entzogen sind.184 § 28 Antragsarten Auf dem Verwaltungsrechtsweg kann begehrt werden: 1. die Aufhebung eines kirchlichen Verwaltungsaktes (Anfechtungsantrag oder Anfechtungsklage) 2. die Verpflichtung zum Erlaß eines kirchlichen Verwaltungsaktes (Verpflichtungsantrag oder Verpflichtungsklage) 3. die Verpflichtung zu einer anderen Leistung (allgemeiner Leistungsantrag oder allgemeine Leistungsklage) 4. die Verpflichtung zur Unterlassung von Beeinträchtigungen (Unterlassungsantrag oder Unterlassungsklage). § 29 Feststellungsklage 1. Auf dem Verwaltungsrechtsweg kann ferner die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines kirchlichen Verwaltungsaktes begehrt werden. 2. Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte gemäß §  28 verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines kirchlichen Verwaltungsaktes begehrt wird. § 30 Antrags- und Klagebefugnis Der Antrag an die Schiedsstelle und die Klage sind nur zulässig, wenn der Antragsteller oder der Kläger geltend macht, 184

Meier, Verwaltungsgerichte, 462, fügt noch weitere Ausschlussgründe an: „5. für dienstund arbeitsrechtliche Angelegenheiten, 6. für Schlichtungsangelegenheiten nach der MAVO und Vermittlungsverfahren nach der Regional-KODA, sofern nicht in der MAVO und dem Vermittlungsverfahren nach der Regional-KODA die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausdrücklich vereinbart wird.“ 164

1. in den Fällen des § 28 Nummern 1 und 2 durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein, 2. in Fällen des § 28 Nummern 3 und 4 auf die Leistung oder Unterlassung einen Rechtsanspruch zu haben, 3. im Falle des § 29 an der baldigen Feststellung ein rechtliches Interesse zu haben. § 31 Rechtsstreitigkeiten von Gremien 1. Die Schiedsstellen und Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit entscheiden ferner bei Streitigkeiten zwischen a. kirchlichen Gremien, b. Amtsträgern und den ihnen zugeordneten kirchlichen Gremien, c. Organen in Gremien bezüglich der Einhaltung ihrer satzungsmäßigen Befugnisse. 2. Bei einem solchen Rechtsstreit handelt das Gremium auch dann durch seine Mehrheit, wenn die Beschlußfassung in dem Gremium durch die Satzung abweichend geregelt ist. 3. Der Antrag und die Klage sind nur zulässig, wenn ein Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung besteht.

7. Abschnitt: Zuständigkeit § 32 Schiedsstelle Die Schiedsstelle ist zuständig für alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsgerichtsweg offensteht, soweit für sie nicht das Verwaltungsgericht gemäß § 33 oder das Obere Verwaltungsgericht gemäß § 34 zuständig ist. § 33 Verwaltungsgericht 1. Das Verwaltungsgericht ist zuständig für Streitigkeiten, die im Verfahren vor der Schiedsstelle nicht beigelegt worden sind sowie erstinstanzlich für Klagen nach § 29.

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2. Es ist Beschwerdegericht in den vor der Schiedsstelle verhandelten Rechtsstreitigkeiten. 3. Es prüft die Wahl in und zu kirchlichen Gremien im Bereich der Diözese. § 34 Oberes Verwaltungsgericht 1. Das Obere Verwaltungsgericht ist zuständig als Berufungs- und Beschwerdegericht in den vor dem Verwaltungsgericht verhandelten Rechtsstreitigkeiten. 2. Es prüft die Wahl in und zu kirchlichen Gremien auf überdiözesaner Ebene. 3. Es entscheidet im ersten Rechtszuge über Klagen gegen Entscheidungen, die dem Bischof vorbehalten sind.185 § 35 Örtliche Zuständigkeit Örtlich zuständig sind vorbehaltlich anderweitiger Regelung: 1. für Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Schiedskammer und das Verwaltungsgericht, in deren Bereich das Vermögen oder der Ort liegt. 2. für andere Streitigkeiten nach § 28 Nummern 1 und 2 die Schiedskammer und das Verwaltungsgericht, in deren Bereich der Verwaltungsakt erlassen worden ist oder erlassen werden soll. Ist der Verwaltungsakt von einer Behörde erlassen oder zu erlassen, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Schiedskammerbereiche oder Diözesen erstreckt, so sind die Schiedskammer und das Verwaltungsgericht zuständig, in deren Bereich der Antragsteller oder Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz hat. 3. für alle anderen Streitigkeiten die Schiedskammer und das Verwaltungsgericht, in deren Bereich der Antragsgegner oder Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat.

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Meier, Verwaltungsgerichte, 463, plädiert für folgende Modifikation von Nr. 3: „Es entscheidet im ersten Rechtszuge über Klagen gegen Entscheidungen, die dem Bischof selbst vorbehalten sind, oder aufgrund eines Spezialmandates von seinem Generaloder Bischofsvikar gefällt wurden.“ 166

2. Teil: Verfahren 1. Abschnitt: Allgemeine Verfahrensvorschriften § 36 Ausschließung von der Ausübung des Richteramtes Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen 1. in Verfahren, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei im Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regreßpflichtigen steht, 2. in Verfahren, an denen die Dienststelle, bei der er tätig ist, beteiligt ist, 3. in Verfahren, an denen sein Ehegatte beteiligt ist, auch wenn die Ehe für nichtig erklärt oder nach staatlichem Recht geschieden ist, 4. in Verfahren, an denen eine Person beteiligt ist, mit der er in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war, 5. in Verfahren, in denen er als Prozeßvertreter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder war, 6. in Verfahren, in denen er als Zeuge vernommen wurde oder als Sachverständiger tätig war, 7. in Verfahren, in denen er in einem früheren Rechtszuge bei dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. § 37 Ablehnung eines Richters 1. Ein Richter kann sowohl in den Fällen des § 36 als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. 2. Wegen Besorgnis der Befangenheit kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. 3. Das Ablehnungsdekret steht beiden Parteien zu.

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§ 38 Verlust des Ablehnungsrechtes 1. Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen. 2. Wird ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit von einer Partei abgelehnt, die sich bei ihm in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, so muß sie glaubhaft machen, daß der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder ihr bekannt geworden ist. § 39 Ablehnungsgesuch 1. Das Ablehnungsgesuch ist bei der Schiedsstelle oder dem Gericht, dem der Richter angehört, einzureichen. Es kann zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklärt werden. 2. Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen. Es kann dazu auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden. 3. Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. § 40 Entscheidung 1. Über das Ablehnungsgesuch entscheidet die Kammer, die der Abgelehnte angehört. An seine Stelle tritt sein Vertreter. 2. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. 3. Der Beschluß, der dem Gesuch stattgibt, ist unanfechtbar. Über die Beschwerde gegen den Beschluß, der das Gesuch für unzulässig oder unbegründet erklärt, entscheidet das Gericht des höheren Rechtszuges auf Antrag der ablehnenden Partei. § 41 Ablehnung von Amts wegen Die nach § 40 Abs. 1 oder 3 zuständige Kammer entscheidet ohne entsprechendes Gesuch einer Partei auch dann, wenn ein Richter von einem Grund Kenntnis gibt, der seine Ablehnung rechtfertigen könnte, oder Zweifel bestehen, ob er nach § 36 kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.

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§ 42 Öffentlichkeit 1. Das Verfahren vor der Schiedsstelle ist nicht öffentlich. 2. Die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Oberen Verwaltungsgericht ist öffentlich. 3. Das Gericht kann durch Beschluß die Öffentlichkeit aus wichtigem Grund ausschließen. Der Urteilsspruch wird auch in diesem Falle öffentlich verkündet. 4. Ist die Öffentlichkeit ausgeschlossen, kann der Vorsitzende Vertreter kirchlicher Dienststellen und andere Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, zu den Verhandlungen zulassen. § 43 Beratung und Abstimmung 1. An der Beratung nehmen ausschließlich der Vorsitzende der Kammer und die beisitzenden Richter teil. 2. Die Kammer entscheidet mit der Mehrheit der Stimmen. Die Stimmabgabe kann nicht verweigert werden. Der Vorsitzende stimmt zuletzt ab. 3. Über den Hergang der Beratung und Abstimmung ist Stillschweigen zu bewahren. § 44 Zustellungen und Fristen 1. Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind gegen Empfangsbestätigung zuzustellen. 2. Der Lauf einer Frist beginnt mit der Zustellung. 3. Die Frist für einen Widerspruch, den Antrag an die Schiedsstelle, eine Klage oder ein Rechtsmittel beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über seine diesbezüglichen Rechte schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben, kann der Rechtsbehelf nur innerhalb eines Jahres nach Zustellung eingelegt werden. § 45 Wiedereinsetzung in versäumte Fristen 1. Ist jemand ohne eigenes Verschulden gehindert, eine Ausschlußfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren. 2. Der Antrag muß die Angabe der die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen und der Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung enthalten. 169

3. Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. In derselben Frist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. 4. Über den Antrag entscheidet die Stelle, die über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. § 46 Beteiligte Beteiligte am Verfahren sind 1. vor der Schiedsstelle der Antragsteller und der Antragsgegner, 2. vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberen Verwaltungsgericht der Kläger, der Beklagte, der Beigeladene und der Kirchenanwalt. § 47 Beteiligungsfähigkeit Beteiligt sein können 1. natürliche und juristische Personen, 2. kirchliche Gremien und Vereine, 3. kirchliche Behörden. § 48 Beiladung, Beigeladener 1. Das Gericht kann während des Verfahrens von Amts wegen oder auf Dritte, deren Interesse durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. 2. Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen. 3. Der Beiladungsbeschluß ist den Beteiligten zuzustellen. Er ist unanfechtbar. 4. Der Beigeladene kann selbständig prozessuale Handlungen innerhalb der Anträge der Parteien vornehmen. Bei Beiladung nach Absatz 2 kann er auch abweichende Sachanträge stellen. § 49 Prozeßvertreter und Beistände 1. Vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberen Verwaltungsgericht kann sich jeder Beteiligte durch einen bevollmächtigten Vertreter vertreten lassen und sich in der mündlichen Verhandlung eines Beistandes bedienen. 2. Als Prozeßvertreter oder Beistand kann jede Person auftreten, die vom Gericht im Einzelfall oder allgemein zugelassen ist. 170

3. Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen und dem Gericht vorzulegen. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

2. Abschnitt: Besondere Vorschriften für Anfechtungs- und Verpflichtungsanträge § 50 Vorverfahren 1. Vor Stellung eines Antrages an die Schiedsstelle mit dem Begehren des §  28 Nummer 1 ist die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes durch die Behörde, die ihn erlassen hat, in einem Vorverfahren zu überprüfen. 2. Für ein Begehren nach § 28 Nummer 2 gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist. § 51 Widerspruch 1. Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs. Er ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt oder seine Ablehnung dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen oder abgelehnt hat. 2. Die §§ 44 Abs. 3 und 45 gelten entsprechend. § 52 Widerspruchsbescheid 1. Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, hilft sie ihm ab. 2. Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, erläßt sie einen Widerspruchsbescheid. Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. § 53 Antragsfrist Der Antrag in Fällen des § 28 Nummern 1 und 2 muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides gestellt werden.

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§ 54 Wegfall des Vorverfahrens 1. Ist über den Widerspruch oder über den Antrag auf Erlaß eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von sechs Wochen entschieden worden, so ist der Antrag an die Schiedsstelle abweichend von § 50 innerhalb von drei Monaten nach Erhebung des Widerspruchs oder der Stellung des Antrags auf Erlaß des Verwaltungsaktes zulässig. 2. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, setzt die Schiedsstelle das Verfahren bis zum Ende einer von ihr bestimmten Frist aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der Frist abgeholfen oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen, ist die Sache von der Schiedsstelle für erledigt zu erklären. 3. Bei Klagen gegen Entscheidungen über die Verwaltungsbeschwerde ersetzt die Beschwerde das Vorverfahren. Absatz 1 gilt entsprechend. § 55 Gegenstand der Anfechtung 1. Gegenstand der Anfechtung nach § 28 Nummer 1 ist a. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, b. der Widerspruchsbescheid, wenn ein Dritter durch ihn erstmalig beschwert wird, c. der Widerspruchsbescheid, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. 2. Im Falle des § 54 Abs. 3 ist Gegenstand der Anfechtung die Entscheidung der höheren Verwaltungsinstanz. § 56 Aufschiebende Wirkung 1. Widerspruch und Anfechtungsantrag haben aufschiebende Wirkung. 2. Die Behörde kann aufgrund des kirchlichen Gemeinwohls oder überwiegender Interessen eines Beteiligten die sofortige Vollziehung anordnen. 3. Das für die Hauptsache gemäß § 35 zuständige Verwaltungsgericht kann auf Antrag die aufschiebende Wirkung, auch gegen Leistung einer Sicherheit oder unter Auflagen, ganz oder teilweise, befristet oder unbe-

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fristet wiederherstellen. Das Gericht hat, außer bei Gefahr im Verzuge, vor seiner Entscheidung den Kirchenanwalt zu hören. 4. Die Entscheidung des Gerichts, das dem Antrag nach Abs. 3 stattgibt, ist unanfechtbar, falls nicht der Bischof im Ausnahmefall aus einem schwerwiegenden Grund von seiner pastoralen Verantwortung her die sofortige Vollziehung anordnet.

3. Abschnitt: Einstweilige Anordnung § 57 Einstweilige Anordnung 1. Auf Antrag kann, auch schon vor Stellung des Antrags an die Schiedsstelle bzw. der Erhebung der Klage, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, daß in dem Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens die Verwirklichung eines Rechtes den Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder wenn die Regelung eines vorläufigen Zustandes in einem streitigen Rechtsverhältnis erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden. 2. Für den Erlass der einstweiligen Anordnung ist der Vorsitzende der Kammer bei der Schiedsstelle oder dem Gericht zuständig, bei der die Hauptsache anhängig oder anhängig zu machen ist. § 58 Entscheidung 1. Über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. 2. Gegen die Anordnung kann, wenn sie ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden. 3. Ist die Hauptsache anhängig oder bei einem Gericht anhängig zu machen, findet eine mündliche Verhandlung über den Antrag vor der nach § 57 Abs. 2 zuständigen Kammer statt. Ist die Hauptsache bei der Schiedsstelle anhängig zu machen, findet die mündliche Verhandlung vor dem Vorsitzenden der nach § 57 Abs. 2 zuständigen Kammer statt.

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4. Eine aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist unanfechtbar. § 59 Inhalt der einstweiligen Anordnung 1. Der Kammervorsitzende bzw. die Kammer bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnung zur Erreichung des Zieles im Sinne des § 57 erforderlich ist. 2. Die einstweilige Anordnung kann weder die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes betreffen noch die aufschiebende Wirkung nach § 56 beseitigen. § 60 Anordnung vor Anhängigkeit der Hauptsache 1. Ist die Hauptsache nicht anhängig, so hat der Kammervorsitzende auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, daß die Partei, die die einstweilige Anordnung erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist den Antrag an die Schiedsstelle zu stellen bzw. Klage zu erheben hat. 2. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, so ist auf Antrag die Aufhebung der einstweiligen Anordnung auszusprechen.

4. Abschnitt: Verfahren vor der Schiedsstelle § 61 Antrag an die Schiedsstelle 1. Der Antrag an die Schiedsstelle ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu erheben. 2. Der Antrag muß den Antragsteller, den Antragsgegner und den Streitgegenstand bezeichnen und die Gründe für den Antrag enthalten. Zur Begründung dienende Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen beigefügt werden. 3. Entspricht der Antrag diesen Anforderungen nicht im vollen Umfange, hat der Vorsitzende der Schiedskammer den Antragsteller zur erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern.

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§ 62 Vorbescheid 1. Erweist sich der Antrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet, kann der Vorsitzende der Schiedskammer den Antrag durch Vorbescheid unter Angabe der Gründe mit Rechtsbehelfsbelehrung abweisen. 2. Die Beteiligten können innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Vorbescheids mündliche Verhandlung beantragen. 3. Wird dieser Antrag rechtzeitig gestellt, gilt der Vorbescheid als nicht ergangen. Andernfalls ist die weitere Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges in der Sache ausgeschlossen. § 63 Antragszustellung186 1. Nimmt der Vorsitzende den Antrag an, läßt er ihn dem Antragsgegner zustellen mit der Aufforderung, sich schriftlich zu äußern und gemäß § 12 Beisitzer für die mündliche Verhandlung zu benennen. 2. In gleicher Weise ist der Antragsteller zur Benennung von Beisitzern aufzufordern. 3. Für die Stellungnahme und die Beisitzerbenennung kann eine Frist gesetzt werden. § 64 Ladung zur mündlichen Verhandlung Hilft der Antragsgegner dem Antrag nicht ab, bestimmt der Vorsitzende nach Äußerung, spätestens nach Fristablauf Termin zur mündlichen Verhandlung. Er lädt dazu die Beteiligten mit einer Frist von zwei Wochen. Dabei ist auf die Rechtsfolgen des Ausbleibens hinzuweisen. § 65 Versäumnis 1. Erscheint der Antragsteller unentschuldigt nicht zur mündlichen Verhandlung, gilt sein Antrag als zurückgenommen. Erscheint der Antragsgegner unentschuldigt nicht, gilt das Schiedsverfahren als gescheitert.

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Meier, Verwaltungsgerichte, 472, modifiziert die Norm: „(1) Nimmt der Leiter der Schiedsstelle den Antrag an, läßt er ihn dem Antragsgegner zustellen mit der Aufforderung, sich schriftlich zu äußern […]. (2) Gleichzeitig wird den Beteiligten die Besetzung der Schiedskammer mitgeteilt. (3) Für die Stellungnahme zur Sache und Einsprüche gegen die Schiedskammerbesetzung kann eine Frist gesetzt werden.“ 175

2. Ist noch kein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anhängig, kann der Vorsitzende der Kammer einen neuen Termin bestimmen, wenn die Versäumnis nachträglich hinreichend entschuldigt wird. § 66 Untersuchungsgrundsatz Die Schiedsstelle erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann dazu verlangen, daß der Antragsteller für seine tatsächlichen Angaben Beweismittel angibt. Sie kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen, von Behörden Auskünfte einholen und die Vorlage der Akten verlangen. Wenn erforderlich, soll sie Zeugen vernehmen oder durch eine ortsnähere Schiedskammer187 vernehmen lassen. § 67 Einspruch gegen Vorlageanordnung 1. Gegen die Anordnung der Vorlegung von Urkunden oder Akten kann der Kirchenanwalt Einspruch erheben, indem er glaubhaft macht, daß das Bekanntwerden des Inhaltes dieser Urkunden oder Akten das kirchliche Gemeinwohl beeinträchtigen würde oder gegen kirchliches Recht verstieße.188 2. Die Kammer entscheidet über den Einspruch durch Beschluß, gegen den innerhalb einer Woche Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig ist. § 68 Gang der Verhandlung Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Nach Aufruf der Sache trägt der Berichterstatter den bisherigen Streitstand vor. Hierauf erhalten die Beteiligten das Wort, um ihr Begehren zu nennen und zu begründen.

Meier, Verwaltungsgerichte, 473, schlägt als Alternative vor: „oder auf dem Wege der Rechts- und Amtshilfe vernehmen lassen.“ 188 Alternativvorschlag von Meier, Verwaltungsgerichte, 473: „Gegen die Anordnung der Vorlegung von Urkunden oder Akten können die Parteien Einspruch erheben, indem sie glaubhaft machen, daß das Bekanntwerden des Inhaltes dieser Urkunden oder Akten sie gefährlich beeinträchtigte und ihren Ruf schädige, sowie der Kirchenanwalt, wenn das Bekanntwerden das kirchliche Gemeinwohl beeinträchtigen würde oder gegen kirchliches Recht verstieße.“ 187

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§ 69 Erörterung der Sache 1. Der Vorsitzende erörtert die Sache mit den Beteiligten sachlich und rechtlich. Dabei soll er ihre Einigung fördern. 2. Die Beisitzer haben das Recht, Fragen zu stellen. § 70 Protokoll Zur mündlichen Verhandlung und zur Beweisaufnahme außerhalb der mündlichen Verhandlung wird ein Protokollführer189 zugezogen. Er führt Protokoll über die wesentlichen Aussagen der Beteiligten, insbesondere die endgültige Fassung ihres Begehrens. Das Verfahren beendende Erklärungen der Parteien, insbesondere ein Vergleich, sind zu Protokoll zu nehmen. Auf Verlangen eines Beteiligten sind bestimmte Äußerungen in das Protokoll aufzunehmen. Der Protokollführer nimmt ferner die wesentlichen Ergebnisse der Beweisaufnahme in das Protokoll auf. § 71 Schiedsspruch 1. Die Kammer fällt einen Schiedsspruch und legt ihn den Beteiligten zur Annahme vor. 2. Sie gründet ihren Spruch auf ihre freie, nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung. Sie gibt in dem Schiedsspruch die Gründe an, die für diese Überzeugung leitend gewesen sind. 3. Der Schiedsspruch darf sich nur auf Tatsachen und Ermittlungsergebnisse stützen, zu denen sich die Parteien äußern konnten. § 72 Verkündigung, Zustellung Der Schiedsspruch wird in der Regel in dem Termin der letzten mündlichen Verhandlung verkündet. Er soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Schluß der mündlichen Verhandlung mit Begründung zugestellt werden. § 73 Aufforderung zur Annahme 1. Bei der Verkündigung und der Zustellung des Schiedsspruches fordert der Vorsitzende die Parteien zur Annahme spätestens innerhalb eines Monats nach Zustellung auf. 189

Meier, Verwaltungsgerichte, 473, fügt nach Protokollführer erkärend hinzu: „als Urkundsbeamter“. 177

2. Die Annahme des Schiedsspruches ist gegenüber der Schiedsstelle zu Protokoll, schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu erklären. § 74 Rechtsfolgen 1. Nehmen die Parteien den Schiedsspruch an, gilt zwischen ihnen eine rechtswirksame Vereinbarung mit dem Inhalt des Schiedsspruches als getroffen. 2. Durch die Annahme des Schiedsspruches durch die Parteien ist die weitere Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges in derselben Sache ausgeschlossen. 3. Lehnt wenigstens eine Partei die Annahme ab oder erklärt sie diese nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist, kann Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. § 75 Feststellung des Ergebnisses Nach Ablauf der Erklärungsfrist stellt die Schiedsstelle den Parteien eine Ausfertigung des Schiedsspruches mit den Erklärungen der Parteien zu. Ist keine Übereinkunft im Sinne des § 74 Abs. 1 zustandegekommen, belehrt sie die Parteien über das weitere Verfahren und die Fristen.

5. Abschnitt: Verfahren vor dem Verwaltungsgericht § 76 Klage 1. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht ist in den Fällen des § 28 innerhalb eines Monats nach Mitteilung der Schiedsstelle gemäß § 75 unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 3 zulässig.190 2. Die Klage nach § 29 ist nicht fristgebunden. 3. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichtes zu erheben. Die Klageschrift muß den Kläger, den Beklagten und en Streitgegenstand bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die Mitteilung der Schiedsstelle gemäß § 75 ist in den Fällen des Abs. 1 beizufügen. 190

Meier, Verwaltungsgerichte, 475, fügt hinzu: „sowie bei einem Versäumnis des Antragsgegners gemäß § 65 Abs. 1.“ 178

§ 77 Entsprechend anwendbare Vorschriften Auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sind die §§ 36 bis 49, 55 und 56, 62–64 und 68 bis 70 entsprechend anzuwenden. § 78 Mündliche Verhandlung 1. Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung. 2. Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. 3. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. § 79 Versäumnis Bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. § 80 Klageänderung 1. Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. 2. Die Einwilligung eines Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat. § 81 Klagerücknahme 1. Der Kläger kann bis zur Verkündigung des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung der Beteiligten voraus. 2. Wird die Klage zurückgenommen, stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein. § 82 Aussetzung Hängt die Entscheidung des Gerichts von einer Vorfrage ab, deren Entscheidung in die Zuständigkeit einer anderen kirchlichen Stelle fällt, kann es die Verhandlung bis zu dieser Entscheidung aussetzen. 179

§ 83 Persönliches Erscheinen 1. Das Gericht kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. 2. Es kann einer beteiligten Körperschaft oder Behörde aufgeben, zur mündlichen Verhandlung einen Vertreter zu entsenden, der mit schriftlichem Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist. § 84 Beweisaufnahme 1. Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. Es kann die Protokolle der mündlichen Verhandlung und die Beweisergebnisse des Verfahrens vor der Schiedsstelle verwerten, es sei denn, daß Beweisergebnisse von einer Partei bestritten werden. § 78 Abs. 2 bleibt unberührt. 2. Das Gericht kann schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder Beweis erheben lassen oder ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen. 3. Die Beteiligten werden von allen Beweisterminen benachrichtigt und können der Beweisaufnahme beiwohnen. § 85 Aktenvorlage 1. Kirchliche Behörden sind auf Anordnung des Gerichts zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften verpflichtet. 2. § 67 ist entsprechend anzuwenden. Über den Einspruch entscheidet das Gericht durch Beschluß, der mit der Beschwerde angefochten werden kann. Über die Beschwerde entscheidet das Obere Verwaltungsgericht. § 86 Akteneinsicht 1. Die Beteiligten können die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. 2. Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen sowie die Schriftstücke, die Abstimmungen betreffen, werden nicht vorgelegt.

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§ 87 Bindung an das Begehren Das Gericht darf nicht über das Klagebegehren hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. § 88 Urteil 1. Über die Klage wird, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, durch Urteil entschieden. Das Urteil gründet sich auf die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene Überzeugung des Gerichts. In dem Urteil sind die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Urteil ist von allen mitwirkenden Richtern zu unterzeichnen. 2. Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. 3. Hält das Gericht eine Rechtsnorm, auf deren Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für mit allgemeinem Kirchenrecht unvereinbar, so ist das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Apostolischen Stuhls einzuholen. § 89 Erkennende Richter Das Urteil kann nur von den Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrundeliegenden Verhandlung teilgenommen haben. § 90 Urteilstenor 1. Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. 2. Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

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3. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anderes erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung hat. § 91 Nachprüfung von Ermessensentscheidungen Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Unterlassung oder Ablehnung des Verwaltungsaktes rechtswidrig ist, weil die Grenzen des Ermessens überschritte sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. § 92 Anfechtung des Widerspruchsbescheids Die §§ 90 und 91 gelten entsprechend, wenn nach § 55 Abs. 1 Nummer 2 und 3 der Widerspruchsbescheid Gegenstand der Anfechtung ist. § 93 Verkündigung und Zustellung Für die Verkündigung und Zustellung des Urteils gilt § 72 entsprechend. § 94 Rechtskraft Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten und ihre Rechtmäßigkeit insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist.

6. Abschnitt: Verfahren vor dem Oberen Verwaltungsgericht (Berufungsverfahren) 1. Unterabschnitt: Berufungsverfahren: § 95 Berufung 1. Gegen Urteil des Verwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Berufung an das Obere Verwaltungsgericht zu.

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2. Die Berufung ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Oberen Verwaltungsgericht eingeht. 3. Die Berufungsschrift muß das angefochtene Urteil bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. § 96 Entsprechend anwendbare Vorschriften Für die Berufung gelten die Vorschriften für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. § 97 Verwerfung der Berufung Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen; die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß ist die Beschwerde zulässig. § 98 Anschlußberufung Der Berufungsbeklagte und die anderen Beteiligten können sich im Laufe der mündlichen Verhandlung, selbst wenn sie auf die Berufung verzichtet haben, der Berufung anschließen. Wird die Anschlußberufung erst nach Ablauf der Berufungsfrist eingelegt oder hatte der Beteiligte auf die Berufung verzichtet, so wird die Anschlußberufung unwirksam, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird. § 99 Umfang der Nachprüfung, Urteil 1. Das Obere Verwaltungsgericht prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrages im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Es berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel. 2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts darf nur insoweit geändert werden, wie eine Änderung beantragt ist.

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§ 100 Zurückverweisung 1. Das Obere Verwaltungsgericht kann durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückweisen, wenn a. dieses noch nicht in der Sache selbst entschieden hat, b. das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet, c. neue Tatsachen und Beweismittel bekannt werden, die für die Entscheidung wesentlich sind. 2. Das Verwaltungsgericht ist an die rechtliche Beurteilung der Berufungsentscheidung gebunden. § 101 Anrufung der Apostolischen Signatur191 1. Gegen ein Urteil des Oberen Verwaltungsgerichts, das in der Sache selbst entscheidet, kann die Apostolische Signatur nach Maßgabe der von ihr erlassenen Normen angerufen werden. 2. Gegen ein Urteil des Oberen Verwaltungsgerichts, das die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, ist nur die Nichtigkeits- oder Restitutionsbeschwerde zulässig.

2. Unterabschnitt: Verfahren gemäß § 34 Abs. 3 KVGO § 102 Verfahren Für Klagen gemäß § 34 Abs. 3 gelten die Regeln des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit nicht im folgenden ein anderes bestimmt ist. § 103 Güteverhandlung Die mündliche Verhandlung beginnt mit einer Erörterung der Sach- und Rechtsfragen zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien (Güteverhandlung). 191

Meier, Verwaltungsgerichte, 480, differenziert in § 101 und § 101a. § 101 erhält folgenden Norminhalt: „Gegen ein Urteil des Oberen Verwaltungsgerichts, das in der Sache selbst entscheidet, kann die Apostolische Signatur nach Maßgabe der von ihr erlassenen Normen angerufen werden.“ § 101a mit dem Titel „Wiederaufnahme des Verfahrens“ lautet wie folgt: „Gegen ein Urteil des Oberen Verwaltungsgerichts, das die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, ist nur die Nichtigkeits- oder Restitutionsbeschwerde zulässig. Sie sind beim Richter einzulegen, der das Urteil gefällt hat.“ 184

§ 104 Vertretung des Bischofs 1. Der Bischof kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. 2. Erscheint der Bischof nicht und läßt er sich nicht vertreten, gilt die Güteverhandlung als gescheitert. § 105 Streitige Verhandlung Bleibt die Güteverhandlung erfolglos, soll sich die streitige Verhandlung unmittelbar anschließen. Ist das nicht möglich, wird neuer Termin zur streitigen Verhandlung angesetzt. § 106 Berufung Gegen das Urteil ist Berufung an die Zweite Sektion der Apostolischen Signatur zulässig.

7. Abschnitt: Wahlprüfungsverfahren § 107 Antrag 1. Den Antrag auf Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Wahl in oder zu einem kirchlichen Gremium kann jeder Wahlberechtigte und jeder Wahlleiter in amtlicher Eigenschaft stellen, sofern er Umstände geltend macht, deren Berücksichtigung zu einem anderen Wahlergebnis hätte führen können. 2. Der Antrag ist bei dem nach § 33 Abs. 3 oder § 34 Abs. 2 zuständigen Gericht unter Angabe der angefochtenen Wahl und der die Anfechtung begründenden Umstände zu stellen. 3. Enthält die Wahlordnung keine Anfechtungsfrist, so ist der Antrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu stellen. § 108 Verfahren 1. Das Verwaltungsgericht oder das Obere Verwaltungsgericht prüft die Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Wahl von Amts wegen. 2. Stellt das Gericht einen Wahlmangel fest, dessen Einfluß auf das Wahlergebnis nicht ausgeschlossen werden kann, erklärt es die Wahl insoweit für ungültig. 185

8. Abschnitt: Beschwerde § 109 Beschwerde Gegen Entscheidungen der Schiedsstelle oder des Verwaltungsgerichts, die nicht Schiedssprüche oder Urteile sind, steht den Beteiligten die Beschwerde zu, sofern die Entscheidung nicht nach Maßgabe der vorstehenden Normen unanfechtbar ist.192 § 110 Beschwerdefrist Die Beschwerdefrist ist innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung bei der Kammer, die die Entscheidung getroffen hat, schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. § 111 Nicht beschwerdefähige Entscheidungen Von den Beschwerden ausgeschlossen sind prozeßleitende Verfügungen sowie die Anordnungen oder Ablehnung von Beweiserhebungen. § 112 Beschwerdeverfahren 1. Hält die Kammer, deren Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hilft sie ihr ab. Andernfalls ist sie unverzüglich dem übergeordneten Gericht vorzulegen. Das Hauptverfahren ist bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts auszusetzen. 2. Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß, der unanfechtbar ist.

9. Abschnitt: Wiederaufnahme des Verfahrens § 113 Wiederaufnahme des Verfahrens 1. Die Wiederaufnahme des Verfahrens eines durch rechtmäßiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens kann durch Nichtigkeitsbeschwerde und durch Restitutionsbeschwerde begehrt werden. 192

Meier, Verwaltungsgerichte, 482, fügt einen 2. Absatz an: „Von den Beschwerden ausgeschlossen sind prozeßleitende Verfügungen sowie die Anordnungen oder Ablehnung von Beweiserhebungen.“ 186

2. Die Nichtigkeitsbeschwerde kann von jedem Verfahrensbeteiligten, die Restitutionsbeschwerde nur von den Parteien erhoben werden. 3. Werden beide Beschwerden erhoben, so ist die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsbeschwerde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde auszusetzen. § 114 Nichtigkeitsbeschwerde 1. Ein Urteil leidet an unheilbarer Nichtigkeit, wenn a. das Gericht nicht nach Vorschrift dieser Ordnung besetzt war, b. einer der Parteien die Prozeßfähigkeit fehlte, c. eine Partei nicht rechtmäßig vertreten war. 2. Ein Urteil leidet an heilbarer Nichtigkeit, wenn a. ein Beteiligter nicht ordnungsgemäß geladen und nicht erschienen war, b. es nicht mit Gründen versehen ist, c. es nicht mit den erforderlichen Unterschriften versehen ist, d. Tag, Monat, Jahr und Ort der Urteilsfällung nicht angegeben sind. § 115 Frist und Form der Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde 1. Die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund heilbarer Nichtigkeit ist innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, das das Urteil gefällt hat. 2. Die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund unheilbarer Nichtigkeit ist innerhalb von 30 Jahren zu erheben.193 3. Die Beschwerdefrist muß das angefochtene Urteil und den Nichtigkeitsgrund bezeichnen. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben sein.

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Meier, Verwaltungsgerichte, 484, schlägt vor: „Die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund unheilbarer Nichtigkeit kann in der Weise einer Einrede immer vorgebracht werden, in der Form einer Klage vor dem Richter, der das Urteil erlassen hat, innerhalb von 10 Jahren nach dem Tag der Bekanntgabe des Urteils.“ 187

§ 116 Aufhebung von Amts wegen In den Fällen unheilbarer Nichtigkeit kann das Urteil auch von Amts wegen aufgehoben werden. § 117 Restitutionsbeschwerde 1. Aufgrund der Restitutionsbeschwerde ist ein Urteil aufzuheben, wenn es an offensichtlicher Ungerechtigkeit leidet, und zwar in folgenden Fällen: a. wenn es auf falsche Urkunden gestützt ist,194 b. wenn nachträglich aufgefundene Urkunden eine gegenteilige Entscheidung notwendig machen, c. wenn es durch arglistige Täuschung einer Partei erschlichen ist, d. wenn es bei der Urteilsfällung eine gesetzliche Bestimmung offensichtlich übersehen worden ist,195 2. Die Restitutionsbeschwerde ist nicht begründet, wenn a. die beantragende Partei bezüglich des Restitutionsgrundes ein eigens Verschulden trifft, b. der beantragenden Partei aus dem angefochtenen Urteil kein schwerwiegender Schaden entstanden ist. § 118 Frist und Form der Erhebung der Restitutionsbeschwerde 1. Die Restitutionsbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, daß das Urteil gefällt hat.196 2. Die Beschwerdefrist muß das angefochtene Urteil und den Restitutionsgrund bezeichnen. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden.

Meier, Verwaltungsgerichte, 484, formuliert weitergehend: „wenn es auf falsche Beweise gestützt ist, die später als falsch erkannt worden sind, daß ohne diese Beweise der Tenor des Urteils nicht aufrechterhalten werden kann.“ 195 Meier, Verwaltungsgerichte, 484, fügt eine weitere Nummer 5 an: „wenn das Urteil einer früheren Entscheidung entgegensteht, die in Rechtskraft übergegangen ist.“ 196 Bei Meier, Verwaltungsgerichte, 484–485, wird Abs. 1 folgendermaßen umformuliert: „Die Restitutionsbeschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift bei dem Gericht zu erheben, daß das Urteil gefällt hat, 1. wegen der Gründe, von denen in § 117 (1), Nrn. 194

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§ 119 Zulässigkeitsprüfung Das Gericht prüft, ob ein ausreichender Wiederaufnahmegrund geltend gemacht und die Beschwerde fristgerecht erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. § 120 Entscheidung über die Wiederaufnahme, Rechtsfolgen 1. Ist die Beschwerde zulässig, entscheidet das Gericht über sie aufgrund mündlicher Verhandlung. 2. Hält das Gericht die Beschwerde für begründet, hebt es die angefochtene Entscheidung auf. Es spricht zugleich aus, daß das Verfahren in den Stand zurückversetzt wird, in dem es sich vor Eintritt des die Wiederaufnahme begründenden Umstandes befand. 3. Hält das Gericht die Beschwerde für unbegründet, verwirft es sie durch Urteil, gegen das kein Rechtsmittel gegeben ist.

10. Abschnitt: Kosten § 121 Kosten 1. Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. 2. Von der Schiedsstelle werden keine Kosten erhoben. Beendet der Schiedsspruch das Verfahren, erstattet die Schiedsstelle die notwendigen Aufwendungen der Parteien. § 122 Kostenentscheid 1. Das Gericht entscheidet im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten. 1–3 gehandelt wurde, innerhalb einer Frist von drei Monaten vom Tag der Kenntnis dieser Gründe an gerechnet, 2. wegen des Grundes, von dem in § 117 (1), Nr. 4 gehandelt wurde, innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Urteils, 3. wegen des Grundes, von dem in § 117 (1), Nr. 5 gehandelt wurde, innerhalb von drei Monaten ab Nachricht von der früheren Entscheidung.“ Meier fügt zudem als Absatz 2 ein: „Die Fristen nach Absatz 1 laufen nicht, solange der Geschädigte minderjährig ist.“ 189

2. Die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt ist außer im Falle des § 124 Abs. 5 unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. 3. Im Falle des § 124 Abs. 5 kann die Kostenentscheidung nach § 109 selbständig angefochten werden. § 123 Kostenlast 1. Der unterlegene Teil trägt die Kosten des Verfahrens. 2. Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels trägt derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat. 3. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat. 4. Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Gerichtskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind. § 124 Kostenverteilung 1. Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. 2. Wer einen Antrag, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die dadurch entstandenen Kosten zu tragen. 3. In den Fällen des § 54 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Stellung des Schiedsantrages rechnen durfte. 4. Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last. 5. Hat der Beklagte durch sein Verhalten keinen Anlaß zur Erhebung der Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Kosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. § 125 Kostenfestsetzung Die Geschäftsstelle des Gerichts setzt den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Hiergegen können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Kostenfestsetzung die Entscheidung des Gerichts beantragen. Der Antrag ist

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schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar. § 126 Armenrecht197 1. Ist einem Beteiligten das Armenrecht bewilligt, trägt die Gerichtskasse die nach §§ 123 und 124 ihm auferlegten Kosten. 2. Das Armenrecht kann bewilligt werden, wenn der Antragsteller Umstände glaubhaft macht, die die Kostentragung durch die Gerichtskasse rechtfertigen. Das Gericht kann die geltend gemachten Umstände prüfen. 3. Die Bewilligung ist zu versagen, wenn die Rechtsverfolgung in der Sache, für die das Armenrecht beantragt ist, offensichtlich mutwillig ist.

11. Abschnitt: Vollstreckung § 127 Vollstreckung 1. Ist eine Partei durch Schiedsspruch, Vergleich oder Urteil rechtskräftig zu einer Leistung verpflichtet worden, hat sie der Kammer, die die Streitigkeit verhandelt und entschieden hat, innerhalb eines Monats nach Eintritt der Rechtskraft schriftlich zu berichten, ob und in welchem Umfange die auferlegten Verpflichtungen erfüllt sind. 2. Berichtet die Partei nicht innerhalb eines Monats, fordert die erkennende Kammer sie auf, die Verpflichtungen unverzüglich zu erfüllen. Bleibt die Aufforderung erfolglos, bittet die Kammer den kirchlichen Vorgesetzten der verpflichteten Partei um Vollstreckungshilfe. § 128 Inkrafttreten Diese Ordnung tritt am

197

in Kraft.

Meier, Verwaltungsgerichte, 487, ersetzt den Begriff „Armenrecht“ durch „Unengeltlicher Rechtsschutz“ bzw. „Prozeßkostenhilfe“. 191

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Dokumente des Heiligen Stuhls: Kongregation für das Katholische Bildungswesen – Normen zur Erteilung des Nihil obstat bei der Berufung von Professoren der Katholischen Theologie an den staatlichen Universitäten im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz, 25.  März 2010, in: DBK, Arbeitshilfen 100, 388–399. – Instruktion zum Studium des Kirchenrechts im Lichte der Reform des Eheprozesses, in: AAS 110 (2018) 659–682; Communicationes 50 (2018) 146–171. Kongregation für die Glaubenslehre – Brief Ad exsequendam ecclesiasticam legem, 18. Mai 2001, in: AAS 93 (2001) 785–788. – Normae substantiales et processuales, in: IE 16 (2004) 313–320. – Normen über die der Kongregation für die Glaubenskongregation reservierten Straftaten, 21. Mai 2010, in: AAS 102 (2010) 419–434; dt. Fassung: AfkKR 179 (2010) 169–179. Kongregation für die Institute des geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens, Instruktion Cor Orans zur Anwendung der Apostolischen Konstitution Vultum Dei quaerere über das weibliche kontemplative Leben, 1. April 2018, in: Bolletino della Sala Stampa n. 0350, 15 maggio 2018; AAS 110 (2018) 814–864; dt. Fassung: VApSt, 214. Oberster Gerichtshof der Apostolischen Signatur, Prot. N. 38171/​06 VT (unveröffentlicht). 193

Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo – Schema Codicis iuris canonici iuxta animadversiones S.  R.  E. Cardinalium, Episcoporum Conferentiarum, Dicasteriorum Curiae Romanae, universitatum facultatumque ecclesiasticarum necnon superiorum institutorum vitae consecratae recognitum, 29. Juni 1980, Romae 1980. – Codex iuris canonici. Schema novissimum iuxta placita Patrum Commissionis emendatum atque Summo Pontifici praesentatum, Romae 1982. – Schema novissimum iuxta placita Patrum Commissionis emendatum atque Summo Pontifici praesentatum, Romae 1982. Staatssekretariat, Regolamento generale della Curia Romana, 15. April 1999, in: AAS 91 (1999) 629–699.

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