CCT 11 Summe der kirchlichen Offizien, Johannes Beleth, Weinrich: Summe Der Kirchlichen Offizien 9782503543345, 2503543340

Das vorliegende Lehrbuch der Liturgie entstammt den Schulen von Poitiers und Paris in der Mitte des 12. Jahrhunderts. De

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CCT 11 Summe der kirchlichen Offizien, Johannes Beleth, Weinrich: Summe Der Kirchlichen Offizien
 9782503543345, 2503543340

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JOhannes Beleth Summe der Kirchlichen offizien

CORPVS CHRISTIANORVM IN TRANSLATION

11

CORPVS CHRISTIANORVM Continuatio Mediaeualis XLI A

Iohannis Beleth SVmma de ecclesiasticis officiis Edita AB Heriberto DOUTEIL C.S.SP.

TURNHOUT

FHG

JOhannes Beleth Summe der Kirchlichen offizien

Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen von Lorenz WEINRICH

H

F

© 2012, Brepols Publishers n.v., Turnhout, Belgium All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording, or otherwise, without the prior permission of the publisher.

D/2012/0095/54 ISBN 978-2-503-54334-5 Printed on acid-free paper.

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

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Einleitung Leben und Werk Johannes Beleths Summa Beleths Arbeitsweise Benutzung des Werkes Einrichtung des Bandes Indizes

13 13 15 17 21 27 28

Bibliographie Abkürzungen Autoren Ausgewählte Literatur

29 29 30 37

SUMME DER KIRCHLICHEN OFFIZIEN

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Vorwort

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I. Die Kirche als Institution i. Die Orte 1. Beginn der Abhandlung 2. Die Orte der Verehrung und ihre Verschiedenheit ii. Die Zeiten 3. Die Zeiten 4. Die Festtage 5. Die allgemeinen und die partikularen Feste 6. Die Statio 7. Die Prozessionen 8. Das Fasten

42 42 42 42 44 44 45 47 47 49 50

5

Inhaltsverzeichnis

9. Die Bedeutung des Fastens 10. Die Einteilung des Fastens 11. Die Einsetzung der Quadragesima und die übrigen Formen des Fastens iii. Die Personen 12. Die Personen 13. Die Arten von Kirchenleuten 14. Der Ursprung der Würden in der Kirche iv. Die Dinge 15. Zehnten und Erstlingsgaben 16. Gelübde 17. Abgaben II. Die Gottesdienste der betenden Kirche i. Das Stundengebet 18. Die Ämter in der Kirche 19. Das Amt im Allgemeinen 20. Die Nachtgottesdienste 21. Warum man dreimal in der Nacht aufstand 22. Die Einteilung der Zeiten 23. Die Einrichtung des hl. Benedikt 24. Das Nachtoffizium 25. Der Hymnus und was bis zur 3. Nokturn geschieht  26. Die 3. Nokturn 27. Das Tagesoffizium 28. Warum wir Gott siebenmal am Tage loben 29. Die Tageshoren 30. Die Lobgesänge der Matutin 31. Der Hymnus und das danach Folgende ii. Die Messe 32. Das Opfer am Altar 33. Das Sündenbekenntnis des Zelebranten vor der Messe 34. Das Offizium der Messe 35. Der Introitus der Messe 36. Das Kyrie eleison 37. Die Oration oder Collecta 38. Die Epistel 39. Das Evangelium

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51 53 53 58 58 60 62 62 62 64 65 66 66 66 67 68 70 70 72 73 75 77 79 79 81 82 83 85 85 85 86 87 88 89 90 92

Inhaltsverzeichnis

40. Das Glaubensbekenntnis 41. Das Offertorium 42. Das Opfer 43. Der zweite Teil der Messe 44. Das Stillgebet 45. Die Präfation 46. Der Kanon 47. Das Gebet des Herrn 48. Der dritte Teil der Messe 49. Der Schlussteil der Messe 50. An drei Stunden ist die Messe zu zelebrieren 51. Welche Messen an welchen Tagen gesungen werden 52. Die Vesper 53. Die Komplet 54. Der Abschluss der Orationen III. Die Heilsgeschichte im Spiegel des Kirchenjahres  i. Die Zeiten der Heilsgeschichte 55. Die Unterschiede der Liturgie während des Kirchenjahres 56. Die übrigen Zeiten 57. Die Ordnung der Liturgie ii. Die Adventszeit 58. Der Advent 59. Das Graduale 60. Die fünf Lesebücher 61. Der Leseplan für die Septuagesima 62. Der Leseplan von der Pfingstoktav bis Weihnachten 63. Die Bücher für den Gesang 64. Die Auslassungen im Advent 65. Der Advent 66. Vorkommnisse im Advent 67. Das Jahresgedächtnis der Verstorbenen iii. Die Weihnachtszeit 68. Die Vigil von Weihnachten 69. Der Weihnachtstag 70. Die folgenden Feste nach Weihnachten

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Inhaltsverzeichnis

71. Die Beschneidung Christi 72. Das Fest der Subdiakone 73. Erscheinung des Herrn 74. Die drei Evangelien von Epiphanie 75. Die folgenden Feste 76. Der Sonntag nach der Oktav von Epiphanie iv. Die Fastenzeit 77. Die Septuagesima 78. Die Einsetzung der Quadragesima 79. Die Liturgie dieser Zeit 80. Die Änderung der Psalmen 81. Das Fest der hl. Maria 82. Das Fest des hl. Blasius 83. Petri Stuhlfeier 84. Große Feiertage in der Septuagesima 85. Die besondere Liturgie der Quadragesima 86. Das Läuten in der Quadragesima 87. Kein Fasten während Christi Fastenzeit 88. Privilegierte Tage 89. Der erste Mittwoch 90. Der zweite, dritte und vierte Mittwoch 91. Die weiteren Mittwochs-Privilegien 92. Die Privilegierten Samstage 93. Die Sonntage v. Die Karwoche 94. Palmsonntag 95. Der Donnerstag, der nach dem Abendmahl des Herrn heißt 96. Karfreitag 97. An Karfreitag kein Leib Christi 98. Die Bedeutung der Liturgie an Karfreitag 99. Die Aufbewahrung des Leibes Christi an Gründonnerstag, nicht des Blutes 100. Die Finster-Metten 101. Die Anzahl der Kerzen und ihre Bedeutung 102. Das Offizium der Finster-Metten 103. Die Reinigung des Estrichs 104. Die Entblößung des Altars 105. Karsamstag 106. Die Liturgie des Karsamstags

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146 147 147 150 150 151 152 152 155 157 157 159 160 161 161 163 165 166 167 167 168 170 170 172 173 173 174 177 181 182 186 189 190 192 195 196 198 198

Inhaltsverzeichnis

107. Die Bedeutung des Vorgenannten 108. Die Osterkerze 109. Die Segnung der Osterkerze 110. Warum hier die Titel entfallen. Ferner die Taufe 111. Das übrige Offizium in der Osternacht 112. Die Zeit der Rückkehr vi. Die Osterzeit 113. Die Liturgie dieser Zeit 114. Was in dieser Zeit zu beachten ist 115. Der Tempelschmuck 116. Die Versöhnung mit dem Nächsten 117. Die Verehrung dieser Zeit 118. Der Tisch des Leibes 119. Der kleine Imbiss 120. Die sog. Dezember-Freiheit 121. Aufstellung, was in dieser und anderer Zeit zu beachten ist 122. Die Litaneien 123. Einrichtung und Verlauf der Litaneien 124. Fest der hll. Philippus und Jakobus und aller Apostel 125. Kreuzauffindung 126. Der hl. Johannes vor der Lateinischen Pforte 127. Das Fest der hl. Maria bei den Märtyrern 128. Warum kein Fest der Heiligen, die mit Christus auferstanden sind 129. Das Fest des hl. Michael 130. Besonderheiten dieser [Oster]Zeit vii. Pfingsten 131. Pfingsten 132. Die Liturgie des Samstags vor Pfingsten 133. Das Quatemberfasten 134. Die Liturgie dieser Tage und die Weihe viii. Weiterer Fest- und Heiligenkalender 135. Die Zeit der Pilgerschaft 136. Das Fest des hl. Johannes des Täufers 137. Die Freudenfeste 138. Das Fest der Apostel Petrus und Paulus 139. Die Trennung der Apostel 140. Das Fest des hl. Jakobus des Älteren

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Inhaltsverzeichnis

141. Das Fest Petri Kettenfeier 142. Das Fest der Makkabäer 143. Das Fest des hl. Stephanus 144. Das Fest des hl. Sixtus und Verklärung Christi 145. Das Fest des hl. Laurentius 146. Mariae Himmelfahrt 147. Das Fest der Enthauptung des hl. Johannes des Täufers und das Fest des hl. Apostels Bartholomäus 148. Das Fest des hl. Augustinus 149. Mariae Geburt 150. Die hll. Sapientia, Felix und Audaktus 151. Kreuzerhöhung 152. Das Fest des hl. Mauritius und seiner Gefährten 153. Der hl. Matthäus 154. Das Fest des hl. Michael und der Engel 155. Das Fest des hl. Remigius 156. Das Fest des hl. Lukas 157. Die Feste von Simon und Judas, von Märtyrer Probatus, Felix in Pincio, hl. Hieronymus, Siebenschläfer 158. Das Fest Allerheiligen 159. Das Offizium für die Verstorbenen 160. Die Einführung des Totenoffiziums 161. Die Zelebration des Offiziums 162. Das Fest der Vier Gekrönten 163. Das Fest des hl. Martin 164. Das Fest der Apostel Andreas und Thomas 165. Die Kniebeuge

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Indices

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Index der Heiligen Schrift

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Index der Quellen

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Index zur Liturgie Sachregister Personenregister

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Vorbemerkung

Wieder erscheint in der Reihe Corpus Christianorum in Translation ein Band, der der mittelalterlichen Liturgie gewidmet ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Übersetzer durch den Band CCT 9 Sicard, Mitralis. Der Gottesdienst der Kirche mit dem Stoff und dem Autor Johannes Beleth vertraut geworden war. Der seinerzeitige Editor Herbert Douteil CSSp konnte diese Arbeit nicht mehr übernehmen. Er hatte sich anderthalb Jahrzehnte lang wissenschaftlich ausgebildet und davon fünf Jahre für das Aufspüren und Einordnen der Handschriften sowie die Erstellung der kritischen Edition der Summa des Beleth und anderer mittelalterlicher Autoren verbracht, danach aber keine wissenschaftliche Karriere angestrebt. Stattdessen hatte er sich der Mission im westlichsten Bundesstaat Brasiliens, Acre, zugewandt und ist dort mittlerweile Generalvikar der Diözese Cruzeiro do Sul. Anlässlich seines Goldenen Priesterjubiläums weilte er im Jahr 2011 in Deutschland und nahm dabei lebhaften Anteil an der Arbeit der Übersetzung. Auch danach konnte dank der elektronischen Kommunikation die Zusammenarbeit fortgesetzt werden. Die Verifizierung der Stellen aus der Heiligen Schrift und den Quellen hatte H. Douteil ja im wesentlichen schon in seiner editio maior vorgenommen. Für alles sei ihm hier besonders gedankt. Eine wertvolle Hilfe hat mir auch Tudor Soroceanu mit der aufmerksamen Durchsicht des entstehenden Manuskripts geleistet. In der Spätphase des Manuskripts hat Dr. Hans Peter Simonett mit seinem umfassenden Wissen manche glückliche Verbes-

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Vorbemerkung

serung eingebracht. Die Erstellung der Register hat meine Frau Helga übernommen und mit viel Umsicht durchgeführt. Gelegentliche Hilfe bei bibliographischen Fragen leistete Dr. Bernd Michael. Großes Verständnis und Unterstützung habe ich auch durch die Redaktion von CCT in Turnhout, vor allem durch Frau Loes Diercken erfahren. Allen gilt dafür mein herzlicher Dank.

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Einleitung

Leben und Werk Wohl kaum ein Werk zur Liturgie hat im Hochmittelalter eine solche Bedeutung und Verbreitung erlangt wie die Summa de ecclesiasticis officiis des Johannes Beleth. Johannes Beleth tritt als Person ganz hinter seinem Werk zurück und spricht von sich immer nur in der dritten Person.a In seiner Summa bringt er von sich keine Nachrichten, daher ist die Forschung auf verstreute gelegentliche Bemerkungen über ihn und auf Indizien angewiesen.b Seine Herkunft lässt sich nicht bestimmen, da es den Namen Beleth mehrfach in Frankreich gab, hauptsächlich in Nordfrankreich.c H. Douteil hält eine Burg Beletd im Perigord für erwägenswert, weil Johannes mehrfach Riten in Aquitanien erwähnt. Sein Geburtsjahr lässt sich immerhin erschließen, weil ‚Johannes Beleth’ in einer Schenkungsurkunde von 1135 aus der Benediktinerabtei Tiron, Diözese Chartres, als Zeuge aufgeführt wird. Offensichtlich war er dort bereits ein geachtetes jüngeres Mitglied der Kommunität, kein Klosterschüler. Danach könnte Johannes im 2. Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts geboren worden sein und Vgl. Prol., 121f, 135s, 138h, 159g. Zu seiner Biographie siehe unten S. 37 die Ausgewählte Literatur: A. Clerval 1895, J.-F. Maurel 1953, S. van Dijk 1958, F. Cabrol 1974, G. Oury 1974, H. Douteil in seiner Einleitung in CCCM 41 S. 29*-31*, P. Masini 1993. c  S. van Dijk, S. 239, hält ihn für einen geborenen Pariser. d  Château de Belet, Saint-Aquilin, westl. Périgueux. a 

b 

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Einleitung

hätte seine grundlegende Bildung hier in diesem aufblühenden Kloster erfahren. Dass er danach Schüler des Gilbert de la Porrée geworden ist, ergibt sich aus einer Miniatur in einem Codex,a auf dem drei Schüler des Magisters Gilbert mit einem Buch in der Hand abgebildet sind und in der Umschrift gelobt werden: „Diese drei und jener vierte, aufmerksam in ganz intensivem Studium, mit der erkenntnisreichen Schärfe ihres Geistes und allein von der Suche nach Wahrheit getrieben, blühten als würdige Schüler unter dem Bischof von Poitiers. Ihre Seelen mögen ruhen in Frieden.“ b

Weiter heißt es dort: „Magister Gilbert, Bischof von Poitiers, hat vier aufmerksamen, wachsamen und nachfragenden Schülern die tieferen Geheimnisse der theologischen Philosophie eröffnet. Deren Namen sind hier in der Unterschrift verzeichnet, denn sie sind es wert, dass man ihrer gedenkt.“c

Gilbert war 1141 an der Universität Paris tätig, auch Johannes war damals wohl ebendort. Das lässt sich (im Kap. 134 der Summa) aus der Nennung des Pariser Erzbischofs Maurice de Sully schließen, der 1160 Oberhirte in Paris geworden war. Die meisten Handschriften nennen Johannes Beleth im Titel der Summa ‚Magister’, also Doktor oder Professor. Für die folgende Lebenszeit gibt es keine Nachrichten. Erst für das Jahr 1182 liefert der Historiker Alberich von Trois-Fontaines Gilberts Kommentar zu Boethius, De trinitate, Hs. 187 (189) der Bibliothèque municipale von Valenciennes, fol. 3. – Abbildung bei Douteil in seiner Einleitung in CC CM 41 S. 7*. b  Hii tres et ille quartus, intensiore studio attenti, mentis acie perspicacissima et sola ueritatis specie tracti, sub Pictauiensi episcopo digni uiguerunt discipuli, quorum anime requiescant in pace. Hier zitiert nach CCCM 40 S. *30 und S. Gammersbach, Gilbert von Poitiers und seine Prozesse im Urteil der Zeitgenossen, Köln, 1959, S. 129. c  Magister Gillebertus, Pictauiensis episcopus, altiora theologice philosophie secreta diligentibus, attentis et pulsantibus reserans discipulis quatuor, quorum nomina subscripta sunt, quia digni sunt memoria. (ebd.) a 

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Einleitung

in seiner nach 1227 verfassten Weltchronik eine Nachricht.a Hier erfahren wir, dass Beleth in der nordfranzösischen Diözese Amiens gelebt hatte und als der Autor der Summa de divinis officiis bekannt war. Das Wort ,floruit – er blühte, hat gelebt’ ist der typische Terminus in Nachrufen. Es hat zwar für einige andere Schriften Zuschreibungen an Johannes Beleth gegeben,b doch sind diese aus chronologischen und inhaltlichen Gründen von der Forschung bezweifelt oder abgelehnt worden. Nur die Summa bleibt als einzige unbestritten sein Werk.

Johannes Beleths Summa Den Titel des Buches Summa ecclesiasticorum officiorum kann man zunächst als ein Zeugnis für die universitäre Praxis des Johannes deuten, denn der Begriff ‚summa’ war in der scholastischen Periode typisch für die aus der Lehre entwickelte Darstellung in einem Lehrbuch. Es sollte der zugrunde liegende Stoff umfassend, doch für die Scholaren verständlich vorgestellt werden. Entsprechend betont Johannes im Vorwort, er wolle „kurz und knapp etwas für die minder Gebildeten sagen.“ Auch mit den weiteren Begriffen des Titels schließt sich Beleth an die Tradition ähnlicher Werke über die Liturgie an, die schon im 7. Jahrhundert bei Isidor (De origine officiorum ecclesiasticorum) und im 8. bei Beda (De officiis) ansetzt, um dann im 12. Jahrhundert etwa von Rupert von Deutz (De divinis officiis) und schließlich von Robertus Paululus (De ceremoniis ecclesiasticis) fortgesetzt zu werden. Später übernehmen Sicard von Cremona a  Albericus monachus Trium Fontium, Chronica. MGH SS 23, p. 857. Anno 1182. …Floruit magister Johannes Belet in ecclesia Ambianensi, qui scripsit Librum de divinis officiis per annum. b  G. Maggioni führt in seiner Ausgabe der Legenda aurea, S. XLIX, ein „Sanctuarium, Padova, Biblioteca universitaria ms. 1622“ als Schrift Beleths auf. Eine solche Abhandlung ist aber in diesem Passionale aus dem 15. Jahrhundert nicht vorhanden, siehe A. Mazzoni, Manoscritti agiografici latini conservati a Padova. Biblioteche Antoniana, Civica e Universitaria, Firenze 2003, Nr. 68 S. 97-107.

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Einleitung

mit seinem Mitralis de officiis ecclesiasticis und Durandus mit seinem Rationale de officiis ecclesiasticis diesen Titel. Johannes differenziert beim Wort ’Kirche (ecclesia)’: „So wie die materielle Kirche aus Steinen erbaut wird, die aus verschiedenen Gegenden gesammelt wurden, so wird die geistliche Kirche aus den verschiedenen Menschen zusammengerufen.“ (Kap. 103 b). Für die geistliche Kirche passt – da ist er sich mit dem hier herangezogenen Honorius Augustodunensis einig – der Begriff ‚Kirche’ viel besser, „denn es werden ja die Menschen zusammengerufen, nicht die Steine.“ (ebd.) Es schwingt bei Beleth also der biblische Begriff ‚Gemeinde’ durchaus mit, auch im Adjektiv ‚ecclesiasticus’. Gleichwohl verwendet er keinen entsprechenden Terminus um zu differenzieren. Bei der Kirche als Institution gliedert er in die Teilkirchen der Diözesen und Primatialverbände und nennt sie zusammenfassend schlicht ‚Kirche’. Bei der Deutung des Begriffs ‚officium’ schließt sich Beleth der Interpretation Isidors (Etymologiae XVI, 19, 1) an, wonach an das Verb „efficio, efficis“ also „wirksam tätig sein“ zu denken sei (Kap. 18 b). Heutige Etymologen leiten das Wort dagegen von ‚*opi-ficium’ „Verpflichtung“ ab. Bei Beleth ist die Herkunft des Wortes nicht das Entscheidende, für ihn ist die Bedeutung des Begriffs sehr breit gefächert: Amt, Aufgabe, speziell Stundengebet und Messe, Hochamt. Gleich eingangs im Vorwort nennt Johannes die systematischen Ziele seines Werkes und weist hin auf die verschiedenen Ausdrucksformen in der Liturgie. Er hat seine Summa verhältnismäßig klar gegliedert, in der Kapiteleinteilung jedoch den Aufbau eher verschleiert als aufgezeigt. In schlichter Darlegung der Einrichtungen der Kirche, also der diversen Rituale, fasst er zunächst Orte, Zeiten und Personen für die Liturgie ins Auge (Kap. 1-18). Im mittleren Teil der Summa (Kap. 19-54) stellt er die Kirche als betende Gemeinde Christi im Stundengebet und in der Messe dar. Dabei hat er die Gottesdienste, wie sie im Verlauf einer Nacht und am folgenden Tag gefeiert werden, im Blick und setzt daher die beiden Abendgottesdienste Vesper und Komplet an den Schluss. Weil Beleth auch für Laien schreibt, übergeht er die Einzelbehandlung des Kanon. Eine ausführlichere Behandlung erfährt dann das Kirchenjahr, das er mit konsequenter Analogie

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Einleitung

in die Heilsgeschichte einordnet. Dabei bezieht er den Heiligenkalender in die Abfolge der Festkreise ein: Advent (Kap. 58-64), Weihnachtszeit (Kap. 68-76), Fastenzeit (Kap. 77-93), Karwoche (Kap. 94-111), Osterzeit (Kap. 112-130), Pfingstoktav (Kap. 131134). Das restliche Kirchenjahr wird nicht mit den Sonntagen nach Pfingsten dargestellt, wie es Honorius Augustodunensis – sonst Vorbild und Gewährsmann Beleths – in seiner Gemma animae getan hatte, sondern beschränkt sich auf den Fest- und Heiligenkalender, der ja in dieser Zeit die nicht eigens privilegierten Sonntage praktisch verdrängt hatte. Es gehört zu den Prinzipien Beleths, nicht nur auf die Rubriken, also die Einzelheiten im Ablauf der Riten einzugehen, sondern auch ihre geschichtliche Entwicklung, oft aus der jüdischen Vorzeit, darzustellen und die hinter den Formen steckende Bedeutung dem Leser nahezubringen. Die Ausdrucksweise in Analogie bietet ihm dazu die biblisch geprägte Sicht. Wie Johannes Beleth schon im Eingangssatz ausspricht, ist es ihm ein großes Anliegen, dass die Predigt dem Laien den Zugang zum Glauben verschafft. Gerade die Heiligenlegenden, die er ausführlicher in sein Werk aufnimmt, sind als Exempla für die Laien geeignet, christliche Tugenden anschaulich werden zu lassen. Dieser Ansatz wurde dann ein Jahrhundert später in der Legenda aurea erfolgreich aufgegriffen. Beleth möchte zeigen, dass das ganze christliche Leben von der Liturgie geprägt sein muss und auch schon viel ursprünglich heidnisches Brauchtum seinen Bezug zur Liturgie hat. So geht er auch auf die verschiedenen, zu seiner Zeit noch üblichen Freudenfeste (tripudia) ein.a

Beleths Arbeitsweise Johannes macht die Autoren, aus denen er geschöpft hat, vielfach namhaft, nicht nur die Autoritäten der älteren Kirchengeschichte, sondern auch die seines Jahrhunderts. In Beleth-Handa 

Ausführlich Kap. 72 b, 120 a und 137 sowie S. 26 Anm. b.

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Einleitung

schriften sind von Schreibern gleich am Anfang die wichtigsten Quellen zusammengefasst worden: Isidor († 636), Hraban († 856), Amalar († um 850), Alkuin († 804), Honorius Augustodunensis († 1150/60) – dieser allerdings in der deutschen Namensform ‚Klausner Heinrich’ –, Rupert von Deutz († 1129), Hugo von St. Victor († 1141). Hinzufügen müsste man dieser Liste noch Augustinus († 430), Hieronymus († 420) und Gregor († 604). Mit großem Gewinn hat Beleth auch das noch junge kanonistische Werk Gratians (verfasst zw. 1125 u. 1140) benutzt, das er nicht nennt, das ihm aber die rechtliche Basis für viele Anweisungen gab. Allerdings zitiert Beleth seine Quellen nicht eigentlich wörtlich, sondern eher nach dem Sinn. Das möge an einigen Beispielen von angeblich wörtlichen Zitaten deutlich werden. a b Gregorius Magnus, Registrum epistularum XIII, 2

Iohannes Beleth, Summa cap. 120 i, p. 226:

Übersetzung S. 223

Nullus vestrum ad terrena opera in agros exeat.a

Gregorius: Melius est fodere et arare in die dominico quam coreas ducere.

Gregor: Es ist besser am Sonntag zu graben und zu pflügen als Tänze zu veranstalten.

Hieronymus, Aduersus Iovinianum II, 13

Johannes Beleth, Summa cap. 80 c, p. 147

Kap. 80 S. 158

Quid loquar de volatilibus, cum ovum quoque pro carnibus vitaverint et lac? Quorum alterum carnes liquidas, alterum sanguinem esse dicebant.b

At enim Ieronimus contra Iouinianum: Ouum et caseus nichil aliud est quam caro liquida.

Hieronymus sagt ja gegen Jovinian: Eier und Käse sind nichts anderes als flüssiges Fleisch.

Übersetzt: Keiner von euch soll für irdische Arbeiten auf die Felder hinausgehen. Übersetzt: Was soll ich über die Vögel sagen, da man Eier wie Fleisch meiden sollte und auch Milch? Da sagte man, das eine sei flüssiges Fleisch, das andere Blut. a 

b 

18

Einleitung

Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis IX, 5

Johannes Beleth, Summa cap. 123 c p. 235

Kap 123 c S. 232

Sciendum autem has rogationes triduanas litania maiore quam beatus Gregorius instituit, esse antiquiores.a

Et nota, quod Robertus Tuiciensis dicit ultimam litaniam incepisse multis annis ante primam.

Und beachte: Rupert von Deutz sagt, die letztere Litanei habe viele Jahre vor der ersteren begonnen.

a

Die Ansichten oder Einsichten seines Lehrers Gilbert de la Porrée gibt Beleth sachlich wieder, mit seinem Pariser Bischof Maurice de Sully setzt er sich kritisch auseinander. Bei zeitgenössischen akademischen Streitthemen, etwa der Transsubstantiation (Kap. 99 e), zeigt er sich informiert. Johannes Beleth hat lange an seiner Schrift gefeilt. Aus der Zeit vor 1160 sind, aus den Handschriften bei der Fülle der Zeugnisse leidlich rekonstruierbar, die ‚Grundrezensionen’ I, II und III erhalten,b die allerdings wiederum in divergierende Familien zu untergliedern sind.c Sie zeugen von der selbstkritischen Einstellung Beleths, der immer wieder einzelne Absätze umformulierte oder ausschied. Die Grundrezension III darf als ‚Ausgabe letzter Hand’ des Autors gelten.d Hier hat er allerdings Doppel-Lesarten in seinem Manuskript belassen. Das Werk macht somit einen gewissermaßen unfertigen Eindruck: Mitunter widersprechen sich Äußerungen in verschiedenen Kapiteln, manches wird doppelt oder dreifach gesagt. Bei anderen Stellen übermitteln die Handschriften die Fassungen der I. und II. Rezension in gleicher Weise wie die der III. Rezension. Der Editor hat dann beide Fassungen parallel in seine Edition aufgenommen. Das wird hier beibehalten, weil es die Arbeitsweise Beleths deutlich macht. Übersetzung Deutz S.  1181: Man muss aber wissen, dass diese dreitägigen Bittgänge älter sind als die großen Bittprozessionen, die der selige Papst Gregor eingeführt hat. b  Vgl. Douteil S. 55*-74*. c  Douteil S. 55*-74*. d  Vgl. Douteil S. 57*, 63*. a 

19

Einleitung

Für das Kirchenjahr, das Johannes Beleth im dritten Teil seiner Summa nach der Behandlung von Offizium und Messe ab Kapitel 55 darstellt, legt er vier Abschnitte zugrunde. Diese sah er in Analogie zu den vier Jahres- und vier Tageszeiten heilsgeschichtlich in den vier Zeitaltern der Menschheit seit Adam. Für den Winter oder die Nacht steht die Zeit der ,Abkehr’, für den Frühling und den Morgen die Zeit des ,Rückrufs’, für den Sommer und den Mittag die Zeit der ,Rückkehr’, für den Herbst und den Abend die Zeit der ,Pilgerschaft’. Allerdings scheute er sich, den Advent, also die Vorbereitungszeit auf die Ankunft Christi, seinem Schema folgend als Nacht des Irrtums und der Sünde zu beschreiben. Doch „entsprechend der Mannigfaltigkeit der Zeiten der Liturgie“ war es für ihn möglich, die Ordnung zu verlassen – „wie es ja auch die Evangelisten manchmal tun“ (Kap. 55 s) – und mit dem Advent als dem Rückruf der Menschheit zu beginnen, denn in dieser Zeit hätten die Propheten, so sagt Johannes, schon erfolgreich Heilmittel im Hinblick auf die Rückkehr angewandt. Deshalb will er erst nach Epiphanie dann mit dem Irrweg der Menschen fortfahren.a Beleth richtet sich mit seinem Buch direkt an seine Mitbrüder in der Pastoral und schärft ihnen ihre Aufgaben etwa bei der Sakramentenspendung ein. Er will über die Kleriker hinaus die Laien erreichen und ihre Gewissen schärfen, sie auch auf ihre sozialen Verpflichtungen hinweisen. Das führt dann allerdings dazu, dass etwa bei der Taufe (Kap. 110) die Geschichte der Taufspendung und der rituelle Ablauf detailliert geschildert werden und auch breit das Thema der Paten erörtert wird. Auf die theologische Bedeutung der Taufe geht Johannes hier nur mit wenigen Worten ein, streut aber immer wieder Bemerkungen zum sakramentalen Wesen der Taufe ein. Die etwas unüberlegte restriktive Behauptung, „die Taufe sei nichts anderes als die Befreiung von der Erbsünde“, hat er in der III. Grundrezension (Kap. 136 f Fassung A zu B) wieder getilgt. Beleth weist in Kap. 77 a darauf hin, dass in der ersten Woche der Septuagesima die Lesungen in der 1. Nokturn mit Genesis Kap. 1 beginnen und der Sündenfall Adams gelesen wird. a 

20

Einleitung

Bei Beleths Darlegungen zur Beseelung des Embryo (Kap. 136 d) und der Empfängnis Mariens (ebd. 136 f und Kap. 146 e) zeigen sich deutlich die Spuren der damaligen Kontroverstheologie – Streitthemen, die dogmatisch und sozialethisch bis in die Neuzeit und unsere Gegenwart hinein reichen. Wenn Beleth am Beginn seiner Darlegungen zur Messe allerdings seine mangelnde Intelligenz betont, so ist das wohl eher eine bescheidene, rhetorisch übersteigerte Einschätzung: „Die Sache ist schwierig und geht über die Kräfte unserer Mittelmäßigkeit hinaus.“a H. Douteil (S. 33*) urteilt zu Beleth zusammenfassend: „Der Erfolg seines Werkes mit etwa 180 heute noch erhaltenen Handschriften beweist, dass sein Anliegen gerechtfertigt und sein Weg der richtige war. Und so steht Johannes Beleth würdig in der Reihe derer, die sich vor und nach ihm um die Hebung der Kenntnisse bei Klerus und Volk verdient gemacht haben.“

Benutzung des Werkes Johannes Beleths Summa hat schon während der Zeit der Abfassung dieser Schrift großes Interesse gefunden, sodass er sein Manuskript mehrfach zum Kopieren aus der Hand gegeben hat. Daher stammen die Handschriften der vom Editor Douteil so genannten ‚Grundrezensionen’ I und II. Nach der vom Autor noch selbst verfassten Grundrezension III wurde sein Werk später von anderen mit Material aus früheren Rezensionen und mit zum Teil umfangreichen Erweiterungen kopiert (Grundrezension IV).b Da Robertus Paululus wie Beleth um 1180 in Amiens gelebt und dort seine Schrift De ceremoniis ecclesiasticis verfasst hatte, mag er mit Beleth Kontakt gehabt haben. Daher sind die Übereinstimmungen im Text als früheste Übernahmen aus Beleth in den Apparat aufgenommen.

Kap. 32 a, p. 61 Res enim est ardua et medietatis nostre vires excedens, Vgl. Douteil S.  57*: „Für die kritische Edition kommt keine Hs. der Grundrezession IV in Frage.“ a 

b 

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Weit bedeutsamer war jedoch die ausgiebige Benutzung der Summa durch Sicard von Cremona in dessen Mitralis de officiis ecclesiasticisa vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Später (1286) hat Durandus über die Zitate aus Sicard und auch unmittelbar die Summa in sein umfassendes Werk Rationale diuinorum officiorumb eingearbeitet. In der Mitte des 13. Jahrhunderts haben die Darlegungen Beleths dann einen weiten Eingang in die Legenda aureac des Jacobus a Voragine gefunden. Jacobus bringt die Heiligenlegenden, sogar 20 mal unter Namensnennung Johannes Beleths, geordnet nach dem Verlauf des Kirchenjahres, allerdings in erheblich erweiterter Fassung und für die Predigt in der Volkssprache gedacht. Schon gleich zu Beginn seines Werkes übernimmt er Beleths heilsgeschichtliche Einordnung der vier Zeiten.d Da die Legenda vielfach anonym überliefert war, wurde sie im 14. Jahrhundert in Frankreich in einer Übersetzung dem mestre Jehan Belet zugesprochen.e Die Legenda hat ein überaus breites Publikum erreicht, davon zeugen die noch heute erhaltenen ca. 1 000 Handschriften und Drucke sowie die zahlreichen Übersetzungen. Daher ist es nicht so sehr erstaunlich, dass sich in einer Heidelberger Handschrift des 13. Jahrhunderts ein Epitaph gefunden Ediert als Bd. 228 der Reihe Corpus Christianorum Continuatio mediaeualis, ed. Gábor Sarbak und Lorenz Weinrich, Turnhout 2008, sowie die Übersetzung in Corpus Christianorum in Translation Bd. 9 Sicard von Cremona, Mitralis, Der Gottesdienst der Kirche, übersetzt von Lorenz Weinrich, Turnhout 2011. b  Guillelmus Durantus, Rationale diuinorum officiorum – ed. A. Davril – T. M. Thibodeau, (CC CM, 140-140B), Turnhout, 1995-2000. – Von Beleths Summa und Durandis Rationale sind jeweils mehr als 100 Abschriften bekannt. Das Rationale ist das nach der Bibel zuerst gedruckte Buch. c  Neue kritische Edition: Iacopo da Varazzo, Legenda aurea, (siehe unten Bibliographie). Zuvor: ed. Th. Graesse, Legenda aurea, Regensburg, 1890, Neudruck 1969, d  Diese Gesamtkonzeption nach dem Kirchenjahr sowie die heilsgeschichtliche Ausrichtung der Liturgie wird zwar von R. Rhein, S. 47-50 (vgl. Bibliographie) beschrieben, doch ohne einen Verweis auf die Autorschaft Beleths. Auch bei B. Fleith (wie eben) vermisst man jeglichen Hinweis auf diese wichtige Quelle für Jacobus de Voragine. e  R. Benz, S. XXI u. XXIII, in seiner Übersetzung der Legenda aurea. 2 Bde., Jena 1917-1921, Osnabrück, 111993. a 

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hat, das allerdings einen schwierig zu übersetzenden Nachruf bietet: Epitaph des Johannes Beleth. Hier ruht jener Pater, der hochwürdige Johannes, der …†… war. Bemüht, von der Herde die Bisse der Wölfe fernzuhalten, fand er Kraft, gegen die Heiden zu sprechen. Die strahlende Sonne ging vom Aufgang bis zum Niedergang mit dem Ruhm der Tugenden der Sonne einher, doch mehr bei seinem Aufgang. Allein der Gerechtigkeit verbunden, geht er künftig nicht unter und hat er ebenso einen vollen Tag ohne Nacht.a

Die Chronik des Alberich von Trois-Fontaines hat zwar nicht zur Verbreitung des Werkes von Johannes Beleth beigetragen, weil sie selbst weitgehend unbekannt blieb – nur eine Handschrift existiert noch – wohl aber ist sie ein Zeugnis dafür, dass man die Berücksichtigung des ganzen Kirchenjahres für bemerkenswert hielt.b Im Druck erschien Johannes’ Schrift 1553 durch Cornelius Laurimannus in Utrecht, allerdings in einer stark veränderten Fassung. Laurimannus kritisierte den „schrecklichen, ungehobelten, nüchternen und ungepflegten“c Stil Beleths und formte den Text für gebildete Leser stilistisch weitgehend um, auch unter Weglassen von ganzen Passagen. Der für die Zwecke der Gegenreformation veränderte Text wurde verschiedentlich nachgedruckt. Diese Fassung veröffentlichte J.-P. Migne in seiner Patrologia Latina.d Den also nur zum Teil auf Beleth zurückgehenden Text haben dann die Wissenschaftler bis 1974 (und auch noch später)

Epitaphium Johannis Belecti. / Hic iacet ille pater venerabilis ille Johannes, / quo Belenas claro presule clara (?) fuit. / A grege festinans morsus arcere luporum / contra paganos querere venit opes. / Sol radians titulis virtutum solis ab ortu / venit ad occasum, sed magis ortus ei. / Soli iusticie iunctus non occidet ultra, / plenum similiter habens et sine nocte diem. – Hier zitiert nach Douteil CCCM 40 S. 31* Anm. 4. Masini S. 314 schreibt Z. 2 belenas, Z. 4 prege, bezeichnet den Text nur als ,precise’. b  Alberich schreibt ‚per annum’, und Beleths frühe Handschriftenfamilie β hat ebenfalls im Titel per circulum anni. c  Horridus, incultus, ieiunus et squalidus. d  Bd. 202, Paris 1855: Joannes Belethus, Rationale divinorum officiorum. a 

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ausgewertet und zitiert. Pointiert urteilt B. Hauréau,a er glaube, seit 1553 sei konstant C. Laurimann unter dem Namen Johannes Beleth zitiert worden. Nach dieser Publikation gab es zunächst nur gelegentliche Verweise auf die Legenden bei Beleth, etwa auf die Kreuzeslegende in Kap. 159 b.b Es hat ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die Wissenschaft Johannes Beleth ernsthaft für die Geschichte der Liturgie auswertete. Joseph Braun zog 1907 ein halbes Dutzend Belege aus dem „Rationale“, wie der Titel weiterhin nach Migne lautete, steuerte aber auch eine Konjektur bei.c Adolph Franz ging 1902 und 1908 ausgiebig auf Beleth ein;d neben dem Hinweis auf Beleths Deutung der Messe als symbolischen Kampf gegen den Teufel lobt er dessen nüchternen Sinn, bei der Deutung das Verständnis für die Zeremonien zu vermitteln. Besonders beeindruckte ihn bei Beleth die ungewöhnliche Kenntnis der geschichtlichen Entwicklung der Zeremonien. Ludwig Eisenhofer beschränkt sich 1932/33 darauf, ein Dutzend Belege aus Beleth zur Liturgie anzuführen. Josef Andreas Jungmann entnahm dem „Rationale“ 33 Belege, die er z. T. mit Sicard und Durandus als vermeintlich selbständigen Quellen zusammenstellte, ohne zu berücksichtigen, wie weit letztere textlich von Beleth abhängig sind. „Hervorhebung verdient“ Beleth, so Jungmann, wegen „seiner nüchtern sachlichen Auslegung“ der Liturgie.e In seiner großen Enzyklopädie hat der Herausgeber Fernand Cabrolf die Besprechung zum Werk Beleths selbst übernommen. Er bescheinigt ihm, uns eine besonders interessante und genaue Beschreibung der Liturgie seiner Zeit geliefert zu haben. Tiefere liturgische Studien seien nicht seine Absicht gewesen, doch a  B. Hauréau, Notices et extraits de quelques manuscripts latins de la Bibliothèque Nationale, Paris, 1890, I S. 93. So zitiert bei G. Masini, S. 304. b  Vgl. F. Kampers, 1897, der sich auf weitere Sekundärliteratur, nicht auf die Edition bei Migne beruft. c  S. 118 Anm. 4 zu Kap. 32 b, wo er die Wörter stola und cingulum vertauscht. d  1902 behandelt er die Messe, 1909 die Benediktionen. e  Das Zitat dort I S. 144 f. f  Dictionaire d’archéologie chrétienne et de liturgie, Paris, 1924 ff., hier 1923 Bd. II 649 f.

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habe er uns einen kleinen Beitrag zur Kenntnis der Liturgie des 12. Jahrhunderts gegeben. Von den wertvollen Details erwähnt Cabrol noch die ‚libertas decembris’ (Kap. 120 a), das Ballspielen der Kleriker in der Osterzeit, nach Beleth ein aus den Saturnalien erwachsener Brauch in einigen Diözesen. Guy Ourya betont Beleths scholastische Methode bei der Darstellung der praktizierten Liturgie seiner Zeit. H. Douteil hat in seiner kritischen Edition von 1974 weit über das hinaus, was bei solchen Ausgaben erwartet wird, im Apparat nicht nur die Quellen verifiziert, sondern auch durch knappe Literatur-Hinweise eine Einordnung des Textes in die Liturgiegeschichte vorgenommen. In der materialreichen Untersuchung von R. Suntrupb aus dem Jahr 1978 findet sich kein Index, der die Belege aus Beleth aufzeigen könnte. Außerdem sind viele Stellen aus Beleths Summa hier Durandus zugesprochen, etwa die szenische Darstellung des „Heiligen Grabes“,c die also weit über ein Jahrhundert früher zu datieren ist, als es Suntrup suggeriert. P. Masini will zwar nur Hypothesen zu Beleths Biographie beitragen, doch flicht er in seinem Aufsatz von 1993 die Notiz zu dessen Lebenende in Amiens ein.d G. Macy äußert 1997, Beleths Betonung der Gefahren unwürdigen Kommunionempfanges habe die damals wachsende Ansicht verstärkt, der Empfang selbst sei nutzlos (S. 29). Außerdem vermisse man bei ihm klare theologische Aussagen.e G. P. Maggioni stellte 1998 nach mehreren Aufsätzenf in seiner editio critica die ursprüngliche Struktur der Legenda aurea sichtbar wieder her, indem er gestützt auf zwei Mailänder Handschriften des 13. Jahrhunderts die Kapitelüberschriften (nach Bea  Dictionaire de Spiritualité ascétique et mystique, Doctrine et Histoire, Paris, 1932 ff. Hier 1974, Bd. VIII, col. 285 f. b  R. Suntrups Buch war schon im Jahr 1976 abgeschlossen, es benutzt noch nicht die Summa-Edition von Douteil. c  Vgl. Beleth cap. 113 m, Sicard VI, 15 c, Durandus VI, 87, 5. Sunstrup S. 254. d  Vgl. oben S. 14. e  Macy beurteilt die Liturgie-Kommentare dieser Zeit grundsätzlich kritisch, besonders wegen der Analogie der Messe mit einem Kampf. f  Vgl. Literaturangaben bei Colomb S. 97 Anm. 1.

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leth) wieder einführte. Mehr als 50 Zitate aus Beleth sind von ihm in den Fußnoten und im Register verifiziert. P. Collomb, 2001, untersucht hier nicht wie andere Forscher die Herkunft der Heiligenlegenden in der Legenda aurea, sondern die liturgische Konzeption des Werkes. So stellt er (S. 100) die Frage, wem das Verdienst zuzugestehen sei, die entscheidende Quelle geliefert zu haben: Johannes Beleth oder Praepositinus von Cremonaa? Er verlegt nun Beleths Summa in die Zeit von 11651180 (S. 102), und da auch Colomb wie sonst in der Forschung Praepositinus’ Werk in die Zeit ,vor 1196/98’ datiert, wagt er es, Praepositinus die bedeutsame heilsgeschichtliche Ausrichtung der Legenda aurea zuzusprechen, die aber bei Praepositinus kaum zu finden ist. In einem eigenen Aufsatz beschäftigt sich 2009 der Neuseeländer Constant Mewsb mit einem besonderen Aspekt bei Beleth und Sicard. Beide hätten den heidnischen Ursprung von weltlichen Bräuchen aufgezeigt, um die rituelle Praxis, einschließlich des Tanzes, zu rechtfertigen (S. 547). Für Mews ist ‚tripudium’, trotz Esther 8, 16, ‚ritual dance’. Beleth sei interessiert gewesen zu zeigen, wie solche Rituale Teil der christlichen Liturgie werden könnten. Dass Beleth der Tanz in der Kirche vorgeschwebt haben könnte, leitet er von einem Bericht aus Amiens von 1726 ab, in dem eine Festivität in der Kirche vor der Ostervesper beschrieben wird. Hier liegt wohl eine einseitige, von den Texten kaum gerechtfertigte Interpretation vor. Eine neuere Gesamtwürdigung der Summa de ecclesiasticis officiis des Johannes Beleth steht noch aus.

ed. J. A. Corbett, Tractatus de officiis ecclesiasticis, (Publications in Mediaeval Studies, 21), Notre-Dame, London 1969. b  Die Vokabel für den antiken rituellen Tanz hatte längst diese Bedeutung verloren, konnte von der Vulgata für ,euphrosyne’ der Septuaginta übersetzt werden und behielt im Mittelalter den Sinn ,Freude, Fröhlichkeit’, im Plural konkret,Freudenfest’.– In einem Nebensatz leitet Mews (S. 522) von ‚tripudium’ das englische ‚trip’, nicht vom Germanischen ‚treiben, Trift’ ab. a 

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Einrichtung des Bandes Die Einteilung der Kapitel und (weitgehend) der Absätze wird so wie in der Ausgabe CC CM 41A beibehalten. Nur werden oftmals einige vom Editor mit Kleinbuchstaben gekennzeichnete Passagen zusammengefasst, doch bleibt die Gliederung sichtbar und der Sinnzusammenhang wird verdeutlicht. Die Überschriften der Kapitel erscheinen lediglich vorn im Inhaltsverzeichnis. Sie sind zumeist mit den Eingangsworten im Text identisch und stammen offensichtlich nicht vom Autor des Buches. Deshalb hatte der Editor aus der Fülle der Handschriften jene gewählt, die den Inhalt am besten wiedergeben. Zur Orientierung werden im Text die Stichwörter gesperrt hervorgehoben. Bei Kapitel 121 fehlt in den Handschriften eine Überschrift, der Titel stammt von Migne, Patrologia Latina. Die Ziffern am Seitenrand verweisen auf die entsprechenden Seiten der Edition. Jene Kapitel, die eine Zweitfassung durch den Autor selbst erfuhren, werden in zwei Spalten nebeneinander gesetzt und durch Großbuchstaben gekennzeichnet, wie es der Editor vorgenommen hat. Die Bibelzitate sind gleich im Anschluss an die Stelle verifiziert, durchweg mit den Abkürzungen der sogenannten „Einheitsübersetzung“ von 1980. Die Übertragung der Textes folgt allerdings dieser Einheitsübersetzung, die auf die jeweiligen Ursprachen zurückgeht, nur dann, wenn sie von der in der Liturgie verwendeten Vulgata nicht allzu sehr abweicht. Da die von Johannes Beleth beschriebene Liturgie ja eine lateinische ist, werden bei den einzelnen Stücken – nicht bei den Psalmen – zunächst die Initien lateinisch zitiert. Dann wird der Wortlaut des Textes übersetzt angeschlossen. Entlehnungen und notwendige Worterklärungen sind in Fußnoten erläutert. Die mit Anführungsstrichen („…“) gekennzeichneten und unten auf der Seite verifizierten Übernahmen aus den Quellen könnten den Eindruck erwecken, dass nur verhältnismäßig wenig Text von Johannes selbst stammt. Doch man muss berücksichtigen, dass – wie oben erläutert – Beleth kaum einen Satz

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unverändert übernommen hat, vielmehr mit seinen eigenen Worten und Gedanken paraphrasiert. Die Kennzeichnung verweist also nur auf Beginn und Ende der Stelle. Wenn dagegen eine längere Passage nur eine lockere Umarbeitung der Vorlage enthält, wird diese mit ‚Vgl.’ deutlich gemacht. Die Gliederung des Werkes nach den Festkreisen wurde zur besseren Übersicht vom Herausgeber hinzugefügt. Diese sind als Zusätze mit römischen Ziffern gekennzeichnet.

Indizes Die Indices vervollständigen die Ausgabe und vereinfachen ihre Benutzung. Der Index zur Heiligen Schrift gibt eine gegliederte Übersicht über die von Johannes Beleth verwendeten Bibelzitate. Die in der Bibliographie aufgeführten Autoren, deren Gedanken im Text übernommen oder zitiert sind, führt nun der Index der Quellen einzeln mit den jeweiligen Stellenangaben auf. Soweit Übersetzungen vorliegen, sind diese beim Werk durch einen Asteriskus (*) gekennzeichnet. Die antiken Texte sind nunmehr in dem von der Universität Fribourg herausgegebenen Internetportal „Bibliothek der Kirchenväter im Internet“ leicht erreichbar. Der Index zur Liturgie ist zweigeteilt: Im Sachregister werden die von Johannes herangezogenen oder erläuterten Sachverhalte oder Begriffe in den Kategorien jeweils alphabetisch aufgelistet. Im Personenregister werden diejenigen ‚auctores’ aufgezählt, die Beleth als Gestalter und Erweiterer der Liturgie nennt. Ferner werden die Heiligen, deren Feste er bespricht, mit kurzen Lebensdaten und dem Termin ihres Festes nach dem Martyrologium Romanum namhaft gemacht.

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38

Summe der kirchlichen Offizien

Vorwort

In der Urkirche war es verboten, in [unverständlichen] Sprachen zu reden und sie nicht auszulegen (vgl. 1 Kor 14,13.18). Welchen Wert sollte es auch haben, zu sprechen, ohne dass man verstanden würde? Daher hat sich in einigen Gegenden die lobenswerte Gewohnheit in der Kirche gebildet: „Wenn das Evangelium textgemäß verkündet war, wurde es sofort in die Sprache der Gemeinde übersetzt.“a Was muss aber in unseren Tagen geschehen, wo sich kaum jemand findet, der auch versteht, was er liest oder hört, oder der beachtet, was er sieht oder tut? Es scheint zu genügen, was vom Propheten gesagt wird: Da geht es dem Laien wie dem Priester (Jes 24,2). Es scheint also fast besser zu sein, zu schweigen statt zu singen, stumm zu sein statt zu jubeln. Doch damit der Mund derer nicht verstummt, die singen: (vgl. Est 4, 16). Zu Dir, Herr, mein Gott, erhebe ich meine Seele (Ps 25,1), wollen wir mit Gottes Hilfe gegen diesen Schaden das Heilmittel der dreifacher Lesung anwenden und zuerst über die Einrichtungen der Kirche sprechen, danach über die Darlegung der verschiedenen Ausdrucksformen im Wort, drittens über die Ordnung der Tage. Das erste ist etwas für Anfänger, das zweite für diejenigen, die Fortschritte machen, das dritte für die Vollendeten. Darüber wollen wir kurz und knapp etwas für die minder Gebildeten sagen.

a 

Cassiodorus, Historia tripartita 9, 38. – Vgl. Gratianus, CIC, D.43 c.1

41

1

2

3

I. DIE KIRCHE ALS INSTITUTION

i. Die Orte Kapitel 1

4

Der Urheber des Alls, der Allerhöchste der Welt und ihr Schöpfer, da Er zu Recht Herr aller Dinge ist, von dem es im Psalm heißt: Dem Herrn gehört die Erde und was sie erfüllt (Ps. 24,1), Er hat sich von allem etwas Besonderes und Eigenes zurückbehalten, nämlich von [allen] Orten die Orte der Verehrung, von den Zeiten die Feiertage, von den Dingen die Zehnten und Erstlingsgaben, Spenden und sonstige Abgaben, von den Personen einige, die ihm geweiht sind, also die Diener des Altars, Mönche und Nonnen. Von diesen Vier, nämlich Orten, Zeiten, Dingen und Personen sowie den vielfältigen Ämtern der Personen ist zu sprechen, und zuerst von den Orten.

Kapitel 2

5

a. Von den Or ten der Vere h r u n g sind einige dem Gebet gewidmet, andere für den Bedarf der Menschen zugeteilt. Orte für Bedarf der Menschen sind: Fremdenheim, Siechenheim, Altersheim, Waisenheim, Krankenheim, Findelkinderheim. b. Die heiligen Väter und die frommen Kaiser haben ja Orte eingerichtet, wo Pilger, Waisen, alte Menschen, nicht mehr Tätige, Kranke, Sieche und Verwundete aufgenommen werden sollten.

42

i. Orte, KAP.  1-2

c. „Von den Orten, die dem Gebet gewidmet sind, sind einige heilige, andere geheiligte Orte,“a wieder andere nur Orte der Andacht. Heilig sind Orte, die von der Hand des Bischofs feierlich geweiht und Gott gewidmet sind. Sie werden mit verschiedenen Namen belegt: „Kirche, Heiligtum, Gottesdienstraum, Tempel, Gebetshaus, Zelt Gottes, Münster, Kloster, Königshalle, Haus des Herrn, Haus des Gebets, Basilika“ b und Kapelle. d. Beachte: Gebetshaus heißt mitunter das Kirchengebäude selbst. „Gebetshaus heißt auch jeder Ort, der dem Beten gewidmet ist,“c wie ihn die Mönche auf ihren Landgütern eingerichtet haben. e. Geheiligter Ort heißt der Immunitätsbezirk um ein Kloster, der unter Androhung einer bestimmten Strafe eingerichtet ist wie bei der Kirche von Paris ein Sperrbezirk, mit Häusern der Kanoniker, wo flüchtigen Verurteilten gleich welchen Verbrechens, wenn sie aufgenommen sind, sicheres Asyl gewährt wird, und entsprechend den Gesetzen die Mauern einer Stadt, Theater und Tore. f. Ort der Andacht wird genannt, wo der vollständige Leichnam eines Menschen bestattet ist oder nur sein Haupt. Denn ein Rumpf ohne Kopf schafft keinen Ort der Andacht. g. Beachte, wie eine Kirche gebaut sein muss: Nach dem Vorbereiten der Grundmauern muss der Bischof als erstes dort den Grundstein mit Weihwasser besprengen und ihn dort mit einem Kreuzzeichen in das Fundament einfügen. Oder der Priester muss es auf Anweisung des Bischofs, wenn dieser nicht anwesend sein kann, nach Osten ausrichten lassen, zum Aufgang der Sonne bei der Tagundnachtgleiche, nicht zur Sommersonnenwende, wie es einige wollen und machen.

a 

Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 4,

b 

Amalarius Metensis, Liber officialis III, 2, 1. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 4, 4.

1.2. c 

43

6

7

Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

ii. Die Zeiten Kapitel 3

8

9

a. Nach den Orten ist nun über d ie Z eiten zu sprechen. Zeiten werden hier im Sinne von Tagen angenommen. Die einen sind Festtage, die andern Hochfesttage, wieder andere festfreie Tage. Die festfreien Tage sind die, die nicht mit einer besonderen Feierlichkeit ausgezeichnet sind. Daher heißen festfreie Tage gleichsam soviel wie ‚fern vom Fest’. b. Beachte: Die Juden bezeichnen ihre Tage anders als die Heiden und deren Philosophen, auch anders als die Christen. „Bei den Hebräern haben alle anderen Tage vom Sabbat her, der bei ihnen als besonderer Tag gilt, ihre Tagesbezeichnung erhalten. Sie nennen nämlich den Folgetag nach dem Sabbat ‚erster Tag des Sabbat’, und den darauf folgenden Tag den ‚zweiten Tag des Sabbats, und so zählen sie weiter ‚3., 4., 5., 6. des Sabbat’. Den 7. Tag nennen sie ‚Sabbat’“a und mitunter ‚Höchster Sabbat’. c. Bei den Heiden aber werden sowohl im Volk wie bei den Philosophen diese mit denselben Bezeichnungen benannt, doch Verschiedenheit besteht bei der Begründung der Namen. „Der 1. Tag heißt Sonntag, der 2. Mondtag, der 3. Marstag, der 4. Merkurtag, der 5. Jupitertag, der 6. Venustag, der 7. Saturntag, doch in rückläufiger Anordnung. Der Mond ist nämlich ein niederer Planet, der Saturn überragt alle. Das Volk der Heiden nannte diese so, weil es glaubte, Sonne, Mond, Mars und die anderen seien Götter, nach denen die Philosophen die Tage benannten. Dies sind die Namen der Planeten,b aus deren Bewegungen und ihrer Beschaffenheit ihrer Meinung nach alles sein Leben bezieht. d. Alle diese Namen hat die Heilige Schrift nicht übernommen, dennoch halten sie sich im Volk. Die Christen aber belegen zwei Tage mit gewissermaßen eigenen Namen. Denn den Sabbat a 

9-10. b 

5-8.

Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 30, Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 30,

44

ii. Zeiten, KAP.  3-4

der Juden nennen sie gleichfalls Sabbat wegen der Autorität der hebräischen Sprache und wegen der Bedeutung bei der Auslegung. Den folgenden Tag aber nennen sie ‚Tag des Herrn’, einmal wegen der Auferstehung Christi, dann wegen der Herabkunft des Heiligen Geistes vom Himmel als Sendung zu den Aposteln, oder weil Johannes der Evangelist ihn in der Apokalypse so genannt hat (vgl. Offb 1,10). Es ist ja dort so geschehen: An einem Tag des Herrn, [am Sonntag] stieg er nach der feierlichen Messe in die Gruft seiner Beerdigung hinab. Den folgenden Tag nach dem Sonntag nennt man ‚féria secunda’, und so fort die anderen Tage bis Samstag ‚feria 3., 4., 5., 6.“a e. „Die Feriae haben ihren Namen vom ‚frei sein’ (feriari),“ b nicht weil man statt der notwendigen Arbeiten des Lebens feiern sollte, sondern sie heißen deshalb Feriae, weil wir die ganze Zeit unseres Lebens frei von Lastern sein müssen.

10

11

Kapitel 4 a. Fe st t a g e sind wiederkehrende Feiertage (solemnes). Feierlichkeit ist eine Gemeinsamkeit kraft Einsetzung dank eines Vorrechts und heißt so nach ‚ganz fest’ (solon), d.h. gemeinsam. [Die Festtage] werden so eingeteilt: ein Tag ist ein Hochfest, ein anderer der Tag einer Statio, einer ein Prozessionstag, einer ein Fasttag. – Zunächst ist die Feierlichkeit der Festtage zu behandeln. b. Sie werden mit vielen Namen belegt: Festtag, Fest, Feier, Auszug, Übergang, Sterbetag, Aufnahme, Bestattung, Entschlafen, Leiden, Weihe, [himmlischer] Geburtstag. c. Festtag heißt so viel wie Geburtsfest eines Heiligen. d. ’Geburtstag’ heißt genau genommen das Fest jener Geburt, die im Fleisch und in der Welt geschieht, und „in diesem Sinne spricht man von der Geburt Christi, der hl. Maria und des hl. Johannes des Täufers, denn nur deren Geburt wird so in der Kirche gefeiert.“c

Vgl. Beda Venerabilis, De temporum ratione 8. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 39, 12. c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae, col. 965D. a 

b 

45

12

Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

13

14

15

e. ‚Dies natalis’, ‚natale’ und ‚natalícium’ heißt das Wandeln der Heiligen heraus aus dieser Welt, denn sie werden im Himmel [neu] geboren. Die Begriffe werden ohne Unterschied gebraucht. f. ‚Übergang’ heißt der Todestag der Heiligen, denn ihre Seelen gehen aus dem Leib durch für sie unbekannte Gegenden und durchschreiten andere, wie den Luft-Himmel, den Äther-Himmel und den Kristall-Himmel, schließlich gelangen sie in den FeuerHimmel. g. „‚Entgegengehen’ (óbitus) heißt es, wenn die Engel der Seele entgegengehen, wie man vom hl. Martin liest.“a h. ‚Leiden’ heißt es, denn der Körper leidet dann besonders und auch die Seele, wenn sie gewaltsam von einander getrennt werden. i. Der Tod (óbitus) kann als Leiden eines jeden bezeichnet werden, denn ohne Bitterkeit und ohne Belastung wird keine Seele vom Leib getrennt. Daher sagt Hieronymus in den ‚Lebensbeschreibungen der Väter’ „von einem heiligen Mann, der zum Herrn betete, Er möge ihm zeigen, wie die Seele ohne Ängste aus dem Körper herausgeführt werden könne. Zufällig sah er eines Tages, als er seine Zelle verließ, vor sich einen Armen auf der Straße liegen, der mit dem Tode rang. Er sah auch Engel um ihn herum stehen und auf seine Seele warten, um sie zum himmlischen Ort der Ruhe zu tragen. Als die Engel untätig waren, tönte vom Himmel eine Stimme zu den Engeln, die dort standen, die sagte: ‚Warum lasst ihr euch so viel Zeit?’ Da sagten die Engel: ‚Der Herr hat befohlen, wir sollten seine Seele ohne Ängste des Leibes herausführen, was wir nicht können.’ Nach diesem Wort stieg eine große Menge Engel und Propheten mit Musikinstrumenten herab. Durch deren süß tönende Melodien wurde die Seele besänftigt und verließ mit jenem heiligen Geleit sofort ohne jede Angst den Leib und flog zum Himmel empor.“ b k. ‚Aufnahme’ wird in eigener Weise der Übergang der hl. Maria genannt. ‚Beisetzung’ die des hl. Johannes des Evangelisten, weil er „den Ort seines Begräbnisses lebendig betrat und sich dort beisetzte.“c a  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae, col. 1025; Alcuinus, Vita s. Martini 10, 15. b  P Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 864CD s; Hieronymus, De vitis patrum VI, 3, 13. c  Vgl. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 836B.

46

ii. Zeiten, KAP.  4-6

l. ‚Schlaf ’ heißt der Tod der Heiligen, gleichsam ‚Ruhe’. Denn wie der Mensch nach dem Schlaf frisch und kräftiger aufsteht, so stehen auch die Heiligen ohne Beschwernis in ihren Leibern verherrlicht auf, gleichsam vom Schlaf auferweckt. Daher sagte der Herr vom toten Lazarus: Lazarus, unser Freund, schläft (Joh 11,11).

Kapitel 5 a. Von den Fe sten sind einige a l l g emei n , andere pa r t i k ul a r. Allgemeine sind die, die von allen gefeiert werden, wie das Fest der Dreifaltigkeit, „die Sonntage, Ostern, Pfingsten, die Feste der hl. Maria, Heiligkreuz, der Apostel und Evangelisten, des hl. Johannes des Täufers, hl. Laurentius, hl. Nikolaus, hl. Silvester und hl. Martin.“a b. Partikulare Feste sind solche, die nur in einer Kirchenprovinz begangen werden wie das Fest des hl. Hilarius in Aquitanien oder nur in einem Bistum, nur in einer Stadt oder nur in einer Pfarrei. c. Zu bemerken ist: Bei der Feier der Feste ist auf eine bestimmte Würde oder Ordnung zu achten. Die Dreifaltigkeitsfeste sind nämlich mit besonderer Verehrung zu feiern, danach die Marienfeste, besonders Mariae Himmelfahrt, drittens die Feste von Heiligkreuz, das sind zwei. Über die anderen kann ein Verständiger sich leicht ein Urteil bilden. – Wie viele Dreifaltigkeitsfeste es gibt, wie viele Marienfeste und Gründe für Feste und warum einige nicht zu ihrer Zeit, sondern zu einer anderen als der gewohnten Zeit gefeiert werden, wird im Folgenden erklärt.

Kapitel 6

17

a. Über Prozessionen wäre jetzt zu sprechen, doch weil wir später darüber reden werden, wo wir die Feste nach der Verschiedenheit im Kirchenjahr behandeln werden, übergehen wir das jetzt und sprechen über d ie St at io. 1. was Statio ist und warum sie so heißt, 2. wo sie ihren Ursprung genommen hat, 3. wie viele Arten es davon gibt, 4. warum die Feierlichkeit dieser Statio eingerichtet a 

16

Gratianus, CIC, D.3 c.1 de cons.

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Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

18

wurde, 5. wie sie durchzuführen sind, 6. was der Unterschied von Statio, Prozession und Litanei ist. b. „Statio heißt, wie man es an dieser Stelle versteht, eine Prozession,“a die zu einer Kirche unternommen wird, um Gott dort Dank zu sagen. Sie heißt deshalb ‚Statio’, weil wir Gott stehend Dank abstatten, nicht kniend wie bei Litaneien, und wir bringen dabei keine Bittrufe vor, sondern singen zu Gott Loblieder. c. Die Statio scheint im Alten Gesetz ihren Ursprung genommen zu haben. Damals kamen nämlich das Volk der Juden und auch viele Heiden zu den hohen Feiertagen wie Pascha und Siebenwochenfest (pentecostes) in Jerusalem zusammen, um im Tempel zu beten und Gott Dank zu sagen, und sie brachten dort Opfer dar. Seit diesem alten Brauch beobachtet das die Kirche noch bis heute, und so kommt in den beiden Wochen von Ostern und von Pfingsten das Volk aus den Städten und umliegenden Ortschaften zur Bischofskirche zusammen. d. Die anderen Stationsgottesdienste haben ihre Einrichtung von den Römern, die sich dabei besonders freuen. Denn zu verschiedenen Zeiten scheinen die Römer den Gefahren bei Belagerungen oder Ähnlichem durch das Eintreten von Heiligen, die sie angerufen hatten, entkommen zu sein. Wenn dann die Gefahr aufgehört hatte, kamen sie in einer Prozession zur Kirche jenes Heiligen zusammen, durch dessen Schutz sie befreit worden waren, und brachten Gott Loblieder mit Dankeserweisen dar. Daher kam es zur Statio beim hl. Paul an dem Tag, an dem Gott sie durch dessen angerufene Hilfe befreit hatte; und ebenso gilt dies bei den anderen. e. Es gibt zwei Arten von Stationsgottesdiensten, die einen sind allgemein, die anderen sind partikular. Die allgemeinen finden in den beiden genannten Wochen [mit Prozessionen] zur Mutterkirche statt. Die partikularen geschehen aus dem eben genannten Grund bei bestimmten Kirchen. Es gibt auch mitunter Stationsgottesdienste nur zur Verehrung, ohne Hinzutreten eines anderen Grundes, etwa wenn am Fest eines Heiligen eine Prozession von einer größeren Kirche zu dessen Kirche zieht. „Es gibt auch a 

66.

Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19,

48

ii. Zeiten, KAP.  6-7

Stationsgottesdienste, wenn wir an Festtagen zur Verehrung der Heiligen in Prozession zu den verschiedenen Altären gehen.“a f. Die Einrichtung der Stationsgottesdienste geht zum größten Teil schon aus dem Genannten klar hervor, doch sei hinzugefügt: Wie die Römer festgesetzt haben, es sollten wegen der Rettung aus Gefahren in ihrer Stadt Stationsgottesdienste alljährlich stattfinden, so hat man auch in anderen Städten diese ähnlich eingerichtet. g. Bei den Stationsgottesdiensten werden Gewänder getragen, die zur Jahreszeit passen und die man an dem Tag im Chor anhat. Man fastet nicht wie bei Litaneien, es gibt keine Kniebeugen, dafür werden Freudenlieder gesungen, also Responsorien, Antiphonen und dergleichen. Mitunter feiern sie eine Messe in der Kirche, zu der sie ziehen, mitunter auch nicht. Doch nach der Statio kehren sie nach Beendigung des Gebets zurück. h. Zwischen Statio, Litanei und Prozession besteht folgender Unterschied: Stationsgottesdienste werden aus den besagten Gründen und in der genannten Weise gefeiert. „Litaneien, die als Bitt- und Flehensumzüge interpretiert werden, finden zur Abwendung von Gefahren statt,“ b mit Fasten, mit dem Gewand und der Haltung der Demut sowie mit Flehrufen. Daher heißen sie Litaneien, d. h. Flehrufe. – Dies alles wird besser offenkundig werden, wenn wir uns im Folgenden mit diesen näher beschäftigen.

19

Kapitel 7 a. Es gibt zwei Arten von Pro z e s sionen : „Die eine ist die, die wir alljährlich an Palmsonntag durchführen, wobei wir uns jene Prozession vergegenwärtigen, „die an jenem Tag dem Herrn von den Scharen der Juden und den Kindern mit Palmzweigen bereitet wurde,“c als Er auf einer Eselin reitend in Jerusalem einzog. b. Die andere ist die, die wir an den Sonntagen durchführen, zur Vergegenwärtigung jener Prozession, die die Apostel für den Herrn am Tag der Himmelfahrt machten, als sie mit dem Herrn Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 140. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 25, 10. c  Vgl. Liber Quare 8. a 

b 

49

20

Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

zum Ölberg kamen, wo Er vor ihren Blicken auffuhr (Lk 24,50; Apg 1). Nicht, als ob dieses Ereignis an einem Sonntag geschehen wäre, sondern die Feier dieser Prozession und dieses Tages wurde auf den Sonntag verschoben, damit es vom Volk, das nun in der Kirche zusammenkommt, gemeinsam und ganz festlich gefeiert werden kann.“a – Dies soll erst einmal über die Stationsgottesdienste reichen.

Kapitel 8

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a. Nun müssen wir schauen, was Fa sten ist, warum es so genannt wird, über seinen Ursprung, die Lobsprüche oder Empfehlungen zum Fasten und seine vielfältige Bestimmung. Das erste gehört zur Definition, das zweite zur Interpretation oder zum Ursprung, das dritte zur Bestätigung, das vierte zur Liebe, das fünfte zur Erkenntnis. b. Fasten ist die gemeinsame Wiedergutmachung aller Glieder, d. h. die Glieder leisten wegen der Sünden, die sie begangen haben, Wiedergutmachung. Wenn der Gaumen gesündigt hat, fastet er und ist zufrieden, er ist allein in der Schuld, allein in der Buße. Beim Auge ist es genauso. Daher sagt Jeremias: Mein Auge macht mich elend (Jer 9,20). Der Tod ist durch das Fenster meiner Augen in meine Seele eingestiegen (Klgl 3,51). Und Augustinus: „Nichts Schlimmeres als das Auge!“ b c. „Fasten (ieiúnium) hat seinen Namen vom ‚ieiunum’, was im Menschen ein inneres Organ ist, das bei einem toten Menschen leer gefunden wird.“c Ähnlich müssen wir uns beim Fasten frei von den Lastern der Seele wie des Leibes halten. Daher sagt Augustinus, der im [Traktat zu] Johannes das Fasten anders beschreibt: “Das ist volles und vollkommenes Fasten, sich weithin und allgemein von Missetaten und leiblichen

Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis IV, 25, 10 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 679]. b  Aurelius, Confessiones X, 34 f [Übers. A. Hofmann, Bekenntnisse, (BKV2, I, 18), S. 254-259]. c  Vgl. Hugo de S.  Victore, De sacramentis 2, 18; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 65. a 

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ii. Zeiten, KAP.  7-9

Gelüsten fernzuhalten.“a Und Paulus: Wir sollen nüchtern, gerecht und fromm in dieser Welt leben (Tit 2,12). Frömmigkeit ist Gott erwiesene Verehrung, fehlende Frömmigkeit Götzendienst. Viele betrügen sich infolge der Auffassung des Volkes mit diesem Begriff Frömmigkeit. Das Volk sagt ja, der sei fromm, der von seinem Besitz den Armen gibt, unfromm, wer den Armen das Ihrige nimmt. d. Beachte: Etwas anderes ist Schandtat, Übeltat, Ruchlosigkeit. „Schandtat ist etwas, das in uns selbst geschieht,“ b Übeltat richtet sich gegen den Nächsten, Ruchlosigkeit gegen Gott. Ebenso sind Barmherzigkeit, Güte und Frömmigkeit verschieden. Barmherzigkeit gibt es gegenüber der Natur, Güte gegenüber der Gerechtigkeit, Frömmigkeit gegenüber Gott. Als Beispiel: Barmherzigkeit ist es, wenn einer sieht, dass ein zu Recht Verurteilter zum Aufhängen [am Galgen] geführt wird und er ein natürliches Rühren spürt, Mitleid hat und so gerührt diesen vor dem Galgen rettet. Ebenso, falls einer einem Armen etwas raubt und ein anderer dem Räuber dieses wegnimmt und dem Armen zurückgibt. Güte ist, wenn einer einen zu Unrecht Bestraften sieht, sich Gefahren aussetzt und ihn rettet. Frömmigkeit ist Gott mit Liebe begegnen, mit anderer Bezeichnung wird das Latria oder Theosebie genannt.c

Kapitel 9

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a. Die B e deut u n g de s Fa sten s ist dreifach. Es hat nämlich seine Vorbildlichkeit seit alters von der Zeit her, von der Eigenart des Ortes, von der Einrichtung und Majestät des Lehrers. Seit alters von der Zeit her, weil am Beginn der Welt bei der Erschaffung des Menschen ihm gesagt worden war: Vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen (Gen 2,17), – von der EiAurelius Augustinus, In Joannis euangelium Tractatus 17, 4 [Übers. T. Specht, Vorträge über das Johannes-Evangelium, (BKV2, I, 8), S. 195]. b  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 26, 3. c  Vgl. Aurelius Augustinus, De Civitate Dei X, 1, 2 [Übers. W. Thimme, dtv Der Gottesstaat; C. J. Perl; A. Schröder, (BKV2, I, 1), S. 71.73]. – Dort gedeutet als servitus ‚Dienst’ und Dei cultus ‚Gottesverehrung’. a 

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genart des Ortes her, weil es das schon im Paradies gegeben hat, – vom Lehrer her, weil es von Gott stammt. b. Außerdem wird es von den Zeiten und Personen empfohlen. Von den Zeiten, weil es in der Zeit vor dem Gesetz, unter dem Gesetz und in der Zeit der Gnade feierlich gehalten wurde. Feierlich gehalten wurde es vor dem Gesetz von Moses (Ex 34,28), unter dem Gesetz von Elija (1 Kön 19,8), in der Zeit der Gnade von Christus (Mt 4,2; Mk 1,13; Lk 4,2).“a c. Für seine Empfehlungen gibt es viele Beispiele: Solange Eva sich enthielt, blieb sie Jungfrau und im Paradies. Als sie das Fastengebot brach, spürte sie die Zerrüttung der Begierde und des Leibes, wurde sie ihrem Mann unterworfen und konnte nicht im Paradies bleiben. Ebenso Adam, denn er hatte das Fasten gebrochen und stürzte aus den Wonnen des Paradieses ins tiefste Elend. Moses sprach nach dem Fasten mit Gott, Elija wird nach dem Fasten mit dem Feuerwagen in den Himmel entrückt. Jerusalem wird durch Fasten zur Zeit der Ezechiel und Jesaja von Sanherib befreit. 185 000 Mann wurden in einer Nacht von Himmel her getötet, und damit sie nicht stanken, verbrannte sie Sanherib mit nur zehn Mann, dann floh er nach Ninive, wo er am 40. Tag danach umkam, von seinen eigenen Söhnen erschlagen (vgl. 2 Kön 19). Als Jona den Bewohnern von Ninive predigt, wird ihnen, die als Buße in Sack und Asche (Jona 3, 3-10) fasten, Verzeihung gewährt. Auch Josua, der Sohn des Nun, verbrachte mehr als einen Tag mit Fasten bei Gibeon, er hielt den Lauf des Mondes auf und besiegte die Feinde (vgl. Jos 10,13). d. Und so wird es von Personen empfohlen, und zwar „von Christus, Moses und Elija, und vom Ort wird es empfohlen,“ b weil es im Paradies begann. – Es folgt nun die Einteilung des Fastens.

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 45. Wörtlich wiederholt unten in Kap. 77 l. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 45. a 

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ii. Zeiten, KAP.  9-11

Kapitel 10 a. Die E i ntei lu n g de s Fa sten s geschieht so: Es gibt das Fasten des Fleisches und das des Geistes. Das des Fleisches, wenn der Fastende sich von Speisen fernhält, des Geistes, wenn er sich von Fehlhandlungen fernhält. Oder: Das Fasten des Fleisches, wenn einer wegen allzu großer Dickleibigkeit fastet, damit er mit seinem Körper nicht allzu fett wird; doch das ist keine Sache der Tugend, sondern muss ‚Abnehm-Fasten’ genannt werden. Den Geist betrifft es, dass dieser nicht bei der Ausschweifung allzu fett wird. – Ebenfalls wird das Fasten wie folgt eingeteilt: b. Fasten gibt es wegen der Vorschrift, der Frömmigkeit, der Angleichung, des Willens. Fasten nach Vorschrift ist das, was von den heiligen Vätern in der Quadragesima und als andere Arten von Fasten festgesetzt wurde. Im Alten Gesetz zahlten die heiligen Väter von all ihren Sachen Gott den Zehnt und die Erstlingsgaben. Und auch wir müssen Ihm von all unseren Einkünften Zehnt und Erstlingsgaben übergeben, ebenfalls von den Früchten und anderem Besitz wie von uns selbst, d. h. indem wir uns durch das Fasten des Leibes von Speisen, durch das Fasten des Geistes aber von Fehlhandlungen fernhalten. Denn es gibt das Fasten des Leibes und das des Geistes. Und wir opfern Gott auch Erstlingsgaben und Zehnt von uns, wenn wir gut arbeiten.

Kapitel 11 a. Die Q u a d ra g e si m a wurde eingesetzt entsprechend den Dekaden von Tagen. „Deswegen gibt es für sie, nicht für die anderen, eine einleuchtende Berechnung, damit man die 40 Tage im Jahr finden könne. Wie die Leviten für den Zehnt, der ihnen dargeboten wurde, den zehnten Teil dem Hohenpriester darboten, so sollen auch wir Christus, dem wirklichen Hohenpriester, einen Zehnt von 36 Tagen darbieten. Die stellen ein Zehntel der 365 Tage plus 1/4 Tag dar, der über 365 Tage hinausgeht,“a Wenn es also insgesamt 41 plus ¼ Tag sind, hast du bei 40 Tagen 4 als a 

Vgl Hrabanus Maurus, De clericorum institutione II, 20.

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Zehnt, und so einschließlich der sonstigen 36 Tage ergibt es 40. Es bleibt ein Rest von 1 ¼ Tagen, das sind 30 Stunden, also zehnmal drei Stunden, für die wir an Karsamstag bis zur Nacht fasten. b. „Es sind also im Jahr 365 Tage, davon der 10. Teil sind 36, ausgenommen der 10. Teil von ¼,“a und dafür wollte Augustinus, „dass an der Vigil von Ostern die Messe jenes Tages in der Nacht gefeiert würde.“ b Daher heißt es im Tagesgebet (collecta): ‚Deus qui – Gott, der Du diese hochheilige Nacht’ usw. Quadragesima heißt also gewissermaßen 4 × 10. c. Den 36 Tagen von der Dekade werden nämlich 4 hinzugezählt. Der erste Tag ist der der Heiligung, d. h. der Reinigung, weil dann der Mensch sich reinigt und an Seele und Leib wäscht. Die übrigen drei sind die der Erstlingsgaben. Der erste Tag der Quadragesima ist der Mittwoch der Quadragesima, die anderen sind die der Erstlingsgaben. d. Beachte: In jeder Jahreszeit gibt es drei Monate. „In jeder Jahreszeit werden drei Fa st t a g e festlich begangen. Sie heißen Erstlingsgaben, weil sie so verteilt wurden.“c e. Ersatzfasten ist das Fasten, das an den Vigilien der großen Hochfeste wie zu Weihnachten geschieht. „Unsere alten Väter pflegten nämlich an den Vigilien solcher Festtage durchzuwachen. Und es kamen zu den Kirchen junge Burschen und Mädchen, Sänger und Spieler zusammen, so wie es noch in vielen Gegenden wie im Poitou und besonders bei den Festen der Patronatskirchen üblich ist. Doch weil dort viel Unpassendes folgte, wurde festgesetzt, dass die Stelle der Vigilien das Fasten einnehmen solle, damit die üppigen Schmausereien und Trinkgelage aufhörten, die dort häufig geschehen waren.“d Und so dispensierte die Kirche in diesem Fall. Wenn aber einer fasten oder ehrenhaft durchwachen will, kann er gut daran tun. Doppelt Gutes ist ein Gutes. Und eine solche Einrichtung kann gleichsam Entlastung heißen, eine Abwägung zwischen Verschiedenem, weil hier das Fasten gesetzt wird gegen Schmauserei, Trinkgelage und anderes Unpassendes, das dort geschah. f. Die Dispens von der kanonischen Strenge ist aber eine Gratianus, CIC, D.5 c.16 de cons. Aurelius Augustinus, Sermo 220 u. 221, In vigilia Paschae II u. III. c  Gratianus CIC, D.76 c.1.2. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 6. a 

b 

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ii. Zeiten, KAP.  11

aus gerechtem Grund vorgenommene Erleichterung bei denen, in deren Interesse es liegt. Sie sahen ja, dass es besser war zu fasten als zu wachen. g. Fasten ist dann ein Akt der Frömmigkeit, wenn jemand aus eigenem Antrieb fastet, wie an der Vigil vom hl. Martin oder hl. Nikolaus. Im Fasten gleichen wir [die Feste] an, wenn wir fasten bei der Vigil vom hl. Jakobus, vom hl. Bartholomäus und anderer Apostel, die kein Fastengebot besitzen. Wir tun das deswegen, weil die Apostel im Verdienst gleich sind und gleich im Lohn, was jener Spruch [des Gesetzgebers] zeigt. So sind auch die Seelen der Heiligen im Himmel zu Recht gleich. h. Die Kirche hat erwogen, es sei angebracht, dass alle in gleicher Weise fasten sollen. Sechs [Heilige] hatten danach ein Fastengebot, doch sind es nur vier Fasttage. Petrus und Paulus haben einen gemeinsamen Fasttag, denn sie haben am selben Tag gelitten. Ebenso haben Simon und Judas einen Tag, Matthäus den dritten, Andreas den vierten. Daher gibt es für sie, nicht für andere, offenbar nur den Grund, dass die Kirche an deren Vigilien zu fasten befohlen hat, weil sie so für den Namen Christi gelitten haben. Und wir müssen mit ihnen leiden, wenn wir mit ihnen [im Himmel] herrschen wollen. i. Die Kirche hätte auch bei den anderen Aposteln Fasten angeordnet, wenn da nicht etwas im Wege gestanden hätte. Diese Widerstände aber sind: Das Fest von Philippus und Jakobus liegt am 1. Mai, der immer zwischen Ostern und Pfingsten liegt, und diese Zeit ist eine der Freude und Fröhlichkeit, da kann man nicht fasten. Wenn die Fasten-Litaneiena entgegen gehalten werden, so antworten wir, dass da eine Notlage eintrat, wie im Folgenden erklärt werden wird. Ebenso bei den übrigen, die wegen der Erwartung des Heiligen Geistes fasten. Jakobus, der Sohn des Zebedäus, wurde von Herodes in den Tagen der Ungesäuerten Brote getötet,b weswegen damals an jenem Tag weder Fasten noch sonst ein Fest gefeiert werden konnte. Sein Fest am 25. Juli ist nämlich nicht der Tag seines Todes, sondern der seiner Überführung. Damals wurde ihm als erstes eine Kirche in Spanien geweiht – a  b 

Die Bittage, vgl. Kap. 122 u. 123, S. 229-232. Also am 15. Nisan, dem Tag nach Ostern.

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was wir später zeigen werden, wenn wir über sein Fest sprechen. Beim hl. Bartholomäus, dessen Fest am 24. August gefeiert wird, heißt es, er wurde am 1. Tag geschunden (obwohl in seiner Legende nichts davon steht), am folgenden Tag starb er. Und wenn er eine Vigil hätte, wäre es nötig, dass sie am 3. Tag davor läge. Das wäre aber gegen die Norm der anderen Festtage. Beim hl. Thomas war es nicht angebracht, denn sein Fest liegt im Advent, wo zusammenhängend Fastenzeit ist. Barnabas hat kein Fasten, weil er nicht zur Zahl der zwölf Apostel gehört und nur Apostel heißt, weil er ein Gefährte des Paulus war und zum Predigen geschickt wurde. Daher: Wählt mir Barnabas und Paulus aus (Apg 13,2). Matthias hat ohnehin sein gebotenes Fasten, weil sein Fest meistens in die Quadragesima und stets in die Septuagesima fällt, und dann ist Fastenzeit. Oder deswegen wurde kein Fasten geboten, weil er nicht zu den ursprünglichen Aposteln gehörte, sondern „erst nach der Passion Christi durch Wahl der anderen anstelle des Judas eingesetzt wurde.“a Über ihn heißt es: Diesen Dienst und dieses Apostelamt soll ein anderer übernehmen (Apg 1,15). Das Fest des hl. Johannes des Evangelisten fällt immer auf den dritten Tag nach Weihnachten, und da ist es nicht erlaubt zu fasten, weil es Festtage sind. Man kann aber ein Fasten aller Apostel feiern. Es wäre nämlich gut, wenn einer fastet, wie an der Vigil des hl. Jakobus am 25. Juli die Diener des hl. Jakobus fasten,b und dann wäre es ein Fasten als Angleichung; denn nach den Verdiensten sollte ihnen ein Fasten gewidmet werden. k. Es gibt ein Fasten im Sinne der Inspiration und ein Fasten aus Umsicht. Ein Fasten der Inspiration ist wie beim hl. Nikolaus, der schon als Kleinkind in der Wiege an drei Tagen sich der Brust der Mutter enthielt und am Mittwoch und „Freitag nur einmal an den Brustwarzen sog.“c Fasten der Umsicht ist, wenn wir bei einem drohenden Unwetter, bei Feindesgefahr oder bei einem Schreckensfall fasten. l. Es gibt ebenfalls vernünftiges und unvernünftiges Fasten. Vernünftig ist es, wenn wir Speise und Trank Vgl. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 899A. Kongregation der Jakobus-Mönche? c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1033C. a 

b 

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ii. Zeiten, KAP.  11

mäßig zu uns nehmen, damit die Natur nicht geschwächt wird. Daher der Apostel: Als wahren und angemessenen Gottesdienst (Röm 12,1), nicht in Schmausereien und Trinkgelagen (Röm 13,13) usw. „Unvernünftig ist es, wenn einer zwei oder drei Tage oder eine ganze Woche lang fasten will. Solches Fasten billigt Gott nicht. Er will ja, dass der Mensch fastet, um sein Fehlverhalten zum Absterben zu zwingen, nicht um seine Natur zum Auflösen zu zwingen.“a Daher wird Fasten verboten, das einige von Gründonnerstag bis Ostern durchführen. m. Unterschiedlich ist ebenso das Fasten hinsichtlich der Qualität, der Quantität, der Anzahl, der höchsten Prüfung, mit Abwechslung, der Trockenheit (xerophagia). Fasten hinsichtlich der Qualität ist, dass einer gelobt, er werde künftig kein Fleisch essen. Fasten hinsichtlich der Quantität ist, wenn einer immer auf sein Gewicht hin nicht mehr als nur einmal am Tag isst, oder wenn er gelobt, er werde nur Brot von bestimmtem Gewicht essen, oder wenn er Trinken und Essen abmisst. n. Fasten hinsichtlich der Anzahl ist, B n. wenn einer gelobt, A n. wenn einer nur einmal am Tag isst, andere zweimal. künftig nur einmal am Tag Daher heißt es: Einmal mit den zu essen, und denkt, mehr als Engeln, zweimal mit den Men- zweimal am Tag zu essen sei tieschen, öfter mit den wilden risch, nur zweimal menschlich, einmal regelmäßig. Einmal esTieren. sen sie mit den Engeln, zweimal mit den Menschen, dreimal mit den wilden Tieren. o. Fasten der strengsten Ausprägung ist bei denen, die nur Wurzeln und Kräuter essen wie Johannes der Täufer in der Wüste und „die Ägypterin Maria in der Einöde, die mit nur zwei Broten durch den Jordan ging und 47 Jahre lang ein äußerst karges Leben in der Einöde führte.“ b p. Alternierendes Fasten ist, wenn einer an einem Tag isst und am anderen fastet. „Fasten der Xerophagie heißt so das Trocken-Essen, aus xeron/trocken und phagin/ a  b 

Gratianus, CIC, D.5 c.18 de cons. Vgl. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae, col. 903C.

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essen.“a Daher Priscian ‚In xerolopho Byzantii’.b Trocken-Essen gibt es beim Obst, also Äpfeln, Birnen, Maronen und dergleichen. Einige nennen auch rohe Hülsenfrüchte ungekocht Trocken-Essen, wenn sie sie essen, ohne Soße geschmeidig gemacht mit einem Löffel. q. Ferner gibt es beim Fasten den Unterschied als Tugend wie bei den Heiligen, oder bei Notlagen wie bei [den Anweisungen von] Ärzten, bei Eitelkeit oder Verstellung wie bei den Frömmlern, anders beim Fleisch, damit einer nicht dick wird, anders des Geistes, damit nicht das Fleisch in der Üppigkeit fett wird.

iii. Die Personen Kapitel 12 a. Nachdem wir über die Zeiten gesprochen haben, die Gott besonders geweiht sind, wollen wir im Folgenden über die Pers onen sprechen, die Ihm ebenfalls geweiht sind, und über ihre Aufgaben und Ämter, also über die Kirchendiener. Zur Veranschaulichung muss man wissen, dass man von drei wesentlichen Gruppen (sectae) liest: von Heiden, Hebräern und Christen. Die erste ist die Gruppe des Irrtums, die zweite die der Wahrheit, die dritte die des Heils. In der ersten erleiden wir Schiffbruch, in der zweiten werden wir aus Gefahren gerettet, in der dritten erlangen wir das Heil. Die erste Gruppe kommt von ‚secare/schneiden’, d. h. sie trennt uns von Gott, die zweite und dritte ist abzuleiten von ‚sectari/eifrig nachfolgen’. Die erste verblendet, die zweite erleuchtet, die dritte rettet und befreit gänzlich. Der Brauch der Heiden wurde zum christlichen Ritus verwandelt. Und: Das ist die Änderung der Rechten des Höchsten (vgl. Ps 77,11).

a  Tertullianus, De ieiunio contra psychicos, c. 1 [Übers. H. Kellner, Über das Fasten, gegen die Psychiker, (BKV2, 1, 24), S. 523]. b  Priscianus, Institutionum grammaticarum libri 1, 22; 6, 69. – Xerolophos ist ein Ort in Konstantinopel.

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ii. ZEITEN, KAP. 11 – iii. Personen, KAP.  12

b. Bei den Christen wurden die Personen, sowohl die Weltlichen wie die Geistlichen aus jenen beiden Gruppen genommen, also der hebräischen und der heidnischen. Wie es bei uns zwei Arten von Personen gibt, also Laien, das sind die Leute des Volkes (denn ‚laós’ wird mit ‚Volk’ übersetzta) und die Kirchenleute, so ist es auch bei den Heiden und bei den Hebräern, von denen wir unseren Ursprung genommen haben. c. Bei den Heiden gab es folgende weltliche Personen: „Monarch, also Römischer Kaiser, Patrizier, die auch Senatoren hießen, nach deren Gutdünken die Könige von allen eingesetzt wurden, Herzöge, Präsiden, Präfekten, Volkstribune, Militärtribune, Prätoren, Centurionen, Decurionen, Quaternionen, Triumvirn, Quästoren, Ädile, Hofwächter. Bei dem Tempeldienst gab es Archiflamines, Flamines, Priester beiderlei Geschlechts.“ b Denn bei den Heiden wie auch jetzt bei uns gab es Ordenskonvente für Frauen wie für Männer. Unter den Dichtern gab es Liederdichter, Komödianten, Tragöden, Geschichtsschreiber.“c d. Auch bei den Hebräern gab es dieselbe Verschiedenheit der Personen. Denn die einen waren Weltliche, andere dem Gottesdienst im Tempel Geweihte. Im Tempel gab es folgende Personen: also den Hohenpriester und niedere Priester, Leviten, Nathinäer, Leuchterreiniger, Exorzisten, Türhüter, Tempelaufseher, Sänger. Über dem Volk und zu seiner Leitung stand der Führer Moses, und unter ihm jene, die er auf Anraten seines Schwiegervaters Jitro eingesetzt hatte, das waren die Chiliarchen, Hekatonarchen, Pentekonarchen, Dekatonarchen, d. h. Anführer von je 1 000, 100, 50 und 10 Leuten. Denn ‚chile’ heißt übersetzt ‚Tausend’, ‚archos’ heißt ‚Führer’, Chiliarcha ‚Führer für Tausend’, ‚hékaton/ hundert’, daher Hekatonarcha, wer 100 Mächtige unter sich hat. Hekatonarcha heißt also, wer über 100 steht, Pentakonarcha, wer über 50 steht. Denn ‚pentakonta’ bedeutet 50. Dekan war, wer 10 befehligte, ‚dekas’ bedeutet 10. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VII, 14, 9. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines IX, 3, 26-29. c  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines IX, 3, 23-31. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

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e. Auch bei den Christen gibt es Personen als Laien und als Geistliche. Laien in der Weise, wie es sie bei den Heiden gab, wenn auch nicht überall. Geistliche sind, die in der Kirche dienen oder sie leiten, „sie heißen Kleriker von ‚kleros’, was ‚Los’ bedeutet, denn sie sind durch das Los erwählt. Im Alten Testament wurden ja die Priester durch das Los erwählt. Auch die Heiden wählten als Geistlichen durch das Los einen aus den Freien. Oder sie heißen Kleriker, weil sie die Erbschaft des Herrn empfangen, also Zehnten und Abgaben. ’Kleros’ bedeutet bei den Griechen nicht nur ‚Los’, sondern auch ‚Erbschaft’.“a Es ist also in Bezug darauf ein Wort mit zwei Bedeutungen. f. „Kleriker werden eingeteilt in Mönche, also einzeln Lebende, denn ‚monos’ heißt ‚einzeln’, und in Kirchenleute.“ b Was für eine Verschiedenheit es bei den Mönchen gibt, geht leicht aus der Verschiedenheit der weißen und schwarzen Orden hervor.c

Kapitel 13

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a. Es gibt zwei A r ten von K i rc hen leuten; denn die einen sind es nach der Würde, die anderen nach dem Weihegrad. „An Würden gibt es: Papst, Patriarch, Kardinal, Primas, Erzbischof oder Metropolit (was dasselbe ist), „Bischof, Chorbischof, Archidiakon, Archipresbyter. Im Chor sind die Personen Dekan, Subdekan, Kantor, Sukzentor, Thesaurar, Archischola.d Personen nach dem Weihegrad sind Priester, Diakon, Subdiakon, Akolyth, Exorzist, Lektor, Ostiarier.“e Nach der Weihe gibt es also sieben Grade, um die siebenfache Gnade des Heiligen Geistes sinnfällig zu machen, kraft dessen sie die Ämter ihrer Weihegrade ausüben. b. Aber weil wir uns vorgenommen haben, die Kirchenleute unserer Zeit entsprechend zu behandeln, wollen wir sehen, wie es aus dem Alten Ritus der Heiden und der Juden zum Kult der Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XII, 1. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VII, 13, 1. c  Entsprechend ihrer Tracht gemeint die Benediktiner und Zisterzienser. d  Leiter der Domschule. e  Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 182; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VII, 12, 11. a 

b 

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iii. Personen, KAP.  12-13

heutigen Kirche einen Wandel bei den Personen gegeben hat, und zwar hinsichtlich des Weihegrades wie hinsichtlich der Würde, doch zuerst hinsichtlich des Weihegrades. c. „Im Alten Gesetz gab es Priester wie die Söhne Aarons, die anstelle des Volkes die Opfer darbrachten. Sie waren auch die Lehrmeister des Volkes, wie Nikodemus einer war. Deren Stelle nehmen jetzt unsere Priester ein, die das Opfer des Altars für uns darbringen und die gehalten sind, dem ihnen anvertrauten Volk die Worte des Glaubens zu lehren. Die Priester (sacerdotes) geben gleichsam das Heilige aus (sacra dantes).“a Die Presbyter hießen auch gleichsam ‚Älteste’ – dem Sinn nach, nicht nach dem Alter.“ b d. „Der Weihegrad der Diakone, d. h. der ‚Diener’ (das bedeutet der Begriff), vertritt den Rang der Leviten im Alten Gesetz. Wie die Leviten bei den Opfern unter den Priestern des Alten Testaments dienten, so dienen auch diese jetzt beim Opfer des Altars unter den Priestern des Neuen Testaments. e. Subdiakone nehmen die Stelle der Nathinäer ein, d. h. in der Demut der Diener. Jene dienten ja im Tempel unter den Leviten, und diese nun unter den Diakonen. Daher heißen sie ‚Unter-Diakone’. f. „Im Tempel gab es die Leuchterreiniger, die die Leuchter anzündeten und löschten. Dies sind bei uns die Akolythen, d. h. die Kerzenträger, die Kerzen tragen und den Weihrauch zubereiten.“c g. „Zur Zeit des Alten Gesetzes trieben die Exorzisten, d. h. die Beschwörer, durch die Weisheit Salomos die Dämonen aus den Menschen aus. Wir haben ebenfalls Exorzisten, die die Taufbewerber beschwören, d. h. sie beschwören die Dämonen durch Austreiben. h. Im Tempel gab es die Sänger, bei uns sind es die Lektoren.“d i. „Die Ostiarier versehen in der Kirche das Amt der Tempelhüter. Das Amt des Türhüters war es ja, den Tempel zu schließen und zu öffnen. Das Amt des Ostiariers ist es, die Katechumenen zur Taufe in die Kirche einzuführen, auch die vom Bischof versöhnten Büßer.“e Honorius Augustodunensis, Gemma animae I 182. Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis II, 13, 1. c  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis 1, 33. d  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis 1, 34.35. e  Vgl. Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis 1, 38. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

Kapitel 14 35

a. Jetzt müssen wir schauen nach dem Ur spr u n g der Wü rden i n der K i rc he aus dem Altertum der Heiden und der Juden. „Der Herr Papst, d. h. der Oberste Vater oder Schützer der Väter, hat im Gesetz seine Entsprechung im Hohenpriester. Auch der Römische Kaiser gibt einen Vergleich des Monarchen ab. Die senatorische Gewalt und die der Patrizier wurde vielleicht auch bei den Juden befolgt, sie hält sich in der Kirche bei den drei Patriarchen, also dem von Antiochien, Alexandrien und Konstantinopel.“a Ein Primas, der über drei Erzbischöfen steht oder zu stehen hat, stellt einen König dar, dessen Macht sich auf drei Herzogtümer erstreckt. Metropoliten oder Erzbischöfe werden mit Herzögen verglichen, die über mehreren Grafen stehen, und Erzbischöfe über mehreren Bischöfen. Bischöfe zeigen Ähnlichkeit mit den Grafen, Chorbischöfe,b deren Würde abgeschafft wurde, werden mit Präfekten verglichen. Äbte ahmen die Militärtribune nach, Kanzler die Prätoren, Archidiakone die Zenturionen, Dekane die Dekurionen, Archipresbyter haben die Stellung von Vögten.“c b. Nun zu den Personen entsprechend ihrem Weihegrad: Priester haben die Stellung von Ädilen, Diakone die der Quaternionen, Subdiakone die der Triumvirn, das Amt des Exorzisten ahmt das der Quästionare nach, Ostiarier die Hofwächter, Lektoren die Sänger der Lieder, Akolythen die Schreiber der Lieder.

iv. Die Dinge 36

Kapitel 15 a. Jetzt müssen wir über die Dinge sprechen, die wir Gott besonders schulden, doch nur kurz, weil sie genügend klar sind: Z e h nte , E r st l i n g s g a b en , Gelübde, Opfer, Abgaben, Geschenke. Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 182. Die Handschriften setzen coepiscopi, also ‚Mitbischöfe’, in Unkenntnis der im 11./12. Jahrhundert verschwundenen Chorbischöfe, die im Osten ländliche Bischöfe, im Abendland Bischöfe ohne Jurisdiktion gewesen waren. c  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VII, 12. a 

b 

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iii. Personen, KAP. 14 – iv. DINGE, KAP. 15

b. Die Erstlingsgaben hatten ihren Ursprung bei den ersten Menschen. Wir lesen ja, dass Kain und Abel Gott von den Früchten ihrer Arbeit die Erstlinge dargebracht haben, Abel Schafe, Kain Getreidegarben. Weil der eine von ihnen sie gerecht und frohen Herzens darbrachte, verdiente er sich die Gnade Gottes, und seine Herde wuchs durch Nachkommenschaft und Fruchtbarkeit gewaltig, und er war in der Gestalt Christi der erste Märtyrer. Weil der andere aber die Erstlingsgaben nicht gerecht einlöste, gab er Schlechteres als Zehnt. Das missfiel Gott, und Kain verfiel der Sünde des Brudermordes, und seine Arbeit hatte nicht den gewünschten Ertrag. c. Ebenso lesen wir, dass das Volk Israel von jeder Arbeit Gott die Erstlingsgaben darbrachte, und zwar nach Gottes Gebot, und ebenso müssen auch wir handeln, und über das, was wir tun müssen, geben uns die Geschehnisse bei Kain und Abel offenen Beweis. Dabei bemerken wir, dass alles von Gott stammt und alles auf Ihn bezogen werden muss. Und mit der Darbringung der Erstlingsopfer erweisen wir uns Gott dankbar für dessen Wohltaten. d. Wenn gefragt wird, „wem die Erstlingsgaben zu geben sind und in welcher Menge, sagen wir: dem Priester. Nicht nur ist jedermann gehalten, ihm zu geben, weil er auch den Eremiten, Klausnern und anderen Ordensleuten geben kann, wenn es ihm gefällt. Und es ist dabei keine bestimmte Menge festgesetzt, sondern wie viel einer für richtig hält,“a wenn er dabei nur in der Kraft der Liebe handelt. e. Im Alten Gesetz wurde befohlen, dass sie von allen Dingen ihrer Habe den zehnten Teil geben sollten, auch wollte Gott den zehnten Teil der Menschen, als Er sich den Stamm Levi bei dem Dienst für seinen Kult vorbehielt. „Dies müssen auch wir gleichfalls befolgen, und wenn von den Laien ungerecht Besitz zurückbehalten wird, sind wir nichtsdestoweniger gehalten darzubringen. Es ist uns nicht erlaubt, davon zu dispensieren, sondern ihnen zu übergeben, bis Gott ihren ungerechten Besitz zum Besseren hin wendet.“ b f. „Wenn sich einer herausnimmt, den Zehnten zua  b 

Gratianus, CIC, C.16 q.1 c.66. Gratianus, CIC, C.16 q.2 c.3.

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37

Summe der kirchlichen Offizien – I. KIRCHE

rückzuhalten, ist er ein Frevler gegen göttliches Gebot und begeht eine Todsünde, und man braucht nicht zu zweifeln, dass er auch die übrigen neun Teile ungerecht besitzt.“a

Kapitel 16

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a. „Wir schulden Gott unsere G e lüb de . Daher das Wort: Legt Gelübde ab und erfüllt sie (Ps 76,12) usw. Doch Gelübde sind solche entweder aus einer Notwendigkeit oder solche aus eigenem Willen. Die aus Notwendigkeit sind mit dem Glauben verknüpft, wie wir es in der Taufe machen, wenn wir geloben, den Glauben an Christus zu bewahren und dem Teufel zu widersagen. Und ebenso bei der Beachtung der Zehn Gebote werden wir an ein Gelübde aus Notwendigkeit gebunden und sind gehalten, solche Gelübde unumstößlich zu erfüllen.“ b b. Freiwillige Gelübde sind entweder vernünftig oder unvernünftig. Unvernünftige sind etwa die Gelübde von Kindern, solange sie keine Verfügungsgewalt haben, sondern unter der Verfügungsgewalt ihrer Eltern stehen, die erlaubterweise diese anfechten oder ungültig machen können, wenn es ihnen förderlich scheint, oder wenn es den Eltern gefällt, dagegen vorzugehen. Ebenso unvernünftig sind Gelübde von Frauen, solange sie unter der Gewalt ihrer Männer stehen, zum Beispiel: „Wenn ein Mädchen vor dem heiratsfähigen Alter ewige Jungfräulichkeit gelobt und die Eltern sie später zwingen zu heiraten, kann es erlaubterweise heiraten und ist nicht an das Gelübde gebunden.“c Ebenso wenn die Gattin von irgendjemand gelobt, nach Jerusalem zu pilgern, ohne Kenntnis ihres Mannes, so könnte der Mann sie, wenn er wollte, zurückhalten, denn die Frau steht unter der Herrschaft des Mannes (Gen 3,16). „Doch die Frau könnte ihren Mann nicht zurückhalten, wenn er nicht Keuschheit geloben will, weil es keinem von ihnen beiden erlaubt ist ohne Zustimmung des anderen, und der eine ohne den anderen Keuschheit geloben kann Gratianus, CIC, C.16 q.1 c.65. Gratianus, CIC, C.17 q.1 c.1-4. c  Gratianus, CIC, C.20 q.2 c.1. a 

b 

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iv. DINGE, KAP.  15-17

oder darf, da der eine dem anderen gegenüber gehalten ist, seine [ehelichen] Pflichten zu erfüllen.“a c. Nicht nur gegenüber diesen Personen wird auf die Ungültigkeit von Gelübden geachtet, sondern auch bei alten Leuten und ihren Kindern sind mitunter Gelübde ungültig, die eher zur Buße als zur Durchführung geeignet sind, so wenn einer schwört, er wolle etwas tun, wozu seine Kräfte nicht ausreichen oder wozu er bei der Schwäche seiner Natur nicht fähig ist, damit er nicht etwa zum Mörder an sich selbst wird. d. Gelübde aber, die wir auf Anraten des Verstandes und mit dem Geist als Führer ablegen, sind unumstößlich zu erfüllen. e. Während nämlich im Alten Gesetz ein vielfältiges Opfer dargebracht werden sollte, wie man in Levitikus liest (vgl. Lev 2,9), wird von der Kirche der Gläubigen ein einziges Opfer gefeiert, also das Opfer von Leib und Blut des Herrn. – Weil wir später, wenn wir die Messe behandeln, davon ausführlicher sprechen werden, wollen wir dies für den Augenblick übergehen.

Kapitel 17 Nun über A b g a b en . Wie im Alten Gesetz das Volk an einigen hohen Festtagen in Jerusalem zusammenkam, um im Tempel zu beten, so an Pascha, Siebenwochenfest und dem Fest der Ungesäuerten Brote, und wie alle nach dem Gebot zu opfern gehalten waren, so sind alle Christen nach der Einrichtung der hl. Väter gehalten, zu opfern nach Maßgabe ihres Besitzes an den vier Hauptfesten, also Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Allerheiligen, damit die Priester dadurch ihren Unterhalt haben. Außerdem müssen sie mit Öl und Wachs opfern zur Erneuerung der Osterkerze und zur Beleuchtung der Kirche. Ansonsten sind sie nicht gehalten, wenn es aber geschieht, sind es freiwillige Abgaben, auch wenn es bei der Beichte geschieht. Was aber in irgendwelchen Kirchen für eine Grablege verkauft und was an Schenkungen für das Glockenläuten gefordert wird, ist Sünde, so als ob die Sakramente der Kirche verkauft würden. a 

Gratianus, CIC, C.33 q.5 c.1.

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II. DIE GOTTESDIENSTE DER BETENDEN KIRCHE

i. Das Stundengebet 40

Kapitel 18 a. Nachdem die ersten vier Kapitel behandelt sind, ist nun im fünften und letzten über die Ä mter i n der K i rc he zu sprechen. Zuerst ist also zu schauen, was ein Amt (officium) ist, zweitens, warum es so genannt wird, drittens wie darüber zu handeln ist.a b. ‚Amt’ wird von Isidor so beschrieben: „Amt ist das eigentliche Handeln eines jeden einzelnen entsprechend den Sitten und Gesetzen einer Stadt oder den Einrichtungen seines Standes.“ b Anders sind ja die Einrichtungen eines Mönchs, anders die eines Kanonikers, wieder anders die eines Eremiten und so von anderen. c. ‚Amt’ heißt aber, wie Hieronymusc in seinem Buch[kapitel] ‚Über die Ämter’ sagt, „gleichsam ‚ich bewirke’ (effício, -cis), denn jedem obliegt es, sein Amt effizient auszuführen.“d d. Über die Ämter ist im Allgemeinen und im Besonderen zu handeln. Es gibt allgemeine und einheitliche Aufgaben, die das ganze Jahr über zu befolgen sind wie das Stundengebet, die Vesper und die Komplet, auch einige Messen und einige Matutinen, anVgl. Kap. 18 d. vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI 19, 1. c  Irrtümlich statt Isidorus. d  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI 19, 1. a 

b 

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i. Stundengebet, KAP.  18-19

dere sind besondere, die entsprechend der Verschiedenheiten der Zeiten und der Abfolge der Hochfeste verschieden sind, entsprechend der Verschiedenheit der Zeiten [des Kirchenjahres]. Man singt anderes in der Fastenzeit, wieder anderes in der Osterzeit, noch anderes im Sommer, wieder anderes im Advent. Entsprechend der Abfolge der Hochfeste singt man anderes an einem Hochfest, anderes zu anderer Zeit, denn zu Ostern werden drei Lesungen gelesen,a zu Weihnachten neun.

Kapitel 19

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a. Zunächst ist über d a s A mt i m A l l g emei nen zu sprechen und zwar in folgender Ordnung: 1. ist zu schauen, was in der Kirche zu singen ist, was zu rezitieren (psállere), 2. von wem das kirchliche Offizium eingerichtet wurde, 3. warum und wieso, 4. von wem es in den Kanon aufgenommen und bestätigt wurde. b. Wir sagen also allgemein, in der Kirche darf nichts gesungen, rezitiert oder gelesen werden, was nicht vom Höchsten Bischof [dem Papst] kanonisiert wurde. c. Dann ist zu schauen, von wem, warum und wozu. „In der Urkirche haben die einzelnen in der Kirche nach ihrem Gutdünken Verschiedenes gesungen, so jedoch, dass das, was sie sangen, zum Lob Gottes passte. Einige Stücke aber wurden am Beginn der Kirche von Christus selbst eingerichtet, wie das ‚Gebet des Herrn’, oder von den Aposteln, wie das Glaubensbekenntnis. Später spaltete sich die Kirche durch Häresien und Schismen. Als Kaiser Theodosius, der in dieser Zeit alle Ketzereien auslöschte, das sah, bat er Papst Damasus, dieser möge einen weisen und katholischen Mann berufen, der den Gottesdienst der Kirche ordnen solle. Also bat und berief Papst Damasus den Priester Hieronymus, er solle den Gottesdienst der Kirche ordnen. Hieronymus hielt sich damals mit Paula und Eustochium und anderen heiligmäßigen Jungfrauen in Bethlehem auf. Er hatte zuvor in Rom unter sieben Päpsten gelebt und war perfekt in drei Sprachen, Latein, Hebräisch und Griechisch. Er übernahm das und ordnete, was von den Psalmen a 

Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 31.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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am Sonntag gelesen werden sollte, wie viel am Montag und so an den übrigen Tagen. Auch die Evangelien und Episteln“a und die übrigen Gottesdienste ordnete er zum großen Teil, abgesehen von den Gesängen. Einige andere Kirchenlehrer fügten einiges hinzu und ordneten dies. d. Als dieses Werk vollendet war, schickte Hieronymus es nach Rom, es wurde von Papst Damasus approbiert und von einem Konzil kanonisiert. Und Damasus befahl, es solle in allen Kirchen verwendet werden, wie es nun geordnet war. So wissen wir, von wem, warum, wofür, und wer es kanonisiert hat.b

Kapitel 20

43

a. Dies haben wir nun gesehen; wir wollen mit dem Offizium fortfahren und dabei mit den Na c ht g ot te s d ien sten beginnen, sodass wir nicht vom Licht in das Dunkel geraten, sondern wie es normalem Denken entspricht, vom Dunkel zum Licht fortschreiten. b. Man muss also wissen, dass man in der Zeit der Alten Kirche dreimal in der Nacht aufstand, um das Stundengebet zu feiern. Zunächst beim ersten Schlaf, wenn also die Leute sich gewöhnlich schlafen legen, dann zweitens um Mitternacht, das dritte Mal kurz vor Tagesanbruch, so geordnet, dass die Nokturnen beendet und Lesungen mit den Responsorien gelesen wären, bevor es hell würde. Und sobald der Morgenstern erschien, läutete man die Glocken und sang: ‚Te Deum laudamus – Großer Gott, wir loben Dich’, danach folgten die Laudes der Matutin. Zur ersten Nokturn standen nur die Geistlichen auf, die sich schon zeitig schlafen gelegt hatten. c. Und sieh: ‚nocturna, -nae’ bezeichnet die Nachtwache, ‚nocturni, -norum’ stehen für das Offizium selbst, ‚nocturna, -nae’ heißen die Psalmen, die am Sonntag vor den Lesungen rezitiert werden, ebenso die an den festfreien Tagen, etwa am Montag Der Herr ist mein Licht (Ps 27,1), und so an den einzelnen Tagen. ‚Nocturnae, -narum’ heißen die Zeiten, an denen Psalmen a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 1. Gratianus, CIC, D.5 c.13 de cons.

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i. Stundengebet, KAP.  19-20

gesungen werden, ‚nocturni, -norum’ heißen die neun Psalmen und neun Lesungen mit ihren Responsorien, die an Hochfesten gesungen werden. d. Zur zweiten Nokturn erhoben sich gleichermaßen die Geistlichen und die Verheirateten, sowohl die Männer wie auch die Frauen. Zur dritten Nokturn standen alle gemeinsam auf. Doch als dann die Liebe erkaltete (Mt 24,12) und die Leute zu faul waren, zum Nachtgottesdienst aufzustehen, sowohl die Geistlichen wie das Volk, beschloss man, alle sollten um Mitternacht aufstehen, entsprechend dem Wort des Propheten: Um Mitternacht stehe ich auf (Ps 119,62) usw., und das ganze Nachtoffizium sollte zusammenhängend gesungen werden, was einige Ordensleute noch heute beibehalten. „Doch die sich eher den Freuden der Nacht als dem Gottesdienst widmen wollten, missachteten wiederum diese Einrichtung. Deshalb wurde neu festgesetzt, dass wenigstens in der Zeit der letzten Nachtwache alle als Tagesbeginn aufstehen sollten.“a Jetzt aber ist die Pflege des Gottesdienstes so in Verfall geraten, dass die Kinder eher als die Geistlichen aufstehen und die Spatzen eher als die Geistlichen singen. e. Zur Erinnerung und im Gedenken an jene erste so lobenswerte Gewohnheit feiert jetzt die Kirche in der Sommerzeit das Nachtoffizium in der Zeit der ersten Nachtwache, was wir Vigil nennen, obgleich es ein wenig verfrüht ist. Es geschieht dies aber aus doppeltem Grund: auf die Empfehlung der Alten hin und zu unserer Aufmunterung. Wir sollen ja beachten, wie nüchtern in der Winterzeit beim nächtlichen Gottesdienst jene waren, die die Kürze der Sommernacht nicht aufhalten konnte, dreimal in der Nacht aufzustehen. Wir aber sollen uns als tadelnswert ansehen, von denen die meisten dann, wenn die Sonne aufgeht, zu faul sind, zum Gottesdienst aufzustehen. Ja, was noch wahrer ist: um den Nachtgottesdienst beiseite zu lassen, kümmern wir uns nicht um den Dienst am Tag. f. Die drei vorgenannten Vigilien werden beim Fest des hl. Johannes des Täufers, beim Fest der hll. Petrus und Paulus und bei

a 

Gratianus, CIC, C.1 q.91 c.1-2.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

Mariae Himmelfahrt gefeiert, denn dies sind die besonderen Feiertage jener [Sommer]Zeit.

Kapitel 21 Der Grund oder die Berechnung, weswegen man d rei m a l i n der Na c ht au f st a nd , war die Ähnlichkeit, die die Kirche mit einer belagerten Stadt hat. Wenn es sich nämlich ereignet, dass eine belagerte Stadt geschützt und aus der Belagerung befreit werden soll, müssen tagsüber alle gemeinsam verteidigen und in der Nacht durch drei Nachtwachen-Abteilungen die Nacht über vor den Tücken der Feinde bei ihren Aufgaben auf der Hut sein. Am Beginn der Nacht wachen alle, und sobald das Volk zu Bett geht, stehen die ersten Wachtposten zum Wachen auf, bis es ganz still wird. Dann stehen die Zweiten auf und wachen bis zum ersten Hahnenschrei. Danach behalten die Dritten die Wache bis zum Tagesbeginn. Diese Gewohnheit der sich abwechselnden Wachtposten haben die hll. Väter herangezogen zum Schutz der hl. Kirche, die die Stadt der Gläubigen ist.“a Sie greift der Teufel ständig an und bemüht sich mit allen Kräften, sie zu unterwerfen, aber bei Nacht stellt er uns noch mehr nach. Die Nacht ist ja noch mehr für die hässlichen Sünden geeignet wie für Diebstahl, Ehebruch und vieles andere. Was man mehr voll Scham tut, will man verbergen. Daher müssen wir umso aufmerksamer wachen gegen die verborgenen Nachstellungen des altbösen Feindes, damit sie uns nicht zu Schändlichem hinziehen können. 45

Kapitel 22 a. Auch ist zu bedenken, dass wir bei den drei Nachtoffizien die E i ntei lu n g der d rei Z eiten darstellen: die Zeit vor dem Gesetz, die Zeit unter dem Gesetz, die Zeit der Gnade. Bei denen wechselt jede mit drei Unterschieden. „Die Zeit vor dem Gesetz war der erste Abschnitt von Adam bis Noah, der zweite von Noah bis Abraham, der dritte von Abraham bis Moses. Die Zeit unter a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 1.

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i. Stundengebet, KAP.  20-22

dem Gesetz hatte folgende Abschnitte: von Moses bis David, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft, von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus.“a b. Der erste Zeitabschnitt unter der Gnade war die Zeit der Apostel und der Verkündigung des Evangeliums, die zweite Zeit die der Anfechtung durch die aufkommenden Irrlehren, die dritte Zeit die des Friedens, in der die Irrlehren beseitigt waren. c. Diese neun Unterschiede dieser drei Zeiten oder dieser Abschnitte stellen wir in der Zahl der Psalmen dar, die wir im Nachtoffizium singen. An Festtagen singen wir ja je neun Psalmen, neun Lesungen, neun Responsorien, neun Versikel, in jeder Nokturn drei Psalmen, drei Lesungen, drei Responsorien und drei Versikel. Doch die Neunzahl der Psalmen und Lesungen, der Responsorien und der Versikel wird jeweils für dasselbe betrachtet hinsichtlich der Bedeutung der Zahl. d. Bei den genannten Abschnitten der Zeiten wachten die hll. Väter gut und legten Wert auf gute Werke, und wir sollen, um uns deren Verdiensten anzugleichen, beim Nachtoffizium unter der Neunzahl die Psalmen, Lesungen, Responsorien und Versikel im Gotteslob singen, womit wir uns vor den Dämonen wachsam schützen. Und auch deshalb tragen wir in den drei Nokturnen die neun Psalmen, neun Lesungen, neun Responsorien und neun Versikel vor, um der Dreifaltigkeit zu gefallen und um mit den neun Rängen der Engel verbunden zu werden. Wir handeln so in der Nacht, weil unsere Stadt, also die gegenwärtige Kirche, einen Schatten der himmlischen Kirche darstellt, zu der wir mit der Gnade Gottes gelangen werden. e. Dieses Offizium der drei Nokturnen wird in der Nacht zum Sonntag und an den Dreifaltigkeitsfesten sowie an den Festen der Heiligen gleicher weise gefeiert, weil wir glauben, dass sie schon die Freuden der Auferstehung des Herrn erreicht haben, die durch den Sonntag dargestellt werden. Auch tragen wir an deren Festen gleicher weise neun Psalmen und ebenso viele Lesungen und Responsorien vor, um zu zeigen, dass sie den neun Rängen der Engel verbunden sind. f. In den Nächten der Tage aber, die

a 

Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 3 col. 346B.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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kein Fest sind, werden zwölf Psalmen, die wir ‚Dieta’a nennen, mit sechs Antiphonen gesungen, drei Lesungen werden mit drei Responsorien vorgetragen. g. „Je 12 Stunden werden dem Tag und ebenso viele der Nacht zugerechnet. Für jede Nachtstunde singen wir zu Gott einen Psalm,“ b damit Er uns aus dem Irrtum der Nacht, der Blindheit des Geistes, in die uns der Teufel wegen der Ursünde des Stammvaters gezogen hat, durch die Barmherzigkeit Gottes befreit. Die sechs Antiphonen weisen auf die sechs Werke der Barmherzigkeit, durch die wir, wenn wir sie rechtens befolgen, aus der Finsternis dieser Welt zum wahren Licht, d. h. zu Christus, gelangen werden. Die Psalmen verbinden wir deshalb, damit gezeigt wird: Unsere Lobgesänge und unsere Werke bedeuten nichts ohne die Liebe, die in der Liebe zu Gott und zum Nächsten besteht; dazwischen gibt es keinen Mittelweg. Zwei Psalmen beenden wir mit einem ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater’, weil unsere Lobgesänge dann Gott wohlgefällig sind, wenn wir in der Liebe bleiben. h. Drei Lesungen verweisen auf die drei Lebensalter, also Kindheit, Jugend und Alter, in denen wir gehalten sind, Gott mit gutem Wachen zu loben, damit wir nicht vom Teufel verführt werden.

Kapitel 23

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a. „D er h l . B ene d i k t hat das Nachtoffizium anders gefeiert, doch er sagte sich nicht los von der genannten Einrichtung der Kirche, und sein Handeln wurde ihm auch von niemandem untersagt, sondern es wurde vom hl. Gregor gebilligt und bestätigt. Dieser erkannte nämlich, dass jener ein hochheiliger Mann war und voll des Heiligen Geistes, der dieses Offizium nicht so geordnet hätte, wenn er es nicht vom Heiligen Geist empfangen hätte.“c b. Der hl. Benedikt sehnte sich nach der Würde eines Lebens in Vollkommenheit, darum setzte er fest, es sollten in der 1. Nokturn sechs Psalmen und vier Lesungen mit vier Responsorien geTäglich vorkommende Stücke. Vgl. Liber Quare 198. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 28; 2, 65. a 

b 

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i. Stundengebet, KAP.  22-24

sungen werden, ebenso viele in der 2. Nokturn. Dadurch stellte er uns das kontemplative und das aktive Leben vor Augen. Die Sechszahl der Psalmen bezeichnet das aktive Leben, in dem es uns zukommt, die sechs Werke der Barmherzigkeit zu üben, wenn wir zur Vollkommenheit des kontemplativen Lebens gelangen wollen, das durch die vier [Stücke aus den] Evangelien bezeichnet und ebenso durch die vier Lesungen verkörpert wird. c. In der 3. Nokturn richtete er ein, es sollten drei Cantica zum Lobpreis der Dreifaltigkeit gesungen werden, von der uns, wie wir glauben und erhoffen, mit der Liebe die Vollkommenheit des Lebens gegeben wird. Gesungen werden jene Cantica mit einem Halleluja, weil dies ein Gesang himmlischen Lobes ist, zu dessen vollem Lobpreis menschliches Loben nicht ausreicht. d. Die vier Lesungen aus dem Evangelium, die nun folgen, bezeichnen, dass die Gott Lobenden durch die Lehre der vier Evangelien in den vier Tugenden ausgezeichnet sein müssen. Mit den vier Responsorien wird der Eifer der Lobenden dargestellt, doch damit sie dieses vollbringen, jenes Gute sich nicht selbst zuschreiben, sondern alles dem Lob Gottes zuweisen und sich als Diener Gottes zeigen, wird das ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’ hinzugefügt. Danach liest man das Evangelium, „das den Denar bezeichnet, d. h. das Leben und zwar das ewige, das den Lobenden würdig zuteil werden wird.“a Durch den folgenden Hymnus ‚Te decet laus – Dir gebührt Lob’ usw. wird die Freude festgehalten, die die Heiligen nach so vielen Mühen für die Wiedererlangung des Denars aufbieten. – Doch weil das Offizium der Mönche, wie es scheint, nichts mit uns zu tun hat, mag dies darüber Gesagte hinreichen, und wir wollen in unserem eigenen Vorhaben fortfahren.

Kapitel 24 a. „Da die Diener der Kirche zum Na c htof f i z iu m aufstehen, und so, wie die Wächter in Burgen sich mit Trompeten wach halten, läuten diese zuerst die Glocken zum Zeichen für die Gläubigen, sie sollten gegen den Verführer, den Teufel, in der Nacht waa 

Gregorius Magnus, Moralia in Iob XXXV, 16, 42.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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chen und sich zum Lobgesang für den Schöpfer erheben. Durch Ihn können sie mit größerer Gewissheit hoffen, von der Finsternis infolge der Sünden und von der Beunruhigung durch den Dämon befreit zu werden. – Wie aber an Hochfesten, an Sonntagen, an niederen Festen und gewöhnlichen Tagen zu läuten ist, werde ich an anderer Stelle sagen. b. Während also die Glocken geläutet werden, sollen die Diener der Kirche die geöffnete Kirche betreten und zunächst still zu den Altären der Heiligen gehen, sich verneigend beten und die Heiligen anflehen, sie mögen ihnen helfen, durch ihre Unterstützung und durch gutes Wachehalten ihre Herde vor dem Fürsten der Finsternis zu bewahren und ständig beim Gotteslob bei ihnen bleiben.“a c. Nach dem Ende des Glockenläutens „sagt der Wochendienst Habende mit lauter Stimme: Domine – Herr, öffne meine Lippen, d. h. öffne die Stirn, wie es der Stirn entsprechend ist. Öffne, sage ich, Herr und mein Mund wird Dein Lob verkünden (Ps 51,17). Doch hatte er nicht seinen Mund zuvor geöffnet, als er betete? – Er hatte gewiss [gebetet], aber dies ist die Weise des Sprechens. Es wird ja nicht gesagt, er habe seinen Mund geöffnet, als er still betete, sondern er hat ihn dann geöffnet, dass seine Stimme offen gehört wird, oder seinen Mund hatte er noch nicht zum Lob Gottes geöffnet, obwohl er ihn zum Beten geöffnet hatte.“ b Oder er berührt den frommen Brauch der Priester der Urkirche, die, wenn sie schlafen gingen, sich mit einem Kreuzzeichen wappneten, und sie bewahrten das Schweigen bis zum Morgen, und dann brachen sie mit lauten Stimmen in das Gotteslob aus. Doch weil der Mensch dieses von Gott hat, dass er Ihn lobpreist, deshalb erbittet er das Öffnen seines Mundes von Ihm, indem er sagt: Herr, Du wirst meine Lippen öffnen. d. Doch weil dem Teufel der Lobpreis Gottes immer verhasst ist und er deswegen einen Menschen dann besonders scharf angreift, wenn dieser verspricht, er wolle Gott loben, und damit der Gott Lobende nicht vom Teufel überwunden wird, fällt es ihm nicht leicht, Widerstand zu leisten. Er fleht also Gottes Hilfe an: a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 30. Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 9, 1.

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i. Stundengebet, KAP.  24-25

Deus in adiutorium – Gott, komm mir zu Hilfe (Ps 70,2). Dann beginnt er im Vertrauen auf Gottes Hilfe, die immer den Ihn würdig Anrufenden zur Hand ist, er beginnt sein Versprechen und singt sein Lob nicht einzeln dem Vater, dem Sohn oder dem Heiligen Geist, sondern der ganzen Dreifaltigkeit, wenn er sagt ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater’ usw. e. Wenn der Kantor, der gleichsam der Herold der Kirche ist, oder sein Stellvertreter sein Gotteslob begonnen hat, ermahnt er die anderen, die noch vor den Altären im Gebet verharren, zum Gotteslob und singt: Venite – Kommt, lasst uns jubeln vor dem Herrn (Ps 95,1). In diesem Psalm sind einige Gründe enthalten, warum wir zu Gott jubeln sollen.

Kapitel 25 a. Nach dem Ende der Ermunterung, die ‚Invitatorium’ [Einladung] heißt, folgt der Lobpreis selbst, also der Hy m nu s , der deshalb stehend gesungen wird, damit wir mit erhabener Gestalt zeigen, wie wir beim Gotteslob unsere Herzen hoch erhoben halten müssen. Denn wenn der Verstand nicht mit der Zunge in Einklang steht, ist gewiss, dass die Stimme Gott nicht gefällt, mag sie auch noch so laut tönend sein. b. „Die folgende Antiphon, die mit ganzer Melodie gesungen wird, bezeichnet die Hingabe des Geistes, die wir beim Gotteslob haben. Die Antiphon beginnt vor dem Psalm, und wenn der Psalm, der dazu rezitiert wird, beendet ist, wird sie vollständig wiederholt.“a Denn dann singen wir unser Loblied gut, wenn das mit der Hingabe des Geistes Begonnene mit guter Hingabe beendet wird. Antiphonen sind auch wie richtige Lieder zur Erholung der Herzen in das Gotteslob eingesät. c. Der Versikel, der gesungen wird, versinnbildlicht, dass wir uns nach dem Offizium mit Psalmen nun dem Offizium mit Lesungen zuwenden. Er wird von Knaben hier so gesungen, dass wir erkennen, dass unser Lobpreis Gott gefällt, wenn wir ihn in Unschuld vollziehen.

a 

Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 3.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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d. Danach wird das ‚Gebet des Herrn’ gesprochen, das unter allen anderen Gebeten das höchste mit dem Privileg der Autorität ist, und das deshalb so gesprochen wird, dass die Versuchungen des Teufels dadurch zurückgedrängt werden. Sobald nämlich der Teufel merkt, dass wir Lesungen vortragen wollen, in denen die Siege der Heiligen dargestellt werden, die sie über ihn erfochten haben, oder die insbesondere zur Belehrung über die Sitten und zur Bildung der Tugenden gelesen werden, dann kämpft er noch härter gegen uns. Doch damit wir unter seinem Angriff nicht besiegt werden, stärken wir uns durch das Gebet des Herrn. Es wird still gesprochen, damit verdeutlicht wird, dass Gott mehr auf das Gebet der Sinne als auf das der Stimme achtet. Der letzte Teil des Gebets wird mit lauter Stimme gesprochen, also: Et ne nos – Und führe uns nicht in Versuchung (Mt 6,13), damit offenkundig wird, was in jenem Gebet gesagt wird, nämlich, dass der Vorleser beim Vorlesen nicht vom Teufel mit dem Ruhm der Überheblichkeit verführt wird und die Sinne der Zuhörer nicht durch dessen phantastische Versuchungen vom Verständnis und Nutzen der Lesung ferngehalten werden. e. Der Lektor tritt an das Buch heran, doch bevor er vorliest, erbittet er vom Zelebranten gleichsam die Befugnis zu lesen, indem er sagt: ‚Iube, dompne, benedicere – Herr, lass mich den Lobgesang sprechen!’, „wobei deutlich wird, dass nur der in der Kirche lesen darf, der den Auftrag oder die Erlaubnis dazu erhalten hat.“a f. Doch beachte: Er sagt: ‚dompne’, nicht ‚Domine’. Am Ende jeder Lesung sagt er: ‚Domine’, dort: ‚Tu autem, Domine – Du aber, Herr, erbarme Dich unser (Ps 41,5).’ Hier sagt er ‚dompne’, weil er einen Menschen anspricht, der im Hinblick auf den Herrn nur halb vollständig und unvollkommen ist, und deswegen benutzt er das Wort in synkopierterb Form, das die Mönche verwenden, wenn sie ‚domnus abbas’ und nicht ‚dominus abbas’ sagen. Daher kommt es auch, dass die dienenden Knechte, wenn sie ihren Herren den Becher reichen, nicht beide Knie bis zur Erde Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis I, 14 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 173]. b  Unter Auslassen eines Lautes innerhalb eines Wortes. a 

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i. Stundengebet, KAP.  25-26

beugen müssen, sondern nur das eine, das linke, wodurch die teilweise leibliche Knechtschaft sinnfällig wird, die nur Menschen gebührt, nicht jedoch die geistliche. Und vor keinem weltlichen Oberen ist das Gesicht zu verneigen, sondern nur das linke Ohr bei gebeugtem Kopf. g. Nach Beendigung der Lesung sagt der Lektor: ’Tu autem, Domine – Du aber, Herr, erbarme Dich unser!’ Er sagt nicht ‚dompne’, denn er spricht zu Gott, dem vollkommenen Herrn, und der ist des vollen und vollkommenen Wortes würdig. Es stammt nicht aus der vorausgegangenen Lesung und setzt auch die Lesung nicht fort, sondern nach Beendigung der Lesung richtet der Lektor seine Rede an den Herrn, entschuldigt sich und sagt ‚Tu autem’ usw. Der Sinn ist: ‚Herr, ich habe möglicherweise gesündigt in der Lesung, die ich aus Begierde nach menschlichem Lob melodisch vorgetragen habe.’ Und ebenso haben die Zuhörer gesündigt, indem sie mannigfachen Gedanken nachgegangen sind und ihr Zuhören nicht der Lesung zugewandt haben. ‚Autem’ ‚und’, sagt er statt ‚sed’ ‚jedoch’. h. „Dass aber von allen allgemein geantwortet wird: ‚Deo gratias – Dank sei Gott’, bezieht sich auf die Lesung und ist die Stimme der Kirche, die Gott Dank abstattet,“a als ob sie sagte: „Gott nährt uns mit den Heilsworten, die Speise für die Seele sind, und für solche Wohltat wird gesagt: ‚Dank sei Gott’, zu ergänzen: ‚wir bringen sie dar.“ b

Kapitel 26 a. In der 3. Nok t u r n werden aus einer Homilie zum Evangelium, das an diesem Tag zu lesen ist, die Lesungen vorgelesen, weil die 3. Nokturn wie gesagt, die Zeit der Gnade darstellt, in der die Verkündigung des Evangeliums gefeiert wird. b. Zu beachten ist: In der Zeit, als die Wahrheit über die Dreifaltigkeit von den Ketzern besonders angegriffen wurde, als die Ketzereien endlich vera  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis I, 14 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 173]. b  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis I, 14 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 173].

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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trieben waren und die Geistlichen zur Erkenntnis der Wahrheit zurückgekehrt waren, ordneten die hll. Väter an, die 9. Lesung solle über die Dreifaltigkeit gelesen werden, ebenso zur besseren Erkenntnis der Dreifaltigkeit das Responsórium. Dies wurde lange Zeit beibehalten, doch weil die Kirche es nicht mehr nötig hatte, eine Lesung über die Dreifaltigkeit zu lesen, da alle Christen tatsächlich an sie glaubten, hörte man auf, die Lesung über die Dreifaltigkeit zu lesen, behielt jedoch das Responsorium bei. So kommt es, dass wir im Sommer an den Sonntagen das 9. Responsorium von der Dreifaltigkeit singen. Doch kann es nun nicht eigentlich ‚Responsorium’ genannt werden, denn es ‚antwortet’ nicht auf die Lesung davor. „Responsorien müssen immer auf die Lesungen antworten, denen sie angefügt werden. Darum heißen sie ja ‚Antwortgesang’.“a c. „Der Vers heißt so, weil er nach dem Ende das Responsorium ’wendet’, d. h. er wendet sich und wird erneut gesungen oder zumindest einzelne Teile [des Responsums].“ b d. Und eine Frage der Musik wird gelöst, die bei einem Vers im 2. Ton auftaucht, der auf C endet, wo der 2. Ton doch immer auf D schließt. Wir sagen, dass es sich hier nicht um einen Schlusston handelt, sondern innerhalb des Responsoriums um die Wiederholung. e. Man kann sagen, dass dieses Responsorium angemessen so heißt, nicht weil es der zuvor genannten Lesung antwortet, sondern jener Lesung, die man über die Dreifaltigkeit vorzutragen pflegte. f. Nach Beendigung der Nokturnen werden die Lichter der Kirche angesteckt und die Glocken geläutet, und man singt mit vernehmlicher Stimme ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’, was die Freude und Fröhlichkeit der Frau über die Drachme ausdrückt, die verloren war und nun wiedergefunden wurde beim Anzünden der Kerzen. Was das Ende des Canticums, also ‚Per síngulos dies – Alle Tage wollen wir’c und die folgenden Verse anlangt: Diese werden kräftiger gesungen, und es wird geläutet. Dies a  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis I, 15 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 176]. b  Amalarius Metensis, De ordine antiphonarii Adnotatio 6. c  Sechstletzter Vers des Te Deum.

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i. Stundengebet, KAP.  26-28

kennzeichnet den Jubel der Nachbarinnen, den sie der Frau wegen der wiedergefundenen Drachme dargebracht haben, und das Glockengeläut entspricht deren Zusammenrufen.

Kapitel 27 a. Nach dem Nachtoffizium ist nun über das Ta g e s of f i z iu m zu sprechen, das in sieben Abschnitte aufgeteilt wird, also Laudes der Matutin, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. Die Messe gehört entweder der Terz oder der Non. Zwischen diesen beiden Horen wird die Messe regulär gefeiert. b. „Dass wir das Tagesoffizium zu sieben Zeiten durchführen, haben wir vom Propheten, der sagt: Siebenmal am Tag singe ich Dein Lob (Ps 119,164). Warum aber siebenmal? – Weil mit dem nächtlichen Offizium die Zeit des Elends dargestellt wird, in der das Menschengeschlecht vom Teufel belagert gehalten wurde. Dagegen bezeichnet das Tagesoffizium die Zeit unserer Erlösung und unserer Befreiung, die durch Christus, die Sonne der Gerechtigkeit, geschehen ist. Er hat in der Klarheit seiner Gottheit unsere Finsternis erleuchtet und uns aus der Knechtschaft des Teufels herausgerissen. Und weil wir so viel Gutes durch das Geschenk der Gnade des Heiligen Geistes besitzen, singen wir siebenmal am Tag den Lobpreis Gottes. Aber weil man mit dem Weg der Buße aus der Finsternis der Sünden auf den Weg der Freiheit kommt, daher kommt es, dass wir an den Wochentagen zu den Laudes der Matutin den Bußpsalm Miserere – Erbarme Dich meiner, o Herr (Ps 51) singen.“a An Festtagen aber mit Ausnahme der Septuagesima rezitieren wir den Psalm Dóminus regnavit – Der Herr ist König, bekleidet mit Hoheit (Ps 93). – Über diesen und die anderen Psalmen wird später gesprochen.

Kapitel 28 a. Es gibt noch einen weiteren Grund, weswegen wir Gott sieb en m a l a m Ta g e lob en , denn der Tag vergegenwärtigt das a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 51.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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Alter eines jeden, nicht das Alter, das jeder Mensch hat, sondern das er hätte, wenn er nicht sündigte. Dieses hat sieben Abschnitte: Kindheit, Knabenalter, Jünglingsalter, Mannesalter, Greisenzeit, Hinfälligkeit und Lebensende. Durch die Morgenlaudes wird die Kindheit dargestellt, durch die Prim das Knabenalter, durch die Terz das Jünglingsalter, durch die Sext das Mannesalter, durch die Non die Greisenzeit, durch die Vesper die Hinfälligkeit, durch die Komplet unser Lebensende. b. In all diesen Altersstufen sind wir gehalten, unseren Schöpfer zu loben. Dass der Mensch in der frühen Kindheit Gott loben kann, „dafür wird uns der hl. Nikolaus als Beispiel dargestellt, weil er an Mittwoch und Freitag aus der Tugend der Enthaltsamkeit heraus nicht an der Brust der Mutter gesaugt hat;“a bei den anderen Lebensaltern ist es genügend offensichtlich. c. Es gibt weiter zahlreiche Gründe, warum wir besonders zu diesen Stundenzeiten Gott lobpreisen: Wenn der Tag die Morgenröte bringt, singen wir die Laudes der Matutin. „Diese Matutin heißt so nach ‚mane’, d. h. ‚Geschenk’,“ b denn es wird uns mane/morgens das Licht geschenkt, und „anscheinend ist nichts besser als das Licht.“c Die Laudes heißen so, weil dieses Offizium in besonderem Maße Gotteslob singt, das wir Ihm vortragen, weil Er uns aus der Finsternis des Irrtums zum Licht der Wahrheit zurückgeführt hat. d. Also singen wir in dieser Zeit zu Gott die Laudes, denn in dieser Stunde hat Gott die Welt und die Engel geschaffen, die sofort, nachdem sie geschaffen waren, mit süßem Gesang ihrem Schöpfer Lobgesänge zujauchzten. Ebenso hat der Herr zu dieser Stunde das Volk der Israeliten durch das Rote Meer geführt und die Ägypter dort versenkt. Und endlich ist zu dieser Stunde Christus siegreich vom Tode auferstanden.

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1033C. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines 1, 31, 12. c  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 30, 14. a 

b 

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i. Stundengebet, KAP.  28-29

Kapitel 29 a. Es folgen jetzt die anderen sechs Ta g e shoren , unter denen auch sechs weitere Stunden miterfasst werden. „Dem Tag werden zwölf Stunden zugeteilt, ebenso viele der Nacht.“a Bei der Prim fassen wir zwei Stunden zusammen, also die 1. und die 2., unter der zweiten Hore [der Terz] drei Stunden, die 3., 4. und 5. Stunde, bei der Sext genauso drei Stunden, eben die 6., 7. und 8., bei der Non zwei, die 9. und 10. Stunde. Die Vesper stellt die 11. und die Komplet die 12. Stunde dar. b. Warum feiern wir aber die Prim und nicht eher die 2. Stunde, die Terz und nicht die 4. oder 5., die Sext und nicht die 7. oder 8., die Non und nicht die 10. Stunde? – Weil diese Stunden mit gewissen Privilegien ausgezeichnet sind: Die Prim, das ist die Stunde, in der Christus von den Juden an Pilatus ausgeliefert wurde und vom Tode auferstand und in der 1. Stunde der Maria erschien. „In der 1. Stunde erschien Er am Strand den sieben Jüngern beim Fischfang und sagte: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? (Joh 21,5). In der 3. Stunde wurde Er durch die Zungen der Juden zur Kreuzigung gebracht und gegeißelt. In derselben Stunde wurde auch den Jüngern zu Pfingsten der Heilige Geist gegeben. In der 6. Stunde wurde Christus für uns mit Nägeln ans Holz des Kreuzes geheftet. In derselben Stunde entschwand Er den Jüngern am Himmelfahrtstag. In der 9. Stunde rief Er laut und gab seinen Geist auf. Und als eine Seite seines Leibes durchbohrt wurde, brachte Er uns die beiden Sakramente unserer Erlösung, also das Wasser der Taufe und das Blut unseres Heils hervor. In der Vesperstunde wurde Er vom Kreuz genommen. In derselben Stunde aß Er beim Mahl mit seinen Jüngern und übergab ihnen das Sakrament seines Leibes und Blutes. Ebenfalls zu dieser Stunde am Tage seiner Auferstehung gab Er sich den beiden Jüngern, die nach Emmaus gingen, im Brotbrechen zu erkennen. In

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 47.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

der Kompletzeit betete Er für seine Jünger zum Vater. Zu derselben Stunde wurde Er ins Grab gelegt.“a

Kapitel 30 58

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Die L ob g e s ä n g e der M at ut i n: a. Es ist zur Genüge bekannt, welche Psalmen in diesem Stundengebet gesungen werden und welche Cantica, doch warum? – Das gehört zu einer anderen Erklärung. Wir haben uns jedoch vorgenommen, zunächst über diese Dinge, nicht über das allgemeine Offizium zu sprechen. Deshalb übergehen wir das kurz. b. Allgemein muss man also wissen: In den morgendlichen Laudes werden stets sechs Psalmen rezitiert, ebenso in den anderen Horen. Damit werden die sechs Werke der Barmherzigkeit bezeichnet, zu denen die Arbeiter im Weinberg des Herrn hinarbeiten müssen, und dass wir, wenn wir fromm und reinen Herzens uns um diese [sechs Werke] bemühen, aus der Knechtschaft des Teufels befreit werden, zur Freiheit des Lebens gelangen und den Lohn des Tages-Denars empfangen. c. Beachte: In den morgendlichen Laudes werden „die beiden Psalmen, also Deus, Deus, – Gott, mein Gott! Früh wache ich auf zu Dir (Ps 63,2) und Deus misereatur – Gott sei uns gnädig (Ps 67,2), zusammen mit nur einem ‚Gloria Patri’ gesungen, denn der erste Psalm kennzeichnet die Liebe zu Gott, der zweite die Liebe zum Nächsten, die so verknüpft sind, dass die eine ohne die andere in der christlichen Vollkommenheit nicht vorkommen kann.“ b d. Nach dem Hymnus der Drei Jünglinge, also das Benedicite – Gepriesen bist Du (Dan 3,2-56), bringen wir das ‚Gloria Patri’ nicht, denn wir sind wegen des Glaubensbekenntnisses in den Feuerofen geworfen, wodurch besonders der Dreifaltigkeit Abbruch getan wird. e. Nach dem Vortrag der Psalmen und der Antiphon liest der Zelebrant die Lesung, die wir mit anderer Bezeichnung ‚Kapitel’ Vgl. Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis I, 2-7 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 155-163]. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 38.53. a 

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i. Stundengebet, KAP.  29-31

nennen. Sie wird deswegen ‚Kapitel’ genannt, weil sie vom Haupt, dem Anfang der Epistel jenes Tages, genommen wird. Sie wird ohne ‚Iube, domne – Herr, gib den Segen’ und also „ohne priesterlichen Segen gelesen, denn es ist immer der eigentliche Auftrag des Zelebranten und des Prälaten der Kirche, die Lesung vorzutragen, sie brauchen daher nicht um die Erlaubnis zum Lesen zu bitten, sondern sie erteilen sie.“a Wenn aber eingewandt wird, er dürfe, falls ähnlich im Nachtgebet zufällig ein Priester die Lesung hat, nicht sagen: ‚Iube, domne, benedicere’, weil er die Erlaubnis zum Lesen und den Segen erteilt, dann sagen wir: Es ist nicht Amt des Priesters, die Lesung vorzutragen, sondern des Lektors. Wenn also dort ein anderer Priester anwesend ist, dann sagt ein Kleriker oder einer in niederem Weihegrad wie ein Vortragender ’Iube, domne’, und es wird ihm vom Zelebranten der Segen erteilt. Nach dem Schluss des Kapitels sagt er nicht: ‚Tu autem – Du aber, Herr, erbarme Dich unser’, denn der Priester muss vollkommen sein und einer, der den Einflüsterungen nicht leicht unterliegen darf. Der Priester also in der Person Christi ermahnt uns durch das Kapitel, mit den Sinnen im Glauben zu verharren, mit Werken auf die Barmherzigkeit hinzuarbeiten, und ermuntert dazu mit seiner Stimme.

Kapitel 31 a. Darauf wird der Hy m nu s gesungen, durch den die Freude ausgedrückt wird, die wir wegen der erreichten Befreiung erlangt haben. Doch weil Christus uns diese Freude erworben hat, brechen wir, damit wir angesichts dieser Wohltat nicht undankbar erscheinen, nach Ende des Hymnus in ein Loblied aus. Und weil Er uns befreit hat, statten wir Ihm unseren Dank ab und singen mit lauter Stimme: Benedictus Dominus – Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels (Lk 1,68). Und warum? – Denn Er hat uns, die wir im Elend sind, besucht und seinem Volk Erlösung geschaffen (ebd.). b. Nach Ende des Canticums mit seiner Antiphon, die die Liebe kundtut, die wir beim Lobpreis Gottes haben, sagt der Zeleba 

Gratianus, CIC, D.21 c.6.

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rant zum Volk: Dominus vobiscum – Der Herr sei mit euch, was aus dem Buch Ruth (Rut 2,4) genommen ist. Dort liest man, dass Booz seine Schnitter so begrüßt hat. Und vom Volk wird geantwortet: Et cum spiritu tuo – Und mit deinem Geiste, was genommen ist aus den Briefen des Apostels (Phlm 25), als ob der Zelebrant sagen wollte: ‚Unser Lobpreis sei bei Gott willkommen, Er möge es dankbar annehmen und uns mit dem Gewinn des Lebens lohnen.’ Wenn das Volk mit Et cum spiritu tuo antwortet, so ist es dasselbe, als wenn es antworten würde: Du sollst für uns Bitten zum Himmel schicken, und weil Gott nur Bitten gewährt und erhört, die aus gutem Herzen hervorgehen, sei Er, ohne den es nichts Gutes gibt, ‚und mit deinem Geiste.’ c. Dann sagt der Zelebrant, gewissermaßen mit zu geringem Vertrauen in sein Gutsein: ‚Oremus – Lasset uns beten!’ Es wird als Grund zur Vermeidung seiner Niedrigkeit und seines Hochmuts genannt, wenn er sagt: ‚Betet mit mir zusammen, damit wir schneller das erreichen, worum wir bitten.’ Dann spricht er das Gebet; darauf antwortet der Chor: Amen, als ob er sagen würde: ‚Dein Gebet ist glückverheißend geschehen!’ Und das ‚Amen’ stammt aus der Offenbarung des Johannes (Offb 2,13).a d. Erneut begrüßt der Zelebrant das Volk und sagt: Dóminus vobiscum, als ob er ihm sagen wollte: ‚Wenn ihr die Gnade Gottes angefleht habt, dann bleibt in ihr!’ Und wieder sagt das Volk: Et cum spíritu tuo – Und mit deinem Geiste, als ob es sagen wollte: ‚Du hast für uns gebetet, und wir beten für dich.’ e. „Dann singt ein Knabe: Benedicamus Dómino – Der Herr sei gepriesen, was aus dem Psalter (Ps 134,1) genommen ist. Darauf antwortet der Chor: Deo grátias – Dank sei Gott, was aus dem Apostel (1 Kor 15,57; 2 Kor 9,15) genommen ist. Dadurch wird sinnfällig gemacht, dass wir bis zum Ende unseres Lebens Gott in Unschuld dienen und ihn für seine Wohltaten preisen müssen und dabei Dank sagen.“ b f. Es folgen noch die Fürbitten an die Heiligen, denn solange wir leben, stecken wir in Sünden und werDie Septuaginta und Vulgata haben jedoch statt ‚Amen’: Antipas. Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis II, 20 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 303]. a 

b 

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i. STUNDENGEBET, KAP. 31 – ii. MESSE, KAP. 32-33

den von den Dämonen bedrängt, und daher bedürfen wir stets der Fürbitte der Heiligen.

ii. Die Messe Kapitel 32 a. Über das O pf er a m A lt a r wollen wir jetzt sprechen und zuerst über die Priesterkleidung und ihre Bedeutung, danach kommt die Behandlung, was der Dienst bei der Messe, was der Introitus und was die Tropen besagen. Das übrige aber werden wir nach der Ordnung kurz und bündig zusammenfassen. Die Sache ist nämlich schwierig und geht über die Kräfte unserer Mittelmäßigkeit hinaus. b. „Der Zelebrant ist gleichsam als Anwalt und Faustkämpfer gegen den altbösen Feind mit den heiligen Gewändern wie mit Waffen gekleidet. Er zieht Sandalen statt Beinschienen an, damit seinem Wirken auch ja kein Makel anhaftet. Sein Haupt schützt er mit dem Helm des Schultertuches.a Den ganzen Körper deckt eine Albe als Schild. Der Gürtel des Zíngulums ist wie ein Bogen, das Subzíngulum, das wie ein Zíngulum ist, nimmt er verbunden mit der Stola,. Die Stola legt er um den Hals, wie eine Lanze schwingt er sie wider den Feind.“ b Die Máppula oder den Manipel nutzt er wie eine Keule. Mit der Kasel wird er wie von einem Schild geschützt.

Kapitel 33 a. Durch das Sü ndenb e ken nt n i s sagt er sich los von der Herrschaft des Teufels. Bevor der Zelebrant die Messe singt, spricht er laut sein Bekenntnis, wie Salomo sagt: Ein weiser Mann ist am Anfang seiner Rede Ankläger seiner selbst (Spr 18,17). Er muss seine Mit dem Schultertuch formt der Priester zunächst eine Art Helm über dem Kopf, ehe er es zu den Schultern hinabzieht. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 83. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

Sünden allgemein bekennen, aber nicht über das Maß hinausgehen. b. So zum Streit gewappnet gegen die Geister der Bosheit im Himmel und um den Zorn des Richters gegen die Untertanen zu besänftigen, schreitet er zum Altar, und das Volk, das gleichsam für seinen Faustkämpfer beten will, neigt sich an festfreien Tagen auf die Erde. Wenn er Gebete singt und anderes rezitiert, kämpft er gleichsam mit aller Kraft gegen den Teufel. Wenn er beim Evangelium seine Kasel über der Schulter faltet, zückt er gleichsam das Schwert gegen den Feind. Wenn das Evangelium vorgelesen wird, wird gleichsam auf den Teufel eingeschlagen. Am Ende wird Frieden geschenkt, sodass die Ruhe des Volkes in dem niedergestreckten Feind offenbar wird. Wenn dann die Erlaubnis zur Heimkehr gegeben wird, soll das Volk Gott seinen Dank abstatten und in großer Freude nach Hause zurückkehren.

Kapitel 34 63

a. Das O f f i z iu m der Me s s e oder die Messe heißt als Ganzes so vom Anfang bis zum Schluss, d. h. vom Introitus bis ‚Ite missa est – Geht, es ist Sendung’. Der Sinn ist: ‚Geht Christus nach und folgt Christus, denn Messe ist für uns das Opfer, um Gottvater gnädig zu machen.’ Mitunter jedoch wird eingeschränkt und gleichsam gesondert der Teil, der zuerst gesungen wird, also der Introitus, Offizium genannt. Und ‚Messe’ heißt auch der Engel, der geschickt wird. b. „Die Messe wird in vier Teile eingeteilt: in die Bittgebete, Gebete, Forderungen und Danksagungen. Die Messe ist ja eine Einrichtung der Bittgebete, Gebete, Forderungen und Danksagungen. Der erste Teil erstreckt sich bis zum Offertorium, der zweite bis zum Ende des ‚Gebets des Herrn’, wenn ‚Amen’ geantwortet wird, der dritte bis zur Kommunion, der vierte bis zum Schluss.“a c. Und der erste Teil heißt Katechumenen- oder NeophytenMesse, was ungefähr dasselbe ist. Katechumener wird der Neua 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 112.

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ii. Messe, KAP.  33-35

bekehrte und noch nicht Getaufte genannt, Neophyt der Neubekehrte, gleich ob er schon getauft ist oder nicht. Außer diesen dürfen nämlich auch weder Juden noch Heiden daran teilnehmen, weil sie nicht Glieder der Kirche sind. „Da steht der Diakon am Ambo und hat laut zu rufen: ‚Éxeant – Die Katechumenen sollen nach draußen gehen!’“a „Daher wird dieser Teil wegen des Hinausschickens (emittere) als ‚Messe’ bezeichnet, denn sie werden hinausgeschickt.“ b Und dies stellt dar, was vom Herrn gesagt wurde: Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, denn Er wusste, was im Menschen ist (Joh 2,24.25). Und die, von denen hier gesprochen wird, werden durch die Katechumenen dargestellt. d. Und Offizium heißt so gleichsam ‚Wirksamkeit’ von ‚ich bewirke’ (effício, -cis), nicht von ‚ich behindere’ (offício, -cis). ‚Messe’ heißt auch das ganze Offizium, das vom Introitus bis zum ‚Ite missa est’ geht. Mitunter wird als Messe nur der Teil Offizium genannt, der still gesprochen wird. Mitunter nennt man nur jene Worte ‚Messe’, mit denen der Leib des Herrn gewandelt wird.

Kapitel 35 a. „I nt roit u s heißt aber, dass der Zelebrant dann zuerst zum Altar treten muss, um zu amtieren, wie der Bischof, der außerhalb des Chorraums mitunter an Festtagen mit den Waffen Gottes bekleidet wird. Und wenn der Introitus gesungen wird, tritt er zum Altar.“c An festfreien Tagen wird der Introitus deshalb nur zweimal gesungen, an Hochfesten aber dreimal. Mitunter werden Tropen eingefügt. ‚Tropus’ heißt so nach ‚tropos’, ‚was ,Wechsel’ heißt, weil dort einige Wechsel stattfinden. b. Beachte: „Die Messe wird in drei Sprachen gefeiert: Hebräisch, Griechisch und Lateinisch, denn die Inschrift, die am Kreuz Christi hing, war Hebräisch, Griechisch und Lateinisch geschrieben, d. h. aus jeder der drei Sprachen wird etwas angewendet. Aus

Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 7. Amalarius Metensis, Liber officialis III, 36, 7. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 111.

a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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der Hebräischen, die die vornehmere ist,“a Halleluja, Amen, Sabaoth, Hosanna. Obwohl Halleluja auf recht verschiedene Weise eingesetzt wird an Stellen, über die wir dort hinreichend sprechen werden, wollen wir es hier nicht übergehen. Nach Hieronymus wird es am besten mit ‚Laudate invisíbilem – Lobt den Unsichtbaren’ übersetzt. ‚Amen’ ist klar. ‚Sabaoth – [der Herr] der Heere, der Tugendkräfte oder Siege. „‚Hosanna’ ‚Rette, ich beschwöre Dich’, und wo? – ‚In der Höhe’. ‚Osi’ ‚ich beschwöre’, ‚anna’ ‚rette’. Somit ist Hosanna aus einem gekürzten und einem vollständigen Wort zusammengesetzt.“ b

Kapitel 36

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a. „Es folgt ‚Ky r ie e lei s on , Christe eleison’, das ist Griechisch. Das übrige ist Lateinisch. Das wird dreimal wegen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes gesungen. Es wird aber neunmal vorgetragen wegen der neun Ränge der Engel, denen beigesellt zu werden wir bitten.“c In einigen Kirchen wird ‚hymas’ hinzugefügt, was mit ‚uns’ übersetzt wird. b. An Feiertagen folgt aus dem Evangelium der Hymnus angelicus, der Hymnus der Engel: Gloria in excelsis Deo – Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen guten Willens (Lk 2,14). „Früher wurde nur dies in der Messe vorgetragen. Das übrige hat der hl. Hilarius, Bischof von Poitiers, hinzugefügt, also ‚Laudamus Te – Wir loben Dich’ usw. was folgt, und er hat angeordnet, dass dies in der Messe gesungen wird.“ d Es wird gesungen an den Festen derjenigen Apostel, Märtyrer und Bekenner, zu deren Ehre die Kirche geweiht ist, ganz gleich welche jene ist. c. „Nach dessen Ende wendet sich der Zelebrant um und begrüßt das Volk, indem er sagt: Dóminus vobiscum – Der Herr sei mit euch. Diese Begrüßung ist aus dem Alten Testament genommen, und zwar aus dem Buch Ruth (Rut 2,4). Sie steht dem niea  Ps.-Hugo de S.  Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 7; Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 12. b  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 118. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 92. d  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 11.

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ii. Messe, KAP.  35-37

deren Priester zu. Der andere Gruß aber, also Pax tecum – Der Friede sei mit euch, stammt aus dem Evangelium (Lk 24,36; Joh 20,21.26) und steht den Bischöfen zu sowie den weiter Höheren. Dadurch wird verdeutlicht, dass das Neue Testament würdiger als das Alte Testament ist. Die Antwort, also Et cum spíritu tuo – Und mit deinem Geiste, stammt aus dem Brief des Apostels an Titusa (2 Tim 4,22).“ b d. Wenn er sagt: ‚Oremus – Lasset uns beten’, sammelt er die ganze Kirche um sich, gleichsam als Anwalt, der in der Person der vielen spricht. Und dies haben wir aus der Antike. Die Alten schickten das ‚Oremus’ voraus und führten das Gebet gemeinsam weiter.c Wir aber lassen das Gebet fort und haben nur das ‚Oremus’ beibehalten.

Kapitel 37 a. Es folgt die Orat ion oder C ol le c t a . Beachte: Collecta sagt man eigentlich bei einer Prozession, wenn das Volk und die Geistlichkeit von einer Kirche zu einer anderen gehen. Und dann pflegte der Priester oder Bischof vor der ganzen Gemeinde ein Sammelgebet zu sprechen, als Gebet über das Volk, und dieses wurde eigentlich Collecta genannt. Wir aber haben jenes Gebet fortgelassen und nur ‚Oremus’ beibehalten. b. Beachte auch: „Der Zelebrant wendet sich bei der Messe fünfmal zum Volk und begrüßt es siebenmal. Das erste Mal gleich am Beginn, das zweite Mal beim Evangelium, das er nicht am Altar, sondern von einem Pult aus oder einem Ambo (lectórium) nach Norden lesen und bei dem er die Kasel über der Schulter falten muss, denn er übernimmt das Amt des Diakons. Das dritte Mal, wenn er zur rechten Altarseite zurückkehrt, von wo er nach dem Credo gekommen war, wenn es ein hoher Festtag ist, und er sich dann zum Volk wendet. Zum vierten Mal nach dem OffertoSo setzen die meisten Handschriften, einige fügen hinzu: oder an die Kolosser. Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis prooem. 21. c  Erinnerung Beleths, dass das ‚Oremus‘ eine Gebetseinladung an die Gemeinde war. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

rium, wenn er sagt: ‚Per ómnia – Von Ewigkeit zu Ewigkeit’ und in der Folge: Dóminus vobiscum. Doch dabei wendet er sich nicht um, denn Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat (Lk 9,62), darf zurückblicken. Zum fünften Mal wenn er sagt: Pax Dómini – Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch, da wendet er sich um; beim sechsten Mal nach der Kommunion, das siebente Mal am Schluss.“a c. Zu beachten ist: Es dürfen eine, drei, fünf oder sieben Orationen gesprochen werden: eine wie die ei ne Epistel oder das ei ne Evangelium oder wegen der Einheit des Glaubens, drei wegen der Dreieinigkeit wie „An ungrader Zahl erfreut sich die Gottheit.“ b Oder weil der Herr bei seinem Leiden dreimal betete, fünfmal wegen der fünffachen Passion Christi, siebenmal wegen der sieben Bitten im ‚Gebet des Herrn’ oder wegen der sieben Gaben des Heiligen Geistes, die ja bei Jesaja (Jes 11,2) aufgezählt werden. Die Zahl ‚sieben’ darf er nicht überschreiten.

Kapitel 38 68

a. „Dann wird die E pi ste l gelesen, „sie heißt so von ‚epi’ ‚über’ und ‚stolon’ ‚Sendung’,“c also gleichsam [durch Boten] Übersandtes, also Evangelium.“d Daher heißen Briefe, die von einer Person zu einer anderen geschickt werden, Episteln, d. h. Übersandtes, d. h. außer dem mündlich Geschicktem. b. Beachte: Es darf sich sonst keiner herausnehmen, diese Epistel vorzulesen, außer er sei ein Subdiakon, Diakon oder Priester. Besser ist es ja, dass der Zelebrant, wenn er selbst auch die Messe liest, sie vorträgt als ein Akolyth. c. Nach der Epistel wird das Graduale oder Responsorium mit seinen Versen gesungen. „Es heißt aber Graduale, weil es gewöhnlich von den niedrigen Stufen vor dem Altar gesungen wird oder von den höheren an den festfreien Tagen. An den Festtagen aber Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 84. Vergilius, Aeneis VIII, 75. c  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 8, 17. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 96. a 

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ii. Messe, KAP.  37-38

wird es von den obersten Stufen, d. h. vom Ambo (púlpitum) und von Knaben gesungen. Oder weil es in [Ton-]Stufen gesungen wird und man von Stufe zu Stufe ansteigen muss, d. h. wir müssen von Tugend zu Tugend aufsteigen.“a „Responsorium heißt es aber, weil es dem Vers entsprechen muss.“ b „Vers wird nach ‚Wenden’ benannt, oder weil wir uns nach Osten wenden, oder weil vom Vers eine Rückkehr zum Responsum stattfindet oder manchmal zu einem anderen Offizium wie in den Matutinen.“c d. Danach folgt das Halleluja – die Auslegung wurde schon Hieronymus entsprechend vorgenommen – an dessen Ende wir eine Vokalise singen (neumatizared). Es gibt einen Unterschied zwischen neuma, -mae und pneuma, -matis. Neuma ist Femininum und ist der Jubilus wie am Ende der Antiphonen. Pneuma ist Neutrum, der Heilige Geist. Danach wird der Vers gesungen, mit dem es ebenso das Zurückkehren zum Halleluja gibt. e. Dann folgt die Sequenz, die wir ‚Prosa’ nennen, und sie muss ‚sequéntia, -tiae’, ’Fortsetzung’, heißen, sowohl hier wie beim Evangelium.e f. Man sagt, „Abt Notker,f Abt von Sankt Gallen in Deutschland, habe als Erster Sequenzen komponiert“g und Papst Nikolaush habe eingeführt, sie in der Kirche zu singen. Nach diesem Notker schuf Hermann der Lahme,i der Erfinder eines Astrolábiums,j ‚Rex omnípotens die hodierna – Allmächtiger König, am heutigen Tag’ und ‚Sancti Spíritus – Die Gnade des Heiligen Geistes wohne bei uns’.k

Amalarius Metensis, Eclogae c. 14. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 96; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 8. c  Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 3, 17. d  Es werden nur Neumen, also Tongruppen ohne Text gesungen. – Beleth trennt diesen Jubelgesang von der folgenden Sequenz ab, die im 12. Jahrhundert musikalisch (und textlich) selbständig geworden war. e  Sequentia sancti evangelii heißt es gleich darauf beim Anfang des Evangeliums. f  † 912. g  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 88. h  Nikolaus II., Papst 1058-1061. i  † 1054. j  Astronomisches Gerät zur Bestimmung des Osterdatums. k  AH 7, 83 und AH 2, 16. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

Kapitel 39

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a. Nach dem Schluss der Sequenz wird das Eva n g e l iu m gesungen, das eine dreifache Einleitung hat und durch ‚Inítium – Beginn des hl. Evangeliums’ am Anfang der vier Evangelisten, oder ‚In illo tempore – In jener Zeit’ oder mit einer Nennung der Herrschaft eines Königs oder einer großen Gewalt wie Fuit in diebus – Es war in den Tagen des Königs Herodes, im 15. Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius (Lk 3,1). „Evangelium bedeutet ‚gute Nachricht’, in Antonomasiea aus ‚eu’ ‚gut’ und ‚ángelos’ ‚Bote’“ b oder nach einigen aus ‚evan’ und ‚gelos’, doch hat das denselben Sinn. b. Gesungen wird das Evangelium mitunter nach einem Ereignis, mitunter in Allegorie, mitunter nach einer Person, mitunter nach dem Anteil oder nach allem insgesamt. Nach einem Ereignis „wie ‚Maria aus Magdala, Maria die Mutter des Jakobus und Salome (Mk 16,1) usw., sowie jenes, was zu Weihnachten in der 2. Messe über die Hirten gesungen wird. Entsprechend der Allegorie, wie jenes, das vorgetragen wird an Mariae Himmelfahrt, in dem die hl. Maria Magdalena und die hl. Martha erwähnt werden, also Jesus kam in ein Dorf (Lk 10,38), denn durch die hl. Maria Magdalena wird die kontemplative Lebensweise sinnfällig gemacht, durch Martha aber, die Dienst leistet, die aktive Lebensweise, und in der Jungfrau Maria gab es die Vollendung beider Lebensweisen, der kontemplativen und der aktiven.“c Entsprechend einer Person wird es gesungen am Fest des hl. Apostels Thomas, wo es heißt: Thomas, einer der Zwölf (Joh 20,24) usw. Nach dem Anteil, wie am Fest des hl. Kreuzes, wo das Evangelium über Nikodemus wegen der darin enthaltenen Bemerkung gesungen wird, also Wie Moses die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden (Joh 3,14). In diesem Wort weist Christus hin auf seine Passion und die Erhöhung seines Leibes am Kreuz. Daher wird das Evangelium, in dem dieser Passus enthalten ist, am Fest des hl. Kreuzes gelesen. Gemäß dem Gesamten Rhetorische Figur: ein anderes passendes Wort. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 2, 43. c  Vgl. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 991D. a 

b 

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ii. Messe, KAP.  39

wie jenes kurze Evangelium, das an Beschneidung Christi gelesen wird: Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte (Lk 2,21) usw. c. Beachte: An festfreien Tagen geht nur ein Kerzenträger dem Diakon voraus, wenn dieser hinzutritt, um das Evangelium zu lesen, wodurch sinnfällig gemacht wird, dass die Ankunft Christi in Niedrigkeit und verborgen geschah. Es ging nämlich nur ein Vorläufer voraus, d. h. Johannes der Täufer, der eine Leuchte des Wortes war. An Festtagen aber gehen zwei Kerzenträger voraus, weil bei der zweiten Ankunft, die feierlich und offenbar sein wird, zwei Herolde vorausgeschickt werden, Elija und Henoch, oder vielleicht deshalb, weil der Herr zum Verkündigen je zwei von seinen Jüngern vor sich her geschickt hat. d. Auch ist Folgendes zu beachten: Wenn wir nun gleich das Evangelium beginnen, sollen sich sogleich sowohl Geistliche wie Laien, also auch der Vortragende und die Hörer, „ein Kreuzzeichen auf die Stirn, auf den Mund und auf die Brust machen. Die Stirn ist ja der Sitz der Scham und Sittsamkeit,“a daher nennen wir schamlose Menschen ‚schändlich’, gleichsam ‚stirnlos’. „Dadurch also, dass wir das Kreuzzeichen ‚auf die Stirn’ setzen, zeigen wir, dass wir uns nicht schämen an den Gekreuzigten zu glauben und Ihn als Gott und Herrn haben, der von den Juden und den Heiden verspottet wird. Darum sagt der Apostel: Wir glauben, dass Christus, unser Herr, gekreuzigt wurde, für die Juden ein empörendes Ärgernis, für die Heiden eine Torheit (1 Kor 1,23).“ b ‚Auf den Mund’, um zu zeigen, dass wir das Kreuz des Herrn mutig verkünden, ‚auf die Brust’, um zu zeigen, dass wir im Namen Christi freiwillig mitleiden. Darin, dass wir auf Mund und Brust das Kreuzzeichen machen, zeigen wir, dass wir mutig bekennen und im Herzen an Christus den Gekreuzigten glauben, dessen Buch hier gelesen wird, und dass Er Gott und unser Herr ist. Der Zelebrant also und der das Evangelium vorlesende Diakon bezeichnen sich auf Stirn, Mund und Brust, gleichsam um zu sagen: ‚Ich erröte nicht beim Kreuz des Herrn. Ich preise es mit a  b 

Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 20. Amalarius Metensis, Liber officialis III, 18, 12.

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dem Mund und glaube es im Herzen.’ Und „er setzt das Kreuzzeichen auf das Buch, gleichsam um zu sagen: ‚Dies ist das Buch des Gekreuzigten.’“a e. Da wird gefragt, wie soll das Kreuzzeichen gemacht werden, von rechts nach links oder von links nach rechts? Einige wollen, man solle sich von links nach rechts bekreuzigen und scheinen die Autorität aus dem Vers zu ziehen: Ausgegangen vom Vater.b usw. Vom Vater kam der Sohn in die Welt, deshalb beginnen wir das Kreuz an der höchsten Stelle, durch die der Vater bezeichnet wird. Wir steigen hinunter in die Tiefe, die einen Teil der Welt bedeutet. Danach führen wir die Hand von der linken Seite zur rechten, denn Christus stieg in die Tiefe herab, die mit der linken Seite bezeichnet wird, danach steigt Er zum Vater auf, den die Rechte bezeichnet. Andere aber sagen, man müsse von rechts nach links gehen, weil Christus von der Rechten, d. h. vom Vater, kam und den Teufel vertrieb, der in der linken Seite gesehen wird. f. “Sobald die Einleitung des Evangeliums gesprochen ist, wird von allen geantwortet: ‚Glória tibi Dómine – Ehre sei Dir, o Herr’.“c Zum Vorlesen vor Augen gestellt wird das Evangelium, in dem es um die Ehre Gottes und unsere geht, wie also Christus den Teufel besiegt, uns erlöst und in die Ehre des Vaters aufsteigt. Da freuen sich die Zuhörer des Evangeliums und rufen als Loblied zu ihrem Schöpfer ‚Gloria tibi Domine’, gleichsam um zu sagen: ‚Was uns im Evangelium verkündet wird, möge ohne Ende bei uns bleiben und immer dort wachsen.’ g. Sobald das Evangelium vorgetragen ist, möge jeder sagen: ‚Amen’ und seine Brust mit dem Kreuzzeichen stärken, gleichsam um zu sagen: ‚Gott möge in mir die Lehre des Evangeliums verharren lassen.’ Dies bezeichnet das ‚Amen’, oder, wie andere wollen, soll man nach dem Evangelium ‚Deo grátias – Dank sei Gott’ sagen wie nach jeder Lesung oder jedem Kapitel. Doch besser ist

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 197. Ambrosius, Hymnus Intende (AH 50, 13). c  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 20. a 

b 

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ii. Messe, KAP.  39-40

es, man sagt ‚Amen’. Es stärkt sich einer gegen den Teufel, damit der nicht das Wort Gottes aus seiner Brust raubt. h. Während das Evangelium gelesen wird, nehmen alle die Bedeckung von den Köpfen, denn die Verkündigung des Evangeliums hat alle Schleier des Gesetzes beseitigt und die Menschen, die zuvor Gott nur im Spiegel sahen, die Wahrheit des Gesetzes in offener Erkenntnis erblicken lassen. i. Die Männer müssen das Evangelium entblößten Hauptes hören, sodass die fünf Sinne offen zum Hören sind. Darum auch haben die Geistlichen keine langen Haare, sondern knapp geschorene, damit sie besser hören können. Und sie haben den Tonsur-Kranz, damit nichts Trennendes zwischen ihnen und Gott ist. Die Länge der Haare kennzeichnet die Vielzahl der Sünden. Frauen aber müssen mit einem Schleier auf dem Kopf zuhören, wegen des verbotenen Apfels, auch eine Jungfrau, und wenn sie keinen Schleier hat, soll ihr die Mutter oder eine andere Frau ein Tuch auf den Kopf legen. k. „Ebenso müssen wir stehen, mit gesenktem Haupt.“a Wir dürfen uns nicht anlehnen, nur wenn die Not zwingt. l. „Im Gesetz wurde befohlen: Es sollten alle, die das Osterlamm aßen, einen Stab in der Hand führen. Während der Diakon das Evangelium liest, legen wir die Stöcke beiseite, denn wenn Christus verkündigt, tritt die Erfüllung des Gesetzes beiseite.“ b

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Kapitel 40 a. Nach dem Evangelium soll sofort das G l aub en sb e ken ntn i s folgen, und zwar ‚Credo in unum Deum – Ich glaube an den einen Gott’ usw., wenn es ein Hochfest ist. „Es wird aber nicht an jedem Hochfest gesungen, sondern nur bei jenen Festen, die im Glaubenbekenntnis erwähnt sind, wie dem Fest der Dreifaltigkeit, an Weihnachten, Beschneidung, Epiphanie, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Allerheiligen, Verklärung des Herrn, an den Festen der hl. Jungfrau Maria, bei allen Aposteln, Heilig-

a  b 

Gratianus, CIC, D.23 c.21-23. Amalarius Metensis, Liber officialis III, 18, 11.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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kreuz und an allen Sonntagen.“a An den anderen Feiertagen darf es nicht gesprochen werden. b. Einige sagen, es solle am Fest des hl. Johannes des Täufers das Glaubensbekenntnis gesprochen werden, weil dort die Geburt Christi erwähnt wurde, d. h. [im Evangelium] am Fest des hl. Johannes des Täufers. Doch in derselben Weise wird an jedem Tag die hl. Maria erwähnt. Auch müsste es an den Festen aller jener gesungen werden, die das [Evangelium] zusammengestellt haben, wie einige wollen. Warum ist es eingeführt worden? – Es wird im Evangelium des Johannes gesagt, dass der Glaube der Apostel immer weiter wuchs wegen der Wunder, die sie vollbrachten. An anderer Stelle sagt die Autorität: „Der Glaube ist kein Verdienst, wenn die Vernunft Nachprüfbarkeit gewährt.“ b c. Beachte: Es gibt vier Arten von Sünde: Erbsünde, Übertretung des Naturgesetzes, Übertretung des mosaischen Gesetzes und Übertretung des Gesetzes des Evangeliums. d. Nach dem Glaubensbekenntnis muss am Schluss das Kreuzzeichen gemacht werden, denn es ist evangelisches Wort, wie das Evangelium selbst, doch gekürzt. Darum ist dazu gesagt worden: Der Herr wird ein abgekürztes Wort auf die Erde bringen (Röm 9,28) oder: Das Wort wird abgekürzt auf die Söhne Gottes herabkommen (Jes 10,22). Ebenso soll bei allen Worten des Evangeliums das Kreuzzeichen gemacht werden, auch am Schluss des Pater noster – Vater unser (Mt 6,9), Gloria – Ehre sei Gott in der Höhe (Lk 2,14), Benedictus – Gespriesen sei (Lk 1,68), Magníficat – Meine Seele preist (Lk 1,46) und Nunc dimittis – Nun lässt Du (Lk 2,29). Wie beim Evangelium müssen wir auch dieses stehend hören. e. Beachte: „Es gibt vier Glaubensbekenntnisse: Das kürzeste, das von allen gemeinsam beim täglichen Gebet gesprochen wird, das haben die Apostel abgefasst. Das zweite wird in der Prim gesprochen, also ‚Quicunque vult – Jeder, der will’ von Athanasius, dem Patriarchen von Alexandrien, gegen die ketzerischen Arianer verfasst, nicht, wie einige fälschlich meinen, von Anastasius, vielmehr war es Athanasius. Das dritte hat die Synode von Konstantia  b 

Bernoldus, Micrologus 46. Vgl. Hebr. 11,1. – Vgl. Gregorius Magnus, Homiliae in evangelia 26. 8.

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ii. Messe, KAP.  40-41

nopel verfasst und wird in der Messe gesungen. Das vierte hat die Synode von Nizäa verfasst. Der hl. Hilarius, Bischof von Poitiers, hat es in sein Buch ‚Über Synoden’a eingetragen, und es soll nur auf Synoden ganz oder in Teilen gelesen werden.“ b Daher muss man anscheinend jene tadeln, die dort eine andere Lesung lesen.

Kapitel 41 a. Nach dem Glaubensbekenntnis wird „das O f f er tor iu m , oder auch ‚Offerenda’, gesungen. Es heißt Offertorium vom Wort ‚Opfer’,“c weil wir dort opfern. Aber zu bemerken ist: Wir müssen dreierlei opfern: erstens uns selbst, „dann was für die Opferhandlung notwendig ist, also Brot, Wein und Wasser, und schließlich was zum Opfern geeignet ist.“d b. Beachte: „Brot (panis) heißt so nach ‚pan’, was ‚ganz’ bedeutet,“e denn es ist jetzt und in Zukunft unser ganzes Leben. Wein heißt nach ‚vitis’ ‚der Weinstock’, mit dem sich der Herr im Evangelium vergleicht, wenn Er sagt: Ich bin der wahre Weinstock (Joh 15,1), Wasser nach der ‚Ebenheit’ [der Oberfläche] und Gleichheit [des Geschmackes],f weil wir glauben, wir könnten durch dieses Sakrament den Engeln gleichgestellt werden oder weil das Wasser viel Volk darstellt. Daher: Aquae multae – Viele Wasser, viele Volksmassen (Offb 17,15), denn „weder konnte es das Blut ohne das Heil des Volkes, noch das Heil des Volkes ohne das Blut geben.“g c. In einigen Kirchen werden an Hochfesten der Kirche kostbare Dinge geopfert und auf dem Altar oder an passender Stelle aufgestellt. Später folgen Gaben aus der Hand der Laien. Beim Hilarius Pictaviensis, Liber de Synodis seu Fide Orientalium, Confessio fidei sec. orientis synodum 34 (PL, 10) col. 507 [Übers. F. X. Schulte, Über die Synoden, (SWKV 9), S. 381]. b  Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 59; 4, 64. c  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 24. d  Gratianus, CIC, D.2 c.1 de cons. e  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 99; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XX, 2, 15. f  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XX, 3, 1. g  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 34. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

Offertorium soll der Zelebrant zumindest eine Büchse, doch nichts anderes Derartiges halten.

Kapitel 42

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a. „O pf er (sacrifícium) heißt gleichsam ‚Heiliges geschehen machen’ (sacrum facere).“a „Und beachte: Bei den Aposteln und Päpsten der Urkirche geschah das Opfer in hölzernen Gefäßen und mit gewöhnlichen Gewändern. Damals waren die Kelche aus Holz und die Zelebranten golden, jetzt aber ist es umgekehrt. Doch Papst Zephyrinusb bestimmte, dass in Gläsern geopfert werden solle, weil sie aber zerbrechlich waren, bestimmte Papst Urbanc neu, dass in silbernen und goldenen Gefäßen oder aus Gründen der Armut wenigstens in solchen aus Zinn, die nicht rosten, [zu zelebrieren sei].“d b.e Hostia (Opferlamm) sagt man bei den Hebräern nach ’hóstium’ (Tür), weil das Tier vor dem Eingang des Bundeszeltes geopfert wurde, bei den Heiden aber wird es abgeleitet von ‚hostis’ (Feind), weil das [Opfern] mit den besiegten Feinden geschah, ‚victima’ (geweihtes Tier) für die zu Bezwingenden. Es heißt auch ‚immolátio’ (Opferung), weil Christus dort im Sakrament geopfert wird, der einmal für unsere Sünden am Kreuz geopfert wurde. Das Wort ist abgeleitet von ‚mola’ (Opferschrot), der für eine Art Getreide benutzt wurde, das ‚far’ oder ‚ador’ (Spelt) heißt. Daher speltene Fladen im Grase.f

a  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 98; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 38. b  Le Liber Pontificalis I, 16. – Zephyrinus, Papst 199-217. c  Urban II., Papst 222-230. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 89. e  In diesem Abschnitt versucht Johannes Beleth, sich dem Begriff ‚Opfer’ mit Hilfe der etymologischen Erklärungen Isidors von Sevilla († 636) (vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 33.31; XX, 8, 6) zu nähern. Die deutschen Begriffsentsprechungen führen nicht weiter zum Verständnis, sie werden jeweils dem lateinischen Wort beigefügt und können nur die phantasievolle Argumentation des Autors illustrieren. f  Vergilius, Aeneis VII, 109.

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ii. Messe, KAP.  41-44

Und es wurde zwischen die Hörner des Altars gelegt, nachdem man ein Loch mit einem Dolch gemacht hat. ‚Mola’ aber heißt der mittlere Teil des Altars, unter dem die Reliquien versiegelt werden und wo bei der Kirchenweihe ein Kreuz eingraviert und wo der Leib Christi konsekriert wird.

Kapitel 43 a. Es folgt der z weite Tei l der Me s s e , den man im eigentlichen Sinn Messe nennt, d. h. jener Teil, der ‚Messe des Gebets’ heißt. Der erste Teil, über den wir gesprochen haben, wird nämlich ‚Messe des Flehens’ genannt. Dieser Teil der Messe, – ich möchte die Messe als den ganzen Gottesdienst vom Introitus bis zum ‚Ite missa est – Geht, es ist Sendung’ nennen – wird mit dem einschränkenden Begriff ‚eigentliche Messe’ bezeichnet. b. Dieser Teil hat vier Abschnitte: 1. das Stillgebet, 2. die Präfation, 3. den Kanon, 4. das Gebet des Herrn. Und dieser Teil wird bis zum Sed líbera – Sondern erlöse uns von dem Übel. Amen geführt, der vom Zelebranten still gesprochen wird. c. Man muss wissen: So viele Tagesgebete in Reihenfolge gebetet werden, ebenso viele Stillgebete und Gebete nach der Kommunion werden, wie zuvor bei der Epistel am Beginn der Messe, gesprochen, nicht mehr und nicht weniger, doch über sieben hinaus darf nicht gegangen werden. d. Man muss sich hüten, wenn etwa ein Gebet für die Verstorbenen eingefügt wird, dieses nicht als letztes, vorletztes oder vorvorletztes zu sprechen, denn der Schluss muss auf den Anfang zurückgeführt werden. In der Messe für die Verstorbenen darf kein Gebet für die Lebenden eingefügt werden außer dem allgemeinen ‚Deus qui vivorum – Gott, Du hast die Herrschaft über die Lebenden und die Toten.’

Kapitel 44 a. Das St i l l g e b et (secreta) heißt so, weil es still vorgetragen wird, obgleich es einst laut gesprochen wurde, wodurch es den

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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Laien vertraut wurde. „Es geschah aber, dass Hirten eines Tages Brot auf einen Stein legten, und auf das Sprechen dieser Worte wurde das Brot in Fleisch verwandelt, wahrscheinlich wurde das Brot durch Transsubstantiation in den Leib Christi verwandelt. Gegen die Hirten gab es vom Himmel her die härteste Strafe, denn sie wurden durch vom Himmel gesandtes göttliches Gericht getötet. Daher wurde bestimmt, dass es künftig still gesprochen werden solle. Wohl auch deshalb, damit es nicht billig Schaden erleidet,“a wie ja auch die Heilige Schrift dunkel ist, die nicht Schaden erleiden soll, oder damit es nicht von den Laien gewusst werde. Also gibt es einen dreifachen Grund. b. Wenn der Zelebrant sagt: ‚Orate fratres – Betet, Brüder’, beginnt er sofort zu beten, und wir sollen ebenfalls zuhören, still beten und zwei Psalmen singen, und zwar Exaudi – Höre Herr (Ps 17,1) und den folgenden Psalm oder zumindest vier Verse. Wenn der Zelebrant aber sagt: ‚Orate fratres’, fügt er still hinzu: ‚Dominus vobiscum – Der Herr sei mit euch’, wobei er sich zum Volk wendet. Bevor er ‚Orate fratres’ sagt, wendet er sich fünfmal zum Volk und sagt: ‚Dominus vobiscum’ wegen der fünf Erscheinungen, die es am Ostertag gab. Und weil eine Erscheinung davon nicht öffentlich war, als Er der Maria Magdalena erschien, wie einige sagen, deshalb sagt der Zelebrant: ‚Dominus vobiscum’ still, während er ‚Orate fratres’ laut genug sagt. c. ‚Von Ewigkeit zu Ewigkeit’, d. h. durch die Jahrhunderte, die einander folgen, oder ‚Jahrhunderte’ in Antonomasieb wie im ‚Lied der Lieder’ [Hoheslied]. Es folgt: ‚Amen’ zur Bestätigung, denn durch Ihn wurde auch alles geschaffen. Er ist ja der Name Gottes. Daher in der Apokalypse: Amen heißt der treue Zeuge (Offb 3,14). Es folgt: ‚Dóminus vobiscum’, danach ‚Sursum corda – Erhebet die Herzen’, die wir hochhalten müssen zum Herrn in den Höhen, nicht auf die Erde. d. „Hierdurch ist sinnfällig, dass die Sandalen eine bestimmte Art Schuhe sind. Dadurch dass Sandalen nach oben offen sind,“c wird gezeigt, dass wir immer die a  Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 7; Ps.-Alcuinus, De diuinis officiis liber 40. b  Rhetorische Figur: Ein anderes Wort mit ähnlicher Bedeutung. c  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis I, 54.

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ii. Messe, KAP.  44-45

Herzen zum Herrn offen empor halten müssen. Dass sie aber unten geschlossen sind, bedeutet, dass wir unsere Sinne gegenüber dem Irdischen verschlossen halten und nicht die Segnungen des Esau suchen sollen, die auf Erden sind, sondern die Segnung Jakobs, die im Himmel ist. e. Danach ‚Grátias agamus – Lasset uns danken dem Herrn, unserm Gott’; denn für alle Wohltaten, die Er an uns getan hat, müssen wir Ihm Dank zollen. f. Es findet sich an dieser Stelle [im Messbuch] eine Darstellung, ein Delta, also ein ganz geschlossener Buchstabe, und zum Teil davor ein oben offenes U und ein Strichlein in der Mitte, das beide Buchstaben in Form eines Kreuzes verbindet, was nicht ohne Grund gesetzt ist.a Durch das ringsum geschlossene D wird die geschlossene göttliche Natur bildlich dargestellt, die keinen Beginn und kein Ende hat, durch das U die menschliche Natur Christi, die in der Jungfrau ihren Beginn hatte, doch ohne Ende bleibt. Das Strichlein in der Mitte, das beide Buchstaben verbindet, ist Teil des Kreuzes, durch das das Menschliche dem Göttlichen beigesellt wird.

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Kapitel 45 a. „Die Prä f at ion heißt gewissermaßen ‚Vorwort’, d. h. Vorbereitung zum Mysterium.“ b Namentlich genannt werden dort die neun Ränge der Engel, von denen wir glauben, sie seien dort anwesend. Auch die Majestät steht da als größte oder gewaltigste Macht. b. Beachte: Es gibt zehn Präfationen in der Messe: 1. für die Dreifaltigkeit, 2. für Weihnachten, 3. für Epiphanie, 4. für die Quadragesima, d. h. für das Fasten, 5. vom Kreuz des Herrn, 6. für Ostern, 7. von Himmelfahrt, 8. von der Ankunft des Heiligen Geistes, 9. vom hl. Andreas und den anderen Aposteln, 10. von der hl. Maria. Es ist das Kürzel für Uere Dignum – Wahrhaft würdig, die Anfangsworte der Präfation. b  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 8, 9. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

c. Danach singt man dreimal Sanctus – Heilig, heilig, heilig. Das ist aus dem Alten Testament genommen, Jesaja sagt nämlich, er habe den Herrn gesehen, auf einem erhabenen Thron und Seraphim, die einander zuriefen: Heilig, heilig, heilig (Jes 6,1-3). d. Benedictus – Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn (Ps 118,26), Hosanna – Hosanna in der Höhe (Mk 11,10) kommt aus dem Evangelium. Während jenes gesungen wird, muss man ein Kreuzzeichen machen. Wir singen die Gesänge der Engel, weil wir überzeugt sind, durch dieses Opfer das Irdische mit dem Himmlischen zu verbinden, und deshalb rufen, dass wir mit ihnen im Himmel gerettet werden.

Kapitel 46

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a. Es folgt der K a non . „‚Kanon’ ist griechisch, ‚regula’ lateinisch“a [übersetzt: ‚die Regel’], weil durch ihn rechtens der Vollzug des Sakraments geschieht. Er wird ‚Verhandlung’ (áctio) genannt, weil dabei mit Gott unsere Sache verhandelt wird. Daher beten wir ihn auch an Festtagen stehend, an festfreien Tagen und an Fasttagen auf die Erde gestreckt. b. Er wird aus drei Gründen still gesprochen: 1. Weil Gott nicht auf das Lärmen des Mundes, sondern des Herzens achtet. Daher sagte Er zu Moses: Was schreist du zu mir? (Ex 14,15), obwohl der schwieg. Doch wir bringen die Worte so hervor, dass wir nicht zu wissen meinen, was wir erbitten oder auf was wir aufpassen müssten, 2. dass wir nicht von langem Reden müde werden, 3. dass nicht etwa durch den täglichen Gebrauch die Worte dieses Mysteriums Schaden leiden und an unpassenden Orten gemeinhin und unbesonnen gesprochen werden und zum Untergang führen, wie wir bei den Hirten gesagt haben. „Es ist also durch Dekret verboten und unter Anathemb erlassen, dass man nur in

a  b 

Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 16, 1. Kirchenbann.

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ii. Messe, KAP.  45-47

liturgischen Gewändern und aus dem Buch und auf geweihtem Altar diese Worte vorträgt.“a c. Der Zelebrant sagt also: ’Te ígitur – Dich also’, er spricht Gott als gleichsam anwesend an. Er beginnt aber bei Tau – T –, das ist der Buchstabe, der in Form eines Kreuzes gebildet wird, denn bei Christi Passion ist dies alles in Ihm erfüllt und hat von daher seine Erfüllung. Daher muss dort [im Buch] ein Bild des Kreuzes gemalt sein. d. Später folgt Vielerlei, wie die Namen von Aposteln, Märtyrern, Päpsten, Heerführern, Ärzten, Jungfrauen, die sich alle für Christus, unser Opfer, dem Tode ausgesetzt haben, auch einige andere, was wir hier nicht erläutern dürfen außer allein gegenüber Priestern. Deswegen schweigen wir darüber. Wir sagen jedoch, dass es nicht erlaubt ist, irgendeinen Namen derer wegzulassen oder hinzuzufügen, für die dieses Opfer ausdrücklich dargebracht wird. – Dies an passender Stelle.

Kapitel 47 a. Hier ist nun über das G e b et de s Her r n zu sprechen, in dem sieben Bitten enthalten sind. Was vorausgeschickt wird, ist eine Einladung. Die ersten drei Bitten gehören zum künftigen Leben, die folgenden vier zum gegenwärtigen. Die mittlere kann nach einigen auch auf beide bezogen werden, da sie sich auf beide Leben bezieht, also wenn es heißt Panem nostrum – Unser tägliches Brot oder ‚zu unserer Substanz’, griechisch ‚epioúsion’, ‚sogolla’ hebräisch, lateinisch ‚supersubstantialis’ [übersetzt: überaus substanzhaltig] ‚hervorragend’ oder ‚vertraut’. b. Beachte: Sobald der Zelebrant sagt: ‚Oremus. Praeceptis – Lasset uns beten. Durch heilbringende’ usw., müssen wir niedergebeugt beten, bis zum Schluss des ‚Pater noster’, wenn es festfreie Tage sind. Wenn es aber Feiertage oder Ostertage sind, brauchen wir nicht niedergebeugt zu beten, sondern müssen stehend antworten: ‚Sed libera – Sondern erlöse uns von dem Bösen.’ Der ZeleGratianus, CIC, D.1 c.11-15 de cons. – Daher unterlässt es Beleth, den Kanon zu kommentieren. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

brant spricht das Pater noster deswegen nicht still, weil es aus dem Evangelium stammt (Mt 6, 9-15).

Kapitel 48

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a. Im d r it ten Tei l der Me s s e sagt der Zelebrant darauf: ‚Pax Dómini – Der Friede des Herrn sei allezeit mit euch’, das gehört zum dritten Teil der Messe. Beachte jedoch: Der Zelebrant spricht ein Gebet still, das in der Ambrosianischen Kirche laut vorgetragen wird. b. Und nach dem Empfang des Friedenskusses – nach einigen von der Eucharistie her, nach anderen vom Grab oder vom Altar her genommen – teilt er dem Diakon oder Subdiakon [den Kuss] aus. Durch sie geht er weiter zu den anderen. Doch hüte man sich, ihn von den Männern zu den Frauen zu geben, damit sich nichts Geiles oder Fleischliches einschleicht. c. Das Agnus Dei – Lamm Gottes wird dreimal gesungen. Er ist das wahre Lamm, das in dem Osterlamm sinnfällig wird und von dem wir im Evangelium die Stelle haben: Ecce agnus – Seht das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt (Joh 1,29). „Es wird aber dreimal gesungen, damit sein Leib dreifach verstanden wird, also jener, der im Himmel verherrlicht und mystisch ist, jener, der hier noch auf Erden umhergeht und jener, der im Grab bis zum Jüngsten Gericht ruht.“a d. Zweimal wird es gesungen mit ‚Miserere nobis – Erbarme Dich unser’, beim dritten Mal mit ‚Dona nobis pacem – Gib uns deinen Frieden’. In der Messe für die Verstorbenen muss es dreimal gebetet werden: ‚Dona eis réquiem – Gib ihnen die Ruhe’. Ebenfalls darf nicht ständig in einem Zug, sondern tropiert und vermischt mit einem Gebet gesprochen werden.“ b e. „‚Agnus’ stammt von ‚agnon’ ‚fromm’“,c weil Er uns aus reiner Liebe erlöst hat, „oder von ‚erkennen’ (agnóscere), wie das Lamm

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 85. Gratianus, CIC, D.2 c.22 de cons. c  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XII, 1, 12. a 

b 

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ii. Messe, KAP.  47-48

allein am Blöken die Mutter erkennt,“a so erkannte Christus am Kreuz seine Mutter und empfahl die Jungfrau dem Jungfräulichen. Deshalb heißt es dreimal: ‚Agnus Dei’, weil Christus am Kreuz hängend auch seinen Vater erkannte und ihm gehorchte. Und am Kreuz hängend erkannte Er seine Mutter und, indem Er sie dem Jungfräulichen empfahl, erkannte Er dort auch das ganze zu rettende Menschengeschlecht.“ b f. Dass aber zunächst zweimal ‚Miserere nobis’ gesungen wird und beim dritten Mal mit ‚Dona nobis’ variiert wird, ist aus dem Alten Testament genommen, als man zum Herrn rief: Hab Mitleid, Herr, mit Deinem Volk, und beim dritten Mal variierte: Überlass Dein Erbe nicht der Schande (Joel 2,17). Wenn wir sagen: ‚Agnus Dei – Lamm Gottes, Du nimmst hinweg die Sünde der Welt’, ahmen wir Johannes nach, der sagte: Ecce agnus – Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt (Joh 1,29). g. Beachte: In der Urkirche pflegte man an den Tagen, an denen man den Kanon der Messe sprach, die Kommunion zu empfangen. „Doch später, als die Zahl der Gläubigen wuchs, wurde festgelegt, dass man nur an Sonntagen kommunizierte.“c Und noch später konnte auch das nicht beibehalten werden, und es folgte als dritte Festlegung, dass „dreimal im Jahr, mindestens zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten, jeder Christ die Eucharistie empfangen solle.“d Und man fand als dreifaches Ersatzmittel, dass an allen Tagen der Friedenskuss gegeben würde, an Sonntagen auch „die Eulogie, d. h. gesegnetes Brot.e Und weil in der Quadragesima und an den für das Fasten bestimmten Tagen dies wegen des Fastens nicht beibehalten werden konnte,“f wurde neu festgelegt, dass am Ende der Messe ein Gebet über das Volk gesprochen werden solle, wenn ein niederer Zelebrant feierte, mit dem Text:

Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XII, 1, 12. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 36 Add. 1. c  Gratianus, CIC, D.2 c.13-15 de cons. d  Gratianus, CIC, D.2 c.16 de cons. – Bei Papst Fabianus (236-250). e  Nicht konsekriertes, nur gesegnetes Brot, ein in der orthodoxen Kirche beibehaltener Brauch. f  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 67. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

‚Inclinate – Neiget in Demut euer Haupt vor Gott!’, wenn es aber ein Bischof ist: ‚Humiliate – Demütigt euch zum Segen!’ 86

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Kapitel 49 a. Es folgt der S c h lu s stei l der Me s s e , der ‚Danksagung’ heißt und ab der Commúnio beginnt. ‚Commúnio’ heißt gleichsam ‚Teilhabe’, die wir deshalb singen, damit wir durch sie mit den Heiligen an der Gnade Gottes teilhaben. Sie heißt auch ‚Komplet’ oder ‚Vervollständigung’, weil durch sie die Messe vervollständigt wird. b. Beschlossen wird die Messe auf dreierlei Weise: „durch ‚Ite missa est – Geht, es ist Sendung’ an Festtagen, denn es ist gleichsam die Erlaubnis wegzugehen. Und dies ist aus Exodus genommen, nicht nach dem Wortlaut, wohl aber nach dem Sinn. Als das Volk Israel mit Erlaubnis des Pharao aus Ägypten auszog oder als es aus der babylonischen Gefangenschaft mit Genehmigung des Kyros heimzog, stattete es Gott Dank ab.“a „So sollen auch wir nach Empfang des letzten Segens in die himmlische Heimat gehen, wo wir immer in Danksagungen leben werden. c. ‚Ite missa est’ wird immer dann gesagt, wenn ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’, Gloria – Ehre sei Gott in der Höhe und Halleluja gesungen wird. Und auf ‚Ite missa est’ müssen wir antworten: ‚Deo gratias – Dank sei Gott’. Dies ist gewissermaßen ein Jubelruf oder Dankesruf.“ b d. „An festfreien Tagen aber heißt es ‚Benedicamus Domino – Lasst uns den Herrn preisen’. Das ist aus dem Apostel genommen (2 Kor 2,14). In der Messe für die Verstorbenen: ‚Requiescant in pace – Sie mögen ruhen in Frieden.’“c So ist nur der allgemeine Brauch. e. „Wenn ‚Ite missa est’ gesagt wird, soll der Zelebrant sein Gesicht zum Volk wenden, wenn ‚Benedicamus Domino’ oder ‚Requiescant in pace’, nach Osten.“d Diese drei Worte soll nur der Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 90. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 111. c  Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis III, 4. d  Bernoldus, Micrologus 24. a 

b 

106

ii. Messe, KAP.  48-50

Zelebrant oder der Diakon sprechen. Doch in der Ersten Messe von Weihnachten soll er nicht ‚Ite missa est’ sagen, damit das Volk nicht meint, es habe die Erlaubnis nach Hause zu gehen.“a

Kapitel 50 a. Beachte: „Nur an d rei St u nden wird nach der Ordnung die Messe gefeiert: In der 3., 6. und 9. Stunde. In der 3., weil Christus da von den lärmenden Zungen der Juden mit den Worten gekreuzigt wurde: Ans Kreuz mit ihm, ans Kreuz mit ihm! (Joh 19,6) und von den Soldaten verprügelt wurde, in der 6., weil Er da am Kreuz geopfert, von den Händen der Heiden gekreuzigt wurde, in der 9., weil Er da seinen Geist aushauchte.b In der 3. Stunde wird an Festtagen gesungen, in der 6. an festfreien Tagen, in der 9. in der Fastenzeit und an den Fasttagen, nicht jedoch an allen. Denn an den Quatember-Samstagen kann die Messe sehr früh zelebriert werden,“c und sie muss es wegen der hl. Weihen, die zum Sonntag gehören. Am Samstag der Osternacht und zu Pfingsten wird spät gesungen, was aus der Weihe der Osterkerze erschlossen werden kann; es heißt hier: ‚Haec nox est – Dies ist die Nacht’ und in der Oration ‚Deus qui – Gott, Du erhellst diese hochheilige Nacht’ usw. b. „An Weihnachten wird die Erste Messe ‚zu der Nacht’ gesungen.“d Es kann diese Messe erlaubter Weise ganz früh am Morgen gesungen werden, jedoch erst, wenn die Prim und die Terz gesungen sind.. Wenn also der Weihnachtstag von diesen Stunden ausgenommen wird, dann weil die Erste nicht ohne Grund ‚von der Nacht’ heißt, sowie am Samstag der Osternacht und zu Pfingsten, weil es da heißt: ‚Haec nox est’ und ‚Deus qui’, und an den Fasttagen wegen der hl. Weihen.

Bernoldus, Micrologus 46 Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 113. c  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 92. d  Gratianus, CIC, D.1 c.48.51. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

Kapitel 51

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a. Nun müssen wir darlegen, we lc he Me s s en a n we lc hen Ta g en zu singen sind. In der Zeit, als das Sonntagsoffizium noch nicht festgelegt und die Ketzerei im Schwange war, sang man, damit der Gottesdienst nicht unterginge, am Sonntag die Messe von der Dreifaltigkeit, am Montag von der Liebe (cáritas), am Dienstag von der Weisheit, am Mittwoch vom Heiligen Geist, am Donnerstag von den Engeln, am Freitag vom hl. Kreuz, am Samstag von der hl. Jungfrau Maria. b. Doch später wurde festgesetzt, als jene Ketzerei verschwand und der Grund entfiel, als die Notwendigkeit es einzurichten gedrängt hatte, und nun ein geordnetes Offizium am Sonntag bestimmt wurde, dass der Sonntag sein Offizium behalten sollte, also das von der Dreifaltigkeit, der Montag das von den Engeln, weil sie einst als Erstes mit guten Gnadengaben erschaffen worden waren. „Damals war nämlich das Licht von der Finsternis geschieden worden, d. h. die Guten von den Bösen. Damals fielen nämlich die Bösen ab, die Guten aber wurden bestärkt. Am ersten Wochentag wurden die Engel mit guten Eigenschaften erschaffen.“a c. „Es wird auch aus einem anderen Grund gesungen, dass wir für die Verstorbenen die Hilfe der Engel erhalten. An diesem Tag wird auch die Messe für die Verstorbenen gesungen, weil, wie einige sagen, am Sonntag diejenigen Erleichterung haben, die am Reinigungsort sind und sofort am Montag zu ihrer Buße zurückkehren. Um sie also bei ihren Mühen zu erleichtern, wird die Messe für sie gesungen.“ b d. Es wurde auch festgelegt, dass am Mittwoch zu fasten sei, und an jenem Tag muss die Messe vom Sonntag gesungen werden, am Freitag vom Kreuz, am Samstag von der hl. Jungfrau Maria. e. Dies nahm seinen Anfang daher, weil es in Konstantinopel einst in einer Kirche ein Bild der hl. Jungfrau gab, vor dem ein Schleier herabhing, der das ganze Bild bedeckte. Dieser Schleier fiel am Freitag nach der Vesper vom Bild herunter, ohne dass ihn jemand a  b 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In Genesin 4. Petrus Damiani, De abdicatione episcopatus 19 c. 3.

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ii. Messe, KAP.  51-52

bewegt hätte, vielmehr durch ein Wunder Gottes. Gleichsam wurde es vom Himmel weggenommen, damit es vom Volk vollständig angeschaut werden konnte. Nach der Vesper am Samstag fiel [der Schleier] wieder über die Ikone, d. h. das Bild, und dort blieb er bis zum Freitag. Als man dieses Wunder gesehen hatte, bestimmte man, es solle immer an jenem Tag in der Kirche [das Formular] von der hl. Maria gesungen werden. Wohl auch, weil sie für uns das Tor zum Himmelreich ist, das durch den Sonntag dargestellt wird. Deshalb zelebrieren wir dies am Samstag, der dem Sonntag vorausgeht. f. Beachte: „Keiner darf an einem Tag zweimal die Messe singen mit einer Wandlung oder mit zweien, wohl aber eine mit Wandlung und die andere ‚trocken’, [d. h. ohne Wein].“a g. Gefragt wird: Wenn ein Priester vor der Vesper isst und danach nicht schlafen kann, wenn er es am Morgen danach könnte, also darf der die Messe singen? – Antwort: Nein, er darf nicht. h. „Weitere Frage: Darf er eine zweite Messe zelebrieren, vorausgesetzt er hat in der ersten Messe die Hände gewaschen und dann ein wenig Wasser getrunken? Antwort: Nein, er darf nicht.“ b

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Kapitel 52 a. „Nun müssen wir kurz zur Ve sp er übergehen. In der Vesper singen die Geistlichen, die unvollkommen sind wegen der fünf Sinne, fünf Psalmen. Was wir durch die fünf Sinne des Leibes begangen haben, das möge durch den Gesang der fünf Psalmen vergeben werden. b. Beachte: Aus demselben Grund, nach dem wir fünf Psalmen singen, müssen wir mit fünf Fingern an die Brust klopfen.“c c. Indem die Mönche aber zeigen, dass sie insoweit vollkommener sind, singen sie nur vier Psalmen. Das ist wie ein Quadrat: zu welcher Seite man es wendet, es bleibt gleich und gleich stark. Ebenso a  Vgl. Gratianus, CIC, D.2 c.2 de cons. – Die sog. Missa sicca war eine Art Wortgottesdienst, bei dem der Messteil vom Offertorium bis zur Communio übersprungen wurde. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 114. c  Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis II, 432: II, 345.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

ist der vollkommen, der an jedem Ort und zu jeder Zeit gleich und unbeweglich bleibt. d. Danach folgt die kurze Lesung ohne ‚Iube, dompne’ und ohne ‚Tu autem’, d. h. das Kapitel, danach das Responsorium oder der Vers anstelle des Responsoriums. Mitunter aber wird der Hymnus der hl. Maria, d. h. das Magníficat, anstelle des Hymnus gesetzt. Es folgt das Collecta-Gebet. Beachte: Die kurze Lesung muss vom selben Tag und von demselben Fest gesungen werden, zum Beispiel: Wenn vom vergangenen Sonntag eines, dann auch das übrige, wenn vom folgenden eines, dann auch das übrige. e. Und beachte: Bei einem Festtag mit neun Lesungen muss die Vesper ganz gefeiert werden wie an den Festen des hl. Stephanus und des hl. Johannes Evangelist. Nach der Vesper ist das CollectaGebet vom Heiligen des folgenden Tages zu sprechen oder die Antiphon mit Magnificat und Collecta-Gebet. Ausgenommen ist einzig das Fest des hl. Silvester, das neun Lesungen hat, doch nur die Vesper vom folgenden Fest. 92

Kapitel 53 a. Es werden in der Komplet zur Betonung der Vollkommenheit vier Psalmen gesungen. Dann zeigen wir ja, dass die Sünden, die wir mit unseren fünf Sinnen des Leibes begangen haben, durch die vorausgehenden fünf Psalmen vergeben wurden. Eine andere Begründung ist, dass der Teufel unseren Fersen nachstellt. Danach dürfen wir nicht mehr mit anderen sprechen, nichts weiter sagen als Gebete, Mönche dürfen danach nicht trinken. Der Teufel glaubt aber, er habe gesiegt, wenn er dann einen besiegt. b. Danach folgt das Kapitel, es folgt der Vers und dann der Hymnus, darauf die Antiphon und Nunc dimittis – Nun lässt Du, Herr (Lk 2,29), darauf Pater noster, und ‚Credo in Deum – Ich glaube an Gott’, dann die Collecten und Benedicamus – Lasst uns den Herrn preisen. c. Beachte: „In der Vesper soll ‚Benedicamus Domino’ von einem Knaben gesungen werden, damit wir dadurch

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ii. Messe, KAP.  52-54

zeigen, dass wir Knaben (pueri) sind,“a d. h. rein (puri) zum Abstatten des Gotteslobes.

Kapitel 54 b A. Zu schauen ist, welchen A b s c h lu s s d ie Orat ionen in den einzelnen Gottesdiensten haben sollen. A a. Wenn die Rede an den Heiligen Geist geht, sind sie so zu schließen: ‚Durch unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir in der Einheit des selben Heiligen Geistes lebt und herrscht, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.’ A b. Wenn an den Sohn: ‚Durch denselben’. Wenn vom Vater: ‚Durch unsern Herrn Jesus Christus’, wenn an die Dreifaltigkeit, ebenso oder so: ‚Der lebt und herrscht, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit’, doch immer ohne ‚denselben’ oder ‚desselben’.

a  b 

93

B a. Damit offenbar und volle Kenntnis vorhanden ist, wie Orationen, die wir Tagesgebet nennen, zu schließen sind, ist zunächst zu bemerken, „dass sich die Rede manchmal an den Vater,“ b mitunter an den Sohn, mitunter an den Heiligen Geist, mitunter an die Dreieinigkeit wendet. B b. Wenn sie sich an den Vater wendet, ist weiter zu beachten, ob die Rede sich an den Vater wendet, ob auch an den Sohn oder den Heiligen Geist oder nicht. Und wenn in dem Gebet, das sich an den Vater wendet, der Sohn erwähnt wird, kommt es darauf an, ob er vor dem Ende oder am Ende erwähnt wird. Nach diesen Unterschieden wird der Abschluss verschieden gestaltet.

Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 3. Bernoldus, Micrologus 5.

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

A c. „Wenn sich die Rede an den Vater wendet, beten wir, dass Er uns den Geist gebe, der lebendig macht, oder so: ‚Durch unsern Herrn’a und dann das übrige, ohne ‚diesen’ oder ‚dessen’.

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A d. Im Gebet, in dem sich die Rede an die Dreifaltigkeit wendet oder eine der drei Personen, z. B. ‚Du Schützer aller, die auf Dich hoffen, Gott, Durch unsern Herrn’, ohne ‚diesen’ oder ‚dessen’. A e.Es wird gefragt nach dem ,Fidelium Deus – Gott der Gläubigen’, wie es zu beenden sei. Die Lösung: ,durch denselben’ oder ,desselben’. ‚Denn die gesamte Dreifaltigkeit ist Schöpfer und Erlöser.’

B c. Wenn sich also die Rede an den Vater wendet ohne Erwähnung von Sohn und Heiligem Geist, schließt man: ‚Durch unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.’ B d. Wenn dort der Heilige Geist erwähnt wird, sagt man: ‚In der Einheit eben dieses Heiligen Geistes, Gott’, das übrige bleibt bestehen. B e. Wenn aber an den Sohn vor dem Schlussteil erinnert wird, so wird gesagt: ,Durch denselben, unseren Herrn’ usw. wie vorher; wenn aber am Ende an ihn erinnert wird, soll allein gesagt werden: ,Der mit Dir lebt und herrscht’ usw., wie man ersehen kann an dieser Oration des hl. Stephanus: ,Allmächtiger, ewiger Gott, der Du die Erstlinge der Märtyrer im Blut des hl. Leviten Stephanus geweiht hast, gib, so bitten wir, dass er für uns als Fürsprecher eintrete, der sogar für seine Verfolger unseren Herrn

a

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 94.

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ii. Messe, KAP.  54

A f. Gefragt wird ebenso nach dem Gebet: ‚Excitaa – Erwecke, Herr, wir bitten Dich, biete auf Deine Macht und komm!’ ebenso bei anderen Gebeten im Advent. Die Rede geht anscheinend an den Sohn. – Antwort: Es gibt einen dreifachen Advent: Wenn Er in die Jungfrau herabsteigt, als der Sohn Gottes Fleisch annahm, – Es ist eine andere Ankunft, wenn Er in die Herzen der Gläubigen herabsteigt, über diese Ankunft sagt Er selbst: Wenn einer an meinen Worten festhält, mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu Ihm kommen und bei Ihm wohnen (Joh 14,23). – eine weitere Ankunft ist dann, wenn Er zum Gericht kommt. Von der zweiten Ankunft ist die Rede von solchen gleichartigen [Gebeten], deshalb wird wie folgt geschlossen: ‚Per Dominum – Durch unsern Herrn Jesus Christus’ ohne ‚diesen’ oder ‚dessen’.

Jesus Christus, Deinen Sohn gebeten hat, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes durch alle Ewigkeit. Amen.’ B f. Wenn sich die Rede an den Sohn richtet, wie: ‚Erwecke’, Herr, wir bitten Dich, biete auf Deine Macht und komm!’, ebenso bei anderen Gebeten im Advent, heißt es: ‚Der Du lebst und herrschest mit Gott dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.’

a

a 

vent.

Tagesgebet am 1. und 4. Adventssonntag sowie am Quatemberfreitag im Ad-

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Summe der kirchlichen Offizien – II. GOTTESDIENST

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A g. „Bei Exorzismen sagt man anderes, z. B. beim Weihwasser, dort heißt es: ‚Durch Ihn, der kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten und die Welt im Feuer.’a Ebenso bei den Katechumenen, wo es heißt: ‚Der Du kommen wirst zu richten die Lebenden und die Toten.’ Sobald der Teufel hört, dass Er kommen wird, ‚um die Welt im Feuer zu richten’, flieht er vor dem Gericht des Feuers. Aus demselben Grund wollte Meister Gilbert, dass dies zum Totengeleit gesagt wird, doch der Brauch der Tagesgebete verbietet dies und bekräftigt, es müsse heißen: ‚Durch unsern Herrn’. A h. Ebenso gibt es Zweifel darüber, wie die Rede an das Haupt der Kirche gerichtet werden soll, denn Christus ist das Haupt der Kirche (Eph 5,23). Daher scheint man hier sagen zu müssen: ‚Der lebt und herrscht’. Doch so ist es nicht wirklich. Denn die ganze Dreieinigkeit ist Herr der Kirche. Deswegen muss es heißen: ‚Durch unsern Herrn.’ a

a 

B g. Wenn an die Dreieinigkeit: ‚Der Du in der vollkommenen Dreieinigkeit lebst und herrschest, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.’

B h. Wenn an den Heiligen Geist, sagt man: ‚Der Du mit dem Vater und dem Sohn lebst und herrschest, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.’

Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 94.

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ii. Messe, KAP.  54

A i. Ebenso gibt es Zweifel über die Orationen, die bei Fürbitten gesprochen werden müssen: sollen sie geschlossen werden: ‚Durch unsern Herrn Jesus Christus. Amen’ oder so: ‚Durch unsern Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit’, sodass sie ganz gesagt wird.

B i. Bei den Exorzismen, die bei der Taufe eines Kindes, bei der Weihe des Taufbrunnens, beim Weihwasser gleichfalls und vielen anderen Gebeten geschehen, sagt man: ‚Durch Ihn, der kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten und die Welt im Feuer.’ Dies geschieht, denn dieses Wort erschreckt so den Teufel, das ‚Qui venturus’ usw. Er flieht sofort, sobald er dieses Wort hört, weil er das Gericht des Feuers vor allem fürchtet. Er weiß ja, dass er nach dem Tag des Gerichts mit dem ewigen Feuer bestraft wird. Aus demselben Grund wollte Meister Gilbert, dass auf gleiche Weise diese Orationen zum Totengeleit gesagt werden, doch der Brauch der Tagesgebete bekräftigt, es müsse heißen: ‚Per Dóminum – Durch unsern Herrn’ und das übrige.

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III. Die Heilsgeschichte im Spiegel des Kirchenjahres

i. Die Zeiten der Heilsgeschichte Kapitel 55 97

a. Bisher wurde allgemein über die Liturgie gesprochen. Es bleibt, über die Unter s c h ie de wä h rend de s K i rc henja h re s zu sprechen. Denn entsprechend der Mannigfaltigkeit der Zeiten wird die Liturgie verändert. Dafür sind die Zeitabschnitte vorauszuschicken: B b. Beachte: Wie unser A b. Wie unser gewöhnliSonnenjahr mit vier Jahreszeiches Jahr, das auch Sonnenjahr heißt, mit vier Jahreszeiten da- ten dahin gleitet, dem Winter, hin gleitet, dem Winter, in dem in dem die Samen ausgestreut die Samen ausgestreut werden, werden, dem Frühling, in dem dem Frühling, in dem die Saat die Saat aufgeht und die Ähren aufgeht und die Ähren dick dick werden, dem Sommer, in werden, dem Sommer, in dem dem die Ernte reift und mit der die Ernte reift und mit der Sichel Sichel geschnitten wird, dem geschnitten wird, dem Herbst, Herbst, in dem das Korn [beim in dem das Korn [beim Wor- Worfeln] durch Luftzug von feln] durch Luftzug von einan- einander getrennt und in den der getrennt und in den Scheu- Scheunen gelagert, die Spreu nen gelagert, die Spreu aber aber verbrannt wird, so wird das

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i. Zeiten der Heilsgeschichte, KAP.  55

verbrannt wird, so wird das große Jahr des gegenwärtigen Lebens, das vom Beginn der Welt bis zum Ende der Welt dauert, in vier Zeitabschnitte geteilt. A c. „Die Zeit der Abwendung, die von Adam bis Moses dauerte,“a in der sich die Menschen vom Gottesdienst abwandten und gotteslästerlich Steine und Holzgebilde anbeteten und beim Holz sagten: ‚Du bist mein Gott’ (Vgl. Jer 2,27).

A d. In der Zeit des Rückrufs, die von Moses bis Christi Geburt dauerte, wurden die Menschen durch das Gesetz und die Propheten von der Ankunft Christi unterrichtet, und über das Vermeiden der Sünde und die Liebe des einen Gottes.

a  b 

das große Jahr des gegenwärtigen Lebens, das vom Beginn der Welt bis zum Ende der Welt dauert, durch diesen Wechsel in vier Zeitabschnitte geteilt. B c. Es gab ja die Zeit der Abwendung im Menschengeschlecht, die von Adam bis Moses dauerte. Damals verließen die Menschen den Gottesdienst und schufen sich Götzen. Damals verließ der Mensch Gott, seinen Schöpfer und sagte zum Stein oder seinem Gebilde: ‚Du bist mein Gott’ (vgl. Jer 2,27). Zu dieser Zeit „passen gut Nacht und Winter, denn wie Nacht und Winter nur Licht aus Übernahmen haben, aus Feuer und Kerzen, so war jene Zeit ähnlich eine der Dunkelheit und der Unwissenheit.“ b B d. Dann kam die Zeit des Rückrufs von Moses bis Christi Geburt, in der die Menschen durch das Gesetz und die Propheten von der Ankunft Christi unterrichtet wurden, und über das Vermeiden der Sünde und die Liebe des einen Gottes.

Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 50. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 51.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Damals sagte der Herr durch Moses: Höre, Israel, Dein Gott ist ein einziger Gott (Deut 6,4). Durch ihn gab Er das Gesetz, das den Menschen verkündete, was jeder sich selbst, was er Gott und was er seinem Nächsten gegenüber zu tun gehalten sei. Danach berief Er aus diesem Grunde Propheten, die durch ihre Verkündigung die Menschen mehr und mehr aus ihrem Irrtum zurückrufen sollten. A e. In der Zeit der Rückkehr oder der Versöhnung, die von der Geburt des Herrn bis zu seiner Himmelfahrt dauerte, wurde den Menschen die Gnade und die Verkündigung des Evangeliums zuteil.

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Damals sagte der Gott Israels: Höre, Israel, dein Gott ist ein einziger Gott (Deut 6,4). Ihn sollst du als einzigen anbeten und ihm allein dienen (ebd. 1,13).

B e. Die dritte Zeit war die der Rückkehr, der Versöhnung oder der Rechtfertigung, die von der Geburt des Herrn bis zu seiner Himmelfahrt dauerte. Durch sie wurde den Menschen die Gnade und die Verkündigung des Evangeliums zuteil. B f. Die vierte Zeit ist die der A f. [Wir leben] in der Zeit der Pilgerschaft, die mit der Pilgerschaft, die mit der HimHimmelfahrt des Herrn be- melfahrt des Herrn begann gann und bis zum Tag des Ge- und bis zum Tag des Gerichts dauert, an dem das Ende der richts dauern wird. Welt erfolgen wird. g. Diese Zeiten nennt man gewöhnlich auch mit anderen Namen. Die Zeit der Abwendung wurde nämlich Zeit der Schuld und Buße genannt. Wegen der Abwendung ist der Mensch der Schuld unterworfen und wegen der Schuld dann der Buße. Die Zeit des Rückrufs heißt Zeit der Belehrung und Prophetie: Belehrung wegen des Dekalogs, durch den Gott das Menschengeschlecht belehrt hat. Gott sprach ja: Höre, Israel, dein Gott ist ein

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i. Zeiten der Heilsgeschichte, KAP.  55

einziger Gott (Deut 6,4) und der Prophet sagt: Seht, die Jungfrau wird empfangen (Jes 7,14). h. Die Zeit der Versöhnung heißt Zeit der Freude und des Frohlockens. Die Zeit der Pilgerschaft ist die Zeit der Trauer und des Streits. i. Daher ist es angebracht, zu sagen: ‚Wir sollen alle gegen Fleisch und Blut ankämpfen, gegen die Welt und die Gewalten in den Lüften, besser jedoch gegen das Fleisch, weil viel Vertraulichkeit mit ihm in uns steckt, und keine Seuche ist schlimmer als ein vertrauter Feind.’ k. Diese Zeiten werden auch nach den Hauptteilen des Tages betrachtet. Das sind: Die Nacht gehört zur Zeit der Abwendung, der Morgen zur Zeit des Rückrufs, der Mittag zur Zeit der Versöhnung und Rückkehr, der Abend zur Zeit der Pilgerschaft. „Und sieh deren Bezüge dabei: Die Nacht ist finster, und die Götzendiener waren blind,“a usw. l. Diese vierteilige Gliederung der Zeit kann auch beim Menschen festgestellt werden: Vor der Taufe wächst nämlich der Mensch als Sohn des Zorns, in der Taufe wird er wiedergeboren und ein Sohn der Gnade. Seither wirkt er Gutes und wird ein Spross der Gerechtigkeit, wenn er mit der Leidenschaft der Liebe zu Gott und zu seinem Nächsten liebt. Schließlich wird er gemeinsam mit Christus herrschen und Erbe der Ewigkeit und Herrlichkeit, wenn er vom Tod zum ewigen Leben übergeht. m. Und jedem dieser genannten Teile können Winter, Frühling, Sommer und Herbst zugeordnet werden. n. Diese Zeiten werden auch durch die vier hauptsächlichen Taten Christi bezeichnet: Geburt, Leiden, Auferstehung, Erscheinen vor dem Gericht mit allem, was damit zusammenhängt. Und dies alles passt zum Menschengeschlecht. o. Christi Leben ist unsere Bekehrung, Christi Handeln ist unser Heil, Christi Wandeln ist unsere Lehre. Ich sagte, ‚Mit allem, was damit zusammenhängt’, denn zu Weihnachten gehören Beschneidung, Erscheinung, Taufe und Reinigung, zur Passion Fasten und Versuchung, zur Auferstehung Himmelfahrt und Sendung des Heiligen Geistes, zum Advent,

a 

Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 9.

119

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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die Verklärung zum Gericht und das Wunderwirken, denn darin wird Er uns zeigen, was wir in Zukunft sein werden.’ p. „Die Passion wird mit dem Winter verglichen, Weihnachten mit dem Frühling, die Auferstehung mit dem Sommer, das Gericht mit dem Herbst, wenn der Hochbetagte Platz nimmt (Dan 7,9), schon hält Er die Schaufel in der Hand, Er wird die Spreu vom Weizen trennen (Mt 3,12),“a usw. q. Christi Geburt trifft ebenfalls zusammen mit der Zeit des Rückrufs wegen der Propheten, die Ihn auf vielerlei Weise vorhergesagt haben, die Passion mit der Zeit der Abkehr, die Auferstehung mit der Zeit der Rückkehr wegen der Freude, der Advent mit der Zeit der Pilgerschaft, denn diese Zeit dauert bis zum Tag des Gerichts. Daher der Prophet: Ich bin arm und nur ein Pilger vor Dir wie all meine Väter (Ps 39,13). r. Diese Zeiten des Großen Jahresb betrachtet die Kirche und formt sie im Dienst für Gott entsprechend der Qualität und Variation jener einzelnen Jahre und nutzt dabei die lobenswerte Verschiedenheit der Liturgie. s. Die Zeit des Advents bis zur Geburt des Herrn stellt die Zeit des Rückrufs dar, die geschah durch das Gesetz und die Propheten, die auf die Wunde einen weichen Umschlag (malagma) auftrugen. Und deshalb liest man nun bei Jesaja, der sagt, als er die Unheilbaren sieht: Der ganze Kopf ist wund, das ganze Herz ist krank (Jes 1,5) usw. Und weiter: Hier ist kein Umschlag aufzulegen, usw. „Malagma ist eine Art Pflaster oder Umschlag„c Dann wird das Gradualed begonnen mit: Ad te levavi – Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele (Ps 25,1), als ob man sagt: ’In der Zeit der Abkehr erhoben die Menschen ihre Hände und Herzen zu ihrer Hände Arbeit und sagten zu Stein und Holz: Du bist mein Gott (Jer 2,27). Ich aber sage: Ad te levavi – Zu Dir, Herr, erhebe ich meine Seele, mein Gott (Ps 25,1) usw.’ Und zur Zeit des Rückrufs beginnt das Amt des Dienstes, nicht zur der Zeit der Abwendung, Ambrosius, In psalmum 118, VI, 25. Nach Isidorus Episcopus Hispalensis Etymologiae sive origines V, 36, 3 das Jahr, in dem alle Planeten an ihren Platz zurückkehren. c  Hieronymus, Commentarii in Esaiam XI, 38, 21. d  Hier ist die Rede vom Buch ,Graduale’, das mit dem Introitus ,Ad te levavi’ am 1. Adventssonntag so beginnt. a 

b 

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i. Zeiten der Heilsgeschichte, KAP.  55-56

damit es nicht so scheint, es beginne im Irrtum. Man hält zwar die Sache im Blick, doch man folgt nicht der Ordnung, wie es auch die Evangelisten manchmal tun. Denn man sucht, geheilt und gepflegt zu werden, deshalb beginnt die Zeit bei den Ärzten.

Kapitel 56 a. Die Z eit der S ept u a g e si m a geht von Circumdederunt me – Mich umfingen Fesseln (Ps 18,5)a bis zur Oktav von Ostern und stellt die Zeit der Abkehr dar. „Daher wird vom Buch Genesis bis zum Buch der Könige gelesen,“ b wo es um den Auszug der Vorväter und vieler anderer geht, die in der Sintflut ertrunken sind.“c Nun betet die Kirche, beugt die Knie und fastet.“ d b. „In der O ster z eit , d. h. von Ostern oder genauer von der Osteroktav bis zur Oktav von Pfingsten, gedenkt man der Zeit der Freude und Versöhnung und liest das Buch der Apokalypse, wo die neue Stadt Jerusalem erwähnt wird, (vgl. Offb 21,2-27) sowie die Katholischen Briefe und die Apostelgeschichte.“e Weniges wird vorgeschrieben, man fastet nicht, man unterlässt Kniebeugen, trägt weiße Gewänder, man ist zufrieden mit einer Dreizahl der Psalmen und Lesungen, auch mit drei Responsorien und drei Versikeln. c. „Ab der Oktav von Pfingsten bis zum Advent gedenkt man der Zeit der Pilgerschaft, in der wir Kampf und Streit gegen die Welt, das Fleisch und den Teufel ausfechten. Die Welt ist ein trügerischer Feind, das Fleisch ein heimischer Feind, der Teufel der altböse Feind.“ f Keiner ist wirksamer beim Schädigen als der heimische Gegner, also das Fleisch, das wir mit Kleidern wärmen, mit Nahrung füttern, dem wir wie dem Vieh dreierlei schulden, Nahrung, damit es nicht vergeht, Lasten, damit es sanft bleibt, eine Gerte, damit es nicht kreuz und quer, sondern geradeaus Sonntag Septuagesima. Amalarius Metensis, De ordine antiphonarii prol. 4-5. c  Hugo de S. Victore, De sacramentis 64. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 42. e  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 32. f  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 157. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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geht. Um solchen Streit darzustellen, liest man nun in der Kirche das Buch der Könige, wo es um Streit geht. Und weil bei dem Kampf besonders Weisheit nötig ist, „fährt die Kirche mit den Büchern Salomos fort. Doch weil wir bei dem Streit Geduld brauchen, wird das Buch Hjob angefügt. Dann folgt das Buch Tobit wegen der Barmherzigkeit, die wir ebenso nötig haben. Es folgen auch die Bücher Judith, Ruth und Esther wegen der Tapferkeit und Klugheit. Aber weil noch immer Streit herrscht, wird das Buch der Makkabäer angefügt.“a d. Gefragt wird bezüglich jener Zeit, die von Weihnachten bis Septuagesima geht, welcher Zeit [der Heilsgeschichte] jene Zeit [des Kirchenjahres] zugeordnet wird? – Die Antwort einiger ist sehr lobenswert, denn zum Teil ist sie in der Zeit der Rückkehr enthalten, die eine Zeit der Freude ist, wie es bei der Zeit von Weihnachten bis zur Oktav von Epiphanie gesagt wurde. Daher werden in einigen Kirchen weiße Gewänder so lange getragen wie in der Osterzeit, es wird nicht gefastet und es werden keine Kniebeugen gemacht. Die übrige Zeit von der Oktav von Epiphanie bis Septuagesima gehört zur Zeit der Pilgerschaft. Und gelesen werden die vierzehn Briefe des Paulus, wo es um seine Anstrengungen bei Streit und Kampf geht. Obwohl nicht Jesaja gelesen wird wie zu Weihnachten, sollst du nicht glauben, jener Tag gehöre zur Zeit des Rückrufs. Das geschieht nach anderer Überlegung sowohl vor dem Evangelium in den Nokturnen als auch vor der Epistel in der Messe. Es wird nämlich dann auch die Basis unter die Säule gesetzt, damit durch beide Testamente die Geburt Christi bezeugt wird.

Kapitel 57 104

a. Diese Ord nu n g der L it u r g ie hat der hl. Hieronymusb auf Bitten des Papstes Damasusc eingerichtet, und vieles andere, was aus dem Alten und Neuen Testament gelesen wurde. Gregor hat Amalarius Metensis, De ordine antiphonarii prol. 5. † 420. c  366-384. a 

b 

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i. Zeiten der Heilsgeschichte, KAP.  56-57

dann einige Gesänge hinzugefügt, Gelasiusa Hymnen, und das Übrige an vielen Kirchenväterstellen. Zur Zeit des Kaisers Theodosiusb sang man die Psalmen ungeordnet, daher bat dieser den Papst Damasus, er möge einen weisen Mann beauftragen, die Liturgie zu ordnen, und so geschah es, wie wir gesagt haben. b. Es gibt aber in den zuvor genannten Zeiten einige doppelt besetzte Tage, wo zwei Feste auf einander treffen. Da muss man dem folgen, was in der ‚Ethik’c gesagt wird: ‚Weiche dem Größeren aus’, d. h. es solle das Offizium des Bedeutenderen gefeiert werden, wobei dem Minderen das ,Gedächtnis’ d an diesem Tag bliebe. Doch das Offizium solle dem folgenden Tag vorbehalten bleiben, wie es bei Peter und Paul geschieht, und bei einigen anderen Sonntagen. Zuerst das Fest des Petrus, denn er war der Apostelfürst, am folgenden Tag das des Paulus, ebenso bei einigen anderen Sonntagen. Der Sonntag weicht und wird immer in der Woche nachgefeiert. c. „Es gibt ebenfalls in den genannten Zeiten einige hervorragende Sonntage,e abgesehen von Ostern und Pfingsten, die wegen Christi Auferstehung und der Sendung des Heiligen Geistes höher als alle anderen sind. Und vier sind hervorragend und hochfestlich, an denen die Offizien getauscht werden, also der Sonntag am Beginn des Advents, der Sonntag am Beginn der Septuagesima, der Sonntag innerhalb der Oktav von Ostern und der Sonntag in der Oktav von Pfingsten. Es gibt auch noch zwei allerdings weniger hervorragende, also Laetaref – Freue dich, Jerusalem (Jes 66,10) und den Palmsonntag.“g d. „Beachte wenn der Tag von [Mariae] Verkündigung auf den Palmsonntag fällt oder auf den Ostertag, ruht der Tag der Verkündigung,, doch am Samstag, der diesem Sonntag vorausgeht, welcher Palmsonntag heißt, wird das Geheimnis der Verkündigung begangen. Es fällt nämlich der 492-496. 379-395. c  Disticha Catonis S. 10 – Die Disticha sind eine antike anonyme Spruchsammlung. d  Die sogenannte Kommemoration bei den Gebeten. e  Die sogenannten ‚privilegierten’ Sonntage. f  Der 4. Fastensonntag. g  Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 116-124. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Samstag aus. Gleichfalls wird, wenn das Fest der Kirchweihe auf die Passion des Herrn fällt, das Geheimnis in der folgenden Woche gefeiert. Ebenfalls, wenn Kirchweihe auf Himmelfahrt fällt, wird das Geheimnis von Himmelfahrt gefeiert.“a

ii. Die Adventszeit Kapitel 58

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a. Wir beginnen die Liturgie im Ad vent nach dem Jahreslauf, dabei sagen wir, es müsse auf zwei Dinge geachtet werden: dass sie nicht erzwungen und nicht unbesonnen vollzogen werden. Liturgie darf nicht erzwungen sein nach dem Wort des Propheten: Freudig bringe ich Dir mein Opfer dar (Ps 54,8) usw. Und Oholiab, der auch Bezalel hieß, von dem gesagt wird, er habe dem Herrn einen Tempelb erbaut (vgl. Ex 36,2) – andere sagen, es waren zwei, Oholiab und Bezalel – und letzterer wird mit ‚freiwillig’ übersetzt. ‚Unbesonnen’ wird verboten, denn unrein ist Vieh, das nicht wiederkäut und keine gespaltenen Hufen hat. Gespaltene Hufen werden als Zeichen für Besonnenheit genommen. b. Weil Gott also freiwilligen und besonnenen Dienst liebt, haben die hll. Väter festgesetzt, wie wir Gott besonnen dienen können. Sie setzten also für jede Hore Lesungen fest, zum Beispiel am Morgen, und in der Messe Episteln und Evangelien und in den anderen Horen kurze Lesungen, die ‚Kapitel’ heißen. c. Und weil die Liturgie aus Lesung und Gesang besteht, muss man wissen, dass es fünf Lesebücher in der Kirche gibt sowie drei für Gesang, und zwar Graduale, Antiphonar, Tropar. Das Antiphonar hat seinen Namen vom würdigsten Gesang genommen, also von den Antiphonen, da in ihm auch die Responsorien und Versikel enthalten sind. d. „Man liest nämlich in der ‚Historia tripartita,c dass der hl. Ignatius, Patriarch von Antiochien, Engel Bernoldus, Micrologus 48. Die Bundeslade. c  Eusebius, Papst 309/310. a 

b 

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i. ZEITEN DER HEILSGESCHICHTE, KAP.  57 – ii. ADVENTSZEIT, KAP.  58-59

auf einem Berg hat antiphonarisch singen hören und daraufhin in der Kirche hat singen und Psalmen wie Antiphonen zusammenstellen lassen.“a „Daher haben Antiphonen im Hinblick auf die Psalmodie ihren Namen, wie die Responsorien im Hinblick auf die Historia. Und während man anfangs Psalmen und Antiphonen durcheinander und gewissermaßen wie im Reigen sang, wurde von den Vätern bestimmt, dass der Chor getrennt [in zwei Blöcken] sitzen solle und nun den Psalm abwechselnd psallierte, d. h. dass ein Teil des Chores einen Psalmvers sang und dann der andere den nächsten.“ b e. „Das Antiphonar beginnt so: ‚Aspíciens a longe – Wenn ich in die Weite blicke’. Das ist nicht gregorianisch, d. h. von Gregor komponiert, vielmehr ist es von einem Mönch zusammengestellt und sollte nicht vor den anderen von Gregor komponierten stehen.“c Es hat sich jedoch der Brauch als stärker erwiesen, dass es in der ganzen Kirche vorgetragen wird, dass es nicht leicht wäre, das vor Jahrhunderten Geschehene zu verbessern. Das Übrige stammt von Gregor.

Kapitel 59 a. Das zweite Buch ist das Gra du a le , genannt nach den Stufen, weil der Sänger an Festtagen auf die Stufen hinaufsteigen und dort auf dem Ambo singen soll. b. Dieser Ambo heißt so nach ‚hinaufsteigen’ (ambio, -bis), weil man zu diesem Ort auf Stufen hinaufsteigt, oder von ‚beide’ (ambo, -bae, -bo), weil es dort zwei Zugänge gibt, d. h. beim Pult dort, wo das Evangelium rezitiert wird. Dort müsste es zwei gleiche Stufen geben, die eine links für den Aufstieg, die andere rechts für den Abgang, entsprechend dem Wort des Evangeliums: Sie zogen auf eínem anderen Weg zurück in ihr Land (Mt 2,12). c. An festfreien Tagen wird mitten im

Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 17. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 7, 9. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 1; ders., Sacramentarium 63; Amalarius Metensis, Liber officialis III, 38. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Chorraum vor den Altarstufen gesungen. Der Anfangsgesang ist Ad te levavi – Zu Dir erhebe ich meine Seele (Ps 25,1). d. Und das dritte Buch ist das Tropar, benannt nach den Tropen, d. h. ‚Wechseln’, denn am Ende des Gesanges kehren wir zum Anfang zurück. Das ‚stróphium’ heißt ‚Gürtel’,a denn der geht von einer Seite zur anderen herum bis zum Nabel. Das Tropar ist ein Buch, das all die Gesänge enthält, die hauptsächlich von Mönchen zusammen „mit dem Introitus der Messe gesungen werden. Diese heißen Tropen, Sequenzen, Kyrie eleison und Neumen.“ b Sie nennt man so, weil zuerst der Vers gesprochen wird und danach ‚eleison’, wieder ein Vers und danach ‚eleison’. e. Beachte: Neume ist Femininum und wird, ohne ‚p’, für den Jubilus verwendet. Für den Heiligen Geist sagt man griechisch ‚pneuma, -matis’, hebräisch ‚ruach’, lateinisch Spiritus Sanctus. Daher singt man in einer Prose: ‚Descendat – In dich wird der Heilige Geist herabsteigen’.c Es wird jedoch auch pneuma, -matis statt neuma, -mae gesetzt, wie in ‚Nato canunt omnia’.d f. Das Tropar hat kein bestimmtes Prinzip, denn es geht darum, was gefällt. Wir sind nicht mehr gehalten, dieses oder jenes Kyrie an diesem oder jenem Tag zu singen. g. Die Kirche beginnt im Advent das Antiphonar, das mit ‚Aspíciens a longe’ beginnt, und das Graduale, dessen Beginn Ad te levavi ist.

Kapitel 60 a. Jetzt wollen wir uns die f ü n f L e s e büc her anschauen. „Das erste ist die Bibliotheka, von ‚Biblos’ ‚Buch’, und ‚theca’ ‚Setzung’, wo das Ganze gesetzt enthalten ist, beide Testamente.“e Das zweite ist das Passionar, in dem jedoch mehrerlei steht. Das dritte ist das Legendar, das vierte das Homiliar, das fünfte das Predigtbuch. Verwechslung Joh. Beleths von trophium mit strophium. Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XIX, 33, 3. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 77; Amalarius Metensis, Liber officialis III, 16, 3. c  Tropus zum Kyrie. AH 47. d  AH 7, 49. Vers 2: Sillabatim neumata. e  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origins VI, 3. 1. a 

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ii. Adventszeit, KAP.  59-60

b. „‚Bibliothek’ ist doppeldeutig und mit dem Ort gleichbedeutend, an dem Bücher abgelegt werden, also ein Schrank und ein dicker Band, in dem alle Bücher des Alten und Neuen Testaments zusammengebunden sind. Daher hat es von der Sache seinen Namen. Es gibt aber 22 Bücher, die dort im Alten Testament enthalten sind, acht im Neuen, also die vier Evangelien, die Briefe des Paulus, die Apokalypse, die Katholischen Briefe und die Apostelgeschichte. Die Bücher des Alten Testaments sind die fünf Bücher Moses, also der Pentateuch, eigens bei den Juden ‚Thorath’, d. h. ‚Gesetz’ oder ‚Bücher des Gesetzes’, bei denen sie schwören wie wir bei den Evangelien, die gleichsam am heiligsten im Neuen Testament sind.“a c. Dann gibt es acht, die sie wie folgt aufzählen: Josua, Richter, dessen letzter Abschnitt Buch Rut heißt, Samuel, die Malachim, zwei Bücher, die wir als eines auffassen, d. h. Könige, das vier Teile oder Abschnitte hat. Danach folgen vier: Jesaja, Jeremia, Ezechiel, und in einem einzigen Buch die zwölf Propheten, wegen ihrer überaus großen Kürze. Die folgenden neun betrachtet man als Hagiógrapha, ‚Heilige Schriften’, doch als authentisch, also Psalmen, Hjob, drei Bücher Salomos, also Sprichwörter oder besser ‚Sprüche’, Kohelet,b Hoheslied, Chronik, Daniel, Judith, Esther. Vier zählen zu den Apokryphen, und zwar Tobit, Makkabäer, Philo, also Liebt Gerechtigkeit (Weish 1,1), und Jesus der Sohn des Sirach, also Alle Weisheit stammt vom Herrn, unserm Gott (Sir 1,1), das Buch wird auch Ecclesiásticus genannt. Diese vier nehmen sie [die Juden] nicht an. Die Kirche hält sie für authentisch, auch wenn sie deren Verfasser nicht kennt. Die ‚Sprichwörter’ tragen den Titel als Bücher Salomos, andere zwei hat, wie wir glauben, Esra verfasst, der die ganze Bibliothek des Alten Testaments wieder hergestellt hat, die von den Babyloniern verbrannt worden war.“c Wir lesen unsere Bibel, also das Alte und das Neue Testament, deshalb zu verschiedenen Zeiten bei den wechselnden

Ps.-Alcuinus, Disputatio puerorum c. 7. Ecclesiastes. c  Vgl. Ps.-Alcuinus, Disputatio puerorum c. 7-8. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Históriae in den jeweiligen Monaten, damit auf diese Weise alles binnen eines Jahresablaufs gelesen wird. d. Mit dem Advent wäre zuerst zu beginnen, doch es scheint leichter, wenn man mit einer anderen angezeigten Zeit beginnt.

Kapitel 61

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a. „In der S ept u a g e si m a wird der ganze Pentateuch gelesen bis ‚Isti sunt dies – Dies sind die Tage’,a d. h. 15 Tage vor Ostern, und es werden vier Historiae gesungen, drei aus dem Buch Genesis, die vierte aus Exodus. Das 1. Buch Mose heißt Genesis, bei ihm handelt es sich um die Erschaffung der Welt, das 2. ist Exodus, bei dem es sich um den Auszug der Kinder Israels aus Ägypten handelt. Das 3. ist Levitikus, das 4. Numeri, das 5. Deuteronomium, letzteres bedeutet ’Zweites Gesetz’, denn dort wurde alles kurz rekapituliert. b. Während der 15 Tage bis Ostern wird Jeremia gelesen und das Buch Baruch, seines Sekretärs, wie einige bezeugen, im selben Band, Threni, die Klagelieder des Jeremia, drei Tage vor Ostern, die wir die ‚Ténebrae’, Dunkelheit, nennen. Sie heißen nach den Threni oder dem Berg Trinákria,b wo zuerst die Klagelieder der Seelen gehört wurden, gleichsam dreimal, weil sie von Paschasiusc dreifach kommentiert wurden, nämlich historisch, allegorisch und tropologisch. Oder weil nach jedem dritten Vers dort der Buchstabe des Alphabets steht. Geschrieben wurde das Werk in vierfachem Alphabet, d. h. in vierfacher Wiederholung. Die Historia ist für 14 Tage genommen, erst aus dem Buch Jeremia, dann von der Passion des Herrn im Evangelium. – Jetzt gehe zunächst über zur Oktav von Pfingsten, damit du das Alte Testament in einer einzigen Ordnung verfolgen kannst.“d

Passionssonntag, Matutin, 1. Responsorium. Missverstandene Anspielung an Vergilius, Aeneis III, 440. dort: Besser dem Ziele genaht des trinakrischen Berges (J. H. Voss). c  Paschasius Ratbertus, Abt von Corbie, † 859. Kommentar zu den Klageliedern des Jeremia. d  Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 118. a 

b 

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ii. Adventszeit, KAP.  60-62

Kapitel 62 Der L e s epl a n von der Pfingstoktav bi s Wei h na c hten : a. Es wird von da an bis zum 1. August Samuel gelesen und Malachim, also Buch der Könige und Chronik mit der História ’Deus omnium – Gott erhört alles’,a doch an der Oktav von Pfingsten pflegt man von der Dreifaltigkeit zu singen und zu lesen, obwohl Papst Alexanderb auf Befragen, ob das geschehen dürfe, sagte, er kenne keinen besonderen Tag für die Dreifaltigkeit wie auch keinen für die Einheit. Das Offizium wurde, so glaubt man, besonders wegen der Ketzer geschaffen. Doch beherzige, was bis zum 1. August gesagt wurde. Wenn nämlich eine Historia auf einen Sonntag fällt, muss man sicher die Historia verschieben. b. Ebenso wenn ein Montag, Dienstag oder Mittwoch auf den 1. eines Monats fällt, wird es am vorausgehenden Sonntag geändert. Wenn der Donnerstag, Freitag oder Samstag, wird auf den folgenden Sonntag verschoben. c. Diese Regel halte auch allgemein für alle Monate, denn wenn der Monatsanfang auf einen festfreien Tag fällt, wird an diesem Sonntag die Historia vertauscht, die dem Anfangstag am nächsten ist, entweder der davor oder der danach. Wenn aber auf einen Sonntag, wird mit diesem Tag getauscht. d. Vom 1. August bis zum September werden also die Bücher Salomos gelesen und die beiden apokryphen Bücher der Weisheit, sodass der Mittelteil des Hohenliedes bis Mariae Geburt im September aufgehoben wird. Der zweite Teil wird an [Mariae] Himmelfahrt gelesen. Denn die Sermones, die es dort gibt, wie: ’Ihr denkt von mir, Paula und Eustochium’,c und die zu einer bewährten Gewohnheit gehören, werden besser im Refektorium gelesen. Dann wird die Historia ‚In princípio – Im Anfang hat Gott, bevor Er die Erde schuf’,d was zur Neuschöpfung gehört. Jenes andere In princípio (Gen 1,1), das zur Septuagesima, gehört zur Schöpfung selbst. 11. Sonntag nach Pfingsten, 1. Nokturn, 2. Responsorium. Papst Alexander III. (1159-1181) äußerte, dass in Rom das Fest nicht gefeiert werde. Vgl. Decretale Gregorii, Liber Extra X 2.9.2 § 3. c  Paschasius Radbertus, Epistola beati Hieronymi ad Paulam et Eustochium De assumptione s. Mariae uirginis p. 109. d  Mittwoch der 4. Augustwoche, 3. Responsorium. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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e. Vom 1. September an wird 14 Tage lang Hjob gelesen, dann weitere 14 Tage Tobit, Judith, Esther, Esra und Nehemia mit der Historia Peto Domine – Ich bitte, Herr (Tob 3,15).a Im Oktober wird das Buch der Makkabäer gelesen mit der Historia Adonai – Herr, Du bist groß und voll Herrlichkeit (Jud 16,13)b und Adapériat – Er öffne euer Herz (2 Makk 1,4).c Im November Ezechiel, die zwölf Propheten mit der Historia Vidi Dominum – Ich sah den Herrn, er saß (Jes 6,1), im Dezember der ganze Jesaja bis Weihnachten, falls nicht der Lektor das übergehen muss, was an Weihnachten selbst gelesen wird: Pópulum géntium, Consolámini, Consurge (Jes 9,2; 40,1; 52,1).d Und was an Epiphanie gesungen wird: Surge – Auf, werde Licht, Jerusalem (Jes 60,1).e Das gehört nämlich zum schon geborenen Christus, das übrige, was im Advent gelesen wird, gehört zu Christus, der geboren werden wird, deswegen müssen wir dies bis Weihnachten übergehen, denn dann soll man Neues hören. f. An den Quatember-Fasttagen im Advent und in der Vigil von Weihnachten wird nicht aus Jesaja gelesen, denn diese haben eigene Lesungen und eigene Offizien. Deswegen pflegen die anderen Fasttage mit diesen zu tauschen als den gleichsam feierlicheren. g. Warum haben diese Tage dieses und nicht jenes? – Weil der Römische Papst in der Alten Kirche Ordnungen zu diesen und zu jenen Weihen festgelegt hat. Und wenn das Fest des hl. Thomasf auf einen Fasttag gerät, spricht die Kirche die Lesungen des Heiligen, und nicht vom Fasten. So hat sich der Brauch verbreitet. Die Römische Kurie aber macht es nicht so, vielmehr bringt sie sechs Lesungen vom Fasten und die drei letzten von der Homilie zum Evangelium dieses Festes. h. Im Advent gibt es mitunter drei Históriae, mitunter vier. Denn sie werden auf vier Wochen verteilt, aber selten. – So halten wir es mit dem Alten Testament.

1. und 3. Sonntag im September, 1. Responsorium. 4. Sonntag im September, 1. Responsorium. c  Sonntage im Oktober, 1. Responsorium. d  Beginn der drei Lesungen in der Matutin von Weihnachten. e  2. Lesung in der Matutin am Festtag. f  21. Dezember. a 

b 

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ii. Adventszeit, KAP.  62

i. Nun wollen wir auf das Neue Testament schauen. Von der Oktav von Ostern bis Pfingsten wird drei Wochen lang die Offenbarung des Johannes gelesen; während der folgenden zwei Wochen bis Himmelfahrt die Katholischen Briefe; sie sind sieben an der Zahl: Der erste ist der des Jakobus, Sohn des Alphäus, die folgenden drei von Johannes dem Evangelisten, der fünfte und sechste von dem Apostelfürsten Petrus, der siebente von Thaddäus, der Judas, Bruder des Simon, genannt wird. k. Von Himmelfahrt bis Pfingsten wird die Apostelgeschichte gelesen Primum quidem – Im ersten Buch (Apg 1,1) usw. Die Historia ist Dignus es – Würdig bist Du, Herr (Offb 5,9) sowie für alles Vorausgeschickte. Ab der Oktav von Epiphanie bis Septuagesima werden die 14 Briefe des Paulus gelesen, die an Personen wie auch die an Kirchen gerichtet sind, so an Titus und an die Korinther. Über die Evangelien und die Psalmen wird an passender Stelle gesprochen werden. Damit haben wir aus beiden Testamenten gelesen. l. Und beachte: Lesungen werden auf vier Arten geschlossen: durch ‚Du aber, Herr’ (Ps 41,11), durch ‚So spricht der Herr: Wendet euch mir zu und lasst euch erretten’ (Jes 45,22) und ‚Jerusalem, Jerusalem, bekehre dich zu deinem Herrn’ bei den Klageliedern des Jeremias. Und bei den Lesungen für die Verstorbenen: ‚Selig sind die Toten, die im Herrn sterben’ (Offb 14,13), dies ist jedoch in der Kirche nur wenig in Gebrauch. Doch wir berichten ja nicht, was in Rom geschieht, sondern was geschehen müsste. m. Das Homiliar wird an Weihnachten gelesen und an den Festen derer, die eigene Fasten haben, wie am Fest des hl. Thomas sowie an Ostern und Pfingsten mit deren Wochentagen. Auch wird daraus an Sonntagen gelesen. n. „Die acht Tage Ostern werden zur Septuagesima gerechnet, denn jene siebente Woche stammt aus der Quadragesima, durch die dasselbe dargestellt wird wie durch die Septuagesima: da in der siebenten Dekade die Söhne Israels die Erlaubnis zur Rückkehr erhielten und schon gewissermaßen frei waren.“a Deshalb werden in jenen Tagen Gesänge der Freude angestimmt. Am Samstag ‚in weißen Gewändern’ wird a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 17.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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das Halleluja verdoppelt, weil da die Septuagesima endet. Denn wenn der Lauf dieses gegenwärtigen Lebens beendet ist, nachdem wir in unser Jerusalem gelangt sind, werden wir die doppelte Stolaa empfangen. Jener Samstag heißt ‚in Weiß’, weil die am Samstag vor Ostern Getauften nun ihre weißen Gewänder abgelegten, die sie acht Tage zuvor angelegt hatten. o. „An den Festen der hll. Märtyrer wird aus den Passionaren gelesen, doch sind einige [Texte] apokryph, wie Gelasius bezeugt, so etwa über den hl. Georg, einen Cyricus und seine Mutter Julita. Diese haben, wie man liest, Häretiker verfasst, die für ihre Machwerke von der Kirche mit dem Interdikt belegt wurden.“ b Wie viele aber kanonisiert sind, wird an passender Stelle gesagt werden. p. Nicht alle Homilien sind authentisch wie einige des Origenes, der in Irrlehren abgewichen ist. Andere von ihm werden als von Hieronymus korrigierte gelesen. Doch der Name des Autors wird verschwiegen wegen der Schmach seiner Irrlehre, so wie der Name Salomos in Lesungen wegen der Schmach des Götzenkults und der des Moses wegen des Zweifels beim ‚Haderwasser’ (vgl. Ex 17,1-7; Num 20,1-13), denn er hatte den Herrn erzürnt. So heißt es nicht: ‚Lesung aus dem Buch Genesis des Gesetzgebers Moses’, wie es heißt ‚Lesung aus der Offenbarung des Apostels Johannes.’ Einige sagen jedoch, man solle am Anfang der Homilien sagen: ‚Homilie des Origenes, korrigiert von Hieronymus.’ Und so bei den Fortsetzungen der Homilien desselben. q. Ebenfalls müssen an den Festen der Märtyrer die Leidensberichte gelesen werden, die Legenden an den Festen der Bekenner (also ihre Lebensbeschreibungen), Homilien an den Festen mit eigenen Evangelien, wie beim Fest des hl. Apostels Thomas die drei letzten Lesungen von den Homilien, die anderen aus den Leidensberichten. r. ‚Legende’ heißt das Buch, in dem es um Leben und Sterben der Bekenner geht, wie von Hilarius, Martin und anderen, es muss nur authentisch sein. An den Festtagen wird auch das Buch mit den Predigten gelesen, das auch ‚sermológium’ genannt a  Zurückgehend auf Offb 6,11. ‚Stola’ steht für die weißen Gewänder der Bekenner und die roten der Märtyrer. b  Gratianus, CIC, D.15 c.3 § 77.78. – Gelasius, Papst 492-496. Die Dekrete stammen aus dem 6. Jahrhundert.

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ii. Adventszeit, KAP.  62-63

wird. Von Weihnachten bis zur Oktav von Epiphanie werden die gelesen, die Papst Leoa und viele andere verfasst haben, auch bei Mariae Reinigung und bei vielen anderen Festen, so an Allerheiligen. s. Vorzügliche Homilien haben Gregor und Beda verfasst, der aber keine anderen verfasst hat als die, die schon Augustinus verfasst hatte. Der hat sie allerdings mit seinen Worten umgewandelt. Denn Augustinus hatte nur Worte wie für eine Disputation. Beda aber Worte für die Predigt und die Lesung.

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Kapitel 63 a. „Jetzt wollen wir zu den B üc her n für den G e s a n g im Advent zurückkehren. Dem ersten Responsum folgen drei Verse – was man im ganzen Jahr nirgendwo sonst findet – wegen der drei Zeiten, in denen die alten Väter die Ankunft Christi erwarteten. Die erste Zeit dauerte von Adam bis zur Sintflut (cataclismus aquarum), die zweite bis Moses, die dritte bis Christus. Und da es eine dreifache Wiederholung gibt, die erste auf der obersten Stufe, die zweite weniger hoch, die dritte weit tiefer, um zu zeigen, dass die Väter der ersten Zeit weiter von der Ankunft Christi entfernt waren als die der zweiten oder dritten Zeit, die der zweiten weiter als die der dritten. Ähnlich gibt es drei Zeiten für die Väter, die gegenwärtig auf den zweiten Advent warten. Die erste Zeit war die der Urkirche, die aus den Juden zum Glauben bekehrt worden war, die zweite ist jetzt, nachdem die Einführung der Heiden erfolgt ist. Die dritte wird sein, wenn ganz Israel gerettet sein wird (Röm 11,26). Ebenso sind und waren die ersten von den letzten weiter entfernt, und so dient die Allegorie beiden Adventen. ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater’ wird den drei Versen angefügt, weil alles Sehnen und aller Dienst dem dreieinigen Gott gewidmet sein müssen.“ b Dort gibt es nämlich keine Wiederholung eines Teils, sondern des ganzen Responsoriums, denn nach dem gegenwärtigen Leben werden alle Zeiten ihr Ende haben, da Gott alles a  b 

Leo I., Papst 440-461. Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 5.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

in allem (1 Kor 15,28) sein wird, d. h. von allem Vollendung und Fülle. b. Nun müssen wir nach der Qualität der Zeit und ihrem Inhalt und auch der Enthaltsamkeit und Abstinenz schauen. Zur Qualität gehört, was wegzulassen und was beizubehalten ist. Zum Teil haben wir gelehrt, was beizubehalten ist, und fügen hinzu, dass am Ende des Advents sieben Antiphonen im 2. Tona zu singen sind, jede ihrer Einordnung entsprechend an einem bestimmten Tag bis Weihnachten. Sie stehen alle im 2. Ton, denn sie zeigen uns die zweifache Liebe, also die zu Gott und zum Nächsten, oder wegen der zwei Naturen in Christus. Sieben sind es wegen des siebenfältigen Geistes, von dem alle Wartenden erleuchtet waren. c. Beachte: Zu diesen sieben Antiphonen, die von dem Geheimnis sprechen, sind zwei hinzugefügt, eine vom hl. Thomas, die andere von der hl. Jungfrau Maria. 118

Kapitel 64 a. Au s z u l a s s en i m Ad vent wie in der Septuagesima sind gewisse Gesänge der Freude wie ‚Te Deum’, Gloria und ‚Ite missa est’. Weil er aber zum Teil eine Zeit der Freude ist, wird das Halleluja nicht unterdrückt wie in der Septuagesima, die ganz eine Zeit der Trauer ist. b. Sieh: Diese drei Stücke begleiten sich gegenseitig, doch nicht immer. Einige Kirchen singen an Petri Stuhlfeier, auch wenn das Fest in die Quadragesima fällt, ‚Te Deum’, während die übrigen Lobgesänge schweigen, denn dieses Lied pflegen wir zur Inthronisation auf einen Bischofsstuhl zu gebrauchen, und am nämlichen Tag wurde Petrus auf die Kathedra von Antiochien inthronisiert. Ebenfalls werden Gloria und ‚Ite missa est’ am feierlichen Gründonnerstag gesungen, wenn der Bischof anwesend ist und das Offizium der drei Öle zelebriert. Doch das ‚Te Deum’ wird nicht gesungen, denn man rüstet sich zu den Finster-Metten, wo auch am Palmsonntag das ‚Gloria Patri’ und in den Responsorien das Isti sunt – Das sind die Feste des Herrn (Lev 23,4) entfällt, denn damals wurde die Dreifaltigkeit sehr entehrt und besonders a 

Hypodorisch mit Grundton D.

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ii. Adventszeit, KAP.  63-64

an jenen drei Tagen. „Ebenso singen wir in der 1. Messe von Weihnachten das Gloria, nur sagen wir bis zur 3. Messe nicht ‚Ite missa est’, ansonsten würde das Volk weggehen und die Matutin nicht anhören. Daher warten einige Zelebranten mit der Schlussoration der 1. Messe, bis die Matutin gesungen wird. Danach sprechen sie abschließend bei der Messe das Benedicamus Dómino.“a „Darauf beginnt die 2. Messe und schließt ebenso,“ b oder in einigen Kirchen ‚Seht, alles wurde vollendet’. Und es wird dem Volk nicht die Erlaubnis gegeben wegzugehen, damit es weiß, es müsse noch die 3. Messe hören. Nach der wird gesagt: ‚Ite missa est – Geht, es ist Sendung.’ Dieser Lobpreis gehört zur Auferstehung wie Gória in excelsis – Ehre sei Gott in der Höhe zu Weihnachten. Warum entfällt beides im Advent? – Weil beides da für die Zukunft erwartet wird. ‚Te Deum’ entfällt deshalb, damit es am Festtag mit umso größerer Begeisterung wieder aufgenommen wird oder weil der noch nicht anwesend ist, den wir erwarten. Und wir pflegen dieses Lied nur für Anwesende zu verwenden. Und statt des Der Herr ist König (Ps 93,1) sagt man Gott, sei mir gnädig (Ps 51,3). Jene Lieder werden in allen Wochen gesungen, d. h. des Moses, Hanna, Habakuk und die anderen, die dort sind, wie Ich sagte (Jes 38,10) und Hört zu, ihr Himmel (Deut 32,1). Die Horen der hl. Jungfrau entfallen, weil das ganze Offizium dieser Zeit ein Lobpreis für sie ist. c. Und beachte: An Festen mit neun Lesungen im Advent muss man zur Sext ein Hochamt mit Gloria und ‚Ite missa est’ feiern. Daher werden in einigen Kirchen die schwarzen Mäntel zur Messe abgelegt wie in der Osterzeit und es sind keine Kniebeugen zu machen. Nach dem Ende der Messe wird das Pluviale wieder angelegt, und wenn Sext und Non gesungen sind, beginnt die Messe vom Fasten. „Und der Diakon muss bei jener Messe und während der ganzen Fastenzeit verkünden: ‚Flectamus génua – Beuget die Knie’ – „ausgenommen an den Wochentagen von Pfingsten, an denen aus Ehrfurcht vor dem Fest Gesänge der Freude nicht unterdrückt werden,“c also Halleluja, ‚Te Deum’ und ‚Ite missa est’. Bernoldus, Micrologus 52. Vgl. Bernoldus, Micrologus 34-46. c  Gratianus, CIC, D.3 c.10 de cons. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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d. Es soll nun auch keine Erwähnung eines Heiligen geben und ebenfalls keine von solchen, die Christi Ankunft vorausgingen, weil alle zur Unterwelt abgestiegen sind. Darum feiert die Kirche kein Fest für sie, auch nicht für die Folgenden, denn an all den Tagen muss es folgende Erwähnung geben: Ecce – Seht, der Herr wird kommen (Sach 14,5) usw. Dies ist die Antiphon nach dem ‚Benedicamus – Lasst uns den Herrn preisen!’ Es folgt das Gebet ‚Consciéntias – Herr, wir bitten Dich, der Geist, der von Dir ausgeht, möge unser Gewissen erleuchten, damit unser Herr Jesus Christus bei seinem Kommen mit allen Heiligen in uns seine Wohnung bereitet finde.’ Sieh, hier wird in der Antiphon gesetzt ‚Und alle seine Heiligen mit Ihm’, und in der Oration ‚mit allen Heiligen’. Warum? – Es reicht nicht, dass eine Erwähnung von irgendwelchen Heiligen einzeln erfolgt, sondern beachte: Diese Oration gehört zur zweiten Ankunft, die im Herzen des Menschen erfolgt, wenn gesagt wird: ‚ damit unser Herr Jesus Christus bei seinem Kommen mit allen Heiligen in uns seine Wohnung finde.’ Doch dann kann man dort nicht sagen ‚mit allen Heiligen’, denn wenn das hinzugefügt wird, also ‚mit allen Heiligen’, scheint es sich schon auf die dritte Ankunft zu beziehen. e. Der Advent Christi ist ja dreifach: im Fleisch und im Geist, der durch den Heiligen Geist alle Tage in die Herzen der Gläubigen einkehrt. Dann gibt es noch die Ankunft in Herrlichkeit, dieser Advent ist am Tag des Gerichts. „Deswegen unterlassen einige in der Antiphon ‚Et omnes sancti cum eo – und alle seine Heiligen mit Ihm’,“a ebenso im Gebet ‚Cum ómnibus sanctis’. Andere sagen: ‚und alle seine Engel mit Ihm’ und beziehen ‚mit seinen Heiligen’ auf die dritte Ankunft, die am Tag des Gerichts erfolgen wird. Zur zweiten Ankunft, die im Geist erfolgt, sagt Salomo: Herr, schicke Deine Weisheit, damit sie bei mir ist und alle Mühe mit mir teile (Weish 9,10). f. Es gibt noch eine andere Oration, die beide Advente betrifft, und zwar: ‚Éxcita – Wir bitten, Herr, erwecke Deine Macht und komm, damit wir den Gefahren, die uns von unseren Sünden drohen.’ Zum ersten Advent gehören

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 3.

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ii. Adventszeit, KAP.  64-65

dann die Worte: ‚durch Deinen Schutz entrissen seien’, sowie zum zweiten Advent: ‚und Erlösung finden, wenn Du uns befreist’.

Kapitel 65 a. Im Ad vent dürfen kei ne Ho c h z eiten gefeiert werden, auch nicht in der Septuagesima, denn „diese Zeiten sind dem Beten zugewiesen, und besser ist es, dass der Mann vom Bett seiner Braut sich nun fernhält als sich mit ihr zu vereinen.“a Ebenso steht es auch bei den Hochfesten mit ihren Wochentagen wie Ostern und Pfingsten. Auch an den Sonntagen und besonders den Festtagen der Apostel soll man sich enthalten. Die Hochfeste sind ja eingerichtet, dass man sich lieber für das Beten freihält. Doch die Bauern kommen stattdessen lieber an diesen Tagen zusammen, um für Trinkgelage frei zu sein. b. „An solchen Tagen muss ein Priester auf der Hut sein. Oft geschieht es ja: ein stummes Lasttier redet (2 Petr 2,16) Göttliches, d. h. ein Laie belehrt einen Geistlichen.“ b c. Und allgemein ist zu befolgen: In der Zeit, in der man sich der Hochzeiten enthalten muss, „muss man sich auch von der Umarmung der Ehefrau enthalten, sofern nicht der Mann wegen der Brüchigkeit seiner Enthaltsamkeit von seiner Frau die eheliche Pflicht einfordert oder sie von ihrem Mann. Dem Fordernden nämlich muss die Pflicht erfüllt werden, denn, so sagt der Apostel: Nicht der Mann verfügt über seinen Leib, sondern die Frau (1 Kor 7,4) und umgekehrt.“c Unter ‚Leib’ verstehe hier eigens der Schambereich. d. Dem entsprechend dürfen auch später in den drei Wochen vor dem Fest des hl. Johannes keine Hochzeiten gefeiert werden. Doch das ist in einigen Kirchen außer Übung gekommen. „Es gab jedoch einen Grund, weswegen die Kirche die vierzig Tage vor dem Fest des hl. Johannes wie die Tage vor Weihnachten für das Fasten festgesetzt hatte.“d Doch wegen der Schwäche der LeuGratianus, CIC, C.33 q.4. Vgl. Gratianus, CIC, C.2 q.7 c.31. c  Gratianus, CIC, C.33 q.4. c. 1-5. d  Gratianus, CIC, C.33 q.4 c.40. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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te wurden die beiden 40 Tage zu einer 40-Tage-Zeit verkürzt, und diese wurde zweigeteilt in drei Wochen vor Weihnachten und drei vor dem Fest des hl. Johannes. Und weil diese Zeiten dem Beten gewidmet sind, das wir verrichten, damit wir in den Himmel gelangen, – was wir jedoch nicht anders können, als mit zwei Flügeln, d. h. als mit Fasten und Almosen, welche den Menschen zum Himmel tragen – deswegen wurde das Fasten eingeführt, damit das, was wegen des Fastens übrigbleibt, den Armen gespendet wird. e. „Der Bräutigam muss sich vom Bett seiner Braut fernhalten, um unbehinderter für das Gebet frei zu sein (1 Kor 7,5).“a Und vom 1. Sonntag im Advent bis Epiphanie erfolgen deshalb keine Hochzeiten, und sie würden wohl auch bis zur Oktav von Epiphanie nicht stattfinden, wenn der Herr nicht Hochzeiten mit seiner Anwesenheit und sogar mit einem Wunderzeichen geschmückt hätte. f. Beachte: Im Advent kann jeder Vers gesprochen werden, wenn er sich auf den Advent bezieht, wie Egredietur b – Der Herr verlässt seinen heiligen Ort (Jes 26,21), d. h. in maiestate sua – in seiner Herrlichkeit (Mt 25,31), ’Véniet – Er wird kommen zu richten’ und ,Veni ad liberandum’c – Komm, um uns zu befreien’, das für jeden Advent gesagt werden kann. Der Advent, den es im Fleische gab, hat unsere Seelen aus der Knechtschaft des Teufels befreit, der Advent im Geiste befreit unsere Seelen aus der Sünde, der Advent in der Herrlichkeit wird unsere Leiber befreien. g. Beachte: Das Fest der Luziad hat auf Französisch den Beinamen ‚charchar’ (Fleisch), denn da pflegt man das besonders abzulegen, wie man am zweiten Sonntag der Septuagesima sagt: ‚privicárnium’ ‚Ablegen des Fleischgenusses’.

Gratianus, CIC, C.33 q.4 c.5. Montag, Laudes, 5. Antiphon. c  Terz im Advent, Responsorium breve. d  Fest der hl. Luzia am 13. Dezember. a 

b 

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ii. Adventszeit, KAP.  65-66

Kapitel 66 a. Jetzt wollen wir uns die Vorkommnisse anschauen, was i m Ad vent m it Fe sten u nd Fa sten geschieht. Wenn auf den 1. Adventssonntag das Fest des hl. Andreas fällt, wird es am Montag begangen. Dasselbe sagen wir zu jedem Fest, auch zu dem der Apostel und Märtyrer, wenn es auf einen der privilegierten Sonntage trifft, die wir oben erwähnt haben. „Ebenso wenn ein Fest mit Vigil auf den Montag trifft, wird das Offizium, wenn es eine Vigil hat, hier gefeiert, und das Fasten geschieht am Samstag zuvor, d. h. wenn nämlich die Vigil mit einem eigenen Offizium versehen ist, also ein eigenes Offizium hat. Ebenso, wenn auf einen privilegierten Sonntag das Fest eines Apostels, eines besonderen Märtyrers oder sonst eines Heiligen fällt, der ein eigenes Offizium hat, muss man schauen, ob die folgende Woche eine mit Offizium ist, d. h. ob alle einzelnen Tage ein je eigenes Offizium haben. Wenn nein, wird das Offizium des Sonntags verschoben und an diesem Sonntag das Fest dieses Gastes gefeiert, d. h. des Heiligen, der den Sonntag verdrängt.“a Wenn aber ja, bleibt der Sonntag, und das Fest wird auf den Montag verschoben. Also weicht der Sonntag mitunter einem Fest, mitunter ist es umgekehrt. Warum? – „Weil dort das Offizium erneuert wird.“ b b. „Das Quatember-Fasten soll in der dritten Adventswoche gefeiert werden. Der Advent soll 21 Tage dauern, d. h. drei volle Wochen ohne die Vigil von Weihnachten. Da nun der Advent immer an einem Sonntag beginnt, kommt es vor, dass Weihnachten an einem Sonntag den Advent auf vier Wochen verlängern muss, sonst würden die Vigil von Weihnachten und die QuatemberFasttage konkurrieren, die beide ein eigenes Offizium haben und zu verschiedenen Zeiten gehören. Denn Vigil ist eine Zeit der Freude. So gehört es nicht zum Advent, sondern zu Weihnachten.“c So würde der Advent nicht 21 Tage haben, wie gesagt, ohne Vigil. Wenn aber Weihnachten auf einen Montag fällt oder danach bis Gratianus, CIC, C.33 q.5 c.1. Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 30, 8-9. c  Bernoldus, Micrologus, 33. a 

b 

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zum Sonntag, hat man außer den 21 Tagen einen Tag, an dem man die Vigil feiert, denn am Sonntag, der kein eigenes Offizium hat, wird die Vigil gefeiert und wegen des Sonntags Halleluja gesungen. Doch am Samstag zuvor wird gefastet, sowohl wegen der Quatember als auch wegen der Vigil von Weihnachten. c. „Sieh: Ursprünglich wurde das Frühlingsfasten auf die erste Frühlingswoche festgesetzt, das Sommerfasten auf die zweite Juniwoche, das Herbstfasten auf die dritte Septemberwoche, das Winterfasten auf die vierte Dezemberwoche. Wegen der vielen Verwirrungen, die daraus entstanden, wurde dies beseitigt und gesetzlich geregelt, zu welcher Zeit sie beginnen müssen. Für das Winterfasten wurde bestimmt, dass es immer in der dritten Adventswoche stattfindet, und für die übrigen wurde die Regelung getroffen, zu welcher Zeit sie stattfinden. Und wisse: Am 1. Sonntag der Quadragesima beginnt stets das Frühlingsfasten, in der Pfingstwoche immer das für den Sommer, das Herbstfasten behält seine alte Einrichtung, denn es findet stets in der dritten Septemberwoche statt.“a d. Pass aber bei der Berechnung jener Wochen gut auf! „Denn wenn der erste Tag eines Monats, also der Monat mit dem 1. Wochentag, d. h. dem Sonntag beginnt, oder mit Montag, Dienstag, Mittwoch, dann wird jene Woche zum bisherigen Monat gerechnet und in der dritten Woche findet das Fasten statt. Wenn der Monat aber mit Donnerstag, Freitag oder Samstag beginnt, beginnt man die drei Wochen ab dem folgenden Sonntag zu zählen, so auch [das Quatember-Fasten] in der 3. Woche.“ b So sind die vorausgehenden Tage gewissermaßen nutzlos bei der Wochenberechnung. Es gilt daher die Regel: Von jenem Sonntag, der dem 1. September am nächsten ist, also dem Monatsbeginn, ist stets die 1. Woche zu zählen, ob sie folgt oder ob sie vorausgegangen ist.

a  b 

Vgl. Gratianus, CIC, D.76 c.1-6. Gratianus, CIC, D.76 c.3.

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ii. ADVENTSZEIT, KAP.  66-67 – iii. WEIHNACHTSZEIT, KAP.  68

Kapitel 67 a. „Wir sprechen hier vom Ja h re s g e d ä c ht n i s der Verstor b enen . Wenn diese auf einen Sonntag fallen oder auf ein besonders Hochfest, dürfen diese nicht auf den folgenden Tag verschoben werden, wie wir es bei den Festen der Heiligen gesagt haben, sondern es geschehe am Tag zuvor, sodass man der Pein [der Verstorbenen] eher entgegenkommt, die sie im Feuer des Reinigungsortes ertragen. Die Heiligen haben das nicht nötig, doch die übrigen Verstorbenen brauchen unsere Hilfe.“a b. [Die Messe] für die Verstorbenen darf bei anwesendem Leichnam zu jeder Zeit zelebriert werden, außer an Karfreitag. Da darf ja weder der Leib Christi geopfert noch eine Messe gesungen werden. Doch am folgenden Tag, also am Karsamstag, darf eine Messe für den Verstorbenen gesungen und sein Leichnam beerdigt werden. c. Ebenso ist es am Ostertag. Wenn nämlich einer da stirbt, ist erst am folgenden Tag eine Messe zu zelebrieren, wobei der Leichnam über der Erde bleiben muss – er soll ja nicht ohne Messe begraben werden. d. Zu den Vigilien der Heiligen sagen wir generell: Wenn sie ein eigenes Tagesgebet in der Messe haben, soll das an diesem Tag in der Vesper gesprochen werden. Wenn das ein Sonntag ist, spricht man in der Vigil die Vesper vom Sonntag und nach anderen [Gebeten] das vom Heiligen, und bei dem Magnificat spricht man das Tagesgebet, wie es die Mainzer Kirche tut, und die Mönche behalten das bei, oder man spricht das Tagesgebet mit nur einer Antiphon vom Fest, wenn es keine eigene Vigil hat.

iii. Die Weihnachtszeit Kapitel 68 a. „Die Vi g i l von Wei h na c hten hat eine eigene Messe und ein eigenes Tagesgebet in der Messe, das in der Vesper zu sprechen a 

Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis III, 37.

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ist. b. Dies ist ebenso bei den anderen Vigilien zu befolgen. Wenn aber die Vigil kein eigenes Offizium hat, soll das Tagesgebet vom folgenden Festtag in der Vesper gesprochen werden.“a c. In der Vigil von Weihnachten werden in der Vesper folgende Psalmen gesungen: Lobet, ihr Knaben, den Herrn (Ps 113), Lobet den Herrn, alle Völker (Ps 117), Lobe den Herrn, meine Seele (Ps 146), Lobet den Herrn vom Himmel her (Ps 148), Jerusalem, preise den Herrn (Ps 147,12). In der Komplet ist der Hymnus ‚Veni redemptor géntium – Komm, Du Heiland aller Welt’ b zu singen.

Kapitel 69

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a. Nun wollen wir über den Wei h na c ht st a g selbst sprechen. Vor den ersten Nokturnen werden gewöhnlich, so heißt es, drei Tücher auf dem Altar ausgebreitet werden, um die drei Zeiten zu bezeichnen, und nach jeder Nokturn wird eines weggenommen werden: „das erste in Schwarz für die Zeit vor dem Gesetz, das zweite weiß für die Zeit der Erleuchtung, das dritte rote für die Zeit der Gnade wegen der weißen und roten Liebe der Braut (vgl. Hld 5,10).“c Andererseits findest du, „wie die Alten zu den Nokturnen in den Abschnitten aufzustehen pflegten, also in der Stille der Nacht, in tiefster Nacht und vor Sonnenaufgang,“d die wir gemeinhin ‚matutini annoniali’ nennen. b. Nach der 3. Nokturn werden die Lichter der Kirche entzündet, und nachdem das Evangelium gesungen ist, wird das ‚Te Deum’ gesungen, um die Freude über die verlorene Drachme darzustellen. Um die wiederzufinden zündet die Frau eine Lampe an und fegt das ganze Haus (vgl. Lk 15,8), d. h. die triumphierende Kirche wird durch Christus aus der Unterwelt herausgezogen. c. An diesem Tag werden vier Evangelien gelesen: eines von Matthäus, das zweite von Markus, das dritte dann von Lukas, das vierte schließlich von Johannes, damit vier Zeugen für die Geburt Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 90. Hymnus des Ambrosius Intende qui regis Israel ab Strophe 2, AH 50, 13. c  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 72. d  Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae 4. a 

b 

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iii. Weihnachtszeit, KAP.  68-69

Christi Zeugnis ablegen, obgleich zwei oder drei genügt hätten, denn durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen wird jede Sache entschieden (Mt 18,16). Warum aber Jesaja in der 1. Nokturn gelesen wird, wurde oben gezeigt. d. Sieh: Drei Schriften werden bevorzugt in der Kirche gelesen, mehr als die anderen: und zwar die des Propheten David, der ein Mörder, Verräter und Ehebrecher war, des Matthäus, der Zöllner und schon ehrlos war, und die des Paulus, der ein Verfolger der Kirche war. „Denn andere Sünder aller Art sollen wegen der früheren Taten nicht verzweifeln, Gott werde ihre Almosen und Gebete verschmähen, wenn sie doch Buße tun und die Gnade erlangen können, wie sehr sie auch in Schuld verstrickt sind.“a e. Nach dem ‚Te Deum laudamus – Großer Gott, wir loben dich’ muss der Zelebrant ‚Confíteor – Ich bekenne’ sprechen, wenn er aus der Sakristei tritt und die 1. Messe beginnt. Weil es sich da um die ewige Abstammung Christi handelt, die dunkel und unbekannt ist, wird ‚von der Nacht’ gesungen. Danach wird die Matutin gesungen und mit dem Gebet der Postcommunio beendet. f. Bald darauf beginnt die 2. Messe, bei der es sich um die Erfüllung der Versprechen über die bevorstehende Geburt Christi handelt. Daher beginnt sie mit Lux fulgebit – Ein Licht wird aufstrahlen (Jes 9,1), und das, während der Tag erhellt wird und der Morgen erscheint. Aber da sagt ein halbgelehrter GrammatikFuchser: „Es müsste heißen: ‚Ein aufstrahlendes Licht’.“ Doch das stimmt nicht, denn da rötet es [den Himmel], in der Terz strahlt es, in der Sext brennt es, in der Vesper wird es matt. Und diese Messe wird geschlossen mit ,Ecce completa – Seht, alles ist beendet’ usw. Die 1. Messe gehört zur Generation des Vaters ohne Mutter, also der ewigen, die 2. zu der der Mutter ohne Vater, zu verstehen: ohne zeitlichen Vater, die 3. ist gleichsam zusammengefügt, denn es handelt sich hier um beide. Zur zeitlichen Geburt gehört Puer natus – Ein Sohn ist uns geboren (Jes 9,5), zur ewigen gehört das Evangelium des Johannes Im Anfang war das Wort (Joh 1,1). Ein Teil dieses Evangeliums jedoch, also Und das Wort a 

Gratianus, CIC, D.50 c.53.

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ist Fleisch geworden (ebd. 1,14) usw., gehört zur zeitlichen Geburt. „Dies wird gesagt, um sinnfällig zu machen, dass Christi Geburt auf Erden uns die Geburt für den Himmel gebracht hat. Daher heißt es am Fest des hl. Stephanus: ‚Gestern wurde Christus auf Erden geboren, damit heute Stephanus im Himmel als Sieger feiert.’“a g. „Die Neumen[melodien], die in der Messe gesungen werden, stellen die Freude dar, die besser durch E wie Kyri-e oder durch A wir Halleluj-a dargestellt werden als durch andere Vokale, damit wir durch sie die geistliche Freude sinnfällig machen,“ b die uns wiedergegeben wurde durch die Geburt der Jungfrau. Bei ihr wurde der Name Eva umgedreht durch das Wort des Engels Ave, Maria – Sei gegrüßt, Maria (Lk 1,28). Diesen Namen der Eva gab es bis zum Gruß des Engels. Jene Bedeutung aber, die Trauer Adams und Evas, drücken die Kinder bei ihrer Geburt aus; wenn ein Mädchen geboren wird, sagt es ‚E’, wenn ein Junge ‚A’. h. Jene Neumen stellen also den Schmerz dar, den uns der Ungehorsam Adams und Evas zufügt, doch die Freude wurde durch die hl. Jungfrau wiederhergestellt, von der es nicht ‚Eva’ sondern ‚Ave’ heißt.

Kapitel 70

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a. Nun folgen die Fe ste na c h Wei h na c hten . Die Vesper von Weihnachten muss zunächst ganz zelebriert werden, dann kommen die Diakone zum Jubeln zusammen und singen Magníficat mit der Antiphon vom hl. Stephanus, und der Zelebrant spricht das Tagesgebet. Die Nokturnen und das Offizium des folgenden Tages feiern die Diakone, weil Stephanus Diakon war, und die Segnungen geben sie über die Lesungen. Der Wochenpriester feiert die Messe. b. Ein einziges Gebet zur Matutin reicht für Messe und Vesper. c. So und auf diese Weise machen es die Priester am Fest des hl. Johannes, denn Johannes war Priester, und die Knaben dann am Fest der Unschuldigen Kinder. d. Doch zu a  b 

Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 35, 1. Honorius Augustodunensis, Gemma II, 8. 10.

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iii. Weihnachtszeit, KAP.  69-70

bemerken ist: „Das Leiden des hl. Stephanus geschah im August an jenem Tag, an dem seine Auffindung gefeiert wird, und seine Auffindung fand statt am Tag nach Weihnachten. Doch weil das Fest seines Leidens würdiger ist, wurde es in die Weihnachtszeit verlegt,“a oder weil ihm an diesem Tag eine Kirche geweiht wurde.“ b e. Das hat noch einen anderen Grund: Stephanus hat als erster für Christus das Martyrium auf sich genommen, das bedeutet im Himmel geboren zu werden. Deswegen hat die Geburt Christi uns seinen Geburtstag beschert. Es ist also angemessen, dass das Geburtsfest Christi mit der Geburt des Stephanus fortgesetzt wird, damit dadurch betont wird: die eine Geburt folgt aus der anderen. Daher heißt es auch in seiner Legende: ,Gestern wurde Christus auf Erden geboren, damit heute Stephanus im Himmel jubelt.’ f. „Von derselben Art ist das Fest des hl. Johannes Evangelist. Der Tag, an dem er sich nach der Feier des Gottesdienstes in die Grube begab, war der Tag der Geburt des Johannes des Täufers.“c Aber dem musste er weichen, denn jenem war vom Herrn gesagt worden: Unter allen Menschen, die von einer Frau geboren wurden, war keiner größer (Mt 11,11) usw. Und er wurde auf den dritten Tag nach Weihnachten versetzt, damit der Bräutigam, der weiß und rot ist (Hld 5,10), alle seine Gefährten bei sich hätte, oder weil an diesem Tag seine [des Johannes] Basilika geweiht wurde, auch weil ihm an diesem Tag die Bischofsinsignien als Patriarch von Ephesus übergeben worden waren. Dann schuf er das Evangelium, von dem Beda sagt: „Hätte er noch ein wenig höher intoniert, hätte die ganze Welt es kaum fassen können“,d und Hieronymuse nennt ihn „die Stimme des Adlers“.

a  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 92; ders., Speculum ecclesiae col. 797D. b  Weihe der Kirche Santo Stefano Rotondo in Rom durch Papst Simplicius (468-483). – Le Liber Pontificalis I, 48. c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 836C. d  Beda Venerabilis, In Ioannis euangelium expositio 1. e  Hieronymus, In Matthaeum Prolog [Übers. F.  X. Schulte, Kommentar zum Evangelium des Matthäus (SWKV 10), Bd. 2 S. 47].

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

g. Die Unschuldigen Kinder haben nicht sofort am vierten Tag gelitten, sondern im Jahr danach am vierten Tag, denn Herodes wurde angeklagt und musste zur Rechtfertigung nach Rom gehen. Nachdem er sich verteidigt hatte und zurückgekehrt war, beging er das Verbrechen, dass er alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren tötete (Mt 2,16). Er glaubte nämlich, dass der Knabe, der da geboren war, groß sein werde, da dem die Sterne gehorcht hatten. Und er fürchtete, durch ihn seine Herrschaft zu verlieren. Darüber ausführlicher bei Matthäus! Es heißt dort ‚bimatus’ von ‚bimatos’, d. h. ‚Jahr’ und ist griechisch. h. „Wie in der Quadragesima werden die Gesänge der Freude vollständig ausgelassen am Fest der Unschuldigen Kinder, (denn sie stiegen hinab in die Unterwelt,) wenn deren Fest nicht auf einen Sonntag fällt.“a Dann jedoch wird kein Gesang der Freude ausgelassen zum Deutlichmachen der Fröhlichkeit, die wir in der Oktav empfangen werden, d. h. in der Auferstehung. Auf ähnliche Weise werden die Freudengesänge verschwiegen, welche sie am Oktavtag erhalten werden, d. h. bei der Auferstehung.

Kapitel 71

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a. Es folgt B e s c h neidu n g Ch r i st i , wo wegen der Oktaven zwei Feste zusammentreffen, das der Gebärenden und das des Geborenen. Daher müssen an diesem Tag zwei Messen zelebriert werden, die erste von der hl. Jungfrau, also Vultum tuum – Deine Huld erbitten alle (Ps 45,13), die andere von der Oktav, also Puer natus – Ein Kind ist uns geboren (Jes 9,5), und es wird an diesem Tag das Evangelium des Lukas gesprochen: ‚Als acht Tage vorüber waren’ (Lk 2,21) usw. b. Andere sagen, dass drei Feste zusammentreffen: von der hl. Jungfrau, von der Beschneidung und von der Oktav; denn obgleich Er noch nicht beschnitten war, sollte nichtsdestoweniger eine Oktav gefeiert werden. c. Und sieh: Einige Oktaven gibt es kraft Satzung wie bei denen, die Vigilien haben, andere der Frömmigkeit, wie Vigilien eines jeden Heiligen gefeiert werden können, andere allein zur a 

Bernoldus, Micrologus 36.

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iii. Weihnachtszeit, KAP.  70-73

Verehrung Gottes wie die Oktaven von Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Ferner Oktaven, um Zeichen zu setzen wie die der Unschuldigen Kinder, denn wenn sie auch in die Unterwelt hinabgestiegen sind, so wird dort unsere Auferstehung bezeichnet. Es können jedoch Oktaven der Zeichenhaftigkeit von jedem Heiligen gefeiert werden. d. Die ganze Zeit bis Mariae Reinigung handelt von der Kindheit des Heilands, daher darf es kein Gedächtnis anderer Heiliger geben, am wenigsten vom Kreuz. Daher jenes Wort: Das Junge einer Ziege sollst du nicht in der Milch der Mutter kochen (Ex 23,19).

Kapitel 72 a. Das Fe st der Sub d i a kone , das wir ,Fest der Narren’a nennen, wird von einigen an Beschneidung, von anderen an Epiphanie oder in der Oktav von Epiphanie begangen. b. Es finden aber nach Weihnachten vier Freudenfeste statt: das der Leviten, der Priester, der Knaben, d. h. der minderjährigen und niederen Kleriker, der Subdiakone, deren Grad unsicher ist. Daher werden sie mitunter zu den höheren Graden gezählt, mitunter nicht. Dies drückt sich hier darin aus, dass das Fest keinen bestimmten Tag hat und in ungeordneter Form gefeiert wird.

Kapitel 73 a. „Danach folgen die Tage der E r s c hei nu n g en o der Epiph a n ien , wo, wie man liest, mehrere Feste gewesen sind, doch in verschiedenen Jahren nacheinander. Eines wegen des Sterns, und das heißt Epiphanie von ‚epi’ ‚über’ und ‚phanos’, was ‚Erscheinung’ bedeutet. Und dies geschah am 13. Tag nach Weihnachten. Das andere geschah durch das Wort des Vaters an diesem Tag im 30. Jahr und heißt Theophanie von ‚theos’, das ist ‚Gott’. Das dritte heißt nach Bethanien, wo nach Ablauf eines Jahres am selben Tag in einem Haus die Verwandlung in Wein stattfand. ‚Bethphanien’ heißt nach ‚beth’, das ist ‚Haus’. Und die drei Erscheia 

Ovidius, Fasti II, 513. – Umkehrung der Amtsfunktionen beim Officium.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nungen werden gleichsam als am selben Tag geschehen im Evangelium gelesen.“a b. Beda sagt in seinem Kommentar zu Lukas, im folgenden Jahr am selben Tag habe es eine Erscheinung gegeben, nämlich die Brotvermehrung, die ‚Phagiphania’ heißt, von ‚phagin’, gleich ‚essen’. Mit all dem ist er als Gott ausgewiesen worden. Das sind die vier Feste an einem Tag. c. Wenn gefragt wird, wie die Könige so schnell kommen konnten, dass ihnen am Weihnachtstag zuerst der Stern erschien und sie aus so entfernten Gegenden innerhalb von 13 Tagen nach Jerusalem übers Land reisen konnten, dann gibt es eine zweifache Lösung: Einige sagen, der Stern sei ihnen vor Weihnachten erschienen. Andere sagen, sie kamen auf Dromedaren. „Das Dromedar ist ein Tier, kleiner als ein Kamel, das dennoch schneller läuft und so viel an einem Tag wie ein Pferd in drei Tagen. Daher heißt es nach ‚dromos’, das bedeutet ‚Lauf’“ b und ‚ares’ gleich ‚Kraft’. d. Wenn gefragt wird, „wo jener Stern verblieb, gibt es eine zweifache Lösung: Einige sagen, er fiel in einen Brunnen und erscheint noch einigen, aber nur Jungfrauen. Andere sagen, er wurde in seine ursprüngliche Materie zurückverwandelt.“c e. Am Fest Epiphanie wird in der 1. Nokturn nicht Venite – Kommt (Ps 95,1) gesagt, weil die Könige ohne Einladung zur Anbetung Christi gekommen sind und wir nicht als Nachahmer des Herodes erscheinen wollen. Herodes hat ja die Weisen aus dem Lande zum Beratung zu sich gerufen, nicht um Christus anzubeten, sondern vielmehr um Ihn zu vernichten. Aus einem ähnlichen Grund geben wir an den drei Tagen vor Ostern keinen Friedenskuss, um zu zeigen, dass wir anders sind als der Verräter Judas. In der 2. Nokturn jedoch singen wir zur sechsten Antiphon Venite, exsultemus – Kommt lasst uns jubeln (Ps 95,1).

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 18. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XII, 1, 36. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 7. a 

b 

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iii. Weihnachtszeit, KAP.  73

B f. So also soll die MaA f. Weil die Heiden im 6. Zeitalter der Welt zum Glauben kamen, tutin mit Domine labia – waren jene Könige, die kamen, um Herr, öffne meine Lippen (Ps Christus anzubeten, die Erstlings- 51,17) begonnen werden. gaben. In der 3. Nokturn singen wir Darauf folgt der Hymnus, Flúminis éxitus – Die Wasser eines falls es eine Mönchskirche Stroms (Ps 46,5), in dem es in der ist. Wenn nicht, folgt AfOrdnung der Psalmen rückwärts ferte Dómino – Bringt dar geht, was es im ganzen Jahr nur am dem Herrn (Ps 29,1), Gott Fest Allerheiligen gibt. Warum das gibt uns unsere Zuflucht (Ps so ist, wird anderswo berichtet. In 46,2).a der 3. Nokturn, also im 3. Zeitalter, d. h. in der Zeit der Gnade, erfreut der Strom der Taufe die Stadt Gottes, d. h. die heilige Kirche. Die streitende Kirche freut sich, dass sie von allem Makel der Sünde gereinigt wird, so dass sie zur Woche der Ruhenden gelangen kann, wo sie in ganzer Fülle froh sein kann. Und weil die Stadt Gottes in der Woche der Ruhenden gleichsam ihren vollen Stand erreicht, wenn sie von aller Sündenschuld befreit wird und sich die Anschauung ihres Schöpfers voller Dankbarkeit erfreut, singen wir Antiphon und Psalm, um die es hier geht, an siebenter Stelle. In der 3. Nokturn vervielfachen wir deshalb das Halleluja, um zu zeigen, dass wir im 3. Zeitalter die Taufe der Freude erlangt haben. g. Beachte: Die Könige kamen nicht allein, sondern in ihrem Gefolge kamen auch ihre Fürsten. a

a 

Antiphon und 1. Psalm, 2. Psalm mit Antiphon Fluminis impetus.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Kapitel 74 137

a. Es gibt aber d rei Eva n g e l ien dieses Festtags [von E piph a n ie]: Erstens das von der Taufe, also: Zusammen mit dem ganzen Volk ließ Jesus sich taufen (Lk 3, 21). Das zweite ist das von den Magiern, also: Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes (Mt 2,1). Das dritte ist das von der Hochzeit, es wird am folgenden Sonntag gelesen. Und sieh: Die beiden Evangelien von Christi Abstammung werden in der Nacht gelesen. Eines an Weihnachten, das andere an Epiphanie, weil beide Stammbäume Christi in der Nacht vorkommen, d. h. im Dunkeln, und von den Sinnen der Vorväter nicht verstanden wurden. Ein Stammbaum geschieht im Absteigen, der andere im Aufstieg, denn einer ist fleischlich, der andere geistlich. In dem einen wird mit ‚er zeugte’ (Mt 1,2-16) von der fleischlichen Abstammung gesprochen und es drückt die zeitliche Abfolge aus. In der anderen heißt es ‚der stammte von’ (Lk 3,24-38), um die geistliche Kindschaft beim Stammbaum zu betonen. Der erste endet mit der Geburt aus der Jungfrau, der andere beginnt mit der Taufe. b. Zwischen der Oktav von Epiphanie und Septuagesima lesen einige aus den Psalmen, weil aus den Psalmen die Responsorien genommen werden, die so heißen, weil sie auf die Lesungen antworten sollen, d. h. mit ihnen übereinstimmen, während die Psalmen nur an den drei Tagen vor Ostern gelesen werden.

Kapitel 75 138

Jetzt wollen wir d ie f ol g enden Fe ste durchlaufen: a. Von den hll. Fabian und Sebastian sagen wir nur, dass es in ihrem Offizium Loquetur Dóminus – Frieden verkündet der Herr seinem Volk (Ps 85,9) heißt, was gesagt wird, weil an ihrem Festtag der Friedensvertrag zwischen den Langobarden und dem Römischen Kaiser erneuert wurde.a Das übrige über sie geht ganz aus der Historia hervor. Friede mit dem Oströmischen Exarchen in Ravenna 599. Sicardus, Cronica zum Jahr 598; Paulus Diaconus, Historia Langobardorum 4, 8 [Übers. H. F. O. Abel, Paulus Diakonus, S. 63]. a 

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iii. Weihnachtszeit, KAP.  74-76

b. Die Legende der hl. Agnes hat der hl. Ambrosius zusammengestellt. Es genügt hier zu sagen, dass das Fest keine Oktav hat, ich sage aber, dass ein ‚Secundo Agnetis – Zweites der Agnes’ gefunden wird. Der Festtag von ihr wird wegen eines Wunders wiederholt, das sich an diesem Tag an ihrem Grab ereignete, als ihre Eltern dort weinten. c. „Am Fest des hl. Paula werden einige Verse mit Antiphonen gesungen, ähnlich wie beim Fest der hll. Laurentius und Stephanus, denn Paul arbeitete mehr als alle sonst durch Predigen. Laurentius litt mehr als die übrigen, Stephanus erlitt als erster das Martyrium für den Glauben an Christus.“ b

Kapitel 76

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a. Am S on nt a g na c h der Ok t av von E piph a n ie singt man Omnis terra – Die ganze Erde soll Dir huldigen, o Gott (Ps 66,4). Warum geschieht das? b. Beachte: Kaiser Augustus gab zum Ruhm des Römischen Reiches ein Edikt heraus, es solle aus allen Städten der Welt je einer nach Rom kommen und nur so viel Erde mitbringen, wie er in seiner Faust verschließen könne. Und damit wollte er feststellen, alle Menschen seien Untertanen des Römischen Reiches. Das geschah so, und aus dieser Erde wurde fast ein kleiner Hügel geschaffen, auf dem später zur Ehre Gottes eine Kirche gegründet wurde. Zu ihrer Einweihung kamen die Christen aus den verschiedenen Regionen zusammen. Weil also jener kleine Hügel aus Erde der ganzen Welt geschaffen wurde, deswegen wurde bei der Einweihung an diesem Tag das Offizium Omnis terra – Die ganze Welt soll Dir huldigen, o Gott (Ps 66,4) usw. gesungen.

Hl. Paul der erste Eremit (15. Jan.), entsprechend der Vita Pauli des Hieronymus. b  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 99. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

iv. Die Fastenzeit Kapitel 77

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a. Nachdem über die Zeit von Weihnachten bis zur S ept u a g esi m a gesprochen worden ist, muss jetzt über die Septuagesima selbst geredet werden und deshalb auch über Sexagesima, Quinquagesima und Quadragesima. Über sie ist in nachfolgender Ordnung zu berichten. Zuerst, was sie bedeuten, 2. wie sie beginnen und wann sie enden, 3. über ihre Einrichtung, 4. über ihr Offizium. b. Die Septuagesima stellt, wie gesagt, die Zeit der Abwendung oder die Zeit der Buße und Schuld dar. Deshalb beginnt man gleich am ersten Sonntag die Geschichte des Buches Genesis zu lesen. Und gelesen wird sie bis zum Sonntag, der dem Palmsonntag vorausgeht, wo es um die Abweichung und den Irrtum der Ersten Eltern geht. c. Doch: „Beiseite gelegt wird das Halleluja. Und beachte: Einige legen es am Samstag vor der Sext beiseite, einige zur Non, andere bei der Vesper, einige auch in der Nacht zur Nokturn, einige aber am Sonntag zur Prim.“a Diese Verschiedenheit kommt von dem unterschiedlich berechneten Tagesbeginn. Es gibt nämlich gewisse Völker, die am Mittag die Zählung des Tages beginnen und am Mittag des folgenden Tages beenden, andere beginnen in der 9. Stunde und beenden ihn zur Non am folgenden Tag, andere beginnen am Abend und beenden ihn am darauffolgenden Abend, und die machen es ganz richtig. Andere beginnen um Mitternacht und beenden ihn dort, was noch in Römischen Dekretenb bewahrt wird. Wenn nämlich einer einen Vertrag mit einem anderen auf einen bestimmten Tag abgeschlossen hat, kann diesen Dekreten gemäß bis zur folgenden Mitternacht nicht wegen Vertragsbruchs geklagt werden. Es gibt auch einige Kirchen, die das Halleluja mit großem Jubel verabschieden.

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 31. Corpus iuris civilis, Digesta D. 2, 12 c. 8 [Übers. Corpus iuris civilis, II, S. 215]. a 

b 

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iv. Fastenzeit, KAP.  77

d. Am Sonntag, an dem Circumdederunt me – Mich umfingen die Fesseln (Ps 18,5) gesungen wird, beginnt [die Septuagesima] und endet am Samstag nach Ostern, und damit wir zugleich alles mit einem Schlag erledigen: Die Sexagesima beginnt am 3. Sonntag nach Circumdederunt me und endet am Mittwoch nach Ostern. Die Quinquagesima beginnt am 2. Sonntag nach Circumdederunt me und endet an Ostern. Die Quadragesima aber beginnt am Sonntag Invocavit me – Wenn er mich anruft (Ps 91,15) und endet an Gründonnerstag. e. „Septuagesima wird [die Zeit] genannt, weil sie sieben mal zehn Tage hat. Diese 70 Tage, die die gegenwärtige Kirche durchführt, verkörpern die 70 Jahre, in denen Israel unter der Knechtschaft Babylons stand. Denn wie jene damals ihre Musikinstrumente ablegten und sagten: Wie könnten wir singen die Lieder des Herrn, fern, auf fremder Erde? (Ps 137,4), so legen auch wir die Lobgesänge ab. Danach aber, als Kyros nach 60 Jahren ihnen die Erlaubnis zur Rückkehr gab, fingen sie an, fröhlich zu sein. Und auch wir singen in der Osternacht Halleluja und verkörpern seine Fröhlichkeit. Doch jene arbeiteten hart bei der Vorbereitung der Rückkehr und der Sammlung des Gepäcks. Und wir fügen nach dem Halleluja sofort einen Traktus an, nämlich Laudate Dóminum – Lobet den Herrn, alle Völker (Ps 117,1), der die Mühsal kennzeichnet. Jene kehrten in Fröhlichkeit zurück, quälten sich aber wegen der Mühsal des Marsches.“a Auch wir singen die ganze Osterwoche über das Graduale mit Halleluja und drücken mit dem Graduale die Mühsal, mit dem Halleluja die Freude aus. Dann, als jene die Heimat betraten, empfingen sie volle Freude, auch wir singen an dem Samstag, an dem die Septuagesima endet, zwei Halleluja. f. Doch unsere Septuagesima der 70 Tage und deren Septuagesima der 70 Jahre stellen gleichsam die Geschichte des ganzen Menschengeschlechts von Adam bis zum Ende der Welt als Zeit in der Fremde dar, was durch die Wiederkehr der sieben Tage geschieht und unter dem Bild der 7.000 Jahre eingeschlossen ist, damit wir durch 70 Tage oder 70 Jahre 70 mal 100 Jahre verstehen. a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 37.

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141

Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

142

Denn vom Anfang der Welt bis zu Christi Himmelfahrt rechnen wir 6.000 Jahre. Von dann aber folgt die gesamte Zeit bis zum Ende der Welt, die wir als siebtes Jahrtausend begreifen; und deren Ende kennt Gott allein. g. Wie also die Söhne Israels durch Kyros im 60. Jahr aus der babylonischen Gefangenschaft befreit wurden, so wurden auch wir durch Christus in dem 6. Weltalter oder im 6. Jahrtausend aus der Knechtschaft des Teufels gerettet. Und durch das Geschenk der Taufe wurde uns die doppelte Stola der Unschulda wieder gegeben. Daher singen wir am Samstag der Osternacht das eine Halleluja schon in der Hoffnung auf die ewige Ruhe und jauchzen wegen der Wiedererlangung der Heimat. Israel mühte sich in der Vorbereitung der Rückkehr und auf dem Rückmarsch, auch wir müssen uns in der gegenwärtigen Kirche mit der Erfüllung der Gebote des Gesetzes Mühe geben. Wenn wir jedoch nach Ablauf der Zeit unseres Lebens in der Fremde dereinst in die Heimat gekommen sein werden, dann werden wir mit der doppelten Stola geschmückt werden, wenn wir dann mit Leib und Seele zugleich verherrlicht werden. Das wird durch das doppelte Halleluja sinnfällig gemacht, das wir am Ende der Septuagesima singen. h. Beachte: Die Septuagesima beginnt in Trauer und endet in Freude wie die Bußpsalmen. i. Sexagesima klingt gleich wie sechs mal zehn und kennzeichnet die Witwenschaft der Kirche und ihre Trauer wegen der Abwesenheit des Bräutigams. Obgleich nämlich Christus bei uns hinsichtlich seiner Gottheit anwesend ist – daher heißt es: Ich werde bei euch sein alle Tage bis zum Ende der Welt (Mt 28,20) – so ist Er doch als Mensch im Himmel und zur Rechten des Vaters, d. h. gleich dem Vater. Darum sagte Er selbst: Ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen (Joh 20,17), d. h. ‚Ich bin noch nicht gleich dem Vater nach deinem Verständnis.’ Es werden aber hier der Braut als Hilfe und Trost die sechs Werke der Barmherzigkeit gegeben, als da sind: Hungernden zu essen reichen, Durstigen zu trinken geben, Kranke besuchen, Nackten Kleidung geben, Fremden und Obdachlosen Aufnahme gewähren und Gefangene a 

Vgl. Kap. 61 n. S. 131.

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iv. Fastenzeit, KAP.  77-78

besuchen (vgl. Mt 25,35-39). Als siebentes wird nach Tobit hinzugefügt: Tote begraben (vgl. Tob 12,12). Dies sind die Gaben der Braut, damit sie sich in diesen übt und durch deren Befolgung und die des Dekalogs sich verdient, dass die Pforte ihres Bräutigams geöffnet wird und sie dessen herzliche Umarmung genießt. k. „Quinquagesima heißt gleichsam fünf mal zehn und bedeutet die Zeit der Vergebung, wie im Alten Testament das 50. Jahr als ‚das Jahr der Vergebung’ bezeichnet wurde. Daher wird in dieser Zeit besonders der 50. Psalm gesungen, also Miserere – Gott, sei mir gnädig (Ps 51,3), der ein Psalm der Buße und Vergebung ist. In dieser Zeit fasten wir also, um Vergebung für unsere Sünden zu erlangen.“a l. „Die Quadragésima erhält von der Einsetzung her ihre Empfehlung sowohl der drei Zeiten als auch der Personen, die in ihr gefastet haben. Von der Einsetzung, denn im Paradies war sie eingesetzt, als Gott dem Adam verbot, von den Früchten des Baumes (Gen 3,3) der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen (ebd. 3,5). Von den Zeiten und von den Personen wird sie empfohlen, denn in der Zeit vor dem Gesetz wurde auch von Moses (Ex 34,28) gefastet, in der Zeit des Gesetzes von Elija (1 Kön 19,8), in der Zeit der Gnade von Christus (Mt 4,2; Mk 1,13; Lk 4,2).

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Kapitel 78 a. Nach der Übersicht, was das zuvor Gesagte bedeutet, wollen wir im Folgenden über deren Ein­setzungen sprechen, und zuerst über die Q u a d ra g é si m a . Zunächst ist zu schauen, warum sie Quadragesima genannt wird, da sie besser ‚D e k a de ’ genannt werden sollte, denn es ist ein zehnter Teil der Tage. Das aber ist geschehen nach der Gewohnheit der Heiden. Wie nämlich die Hebräer von allen Gütern den zehnten Teil gaben, so gaben die Heiden den 40. Teil, und diese Abgabe nannten sie ‚quadragésima’. Entsprechend also der Ähnlichkeit zur königlichen Kammer, wie zum Zoll oder zur Römersteuer der zehn Tage, die wir Gott zahlen, sagen wir Quadragesima, obwohl sie nur 36 Tage hat. Und a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III,40.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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die Quadragesima beginnt, wie gesagt, am Sonntag Invocavit me – Wenn er mich anruft (Ps 91,15). Doch weil Christus 40 Tage gefastet hat und wir seine Nachahmer sein müssen, wurden noch vier Tage hinzugefügt, und auch wir fasten deshalb 40 Tage, damit auch wir über die 40 Tage von Ostern bis Himmelfahrt, die wir in Fröhlichkeit verbringen werden, nicht hinausgehen und Christus, unserem Haupt, in den Himmel nachfolgen können. b. Nun ist nach der Q u i nqu a g e si m a zu schauen: Die Geistlichen sollten bedenken: Wie sie im Rang über dem Volk stehen, so müssten sie es auch in der Heiligkeit übertreffen. Und deswegen haben sie erneut zwei Tage vor dem Sonntag Invocavit me zu fasten begonnen, daher wurde Quinquagesima eingerichtet. Oder wir verbringen darum 50 Tage in Buße, damit wir nach Verlauf der 50 Tage nach Ostern am Pfingsttag in Freude die Gnade des Heiligen Geistes würdig empfangen können. c. Es folgt die Einsetzung von S e x a g e si m a . „Papst Melchiadesa und der hl. Silvesterb setzten fest, dass am Samstag zweimal gegessen werden dürfe,“c damit nicht die Natur Schaden erleide wegen der Abstinenz und der Bedürftigkeit des Fleisches, die man ertragen hatte am Freitag, „an dem zu allen Zeiten gefastet wurde und noch von allen gefastet werden soll.“d Als Ersatz für die Samstage jener Zeit fügten sie eine Woche hinzu. Und so wurde die Sexagesima eingeführt, die nur bis zum Mittwoch nach Ostern ausgedehnt wird. d. Es folgt S ept u a g e si m a . Wegen der Verehrung des Tages der Himmelfahrt, an dem unsere Natur in den Himmel aufsteigt, erhöht über die Chöre der Engel, setzten die hll. Väter fest, es solle der Donnerstag immer feierlich begangen werden. Daher ist es nun auch, dass wir an diesem Tag uns reichlicher versorgen, obgleich wir jenen Tag nach altem Brauch nicht festlich gestalten sollen. Statt jener Tage also wurde Sexagesima um eine Woche aufgestockt. Wir beginnen das Fasten an Circumdederunt me – Mich umfingen (Ps 18,5), und so wurde die Septuagesima eingeMiltiades, Papst 311-314. Papst 314-335. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 14. d  Gratianus, CIC, D.3 c.11 de cons.

a 

b 

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iv. Fastenzeit, KAP.  78-80

setzt und erstreckt sich, wie oben gesagt, bis zum Samstag nach Ostern.

Kapitel 79 a. Nach dem kurzen Überblick ist allgemein auf d ie L it u r g ie d ie s er Z eit zu schauen. Man muss also wissen, dass einiges in dieser Zeit unterbrochen, anderes verändert, wieder anderes mit anderem getauscht wird. Unterbrochen werden die drei Gesänge des Lobes, also Halleluja, Gloria, Te Deum, mit der Ausnahme, dass wir an Petri Stuhlfeier ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’ singen, weil dieser Hymnus der Inthronisation eigen ist und wir ihn deswegen singen. „Und an Gründonnerstag singen wir Gloria und ‚Ite missa est’ sowie in der Osternacht ebenfalls Gloria,“a doch sagen und singen wir da nicht ‚Ite missa est’ und ‚Te Deum’. „Das Halleluja wird in der ganzen Septuagesima nicht gesungen, doch nehmen wir an seiner Statt am Anfang der Horen einige Worte auf,“ b so ‚Laus tibi – Lob sei Dir, Herr, König der ewigen Herrlichkeit’. In Antiphonen und Responsorien sagen wir statt des Halleluja: ‚In Ewigkeit’. In der Messe bringen wir statt des Halleluja mit seinem Vers nun den Traktus. b. Beachte auch: „Obgleich das Wort ‚Laus tibi – Lob sei Dir, Herr’ dem Ruf Halleluja gleichwertig erscheinen könnte, ist es nicht gleichwertig, denn Halleluja ist ein Wort der Engel, jenes eines der Menschen.“c Dieses ist von höherer Autorität wegen der Autorität der Hebräischen Sprache, jenes ist weniger würdig, weil es Lateinisch und in einer armen Sprache ist.

Kapitel 80

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a. G e ä nder t aber w i rd der Ps a l m Der Herr ist König (Ps 93,1), der ein Psalm der Freude ist. Er pflegt als erster in den Laudes der Matutin gesungen zu werden. Doch in dieser Zeit wird er Gratianus, CIC, D.1 c.56 de cons. Gratianus, CIC, D.1 c.55 de cons. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 45. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nicht gesungen. An seiner Statt singt man Gott, hör mein Flehen (Ps 61,2), ein Psalm der Buße. Er wird jedoch an Sonntagen zur Prim gesungen, damit dadurch offenbar wird, dass nichts vom Psalter ausgelassen werden darf, vielmehr soll dieser innerhalb einer Woche ganz gelesen werden. Danket dem Herrn (Ps 118,1) wird in der Prim auch aus einem anderen Grund gelesen: nämlich um zu zeigen, dass die Kinder unterwiesen werden müssen, damit sie zu Palmsonntag dem Herrn lobsingen können. Denn dieser Psalm gehört besonders zu jenem Tag wegen des Verses Ach, Herr, bring mir Hilfe (ebd. 118,25) usw. b. Ebenso müssen in dieser Zeit alle kostbaren Gewänder abgelegt und Gewänder der Demut angelegt werden. c. Auch Fleisch muss in der Quadragesima beiseitegelegt oder ausgelassen werden, sowohl in fester wie in flüssiger Form. Es gibt ja zwei Arten von flüssig: Die eine ist künstlich flüssig, etwa durch Verflüssigung in einem Tiegel, also Mastfutter, die andere Form ist von Natur aus flüssig, wie Käse und Eier. Hieronymus sagt ja gegen Jovinian: „Eier und Käse sind nichts anderes als flüssiges Fleisch.“a d. Doch gefragt wird: Warum ist es in dieser Zeit erlaubt, Fisch zu essen, während Fleisch bei dem ganzen Fasten und bei allen Ordensleuten [verboten ist] ? – Der Grund ist: Gott hat sie nicht verdammt, weil Er wusste, dass durch das Wasser der Taufe das Abwaschen der Sünden erfolgen werde und dieses Element daher in dieser Beziehung als das würdigste betrachtet wird, da es den Schmutz abwäscht. Und wie die Schrift sagt: Vor der Erschaffung der Welt schwebte Gottes Geist über den Gewässern (Gen 1,2). Doch Gott verdammte die Erde bei der Arbeit des Menschen. So kommt es, das alle Arten von [Tieren mit] Fleisch, die sich auf der Erde bewegen, vierfüßig oder wie die Vögel, beim Fasten nicht gegessen werden dürfen. Denn obgleich die Vögel in der Luft fliegen, halten sich einige im Wasser auf und werden darin oder außerhalb geboren, meist jedoch halten sie sich auf dem Land auf und gehören, wie man sagt, zur Natur des Landes. Obgleich sie Fische sind, die einerseits die Gestalt von Fischen haben, andererseits die von vierfüßigen Tieren, wie der Schweinsfisch (porcuspiscis), der a 

Hieronymus, Adversus Jovinianum II, 13.

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iv. Fastenzeit, KAP.  80-81

Hundsfisch (canispiscis), der wie ein Fisch aussieht, kann er beim Fasten gegessen werden, der andere darf es nicht.

Kapitel 81 a. Jetzt müssen wir über zwei Feste sprechen, die mitunter am Beginn der Septuagesima gefeiert werden, also über das Fe st der h l . M a r i a und das Fest des hl. Blasius. Das Fest der hl. Maria wird mit drei Namen bezeichnet: „Es heißt nämlich Mariae Reinigung, Lichtmess und Darstellung im Tempel (hypapanti).“a Mariae Reinigung heißt es, weil die hl. Maria an jenem Tag nach dem Brauch des Gesetzes zum Tempel kam, um sich reinigen zu lassen, nicht weil sie unrein gewesen wäre. Es ist nach dem Brauch der anderen Mütter wegen der Geburt. Sie war es ja nicht dem Gesetz schuldig, das sagt: Wenn eine Frau nach Empfang des Samens niederkommt und einen Knaben gebiert, ist sie sieben Tage unrein (Lev 12,2) bis zum Betreten des Tempels. Die hl. Jungfrau hatte aber nicht nach Empfang des Samens geboren. Trotzdem wollte sie den Brauch des Gesetzes bewahren, denn Christus war nicht gekommen, um das Gesetz aufzuheben, sondern es zu erfüllen (Mt 5,17). b. „Den Grund aber, weswegen das Fest ‚Lichtmess’ heißt, hat es nicht von einer Autorität, sondern eher aus altem Brauchtum der Heiden. Es nämlich gab in Rom zu alter Zeit den Brauch, um diese Zeit Anfang Februar die Stadt zu erleuchten, wobei man in Prozessionen einige brennende Kerzen oder Leuchter umher trug, und man nannte das ‚amburbale’ b. Von diesem Brauch her, der bei den Heiden zu unbesonnenen Handlungen führte, geschieht dies jetzt von den Christen zu ihrem Lob und zu ihrer Verehrung. Oder wir tragen Kerzen, um die hll. Jungfrauen nachzuahmen, deren Haupt die hl. Jungfrau ist, um durch die in uns angezündete Lampe der Keuschheit zu verdienen und mit ihr in den TemHonorius Augustodunensis, Gemma animae III, 24. Dieses ‚Wandern durch die Stadt’ wird von Lucanus, Pharsalia I 592-604 beschrieben [Hg. u. Übers. G. Luck, Lukan, De bello civile/Der Bürgerkrieg, (Reclams Universal-Bibliothek, 18511), Stuttgart, o. J.]. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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pel der Herrlichkeit zu dem wahren Bräutigam einzutreten.“a c. ‚Lichtmess’ heißt es wegen der Vielzahl der Lichter und wegen der Bedeutung, die in ihnen steckt. In der Kerze ist ja Wachs, Feuer, Docht. Das Wachs stellt das Fleisch Christi und die Keuschheit dar, das Feuer den Heiligen Geist, der Docht die Göttlichkeit, die im Fleisch verborgen ist. Daher die Verse: Nimm nun im Wachs das wahre Fleisch aus der Jungfrau Durch das Licht die Gottheit und den Gipfel der Herrlichkeit. d. ‚Darstellung im Tempel’ heißt das Fest, weil Simeon und die Prophetin Anna Christus entgegenkamen, als Ihn seine Eltern brachten, damit Er im Tempel geopfert werde. ‚Hypapantos’ heißt ja ‚Entgegenbringen’.

Kapitel 82 Es folgt „das Fest des hl. B l a siu s . Der war ein ganz heiliger Mann und ein Arzt, der sich lange Zeit in einer Höhle verborgen hielt, aber allen Menschen, die zu ihm kamen, medizinisch half und alle heilte. Ebenso heilte er alle kranken Tiere, die man zu ihm brachte. Schließlich wurde er Bischof der Stadt Sebaste. Dann wurde er eingekerkert. Eine fromme Frau aber brachte ihm lange Zeit Essen mit einer Kerze in den Kerker. Als er spürte, der Tag seines Todes stehe kurz bevor, sagte er zu der Frau, solange sie noch lebe, möge sie in jedem Jahr an seinem Todestag zum Gedenken an ihn eine Kerze opfern, und Gott werde sie vor Krankheiten und Widrigkeiten bewahren und sie mit großem Wohlstand versorgen. So geschah es. Viele machten es deshalb ebenso, wenn sie krank wurden, und erlangten Gesundheit. Daher wurde er für alle ein Vorbild, wenn sie etwa an Zahnschmerzen litten oder an einer anderen Krankheit; auch wenn ihr Vieh krank wurde, opferten sie Kerzen zu seiner Ehre.“ b

a  b 

Liber Quare 153. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 23.

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iv. Fastenzeit, KAP.  81-84

Kapitel 83 a. Ebenfalls „pflegt in dieser Zeit das Fest Pet r i St u h l f eier gefeiert zu werden, des Thronstuhls in Rom, der der Zeit nach später ist als jener, der in Antiochien stand, doch eher in der Bedeutung. Und es ist nicht so feierlich wie das andere, es wird an jenem Tag kein Halleluja gesprochen, nur aus seiner Vita [gelesen].“a b. Das Fest der Kathedra, die in Antiochien stand, ist feierlich und wird das Fest des hl. Petrus ,von den Mahlzeiten’ genannt. Es gab nämlich bei den alten Heiden den Brauch, in den einzelnen Jahren im Monat Februar an einem bestimmten Tag über den Gräbern der Eltern Speisen zu opfern. Die Dämonen vertilgten diese dann in der Nacht, da man glaubte, damit könnten ihre Seelen erquickt werden. Sie meinten nämlich, die Speisen würden von den um die Gräber irrenden Seelen verwüstet. „Dieser Brauch und der Irrtum solcher Annahmen konnte sogar von den Christen kaum ausgelöscht werden.“ b In Anbetracht dessen haben die hl. Väter in dem Willen, den Brauch ganz zu beseitigen, das Fest der Thronbesteigung des hl. Petrus festgesetzt, einesteils die in Rom stattfand, andernteils die in Antiochien, jeweils an dem Tag, an dem sie stattfand, damit durch das feierliche Fest jenes Fest des unsinnigen Brauches ausgelöscht werde. Daher wird von jenem Essen her dieses Fest ‚Fest des hl. Petrus von den Mahlzeiten’ genannt. c. Und beachte: Die Alten pflegten zu sagen, dass ,Seelen’ in den menschlichen Körpern sind, die ,manes’ in der Unterwelt; ,Geister’ wurden sie genannt, wenn sie zum Himmel aufstiegen, ‚Schatten’, wenn das Grab noch frisch war oder wenn sie um die Grabstätten irrten.

151

Kapitel 84 a. Damit wir uns für alle g roß en Feier t a g e , die innerhalb der S ept u a g e si m a oder der Passionszeit selbst oder zuvor zeleba  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 26. Gratianus, CIC, D.1 c.29 § 1 de cons.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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riert werden, ein für alle mal frei machen, [legen wir Folgendes dar]: Es gibt ja die beiden zuvor genannten Feste und das Fest der hl. Agatha, des hl. Petrus, des hl. Matthias und Verkündigung des Herrn, das Fest des hl. Gregor sowie etwa das Fest des Kirchenpatrons, „wenn zufällig dessen Jahresgedächtnis oder das ,jährliche Ostern’ hierhin fällt.“a Dazu sagen wir allgemein: Die Lobgesänge, also ,Te Deum’, Gloria, ‚Ite missa est’, müssen gesungen werden, auch alles, was zu anderen Zeiten geschieht, wird gesungen (ausgenommen das Halleluja), denn wenn ein solches Fest zu anderen Zeiten gefeiert wird, scheint es von seiner Gestalt her zur Osterzeit zu gehören. b. Es mag aber eingewandt werden, dass an Verkündigung des Herrn das Glória in excelsis – Ehre sei Gott in der Höhe (Lk 2,14), gesungen wird, was ein Eigengesang von Weihnachten ist und jetzt des bereits des geborenen Knaben, sowie das ‚Ite missa est – Geht, es ist Sendung’, was ein Gesang der Auferstehung ist, und ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’, was die Freude über die gefundene Drachme ausdrückt und nicht gesungen werden sollte, denn es hatte bei der Verkündigung des Herrn noch nicht seine Zeit! – Dazu sagen wir: Wenn auch noch nicht Weihnachten und Passion des Herrn waren ‚in re – tatsächlich’ oder das Auffinden der Drachme, so gab es sie doch bereits ‚in spe – in der Erwartung’. Denn dieses Fest ist gleichsam das Tor und die Quelle der Christus-Feste. c. „Das ‚jährliche’ Osterfest heißt so, wenn mancher den Tag, an dem er die Taufe empfing, alljährlich feiert. Dann muss das ganze Offizium dieses Ostertages gesungen werden, ohne Halleluja, wenn es in die Zeit der Quadragesima fällt.“ b d. Doch beachte: Die Lyoner Kirche und die in Mailand, wo Ambrosius Erzbischof war, feiern in der Passionszeit überhaupt kein Fest, sondern schalten nur ein Festgedächtnis ein.

Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 117. Bernoldus, Micrologus 56; Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 137. a 

b 

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iv. Fastenzeit, KAP.  84-85

Kapitel 85 a. Da die L it u r g ie der S ept u a g e si m a bisher nur im Allgemeinen behandelt wurde, ist jetzt über die Liturgie im einzelnen zu sprechen. Vom Sonntag Isti sunt dies – Dies sind die Festtage (Lev 23,4)a bis Ostern wird „der Versikel ‚Glória Patri – Ehre sei dem Vater’, der zum Lob der Dreifaltigkeit gehört, im Offizium ausgelassen, denn an diesem Sonntag beginnt man die Passion Christi zu feiern,“ b in der die ganze Dreifaltigkeit von den Juden gleichsam entehrt erscheint. „Aus dem gleichen Grund wird es [das Gloria Patri] im Lobgesang der drei Jünglinge, also Benedícite – Preist den Herrn, all seine Werke (Dan 3,57), niemals gesungen,“c denn damals geschah Gott eine große Schändung, weil die drei Jünglinge, die Ihm huldigten und die Götzen verfluchten, in der Flammengrube saßen. In den drei Tagen vor Osten aber wird jener Versikel gänzlich verschwiegen, denn damals wurde die Dreifaltigkeit ganz besonders entehrt. Während man zunächst aber wegen Christus nur über seine Ermordung verhandelt hatte, so wird Er jetzt verprügelt, angespuckt, erhält Backenstreiche, wird gekreuzigt. Daher sagt Jesaja: Wir sahen ihn, er hatte keine Gestalt noch Schönheit (Jes 53,2). b. Auch die Anfänge der Horen und die Titel der Lesungen unterbleiben, denn Christus, unser Haupt, wird uns genommen. Zu den Lesungen werden keine Segnungen erbeten und erteilt, denn der Hirte Christus, der seine Herde segnet, ist nun nicht da. c. Oder die Segnung wird deshalb nicht erbeten und ‚Tu autem – Du aber, Herr’ nicht gesagt, weil die Apostel in diesen Tagen nicht zum Predigen geschickt wurden und nicht von dort zurückkamen. Um dafür also ein Zeichen zu setzen, wird weder ‚Iube dompne’ noch ‚Tu autem’ gesagt. d. Auch ist Folgendes zu beachten: In der Quadragesima werden zwei Präfationen gesprochen: eine vom Fasten, die andere von Matutin am Passionssonntag, 1. Responsorium. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 20, 5. c  Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 10, 12. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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der Passion. Die vom Fasten wird vom 1. Tag der Fastenzeit bis Palmsonntag gesungen. Jene aber von der Passion beginnt an diesem Tag gesungen zu werden und wird bis Ostern gesungen. „Es scheint jedoch recht unpassend zu sein, jene Präfation am Sonntag zu singen, da an diesem Tag nicht gefastet wird. Es kann doch gesagt werden: Wenngleich an jenem Tag nicht der Zahl nach gefastet wird, so wird doch zumindest nach der Qualität in Fastenzeitkost wie an den anderen Tagen gefastet.“a e. Weil aber das bisher Gesagte mehr die Geistlichen zu betreffen scheint, wollen wir jetzt etwas für die Laien über die Schrift sagen. „Die Schrift aber für die Laien besteht in zweierlei: in Bildern und Schmuck.“ b Denn so sagt Gregor: „Was für die Geistlichen das Geschriebene ist, das ist für die Laien das Bild.“c f. „Andere Bildzeichen sind oben auf der Kirche wie Hahn oder Adler, andere außerhalb der Kirche wie Stier und Löwe an der Stirnseite der Portale.“d Andere innerhalb der Kirche wie Ikonen, Statuen, Figuren und verschiedene Arten Gemälde, die entweder auf Teppichen, Wänden oder auf Glasfenstern abgebildet sind. g. Doch über all das wird „später an passender Stelle gesprochen werden, hier soll nur angemerkt sein, dass in Kirchen das Bild des Heilands auf drei Arten besonders passend abgebildet“e wird: entweder sitzend auf dem Thron, hängend am Kreuz oder verweilend auf dem Schoß der Mutter. h. Schmuck aber besteht in drei Dingen: Schmuck der Kirche, des Chorraums und des Altars; Schmuck der Kirche besteht aus Wandteppichen, Vorhängen, gewirkten oder purpurnen Seidentüchern; Schmuck des Chorraums besteht aus Wandbehängen, Fußteppichen; der Schmuck des Altars aus Vorhängen, Kreuzen, Reliquiaren, Tüchern, Philakterien. Es gibt auch Schmuck für Personen, die im Chorraum singen oder am Altar Dienst leisten. Zu all dem sagen wir: Alles,

Gratianus, CIC, D.9 c.14-15 de cons. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 3. c  Gratianus, CIC, D.3 c.27 de cons. – Das hier variierte Zitat wird einem angeblichen Bischof von Marseille Gregor zugesprochen. d  Gregorius Magnus, Moralia in Iob XXX, 3, 9. e  Gratianus, CIC, D.3 c.29 de cons. a 

b 

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iv. Fastenzeit, KAP.  85-86

was zum Schmuck gehört, muss in der Zeit der Quadragesima verborgen oder verdeckt werden. i. Auch das Kreuz darf nur verborgen durch die Kirche getragen werden. Nur zwei Tücher werden beibehalten, von denen wird das eine im Umgang des Chores aufgestellt, das andere zwischen Altar und Chorraum aufgehängt, damit das nicht erscheint, was sich im Allerheiligsten befindet. Dadurch wird das dem Verstand der Ungläubigen sinnfällig, denen das Verständnis der Heiligen Schrift noch nicht offenkundig gemacht worden ist. Diese zwei Tücher werden an den Sonntagen zusammengefaltet, weil diese Tage zur Osterzeit gehören und zur ersten Feier der Finsternis, das heißt: am Mittwoch vor Ostern, wo es um den Tod des Herrn geht, werden sie ganz beseitigt, denn als Er gestorben war, riss der Vorhang des Tempels entzwei (vgl. Mt 27,51), und dann wurde das, was im Allerheiligsten verborgen war, zum ersten Mal allen offenkundig.

Kapitel 86 a. „Nun ist kurz zu sprechen über das L äuten i n dieser Zeit der K i rc he . Damit es klarer wird, muss man wissen, dass es sechs Arten von Geräten gibt, mit denen getönt wird: Schelle, Zimbel, Glöckchen, Nolulaa oder Doppelglöckchen, kleinere und größere Glocken (campana, signa). Die Schelle wird in dem Triklínium, also dem Refektorium, die Zimbel im Kloster, das Glöckchen im Chor, Nólula oder Dop­pelglöckchen in der Uhr, die kleinere Glocke im Turm und die größere im Campanile verwendet.“ b b. Allgemein wissen muss man also: In der ganzen Septuagesima darf an festfreien Tagen nicht vor- noch zusammen geläutet, sondern nur einfach angeschlagen werden, d. h. einfach zu den Horen oder Matutinen angeschlagen. In den gut geordneten Kirchen wird zur Prim mit zwei Glocken geläutet, mit einer zum Aufrufen, mit der anderen zum Beginn. Bei der Terz wird entsprechend der Zahl der Horen, die dann gesungen werden, mit a  b 

Die Stadt Nola in Kampanien lieferte kleinere Glocken. Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 142.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

dreien geläutet, mit einer zum Aufrufen, mit der zweiten zum Sammeln, mit der dritten zum Beginn. Ebenso bei Sext und Non. Dieselben Glocken läuten in derselben Reihenfolge und einfach zur Matutin. Zur Messe aber und zur Vesper wird mit zwei Glocken geläutet. Bei kleineren Kirchen ist nur einfach zu läuten, an Sonntagen und Hochfesten wird wie in allen Zeiten zusammen geläutet. – Doch im folgenden wird darüber ausführlicher gesprochen.

Kapitel 87 157

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a. Man pflegt nach Ch r i st i Fa sten z eit zu fragen: Wenn wir in dieser Quadragesima Christus nachahmen, warum fasten wir nur nicht in der Zeit, wo Er selbst, wie es heißt, gefastet hat? Die Heilige Schrift überliefert doch, dass Er nach der Taufe sofort sein Fasten begonnen hat. – Es ist ein vierfacher Grund, warum wir unser Fasten bis Ostern ausdehnen. b. „Der erste Grund ist: Wenn wir mit Ihm auferstehen wollen, weil Er für uns gelitten hat, müssen wir auch mit Ihm mitleiden. c. Der zweite Grund ist: Wir ahmen hierdurch die Söhne Israels nach, die in dieser Zeit zuerst aus Ägypten ausgezogen und später zur selben Zeit aus Babylon ausgezogen sind, was dadurch bewiesen wird, dass diese wie jene sofort, nachdem sie ausgezogen waren, Pascha gefeiert haben. d. Der dritte Grund ist: Weil das Feuer der Lust uns in der Frühlingszeit anzufeuern pflegt. Um also die Glut unseres Leibes zu zügeln, fasten wir in dieser Zeit.“a e. Vierter Grund: Weil wir sofort nach dem Fasten den Leib des Herrn empfangen; dass wir auf mystische Weise die Sakramente empfangen sollen, also um zu sagen: ‚Wie sich die Söhne Israels, bevor sie das Lamm aßen, härmten und wilden Salat aßen, d. h. Bitterkräuter, so müssen wir uns zunächst durch Buße abhärten, damit wir würdig das Osterlamm des Lebens essen können. f. „Beachte: Wenn in der Quadragesima zwei Offizien zusammentreffen, welche ‚Duplextage’ genannt werden, dann muss in

a 

Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 45.

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iv. Fastenzeit, KAP.  86-89

der Terz das Offizium vom Fest ohne Kniebeuge gefeiert werden,“a das Offizium vom Fasten in der Non mit Kniebeuge.

Kapitel 88 Nun ist über einige pr i v i le g ier te Ta g e zu sprechen, die in dieser Zeit vorkommen. Privilegierte Tage sind vier Mittwoche, vier Samstage, drei Sonntage, ein Donnerstag, ein Freitag und eine ganze Woche. Die Mittwoche sind: der erste, an dem wir in der Quadragesima zu fasten beginnen, der zweite in der folgenden Woche, der dritte in der Woche nach Laetare – Freut euch, Jerusalem (Jes 66,10),b der vierte in der letzten Woche. Die vier Samstage sind: der Samstag der ersten Woche, wenn die Weihen erteilt werden, der Samstag der vierten und der fünften Woche sowie der Samstag in der Vigil von Ostern. Die drei Sonntage sind: Invocavit me, Laetare Jerúsalem, der Palmsonntag. Der privilegierte Donnerstag ist der Gründonnerstag, der privilegierte Freitag ist der Karfreitag. Die privilegierte Woche ist „die letzte der Quadragesima, die ‚Heilige Woche’ heißt, denn sie hat ein größeres und reichhaltigeres Offizium.“c Sie heißt auch Bußwoche, weil wir dann besonders unsere Vergehen strafen müssen. – Über deren Privilegien werden wir nun der Reihe nach fortfahren.

Kapitel 89 a. Der erste M it t wo c h (Aschermittwoch) wird mit vier Privilegien ausgezeichnet: Erstens weil wir nun zu fasten beginnen, was wir deswegen tun, weil Christus, wie man liest, an einem Mittwoch sein Fasten begonnen hat. Dies ist daraus ersichtlich, dass Er an einem Sonntag geboren wurde,d und „wenn einer die Jahre seither bis zum Jahr 30 sorgfältig durchrechnet, wird er entsprechend der Berechnung herausfinden, dass er an einem Dienstag Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 117. 4. Fastensonntag. c  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 8. d  Dies ergibt sich aufgrund der Festlegung des Dionysius Areopagita auf den 25. 12. 753 nach Gründung Roms, der ein Sonntag war. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

getauft wurde.“a Am folgenden Tag aber ging Er in die Wüste und begann das Fasten. b. Das zweite Privileg dieses Tages ist: Hier werden in der Kirche Beichten gehört und den Beichtkindern Bußen auferlegt. c. Das dritte Privileg ist: „Heute wird als Zeichen der Demut Asche aufs Haupt gestreut. d. Das vierte ist: An diesem Tag findet eine größere Prozession statt, wie sie das ganze Jahr nicht wieder durchgeführt wird.“ b Denn heute werden die Büßer in Prozession und mit einem Kreuz aus der Kirche verstoßen, um am Gründonnerstag wieder von ihr aufgenommen zu werden. e. „Die Büßer werden heute nämlich aus der Kirche verstoßen, wobei die Vertreibung von Adam und Eva wegen des Essens des Apfels dargestellt wird.“c

Kapitel 90 160

a. „Der folgende M it t wo c h ist privilegiert, weil die Kandidaten, die am folgenden Samstag geweiht werden sollen, über die Heilige Schrift befragt werden. Sie werden befragt, geprüft und begutachtet, ob sie für den Empfang der Weihen geeignet sind.“ d Daher werden in der Messe zwei Lesungen gelesen, „die eine im Ton der Nokturn, die andere im gewöhnlichen Ton.“e Die erste bezeichnet das Alte Testament, die zweite das Neue, womit deutlich gemacht werden soll, dass die Weihekandidaten in beiden Testamenten unterwiesen sind. b. Es gibt eine allgemeine Regel: So oft am Mittwoch zwei Lesungen zur Messe gelesen werden, müssen am folgenden Samstag die Weihen erteilt werden. c. „Der dritte Mittwoch wird darin privilegiert, dass in der Kirche an diesem Tag die Skrutinien stattfinden, d. h. die Belehrung der Täuflinge des Karsamstags,“ f und zwar auf folgende Weise: Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 45. Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 4. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In Genesin 24 add. 2. d  Gratianus, CIC, D.24 c.5. e  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 103. f  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 6. a 

b 

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iv. Fastenzeit, KAP.  89-90

Die Taufbewerber kommen an der Kirchtür zusammen, die Männer rechts, die Frauen links, und werden vom Diakon befragt, ob sie getauft werden wollen, bzw. wird dies von den Paten erfragt. d. „Der Exorzist hat zunächst zu fragen: ‚Abrenúntias – Widersagst du dem Teufel und seinem Gepränge?’ d. h. den weltlichen Gütern. Und ein Kind, das soweit herangewachsen ist, muss sagen: ‚Abrenúntio – Ich widersage’; wenn es nicht herangewachsen ist, sagt es der Pate für das Kind.“a e. Beachte auch: „Keiner darf als Pate zugelassen werden, der nicht das ‚Gebet des Herrn’ und das kleine Glaubensbekenntnisb kennt, die sein Patenkind zu lehren er gehalten ist, noch darf man ihn als Christen betrachten und nach den Dekreten zum Zeugnisgeben zulassen, der sie nicht kennt.“c Auch muss der Priester die Paten fragen, ob sie wissen, dass er sie nur dann zulassen werde, wenn sie versprechen, sie würden es schnellstmöglich lernen. f. Dann schreibt der Akolyth die Namen derer auf, die getauft werden wollen. Daher heißt er ‚Notar’, weil er die Namen der Taufbewerber notiert. Nachdem diese aber vom Priester über den Glauben unterrichtet sind und die Exorzisten die Beschwörungen über sie ausgeführt haben, „werden sie vom Ostiarier in die Kirche hineingeführt und stellen sich dann im Kirchenschiff auf,“d die Frauen links, die Männer rechts. Nur zwei Männer und Frauen werden zum Allerheiligsten geleitet, dadurch wird sinnfällig gemacht, einige unter den Taufbewerbern sollen gerettet werden. „Dann wird das ‚Gebet des Herrn’ gesprochen und das kleine Glaubensbekenntnis, griechisch und lateinisch wegen der Würde dieser Sprachen. Diese sind nämlich würdiger als die anderen, Griechisch wegen der Weisheit, Lateinisch wegen der Römischen Macht.“e Danach werden vier Lesungen und die Anfänge der vier Evangelien gelesen. Dann beginnt die Messe. g. Und sobald das Offertorium gesungen ist, steigt der Archidiakon auf den Ambo und ruft mit lauter Stimme: ‚Si quis – Wenn Gratianus, CIC, D.4 c.77 de cons. Das Symbolum Apostolorum „Ich glaube an Gott“. c  Gratianus, CIC, C.2 q.7 c.27. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 65. e  Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 67. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

einer Katechumener ist, gehe er hinaus!’ Die stellen nämlich diejenigen dar, von denen gesagt wurde: Jesus vertraute sich ihnen nicht an, denn Er kannte sie alle und wusste, was im Menschen ist (Joh 2,24-25). Dann gehen alle Katechumenen hinaus, und siebenmal wird so mit ihnen verfahren, ehe sie getauft werden.

Kapitel 91 162

a. Der M it t wo c h nach Laetare – Freut euch mit Jerusalem (Jes 66,10) ist darin privilegiert, dass an ihm zwei Lesungen gelesen, weil am kommenden Samstag die Weihen gespendet werden. b. „Der Mittwoch der letzten Woche, also vor Gründonnerstag, ist privilegiert, weil auch wieder zwei Lesungen gelesen werden und weil an diesem Tage Christus verkauft wurde.“a b B c. [Christus] mit den 30 A c. Daher wird dieser Tag den Büßern nach dem Freitag Denaren, ebenso Josef mit 30 Silberlingen, denn ein Jünger zur Abstinenz auferlegt. steht nicht über seinem Meister und ein Sklave nicht über seinem Herrn (Mt 10,24). „Und von diesem Mittwoch ist genommen, dass wir immer am Mittwoch fasten und das Fleisch meiden müssen.“ b

Kapitel 92

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a. Der S a m st a g der ersten Woche ist wie der Samstag der 4. Woche privilegiert, weil da die Weihen gespendet werden. b. Beachte auch: An allen Festen der Apostel und an den Sonntagen können die niederen Weihen gespendet werden, doch die höheren nur an sechs Samstagen.

a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 74. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 74.

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iv. Fastenzeit, KAP.  90-92

c. An jenem ersten Samstag werden mehrere Lesungen gelesen, darunter ist eine, bei der man, solange sie gesungen wird, nicht sitzen darf. „Dies ist nämlich der Lobgesang der drei Jünglinge, die für den Glauben an die Dreifaltigkeit kämpften und darum in die Feuergrube geworfen wurden. Es ist daher nicht gut, während dieses Hymnus die Knie zu beugen, weil die jungen Männer ihre Knie nicht vor der Statue des Nebukadnezar beugen wollten, obgleich viele Große sie beugten.“a Ebenso beugen wir an Karfreitag unsere Knie nicht zum Gespött der Juden, die sagten: Weissage, wer hat dich geschlagen? (Mt 26,68). d. An dem anderen Samstag wird gelesen: Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser (Jes 55,1). e. Am Samstag vor Laetare wird die Lesung über Susanna gelesen, weil da in Rom die Statio im Kloster der Jungfrau Susanna stattfindet, und so wird wegen der Gleichheit das Evangelium von der Frau gelesen, die beim Ehebruch ertappt wurde und die der Herr befreite. Seht, so wie hier Evangelium und Lesung zusammenpassen, so passt auch das andere. f. „Der Samstag vor Palmsonntag ist dadurch privilegiert, dass der Herr Papst da Almosen gibt, d. h. er erfüllt das Mandatum, seinen Auftrag, den er an Gründonnerstag erfüllen müsste, aber weil er es da wegen der langen Liturgie jenes Tages nicht kann, macht er es besonders an diesem Tag, und besonders an diesem Tag, weil Christus an diesem Tag im Haus Simons des Aussätzigen war (Mk 14,3) und Martha ihn bediente, Maria Ihm aber die Füße wusch, mit ihren eigenen Haaren abtrocknete und Salböl auf sein Haupt goss (ebd.; Mt 26,6-7; Lk 7,37-50).“ b g. Und sieh: Von allen Mandaten Gottes heißt dieses ,Mandatum’c schlechthin in Antonomasie das Einzige‚ weil Christus befahl, dies als größten Beweis des Gehorsams zu befolgen, als Er seinen Jüngern die Füße wusch und sagte: Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 37, 7. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 116. c  Mandatum (Joh 13,34) ist das Eingangswort der 1. Antiphon bei der Fußwaschung. Es wird seit dem Pontificale Romano-Germanicum (ca. 850) als Bezeichnung für den ganzen liturgischen Akt verwendet. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

einander die Füße waschen (Lk 13,4). Und unter Androhung einer Strafe antwortete er dem Petrus: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir (ebd. 13,8). Auch wegen dieser Vorschrift bleibt dieser Samstag frei von Liturgie.a h. Hier hat man die Bestätigung: Wer so von Arbeit erdrückt ist, dass er nicht gleichzeitig für Beten und Almosen frei sein kann, verschiebe das Almosen zugunsten des Gebets. i. Der Samstag vor Ostern ist privilegiert, weil da die Weihen gespendet, die Taufbewerber getauft werden und die Osterkerze geweiht wird. Und es gibt dieselbe Messe für den Tag und die Weihen. An diesem Tag werden viele Lesungen vorgetragen.

Kapitel 93

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Es folgen Angaben über d ie S on nt a g e: a. Der erste Sonntag der Quinquagesima ist darin privilegiert, dass „an ihm die Quadragesima beginnt, die die Zeit darstellt, in der sich die Söhne Israels in der Wüste aufhielten. Wie sie sich nämlich in der Wüste aufhielten und an 42 Stationen Manna aßen, so sollen wir uns von diesem Sonntag an bis Ostern 42 Tage lang von den Vergnügungen des Leibes fernhalten, uns an den Worten des Lebens erquicken und für das Beten freihalten, um uns durch Jesus Christus ins Land der Lebenden einführen zu lassen,“ b so wie jene durch Jesus Nave, d. h. Josua, ins Gelobte Land geführt wurden. b. „Der Sonntag Laetare, das ist der siebente Sonntag vom ersten Sonntag der Septuagesima, ist insofern privilegiert, als dass er die Freiheit der Rückkehr darstellt, die den Söhnen Israels in Babylon im 60. Jahr gewährt wurde und die sie im 70. Jahr voll besaßen.“c Darum ist die Liturgie dieses Tages voller Fröhlichkeit, durch die deren und auch unsere Fröhlichkeit dargestellt wird, die wir nach dem Ende der sechs Weltalter haben werden, befreit aus a  Amalarius Metensis, Liber officialise, I, 13, 14. – Dies bezieht sich nur auf eine Mess tasgsüber, nicht auf die Feier der Osternacht. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 52. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 52.

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iv. FASTENZEIT, KAP.  92-93 – v. KARWOCHE, KAP.  94

dem Exil dieser Welt, wenn wir das himmlische Paradies, das unsere wahre Heimat ist, betreten werden.

v. Die Karwoche Kapitel 94 a. Der Pa l m s on nt a g hat drei Privilegien: „Erstens weil die Kinder Israels an diesem Tag das Gelobte Land betraten und trockenen Fußes den Jordan durchschritten.“a So traf es sich, dass es in jenem Jahr so viele Tage bis Ostern waren, wie von diesem Sonntag an. b. An diesem Tag kam Jesus wiederum von Bethanien nach Jerusalem und wurde mit großer Ehre empfangen. c. An diesem Tag vertrieb Er zum zweiten mal mit Gewalt die Wechsler und Händler aus dem Tempel. d. Dieser Tag hat drei Namen: „Er heißt ‚Sonntag der Palmzweige’, weil wir an diesem Tag in der Prozession Palmzweige im Gedenken an die Kinder der Hebräer tragen müssen, die sie Christus auf seinem Weg gestreut haben in Gestalt der Zweige und Blumen, Tugenden zu Christus tragen müssen.“ b Wir müssen sie tragen, wenn wir Christus entgegengehen. „Wenn wir aber keine Palmen haben, tragen wir Lorbeer und Buchsbaum, weil diese in ihrer immerwährenden Lebenskraft Zeichen der Tugenden sind, oder Blumen, die gleichfalls die Tugenden bezeichnen.“c e. Wir halten also an diesem Tag eine große Prozession, um darzustellen, dass Christus zu uns kommen und uns zu den ewigen Zelten führen wird. f. Nach der Prozession müssen wir vor den Gekreuzigten treten und das Benedictus – Gepriesen (Lk 1,68) sprechen, und deswegen darf keine weitere Prozession ausgesetzt werden, sie soll vor der Terz stattfinden. g. Beachte: Die Frau des Loth wurde in eine Salzsäule verwandelt, weil sie zurückblickte. Das soll uns nämlich

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 72. Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 8. c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 920. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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vorbereiten und belehren, wir sollten nicht zurückgehen, denn wer die Hand an den Pflug gelegt hat (Lk 9,62) usw. h. Beachte auch: Es geschah dreierlei im Volk Israel: nämlich die Pilgerschaft, die Gefangenschaft, die Zerstreuung. Die Zerstreuung kommemorieren wir nicht, denn von der werden sie niemals zurückgerufen werden, und sie geschah unter Titus und Vespasian. Und dazu wurde auch gesagt: Ich will sie in die Gewalt derer geben, von ihr werden sie sich nicht erheben können (vgl. Ezech 23,28). Die Pilgerschaft war in Ägypten, als Jakob und seine Söhne nach Ägypten aufbrachen. Die Gefangenschaft war in Babylon.

Kapitel 95

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a. „D er D on ner st a g , der nach dem Abendmahl des Herrn heißt, wird durch vier Privilegien ausgezeichnet, deren erstes die in die Kirche zurückkehrenden Büßer sind. Die Kirche nimmt nämlich die Büßer wieder auf, die sie am ersten Fasttag verstoßen hatte. Aufgenommen werden die Büßer in die Kirche,“a und am Gründonnerstag getrennt von den Schlechten, die nicht büßen, denn am 5. Tag schuf Gott die Vögel aus dem Wasser. Von denen schickte Er einige zurück ins Meer, durch sie werden die Bösen sichtbar, die sich am Fleisch ergötzen, andere erhob Er in die Lüfte, durch sie werden die Guten bezeichnet, die im Himmel jubeln werden. b. „Das zweite Privileg ist, dass das Neue Testament hier begann und das Alte beendet wurde.“ b c. Das dritte Privileg ist die Ölweihe. Es ist auch zu beachten: „Es gibt drei Arten von hl. Öl in der Kirche Gottes: Chrisam, Krankenöl und das Öl, mit dem die Neugetauften gesalbt werden.“c Chrisam wird aus sauberstem Balsam und reinstem Öl hergestellt. Das Öl übertrifft alle anderen Flüssigkeiten an Klarheit, und Balsam sie an Duft. Dass Öl klarer als alle anderen FlüsGratianus, CIC, D.3 c.17 de cons. Amalarius Metensis, Liber officialis I, 12, 51. c  Gratianus, CIC, D.3 c.18 de cons.

a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  94-95

sigkeiten ist, zeigt sich so: Ein Seemann wirft irgendwann einmal den Anker ins Meer, und wenn der sich an einem Stein verhakt und nicht gelichtet werden kann, steigt der Seemann dort hinab und hält seinen Mund voll Öl. Und wenn er dann wegen des aufgewühlten und trüben Wassers den Stein nicht erkennen kann, an dem der Anker verhakt ist, spuckt er das Öl aus. Dann entsteht dort eine große Klarheit, das Wasser wird wegen des sich ausbreitenden Öls richtig durchsichtig, sodass der Seemann den Stein sehen kann. d. „Chrisam hat seinen Ursprung vom Alten Testament, als der Herr dem Moses befahl, Chrisam herzustellen, mit dem er das Bundeszelt und die Bundeslade zur Weihe salben solle. Und Aaron sowie gleichfalls die Priester und Könige sollten damit gesalbt werden.“a Von Moses jedoch liest man nicht, er sei gesalbt worden, es sei denn mit geistlicher Salbung so wie Christus. Christus wollte jedoch, dass wir mit stofflicher Salbung gesalbt werden, damit wir durch die stoffliche Salbung die geistliche erlangen. e. Jeder wird aber mit Chrisam gesalbt, und zwar zweimal: auf dem Scheitel von einem gewöhnlichen Priester, und auf der Stirn vom Bischof. Deswegen aber zweimal, weil der Heilige Geist zweimal gegeben wurde: beim ersten Mal, als Christus die Jünger anhauchte und sagte: Empfangt den Heiligen Geist (Joh 20,22), und dann, als ihnen der Heilige Geist in Feuerzungen vom Himmel gesandt wurde (vgl. Apg 2,3). Der Mensch wird an der Schulter und auf der Brust mit hl. Öl gesalbt: an der Schulter, damit er kräftig zum Tragen der Last des Gesetzes sei, auf der Brust, damit er die Einsicht bei den Geboten Gottes hat. f. „Mit dem Krankenöl werden die Kranken gesalbt. Über diese Salbung sagt der hl. Jakobus in seinem Brief: Ist einer von euch krank, dann rufe er die Priester, sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn [im Namen des Herrn] mit Öl salben; der Herr wird ihn aufrichten und ihm, falls es nötig ist, die Sünden vergeben (Jak 5,1416). Verstehe: die lässlichen Sünden, und dann auch nur, wenn er keine Todsünde begangen hat.“ b Solche Ölung kann, muss aber a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 80. Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis I, 27.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nicht von einem einzigen Priester geschehen, wenn mehrere anwesend sein können. g. Das vierte Privileg ist das ‚Mandatum’. Der Unterschied zu jenem Mandatum vom vergangenen Samstag ist, dass jenes von Kirchenoberen vorgenommen wird und jenes darstellt, das Christus vorgenommen hat. Dieses aber soll jeder beliebige Priester vornehmen. Er soll dann so vorgehen: Zuerst müssen sie den Armen etwas zu essen geben und darauf selbst etwas essen, nicht mehr als sonst, dann müssen sie von der Tafel aufstehen und die Füße der Armen waschen, „danach können sie an die Tafel zurückkehren und erneut essen. Denn so wird das Fasten nicht gebrochen, sondern nur unterbrochen.“a Auch darf keiner an diesem Tag zweimal essen, denn dann würde das Fasten für eine Stunde gebrochen, wie auch für die ganze Woche, mag dies gleichwohl an vielen Orten geschehen. h. Dieser Tag ist aber feierlicher als jeder andere Festtag, ausgenommen die Feiern der Dreifaltigkeit. Und wer kann, soll feierliche Kleidung tragen wie an anderen Festtagen. Und auch alle Gesänge der Freude sollen an diesem Tag gesungen werden wie an anderen Festtagen, ausgenommen Halleluja. Auch das ‚Dona nobis pacem – Gib uns Deinen Frieden’ wird deswegen nicht gesprochen, weil Judas in der folgenden Nacht durch einen Kuss Christus verraten hat. i. Beachte auch: Jetzt hat die Zeit der Wiedergeburt begonnen, nachdem Adam aus dem Paradies vertrieben wurde, und diese Zeit ist jetzt und dauert bis zum Hinscheiden eines jeden, woraus sich klar ergibt, dass wiedererschaffen größer ist als erschaffen. Daher hieß es, größer ist es, aus einem Gottlosen einen Frommen zu machen, als Himmel und Erde zu erschaffen, und größer war es, einen Paulus im Geist zu erwecken als Lazarus im Leib. k. Ebenso ist auch zu beachten: „Weihnachten ist ein Fest des Vaters, denn durch Ihn wurde der Vater der Welt bekannt. Beachte jedoch: Das Fest des Vaters ist ein Fest des Sohnes und ein Fest des Heiligen Geistes. Darin nämlich, dass man sagt: ‚Das Wort’ (Joh 1,1), versteht man den Vater des Wortes, und auch in anderer a 

Gratianus, CIC, D.3 c.7 de cons.

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v. Karwoche, KAP.  95-96

Begründung, weil der Vater vom Sohn den Menschen geoffenbart wurde. Ostern ist das Fest des Sohnes, denn damals erstand Er von den Toten und erschien als wahrer Gott. Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Doch jedes der Feste ist ein Fest der ganzen Dreieinigkeit. Denn unteilbar sind die Werke der Dreieinigkeit, doch jedes [Werk] wird der einen mehr als der anderen Person zugemessen.“a

Kapitel 96 a. „K a r f reit a g ist als Rüsttag privilegiert. Von diesem Freitag sind alle anderen Freitage privilegiert, so wie vom folgenden Sonntag alle Sonntage. ‚Paraskeue’ aber wird übersetzt mit ‚Rüsttag’.“ b Denn damals rüsteten die Juden ihre Speisen zu, die sie am Samstag verzehrten, denn es war ihnen nicht erlaubt, sie am Samstag zuzurüsten. b. Am Karfreitag nehmen wir nur eine Mahlzeit ein, weil Christus an diesem Tag nur einen sich einverleibte, nämlich den Schächer. Daher sagte Er: Ich bin allein, bis ich hinübergehe.c c. Doch man fragt: Warum feiern wir dieses Fest in Kummer, Trauer und Abstinenz, während wir die Leiden der Heiligen in Freude feiern? – Geantwortet wird: Weil die Heiligen sofort nach dem Martyrium in den Himmel aufsteigen. Christus aber stieg hinab in die Unterwelt. Aber weil Er die Hölle zerbrach, danach die Seelen der Heiligen zurückführte und am dritten Tage auferstanden ist, freuen wir uns dann ganz besonders. d. Daher feiern wir auch nicht die Leiden der hll. Väter, die zur Unterwelt hinabgestiegen sind. e. „Man fragt auch: Obwohl Er auf einer Eselin ehrenvoll empfangen doch am Kreuz sichtbar entehrt wurde, warum verehren wir mehr das Kreuz als die Eselin? – Antwort: Jene Ehre war irdisch.“d Um das Irdische aber soll man sich nicht sorgen, daher Vgl. Gratianus, CIC, D.3 c.30 de cons. Vgl. Gratianus, CIC, D.3 c.30 de cons. c  Kein Bibelzitat, trotz Editio 1569: Psalm.CXXX, Editio 1974: Ps. 140, 10. d  Amalarius Metensis, Liber officialis I, 14, 14. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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also auch nicht um die Eselin. Durch das Kreuz aber wurde die Mauer der Sünden zerbrochen, die zwischen uns und Gott stand. Christus hat nämlich für uns Sühne geleistet, deswegen ist „kein jüngst Getaufter, auch wenn er als Erwachsener schwerste Untaten verübt hat, irgendwie festgehalten, weder zu einer Schuld noch zu einer Strafe, auch wenn er noch lebt. Gehalten ist er aber zur Zerknirschung.“a f. Und wie das Schwert Davids, mit dem er Goliath tötete, lange Zeit aufbewahrt und in Ehren gehalten wurde, so auch das Kreuz des Herrn, der durch jenes Schwert dargestellt wird. g. Beachte: Der Liturgie dieses Tages fehlt das Haupt, denn Christus, unser Haupt, wurde uns genommen. Es fehlt das Invitatorium , damit wir nicht jene verwerfliche Einladung nachahmen, die die Juden vorgebracht haben, als sie den Beschluss fassten, wie sie Jesus mit einer Frage eine Falle stellen und Ihn dem Tod überliefern könnten. „Darum geben wir einander auch keinen Kuss wegen des Kusses von Judas, und wir grüßen keinen, denn Judas verriet Christus mit der Begrüßung,“ b als er sagte: Sei gegrüßt, Rabbi (Mt 26,49). Dieses Zeichen hatte Judas mit denen verabredet, die Jesus gefangen nahmen, damit sie nicht etwa Jakobus gefangen nahmen, der Ihm ähnlich war. Darum hieß er ‚Bruder des Herrn’ (vgl. Mt 13,55). h. Beachte auch: Judas hatte gesagt: Nehmt ihn fest! (Mt 26,48). So als ob er sagen wollte: ,Nehmt ihn und bindet ihn fest, denn andernfalls könnte er euren Händen entkommen.’ Er glaubte nämlich, Er sei kräftig, weil er gesehen hatte, wie Er alle Händler und Käufer aus dem Tempel trieb (Mt 21,12). Außerdem hatte er gesehen, wie Er den Händen derer entkommen war, die Ihn ergreifen wollten. Daher heißt es: Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg (Lk 4,30). i. „Der Grund, weswegen Judas Christus verriet und verkaufte, war der neue Hass, den er bekommen hatte auf Jesus wegen der Salbe, die die hl. Maria Magdalena über sein Haupt gegossen hatte. Er war ja Kämmerer Gratianus, CIC, D.4 c.96.99 de cons. Amalarius Metensis, Liber officialis I, 13, 18. Die Einladung mit Psalm 95 in der Matutin. a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  96

des Herrn und trug den Geldsäckel. Der Kämmerer sollte nach alter Gewohnheit den zehnten Teil dessen behalten, was in die Geldsäckel der Herren eingezahlt wurde. Er schätzte also, dass das Salböl, das die hl. Maria ausgoss, 300 Denare wert war. Daher sagte er selbst: Wozu diese Verschwendung? Man hätte (Mt 26,8-9; Mk 14,4-5; Joh 12,4-5) usw. Der zehnte Teil von 300 Denaren ist aber 30 Denare. Er wollte also bei Christus das wiedererlangen, was er bei dem Salböl verloren hatte.“a k. „Auch das Totenoffizium darf kein Invitatorium haben, außer bei anwesendem Leichnam, und in der Messe darf im ganzen Offizium weder das ‚Dona nobis – Gib uns Deinen Frieden’ noch ‚Glória Patri – Ehre sei dem Vater’ gesprochen werden,“ b denn es folgt und ahmt die Exequienc des Heilands nach. l. Es gibt sechs Privilegien dieses Tages: Opferung Christi, Ausplünderung des Inferno, Niedertreten des Todes, Erlösung des Menschengeschlechts, Öffnen des Paradieses, Offenlegung der Schrift. m. Beachte auch: Christus hat durch sein Leiden nicht nur jene erlöst, die damals im Limbusd des Infernos waren, einem Ort, der Abrahams Schoß (Lk 16,22) genannt wurde, sondern auch diejenigen, die künftig in heiligem Tod ihr Leben beenden werden, nicht jedoch hat er alle, die im Inferno waren, herausgezogen. Daher sagt der Prophet Hosea: Tod, ich werde dein Tod sein. Unterwelt, wo ist dein Stachel? (Hos 13,14). n. Heute geschah die Offenlegung der Schrift, weil die Schrift des Alten Testaments, die zuvor dunkel war, heute erklärt wurde. Daher sagt der Herr: Es ist vollbracht! (Joh 19,30), gleichsam also, als ob Er sagen wollte: ‚Alles, was in der Schrift über mich steht, wurde erfüllt. Das aber ist für die Juden ein empörendes Ärgernis und für die Heiden Torheit (1 Kor 1,23).’ o. „Das Kreuz des Herrn wurde im Alten Testament auf vielerlei Weise vorgebildet. Dem Engel, der Ägypten schlug, wurde gesagt: ‚In welches Haus du auch immer eintrittst, in dem töte alle Erstgeborenen, kleine Kinder wie auch Greise, Männer wie Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 116; 148. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 121. c  Das Totengeleit. d  Spekulativ vermuteter Ort für ungetaufte Kinder. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Frauen. Doch wenn ein T geschrieben ist, tritt nicht ein!’ ‚T’ aber ist das Zeichen des Kreuzes,“a und alle werden verdammt werden, wenn sie nicht durch den Gekreuzigten gerettet werden. Ebenso hat Moses in der Wüste die eherne Schlange auf einem Pfahl errichtet (vgl. Num 21,8), und alle, die sie sahen, wurden sofort vom Biss der Schlangen geheilt. Die eherne Schlange ist das Abbild einer Schlange, ist jedoch keine wirkliche Schlange. Ebenso besaß Christus das Abbild des Fleisches der Sünde (Röm 8,3), jedoch nicht das der wirklichen Sünde. Er hat ja nie gesündigt. Ebenso wurde dem Daniel vom Engel gesagt: Es werden zwei Jahreswochen vergehen, nach 62 Wochen wird Christus, euer Führer, getötet werden (Dan 9,24-26). Ebenso Moses: Du wirst in Lebensgefahr schweben, bei Nacht und bei Tag. Ihr werdet es sehen und es nicht erkennen (Deut 28,26) usw. Es trifft zu, dass Er bei Nacht am Kreuz hing, denn von der 6. bis zur 9. Stunde herrschte eine Finsternis (Mt 27,45) usw., dass Er auch am Tag am Kreuz hing, ist offensichtlich. Ebenso Jeremias: In die Nieren ließ er mir dringen die Geschosse seines Köchers (Klgl 3,13). ‚Die Geschosse seines Köchers’, das ist ‚die Lanze’. Ferner: Ich werde alle Völker versammeln (Joel 3,2), und es wird ihnen das T ein Zeichen sein, das ist das Kreuz des gekreuzigten Herrn. Ebenso andernorts: Ich lasse deine Augen umkehren (vgl. Jer 15,19), und aufgeschrieben sei dies für das kommende Geschlecht, und das Volk, das noch geschaffen werden wird, wird den Herrn lobpreisen (Ps 102,19), d. h. das neue Volk, nämlich die Heiden. Ferner anderswo: Ich habe einen erlesenen Weinberg gepflanzt, doch er wurde zur Bitterkeit (vgl. Jes 5,1). Und warum? – Denn: Sie gaben mir Galle als Speise, und für den Durst reichten sie mir Essig (Ps 69,20). Und wieder an anderer Stelle: Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand (Ps 22,19). Das Letzte ist gesagt von dem Gewand des Herrn, das ohne Naht war (Joh 19,23) und kostbar. Ferner anderswo: Sie haben all meine Knochen gezählt (Ps 22,18), denn man hat Ihn so am Kreuz ausgestreckt, dass all seine Knochen geRobertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis I, 18. – Die hebräische Schreibweise ist jedoch ‫ ת‬, (dem Türsturz entsprechend), vgl. 3LThK IX Sp. 1275 zu ‚Tau als Symbol des Kreuzes’. Vgl. Kap. 46c. S. 103. a 

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v. Karwoche, KAP.  96-97

zählt werden konnten. Ferner wieder anderswo: Seine Herrschaft ist groß und ruht auf seinen Schultern (Jes 9,6), weil Christus sein Kreuz getragen hat, mit dem Er triumphierte. Daher heißt es: Der aus Kyrene trägt das Kreuz, doch nicht wie der Gottmensch.a

Kapitel 97

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a. „Der Leib Christi wird an diesem Tag aus vier Gründen n ic ht ver wa nde lt : 1. Weil Christus wirklich geopfert wird, und wenn die Wahrheit kommt, muss das Abbild weichen. 2. Weil der Bräutigam der Kirche an diesem Tag weggenommen ist. Er steigt nämlich in die Unterwelt hinab. 3. Weil an diesem Tag der Vorhang des Tempels zerriss und die Hörner des Altars umgekehrt wurden und wir keinen Ort haben, wo der Leib Christi vollzogen werden könnte. 4. Weil Moses in Exodus sagt: Ein anderer kämpft für euch, ihr könnt ruhig abwarten (Ex 14,14). Der ‚andere’, das ist Christus.“b b. Zuerst werden zwei Lesungen aus dem Alten Testament gelesen, eine aus dem Gesetz, die andere aus den Propheten, ohne Titel. Und zwei Traktus werden dazwischen gesungen, einer mit vier Versen, der andere mit noch mehr Versen. Danach wird die Passion gelesen, auch ohne Titel, darauf folgen die Gebete für jeden Stand der Kirche, für die Heiden, die Juden, die Schismatiker und Häretiker. Dann wird das Kreuz [aus der Verhüllung] genommen, dazu machen wir drei Kniebeugen und singen dabei griechisch und lateinisch ‚Hagios’ ‚Sanctus – Heilig’ und drei Verse. Darauf wird der Leib des Herrn, der [am Gründonnerstag,] dem Tag des Abendmahls zurückbehalten wurde, auf den Altar gesetzt. Nachdem das ‚Gebet des Herrn’ mit der Einleitung ‚Oremus. Praeceptis – Lasset uns beten. Durch heilbringende Anordnung’ usw. gesungen worden ist, wird die Kommunion empfangen. Darauf werden die Psalmen der Vesper gesungen mit dem

a  b 

Fehlt bei Walther I und II. Amalarius Metensis, Liber officialis I, 15, 1-3.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Gebet: ,Réspice Dómine – Schau, o Herr’, und so wird die Liturgie geschlossen.

Kapitel 98

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Nach der gleichsam geschichtlichen Darlegung des Ablaufs wollen wir schauen, was [d ie L it u r g ie a n K a r f reit a g ] bedeutet: a. Zwei Lesungen werden gelesen, weil Christus für zwei Völker gelitten hat, das hebräische und das heidnische Volk. „Die eine ist aus dem Gesetz aus dem Buch Levitikus genommen, die andere von den Propheten, also Hosea, weil das Leiden Christi im Gesetz vorgebildet war, von den Propheten verkündet und von den Patriarchen dargestellt.“a Abraham opferte nämlich das Fleisch Christi im Abbild, als er den Widder opferte, und ähnlich Abel, als er das Lamm opferte. Entsprechend ist das bei den Propheten zu verstehen, weswegen der Herr sagte: Wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird Christus im Innern der Erde sein (Mt 12,40). So wird auch die Passion ohne Titel gelesen, denn Christus, unser Haupt, wird uns genommen. b. „Der Traktus mit seinen vier Versen bedeutet, dass durch Christi Leiden der Mensch gerettet wird, der aus den vier Elementen besteht. Daher ist Christus weder im Himmel noch auf der Erde gekreuzigt worden, sondern in der Mitte, nämlich in der Luft. Er brachte den Frieden zwischen Himmlischem und Irdischem und auch innerhalb des Irdischen selbst.“ b Es herrschte ja Feindschaft zwischen Mensch und Mensch, eine größere zwischen Engel und Mensch, die größte zwischen Gott und Mensch. Christus selbst aber brachte am Kreuz den Frieden. Er machte beides zu Einem. Er ist ja der Eckstein (vgl. Eph 2,14-17; 1 Petr 2,6). c. Oder die vier Verse des Traktus stellen auch die vier Teile des Kreuzes dar, das dem letzten Buchstaben des hebräischen Alphabets, dem T, ähnlich ist, das ihnen wie Laute klingt. Denn alle Bücher des Alten Gesetzes haben auf das Kreuz des Herrn hina  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 90. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 90.

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v. Karwoche, KAP.  97-98

gedeutet. An diesem Tag sollen die vier Verse im Traktus auf die vier Teile des Kreuzes hindeuten wie auch die fünf die am Mittwoch gesprochen werden, denn fünfmal floss aus Ihm Blut: 1. bei der Beschneidung, 2. beim Gebet [am Ölberg], 3. bei der Geißelung, 4. bei der Kreuzigung, 5. beim Lanzenstich. d. Der längere Traktus verkörpert den großen Kampf Davids gegen Goliath, und Christus, unser David, besiegte heute den großen Goliath, nämlich den Teufel. e. Einige Kirchen singen heute den Traktus Qui hábitat – Wer im Schutz (Ps 91,1-16), weil Christus zum ersten Mal verdeckt versucht wurde wie von einem Drachen, der sich im Felsen verbirgt. Danach wurde Er bei der Passion des Herrn von ihm wie von einem starken Löwen heftig gequält, was hier festgehalten wird durch den Vers: über Löwen und Nattern (ebd. 91,13) usw. f. Die Leidensgeschichte wird gelesen, weil Christus in der Tat damals litt. Wenn man aber zu der Stelle kommt: Sie verteilen unter sich meine Kleider (Mt 27,35 nach Ps 22,19), „nehmen zwei Subdiakone zwei Laken oder andere Tücher, die auf dem Altar liegen, weg, indem sie das geschichtlich Geschehene sinnfällig machen, was die vier Soldaten, die Ihn kreuzigten, mit seinen Kleidern machten. Oder die Wegnahme der Tücher stellt die Flucht der Apostel dar,“a die ja quasi die Kleider Jesu waren. Petrus verleugnete Ihn nämlich auf ein Wort einer Magd hin, Johannes floh nackt davon. Das andere Tuch, das auf dem Altar verbleibt, bezeichnet sinnfällig, dass „das Gewand des Herrn, das ohne Naht war, nicht zerrissen oder geteilt wurde, sondern durch Losentscheid einem zufiel, denn die Einheit der Kirche konnte nie von den Schismatikern oder Häretikern zerrissen werden,“ b denn: Keine Weisheit gibt es gegen Gott (Spr 21,30). g. „Als Christus am Kreuz litt und gepeinigt wurde, betete Er ausführlich und sang zehn Psalmen, nämlich: Gott, mein Gott, schau auf mich (Ps 22) bis: Herr, ich suche Zuflucht bei Dir (Ps 31). Und als Er zu dem Vers gekommen war: In Deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist (ebd. Ps 31,6) hauchte Er seinen Geist a  b 

Amalarius Metensis, Liber officialis I, 13, 15. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 93.

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aus (Mt 27,50). Und nachdem wir die Passion rezitiert haben, die Christi Not, Mühsal und Schmerz bezeichnet, beten auch wir.“a h. Und diese Sitte zu beten ist ungewohnt. Es gibt nämlich den Brauch, wie an anderen Tagen vor dem Evangelium Gebete zu sprechen. An diesem Tag ist die Ordnung vertauscht. Und dies war am Anfang gesagt worden, dass einige Stücke in der Liturgie während der Quadragesima geändert werden. i. Christus betete für drei: für sich sagte Er: Vater, verherrliche deinen Sohn (Joh 17,1), für die Seinen sagte Er: Vater, für sie bitte ich, die Du mir gegeben hast (ebd. 17,9), und für jene, die an Ihn glauben werden, sagte Er: Vater, ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die an mich glauben werden (ebd. 17,20). k. „Daraus sieht man, dass wir nicht für jene bitten sollen, von denen wir wissen, dass sie nicht gerettet werden, wie auch für jene, die in der Hölle bleiben, und für Judas, der verzweifelte.“ b l. Ebenso beten wir für uns und für jeden Stand in der Kirche, auch für die Taufbewerber, die Heiden, die Juden, die Häretiker und Schismatiker, dass Gott ihnen seine Gnade eingießen möge und sie zum Glauben bekehre. „Während wir für alle die Knie beugen, – für die Juden beugen wir sie nicht, denn sie haben vor Christus im Spott die Knie gebeugt.“c m. Beachte auch: Was vor der Kniebeuge gesprochen wird, ist kein Gebet, sondern die Aufforderung an uns zu beten, und das Aufzeigen, für wen wir beten sollen. Was danach gesagt wird, ist Gebet. n. Beachte: „Es waren drei Verspottungen, die die Juden mit Kniebeugen Christus angetan haben: Sie haben im Hof des Hohenpriesters sein Gesicht verhüllt, und vor dem Prätórium, als Pilatus Ihn den Juden zur Kreuzigung überlassen hatte, flochten die Soldaten einen Kranz aus Dornen, fielen vor Ihm auf die Knie und verhöhnten Ihn (Mt 27,29). Das muss jedoch den Juden zugeschrieben werden, denn sie waren dabei die Ursache. Die dritte Verspottung war, als jene, die vorbeikamen, Ihm, der am Kreuz hing, sagten: Bah, Du willst den Tempel Gottes niederreißen? (ebd. Honorius Augustodunensis, Gemma animae II, 28. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1084D. c  Vgl. Amalarius Metensis, Liber officialis I, 13, 17. a 

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27,39-40) usw. o. Gegen diese drei Verspottungen schicken wir vor der Entblößung des Kreuzes drei Anbetungen voraus und sagen: ‚Hágios – Heilig’ usw., indem wir dreimal den unsertwegen Verspotteten ehren, in zwei Sprachen, weil die dritte noch schweigt.“a p. Beachte: „Obgleich es viele Arten von Sprachen gibt, sind drei die hervorragenden: Zuerst Lateinisch wegen des Adels und der Herrschaft des Römischen Reiches, die zweite Griechisch wegen der Weisheit, die dritte Hebräisch, weil sie die Mutter aller Sprachen ist. In diesen drei Sprachen wurde die Inschrift am Kreuz des Herrn geschrieben. Daher werden diese drei in der Messe gesungen, auf Griechisch Kýrie eléison, auf Hebräisch Halleluja, was auf Latein ist, das ist klar.“ b q. „Gegen die drei Anklagen der Juden gegen Ihn rufen wir in der Person des Heilands drei Gegenklagen, und zwar ‚Pópule meus – Mein Volk’, wo Christus ihnen Vorhaltungen macht angesichts seiner Wohltaten, also die Befreiung aus Ägypten, das Geleit in der Wüste, die Einführung in das beste Land, gleichsam als ob Christus sagen würde: ,Du klagst mich an wegen der Verweigerung der Steuern. Besser solltest du mir Dank sagen, dass ich dich aus der Knechtschaft in Ägypten befreit habe. Du klagst mich an, dass ich mich zum König gemacht habe. Besser solltest du mir Dank sagen, dass ich dich in der Wüste königlich genährt habe. Du klagst mich an, dass ich gesagt habe, ich sei Gottes Sohn. Stattdessen bete, weil ich dir das Land gegeben habe, in dem Milch und Honig fließen.’“c r. „Nach diesen Gesängen wird das enthüllte Kreuz gebracht. Es erscheint auch nackt, um zu zeigen, dass alles, was dunkel war, nun offenbar wurde.“d Und mit den Worten ,Ecce lignum crucis – Seht das Holz des Kreuzes’ usw. wird es begrüßt, denn durch das Kreuz wird den Menschen wieder das Heil geschaffen. Danach wird es verehrt, d. h. in Ehrerbietung geküsst, denn Gott allein wird angebetet. Die übrigen Dinge sind wie das Kreuz seinetwePetrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 161, 168, 168 add. 1. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 92; Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 172. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 168 add. 1. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 96. a 

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gen zu verehren. Er wird also angebetet. Denn was jene hochmütig getan haben, sollen wir demütig tun. s. Nach dem Kuss des Kreuzes wird der Leib des Herrn auf den Altar getragen. Dann singt der Zelebrant das ‚Gebet des Herrn’ mit der Einleitung zuvor, also: ‚Oremus. Praeceptis – Lasset uns beten. Durch heilbringende Anordnung’ usw., was der hl. Gregor hinzugefügt hat, wodurch der alte Brauch der Apostel die Messe zu zelebrieren vergegenwärtigt wird. „Zuvor sagten die Apostel nur die Worte, die der Herr gesprochen hatte Das ist mein Leib, usw. und Das ist das Blut des Neuen Testaments (Mt 26,26; Mk 14,24; 1 Kor 11,24) usw. Doch die Apostel fügten später das ‚Gebet des Herrn’ hinzu, und dieser Brauch der Apostel wird hier vergegenwärtigt.“a Später haben die Päpste Gelasius, Gregor und Zölestinb vieles hinzugefügt, wie oben gesagt wurde. t. Nach Vollzug der Kommunion wird sofort die Vesper gesungen, und unter einem Tagesgebet werden Messe und Vesper beendet. Danach soll das Kreuz wieder an seinen Ort niedergelegt werden, und der Chor soll vor Ihm Psalmen singen, auch der Bischof oder sein Stellvertreter an seiner Statt sollen das tun bis zu jener Stunde, an der Christus auferstanden ist. Dann sollen sie das Mysterium von der Auferstehung zelebrieren. Zuerst kommt die Arbeit, dann das Bittrufen, drittens das Erhören. Daher: Ich rief zum Herrn in meiner Not, und Er hat mich erhört (Ps 120,1). Und so auch wir nach diesem Beispiel, usw. u. Beachte: Christus hat andere Worte gebraucht, als Er seinen Leib seinen Jüngern gab. Auch der Zelebrant bringt andere Worte vor, wenn er sagt: Das ist mein Leib.

Kapitel 99 a. Nun müssen wir sehen, warum der eine Teil des Sakraments, also der Leib, unter der Gestalt des Brotes an Gründonnerstag, der andere Teil, also das Blut, nicht unter der Gestalt des Weines aufbewahrt wird. a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 86. Päpste Gelasius I. (492-496), Gregor I. (590-604) und Cölestin I. (422-432).

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b. Es gibt zwei Gründe, warum der L eib au f b e wa h r t wird: „Der eine ist, keiner solle ohne Wegzehrung aus diesem Leben scheiden, was geschehen könnte, wenn nichts aufbewahrt würde.“a Das aber hat Papst Innozenzb eingeführt. Der zweite ist, weil an diesen drei Tagen alle zur Kommunion gehen sollen, besonders die Ordensleute. Daher war es angebracht, jenes Sakrament aufzubewahren, das an diesem Tag nicht konsekriert werden darf, wie oben gezeigt wurde. c. Warum das Sakrament des Weines nicht aufbewahrt wird, hat einen dreifachen Grund: 1. „Weil Wein flüssig ist, nicht so gut aufbewahrt und aus Nachlässigkeit leicht verschüttet werden kann.“c 2. Weil Gott zwei Arten von Opfern zu jeweils seiner Zeit gebilligt hat: den alten Ritus zur Zeit des Gesetzes und den neuen Ritus in dieser Zeit. Diese beiden Riten stellen Brot und Wein dar, mögen sie auch Materie des Neuen Sakraments sein: das Brot des Neuen, der Wein des Alten Ritus. Warum aber mehr durch Wein als durch Brot, lautet die Zirkelfrage? Es ist nicht verwunderlich, wenn durch die Materie des neuen Opfers das alte Opfer verdeutlicht wird, während man hingegen findet, dass eine Materie des Alten Testaments das Neue verdeutlicht. d. Denn an den Mittwoch-Tagen der Wochen, in denen die Weihen erteilt werden, liest man zwei Lesungen aus dem Alten Testament, von denen die erste, die unter dem Nokturn-Ton gelesen wird, das Alte Testament darstellt, die andere unter dem gewöhnlichen, das Neue Testament. Dadurch also, dass man keinen Wein zurückbehält, wird gezeigt, dass das alte Opfer aufhören soll. Der dritte Grund, weswegen kein Wein zurückbehalten wird, ist, dass Christus gesagt hat: Wahrlich, ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich mit euch von neuem davon trinke im Reich meines Vaters (Mt 26,29; Mk 14,25; Lk 22,18). e. Wenn aber gefragt wird: Wird der Wein, der an diesem Tag bei der Kommunion getrunken wird, durch Berühren mit Gratianus, CIC, D.2 c.93 de cons. Liber Quare 40. – Innozenz I., Papst 401-417. c  Liber Quare 41. a 

b 

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dem Leib des Herrn konsekriert? Dann sagen wir: Obwohl die Schriften von vielen dies zu belegen scheinen, folgen wir doch mehr der Wahrheit und der Tradition der hll. Väter und sagen: Dieser Wein wird durch das Berühren nicht geweiht, sondern nur geheiligt. Es gibt nämlich den Unterschied zwischen ‚geweiht’ und ‚geheiligt’. ‚Geweiht’ ist, was durch Heiligung Transsubstantiation erfährt. ‚Geheiligt’, was mit Worten heilig wird ohne Transsubstantiation, wie ‚Weihwasser’. Ebenso wird geheiligt genannt, was durch Berühren mit einer geheiligten Sache mehr verehrungswürdig wird. Wenn man nämlich sagte, schon durch das Berühren würde Wein oder Wasser konsekriert, ergäbe sich eine große Verwirrung. Wenn etwa zufällig ein Kelch nicht gewaschen werden könnte, und es würden möglicherweise eine Million Brote ohne die Worte durch Berühren mit einer Hostie konsekriert werden. Und wenn ein Tropfen Weihwasser in einen Teich oder einen Brunnen geschüttet würde, der mit Tropfen fließt, würde das Wasser ewig geweiht bleiben, und vieles andere auf diese Weise. „Ebenso wenn Wein durch Berühren mit dem Leib des Herrn geweiht würde, wäre das gegen die Anweisung, die verbietet, dass an diesem Tag keine Konsekration vorgenommen werden darf.“a f. Gefragt wird: Warum hat Christus den Jüngern seinen Leib zuvor mystisch gegeben, bevor Er ihn tatsächlich opferte? g. Da ist auch auf die dreifache Opferung Christi zu achten, die heute wirklich in drei Stunden geschah, also in der 3., der 6. und der 9. Stunde. In der 3. Stunde wurde Er nämlich durch die Zungen der Juden gekreuzigt, die sagten: Weg mit ihm! Kreuzige ihn! (Joh 19,15), in der 6. wurde Er ans Kreuz geschlagen, in der 9. hauchte Er seinen Geist aus. – Gerade diese Stunden sind für das ganze Jahr zum Zelebrieren der Messe kanonisch festgelegt, welche Christi Opferung mystisch verkörpern sollen. Denn an den Festtagen, an denen wir uns von Wollust freimachen, soll die Messe in der 3. Stunde gefeiert werden, an festfreien Tagen in der 6., an Fasttagen in der 9. Stunde. Wenn es aber zu anderer Zeit geschieht, ist es nicht kanonisch, ausgenommen die drei Male, Innocentius I., Epistolae et decreta 25, 4.7 [Übers. S. Wenzlowski, Die Briefe der Päpste und die an sie gerichteten Schreiben II, (BKV2, I, 35), S. 124]. a 

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an denen die Messe in der Nacht gefeiert wird: zu Weihnachten, in der Osternacht – die Messe nämlich, die da gefeiert wird, gehört nicht zum Samstag, sondern zum Auferstehungstag. Daher wird in Rom und im ganzen Erzbistum Ravenna, zu der die Kirche von Bologna gehört, die Messe nicht vor [dem Anbruch] der Nacht gefeiert. Dass sie so gefeiert werden müsste, zeigt die Oration selbst, die da gesprochen wird: ‚Gott, Du erhellst diese hochheilige Nacht’, und ebenso zeigt dies die Segnung der Osterkerze. h. Wenn aber die Weihen gefeiert werden, muss auch die Messe von der Nacht gefeiert werden, denn die Liturgie der höheren Weihen gehört zum Sonntag. Doch weil man mit dem Fasten beginnen muss, beginnen wir am Samstag [mit den Weihen] nach der Vesper und schieben das Fasten bis in die Nacht hinaus.

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Kapitel 100 a. Nun müssen wir schauen, warum wir die Fi n ster-Met ten a, die also ‚Tenebrae’ genannt werden, während der drei Nächte feiern und wie zu dieser Liturgie Geräusch gemacht wird, warum die Kerzen entzündet, wie viele und wann sie gelöscht werden. Dann ist auch die Eigenart der Liturgie zu betrachten. b. „Als Christus am Kreuz hing, herrschte drei Stunden Finsternis (ténebrae) von der 6. bis zur 9. Stunde (Mt 27,45), sodass wir die 6. und 9. als Sonnenfinsternis zusammenfassen, die die Sonne erleidet, nicht als natürliche, sondern als wundersame. Und weil die Ungläubigen leugnen und sagen, dies sei ein natürliches Ereignis gewesen und kein Wunder, deswegen lassen wir im Gedanken an dieses große Wunder jene drei Stunden in den drei Nächten Gestalt werden.“ b c. „Zu den Finster-Metten läuten wir nicht mit Glocken, sondern mit hölzernen Klappern. Die Glocken machen die Verkündigung sinnfällig. Mit den Glocken wird nicht geläutet, weil die Verkünder, d. h. die Jünger des Herrn, nicht nur seinen Namen Auch ‚Pumpermetten’ genannt, wegen des Geräuschs (durch Klopfen) am Schluss. b  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 175. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

nicht verkündet, sondern Ihn wie Petrus verleugnet haben“a und geflohen sind. In der Schrift steht nämlich: Ich werde den Hirten schlagen, dann werden die Schafe der Herde sich zerstreuen (Mt 26,31 aus Sach 13,7). d. Als der Herr sah, dass sie zur Flucht bereit waren, sagte Er: Wen sucht ihr?, gleichsam als ob Er sagen wollte: ‚Wenn ihr mich sucht, ich bin es, den ihr sucht.’ Lasst diese gehen (Joh 18,4-8). Es wird jedoch aus dem Holz ein großer Klang hervorgelockt. e. Die hölzerne Klapper macht Christus sinnfällig, der vom Holz herab rief und betete, Er sagte: Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun (Lk 23,34). Das verkündete Er. Er ist der Skarabäus, der vom Holz ruft, der Wurm nämlich der am Abend“ b usw. Mit der Holzklapper wird also getönt, denn nur Christus wurde damals als Verkünder übrig gehalten.

Kapitel 101

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a. Nun ist über die K er z en zu sprechen. Bei der A n z a h l gibt es nämlich Verschiedenheit. Einige zünden 72 an, andere 24, einige 15, wieder andere 12, manche 9, einige andere sogar nur 7, doch alle tun es nicht ohne mystische Bedeutung. b. „72 Kerzen bezeichnen die 72 Jünger, deren Verkündigung beim Tode Christi erstickt war. Oder um zu bemerken, dass der Herr 72 Stunden im Grab lag, wie man per Synekdochéc sagt, denn Er lag drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde, d. h. im Herzen der Irdischen. Oder wegen der 70 Völker, 70 Sprachen oder 70 Jünger, die aus Noah hervorgingen. c. 24 Kerzen, die zunächst angezündet und später ausgelöscht werden, bezeichnen den Versikel ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist’, da er 24 Mal in den Nokturnen der Festtage gesungen zu werden pflegt, in diesem Offizium aber ganz ausfällt, denn das Lob der Dreifaltigkeit, zu dem jener Vers gehört, scheint mit dem Tod Christi ausgelöscht. d. Der Vers: ‚Ehre sei dem Vater’ wird nämlich zuerst im ‚Deus Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 88. Hrabanus Maurus, De uniuerso VIII, 7. c  Rhetorisch das ,Mitverstehen’ bei einer Redewendung. a 

b 

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in adiutorium – Gott, komm mir zu Hilfe’, im Invitatorium, im Hymnus, in den neun Psalmen der drei Nokturnen und den vier Responsorien gesprochen, im ‚Te Deum – Großer Gott’ sowie im ‚Gott, komm mir zu Hilfe’, ebenso in den vier folgenden Psalmen und im Hymnus, im Benedictus – Gepriesen sei der Herr (Lk 1,68). e. 15 Kerzen bezeichnen die zwölf Apostel und drei Marien, die damals alle zum Gotteslob stumm waren. Doch während die Apostel flohen, blieben nur die drei Marien, die weniger ängstlich waren, in seiner Nähe. Daher liest man: An Haut und Fleisch klebt mein Gebein, nur das Fleisch an meinen Zähnen (Hjob 19,20), d. h. die Frauen, die sind gewissermaßen das Fleisch an meinen Zähnen. f. Zwölf Kerzen bezeichnen die zwölf Apostel,“a neun aber das Menschengeschlecht, das wegen seiner Sünden aus der Gemeinschaft der neun Ränge der Engel entfernt und vom wahren Licht ausgeschlossen wurden. Sieben Kerzen bezeichnen die siebenfältige Gnade des Heiligen Geistes, die in den Herzen der Jünger fast ausgelöscht wurde. g. Ganz gleich, wie hoch die Anzahl der Kerzen ist, alle sollen mit einer Wachshand gelöscht werden. Mit der Wachshand wird die Hand dargestellt, die der König der Assyrer, König Belschazzar, an der Wand sah, wie sie die Worte schrieb: ‚Mene, Teckel, Peres’, die ihm Daniel so übersetzte: Mene–gezählt, Teckel–gewogen, Peres–geteilt (Dan 5,25-28). Der Sinn ist also: ‚So spricht der Herr: Ich habe die Tage deines Reiches gezählt, deine Werke, die guten und die schlechten, ich habe sie gewogen und mehr Schlechtes als Gutes gefunden. Darum wird dein Reich unter die Perser und Meder aufgeteilt.’ Das geschah dann durch Kyros und Dareios. Wie also das Reich wegen der schlechten Werke des Königs geteilt und ausgelöscht wurde, so wurde auch das Reich der Juden wegen der Sünde des Todes Christi für immer geteilt und ausgelöscht. Oder was besser passt: Die Wachshand stellt die Hand des Judas dar, die wächsern war, d. h. biegsam zum Schlechten hin. Durch sie wurde Christus, unser König und wahres Licht, insofern es an ihm lag, ausgelöscht. Wie es bei Ihm war, so wurde a 

Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 87.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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durch die Wachshand die Hand dessen bezeichnet, von dem der Herr sagt: Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht (Mt 27,23) usw. Wie nämlich dieses das Licht auslöschte, so hat jene das wahre Licht, sofern es in Ihm war, ausgelöscht. h. Mitunter aber werden mehrere Kerzen und ohne bestimmte Anzahl dort angezündet, keiner überprüft die Anzahl, sondern jede Frau zündet dort ihre eigene Kerze an. Durch diese Kerzen werden die Propheten und anderen heiligen Väter bezeichnet, die das Kommen Christi als das Licht der Welt verkündet und anderen Worte des Heils gepredigt haben und dafür, mit mannigfachen Züchtigungen gequält, getötet und ausgelöscht wurden. „Nicht alle Kerzen werden gleichzeitig gelöscht, sondern eine nach der anderen, weil sich die Jünger nicht gleichzeitig von Ihm zurückgezogen haben, sondern allmählich einer nach dem anderen Ihn verlassen hat.“a i. Nur eine einzige, die von der Mitte des Altars genommen werden soll, wird nicht ausgelöscht, sondern verborgen, danach in die Öffentlichkeit zurückgebracht. Und von diesem Licht werden alle Lichter der Kirche wieder entzündet. Das ist Christus, der zwar scheinbar, wie sein Leib ausgelöscht wurde, doch in seiner Göttlichkeit weiter lebte, die jenen verborgen war. Er stand danach wieder auf, in hellstem Licht, offenbarte sich seinen Jüngern, als Er in deren Herzen, die schon erloschene Liebe mit seinem Leuchten wieder entzündete.

Kapitel 102 a. Nun wollen wir mit dem O f f i z iu m der Fi n ster-Metten fortfahren. Das ganze Offizium hallt wider von der Passion Christi. „Der erste Vers mit dem sonst das Nachtoffizium beginnt, fällt aus, also ‚Dóminus lábia – Herr, öffne meine Lippen’, denn Christus, unser Haupt, wurde uns genommen. Wir sagen auch nicht ‚Deus in adiutorium – Herr, eile mir zu helfen’, denn, nachdem unser Hirte erschlagen wurde, haben wir, seine Schafe,

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 87.

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v. Karwoche, KAP.  101-102

den verloren, von dem wir Hilfe erbitten können.“a „Das Invitatorium wird nicht gesprochen, damit wir nicht jenen schändlichen Ratschluss der Juden gegen Jesus nachahmen, sondern vielmehr durch das Verschweigen des Invitatoriums Ihn bezeugen.“ b b. Zu den Lesungen wird weder Segen erbeten noch erteilt, denn der Hirt, der seine Herde segnet, ist nicht da. Mit ‚Iube dompne – Segne Herr’ zeigen sich sonst jene, die zum Verkündigen gehen, durch ‚Tu autem – Du aber Herr’ jene, die von der Verkündigung zurückkommen; doch weder die einen noch die anderen waren da, denn sie waren geflohen. Es müssen also die Lesungen voller Klage vorgetragen werden, besonders die aus den Klageliedern des Jeremia, der jenen hl. König Joschija beweinte, über den es bei Theodul heißt:c Den Untergang des Joschija beweinten die Städte Judas, nun trauert die Kirche über Tod und Passion des Herrn. c. Aber weil wir wegen unserer Sünden den verloren haben, zu dem wir uns zur Buße bekehren müssen, wenn wir Ihn wiedererlangen wollen, werden wir am Schluss der Lesungen durch dessen Versikel ermahnt: ‚Jerusalem, Jerusalem, bekehre dich zu deinem Herrn.’ d. „Die Klagelieder des Jeremia werden gesungen, also die Lamentationen. Sie heißen nach den Threni oder dem trinakrischen Berg, wo die Klagelieder der Seelen, die dort bestraft werden, häufiger zu hören sind.d Oder deswegen ,Treni’, weil immer drei Verse nach einem Buchstaben des hebräischen Alphabets stehen, das viermal dort ganz gesetzt wird nach der Ordnung jener Lamentationen.“e Wir lesen die Lamentationen des Jeremia deshalb hier, denn wie jener den Tod des Joschija und die künftige Zerstörung seines Volkes beklagt hat, so beweinen wir den Tod Christi. e. Es bleiben noch drei Dinge zu untersuchen: Weswegen wird bei diesem Nachtoffizium das Benedictus – Gepriesen (Lk 1,68) und auch der ganze Psalm in so hoher Stimmlage und gewisserPetrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 167 add. 1. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 88. c  Theodulus Italus, Ecloga 233. d  Siehe Kap. 61 b. S. 128 Anm. b. e  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 2, 23-24. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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maßen Schrecken erregend gesungen? Ferner: Warum werden einige Tropen am Schluss des Offiziums so weinerlich gesprochen? Drittens: Warum wird in diesen drei Nächten das Offizium in so hoher Stimmlage und laut gesungen, das Tagesoffizium aber still und halblaut gesprochen? f. „Dass die Antiphon zum Benedictus und auch der Psalm bei gelöschten Kerzen und in sehr hoher Stimmlage, mit gleichsam schreckerfüllter Stimme gesungen wird, macht den Tumult der Kohorte deutlich,“a die Judas anführte, als er Christus verriet, mit Schwertern und Knüppeln (Mt 26,55). g. Eine Kohorte besteht aus 50 Soldaten. Also wurden so viele Soldaten mit Judas geschickt, um Jesus zu verhaften, denn die Juden fürchteten, das Volk, das Jesus gern zuhörte, würde, sobald es von dem Verrat erfahren würde, seine Gruppen aufbieten, um Ihn zu befreien. Auch vermutete man, Er sei sehr stark, und um Ihn zu verhaften seien einige wenige nicht ausreichend. Man hatte ja gesehen, wie Er am Palmsonntag einen Strick gemacht und allein mit starker Hand alle Händler und Kaufleute aus dem Tempel gejagt und ihre Geldbänke umgestürzt hatte, und dann hatten sie gesehen, wie ein Blitz und gewissermaßen Feuerstrahlen von seinem Gesicht ausgingen. h. „Die Tropen, d. h. jene Verse, die während der drei Nächte am Schluss des Offiziums mit ‚Kyrie eleison’ und ‚Domine miserere’ gleichsam flehentlich gesungen werden, und die Lamentationen, die Klagelieder, verdeutlichen auch den Schmerz der Frauen aus seiner Verwandtschaft, die Jesus seit der Zeit in Galiläa nachgefolgt waren. Zu ihnen gehörten Maria aus Magdala, Maria die Mutter des Jakobus, und Salome, die an seinem Grabe weinten.“ b i. Wenn die Tropen gesungen sind, fällt man an einigen Orten auf die Erde nieder und spricht mit gesenkter Stimme: Erbarme Dich meiner, o Gott (Ps 51,1) und das Tagesgebet, also: ‚Herr, wir bitten Dich, schau auf.’

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 88. Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis V, 27 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 755]. a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  102-103

A k. Das nächtliche Offizium, das mit lauter Stimme und öffentlich gesungen wird, stellt die Propheten und andere heilige Väter des Alten Testaments dar, die mit lauter und offener Stimme das, was mit Christus kommen würde, vorausgesagt haben. Dass wir bei den Tageshoren mit gesenkter Stimme und gleichsam still singen, bedeutet, dass die Apostel bei der Passion Christi verborgen waren und nicht offen zu predigen wagten. ab

B k. „Durch das nächtliche Offizium der Finsternis wird die Prophezeiung der Propheten sinnfällig, durch das Tagesoffizium aber die Verkündigung der Apostel.“a Deshalb wird das Nachtoffizium laut gesungen, da die Propheten offen verkündeten, was von Christus geschehen würde und was ihnen der Heilige Geist eingab. „Das Tagesoffizium wird mit gesenkter Stimme gesungen, weil die Apostel entweder überhaupt schwiegen oder im Verborgenen sprachen.“ b

Kapitel 103 a. Danach ist nun zu sagen, warum am Gründonnerstag der E str ic h der K i rc he gereinigt und die Altäre entblößt werden, danach warum an Gründonnerstag die Altäre mit Wein und Wasser gewaschen und mit rauen Zweigen und Buchsbaumzweigen gescheuert werden. b. Um das Erste zu verstehen, muss man wissen, dass die Kirche einerseits körperlich und andererseits geistlich ist. „‚Körperlich’ ist das Haus, in dem die heilige Liturgie gefeiert wird, ‚geistlich’ die Gemeinde der Gläubigen. “c So wie nämlich die körperliche Kirche aus Steinen erbaut wird, die aus verschiedenen Gegenden gesammelt wurden, so wird die geistliche Kirche aus den verschiedenen Menschen zusammengerufen. „Da ‚Kirche’ also dasselbe ist wie ‚Gemeinde’, passt der Begriff für die geistliche besser als a  12  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis V, 33 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 771]. b  13  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis V, 32 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 770]. c  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 31.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

der für die körperliche. Es werden ja die Menschen zusammengerufen, nicht die Steine.“a Doch oft wird der Name einer Bezeichnung dem zu Bezeichnenden beigelegt. In der geistlichen Kirche sind der Estrich die Armen Christi, also die Armen im Geiste, die sich in allem demütigen. Daher werden sie wegen der Niedrigkeit mit dem Fußboden verglichen. c. Beachte: Es gibt drei Arten Armut: Armut aus Not, die es bei den Bedürftigen gibt, Armut als Vorwand, die es bei den Frömmlern gibt, geistliche Armut, die es bei den Guten gibt. Die erste ist erträglich, die zweite verabscheuungswürdig, die dritte zu loben. Allen diesen gegenüber ist es Gott zuliebe eine Aufgabe, sie gut zu behandeln. Dabei ist nicht auf das Geschick bei der ersten Armut zu schauen, wie der Grund für die zweite, sondern die Natur des Menschen. Also reinigt der den Boden der Kirche, der Gott zuliebe den Armen die Füße wäscht und ihnen die übrigen Werke der Barmherzigkeit in seinen Werken zukommen lässt. 194

Kapitel 104 a. Es folgt die E ntblößu n g de s A lt a r s . Der ist der würdigste Teil in der Kirche, so sehr, dass, „wenn er beseitigt und wieder aufgebaut wird, die ganze Kirche neu geweiht wird, doch bei einem Umbau der Kirche, also wenn ein Teil der Kirche oder mehrere umgebaut werden, der Altar aber nicht bewegt wird, wird die Kirche nicht neu geweiht, sondern sie wird nur mit einer entsprechenden Segnung gereinigt.“ b b. „Der Altar symbolisiert also Christus.“c Gott befahl ja im Gesetz: Ihr sollt mir einen Altar aus Erde errichten (Ex 20,24). ‚Ein Altar aus Erde, das ist Christus, geboren von der Jungfrau. Daher heißt es: Treue sprosst aus der Erde empor (Ps 85,12). Das ist die Erde, die ihren Ertrag bringt (Ps 67,7), die edle Frucht Christus, erhöht über die Chöre der Engel im Himmel. c. Die Entblößung Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 134. Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 170; Gratianus, CIC, D.1 c.19 de cons. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 65. a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  103-104

des Altars bedeutet also, dass Christus in der Passion entblößt erschien in jenen Zeichen, in denen Er zuvor in Herrlichkeit Wundertaten vollbracht hatte, als Er allein unendlich viele aus dem Tempel vertrieb, während sein Antlitz die Strahlen seines Glanzes aussandte.“a Der zuvor so mächtig, so ruhmvoll erschienen war, nun schien Er schwach und verworfen. Daher Jesaja: Und wir haben Ihn gesehen, Er hatte keine schöne und edle Gestalt (Jes 53,2). Und Hilarius: „Er erschien als Gott und Mensch vor der Passion, in der Passion ganz als Mensch, nach der Passion ganz als Gott.“ b d. Oder die Entblößung des Altars stellt die reale Entblößung Christi dar, als Ihn die Soldaten seiner Kleider beraubten, diese unter sich verteilten und um sein Gewand das Los warfen. Oder „die Kleider Christi nennen wir die Apostel,“c durch deren Verkündung Christus gleichsam mit Kleidern geschmückt wird, und durch sie ist sein Name verherrlicht. Der Altar also wird entblößt, wenn Christus von seinen Jüngern verlassen wird, die flüchten und seinen Namen verschweigen. e. Mit Wein und Wasser wird der Altar abgewaschen. Das bedeutet das Blut unserer Erlösung und das Wasser der Wiedergeburt. Sie flossen aus der Seite Christi, als Ihm die Lanze in die Seite gestoßen wurde. Der Altar wird also abgewaschen, weil der Leib Christi als wahrer Altar, wie wir glauben, mit dem Blut und dem Wasser am Kreuz besprengt wurde. f. „Die rauen Zweige, mit denen der Altar abgefegt wird, stellen die Dornenkrone dar, mit der Christus gekrönt wurde, oder die bitteren Geißelhiebe und Striemen der Schläge und schlimmen Schmerzen, die Er im Tod erlitt.“d g. „Die struppigen Zweige sind wie die Reisigbüschel, mit denen der Estrich gereinigt wird,“e denn wir müssen uns von den Lastern reinigen und Almosen für die Armen vorsehen, damit sie uns aufnehmen in die ewigen WohPetrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 119. Hilarius Pictaviensis, De trinitate X, 51 [Übers. A. Antweiler, Zwölf Bücher über die Dreieinigkeit, (SWKV, 5) Bd. 2 S. 206]. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 86. d  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis V, 31 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 769]. e  Gregorius Magnus, Moralia in Iob XVIII, 17, 18. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

nungen (Lk 16,9). Denn ihrer ist das Himmelreich (Mt 5,3). Zu verstehen ist das von den freiwilligen Armen oder den geistlich Armen.

Kapitel 105 196

a. Nun ist vom Karfreitag zum K a r s a m st a g überzugehen und über diesen zu berichten. Zunächst ist über die Benennung dieses Tages, danach ist der Reihe nach über seine Liturgie zu sprechen. b. Dieser Samstag heißt ‚heiliger Samstag’ in Antonomasiea, „Sabbath’ wird mit ‚Ruhe’ übersetzt, denn zur Zeit der Erschaffung der Welt, die Gott in den sechs Tagen vollendet hatte, ruhte Er am siebten Tag (Gen 2,2).“ b Und im Gesetz befahl Gott, diesen Tag frei zu halten von aller knechtlichen Arbeit. Daher wurde er im alten Gesetz heilig gehalten. Dass aber dieser Samstag wegen seiner Vollkommenheit ‚heiliger Sabbath’ genannt wird, ist weil er die Ruhe Christi im 7. Zeitalter seit dem Werk der Neuschöpfung darstellt. So nämlich wie Gott, als Er das Werk der Schöpfung der Welt am sechsten Tag vollendet hatte und am siebten Tag ruhte, so ruhte Er, als die Werke des 6. Zeitalters, nämlich Geburt, Passion und das Übrige, was über ihn vorhergesagt wurde, im 7. Zeitalter vollendet war. Nach einigen begann das mit seinem Leiden, andere sagen, es habe beim Mord an Abel begonnen. Als nämlich die Seele Christi die Sterblichkeit und Leidensfähigkeit des Körpers verließ, war Er gleichsam in der Ruhe.

Kapitel 106 Jetzt ist über die L it u r g ie d ie s e s K a r s a m st a g s zu sprechen. a. „Am Beginn der Liturgie ist in der Kirche alles Feuer zu löschen, danach muss es aus einem Feuerstein mit Stahl herausgeschlagen und mit einem Wergknäuel aufgefangen werden. Dann wird es mit Reisig angezündet und entfacht,“c denn Christus sagt Rhetorische Figur: Umbenennung durch einen Teilbegriff. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V, 30, 10. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 100. a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  104-106

von sich: Ich bin der wahre Weinstock (Joh 15,1). Danach ist es mit dem Kreuzzeichen und Weihwasser zu segnen. Dann wird die Osterkerze gesegnet und entzündet, auch zwei kleine Kerzen von ihr, eine auf der einen, die andere auf der anderen Seite, dazwischen wird die große Osterkerze aufgestellt. Die beiden kleinen Kerzen bezeichnen die Heiligen des Alten und des Neuen Testaments, die nämlich beide von Christus erleuchtet werden. Oder die beiden Kerzen bezeichnen die Lehre der Apostel und die Lehre der Propheten, die mit Christus übereinstimmen. b. Dann werden die 24 Lesungen vorgetragen, zwölf auf Griechisch, zwölf auf Lateinisch, in einigen Kirchen und in Rom pflegt das so zu geschehen, in einigen zwölf, in anderen nur sechs. Die, die 24 lesen, lesen zwölf auf Griechisch wegen der Autorität der 70 Übersetzer, deren Ansehen einst in Griechenland besonders stark blühte, und Italien hieß einst ‚Großgriechenland’. Zwölf aber liest man auf Lateinisch wegen des Ansehens der Übersetzung des Hieronymus. Einige in ganz kleinen Kirchen haben nur sechs wegen der Sechszahl, die vollkommen ist, zwölf wegen der Anzahl der Apostel. c. „Nach dem Lesen der Lesungen geht man mit der [Allerheiligen-]Litanei und Weihwasser zum Taufbrunnen, und nach Vollzug der Taufe derer, die zu taufen waren, kehrt man wieder mit der Litanei zurück.“a Darauf beginnt die Messe mit Kyrie eleison. Denn in dieser Messe bleiben die sonst üblichen Introitus, Graduale, Offertorium und Communio ungesungen. ‚Agnus Dei’ wird bei einigen nicht gesprochen, bei einigen jedoch nach dem Empfang der Hostie. Sofort wird die Vesper gesungen mit nur zwei Psalmen, nämlich Laudate Dominum – Lobet den Herrn, alle Völker (Ps 117,1) und Magnificat – Meine Seele preist (Lk 1,46), und mit der Oration wird das ganze Offizium geschlossen.

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 10.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Kapitel 107 a. Nach dem so kurz und gleichsam historisch Vor g ena n nten wollen wir der Reihe nach die Gründe betrachten, warum dies alles geschieht und welche Bedeutung es hat. b. „Das Feuer, das vor dem neuen Feuer in der Kirche brannte, bedeutet das Alte Gesetz. Dass nämlich dieses Feuer gelöscht wird, bedeutet, dass alle Gesetzlichkeiten des Alten Gesetzes in Christi Passion erfüllt wurden und seither aufhören mussten. c. Der Stein, aus dem Feuer geschlagen wird, ist Christus, auf dem, nämlich auf festem Fels, die Kirche erbaut ist und aus dem der Heilige Geist als Feuer hervorgeht. d. Mitunter wird das Feuer aus einem Kristall hervorgelockt. Denn wenn der Kristall am Rand einer mit Wasser gefüllten Schale in die Sonne gehalten wird, wird aus dem Kristall unverzüglich Feuer erzeugt, wenn das Futter für das Feuer, d. h. ein Wergknäuel, den man dranzuhalten pflegt, zugeführt ist. Der Kristall bedeutet das allerreinste und allerklarste Fleisch Christi, das ohne Makel ist.“a e. Die erneuerte und brennende Osterkerze bedeutet, dass Christus, von den Toten auferstanden, im Fleisch verherrlicht, als wahrer Gott erschienen ist. f. Oder so: „Die brennende Kerze bedeutet den im Glanz der Gottheit erleuchteten Christus.“ b g. Die Osterkerze vergegenwärtigt auch die Feuersäule, die den Kindern Israels vorausging, als sie aus Ägypten auszogen und in das Rote Meer hineingingen. In ihr wurde die Taufe vorweg dargestellt, und mit ihr kamen sie durch die Wüste in das Gelobte Land. Die Feuersäule bewirkte nämlich dreierlei: Sie schützte sie vor der Sonne und vor den Feinden, und in der Nacht brachte sie ihnen Licht. Ebenso zieht Christus den Getauften voraus. Er spendet Schatten gegen den Brand der Laster und schützt und verteidigt vor den Feinden, also den Dämonen und den irdischen Leidenschaften, und Er erleuchtet durch die Liebe. Daher heißt es: Das Feuer löscht in uns die Laster.

a  b 

Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 100. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 101.

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v. Karwoche, KAP.  107-108

h. „Von dem Feuer der Osterkerze werden zwei kleinere Kerzen und die übrigen Lichter der Kirche entzündet, denn durch das Feuer des Heiligen Geistes, das von Christus ausgeht, werden nicht nur die Propheten und Apostel, die durch die zwei Kerzen, wie oben gesagt, dargestellt werden, sondern auch alle Gläubigen der Kirche erleuchtet.“a i. Sofort am Beginn der Segnung wird bei einigen die Osterkerze entzündet, das bedeutet, dass in Christus die Fülle der Gottheit war, und aus der heraus wurde Er Mensch. Besser scheint jedoch zu sein, dass sie zum ersten Mal angezündet wird, wenn es sich um die Segnung für das neue Feuer handelt. k. Das Kreuz aus Weihrauchkörnern wird in die Kerze eingefügt, es stellt nämlich das Ganzopfer dar, also den ganzen Brand. Denn im Alten Testament pflegte man zwei Opfer darzubringen: das Morgenopfer, das ständig brannte, und das, das man ‚Holokaust’, ,Ganzopfer’ nannte. l. Das Kreuz aus Weihrauchkörnern im Wachs vergegenwärtigt das Abendopfer des Gesetzes, das im Voraus das Opfer Christi am Altar des Kreuzes darstellte, das am Abend der Welt geschah und das in seiner Passion vollendet wurde.

Kapitel 108 a. „Auf der O sterker z e wird das Jahr nach Christi Fleischwerdung festgehalten, denn Christus ist das alte, große und an Tagen volle Jahr.“ b b. Und der Beginn der Zählung ist von der Empfängnisc zu rechnen, als die hl. Maria sagte: Siehe ich bin die Magd des Herrn (Lk 1,38). In diesem Augenblick wurde nämlich Christus Mensch und voll des Heiligen Geistes.“d c. Christus wird deswegen ‚das Jahr’ genannt, weil man wie im Jahr der Tage die Fülle der Früchte erhält, so war und ist in Christus die Fülle alles Guten. Christus

Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 101. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 102. c  Annuntiationsstil. Doch in den meisten Teilen Europas rechnete man dabei im ‚Calculus Florentinus’ und zählte ein Jahr mehr. d  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 2. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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hat ja seine Monate und seine Tage. Die zwölf Monate sind die zwölf Apostel, die Tage sind alle Gläubigen. d. Auch die Indiktion, Ära und Epakte werden in das Wachs eingeritzt, denn das Wirken der Menschen und die Zeitläufe werden durch Gottes Fügung geordnet. ‚Indiktion’ wurde im Altertum ein Zeitraum von 15 Jahren genannt, der aus dreimal fünf Jahren besteht. In diesen jeweils fünf Jahren wurde den Römern, als sie über den Weltkreis triumphiert hatten, Steuern aus der ganzen Welt gezahlt, in den ersten fünf Jahren Gold, in den zweiten Silber, in den dritten Eisen zum Herstellen von Waffen und Erz zum Schmuck der Stadt. Und jedes einzelne Jahr dieses Zeitraums von 15 Jahren hieß Indiktion. Sobald aber die 15 Jahre vorübergegangen waren, begann die Indiktion der Steuern wie zuvor. Ära wurde gleichfalls eine Steuer genannt, die in den jeweiligen Jahren gezahlt wurde. Welche Art in den Ären gezahlt wurde, dafür waren die Indiktionen da, später die Ären. Von aes, aeris“a, wie man sagt, suche die Epakte.b

Kapitel 109

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a. Die S e g nu n g der O sterker z e wird vom Diakon vorgenommen, nicht von einem Priester oder Bischof, auch wenn diese dabei anwesend sein sollten, obwohl sie höheren Rang oder Würde besitzen. Damit wird sinnfällig, dass Christus sich bei seiner Auferstehung zuerst den Frauen offenbart hat und durch sie, die dem schwachen Geschlecht angehören, die Herrlichkeit der Auferstehung seinen Jüngern verkünden ließ. Das tat der Herr, weil der Anfang seines Todes durch eine Frau in die Welt eingetreten war. So war es angebracht, dass der Beginn unserer Wiederherstellung durch eine Frau der Welt verkündet wurde. b. Beachte auch: Die Frauen erfreuen sich dreier Privilegien: 1. weil sie im Paradies geschaffen wurde, 2. weil Christus von einer

Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines V. 36, 4. Von Beleth nicht ausgeführt: Schalttage der Differenz zwischen Mondjahr (12 x 30 Tage) und Sonnenjahr (365 Tage), auf die Jahre bis zum Schaltjahr umgerechnet. a 

b 

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v. Karwoche, KAP.  108-110

Frau geboren wurde, 3. weil Er bei seiner Auferstehung von den Toten als erstes einer Frau erschien.

Kapitel 110 a. Aus zwei Gründen ent f a l len d ie Tite l bei den Lesungen. „Der erste Grund ist, dass Christus, unser Haupt, uns noch nicht zurückgegeben wurde. Zweitens weil die Täuflinge, auf die sich die ganze Liturgie dieses Tages bezieht, sich noch in der Tiefe der Unwissenheit gegenüber der Schrift befinden. Da sie also die Schrift noch nicht verstehen, nutzt es nicht, ihnen die Autoren zu nennen. So kommt es, dass Lesungen aus dem Alten Testament gelesen werden, deren Verständnis sich nur den im Geist Wiedergeborenen voll erschließt.“a b. „Nach dem Ende der Lesungen wird die Litanei in einigen großen Kirchen entsprechend der Anzahl der Ordensleute, die dort zusammenkommen, gesungen.“ b In einigen aber wird sie dreimal gesprochen, damit der Glaube an die Dreifaltigkeit dargestellt wird. Dass wir beim Gang zum Taufbrunnen und bei der Rückkehr die Litanei singen, bedeutet, dass die Heiligen für die Täuflinge beten, dass sie das Sakrament der Taufe im wahren Glauben empfangen mögen und als Getaufte in der Wahrheit und im Sakrament des Glaubens gestärkt werden. c. Beachte: „In der Zeit der Apostel wurde bei der Taufspendung nichts weiter gesagt als nur dies: ‚Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (Mt 28,19). Amen.’ Doch der hl. Clemensc fügte nach der Lehre des hl. Petrus die Salbung mit Chrisam und Öl hinzu. Später haben die Päpste Leo und Damasus und der hl. Ambrosius weiteres hinzugefügt. Zuvor war auch in Seen und Flüssen getauft worden.“d d. Dass der Priester sanft über das Wasser haucht, bedeutet, dass der Gläubige den Teufel sanft vertreiben soll. Da also haucht er an, um den Teufel von dort zu vertreiben. Der kann auch mit Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 103. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 110. c  Clemens I., Papst 88-97. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 116. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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sanftem Hauchen von einem, der auf den Herrn vertraut, vertrieben werden. e. Die Osterkerze wird ins Wasser getaucht, weil die Berührung mit dem Leib Christi bei der Taufe das Wasser geheiligt und ihm die Kraft der Wiedergeburt verliehen hat. f. „Dass Chrisam ins Wasser gegossen wird, bedeutet, dass sich Göttliches und Irdisches durch den Glauben in der Taufe verbinden.“a g. Dass der Zelebrant seine Stimmlage wechselt und mitunter eine laute, mitunter eine leise Stimme gebraucht, bedeutet, dass durch die Taufe das Unterste, d. h. das Irdische und das Himmlische verbunden werden. h. „Nach der Weihe des Wassers kommen die Täuflinge bzw. werden sie von den Paten getragen und werden getauft. Doch zuvor werden sie über ihren Glauben befragt, danach auf der Brust und an der Schulter mit Öl gesalbt. Auf der Brust, damit sie fähig sind die Gebote Gottes zu erkennen, an den Schultern, damit sie die Last des Gesetzes tragen können. i. Danach werden sie dreimal untergetaucht, weil sie im Glauben an die Dreifaltigkeit getauft werden.“ b Zuerst sollen sie mit dem Gesicht nach unten auf das Wasser und mit dem Kopf nach Osten eingetaucht werden, beim zweiten Mal mit dem Kopf nach Norden, beim dritten Mal mit dem Kopf nach Süden. j. Und beim ersten Mal muss er sagen: ‘Im Namen des Vaters’, indem er das Kind ins Wasser taucht mit dem Gesicht nach Osten, danach es ein wenig anheben und sagen: ‘und des Sohnes’ und es nach links drehen, und dann ein wenig anheben und sagen: ‘und des Heiligen Geistes’, indem er es wieder eintaucht und nun nach rechts dreht, dann in die Höhe heben und es den Paten übergeben. k. Und nun sollen es die Paten aus der Hand des Zelebranten aufnehmen. Der Zelebrant darf es nicht ins Wasser hineingleiten lassen, sondern muss es ihnen übergeben. l. „Dann wird der Täufling am Scheitel mit Chrisam gesalbt, was bedeutet, dass ihm der Heilige Geist gegeben wird. Der Heilige Geist ist zweimal gegeben worden: einmal auf der Erde, einmal im Himmel. Und der Mensch wird zweimal mit Chrisam gesalbt, einmal in der Taufe, und zwar auf dem Scheitel, danach a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 111. Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 12.

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v. Karwoche, KAP.  110

bei der Firmung vom Bischof und zwar auf der Stirn, denn der Heilige Geist wird uns zweimal gegeben:“a In der Taufe wird er zur Reinigung und Übergabe der Tugenden gegeben, in der Firmung aber zur dauernden Kräftigung. m. „Ist der Täufling mit Chrisam gesalbt, wird das ‚Chrismale’ auf sein Haupt gesetzt, eine runde Kopfbedeckung, die die Krone des Lebens (Offb 2,10) verdeutlicht, und ein weißes Gewand,“ b das zur Ähnlichkeit mit der Kappe aus ganz weißem Stoff hergestellt und in das eine rote Borte eingewebt wurde. Das Weiß kennzeichnet die Stola der Unschuld, die uns in der Taufe wiedergegeben wird. n. Beachte auch: „Das weiße Gewand soll der Täufling sieben Tage lang tragen, er soll erst nach sieben Tagen gefirmt werden wegen des siebenfachen Heiligen Geistes, der in der Taufe gegeben wird.“c o. Die rote Borte, die hineingewebt wird, ist das Sinnbild der Passion Christi, durch die das Sakrament der Taufe erfüllt wird. Ebenso stellt die rote Borte das Seil dar, das Raab vom Fenster in Jericho herabließ gemäß der Abmachung, die sie mit den Kundschaftern geschlossen hatte, die von Josua geschickt waren. Durch dieses Zeichen wurde ihr Haus und ihr Gesinde verschont (vgl. Jos 6,22-25). p. Beachte: „Die Heiden pflegten ihre Tempel bei Quellen zu errichten, sie hatten dort ständig Wasser und glaubten, sie würden durch Besprengen gereinigt. Daher nannten sie solche Quellen ‚delubrum’, gleichsam ‚Reinigungsmittel’.“ d So strebten sie auf natürliche Weise auf die Taufe zu. Wir haben jedoch die Taufe nicht aus deren Gewohnheit übernommen, sondern von dreierlei, was es im Alten Testament gab, nämlich vom Kataklysmus, also der Sintflut, vom Roten Meer und vom Jordan, die Abbild der Taufe waren. q. Beachte: Es gibt vier Arten von gesegnetem Wasser: Wasser, in dem ein Gottesurteil stattfindet, ferner das, was bei der Kirchweihe gesegnet wird, und das, womit wir uns an Sonntagen besprengen, sowie das Wasser der Taufe, mit dem die Leute beGratianus, CIC, D.3 c.119-120 de cons. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 243. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 113. d  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 4, 9. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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sprengt wurden, bevor sie das Chrisam erhalten, und an einigen Orten geschieht das noch. Doch später wurde das verboten, damit kein Törichter glaubt, er werde erneut durch Besprengen mit diesem Wasser von seinen Sünden gereinigt, während feststeht, dass keiner zweimal getauft werden kann. r. Zu beachten ist auch: Wie oben gesagt, „darf keiner als Pate genommen werden, der das ‚Gebet des Herrn’ und das ‚Credo in Deum – Ich glaube an Gott’ nicht [auswendig] kann. Diese beiden Stücke sind alle Paten gehalten, ihre Patenkinder zu lehren, denn sie sind die Bürgen für deren Glauben und müssen sie nach ihren Kräften davor bewahren, vom Glauben und der Gerechtigkeit abzuweichen,“a ja sie sind für all deren Untaten am Tag des Gerichts rechenschaftspflichtig. s. „Der Priester ist auch Vater und Pate aller derer, die er tauft, und er ist gehalten, sie zu belehren. Aber weil er sich nicht für so viele freihalten kann, übergibt er sie der Sorge der Paten. Ebenso ist der Priester geistlicher Vater aller derer, denen er das Wort des Lebens verkündet,“ b und Vater derer, deren Beichte er anhört. Daher sündigt er noch schwerer, wenn er mit einer Frau aus der Gemeinde zusammen schläft, denn sie ist seine geistliche Tochter, als wenn er mit einer Frau aus einer anderen Gemeinde zusammen schläft. t. Wenn nach der Anzahl der Paten gefragt wird, wie viele es sein sollen, um ein Kind aus der Taufe zu heben, so sagen wir: Ein Pate könnte reichen, aber weil jede Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden muss (Mt 18,16), sollten es zumindest drei sein, ein Mann und zwei Frauen, nicht mehr, damit das Band der fleischlichen Verwandtschaft nicht durch die geistliche behindert wird. u. Es gibt aber vier Gruppen von Personen, „die die Kirche nicht als Paten annehmen darf: kein Abt und keine Mönche, keine Äbtissin mit Nonnen. Diese sind die eine Gruppe. Eine weitere sind die Ungläubigen. Die dritte sind die, die noch nicht gefirmt

a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 115. Gratianus, CIC, C.30 q.3 c.1-6.

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v. Karwoche, KAP.  110

sind.“a Sie dürfen ja noch nicht wirklich als Gläubige bezeichnet werden und können folglich keine Zeugen sein. „Die vierte Gruppe sind der Mann mit seiner Ehefrau, es sei denn, sie hätten beide zuvor das Gelübde der Keuschheit geschworen. Sollten sie nämlich beide dasselbe Kind aus der Taufe heben, so würden sie geistliche Eltern werden und es wäre ihnen künftig nicht erlaubt, den Beischlaf auszuüben, weil das die Dekrete verbieten.“ b Es ist auch nicht gut, wenn sie welche aus ihrer Verwandtschaft aus der Taufe heben, denn die Liebe der Caritas soll durch die Taufe ausgedehnt werden. v. Es pflegt gefragt zu werden, ob mit gewürztem Wasser, wie es im Bier und Met oder in anderer Flüssigkeit wie im Wein oder Öl ist, zu taufen erlaubt ist? – Wir sagen: Es ist nicht erlaubt. Nur mit reinem Wasser. w. Auch ist darauf zu schauen, dass „nur am Samstag der Osternacht und am Samstag vor Pfingsten die Taufe gespendet werden darf, außer in Notfällen. Ein Notfall liegt vor: 1. bei einer Vorsorge, wenn ein König eine Stadt oder Burg belagern will, dann müssen alle Jungen des Ortes getauft werden, damit die Todesgefahr nicht Ungetaufte trifft.“c x. „Ein weiterer Fall ist Krankheit. Krankheit wird hier im weiteren Sinn verstanden als natürliche Schwäche, die leicht tödlich werden kann, sodass man weder den Tag noch die Stunde kennt (vgl. Mt 24,36), und deshalb findet oft die Taufe statt,“d nicht die feierliche, auch keine Nottaufe, d. h. eine zu passender Zeit. Ein weiterer Grund ist Verfolgung von Seiten der Ungläubigen. y. Die Griechen jedoch pflegten die Taufe an Epiphanie zu spenden, weil da der Herr getauft wurde, sie taufen so an drei Tagen. z. An den beiden Samstagen wird also getauft, weil wir beim ersten Termin Christi Leiden gedenken. Beim anderen, weil uns der Heilige Geist am Pfingstfest geschenkt wird, durch den die Verzeihung der Sünden geschah. Gratianus, CIC, D.4 c.102-104 de cons. Gratianus, CIC, C.30 q.4 c.1-6. c  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis X, 2 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 1243]. d  Gratianus, CIC, C.3 c.22 § 1; D.4 c.75 de cons. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Kapitel 111

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a. Nun kehren wir zum Thema zurück: d a s übr i g e O f f i z iu m i n der O ster na c ht . „Sobald die Taufe gespendet ist, kehrt man mit der Litanei zum Chor zurück. Nach deren Gesang beginnt die Messe ohne Introitus mit Kyrie eleison. Der Introitus entfällt deshalb, weil Christus, unser Haupt, noch nicht zurückgegeben ist. Mit dem Kyrie eleison wird deswegen begonnen, damit der alte Brauch die Messe zu beginnen dargestellt wird, der vor Papst Zölestin galt. ‚Gloria – Ehre sei Gott in der Höhe’ wird deshalb gesungen, weil sich die Engel im Himmel der in der Taufe Wiedergeborenen rühmen. Sie hatten zuvor diesen Hymnus an Christi Geburt gesungen.“a b. Die Epistel aus Paulus soll im gewöhnlichen Ton rezitiert werden, denn er kennzeichnet die Lehre der Apostel, die den nun Getauften verkündet werden soll. Die Lesungen zuvor werden im Ton der Nokturn verkündet, denn sie kennzeichnen die Propheten. „Ein Graduale wird nicht gesungen, denn die Neugetauften haben noch keinen Grad der Tugend mit ihren Werken erklommen. Das Halleluja, das ein Gesang der Engel ist, wird deshalb gesungen, weil die Engel sich der aus der Knechtschaft des Teufels geretteten und zum Glauben bekehrten Täuflinge rühmen. Doch weil man sich noch um sie bemühen muss, solange sie in diesem Leben sind,“ b folgt ein Traktus, nämlich Laudate Dóminum – Lobet den Herrn (Ps 117), der die Mühen kennzeichnet. Das Offertorium entfällt, um dadurch darzustellen, dass die Frauen schweigend und insgeheim zum Grab kamen. Die drei Marien standen schweigend dem Grab gegenüber. c. Bei dieser Messe dürfen wir keinen Friedenskuss geben, weil Christus noch nicht auferstanden ist, Er, der unser Friede ist. Doch ‚Agnus Dei – Lamm Gottes’ wird dreimal gesungen, mit ‚miserere nobis – erbarme Dich unser’. Dass dieses nun jedoch

a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 118. Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 135.

208

v. Karwoche, KAP.  111-112

[in der Melodie] von Ostern gesungen wird, geschieht wegen der Wiedergeborenen, d. h. der Täuflinge. d. Auch die Communio wird nicht gesungen, weil die Neugetauften noch nicht die Kommunion empfangen haben. Denn sie sollen am Ostertag kommunizieren. e. Sobald die Kommunion ausgeteilt ist, wird unmittelbar vor dem Schlussgebet die Vesper gesungen, mit einem Psalm von zwei Versen, d. h. Laudate Dóminum – Lobet den Herrn alle Völker (Ps 117,1-2). Und mit dem Hymnus Magníficat – Meine Seele preist (Lk 1,46) und beide werden ohne ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater’ gebetet. Es wird deswegen eine so kurze Vesper gesungen, damit nicht etwa die Neugetauften, die noch nicht daran gewöhnt sind, das Offizium anzuhören, überanstrengt werden. ‚Glória Patri – Ehre sei dem Vater’ wird deshalb nicht gesungen, weil Christus noch nicht auferstanden ist. Auch wird die Vesper vor dem Schlussgebet der Messe gesungen, damit es dem Volk nicht so scheint, es habe die Erlaubnis wegzugehen und es sei nichts mehr zu erwarten. Oder es wird das Offizium deswegen nur mit einer einzigen Oration beendet, weil das Sakrament der Taufe mit Christi Passion vollständig vollbracht ist.

Kapitel 112 a. Es wurde von den beiden Zeitaltern gesprochen, der Z eit de s R üc k r u f s und der Zeit der Abwendung. Nun folgt die Zeit der Rückkehr, nicht nach der Ordnung der Zeitalter, sondern nach dem Ablauf der Liturgie. b. Diese Zeit aber, d. h. die Osterzeit, wird Zeit der Rückkehr genannt, weil sie die Zeit darstellt, die nach dem Tag des Gerichts sein wird, wenn wir nach Gottes Gnade zur Heimat des Lebens zurückkehren, die wir durch Adam verloren hatten. c. Beachte: Die erste Woche dieser Zeit ist gemeinsam mit dieser und der vergangenen Zeit. Sie gehört nämlich ganz zur Septuagesima, wie oben gesagt wurde. So kommt es, dass in der Osternacht ein Traktus und in der ganzen Woche danach das Graduale gesungen wird, was die Mühen bezeichnet. Diese werden im Hinblick auf die Septuagesima gesungen. Das Halleluja und die übrigen Gesän-

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

ge der Freude aber werden wegen der Zeit der Rückkehr gesungen. d. „Die Osterwoche wird nach Pascha genannt, d. h. dem ersten Tag dieser Zeit, die so heißt: ‚Pascha, -chae’ und ‚pascha, -chatis’.“a e. Beachte: Es finden sich nur drei griechische Wörter, die Neutrum und von der 1. Deklination sind: pascha, manna, mammon.

vi. Die Osterzeit Kapitel 113 211

a. Da wir die L it u r g ie d ie s er Z eit behandeln, wollen wir mit dem ersten Tag beginnen. Zuerst wollen wir daher seinen Namen, den Grund seines Namens und dann seine Liturgie betrachten. b. „Dieser Tag heißt ‚Pascha’ oder Auferstehung des Herrn. Nun zur Begründung des Namens: ‚Pascha’ ist ein griechisches Wort und bedeutet dasselbe wie lateinisch ‚tránsitus’ – ‚Übergang’ oder hebräisch ‚phase’. Wir nennen aber den Tag mit dem griechischen Namen, nicht mit dem hebräischen, obgleich Hebräisch eine würdigere Sprache ist,“ b gleichsam die Mutter, sodass wir die Juden nicht nur mit anderen Dingen, sondern auch im Begriff nicht nachahmen. Aus diesem Grund sind Ostern und Pfingsten, die sie feiern, in unseren Kalendern nicht bei einem bestimmten Tag eingetragen, und wir feiern sie niemals am selben Tag wie sie, damit wir sie nicht nachahmen. Und wir ahmen darum auch einige Häretiker nicht nach, die sagten, das Evangelium reiche ohne bestimmte Zeremonien nicht aus zum Heil. c. Ebenso benennen wir diesen Tag mit dem griechischen Namen und nicht mit dem lateinischen, weil die griechische Sprache seit alter Zeit von solchem Ansehen in Italien war, dass die Hochfeste und Würden mit griechischen Namen bezeichnet wurden wie Pascha, Pentekoste, Hypapanti,c Epiphania; Würden wie Apostel, Bischof, Erzbischof. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 147. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 124. c  Ostkirchliche Bezeichnung der „Darstellung im Tempel“. a 

b 

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v. KARWOCHE, KAP. 112 – vi. Osterzeit, KAP.  113

d. „Vielleicht kann man auch mit Augustinus sagen, der Begriff ‚pascha’ hänge auf göttliche Ordnung hin mit dem griechischen Wort ‚paschin’ zusammen, was wie lateinisch ‚tránsitus – Übergang’ lautet. Die beiden Wörter ‚paschin’ und ‚phase’ passen ja gut zusammen im Wort Pascha’,“a sowohl nach der Bedeutung wie nach dem Klang; nach der Bedeutung, weil in der Passion Christi ein Übergang stattfand, weswegen Er aus dem Wort zu Recht das Verständnis der beiden Begriffe hat, und das lateinische hat es in sich, weil es seine Bedeutung hat. e. ‚Pascha’ aber heißt die Zeit der Auferstehung und die Osterzeit, also vom Palmsonntag bis zum Oktavtag von Ostern, auch wird der Palmsonntag ‚kleines Pascha’ genannt, weil darin das Lamm eingeschlossen wurde, das am [Kar-]Freitag geopfert werden sollte. Im eigentlichen Sinn jedoch nannte man Pascha den Tag, an dem das Lamm geopfert wurde. f. Jetzt ist über den Grund für den Namen zu sprechen. ‚Pascha’ heißt er nach der Historie, der Allegorie, der Tropologie und Anagogé. Nach der Historie, weil das Volk Israel, als es zum ersten Mal Pascha feierte, das Rote Meer durchzog. Es ging weg aus Ägypten, und der Todesengel zog durch Ägypten und tötete die Erstgeburt Ägyptens in jenen Häusern, an deren Pfosten er nicht das mit dem Blut des Lammes aufgemalte Zeichen des Buchstaben ‚T’ fand.b g. Allegorisch, weil die Kirche in dieser Zeit durch die Taufe den Übergang vom Unglauben zum Glauben vollzog. ‚Allegorie’ sagt ja, etwas durch ein anderes Wort ausdrücken, wenn durch ein fremdes Wort eine fremde Sache beschrieben wird. h. Tropologie, weil wir in dieser Zeit durch das Bekenntnis der Beichte übergehen aus den Lastern in die Tugenden. ‚Tropologie’ heißt ja Umkehr zu den Sitten. i. Anagogé aber, weil Christus jetzt aus der Sterblichkeit in die Unsterblichkeit übergegangen ist und Er, der schon auferstanden ist, in letzter und allgemeiner Auferstehung uns aus dem Elend dieser Welt in die ewige Seligkeit übergehen lassen wird. Ebenso a  b 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 147. Siehe oben S. 180 Anm. a.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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sind diejenigen, die im Inferno waren, aus dem Inferno zur Pforte des Paradieses übergegangen. ‚Anagogé’ heißt ‚ana’ ‚aufwärts’ und ‚goge’ ‚Führung’, gleichsam ‚Aufwärtsführung’, denn wir werden nach Gottes Willen aus der Sterblichkeit in die Unsterblichkeit übergehen. k. Ebenfalls findet man in dem Wort ‚Jerusalem’ diese vier: Historie wie bei jener Stadt, zu der die Pilger wandern, Allegorie wie die streitende Kirche, Tropologie wie jede gläubige Seele, Anagogé wie das himmlische Jerusalem. Den Übergang Christi verstehe anagogisch, nicht allegorisch in Vorgenanntem, d. h. in Ostern und dem Übrigen. l. Über die Liturgie dieser ersten Woche sagen wir allgemein, dass in der Nacht in den Nokturnen nur drei Psalmen mit drei Antiphonen, drei Lesungen und drei Responsorien vorgetragen und Homilien nur gelesen werden. Und in einigen Kirchen wird zu jedem Responsorium das ‚Gloria Patri – Ehre sei dem Vater’ gesungen, in anderen nur einmal. m. Nach dem Gesang des letzten Responsoriums geht man in einigen Kirchen auch mit Kerzen und in feierlicher Prozession vom Chor zu einem Ort, wo ein anschauliches (imaginárium) Grab eingerichtet wird. Und dort werden Personen in der Rolle der Frauen und Jünger dargestellt, nämlich Johannes und Petrus, die zum Grab des Herrn kamen, und einige andere Personen in der Rolle der Engel, die sagten, Christus sei auferstanden. Und einer kehrt schneller als der andere zurück, wie Johannes, der schneller war als Petrus (Joh 20,4). Dann kehren die Personen zum Chor zurück und berichten, was sie gesehen und gehört hatten. Sobald der Chor von Christi Auferstehung gehört hat, bricht er in Jubel aus und singt laut: ‚Te Deum – Großer Gott, wir loben Dich’. n. Zur Prim sprechen einige die ganze Woche über den Psalm Danket dem Herrn (Ps 118,1), weil dieser Psalm besonders von Christi Auferstehung handelt. „‚Quicunque vult – Wer da selig werden will’a wird die ganze Zeit über nicht gesungen, denn es betrifft den Glauben.“ b Diese Zeit aber kennzeichnet das 8. Zeitalter, a  b 

Symbolum des Athanasius. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 128.

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vi. Osterzeit, KAP.  113-114

in dem es keinen Glauben mehr gibt, sondern die Tatsache selbst. Da gibt es kein Abbild, sondern die Wirklichkeit. Anders aber ist der Brauch einiger Kirchen, wie in Paris. o. Beachte auch: Diese Feierlichkeit ist so groß, dass sie in Antonomasie ‚Fest der Feste’ heißt. Daher findet eine Wechselwirkung auf alle Sonntage statt, d. h. alle Sonntage sind Oktavtage dieses Festtages. p. Es heißt auch ‚Fest der Feste’, weil an diesem Tag alle Kleriker gemeinsam zur Kommunion gehen, die sonst an den einzelnen Tagen zur Kommunion gehen. Aber dies ist eingeschränkt auf die drei Hochfeste und besonders auf das Fest, an dem alle Laien zur Kommunion gehen. Daher ‚In condensis – Schließt euch zusammen, d. h. im Gedränge der Leute bis zu den Hörnern des Altars (Ps 118,27), d. h. bis zum Kommunionempfang. q. Zu beachten ist auch: ‚Ich glaube an den einen Gott’ wird, obgleich es ein Bekenntnis des Glaubens ist, doch in der Messe gesungen, aber das geschieht für die Neugetauften zur Unterrichtung in den Glaubensartikeln. Wegen der Sinnhaftigkeit aber wird das kleinere Symboluma zur Prim unterdrückt, denn wenn das Vollendete kommt, vergeht das Stückwerk (1 Kor 13,10).

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Kapitel 114 a. Bevor wir danach zum Folgenden übergehen, ist es nach einigen angemessen, was hier z u b e a c hten i st , d. h. der Schmuck des Tempels, die Versöhnung mit dem Nächsten, die Art des Grußes, die Verehrung dieser Zeit, der Tisch des Leibes, die ,DezemberFreiheit’. b. Der Tempel ist etwas Materielles, was aus Holz und Steinen errichtet wird, etwas anderes ist der geistliche Tempel. Und das sind wir. Beides ist in dieser Zeit zu säubern, beides zu schmücken. Denn wir müssen uns jetzt baden, nicht zum Vergnügen, sondern der Bedeutung wegen, damit wir verstehen, dass durch das äußere Abwaschen des Körpers die innere Reinigung in der Seele geschehen muss. c. Wir müssen den Bart scheren und den Schädel, d. h. den Tonsur-Kranz, und die Haare schneiden. Die a 

Das Apostolische Glaubensbekenntnis.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Rasur der Barthaare, die aus überflüssiger Feuchtigkeit des Magens herrühren wie die Nägel aus überflüssiger Feuchtigkeit des Herzens, bedeutet, dass wir die Laster und Sünden, die überflüssig in uns stecken, beschneiden müssen. Wir müssen die Haare über den Ohren zurückschneiden, damit wir die fünf Sinne des Kopfes frei haben für den Gottesdienst. Wir rasieren den Schädel, damit wir zeigen, dass nichts zwischen uns und Gott sein darf. d. Nun müssen wir reine und festliche Gewänder anziehen, besonders weiße Kleidung, und die schwarze und büßerische ablegen, denn diese Zeit kennzeichnet die zweite Auferstehung, wenn wir uns bekleiden werden mit der Stola der Gerechtigkeit an der Seele, oder wegen der Wiedergeborenen, die jetzt mit weißen Gewändern bekleidet werden, oder wegen der Engel, die bei der Auferstehung des Herrn in weißen Gewändern erschienen sind.

Kapitel 115 216

a. Über die Reinigung des materiellen Temp e l s wurde oben gesprochen. Jetzt wollen wir über dessen S c h muc k sprechen. Den gibt es dreifach: zur Verzierung der Wände, des Chorraums und des Altars. b. „An den Wänden sind Gardinen, Teppiche und Behänge aus Seide aufzuhängen. Im Chorraum sind Rückenschützer (dorsália), Teppiche (tapetae) und Bankhüllen (bancália) auszulegen.“a c. Das Velum, das das Kreuz verhüllte, muss weggenommen und dahinter das Pállium gesetzt werden, denn was zuvor verhüllt war, nämlich vor Christi Leiden, wird jetzt offenbar.

Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis II, 23 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 329]. a 

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vi. Osterzeit, KAP.  114-115

B d. Gewisse Leinentücher heißen die Tücher, die allenthalben im Chorraum hängen. Bodenhüllen heißen die Tücher, auf die die Füße gestellt werden. Sie heißen gleichsam Fußdecker. Daher werden sie den Füßen der Bischöfe, die mit ihren Füßen auf weltlichen Straßen gehen müssen, untergelegt. So kommt es, dass dem Herrn Papst jede Gabe in Gold, in Silber oder in einer anderen Sache vor die Füße gelegt wird, außer einer Brotspende. Die Bankhüllen sind Tücher, die immer auf Sitze im Chorraum gelegt werden. e. „An einigen Orten wird das Kreuz hoch aufgerichtet, dazu Standarten, durch die Christi Sieg dargestellt wird. Auch die Altäre werden mit Ornamenten geschmückt wie mit in Reihe aufgestellten Kreuzen, Kapseln, Evangelien und Reliquiaren.“a f. Beachte auch: ,Phylacterium’ ist etwas anderes als eine ‚philactéria’. ‚Phylactérium’ ist ein Gebetsriemen, auf dem die Zehn Gebote des Gesetzes aufgeschrieben werden, solche Riemen pflegten die Pharisäer vor sich zu tragen, d. h. sie hingen über ihren Augen als Zeichen ihrer Frömmigkeit. Daher im Evangelium: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang (Mt 23,5). Und dieser Gebetsriemen heißt so von ‚philaxen’ ‚bewahren’“ b und ‚thoral’ ‚Gesetz’. g. ‚Phylactéria, -riae’ ist ein Gefäß aus Silber, Gold oder Kristall, in dem die Asche von Heiligen oder sonstige Reliquien aufbewahrt sind, was gegen Elvidius bestimmt wurde, der die Gläubigen ‚Aschenleute’ (cinirícii) A d. Bankhüllen heißen die Tücher, die bis zu den Füßen ausgespannt werden, Rückenschützer, die überall herunter hängen. die Bodenhüllen heißen Teppiche wegen der Füße, die auf sie gestellt werden, darum werden sie immer vor den Bischöfen ausgebreitet, denn ihre Füße müssen auf den weltlichen Straßen gehen. Daher kommt es auch, dass dem Herrn Papst, wenn er eine Gabe in Gold, Silber oder an derer Kostbarkeit erhält, ihm diese stets vor die Füße gelegt wird.

a  b 

Ps.-Hugo de S. Victore, Speculum de mysteriis ecclesiae c. 1. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 133 add. 1.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nannte, die die Asche der Heiligen aufbewahrten.a Gegen dessen Spott wurde in der Kirche festgesetzt, dass solche so ehrenvoll und als kostbare Gefäße gleichsam wie die Zehn Gebote des Gesetzes bewahrt werden sollen. Und der Begriff ‚Phylactéria, -riae’ ist zusammengesetzt aus ‚philaxen’ ‚bewahren’ und ‚stérion’ ‚Ausdehnung’, denn etwas von den Extremitäten der Heiligen wie ein Zahn, ein Finger oder etwas dergleichen wird darin aufbewahrt. h. Es gibt drei Gründe, warum an Hochfesten der Schatz der Kirche offen herumgeführt und ausgestellt wird: wegen der Überlegung der Sorgfalt, damit deutlich wird, wie umsichtig der bei der Bewahrung vorgeht, der ihn zu bewahren hat, wegen der Feierlichkeiten der Verehrung und wegen des Andenkens an die Übergabe, dass er nämlich zum Andenken an diejenigen ausgestellt wird, die es zuvor der Kirche übergeben haben. i. Vor dem Altar muss ein schönes Tuch ausgespannt werden, das Pallium oder etwas derartiges, ein Gemälde oder eine goldene Darstellung, wenn man sie haben kann. In einigen großen Kirchen werden vor diesem Schmuck Tücher in drei Farben gelegt, eines rot, das zweite gedeckt weiß, das dritte schwarz. Diese stellen die drei Zeiten dar. An Ostern wird nach dem Ende der ersten Lesung und des Responsoriums das schwarze Tuch, das die Zeit vor dem Gesetz darstellt, weggenommen. Wenn die zweite Lesung und das Responsorium beendet sind, wird das gedeckt weiße weggenommen, das die Zeit unter dem Gesetz darstellt. Ist die dritte Lesung beendet, wird das dritte Tuch weggenommen, das die Zeit der Gnade darstellt, in der uns durch Christi Passion der Weg zum Allerheiligsten, d. h. zur ewigen Herrlichkeit offen steht.

Kapitel 116 a. Es folgt nun die Ver s öh nu n g m it dem Nä c h sten . Weil wir an diesem Tag zur Kommunion gehen sollen, müssen wir uns zuvor, wenn wir mit jemandem uneins sind, mit ihm versöhnen, denn sonst würden wir uns das Gericht zuziehen, was sogar vom a 

Es wurde dafür kein Beleg gefunden.

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vi. Osterzeit, KAP.  115-117

Kleinsten mit jenem Wort aus dem Evangelium bewiesen werden kann: Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst (Mt 5,23) usw. b. So kommt es, dass der Zelebrant an den Sonntagen, nachdem er eine Predigt an das Volk gerichtet hat, ihm das ‚Gebet des Herrn’ und das ‚Credo’ in der Muttersprache erklären muss. Daher rührt auch, dass er in der Messe das ‚Gebet des Herrn’ mit lauter Stimme vorträgt, damit es alle auswendig lernen können. c. In dieser Osterwoche muss wie folgt gegrüßt werden – doch jetzt hat sich der Brauch geändert –: ‚Der Herr ist auferstanden!’, und der so Gegrüßte muss antworten: ‚Dank sei Gott!’ Und dann sollen sich die beiden gegenseitig einen Kuss geben als Zeichen der Liebe und Zuneigung.

Kapitel 117 a. Nun ist etwas zur Vere h r u n g d ie s er Z eit zu sagen. Diese Zeit ist so sehr zu verehren, dass alle „Werkstätten, Arbeitshäuser und Werkstuben für Frauen und Männer“a geschlossen bleiben müssen und keine Kaufläden geöffnet bleiben außer jenen, ohne die keine Mahlzeit durchgeführt werden könnte. b. Auch die ‚Lautómien’, d. h. die Gefängnisse und alle Sorten von Kerkern und alle Arten von Strafanstalten müssen gelindert und die Gefangenen für diese ganze Osterwoche der freien Luft zurückgegeben werden, damit sie mit uns an unserer Freude teilhaben können. c. Das Lautómium ist eigentlich der Ort, an dem Vögel gemästet werden, damit sie fetter werden, und das Wort wird auch als Gefängnis verstanden. ‚Lautómium’ kommt von ‚laos’ ‚Stein’, und ‚tomos’ ‚spalten’. d. Wir müssen auch alle Knechte und Mägde und alle, die uns zu Dienst verpflichtet sind, zu dieser Zeit von ihrer Verpflichtung befreien, ebenso die Hirten, seien sie nun für das Futter zuständig, d. h. das für Pferde, Kühe, Schweine, Zugvieh, für die Herden von Schafen und Ziegen, sodass sie alle zum Hören des Gottesdienstes unbehindert zusammenkommen und die Kommunion empfangen können. Daher kommt es auch, dass an diesem Tag die a 

Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 6, 1-2.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Weiden für alle gemeinsam sind. Schulden dürfen von Gläubigern nicht eingefordert werden. e. In der Osterwoche sind drei Tage besonders festlich, denn sie haben ein eigenes Offizium. Die anderen aber sind nicht so, an denen haben nur die Frauen vom Spinnen frei. Die Männer aber haben nicht frei von ihrer Arbeit, denn ohne Kleidung können die Menschen leben, aber niemals ohne Nahrung.

Kapitel 118

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a. Es folgt der Ti s c h de s L eib e s . Nichts dürfen wir heute essen, was nicht von einem Priester gesegnet wird. Daher ist es noch heute Sitte in einigen Gegenden, dass man in einem großen Gefäß alle Lebensmittel, die man heute essen will, zur Kirche trägt, wo sie vom Priester mit Kreuzzeichen und Weihwasser gesegnet werden. Danach nimmt sich der Priester etwas von allem heraus für seine Tätigkeit. Und keiner sollte jemals etwas essen oder trinken, was dieser nicht zuvor gesegnet hätte. b. Der hl. Hieronymus berichtet daher in seinem Buch, das ‚Lebensbeschreibungen der Väter’ heißt: eine Ordensfrau habe an einem Tag, während sie durch ihren Garten ging, Salat ohne Segnung gegessen, und sofort habe sie der Teufel, der sich auf sie gesetzt hatte, geschlagen und sehr gequält. c. „Jedermann muss aber dreierlei an diesem Tag in besonderer Weise befolgen: Barmherzigkeit, Freigebigkeit und Nüchternheit. Barmherzigkeit, weil er Arme und Fahrende aufnehmen, Werke der Barmherzigkeit an ihnen erfüllen und denen etwas zukommen lassen soll, die nicht vorgesorgt haben; dies wurde im Gesetz befohlen.“a Freigebigkeit ist zu üben, weil man Nachbarn und Freunden etwas zukommen lassen muss, wenn man selbst mehr als genug hat. Nüchternheit ist zu bewahren, weil man an diesem Tag besonders nüchtern essen muss. Man muss für sich sparsam sein, aber für andere freigebig.

a 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 868D.

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vi. Osterzeit, KAP.  117-119

Kapitel 119 a. Nun müssen wir über den k lei nen I mbi s s sprechen, der dann, wenn man zur Kommunion gegangen ist, vor dem großen Essen an Ostern genommen werden soll. In einigen Kirchen ist festgesetzt und überall in der Welt soll eingehalten werden, dass man in der Kirche Brot und Wein erhalten soll. Wenn die Leute kommuniziert haben, soll jedem sofort, bevor er nach Hause geht, ein Bissen Brot und etwas Wein gegeben werden, damit nichts vom Sakrament im Mund bleibt und etwa beim Spucken weggespuckt wird, was geschehen kann, wenn man nicht sofort etwas isst. b. Diese empfehlenswerte Sitte scheint aus einer Einrichtung des hl. Benedikt genommen zu sein. Jener hochheilige Mann hat dies nämlich eingeführt, aus dem Grund, damit diejenigen, die andere Brüder beim Mahl nach der Kommunion bedienen, zuvor etwas zu sich nehmen. Daher heißt der Imbiss ‚mista’.a c. An allen Tagen nämlich müssen Ordensleute zur Kommunion gehen und zumindest Obst und etwas dergleichen essen, was die Übelkeit unterdrückt. d. Aus dieser Erwägung heraus hat die Kirche bestimmt, dass die Messen entsprechend der Qualität des Tages zu drei bestimmten Stunden zelebriert werden: in der 3. Stunde an Festtagen, in der 6. an festfreien Tagen, in der 9. an Fasttagen, sodass man „nach Beendigung der Messe und eingenommener Kommunion sofort zum Frühstück kommen kann, und diejenigen, die kommuniziert haben, nicht in die genannte Schwierigkeit geraten. Von diesen drei Stunden habe ich gesprochen, weil es nach deren Zelebration erlaubt ist, je nach der Qualität des Tages zu essen, nicht jedoch früher.“b e. Beachte: „Nach der Kommunion dürfen weder Laien noch Priester an solchen Orten spucken, wo die Spucke mit Füßen getreten werden könnte, also auf dem Abort. Auch an einer unBenedicti abbatis Regula monachorum 38, 10 [Übers. P. Bihlmeyer, Die Regel des hl. Benedikt (BKV2, I, 20), S. 62]. – ‘Mista’ = ‘mixtum’ ‘Vermischtes’. b  Gratianus, CIC, D.1 c.50 de cons. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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sauberen Stelle darf man nicht spucken.“a f. Wenn es aber sich ergeben sollte, dass an diesem oder einem anderen Tag etwas vom Sakrament aus dem Kelch fällt, dann muss es, falls es vom Leib ist, verzehrt werden, und wenn etwas vom Blut auf ein Tuch fällt, muss es soweit möglich herausgesaugt werden. Ansonsten darf das Tuch nur in einem Wasserteich gewaschen werden. Wenn etwas auf einen Stein oder auf Holz fällt, muss es abgekratzt und verbrannt und die Asche unter dem Altar geborgen werden. Dasselbe ist zu befolgen bei einem Erbrechen. g. Beachte auch: In zwei Fällen wird etwas gewaschen: aus Verehrung des Sakraments, wie der Zelebrant seine Hände wäscht, wenn er die heiligen Gestalten berührt hat, und wegen der Verunreinigung, damit etwas, was unrein ist, rein gemacht wird. h. Es wird gefragt: Wie soll der Kanon gesprochen werden: langsam oder schnell? – Ich antworte: Die Wörter müssen schnell ausgesprochen werden, doch verständlich. – Und warum schnell? – Damit keine Fliegen kommen und die Süßigkeit des Öls wegnehmen (Koh 10,1). Dies findet man im Alten Testament in Exodus: Es heißt nämlich dort: Tut es hastig (Ex 12,11), und es ist gesagt von der Opferung des Lammes. i. „Ferner ist zu beachten: Den Bewohnern des Poitou wurde in einem Konzil befohlen, keiner dürfe je ohne Kerzenlicht die Kommunion durchführen oder die Messe zelebrieren.“ b

Kapitel 120 a. Von dem letzten Kapitel bleibt noch über die s o g . D e z emb er-Frei heit zu sprechen. Sie wird in dieser [Oster-]Zeit an einigen Orten begangen. Es gibt ja einige Kirchen, bei denen in Klöstern sogar Bischöfe und Erzbischöfe zusammen mit ihren Geistlichen spielen, sodass sie sich auch zum Spiel mit dem Ball herablassen. Diese Dezember-Freiheit heißt auch deswegen so, weil einst bei den Heiden die Gewohnheit bestand, dass in diesem Vgl. Amalarius Metensis, Epistolae ad Guntardum 1, 9. Bernoldus, Micrologus 11. Dort allerdings auf den ,Romanus ordo’ zurückgeführt. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 118. a 

b 

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vi. Osterzeit, KAP.  119-120

Monat die Hirten, Knechte und Mägde mit einer Art Freiheit beschenkt wurden und nach eingesammelter Ernte gemeinsam Feste feierten. Obgleich große Kirchen wie die von Reims diesen Brauc h des Spielens beibehalten, so scheint es doch löblicher zu sein, dieses Spielen zu unterlassen. b. Ferner ist auch zu beachten: Warum in einigen Gegenden die Frauen am zweiten Tag nach Ostern ihre Ehemänner züchtigen und die Männer sie am dritten Tag, wie es im Dezember den Knechten erlaubt war, sich bei ihren Herren ungestraft zu beschweren. Das aber machen sie, um kund zu tun, dass sie sich gegenseitig zurechtweisen sollen. In jener Zeit darf auch keiner vom anderen die eheliche Pflicht einfordern. Papst Juliana hat ja in einem Dekret bestimmt, dass „Mann und Frau, wenn sie zur Kommunion gehen sollen, sich drei Tage vor der Kommunion und dann nach der Kommunion die folgenden drei Tage vom Beischlaf freihalten sollen – zumindest also fünf oder sieben Tage“ b wegen der sieben Gaben des Heiligen Geistes. c. „Dieses Dekret ist genommen aus dem Buch der Könige an der Stelle, wo es heißt: David sei vor dem Angesicht Sauls geflohen und in die Stadt Nob zu dem Priester Ahimelech gekommen und habe etwas Brot erbeten, was der aber nicht zur Hand hatte, nur heiliges Brot, das aber nur Priester essen durften, auch nur reine Männer. Als David ihn bat, er möge ihm dieses geben, sagte der: Sind deine Leute rein? David darauf: Wenn du nach den Frauen fragst, wir haben uns schon gestern und vorgestern von ihnen ferngehalten (vgl. Sam 21,1-5). d. „Eine andere Lesart: Sind deine Leute hauptsächlich von Frauen rein, dann mögen sie essen – gleichsam als ob er sagen wollte: ,Not kennt kein Gebot.c – Wenn sie jedoch wegen Beischlafs unrein sind, gebe ich ihnen auch in der Notlage nichts.’ Und David sagte: Wir haben uns schon gestern und vorgestern von ihnen ferngehalten. Es waren also die Leute reine Gefäße, d. h. ihre Leiber, in denen Seelen stecken, oder die Jungen selbst, jedoch der Weg war unrein, doch heute wird er geheiligt an dem Julius I., Papst 337-352. Gratianus, CIC, D.2 c.21 de cons. c  Amalarius Metensis, Liber officialis II, 367. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Gefäß (ebd.), gleichsam als ob er sagte: ‚Wir haben vielleicht auf dem Weg uns etwas Unreines zugezogen, doch die Reinheit der Leiber reicht hin sie zu reinigen.’“a e. Ich sage jedoch nicht, wenn „der Ehemann von seiner Frau die eheliche Pflicht fordert, dass sie ihm diese nicht erfüllen soll, sondern sie muss ihn ermahnen, sie nicht zu fordern. Wenn er aber auf der Erfüllung besteht, mag sie einwilligen,“ b damit sie den Fordernden nicht noch schlimmer sündigen lässt – was von einigen erzählt wird, es habe sich jüngst in Deutschland zugetragen. f. Ein Mann und seine Frau, beide hochadelig, hatten die ganze Quadragesima getrennt gelegen und sich des Beischlafs enthalten. Da geschah es, dass die Frau in der Osternacht, als beide aufstanden, um zur Mette zu gehen, die Frau von ihrem Mann die eheliche Pflicht einforderte. Der Mann wies sie umsichtig zurecht, doch sie beharrte auf ihrer Forderung. Da versprach er zu tun, was sie verlangte, sobald er zurückgekehrt sei, und ging. Jene aber blieb wie rasend zuhause und ging zum jüngeren Bruder ihres Gatten, der im selben Haus in seinem Bett schlief. Den weckte sie und gab vor, sie hätte ihn schon seit langer Zeit liebgewonnen und bat ihn, sich ihr hinzugeben. Der aber schreckte vor solchem Vergehen zurück, denn er sei der Bruder ihres Gatten und außerdem sei es wegen der heiligen Zeit, dass sie etwas Schamloses erbat. Ja, er lehnte es ab solches zu tun und schlief wieder ein. Sie aber entbrannte daraufhin umso leidenschaftlicher, weil sie verschmäht worden war. Mit einem Schwert hieb sie dem schlafenden jungen Mann das Haupt ab. Als ihr Mann zurückkehrte, eröffnete sie ihm alles, was sie getan hatte, und sagte: ,Das hast du alles gemacht, denn du hast mich gezwungen, das zu tun.’ Daraufhin taten beide eine große Buße. Und nicht einmal deshalb wurden sie geschieden. g. Beachte: Der Mann hat über seine Frau in allem die Verfügung, ausgenommen den Schambereich, über den beide gleichermaßen Verfügung haben. Daher heißt es: Der Mann hat keine Verfügung über seinen Leib, sondern die Frau, und seine Frau nicht über ihren Leib, sondern ihr Mann (1 Kor 7,4). ‚Leib’ das ist der a  b 

Vgl. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In librum I Reg. 20. Gratianus, CIC, D.33 c.5.

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vi. Osterzeit, KAP.  120

Schambereich. So legt es der hl. Augustinus aus.a h. „Daher haben auch die Priester keine Ehefrauen. Wenn sie solche hätten, müssten sie immer ihre eheliche Pflicht erfüllen, wenn dies von ihnen gefordert wird. Sie wären gehalten, diese zu erfüllen, und könnten dann die folgenden drei Tage nicht am Altar Gottesdienst feiern.“ b i. Wissen muss man, dass „an den drei auf Ostern folgenden Tagen zu feiern ist, doch am vierten Tag ist es den Männern erlaubt, Arbeiten auf dem Acker zu verrichten. Die Frauen müssen weiter ohne ihre Tätigkeit zu spinnen verbleiben, denn die Landarbeit ist nötiger als jene.“c Daher sagt Gregor: ‚Es ist besser am Sonntag zu graben und zu pflügen als Tänze zu veranstalten.’ d k. Daher kommt es, dass die einzelnen Tage ihre jeweiligen Offizien und eigene Responsorien haben, andere aber nicht, sondern in Form von Anpassungen. l. ‚Responsorien’ heißen so, weil sie auf die Lesungen antworten sollen, falls die Lesungen aus der Apostelgeschichte stammen, und bei anderen ähnlich. m. In dieser Woche aber ist nichts aus dem Alten Testament vorzulesen, sondern jeder Tag hat sein Offizium, es wird nicht [das Symbolum] ‚Quicunque vult – Wer da selig werden will’ gesungen, denn diese Zeit stellt die künftige Zeit nach der Auferstehung dar, wenn nämlich aller Glaube und alle Hoffnung verschwunden sind. Es wird auch jener Versikel nach dem Offizium gesprochen: Herr, Du hast mich erforscht (Ps 139,1), und einige lassen aus: Ob ich sitze (ebd. 138,2), doch man kann beides sagen. Dadurch wird Christi zweifache Geburt bezeichnet. Gesungen aber wird eine abgekürzte Prim, denn die erste ist vollständig, sie geschieht mit Litanei und Fürbitten, eine andere weniger vollständig, die nur mit Fürbitten gebetet wird. Sie ist aber die abgekürzte, die heute ohne Fürbitten gebetet wird. n. Für diejenigen, die zur Kommunion gehen wollen, ist große Umsicht angebracht. Der Priester muss nämlich zuvor von den Kommunikanten die Beichte hören, und wenn einer Hass auf seinen Bruder hat, ist er zunächst abzumahnen, nicht zur KommuAurelius Augustinus, De nuptiis et concupiscentia I, 14. Gratianus, CIC, D.28. c  Gratianus, CIC, D.3 c.1-2 de cons. d  Gregorius Magnus, Registrum epistularum XIII, 2. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nion zu gehen, bis er sich mit seinem Bruder versöhnt hat. Doch wenn der sich mit anderem ohne Einsicht verhält, ist sie ihm nicht zu verweigern. Man darf auch nicht, wie es einige tun, zwei Arten von Hostien haben, geweihte und nicht geweihte, sodass einer, wenn er Hass auf den Bruder hat oder ein Verbrechen begangen hat, etwa eine nicht geweihte Hostie bekommt. Es ist klar, dass der sündigt, wer andere täuscht. „Die freiwillig nehmen, machen sich schuldig, denn sie glauben, sie dürften den wahren Leib zu sich nehmen, und haben keine Bedenken, Ihn unwürdig zu empfangen. Die Zelebranten sollen aber lediglich gesegnetes Brot haben, damit die mit jenem Brot an der Kommunion teilnehmen können, die so dazu herantreten.“a o. Auf vierfache Weise kommuniziert man in der Kirche: indem man den Leib des Herrn einnimmt, den Friedenskuss gibt, den Segen entgegennimmt oder beim Ende der Messe, wenn gesagt wird: ‚Demütigt euch zum Segen’. Dies wurde eingerichtet, damit, wenn einer nicht auf die eine Weise kommuniziert, er es wenigstens auf die andere tut. In der Urkirche war nämlich befohlen, jeden Tag den Leib des Herrn zu empfangen. Später aber, als die Zahl der Gläubigen wuchs, nur an allen Sonntagen. „Daher ist in Griechenland noch unter Kirchenbann gesetzt, wer an drei Sonntagen nicht die Kommunion empfängt. Wir sind jetzt aber dazu nur an drei Festtagen gehalten, nämlich an Ostern, Pfingsten und Weihnachten.“ b p. „Dieser Tag heißt ‚Pascha’, ‚Lamm’ oder ‚Übergang’.“c q. Und man soll sich so begrüßen: ‚Der Herr ist auferstanden.’ r. „Auch ist am Beginn der Messe oder nach dem Evangelium eine Ansprache an das Volk zu richten, und die Zwieträchtigen sind zur Eintracht zu ermahnen. Daher wird in der Prim das ‚Gebet des Herrn’ mit gesenkter Stimme gesprochen, in der Messe mit klarer, lauter Stimme, damit die im Hass auf den Bruder sind, zur Eintracht ermahnt werden, bevor sie zur Kommunion gehen, denn niemals wird sie unwürdiger empfangen als auf diese Weise.“d Gratianus, CIC, D.2 c.25.68 de cons. Bernoldus, Micrologus 51. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 147. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 25. a 

b 

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s. Beachte auch: Seit alter Zeit trugen die französischen Könige, wenn sie in die Schlacht zogen, den Mantel (cappa) des hl. Martin bei sich und bewahrten ihn in einem Zelt auf, das danach Kapelle hieß, denn darin wurde der Mantel aufbewahrt. Darum hießen jene, in deren Obhut die Kapelle war, ,Kapellani’. Andere aber sagen, „‚Kapelle’ käme daher, weil in alter Zeit auf Feldzügen eine Kammer in den Zelten hergerichtet wurde, und sie wurde mit Ziegenfellena ausgekleidet und dort wurde die Messe zelebriert.“ b

Kapitel 121

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Au f ste l lu n g , was in dieser und anderer Zeit z u b e a c hten ist: a. Bei einigen geschieht auch ein Zumessen des Wassers, damit sie nicht, weil sie in der Quadragesima gewacht haben, in diesen heiligen Tagen schlafen wollen. Gestattet ist auch, wie oben gesagt, nach alter Gewohnheit, dass an diesen heiligen Tagen Bischöfe und Prälaten spielen dürfen. b. Wir tragen aber an diesen Tagen weiße Gewänder, einmal, weil die neugetauften Kinder sie haben, dann aber auch, weil die Engel an diesem Tag in weißen Gewändern erschienen sind. Auch ‚Quicunque vult’ wird ausgelassen. Gesungen wird aber ‚Ich glaube an den einen Gott’, wie oben gesagt. c. Und wenn der Wein im Kelch gefriert? – Dann muss der Zelebrant ihn solange anhauchen, bis das Eis auftaut, und wenn er das nicht schafft, muss man ihn ans Feuer stellen. Und wenn etwas in den Kelch hineinfällt, eine Fliege oder eine Spinne? – Dann muss er alles herunterschlucken. d. Beachte auch: Das ‚Sigma’ ist ein Speisesofa, wo Fürsten zu essen pflegten. Daher kommt: ‚Als Tarquinius Superbus im Sigma speiste’.c Das Triklinium ist auch der Speisesaal, das Refektorium der Mönche. Das ‚Doma’ ist der Essraum der niederen Leute. So a  Ätiologischer Etymologieversuch wegen der Ähnlichkeit von ‚cappa’ und ‚capra/Ziege’. Vgl. jedoch Kap. 163 d. b  Gratianus, CIC, D.1 c.30 de cons. c  Merkspruch wegen einer seltenen Vokabel.

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ergibt sich, dass Joab durch den Schacht aufstieg, und so wurde Jerusalem eingenommen (vgl. 2 Sam 5,8). Es wurden nämlich auf den Söllern Speiseräume eingerichtet, damit sie nicht gesehen wurden, wenn sie sich den Köstlichkeiten hingaben. e. Beachte: Weil die Menschen an Festtagen sofort nach der 3. Stunde zu essen pflegten, wurde festgesetzt, dass „in der 3. Stunde die Messe gelesen werden solle, an den anderen Tagen, also an den festfreien Tagen, zur 9. Stunde, damit sie von dem geistlichen Mahl zum leiblichen übergehen können.“a f. Beachte: In den ‚Gesta Romanorum Pontificumb liest man, dass der hl. Papst Leo an einem einzigen Tag neunmal die Messe gesungen hat, an einem anderen Tag siebenmal. Jetzt dürfen im Notfall bis zu drei Messen gesungen werden, aber ohne Not nur eine. Magister Johannes [Beleth] billigt eine zweigespaltenec Messe nicht. g. Der folgende Samstag heißt aber ‚in Albis’, weil es in alter Zeit Brauch war, dass man an diesen Tagen die schwarzen Gewänder ablegte und weiße anzog. Das aber machen einige am Samstag der Osternacht. Und gleich danach sind am Sonntag neun Lesungen zu lesen. Daher gibt es auch die Historia Dignus es Dómine – Würdig bist Du, Herr (Offb 5,9). So geschieht es nämlich in Rom. h. „An diesen Tagen sind keine Kniebeugen zu machen, keine Verneigungen, man betet aufrecht,“ d denn wie Ambrosius am Ende [seines Kommentars] ‚Zu Lukas’ sagt: ‚Die Frauen kamen zum Grab, beugten nicht die Knie, sondern untersuchten aufgerichtet das Grab’.e i. Beachte auch: Niemand darf eine Sequenz singen, wenn er kein Halleluja singt. Auch nicht am Fest der hl. Maria, selbst aus Verehrung nicht. Es war nämlich Brauch, nach dem Halleluja den Jubilus (neuma) zu singen. Und Jubilus heißt der Gesang, der nach dem Halleluja folgt. Später hat ein Papst eingeführt, anstelle des Jubilus solle die Sequenz gesungen werden.

Gratianus, CIC, D.1 c.49-50 de cons. Der Liber Pontificalis (6. Jh.) berichtet das nicht, wohl aber Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 114. c  Vgl. Kap. 51 f. d  Gratianus, CIC, D.3 c.10 de cons. e  Ambrosius, Expositio euangelii secundum Lucam X, 144. a 

b 

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vi. Osterzeit, KAP.  121

k. Niemand darf auch bei versammeltem Konvent eine Kniebeuge machen, nur einzeln für sich, es darf auch fasten wer will. Denn wie Hieronymus sagt: ‚Ach, könnten wir doch alle Tage fasten.’a Verboten ist es ebenfalls an Fasttagen Fleisch zu essen, ebenso Käse, Eier, Milch, denn der hl. Hieronymus sagt: „Das ist alles flüssiges Fleisch.“ b Doch der hl. Benedikt ließ Eier, Milch und Käse essen.c Auch wenn das Aufstachelung zur Begierde ist, so doch auch zu größerem Siegeskranz, denn wo ein größerer Kampf ist, dort ist auch ein größerer Siegeskranz. Es sind ihnen jedoch Fische gestattet, aber wie Hieronymus sagt: „einige kleine Fische, wodurch zu verstehen gegeben wird, dass es nur wenige und kleine sein dürfen.d l. „Die Zeit heißt aber Quinquagesima, weil jene Zeit des Jubiläums gekennzeichnet ist, in der volle Freiheit herrschen und uns dann unser Erbteil gegeben wird.“e „Daher singen wir Halleluja, machen aber keine Kniebeugen, und stehen beim Beten, abgesehen bei den Litaneien.“ f m. Beachte: Das Paschafest der Juden war unser Vorbild. Ebenso kennzeichnet unser Osterfest das künftige Paschafest, das am Ende der Welt sein wird. Damit das für uns klar wird, so muss man wissen, dass es zwei Werke Gottes gibt: das Werk der Schöpfung und das Werk der Neuschöpfung. Das Werk der Schöpfung stand am Anfang, als Gott die Welt mit allem schuf, was in ihr enthalten ist. Das Werk der Neuschöpfung geschieht täglich, hauptsächlich wird Gott es am Tag des Gerichts ausüben, wenn alles neu geschaffen wird. Zu der Zeit beider Werke passt das Osterfest. Zur Zeit der Erschaffung, weil damals die Engel Gott Loblieder gesungen haben. Daher hieß es: Wo warst du, als vor mir alle Morgensterne jauchzten? (Hjob 38,4.7). So singen auch Hieronymus, Epistulae 71, 6. Hieronymus, Aduersus Jovinianum II, 13. c  Vgl. Benedicti abbatis Regula monachorum 39 [Übers. P. Bihlmeyer, Die Regel des hl. Benedikt (BKV2, I, 20), S. 62]. d  Aurelius Augustinus, Epistolae 58, 6. e  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 148. f  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 136; Aurelius Augustinus, Epistolae 55, 15, 28. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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wir, indem wir an Ostern als Neugeborene vor Gott Halleluja singen. Unser Ostern stellt sich als Andeutung für die Zeit der Neuschöpfung dar. Es stellen nämlich die drei Tage, die unserem Ostern vorausgehen, die Zeit des Antichrists dar, dem drei Könige die Hand reichen werden, und später wird er durch sie sieben Königreiche unterjochen, sodass ihm zehn Königreiche dienen werden. n. Beachte auch: Der Name ‚Antichrist’ ist, wie Augustinus sagt, aus ‚anti’ ‚gegen’ und nicht aus ‚ante’ ‚vor’ zusammengesetzt, wie einige sagen, denn er wird vor der zweiten Ankunft Christi kommen. o. In dieser Zeit, d. h. am Gründonnerstag, werden die Büßer wieder in die Kirche aufgenommen, dann werden ebenfalls die bußfertigen Juden unter die Kinder Gottes – das ist die Kirche – aufgenommen werden. An jenem Tag werden wiederum die Füße, das sind die am weitesten entfernten Teile des Körpers, gewaschen, und die Juden werden in der letzten Zeit mit dem Wasser der Taufe gereinigt werden. Daher: Der Rest Israels wird gerettet werden (Röm 9,27) usw. p. Am Karfreitag wird das Leiden ins Gedächtnis gerufen, und dann wird die Kirche ganz besonders verfolgt werden. Dann wird nämlich der Satan aus seinem Gefängnis freigelassen werden (Offb 20,7), weil er seit dem Leiden des Herrn gebunden im Inferno festgehalten ist. Da werden keine Zimbeln zum Läuten gebracht, da schweigen die Prediger. In den Finstergottesdiensten wird laut Benedictus – Gepriesen (Lk 2,68) gesungen, weil sich viele freuen werden, dass der Antichrist getötet ist. Das Feuer, das in der Finsternis ganz erloschen schien, wird wieder angezündet, denn in den Gläubigen, in denen das Feuer des Heiligen Geistes erstickt schien, wird es erneut zum Leuchten gebracht. q. Jetzt werden am Samstag die Kinder getauft, doch dann werden auch die Juden getauft werden. r. „Am Ostertag singen wir in der Person Christi: Resurrexi – Auferstanden bin ich und bin nun bei dir (Ps 139,18). Aber dann werden wir jenen Satz in eigener Person sagen, wenn wir auferste-

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vi. Osterzeit, KAP.  121-122

hen und aus dieser Sterblichkeit in die Unsterblichkeit übergehen werden.“a s. Beachte: Jedes mal, wenn es heißt: Der Herr ist König (Ps 93,1), kann man sagen: ,Großer Gott, wir loben Dich’. ebenso, wenn wir nicht Halleluja sagen, darf die Sequenz nicht gesprochen werden, denn die Sequenz steht statt des Jubilus des Halleluja. „‚Neuma’ ist jener Jubilus, der am Ende des Halleluja mitunter, zumeist mit Orgel, gesungen wird.“ b t. In der Oktav von Ostern müssen neun Lesungen aus der Apokalypse gesprochen werden. Das wird nämlich durch das Responsorium Dignus es – Würdig bist du, Herr (Offb 5,9) gezeigt. Es heißt ja ‚Responsorium’, weil es auf die vorausgehende Lesung antworten soll. Wenn aber eingewandt wird, dass im Sommer an einem Sonntag ein Responsorium von der Dreifaltigkeit gesprochen wird, wir hingegen keine Lesungen von der Dreifaltigkeit sprechen, so antworten wir: In der Urkirche wurde wegen der Häresien für gut befunden, dass an den einzelnen Sonntagen die neunte Lesung und das Responsorium von der Dreifaltigkeit gelesen werden solle. Doch die Lesung kam bereits außer Gebrauch, aber das Responsorium blieb. u. In der ganzen Osterzeit dürfen wir keine Kniebeugen machen und nicht gezwungen fasten, aber aus Frömmigkeit ist es erlaubt. v. Gesagt wurde, dass die Osterzeit das 8. Zeitalter darstellt, in dem nicht gefastet und keine Kniebeuge gemacht wird, sondern alle Heiligen vollkommene Freude haben werden. Daher fasten wir in dieser Zeit nicht und knien nicht beim Beten. Sondern wir beten stehend und essen auch reichlicher, außer an den beiden Litaneitagen, über die wir jetzt sprechen müssen.

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Kapitel 122 a. Es ist 1. zu schauen, was eine ‚Litanei’ ist, und da es z wei L it aneien gibt, 2. warum die eine ‚die größere’, die andere ‚die kleinere’ heißt. 3. warum sie eingerichtet wurden, 4. wie dabei zu fasten a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 15. Honorius Augustodunensis, Gemma animae I, 14.

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ist und welche Kleidung man trägt, 5. was das Volk bei der Litanei singen soll. b. „‚Litanei’ wird mit ‚Bitte’ und ‚Flehen’ interpretiert. ‚Bitte’ heißt sie, weil wir dabei Gott bitten, er möge uns vor einem plötzlichen Tod und jeder Widrigkeit bewahren.“a Flehen heißt sie, denn wir flehen die Heiligen an, sie mögen bei Gott Fürbitte für uns einlegen. c. „Es gibt zwei Litaneien, die größere und die kleine. Die größere gibt es am Fest des hl. Evangelisten Markus. Sie heißt aber ‚die größere’ dank des Ansehens des Einführenden – sie wurde nämlich von Papst Gregor I. eingeführt, der auch Gregor der Große heißt – und auch wegen des Ansehens des Ortes. Sie wurde nämlich in Rom eingeführt, und verordnet wurde, sie solle überall gefeiert werden. Die andere Litanei heißt ‚die kleinere’, weil sie von einem minderen eingeführt wurde, nämlich vom hl. Mamertus, Bischof von Vienne, und für Vienne.“ b Sie wird nur von der Kirche diesseits der Alpen gefeiert.c d. „Den Grund, warum die erste Litanei eingeführt wurde, berichtet Paulus, Mönch in Monte Cassino und Geschichtsschreiber der Langobarden. Zur Zeit des Papstes Pelagiusd gab es, wie der Mönch Paulus berichtet, überall in Italien eine solche Überschwemmung, dass das Wasser bis an die oberen Fenster der Zeno-Kirche reichte, die in Verona stand, aber nicht in die Kirche eindrang, was ein Wunder war. Dann strömte durch den Tiber eine ganz große Menge Schlangen heran, dabei war auch ein gewaltiger Drache, und alle betraten das Meer durch zwei Mündungsarme des Tiber. Durch das Geifern der Schlange und des Drachens wurde die Luft verpestet, und es tauchte die Beulenpest auf, an der die Menschen reihenweise starben. Da sagte Papst Pelagius allen ein Fasten an und befahl, eine Prozession zu machen, was dann so geschah. Doch während der Prozession starben er

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 138; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 19, 80. b  Bernoldus, Micrologus 37. c  Die kleinere Bittprozession wird an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt gefeiert. d  556-561. a 

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vi. Osterzeit, KAP.  122-123

selbst und 70 andere Teilnehmer.“a Anstelle von ihm richtete Gregor der Große diese Litanei ein und befahl, sie solle überall auf der Welt befolgt werden. e. Die andere Litanei, die an drei Tagen gefeiert wird, beschreibt Gregor, Erzbischof von Tours. „In der Zeit des Bischofs Mamertus von Vienne gab es rings um Vienne häufig Erdbeben und zwar so stark, dass große Gebäude und viele Kirchen einstürzten. Auch am Samstag der Osternacht, als der hl. Mamertus die Liturgie feierte, verbrannte der Palast der Stadt durch ein vom Himmel gesandtes Feuer. Außerdem kamen wilde Tiere wie Wölfe und Wildschweine aus den Wäldern, stürzten sich in die Stadt und verschlangen die Menschen. Diese Unzeit dauerte das ganze Jahr über. Wegen der Pest also sagte Mamertus ein dreitägiges Fasten an in Nachfolge der Bewohner von Ninive und befahl, Prozessionen abzuhalten. So wie jene durch das dreitägige Fasten die Zerstörung ihrer Stadt verhinderten, so sollten diese sich aus dem Unglück, das sie erleiden mussten, befreien. So geschah es.“ b f. Besagter Gregor soll, so liest man, sehr klein von Gestalt gewesen sein, so sehr, dass, als er einmal nach Rom kam, ihn alle gering schätzten. Selbst der Papst wunderte sich, dass ein so kleiner Mann Bischof geworden war. Der sagte zu ihm: Gott hat uns geschaffen und nicht wir uns (Ps 100,3). Ebenso sagte der hl. Hilarius einem, der ihn ‚Hahn’ (gallus) nannte: ‚Ich bin kein Hahn, doch ich bin in Gallien geboren. Und Du, Leo, bist ein Löwe, aber kein Löwe aus dem Stamm Juda.’ So hieß der nämlich.

Kapitel 123

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a. Der hl. Mamertus richtete es also ein, dass alle Jahre diese L it a nei an drei Tagen von der Kirche diesseits der Alpen gefeiert werden sollte, und dies wurde von Rom kanonisch anerkannt. Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 19; Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis IX, 5 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 1181]. b  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 19; Liber Quare 105; additio 25. Gregorius Turonensis, Historiae II, 34 [Übers. R. Buchner, Zehn Bücher Geschichten, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Bd.2, S. 127]. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Auch Papst Liberiusa befahl, dass wir bei Hungersnot, Krieg, Pest, Niederlagen und derlei drohenden Katastrophen immer Litaneien veranstalten sollen, damit wir durch die Flehrufe, Gebete und Fasten dem entgehen. Diese Prozessionen werden aber mit der griechischen Vokabel ‚letania’ benannt, wegen des Ansehens der griechischen Sprache wie Pascha und Pentecostes (Pfingsten). b. Bei diesen Litaneien muss mit Speisen der Fastenzeit gefastet werden, und wir müssen in Bußgewändern gehen. Und alle müssen an diesen Tagen ihre weltlichen Arbeiten unterbrechen, auch die Knechte und Mägde, und an der Prozession teilnehmen, solange sie dauert. So wie alle gesündigt haben, so sollen auch alle um Gnade flehen. „Und in großen Kirchen geht man bei dieser Prozession in siebenfacher Ordnung: In der 1. gehen die Geistlichen, in der 2. die Klosterleute wie Mönche und Kanoniker, in der 3. die Nonnen, in der 4. die Kinder, in der 5. die Laien und alten Leute, in der 6. die Witwen, in der 7. die Ehefrauen.“ b Doch was wir mit der Zahl der Personen nicht tun können, ersetzen wir durch die Anzahl der Litaneien: Wir müssen nämlich die Litanei siebenmal sprechen. c. Beachte auch: Rupert von Deutz sagt, die letztere Litanei habe viele Jahre vor der ersteren begonnen.c d. „Wir aber führen diese Bittprozessionen in dieser Zeit durch, weil da hauptsächlich Kriege auszubrechen pflegen und weil die Früchte der Erde, die noch in zarter Entwicklung oder in Blüte stehen, durch die Widrigkeit von Nebel und anderen Ereignissen verdorben werden. Damit aber Gott dies alles verhindere, veranstalten wir die Litaneien. Die letzte setzen wir nach Himmelfahrt fort, damit wir verdienen, durch Fasten und Gebete Christus nachzufolgen und in den Himmel aufzusteigen.“d e. Der Drache, der während der drei Tage mit langem Schweif und aufgebläht mitgeführt wird, geht an den ersten beiden Tagen vor dem Kreuz und den Standarten, am dritten Tag hinten. 302-366. Gregorius Magnus, Registrum epistularum XIII, 3, 2. – Getrenntes Sammeln und gemeinsames Treffen in der Kirche. c  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis IX, 5 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche,S. 1181]. d  Liber Quare 25; Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 19. a 

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vi. Osterzeit, KAP.  123

Er symbolisiert den Satan, der während der drei Zeiten vor dem Gesetz, unter dem Gesetz und in der Zeit der Gnade, die durch die drei Tage dargstellt werden, die Menschen betrogen oder zu betrügen versucht hat. An den ersten beiden Tagen war er gleichsam Herr des Erdkreises. Darum nennt ihn Christus Herrscher dieser Welt (Joh 12,31). In der Zeit der Gnade aber wurde er von Christus besiegt und wagt daher nicht, offen wie früher zu herrschen, sondern verführt verborgen die Menschen, die er bei guten Werken faul und nachlässig sieht und die nicht dem Weg des Lebens folgen. So wie die Feinde in der Wüste die Schwachen und Gebrechlichen in Israel und die als Letzte zurückblieben hinterrücks töteten, so kommt es, dass er in den ersten beiden Tagen vorangeht, am letzten hinten folgt. Er ist zugleich Drache und Löwe. ‚Drache’ ist er jetzt, weil er die Menschen nicht so offen, sondern verborgen verführt, ‚Löwe’ wird er in der Zeit des Antichrists sein, weil er dann offen unter dem Namen Christi wüten wird. Drache war er, als er Christus oben auf die Zinnen des Tempels (Mt 4,5) stellte, d. h. den ersten Umgang, wo er viele andere zuvor durch eitlen Ruhm verführt hatte, und ihn hinunterstürzen wollte. Er versuchte Ihn mit den Worten: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich hinab (ebd. 4,6), und, so als ob er das sicher tun könne, fügte er hinzu: Seinen Engeln befiehlt er (ebd.) usw. Er kannte sich nämlich gut aus in der Schrift. Doch was zu seinem Nachteil war, verschwieg er, nämlich: Über Löwen und Nattern (Ps 91,13) usw. Löwe aber war er bei der Passion des Herrn, als er Ihn kreuzigen ließ. Von ihm sagt Johannes der Evangelist in der Apokalypse: Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen (Lk 10,18), er fegte mit sich ein Drittel der Sterne vom Himmel (Offb 12,4). Durch die Sterne werden hier die Menschen bezeichnet, die in drei Teile geteilt werden, in die Vollkommenen, die Unvollkommenen und die Verworfenen. Den dritten Teil der Sterne also zieht der Satan mit sich, weil sie verworfen sind, und die sind sein Schweif. f. „An anderer Stelle nennt Christus jemanden ‚Satan’: Weg mit dir, Satan (Mt 4,10). Wenn Er dies aber gegen Petrus sagt, also Weg mit dir, Satan, so ist das nicht in der Weise zu verstehen, dass Er ihn einen Teufel nennt, sondern einen Gegner, was das Wort ‚Satan’ erklärt. Der Sinn ist nämlich: Weg mit dir, Satan, d. h. fol-

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

ge mir durch Nachahmen der Passion, störe nicht meine Passion.“a Oder anders: Christus sah ja, wie der hl. Hilarius sagt, den Satan am Ohr des Petrus, wie er ihm einflüsterte, er solle dessen Passion stören, und Er sagte ‚Satan’ zu dem Satan, um zu sagen: ‚Du arbeitest vergeblich’, und zu Petrus gewandt: ‚Tritt hinter mich’, d. h. folge mir und ahme meine Passion nach.b

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a. Nun ist über einige Festlichkeiten zu sprechen, die in dieser Zeit gefeiert werden, also das Fest von Ph i l ippu s u nd Ja kobu s u nd a l ler A p o ste l , – so steht es in den großen Kalendern und den Plenarien – sowie von der Auffindung des hl. Kreuzes, des Johannes vor der Lateinischen Pforte, der hl. Maria bei den Märtyrern und der Kommemoration des hl. Michael. b. Diese Zeit stellt, wie gesagt, das 8. Zeitalter dar, wo das Gute, das in unterschiedlicher Weise in den einzelnen Menschen steckt, das Gute aller Menschen wird, weil sich jeder am Guten des anderen freut wie über sein eigenes, und das Gute aller wird das der Einzelnen sein. Weil also diese Zeit mit den Feiertagen übereinstimmt, besonders weil in der Urkirche die Apostel keine gesonderten Feiertage hatten, wurde bestimmt, dass am 1. Mai das Fest zu Ehren aller hll. Apostel gefeiert werden solle und zwar an dem Tag, an dem, wie es sich gefügt hat, Philippus und Jakobus gelitten hatten. c. Dieser Jakobus wird Jakobus der Jüngere genannt, nicht wegen des Alters, sondern wegen der Berufung. So geschieht es auch bei den Mönchen, dass, wer früher Mönch geworden ist, auch wenn er ganz jung ist, doch dem vorangeht, der, ganz gleich wie alt er ist, später Mönch geworden ist. Er wird auch ‚Bruder des Herrn’ genannt, weil er Ihm im Gesicht ähnlich war, wie es heißt, oder deswegen, weil er ein Sohn des Alphäus war, des Bruders des Josef, des Mannes der hl. Maria, und dessen Schwester Maria, und weil Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 85. Hilarius Pictaviensis, Commentarius in Matthaeum 16, 10 [Übers. F. X. Schulte, Kommentar zum Evangelium des Matthäus (SWKV 10), S. 47]. a 

b 

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vi. Osterzeit, KAP.  123-125

er von beiden Seiten Blutsverwandter war, die bei den Juden ‚Brüder’ hießen. Jesus aber wurde für einen Sohn des Josef gehalten. d. „Dieser Jakobus soll als Erster nach dem Osterfest des Herrn eine Messe in Jerusalem zelebriert haben, so wie Petrus als erster in Antiochien.“a e. Ebendieser Jakobus war Bischof von Jerusalem; er wurde von den Juden von drn Zinne des Tempels hinabgestürzt, als er den Namen Christi verkündete, und wurde mit den Stangen der Walker getötet. Walker heißen die, die Tücher weiß machen, die wir ‚chansil’ (Leinwand) nennen. Oder solch Tuch heißt ‚lilienweißes Hemd’, wie ein einziger Name, weil das Tuch weiß gemacht wird wie die Blüte der Lilie. Walker aber heißen nach einem Kraut, dem ‚borith’ (vgl. Jer 2,22), mit dem das Tuch weiß gemacht wird. f. „Der andere Jakobus heißt ‚der Ältere’ sowohl nach der Berufung als auch nach der Würde, weil er Christus näher stand. Für vertrauliche Treffen benannte Er ihn nämlich, wie, als Er verklärt wurde und als Er die Tote in ihrem Haus auferweckte.“ b

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Kapitel 125 a. „Das K reu z des Herrn wurde von Helena, der Mutter Konstantins, durch Judas gefunden, wie die Geschichte über dessen Au f f i ndu n g erzählt. Gefeiert wurde das Fest in Jerusalem, doch Papst Eusebius;c der 33. Nachfolger des hl. Petrus, befahl, es solle künftig überall auf der Welt gefeiert werden. b. Von diesem Judas liest man, er habe sich zum Glauben bekehrt, später änderte er seinen Namen, nannte sich Quiriacus und wurde Bischof von Jerusalem.“d Über ihn prophezeite, wie es heißt, der Teufel: ‚Judas hat Christus dem Tod überliefert, aber dieser Judas hat den toten Christus erhöht und magische Künste entdeckt. Doch in Kürze wird mein Freund Julian König sein, der

Gratianus, CIC, D.1 c.47. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 86 add. 2. c  309/310. d  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 947B. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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mich an ihm rächen wird.’ Dies geschah so, wie gesagt, denn jener brachte ihn um. c. Dieser Julian war, wie es heißt, zunächst Mönch und Heuchler großer Frömmigkeit, so sehr, dass eine Frau, die drei Krüge voll mit Gold besaß, am Deckel der Krüge das Gold mit Asche bedeckte. Damit keiner es erführe, übergab sie [die Krüge dem Julian], weil sie ihn für einen heiligmäßigen Menschen hielt. Sie bekannte ihm gegenüber aber nicht, dass Gold darin sei. Als der das fand, raubte er es und füllte die Krüge mit Asche und gab sie der Frau auf Anforderung zurück. Als aber die Frau später nach dem Gold suchte, konnte sie ihn nicht überführen, denn sie hatte für das Gold keinen Zeugen, da andere Mönche, denen sie als Zeugen die Krüge gegeben hatte, darin nur Asche gesehen hatten. So kam [Julian] an das Gold, flüchtete nach Rom und erlangte in der kommenden Zeit das Konsulat. „Dann wurde er Kaiser. Da er in der Kunst der Magie seit Kindesbeinen unterrichtet worden war und es ihm viel Freude bereitete, hatte er nun viele Lehrmeister um sich. Eines Tages, als er noch jung war und sich sein Lehrmeister zurückgezogen hatte und er allein im Haus geblieben war, begann er, Beschwörungstexte der Dämonen zu lesen. Da erschien eine gewaltige Menge Dämonen bei ihm, schwarz wie Mohren. Da machte er aus Furcht ein Kreuzzeichen, und alle verschwanden. Als jener Julian seinem Meister auf dessen Frage, was er gesehen habe, dies erzählte, sagte der: ‚Dieses Zeichen ist den Dämonen äußerst verhasst.’ Als er dann zum Kaiser erhöht worden war, erinnerte er sich an den Vorfall, da er mit der Kunst der Magie arbeiten wollte. Er fiel vom Glauben ab und zerstörte überall das Zeichen des Kreuzes und verfolgte die Christen, soweit er konnte, in der Meinung, die Dämonen würden ihm sonst nicht gehorchen. Nun ließ er den Juden Quiriacus, von dem das Kreuz gefunden worden war, rufen und töten.“a d. Man liest auch, dass ein Ritter, ebenfalls Quiriacus genannt, diesen Julian tötete. Denn als dieser sein Heer durch Epirus führte und andere Heiden, die sich gegen die Römer erhoben hatten, angriff und dort eine Mönchsabtei sah, befahl er denen, ihm ein a 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1004CD.

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vi. Osterzeit, KAP.  125

Frühstück herzurichten. Die weigerten sich, einmal weil er Apostat war, dann weil sie es nicht tun konnten, denn sie waren arm. Da wurde er wütend und verkündete ihnen, bevor ein Jahr verginge, werde er jenen Ort völlig zerstören, dort Korn säen und sie umbringen. Als sie das hörten, erschraken sie sehr. Doch ihr Abt war ein heiligmäßiger Mann, der sie im Herrn stärkte und mit seiner Bestärkung erreichte, dass sie sich auf das Martyrium freuten. Eines Nachts, als der Abt im Gebet verharrte, schien es ihm, dass die hl. Jungfrau die Klosterpforte öffnete und zum Grab eines Ritters kam, der Quiriacus genannt worden war. Er war noch nicht sieben Tage tot und dort beerdigt. Dem befahl sie, er solle aufstehen, die Waffen anlegen und sie an Julian rächen. Da stand jener auf, legte seine Waffen an, die im Tempel aufgehängt waren, wappnete sich und sein Pferd, das noch im Stall stand, stieg, während der Abt zuschaute, aufs Pferd und begab sich zu den Feinden des Julian. Am folgenden Tag enthüllte der Abt seinen Mönchen, was er gesehen hatte. Sie öffneten das Grab des Ritters, um die Sache zu überprüfen, und fanden weder den Leichnam noch Waffen noch Pferd. Am dritten Tag darauf aber kämpfte dort Julian mit den Feinden. Er wurde von besagtem Ritter getötet. In der folgenden Nacht sah der Abt, wie der Ritter zu seinem Grab zurückkehrte und Waffen und Pferd an ihre Orte zurückbrachte. e. Von diesem Julian liest man, dass noch heute in Konstantinopel von seinem Grabmal ein unerträglicher Gestank ausgeht. f. „Nach diesem Julian war es Cyprianus, ein ausschweifender Mann, der die hl. Jungfrau Justina zu seinem ausschweifenden Leben anstacheln wollte, er hat einen Dämon geschickt, der solchen Schmutz anführte, doch er wurde durch das Zeichen des Kreuzes vertrieben. Nun schickte er erneut einen noch mächtigeren, schließlich den Fürsten der Dämonen, der gleichfalls durch das Kreuzzeichen vertrieben wurde. Dadurch bekehrte sich Cyprian zum Glauben.“a

a 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 63.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Kapitel 126 Der hl. Joh a n ne s vor der L atei n i s c hen P f or te: a. Nero hatte Petrus und Paulus umgebracht, nach seinem Tod folgte ihm Vespasian nach, dann Titus, „danach Domitian in dessen Zeit der hl. Johannes der Evangelist nach Rom kam, um dort zu predigen. Domitian aber ließ ihn vor der Lateinischen Pforte – so hieß sie damals – in ein Fass mit siedendem Öl setzen.“a „Der hl. Johannes trug aber keine Verletzungen davon, weil die göttliche Gnade ihn beschützte, doch was ihn betraf war er ein Märtyrer.“ b Daher wird sein Fest wegen dieses Martyriums begangen, als ob er dort das Martyrium erlitten hätte. Danach verbannte Domitian ihn auf die Insel Patmos, aber später wurde er von Kaiser Nervac zurückgerufen. b. Beachte auch: Nur von drei Aposteln liest man, sie seien in ihrem Leben in Rom gewesen: Petrus, Paulus und Johannes, sowie die drei Evangelisten Johannes, Markus und Lukas. c. Beachte ebenfalls: Auch die Apostel oder Jünger Christi haben nicht nur deshalb so viel gelitten, weil sie Christus verkündeten, sondern weil sie sagten, Er sei vergöttlicht, ohne Autorisierung durch die Römer, die das verboten hatten.

Kapitel 127 243

a. Es folgt das Fest der h l . M a r i a b ei den M ä r t y rer n . Da nicht alle Götzen der Römer einen Tempel haben konnten, errichtete man einen einzigen Tempel für alle Götzen, der ‚Pántheon’ hieß. „Papst Bonifatiusd erreichte von Phokas,e dem Kaiser in Konstantinopel, der auch in Rom herrschte, dass dieser Tempel der Kirche Christi gegeben wurde, wie man im Vorwort der Legende zu Allerheiligen liest. Er warf die Götzen hinaus und allen Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 160. – Domitian, Kaiser 81-86. b  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 113. c  96-98. d  Bonifaz IV., Papst 608-615. e  † 610. a 

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vi. Osterzeit, KAP.  126-128

Schmutz der Götzen und weihte ihn zu Ehren der hl. Maria und aller Märtyrer. Noch gab es nämlich keine Feste für Bekenner. Er setzte auch fest, dass alle Jahre an diesem Festtag aller Märtyrer gedacht werden solle,“a wie am 1. Mai das Fest der Apostel. b. Weil aber in diesem Monat nicht Nahrungsmittel in solcher Menge wie in anderen Monaten zur Verfügung stehen – das Korn geht da zur Neige und das Volk, das zu solchen Hochfesten zusammenströmt, konnte sich wegen des Mangels an Lebensmitteln nicht gut für solche Feier freimachen – verlegte Gregor der Jüngere, er war der IV. derer, die diesen Namen trugen,b die beiden Feste auf den 1. November, wenn eine größere Menge an Nahrungsmitteln bereitsteht, die für die Ernährung der Menschen nötig ist, und er ordnete an, das Fest solle nicht nur für die Apostel und Märtyrer, sondern auch für die Dreifaltigkeit sowie alle Engel und Erzengel, die Patriarchen und alle Heiligen, Männer und Frauen, ein allgemeines Fest sein, und ordnete die Liturgie dafür.

Kapitel 128 a. Es wird gefragt: Warum feiern wir nicht in dieser [Oster]Zeit ein Fest der Hei l i g en , d ie m it Ch r i st u s au f er st a nden oder mit Ihm in den Himmel aufgefahren sind? Wir müssten uns nämlich über deren Verherrlichung freuen und festlich feiern wie bei den anderen Heiligen, da wir uns gewiss sind, dass sie aufgefahren sind. – Der Grund ist folgender: „Über deren Tod feiern wir kein Fest, weil sie zur Unterwelt abgestiegen sind. Über ihre Verherrlichung in der Seele aber müssten wir an Ostern oder wenigstens an Himmelfahrt das Fest feiern, doch das können wir nicht wegen des Ansehens und der Bedeutung der Liturgien jener Tage. Es würde nämlich deren Fest durch das Ansehen des Hochfestes überschattet werden, wie wenn zusammen mit einem König ein Verwandter des Königs käme und wegen der Anwesenheit des Königs ihm nicht so aufmerksam gedient würde als wenn er allein käme. Deshalb also wurde bestimmt, dass zu anderen Jahreszeia  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 161. Gregor IV., Papst 827-844.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

ten an Tagen in Kirchen, die ihnen geweiht wurden, deren Feste gefeiert werden, wie das Fest des hl. Johannes des Täufers Ende August“a und aus demselben Grund das Fest des hl. Jakobus von Compostela im Juli. Über das Fest Petri Kettenfeier wurde oben bereits gesprochen. b. Beachte auch: Die Feste der Heiligen des Alten Testaments wie Abraham, Isaak, Jakob, David, Daniel und die anderen werden überall in Griechenland und Venetien abgehalten und haben dort ihre Kirchen. 245

Kapitel 129 „Vom Fest des hl. M ic h a e l sprechen wir, weil zu jener Zeit die Barbaren in Apulien eingedrungen waren und es verwüsteten. Damals haben die Christen ein dreitägiges Fasten angesagt und die Hilfe des hl. Michael angefleht. Und als sie sich gegen die Feinde sammelten, erschien ihnen der hl. Michael, gleichsam um ihnen Hilfe zu leisten. Da wandten sich die Feinde zur Flucht. Denn durch den hl. Michael erlangten sie den Sieg. Deswegen wurde festgesetzt, an diesem Tag solle sein Fest gefeiert werden.“ b

Kapitel 130 a. Nach den Festen sind nun einige B e s onderheiten d ie s er [O ster]Z eit zu betrachten. Es sind nämlich drei Wochen, die gleichsam besondere Namen tragen: die 1. ‚österliche’ Woche, die 2. ‚in weißen Gewändern’, die 3. ‚von der Erwartung’, jene nämlich, die nach Himmelfahrt liegt. Die erste heißt ‚geheiligt’, weil die Menschen wegen der Taufe geheiligt sind und die ganze Woche über jenes Gewand tragen, das sie in der Taufe empfangen hatten. Das versinnbildlicht die erste Stola.

a  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 13. – Enthauptung des Joh. d. T. am 29. August. b  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1012B. – Das Fest liegt am 8. Mai, dem Tag des Sieges am Monte Gargano.

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vi. Osterzeit, KAP.  128-130

b. Die zweite Woche heißt ‚in weißen Gewändern’, weil dann die Neugetauften am Samstag die Taufgewänder ablegen und andere Kleidungstücke anziehen, also Tuniken. Auch weil gewöhnlich die Neugetauften von den Bischöfen gefirmt werden und andere weiße Gewänder tragen bis zu jenem Samstag. Oder deshalb heißt sie ‚in weißen Gewändern’, weil sie das ewige Leben kennzeichnet, in dem die beiden Stolen tragen werden. c. Die dritte Woche heißt ‚von der Erwartung’, weil sie jene Zeit darstellt, in der die Apostel die Ankunft des Heiligen Geistes erwarteten. d. Beacht auch: „Einige pflegen von Himmelfahrt bis Pfingsten zu fasten, weil die Apostel in dieser Zeit auch gefastet hätten.“a Doch Magister Gilbert weist nach, dass nicht gefastet werden soll, denn es ist Osterzeit. e. Eine weitere Besonderheit ist hier zu beachten: „Die Osterwoche wird nicht weiter verlängert als bis zum Samstag ‚in weißen Gewändern’. So hat Ostern sechs Tage für die Oktav. Die Woche ‚in weißen Gewändern’ beginnt am Samstag ‚in albis’, endet am folgenden Samstag und dauert somit acht Tage. Die Oktav von Himmelfahrt, die am Donnerstag vor Pfingsten beendet sein müsste, wird bis Pfingsten ausgedehnt,“ b denn obwohl die beiden Tage, die nach der Oktav übrig sind, für die Messe ihre Liturgie vom Sonntag übernehmen könnten, hätten sie doch für die Nokturnen kein Invitatorium und kein Responsorium, wenn sie diese nicht von der Himmelfahrt des Herrn bekämen. Daher werden für diese eine Oktav zehn Tage gerechnet, und das ist nicht weiter verwunderlich, da die ganze Osterzeit als eine einzige Oktav betrachtet wird, ebenso wie die Zeit von Weihnachten bis zur Oktav von Epiphanie.

Hrabanus Maurus, De clericorum institutione II, 21. Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis VIII, 5 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 1053]. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

vii. Pfingsten Kapitel 131 247

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a. Nach diesen Worten über die Osterzeit ist nun über P f i n g sten zu sprechen. Das Volk der Israeliten feiert besonders vier Hochfeste, nämlich Pascha, weil Gott sie damals aus der Knechtschaft Ägyptens befreite und durch die Pfosten, die mit dem Blut des geopferten Lammes bestrichen waren, vor dem Schlag des Engels. Es gab nämlich kein Haus eines Ägypters, in dem kein Toter lag (Ex 12,30). In den Häusern der Juden aber war keiner tot. Pfingsten feiern sie, weil sie damals das Gesetz empfingen. Laubhüttenfest (scaenopégia) im September, was ,Einrichten der Zelte’ heißt Im Winter aber feiern sie Encaénia, das ist das Tempelweihefest. Wir hingegen bewahren nur zwei davon: Ostern und Pfingsten, doch aus anderem Grund als sie. Sie feiern Pascha, weil sie damals aus der Knechtschaft Ägyptens befreit wurden. Wir feiern Ostern, weil wir damals durch Christus gerettet wurden. Jene feiern Pfingsten, weil sie damals das Gesetz erhalten haben, wir den Heiligen Geist. Sie erhielten das Gesetz draußen auf steinerne Tafeln geschrieben, ‚steinern’ um ihre Herzenshärte bloßzustellen, ‚draußen geschrieben’, weil sie nicht zum geistlichen Verständnis des Buchstabens durchdrangen. Doch der Heilige Geist wurde den 120 Jüngern gegeben, während der Finger Gottes ihnen innerlich die geistliche Einsicht eingab. b. Beachte auch: Etwas anderes ist Pfingsten, etwas anderes als nur der Fünfzigste [die Quinquagesima]. 50 versteht man vielfältig. Es gibt 50 Tage, 50 Jahre, 50 Psalmen, 50 Personen, 50 Denare. Die Quinquagesima der Tage ist dreifach. Die eine geht vom Sonntag Esto mihi bis Ostern, die andere von Ostern bis Pfingsten, die dritte vom Sonntag ,in albis’ bis zum Samstag nach Pfingsten. Die erste ist eine Zeit der Buße und Bedrängnis, die zweite der Freude und des Jauchzens, die dritte als Gleichnis. Sie bezeichnet nämlich das 8. Zeitalter, in dem wir die doppelte Stola anlegen werden. Dort ist es, dass das doppelte Halleluja in jener Quinquagesima gesungen wird, deren erstes die Stola des Leibes, das zweite die Stola der Seele bedeutet. c. Ebenso sind die Psalmen

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vii. Pfingsten, KAP.  131

eine Einheit von 50: die 1. von Wohl dem Mann (Ps 1) bis Was rühmst du dich (Ps 52), die 2. von Was rühmst du dich bis Herr, höre mein Gebet (Ps 102), die 3. von Herr, höre mein Gebet bis Alles was atmet, lobe den Herrn (Ps 150,6). Diese Einheit von je 50 bezeichnet die Tage der Sintflut. So viele Tage war das Wasser auf dem Antlitz der Erde, d. h. 150 Tage. Deshalb singen wir die drei mal 50 Psalmen, damit Gott uns vor solcher Sintflut und vor jeder Gefahr beschützt. d. Die Einheit von 50 Jahren war das Jubeljahr. e. Um die Einheit von 50 Personen geht es in Genesis, wo Abraham Gott fragt: Vielleicht gibt es 70 Gerechte in der Stadt, willst Du sie verschonen? – Ja, sagte der Herr. (Gen 18,24). Danach von 60 und 50, bis zur Zahl zehn. f. Um die Einheit von 50 Denaren geht die Rede im Evangelium, wo es sich um die beiden Schuldner handelt, von denen der eine 100 Denare schuldig war, der andere 50 (Lk 7,41). – Doch darüber hier nichts weiter. Jetzt wollen wir zum Thema zurückkehren. g. Pfingsten heißt so nach ‚penta’ ‚fünf’ und ‚costes’ ‚zehn’. ‚Pfingsten’ heißt also der 50. Tag nach Ostern. So wie das Volk Israel den 50. Tag nach Pascha feierte, den sie in Ramses feierten, und zum Berg Gottes, dem Horeb, Coreb oder Sina, was dasselbe ist, gelangten und dort das Gesetz empfingen, so wurde am 50. Tag nach der Passion Christi der Heilige Geist den Jüngern gegeben, die im Obergemach des Abendmahlssaales dessen Ankunft erwarteten. Und Er wurde ihnen in Feuerzungen gegeben, in Zungen, damit sie in jeder Sprache redegewandt wären. Im Feuer deshalb, damit sie in der Liebe zum Nächsten entbrannt wären, wurde den Jüngern der Heilige Geist gegeben, dessen Gnade siebenfältig ist. h. Diese Zahl, also die ‚Sieben’, haben die Juden in allem besonders beobachtet, nicht ohne tiefere Bedeutung. Denn sie feierten den siebten Tag, d. h. den Sabbat, und den sieben mal siebten als Pfingsten, und den siebten Monat, nämlich den September, der bei ihnen ganz feierlich begangen wurde, und das siebte Jahr, wenn die Sklaven von den Juden freigelassen wurden, wenn sie es wollten. Wer aber nicht freigelassen werden wollte, wurde zu den Pfosten des Tempels oder des Bundeszeltes geführt und ihm das

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Ohr mit einem Pfriem durchbohrt (Ex 21,6), was ein Zeichen seiner Knechtschaft war. Und er sollte künftig nicht freigelassen werden, wenn er etwa aus der Knechtschaft herauskommen wollte. Ferner sollte in diesem Jahr alles, was die Erde von sich aus wachsen ließ, allen so gehören. Es sollte in diesem Jahr nichts angebaut werden. i. Ebenso feiern wir am siebten Tag, dem Samstag, die Taufe. „‚Sabbat’ wird nämlich mit ‚Ruhe’ interpretiert, und wir feiern Sabbat durch die Taufe, d. h. wir ruhen, denn wenn ein Mensch getauft wird, hat seine Seele Ruhe,“a wenn er durch den Heiligen Geist von den Lastern gereinigt in der Einheit des Glaubens Ruhe findet. k. Wissen muss man: Nur an zwei Samstagen wird kanonisch Taufe zelebriert: am Samstag der Osternacht und am Samstag vor Pfingsten. Am österlichen Samstag, weil wir alle in der Passion Christi getauft werden, d. h. gerettet, am Samstag vor Pfingsten, weil wir da durch den Heiligen Geist gereinigt und geheiligt werden. – Nun wollen wir über die Liturgie dieses Samstags sprechen.

Kapitel 132 a. „Die Liturgie des S a m st a g s vor P f i n g sten ist dieselbe wie die Liturgie des Samstags der Osternacht, ausgenommen, dass dort die 1. Lesung über Adam, d. h. von der Erschaffung der Welt gelesen wird. Hier ist die 1. Lesung über Abraham, und nach dieser Lesung über Abraham wird ein Canticum angefügt, bei der über Adam aber nicht. Diese beiden Lesungen kennzeichnen jene beiden Urväter, von denen der eine der Vater des Irrtums und des Abirrens, nämlich Adam, war, der andere der Vater des Rückrufs, nämlich Abraham.“ b Der Lesung über Adam fügen wir kein Canticum an, weil jener nicht gut für uns gesungen hat, als er Gottes Gebot übertrat. Daher antworten wir ihm nicht, gleichsam als einem für uns schlechten Sänger. Und dass er schlecht gesungen hat, geht daraus hervor, dass ihm gesagt wurde: So ist der Boden in deiner Arbeit verflucht (Gen 3,17). Der Lesung über Abraham füa  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 117. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 146.

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vii. Pfingsten, KAP.  131-133

gen wir ein Canticum bei, weil er für uns gut gesungen hat. Daher heißt es: Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker (Gen 22,18). b. Aber an diesem Tag werden die Titel wegen der kleinen Kinder ausgelassen, denen die Autoren des Alten und des Neuen Testaments noch nicht bekannt sind. c. Die Messe beginnt aber an diesem Samstag wie auch am Samstag vor Ostern, nämlich mit Kyrie eleison, und man singt Gloria in excelsis wie an diesem und jenem Tag und auch an Gründonnerstag, doch nur in einer Kirche, in der auch das Chrisam geweiht wird. Andernorts darf es nämlich nicht gesungen werden. d. In der Vesper aber werden die Psalmen Lobet, ihr Knechte, den Herrn (Ps 113), Lobet den Herrn, alle Völker (Ps 117), Lobe den Herrn, meine Seele (Ps 146), Gut ist es, unserem Gott zu singen (Ps 147,1), und Jerusalem, preise den Herrn (Ps 147,12) gesungen.

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Kapitel 133 a. Jetzt ist über das Q u atemb er f a sten der Erstlingsgaben zu sprechen, das in der Pfingstwoche zu geschehen pflegt: 1. über den Ursprung, 2. über die Einsetzung, 3. über den Namen und den Grund des Namens, 4. über die Liturgie, 5. über die Weihen, die darin gefeiert werden. b. Der Ursprung dieses Fastens ist aus dem Alten Testament genommen. So wie jenes Volk von allen Dingen Gott die Erstlingsgaben schenkte, so sollen wir von den Fastenzeiten die Erstlingsgaben abgeben, und nicht nur von den Fastenzeiten, sondern auch von allem, was wir besitzen. – Es folgt die Einsetzung. c. In der Urkirche wurde festgesetzt, dass diese Fastenzeiten dreimal im Jahr geschehen. Doch Papst Calixt führte ein, dass sie „viermal im Jahr durchgeführt werden.“a Die Begründung nahm er aus dem Alten Testament: Die Juden fasteten viermal im Jahr: vor Ostern, vor Pfingsten, vor Scaenopégia, d. h. dem Laubhüttenfest im September, und vor Encaénia, d. h. der Tempelweihe im Dezember. Außerdem, wenn sie dreimal geschähen und drei Tage Gratianus, CIC, D.76 c.1. – Im Liber Pontificalis I, 17 wird bei Calixt ein dreimaliges Fasten genannt. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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jedes mal gefastet würde, blieben bei einem in drei Teile geteilten Jahr immer noch einige Tage übrig, an denen wir keine Erstlingsgaben abliefern würden. d. Es gibt noch viele weitere Gründe, weswegen sie viermal im Jahr stattfinden sollten. Ein Grund ist, weil es vier Säfte im Menschen gibt, warm und feucht, kalt und trocken, aus denen der Mensch die Lust zum Sündigen bezieht. Um also die vier Säfte aus den Regungen zum Sündigen zu zügeln, fasten wir viermal im Jahr. e. Oder aus einem anderen Grund: „Der Mensch besteht aus Seele und Leib, der Leib besteht aus vier Elementen. Die Seele hat drei Eigenschaften: die Fähigkeit zur Vernunft, zum Zürnen und zum Begehren.“a Damit also diese in uns gezügelt werden, fasten wir viermal im Jahr an drei Tagen, sodass die Zahl vier auf den Leib bezogen wird, die Zahl drei auf die Seele. f. „Ebenso wird das Jahr in vier Zeiten eingeteilt, bei denen jede drei Monate hat. Wir fasten viermal im Jahr drei Tage, je Monat nämlich an einem Tag. g. Ein weiterer Grund ist noch, warum wir viermal fasten: weil es vier Jahreszeiten gibt. B g. Im Winter verziehen A g. Im Winter säen wir, im Frühling verziehen wir die wir die Saat, im Frühjahr steSommersaat, wie Roggen und hen die Bäume in Blüte, die einiges Gemüse, die Bäume Weinstöcke wachsen mit Knosstehen in Blüte, die Weinstö- pen heran, im Sommer ernten cke wachsen mit Knospen her- wir die Früchte, im Herbst an, im Sommer ernten wir die sammeln wir die Trauben. Früchte, im Herbst den Wein und das Obst. Deshalb fasten wir also, damit uns das von Gott bewahrt wird.“ h. Wir fasten wiederum viermal, weil die Alten 40 Tage im Jahr fasteten und wir in diesen Zeiten jeweils drei Tage fasten i. „‚Quatemberfasten’ oder ‚Fasten mit den Erstlingsgaben’ oder ‚Doppelfasten’ aber heißen sie, weil sie an drei Tagen in einer Woche geschehen, in denen die Menschen zu fasten pflegen. Sie Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 42 Ders., Sacramentarium c. 95. a 

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vii. Pfingsten, KAP.  133-134

sind aber eingerichtet von Papst Kalixt.a Und das erste Fasten dieser Art geschieht im März, nämlich in der ersten Woche der Quadragesima, damit in uns die Laster kraftlos werden. Wir können sie ja nicht vollkommen auslöschen. Im Sommer geschehen die zweiten Fasten in der Pfingstwoche, denn jetzt kommt der Heilige Geist, und wir müssen uns vom Heiligen Geist entflammen lassen (vgl. Röm 12,11). Das dritte Fasten geschieht vor dem Fest des hl. Michael im September, weil da die Früchte eingesammelt werden und wir Gott für die Früchte der guten Werke etwas zurückgeben müssen. Das vierte Fasten geschieht in der Woche vor Weihnachten, also im Dezember, weil dann die Kräuter absterben und wir der Welt absterben und für Gott wieder neu entstehen müssen.“ b k. Diese Fasten heißen ‚doppelt’, weil die Alten an diesen Wochentagen fasteten und sie später zum Fasten dazugeschlagen wurden.

Kapitel 134 Die Liturgie dieser Tage und die Wei he : a. „Am Mittwoch sind zwei Lesungen zu lesen, eine aus dem Alten Testament und im Nokturnen-Ton, die andere aus dem Neuen Testament und im gewöhnlichen Ton, um zu zeigen, dass, wer am Samstag geweiht wurde, kundig sein muss im Neuen wie im Alten Testament.“c b. „Dasselbe bezeichnet die Mitra des Bischofs mit den beiden Hörnern..“d Er muss nämlich erfahren sein in den Autoritäten des Alten und Neuen Testaments, mit denen er gleichfalls mit dem doppelten Horn die Feinde der Kirche schlagen muss,“e nämlich die Ketzer. c. „Am Freitag soll nur eine Lesung gelesen werden, und weil der Verfasser des Alten und des Neuen Testaments allein der ei ne 217-222. Vgl. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 151. c  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 152; Gratianus, CIC, D.24 c.5. d  Gratianus, CIC, D.23 c. 7. e  Vgl. Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis I, 55. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Gott ist, und weil aus dem Alten und dem Neuen Testament das ei ne Evangelium entstanden ist. d. Am Samstag werden vier Lesungen gelesen, bevor die Weihen zelebriert werden. Die erste wendet sich an das Volk, die zweite an die Prälaten, die dritte an die Altardiener, die vierte an alle Ordensleute. Es folgt die Lesung Daniels über die drei Jünglinge, weil die Weihekandidaten erprobt sein müssen im Glauben, wie jene es waren.“a e. Über drei Dinge müssen die Weihekandidaten befragt werden: über ihre Herkunft, ob sie aus einer rechtmäßigen Ehe stammen, über ihre Bildung und ihr Leben, d. h. einen guten Lebenswandel. f. Beachte: Der Archipresbyter muss die Weihekandidaten zuerst dem Archidiakon vorstellen. Daher heißt er ‚der Stellvertreter’, weil er die Vertretung der Priester dabei wahrnimmt. An ihnen wäre es sonst, dies zu tun. Der Archidiakon soll sie über ihr Leben befragen, ihre Herkunft und ihren heiligmäßigen Lebenswandel, und sie dann in die Hand des Leiters der Domschule übergeben. Und der soll sie über ihre Bildung befragen, und so befragt, werden sie in die Hand des Bischofs übergeben. g. Nach der Lesung aus Daniel folgt der Gesang des Benedictus – Gepriesen sei der Herr (Lk 1,68). Bei der Lesung aus Daniel wird keine Kniebeuge gemacht – warum, wurde oben gesagt. Danach wird die Epistel des Paulus gelesen, zu der wir keine Kniebeuge machen, denn sie gehört zum Neuen Testament. Der Traktus folgt mit seinem ernsten Gesang, weil die Geweihten ernst sein müssen und nicht durch einen leichten Windhauch von Hochmut weggeweht werden. h. Beachte auch: Es ist nicht erlaubt, dass einer an einem Tag zwei Weihen erhält, doch wenn es nötig ist, kann einer am Samstag zum Diakon und am folgenden Sonntag zum Priester geweiht werden. Acht Tage später könnte er dann zum Bischof geweiht werden. i. „Am Samstag werden vier Lesungen gelesen wegen der vier Ränge der Menschen: Prälaten, Geistliche, Ordensleute und Laien. So versteht man es“ b wegen des Wortes: Haus Israel, preise a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 153-154. Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 154.

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vii. Pfingsten, KAP.  134

den Herrn! Haus Aaron, preise den Herrn! Haus Levi, preise den Herrn – Alle, die ihr den Herrn fürchtet (Ps 135,18-19). Unter dem ‚Haus Israel’ verstehen wir das Volk, unter ‚Haus Aaron’ die Prälaten, unter ‚Haus Levi’ die Altardiener, unter ‚die ihr den Herrn fürchtet’ die Ordensleute. k. Die Leute von Tours und Salerno aber pflegten wegen des Festes des hl. Matthäus und des hl. Mauritius und der hl. Legion, denen die Hauptkirche von Tours geweiht ist, das Fasten auf die gegenwärtige Woche zu verschieben. Doch wir sagen, es ist ihnen nicht erlaubt, die Weihen zu feiern. Besser wäre es, sie würden die Festlichkeiten verschieben. l. Zu den ersten vier Lesungen müssen wir auch eine Kniebeuge machen. Bei der dritten aber, die über die Jünglinge folgt, nicht, denn diese wurden hauptsächlich in den Feuerofen geworfen, denn sie beugten ihre Knie nicht vor dem Standbild in der Ebene von Dura. Und gelesen wird hier von den Jünglingen, um zu zeigen, dass die Weihekandidaten durch das Feuer der Versuchungen und Anfechtungen erprobt werden müssen. m. Es wird gefragt: Warum folgt nach fünf Lesungen eine Epistel? – Weil „dieser Name ‚Epistel’ von ‚epi’ ‚über’ und ‚stolon’ ‚Sendung’ stammt, gleichsam ‚Übersendung’, weil der Bote, der den Brief bringt, auf den zugeht, zu dem er geschickt wird, und sagt: ‚Mein Herr schickt mich hier zu euch, ihr sollt dies und das machen.’ Und weil das geheim ist, von dem der Herr wollte, der Bote solle es verborgen halten, gibt er ihm den Brief. Und das, was er enthält, heißt ‚Epístola’, gewissermaßen ‚Übersendung’. Über das hinaus, was er uns mit eigenen Worten mitteilen lässt, schickt er diese Epistel.“a So wie nämlich der Apostel [Paulus] zu den Bewohnern von Korinth und Ephesus und den anderen oft mit eigenen Worten gesprochen hatte, so schickte er über das hinaus, was er ihnen gesagt hatte, Briefe, wie auch die Weihespender gleichsam gute Diener und Hirten schaffen sollen. Daher heißt das Arbeitshaus ‚Werk’, nämlich wohin gefesselte und gebundene Knechte geschickt werden, damit sie nicht fliehen. Vgl. Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis II, 27; Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 8, 17. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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n. „Geweiht werden aber die Priester am Samstag, was eine Weihe des folgenden Tages ist, weil sie bei den Sakramenten die Diener des Herrn bezeichnen. Daher kommt es häufig vor, dass solche Weihe auf den folgenden Tag verschoben wird.“a Diese vier Sonntage haben keine eigene Liturgie. Daher werden sie ‚Vakanz’ genannt. o. Auch ist dieses Fasten für den März eingerichtet, damit die Geweihten da an Lastern mager werden sollen, – an Pfingsten, damit sie im Geist des Herrn entflammt werden (vgl. Röm 12,11) und dem Herrn dienen, denn den Jüngern wurde der Heilige Geist gegeben, – im September, damit sie die Früchte guter Werke und sich selbst in das Zelt Gottes einbringen, denn da wird das Laubhüttenfest gefeiert und die Früchte der Erde werden gesammelt, – im Dezember, wenn die Kräuter der Erde sterben, damit sie selbst der Welt absterben und für den Himmel neu entstehen, oder wegen der tessaresdecades,b die im Evangelium (Mt 1,17) (Mt 1,2-16)genannt werden. „Vierzehn Generationen Christi werden ja aufgezählt, nämlich von Adam bis Christus: von Adam bis Abraham, von Abraham bis David, von David bis Jechonias, von da bis Christus. Abraham aber wird interpretiert als Vater vieler Völker (Gen 17,1). Die Weihespender aber müssen Väter der ihren Unterstellten sein und deren Leben verbessern. Darum werden einzelne Mönche ‚Äbte’ genannt, weil sie Väter derer sind, die in ihrer Kongregation leben. ‚David’ wird als ‚starke Hand’ oder vom Gesicht her ‚liebenswert’ interpretiert, weil auch sie tapfer sein müssen zum Bewahren des Gesetzes Gottes und zum Vertreiben der verdrehten Ketzereien. ‚Jechonias’ wird mit ‚Vorbereiteter des Herrn’ interpretiert, weil sie sich selbst vorbereiten müssen, um durch die Teilnahme an den Sakramenten mit Christus verbunden zu werden.“c p. ‚Tessaresdecas’ kommt von ‚tetras’ ‚vier’ und ‚decas’ ‚zehn’. Du findest aber 14 Wochen von der ersten Woche der Quadragesima bis Pfingsten, ebenso viele bis zum September und noch Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 156. In der Septuaginta: δεκατέσσαρες. c  Aurelius Augustinus, De consensu euangelistarum II, 4, 10. a 

b 

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vii. Pfingsten, KAP.  134

einmal ebenso viele bis zum Dezember. Und beachte: Man muss von ‚tessarescedecades’ sprechen, weil ‚ce’ eine Silbenzufügung ist. ‚se’ aber findet man nicht als Silbenhinzufügung. q. Beachte auch: Bis zu Papst Simpliciusa haben die Römischen Päpste, so findet man, die Weihen immer im Dezember zelebriert. Daher findest du da die volle Liturgie, bei den anderen aber nicht. Doch wird gefragt: Da der Januar der erste Monat ist, warum wird nicht da das Fasten begonnen? – Doch wir sagen: Weil wir darin besonders die alte Zeit bewahren, und weil jene es nach dem Mondjahr getan haben. „Daher hat man im März angefangen, der der erste der Monate ist, in dem die Welt, wie wir glauben, geschaffen wurde.“ b Daher findest du: Das Fasten im 1. Monat, Fasten im 4., Fasten im 7., Fasten im 10. Monat. (Sach 8,19) r. Beachte auch: Es folgt nicht ‚Dies ist der Tag’. Also die Sonne leuchtet über die Erde, weil man liest, dass sie am vierten Tag geschaffen wurde, und so war ein Tag ohne Sonne vorausgegangen. B s. Es ist aber der folgende A s. Nun ist über die 4. Zeit zu sprechen, also die Zeit der Sonntag einer der bedeutendePilgerschaft, die mit der Oktav ren, und nach dem Ritus der von Pfingsten beginnt. Doch Römer wird da gesungen: Dózuerst müssen wir über das mine in tua – Herr, ich aber Dreifaltigkeitsfest sprechen, baue auf Deine Huld (Ps 113,6). danach über die Ereignisse in In den anderen Kirchen diesdieser Zeit, also die drei Wo- seits der Alpen wird von der chen vor Geburt des hl. Johan- hl. Dreifaltigkeit, andernorts nes, in denen durch die Dekrete vom Heiligen Geist gesungen. Heiraten verboten sind, danach Doch sagt der Bischof von Paris, Mauritius, es solle an nur über die Feste dieser Zeit. sieben Tagen so begangen werden, weil die Gaben des Heiligen Geistes sieben seien. Doch Magister Johannes Beleth sagt,

a  b 

468-483. Hrabanus Maurus, De clericorum institutione II, 24.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

abc

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A t. Beim 1. Sonntag nach Pfingsten gibt es eine dreifache Verschiedenheit. Einige singen von der Dreifaltigkeit, andere von der Oktav von Pfingsten, wieder andere beginnen die Historia ‚Deus omnium – Gott ist der Erhörer aller’,a und das ist besser, denn das befolgt die Römische Kirche, sie billigt ja die Liturgie von Dreifaltigkeit nicht.

diese Begründung habe keine kraft, weil aus dem selben Grunde Ostern nur einen Tag haben dürfte wegen der Einheit. B t. Zu beachten ist aber: „Diese Art der Historia von Dreifaltigkeit und die Auffindung des hl. Stephanus ist eine Erfindung des hl. Stephan von Lüttich.b Doch Rom wies ihn zurück. Daher wurde Papst Alexander gefragt, ob man ein Fest der Dreifaltigkeit einführen dürfe. Er antwortete: ‚Keinesfalls, denn es gibt auch keines von der Einheit.’“c An einigen Sonntagen wird von der Dreifaltigkeit gesungen.’ So steht es in den ‚Gesta Romanorum’, Gregor richtete es so ein, dass immer an Sonntagen neun Lesungen gelesen werden mit neun Responsorien und neun Psalmen und neun Antiphonen, ausgenommen an den Sonntagen von Ostern und Pfingsten, an denen er nur drei befahl wegen der Neugetauften.

a  Im Missale Romanum am Dienstag nach der Oktav von Pfingsten, 2. Responsorium. b  † 920. c  Bernoldus, Micrologus 60.

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vii. Pfingsten, KAP.  134

A u. Es gab jedoch einen Grund, weswegen das Fest erfunden wurde. Denn der Römische Kaiser Tuotila verfolgte die Christen und vernichtete fast alle Bücher des christlichen Bekenntnisses, weswegen Alkuin, der Lehrmeister Karls d. Gr. die Historia von der Trinität schuf, auch die Responsorien und Sequenzen. Er schuf auch die Historia zum hl. Stephanus. Diese beiden legte er Papst Alexander vor, der die von der Dreifaltigkeit verwarf und sagte: So wie es kein besonderes Offizium von der Einheit gibt, so auch keines von der Dreifaltigkeit, denn an allen Sonntagen gibt es das Fest der Dreifaltigkeit und der Einheit.’

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B u. Man muss auch beachten: Bei jedem Psalm müsste man ‚Glória Patri – Ehre sei dem Vater’ sagen. Doch „Alkuin, Lehrmeister Karls d. Gr. und seines Sohnes Ludwig, schrieb auf Bitten des Bonifatius, Erzbischof von Mainz, vieles aus kirchlichen Offizien zusammen.“a Deswegen richtete er auch mit Billigung des Konzils von Mainz es ein, dass von Ostern bis zu diesem Sonntag drei Lesungen gesungen werden und an diesem Tag von Dreifaltigkeit bis zum folgenden Sonntag, an dem man dann beginnt mit Domine in tua – Herr, in Deiner Huld (vgl. Ps 13,6). Er schuf das Offizium von Dreifaltigkeit, so wie an festfreien Tagen ‚von den Engeln’ gesungen wurde, und so von den anderen. Und der Bischof von Paris empfiehlt diesen Ritus, der vorsieht, dass am Montag von den Engeln gesungen wird. Doch die Begründung, die angeführt wird, billigt er nicht. Man sagt nämlich, weil damals, nämlich am 2. [Schöpfungs] tag die Engel stürzten. Daher wurde an diesem Tag nicht gesagt: Und Gott sah alles an, was Er geschaffen hatte (Gen 1,31).

Bernoldus, Micrologus 54.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

A v. Als schließlich die Ketzerei des Arius übermächtig wurde, wurde viel Schlechtes über die Dreifaltigkeit gesagt, sodass der Glaube an die Dreifaltigkeit fast ausgelöscht wurde. Doch der hl. Hilarius, der hl. Eusebius und auch der hl. Ambrosius stellten sich den Ketzern entgegen. Deshalb stimmte Gregor der Große zu, dass [die Liturgie] von der Dreifaltigkeit gesungen würde. Vieles war ja bei der Dreifaltigkeit bezweifelt worden, doch nichts bei der Einheit.

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Doch die Wahrheit ist, dass sie sofort, als sie geschaffen waren, vom Himmel stürzten, und zwar am 1. Tag. B v. Zur Zeit des Hilarius aber entstand in der Kirche Gottes eine ganz große Verfolgung durch die Häretiker. Fast alle fielen auf die Ketzereien des Arius herein, auch weil sich keiner fand, der schlecht über die Einheit dachte, weder ein Ketzer noch ein Philosoph – alle glaubten ja, dass der ei ne Gott verehrt werden müsse – doch schlecht über die Dreifaltigkeit. Da waren es Hilarius, Eusebius von Vercelli und Ambrosius von Mailand, die damals die Säulen der Kirche waren. Sie setzten fest, es solle von der Dreifaltigkeit gesungen werden und stets solle eine neunte Lesung von der Dreifaltigkeit gelesen werden.

viii.  Weiterer Fest- und Heiligenkalender Weiterer kalender Kapitel 135 a. Hier beginnt d ie Z eit der Pi l g er s c h a f t , weil wir auf dem Weg zur Heimat sind, und bevor wir dorthin gelangen, unser Fleisch, die Welt und den Teufel als Feinde und Gegner haben. Wir lesen deshalb in dieser Zeit das Buch der Könige, in dem uns Kriege und Siege vor Augen geführt werden, damit auch wir tap-

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vii. PFINGSTEN, KAP.  134 – viii. WEITERER KALENDER, KAP.  135-136

fer gegen die Feinde ankämpfen, und wenn wir endlich den Sieg errungen haben, im Himmel den Siegeskranz erlangen werden. b. Beachte auch: Bei den Autoren finden wir die Juden unter drei Namen: ‚Beschnittene’ nennt sie Jesaja, ‚Beschnittene Sabbate’, d. h. jüdische, denn die haben die zurückgezogene Haut wegen der Entfernung der Vorhaut. Sie werden auch ‚Palästinenser’ genannt, daher Ovid: ‚Den als stehendes Fest Syriens Jude begeht.’a c. Es gibt Oktaven aus Frömmigkeit wie die des hl. Nikolaus und der hl. Maria Magdalena, die keine [allgemeine] Oktav haben, aber weil sie Patrone einiger Kirchen sind, hält man für sie Oktaven. Es gibt auch Oktaven aus Verehrung wie bei Hochfesten. Es gibt auch solche der sinnhaften Darstellung wie bei Petrus und Paulus, die die zweite Stola sinnfällig machen, die sie erhalten werden, nämlich die leibliche Verherrlichung. d. Paulus Diakonus, der Geschichtsschreiber der Römischen Kurie und Mönch in Monte Cassino, hat eines Tages, als er die Osterkerze weihen wollte, eine heisere Stimme bekommen. Bevor sie wieder klangvoll wurde, hat er, damit seine Stimme wieder hergestellt werde, einen Hymnus zu Ehren des hl. Johannes des Täufers komponiert, nämlich ‚Ut queant laxis – Dass sie mit gelösten Stimmbändern.’ b Darin bittet er eingangs um Wiederherstellung der Stimme, wie sie dem Zacharias aufgrund der Verdienste des hl. Johannes wiederhergestellt wurde.

Kapitel 136 a. „Das Fest des hl. Joh a n ne s de s T äu f er s hat eine Vigil. Dieser vorausgehende Tag heißt ‚Vigil’, weil das Fasten deswegen oder anstelle der Nachtwache eingerichtet wurde. Einst war es nämlich Sitte, dass zu den Festtagen die Menschen mit ihren Frauen und Töchtern zur Kirche kamen und dort mit Kerzen und Leuchten übernachteten. Doch weil es häufig vorkam, dass Ovidius, Ars amatoria I, 415. Der Vers ist bei Johannes Beleth aber stark entstellt. b  AH 50, 120. a 

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bei diesen Nachtwachen die Jungfrauen vergewaltigt wurden und zu den Untaten größte Gelegenheit geboten war, deswegen wurde es eingerichtet, dass die Nachtwachen in Fasten umgewandelt werden sollten. Darum blieb auch der alte Name erhalten, es heißt ‚Vigil’.“ab B b. Nun ist über die Geburt A b. Nun ist zu sprechen über die Geburt des hl. Johan- des hl. Johannes des Täufers zu nes und über die Freudenfeste sprechen. und deren Ursprung und ob sie sein müssen und die Liturgie seiner Geburt. B c. Gefragt wird zunächst A c. Gefragt wird zunächst, warum die Geburt des hl. Jo- aber, warum die Geburt des hannes des Täufers gefeiert hl. Johannes des Täufers gewird, denn er wurde in Sünden feiert wird, denn er wurde in empfangen. Ebenso könnte ge- Sünden empfangen. „Keine fragt werden nach der Geburt Empfängnis durch Umarmung der hl. Maria, denn auch de- von Mann und Frau geschieht ren Empfängnis geschah in der ohne Sünde.“ b Die einen sind Sünde. ja ohne Vater und Mutter wie Adam, andere aus dem Vater ohne Mutter wie Eva, wieder andere aus Vater und Mutter wie Abel, noch andere aus der Mutter ohne Vater wie Christus. Daher heißt es in seiner Person: Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch (Ps 22,7), d. h. nach dem Gesetz der Würmer und nicht der Menschen geboren. Das ist kein Vorwurf, denn ähnlich könnte nach der hl. Jungfrau gefragt werden.

a  b 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 6. Aurelius Augustinus, De nuptiis et concupiscentia I, 12.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  136

A d. Doch zu bemerken ist: Zuerst wird der Mensch im Samen geformt, dann im Mutterleib empfangen und als Fleisch gestaltet. Darauf wird nach 46 Tagen die Seele geschaffen und dem Körper eingegeben nach den Theologen, denen besonders zu glauben ist, weil sie durch den Heiligen Geist gesprochen haben. A e. Gefeiert wird aber nicht die erste, sondern die zweite Geburt des hl. Johannes. Es gibt ja eine doppelte Geburt, die eine im Mutterleib, wenn die Seele in den Leib eingegeben wird, die andere aus dem Mutterleib, wenn sie in das Licht hinausgeht. Diese war nämlich ohne Sünde, weil er im Mutterleib geheiligt war wie Jeremia, was in dessen Prophezeiung enthalten ist: Noch ehe du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt (Jer 1,8). Doch gerade über Johannes wurde vorausgesagt, denn bei der Geburt des Johannes wird die Prophezeiung gelesen. Doch welcher Art Heiligung es sein werde – Gott wusste, ob wegen der ursprünglichen Heiligung oder wegen der anderen.

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wird.

B d. Zu bemerken ist: Der Mensch wird zuerst im Samen geformt, danach wird er im Mutterleib empfangen und das Fleisch gestaltet. Darauf wird nach 46 Tagen die Seele geschaffen und dem Körper eingegeben nach den Theologen, denen mehr zu glauben ist als den Naturkundlern.a B e. Gefeiert wird seine zweite Geburt, als er ins Licht hinausging. Denn die erste ist, wenn die Seele in den Körper eingegeben wird, die zweite war ohne Sünde. Geheiligt wurde ja der im Schoß Empfangene wie Jeremia, in dessen Prophezeiung folgendes enthalten ist: Noch ehe du aus dem Mutterleib herauskamst, habe ich dich geheiligt (Jer 1,8) usw.. Wahrscheinlich wurde das in dessen Bild gesagt. Doch welche Art Heiligung es war – Gott weiß es. Einige sagen, wegen der ursprünglichen Heiligung. Einige wollen, es sei wegen der ursprünglichen Heiligung gesagt, was sie so beweisen wollen, weil der Heilige Geist ihn so erfüllt hat, dass die Erfülltheit des Knaben seine Mutter erfüllt hat, sodass sie

Vgl. jedoch Kap. 108 b, wo das Menschsein von der Empfängnis an gerechnet

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Einige wollen, es sei wegen der ursprünglichen Heiligung gesagt, was bewiesen werde, weil der Heilige Geist ihn so erfüllt hat, dass die Erfülltheit des Knaben seine Mutter erfüllt hat, sodass sie prophezeite. Aber wenn es die ursprüngliche war, wäre sie im Sterblichen gewesen, also wäre er nicht vom Heiligen Geist erfüllt. Also hätte seine Mutter nicht in der Erfülltheit prophezeit. – Lösung: Es war kein Makel, denn viele schlechte Menschen haben prophezeit wie etwa Kajaphas. A f. Es scheint auch, dass die Erbsünde nicht vor seiner Geburt ihn verlassen hat. Johannes sagt ja: Du willst von mir getauft werden, müsste ich nicht eher von Dir getauft werden? (Mt 3,14) Wenn er es nötig hatte, getauft zu werden, war er also nicht von der Erbsünde befreit, denn Taufe ist ja nichts anderes. – Lösung: Das sagt er in der Person der Kirche. A g. Gefeiert wird aber die Geburt des hl. Johannes wegen der Historie und der Allegorie: Wegen der Historie, weil der Engel gesagt hat: Viele werden sich über seine Geburt freuen (Lk 1,14).

prophezeite. Aber wenn es die ursprüngliche war, wäre sie im Sterblichen gewesen, also wäre er nicht vom Heiligen Geist erfüllt, auch nicht seine Mutter. Das ist kein [gültiger] Einwand, denn viele Böse haben prophezeit, wie Nebukadnezar und Bileam, und auch die Eselin hat gesprochen (vgl. Num 22).

B f. Ebenso scheint es, dass die Erbsünde ihn nicht verlassen hat. Johannes sagt ja: Du willst von mir getauft werden, müsste ich nicht eher von Dir getauft werden? (Mt 3,14) Wenn er es nötig hatte, getauft zu werden, war er also nicht von der Erbsünde befreit. – Lösung: Das sagt er in der Person der Kirche. B g. Gefeiert aber wird die Geburt des hl. Johannes einmal wegen der Historie: Das Evangelium hat ja die Stelle: Viele werden sich über seine Geburt freuen (Lk 1,14). Das wird auch besonders wegen der Sarazenen

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viii. Weiterer kalender, KAP.  136

Das tun ja die Christen und die Heiden. Wegen der Allegorie: denn Er hat einen Aufgang der Gnade dargestellt. Der Heiland hat uns den Aufgang der Gnade geschenkt. Johannes ging ihm voraus in der Ankündigung der Geburt, der Verkündigung, dem Leiden und dem Abstieg in die Unterwelt. a

A h. Die Liturgie ist zum Teil eine des Alten Testaments, zum Teil des Neuen, denn er [Johannes] war das Ende des Alten und der Beginn des Neuen. Er war nämlich der Eckstein zwischen Altem und Neuem Testament.

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gesagt. Dann auch wegen der Allegorie und des Mysteriums: Durch Johannes wurde der Aufgang in der Gnade dargestellt. Der Heiland hat uns eine Geburt in der Gnade geschenkt. Johannes ging Ihm voraus in der Ankündigung der Geburt, der Verkündigung, dem Leiden und dem Abstieg in die Unterwelt. B h. Die Liturgie ist zum Teil eine des Alten Testaments, zum Teil des Neuen, denn er [Johannes] war das Ende des Alten und der Beginn des Neuen. Er war ja gleichsam der Eckstein zwischen Altem und Neuem Testament. Darum feiern wir dann mehr wegen des Mysteriums als wegen der Person. Wir glauben aber, dass er im Mutterleib wie Jeremia geheiligt wurde. Darum liest man heute auch aus Jeremia. Doch wir lesen nicht, von welcher Art die Heiligung ist. „Man sagt aber, dass er von jeder Art Sünde befreit wurde. Doch sagt die Glosse zu der Stelle ‚Du kommst zu mir, um getauft zu werden? Ich müsste von Dir getauft werden (Mt 3,14), d. h. von der Erbsünde befreit werden.’“a

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 33.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Es heißt aber, dass er in der Person der Menschheit sprach. Dennoch wurde er in der Erbsünde empfangen, so wie die hl. Jungfrau. Dass wir an seinem Fest fasten, tun wir aus Mitleiden mit ihm, weil er in der Wüste gefastet und ein überaus hartes Leben geführt hat. A i. Es werden zwei Messen gesungen, eine am frühen Morgen, weil seine Geburt gleichsam der Morgen war, die Geburt Christi quasi der Sonnenaufgang. Die andere wird mittags gesungen. Dieses Fest hat aber keine Oktav.

Kapitel 137 A a. Nun wollen wir über die Freuden f e ste sprechen, die an diesem Fest aufgeführt zu werden pflegen. Von denen gibt es drei Arten: Am Vigiltag des hl. Johannes sammeln nämlich die Kinder in einigen Gegenden Knochen und anderen Unrat und verbrennen es gemeinsam. Dabei wird Qualm und Rauch in der Luft erzeugt. Sie machen auch Fackeln und ziehen mit ihren Fackeln durch die Felder. Das dritte ist das Rad, das sie sich drehen lassen.

B a. Knochen von toten Tieren werden in Beachtung eines alten Brauchs verbrannt. Es gibt nämlich Tiere, die Drachen heißen. Daher im Psalm Lobt den Herrn, ihr auf der Erde, ihr Drachen (Ps 148,7) nicht ‚ihr Grotten’, wie einige fälschlich sagen, also ‚Erdgänge’.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  136-137

A b. Dass sie aber Unreines verbrennen, haben sie von den Heiden. Einst wurden nämlich in dieser Zeit Drachen zur Ausschweifung angestachelt wegen der Glut und beim Umherfliegen durch die Luft spritzten sie ziemlich häufig Samen in Brunnen und Quellen, wodurch die Gewässer vergiftet wurden. Dann war das Jahr ein tödliches, weil jedermann, der davon trank, entweder starb oder eine schwere Erkrankung erlitt. Dies beobachteten Philosophen und befahlen, es sollte öfters rings um Brunnen und Quellen Unrat verbrannt werden, und jede Art von Unrat sollte Qualm verursachen. Denn sie wussten, dass durch den Qualm die Drachen vertrieben werden können, so wie Elefanten durch der Schweine Grunzen in die Flucht getrieben werden. Das wusste Alexander gut, denn als er gegen Porus, den König der Inder, kämpfen wollte, der viele Elefanten aufgeboten hatte und auf diesen viele Türme und Bastionen errichtet hatte, von denen aus seine Leute kämpfen sollten, führte Alexander eine Menge Schweine heran, um dieses Kriegsgerät zu erschüttern.

B b. Diese Tiere fliegen auch in der Luft, schwimmen im Wasser, ziehen auf dem Land einher und wurden in der Luft mitunter zur Lust angestachelt. Dann brachten sie oft Samen in Brunnen und Flussläufe, daraus entwickelte sich ein Todesjahr. Dagegen also wurde als Heilmittel erfunden, dass aus Knochen ein Scheiterhaufen gemacht wurde und der Qualm die Tiere in die Flucht jagte. Und weil das in jener Zeit recht oft geschah, wurde es auch von Menschen gemacht.

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Dann fing er ein Ferkel und ließ es kräftig quieken. Als das die Schweine hörten, begannen sie zu grunzen. Beim Anhören des Grunzens der Schweine flüchteten die Elefanten und zerstörten, was auf ihnen aufgetürmt war. So erlangte Alexander seinen Sieg. A c. Oder: Das kann auch auf das Neue Testament bezogen werden. Die Kinder werfen ja das Alte weg und verbrennen es, um damit ein Zeichen zu setzen, dass bei der Ankunft des neuen Gesetzes der alte Ritus verschwinden müsse. Es heißt ja im Gesetz: Ihr werdet das Alte hinausschaffen müssen, um Platz für das Neue zu haben (Lev 26,10). A d. Fackeln sind ein Zeichen für Johannes, der ein Licht war, Leuchter und Vorläufer des wahren Lichts, das jeden Menschen erleuchtet, der in diese Welt kommt (Joh 1,9). Daher jenes Wort: Jener war die Lampe, die brennt und leuchtet (Joh 5,35) vor dem Herrn. A e. Das Rad wird gedreht als Zeichen, dass die Sonne dann in die Höhe im Kreis aufgeht, und sodann zurückkehrt. Um daran zu erinnern wird das Rad gedreht.

B c. Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Tierknochen verbrannt werden, denn die Knochen des hl. Johannes wurden in der Stadt Sebaste/Samaria von den Heiden verbrannt.

B d. Es werden auch brennende Fackeln getragen, denn Johannes war ein brennender Leuchter.

B e. Das Rad wird auch gedreht, weil die Sonne dann im Kreis hernieder sinkt und man findet: Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden (Joh 3,30). „Man sagt: ‚Weil nun die

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viii. Weiterer kalender, KAP.  137

Tage beginnen kürzer zu werden, in Seiner Geburt länger werden, deswegen sei das gesagt. Wir aber sagen, dass sie manchmal vor dem Fest des Johannes kürzer werden und vor Geburt des Herrn länger werden. Doch das ist zu verstehen von der Geburt in der Mutter, als beide empfangen waren, Christus und Johannes. Johannes wurde empfangen, als die Tage kürzer wurden wie im September, Jesus aber als sie länger wurden wie im April.“a B f. In der Messe ist die Liturgie gewissermaßen aus dem Alten Testament und dem Neuen Testament gemacht. Einiges wird nämlich aus dem Neuen, anderes aus dem Alten gesprochen, denn bis zu Johannes haben alle Propheten und das Gesetz geweissagt (Joh 11,13). ‚Bis zu’ heißt ‚eingeschlossen’, weswegen er gleichsam zwischen dem Neuen und dem Alten Testament stand. Danach jedoch wurde Christus beschnitten. Am selben Tag aber starb Johannes der Evangelist, als er in die Grube hinab stieg. Doch weil infolge der Geburt des Johannes des Täufers sein Fest nicht voll gefeiert werden konnte, wurde sein Fest auf Weihnachten verlegt. Aber weil er dort infolge des Festes des hl. Stephanus keine Vigil haben konnte, wird an jenem Tag, nämlich dem des Johannes des Täufers, eine doppelte Messe gesungen, und zwar eine von der Vigil des Evangelisten, nämlich Iustus ut palma – Der Gerechte gedeiht wie eine Palme (Ps 92,13), die andere vom Fest selbst. Außerdem hat die Vigil von Johannes dem Täufer ein volles Offizium. Daher wird an diesem Tag nicht seine Vigil, sondern die von Johannes dem Evangelisten gefeiert.a

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 968B; Ders., Gemma animae III, 151. a 

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a. Gesprochen wurde von der Geburt des hl. Johannes, seiner Vigil und den Freudenfesten. Es folgen nun die anderen Feste, nämlich die der beiden A p o ste l Pet r u s u nd Pau lu s . Bei beiden erhebt sich die große Frage, ob sie am selben Tag gelitten haben. Heinricha der Einsiedler scheint zu wollen, dass Paulus am selben Tag, nachdem ein Jahr vergangen war, gelitten hat.b „Doch Papst Pelagius und andere hll. Väter, die darüber in Dekreten geschrieben haben, wollen, dass sie unter Nero, jenem schrecklichsten Kaiser, am selben Tag und sogar zur selben Stunde gelitten haben, andernfalls wären die Geschichten über sie falsch, doch hätten sie an verschiedenen Orten und verschiedenen Arten von Qualen [das Martyrium] erlitten.“c An verschiedener Marter, denn Petrus wurde gekreuzigt, Paulus aber enthauptet, weil diese Strafe ehrenvoller schien. Er war ja Römer, wie man in der Apostelgeschichte liest (vgl. Apg 22,25-29). „Danach wurden deren Leichname am selben Ort in demselben Grab beigesetzt und blieben lange Zeit so.“d Doch als der Römische Kaiser sich bekehrt hatte und die Christenheit wuchs, baute man für beide Apostel jeweils eine Kirche. Als sie die Leiber trennen wollten und im Zweifel waren, welche Knochen die des hl. Petrus und welche des hl. Paulus waren, beteten sie und veranstalteten ein Fasten und erhielten vom Himmel als Antwort, die größeren seien die Knochen des Verkündigers, die kleineren die des Fischers. Und so wurden die Knochen von einander getrennt in ihren Kirchen beigesetzt. b. Mögen auch deren Feste am selben Tag gefeiert werden, der hl. Gregor entschied, das Fest des hl. Petrus solle nur an diesem Tag gefeiert werden, – er war nämlich an Heiligkeit der größere und hatte den Primat in Rom innegehabt – und am folgenden Tag das Fest des hl. Paulus. Beim Fest des hl. Petrus wird jedoch das Tagesgebet in der Messe gemeinsam für jene beiden gesproHonorius Augustodunensis mit dem Beinamen ‚Solitarius’. Bei Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 976D wird das allerdings nicht bestätigt. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In actus apostolorum 122. d  Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 162. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  138

chen. Und es kann in der Messe des hl. Petrus Terríbilisa – Ehrfurchtgebietend ist dieser Ort (Gen 29,17) gesprochen werden, weil an diesem Tag die Kirche Sankt Peter geweiht wurde. c. Hier wird gefragt nach „Linus, ob er Papst war, ebenso nach Kletus? – Die Antwort ist: ‚Nein.’ Doch sie waren Schüler des hl. Petrus und füllten dessen Platz aus in dem, was zum aktiven Leben gehörte, einer innerhalb der Stadtmauern, der andere außerhalb. Petrus aber hielt sich für das Gebet frei, und deshalb ist der eine Bischof von Rom, verschieden vom Papst.“ b d. Doch beachte: Mitunter findet man, dass Paulus geringer war als Petrus, mitunter größer, wieder mitunter gleich groß. Das löst sich so: Geringer nämlich an Würde, weil jener der Apostelfürst war und den Primat in Rom innehatte, größer in der Verkündigung, gleich in der Heiligkeit des Lebens. e. Dieses Fest besitzt aber dreierlei: Fasten, Festlichkeit, Oktav. Fasten: Denn wenn wir mitherrschen wollen, müssen wir mitleiden. In der Festlichkeit freuen wir uns über deren Verherrlichung. In der Oktav sind wir froh wegen der Gewissheit über deren künftige Seligkeit mit Leib und Seele. f. Gefragt wird: Wenn wir durch den Oktavtag die doppelte Verherrlichung von Leib und Seele sinnfällig machen und am ersten Tag nur die der Seele, warum freuen wir uns nicht besser am Oktavtag und feiern da das Fest? g. Magister Gilbert antwortet: Weil wir uns mehr freuen müssen über das, was wir haben, als über das, was wir haben werden. h. Magister Johannes Beleth: Es gibt vier Affekte der menschlichen Seele: Freude, Hoffnung, Trauer und Schmerz. Freude an der Gegenwart, Hoffnung auf die Zukunft, Trauer über die Gegenwart, Schmerz wegen der Zukunft. Hoffnung und Freude vermischen sich, denn wenn es um die Gegenwart geht, dann nicht um die Zukunft und umgekehrt. Wenn jenes also künftig ist, können wir uns darüber nicht freuen, denn Freude ist gegenwartsbezogen.

a  b 

Introitus der Kirchweihmesse. Gratianus, CIC, C.8 q.1 c.1.

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i. Zu beachten ist: „Aus dem hl. Paulus soll Milch statt Blut geflossen sein, lesen wir.“a Das ist jedoch nicht verwunderlich, da man liest, es sei dies vielen Schlechten geschehen.

Kapitel 139

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a. Es folgt d ie Tren nu n g der A p o ste l , ein Fest, bei dem viele angesehene Persönlichkeiten anscheinend im Streit liegen. Einige wollen nämlich, dass es sich um die Trennung handelt, die in Jerusalem nach zwölf Jahren geschah, als sie sich zur Verkündigung bei den Heiden trennten. Andere sagen, das Fest sei das der Trennung der Gebeine von Petrus und Paulus, über die wir oben gesprochen haben. Einige sagen nämlich, sie sei an einem solchen Tag geschehen, was gut geschehen konnte. Dieses Fest liegt am dritten oder vierten Tag nach dem Fest der hl. Margarete. Und es wird jene bedeutende Sequenz über die Apostel gebetet: ‚Caeli enarrant – Die Himmel erzählen’ b und das Evangelium von Himmelfahrt, wenn auch nicht das ganze, aber dort heißt es am Beginn: Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesprochen hatte (Mk 16,19) usw. b. Hier wurde von den beiden Schülern des hl. Petrus gesprochen, die zum Verkünden geschickt wurden. Als sie 20 Tagereisen gegangen waren, starb der eine von ihnen, der andere aber kehrte zum hl. Petrus zurück. Dieser soll der hl. Martial gewesen sein. Der hl. Petrus übergab ihm seinen Stab, schickte ihn wieder hinaus und trug ihm auf, wenn er zum Leichnam seines Gefährten komme, solle er ihn mit seinem Stab berühren. Der tat es, und jener, der 40 Tage tot gelegen hatte, wurde auf die Berührung mit dem Stab hin wieder lebendig. So erfüllte sich auch, was der Herr gesagt hatte: Und ihr werdet noch größere Werke vollbringen (Joh 14,12). Der Herr erweckte jemanden nach vier Tagen, was etwas Großes war, doch größer war, dass er ihn auf die Berührung mit dem Stab des Petrus erweckte, als er schon 40 Tage tot war.

a  b 

Ordericus, Historica ecclesiastica I, 2, 8. AH l, 344. – Verfasser ist Gottschalk von Limburg, † 1098.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  138-140

Kapitel 140 a. „Es folgt das Fest des hl. Ja kobu s de s Ä lteren , des Bruders von Johannes dem Evangelisten und Sohn des Zebedäus. Der Leib dieses Jakobus ruht in Compostela, das ein Teil Spaniens ist. Dieser Jakobus wurde ausgeschickt, in Spanien zu predigen, doch wegen der Bosheit der Fürsten konnte er nur einen einzigen zum Glauben an Christus bekehren. Als das der heilige Mann sah, kehrte er nach Jerusalem zurück um zu sehen, ob jene, die er dort zurückgelassen hatte, im Glauben an Christus gefestigt seien. Doch er fand sie im Irrtum befangen, und sie hatten fast ganz den Glauben an Christus verlassen wegen Hermogenes und Philetus, die durch Magie gleichsam Wunder wirkten und die Menschen täuschten. Diese Magier griff der Apostel an und bekehrte sie schließlich zum Glauben. Auch das Volk führte er zum Gottesdienst zurück. Als man ihn darauf vor Herodes schleppte, heilte er unterwegs einen Gelähmten, und auch den, der ihn zu Herodes schleppte, bekehrte er und taufte ihn. Dann wurde er von Herodes enthauptet. b. Danach haben die oben genannten Magier, die seine Jünger geworden waren, und noch andere drei Schüler seinen Leichnam in ein Boot gesetzt, gelangten ohne Ruder aufs offene Meer und überließen es der göttlichen Vorsehung, den Ort seines Begräbnisses zu bestimmen. Schließlich landete das Boot in Spanien im Königreich der Lupa (Wölfin). Sie war damals Königin von Spanien, so genannt nach ihrem Namen und zu Recht nach ihrem Lebenswandel. Einige Jünger gingen da zu jener Königin und sagten zu ihr: ‚Der Herr Jesus Christus schickt euch den Leichnam seines Jüngers, den ihr lebendig nicht aufnehmen wolltet. Nehmt ihn jetzt wenigstens als Toten auf!’ Und sie berichteten von dem Wunder, wie sie dorthin gekommen waren. c. Als Lupa das hörte, schickte sie die Jünger zu einem äußerst grausamen Mann, der sie im Kerker einsperrte. Und als der zum Mahl wegging, zog sie ein Engel des Herrn aus dem Kerker. Sie gingen wie Pilger aus der Stadt, während das Volk ihnen zusah, und kehrten völlig unbehindert zu ihren Gefährten zurück. Als der Tyrann sein Mahl beendet hatte, befahl er, die Kerkerinsassen

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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sollten ihm vorgeführt werden. Doch als die Leute zum Kerker kamen, fanden sie diesen offen und berichteten ihrem Herrn, sie hätten keine Gefangenen gefunden. Da wurde dieser fast rasend vor Zorn und befahl seinen Knechten, sie sollten ihnen schleunigst nachsetzen und sie suchen. Diese zogen los und hörten von den Bürgern, sie hätten zwei solche Leute gesehen, und die hätten die Brücke der Stadt überquert. Da liefen sie ihnen nach, und als sie zur Brücke gekommen waren, stürzte diese ein. Sie fielen ins Wasser und ertranken. Als der Fürst das hörte, fürchtete er für sich und die Seinen, tat Buße, schickte andere los und bat die heiligen Männer, ohne Furcht zu ihm zurückzukehren. Er versprach ihnen, er werde alles tun, was ihnen gefalle. Jene aber kamen zurück und bekehrten ihn und die Stadtbevölkerung zum Glauben. d. Als Lupa das hörte, wurde sie sehr traurig, und als die Jünger zu ihr zurückkehrten, wagte sie nicht, ihnen offen Schaden zuzufügen. Sie verstellte sich und sagte: ‚Nehmt die Stiere, die ich habe, spannt sie vor einen Karren und nehmt den Leichnam eures Herrn mit.’ Das aber sagte sie aus schlechter Gesinnung. Sie wusste nämlich, dass die Stiere ungebärdig und ungezähmt waren und glaubte, sie könnten nicht eingespannt werden und würden kein Zaumzeug ertragen, oder wenn sie im Zaumzeug wären, würden sie aber losstürmen nach hier und dort, den Wagen umstürzen und sie töten. Und so würde der Leichnam stürzen. Doch es gibt keine Weisheit gegen Gott (Spr 21,20). Die Jünger machten nämlich ein Kreuzzeichen über die Stiere, und sofort wurden diese sanft wie Lämmer, ertrugen die Berührung der Menschen, kamen zum Leib des Apostels mit dem Karren. Diese setzten den Leib auf einen gewaltigen Steinblock, der sofort mit göttlichem Wunder dem Leib nachgab und in sich Platz schuf und einen Sarkophag bildete, wie von Hand geschaffen. Diesen Stein setzten sie mit dem Leichnam auf den Karren. Dann zogen die Stiere den Karren ohne Lenkung durch irgendwen vor den Palast der Königin Lupa, sie ruhten nicht eher, als bis sie mitten im Palast waren. Da staunte die Königin über das Wunder, sie war erschreckt, bekehrte sich zum Glauben und widmete ihren Palast als Kirche für den Heiligen. Allen Schmuck, den sie dort besaß, stellte sie für

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viii. Weiterer kalender, KAP.  140-141

den Kult in der Kirche zur Verfügung,“a und, ganz gläubig geworden, beendete sie heiligmäßig ihr Leben. e. Es liegt das Fest des hl. Jakobus auf dem 25. Juli, nicht weil er da starb – er erlitt ja das Martyrium um Ostern, wie man aus der Epistel König Herodes schickte seine Leute (Apg 12,1) usw. weiß – sondern an diesem Tag wurde die Kirche in Compostela geweiht. Das Fest hat kein Fasten aus dem oben aufgezeigten Grunde.

Kapitel 141 Es folgt „das Fest Pet r i K et ten f eier. Theosebia, die Gattin des Kaisers Theodosius,b kam auf ihrer mühsamen Pilgerreise nach Jerusalem zunächst durch Alexandria. Dort feierten die Leute dieses Landes zu Ehren des Caesar Augustus ein Fest, den Triumph, den er über Kleopatra und Mark Anton gefeiert hatte. Als das Theosebia sah, wurde sie sehr traurig und trug schwer daran, dass einem Heiden und Verdammten eine solche Ehre zuteil wurde. Als sie aber nach Jerusalem kam, wurden ihr die Ketten gegeben, mit denen der hl. Petrus unter Herodes gefesselt worden war. Dann kehrte sie nach Rom zurück und berichtete dem Herrn Papst von dem Fest, das sie in Alexandria gesehen hatte. Danach zeigte sie ihm auch die Ketten, die ihr in Jerusalem gegeben worden waren. Daraufhin ließ der Herr Papst die Ketten herbeischaffen, mit denen Petrus unter Nero gefesselt worden war. Als die eine die andere berührte, verbanden sich wunderbarerweise beide Ketten, als ob sie immer zusammen gewesen wären. Auf diese Erscheinung hin ließ Theosebia eine Kirche zu Ehren des hl. Petrus bauen, und auf Anraten des Herrn Papstes legte sie dort die genannte Kette nieder. Und jene Kirche wurde zu Ehren des hl. Petrus am 1. August geweiht. Und der Papst setzte fest, was der unbesonnene Wille der Leute zuvor für einen weltlichen Fürsten gemacht hatte, das solle nun die fromme Verehrung der Christen in der ganzen Welt und für immer als Fest des Apostelfürsten Pe-

a  b 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 983C-984D. 379-395.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

trus feiern. So löschte die Festlichkeit des Petrus die Festlichkeit des Augustus aus.“a

Kapitel 142

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a. Es folgt das Fest der M a k k a bä er. Zu beachten ist: Es sind nicht jene Makkabäer, von denen einer Judas Makkabäus war (vgl. 1 Makk 2,4), sondern jene, die Söhne der Felizitas waren (vgl. 2 Makk 7), wie es einigen gefällt. Andere sagen, „Felizitas sei die Mutter von anderen sieben Söhnen gewesen, die für Christus gelitten haben, deren Namen die Kirche aber nicht kennt. Sie ertrug ein doppeltes Martyrium. Sie sah nämlich, wie ihre Söhne verschiedene Marterungen erlitten, und da erlitt sie selbst ein Martyrium. Es waren ja ihre sieben Söhne.“ b b. Gregor nennt die hl. Felizitas mehr als eine Märtyrerin, weil sie siebenmal litt an den sieben Söhnen und zum achten Mal am eigenen Leib. c. „Deren Fest wird aber in der Ostkirche und in der Abendländischen Kirche gefeiert, während sonst die Abendländische Kirche kein Fest eines Heiligen des Alten Testaments feiert, doch die Ostkirche feiert auch für andere. Für diese feiern indes beide, weil sie gelitten haben für die Beachtung des Gesetzes,“c denn sie wollten kein Schweinefleisch essen. d. „Es gibt noch einen anderen Grund, dass es sieben waren, und sieben ist die Zahl des Vollkommenseins. Bezeichnet werden in ihnen also alle Märtyrer des Alten und Neuen Testaments. Und sie werden als Beispiele den Märtyrern des Neuen Bundes gezeigt, denn wie sie für ihr Gesetz gelitten haben, so sollen auch wir für unser Gesetz leiden, wenn es nötig ist. Und so wird wegen des Bezeichneten dieses Fest mehr gefeiert als wegen des zu Bezeichnenden.“d e. Beachte: Wenn das Fest eines Märtyrers und eines Bekenners zusammentreffen, muss, wenn der Bekenner erlauchter ist

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 986C-D. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 988. c  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In II Maccab. 1 add. 1. d  Liber Quare additio 85. – Also als Kommemoration. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  141-144

und ein volles Offizium hat, sein Tagesgebet vorgezogen werden, und das des anderen ist nur als ‚Gedächtnis’a zu bringen.

Kapitel 143 a. Beim Fest des hl. Steph a nu s ist im Folgenden nämlich über seine Au f f i ndu n g zu sprechen. Doch ist zu bemerken, dass seine Auffindung an dem Tag stattfand, an dem sein Martyrium gefeiert wird und umgekehrt. Dieser Tausch fand aus zwei Gründen statt: Der erste Grund, weil Christus auf Erden geboren wurde, damit die Menschen im Himmel geboren werden. „Da also der hl. Stephanus Erzmärtyrer war und das Martyrium der Heiligen der Geburtstag im Himmel ist, wird zu Recht der Geburtstag des hl. Stephanus nach der Geburt des Herrn gefeiert. Daher stammt jenes Wort: Gestern wurde Christus auf Erden geboren, damit heute Stephanus im Himmel triumphiert.“ b b. Der zweite Grund ist: „Weil bei seiner Auffindung eine riesige Menge Menschen zusammenströmte, die die Wunder sehen wollten, welche Gott in reicher Zahl bei der Auffindung bewirkte, feierte man jenen Jahrestag mit größerer Feierlichkeit (cultus). Daher setzten die hll. Väter fest: das Fest des Leidens solle auf diesen Tag der Auffindung und das der Auffindung auf den des Leidens verschoben werden, denn der Tag des Leidens ist würdiger und von größerer Feierlichkeit (cultus), und das Volk feierte diesen Tag, der auf Weihnachten folgt, mit größerer Feierlichkeit als das Fest im August.“c

Kapitel 144 a. Nun wäre über das Fest des hl. Si x t u s zu sprechen, doch weil sein Martyrium recht offenkundig und allen bekannt ist, gehen wir zu einem anderen Fest über. b. Denn an diesem Tag ist das a  Also werden Kirchengebet, Stillgebet und Schlussgebet als 2. Oration eingeschoben. b  Fulgentius, Sermo III 1 [Übers. L. Kozelka, Ausgewählte Predigten, (BKV2, II, 9), S. 207]. c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 832C.

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Fest der Verk l ä r u n g Ch r i st i , nicht, weil die Verklärung an diesem Tag geschehen ist, sondern weil sie damals von jenen Aposteln, die bei Ihm auf dem Berg waren, bekannt gemacht und verbreitet wurde. Der Herr hatte nämlich befohlen, sie sollten niemandem davon erzählen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden wäre (Mt 17,9). Die aber hatten bis zu diesem Tag darüber Schweigen bewahrt. Von dieser Verklärung steht fest, dass sie geschehen ist am Ende des Winters und dem Beginn des Frühlings, also davon, dass jenes Evangelium gelesen wird.a c. Beachte auch: Das Blut Christi wird an diesem Tag konsekriert aus neuem Wein, wenn man ihn finden kann, oder es wird wenigstens etwas Saft aus einer reifen Traube in den Kelch getan, und es werden die Trauben gesegnet und die Menschen kommunizieren damit. Weswegen das geschieht, ergibt die folgende Überlegung: Am Tag des Abendmahls sagte der Herr zu den Aposteln und zu denen, die bei Ihm waren: Wahrlich, ich sage euch: Von jetzt an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis zu dem Tag, an dem ich von Neuem davon trinke im Reich meines Vaters (Mt 26,29). Weil Er also sagte: von Neuem, und die Verklärung des Herrn zu jenem Zustand gehört, den Er nach der Auferstehung hatte, deshalb wird bei diesem Fest neuer Wein gesucht.

Kapitel 145

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a. Nun ist kurz über das Fest des hl. L au rent iu s zu sprechen. „Der hl. Sixtus, von dem eben die Rede war, war nach Spanien gegangen und brachte von dort zwei junge Männer mit nach Rom, nämlich den hl. Laurentius und dessen Verwandten, den hl. Vinzenz. Von denen blieb der eine in Rom bei ihm, nämlich der hl. Laurentius, und er erlitt in Rom grausamste und schlimmste Folterungen, wie seine Historia ausführlich erzählt. Der hl. Vinzenz aber, sein Verwandter, kehrte nach Spanien zurück und beendete sein Leben als ruhmreicher Märtyrer.“ b a  b 

Am 2. Fastensonntag. Vgl. Maximus Taurinensis, Homiliae 71.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  144-146

b. Dieses Fest hat drei Besonderheiten, die nur große Festtage zu haben pflegen: nämlich Fasten, Festlichkeit des Tages und Oktav. Der Heilige ist nämlich vierfach privilegiert. c. Im Fasten: Er ist nämlich der einzige unter den Märtyrern, der ein Fasten hat, ein Fasten, sage ich, der [offiziellen] Einrichtung. d. Das zweite Privileg ist die Oktav, denn unter den Märtyrern haben nur er und der hl. Stephanus eine Oktav, der hl. Martin aber unter den Bekennern, wie später gesagt werden wird, wenn wir über sein Fest sprechen werden. e. Drittes Privileg ist der Rückgriff auf die Antiphonen, wie sie der hl. Paulus hat. Er hat sie wegen der höchsten Schmerzen des Martyriums, Paulus wegen der Vorzüglichkeit seiner Verkündigung. f. Es gibt drei Privilegien in der hl. Kirche: Taufe, Verkündigung, Martyrium. Der hl. Laurentius aber hatte das Privileg des Martyriums, denn mochten auch viele Heilige gleich schwere Folter ertragen haben wie die hll. Vinzenz und Georg, sowie vielleicht schwerere und mehr als jener, doch nimmt die Kirche nicht so wörtlich, was über deren Folter gesagt wird. Auch wegen der Würde des Ortes, denn er hat in Rom gelitten.

Kapitel 146 Jetzt müssen wir über die H i m me l f a h r t der hl. M a r i a sprechen. a. Zuerst ist zu beachten: Der Tod der Heiligen wird mit vielen Begriffen benannt: Er heißt mitunter ‚Hinscheiden, Tod, Dahingang, Geburt, Entschlafung, Beerdigung’ wie man es in der Legende des hl. Johannes des Evangelisten hat. Er heißt auch ‚Leiden’ und ‚Himmelfahrt’, doch dieser Name wird gleichsam in Antonomasie von der hl. Maria verwendet. b. Wahr ist, dass die hl. Maria zuerst mit der Seele in den Himmel aufgenommen wurde. Ob ihr Leib aber danach auch aufgefahren ist oder auf der Erde blieb, hält man für unsicher. Wir glauben jedoch fromm, dass sie gänzlich aufgenommen wurde, doch zunächst die Seele, danach der Leib. „Eine tieffromme Frau indessen namens Elisabeth, die noch lebt und noch im Gebiet von Sachsen wohnt, gesagt, ihr sei offenbart worden, dass ungefähr

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am 40. Tag nach der Aufnahme der Seele ihr Leib in den Himmel aufgenommen wurde, Sie hat daraufhin einen Traktat abgefasst,“a aber der ist von der Römischen Kirche nicht für authentisch erklärt worden. c. Gefragt wird aber: Warum wird an jenem Tag das Evangelium von der hl. Maria Magdalena und der hl. Martha gelesen und nicht von ihrer Himmelfahrt? – Um das besser zu verstehen, muss man wissen: Mitunter wird ein Evangelium in der Kirche gelesen wegen eines Sachverhalts wie das Evangelium von der Dreifaltigkeit, mitunter wegen eines Teils des Buches wie beim Stammbaum (Mt 1,1), wegen des letzten Verses, in dem Christus genannt wird, mitunter wegen des ganzen Textes wie Als acht Tage vorüber waren, und das Kind beschnitten werden sollte (Lk 2,21), mitunter wegen der Zeit wie am 1. Tag der Quadragesima und wegen des Fastens, mitunter wegen der Litaneien wie das Evangelium in dem das Ei, das Brot und der Fisch erwähnt werden, mitunter wegen des Ortes, wie am Sonntag Sexagesima das Evangelium gelesen wird: Ein Sämann ging aufs Feld (Lk 8,5) usw. „Hier war es der hl. Paulus, der ausging und Samen säte, d. h. das Wort Gottes, und gesprochen wird an jenem Tag das Tagesgebet vom hl. Paulus, an dessen Ende vom ‚Lehrer der Heidenvölker’ b usw. gesetzt ist, an diesem Tag feiert der Herr Papst nämlich die Messe in St. Paul.“c Mitunter wird es entsprechend der Historia gesprochen wie an Beschneidung, mitunter wegen der Allegorie wie jenes, das an Mariae Himmelfahrt gesprochen wird. „Die hl. Maria war eine Burg, denn sie war gut ummauert gegen den Teufel und gegen die Laster. Sie war Maria [die Schwester des Lazarus], sie war Martha, denn keine war besser im aktiven Leben, keine besser in der Kontemplation.“d Im kontemplativen Leben war sie, wie gesagt wird: Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen (Lk 2,19).

Elisabeth Schonaugiensis, Visiones II, 31. Oration am Sonntag Sexagesima. c  Rupertus Tuitiensis, Liber de diuinis officiis IV, 7 [Übers. Deutz, Der Gottesdienst der Kirche, S. 523]. d  Vgl. Gregorius Magnus, Moralia in Iob VI, 37, 61. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  146

d. Dieses Fest aber hat ein Fasten und Oktav, was sonst keines ihrer Feste hat. Ebenso ist dieses Fest größer als alle anderen von ihr. Ebenfalls ist das Fest ihrer Entschlafung im Vergleich zu irgendeinem sonst ein größeres Fest ausgenommen von Johannes dem Täufer. Weswegen aber das Fest seiner Geburt größer ist als das Leiden? – Wegen der Sinnhaftigkeit und ihrer Verkündigung. e. Beachte auch: Es gibt fünf authentische Feste der hl. Maria: Erstens [Mariae] Geburt. Das Fest ihrer Empfängnis; das einige einst gefeiert haben und wohl einige noch feiern, ist nicht authentisch, vielmehr scheint es besser, es solle verboten werden. Denn sie wurde in Sünden geboren.a f. Zweites Fest ist das der Gebärenden, also an Weihnachten, doch weil es zugleich ein Fest des Sohnes ist, das die ganze Liturgie erfordert, deswegen wird nicht ihretwegen gefeiert bis zur Oktav. In der Oktav aber werden alle Responsorien von der hl. Maria gesungen und die erste Messe, deren Introitus Vultum tuum – Deine Gunst (Ps 45,13) ist. Die zweite Messe ist vom Knaben [Jesus]. g. Das dritte Fest der hl. Maria ist das Fest der ‚Reinigung’, das vierte ‚Maria bei den Märtyrern’, das jetzt das Fest ‚Allerheiligen’ ist, das fünfte das Fest ihrer ‚Himmelfahrt’. h. Zu beachten ist auch jenes: Es gibt vier Evangelien zur hl. Maria: Das eine ist jenes: Es wurde ein Engel gesandt (Lk 1,26), das muss nur im Advent und bei Verkündigung [des Herrn] gelesen werden. Die anderen drei Evangelien können gesungen werden, sobald eine Messe für sie gesungen wird. Welche das sind? – Es rief eine Frau (Lk 11,27) usw., Maria machte sich auf den Weg (Lk 1,39) usw. Das dritte ist von jener Stelle genommen, wo Jesus seine Mutter dem jungfräulichen Johannes empfiehlt: Bei dem Kreuz Jesu standen (Joh 19,25). i. Beachte ebenfalls: das Fest der Verkündigung des Herrn ist kein Fest der hl. Maria, sondern des Herrn, deswegen wird diesel-

In dem Neudruck der Beleth-Ausgabe von 1569 hält J.-P. Migne 1855 auf S. 159 in einer Fußnote 13 fest, dass nach dem Dogma von 1854 diese Aussage „eines christlichen Schriftstellers unwürdig und fast häretisch“ sei. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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be Präfation an Weihnachten und an Verkündigung des Herrn gesprochen.a k. An diesem Fest der hl. Maria, nämlich an ihrer Himmelfahrt, werden Psalmen und anderes, was allgemein bei der Kirchenweihe gesprochen wird, eigens von der hl. Maria gesagt. Die Kirche ist ja die Mutter aller Heiligen, und sie hält den Namen der Jungfräulichkeit – der Jungfräulichkeit, sage ich, des Herzens und der Treue. Diese Jungfräulichkeit hat den Vorzug, und sie ist Braut Christi. Daher das Wort: Ich habe euch einem einzigen Mann verlobt, um euch als reine Jungfrau zu Christus zu führen (2 Kor 11,2). Ebenso ist auch die hl. Maria Mutter, Jungfrau und Heiligste der Heiligen. l. Die Lesungen aber werden aus dem Hohenlied der Liebe gelesen, nämlich Mit Küssen seines Mundes bedeckte er mich (Hld 1,1), auch die Responsorien sind von dort genommen. m. Sieh auch jenes: In dieser Zeit werden die Bücher Salomos gelesen: zuerst die Sprichwörter ab Anfang August, danach Kohelet, dann Hoheslied, dessen erste Hälfte an diesem Fest bis zur Oktav gelesen wird, die zweite Hälfte wird aufbewahrt bis zu Mariae Geburt und dort gelesen, viertens liest man das Buch Kohelet, fünftens Jesus Sirach, sechstens das Buch ‚Philo’,b also das Buch der Weisheit, das als Buch Salomos bezeichnet wird, weil es Sprüche vorträgt, Philo, weil es ‚Buch des Salomo’ genannt wird, wie der ‚Liber institutionis’ nach Cato heißt, weil Cato Sprüche vorgetragen hat.c Ferner das Buch des Johannes, Subdiakon der Römischen Kurie, weil er es niedergeschrieben hat. Das Buch der Weisheit wird es genannt, weil in ihm die Weisheit, d. h. die des Vaters, gesprochen hat oder weil solches auszusprechen nicht ohne Weisheit möglich ist. n. Beachte aber: Der Sermon des Hieronymus ‚Ihr zwingt mich, Paula und Eustochium’ usw., das von einigen am Tag von Himmelfahrt in der Kirche gelesen wird, darf nur im Kapitel gea  Doch wurde seit alter Zeit das Fest am 25. März als ‚Mariae Verkündigung’ verstanden, vgl. Liber Pontificalis I. zu Papst Sergius I. (687-701). b  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines VI, 2, 30. c  Die Disticha Catonis, siehe oben S. 123.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  146-147

lesen werden, denn dafür ist er gemacht, wie im Kapitel nur die Regel und der Kalendarius gelesen werden. o. Beachte hierzu: Was oben gesagt wurde, nämlich dass die Jungfräulichkeit des Herzens die Lauterkeit des Leibes übertrifft. Dass es wahr ist, kann man den Worten der hl. Maria entnehmen, sie sagt ja: Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat Er geschaut (Lk 1,48). Sie sagte nämlich nicht ,auf die Jungfräulichkeit’, sondern ‚auf die Niedrigkeit’, d. h. auf ihren Glauben und auf die Reinheit ihres Geistes. – Und das genügt für das Fest der Himmelfahrt.

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Kapitel 147 a. Jetzt wollen wir über das Fest des hl. Joh a n ne s de s T äu f er s sprechen. „Der hl. Johannes wurde gegen Ostern enthauptet. Seinen Leichnam begruben seine Schüler in Sebaste/Samaria.“a Sein Haupt aber wurde nicht verbrannt. Was später mit seinem Haupt geschah und wie es nach Aquitanien gelangte, wird im Folgenden erzählt. b. Doch hier erhebt sich die Frage: Da der Rumpf an anderer Stelle als das Haupt bestattet wurde, an welcher Stelle kann man sagen, wurde der hl. Johannes bestattet? Da wurde keine Antwort gegeben. – Lasst uns also fortfahren. c. Wo sein Leib lag, wirkte Gott viele bedeutende Wunder. Daher strömte dorthin eine gewaltige Masse Christen zusammen. Als das die Heiden sahen, wurden sie darüber sehr erbost, und „weil in dieser Zeit Kaiser Julian Apóstata herrschte, der der schlimmste Verfolger der Kirche war, brachen sie zur Schmach der Christen das Grabmal des hl. Johannes auf und verstreuten seine Gebeine auf die Äcker. Doch als die Christen auch weiter dorthin kamen und die Wunder nicht aufhörten, sammelten die Heiden die Knochen ein und verbrannten sie. Doch der Finger, der auf den Herrn hinwies, als Er zum Jordan kam, und sagte: Seht das Lamm Gottes (Joh 1,29), konnte nicht verbrannt werden. Aber viele Gläubige, die unter den Heiden lebten, schafften ihn a 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 73.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

beiseite, als sie so viele Knochen einsammelten, wie sie verbergen konnten.“a d. Dieses Fest aber ist das der Einsammlung der Knochen, wie Magister Gilbert urteilt. „Daher müsste es ‚Fest der Einsammlung der Knochen’ statt ‚der Enthauptung’ heißen. Andere sagen, die hl. Thekla habe den Finger des hl. Johannes, der nicht verbrannt werden konnte, aus den Gebieten jenseits der Alpen nach Morienna gebracht und dort zu Ehren des hl. Johannes eine Kirche gegründet.“ b Und die Kirche wurde an diesem Tag geweiht. Vom Herrn Papst wurde festgesetzt, dass dieser Tag in der ganzen Welt zur Ehre des hl. Johannes immer gefeiert werden solle. Und dementsprechend scheint es, dass das Fest dieses Tages eines der Kirchweihe sein sollte. e. „Das Fest des hl. B a r t holom äu s übergehen wir, weil seine Historia über ihn genug erzählt: Der hl. Bartholomäus predigte in Indien. Am ersten Tag wurde ihm die Haut geschunden, am zweiten wurde er enthauptet“c Er wurde nach Benevent überführt.

Kapitel 148

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Es folgt das Fest des hl. Au g u st i nu s . Zu seinem Fest sehen wir nur Nachforschenswertes. Obwohl an diesem Tag mehrere Feste zusammentreffen wie Augustinus, Hermes, Julian. Warum wird das Fest dieses Heiligen gerade an diesem Tag gefeiert? – Die Antwort auf diese Frage lautet so und bei allen ähnlichen: Wenn alle Märtyrer wären, würde das Offizium desjenigen gefeiert, der unter ihnen den bedeutenderen Namen hätte. Wenn aber der eine Bekenner und der andere ein Märtyrer oder wenn mehrere Märtyrer wären, und wenn der Bekenner einen bedeutenderen Namen hätte als der Märtyrer oder privilegiert wäre wie der hl. Martin und sein Offizium in der Kirche allgemein eingesetzt wäre, dann soll das Tagesoffizium vom Bekenner gebetet werden und für den Rufinus Aquileiensis, Historia ecclesiastica II, 28. Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 73. c  Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 993D. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  147-149

Märtyrer eine Kommemoration, andernfalls ist das vom Märtyrer zu feiern.

Kapitel 149 a. Es folgt nun M a r i a e G e bu r t . Dieses Fest pflegte in alter Zeit nicht gefeiert zu werden. Ein sehr heiliger Mann aber betete zur Nachtzeit. „Und beim Beten hörte er Engel im Himmel singen. Das geschah mehrere Jahre lang in derselben Nacht und nur in dieser. Da schickte er Gebete zum Herrn, es möge ihm vom Himmel der Grund dafür offenbart werden. Und es wurde ihm offenbart, dass die Engel im Himmel sich freuen und feiern, weil in besagter Nacht die hl. Jungfrau geboren wurde. Als er dies hörte, erzählte er es also dem Herrn Papst. Als der aber hörte, jener sei ein überaus heiliger Mann und von großem Ansehen, glaubte er, es sei wahr, was der vorbrachte, und bestimmte, in der ganzen Welt solle dieses Fest gefeiert werden.“a b. Und dieses Fest hat kein Fasten und keine Oktav infolge einer Einsetzung, doch kann es diese aus Frömmigkeit heraus haben. Es wird auch an diesem Tag das Evangelium vom Stammbaum (Mt 1,1) gelesen, in dem der Stammbaum Christi dargelegt ist. c. Gefragt wird: Warum wird dann dort eher der Stammbaum Josephs statt der Marias vorgerechnet, während doch Christus kein Sohn des Joseph war? – Die Antwort ist: Im Alten Testament pflegt man die Berechnung eher nach den Männern als nach den Frauen vorzunehmen, und Joseph und die hl. Maria gehörten zur selben Sippe. Und Christus wollte lieber, dass man ihn Sohn eines Zimmermanns (Mk 6,3) nannte als dass Maria gesteinigt würde. In der Tat war Er der Sohn des Zimmermanns, nicht jenes in Nazareth, sondern des Zimmermanns, der die Morgenröte und die Sonne geschaffen hat (Ps 74,16).

a 

Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 166.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Kapitel 150 a. „S apient i a war eine heilige Frau, die drei Töchter hatte: Fides/Glaube, Spes/Hoffnung und Caritas/Liebe, die alle das Martyrium gemeinsam mit der Mutter empfingen.“a b. „Von den hll. Fe l i x u nd Aud a k t u s soll man wissen,: Als der hl. Felix wegen des Namens Christi zum Martyrium geschleppt wurde, kam ein Mann dazu und sagte plötzlich: ‚Auch ich bin Christ.’ Darauf sagte der Henker: ‚Also komm auch dazu!’ Da man seinen Namen nicht kannte, wurde er Audaktus (der Mutige) genannt, gleichsam dem hl. Felix mutig zugesellt.“ b

Kapitel 151 290

a. „Die E rhöhu n g de s h l . K reu z e s wird so genannt, weil Kosroes,c der Perserkönig, nach Jerusalem kam und das Holz des Herrn mit sich nahm. Da gestaltete er sein Haus dem Himmel ähnlich und setzte dahinein seinen Thron, und anstelle des Sohnes setzte er das Holz zur Rechten, einen Hahn zur Linken anstelle des Heiligen Geistes. Er selbst stand in der Mitte und ließ sich ‚Gott’ nennen. Das hörte der Römische Kaiser Herakliusd und verlegte seine Streitmacht an die Donau. Dies ist ein Fluss der Perser, nicht der in Schwaben entspringt, sondern einer, der wohl aus dieser Gegend zu jener Gegend fließt und den man so nannte, wie die Trojaner es gemacht haben, wie man liest. Als er den Sohn des Kosroese in einer bemerkenswerten Schlacht besiegt hatte, nahm er das Kreuz des Herrn mit sich. Als er sich Jerusalem näherte, schlossen sich die Stadttore von selbst, damit er nicht eintrete. Als er sich noch sehr wunderte, hörte man eine Stimme vom Himmel sagen, der König der Könige sei nicht so prunkvoll nach Jerusalem gekommen, sondern demütig auf einer Eselin sitzend. Und sofort erkannte er seinen Hochmut, stieg vom Pferd und demütigte sich Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 988B. Beda Venerabilis, Martyrologium col. 1025. c  Kosrau I., König 531-579. d  Oströmischer Kaiser 610-641. e  Kosrau II. König 590-628. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  150-151

sehr. Die Stadttore öffneten sich von selbst, und der König betrat die Stadt mit nackten Füßen. Und bei seinem Einzug wurden viele, die mit verschiedenen Krankheiten darniederlagen, durch das Kreuz geheilt. Daher erhöhte er das Kreuz.“a b. Man liest: Adam litt an Gicht und schickte seinen Sohn in das Paradies. Vom Engel wurde ihm ein Zweig gegeben, den er Adam brachte. Der erkannte das Geheimnis des Baumes und pflanzte ihn in die Erde, und der wurde ein großer Baum. Später aber, als beim Tempelbau Holz aus verschiedenen Teilen der Welt herbeigebracht wurde, brachte man auch diesen, er blieb als gleichsam unnütz beiseite. „Später setzte man ihn gleichsam als holprige Brücke bei einigen Gräben der Stadt. Als die Königin Saba ihn sah, wollte sie nicht vorübergehen, sondern betete ihn an. Später aber wurde er in ein Wasserprüfbecken gesetzt, das in der Zeit des Leidens Christi austrocknete. Da erschien das Holz wieder, an dem man, da man kein besser geeignetes fand, dort den Herrn kreuzigte.“ b c. Das Fest der Auffindung ist auch größer als das der Erhöhung, denn von Eusebiusc wurde es eingeführt, der an diesem Tag das Volk zusammenkommen ließ, um das Kreuz zu verehren, denn er war Bischof von Rom. d. „Man liest, dass ein Jude, als er zur Stadt gehen wollte, in der Nacht davor einen Tempel der Dämonen betrat. Um Mitternacht kam dort eine Menge der Dämonen zusammen, von denen ihr Fürst eines jeden Taten erfragte. Einer sagte, er habe einen Bischof, nämlich Andreas, zum Beischlaf mit einer Nonne angestachelt und er habe sie beinahe dazu gebracht, weil er die Nonne am Gesäß getätschelt hätte. Als ihn die übrige Menge mit Lobsprüchen hochleben ließ, sagte er, dort liege ein unsauberes Gefäß, und er habe ein Kreuzzeichen gemacht, sodass die Zuhörer flohen. Danach aber bekehrte sich der Jude zum Glauben, und Andreas ließ von seinem Laster ab.“d Vgl. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1004-1006. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 944C. c  Papst 309/310. d  Gregorius Magnus, Dialogi III, 7 [Übers. J. Funk, Vier Bücher Dialoge, (BKV2, II, 3), S. 117 f]. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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e. Über Kreuzerhöhung ist oben gesprochen worden, doch wir fügen noch ein Wunder ein, das bemerkenswert ist. „Ein guter Christenmensch in der Gegend von Antiochia, wie ich mich erinnere gelesen zu haben, wohnte im Haus eines Juden, das er gemietet hatte. Als ein Jahr vergangen war, kam der jüdische Herr des Hauses zu ihm, um dort zu wohnen. Als er ihm zum Einzug, wie es üblich ist, ein großes Mahl bereitete und dessen Freunde eingeladen hatte und sie nun zum Essen dasaßen, sahen sie an der Wand ein Kreuz mit dem Bild des Herrn, das besagter Christ an einer dunklen Stelle an die Wand gemalt und das der Jude nicht bemerkt hatte. Da sprangen alle plötzlich vom Mahl auf, stürzten sich auf den Juden, verprügelten ihn hart und schleppten ihn vor den Richter und sagten: er sei des Todes schuldig. Jene aber, die zurückgeblieben waren, verspotteten inzwischen das Bild, wie ihre Väter Christus verspottet hatten, als sie Ihn kreuzigten. Als sie unter anderem die Brust des Bildes mit einer Lanze durchbohrten, wie sie es bei Christus getan hatten, erwies sich das Bild als verletzlich, so als ob es Fleisch wäre, und sogleich floss Blut und Wasser heraus (Joh 18,34) aus der Wunde. Die Juden, die das sahen, wunderten sich sehr, und einige von ihnen sagten: ‚Wir haben gehört, dass ebenso aus der Seite Jesu dies heraus geflossen ist und dass viele aus unserem Volk, die man damit bestrichen hat, von ihren Krankheiten geheilt wurden. Wir wollen das auch bei uns versuchen.’ Sie brachten also Kranke herbei, und alle, die sie mit dem Blut und dem Wasser bestrichen, erlangten ihre Gesundheit. Als es nun unter den Juden einen Auflauf gab wegen des Wunders, gelangte die Nachricht auch zu den Christen, und alle strömten herbei und sangen Loblieder auf Christus. Denn auch die kranken Christen wurden geheilt. Da wurden die Juden zur Buße bewegt, vom Kleinsten zum Größten, sie bekehrten sich zum Glauben, und alle wurden vom Bischof dieser Stadt getauft.“a f. An diesem Tag wird die Präfation gebetet, die vor Ostern an fünfzehn Tagen gebetet wird, oder jene, welche an fünf Tagen, oder jene, die zur österlichen Zeit gebetet wird.

a 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1003A-B.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  151-153

Kapitel 152 B a. Es folgt das Fest des hl. M au r it iu s und der T heba i s c hen L e g ion . Es gibt viele Theben, eines in Ägypten, aus dem stammt Mauritius und er war daher Thebäer, eines in Griechenland, daher die Thebaner, eines in Judäa, daher die Thebiten. Die aber, die mit Mauritius litten, waren aus Theben in Ägypten. B b. Als die Gallier ihr Heer gegen die Römer führten, sammelte der Herzog Ägyptens sein Heer, in dem war der hl. Mauritius. Er hatte eine Legion unter sich, nämlich 6666 Mann. Da sie im Heer waren, wollte der Tyrann sie zwingen, den Götzen zu huldigen. Sie weigerten sich. Deshalb nahm der Tyrann den zehnten Teil von ihnen und brachte ihn um. Als Mauritius das sah, wandte er sich mit einer Ansprache an seine Gefährten und bat sie, ihren Mann zu stehen, und so von ihm gestärkt, erlitten sie das Martyrium. Bevor sie aber nach Rom gekommen waren, wurden sie getauft. A a. Wer vom Fest des hl. M au r it iu s und seiner Gefährten etwas wissen will, der greife schnell zu seiner Historia.

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Kapitel 153 a. Über den hl. M at t h äu s sagen wir nur, dass er Levit und daher im Gesetz gut gebildet war. So kommt es, dass er mit tiefsinnigen Bedeutungen Widerspruch gegen seine Feinde äußerte. „Weil er Hebräer war, schrieb er ein Evangelium für die Hebräer und auf hebräisch.“a Später wurde sein Buch ins Griechische, danach ins Lateinische übersetzt. b. Er predigte aber unter Gaius Caligula, der so genannt wurde, weil er mit Soldatenstiefeln zugedeckt wurde, als er geboren wurde. Geboren wurde er nämlich auf einem Feldzug, und er a 

Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origins VI, 2, 35.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

wurde Kaiser Gaius. Johannes schrieb unter Nerva, Markus unter Nero. Bei Lukas ist es nicht sicher, einige sagen aber, dass es unter Nero war. c. Der Name Matthäus wird, wie Beda in seinem Buch ‚Über die Orthographie’ sagt, mit Doppel-T geschrieben.

Kapitel 154 a

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A a. Über das Fest des hl. M ic h a e l und warum es eingerichtet wurde, erzählt seine Historia ausführlich, die an seinem Tag gelesen wird.

A b. Hier fragt man: Da dieses Fest ein allgemeines ist für alle Engel nach Michael und Gabriel und so für die anderen, warum wird das Fest aber nach Michael benannt? – Die Antwort ist: Weil Michael der Wächter des Paradieses ist und der Schützer der Seelen und wir ihn deshalb besonders verehren.

a 

B a. „Das Fest der E n g e l , das in dieser Zeit gefeiert wird, ist das der Weihe, als ihnen die Basilika geweiht wurde,“a denn hier handelt es sich um das Fest aller Engel. Um die Flucht der Barbaren und den Stier handelt es sich zwischen Ostern und dem Fest Himmelfahrt, weil es sich um die Engel handelt. Von den Namen der Engel sagen wir, dass weder sie sich selbst noch Gott ihnen diese Namen gegeben hat, sondern sie wurden ihnen von Menschen gegeben, nur wissen wir nicht, von wem. B b. Beim Fest des hl. Michael wird aber auch aller Engel gedacht, doch wird unser Michael benannt, weil er als Wache das Paradies zur Aufnahme der Seelen leitet und weil er beim Monte Gargano erschienen ist. Weil er sich diesen erhabenen Ort selbst erwählt hat, deswegen werden fast überall

Beda Venerabilis, Martyrologium col. 1057B-1058A.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  153-154

auf der Welt Basiliken für ihn an erhabener Stelle errichtet. Gleichsam wie heiligen Menschen und Weltlichen unten auf der Erde werden ihnen in der Höhe Tempel geweiht. B c. Einige aber sagen, in jedem Rang gab es so viele Legionen wie Einheiten der Legionen, nämlich 6666. Sicher aber ist, es gibt mehr Legionen als Ränge. Daher sagte der Herr zu Petrus: Glaubst du nicht: mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte? (Mt 26,53)

A c. Gefragt wird auch: Ist ‚Michael’ der Name eines Engels oder von mehreren? Einige sagen, von einem, andere sagen: Wenn einer der Engel zu irgendeiner bedeutenderen und wunderbaren Aufgabe geschickt wird, nennt man ihn ‚Michael’. Sicher war es Michael, der nach Ägypten geschickt wurde und dort die berühmten Plagen brachte und das Rote Meer teilte. B d. Haimo sagt aber: Wenn einer die geisthaften Geschöpfe sehen könnte, würde er sie in der Luft hervorsprudeln sehen wie kleinste Atome im Glanz der Sonne. B e. „Auch Kaiser Konstantin fand, als er die Gebiete jenseits des Meeres besuchte, den hl. Mann Eusebius und sagte zu ihm: ‚Heiliger Mann, erbitte von mir, womit ich deine Kirche reich ausstatten kann.’ Jener aber antwortete: ,Meine Kirche ist reich und hat Überfluss. Doch ich bitte dich, schick in alle Teile der Welt Boten, und lass aufschreiben die Namen der Heiligen, die Zeit ihres Martyriums und unter wem sie wie gelitten haben.’ Dies geschah, und Eusebius berichtet, dass an jedem Tag des Jahres mehr als 5000 Feste der Heiligen zusammentreffen. Daher soll Gregor gesagt haben: ‚Die ganze Welt ist voller Heiligen.’“a B f: Es heißt, Michael habe gegen den Drachen gekämpft. Das ist allegorisch zu verstehen: Michael, das ist Christus. Andere sagen aber, es sei historisch zu verstehen, weil der Satan durch den a 

Gregorius Magnus, Registrum epistularum 8, 28.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Dienst Michaels und seiner Engel herabgestoßen worden sei. Beschrieben wird er in der Kirche wegen der Laien. 297

Kapitel 155 Der hl. R em i g iu s soll der Papst der Gallier gewesen sein, weil er den ersten König der Gallier salbte, und deswegen steht er in Frankreich in so hoher Verehrung, dass sein Fest das des hl. Michael verdunkelt.

Kapitel 156 „Es folgt das Fest des hl. Lu k a s . Der war ein Syrer von Herkunft. Seine Heimat war Antiochia, er predigte in Bithynien, und dort beendete er sein Leben mit dem natürlichen Tod, nicht mit dem Martyrium, wie auch der hl. Johannes der Evangelist. Er lebte aber 84 Jahre und verfasste zwei Werke: ein Evangelium und die Apostelgeschichte.“a Er war ein Schüler des hl. Paulus, von dem er lernte, was er lehrte, wie der hl. Markus vom hl. Petrus. Man findet aber im Vorwort seines Evangeliums, dass er auch von einigen gelernt hat, die von Anfang an beim Herrn waren. Doch der hl. Paulus war nicht von Anfang an bei Ihm. Also usw. – Lösung: Einiges hat er vom hl. Paulus, einiges von anderen, doch hauptsächlich lernte er vom hl. Paulus.

Kapitel 157 298

a. „Ja kobu s , Si mon , Jud a s (auch Thaddäus genannt) und Joseph Barsabas waren Brüder. Letzterer wurde auch ‚Justus’ ‚der Gerechte’ genannt, damit man nicht glaubte, er sei wegen Ungerechtigkeit vom Apostelamt ausgeschlossen worden. Zwischen diesen, nämlich Joseph Barsabas und Matthias, wurde das Los geworfen. Jener Jakobus heißt auch Bruder des Herrn (Gal 1,19), weil alle Verwandten in der hebräischen Sprache ‚Brüder’ genannt werden oder weil er Christus sehr ähnlich war. Und Joseph wird a 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1013B-1014B.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  154-157

Verwandter des Herrn genannt, weil er Ziehvater oder Verwandter von Seiten der Mutter, also der hl. Maria war. Und von Simon heißt es, er sei am Kreuz gestorben.“a b. „Der hl. Si mon war ein Bruder des hl. Petrus und predigte zuerst in Ägypten, später kam er nach Jerusalem und wurde dort Bischof nach dem hl. Jakobus dem Jüngeren, der Bruder des Herrn genannt und dort gekreuzigt wurde.“ b Er lebte 120 Jahre und erweckte, bevor er starb, 40 Tote. Daher findet sich in seiner Legende der Satz: ‚30 in den Fluten Ertrunkene gab er dem menschlichen Leben zurück.’ Den Sohn seines Wirtes, der in den Fluten untergegangen war, weckte er wieder auf und dank seiner noch viele andere. Er starb aber am Bosporus, nicht im Pastophorium, wie einige wollen. Das ‚Pastophorium’ aber war der Portikus des Tempels, in dem die Tempelwachen stationiert waren. c. Jud a s aber predigte bei den Persern und Medern und starb bei den Armeniern. d. „Anna und Hysmeria waren Schwestern, und von Hysmeria wurde Elisabeth geboren, und Zacharias heiratete sie, von ihr wurde der hl. Johannes der Täufer geboren. Anna heiratete Joachim, und von der wurde die Mutter des Herrn geboren, auch die anderen beiden Marien, die Mütter der beiden Jakobus. Als Joachim gestorben war, heiratete Kleophas, der Bruder Josephs, des Bräutigams der Maria, Anna, und von der wurde Maria gezeugt, die den Alphäus heiratete, der aus ihr Jakobus, Joseph, der auch Barnabas hieß, Simon und Judas zeugte. Als Kleophas gestorben war, heiratete Salomec die Anna und zeugte mit ihr Maria, die den Zebedäus heiratete, der mit ihr den Jakobus zeugte, der der Ältere hieß, und Johannes den Evangelisten.“d Daher die Verse: „Mit drei Männern hat Anna, wie überliefert, drei Marien geboren. Diese heirateten die Männer Joseph, Alphäus und Zebedäus.“e Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 47. Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 1013C. c  Salome war nach Mk 15,40 eine Frau. d  Petrus Comestor, Historia Scholastica, In evangelia 47. e  Walther I 19420. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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e. Jakobus der Jüngere wird im Unterschied zum Älteren ‚Bruder des Herrn’ genannt, weil er ein Neffe des Ziehvaters des Herrn war. Die Heilige Schriftaber bezeichnet ‚Brüder’ auf vier verschiedene Weise: nach Abkunft, Volk, Verwandtschaft und Freundschaft. ‚Herkunft’ wie Jakob und Esau, ‚Volk’ wie alle Juden – daher in Deuteronomium: Aus der Mitte deiner Brüder darfst du dir einen Fürsten auswählen, doch nur einen, den der Herr auswählt (Deut 17,15) – ‚Verwandtschaft’, wie die aus einer Hausgemeinschaft sind, wie Laban den Jakob ‚Bruder’ nannte. Wegen der ‚Freundschaft’ wie alle Christen wie Seht doch, wie gut und schön es ist (Ps 133,1) usw., und an anderer Stelle: Geh, und sag meinen Brüdern (Joh 20,17). f. „Keiner soll über die beiden Jakobus künftig im Zweifel sein: Der eine war gezeugt von Alphäus, der andere von Zebedäus. Von dem du zuerst gehört hast, denk dran, nenne ihn ‚Bruder des Herrn’. Wir lesen, er habe als erster Jerusalem als Bischofssitz erlangt. Allgemein pflegt sein Festtag der 1. Mai zu sein. Der letzte aber war der Bruder des Verfassers der Apokalypse. Galatien freut sich, ihn als Zuwanderer zu haben.“a Seinen Geburtstag feiert man gemeinhin am 7. Juli. g. Weil die Knochen eines gewissen Märtyrers viele Wunder bewirken, wurden sie in einen Feuerofen geworfen, verbrannten aber nicht. Weil man also seinen Namen nicht kannte, nannte man ihn ‚Probatus’ ‚erprobt’, dekliniert probatus, probati. h. Felix in Pincio, einige sagen, die ‚pinca, -cae’ sei eine Schusterahle. Er aber war ein gestrenger Mann und Lehrer von Kindern gewesen. Als er über seinen Glauben befragt wurde, sagte er, er sei Christ. Daher lieferte man ihn den Kindern aus, die ihn mit Griffeln töteten. Doch das ist falsch, denn er war Bekenner und wurde in Rom bestattet.

Walther I 4112.– Hildebertus Lavardinensis, Versus de mysterio missae LXXX. a 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  157

i. H ierony mu s: „Warum bemüht ihr euch, aus kostbaren Speisen Scheiße zu machen?“a Hieronymus lebte in Rom unter sieben Päpsten und war Kardinal an der Kirche des hl. Laurentius. Da er die Römer wegen ihrer Habgier tadelte, wurde er lächerlich gemacht mittels eines Frauengewandes. Er verließ Rom mit Paula und Eustóchium, die er im Glauben an Christus ausgebildet hatte und die er in einem Brief an Augustinus ‚seine Rekruten’ (tirúnculae) nannte. k. In einer Glosse liest man: „Alle Schriften auf Griechisch wie auf Lateinisch bezeugen: Kein Volk war geiziger als die Römer und die Juden.“ b l. Nun ist über die Sie b en s c h l ä f er zu reden. Sechs von ihnen waren mächtige Leute in Ephesus in der Zeit, als Kaiser Deciusc die Kirche verfolgte. Sobald sie von der Verfolgung hörten, flohen in einen Berg, versteckten sich in einer Höhle und nahmen mit sich viel Geld und wenig Nahrung dorthin. Am ersten Tag aßen sie, was als Nahrung geeignet war. Und sie sagten zu ihrem Diener: ‚Kauf uns morgen zu essen! Heute haben wir zu wenig gegessen.’ Danach schliefen sie ein. Schließlich suchte sie Decius. Er hatte gehört, sie seien Christen. Aber es wurde ihm gesagt, sie seien in andere Gebiete geflohen oder hielten sich in einem Berg versteckt. Als er dies hörte, ließ er die Eingänge der Höhle mit Steinen verrammeln. Lange Zeit danach, ungefähr 300 Jahre, wollte einer mit dem Rückwand zur Höhle einen großen Stall machen und fachte ein großes Feuer an, wodurch sich die Steine spalteten, die im Eingang der Höhle lagen. Und sofort leuchtete ein Feuerstrahl in die Höhle und weckte die sieben Schläfer. Die sechs, die die Mächtigen waren, sagten zum siebten, der ihr Knecht war: ‚Es ist Tag, geh, kauf uns zu essen.’ Sie glaubten nämlich, sie hätten nur eine Nacht geschlafen. Jener ging also in die Stadt und kam zum Fleischmarkt. Er wunderte sich über die Maßen, alles sah so verändert aus, überall sah er Kreuze an den Gehöften, an den Wegegabelungen und Kreuzungen. Als er Fleisch kaufen wollte und Hieronymus, Epistolae 58, 6. Hieronymus, Commentarii in Esaiam I, 2, 8. c  249-251. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

sein Geld anbot, das er hatte, erkannten die Fleischer es nicht an und sagten: ‚Wo hast du denn die Münzen her?’ – Er sagte: ‚Von meiner eigenen Arbeit.’ – Und sie: ‚Woher kommst du?’ – Er darauf: ‚Aus dieser Heimat.’ – Sie wiederum: ‚Wer sind deine Eltern?’ – Er antwortete: ‚Die und die.’ Doch die Fleischer kannten keinen von denen, die er nannte. Wegen der langen Zeit waren deren Namen mit ihnen begraben worden. Wieder fragten sie: ‚Unter welchem Kaiser gab es dieses Geld?’ – Er darauf: ‚Unter Decius.’ Da wunderten sie sich wegen des Geldes und auch wegen dessen, was er berichtete. Sie meinten, er sei irre, banden ihn und führten ihn zum Bischof der Stadt. Der verhörte ihn genau, wer er sei, woher er komme, ob er dieses Geld gefunden habe und über das andere, was er den Fleischern erzählt hatte. Er berichtete alles so, wie es sich zugetragen hatte. Da ging der Bischof mit dem ganzen Volk der Stadt zur Höhle und fand die Sechs, die dort geblieben und wieder eingeschlafen waren. Er weckte sie auf, führte sie mit sich in die Stadt und fragte sie alles aus. Dabei fand er heraus, dass sie ungefähr 300 Jahre in der Höhle gewesen waren. Außerdem fand man in der Höhle die Bleiplatten, die dort von denen aufgestellt waren, die wegen des Befehls des Decius den Eingang der Höhle verrammelt hatten. Und sie stellten die Zeit fest, die sie dort eingeschlossen gewesen waren. Zu der Zeit, wo sie die Eingeschlossenen gefunden hatten, waren Honorius und Arkadius Kaiser,a und während man zuvor an der Auferstehung gezweifelt hatte, so glaubte man nun, da man das gesehen hatte, umso stärker daran. Es blieben aber die sieben jungen Männer einige Tage bei dem besagten Bischof. Danach starben sie eines natürlichen Todes, hießen aber Märtyrer, weil sie so lange in der Höhle gewesen waren. „Ihre Grabstätte haben sie in Tours.“ b

Kapitel 158 303

a. Es folgt das Fest A l lerhei l i g en . Warum das Fest eingerichtet wurde und warum es in dieser Jahreszeit steht, haben wir a  b 

395-408 bzw. 395-433. Gregorius Turonensis, Historia VII Dormientium col. 1102.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  157-159

weiter oben dargestellt. Es bleibt trotzdem noch wenig darüber hinaus zu sagen, nämlich über das Fasten und die Ordnung dieses Offiziums. b. Dieses Fest hat von der Einrichtung her ein Fasten, keiner darf an diesem Tag bis zur Vesper essen, auch das Fasten nicht vertauschen, wie es einige machen wegen des hl. Quintinus. Der hl. Quintinus sagt vielmehr: ‚Glaubst du, die Heiligen, die ihr Leben durch Fasten verdient haben, freuen sich über Essen?’ c. Weil dies ein Fest aller Heiligen ist, wird das Offizium so verändert, wie es der Vielfalt der Heiligen entspricht. Die erste Antiphon, erste Lesung und erstes Responsorium wird von der Dreifaltigkeit gesungen, denn es ist ein Fest der Dreifaltigkeit. An zweiter Stelle wird von der hl. Maria gesungen, 3. von den Engeln, 4. von den Propheten, 5. von den Aposteln, 6. von den Märtyrern, 7. von den Bekennern, 8. von den Jungfrauen, 9. von allen Heiligen zusammen. Und das Ansehen dieser Offiziumsstücke wird bei den Lektoren beibehalten, denn es liest kein Höherer in der Kirche, auch wenn ein Bischof anwesend ist, die Lesung von der Dreifaltigkeit, entweder der Dekan oder zumindest der Zelebrant, und so gibt es eine absteigende Ordnung bei den Personen, die lesen, bis zu den Knaben. Denn die 8. Lesung trägt ein Knabe vor. Die 9. Lesung zu lesen ist nämlich Sache eines Höheren.

Kapitel 159 a. Über das O f f i z iu m f ü r d ie Ver stor b enen ist jetzt zu sprechen: zuerst über den Ort, wo sie begraben werden sollen, dann über die zu Bestattenden und die Art des Bestattens, darauf, wer es erfunden hat und warum, zuletzt über das Offizium selbst. b. Ein Ort ist ‚heilig’, ein anderer ‚geheiligt’, ein weiterer ‚religiös’ [= der Religion geweiht]. ‚Heilig’ nennen wir einen Ort, der durch die Hand des Bischofs Gott geweiht ist. ‚Geheiligt’ ist ein Ort, der den Dienern der Kirche gesetzt wird und bei dem unter Androhung einer bestimmten Buße untersagt ist, dass ihn jemand verletzt. ‚Religiös’ heißt jeder Ort nach den Gesetzen und den Bestimmungen der Römer, an dem der Leichnam eines Menschen oder nur sein Haupt beerdigt wird. ‚Das Haupt’ sage

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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ich deshalb, weil kein Mensch eine zweite Begräbnisstätte haben kann, sondern wo das Haupt ist, da, so heißt es, ist seine Grabstätte. Sei er also Christ oder Heide oder ungetauftes Kind –„wo man bestattet wird, dort heißt es nach den Bestimmungen der Römer ‚religiöser Ort’.“a c. „Doch die Christen nennen nicht das einen ‚religiösen Ort’, wo ein Jude oder Heide oder ein noch nicht getauftes Kind beerdigt wird, sondern nur, wo ein Christ. Und wenn dort ein Exkommunizierter auf dem Friedhof beerdigt sein sollte, soll er ausgegraben und hinausgeworfen werden.“ b d. Benannt wird aber der Ort mit verschiedenen Begriffen wie Zoemiterium, Poliandrum und Andrópolis, was dasselbe ist. „Er heißt auch Grab, Mausoleum, Schlafstätte, Grabhügel, Denkmal, Ergástulum, Sarkophag, Pyramide. ‚Zoemitérium’ heißt er nach ‚cimin’ ‚süß’ und ‚stérion’ ‚Stand’. Dort ruhen nämlich die Gebeine der Toten sanft und erwarten die Ankunft des Erlösers. ‚Poliandrum’ heißt nach ‚polis’ ,Stadt’, und ‚andros’ ‚Mensch’, ähnlich ‚Andrópolis’, ‚Sepulcrum’ gleichsam ‚ohne Puls’, weil die, die dort beerdigt sind, gleichsam ohne Puls sind “c das ist medizinisch. e. „Maúsolus war ein mächtiger Mann und so sehr von seiner Gattin Arthemisia geliebt, dass ihm nach seinem Tod seine Gattin die prächtigste Grabstätte errichtete und sie nach dem Namen ihres Gatten ‚Mausoleum’ nannte. Und von daher verbreitete sich die Gewohnheit, dass man jede adlige Grabstätte ‚Mausoleum’ nannte. ‚Schlafstätte’ heißt so nach ‚schlafen’, weil dort die Leiber derer ruhen, die im Herrn schlafen (Gen 3,19). ‚Denkmal’ heißt sie, weil es gleichsam den Geist zum Nachdenken mahnt. Das Denkmal zeigt dem Vorübergehenden: Gedenke, Staub bist du, zum Staub kehrst du zurück (Gen 3,19). ‚Grabhügel’, weil sich dort die Erde ein wenig erhebt. ‚Ergástulum’ nach ‚erga’ ‚Arbeit’ und ‚stérion’ ‚Station’.“d Dort ruhen nämlich die Leiber der Heiligen, die in dem Herrn sterben. Daher: Selig sind die Toten, die im Herrn Corpus iuris civilis, Digesta D.11, 7, 1.4 [Übers. Corpus iuris civilis III, S. 29]. b  Decretale Gregorii, Liber Extra X 3.28.12. c  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 11, 1-4. d  Vgl. Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 11, 1.; XV, 6, 1-2. a 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  159

sterben, schon von jetzt an. Ja, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen (Offb 14,13). ‚Sarkophag’ heißt nach ‚sarkos’ ’Fleisch’ und ‚phagin’ ‚essen’, denn dort wird Fleisch gegessen. ‚Pyramide’ heißt nach ‚pyr’ ‚Feuer’. So wie ja das Feuer unten breit beginnt und nach oben sich verjüngt, so auch die Pyramide, und sie ist die höchste Art des Begräbnisses. Eine solche ist auch in Rom, wo die Asche des Julius Caesar abgelegt war, die sogenannte ‚Nadel des hl. Petrus’,a und es ist bis heute zweifelhaft, ob sie aus einem oder mehreren Steinen errichtet ist. Daher [dichtet] ein Kleriker: Wenn ei n Stein, sag, mit welcher Technik wurde sie errichtet, wenn mehrere Steine, sag, wo sind sie zusammengefügt?b „Eine ähnliche Pyramide errichtete Caesar in Tours am Ufer der Loire und schloss darin die Asche eines Freundes ein, der getötet worden war.“c f. „Nach dem Gesagten wollen wir über die zu Bestattenden sprechen, zuerst, an welchen Orten sie bestattet werden sollen, und ob der Ort ihnen etwas nützt oder nicht. g. Magister Johannes sagt, dass der Ort dem Toten nicht nützt, was so bewiesen werden kann: Luzifer wurde vom Himmel gestürzt, Adam aus dem Paradies vertrieben – was gibt es bessere Orte als diese?“ d Ebenso wurde Joab im Bundeszelt getötet, und Hiob triumphierte auf dem Misthaufen. h. „Schaden aber kann ein Ort, wenn jemand in einer Kirche bestattet wird und nicht würdig ist. Es wurde nämlich ein Weltlicher in einer Kirche bestattet, wie man liest,“e und es hörte ein Ordensmann eine Stimme, es war wohl ein Engel, der sagte: ‚Geh und sag es dem Bischof, dass man jenen Weltlichen, der in der Kirche bestattet wurde, aus der Kirche hinauswirft.’ Jener berichtete das dem Bischof, der aber hörte nicht darauf, weswegen der [der Bischof] am 30. Tag starb. Ebenso liest man von einem anderen, der in einer Kirche bestattet wurde: Am nächsten Der Obelisk auf dem Petersplatz. Walther II 28565. c  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines III, 12, 6. d  Gratianus, CIC, D.40 c.9. e  Magnus, Dialogi IV, 50 [Übers. J. Funk, Vier Bücher Dialoge, BKV2, II, 3, S. 259]. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Morgen fand man die Gebeine des Bestatteten außerhalb der Kirche liegen, doch die Grabtücher waren an ihrem Platz geblieben.a i. Man muss wissen: „Kein Leichnam darf in einer Kirche bestattet werden, außer dem Leichnam der heiligen Väter, die Patrone heißen,“ b d. h. Schützer. Diese schützen nämlich dank ihrer Verdienste die ganze Heimat. „Sie dürfen bei der Kirche bestattet werden. Einige sagen, dass dazu der Streifen von 30 Fuß um die Kirche geweiht werden muss. Andere aber sagen, dass allein der Umgang des Bischofs, wenn er die Kirche weiht, ausreicht.“c „In alter Zeit pflegten nämlich die Menschen in ihren Häusern begraben zu werden,“d doch wegen des Gestanks der Leichen bestimmte man, dass sie außerhalb der Stadt beerdigt werden, und man verabredete, einen gemeinsamen Ort dafür zu weihen. Adlige aber wurden auf Bergen begraben, auf halbem Hang oder an ihrem Fuß. k. Wenn aber einer bei einer Belagerung oder bei einem Aufruhr getötet wird und keinen Friedhof haben kann, mögen sie ihn begraben, wo sie können. Wenn er aber auf dem Meer stirbt, wo Land in der Nähe ist, mögen sie dorthin segeln und ihn da beerdigen. Wenn sie aber weiter entfernt sind und mitten im Meer eine Insel sehen, mögen sie die Segel dorthin wenden und ihn auf der Insel bestatten. Wenn sie aber kein Land sichten, mögen sie ihm aus Holz einen Sarg bauen, wenn das möglich ist, und ihn ins Meer gleiten lassen. Wenn er reich war, geschehe es in gleicher Weise, doch möge er mit seinen Schätzen ausgesetzt werden, damit, wer ihn findet, an den Schätzen erkennt, dass es ein Adliger war, oder wenigstens ihn aus Liebe zu den Schätzen an Land beerdigt. l. Doch beachte: Wenn ein Christ beerdigt wird, dann soll, ganz gleich wo es ist, immer das Kreuz zu seinem Haupt gesetzt werden, um zu zeigen, dass er Christ war, oder weil der Teufel sich vor diesem Zeichen gewaltig fürchtet und Angst hat, näher zu treten zu der Stätte, die mit dem Kreuz bezeichnet ist. a  Gregorius Magnus, Dialogi IV, 52 [Übers. J. Funk, Vier Bücher Dialoge, (BKV2, II, 3) S. 261]. b  Gratianus, CIC, C.13 q.2 c.15 § 1. c  Gratianus, CIC, C.13 q.2 c.19. d  Isidorus Episcopus Hispalensis, Etymologiae sive origines XV, 11, 1.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  159

m. Nun ist zu schauen, woher der Friedhof seinen Ursprung hat. Es heißt: von Abraham. n. Beachte auch: Man liest, es habe im 1. Zeitalter nur zwei Sakramente gegeben: Opfergabe und Buße, im 2. Zeitalter wurde der Gottesdienst erweitert. Noah baute nämlich die Arche und schloss darin viele Tiere ein, um sie Gott zu opfern. o. „Abraham aber kaufte von Efron einen Acker, auf dem war eine Doppel-Höhle (Gen 25,9), wo er selbst, Sara, Isaak und Jakob beerdigt wurden und zuvor Adam und Eva. Er kaufte ihn nämlich, damit er Grabstätte für ihn und die Seinen wäre.“a Doppelte Höhle wurde sie deshalb genannt, entweder weil dort zwei nebeneinander bestattet wurden, Ehemann und Gattin, oder weil dort zwei Höhlen waren, wo in der einen die Männer beerdigt wurden, in der anderen die Frauen, oder weil sie doppelt war für einen jeden zur Beerdigung in Form einer Káthedra. Bestattet wurden sie nämlich gleichsam im Sitzen, und ein Teil der Höhle enthielt den Rumpf vom Gesäß an aufwärts und hieß ‚die eine Höhle’, der andere Teil aber, der Füße, Beine und Schenkel enthielt, hieß ‚die andere Höhle’. p. Im 4. Zeitalter wurde der Gottesdienst noch mehr erweitert. Damals wurde nämlich das Gesetz erlassen, und viele Arten Opfer wurden dem Herrn dargebracht. Im 5. Zeitalter wurde er wiederum erweitert. Da wurde nämlich der Tempel errichtet, und in vielen Dingen wuchs der Gotteskult. Im 6. Zeitalter kam Christus, der sich selbst Gott als wohlgefälliges und für alle hinreichendes Opferlamm darbot. q. Auf dem Friedhof der Christen dürfen nur Christen beerdigt werden, aber nicht alle. Denn keiner, der bei einem Verbrechen getötet wurde, darf auf dem Friedhof bestattet werden, etwa ein Räuber, wenn er bei dem Raub getötet wird – verstehe unter Verbrechen eine Todsünde – kein bei einem Ehebruch Getöteter, kein bei Spielen der Heiden Getöteter. Wer aber plötzlich stirbt bei gewöhnlichen Spielen wie beim Ballspiel, kann auf dem Friedhof beerdigt werden, allerdings ohne Psalmengesang und ohne Totengeleit.

a 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In Genesin 59.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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r. Wenn einer aus einem Freudenhaus zurückkehrt oder aus einem anderen Haus, wo man Hurerei treibt, und auf der Straße getötet wird und wer in einem anderen Fall ohne Beichte stirbt, wenn dann von glaubwürdigen Zeugen bewiesen werden kann, dass er Hurerei getrieben und danach nicht bereut hat, darf er nicht auf dem Friedhof beerdigt werden. Wenn dies nicht bewiesen werden kann, möge er beerdigt werden. „Ein Räuber muss an der Stelle, an der er aufgehängt wurde, beerdigt werden, falls er vorher keine Wiedergutmachung geleistet hat. Wenn er aber dies getan hat, soll er auf dem Friedhof bestattet werden.“a s. „Wenn eine Frau bei der Entbindung stirbt, darf sie nicht in der Kirche aufgebahrt werden, doch außerhalb der Kirche darf das Offizium gehalten und sie danach auf dem Friedhof beerdigt werden. Allerdings soll das Kind aus dem Bauch herausgeschnitten und außerhalb des Friedhofs beerdigt werden.“ b t. Tote sollen aber mit Schweißtüchern versehen bestattet werden, und sie sollen Kleidung an den Beinen und Schuhe an den Füßen haben, sodass sie sich bereit zum Gericht zeigen, und „mit dem Kopf nach Westen und den Füßen nach Osten.“c u. Kleriker aber, wenn sie geweiht sind, in den Gewändern, mit denen sie geweiht wurden. Wenn sie aber noch keine Weihen empfangen haben, sollen sie nach Art der Laien bestattet werden, mit Tonsur und beschnittenem Bart. Die Körper von allen müssen gewaschen werden zum Zeichen, dass, wenn die Seele durch die Beichte von Schuld gereinigt ist, werden beide, nämlich Seele und Leib, am Tag des Gerichts die ewige Herrlichkeit haben. v. Wer bei einem Turnier und ohne Beichte stirbt, weil er nämlich keinen Priester ruft, wird wie ein Esel beerdigt, und ebenfalls, wenn er im Duell stirbt. Wer aber aufgrund eines Spiels oder wegen eines Geschäfts mit einem Boot fährt und untergeht, kann auf dem Friedhof bestattet werden. Über solche nämlich fällt die Kirche kein Urteil. w. Wenn einer plötzlich ohne offensichtlichen Grund stirbt, sondern aufgrund eines verborgenen Ratschlusses Gratianus, CIC, C.13 q.2 c.30-32. Gratianus, CIC, D.4 c.35.114-115 de cons. c  Gratianus, CIC, D.4 c.35.114.115 de cons. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  159-160

Gottes, möge er ehrenvoll beerdigt werden. Der Gerechte, der aus irgendwelchem Grund stirbt, wird gerettet werden. x. Wer sich mit eigener Hand den Tod zufügt, darf nicht auf dem Friedhof beerdigt werden. y. Es wird gefragt: Werden die Menschen in der Zukunft nach dem Tag des Gerichts nackt sein oder bekleidet? Es scheint so, dass sie bekleidet sind. Denn die Engel pflegen immer bekleidet zu erscheinen, und auch Christus erschien nach seiner Auferstehung in einem Gewand und war bei seiner Verklärung bekleidet. Daher: Und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht (Mt 17,2). Andererseits scheint es, dass sie nackt sein werden, denn es gibt den Spruch einer Autorität, dass wir in derselben oder einer besseren Verfassung sein werden, so wie Adam vor der Sünde war. Doch da war er nackt. Also werden wir nackt sein? – Lösung: „Wir wollen uns nicht anmaßen, etwas über die Kleidung oder ihre Form zu sagen, wir sagen nur: Es wird weder Makel noch Missbildung geben.“a

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Kapitel 160 a. Es folgt über das Totenof f i z iu m , 1. von wem es eingeführt wurde, 2. von wem erweitert, 3. von wem es seinen Ursprung hatte, 4. über die Art und Weise des Vollzugs. b. Das Totenoffizium wurde zuerst von den Aposteln eingeführt, doch von Origenes wurde es, wie Isidor in seinem Buch[kapitel] ‚Über die kirchlichen Offizien’ schreibt, erweitert und zum größten Teil geordnet. Daher empfiehlt Augustinus ihnen in seinem Buch mit dem Titel ‚Enchiridion’, und [Isidor] sagt, der [Augustinus] sei für das kirchliche Offizium der zweite nach den Aposteln gewesen. c. „Dieses Offizium hat seinen Ursprung im Alten Gesetz. Man liest nämlich, dass nach Jakobs Tod Joseph und seine Brüder, wie sie versprochen hatten, ihn mit vielen Ägyptern nach Efron brachten, doch zuerst beweinten sie ihn 30 Aurelius Augustinus, Enchiridion c. 90 [Übers. A. Hofmann, Enchiridion oder Buch vom Glauben, von der Hoffnung und von der Liebe, (BKV2, 1, 41), S. 474]. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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Tage in Ägypten und danach sieben Tage im Gebiet Atad. Man liest auch, dass nach dem Tod des Moses das Volk Israel 30 Tage lang um ihn weinte, und ebenso taten sie es wegen Aaron und Mirjam.“a d. Doch beachte: Man liest nicht, nach dem Tod des Josua, der das Volk in das Gelobte Land geführt hatte, habe es geweint, man glaubt es jedoch. Deshalb schweigt die Historia über Josua, weil er selbst Christus und sein Tod den Tod Christi vorgebildet hat. Dessen Tod hat uns von dem Tod errettet und uns in die Heimat des Lebens zurückgeführt, wo es weder Trauer noch Klage (Offb 21,4) gibt. Wegen dieses Vorbildes also schweigt dessen Historia über ein Weinen um seinen Tod, wie andernorts beim Vater Melchisedek, der Christus versinnbildlichte. Christus hatte keinen Menschen zum Vater, auch Melchisedek soll keinen gehabt haben, liest man, obgleich er einen hatte. Über Moses aber, von dem man glaubt, er sei größer gewesen als Josua, und über die anderen, die in der Wüste gestorben sind, soll das Volk geweint haben, denn die Wüste versinnbildlicht mitunter die Abwendung von Gott. Für jene also muss man weinen, die sich infolge ihrer Sünden von Gott abgewendet haben. e. „Ebenso sagt Salomo: Die Trauer um den Toten währt sieben Tage (Sir 22,12), die Trauer um den törichten Sohn ewig, denn er wird in Ewigkeit bestraft. Ferner: Ein weiser Sohn macht dem Vater Freude, ein törichter Sohn ist der Kummer seiner Mutter (Spr 10,1). f. Die Sieben-Tage-Frist hat also wie die 30 Tage ihren Ursprung vom Alten Testament genommen. So wie man nämlich Jakob sieben Tage und Moses 30 Tage beweint hat, so feiert die Kirche mitunter sieben Tage, mitunter 30 Tage lang das Offizium ihrer Toten.“ b g. Beachte auch: Die Toten werden auf vierfache Weise unterstützt: durch Gebet, Almosen, Fasten und Messfeiern. h. „Wir führen also die Offizien für unsere Toten sieben Tage lang durch, damit sie schneller zum Sabbat der Seelen gelangen können oder wegen der Siebenzahl von Seele und Leib. Die Seele a  b 

Petrus Comestor, Historia Scholastica, In Genesin 114. Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 42, 9.10.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  160

hat nämlich drei Naturkräfte: die Fähigkeit zur Vernunft, zum Begehren und zum Zürnen. Der Leib aber besteht aus vier Elementen. Um also die Sünden, die der Mensch durch diese sieben begeht, zu tilgen, feiern wir die Sieben-Tage-Zeit für die Toten.“a i. „Dreimal zehn macht dreißig. Durch ,dreimal’ verstehen wir die Dreifaltigkeit, durch zehn den Dekalog. Die 30-Tage-Zeit halten wir deshalb für die Toten, damit ihnen das, was sie bei der Befolgung der zehn Gebote gegen die Dreifaltigkeit gesündigt haben, mit Gottes Barmherzigkeit vergeben werde.“ b Einige tun das aber an drei Tagen, wobei in diesen drei Tagen Christi Grabesruhe vergegenwärtigt werden soll, und damit das, was er im Leben ‚in Gedanken, Worten und Werken’ gesündigt hat, im Tod getilgt wird. k. „Die Neun-Tage-Zeit ist das Offizium der neun Tage, das einige machen. Obgleich sie das in der Überlegung tun, damit durch dieses Offizium die Seelen der Toten von Bußen befreit und den neun Rängen der Engel angegliedert werden, wird es dennoch nicht gebilligt, sondern verboten, weil es von den Heiden genommen zu sein scheint, die am neunten Tag die Asche ihrer Verstorbenen in Urnen bargen. Deshalb also wird die Neun-Tage-Zeit verboten,c damit wir nicht darin die Heiden nachahmen, wie wir auch nicht die Juden bei der Feier von Pascha nachahmen. l. Es gibt ebenfalls einige, die 50 Tage halten, andere 40 Tage, und beide scheinen das begründet zu tun. Die, die 50 Tage halten, scheinen den Anlass von Abraham zu nehmen, der den Herrn, der Sodom zerstören wollte, fragte: ‚Herr, und wenn 50 Gerechte dort sind, willst du sie vernichten?’ Und er antwortete: ‚Nein.’ Beda sagt nämlich und auch Gregor in seiner Glosse zu diesem Text: „Die Zahl 50 ist eine vollkommene und kennzeichnet das Jubiläumsjahr, d. h. das 8. Zeitalter, in dem es Schuldenerlass und volle Freiheit geben wird.“d Damit also die Seelen der Verstorbenen volle Freiheit und Erlass ihrer Sünden erlangen, wird von einigen Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 40. Robertus Paululus, De ceremoniis ecclesiasticis III, 37. c  Amalarius Metensis, Liber officialis IV, 42, 8. d  Gregorius Magnus, Homiliae in Ezechielem II, 5, 17 [Übers. G. Bürke, Homilien zu Ezechiel]. a 

b 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

das Offizium der 50 Tage für sie gefeiert. „Die 40 Tage aber feiern einige, damit jene, die verstorben sind, das, was sie gegen die zehn Gebote des Gesetzes und gegen die Lehre der vier Evangelien gefehlt haben, ihnen vergeben wird.“a

Kapitel 161 314

a. Nun wollen wir bei der Z e le brat ion de s O f f i z iu m s selbst schauen, zunächst was dort wegzulassen und was dort zu sprechen ist. b. „Weil das Totenoffizium die dreitätige Grabesruhe Christi nachahmt und ganz seinen Spuren folgt, so lassen wir, wie an jenen drei Tagen, auch in diesem Offizium alle Gesänge der Freude aus. Daher unterlassen wir ebenfalls in den Matutinen oder den Nachtwachen für die Verstorbenen das ‚Herr, öffne meine Lippen’, und ‚Gott, komm mir zu Hilfe’ am Beginn der Horen, ferner [das Invitatorium] ‚Kommt, lasst uns jubeln’ und ‚Ehre sei dem Vater’ beim Responsorium und am Schluss der Psalmen.“ b „Gleichfalls bitten und geben wir keinesfalls den Segen mit ‚Du aber, Herr’ und ‚Dank sei Gott’, auch nicht in der Messe. – In der Messe ist auch allen klar, was alles wegfällt.“c c. Doch es könnte auch noch einen anderen Grund geben, weswegen im Offizium Stücke weggelassen werden. Da wir nämlich das Totengeleit geben, kommen wir zum Klagen und Beweinen zusammen, nicht zum Feiern. Deswegen lassen wir die Gesänge der Freude fort, die zur Festlichkeit gehören. Denn nicht gut passt zu diesem Offizium ‚Kommt, lasst uns jubeln’ und ‚Herr, öffne meine Lippen’, vielmehr scheint es dem zu widersprechen. Nicht gut passen ja Freude und Trauer, Fröhlichkeit und Traurigkeit zusammen und wohnen in einem Haus. d. Das Totenoffizium beginnt aber in der Vesper mit dem, was so anfängt: Placebo Domino – Ich werde dem Herrn gefallen (Ps 115,9). Wenn die Vesper beendet ist, folgt die Komplet, später Honorius Augustodunensis, Gemma animae III, 49. Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 116. c  Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 95. a 

b 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  160-161

die Nachtwachen, bei denen es drei Arten gibt. In denen werden nämlich neun Lesungen aus Hiob gelesen, in anderen [Kirchen] ebenso viele, doch aus dem Buch der Weisheit. Sie beginnen: Besser ist der Gang in ein Haus, wo man trauert, als der Gang in ein Haus, wo man trinkt (Koh 7,3). Wieder gibt es andere [Kirchen], in denen neun Lesungen gelesen werden aus einem Sermon, den der hl. Augustinus ‚Über die Toten’ verfasst hat, und den sie so beenden mit: Selig sind die Toten, die im Herrn sterben (Offb 14,3). Das sollte gesagt werden und wird von einigen gesagt am Schluss der Lesungen statt ‚Du aber, Herr’, im Advent, an Weihnachten und Epiphanie bei den Lesungen aus Jesaja mit Wendet euch mir zu, und ihr werdet errettet (Jes 45,22), sowie bei den Lesungen aus Jeremia in den Finstermetten mit: ‚Jerusalem, Jerusalem, bekehre dich zu Deinem Herrn’, an den übrigen Tagen aber mit ‚Du aber, Herr’. Und dies sind die vier Arten, die Lesungen zu beenden. e. Bei der Messe darf kein Weihrauch dargebracht werden, d. h. der Altar wird nicht inzensiert, nur der Leib des Herrn, obgleich es auch einen anderen Ritus gibt. Denn im Alten Gesetz wurde verboten, dass für einen Sünder das Öl der Freude dargebracht würde, auch kein Weihrauch der Süßigkeit. Wo es nämlich Sünde gibt, dort ist Finsternis, dort darf es keine Fröhlichkeit geben, keine Süßigkeit, nur Trauer und Zerknirschtheit des Herzens. Und das Totengeleit, das wir begehen, wird wegen der Vergehen der Toten begangen. f. Beachte: Im Gesetz des Moses war vom Herrn verboten, dass sich einer Thymian mit seinem guten Geruch oder gesegneten Weihrauch zu seinem Gebrauch entzündet, um sich am Duft zu laben; wer das täte, sollte aus seinem Volke getilgt werden. Deshalb ist es Brauch in der Kirche, dass, nachdem der gesegnete Weihrauch auf dem Altar dargebracht ist, das Weihrauchfass niedersteigt zu den Geistlichen und zu den Laien; anderer Weihrauch ist ohne Segnung darzubieten und den Menschen zum Opfern. g. Warum in der Totenmesse der Friedenskuss nicht gegeben wird, hat einen dreifachen Grund: 1. weil dieses Offizium, wie gesagt, die dreitägige Grabesruhe Christi darstellt, wo kein Friedenskuss wegen des Kusses des Judas gegeben wird. 2. „weil wir keine Gemeinschaft mit den Toten haben, weil sie uns nicht

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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antworten.“a Daher darf der Leichnam niemals in der Kirche sein, solange die Messe ‚vom Tage’ zelebriert wird, und wenn der dort ist, muss er zuvor, auch wenn es ein Kaiser wäre, in das Vestibül der Kirche hinausgebracht und danach zur Messe für den Verstorbenen zurückgebracht werden. 3. weil ein Brot aus vielen Körnern gesammelt und Wein aus vielen Trauben gekeltert wird, so wird die eine Kirche aus vielen Gläubigen gebildet und vereint, von denen einige gut, andere böse sind. Weil man also bei einem Toten nicht weiß, ob er zur Einheit der Kirche gehört und Frieden mit seinem Schöpfer hat, geben wir in der Messe keinen Friedensgruß. h. Wir bringen vor den Toten nicht ‚Benedicamus Dómino – Lasst uns den Herrn preisen’ und ‚Deo grátias – Dank sei dem Herrn’ vor und auch keine Loblieder, denn es gibt nichts wofür wir es vortragen sollten. Denn noch erscheint ihnen nicht ihre Ruhe. i. Auch ist zu bemerken: Das Totenoffizium wird zur 9. Stunde beendet und hat auch keine Vesper, was sinnfällig macht, dass dieses Offizium sein Ende hat, wenn die Seelen der zu Rettenden von jeder Buße befreit die ewige Freude genießen werden. Doch die Heiligen, über deren Herrlichkeit in der Seele sich die Kirche schon jetzt sicher ist, haben 1. und 2. Vesper. Wenn bei deren Fest neun Lesungen gesungen werden, sind die ersten wegen der Verherrlichung der Seele, die folgenden wegen der Verherrlichung der Leiber, die sie haben werden, und diese wird niemals ein Ende haben. Wenn sie aber nur drei Lesungen haben, haben sie nur die 1. Vesper. k. Nun ist darüber zu sprechen, wie der Leichnam zu bestatten ist, wie er zur Kirche gebracht wird und von wem und wie er zu beerdigen ist. Wenn ein Mensch in den letzten Zügen zu liegen scheint, ist er auf die Erde in Asche zu legen oder zumindest auf Stroh, wodurch gezeigt wird, dass er Asche ist und zur Asche zurückkehrt (vgl. Gen. 3,29). „Und dies geschieht nach dem Beispiel des hl. Martin, der, um allen an sich selbst ein Beispiel zu geben, in

a 

Honorius Augustodunensis, Sacramentarium 95.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  161

Asche liegend sein Leben beendete.“a Und es soll die Passion des Herrn oder ein Teil daraus vor dem Sterbenden gelesen werden, wenn er gebildet ist, damit er dadurch zu größerer Zerknirschtheit bewegt wird. Dabei soll das Kreuz zu seinen Füßen stehen, damit, wer es sterbend sieht, stärker in sich geht. Und er soll mit dem Gesicht nach oben gewandt liegen, damit er stets den Himmel schaut. l. „Nachdem er aber zu atmen aufgehört hat, sollen die Glocken geläutet werden, damit das Volk hört und für ihn betet:“ b für eine Frau zweimal, weil sie den sündigen Abfall erfand. Sie ließ als erste den Menschen sich von Gott entfernen, deswegen hatte der zweite Tag keinen Segen. Für einen Mann aber wird dreimal angeschlagen, weil er zuerst die Dreifaltigkeit im Menschen gefunden hat. Zuerst nämlich wurde Adam aus Erde gebildet, dann die Frau aus Adam, danach wurde aus beiden ein Mensch geschaffen, und so ist es dort eine Dreifaltigkeit. Für einen Geistlichen so viel Mal, wie er [Weihe]Grade hat. Zuletzt soll zusammen geläutet werden, damit das Volk weiß, für wen es beten soll. Ebenso soll geläutet werden, wenn der Tote zur Kirche gebracht und von der Kirche zum Grab getragen wird. m. Und bevor der Leichnam gewaschen und in Tücher geborgen wird, soll der Priester oder sein Vikar mit Weihwasser dorthin kommen und für ihn Gebete zu Gott schicken, alle Heiligen anrufen und sie bitten, seine Seele aufzunehmen und an den Ort der Freude zu bringen. „Es gibt nämlich gewisse Seelen, die sind vollkommen; und sobald sie den Leib verlassen, fliegen sie sofort zum Himmel. Es gibt auch andere durch und durch schlechte, die sofort ins Inferno stürzen. Es gibt aber auch die in der Mitte, für die gibt es diese Fürbitte.“c Dies geschieht aber auch für die Schlechten, doch wegen der Ungewissheit. Ist der Leichnam gewaschen und bedeckt, soll man ihn zur Kirche tragen, dann soll die Messe gesungen werden. a  Severus, Epistula ad Bassulam, p. 149, col. 182 [Übers. P. Bihlmeyer, Drei Briefe (Epistulae; über den hl. Martinus), (BKV2, I, 20), S. 67]. b  Honorius Augustodunensis, Gemma animae IV, 116. c  Amalarius Metensis, De ordine antiphonarii 65.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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n. Beachte: In einigen Kirchen wird jedem in die eine Hand eine Kerze gegeben, in die andere eine Gabe, und wenn das Evangelium gelesen ist, bringen sie dem Priester diese dar, und dabei wird der Vers gesungen: ,Hóstias et preces – Gebete und Opfer des Lobes’.a o. Sobald die Messe zelebriert ist, singt der Priester über ihn, und wenn mehrere Priester da sind, sollen sie alle ihre Stola haben und die Gebete gemeinsam mit ihm sprechen, der über ihn singt. Und nach dem Ritus des Gesanges, werden beim Gang zum Grab die Psalmen Als Israel aus Ägypten auszog (Ps 114,1) und Danket dem Herrn (Ps 118,1) und andere entsprechende gesungen, die dafür vorgesehen sind. p. Und der Leichnam soll von seinen Gefährten getragen werden, ist er Diakon von Diakonen, ein Priester von Priestern, wenn sie da sind. Anders aber nicht, denn Not kennt kein Gebot. Ein Geistlicher von Geistlichen, ein Katholik von Katholiken. Wenn er aber in einer Bruderschaft war, die Leute oft bilden, soll er von denen getragen werden. Frauen aber ist es nicht gestattet, die Leichen zu tragen, damit ihre Körper nicht entblößt erscheinen, was geschehen könnte. So ist es auch nicht gestattet, von einem Geistlichen den Friedenskuss entgegenzunehmen; dies zur Vermeidung von Zügellosigkeit. q. Dann wird [der Leichnam] in das Grab gesenkt, Weihwasser und Kohlenglut werden dorthin gestellt: das Weihwasser, damit keine Dämonen an den Leib herankommen, denn sie haben große Angst vor Weihwasser. Sie pflegen nämlich oft in den Leibern der Toten zu wühlen; was sie im Leben nicht konnten, das machen sie nach dem Tod. Weihrauch wird hingestellt zur Abwehr von Leichengestank. Kohlenglut wird hingestellt zum Zeichen, dass jene Erde zum gemeinsamen Gebrauch nicht weiter genutzt wird. Kohle dauert nämlich unter der Erde länger als alles andere, das könnte dort als Beweis hingestellt werden. r. Efeu oder Lorbeer, die ständig die Kraft ihrer Blätter bewahren, werden im Sarkophag unter den Leichnam gelegt, um sinnfällig zu machen, dass die im Herrn sterben, nicht aufhören a 

Offertorialvers im Requiem.

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viii. Weiterer kalender, KAP.  161-163

in Christus zu leben, denn mögen sie auch hinsichtlich des Leibes sterben, leben sie doch hinsichtlich der Seele. Nach einer anderen Überlegung aber hatte man im Altertum bei Beerdigungen die Zypresse, weil die Zypresse, wenn sie abgeschnitten wird, nicht wieder saftig wird, sondern ganz stirbt, so wird der Mensch nicht wieder lebendig, wenn er stirbt. – Und dies reicht über die Toten. s. „Opfer, die für die Toten dargebracht werden, sind für die sehr Guten Danksagungen, für die nicht so sehr Guten Versöhnungsmittel, für die nicht besonders Schlechten Besänftigung ihrer Pein, für die sehr Schlechten irgendwie Trost.“a – Nachdem wir den Exkurs über Bestattung abgeschlossen haben, wollen wir zu den Festen zurückkehren.

Kapitel 162 Es waren neun, und vier von ihnen heißen „Die Vier G e k rönten“, weil deren Namen den Menschen nicht bekannt waren. Sie waren aber Steinmetze, die zum Tempelbau des Diokletian gekommen waren, der in Rom stattfand. Doch als bekannt wurde, dass sie Christen waren, wurden sie mit dem Martyrium gekrönt. Und von ihnen waren fünf Namen bekannt, von vieren unbekannt, und die, deren Namen unbekannt waren, sind die Toten und heißen ’Die Gekrönten’.

Kapitel 163 a. „Vom hl. M a r t i n muss man wissen, dass er ‚apostelgleich’ genannt wird – nicht wegen der Auferweckung vieler Toten, wie einige glauben, da dasselbe viele andere Märtyrer und Bekenner getan haben, sondern wegen eines ganz bestimmten Wunders. Als er schon als Bischof in Tours wohnte, kam zu ihm ein armer und fast nackter Bettler und bat um eine Tunika. Er sagte ihm die zu und befahl seinem Verwalter, sie zu kaufen. Der ging auf den Markt, kam spät wieder und trug eine billige und kurze TuAmalarius Metensis, Liber officialis III, 44, 15; Aurelius Augustinus, Enchiridion c. 110 [Übers. A. Hofmann, Enchiridion, (BKV2, 1, 41), S. 474]. a 

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

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nika, in Wahrheit eine Tunicella (penula), sie konnte als fast gar keine bezeichnet werden. Der hl. Mann ließ sie sich zeigen – in der Länge ging sie vielleicht bis zu den Knien, die Ärmel bis zum Ellbogen – da zog er seine Tunika aus, gab sie dem Armen und zog jene an. Nicht lange darauf bereitete er sich auf die Zelebration des Hochamts vor und stand vor dem Altar. Wie es Sitte ist bei der Präfation, erhob er die Arme hoch zum Herrn. Da fielen die lockeren Ärmel herunter, da seine Arme nicht dick und fleischig waren, und die besagte Tunicella ging ihm nur bis zum Ellbogen, während seine Unterarme nackt waren. Doch wunderbarerweise kamen goldene Ringe, und ein Kranz bedeckte sie dezent. Und ein Feuerball erschien über seinem Haupt, wodurch bewiesen wurde, dass der Heilige Geist zur Kräftigung auf ihn herabgestiegen war, wie an Pfingsten auf die Apostel. Deswegen heißt er zu Recht ‚apostelgleich’.a b. „Er stammte aber aus Pannonien, was nahe bei Österreich liegt, woher auch der hl. Hieronymus stammte. Er wirkte viele große und fast unzählige Wunder, die Postumianus und Fortunatus aufschrieben, die ihn sehr geliebt hatten.“ b c. Über sein Offizium ist zu bemerken, dass er allein unter den Bekennern eine eingerichtete Oktav hat wie auch der hl. Laurentius. Am Tag von dessen Martyrium, d. h. an dessen Fest sagt die Kirche: Im Feuer hast Du mich erprobt und fandest an mir kein Unrecht (Ps 17,3).c „Martin sagte im Todeskampf zu dem bei ihm stehenden Dämon: ‚Du findest nichts in mir, -grausame Bestie!’“d Sieh, wie es also zusammenpasst! Zu Recht war jener, der wie sie gleich hervorragend im Martyrium war, und hat gleichsam vor allen anderen eine Vigil. Dieser hervorstechende Bekenner hat vor allen eine Oktav.

Sulpicius Severus, Dialogus II, 1, p.181, col.  202 [Übers. P. Bihlmeyer, Drei Dialoge (Dialogi; über den hl. Martinus), (BKV2, I, 20), S.103]. b  Sulpciius Severus, Vita s. Martini p. 113, col. 161 [Übers. P. Bihlmeyer, Leben des hl. Bekennerbischofs Martinus von Tours, (BKV2, I, 2), S. 22]. c  8. Antiphon in der Nokturn von Laurentius. d  Sulpicius Severus, Epistula ad Bassulam p. 149, col. 183 [Übers. P. Bihlmeyer, Drei Briefe (Epistulae; über den hl. Martinus), (BKV2, I, 2), S. 68]. a 

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viii. Weiterer kalender, KAP.  163-164

d. Seine Kappa pflegten nach seinem Tod die französischen Könige in Schlachten zu tragen. Daher wurden deren Bewacher ‚Kapellane’ genannt.

Kapitel 164 a. Über das Fest des hl. A nd re a s muss man wissen, dass er schwarze Hautfarbe hatte, einen wallenden Bart und eine mittelgroße Statur. Dies sagen wir darum, damit man weiß, wie er in Kirchen gemalt werden soll, was man auch von vielen anderen Heiligen ebenso wissen muss. Sonst würden wir lügen bei den Schriften von Laien, d. h. bei ihren bemalten Bildern. b. „Er predigte aber in der Umgebung von Achaja und Athen. Er war von hervorragendem Verdienst, und nicht ohne Grund war ihm der gotterfüllte Gregor so ergeben, dass er ihm als erstem ein Offizium und eine Kirche gründete und dort als Mönch lebte.“a 40 Tote erweckte er gleichzeitig, was von keinem anderen so erzählt wird, er hätte gleichzeitig so viele auferweckt. Als nämlich der Sohn seines Wirtes mit 39 Gefährten über das Meer fuhr, brach sein Schiff auseinander und alle ertranken. Als der Vater am Strand untröstlich weinte, schickte Andreas, von Mitleid gerührt, Fürbittgebete zum Herrn, und alle wurden dem Leben zurückgegeben. Daher liest man in einem Hymnus für ihn: Vierzig junge Männer, die untergegangen in den Fluten des Meeres, gab er dem tätigen Leben zurück. c. „Als Aegeas, der Prokonsul der Römer, dorthin kam und den christlichen Namen verfolgte – die Römer hassten nämlich Christus, weil der sich ohne ihre Zustimmung als Gott erklärt hatte – gaben sie ein Edikt heraus, keiner dürfe auf dem Erdkreis ohne ihren Ratschluss einen neuen Gott schaffen. Außerdem hassten sie Christus deshalb, weil Christus ihnen als stolzer Gott erschien, da er es abgelehnt hatte, einen zweiten neben sich zu haben. Als Aegeas nun, wie ich sagte, gekommen war, rief er Andreas zu sich, er solle den Götzen opfern. Der weigerte sich, wie seine a 

Gregorius Turonensis, De miraculis s. Andreae c. 56.

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Summe der kirchlichen Offizien – III. Kirchenjahr

Legende erzählt.“a Da kreuzigten sie ihn trotz der Einsprüche der Masse. Zwei Tage lebte er noch am Kreuz, das nur quer gestellte Balken [in Form eines X] hatte, wie einige sagen, trotzdem predigte er dem Volk. Schließlich ging er zum Herrn. d. Das Fest hat keine Vigil nach Einsetzung, denn es liegt in der [Advents]Fastenzeit, daher war es nicht nötig, ihm eine Vigil einzurichten. e. So auch beim hl. T hom a s . 323

Kapitel 165 a. Zu bemerken ist: Bei der K n ie b eu g e ist [das Vaterunser], das ‚Gebet des Herrn’, zu beten oder das Gebet, das der hl. Augustinus verfasste oder billigte: ‚Gott, sei mir armem Sünder gnädig’. b. Oder jenes andere [Gebet], das ein gewisser hl. Eremit der Thais beibrachte. „Als er nämlich eines Tages die Stadt betreten hatte, sah er eine Hure prunkvoll einhergehen, nach dem Habitus ihres Körpers gänzlich offen für die Üppigkeit. Da begann er vor tiefem Schmerz zu weinen. Von einem gefragt, warum er weine, sagte er: ‚Weil ich nie so sehr gearbeitet habe, dass ich Gott gefalle, wie jene arbeitet, um der Welt und dem Teufel zu gefallen.’ Der hl. Mann begann sich Sorgen zu machen um ihr Heil, als er sie einmal fragte, ob sie zustimme, dass er nur eine Nacht bei ihr wäre? Endlich durch Geschenke verlockt, gewährte sie das. Als sie ihn in ihr Schlafgemach geführt hatte, fragte der hl. Mann, ob es noch einen geheimeren Ort gäbe. Die Antwort war: ‚Ja.’ Der von Thais dorthin Eingelassene suchte noch nach einem geheimeren. Da wurde er in das dritte innere Gemach geführt. Als er immer noch nach einem geheimeren [Raum] suchte, sagte sie: ‚Hier kann uns keiner sehen noch hören, außer allein Gott.’ Jener antwortete: ‚Also weißt du, dass es Gott gibt?’ Dann fing er eine Predigt an und machte ihr Herz so weich, dass sie der Welt und dem Teufel entsagte und ihm folgte. Zuvor aber verbrachte sie alles, was sie besaß, nach draußen, steckte es in Brand und sagte: ‚Hier ist das, was ich schlecht und töricht von euch, o Leute, erhalten habe.’ Der hl. Mann lehrte sie aber, täglich eine Kniebeuge zu machen, a 

Gregorius Turonensis, De miraculis s. Andreae c. 36.

308

viii. Weiterer kalender, KAP.  164-165

sich auf dem Boden auszustrecken, die Augen zum Himmel zu erheben und zu sagen: ‚Du, der Du mich erschaffen hast, erbarme Dich meiner.’“a

a 

Honorius Augustodunensis, Speculum ecclesiae col. 892-893.

309

Indices

311

Index der heiligen schrift

Genesis 1,1 1,2 1,31 2,2 2,17 3,3 3,5 3,16 3,17 3,19 17,1 18,24 22,18 25,9 29,17

129 158 253 198 51 155 155 64 244 292 250 243 245 295 265

Exodus 12,11 12,30 14,14 14,15 20,24 21,6 23,19 34,28

220 242 181 102 196 244 147 52, 155

Leviticus 12,2 23,4 26,10

159 134, 163 262

Deuteronomium 1,13 6,4 17,15 28,26 32,1 Rut

313

2,4

118 118, 119 288 180 135 84, 88

1. Könige 19,8

52, 155

Judit 16,13

130

Tobit 3,15

130

Hjob 19,20 38,4 38,7

191 227 227

Psalmen 1 17,1 17,3 18,5 22 22,7 22,18 22,19

243 100 306 121, 153, 156 183 256 180 180, 183

Index der heiligen schrift

24,1 25,1 27,1 29,1 31 31,6 39,13 41,5 41,11 45,13 46,2 46,5 51 51,1 51,3 51,17 52 54,8 61,2 63,2 66,4 67,2 67,7 69,20 70,2 74,16 76,12 85,9 85,12 91,1-16 91,13 91,15 92,13 93 93,1 95,1 100,3 102 102,19 113 113,6 114,1 115,9 117 117,1 117,1-2 118,1

118,25 118,26 118,27 119,62 119,164 120,1 133,1 134,1 135,18-19 137,4 138,2 139,1 139,18 146 147,1 147,12 148 148,7 150,6

42 41, 120, 126 68 149 183 183 120 76 131 146, 275 149 149 79 194 135, 155 74, 149 243 124 158 82 151 82 196 180 75 279 64 150 196 183 183, 233 153, 156 263 79 135, 157, 229 75, 148 231 243 180 142, 245 251 304 300 142, 208, 245 153, 199 209 158, 212, 304

314

158 102 213 69 79 186 288 84 249 153 223 223 228 142, 245 245 142, 245 142 260 243

Sprüche 10,1 18,17 21,20 21,30

298 85 268 183

Kohelet 7,3 10,1

301 220

Hoheslied 1,1 5,10

276 145

Weisheit 1,1 9,10

127 136

Sirach 1,1 22,12

127 298

Jesaja 1,5 6,1 6,1-3 7,14

120 102, 130 102 119

Index der heiligen schrift

9,1 9,2 9,5 9,6 10,22 11,2 24,2 26,21 38,10 40,1 45,22 52,1 53,2 55,1 60,1 66,10 Jeremia 1,8 2,27 9,20

257 120 50

Klagelieder 3,13 3,51

180 50

Daniel 3,2-56 3,57 5,25-28 7,9 9,24-26

82 163 191 120 180

Hosea 13,14

179

Joel

2,17 3,2

Jona 3,3-10 Sacharja 8,19 13,7 14,5

2. Makkabäer 1,4

143 130 143, 146 181 96 90 41 138 135 130 131, 301 130 163, 197 171 130 123, 167, 170

Matthäus 1,1 1,2-16 1,17 2,1 2,12 2,16 3,12 3,14 4,2 4,5 4,6 4,10 5,3 5,17 5,23 6,9 6,9-15 6,13 10,24 11,11 12,40 17,2 17,9 18,16 21,12 23,5 24,12 25,31 26,6-7 26,8-9 26,26 26,29 26,31 26,48 26,49 26,53 26,55 26,68 27,23 27,29 27,35 27,39-40 27,45

105 180 52 251 190 136

315

130 274, 279 150, 250 250 150 125 146 120 258, 259 52, 155 233 233 233 198 159 217 96 104 76 170 145 182 297 272 143, 206 178 215 69 138 171 179 186 187, 272 190 178 178 285 194 171 192 184 183 185 180, 189

Index der heiligen schrift

27,50 28,19 28,20 Markus 1,13 6,3 11,10 14,3 14,4-5 14,24 14,25 16,1 16,19 Lukas 1,14 1,26 1,28 1,38 1,39 1,46 1,48 1,68  2,14 2,19 2,21 2,29 2,68 3,1 3,21 3,24-38 4,2 4,30 7,41 8,5 9,62 10,18 10,38 11,27 13,4 13,8 16,9 16,22 22,18 23,34

24,36 24,50 37-50

184 203 154

Johannes 1,1 1,9 1,14 1,29 2,24 2,24-25 2,25 3,14 3,30 5,35 11,11 11,13 12,4-5 12,31 14,12 14,23 15,1 17,1 17,9 17,20 18,4-8 18,34 19,6 19,15 19,23 19,25 19,30 20,4 20,17 20,21 20,22 20,24 20,26 21,5

52, 155 279 102 171 179 186 187 92 266 258 275 144 201 275 96, 199, 209 277 83, 96, 173, 191, 193, 248 88, 96, 162 274 93, 146, 274 96, 110 228 92 150 150 52, 155 178 243 274 90, 174 233 92 275 172 172 198 179 187 190

Apostelgeschichte 1 1,1 1,15 12,1 13,2

316

89 50 171 143, 176 262 144 104, 105, 277 87 170 87 92 262 262 47 263 179 233 266 113 97, 199 184 184 184 190 282 107 188 180 275 179 212 154, 288 89 175 92 89 81 50 131 56 269 56

Index der heiligen schrift

Römer 8,3 9,27 9,28 11,26 12,1 13,13

180 228 96 133 57 57

1. Korinther 1,23 7,4 7,5 11,24 13,10 15,28 15,57

93, 179 137, 222 138 186 213 134 84

2. Korinther 2,14 9,15 11,2

106 84 276

Galater 1,19

286

Epheser 5,23

114

2. Timotheus 4,22

89

Titus 2,12

51

Philemon 25

84

Jakobusbrief 5,14-16

175

2. Petrus 2,16

137

Offenbarung 2,10 2,13 3,14 5,9 12,4 14,3 14,13 17,15 20,7 21,4

317

205 84 100 131, 226, 229 233 301 131, 293 97 228 298

Index der quellen

AH

1, 344 2, 16 7, 49 7, 83  50, 13 50, 120 

Alcuinus Vita s. Martini 10, 15 Ps.-Alcuinus Disputatio puerorum c. 7 De diuinis officiis liber 40 Amalarius Metensis De ordine antiphonarii prol. 4-5 prol. 5 65 Adnotatio 6 Eclogae 14 Liber officialis prooem. 21 I, 12, 51 I, 13, 14 I, 13, 15 I, 13, 17 I, 13, 18

I, 14, 14 I, 15, 1-3 II, 13, 1 II, 345 II, 367 II, 432 III, 2, 1 III, 16, 3 III, 18, 11 III, 18, 12 III, 36, 7 III, 38 III, 44, 15 IV, 3, 17 IV, 7, 9 IV, 9, 1 IV, 10, 12 IV, 20, 5 IV, 25, 10 IV, 30, 8-9 IV, 31 IV, 35, 1 IV, 37, 7 IV, 42, 8 IV, 42, 9.10. Epistolae ad Guntardum 1, 9

266 91 126 91 94, 142 255

46

7 100

121, 303 122 303 78 91 89 174 171 183 184 178

177 181 61 109 221 109 43 126 95 93 87 125 305 91 125 74 163 163 49 139 67 144 171 299 298 220

Ambrosius Expositio euangelii secundum Lucam * X, 144 226 Expositio in psalmum 118 VI, 25 120

318

Index der quellen

54 56 60

Aurelius Augustinus De Civitate Dei * X, 1, 2  51 Confessiones * X, 34-35  50 De consensu euangelistarum II, 4, 10 250 Enchiridion * 90 297 110 305 Epistolae* 55, 15, 28 227 58, 6 227 In Joannis euangelium Tractatus * 17, 4 51 De nuptiis et concupiscentia I, 14 223 Sermo 220 u. 221, In vigilia Paschae II u. III 54  Beda Venerabilis Martyrologium col. 1025 280 col. 1057B-1058A 284 De temporum ratione 8 45 In Ioannis euangelium expositio 1 145 Benedicti abbatis Regula monachorum * 38, 10 39

219 227

Bernoldus Micrologus 5 11 24 33 34-46 36 37 46 48 51 52

111 220 106 139 135 146 230 96 124 224 135

Cassiodorus Historia tripartita 9, 38 

253 162 252

41

Corpus iuris civilis Digesta * D. 2, 12 c. 8  D. 7, c. 1.4

152 292

Decretale Gregorii Liber Extra X.3.28.12 X.2.9.2 3

292 129

Disticha Catonis S. 10

123

Elisabeth Schonaugiensis Visiones II, 31 274

319

Fulgentius Sermo III * 1

271

Gratianus CIC D.1 c.47 D.1 c.48.51 D.1 c. 51 D.15 c.3 § 77-78 D.21 c.6 D.23 c. 7 D.23 c.21-23 D.24 c.5 D.24 c.5 D.28 D.33 c.5 D.40 c.9 D.43 c.1 D.50 c.53 D.76 c.1-6 D.76 c.1 

235 107 107 132 83 247 95 168 247 69 222 293 41 143 140 245

Index der quellen

D.4 c.96.99 de cons. D.4 c.102-104 de cons. D.4 c.114-115 de cons. D.5 c.13 de cons. D.5 c.16 de cons. D.5 c.18 de cons. D.9 c. 14-15 de cons.

D.76 c.3 140 C.2 q.7 c.27 169 C.2 q.7 c.31 137 C.8 q.1 c.1 265 C.13 q.2 c.15 §1 294 C.13 q.2 c.19 294 C.13 q.2 c.30-32 296 C.16 q.1 c.65 64 C.16 q.1 c.66 63 C.16 q.2 c.3 63 C.17 q.1 c.1-4 64 C.30 q.3 c.1-6 206 C.30 q.4 c.1-6 207 C.33 q.4 137 C.33 q.4 c.5 138 C.33 q.4 c.40 137 C.33 q.5 c.1 65, 139 D.1 c.11-15 de cons. 103 D.1 c.19 de cons. 196 D.1 c.29 §1 de cons. 161 D.1 c.30 de cons. 225 D.1 c.49-50 de cons. 226 D.1 c.50 de cons. 219 D.1 c.55 de cons. 157 D.1 c.56 de cons. 157 D.2 c.1 de cons. 97 D.2 c.13-15 de cons. 105 D.2 c.16 de cons. 105 D.2 c.2 de cons. 109 D.2 c.21 de cons. 221 D.2 c.22 de cons. 104 D.2 c.25.68 de cons. 224 D.2 c.93 de cons. 187 C.3 c.22 §1, de cons.  207 D.3 c.1 de cons. 47 D.3 c.1-2 de cons. 223 D.3 c.7 de cons. 176 D.3 c.10 de cons. 135, 226 D.3 c.11 de cons. 156 D.3 c.17 de cons. 174 D.3 c.18 de cons. 174 D.3 c. 27 de cons. 164 D.3 c.29 de cons. 164 D.3 c.30 de cons. 177 D.3 c.119-120 de cons. 205 D.4 c.35 de cons. 296 D.4 c.77 de cons. 169

Gregorius Magnus Dialogi * III, 7  IV, 50 IV, 52 Homiliae in evangelia * 26. 8 Homiliae in Ezechielem * II, 5, 17  Moralia in Iob VI, 37, 61 XVIII, 17, 18 XXX, 3, 9 XXXV, 16, 42 Registrum epistularum VIII, 28 XIII, 2 XIII, 3, 2   Gregorius Turonensis Historia VII Dormientium col. 1102 Historiae * II, 43 De miraculis s. Andreae 36 56 Hieronymus Epistolae * 58, 6 71, 6 Commentarii in Esaiam I, 2, 8 XI, 38, 21 In Matthaeum * Prolog Adversus Jovinianum II, 13

320

178 207 296 68 54 57 164

281 293 294 96 299 274 197 164 73 285 223 231

290 231 308 307

289 227 289 120 145 158, 227

Index der quellen

De vitis patrum VI, 3, 13

II, 8 II, 10 II, 17 II, 28 II, 30 II, 38 II, 47 II, 51 II, 53 II, 59 III, 1 III, 3 III, 5 III, 6 III, 10 III, 13 III, 17 III, 18 III, 23 III, 24 III, 26 III, 31 III, 32 III, 37 III, 40 III, 42 III, 45 III, 49 III, 52 III, 65 III, 67 III, 72 III, 74 III, 80 III, 85 III, 86 III, 87 III, 88 III, 90 III, 93 III, 100 III, 101 III, 102 III, 103 III, 110 III, 111 III, 113

46

Hilarius Pictaviensis Commentarius in Matthaeum * 16, 10  234 Liber de Synodis * col. 507 97 De trinitate* X, 51  197 Hildebertus Lavardinensis Versus de mysterio missae LXXX 288 Honorius Augustodunensis Gemma animae I, 14 229 I, 25 224 I, 34 97 I, 42 121 I, 50 117 I, 51 117 I, 65 72, 196 I, 67 105 I, 77 126 I, 83 85 I, 84 90 I, 86 186 I, 88 91 I, 89 98 I, 92 88, 185 I, 94 112, 114 I, 96 90f., 185 I, 98 98 I, 99 97 I, 111 87, 106 I, 112 86 I, 113 107 I, 114 109, 226 I, 118 128, 220 I, 121 179 I, 134 196 I, 140 49 I, 182  60f. I, 243 205 II, 1 70

321

144 144 125 72, 184 74 82 81 79 82 97 125 136 133 54, 256 199 240 131 148 160 159 161 152 121 153 155 246 52, 157, 168 300 172 169 169 173 170 175 104 197 191f. 190, 193-194 182 183 198 200f. 201 168, 203 203 204 205

Index der quellen

III, 115 III, 116 III, 117 III, 118 III, 124 III, 128 III, 135 III, 136  III, 138  III, 146 III, 148 III, 151 III, 152  III, 153-154 III, 156 III, 157 III, 160 III, 161 III, 162 III, 166 IV, 1 IV, 14 IV, 15 IV, 64 IV, 116 IV, 117 IV, 137 IV, 170 Sacramentarium 4 6 8 12 19 31 40 63  72 90 92 95 99 Speculum ecclesiae col. 797D col. 832C col. 836B col. 836C

col. 864CD col. 868D col. 892-893 col. 899A col. 903C col. 920C col. 944C col. 947B col. 965D col. 968B col. 983C-984D col. 986C-D col. 988B col. 991D col. 993D col. 1003A-B col. 1004-1006 col. 1004CD col. 1012B col. 1013B-1014B col. 1013C col. 1025  col. 1033C col. 1084D

206 203 244 208 210 212 208 227 230 244 227 247, 263 247 248 250 121 238 239 264 279 68 156 229 97 300, 303 162, 167 162 196

Hrabanus Maurus De clericorum institutione II, 20 II, 21 II, 24 De uniuerso VIII, 7

168 168 167, 173 204 231f. 195 299 125 142 106, 142 107 145 246, 300, 302 151

Hugo de S. Victore De sacramentis 64

46 218 309 55 57 173 281 235 45 263 269 270 270, 280 92 278 282 281 236 240 286 287 46 55, 80 184

53 241 251 190

121

Ps.-Hugo de S. Victore Speculum de mysteriis ecclesiae 1 215 3 71, 75, 111 4 142 7 87f., 100

145 271 46 145

Innocentius I. Epistolae et decreta * 25, 4.7

322

188

Index der quellen

Isidorus Episcopus Hispalensis Etymologiae sive origines 1, 31, 12 80 III, 12, 6 293 V, 26, 3 51 V, 30, 5-8 44 V, 30, 9-10 44 V, 30, 10 198 V, 30, 14 80 V, 36, 3 120 V. 36, 4 202 V, 39, 12 45 VI, 2, 23-24 193 VI, 2, 30 276 VI, 2, 35 283 VI, 2, 43 92 VI, 3. 1 126 VI, 8, 9 101 VI, 8, 17 90, 249 VI, 16, 1 59 VI, 19, 1 59, 66 VI, 19, 8 91, 104 VI, 19, 24 97, 148 VI, 19, 31 98 VI, 19, 33 98 VI, 19, 38 60, 98 VI, 19, 65 50 VI, 19, 66 48, 60 VI, 19, 80 230 VII, 12, 11 60 VII, 12 62 VII, 13, 1 60 VII, 14, 9 59 XV, 4, 1-2 43 XV, 4, 4 44 XV, 4, 9 205 XV, 6, 1-2 217, 292 XV, 11, 1 294 XX, 2, 15 97 XX, 3, 1 97 XX, 8, 6 98 Liber Pontificalis I. 276 I, 16 98 I, 17 245 I, 48 145

Liber Quare 8 25 40 41 105 153 198 additio 25 additio 85

49 232 187 187 231 160 72 231 270

Maximus Taurinensis Homiliae 71

272

Ordericus Historica ecclesiastica I, 2, 8

266

Ovidius Ars amatoria * I, 415  Fasti * II, 51

255 147

Paschasius Radbertus Epistola ad Paulam et Eustochium p. 109 129 Paulus Diaconus Historia Langobardorum* 4, 8 Petrus Comestor Historia Scholastica In Genesin 4 24 add. 2 59 114 In librum I Reg. 20 In II Maccabaeorum 1 add. 1 In evangelia 2 3 7

323

150

108 168 295 298 222 270 201 164 148

Index der quellen

33 36 Add. 1 47 63 73 85 86 add. 2 116 118 119 133 add. 1 147 161, 168, 168 add. 1 172 175 197 In actus apostolorum 122 Petrus Damiani De abdicatione episcopatus 19 c. 3

II, 20 II, 23 II, 28 IV, 7 V, 27 V, 31 V, 32 V, 33 VIII, 5 IX, 5  X, 2

259 105 287 237 277f. 234 235 171, 179 88 197 215

Rupertus Tuitiensis Liber de diuinis officiis * I, 14. I, 15. I, 2-7. II, 20. II, 23 IV, 7 IX, 5 V, 27 V, 31 V, 32 V, 33 VIII, 5 X, 2

185 185 189 94 264

108

Priscianus Institutionum grammaticarum libri 1, 22; 6, 69 58 Robertus Paululus De ceremoniis ecclesiasticis I, 18  I, 27 I, 33-35 I, 38 I, 54 I, 55 II, 9 II, 11 II, 12 II, 20 II, 27  III, 4 III, 37 Rufinus Aquileiensis Historia ecclesiastica I, 2-7 I, 14 I, 15

Sicardus Cronica zum Jahr 598

180 175 61 61 100 247 119 88 88 93-94 249 106 141, 299

Sulpicius Severus Dialogus * II, 1 p. 180 Epistula ad Bassulam * p. 149 p. 150 Vita s. Martini * cap. 2, 1 Tertullianus De ieiunio c. 1 Theodulus Italus Ecloga 233

82 76f. 78

324

84 214 278 274 194 197 195 195 241 232f. 207

76f. 150 50 306 303 306 231-232 194 193 195 128 98 90

150

306 303 306 306

58

193

Index der quellen

Vergilius Aeneis * III, 440 VII, 109 VIII, 75

Walther I 4112 II 28565

128 98 90

325

288 293

Index zur liturgie

Sachregister Feiertage Allgemein, 42f. Allerheiligen, 65, 95, 133, 149, 238, 275, 290f. Apostelfest, 95, 101, 137 Beschneidung, 93, 95, 119, 146 Darbringung im Tempel, 159, 210, 275 Dreifaltigkeit, 47, 95, 101, 177, 252 Epiphanie, 95, 101, 119, 130, 147-151, 210, 241 Gründonnerstag, 57, 156, 168, 174176, 181, 186f., 195, 228, 245 Heiligenfeste siehe Personenregister Himmelfahrt Christi, 95. 101, 119, 232 Karfreitag, 167, 171, 177-189, 198, 228 Karsamstag, 141, 168, 198-201 Kreuzerhöhung, -auffindung, 47, 92, 95f., 101, 234-236, 280-282 Mariae Himmelfahrt, 47, 92, 129, 273-277 Mariä Reinigung, 119, 133, 147, 159 Marienfeste, 95, 101, 129, 234, 238, 275, 279 Ostern, 47-49, 55, 57, 65, 95, 101, 105, 119, 132, 137, 231, 235, 240, 242, 244 Palmsonntag, 158, 164, 167, 171, 173

Brauchtum Allgemein, 17, 220f. Ballspiel mit Bischof, 25, 220f. Dezember-Freiheit, 25, 220 „Drache“, 232f. Erntedank, 221 Fackellaufen, 262 Feuerraddrehen, 262 Freudenfeiern, 17, 147 Johannisfeuer, 262 Lichterprozession, 159 Prügeln der Eheleute, 221 Tanz, 26, 223 Trinkgelage, 54, 137 Bücher Allgemein, 124 Antiphonar, 124-126 Graduale, 124 Homiliar, 126 Legendar, 126 Lektionar, 126 Passionar, 126, 132 Pontificale, 171 Predigtbuch, 133 Tropar, 124, 126 Vorlesebuch aus den Kirchenvätern, 126

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Index zur liturgie

Schleier, 164 Wandteppich, 164 Wasser, 97, 188, 197, 205f. Weihrauch, 201, 304 Wein, 97, 187, 225, 272, 302

Petri Kettenfeier, 240, 270 Petri Stuhlfeier, 134, 157, 161 Pfingsten, 47-49, 55, 65, 95, 101, 105, 107, 119, 131, 137, 177, 210, 224, 242-245, 250 Verklärung Christi, 95, 271f. Verkündigung, 201, 275 Weihnachten, 54, 56, 65, 92, 95, 101, 105, 107, 122, 130, 133, 135, 139, 142-144, 176, 189, 263, 275, 301

Gesänge Allgemein, 124 Allerheiligenlitanei, 199 Antiphon des Stundengebets, 49, 72, 74, 82f., 134. 136, 148, 151, 194, 212, 252, 273, 291 Graduale, 90, 125f., 153, 199, 208 Halleluja, 88, 91, 106, 134, 140, 153, 157, 161, 176, 208, 226, 229, 242 Historia, 125, 128-130, 150, 226, 252f., 272, 274, 283f., 298 Hymnus, siehe auch Stundengebet, Hymnus, 83, 123, 191, 255 Introitus, 85-88, 99, 126, 208 Invitatorium, 148, 178f., 190, 193, 241 Lamentation, 131, 193 Neumenvokalise, 126, 144, 226 Offertorium, 86, 89f. 97, 169, 199, 208 Responsorium, 49, 68-72, 78, 90f., 110, 121, 124, 133f., 150, 157, 216, 223, 229, 241, 252, 275, 291 Sequenz, siehe auch Messen, Sequenz, 91, 126, 229, 266 Ton, 168, 187, 208, 247 Traktus, 153, 157, 181-183, 208f., 248 Tropus, 85, 87, 126, 194 Versikel, 71, 74, 121, 124, 163, 193

Gelesenes Allgemein, 47f. 126-133 Epistel, 68, 90, 99, 122, 124, 249 Evangelium, 41, 68, 73, 86, 88-95, 122, 124, 127, 130, 132, 142, 150, 171, 224, 258, 274, 279, 286 Fürbitte, 223, 303, 307 Historie, 211 Legende, 56, 132, 145, 151, 238, 273, 287, 308 Lesung, 71f., 74-77, 82f., 97, 110, 121, 124, 131, 133, 144, 150, 163, 171f., 181f. 187, 193, 199, 203, 212, 216, 244, 247-249, 252, 276, 291, 301, 303 Postcommunio, 143, 209 Schlussformel, 111-115 Stillgebet, 99f. Geräte Allgemein, 97f. Altartuch, 142, 164, 183, 216 Brot, 97, 100, 103, 105, 148, 187f., 219, 224, 302 Chrisam, 203, 206 Glocke, 73f., 78, 165f., 189f., 303 Holzklapper, 189f. Kelch, 98, 225 Kreuz, 164f., 168, 178-180, 185f., 199, 201, 215, 232f., 280-282, 294, 303 Leuchter, 159, 262 Musikinstrument, 153 Oblate/Hostie, 98 Reliquiar, 215

Gewänder Allgemein, 49, 85, 121, 158, 230 Albe, 85, 205, 241 Bußgewand, 232 Festgewand, 158, 176, 214, 225 Kasel, 85f. Manipel, 85 Mitra, 145, 247 Pluviale, 135 Stola, 85, 154, 205, 241, 255, 301

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Index zur liturgie

Erwähnung/Kommemoration, 123, 136, 147, 279 Friedensgruß, -kuss, 104, 148, 208, 301, 304 ‚Gebet des Herrn’/Pater noster, 75, 86, 96, 99, 103, 110, 169, 206, 217, 224, 308 Gebet über das Volk, 89, 105 Kanon, 99, 102f. Katechumenenmesse, 86 Ordinarium, – Agnus Dei, 104f., 199, 208 – Benedicamus, 84, 106, 135f. – Credo, 96, 110 – Gloria, 88, 96, 106, 135, 157, 208, 245 – Ite missa est, 106, 135, 157 – Kyrie, 88, 96, 126, 134, 208, 245 – Sanctus, 88, 102 Postcommunio, 143, 209, 271 Praefation, 99, 101, 163f., 276, 306 Sequenzen – Rex sanctorum, 91 – Sancti Spiritus,91 Stillgebet, 99, 271 Tagesgebet/collecta, 54, 89, 110-115, 186, 274 Votivmesse, 108

Zingulum, 85 Glaubensbekenntnisse Allgemein, 67, 95f. Apostolisches, 110, 169, 206, 213 Ps. Athanasianisches, 96, 212, 223 Nizäno-konstantinopolitanisches, 213 Kirchen Allgemein, 16, 67 Abendländische, 270 Alter Ritus 69, 89, 130, 208 Gallikanische, 43, 162, 213, 251, 253 Griechische, 207, 224, 240, 270 Lateinische, 270 Mailändische/Ambrosianische, 104,162 Nordalpine, 230f. Römische, 231 Urkirche, 41, 67, 74, 98, 105, 133, 229, 234, 245 Körperhaltungen Allgemein, 47f. Kniebeuge, 49, 121, 135, 167, 171, 181, 184, 226f., 249, 308f. Knien, 48, 135, 227 Niederwerfen, 103, 308 Norden, 89, 204 Osten, 43, 106, 204, 296 Stehen, 48, 74, 95f., 103, 227, 229 Süden, 204 Verneigung, 74, 86, 95, 106, 228 Westen, 296

Oktaven Allgemein, 146f., 241 Epiphanie, 122, 138, 146, 150f., 207, 241 Laurentius, 272f., 306 Mariae Himmelfahrt, 273-277 Martin, 273, 306 Ostern, 121, 123, 131, 210, 229, 241 Petrus und Paulus, 264f. Pfingsten, 17, 121, 123, 128, 252 Stephanus, 145, 273 Unschuldige Kinder, 146 Weihnachten, 129, 147

Konzilien Konstantinopel (381), 96f. Mainz, 253 Nizäa (325), 97 Messen Allgemein, 16, 20, 86-109, 144, 169, 235, 260, 274, 302-304 Akklamation, 100f. Begrüßung der Gemeinde, 87

Orte/Gebäude Allgemein, 16 Altar, 74, 87, 164, 183, 196f., 306

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Index zur liturgie

Prozessionen Allgemein, 45, 47-49 Aschermittwoch, 168 Gabenprozession, 97 Große Bittprozession, 229-232 Himmelfahrt, 49 Kleine Bittprozessionen, 229-232 Kreuzverehrung, 181 Lichtmess, 159 Osterprozession, 212 Palmprozession, 173 Sonntagsprozession, 49

Altarraum, 126 Ambo 87, 91, 126, 169 Baptisterium, 199, 203 Basilika, 41, 145, 284, 295 Bilder, 164 Chorraum, 87, 126, 164, 212, 215, Friedhof, 291-297 Kirchenschiff, 169 Kirchenschmuck, 164, 214-216 Kirchturm, 164 Personen Allgemein, 58, 62, 90 Abt, 206, 237, 250 Akolyth, 60-62, 90, 169 Bischof, 43, 60, 84, 160, 186, 202, 205, 210, 225, 235, 241, 251, 265, 281, 290, 293 Chorbischof, 60, 62 Diakon, 60-62, 87, 93, 95, 104, 107, 135, 144, 169, 202, 248, 303f. Domscholaster, 248 Eremit, Klausner, 63, 66, 308 Exorzist, 60-62, 169 Kanoniker, 58, 60, 232 Kapellan 306 Kardinal, 60 Kirchenlehrer, 68 Kleriker, 109, 137, 156, 164, 248, 301 Laie, 58, 84, 88, 100, 107, 156, 164, 169, 217, 230, 232, 248, 286, 293, 296, 301, 303 Lektor, 60-62, 75, 130, 291 Mönch, 42, 60, 63, 73, 76, 109, 125, 141, 206, 232, 307 Nonne, 42, 206 Ordensleute, 63, 158, 203, 219, 232, 248, 293 Ostiarier, 60-62 Papst, 60-62, 103, 131, 171, 203, 230, 251, 264f., 269, 278f., 281 Priester, 43, 62, 74, 89f., 109, 147, 169, 176, 206, 248, 250, 303 Sänger, 54, 60, 62, 75, 125 Subdiakon, 60-62, 90, 104, 147, 276 Zelebrant, 76, 82f., 85, 87f., 93, 100, 103f., 143f., 204, 220, 225

Riten Allgemein, 45, 49 Almosensammlung, 138, 171 Arbeitsruhe, 45, 217f., 223 Armenspeisung, 176 Aschenkreuz, 168 Brotbrechen, 81 Buße, siehe auch Sakramente, Beichte, 50, 65, 108, 118, 143, 152, 155f., 158, 166f., 170, 222, 242, 268, 282 Entblößung des Altars, 196-198 Eucharistische Kommunion siehe auch Sakramente, Eucharistie, 25, 86, 90, 105, 166, 186, 199, 209, 213, 219-221, 224 Eulogie, 105, 224 Fahnen, Standarten, 215, 232 Fasten, 45, 50-58, 67, 108, 119, 137, 156, 158, 164, 176, 250, 256, 264, 269, 273, 279, 298 Fußwaschung, 171, 176 Fürbitte, 223, 303, 307 „Heiliges Grab“, 25, 212 Inzensieren mit Weihrauch, 301 Jahresgedächtnis, 141 Kerze, 78, 93, 117, 159, 190-192, 304 Kreuzverehrung, 185 Kreuzzeichen, 24, 93, 96, 218, 236, 268 Kuss, 178 Litanei siehe auch Prozessionen, 47-49, 55, 199, 203, 208, 229-233 Mandatum siehe Fußwaschung

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Index zur liturgie

Stundengebete/Offizium Allgemein, 16, 20, 66-84 Cantica, alttestamentlich – Benedicite, 82, 171 Cantica, neutestamentlich – Benedictus, 83, 96, 173, 191, 193, 228, – Magnificat, 96, 110, 141, 144, 199 – Nunc dimittis, 96 Hymnen – Veni Redemptor gentium, 142 – Te decet laus, 73 – Te Deum, 68, 73, 78, 106, 134, 142f., 157 – Ut queant laxis, 255 Komplet, 16, 66, 110, 142, 300 Laudes, 79-83 Marienhore, 135 Matutin, 66f., 80, 91, 135, 144, 165 Monastisch 72f. Nokturn, 69, 71, 78, 142f., 148, 168, 187, 190, 212, 241 Non, 79-81, 135, 152, 166 Prim, 79-81, 152, 158, 212, 232 Sext, 79-81, 135, 152, 166 Terz, 79-81, 143, 165, 173 Vesper, 66, 79-83, 109f., 141-144, 152, 166, 186, 189, 199, 209, 245, 302

Osterkerze, 65, 107, 172, 199-202, 255 Osterspiel, 212 Pate, 20, 206f. Predigt, 22, 130, 133, 217, 287 Pumpermette, 134, 189f., 192, 228, 301 Quatember, 107, 130, 139f., 245-247 Reliquien, 164 Salbung, 204f. Schuldbekenntnis siehe Sakramente, Beichte Statio, 45, 47-50 Taufgedächtnis, 162 Taufprüfung/Skrutinien, 61, 168f., 184 Tonsur, 95, 214, 296 Totengedächtnis, 291-297 Totengeleit/Exequien, 179, 297-305 Trennung nach Geschlechtern, 104, 169 Untertauchen, 204 Verhüllen der Kruzifixe, 165, 214 Verlesen der Passion, 182-184 Vermischen von Wasser und Wein, 97 Waschen des Altars, 197 Weihwasserbesprengung, 114f., 199, 218, 303 Wergknäuel, 198, 200 Wiederaufnahme der Büßer, 168, 174, 228

Vigilien Allgemein, 54, 139 Heilige, 55 Johannes der Täufer, 69, 255, 260, 270 Ostern, 54, 107 Petrus und Paulus, 69 Weihnachten, 130, 139, 142-144

Sakramente Allgemein, 20, 175 Beichte, 65, 79, 168, 211, 223, 296 Ehe, 137, 150, 248, 251 Eucharistie, 65, 87, 99, 102, 105, 181, 186f., 219, 224, 272, 301 Firmung, 175, 204f., 241 Krankensalbung, 174f. Priesterweihe/Ordo, 167f., 171, 187, 189, 247-250, 296 Taufe, 20, 115, 150, 154, 172, 199, 203-207, 211, 228, 244, 273, 282

Weihen/Segnungen Allgemein, 172 Chrisam, 175, 245 Osterkerze, 107 Kleriker, siehe Sakramente, Priesterweihe Öl, 65, 174f., 178, 203, 207

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Index zur liturgie

Quadragesima, 53, 101, 155f., 163167, 172 Quinquagesima, 153, 155f. Samstag, 44, 109, 156, 168, 171f., 198f., 250 Septuagesima, 121, 128f., 152-154, 162-165 Sexagesima, 154, 156 Sonnenjahr, 116, 202 Sonntag, 44, 172 Statio, 47-49, 171 Tagesbeginn, 152 Tagesoffizium, 78-83, 195 Trauerzeiten, 299 Vigil, siehe auch Vigilien, 55, 69, 139, 141, 146, 255f., 265, 308 Zeitalter, 172, 229, 234, 295, 299 Zeiten der Abkehr, 20, 116-122, 152 Zeiten der Pilgerschaft, 20, 116-122, 251, 254f. Zeiten der Rückkehr, 20, 116-122, 209 Zeiten des Rückrufs, 20, 116-122

Zeiten Allgemein, 44f., 70-72 Advent, 17, 20, 67, 113, 120, 128, 130, 133-140, 275, 301 Arbeitsruhe, 45, 217f., 223, 232 Fastenzeit, 17, 67, 135, 137f., 157f., 164, 245-247 Fasttag, 45, 101f., 130, 219, 227, 250, 260, 274, 291 Jahreszeiten, 16, 20, 140, 166, 246, 250 Jubeljahr, 243, 299 Feiertag, 42, 102, 219, 224 Festfreier Tag, 45, 102, 106, 219, 260 Messzeiten, 107, 189, 226, 260, 302 Mittwoch, 108, 167-170, 187 Nachtoffizium, 68-72, 79, 195 Oktav, siehe auch Oktaven, 121, 146, 151, 210f., 241, 252, 255, 260, 265, 273, 275f., 279, 306 Osterzeit, 17, 67, 121f., 153, 211-221, 240 Pfingstwoche, 129 Privilegien, 123, 167f., 170-180, 273

Personenregister (Gestalter der Liturgie und Heilige) Agatha, hl. Jungfrau, Märtyrerin, [3. 2.], 162 Agnes, hl. Jungfrau, Märtyrerin, [21.; 28. 1.], 151 Alkuin, Hoflehrer († 804), 18, 253 Ambrosius, hl. (374-397), Kirchenlehrer, [7. 12.], 151, 162, 203, 254 Anastasius, I., hl. Papst (399-401), [22. 1.], 96 Andreas, hl. Apostel, [30. 11.], 55, 307 Athanasius, hl. Patriarch (395-401), Kirchenlehrer, [2. 5.], 96 Augustinus, hl. Bischof (395-430), Kirchenlehrer, [28. 8.], 18, 50f., 54, 133, 278f., 297, 301, 308

Barnabas, hl. Apostel, [11. 6.], 56 Bartholomäus, hl. Apostel, [24. 8.], 55f., 277 Beda Venerabilis, hl. Abt (673-735), Kirchen­lehrer, [27. 5.], 15, 133, 145, 148, 284, 299 Benedikt, hl. Abt (um 480-547), [21. 5.], 172f., 219 Blasius, hl. Märtyrer, Arzt, [3. 2.], 159f. Bonifatius IV., hl. Papst (608-615), [25. 5.], 238 Bonifatius, hl. Erzbischof (722-754), Märtyrer, [5. 6.], 253

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Index zur liturgie

Clemens I., hl. Papst (etwa 88-97), [23. 11.], 203 Coelestin I., hl. Papst (42-432), [19. 5.], 186, 208

Ignatius von Antiochien, hl. Patriarch († um 117), [1. 2.], 124 Innozenz, hl. Papst (401-417), [28. 7.], 187

Damasus, hl. Papst (366-384), [11. 12.], 67f., 122, 203

Jakobus d. Ält., hl. Apostel, [25. 7.], 55f., 131, 235, 267-269, 288 Jakobus d. Jüng., hl. Apostel, [1. 5.], 55f., 194, 234f., 287 Johannes Beleth, Liturgiker, 226, 251, 265 Johannes der Täufer, hl. Märtyrer, [24. 6.], 46, 69, 93, 145, 240, 255263, 277f. Johannes Evangelist, hl. Apostel, [27. 12.], 56, 110, 131, 145, 238, 263 Judas Thaddäus, hl. Apostel, [28. 10.], 55, 131, 286f. Julian (Julius I.), hl. Papst (337-352), [12. 4.], 221

Elisabeth, Nonne, 273 Eusebius, hl. Papst (309-310), [14. 8.], 235, 254, 281, 285 Fabian, hl. Märtyrer, [20. 1.], 150 Felix und Adauctus, hll. Märtyrer, [30. 8.], 280 Felizitas, hl. Märtyrerin, [23. 11.], 270 Gelasius I., hl. Papst (492-496), [21. 11.], 123, 132, 186 Georg, hl. Märtyrer, [23. 4.], 132, 273 Gilbert, Magister (um 1080-1154), 14, 19, 114f., 241, 265, 278 Gregor I. d. Gr., hl. Papst (590-604), Kirchenlehrer, [12. 3.], 18, 125, 133, 162, 186, 223, 230f., 252, 285, 299, 307 Gregor IV., Papst (827-844), 239

Kalixt I., hl. Papst (217-222), [14. 10.], 247 Kletus, hl. Papst (76-88?), Märtyrer, [26. 4.], 265 Konstantin, Kaiser (337-350), 235, 285 Laurentius, hl. Diakon († 258), Märtyrer, [10. 8.], 47, 151, 272f. Leo I., hl. Papst (440-461), [11. 4.], 133, 226 Liberius, hl. Papst (352-366), [23. 9.], 232 Linus, hl. Papst (um 67-76), Märtyrer, [23. 9.], 265 Lukas, hl. Evangelist, [18. 10.], 238, 284, 286 Luzia, hl. Märtyrerin, [13. 12.], 138

Haimo, 285 Helena, Kaiserin, Mutter Konstantins, 235 Heraklius, byzant. Kaiser (610-641), 281 Hermann d. Lahme, Mönch (10131054), Dichter, 91 Hieronymus, hl. Priester (um 347420), Kirchenlehrer, [30. 9.], 18, 46, 66, 68, 88, 122, 132, 145, 158, 227, 276, 287, 289, 306 Hilarius hl. Bischof (um 315-367), Kirchenlehrer, [14. 1.], 47, 88, 97, 132, 197, 231, 254

Makkabäische Brüder, hll. Märtyrer, [1. 8.], 270 Mamertus, hl. Bischof (etwa 461477), [11. 5.], 230-232 Margarete, hl. Jungfrau, Märtyrerin, [20. 7.], 266

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Index zur liturgie

Quintinus, hl. Märtyrer, [31. 10.], 291

Maria Magdalena, hl. Jungfrau, [22. 7.], 178, 194, 255, 274 Maria, Mutter Jesu, 46f., 134, 159, 273-277, 279 Markus, hl. Evangelist, [25. 4.], 238, 283, 286 Martha, hl. Jungfrau, [29. 7.], 274 Martial, Märtyrer, [30. 6.], 266 Martin, hl. Bischof (316-397), [11. 11.], 46f., 55, 132, 279, 303, 305f. Matthäus, hl. Apostel, Evangelist, [21. 9.], 55, 249, 283 Matthias, hl. Apostel, [24. 2.], 56, 162 Mauritius, hl. Märtyrer († 280/300), [22. 9.], 249, 283 Melchiades, hl. Papst (312-314), [10. 12.], 156 Nikolaus II., Papst (1058-1061), 91 Nikolaus, hl. Bischof, [6. 12.], 47, 55f., 255, Notker, Mönch (um 840-912), Dichter, 91

Remigius, hl. Bischof (458-533), [1. 10.], 285 Rupert von Deutz, Abt (1120-1130), 15, 18f., 232 Sapientia (Sophia), hl. Märtyrerin, [30. 9.], 280 Sebastian, hl. Märtyrer, [20. 2.], 150 Siebenschläfer, hll. Märtyrer, [27. 6.], 289f. Silvester, hl. Papst (314-335), [31. 12.], 47, 110, 156 Simon, hl. Apostel, Märtyrer, [18. 2.], 55, 286 Simplicius, hl. Papst (468-483), [29. 7.], 251 Sixtus II., hl. Papst (257-258), Märtyrer, [6. 8.] Stephan von Lüttich, Bischof (901920), 252, 271 Stephanus, hl. Protomärtyrer, [26. 12.], 110, 144f., 151, 263, 271

Origenes, Theologe († um 254), 132, 297

Thais, hl. Büßerin [8. 10.], 308f. Thekla, hl. Jungfrau, Märtyrerin, [23. 9.], 278 Theodosius, röm. Kaiser (379-395), 67, 123, 269 Thomas, hl. Apostel, Märtyrer, [21. 12.], 56, 92, 131, 134, 307

Paschasius Ratbertus, hl. Abt (um 790-859, [26. 4.], 128 Paul, d. 1. Eremit, [15. 1.], 151 Paulus Diaconus, Geschichtsschreiber (720-799), 230, 255 Paulus, hl. Apostel, Märtyrer [30.6.], 55, 69, 238, 249, 264, 286 Pelagius II., Papst (579-590), 230, 264 Petrus, hl. Apostel, Märtyrer [29. 6.], 55, 69, 131, 134, 161f., 203, 233, 238, 255, 264f., 269, 286, 293 Philippus und Jakobus, hll. Apostel, [1. 5.], 234 Phokas, byzant. Kaiser (602-610), 238

Urban II., Papst (1088-1099), 98 Vier Gekrönte, hl. Märtyrer, [8. 11.], 305 Vinzenz, hl. Märtyrer, [22. 1.], 272 Zephyrinus, hl. Papst (199-217), Märtyrer, [26. 8.], 98

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