König Salomo: Mensch und Mythos. Biblische Geschichtsschreibung im Wandel 3447111046, 9783447111041

Die Vorstellung von Salomo als weisem Konig und Begrunder des Jerusalemer Tempels gehort zum festen Inventar der judisch

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König Salomo: Mensch und Mythos. Biblische Geschichtsschreibung im Wandel
 3447111046, 9783447111041

Table of contents :
Cover
Titelei
Inhalt
Vorwort
Abkürzungen und Abbildungen
Teil I Einleitung, Quellen und historischer Hintergrund
Kapitel I: Einleitung
I Stand der Forschung
II Zielsetzung
III Methoden
IV Aufbau
Kapitel II: Epigraphische, archäologische und biblische Quellen
I Das Vorhandensein epigraphischer Belege
II Archäologische Funde
III Biblische Quellen
1 Die Samuel- und Königebücher
2 Das Chronikbuch
3 Anspielungen auf Salomo in den Hagiographa (Ketubim)
IV Zusammenfassung
Kapitel III: Die Historizität des Vereinigten Königreichs Israel Gegen die jüngsten Zurückweisungen
I Einleitung
II Garbinis Ablehnung der Existenz der Vereinigten Monarchie
III Andere minimalistische bzw. revisionistische Theorien
IV Gibt es eine tragfähige Grundlage für die minimalistischen/ revisionistischen Ansätze?
V Zusammenfassung
Kapitel IV: Salomos Königreich Historische Bewertungen und Fallstudien
I Historische Bewertung
II Fallstudien
1 Die Historizität von Salomos Tempel
2 Jerusalem zur Zeit Davids und Salomos
3 Die Größe des Davidisch-Salomonischen Königreichs
4 König Salomos Harem
III Zusammenfassung
Teil II Salomos Geburt, Aufstieg und Tempelbau Literarische und historiographische Beobachtungen
Kapitel V: Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10-12 Redaktionsgeschichte versus
I Einleitung
II Das historische Setting der Geburtsgeschichte Salomos
III Redaktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit
A Redaktionsgeschichte
B Die Einheit der Komposition und ihre literarischen und theologischen Strukturen
1 Die Komposition
2 Literarische Strukturen
3 Weitere literarische Methoden
4 Rhetorischer Gegensatz: Das namenlose erste - das doppelt benannte zweite Kind
IV Zusammenfassung
V Exkurs: Wer nannte das zweite Kind „Schlomo“?
Kapitel VI: Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext
I Einleitung
II „Salomo“ und „Jedidja“: Der biblische Text und die wissenschaftliche Forschung
III Zum besseren Verständnis von „Salomo“ und „Jedidja“ - der Geliebte des Herrn
IV Neue Namen, Gottes Liebe und königliche Apologie: Die biblischen und altorientalischen Quellen
A Biblische Quellen
B Altorientalische Quellen
1 Mesopotamien: Sargon von Akkad und Sargon II. von Aššur
2 Anatolien: König Ḫattušili III. von Ḫatti
3 Ägypten: Königin Hatschepsut und andere Pharaonen
4 Persien: Xerxes I.
V Das Konzept göttlicher Liebe in 2. Samuel 12 und in der altorientalischen Literatur
VI Zusammenfassung
Kapitel VII: Salomos Geburt und seine Namen in der Literatur aus der Zweiten Tempelepoche
I Einleitung
II Salomos Geburt und seine Stellung unter Batsebas Söhnen in der Chronik
III Salomos Geburt in der Weisheit Salomos
IV Salomos Namen in der Literatur der Zweiten-Tempel-Epoche
1 Die Bedeutungen von „Schlomo“ in der Chronik
2 Der Name „Jedidja“ in den Psalmen und in Nehemia und sein Fehlen in der Literatur der Zweiten-
3 Wortspiele mit den Namen „Schlomo“ und „Jedidja“ bei Ben Sira
4 War „Kohelet“ Salomos dritter Name?
V Zusammenfassung: Salomos Ambiguität
Kapitel VIII: Salomos Leben vor der Thronbesteigung in der biblischen Historiographie
I Einleitung
II Salomo: Von der Geburt bis zur Thronbesteigung
1 War Nathan Salomos Erzieher?
2 Salomos Alter und sein Familienstand zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung
III Zusammenfassung
Kapitel IX: Salomos körperliches Erscheinungsbild und seine Führungsrolle in der biblischen His
I Salomos Erscheinungsbild
II Wird in Hohelied 5,10-16 Salomos Aussehen beschrieben?
III Zusammenfassung
Kapitel X: Salomos Thronfolge: Geschichte und gegensätzliche Historiographien
I Einleitung
II Salomos Thronfolge aus historischer Perspektive
1 Die letzten Tage König Davids: Persönliche und politische Krise
2 Rebellierte Adonia gegen seinen Vater David?
3 Verschwörung am Hof: Nathan und Batseba treten David gegenüber
III Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Salomos nach dem Königebuch
1 Die literarische Einheit der Thronfolgeerzählung
2 Apologetische Merkmale der Thronfolgeerzählung
IV Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Salomos in der Chronik
V Zusammenfassung
Kapitel XI: Die Krönung Salomos Davids Testament und seine Erfüllung
I Die Krönungszeremonie: Könige versus Chronik
II Gab es zwei Krönungen?
III Salomo auf dem „Thron des Herrn“
IV Die Etablierung der Herrschaft Salomos: Die abschließenden Worte
V Das „Testament Davids“
1 Erstes Buch der Könige 2,1-9
2 Das Chronistische Geschichtswerk
VI Die Erfüllung von Davids Testament: Salomos erste Handlungen als König
VII Zusammenfassung
Kapitel XII: „Warum hört man die Stadt so lärmen?“ - Die Erzählung von Salomos Krönung in ihrem bi
I Einleitung
II Laute Geräusche, die von weit entfernt gehört werden bei Salomos Krönung und an anderen Stellen
1 Salomos Krönung
2 Joaschs Krönung
3 Die Ladeerzählung
III Vorkommen des Motivs anderenorts in der Hebräischen Bibel
1 Die spätbiblische Geschichtsschreibung: Chronik und Esra
2 Anspielung auf das Motiv in der Josefsgeschichte
3 Ein Gegenbeispiel: Das Buch Esther
IV Zwischen literarischer Überleitung und Typusszene
V Zusammenfassung
Kapitel XIII: Salomos Tempelbau und Gottes Anerkennung in der biblischen Geschichtsschreibung
I Einleitung: Eine literarische Untersuchung
II David, Salomo und die Erlaubnis zum Tempelbau
III Das Zusammenwirken himmlisch-irdischer Dimension und von Vater-Sohn
IV Der Ort des Tempelbaus in Salomos Erzählungen
V Die Überarbeitung der Beschreibung von Salomos Tempel nach den Vorbildern der Stiftshütte des Mo
VI Gottes Zustimmung zum Tempel und dessen ewiger Fortbestand
1 Gottes Zustimmung zum Tempel
2 Der ewige Fortbestand des Tempels
VII Zusammenfassung
Kapitel XIV: König Salomo - Mensch und Mythos Das Schreiben und Umschreiben der Geschichte Salomos
I Zusammenfassung und Synthese
II Mensch und Mythos: Salomo in Geschichte und Geschichtsschreibung
Bibliographie
Autorenregister
Quellenregister
Sachregister

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Biblische Geschichtsschreibung im Wandel

Isaac Kalimi

König Salomo: Mensch und Mythos

Harrassowitz

Kalimi · König Salomo

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11104-1 - ISBN E-Book: 978-3-447-19798-4

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11104-1 - ISBN E-Book: 978-3-447-19798-4

Isaac Kalimi

König Salomo: Mensch und Mythos Biblische Geschichtsschreibung im Wandel

2020

Harrassowitz Verlag · Wiesbaden

© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 978-3-447-11104-1 - ISBN E-Book: 978-3-447-19798-4

Die Abbildung auf dem Umschlag zeigt Die Krönung Sa­lo­mos von Jean Pichore (1503), Paris, Bibliothèque Mazarine Ms. 1581 folio 154. Englischer Originaltitel: Writing and Rewriting the Story of Solomo in Ancient Israel, Cambridge University Press 2018

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at https://www.dnb.de.

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter https://www.harrassowitz-verlag.de © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: Memminger MedienCentrum AG Printed in Germany ISBN 978-3-447-11104-1 E-Book ISBN 978-3-447-19798-4

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‫לאחי היקר‪,‬‬ ‫ציון‪ ,‬הי"ו‪,‬‬ ‫באהבה ובברכת‬ ‫יֹוסיפּו לָ ְך‪,‬‬ ‫ּוׁשנֹות ַחּיִ ים וְ ָׁשלֹום ִ‬ ‫"ּכִ י א ֶֹרְך יָ ִמים ְ‬ ‫ל‪-‬לּוח לִ ֶּבָך‪,‬‬ ‫ַ‬ ‫רֹותיָך ּכָ ְת ֵבם ַע‬ ‫ֶח ֶסד וֶ ֱא ֶמת ַאל‪-‬יַ ַע ֻזְבָך ָק ְׁש ֵרם ַעל‪ּ-‬גַ ְרּגְ ֶ‬ ‫ֹלהים וְ ָא ָדם‪".‬‬ ‫א‪-‬חן וְ ֵשֹכֶ ל‪-‬טֹוב ְּב ֵעינֵ י ֱא ִ‬ ‫ּומצָ ֵ‬ ‫ְ‬ ‫(משלי ג‪ ,‬ב‪-‬ד)‬

‫‪© 2020, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden‬‬ ‫‪ISBN Print: 978-3-447-11104-1 - ISBN E-Book: 978-3-447-19798-4‬‬

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Inhalt Vorwort............................................................................................................................................ XI Allgemeine Abkürzungen.............................................................................................................. XIII Biblische Bücher.............................................................................................................................. XIII Zeitschriften, Reihen, Lexika......................................................................................................... XIV Abbildungen.................................................................................................................................... XV TEIL I: Einleitung, Quellen und historischer Hintergrund Kapitel I: Einleitung....................................................................................................................... 3 I  Stand der Forschung............................................................................................................... 5 II  Zielsetzung............................................................................................................................... 8 III Methoden................................................................................................................................ 10 IV Aufbau..................................................................................................................................... 12 Kapitel II: Epigraphische, archäologische und bi­bli­sche Quellen............................................ 17 I  Das Vorhandensein epigraphischer Belege............................................................................ 17 II  Archäologische Funde............................................................................................................ 22 III Biblische Quellen.................................................................................................................... 29 1 Die Samuel- und Königebücher......................................................................................... 30 2 Das Chro­nikbuch............................................................................................................... 34 3 Anspielungen auf Sa­lo­mo in den Hagiographa (Ketubim)............................................. 35 IV Zusammenfassung.................................................................................................................. 36 Kapitel III: Die Historizität des Vereinigten Königreichs Israel: Gegen die jüngsten Zurückweisungen eines langjährigen Konsenses................................... 37 I  Einleitung................................................................................................................................ 37 II  Garbinis Ablehnung der Existenz der Vereinigten Monarchie........................................... 38 III Andere minimalistische bzw. revisionistische Theorien...................................................... 42 IV Gibt es eine tragfähige Grundlage für die minimalistischen/ revisionistischen Ansätze?...................................................................................................... 46 V  Zusammenfassung................................................................................................................... 59 Kapitel IV: Salomos Königreich: Historische Bewertungen und Fallstudien........................ 61 I  Historische Bewertung........................................................................................................... 61 II  Fallstudien............................................................................................................................... 64 1 Die Historizität von Sa­lo­mos Tempel............................................................................... 64 2 Jerusalem zur Zeit Davids und Sa­lo­mos............................................................................ 70 3 Die Größe des Davidisch-Sa­lo­monischen Königreichs.................................................... 75 4 König Sa­lo­mos Harem........................................................................................................ 83 III Zusammenfassung.................................................................................................................. 85

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VIII

Inhalt

TEIL II: Salomos Geburt, Aufstieg und Tempelbau: Literarische und historiographische Beobachtungen Kapitel V: .Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12: Redaktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit........................................... 89 I  Einleitung................................................................................................................................ 89 II  Das historische Setting der Geburtsgeschichte Sa­lo­mos...................................................... 90 III Redaktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit........................................................ 93 A Redaktionsgeschichte........................................................................................................ 93 B Die Einheit der Komposition und ihre literarischen und theologischen Strukturen... 103 1 Die Komposition................................................................................................................. 103 2 Literarische Strukturen...................................................................................................... 104 3 Weitere literarische Methoden........................................................................................... 107 4 Rhetorischer Gegensatz: Das namenlose erste – das doppelt benannte zweite Kind....... 110 5 Die theologische Struktur.................................................................................................. 111 IV Zusammenfassung.................................................................................................................. 112 V Exkurs: Wer nannte das zweite Kind „Schlomo“?................................................................ 113 Kapitel VI: .Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext........................................................................................................................ 115 I Einleitung................................................................................................................................ 115 II „Sa­lo­mo“ und „Jedidja“: Der bi­bli­sche Text und die wissenschaftliche Forschung.............. 117 III Zum besseren Verständnis von „Sa­lo­mo“ und „Jedidja“ – der Geliebte des Herrn.............. 122 IV Neue Namen, Gottes Liebe und königliche Apologie: Die bi­blischen und altorientalischen Quellen ....................................................................................................... 127 A Biblische Quellen............................................................................................................... 127 B Altorientalische Quellen.................................................................................................... 127 1 Mesopotamien: Sargon von Akkad und Sargon II. von Aššur....................................... 129 2 Anatolien: König Ḫattušili III. von Ḫatti........................................................................ 137 3 Ägypten: Königin Hatschepsut und andere Pharaonen................................................... 139 4 Persien: Xerxes I.................................................................................................................. 143 V Das Konzept göttlicher Liebe in 2. Samuel 12 und in der altorientalischen Li­te­ra­tur...... 144 VI  Zusammenfassung.................................................................................................................. 147 Kapitel VII:. Salomos Geburt und seine Namen in der Literatur aus der Zweiten Tempelepoche............................................................................................ 151 I Einleitung................................................................................................................................ 151 II Sa­­lo­mos Geburt und seine Stellung unter Batsebas Söhnen in der Chro­nik..................... 151 III Sa­­lo­mos Geburt in der Weisheit Sa­lo­mos.............................................................................. 159 IV Sa­­lo­mos Namen in der Li­te­ra­tur der Zweiten-Tempel-Epoche........................................... 160 1 Die Bedeutungen von „Schlomo“ in der Chro­nik........................................................... 160 2 Der Name „Jedidja“ in den Psalmen und in Nehemia und sein Fehlen in der Li­te­ra­tur der Zweiten-Tempel-Epoche.................................................................... 162 3 Wortspiele mit den Namen „Schlomo“ und „Jedidja“ bei Ben Sira.................................... 163 4 War „Kohelet“ Sa­lo­mos dritter Name?............................................................................. 165 V  Zusammenfassung: Sa­lo­mos Ambiguität............................................................................. 166

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Inhalt

IX

Kapitel VIII: Salomos Leben vor der Thronbesteigung in der biblischen Historiographie..... 169 I Einleitung .............................................................................................................................. 169 II Sa­­lo­mo: Von der Geburt bis zur Thronbesteigung.............................................................. 169 1 War Nathan Sa­lo­mos Erzieher?......................................................................................... 170 2 Sa­lo­mos Alter und sein Familienstand zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung......... 172 III  Zusammenfassung.................................................................................................................. 174 Kapitel IX: Sa­lo­mos körperliches Erscheinungsbild und seine Führungsrolle in der bi­bli­schen Historiographie................................................................................................. 175 I  Sa­­lo­mos Erscheinungsbild ..................................................................................................... 175 II  Wird in Hohelied 5,10–16 Sa­lo­mos Aussehen beschrieben?............................................... 179 III  Zusammenfassung.................................................................................................................. 181 Kapitel X: Salomos Thronfolge: Geschichte und gegensätzliche Historiographien................. 183 I Einleitung................................................................................................................................ 183 II Sa­­lo­mos Thronfolge aus historischer Perspektive................................................................ 184 1 Die letzten Tage König Davids: Persönliche und politische Krise.................................. 184 2 Rebellierte Adonia gegen seinen Vater David?...................................................................... 187 3 Verschwörung am Hof: Nathan und Batseba treten David gegenüber............................ 192 III Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Sa­lo­mos nach dem Königebuch............................... 197 1 Die literarische Einheit der Thronfolgeerzählung........................................................... 198 2 Apologetische Merkmale der Thronfolgeerzählung........................................................ 206 IV Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Sa­lo­mos in der Chro­nik............................................ 209 V Zusammenfassung.................................................................................................................. 213 Kapitel XI: Die Krönung Salomos. Davids Testament und seine Erfüllung.......................... 215 I Die Krönungszeremonie: Könige versus Chronik................................................................ 215 II Gab es zwei Krönungen?........................................................................................................ 217 III Sa­­lo­mo auf dem „Thron des Herrn“...................................................................................... 220 IV Die Etablierung der Herrschaft Sa­lo­mos: Die abschließenden Worte................................ 221 V Das „Testament Davids“......................................................................................................... 222 1 Erstes Buch der Könige 2,1–9............................................................................................ 222 2 Das Chro­nistische Ge­schichts­werk................................................................................... 229 VI Die Erfüllung von Davids Testament: Sa­lo­mos erste Handlungen als König.................... 232 VII Zusammenfassung.................................................................................................................. 233 Kapitel XII: „Warum hört man die Stadt so lärmen?“– Die Erzählung von Salomos Krönung in ihrem biblischen Kontext........................................... 235 I Einleitung................................................................................................................................ 235 II Laute Geräusche, die von weit entfernt gehört werden bei Sa­lo­mos Krönung und an anderen Stellen in Sa­muel-Kö­ni­ge.................................................................................... 235 1 Sa­lo­mos Krönung............................................................................................................... 235 2 Joaschs Krönung................................................................................................................. 236 3 Die Ladeerzählung.............................................................................................................. 238 III Vorkommen des Motivs anderenorts in der Hebräischen Bibel.......................................... 240 1 Die spätbi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung: Chro­nik und Esra.......................................... 240 2 Anspielung auf das Motiv in der Josefsgeschichte........................................................... 241 3 Ein Gegenbeispiel: Das Buch Esther................................................................................. 242

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X

Inhalt

IV Zwischen literarischer Überleitung und Typusszene........................................................... 242 V Zusammenfassung.................................................................................................................. 245 Kapitel XIII:.Salomos Tempelbau und Gottes Anerkennung in der biblischen Geschichtsschreibung............................................................................................ 247 I Einleitung: Eine literarische Untersuchung.......................................................................... 247 II David, Sa­lo­mo und die Erlaubnis zum Tempelbau.............................................................. 248 III Das Zusammenwirken himmlisch-irdischer Dimension und von Vater-Sohn.................. 251 IV Der Ort des Tempelbaus in Sa­lo­mos Er­zäh­lungen............................................................... 252 V Die Überarbeitung der Beschreibung von Sa­lo­mos Tempel nach den Vorbildern der Stiftshütte des Mose und des Tempels Serubbabels .................................. 253 VI Gottes Zustimmung zum Tempel und dessen ewiger Fortbestand.................................... 262 1 Gottes Zustimmung zum Tempel..................................................................................... 262 2 Der ewige Fortbestand des Tempels.................................................................................. 265 VII Zusammenfassung.................................................................................................................. 265 Kapitel XIV: König Salomo – Mensch und Mythos. Das Schreiben und Umschreiben der Geschichte Salomos ......................................................................................... 267 I  Zusammenfassung und Synthese.......................................................................................... 267 II  Mensch und Mythos: Sa­lo­mo in Ge­schich­te und Ge­schichts­schrei­bung.......................... 276 Bibliographie.................................................................................................................................... 285 Autorenregister................................................................................................................................ 313 Quellenregister................................................................................................................................ 319 Sachregister...................................................................................................................................... 337

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Vorwort Das Bild Salomos als weiser König und Begründer des Jerusalemer Tempels ist inte­gra­ ler Bestandteil in der Literatur der monotheistischen Religionen. Doch obwohl Salomo einen sehr guten Ruf genießt, weichen die ihn porträtierenden Beschreibungen in der He­bräi­schen Bibel/ im Alten Testament stark voneinander ab. In König Salomo: Mensch und Mythos analysiere ich die Differenzen in den Dar­stel­lun­ gen Salomos, die auf unterschiedliche historische Kontexte, theologische und didakti­sche Konzepte, stilistische und literarische Techniken und kompositorische Methoden zurückzuführen sind. Die Besonderheit einer jeden Darstellung wird mithilfe genauer Ver­ gleiche der Merkmale bei den früh- und spätbiblischen Autoren herausgestellt. Da­rü­ber hinaus untersuche ich die unterschiedliche Gestaltung von Salomo in den Samuel- und Kö­nigsbüchern und in der Chronik: Im Gegensatz zu den frühen Texten, die sich nor­ma­ ler­weise dicht an ihren Quellen orientieren und eine Art Apologie für Salomos König­tum – eingeschlossen fragwürdigerer Aspekte – vorlegen, weichen die späteren Texte groß­ zügig von den Quellen ab, um Salomos Leben so darzustellen, wie es der Wunsch­vor­stel­ lung des späteren Geschichtsschreibers entsprach. Die vorliegende Untersuchung bietet neue Impulse, die ich über viele Jahre während mei­ner Forschung und Reflexion über den legendären israelischen König gewonnen habe und präsentiert einen umfassenden Überblick über verschiedene Themen aus archäologi­ scher, historischer, literarischer, historiographischer und theologischer Perspektive. Da­ bei lasse ich die Quellen aus sich heraus sprechen, ohne diesen voreingenommen zu be­geg­ nen. Gleichzeitig möchte ich einen Weg vorschlagen, wie Geschichtsschreibung Israels in der Zeit der Bibel aussehen könnte. Die Studie entstand in meiner Zeit als Fulbright Dis­tinguished Professor an der Salz­ bur­ger Universität (2011), als Mitglied der Royal Flem­ish Academy of Belgium for Science and the Arts (Brüssel, 2013) und als Mitglied des Swedish Collegium for Advanced Study (Upp­sala, 2014/15). Zahlreiche Vorträge zum The­ma an Universitäten im In- und Aus­ land sowie auf internationalen Konferenzen haben meine Forschung kontinuier­lich be­glei­tet und mich in meinem Vorhaben bestätigt. Die endgültige Fassung des Bu­ches ent­stand während meines Dienstes als Universitäts-For­schungs­professor für Hebräi­sche Bi­bel / Altes Testament und Ge­schich­te Israels sowie als Mitglied des Forschungskol­legs an der Jo­hannes Gutenberg-Universität Mainz. An dieser Stelle möchte ich all den vor­ge­ nannten Institutionen, insbesondere der Johannes Gu­tenberg-Universität Mainz da­für danken, dass sie optimale Bedingungen für meine For­schungsarbeit geschaffen haben. Die überaus positive Aufnahme der englischen Version Writing and Rewriting the Story of Solomon in Ancient Israel (Cambridge: Cambridge University Press, 2018) in der Welt der Wissenschaft und die Ermutigungen vieler Kollegen aus unterschiedlichen Dis­zi­pli­nen im deutschsprachigen Raum haben mich dazu bewogen, das Buch nun leicht revidiert in

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XII

Vorwort

deut­scher Übersetzung vorzulegen. Dies wäre nicht möglich gewesen ohne die tätkräf­ti­ ge Hilfe meiner geschätzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Marlen Blei­hol­der für den größten Teil der Übersetzung aus dem Englischen und Dr. Alexander Mül­ler, der sein fun­ dier­tes grammatikalisches Wissen eingebracht hat. Ich danke ferner Kirs­tin Ro­sen­zweig, die sich passioniert mit Verstand und Scharfsinn am Text verdient ge­macht und diesem durch ihr Engagement zu seiner endgültigen Gestalt verholfen hat. Mein Dank rich­tet sich auch an die Verlagsleiterin Dr. Barbara Krauß für die Auf­nah­me des Buches ins Programm des Harrassowitz-Verlages sowie an die Lektorin Julia Guth­müller für ihren Einsatz bei der Ver­wirk­lichung meines Manuskriptes auf dessen Weg in den Druck. Mainz, im Frühling 2020

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Isaac Kalimi

Abkürzungen und Abbildungen Allgemeine Abkürzungen Aufl. Auflage Ausg. Ausgabe Bd(e). Band (Bände) ca. circa d. i. das ist ders. derselbe dies. dieselbe durchges. durchgesehen Erstausg. Erstausgabe et al. et alii Hg(g.) Herausgeber hg. herausgegeben i. e. id est insb. insbesondere MT Masoretischer Text

LXX Septuaginta LXX luk Lukianische Rezension der Septuaginta n. Chr. nach Christus S. Seite(n) überarb. überarbeitet übers. übersetzt u. Z. unserer Zeitrechnung v. von V. Vers v. Chr. vor Christus v. u. Z. vor unserer Zeitrechnung vgl. vergleiche Z. Zeile z. B. zum Beispiel

Biblische Bücher Gen Genesis (1. Mose) Ex Exodus (2. Mose) Lev Leviticus (3. Mose) Num Numeri (4. Mose) Dtn Deuteronomium (5. Mose) Jos Josua Ri Richter 1.–2. Sam 1.–2. Samuel 1.–2. Kön 1.–2. Könige Jes Jesaja Jer Jeremia Ez Ezechiel (Hesekiel) Hos Hosea Joel Joel Am Amos Obd Obadja Jona Jona Mi Micha

Nah Nahum Hab Habakuk Zeph Zephanja Hag Haggai Sach Sacharja Mal Maleachi Pss Psalmen Spr Sprüche (Sprichwörter, Proverbia) Hi Hiob (Ijob) Hhld Hohelied Ruth Ruth Klgl Klagelieder Koh Kohelet (Prediger) Est Esther / Ester Dan Daniel Esra Esra Neh Nehemia

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XIV

Abkürzungen und Abbildungen

1.–2. Chr 1.–2. Chro­nik 1.–4. Makk 1.–4. Makkabäer 3.–4. Esr 3.–4. Esra Sir Sirach (Ecclesiasticus) Weisheit Weisheit Sa­lo­mos (Sapientia Sa­lo­monis) Mt Matthäus Mk Markus Lk Lukas Joh Johannes Apg Apostelgeschichte Röm Römer 1.–2. Kor 1.–2. Korinther Gal Galater

Eph Epheser Phil Philipper Kol Kolosser 1.–2. Thess 1.–2. Thessalonicher 1.–2. Tim 1.–2. Timotheus Tit Titus Phlm Philemon Heb Hebräer Jak Jakobus 1.–2. Pet 1.–2. Petrus 1.–3. Joh 1.–3. Johannes Jud Judas Offb Offenbarung

Zeitschriften, Reihen, Lexika ABR Australian Biblical Review AfO Archiv für Orientforschung AJSL The American Journal of Semitic Languages and Li­te­ra­tures ANET J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testa­ment, 3. Aufl. mit Ergänzungen (Princeton: Princeton University Press, 1969) BA The Biblical Archaeologist BAR Biblical Ar­chae­ol­ogy Review BASOR Bulletin of the American Schools of Oriental Research Beit Mikra Beit Mikra – Quarterly Founded by the Israel Society for Biblical Research BZ Biblische Zeitschrift CAD I. J. Gelb et al. (Hgg.), The Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago (Chicago: Oriental Institute of Chicago; Glück­stadt: J. und J. Augustin, 1956–2010). CBQ Catholic Biblical Quarterly CurBR Currents in Biblical Research CurBS Currents in Research: Biblical Studies ExpTim The Expository Times HTR Harvard Theological Review HUCA Hebrew Union College Annual IEJ Israel Exploration Journal IOS Israel Oriental Studies JANESCU Journal of the Ancient Near Eastern Society of Columbia University JAOS Journal of the American Oriental Society JBL Journal of Biblical Li­te­ra­ture JCS Journal of Cuneiform Studies JNES Journal of Near Eastern Studies JS Journal for Semitics

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Abkürzungen und Abbildungen

JSIJ JSOR JSOT JTS NEA PEQ RB RSO SJOT ST TRu TUAT VT WTJ ZA ZÄS ZAW ZAH ZDPV

XV

Jewish Studies, an Internet Journal Journal of the Society of Oriental Research Journal for the Study of the Old Testament Journal of Theological Studies Near Eastern Ar­chae­ol­ogy (formerly Biblical Archaeologist) Palestine Exploration Quarterly Revue biblique Rivista degli studi orientali Scandinavian Journal of the Old Testament Studia Theologica: Nordic Journal of Theology Theologische Rundschau Kaiser, O. (Hg.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, 3 Bde. (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1982–1997). Vetus Testamentum Westminster Theological Journal Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Zeitschrift für Althebraistik Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins

Abbildungen Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Abbildung 4 Abbildung 5

Urteil des Königs Sa­lo­mo, Detail eines Farbglasfensters in der Katharinenkirche, Oppenheim (Rheinland-Pfalz, Deutschland; private Fotografie). Schischak-Inschrift in Karnak: Bild von Olaf Tausch (2009), lizenziert unter Creative Commons 3.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Karnak_Tempel_19.jpg Tel Dan-Inschrift: Bild von Oren Rozen (2016), lizenziert unter Creative Commons 4.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/ File: JRSLM_300116_Tel_Dan_Stele_01.jpg Krönung Salomos, Jean Pichore (1503), Paris, Bibliothèque Mazarine Ms. 1581 folio 154. König Sa­lo­mo, Kathedrale von Monreale, Monreale (Sizilien, Italien); Copyright: Melvyn Longhurst / Alamy Stock Photo.

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TEIL I Einleitung, Quellen und historischer Hintergrund

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Kapitel I: Einleitung „Und der König sprach: Schneidet das lebende Kind entzwei!“ (1. Kön 3,25). Mit diesem er­schreckenden Urteil und seinen bedeutungsschweren Folgen führte König Sa­lo­mo eine rasche Beilegung des Streits zweier Prostituierter um die Identität ihrer Kinder herbei und wurde so als Inbegriff eines gerechten und ausgezeichneten Richters verewigt. Die Er­zäh­lung in 1. Kön 3,16–27 wird als überragendes Beispiel für Sa­lo­mos außergewöhnli­ che Weis­heit präsentiert, die der Herr ihm ausgerechnet in einem prophetischen Traum verliehen hatte, während er in Gibeon war, und von dem unmittelbar vor dieser Er­zäh­ lung be­richtet wurde (1. Kön 3,4–15). Die Er­zäh­lung betont: „Ich [i. e. Gott] habe dir ein weises und verständiges Herz gegeben, so dass es vor dir keinen wie dich gegeben hat und auch nach dir keiner wie du aufstehen wird“ (1. Kön 3,12 // 2­ . Chr 1,12). Der bi­bli­sche Ver­fas­ser bzw. Redaktor verbindet die beiden Er­zäh­lungen durch die Schlussfolgerung: „Und ganz Israel hörte von dem Urteil des Königs, und sie fürchteten den König, denn sie sahen, dass die Weisheit Gottes in ihm war, um Gerechtigkeit zu schaffen“ (1. Kön 3,28; siehe auch 1. Kön 5,9–14). Sa­lo­mos Weisheit wird auch durch andere bi­bli­sche Passagen hervorgehoben, so zum Bei­spiel: „Und der Herr machte Sa­lo­mo überaus groß vor den Augen von ganz Israel, und er verlieh ihm die Majestät der Königswürde, wie sie bei keinem König über Israel vor ihm war“ (1. Chr 29,25). Nehemia geht sogar noch weiter, indem er versichert: „[…] einen Kö­nig wie ihn hat es unter den vielen Nationen nicht gegeben“ (Neh 13,26).1 Darüber hinaus wird Sa­lo­mos Ruf als weiser Mann, eifriger Gelehrter und Dichter in verschiedenen bi­bli­schen Büchern beispielsweise im Buch der Sprüche, in Kohelet, im Hohelied und in später entstandenen Schriften verherrlicht, so in der Weisheit Sa­lo­mos, im Testament Sa­lo­mos und in den Psalmen Sa­lo­mos, aber auch in zahlreichen rabbinischen ­ k 11,31; siehe auch Mt 6,28–30) Midraschim,2 im Neuen Testament (z. B. Mt 12,42 // L und in verschiedenen Volksmärchen. In der Folge wurde Sa­lo­mo in der jüdischen und christlichen Kultur, aber auch im Islam als der weiseste und großartigste König des Alten Israel angesehen und wurde zu einer der bedeutendsten, bekanntesten und am meisten bewunderten Figuren der antiken Ge­schich­te. König Sa­lo­mos Ansehen als Bauherr des Tempels in Jerusalem ist ebenfalls wohlbekannt, und die Beschreibungen seines Urteils über die beiden Prostituierten sowie sein Besuch, den ihm die Königin von Saba abstattete, gehören zum festen Inventar jüdischer und christlicher Li­te­ra­tur, Musik und Kunst, insbesondere in Abbildungen an den Wänden zahlreicher alter Synagogen und Kirchen.3 1 Siehe auch 2. Chro­nik 1,1 und die Worte, mit denen die Königin von Saba in 1. Kön 10,3–9 (// 2. Chr 9,2–8) Sa­lo­mos Weisheit lobpreist. 2 Siehe z. B. Babylonischer Talmud, Berachot 57b; Hohelied Rabbah 1,1.5–8.11; und Kohelet Rabbah 1, 2–3; 2,5. 3 Siehe z. B. das Fresko an den Wänden der Synagoge von Dura-Europos; I. Kalimi, The Retelling

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Abbildung 1 – Sa­lo­mos Urteil. Ein Ausschnitt eines Fensters der Katharinenkirche in Oppenheim/ Rheinland-Pfalz, Deutschland, Foto von privat.

In Europa und Amerika nimmt Sa­lo­mo sogar in gerichtlichen Kontexten eine wichtige Position unter den ruhmreichen Figuren der antiken Welt ein. So ist die Dar­stel­lung von Sa­lo­mos Richterspruch beispielsweise im Amsterdamer Rathaus aus dem 17. Jh., aber of Chron­icles in Jewish Tradition and Li­te­ra­ture: A Historical Journey (Winona Lake: Eisenbrauns, 2009), S. 123–132; ders., Das Chro­nikbuch und seine Chro­nik: Zur Entstehung und Rezeption eines bi­bli­schen Buches, Fuldaer Studien 17 (Freiburg i. Br.: Herder, 2013), S. 149–157. Vgl. auch das Porträt Sa­lo­mos in den „David und Sa­lo­mo“-Mosaiken in der Basilika San Marco (Markusdom) in Venedig, Italien, die aus dem 14. Jh. stammen: www.gettyimages.co.uk/license/152207864; und das Mosaik von König Sa­lo­mo in der Kathedrale von Monreale in der Nähe von Palermo auf Sizilien, Italien: http://01varvara.files.wordpress.com/2011/08/01-anonymousking-solomon-duomo-di-monrealemonreale-sicily-it.jpg (beide abgerufen am 2.11.2016). Das Urteil im Fall der beiden Prostituierten (1. Kön 3,16–28) war in Europa besonders beliebt. Es ist beispielsweise auf einem wunderschönen Fenster der Katharinenkirche in Oppenheim am Rhein, Deutschland, gestaltet. Außerdem ist es – zusammen mit anderen Szenen aus Sa­lo­mos Leben – in einer Reihe von Fresken von Raffael im Vatikan – bekannt als die „Loggia Raffaels“; ca. 1519 – zu sehen, die Antoon Claeissens (Belgien, 1538–1613) und Nicolas Poussin (Frankreich, 1594–1665) beeinflussten; für weitere Beispiele siehe den Artikel „Solomon“ in F. Skolnik und M. Berenbaum (Hgg.), Encyclopaedia Judaica (2. Aufl.; Detroit: Thomson Gale/ Jerusalem: Keter, 2007), Bd. 18, S. 755–764, insb. 761–762 („in Art“, un­ ter­zeichnet vom Herausgeber) und S. 762–763 („in Music“, B. Bayer). Als Beispiele für Rückgriffe auf Sa­lo­mo in der Musik sollten vor allem die erfolgreiche Oper des jüdischen Komponisten Carl Gold­mark (1830–1915) aus dem Jahr 1875, Die Königin von Saba, Paul Heyses Die Weisheit Sa­lo­ mos (1886) und James B. Alexanders King Solomon (1899) genannt werden. Für weitere musikalische Wer­ke, die sich mit Sa­lo­mo befassen, und bibliographische Verweise siehe M. Stern, Bible & Music: Influences of the Old Testament on Western Music (Jersey City: Ktav, 2011), S. 232–233, 249–258 (zu Texten aus Samuel und Könige) und S. 481–483 (zu Texten aus der Chro­nik). Es gibt außerdem zahlreiche musikalische Werke, die auf den bi­bli­schen Büchern Hohelied, Kohelet und Sprüche basieren, die Sa­lo­mo zugeschrieben werden.

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auch in den Rathäusern von vielen anderen niederländischen und belgischen Städten, direkt hinter der Richterbank zu finden.4 Darüber hinaus erscheint Sa­lo­mo neben Mose, Hammurabi, Solon und anderen Gesetzgebern der Antike im Fries an der Südwand des Obersten Gerichtsgebäudes der Vereinigten Staaten, das 1935 vollendet wurde.5 Trotz all dieser ruhmreichen Reputation und der allgemeinen Bekanntheit wird jedoch die Ge­schich­te von Sa­lo­mo nicht einheitlich erzählt. Es gibt gravierende Un­ter­ schie­de zwischen den Dar­stel­lungen von Sa­lo­mo bei den frühen und den späten Ge­ schichts­­schrei­bern des Alten Israel, ebenso wie bei späteren jüdischen, christlichen und mus­­limischen Ver­fas­sern und bei modernen Historikern. Das Hauptziel des vorliegenden Bu­ches ist in erster Linie, die Unterschiede zwischen der frühen und der späten bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung, also in den Samuel- und Königebüchern, respektive in der Chro­ nik, zu untersuchen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Er­zäh­lungen von Sa­lo­mos Geburt, seinem Aufstieg und seiner Königsherrschaft. I Stand der Forschung In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Büchern veröffentlicht, die sich mit verschie­ de­nen Aspekten von Sa­lo­mos Leben, seinem Vermächtnis und vor allem der Frage seiner His­­to­rizität auseinandersetzten.6 Diese Studien werden in den folgenden Kapiteln an der je­weils passenden Stelle erörtert. Keine von ihnen bietet jedoch eine ausführliche Untersuchung oder einen Vergleich der literarischen und historiographischen Dar­stel­lun­ gen Sa­lo­mos in Sa­muel-Kö­ni­ge und der Chro­nik oder betrachtet diese Dar­stel­lungen im 4 Siehe K. Fremantle, „The Open Vierschaar of Amsterdam’s Seventeenth-Century Town Hall as Set­ ting for the City’s Justice“, Oud Holland 77 (1962), S. 206–234, insb. 211, 215, 227. 5 Siehe „Courtroom Friezes: South and North Walls: Information Sheet“ (Büro des Kurators, Su­preme Court of the United States, 8. Mai 2003: www.supremecourt.gov/about/northandsouthwalls.pdf [abgerufen am 15.9.2015]). 6 Siehe z. B. L. K . Handy (Hg.), The Age of Solomon: Scholarship at the Turn of the Millennium, Studies in the His­to­r y and Culture of the Ancient Near East 11 (Leiden: E. J. Brill, 1997); M. Pietsch, „Dieser ist der Sproß Davids…“: Studien zur Rezeptionsgeschichte der Nathanverheißung im alttestamentlichen, zwischentestamentlichen und neutestamentlichen Schrifttum, Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 100 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2003); R. Lux (Hg.), Ideales Königtum: Studien zu David und Sa­lo­mo, Arbeiten zur Bibel und ihrer Ge­schich­te 16 (Leip­ zig: Evangelische Verlagsanstalt, 2005); P.  S. F. van Keulen, Two Versions of the Solomon Narrative: An Inquiry into the Relationship between MT 1 Kgs. 2–11 and LXX 3 Reg. 2–11, Vetus Testamen­tum Supple­ment 104 (Leiden: E. J. Brill, 2005); I. Finkelstein and N. A. Silberman, David and Solomon: In Search of the Bible’s Sacred Kings and the Roots of the Western Tradition (New York: Free Press, 2006); T. A . Rudnig, Davids Thron: Redaktionskritische Studien zur Ge­schich­te von der Thronnach­ fol­ge Davids, Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 358 (Berlin: W. de Gruy­ter, 2006); W. Oswald, Nathan der Prophet: Eine Untersuchung zu 2. Samuel 7 und 12 und 1. Könige 1, Abhandlungen zur Theologie des Alten Testaments 94 (Zürich: Theologischer Ver­lag, 2008); P. James und P. G. van der Veen (Hgg.), Solomon and Shishak: Current Perspectives from Ar­ chae­ol­ogy, Epig­ra­phy, His­to­ry and Chronology: Proceedings of the Third BICANE Colloquium Held at Sidney Sussex College, Cambridge, 26–27 March, 2011, BAR International Series 2732 (Ox­ford: Ar­chaeo­press, 2015); Y. Garfinkel und M. Mumcuoglu, Solomon’s Temple and Palace: New Ar­chaeol­ ogical Dis­coveries [Hebräisch] (Jerusalem: Koren, 2015).

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Kon­text der Parallelen in der Hebräischen Bibel und der Ge­schich­te des Alten Orients.7 Beispielsweise hat Thilo Rudnig die Redaktionsgeschichte der Thron­fol­­ge­er­zählung in Sa­muel-Kö­ni­ge analysiert, vor allem 2. Sam 7.11–19 und 1. Kö­ni­ge 1–2, er zieht aber keinen Vergleich zur Chro­nik und sagt nur wenig zu der ausgefeil­ten li­­te­ra­rischen und theologischen Gestaltung des Materials oder zu seinen vorderorien­ta­li­schen Parallelen.8 Pekka Särkiö führt eine ähnliche Art der Analyse von 1. Könige 3–5 und 9–11 durch, schenkt allerdings dem Vergleich mit der Chro­nik ebenfalls nur wenig Aufmerksamkeit.9 Andrew Knapp hat die Er­zäh­lungen, die in Sa­muel-Kö­ni­ge über Davids und Sa­lo­mos Aufstieg zur Macht zu finden sind, mit königlichen Apologien aus anderen Regio­nen des Alten Orients verglichen. Er übersieht jedoch einige Schlüsselaspekte dieses Ver­gleichs hinsichtlich 2. Samuel 11–12 und stellt diese Dar­stel­lungen auch nicht dem Bericht in der Chro­nik gegenüber, der große Unterschiede dazu aufweist.10 Viele Studien befassen sich auch mit Sa­lo­mos späterer Rezeption in der jüdischen, christ­lichen und muslimischen Li­te­ra­tur, deren Behandlung den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen würde. Diese sagen jedoch verhältnismäßig wenig darüber aus, wie er in den bi­bli­schen Texten selbst dargestellt wird.11

7 Für eine umfassende Erörterung dieser Quellen siehe Kapitel II. Auch wenn Samuel und Kö­ni­ge im hebräischen Kanon zwei getrennte Bücher sind, ist es umstritten, inwiefern sie tatsächlich un­­ter­ schied­lichen Ursprungs sind (siehe auch Kapitel X, Fußnote 57). Das vorliegende Buch be­zeich­­net sie jeden­falls durchgehend als „Sa­muel-Kö­ni­ge“ bzw. „Samuel und Könige“ im Sin­ne eines zu­sam­ men­hän­genden Komplexes. Dieser steht für die frühe bi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung im Ge­gen­­ satz zu der späteren Ge­schichts­schrei­bung im Chro­nikbuch. Dieser Sprachgebrauch sollte nicht so ver­stan­den werden, als wären Samuel und Könige notwendigerweise vollständig miteinander ver­ schmol­zen. 8 Siehe Rudnig, Davids Thron: Redaktionskritische Studien zur Ge­schich­te von der Thronnachfolge Davids. Ausführliche Kritiken von Rudnigs Untersuchung siehe Kapitel V, § III,A und Kapitel X, § I II,1. 9 Siehe P. Särkiö, Die Weisheit und Macht Sa­lo­mos in der israelitischen Historiographie: Eine Tra­di­tionsund redaktionskritische Untersuchung über 1 Kön 3–5 und 9–11, Schriften der Finnischen Exe­ge­ti­ schen Gesellschaft 60 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1994). Es zeigt sich übrigens, dass die Teile von Sa­lo­mos Leben, auf die ich hier den Fokus lege, genau diejenigen sind, die Särkiö auslässt. 10 Siehe A. Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, Writings from the Ancient World Supple­ ment Series 4 (Atlanta: SBL Press, 2015); darüber hinaus siehe Kapitel VI. 11 So findet sich in P. A . Torijano, Solomon the Esoteric King: From King to Magus, Development of a Tra­di­tion, Supplements to the Journal for the Study of Judaism 73 (Leiden: E. J. Brill, 2002), nur ein kurzes Kapitel zur gesamten Hebräischen Bibel (S. 8–25); G. Sasson, „In the Footsteps of the Tradi­ tion about Solomon the Magician in the Li­te­ra­ture of the Sages“, JSIJ 6 (2007), S. 37–53. In ähnli­cher Weise befassen sich in J. Verheyden (Hg.), The Figure of Solomon in Jewish, Christian and Islamic Tradition: King, Sage and Architect, Themes in Biblical Narrative 16 (Leiden: E. J. Brill, 2013) nur die Aufsätze von I. Kalimi, „The Rise of Solomon in the Ancient Israelite Historiography“, S. 7–44, P. Särkiö, „Solomon in His­to­r y and Tradition“, S. 45–56 und W. Zwickel, „Der Tempel Sa­lo­­mos im Kontext der Ikonographie und der archäologischen Funde“, S. 57–84 (siehe dazu Kapitel IV, § II,A und Kapitel XIII) mit den bi­bli­schen Berichten. Die übrigen Aufsätze untersuchen die Dar­stel­lung Sa­lo­mos in der späteren Li­te­ra­tur, zum Beispiel bei Josephus, im Neuen Testament, in der rabbinischen Li­te­ra­tur und in muslimischen Quellen.

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Darüber hinaus sind einige mehr oder weniger populär- oder semipopulärwissen­ schaft­liche Bücher über Sa­lo­mo und seinen Vater David veröffentlicht worden.12 Leider pa­ra­phrasieren sie entweder nur die bi­bli­schen Berichte, oder sie schreiben sie selektiv um, ohne sich ausreichend mit der kritischen Forschung zu diesen Texten auseinanderzusetzen. Mit detaillierten Vergleichen zwischen Sa­muel-Kö­ni­ge einerseits und der Chro­nik an­de­rerseits beschäftigen sie sich nur selten.13 Hinzu kommt, dass Kommentare zum Chro­nikbuch zwar das Bild, das Sa­muel-Kö­ni­ ge von Sa­lo­mo zeichnen, mit demjenigen in der Chro­nik vergleichen, sie tun dies jedoch nicht ausführlich und nur im Hinblick auf bestimmte Passagen.14 Wie es dem For­mat eines Kommentars angemessen ist, sind diese Vergleiche weder systematisch noch um­fas­send, und vielen der spezifischen Texte und Fragestellungen, auf denen im vorlie­gen­­den Buch der Fokus liegt, wurde – wenn überhaupt – bisher zu wenig Auf­merk­sam­­­keit ge­schenkt. Diese Monographie bietet also nicht nur neue und innovative Beob­ach­­tungen zu ein­zel­ nen Details des Textes, sondern auch eine tiefgreifende Analyse und kohärente Syn­these der Bilder, die die frühe und späte bi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung von Sa­lo­mo zeichnen.

12 Siehe A. Kunz-Lübcke, Sa­lo­mo: Von der Weisheit eines Frauenliebhabers, Biblische Gestalten 8 (Leip­ zig: Evangelische Verlagsanstalt, 2004); A. Schick, Irrt die Bibel? Auf der Suche nach König David und Sa­lo­mo: Mythos oder Wahrheit? (Hammerbrücke: Jota, 2004); W. Brueggemann, Solomon: Israel’s Ironic Icon of Human Achievement, Studies on Personalities of the Old Testament (Columbia: Uni­ ver­sity of South Carolina Press, 2005); S. Weitzman, Solomon: The Lure of Wisdom (New Haven: Yale Uni­versity Press, 2011); J. Baden, The Historical David: The Real Life of an Invented Hero (New York: HarperCollins, 2013), und J. L . Wright, David, King of Israel, and Caleb in Biblical Mem­ory (New York: Cambridge University Press, 2014). Für weitere Abhandlungen über Sa­lo­mo und sei­ne Herrschaft siehe Kapitel III. 13 Siehe allerdings z. B. Kunz-Lübcke, Sa­lo­mo, S. 151–156, Brueggemann, Solomon, S. 160–180 und Wright, David, King of Israel, S. 148–166. 14 So hat unter den aktuelleren Kommentaren beispielsweise Sara Japhet in ihrer Einleitung einen Ab­ schnitt zur Quellennutzung des Chro­nisten geschrieben, der einen einzigen Absatz zu den Quel­len über Sa­lo­mo enthält (S. Japhet, I & II Chron­icles: A Commentary, Old Testament Library [Louis­ ville: West­minster/ John Knox, 1993], S. 14–23, insb. 16–17). Sie beginnt auch jedes Kapitel ihres Kom­men­tars mit einem kurzen Absatz zu „Struktur, Quellen und Form“ („Structure, Sources and Form“) des Textes, aber diese Zusammenfassungen leisten kaum mehr als die Parallelen, Aus­las­­sun­ gen und Hinzufügungen zwischen Sa­muel-Kö­ni­ge und der Chro­nik aufzulisten, jeweils mit einer kurzen Erörterung (z. B. S. 522–524 zu 2. Chro­nik 1). Hugh Williamson gibt dem Thema sogar noch we­ni­ger Raum, indem er den Quellen der Chro­nik drei Seiten in der Einleitung widmet, die Fra­­ge­ stel­lung im restlichen Kommentar jedoch nur gelegentlich anschneidet; so beispielsweise eine Sei­­te zur Ver­wendung der Texte über Sa­lo­mo aus Könige in der Chro­nik (H. G. M. Williamson, 1 and 2 Chron­icles, New Century Bible Commentary [Grand Rapids: W. B. Eerdmans/ London: Mar­ shall, Morgan & Scott, 1982], S. 21–23, 192–193). Vgl. auch beispielsweise R. B. Dillard, 2 Chron­ icles, Word Biblical Commentary (Waco, TX: Word Books, 1987); S. L. McKenzie, 1–2 Chron­icles, Abing­don Old Testament Commentaries (Nashville: Abingdon, 2004); R. W. Klein, 2 Chron­icles: A Com­men­tary, Hermeneia (Minneapolis: Fortress, 2012). John Jarick geht sogar so weit, den Ver­gleich zwischen Chro­nik und Sa­muel-Kö­ni­ge (die er als „ihre Rivalen“ [„its rivals“] bezeichnet) „bei­sei­ te zu lassen“ („set aside“; J. Jarick, 2 Chron­icles, Readings: A New Biblical Commentary [Shef­f ield: Sheffield Phoenix Press, 2007], S. 2).

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II Zielsetzung Das Hauptziel des vorliegenden Buches ist nicht, „den historischen Sa­lo­mo“ und seine Zeit zu rekonstruieren, sondern die verschiedenen bi­bli­schen Berichte über Sa­lo­mo zu ana­lysieren und zu vergleichen. Diese frühen und späten bi­bli­schen Historiogra­phien sind die einzigen erhaltenen historischen Schriften des Alten Israel über diesen Kö­nig und seine Zeit. Sie wurden in verschiedenen Epochen verfasst und damit zu unterschied­ li­chen Rahmenbedingungen. Des Weiteren reflektieren sie differierende histo­ri­sche und theologische Ansätze sowie nutzen verschiedene Stile, literarische Techniken und Me­ tho­den. Dieses Buch versucht daher, die Einzigartigkeit jeder Dar­stel­lung von „Sa­lo­­mo“ durch eine sorgfältige Lektüre dieser geschichtlichen Texte herauszuarbeiten, die nicht nur die jeweiligen theologischen, ideologischen und didaktischen Konzepte berücksichtigt, sondern auch die literarischen Merkmale und kompositionellen Methoden sowie die angenommenen Zeiten, Orte und Bedingungen ihrer Entstehung. Ziel dieser Studie ist, zu beleuchten, wie Sa­lo­mos Geburt, seine Namensgebung, sein frühes Leben, sein Auf­ stieg zur Macht und sein Tempelbau in jedem dieser Berichte dargestellt werden und wie er selbst beschrieben und charakterisiert wird. Eine systematische Untersuchung der Sa­lo­mo-Er­zäh­lungen in Sa­muel-Kö­ni­ge und den Chro­nikbüchern kann nur auf der Grundlage einer solchen detaillierten Analyse je­ des Textes für sich einerseits sowie eines sorgfältigen Vergleiches der verschiedenen Tex­te untereinander andererseits erfolgen. Eine solche Gegenüberstellung streicht die je­wei­ ligen Besonderheiten der beiden Textkomplexe heraus und zeigt letztlich zwei inkom­ pa­­tib­le, nicht miteinander in Einklang zu bringende Porträts oder, bildlich ausgedrückt „Masken“ von König Sa­lo­mo, vor allem hinsichtlich seiner Geburt, seines Aufstiegs und des Tem­­pel­baus. Ein jedes übermittelt das Bild Sa­lo­mos, das der jeweilige Ver­fas­ser seinem zeit­ge­nös­si­schen und zukünftigen Publikum präsentieren wollte. Diese Analyse betont auch die unterschiedlichen Arten, wie die früh- und die spätbi­ bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber mit ihren Quellen umgegangen sind. Gleichzeitig werden Ansätze der jüngeren Forschung entkräftet, die abstreiten, dass Sa­muel-Kö­ni­ge als literarische Grundlage der Chro­nik dienten. A. Graeme Auld hat beispielsweise versucht, den Kon­sens zu erschüttern, demzufolge Sa­muel-Kö­ni­ge die wichtigste Quelle der Chro­nik sind und sie daher als historisch verlässlicher betrachtet werden können.15 Dieser Ansatz ist jedoch allzu vereinfachend und ignoriert die Erkenntnisse von zwei Jahrhunderten 15 Siehe sein Buch, A. G. Auld, Kings without Privilege: David and Moses in the Story of the Bible’s Kings (Edinburgh: T. & T. Clark, 1994). Basierend auf Aulds These hat Raymond F. Person vor kur­zem ar­ gu­mentiert, dass „das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk und das Buch der Chro­nik Ge­schichts­ werke der Perserzeit [seien], die von zwei konkurrierenden Schreiberschulen verfasst wurden, der Deu­te­ro­no­mis­tischen Schule und der Chro­nistischen Schule, dass diese beiden Ge­schichts­werke trotz­­dem auf derselben allgemeinen Überlieferung beruhen, zu der auch eine gemeinsame Quelle aus der Exilszeit gehört“ („the Deuteronomistic history and the book of Chron­icles are Persianperiod historiographies produced by two competing scribal guilds, the Deuteronomistic school and the Chro­nistic school, but that these historiographies are nevertheless based on the same broader tra­d ition, including a common exilic source“; The Deuteronomistic His­to­ry and the Book of Chron­icles: Scribal Works in an Oral World, Ancient Israel and Its Li­te­ra­ture 6 [Atlanta: Society of Biblical Li­ te­ra­ture, 2010], S. 163).

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diachroner Forschung. Daher wurde er auch aus unterschiedlichsten Perspektiven von zahlreichen Wis­sen­schaft­lern scharf kritisiert und sollte unbedingt abgelehnt werden.16 Im Gegensatz dazu schließt sich das vorliegende Buch der in der bi­bli­schen For­schung etablierten und allgemein akzeptierten Ansicht an, dass Sa­muel-Kö­ni­ge zu einem früheren Zeitpunkt verfasst wurden als das Buch der Chro­nik und dass sie die primäre Vor­lage des Chro­nisten für die parallelen Textstellen bildeten.17 Der Chro­nist schrieb häufig das Material um, das er in Sa­muel-Kö­ni­ge zu Sa­lo­mo fand, wohingegen deren Ver­fas­ser bzw. Redaktor(en) im Allgemeinen deutlich mehr Wert darauf legten, in ihre Quellen so wenig wie möglich einzugreifen. In früheren Publikationen habe ich minutiös die verschiedenen Methoden untersucht, die der Chro­nist anwendet, um seine Quellen in Sa­muel-Kö­ni­ge und andernorts umzuschreiben und aufzuarbeiten. Im vorliegenden Buch zeige ich, wie diese Metho­den in einem bestimmten Fall durchgehend angewendet werden. Dazu untersuche ich umfassend, wie Sa­lo­mo in jedem der beiden Ge­schichts­werke dargestellt wird – sowohl mit Blick auf jeden Textkomplex für sich genommen als auch im Vergleich und im Gegen­satz zueinander. Das bedeutet, dass jeder Vergleich mit einer gründlichen Auswertung des jeweiligen Textbefundes in seinem historischen und literarischen Kontext beginnen muss, dass letztlich aber auch keiner der einzelnen Texte für sich allein vollständig verstanden werden kann. Nur durch einen Vergleich dessen, was jeder der Texte aussagt, was je­weils ausgelassen oder verändert wurde, können wir sowohl ihre literarischen und his­to­rio­­gra­ phischen Methoden in ihrer ganzen Bandbreite sehen, als auch ihre einzigartigen theo­ lo­gischen Anliegen und Schwerpunkte. Das ist die einzig sinnvolle Grundlage für jede Schluss­folgerung zur historischen Verlässlichkeit der jeweiligen Berichte. Für ein angemessenes Verständnis der Beschreibungen dieser bi­bli­schen Bücher müssen sie in ihrem eigenen historischen Zusammenhang gelesen werden. Man kann die li­te­ ra­rischen und theologischen Methoden von Sa­muel-Kö­ni­ge also weder sinnvoll analysieren noch vollständig verstehen, wie die Chro­nik ihre Vorlage überarbeitet hat, wenn man davon ausgeht, dass die gesamte Ge­schich­te von Sa­lo­mos Königreich fiktiv ist. Wie in den fol­genden Kapiteln gezeigt wird, ergeben viele Aussagen über Sa­lo­mo in Sa­muel-Kö­ni­ge am meisten Sinn, wenn man sie als eine Reaktion auf mutmaßliche Ereignisse in Sa­lo­mos Leben versteht. Das gilt insbesondere an jenen Stellen, an denen der Erzähler versucht, pro­blematischere Handlungen Davids oder Sa­lo­mos – wie zum Beispiel Davids Affäre mit Bathseba in 2. Samuel 11–12 oder Sa­lo­mos widerrechtliche Aneignung des Throns 16 Siehe die ausführliche Diskussion und Bibliographie bei I. Kalimi, „Kings with Privilege: The Core Source(s) of the Parallel Texts between the Deuteronomistic and Chro­nistic Histories“, RB 119 (2012), S. 498–517; eine leicht überarbeitete deutsche Fassung ist „Die Quelle(n) der Text­paral­le­len zwischen Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­nik“, in U. Becker und H. Bezzel (Hgg.), Rereading the Re­lecture? The Question of (Post)chronistic Influence in the Latest Redactions of the Books of Samuel, For­schun­gen zum Alten Testament 2/66 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2014), S. 11–30. Siehe auch Kapitel III und Kapitel XIII, §  V. 17 Für einen ausführlichen Überblick über die Forschungsgeschichte zum Verhältnis zwischen Sa­muelKö­ni­ge und der Chro­nik siehe I. Kalimi, The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles (Wi­no­ na Lake, IN: Eisenbrauns, 2005; Neudruck 2012), S. 2–11; ders., „Kings with Privilege“, S. 499–505.

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in 1. Könige 1–2 – positiv darzustellen. Diese apologetische Funktion bi­bli­scher Berichte über Sa­lo­mo kann am besten vor dem historischen Hintergrund seiner eigenen Zeit – so­ weit diese re­kon­struiert werden kann – und im Licht des weiteren Kontextes des Alten Orients verstanden werden. Im Gegensatz dazu lässt der Chro­nist diese Er­zäh­lungen häu­ fig aus, oder er schreibt sie radikal um, was wiederum die späteren und ganz anderen his­ to­rischen Zusammenhänge spiegelt, in denen er sein Werk verfasste. III Methoden In den letzten Jahren haben sich die Bereiche der bi­bli­schen und historischen Stu­dien stark verändert – was immer noch der Fall ist – mit unterschiedlichen Perspektiven auf die bi­bli­schen Texte, die viele neue Fragestellungen und Forschungsansätze aufkom­men ließen. Die Texte selbst gehen in diesem Umbruch häufig unter. Das vorliegende Buch ver­sucht den Fokus auf die überlieferten Dar­stel­lungen von Sa­lo­mo zu legen. Dabei werden einige frühere spekulative Vorannahmen und methodologische Ansätze hinter­fragt und die bi­bli­schen Texte um ihrer selbst willen neu bewertet und verglichen, indem sie in ihre jeweiligen historischen Zusammenhänge gestellt werden. Dieses Buch ver­sucht eine vernünftige Balance zu halten zwischen dem übermäßigen Skeptizismus der so ge­­nann­ ten Minimalisten, Revisionisten und Nihilisten einerseits – die der Hebräi­schen Bibel a priori ihre Historizität absprechen, sofern diese nicht durch außerbi­bli­sches Ma­te­­rial be­legt ist – und dem übermäßig naiven Verständnis der so genannten Funda­men­ta­lis­ten so­wie Positivisten – die von einer umfassenden Historizität der Hebräischen Bibel aus­ gehen – und Maximalisten, die nur diejenigen Texte als unhistorisch ablehnen, die von ver­lässlichem außerbi­bli­schem Material unmittelbar widerlegt werden. Um solche Extreme zu vermeiden, muss jeder einzelne Text sorgfältig bewertet und in sei­nen Kon­text gestellt werden. Das geschieht durch genaue Untersuchung und ­einen gründ­li­chen Vergleich mit allem, was über die sprachlichen, religiösen, historischen und geo­­gra­phi­schen Hintergründe der Gesellschaften und Einzelpersonen bekannt ist, die hin­­ter dem Text stehen. Eine kritische Analyse der bi­bli­schen Texte ist dabei ebenso er­­for­der­lich wie die Auswertung der epigraphischen und archäologischen Funde aus ver­schie­denen Blick­win­keln, mit dem Ziel, alle zu einem stimmigen Gesamtbild zu ver­ schmel­­zen. Von keiner Quelle sollte angenommen werden, dass sie einen ungetrüb­ten Blick auf die Ge­schich­te oder die Wahrheit bietet. Stattdessen muss jede Aussage eines Tex­tes auf einer sprachlichen Ebene (Philologie, Syntax etc.) analysiert und mit re­le­van­ ten li­te­rarischen Parallelen anderer Stellen der Hebräischen Bibel oder dem histori­schen, kul­­tu­rellen und religiösen Kontext des Vorderen Orients und weiter gefasst des Mit­ tel­­meer­raums in der Antike verglichen werden. Jede Quelle sollte mit dem abgeglichen werden, was durch Archäologie und Anthropologie von der Kultur, dem Ort und der all­­­ge­­meinen Situation bekannt ist, in der der Text entstanden ist bzw. die er zu be­schrei­ ben ver­sucht. Außerdem müssen die Aussagen jedes Textes sowohl mit Blick auf dessen li­terarischen Gesamtzusammenhang als auch auf rhetorische, theologische und ideo­lo­­gi­ sche Zielsetzungen und Voraussetzungen untersucht werden. Das bedeutet auch, dass Textelemente, die uns unplausibel, übertrieben oder legen­ den­­haft erscheinen, nicht einfach ausgeklammert werden dürfen. Vielmehr sollte be­­rück­­

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sich­­tigt werden, dass jeder Text den Versuch seines Ver­fas­sers bzw. seiner Ver­fas­serin wi­ der­­spiegelt, das, was er/ sie weiß oder denkt, seinem/ ihrem Publikum in einer Spra­­che zu präsentieren, die dieses versteht. Um ein – wenn auch nur bruchstückhaftes – Bild der Si­tua­­tion zu rekonstruieren, die ein Text beschreiben möchte, sollten des­halb nicht nur die­jenigen De­tails herangezogen werden, die uns vor dem Hintergrund solcher weit­rei­ chen­­der Un­ter­suchungen plausibel erscheinen. Auch diejenigen Elemente, die die Aus­ rich­­tung des Ver­fas­sers und seine Vorurteile spiegeln, können wertvolle Hinweise auf die je eigenen Zie­le und Methoden eines Textes liefern. Daher kann die historische Ana­lyse einer Quelle auch nicht völlig losgelöst werden von deren literarischen, sprachlichen, theo­­lo­­gi­schen und ideologischen Auswertungen, auch wenn sie sich mit unterschiedlichen Aspek­ten des Textes befassen. Ein solcher Ansatz stimmt mit der mehrheitlichen Forschungsmeinung („der Mit­tel­ weg“ bzw. „der goldene Weg“) überein, derzufolge die Historizität des Textes eine Fra­ge ist, die sorg­f ältig von Fall zu Fall einzeln beantwortet und dann zu dem stimmi­gen G­e­ samt­­bild eines Ereignisses, einer Figur oder einer Idee zusammengefügt werden sollte. Die­ses Vor­­gehen ist diachron und interdisziplinär orientiert, berücksichtigt die rele­van­ ten ar­chäo­­lo­gischen Befunde nach ihrem derzeitigen Stand unvoreingenom­men und ohne ein zu großes Gewicht darauf zu legen, während zugleich der bi­bli­sche Text in sei­­ner eige­nen Kom­plexität untersucht wird. Wissenschaftliche Standards im Bereich der bi­bli­ schen Li­te­ra­tur, der Ge­schich­te des Alten Israel und seiner Ge­schichts­schrei­bung wer­­­den so ein­gehalten und gestärkt, wie es zahlreiche etablierte Bibelwissenschaftler, His­to­ri­­ker und Ar­chäo­logen verfechten.18 Auf diese Weise werden die hebräischen Texte und verwandte Tex­te und Funde, die möglicherweise einen Bezug zu Sa­lo­mo haben, multi­­dis­zi­ pli­när, um­fassend und verantwortlich bearbeitet. Einige Teile dieser Untersuchung – zum Beispiel Kapitel VI – setzen die bi­bli­schen Texte in Beziehung zu außerbi­bli­schen Schriftquellen aus dem Alten Orient, sofern diese vorhanden und relevant sind. Andere Stellen, wie beispielsweise Kapitel V, X und XI, kom­bi­nieren philologische und historisch-kritische Ansätze mit literarischen und ver­glei­ chen­den Methoden, ohne dabei wichtige theologische Einsichten zu vernachlässigen. Die vor­liegende Studie wendet all diese Methoden auf jeden der verschiedenen Berichte über Sa­lo­mo in der frühen – vor allem Sa­muel-Kö­ni­ge – und in der spätbi­bli­schen Li­te­ra­tur – be­sonders in der Chro­nik – an. Dabei wird jeder Text zunächst für sich ausgewertet, als Grundlage für einen tiefgreifenden Vergleich und eine umfassende Analyse jeder Dar­stel­ lung mit den anderen Texten. Das vorliegende Buch unterscheidet deutlich zwischen der Ereignisgeschichte und der Ideengeschichte wie auch zwischen „Ge­schich­te“ im Sinne dessen, was wirklich geschehen ist und wie es geschehen ist – mit Leopold von Rankes Worten gesprochen: „wie es eigent­lich gewessen [ist]“),19 und „Ge­schichts­schrei­bung“ („Historiographie“) oder „Li­ te­­ra­­tur“, sprich, wie Ereignisse, Personen und Institutionen von Autoren, insbe­son­dere 18 Für weitere Details und Verweise auf die Arbeit anderer Forscher siehe Kapitel II und Kapitel IV. 19 Für eine Diskussion dieser Frage und den Verweis auf von Ranke siehe I. Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context: A Closer Examination“, JNES 68 (2009), S. 179–192, insb. 185.

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Ge­­­schichts­­­­schrei­­bern, dargestellt wurden, die zu verschiedenen Zeiten und unter ver­­ schie­denen Rah­­men­­bedingungen über die Vergangenheit Israels schrieben und dabei un­ter­schiedliche Methoden anwendeten. Darüber hinaus unterscheidet dieses Buch ver­ schie­dene Gat­tungen der bi­bli­schen und nicht-bi­bli­schen Li­te­ra­tur. Schließlich müssen His­to­rio­­graphie, Er­zäh­lungen und Poesie aus unterschiedlichen Perspektiven gelesen werden, und man sollte ihnen nicht allen dasselbe Maß an Historizität zuschreiben. Das vorliegende Buch zieht Beiträge der klassischen jüdischen und christlichen Exe­ gese heran, ohne dabei die Erkenntnisse der modernen kritischen Bibelwissenschaft zu ver­nachlässigen. Das Ziel ist es, unser Wissen und Verständnis der Werke und Metho­den der Historiker des Alten Israel zu vertiefen und zu bereichern, die verschiedenen Dar­ stel­­lungen von Sa­lo­mo in den bi­bli­schen Geschichtsbüchern zu erforschen und – sofern dies möglich ist – diese Dar­stel­lungen mit bi­bli­schen und nicht-bi­bli­schen Quellen und Be­funden zu vergleichen. IV Aufbau Dieses Buch besteht aus zwei Hauptteilen: Teil I, „Einleitung, Quellen und histori­scher Hin­ter­grund“, umreißt in seinen Kapiteln I bis IV den Forschungskontext, in dem die Un­ter­su­chung steht, während das Herzstück des Buches in Teil II, „Sa­lo­mos Ge­burt, Auf­­stieg und Tempelbau: Literarische und historiographische Beobachtungen“ in den Ka­pi­teln V bis XIII zu finden ist. Schließlich fasst Kapitel XIV, „Sa­lo­mos Ge­schich­te wird ge­schrieben und umgeschrieben“, die gesamte Untersuchung zusammen, liefert eine Syn­the­se und präsentiert „Mensch und Mythos: Sa­lo­mo in Ge­schich­te und Ge­schichts­ schrei­bung“. Da das Material über Sa­lo­mo in Sa­muel-Kö­ni­ge und in der Chro­nik nur an be­stimm­ ten Punkten seines Lebens wirklich parallel ist, ist es nicht immer möglich, einen aus­ führ­­li­chen Vergleich anzustellen, wie das mit Blick auf Sa­lo­mos Aufstieg zur Macht, sei­ne Krö­­nung und die Gründung des Tempels in den Kapiteln X, XI und XIII geschieht. Zu den Um­ständen von Sa­lo­mos Geburt und den Intrigen im Zusammenhang mit sei­­ ner Thron­folge lässt die Chro­nik beinahe alles aus, was in 2. Samuel 11–12 und 1. Köni­ ge 1–2 be­richtet wird. Deshalb müssen wir den Rahmen etwas erweitern und den Text von Sa­muel-Kö­ni­ge mit entfernteren typologischen Quellen aus der He­bräi­schen Bi­bel und außer­bi­bli­schen jüdischen Schriften – vor allem Kapitel V, VII und XII – und dem Al­ten Orient – vor allem Kapitel VI – vergleichen. Obwohl der Hauptzweck des Buches die Analyse der Porträts von Sa­lo­mo in der He­ bräi­schen Bibel vom literarischen Standpunkt aus ist, kann ein richtiges Verständnis der kom­po­sitionellen Methoden besonders der frühen bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber die Frage nach Sa­lo­mos Historizität nicht außer Acht lassen. Deshalb behandelt Kapitel II, „Epigraphische, archäologische und bi­bli­sche Quellen“, das Problem, dass es weder direkte epigraphische Belege gibt noch archäologische und literarische Befunde zu Sa­lo­mo und seiner Zeit. Es zeigt auf, dass der Bericht in Sa­muel-Kö­ni­ge die einzigen überliefer­ten frühen Quellen enthält, die für eine Re­kon­struk­tion der groben Umrisse von Sa­lo­mos Leben und Herrschaft herangezogen werden können, und dass es keinen überzeugen­den

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Grund gibt, die Verlässlichkeit dieser Dar­stel­lung a priori abzustreiten – auch wenn natürlich eine sorgfältige Untersuchung nötig ist, wie später erläutert wird. In Kapitel III, „Die Historizität des Vereinigten Königreichs Israel. Gegen die jüngsten Zurückweisungen eines langjährigen Konsenses“, werden vor allem die ak­­tuel­len mi­ ni­malistischen/ revisionistischen/ nihilistischen Denkansätze zur Ge­schich­te des Al­ten Israel im Allgemeinen und zur Vereinigten Monarchie im Besonderen vorge­stellt und werden kritisch betrachtet, ohne dabei in das andere Extrem zu verfallen, naiv und un­ hin­terfragt alle Aussagen der bi­bli­schen Texte für wahr zu halten. Stattdessen werden im Ka­pitel IV, „Sa­lo­mos Königreich: Historische Bewertung und Fallstudien“, eine histo­ ri­sche Evaluierung verschiedener Quellen und vier spezifischer Fallstudien geboten. In diesem Kapitel plädiere ich für eine ausgewogene Sicht auf die historische Verlässlichkeit der bi­bli­schen Texte über Sa­lo­mo und seinen Vater David, unter Berücksichtigung aller vor­handenen Quellen, seien sie literarischer, epigraphischer oder archäologischer Natur. Dieses Vorgehen wird beispielhaft an der Diskussion über die Historizität des Sa­lo­mo­ni­ schen Tempels, die Größe Jerusalems unter der Herrschaft von David und Sa­lo­mo, die Ge­stalt ihres Königreichs und Sa­lo­mos Harem gezeigt. Kapitel V, „Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Geburt und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12 – Re­daktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit“, ist eine innerbi­bli­sche Un­ter­­ su­chung der Er­zäh­lung – der Bekanntgabe bzw. des Berichts – von Sa­lo­mos Geburt in 2. Sam 12,24–25 im Rahmen der Komposition und der Struktur von 2. Samuel 10–12. In diesem Kapitel werden einige frühere und aktuelle redaktionskritische Ansätze überprüft, denen zufolge 2. Samuel 10–12 das Produkt eines langwierigen redaktionellen Pro­ zesses ist, dagegen wird vorgeschlagen, dass eine sorgfältige Auslegung des Textes dessen kom­­positionelle Einheit offenbart. Kapitel VI, „Die Liebe Gottes und eine Apologie für einen König: Sa­lo­mo als der von Gott geliebte König im bi­bli­schen und altorientalischen Kontext“, vergleicht Sa­lo­ mos zu­sätzlichen theophoren Namen, „Jedidja“ und die Aussage „der Herr liebte ihn“ in 2. Sam 12,24–25 mit Parallelen in der Hebräischen Bibel und antiken mesopotamischen, ana­tolischen, ägyptischen und persischen Schriften. Die Aussagen in 2. Samuel die­nen ge­mäß dieser Argumentation als eine Form der königlichen Legitimation, die in der An­­tike von Usurpatoren im gesamten Alten Orient häufiger angewandt wurde. Des­ halb sind der Name „Jedidja“ und die Bekräftigung von der Liebe des Herrn ein wesent­ li­­cher Bestandteil der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge, die in 1. Könige 1–2 ihren Höhe­punkt erreicht. Wissenschaftlichen Hypothesen, die den Text als ein eigenartiges Frag­ment ohne Verbindung zum Kontext abweisen, in dem es steht, ist damit der Boden entzogen. Im Gegensatz dazu hat die spätbi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung kein Interesse daran, Sa­lo­mos Usurpation des Throns zu rechtfertigen, und nutzt die Berichte über Sa­lo­mos Geburt und seine Namen für andere Zwecke. Kapitel VII, „Sa­lo­mos Geburt und seine Namen in der Li­te­ra­tur aus der Zeit des Zweiten Tempels“, untersucht, auf welche Weise Sa­lo­mo in der Chro­nik eingeführt wird. Dort wird der Name „Jedidja“ nicht erwähnt und Sa­lo­mos Geburt von allen negativen Elementen befreit. Der Name „Jedidja“ wird auch im Testament Sa­lo­mos, in den historischen Schriften von Josephus und in der Weis­heit Sa­lo­

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mos nicht aufgeführt. Allerdings nennt Letztere auch keine anderen Eigennamen; in den Psalmen und bei Nehemia sind jedoch Anspielungen auf diesen Namen zu fin­den. Das Kapitel untersucht auch die Wortspiele mit den Namen Schlomo und Jedidja bei Ben Sira (Jesus Sirach/ Sirach) und diskutiert, ob „Kohelet“ ein dritter Name Sa­lo­mos war. Kapitel VIII, „Sa­lo­mos Leben vor der Thronbesteigung in der bi­bli­schen Ge­­schichts­ schrei­bung“, schließt die Lücke zwischen der Dar­stel­lung von Sa­lo­mos Geburt in 2. Sa­ muel 12 und seiner Thronfolge in 1. Könige 1–2. Hierin wird sein prämonar­chi­sches Leben untersucht sowie die Zeit zwischen seiner Geburt und seiner Thronbestei­g ung. Dabei wird zum einen reflektiert, ob Nathan zu Sa­lo­mos Erzieher gemacht wurde, zum anderen werden Überlegungen angestellt zu seinem Alter und seinem Familienstand zu dem Zeitpunkt, als er David auf den Thron folgte. In Kapitel IX, „Sa­lo­mos körperliches Erscheinungsbild und seine Rolle als Anführer in der bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung“, wird der Tatsache nachgegangen, dass keine ein­zige Beschreibung vom Aussehen des Königs existiert, angesichts der Beschreibungen vom Aussehen früherer israelitischer Könige in Sa­muel-Kö­ni­ge, einiger Brüder Sa­lo­mos und einiger Frauen am Königshof. Dies deutet darauf hin, dass das Schweigen über Sa­lo­ mos äußeres Erscheinungsbild dem Zweck diente, Sa­lo­mos Qualitäten als Anführer und seine außergewöhnliche Weisheit als die entscheidenden Charakteristika und Qua­li­f i­ka­ tio­nen für die Königsherrschaft hervorzuheben. Kapitel X, „Sa­lo­mos Thronfolge: Ge­schich­te und unterschiedliche Ge­schichts­­schrei­ bun­gen“, kehrt zum ausführlichen Vergleich zwischen den Berichten über Sa­lo­mo in der früh- und spätbi­bli­schen Historiographie zurück. Nach einer Dar­stel­lung dessen, wie Sa­lo­mos Thronfolge sich historisch abgespielt haben könnte, wird gezeigt, dass sich die bi­bli­schen Berichte zu diesem Ereignis über Sa­lo­mos Aufstieg hinsichtlich des Erzähl­stils, des historischen Kontextes und der historischen Verlässlichkeit wie auch den theo­lo­gi­ schen Implikationen deutlich voneinander unterscheiden. Gemäß dem Buch der Könige war Sa­lo­mos Thronbesteigung das Ergebnis von Machtkämpfen und Intrigen am Hof in den letzten Tagen des gealterten, kranken und schwachen David, der von seiner Frau Bathseba und dem Propheten Nathan manipuliert wurde; das Buch präsentiert das alles jedoch als die Erfüllung des göttlichen Willens (z. B. 2. Sam 12,25; 1. Kön 2,15). In der Chro­nik wird Sa­lo­mos Thronfolge ebenfalls als die Verwirklichung von Gottes Wil­len dargestellt; alle Elemente hingegen, die ein schlechtes Licht auf David, Bathseba, Nathan und Sa­lo­mo werfen könnten (2. Samuel 11–12; 1. Könige 1–2), werden jedoch weg­ge­ lassen. Sa­lo­mo wird als der rechtmäßige König und Bauherr des Tempels vorgestellt: Er wurde nicht nur von seinem Vater David erwählt, sondern auch vom Herrn, und das bereits im Mutterleib. Alle Brüder Sa­lo­mos sowie alle Beamten der israelitischen Monarchie unterstützten seine Thronbesteigung gern. In Kapitel XI werden „Die Krönung Sa­lo­mos, Davids Testament und seine Um­set­ zung“ nach dem Königebuch und der Parallelstelle in der Chro­nik diskutiert. Hierin wird gezeigt, dass beide Berichte Sa­lo­mos Handlungen dadurch legitimieren, dass sie Da­ vid ein Testament zuschreiben, in dem dieser seinem Sohn die Aufgaben auferlegt, die Sa­lo­mo am Beginn seiner Herrschaft erfüllt. Während das Testament in Könige so­wohl re­li­giö­se als auch politische Anweisungen umfasst, legt David laut der Chro­nik den Fo­kus

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aus­schließ­lich auf Sa­lo­mos religiöse Pflichten und die Errichtung des Tempels. Hier symbolisiert seine Königsherrschaft die Kombination von Theokratie und Monarchie, da er der Re­prä­sentant Gottes auf Erden und zugleich der König und Repräsentant des Volkes vor Gott ist. Im Gegensatz zu seinem Vater war Sa­lo­mo auf den Tempelbau vorberei­tet und da­für geeignet, da er nicht durch Blut oder Sünde befleckt war. Diese Erklä­rung wider­spricht entschieden dem Bericht über Sa­lo­mos gewaltsame Beseitigung seiner möglichen Rivalen in 1. Könige 2, was erklärt, warum diese in der Dar­stel­lung des Chro­nisten weg­gelassen wird. Kapitel XII, „Was soll das Geschrei und Getümmel der Stadt?“ – Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Krönung in ihrem bi­bli­schen Kontext“, greift ein Detail aus der Krönungs­er­zäh­ lung in 1. Kön 1,38–41 heraus und vergleicht es mit ähnlichen Motiven in den früh- und spät­bi­bli­schen literarischen und historiographischen Schriften. Die übereilte Krö­nung Sa­lo­mos bringt eine gewaltige Dramatik in die kurze Ge­schich­te, die durch den Lärm des Volkes verdeutlicht wird, aber auch durch die Musik, mit der es durch die Stadt zieht und die von Sa­lo­mos Rivalen gehört wird. Das ist einer von mehreren Fällen in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur, in denen Klänge lauter Musikinstrumente und/ oder emotional aufgelade­ner Stimmen, die an einem anderen Ort gehört, als literarisches Mittel genutzt werden, um dem Publikum einen Orts- oder Personenwechsel in der Er­zäh­lung zu vermitteln. Dabei scheint es sich nicht nur um ein „technisches“ literarisches Mittel zu handeln, son­dern auch um ein bedeutsames Motiv, das an einigen wichtigen Wendepunkten der israeli­ tischen Ge­schich­te vorkommt. Dass es in 1. Könige 1 verwendet wird, nicht aber im Be­ richt des Chro­nisten über Sa­lo­mos Krönung, zeigt noch einmal, wie gegensätzlich die bei­den Bücher den Ablauf der Thronbesteigung schildern. Der Bau des Tempels und Gottes Zustimmung dazu gelten in beiden bi­bli­schen Ge­ schichts­werken als die größten Errungenschaften König Sa­lo­mos, in der Chro­nik jedoch noch deutlich prägnanter als in Könige. Kapitel XIII, „Sa­lo­mos Tempelbau und Gottes Anerkennung in der früh- und spätbi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung“, untersucht dieses zentrale Thema der Er­zäh­lungen von Sa­lo­mo in Sa­muel-Kö­ni­ge sowie in der Chro­ nik und betont, dass die Chro­nik in zahlreichen Details wesentlich von der Vorlage in Sa­muel-Kö­ni­ge abweicht. Vor allem integriert der Chro­nist in seine Beschreibung des Sa­­lo­monischen Tempels zum einen Elemente des Zweiten Tempels, d. h. Serubbabels Tem­­pels, seiner eigenen Epoche, zum anderen Beschreibungen über das Zeltheiligtum von Mose aus der Tora. Dadurch versucht der Chro­nist, dem Tempel Zeichen des hohen Al­ters und der Heiligkeit zuzuschreiben, die zur Zeit Moses begannen und sich sowohl in Sa­lo­mos Tempel als auch in seinem eigenen zeitgenössischen Tempel fortsetzten. So beschreibt er einen völlig anderen Sa­lo­monischen Tempel, der in dieser Form in der Ge­ schich­te des Alten Israel nie existierte. Kapitel XIV, „Sa­lo­mos Ge­schich­te wird geschrieben und umgeschrieben“, fasst schließ­lich die Ergebnisse beider Teile dieser Untersuchung zusammen, stellt eine Syn­ these her und zieht einige Schlussfolgerungen hinsichtlich der Re­kon­struk­tion der Ge­ schich­te und Kultur des Alten Israel auf der Grundlage bi­bli­scher und außerbi­bli­scher Quel­len und hinsichtlich der scharfen Gegensätze, die die historiographischen Schrif­ten der Hebräischen Bibel in ihren Dar­stel­lungen Sa­lo­mos aufweisen.

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In summa zeigt das vorliegende Buch die vielen Gesichter von König Sa­lo­mo auf, wie sie in der frühen und späten Ge­schichts­schrei­bung konstruiert und re­kon­struiert wurden. Infolgedessen werden die Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Schreibmethoden und -techniken wie auch der historiographischen und theologischen Betrachtungsweisen hervorgehoben, die diese unterschiedlichen Ge­schichts­werke in ihren je eigenen zeitlichen Kontexten charakterisieren. Das geschieht, indem die Dar­stel­lungen verschiedener Aspekte von Sa­lo­mos Ge­schich­te untersucht werden, sowohl in jedem dieser historiographischen Bücher für sich – vor allem in den Kapiteln IV bis IX – als auch im direkten Vergleich ihrer Schilderungen bezüglich jener Abschnitte von Sa­lo­mos Leben, von denen beide berichten – vor allem in den Kapiteln X bis XIII. So werden verschiedene Einsichten in die Beschreibungen Sa­lo­mos und das Verhältnis zwischen Sa­muel-Kö­ni­ge und der Chro­nik zusammengeführt. Durch den Schwerpunkt auf den gegensätzlichen Berichten über Sa­lo­mos Geburt, seinen Aufstieg an die Macht und seinen Auftrag zum Tempelbau werden dabei einige Elemente besonders hervorgehoben, die in der Forschung bisher nicht berücksichtigt wurden.

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Kapitel II: Epigraphische, archäologische und bi­bli­sche Quellen Dieses Kapitel gibt einen kritischen Überblick über die Quellen, die uns zu König Sa­lo­ mo und seiner Epoche zur Verfügung stehen. Des Weiteren setzt es sich mit möglichen Gründen für das Fehlen – sowie dessen mutmaßlichen Ursachen – direkter epigraphischer Belege auseinander, bietet einen kritischen Überblick über die vorhandenen archäologischen und literarischen Quellen, einschließlich der biblisch-historiographischen Texte, aber auch einige andere bi­bli­sche Texte, die sich auf Sa­lo­mo beziehen könnten. In den beiden folgenden Kapiteln wird die Bedeutung dieses Materials für die Möglichkeit einer Re­kon­struk­tion der Zeit Sa­lo­mos im Allgemeinen erörtert. I Das Vorhandensein epigraphischer Belege Obwohl einige andere Könige Israels und Judas in der Bibel beschrieben, aber auch in außerbi­bli­schen Quellen aus der Antike erwähnt werden – einschließlich David, Omri, Ahab, Joram, Jehu, Menahem, Hiskia, Manasse und Jojachin (Jechonia) –, wird Sa­lo­ mo in den bi­bli­schen Texten mehr Aufmerksamkeit zuteil als allen späteren Königen. Es existiert jedoch kein direkter oder indirekter Bezug zu ihn in irgendeiner erhaltenen zeitgenössischen außerbi­bli­schen Quelle. Bis heute wurde im Land Israel1 und im gesamten Alten Orient keine einzige Inschrift oder epigraphische Quelle von oder über Sa­lo­mo gefunden.

1 Der Begriff ‫( ארץ ישראל‬Eretz-Jisra’el, das heißt „das Land Israel“) ist ein bi­bli­scher Ausdruck, um das Heimatland der Israeliten/ Juden im Nahen Osten genau zu bezeichnen (vgl. Jos 11,22 [­‫ ;]ארץ בני ישראל‬1. Sam 13,19; 2. Kön 5,2.4; 6,23; Ez 27,17; 40,2; 47,18; 1. Chr 22,2; 2. Chr 2,16; 30,25;34,7). Er ist gleichbedeutend mit den Begriffen „Heiliges Land“ oder „Verheißenes Land“ und wurde über Jahrtausende hinweg in der gesamten jüdischen Ge­schich­te verwendet. Die Be­zeich­ nung „Palästina“, die einige – vor allem christliche und muslimische – Forscher verwenden, wird hier bewusst nicht benutzt, da sie sowohl für die bi­bli­sche Zeit anachronistisch als auch eine Wei­ter­ führung und Konkretion der römischen Bemühungen ist, den Namen der Juden aus ihrer Hei­mat zu tilgen. Als erster verwendete Kaiser Hadrian diesen Begriff nach dem Scheitern des Bar-Koch­ba-­ Auf­standes gegen Rom (135 u. Z .). Einige frühere griechische und hellenistische Histo­ri­ker hatten zwar bereits das Wort Παλαιστίνη gebraucht. Sie bezeichneten damit jedoch die ehemali­gen Gebiete der Philister (die Pentapolis; ‫[ פלשת‬z. B. Jes 14,29.31] bzw. ‫[ ארץ פלשתים‬1. Sam 27,1; 29,11; 31,9] oder das assyrische Palastu/ Pilišta/ Piliste) im südlichen Küstengebiet des Landes; siehe z. B. He­­ rodot, Historia 1,105; 2,104, 106; 3,91; 4,39. Für weitere Verweise und eine Bibliographie siehe auch M. Noth, „Zur Ge­schich­te des Namens Palästina“, ZDPV 62 (1939), S. 125–144, insb. 134–135; M. Stern, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism (Jerusalem: Israel Academy of Sciences and Humanities, 1976), Bd. 1, S. 3, 7. Einige Wis­sen­schaft­ler benutzen den Begriff „Palästina“ auch mit eindeutig politischer Intention, so beispielsweise K. M. Whitelam, The Invention of Ancient Israel: The Silencing of Palestinian His­to­ry (London: Routledge, 1996); siehe auch Kapitel III, Anm. 39.

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Epigraphische, archäologische und bi­bli­sche Quellen

Im Land Israel wurden in der Tat überhaupt nur sehr wenige Inschriften entdeckt, die auf das 11. oder 10. Jh. v. u. Z. datiert werden können. Die meisten von ihnen bestehen aus wenig mehr als einzelnen Namen.2 Die einzigen wirklichen Ausnahmen sind der GeserKalender und das Khirbet Qeiyafa-Ostrakon, wobei keines der beiden Fundstücke sich auf die politische Situation dieser Zeit bezieht.3 Das sollte allerdings nicht als Beweis dafür verstanden werden, dass Sa­lo­mo nicht existiert hat, denn ein argumentum ex silentio, das auf dem Fehlen epigraphischer Befunde basiert, hat nur geringes Gewicht, vor allem im Hinblick auf Regionen und Städte, wie z. B. Jerusalem, die über mehrere Jahrtausende hinweg immer wieder aufgebaut, zerstört und wieder aufgebaut wurden.4 Das trifft besonders auf David und Sa­lo­mo zu, die zu einer Zeit herrschten, als die direkten und entfernteren Nachbarn Israels geschwächt waren und insgesamt nur wenige epigraphische Spuren hinterließen. Von den unmittelbaren Nachbarvölkern Israels und Judas in der Levante sind keine Inschriften erhalten geblieben, die auf internationale Ereignisse im 10. Jh. v. u. Z. Bezug nehmen. Zugleich befassen sich die erhaltenen ägyptischen und mesopotamischen Aufzeichnungen aus den ersten drei Vierteln dieses Jahrhunderts fast gar nicht mit außenpolitischen Angelegenheiten im Allgemeinen und noch viel weniger mit Kanaan/ dem Land Israel im Besonderen. Daher sollte man nicht erwarten, dass Bezüge zu David oder Sa­lo­mo zu finden sind.5 Es ist also nicht so, als stünden uns Berichte aus 2 Siehe die Zusammenfassung mit Bibliographie bei A. Lemaire, „Levantine Literacy ca. 1000/750 BCE“, in B. B. Schmidt (Hg.), Contextualizing Israel’s Sacred Writings: Ancient Literacy, Orality, and Literary Production, Ancient Israel and Its Li­te­ra­ture 22 (Atlanta: SBL Press, 2015), S. 11–45, insb. 15–23 und 33. 3 Zu dem Khirbet Qeiyafa-Ostrakon siehe z. B. H. Misgav, Y. Garfinkel und S. Ganor, „The Ostra­ con“, A. Yardeni, „Further Observations on the Ostracon“, und G. Bearman und W. A. ChristenBarry, „Imaging the Ostracon“, in Y. Garfinkel und S. Ganor (Hgg.), Khirbet Qeiyafa Volume 1: Excavation Report 2007–2008 (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2009), S. 243–257, 259–260, 261–270; C.[A.] Rollston, „The Khirbet Qeiyafa Ostracon: Methodological Musings and Ca­veats“, Tel Aviv 38 (2011), S. 67–82; Y. Garfinkel, I. Kreimerman und P. Zilberg, Debating Khirbet Qeiyafa: A Fortified City in Judah from the Time of King David (Jerusalem: Israel Exploration Society and the Hebrew University of Jerusalem, 2016), insb. S. 157–172, mit Verweisen auf die frühere Li­te­ra­ tur. Für eine Zusammenstellung über die vereinzelten epigraphischen Funde aus dem 11. bis 10. Jh. v. u. Z ., mit einer Bibliographie, siehe A. R . Millard, „The Ostracon from the Days of David Found at Khirbet Qeiyafa“, TynBul 62 (2011), S. 1–13, insb. 1–2. 4 Hinzu kommt, dass die Israeliten, wie einige bi­bli­sche Texte berichten und auch außerbi­bli­sches Ma­ te­rial zeigt, anscheinend häufig auf Papyrus geschrieben haben, das außerhalb von Wüs­ten­re­gio­­nen nicht lange erhalten blieb. Auch wenn diese Texte und Materialien aus späterer Zeit stam­men, könn­ ten sie möglicherweise doch als ein Hinweis auf die Fortführung eines älteren Brauches ge­wer­tet werden. Zu diesem Thema siehe z. B. die Er­zäh­lung in Jeremia 36 und vgl. A. R. Millard, „An Assessment of the Evidence for Writing in Ancient Israel“, Biblical Ar­chae­ol­ogy Today: Proceedings of the Internatio­ nal Congress on Biblical Ar­chae­ol­ogy, Jerusalem, April 1984 (Jerusalem: Israel Ex­plo­ra­tion Society, 1985), S. 301–312, insb. 303–305; ders., „Texts and Ar­chae­ol­ogy: Weighing the Ev­i­dence – The Case for King Solomon“, PEQ 123 (1991), S. 19–27, insb. 25; C. A. Rollston, Writing and Literacy in the World of Ancient Israel: Epigraphic Evidence from the Iron Age, Ar­chae­ol­ogy and Biblical Studies 11 (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2010), insb. S. 74–79, der auch weitere Li­te­ra­tur auflistet. 5 Das wird betont von P. James, „Kings of Jerusalem at the Late Bronze to Iron Age Transition: Forerunners or Doubles of David and Solomon?“, in P. James und P. G. van der Veen (Hgg.), Solomon

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der Levante im 10. Jh. v. u. Z. zur Verfügung, die David und Sa­lo­mo nicht erwähnen, sondern es fehlt jeglicher zeitgenössische außerbi­bli­sche Bericht aus dieser Epoche, der ihre Existenz bestätigen oder widerlegen könnte. Während der gesamten Ära der Vereinigten Mo­nar­chie gab es nämlich keine Feldzüge aus Ägypten, Mesopotamien oder Anatolien gegen das Land Israel, Syrien oder die phönizischen Stadtstaaten an der Küste, und deshalb existieren auch keine Berichte über die Herr­scher dieser oder anderer Königreiche.6 Die einzige Ausnahme ist möglicherweise die Inschrift von Pharao Schischak I. (oder Schoschenq/ Scheschonq, 931–910 v. u. Z. oder 945–924 v. u. Z.) aus der 22. Dynastie. Im Amun-Tempel in Karnak, Ägypten, listet eine Inschrift alle Städte auf, die Schischak auf sei­nem Kriegszug nach Kanaan eroberte. Außerdem wurde in Megiddo ein Fragment einer Stele gefunden, das Schischak erwähnt. Allerdings ist dessen ursprünglicher strati­ gra­phischer Kontext leider nicht bekannt.7 Aus diesem Grund und wegen der generellen Un­sicherheiten bezüglich der Chro­no­lo­gie der Dritten Zwischenzeit in Ägypten kann die Da­tierung von Schischaks Kriegszug nicht aus unabhängigen Quellen verifiziert werden. Ge­mäß 1. Könige 14,25–28 fand er jedoch im fünften Jahr der Herrschaft Rehabeams (925 v. u. Z.) statt. Wenn das stimmt, liefern uns diese beiden Inschriften über Schischak die einzigen epigraphischen Hinweise auf die geopolitische Lage in der Region im letzten Viertel des 10. Jh. v. u. Z. Selbst diese listen nur die Orte auf, die der Kriegszug erreichte, und nennen nicht die Herr­scher oder Königreiche, zu denen die Orte gehörten.8 Daher stellt Nadav Na’aman fest: Ausführliche Berichte über innerstaatliche Ereig­nis­ se des ersten Jahrtausends erscheinen erstmals im 9. Jh. v. u. Z. Alle syro-palästinischen In­schrif­ten aus dem 10. Jh. beziehen sich auf lokale Angelegenheiten und geben keinen Ein­blick in die internationalen Verhältnisse. Selbst wenn David und Sa­lo­mo tatsächlich die Taten vollbrachten, die ihnen die Bibel zuschreibt, hätte trotzdem keine Quelle ihre Namen erwähnt. Das Schweigen der Quellen aus dem 10. Jh. kann die bi­bli­sche Dar­stel­ lung des geeinten Königreichs weder beweisen noch widerlegen.9

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and Shishak: Current Perspectives from Ar­chae­ol­ogy, Epigraphy, His­to­ry and Chronology, Proceedings of the Third BICANE Colloquium held at Sidney Sussex College, Cambridge 26–27 March, 2011, BAR International Series 2732 (Oxford: Archaeopress, 2015), S. 236–257, insb. 236–240, mit Hinweisen auf Primärliteratur. James fährt jedoch damit fort, dass er, ohne dafür Belege anzuführen, den bizarren Vorschlag macht, der wahre Sa­lo­mo sei eigentlich ein lokaler Anführer gewesen, der unter Merenptah oder dessen Sohn Sethos II. als ägyptischer Vizekönig fungiert habe, was keiner Quelle zu entnehmen ist und eine Revision sowohl der ägyptischen als auch der levantinischen Chro­no­lo­g ie um zweieinhalb Jahrhunderte nötig machen würde! Zur geopolitischen Lage des Alten Orients Ende des 11. und während des 10. Jh. v. u. Z. siehe die Diskussion in Kapitel IV, § I I, 3. Das Fragment wurde in einem Grabungshaufen von Gottlieb Schumacher aus dem 19. Jahrhundert entdeckt; siehe Y. Levin, „Did Pharao Sheshonq Attack Jerusalem?“, BAR (Juli/ August 2012), S. 42–52, 66, insb. 48–49, 52. Zu Schischaks Feldzug und den Inschriften siehe z. B. B. Mazar, „Shishak’s campaign to the Land of Israel“, Canaan and Israel: Historical Essays [Hebräisch] (Jerusalem: Bialik Institute and Israel Exploration Society, 1974), S. 234–244; K. A . Kitchen, On the Reliability of the Old Testament (Grand Rapids: W. B. Eerdmans, 2003), S. 32–34; ders., The Third Intermediate Period in Egypt (1100–650 B. C .), 2. Aufl. (Warminster: Aris & Phillips, 1995), S. 293–300, § § 252–258. „Detailed accounts of first millennium intra-state events appear for the first time in the ninth cen�� -

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Abbildung 2 – Schischak-Inschrift in Karnak: Bild von Olaf Tausch (2009), Creative Commons

Selbst Israel Finkelstein und Neil Asher Silberman, die den bi­bli­schen Berichten über David und Sa­lo­mo skeptisch gegenüberstehen,10 geben zu, dass „das Fehlen von Hinweisen auf David und Sa­lo­mo in alten Inschriften durchaus verständlich [sei], denn schließlich hätten sich die Großreiche Ägypten und Mesopotamien in der Zeit, in die ihre [i. e. Davids und Sa­lo­mos] Regierungszeit gelegt wird (ca. 1005–930 v. Chr.), im Niedergang befun­ tury BCE. All Syro-Palestinian inscriptions of the tenth century refer to local affairs and shed no light on international affairs. Even if David and Solomon accomplished the deeds attributed to them in the Bible, no source would have mentioned their names. The silence of tenth century sour­ces neither proves nor disproves the biblical account of the United Monarchy“; N. Na’aman, „Sour­ces and Com­position in the His­to­r y of David“, in V. Fritz und P. R. Davies (Hgg.), The Origins of the An­cient Israelite States, Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series 228 (Shef­field: Shef­field Academic Press, 1996), S. 170–186, insb. 170. Wie Na’aman selbst bemerkt, stellt das die Be­hauptungen in Frage von G. Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, übers. v. J. Bow­den (New York: Crossroad, 1988), S. 16, und E. A . Knauf, „King Solomon’s Copper Supply“, in E. Li­ pińs­k i (Hg.), Phoenicia and the Bible, Orientalia Lovaniensia Analecta 44 (Leuven: Peeters, 1991), S. 167–186, insb. 171–172. 10 Siehe Kapitel III, § § I II–IV.

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den.“11 Dennoch ist es nicht ausge­schlos­­sen, dass eini­ge zeitgenössische Hin­wei­­se auf Sa­lo­mo er­halten geblieben sind, da immer wie­­­der neue Fundstücke gefun­den werden und wei­terhin zu Tage tre­ten kön­­nen. Das rät­­­sel­­­haf­te Ostrakon aus Khir­bet Qeiyafa zum Bei­spiel wurde – un­ab­­hän­gig davon, wo­­­rum es in der Inschrift ge­­nau geht – erst 2008 entdeckt. Die noch be­deu­ten­de­re TelAbbildung 3 – Dan-­Stele wurde 1993 (Frag­­­ment A) und Tel Dan-Inschrift: 1994 (Fragmente B1 und B2) aus­­ge­gra­ben.12 Bild von Oren Rozen (2016), Zei­­le 9 von Fragment A er­­wähnt bjtdwd. Die Creative Commons über­­­wie­gende Mehr­heit der Wis­sen­schaft­ler kam zu dem Schluss, dass dwd sich hier auf den bi­­bli­schen Da­vid als den Gründer der Da­­­vi­­­di­schen Dynastie bezieht, so dass bjtdwd entweder so viel be­deu­tet wie „die Herr­ schaft Davids“ oder „das Haus [i. e. die Dynastie] Davids“.13 So­mit ist es ver­­gleich­bar mit dem Ausdruck Bît Ꜧumrî („Haus Omris“), der in einigen as­sy­ri­schen Kö­nigs­inschriften für das Königreich Israel verwendet wird.14 11 I. Finkelstein und N. A . Silberman, Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel (München: C. H. Beck, 2002, dtv 2004), S. 145. 12 Siehe A. Biran und J. Naveh, „An Aramaic Stele Fragment from Tel Dan“, IEJ 43 (1993), S. 81–98; dies., „The Tel Dan Inscription: A New Fragment“, IEJ 45 (1995), S. 1–18. 13 Siehe die ausführliche Übersicht und die umfassende Bibliographie bei H. Hagelia, The Dan De­bate: The Tel Dan Inscription in Recent Research, Recent Research in Biblical Studies 4 (Sheffield: Shef­field Phoenix, 2009), S. 44–56. Hagelia auf S. 72 kommt zu dem Schluss: „Nach dieser ganzen Debatte ist es wohl wahrscheinlich, dass bjtdwd als bjt dwd gelesen werden sollte, und dass der Ausdruck als „Haus Davids“ im Sinne einer dynastischen Bezeichnung mit Bezug auf das Südreich Juda ver­stan­ den werden sollte… Dieser Interpretation folgen die meisten Wis­sen­schaft­ler, die sich an der Debat­te be­teiligen“ („After all this debate, it seems probable that bytdwd should be read as byt dwd, and that it should refer to ‚House of David‘ as a dynastic designation with reference to the Southern King­dom of Judah… This interpretation is followed by most scholars engaged in the debate“). Siehe auch sein vorheriges Buch, H. Hagelia, The Tel Dan Inscription: A Critical Investigation of Recent Research on its Palaeography and Philology, Studia Semitica Upsaliensia 22 (Uppsala: Uppsala University Library, 2006) sowie aktuell C. Frevel, Ge­schich­te Israels, Studienbücher Theologie (Stuttgart: Kohlham­mer, 2016), S. 110. Einige Wis­sen­schaft­ler haben versucht, bjtdwd als ein Toponym zu erklären, oder haben die Ansicht vertreten, dass bjt den Tempel in Jerusalem meine, während dwd ein Epitheton für den Gott Israels oder eine andere Gottheit sei. Diese Vorschläge sind jedoch alle abzulehnen, siehe aus­f ührlich Hagelia, The Dan Debate, S. 56–69. Darüber hinaus sind einige Forscher der Mei­ nung, wie z. B. A . Lemaire („‚House of David‘ Restored in Moabite Inscription“, BAR 20,3 [1994], S. 30–37) und M. Weippert (Historisches Textbuch zum Alten Testament, Grundrisse zum Alten Tes­ ta­ment 10 [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2010], Nr. 105, S. 248), dass sich Zeile 31 der Me­ scha-Inschrift ebenfalls auf bt [. D]wd („Haus Davids“) bezieht. Diese Lesart ist jedoch umstritten. 14 Ausführliche Verweise auf die Originaltexte und die Forschungsdiskussion bietet M. Weippert, „Jau(a) Mār Ḫumrî: Joram oder Jehu von Israel?“, VT 28 (1978), S. 113–118. Auch wenn uns bislang kei­ne direkten epigraphischen Belege für König Sa­lo­mo vorliegen, gibt es eine außerbi­bli­sche Quelle,

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II Archäologische Funde Da es keine epigraphischen Dokumente aus jener Zeit über Sa­lo­mo gibt, sind die ande­ren archäologischen Materialien, die mit dessen Herrschaft in Verbindung gebracht wer­den können, von entscheidender Bedeutung. Die Ergebnisse sind jedoch interpreta­tions­be­ dürftig und in den letzten Jahrzehnten unter Archäologen hitzig debattiert worden, gerade auch bezüglich grundlegender Fragen wie die Datierung dieser Funde. So wurde bei­ spielsweise diskutiert, wem die monumentalen Funde – vor allem die Stadttore – in den strategisch wichtigen Städten Hazor, Megiddo und Geser zugeschrieben und auf welche Zeit sie datiert werden sollten: auf die Sa­lo­monische Ära Mitte des 10. Jh. v. u. Z ., gemäß der High Chronology, wie es 1. Kön 9,15.17 zu entnehmen ist, oder, entspre­chend der Low Chronology, in die erste Hälfte des 9. Jh. v. u. Z ., als die Omriden über Is­rael herrsch­ten. Die letztere Position wird von Finkelstein, Silberman und anderen vertre­ten, die behaupten, dass die eisenzeitliche Bautätigkeit in diesen Städten nicht früher als ins 9. Jh. datiert werden kann und die Zweifel an den bi­bli­schen Berichten über Sa­lo­mos Reich hegen.15 Im Gegensatz dazu vertreten Amihai Mazar und andere die Ansicht, dass die Aus­grabungen in diesen Städten Beweise für Monumentalbauten aus Sa­lo­monischer Zeit lieferten.16 Die Debatte ist überaus komplex: Die Archäologen stimmen nicht einmal in der grund­ legenden Bezeichnung verschiedener archäologischer bzw. historischer Epochen über­ein. Vor allem bei der Datierung der Zeit, die als Eisenzeit IIA bezeichnet wird, gehen die die in diesem Zusammenhang relevant sein könnte, obwohl sie leider aus dritter Hand überliefert ist: In Contra Apionem 1,118–120 zitiert Flavius Josephus Befunde zum judäischen Altertum von verschiedenen nichtjüdischen Historikern, beispielsweise Manetho, Berossos und Menander. Letzte­rer berichtet: „Während seiner [i. e. Eiromos’, d. h. Hirams] Regierung [in Tyros] lebte ein jüngerer Sohn des Abdemon, der in dem von Solomon, dem Könige zu Jerusalem, angeregten Rätselwettstreit den Sieg errang“ (1,120; Übersetzung von H. Clementz, Flavius Josephus, Ge­schich­te des jüdischen Krie­ ges. Kleinere Schriften [neu gesetzte und überarb. Ausg. Wiesbaden: Marix, 2005; nach der Ausga­­be Berlin 1900], S. 605). Falls Menander, wie Josephus behauptet, diese Information alten tyri­­schen Annalen aus der Zeit Hirams und Sa­lo­mos entnommen hat, wäre das ein Zeugnis aus einer außer­bi­ bli­schen zeitgenössischen Quelle für Sa­lo­mo und seine Weisheit. Josephus zitiert auch einen Hin­weis auf Sa­lo­mo von Dios, „einen Mann, dem man eine besondere Kenntnis der phönizi­schen Ge­schich­te zutraut“ (Contra Apionem 1,112–115, insb. 112; Übers. von Clementz, Flavius Jose­phus, Ge­schich­ te des jüdischen Krieges. Kleinere Schriften, S. 604); vgl. H.St.J. Thackeray, Josephus with an English Translation, Loeb Classical Library (Cambridge: Harvard University Press, 1926), Bd. 1, S. 210–211; siehe auch W. Zwickel, „Die tyrische Königsliste und die Annalenangaben des Al­ten Tes­ta­­ments“, in J. M. Robker et al. (Hgg.), Text – Textgeschichte – Textwirkung: Festschrift zum 65. Ge­burts­tag von Siegfried Kreuzer, Alter Orient und Altes Testament (Münster: Ugarit-Verlag, 2014), S. 83–92, insb. 91–92. 15 Siehe Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 188–210; dies., David und Sa­lo­mo; I. Fin­kelstein, „King Solomon’s Golden Age: His­to­r y or Myth?“, in I. Finkelstein und A. Mazar, The Quest for the Historical Israel: Debating Ar­chae­ol­ogy and the His­to­ry of Early Israel, hg. v. B. Schmidt (At­lanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2007), S. 107–116. 16 Siehe A. Mazar, Ar­chae­ol­ogy of the Land of the Bible, 10,000–586 B.C.E., The Anchor Bible Ref­er­ ence Library (New York: Doubleday, 1990), S. 375–402; ders., „The Search for David and Solomon: An Archaeological Perspective“, in I. Finkelstein und A. Mazar, The Quest for the Historical Israel: Debating Ar­chae­ol­ogy and the His­to­ry of Israel, hg. v. B. Schmidt (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ ture, 2007), S. 117–139.

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An­­sich­ten der Forscher erheblich auseinander, selbst bei denjenigen, die grundsätz­lich das kon­­ven­tio­nel­le Modell befürworten. Unter den Verfechtern dieses Ansatzes da­tier­ te zum Bei­spiel Ernest Wright (1961) die Eisenzeit IIA auf 900–800 v. u. Z., während er die Zeit der Ver­einig­ten Monarchie Eisenzeit IC nannte und auf 1000–918 v. u. Z. da­tier­ te; Yoha­nan Aha­roni und Ruth Amiran (1958) bezeichneten die Zeit von 1000 bis 840 v. u. Z. als „Israelite II“; später datierten Aharoni (1982) wie auch Larry G. Herr (1997), Zeev Her­zog (1997) und Amihai Mazar (1990) die Eisenzeit IIA auf die Jahre 1000–925 v. u. Z.; Ga­briel Barkay (1992) und Amnon Ben-Tor (1992) definieren die Eisenzeit IIA als 1000–800 v. u. Z.; aktuell geht Amihai Mazar (2005) davon aus, dass sie von ca. 980 bis ca. 840/830 v. u. Z. dauerte.17 Demgegenüber sind Finkelstein und seine Anhänger der Mei­nung, dass die Eisenzeit IIA erst nach Sa­lo­mo, im späten 10. oder frühen 9. Jh. v. u. Z., be­­gon­nen habe.18 Die Debatte in der gegenwärtigen Forschung dreht sich also weniger um die ar­chäo­lo­gi­sche Epoche – die Eisenzeit IIA –, sondern vielmehr um ihre genaue Da­tie­­rung in­ner­halb der Königszeit. Die Meinungsverschiedenheiten spiegeln jedoch mehr als eine rein terminolo­gi­sche Debatte wider, denn die als Eisenzeit IIA bezeichnete Epoche wird mit Mo­nu­men­tal­ar­chi­­ tek­tur assoziiert, die an verschiedenen Orten im Land Israel, unter anderem in Hazor, Me­ giddo, Geser und Jerusalem, freigelegt wurde, und deren Errichtung nur unter einer star­ken zentralisierten Herrschaft denkbar ist. So vertreten Amihai Mazar und die meisten israelischen und amerikanischen Archäologen, die der High Chronology fol­gen, die An­sicht, dass nach Davids Eroberungen um 1000 v. u. Z. mit der Errichtung der Mo­nu­men­tal­­bauten begonnen wurde – auch wenn sich die Meinungen dieser Wis­sen­schaft­ler zu der Fra­ge, wann die Eisenzeit IIA endete, erheblich voneinander unterscheiden. Fin­kel­stein und seine Anhänger, die an der Low Chronology festhalten, glauben hingegen, dass die Zeit der Monumentalarchitektur erst nach dem Einmarsch des ägyptischen Pha­rao Schischak be­ gann, der meist auf 925 v. u. Z. – also fünf Jahre nach dem Ende von Sa­lo­mos Herrschaft – datiert wird, demzufolge diese Bauwerke aus der Zeit des geteilten Königreichs stammten. 17 Details finden sich bei A. Mazar, „The Debate over the Chronology of the Iron Age in the Southern Levant“, in T. E . Levy und T. Higham (Hgg.), The Bible and Radiocarbon Dating: Ar­chae­ol­ogy, Text and Science (London: Equinox, 2005), S. 15–30, insb. 15–17. 18 In seinem ersten Artikel über „The Ar­chae­ol­ogy of the United Monarchy: An Alternative View“ (Levant 28 [1996], S. 177–187) kam I. Finkelstein zu dem Schluss: „die Grenze zwischen Eisenzeit I und Eisenzeit II, die durch das Vorkommen von Monumentalbauten, zunehmende Hinweise auf Schriftlichkeit, einen Übergang zur Massenproduktion von Keramik und eine wachsende Be­sied­ lung des Berglands gekennzeichnet ist, sollte eher in das frühe 9. Jahrhundert als um 1000 v. u. Z. da­ tiert werden“ („the line between the Iron I and the Iron II, characterized by the appearance of mon� umental building activity, growing evidence for writing, a shift to mass production of pottery, and a growing wave of settlement in the highlands, should be put in the early ninth century rather than c. 1000 B.C.E.“, ebd., S. 185). In jüngerer Zeit hat er sich jedoch der konventionellen Sichtweise an­ge­ nähert; siehe z. B. ders., „A Low Chronology Update: Ar­chae­ol­ogy, His­to­r y and Bible“, in T. E. Levy und T. Higham (Hgg.), The Bible and Radiocarbon Dating: Ar­chae­ol­ogy, Text and Science (Lon­don: Equinox, 2005), S. 31–42, insb. 39: „der Übergang zwischen der späten Eisenzeit I und der frühen Eisenzeit IIA [ist] auf das späte 10. Jh. v. u. Z . festgesetzt“ („the late Iron I/ early Iron IIA transi­tion [is] fixed in the late 10th century B.C.E.“).

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Argumente für und gegen diese beiden Positionen stützen sich auf zahlreiche verschiedene Arten von archäologischen Beweisen, unter anderem die Verteilung bestimmter Ke­ ra­miktypen an verschiedenen Fundstätten und seit kurzem auch die Radiokarbon- oder C14 -Da­tierung von Samen aus Zerstörungsschichten. Leider sind alle diese Beweismit­tel mehr­deutig und interpretationsbedürftig, weshalb die Debatte anhält. In Hazor, Geser und Me­giddo wurden zum Beispiel Überreste eines bestimmten Typs des Sechs-KammerTo­res freigelegt. Yigael Yadin, der die Ausgrabung in Megiddo von 1960 bis 1971 leitete, hat unter anderem auf der Grundlage von 1. Kön 9,15 argumentiert, dass alle drei auf die Sa­­­lo­­­mo­nische Zeit zu datieren sind, während Finkelstein und seine Anhänger die Mei­ nung vertreten, die Tore stammten aus späterer Zeit.19 In Hazor wurde die letzte kanaanäische Stadt offenbar im 13. Jh. v. u. Z. zerstört, und der Ort erst einige Jahrhunderte später in deutlich geringerem Umfang wieder besiedelt (Stra­ta XII/XI), während die ersten bedeutenden Befestigungsanlagen der Eisenzeit, unter anderem das Sechs-Kammer-Tor, erst später (Stratum X) entstanden. Der aktuelle Lei­ ter der Gra­bung in Hazor, Amnon Ben-Tor, kommt zu dem Schluss, dass die erste israeli­ ti­sche Siedlung die Strata XII/XI umfasst und auf das späte 11. und frühe 10. Jh. v. u. Z. zu datieren ist. Er stimmt mit Yadin darin überein, dass Stratum X mit seinem Stadt­tor aus der zweiten Hälfte des 10. Jh. stammt, also aus Sa­lo­mos Regierungszeit.20 Ähnlich wie in Hazor gehören in Geser das Stadttor und die dazugehörigen Struk­­tu­ ren zu Stratum VIII, über das der Ausgräber William G. Dever schlussfolgert: Dieses Stratum, das das mittlere und späte 10. Jh. v. u. Z. umfasst, weist große Ver­­än­ de­rungen auf, vor allem in den Feldern II und III. In Feld III, Macalisters „Makka­­­bäer­ burg“, wurde eine Nachgrabung durchgeführt; Yigael Yadin hatte es bereits unbe­sehen als Stadttor mit vier Durchgängen [i. e. Sechs-Kammer-Tor] und Teil einer Ka­se­­mat­­ten­ mauer interpretiert, ähnlich denen in Hazor und Megiddo. Er zitiert die An­spielung auf Ver­­tei­digungsanlagen aus Sa­lo­monischer Zeit an allen drei Orten aus 1. Kön 9,15–17. Es stellte sich heraus, dass Yadin recht hatte, wobei die Datierung in Geser durch mit ro­ ter Engobe überzogene und handpolierte Keramik bestätigt wird, die man in den tie­fen Grä­ben gefunden hat, die für den Bau der Mauern und der ersten Straße erstellt wur­ den.21An anderer Stelle fasst Dever die Ergebnisse verschiedener Grabungen zusammen 19 Für eine kurze Zusammenfassung der Debatte, Yadins Ansicht und zum aktuellen Stand der Dis­ kus­sion siehe Mazar, „The Debate over the Chronology of the Iron Age“, S. 15–30, insb. 17–18. 20 Siehe A. Ben-Tor, Hazor: Canaanite Metropolis, Israelite City (Jerusalem: Israel Exploration Society and Biblical Ar­chae­ol­ogy Society, 2016), insb. S. 19–20, 126–146; A. Ben-Tor, D. Ben-Ami und D. Sand­haus, Hazor VI: The 1990–2009 Excavations. The Iron Age (Jerusalem: Israel Exploration So­cie­t y, 2012), insb. S. 1–3, 52–153. 21 „This stratum spanning the mid- to late tenth century B.C.E., sees major changes, especially in Fields II and III. In Field III, Macalister’s ‚Maccabean Castle‘ was re-excavated; Yigael Yadin had al­ready interpreted it, sight unseen, as a four-entryway [i. e., six-chambered] city gate and stretch of casemate wall, like those at Hazor and Megiddo. He cited the reference in 1 Kings 9:15–17 to Sol­o­mo­nic defenses at all three sites. Yadin turned out to be correct, the Gezer date confirmed by red-­slipped and hand-burnished pottery in the deep constructional fills underlying the walls and first road­way“; W. G. Dever, „Gezer“, in E. M. Meyers (Hg.), The Oxford Encyclopedia of Ar­chae­ol­ogy in the Near East (Ox­ford: Oxford University Press, 1997), Bd. 2, S. 396–400, insb. 399; vgl. auch

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und kommt in der Tat zu dem Schluss: „Wenn wir nie von einem ‚Sa­lo­mo‘ in den bi­bli­ schen Texten gehört hätten, müssten wir einen israelitischen König des 10. Jh. v. u. Z. mit einem anderen Namen erfinden.“22 Die jüngsten Ausgrabungen in Geser wurden von Steven Ortiz und Samuel Wolff geleitet, die die Mauer und die Toranlage ebenfalls in das 10. Jh. v. u. Z. datieren und folgern: „Diese Bautätigkeit passt vermutlich zu der bi­bli­schen Über­lieferung, nach der Sa­lo­mo Geser befestigte, oder zumindest zu einer Epoche, als Juda in der Lage war, westwärts und über die Gebirgsausläufer hinaus bis an den Rand der Küs­ten­ebene zu expandieren.“23 In ähnlicher Weise kommt Yadin nach seinen Ausgrabungen in Megiddo zu dem Schluss, Stratum VB sei als die erste israelitische Siedlung zu identifizieren, Stratum VA/ IVB seien auf die Regierungszeit Davids zu datieren und Stratum IVA mit dem SechsKammer-Tor stamme aus Sa­lo­monischer Zeit.24 Entsprechend datierte Yadin die Stadt­ mauer 325 und „die Pferdeställe Sa­lo­mos“ in das 10. Jh. v. u. Z.25 Im Gegensatz dazu hat Fin­­kelstein, der die Grabungen in Megiddo seit 1990 leitet, argumentiert, dass die mo­ nu­mentalen Überreste aus der Eisenzeit IIA, die in den Strata VA/IVB und IVA – einschließlich des Stadttors – freigelegt wurden, auf die Zeit nach 920 v. u. Z. zu datieren sind und dass die gleichartigen Bauten in Hazor und Geser daher vermutlich erst nach Sa­lo­­mos Herrschaft entstanden seien.26 So folgert er: „Das bedeutet, dass David und Sa­lo­mo über ein begrenztes Territorium im südlichen Bergland herrschten und nicht über ein riesi­ges Reich, zu dem diese Städte gehörten. Das bedeutet auch, dass die Monumental­bau­­ten, die bisher in die Zeit Sa­lo­mos datiert wurden, beinahe ein Jahrhundert später errich­­tet wurden, in den Tagen der Omridenherrschaft über das Nordreich.“27 Bezüglich Jeru­sa­­lem ders., „Gezer“, in E. Stern, A. Lewison-Gilboa und J. Aviram (Hgg.), The New Encyclopedia of Ar­ chae­­­ol­­­ogical Excavations in the Holy Land (Jerusalem: Israel Exploration Society/ New York: Simon & Schus­­ter, 1993), Bd. 2, S. 496–506, insb. 504–505. 22 „If we had never heard of a ‚Solomon‘ in the biblical texts, we should have to invent a 10th century B.C.E. Israelite king by another name“ (W. G. Dever, „Ar­chae­ol­ogy and the ‚Age of Solomon‘: A Case Study in Ar­chae­ol­ogy and Historiography“, in L. K. Handy (Hg.), The Age of Solomon: Schol­ar­ ship at the Turn of the Millennium, Studies in the His­to­r y and Culture of the Ancient Near East 11 (Lei­den: E. J. Brill, 1997), S. 217–251, insb. 251). 23 „This building activity probably corresponds to the biblical tradition of Solomon fortifying Gezer, at least to a period where Judah was able to expand westward or down the foothills to the edge of the coastal plain“ (S. Ortiz und S. Wolff, „Guarding the Border to Jerusalem: The Iron Age City of Gezer“, NEA 75 (2012), S. 4–19, insb. 16, 18. 24 Siehe die Zusammenfassung von Yadins Ansicht bei D. Ussishkin, „Megiddo“, in E. M. Meyers (Hg.), The Oxford Encyclopedia of Ar­chae­ol­ogy in the Near East (Oxford: Oxford University Press, 1997), Bd. 3, S. 460–469, insb. 464–465, der Y. Aharoni, The Ar­chae­ol­ogy of the Land of Israel, übers. v. A. F. Rain­ey (Philadelphia: Westminster, 1982), S. 195–212, folgt; vgl. K. M. Kenyon, „Megiddo, Ha­ zor, Samaria, and Chronology“, Bulletin of the Institute of Ar­chae­ol­ogy 4 (1964), S. 143–155; G. J. Wight­ man, „Megiddo VIA-III: Associated Structures and Chronology“, Levant 17 (1985), S. 117–129. 25 Y. Yadin, „Megiddo of the Kings of Israel“, BAR 33 (1970), S. 66–96. 26 Siehe z. B. I. Finkelstein und E. Piasetzky, „Radiocarbon Dating the Iron Age in the Levant: A Bayes­ ian Model for Six Ceramic Phases and Six Transitions“, Antiquity 84 (2010), S. 374–385, insb. 381. 27 „This means that David and Solomon ruled over a limited territory in the southern highlands rather than a vast empire which included these cities. It also means that the monuments previously assigned to the time of King Solomon were built almost a century after his time, in the days of the Omride

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schließt sich Eilat Mazar – den Forschungsergebnissen ihres Großvaters Benjamin Mazar an, die Überreste einer Mauer und eines Torhauskomplexes im Norden der Davidsstadt ebenfalls Sa­lo­mo zuzuschreiben.28 Darüber hinaus hat sie auf der Grundlage von „ar­ chi­tek­tonischen Überresten und bestätigt durch die dazugehörige Keramik und andere Klein­funde“ vorgeschlagen, „die sogenannte ‚Large Stone Structure‘ [in der Davidsstadt] als den Palast anzusehen, den König David erbaute. Auch wenn bisher nur ein kleiner Teil der Struktur ausgegraben wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie als Palastfestung er­richtet wurde.“ Ihrer Meinung nach wurde „wenig später, unter Sa­lo­mo, … die Bau­tä­ tig­keit im Norden des Osthügels wieder aufgenommen, und das erste Gebäude, das an die­ser Stelle errichtet wurde, war nichts anderes als der Tempel selbst.“29 Auch hier gibt es jedoch stark differierende Ansichten zu der Frage, ob diese monumentalen Strukturen tat­sächlich auf die Zeit der Vereinigten Monarchie datiert werden können.30 In jedem Fall muss bedacht sein, dass der Tempelberg in Jerusalem – mit Sicherheit die bedeutendste ar­chäologische Stätte der Sa­lo­monischen Zeit – nie wirklich ausgegraben wurde und dass es auf­grund der gegenwärtig heiklen religiösen und politischen Situation vermutlich auch in Zu­­kunft nicht möglich sein wird, dort Ausgrabungen durchzuführen.31 Das lässt jede Ar­­gu­­mentation aufgrund des Fehlens von Beweisen bestenfalls fragwürdig erscheinen. Bis vor kurzem drehten sich solche Diskussionen über die Datierung und Bedeutung bestimmter archäologischer Stätten meist um die Interpretation bestimmter Keramikstile, dynasty of the Northern Kingdom“ (Finkelstein und Piasetzky, „Radiocarbon Dating the Iron Age in the Levant“, S. 383). 28 Siehe E. Mazar, Discovering the Solomonic Wall in Jerusalem: A Remarkable Archaeological Adventure (Jerusalem: Shoham Academic Research and Publication, 2011), insb. S. 144–150. Siehe auch z. B. E . Mazar und B. Mazar, Excavations in the South of the Temple Mount: The Ophel of Biblical Je­ ru­sa­lem, Qedem: Monographs of the Institute of Ar­chae­ol­ogy of the Hebrew University of Je­r u­sa­ lem 29 (Jerusalem: Keter, 1989), insb. S. 58–60. 29 „In light of these architectural remains, and supported by the corresponding pottery and other small finds, I have proposed to identify the Large Stone Structure as the palace built by King David. Though to date only a small part of the structure has been excavated, it seems highly probable that it was built as a palace-fortress“; „shortly after, under Solomon, construction on the northern part of the Eastern Hill was resumed, the first structure built at that spot being none other than the Temple itself“; siehe E. Mazar, „The Solomonic (Early Iron Age IIA) Royal Quarter of the Ophel“, The Ophel Excavations to the South of the Temple Mount 2009–2013: Final Reports Volume I (Jerusalem: Shoham Academic Research and Publication, 2015), S. 459–474, insb. 460. Eine ausführliche Diskussion der archäologischen Befunde aus Jerusalem aus der Zeit der Vereinigten Monarchie bietet J. M. Cahill, „Jerusalem at the Time of the United Monarchy: The Archaeological Evidence“, in A. G. Vaughn und A. E. Killebrew (Hgg.), Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Period, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003), S. 13–80. Siehe auch Kapitel IV, § II, 2. 30 Siehe A. G. Vaughn und A. E . Killebrew (Hgg.), Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Period, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003), S. 1–180; I. Finkelstein, L. Singer-Avitz, Z. Herzog und D. Ussishkin, „Has King David’s Palace in Jerusalem Been Found?“, Tel Aviv 34 (2007), S. 142–164; und vgl. A. Mazar, „Ar­chae­ol­ogy and the Biblical Narrative: The Case of the United Monarchy“, in R. G. Kratz und H. Spiecker­mann, One God – One Cult – One Nation: Archaeological and Biblical Perspectives, Beihefte zur Zeit­schrift für die alttestamentliche Wissenschaft 405 (Berlin: W. de Gruyter, 2010), S. 29–58, insb. 34–49. 31 Siehe auch Kapitel IV, § I I, 1 und die Li­te­ra­turangaben in Kapitel XIII, § I, Anm. 1.

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die in den Schichten dieser Siedlungen gefunden wurden. Da sich die Töpferstile im Laufe der Zeit veränderten, ist dieses Verfahren ein wertvolles Mittel, um eine relative Chro­no­ lo­gie zu erstellen und die Schichten verschiedener Ortslagen miteinander in Beziehung zu setzen. Es ist jedoch von Natur aus subjektiv und nur schwer mit spezifischen absoluten Zeitangaben zu verknüpfen. Deshalb sind Archäologen in den letzten Jahren dazu übergegangen, Radiokarbondatierungen als mögliches Mittel heranzuziehen, vor allem von Samen, die in Zerstörungsschichten erhalten geblieben sind, um ihre Re­kon­struk­tionen unabhängig verifizieren zu können. Leider sind die Ergebnisse uneinheitlich und können unterschiedlich interpretiert werden. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung zog zum Beispiel 78 Proben aus zehn verschiedenen Fundorten in Megiddo für eine Radiokarbondatierung heran und kam zu dem Ergebnis, dass der Beginn der Eisenzeit IIA irgendwann zwischen 985 und 935 v. u. Z. angesetzt werden kann, was das Ende der Regierungszeit Davids ebenso umfasst wie einen Großteil derjenigen Sa­lo­mos.32 Mittlerweile wurde Monumentalarchitektur aus der Eisenzeit auch in Khirbet Qeiya­ fa ausgegraben, einer großen Stadt im Elah-Tal in Juda. Aktuelle Radiokarbon- oder C14 Un­tersuchungen von Olivenkernen, die dort gefunden wurden, legen laut Yosef Gar­f in­ kel ebenfalls nahe, dass „Khirbet Qeiyafa… höchstwahrscheinlich irgendwann im ersten Drit­tel des 10. Jh. v. u. Z. zerstört [wurde].“33 Da die Stadt selbstverständlich zunächst einmal erbaut werden musste, bevor sie zerstört werden konnte – und zwar nicht erst einen Tag vor der Zerstörung –, ist die Gründung auf nicht später als den Anfang des 10. Jh. v. u. Z. anzusetzen, also in die Zeit Davids.34 Garfinkel betont, dass die C14 -Daten aus Khirbet Qeiyafa… eindeutig [zeigen], dass der Prozess der Staats­ bil­­dung und der Urbanisierung im Königreich Juda bereits im späten 11. Jh. v. u. Z . be­gann. Selbst wenn man zögert, die Dar­stel­lung des goldenen Zeitalters der „Ver­ 32 Siehe M. B. Toffolo, E. Arie, M. A. S. Martin, E. Boaretto und I. Finkelstein, „Absolute Chronology of Megiddo, Israel, in the Late Bronze and Iron Ages: High Resolution Radiocarbon Dating“, Radio­ carbon 56 (2014), S. 221–244, insb. 241. Die frühere Untersuchung einer anderen, kleineren Probe von Olivenkernen aus Megiddo bestätigte ebenfalls bezüglich der Datierung ungefähr den Übergang von der Eisenzeit IIA auf die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts; siehe A. Gilboa, I. Sharon und E. Boaretto, „Radiocarbon Dating of the Iron Age Levels“, in I. Finkelstein, D. Ussishkin, E. H. Cline et al. (Hgg.), Megiddo V: The 2004–2008 Seasons, Tel Aviv University Sonia and Marco Nadler Institute of Ar­chae­ ol­ogy Monograph Series 31 (Winona Lake: Eisenbrauns, 2013), Bd. 3, S. 1117–1127. 33 „Khirbet Qeiyafa was most likely destroyed somewhere in the first third of the 10th century BC.“ II Proben von Olivenkernen wurden der Radiokarbondatierung unterzogen: Die erste bestand aus einzelnen Kernen, die von verschiedenen Stellen in der Zerstörungsschicht stammten, die zwei­te stammt aus einem verbrannten Krug aus derselben Zerstörungsschicht; siehe Y. Garfinkel, K. Streit, S. Ganor und P. J. Reimer, „King David’s City at Khirbet Qeiyafa: Results of the Second Radio­car­bon Dating Project“, Radiocarbon 57 (2015), S. 881–890. Beide Tests ergaben für die Zerstö­rung eine ver­mu­tete Zeitspanne zwischen dem Ende des 11. und der Mitte des 10. Jh. v. u. Z .: Die erste Un­ter­su­chung ergab, dass die Zerstörung bei einem Konfidenzniveau von 68,3 % zwischen 1012 und 967 v. u. Z . stattfand; siehe ebd., S. 883 mit Li­te­ra­turangaben. Die zweite Untersuchung da­tier­te die Zer­stö­rung bei einem Konfidenzniveau von 68,3 % auf die Zeit zwischen 1006 und 961 v. u. Z . und bei einem Konfidenzniveau von 95,4 % auf die Zeit zwischen 1011 und 921 v. u. Z .; siehe ebd., S. 887–888. 34 Siehe Garfinkel, Streit, Ganor und Reimer, „King David’s City at Khirbet Qeiyafa“, S. 887–889.

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Epigraphische, archäologische und bi­bli­sche Quellen einig­ten Monarchie“ in den bi­bli­schen Er­zäh­lungen für zweifelsfrei historisch ver­ läss­lich zu halten, so scheint zu dieser Zeit doch ein Königreich in Juda gegrün­det wor­den zu sein.35

Abschließend sollen noch die Kupferminen im Timna-Tal – die Nelson Glueck als „Kö­ nig Sa­lo­mos Kupferminen“ bezeichnet hat – erwähnt werden.36 Archäologische Aus­­gra­ bun­gen im letzten Jahrzehnt haben bestätigt, dass die Verhüttung von Kupfer in Tim­­na und Faynan im 10. Jh. v. u. Z. (Eisenzeit IIA) ihren Höhepunkt erreichte.37 Die mate­riel­­le Kultur dieser Siedlungen deutet darauf hin, dass dort Edomiter lebten und arbei­te­­­ten.38 Dem bi­bli­schen Text zufolge stand Edom jedoch, zumindest über große Teile der Zeit des geeinten Königreichs hinweg, unter israelitischer Kontrolle (1. Sam 14,47; 2. Sam 8,11– 14; 1. Kön 9,26; 11,14–22). Alles in allem bilden weder die traditionellen Da­tie­rungs­­­­ me­tho­den der Archäologie – meist auf Grundlage von Keramiktypen – noch die neue­ ren Ra­dio­kar­bondatierungen eine gesicherte Grundlage dafür, die Existenz Sa­lo­mos zu beweisen oder zu widerlegen bzw. Aussagen über die Ausdehnung seines Königreichs zu machen. Und sie bieten auch keinen Grund, den bi­bli­schen Bericht über seine Herr­­schaft a priori anzuzweifeln. Ebenso wenig sollte das Fehlen epigraphischer Zeugnisse zu Sa­lo­ mo an sich als ein Beweis gesehen werden, dass er nicht existierte. In vielen verschie­de­­nen Sied­lun­gen der Eisenzeit IIA in Israel und Juda gibt es Monumentalarchitektur; die Fra­­ge ist nur, ob sie in das 10. oder in das 9. Jh. zu datieren ist. Das bedeutet, dass sie, falls die frühe­re Da­tierung zutrifft, zumindest einen potenziellen Beweis für Sa­lo­mos Bautä­­tig­­ keit liefert. Auch wenn die Beweislage also noch keine Gewissheit erlaubt, ist es gut mög­­

35 „[T]he 14C data from Khirbet Qeiyafa clearly indicate that the process of state formation and urbanization started in the kingdom of Judah as early as the late 11th century BC. Even if one hesitates to accept unequivocally the historicity of the golden age of the ‚United Monarchy‘ as portrayed in the biblical narrative, it does appear that a kingdom was established at that time in Judah“; siehe Garfinkel, Streit, Ganor und Reimer, „King David’s City at Khirbet Qeiyafa“, S. 888. Auf derselben Seite weisen die Autoren darauf hin, dass „[d]iese Ergebnisse… gut zu der aktuellen C14 -Sequenz und dem daran anschließenden Modell der eisenzeitlichen Schichten in Megiddo (Gilboa et al., 2013 [siehe Anm. 32 in diesem Kapitel, I. K .]) [passen]. Ein Bayes’sches Modell der bekannten Daten be­ rech­net – nachdem die Ausreißer aussortiert wurden – den Übergang von der Eisenzeit IB zur Eisen­ zeit IIA in Megiddo für 990–945 v. u. Z . bei 68,3  % [Konfidenzniveau] und für 1000–925 v. u. Z. bei 95,4  % [Konfidenzniveau]. Diese Berechnung beruht jedoch auf nur drei Proben aus der Eisen­ zeit IIA“ („These results fit well with the recent 14C sequence and subsequent modeling of the Iron Age levels at Megiddo (Gilboa et al., 2013). A Bayesian model of the available data (after removal of out­lying samples) calculates the transition of Iron IB to Iron IIA at Megiddo as 990–945 B.C.E. at 68.3 % and 1000–925 at 95.4 % . This, however, is based on only three Iron Age IIA samples“). Siehe auch Kapitel IV, § I I, 3. 36 Siehe N. Glueck, „The Copper Mines of King Solomon“, The Other Side of the Jordan [Hebräisch] (Je­r usalem: Bialik Institute, 1954), S. 58–85. 37 Siehe E. Ben-Yosef et al., „A New Chronological Framework for Iron Age Copper Production at Timna (Israel)“, BASOR 367 (2012), S. 31–71, insb. 32–33, 65. 38 Siehe E. Ben-Yosef et al., „A New Chronological Framework for Iron Age Copper Production at Timna (Israel)“, insb. S. 64–65.

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lich, dass künf­ti­ge weitere Funde oder ausgefeiltere Methoden die Frage möglicherweise klä­ren könnten. Angesichts dieser Debatte unter Archäologen über so grundlegende Fragen der Da­ tie­rung und Terminologie ist es dennoch erstaunlich, wie oft archäologische Funde als „un­­wi­derlegbarer Beweis“ für oder gegen die Historizität Sa­lo­mos herangezogen wer­ den. Tat­sächlich ist der archäologische Befund nicht weniger mehrdeutig und inter­pre­ ta­­tionsbedürftig als die bi­bli­schen Texte selbst. Deshalb können weder archäologi­sche noch textuelle Informationsquellen unkritisch akzeptiert werden, und keiner der bei­den Quel­len sollte eine grundsätzliche Priorität gegenüber der anderen zugeschrieben werden. Sie müs­sen sorgfältig gesichtet und gewichtet werden, und keine sollte dazu genutzt wer­den, um der anderen fundamental ihren historischen Wert abzuspre­chen. Die Texte müs­sen daher aus sich selbst heraus auf Grundlage ihrer eigenen Bedingun­gen evaluiert wer­den, ohne dass die nach wie vor hoch umstrittenen archäologischen Be­fun­de unsere Les­art verzerren dürfen. III Biblische Quellen Grundsätzlich können die erhaltenen außerbi­bli­schen Quellen unser Wissen über eini­ ge Ereignisse, die in der Hebräischen Bibel erwähnt werden, und andere, dort nicht beschriebene, bereichern sowie verschiedene Aspekte der Kultur, Religion, Politik und des alltäglichen Lebens erhellen. Sie ermöglichen jedoch für sich genommen nicht ein­mal eine grundlegende Schilderung der großen Züge der Ge­schich­te Israels.39 Keine zeitge­ nös­sische außerbi­bli­sche Quelle berichtet über die politische Situation in Israel und Ju­da während des 10. Jh. v. u. Z., und wie wir gesehen haben, können auch die archäo­­lo­­gi­schen Funde keinen eindeutigen Hinweis auf die Ereignisse geben. Selbst archäologische Spu­ ren von Baumaßnahmen sind interpretationsbedürftig. Kein in situ-Fund aus dem Land Is­rael hat einen direkten epigraphischen Hinweis auf einen Herr­scher oder eine politi­sche Entität des 10. Jh. in diesem Teil des Alten Orients geliefert. Das Fragment der Schi­schakStele aus Megiddo hätte eine Ausnahme sein können, wurde aber nicht in situ auf­ge­fun­ den. Deshalb bleiben die bi­bli­schen Texte, auch wenn sie quantitativ relativ begrenzt und teilweise qualitativ problematisch sind, die einzigen Quellen, die uns zur Verfügung stehen, um die kontinuierliche Entwicklung der Ge­schich­te des Alten Israel im Allgemei­nen und der Ära Sa­lo­mos im Besonderen nachzuzeichnen. Fast alles, was wir über Sa­lo­mo und seine Zeit sagen können, beruht unweigerlich auf den bi­bli­schen Texten. Aller­dings ist es auch hier nicht immer möglich, schlüssig zu beweisen, dass eine bestimmte Pas­sa­ge die tatsächliche historische Situation im 10. Jh. v. u. Z. widerspiegelt. Man kann nur ar­ gu­­men­tieren, dass die Beschreibung mehr oder weniger plausibel ist. Das Material über Sa­lo­mo ist in verschiedenen Teilen der Hebräischen Bibel zu finden, die vor allem drei größe­ren Blöcken zuzuordnen sind.

39 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 324–325; siehe auch ders., „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 179–192.

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1 Die Samuel- und Königebücher Der erste und wichtigste Block von Textquellen über Sa­lo­mo befindet sich in der frühbi­ bli­schen Ge­schichts­schrei­bung, in Sa­muel-Kö­ni­ge, und ist folgendermaßen strukturiert: (a) Die Auslegung und das historische Setting von Sa­lo­mos Geburt während Davids Krieg gegen die Ammoniter und die aramäische Koalition sowie sein Ehebruch mit Bat­se­ba werden in 2. Samuel 10–12 als Teil der „Thronfolgeerzählung“ (unge­f ähr: 2. Sa­muel 9–20 und 1. Könige 1–2) erzählt.40 Diese Umstände brachten Sa­lo­mos Mut­ ter Batseba in Davids Palast, was schließlich zu Sa­lo­mos Geburt und Namen geführt hat (2. Sam 12,24–25). (b) Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Herrschaft in 1. Könige 1–11, die mit dem letzten Teil der Thronfolgeerzählung (ungefähr: 1. Könige 1–2) beginnt,41 beschreibt seinen Auf­stieg auf den Thron und die Festigung seiner Macht. Danach führt 1. Könige 3–11 ver­ schiedene ältere Quellen und legendenhafte Ge­schich­ten sowie historische Be­wer­tun­ gen und theologische Hinzufügungen in Form von Gebeten und Reden zusammen. (c) Neben diesen größeren Textkomplexen sollte auch Sa­lo­mos kurze Erwähnung vermerkt werden, zum einen in der Liste von Davids Söhnen (2. Sam 5,13–16), zum an­de­ren im Hinweis aus der Ge­schich­te der josianischen Reform beinahe 300 Jahre spä­ter, im Zuge deren die Kultstätten von Sa­lo­mos Fremdkulten zerstört wurden (2. Kön 23,13–14; vgl. 1. Kön 11,7–8). Alle diese Texte stehen im Kontext des sogenannten „Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­ werks“, das die Ge­schich­te Israels bis zum babylonischen Exil überliefert und damit endet, dass König Ewil-Merodach von Babylon Jojachin aus dem Gefängnis befreit (561 v. u. Z.). Da dies das letzte Ereignis ist, von dem das Buch berichtet (2. Kön 25,27–30) und es kei­ nen Hinweis auf das wichtige Edikt von Kyros von Persien aus dem Jahr 538 v. u. Z. gibt (Esra 1,1–3 // 2­ . Chr 36,22–23), erhielt das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk seine endgültige Gestalt im Wesentlichen höchstwahrscheinlich zwischen diesen beiden Er­eig­ nissen.42 Der Großteil des Materials wurde allerdings vermutlich schon deutlich früher nie­ dergeschrieben und gesammelt. Gemäß der Theorie von Frank Moore Cross, die vor allem in Nordamerika und Israel weitgehend anerkannt ist,43 scheint das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­ 40 Über die Thronfolgeerzählung, die einige der schönsten Beispiele für die Kunst des dramatischen Erzählens in der Hebräischen Bibel enthält, siehe Kapitel X, § III. 41 Über die Trennung zwischen den Samuel- und Königebüchern im Masoretischen Text (MT) im Ge­gensatz zur Aufteilung in der Septuaginta, siehe Kapitel X, Anm. 57. 42 Die Auffassung, dass die Bücher Deuteronomium bis Könige als eine zusammenhängende Kom­ po­si­tion erstellt wurden, wurde zuerst von M. Noth dargelegt, Überlieferungsgeschichtliche Studien, 2. Aufl. (Tübingen: M. Niemeyer, 1957), S. 12–18. 43 Für Untersuchungen über gegenwärtige, darunter europäische, Forschungspositionen siehe S. L . Mc­Kenzie, „Deuteronomistic His­to­r y“, in D. N. Freedman (Hg.), The Anchor Bible Dic­tio­nary (New York: Doubleday, 1992), Bd. 2, S. 160–168; ders., „Deuteronomistic His­to­r y“, in K. D. Saken­ feld (Hg.), The New Interpreter’s Dictionary of the Bible (Nashville: Abingdon Press, 2007), Bd. 2, S. 106–108, insb. 107; M. Cogan, „1 and 2 Kings“, in M. D. Coogan (Hg.), The Oxford Encyclopedia of the Books of the Bible (Oxford: Oxford University Press, 2011), Bd. 1, S. 537–556, insb. 538–540. V. a. in Kapitel V, VI, X und XI des vorliegenden Buches finden sich meine kritischen Erwiderun­gen

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schichts­werk wenigstens zwei Redaktionsstufen durchlaufen zu haben, von denen mindestens eine in die vorexilische Zeit (deren Großteil vermutlich unter Hiskia, Josia oder beiden bearbeitet wurde; Dtr1) und mindestens eine weitere in die Exilszeit (Dtr2) zu datieren ist.44 Doch die Redaktoren dieser Versionen verarbeiteten verschiedene frühere Quellen unterschiedlichen Ursprungs, unter anderem ältere Er­zäh­lungen wie die Thron­folgeerzählung (siehe Kapitel X) und Material, das aus Palast- und Tempelarchiven stammt. Es ist nicht das Ziel dieses Buches, ausführlich die Redaktionsgeschichte des Deu­te­ ro­­no­mis­tischen Ge­schichts­werks im Ganzen oder auch nur des Materials über Sa­lo­mo nach­zuzeichnen. Dennoch wird in den folgenden Kapiteln argumentiert, dass diese Zu­ sam­men­stellung relativ unabhängiger Quellen durch einen oder mehrere deuteronomistische Re­daktoren das ergebnisreichste Modell bietet, um die Dar­stel­lungen Sa­lo­mos in Sa­muel-Kö­ni­ge zu verstehen. Bestimmte Vorschläge zur Re­kon­struk­tion, beispielsweise von Timo Veijola und Thilo A. Rudnig, werden in den nächsten Kapiteln untersucht und kritisch hinterfragt. Dabei wird gezeigt, dass der/ die Ver­fas­ser bzw. Editor(en) der Sa­lo­ mo-Er­zäh­lung, abgesehen davon, dass sie an verschiedenen Stellen Reden und redaktio­ nel­le Zusammenfassungen und Überleitungen eingefügt haben, auf ihre Quellen im All­ ge­meinen nur minimalen direkten Einfluss genommen haben. So geht zumindest ein Teil des Materials über Sa­lo­mo vermutlich auf ältere Quellen zurück, die dem/ den Autor(en) bzw. Redaktor(en) von Sa­muel-Kö­ni­ge zur Verfügung standen.45 Dazu gehören zum Beispiel der Bericht über den Krieg gegen die Ammoniter und Ara­mäer (2. Sam 10,1–11,1a; 12,26–31), die Listen von Sa­lo­mos Beamten (1. Kön 4,1–6), seinen Distrikten und Verwaltungsbeamten (1. Kön 4,7–19), die ausführliche Be­schrei­ bung des Tempelgebäudes und der Kultgeräte (1. Könige 6; 7,13–51), die Städte, die Sa­­lo­­ mo Hiram, dem König von Tyros, übereignete (1. Kön 9,10–13a), und Sa­lo­mos Fern­han­ del (1. Kön 10,11–12). Hier wurden die alten Materialien, falls überhaupt, dann nur mit zu verschiedenen alternativen Re­kon­struk­tionen der Redaktionsgeschichte von Sa­muel-Kö­ni­ge, vor allem zu 2. Samuel 10–12 und 1. Könige 1–2. 44 F. M. Cross, „The Themes of the Book of Kings and the Structure of the Deuteronomistic His­to­r y“, Canaanite Myth and Hebrew Epic: Essays in the His­to­ry of the Religion of Israel (Cambridge: Harvard University Press, 1973), S. 274–289, insb. 287–289. Ihm folgen z. B. R. D. Nelson, The Double Re­dac­ tion of the Deuteronomistic His­to­ry, Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series 18 (Sheffield: JSOT Press, 1981), S. 13–14, 128; B. Peckham, The Composition of the Deuteronomistic His­to­ry, Harvard Semitic Monographs 35 (Atlanta: Scholars Press, 1985), S. 1. Sie alle gehen davon aus, dass das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk auf den „Tetrateuch“ (Genesis-Numeri) folge, der im We­sent­lichen eine priesterliche Komposition ist. Einige frühere Forscher waren der Meinung, dass das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk nur die Bücher Richter bis 2. Könige umfasse, während Ge­ne­sis-Josua einen „Hexateuch“ bilden würden, so z. B. A. Kuenen, An Historico-Critical In­ quiry into the Origin and Composition of the Hexateuch (London: MacMillan, 1886), S. 2–16, insb. 3; J. Well­hausen, Prolegomena zur Ge­schich­te Israels, 6. Aufl. (Berlin: W. de Gruyter, 1927; Neudruck 2001), S. 223–360, insb. 291–293, 358–360; S. R . Driver, An Introduction to the Li­te­ra­ture of the Old Testa­ment, International Theological Library, 9. Aufl. (Edinburgh: T. & T. Clark, 1913), S. 4–5. Alle stim­men darin überein, dass die Samuelbücher Teil des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks sind. 45 Das heißt: Die Person oder Personen, die die Sa­lo­mo-Stoffe in Sa­muel-Kö­ni­ge in ihrer Endform er­ zeug­ten, können als deren Ver­fas­ser bezeichnet werden, doch er (/sie) ging(en) im Wesentlichen so vor, dass er (/sie) bestehendes Material mit minimalen Eingriffen kompilierte(n).

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mi­nimalen Eingriffen oder redaktionellen Akzentuierungen mit der in die „bi­bli­sche“ Ge­­schichts­schrei­bung von Sa­muel-Kö­ni­ge verwoben.46 Allgemein gesagt übernahmen die Autoren bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge häufig sogar Quellen, die den grundlegenden theologischen Lehren des deuteronomistischen Ansatzes zuwiderliefen. So wird zum Bei­spiel in 2. Sam 12,13–23 Davids Sohn zur Strafe für dessen Sünden getötet, was Dtn 24,16 und 2. Kön 14,6 widerspricht.47 Ferner nimmt David in 2. Sam 5,21 im Gegensatz zu Dtn 7,25 die Götzenbilder der Philister an sich, statt sie zu zerstören. In ähnlicher Wei­se handelt Elia im Widerspruch zum Beharren in Deuteronomium auf einen einzi­gen Kultort (z. B. Dtn 12,4–14), wenn er die Zerstörung der Altäre Gottes beklagt (1. Kön 19,10.14) und den Altar auf dem Karmel wieder aufbaut (1. Kön 18,30–32).48 Daher ist zumindest einiges Material über Sa­lo­mo älter als die deuteronomistischen Re­daktionen, und es ist gut möglich, dass manches davon auf Originalquellen „aus erster Hand“ wie beispielsweise Schriftstücke aus dem Tempel- und Palastarchiv zurückgeht oder aufbaut. Einiges könnte aus einer Schrift stammen, die möglicherweise die Haupt­ quelle des Ver­fas­sers bzw. Editors war – ‫„( ספר דברי שלמה‬das Buch der Taten Sa­lo­mos“/ „Chro­nik der Könige von Israel“; 1. Kön 11,41).49 Hierin konnte seine Leserschaft auch Er­gänzungen finden, die über das hinausgingen, was der bi­bli­sche Historiker über diesen König berichten wollte, unter anderem über „alles, was er getan hat, und seine Weisheit“. Ob­wohl „Die Chro­nik Sa­lo­mos“ keine archivalische Quelle war, weil die Öffentlichkeit Zu­gang zu dieser hatte, hat sie vermutlich dennoch reiches Material über die offiziellen Akti­vitäten des Königs enthalten, ebenso wie einige folkloristische Legenden über seine Weisheit, wie zum Beispiel das Urteil über die beiden Prostituierten (1. Kön 3,16–27) und die Er­zäh­lung über Sa­lo­mo und die Königin von Saba (1. Kön 10,1–10). Dieses Buch ist vergleichbar mit ‫„( ספר דברי הימים למלכי ישראל‬Buch der Taten der Könige von Israel“/ „Chro­nik der Könige von Israel“; z. B. 1. Kön 14,19; 15,31) und ‫ספר דברי הימים‬ ‫„( למלכי יהודה‬Buch der Taten der Könige von Juda“/ „Chro­nik der Könige von Juda“; z. B. 1. Kön 14,29; 15,7). 46 Überblicke über die historischen Quellen zu Sa­lo­mo siehe z. B. Noth, Überlieferungsgeschichtliche Stu­dien, S. 66–72; N. M. Sarna, „The Biblical Sources for the His­to­r y of Monarchic Period“, in A. Mala­mat (Hg.), The Age of the Monarchies: Political His­to­ry [Hebräisch] (Jerusalem: Am Oved und Alexander Pelie, 1982), S. 7–20. Hier sind auch biblisch-historische Quellen für die Königszeit im All­ ge­meinen aufgeführt; T. Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, Studies in the His­ to­r y and Culture of the Ancient Near East 16 (Leiden: E. J. Brill, 1999), S. 102–136, insb. 135–136; Kitchen, On the Reliability of the Old Testament, S. 107–137, mit zusätzlichen Li­te­ra­tur­verweisen. 47 Auch wenn Deuteronomium 24,16 menschliche und nicht göttliche Gerechtigkeit thematisiert und es daher nicht zwingend einen Widerspruch zu 2. Sam 12,13–23 gibt, stellen doch Jeremia und Eze­ chiel die Verbindung zu Gottes Gerechtigkeit her, die im Deuteronomium fehlt. Daher widerspricht die Passage in 2. Samuel 12 zumindest Vorstellungen, die für eine spätere Zeit belegt sind. Siehe auch Ka­pitel V, § I II, A, (9). 48 Zu den beiden letzten Beispielen siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 127–128. 49 Zu dieser Quelle siehe J. Liver, „The Book of the Acts of Solomon“, Studies in Bible and Judean Desert Scrolls (Jerusalem: Bialik Institute, 1971), S. 83–105 (Hebräisch); M. Cogan, 1 Kings: A New Translation with Introduction and Commentary, Anchor Bible 10 (New York: Doubleday, 2000), S. 91–92, 342–343.

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Dagegen stammen einige andere Teile der Beschreibung von Sa­lo­mos Herrschaft aus der Hand des deuteronomistischen Historikers. Dazu gehören zum Bei­spiel Gebete und Re­den (1. Kön 2,2–4; 8,13–61; 9,1–9; 11,10–13.29–39), die Zu­sam­men­fassung der Über­ tre­tun­gen, die dem König vorgeworfen werden (1. Kön 11,1–9),50 einige redaktionelle For­mu­lie­run­gen sowie historische und theologi­sche An­mer­kun­gen, Be­ur­teilungen und Ver­k nüp­fun­gen (z. B. 1. Kön 2,11–12.46b; 3,3.4b; 11,2.4.6.41–43), schließ­lich die An­ spie­lun­gen darauf, dass Gott Jerusalem erwählt habe (z. B. 1. Kön 8,16.44.48; 11,13.32.36; vgl. z. B. Dtn 12,14.23–25; 15,20; 17,8.10). Darüber hin­aus gibt es aufgrund der kom­ plexen Zusammenfügung der Quellen einige innere Wi­der­sprüche,51 ungenaue Aus­sa­ gen52 und Übertreibungen.53 Außerdem sind in Könige auch einige Anachronismen zu fin­den, zum Beispiel in 1. Kön 5,4 (siehe Kapitel IV, § II, 3). Während gemäß den bi­bli­schen Quellen sowohl David als auch Sa­lo­mo je 40 Jahre lang regierten (2. Sam 5,5; 1. Kön 2,11; 11,42),54 ist das Material über Sa­lo­mo insgesamt deut­lich weniger umfangreich als dasjenige über David (ungefähr: 1. Sam 16,1–28,2; 29,1–30,31; 2. Samuel 1–24). Zugleich sind die Texte zu Sa­lo­mo sehr viel umfangrei­cher 50 Zum deuteronomistischen Charakter von 1. Kön 2,2–4 und 11,9–13 siehe Kapitel XI, § V, 1 (b). Zu 1. Könige 8,14–61 siehe z. B. E . Talstra, Solomon’s Prayer: Synchrony and Diachrony in the Composition of 1 Kings 8, 14–61 (Kampen: Kok, 1993) und kritische Kommentare zu Könige, wie beispielsweise M. J. Mulder, 1 Kings 1–11, Historical Commentary on the Old Testament (Leuven: Peeters, 1998), S. 375–459; Cogan, 1 Kings, S. 274–293, der davon ausgeht, dass nur wenige Verse aus der frühen Kö­nigs­zeit stammen. 51 Vgl. z. B. 1. Könige 5,27–32 mit 1. Kön 9,20–22; siehe dazu die Diskussion bei Kalimi, Zur Ge­schichts­ schrei­bung des Chro­nisten, S. 37–38, 64–65. Ein anderes Beispiel ist der chronologische Widerspruch hinsichtlich Zeit des Königs Hiram von Tyros in den bi­bli­schen Texten zu den Angaben, die Fla­v ius Josephus aus einem Werk Menanders zitiert. Siehe J. Liver, „On the Question of the Chronology of Hiram King of Tyre“, Studies in Bible and Judean Desert Scrolls (Jerusalem: Bialik Institute, 1971; Hebräisch), S. 189–197; Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 22–24. 52 So ist zum Beispiel der Umfang des ehernen Meeres in 1. Kön 7,23 mathematisch ungenau: Bei ­einem angegebenen Durchmesser des Beckens von 10 Ellen, müsste der Umfang 31,4 Ellen betragen und nicht 30 Ellen, wie im Text angegeben. Das wird bereits im Babylonischen Talmud, Erubin 14a-b, von Gersonides (Rabbi Levi ben Gershon; ca. 1288–1344) in seinem Kommentar zu der Passage und von Baruch (Benedikt) Spinoza im 17. Jahrhundert im zweiten Kapitel seines Tractatus TheologicoPo­liticus angemerkt. 53 Beispielsweise im Hinblick auf die tägliche Nahrungsmittelversorgung in Sa­lo­mos Palast, seinen Reich­tum und seinen Harem; 1. Kön 5,2–3; 10,14.27; 11,3. 54 Die „40“ wird in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur als typologische Zahl verwendet (z. B. Gen 7,12; 8,6; Ex 24,18; Num 13,25; 14,33; Ri 5,31; 8,28; 13,1; 1. Sam 4,18; 1. Kön 19,8; Jona 3,4; Ps 95,10). Es kann sich allerdings hin und wieder auch um eine präzise Angabe handeln. Überhaupt ist die „40“ nur eine von mehreren Zahlen, die immer wieder typologisch verwendet werden (z. B. „3“, „7“, „10“ und „12“), und man sollte nicht von vornherein davon ausgehen, dass es sich dabei nie um eine hist­orisch verlässliche Angabe handelt. Wenn sie 40 Jahre lang regierten, wie hätte der Erzähler das anders ausdrücken sollen? Um diesen Punkt mithilfe eines Beispiels von einem anderen Ort und aus einer anderen Kultur und Zeit zu illustrieren: Kaiserin Maria Theresia aus der Habsburger Dy­nas­tie herrschte 40 Jahre lang (1740–1780). Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass diese An­ga­ be eine typologische Zahl ist! Ich möchte damit nicht sagen, dass David und Sa­lo­mo notwendiger­ wei­se genau 40 Jahre lang regierten. Aber es kann nicht automatisch die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass diese Zahl zumindest annäherungsweise die Wirklichkeit widerspiegelt.

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als diejenigen über alle Könige nach ihm. So regiert beispielsweise König Joasch von Ju­­da ebenfalls 40 Jahre lang, aber Könige widmet ihm nur 22 Verse (2. Kön 12,1–22; aller­­dings beschreibt 2. Kön 11,1–21 auch seine Rettung vor Atalja und seine Krönung); König Usia von Juda herrschte 52 Jahre lang, aber nur sieben Verse handeln von ihm (2. Kön 15,1–7); Manasse regierte 55 Jahre, uns liegen jedoch nur 18 Verse über ihn vor (2. Kön 21,1–18); und König Jerobeam II. von Israel herrschte 41 Jahre lang, aber es gibt nur sieben Verse über ihn (2. Kön 14,23–29). Das könnte natürlich einfach den Umfang des Materials widerspiegeln, das dem bi­bli­schen Historiker zur Verfügung stand. Es könnte aber auch ein Beleg für die große Bedeutung sein, die Sa­lo­mo in seinen Augen hatte. 2 Das Chro­nikbuch Der zweite Textkomplex, der sich mit Sa­lo­mo befasst, ist in der spätbi­bli­schen Ge­schichts­ schrei­bung zu finden, vor allem in der Chro­nik, die auch als „Chro­nistisches Ge­schichts­ werk“ bezeichnet wird und in der Perserzeit zusammengestellt wurde, ca. 400–375 v. u. Z.55 Ungefähr die zweite Hälfte von 1. Chro­nik handelt von Sa­lo­mo und 2. Chro­nik 1–9 ist ihm gewidmet. Die Kapitel in 2. Chro­nik sind mehr oder weniger parallel zu den Texten über Sa­lo­mo in 1. Könige 3–11. Deshalb wirkt es auf den ersten Blick so, als sei die Version von Sa­lo­mos Ge­schich­te, die der Chro­nist in 2. Chro­nik 1–9 überliefert, etwa um ein Viertel kürzer als die Parallele in 1. Könige. Es gibt jedoch in den genealogischen und erzählenden Texten von 1. Chro­nik weitere Texte über Sa­lo­mo (1. Chr 3,5; 22,5–19; 32,1 und die Kapitel 28 und 29). Die meisten davon haben keine Parallele in bi­bli­schen oder außerbi­bli­schen Quellen (Sondergut oder Zusatz/ Hinzufügungen). Es ist umstritten, ob der Chro­nist diese Texte von Grund auf neu verfasst hat oder ob sie auf frühere Quellen zurückgehen, die ihm zwar zur Verfügung standen, uns aber nicht überliefert sind. Letzteres scheint für weiteres Sondergut in der Chro­nik zuzutreffen, deshalb könnte es auch bei demjenigen über Sa­lo­mo der Fall sein.56 Der Chro­nist bearbeitete die Texte zu Sa­lo­mo, die er von Sa­muel-Kö­ni­ge übernahm, in verschiedener Hinsicht intensiv. Dazu gehören sprachliche, stilistische und literarische Überarbeitungen, die gewiss den Inhalt der Texte, aber auch die historiographische Auf­ bereitung widersprüchlicher Daten aus seiner Vorlage sowie historische und theo­lo­gische Bewertungen beeinflussen.57 An einigen Stellen steht der Text der Chro­nik im Wi­der­ spruch zu seiner Parallele in Könige (vgl. z. B. 2. Chr 8,2 mit 1. Kön 9,11–13). Offenbar greift der Historiker regelmäßig in seine Quellen ein und formt sie um. Der Ansatz des Chro­nisten zeigt sich zum Beispiel darin, dass Sa­muel-Kö­ni­ge an einigen Stellen berichten, wie Schlüs­selfiguren der Ge­schich­te Israels wichtige Gebote der Tora verletzen, wäh55 Zur Datierung des Chro­nistischen Ge­schichts­werks siehe I. Kalimi, An Ancient Israelite Historian: Studies in the Chron­icler, His Time, Place, and Writing, Studia Semitica Neerlandica 46 (Assen: Royal Van Gorcum [jetzt: E. J. Brill, Leiden], 2005), S. 41–65; ders., „1 and 2 Chron­icles“, in M. D. Coogan (Hg.), The Oxford Encyclopedia of the Books of the Bible (Oxford: Oxford University Press, 2011), Bd. 1, S. 120–132, insb. 125. 56 Siehe Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 179–192. 57 Zu diesem Phänomen in der Chro­nik allgemein siehe die vielen Beispiele mit ausführlicher Dis­kus­ sion und Verweisen auf Sekundärliteratur in Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten.

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rend der Chro­nist solche Widersprüche fast immer verschweigt oder harmonisiert.58 Die Materialien in der Chro­nik sind umgeschriebene Quellen, solche aus dritter oder gar vierter Hand. Zweifellos hatte der Chro­nist seine eigenen ideologischen, theologischen und di­daktischen Ansichten, die sich in seiner Auswahl und Dar­stel­lung der Texte aus älteren bi­bli­schen Schriften widerspiegeln. Zudem gibt es zahlreiche weitere Anachronismen in den Ge­schich­ten der Chro­nik über Sa­lo­mo und seinen Tempel. Zum Beispiel: (a) Der Chro­nist berichtet, dass die Israeliten zur Zeit Davids zehntausend Goldmün­zen (‫ ;אדרכנים‬1. Chr 29,7) für den Bau des Tempels gaben, wobei er für die Goldmün­zen den Begriff der Perserzeit benutzt, Dareikos. (b) Dem Chro­nisten zufolge bestand ein Zweck des Sa­lo­monischen Tempels darin, die „Brand­opfer morgens und abends“ darzubringen (2. Chr 2,3, Sondergut zu 1. Kön 5,19); darin widerspiegelt sich das tāmîd-Brandopfer aus der Zeit des Zweiten Tem­ pels, das zwei­mal täglich erfolgte.59 (c) In 2. Chro­nik 3,14 (Hinzufügung) beschreibt der Chro­nist einen Schleier/ Vor­hang (‫ )פרכת‬im Sa­lo­monischen Tempel, der den Hauptraum vom Allerheiligsten trennte. Diesen gab es zwar im Zweiten Tempel aus der Zeit des Chro­nisten, nicht aber in Sa­ lo­mos Tempel.60 (d) Der Chro­nist schreibt in 2. Chr 7,9 – ebenfalls einer Hinzufügung – anachronistisch Sa­lo­mo zu, das Azeret-Fest (‫ ;עצרת‬2. Chr 7,9, Hinzufügung) gefeiert zu haben, und zwar am achten Tag des Laubhüttenfestes, gemäß den Anordnungen des pries­ter­ lichen Gesetzes (Lev 23,33–36; Num 29,35–36). Das regelte zwar in Jehud Me­din­ta, der persischen Provinz Juda, zur Zeit des Chro­nisten den Kult, nicht aber zur Zeit Sa­­lo­mos im 10. Jh. v. u. Z.61 3 Anspielungen auf Sa­lo­mo in den Hagiographa (Ketubim) Der dritte Materialkomplex besteht aus Bezugnahmen und Anspielungen auf Sa­lo­mo, die sich in einigen Büchern der Ketubim, auch mit „Hagiographa“ oder „Ketubim“ be­­zeich­­net, an verschiedenen Stellen finden. Dazu gehören die Memoiren Nehemias (Neh 13,26), die weisheitliche Li­te­ra­tur, zum Beispiel das Buch der Sprüche (1,1; 10,1; 25,1), und möglicherweise Kohelet (1,1) sowie die poetische Li­te­ra­tur, beispielsweise Hohes­­lied (1,1; siehe auch 1,5; 3,7–11; 8,11–12) und einige Psalmen (72 und 127). Es ist unwahrscheinlich, dass viele Textstellen – falls überhaupt irgendwelche – in diesen Psal­ men und Weisheitsbüchern, die Sa­lo­mo zugeschrieben werden, auch tatsächlich aus sei­ ner Feder stammen. Dasselbe gilt für den späteren apokryphen oder deuterokanonischen Text, der als Weisheit Sa­lo­mos bekannt ist, und die Pseudepigraphen, zum Beispiel das Tes­ta­ment Sa­lo­mos. Auch wenn diese Texte auf verlässlichen historischen Daten beruh­ ten – was zwei­felhaft ist – sind sie für einen modernen Historiker keine große Hilfe zum Ver­ständ­nis der groben Linien der Ge­schich­te Sa­lo­mos. Solche Texte sind hingegen eine 58 Dazu und für weitere Beispiele siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 127–143. 59 Zu diesem Thema siehe Kapitel XIII, § V, (1). 60 Siehe ausführlich Kapitel XIII, § V (5). 61 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 134–135.

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wert­volle Quelle, wenn es darum geht, einige Merkmale der Sa­lo­mo-Tradition über Ge­ ne­ra­tionen hinweg nachzuzeichnen. IV Zusammenfassung Derzeit stehen uns keine direkten epigraphischen Belege zu Sa­lo­mo zur Verfügung, und die Bedeutung der archäologischen Funde an verschiedenen Orten des Landes Israel ist unklar und stark umstritten. Die Archäologen debattieren selbst über die grundlegende Terminologie zur Bezeichnung verschiedener archäologischer Epochen. Vor allem die Da­tierung der als Eisenzeit IIA bezeichneten Periode variiert von Forscher zu Forscher er­heblich – selbst unter den Wis­sen­schaft­lern, die dem konservativen Datierungsmodell folgen, und noch mehr unter denjenigen, die dieses Modell ablehnen. Gewiss ist die Ar­ chäo­logie auf Interpretationen angewiesen, und oft sind sich die Archäologen nicht einig über die richtige Interpretation der archäologischen Daten. Allerdings sind die archäologischen Befunde, die auf die Sa­lo­monische Zeit datiert werden können, problematisch und die großen Meinungsverschiedenheiten über diese Epoche unter den Wis­sen­schaft­ lern er­lau­ben es nicht, zuversichtlich diesen zu vertrauen. Die vorhandenen Daten reichen nicht aus, um die Historizität Sa­lo­mos oder die wichtigsten Grundzüge der bi­bli­schen Er­zäh­lungen über seine Herrschaft zu beweisen oder zu widerlegen. Selbst wenn die Low Chronology sich als zutreffend erweisen sollte und gezeigt werden könnte, dass zum Beispiel Sa­lo­mo die Städte Hazor, Megiddo und Geser gar nicht befestigt haben kann, wäre das noch kein Beweis dafür, dass er nicht über ein großes Reich herrschte – aus dem einfachen Grund, weil er die Region auch dann beherrscht haben könnte, wenn er die Städte nicht befestigt hatte. Noch viel weniger wäre dadurch widerlegt, dass er überhaupt existiert hat oder dass zumindest einige der Ereignisse während seiner Herr­schaft, von denen die bi­bli­schen Texte berichten, auf historische Begebenheiten zu­rückgehen. Ebenso wäre, falls die High Chronology zuträfe, dadurch jedoch nur bewiesen, dass die fraglichen Städte irgendwann im 10. Jh. befestigt wurden, nicht aber, dass der gesamte bi­bli­sche Bericht über Sa­lo­mos Herrschaft und sein Königreich präzise ist. In jedem Fall bleiben die bi­bli­schen Texte die einzigen expliziten Berichte über einen König namens Sa­lo­mo, die Ausdehnung seines Reichs und sein Wirken, die uns zur Ver­ fü­g ung stehen. Da diese Berichte durch unabhängige Beweise weder eindeutig verifiziert noch widerlegt werden können, bleibt nur die sorgfältige Auswertung der Texte selbst, um so fundiert wie möglich bestimmen zu können, welche Details plausibel sind und welche eher spätere oder nicht historische Zustände widerspiegeln. Im Falle Sa­lo­mos ist eine solche sorgfältige Untersuchung der Texte in der bi­bli­schen Ge­­schichts­schrei­bung weiterhin die Hauptgrundlage für jede historische Beschreibung seines Lebens und seiner Zeit. Obwohl diese Texte zwar nicht frei von Übertreibun­gen und späten redaktionellen, theologischen und ideologischen Elementen sind, und ihre In­ter­pretation kaum weniger kontrovers diskutiert wird als die Deutung der archäolo­ gi­schen Befunde, können sie möglicherweise wertvolle historische Informationen enthalten, die sorgfältig herauszuarbeiten und zu untersuchen sind. Keinesfalls sollten sie einfach als unzuverlässig abgelehnt werden.

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Kapitel III: Die Historizität des Vereinigten Königreichs Israel Gegen die jüngsten Zurückweisungen eines langjährigen Konsenses I Einleitung Wie bereits in Kapitel I, § II, erwähnt, ist es nicht das vorrangige Ziel dieses Buches, eine umfassende Re­kon­struk­tion der Ge­schich­te König Sa­lo­mos und seiner Herrschaft vorzulegen. Vielmehr werden die verschiedenen biblisch-literarischen und historiographischen Berichte über diesen König eingehend untersucht und miteinander verglichen. Trotzdem kann dieses Thema nicht kommentarlos übergangen werden, insbesondere im Lichte einiger jüngerer Tendenzen, die den überwiegenden Teil von Sa­lo­mos Wirken und der Er­ run­gen­schaften seiner Regentschaft als nicht historisch ansehen, oder sogar leugnen, dass es jemals ein Vereinigtes Königreich überhaupt gegeben hat. Bis in die letzten Jahrzehnte bestand ein breiter kritischer Konsens in Bezug auf die His­to­rizität der Vereinigten Monarchie unter Saul, David und Sa­lo­mo sowie ihrer Auf­tei­ lung in Israel und Juda. Dieser Konsens beruhte hauptsächlich auf den bi­bli­schen Tex­ten selbst, man sah ihn aber auch gestützt durch eine große Bandbreite externer Bele­ge, un­ter anderem außerbi­bli­sche Quellen und archäologische Funde, die auf die Ära der Ver­einig­ ten Monarchie datiert wurden.1 In den letzten Jahrzehnten wurde jedoch die historische Verlässlichkeit der bi­bli­schen Berichte aufgrund fortgesetzter exegetischer und archäologischer Forschungen und durch Veränderungen in deren Methodik zunehmend in Frage gestellt. Auf dieser Grund­la­ge leug­neten eine Reihe von Vertretern sogenannter „minimalistischer“, „revisionisti­scher“, „de­konstruktivistischer“ oder „nihilistischer“ Ansätze die Möglichkeit, dass die bi­bli­ schen Er­zäh­lungen durch archäologische Belege gestützt werden könnten. Sie versuchten, im Hinblick auf die Ge­schich­te des Alten Israel im Allgemeinen und die Vereinigte Mo­narchie im Besonderen die gesamte moderne historisch-kritische Bibelforschung von mehr als zwei Jahrhunderten auf den Kopf zu stellen. Aber sind ihre Schlussfolgerungen ge­rechtfertigt? Sind die Beschreibungen des Sa­lo­monischen Reichs, wie sie in der bi­bli­ schen Tradition erhalten sind – im Ganzen oder in ihren wesentlichen Grundzügen –, wirk­lich nur das Produkt der blühenden Vorstellungskraft späterer judäischer bzw. jüdischer Autoren oder beruhen die Berichte über Sa­lo­mo trotz einiger späterer redaktioneller Schichten und legendenhafter Elemente auf echten historischen Quellen über einen wirklichen König und sein Königreich? Reichen die gegenwärtigen archäologischen und 1 Für eine Zusammenfassung dieses Konsenses und eine Diskussion einiger Infragestellungen davon siehe G. N. Knoppers, „The Vanishing Solomon: The Disappearance of the United Monarchy from Recent Histories of Ancient Israel“, JBL 116 (1997), S. 19–44.

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die begrenzten epigraphischen Funde tatsächlich aus – wie beispielsweise die Tel-­DanInschrift und die Inschriften von Pharao Schischak vom Amon-Tempel in Karnak so­wie des Fragments seiner Stele in Megiddo –2, um die Existenz Sa­lo­mos und die Grund­zü­ge der bi­bli­schen Berichte über seine Regentschaft entweder zu beweisen oder zu wider­le­ gen? Sollte dem archäologischen Quellenmaterial – unabhängig davon, wie unklar und umstritten es ist – tatsächlich automatisch Priorität vor allen anderen Quellen eingeräumt werden, einschließlich der bi­bli­schen Texte? Sollten die bi­bli­schen Materialien a priori als unzuverlässig abgelehnt werden oder enthalten sie zumindest teilweise wertvolles historisches Quellenmaterial? Gibt es irgendeinen Weg, zu einer vernünftigen Balance zwischen den verfügbaren archäologischen und historiographischen Quellen zu kommen, die ja alle recht komplex sind? Das vorliegende und folgende Kapitel gehen diesen Fragen nach, indem sie die Vor­ an­nah­men und Argumente einiger sogenannter Minimalisten oder Revisionisten einer kri­ti­schen Über­prüfung unterziehen, darunter G. Garbini, P. R. Davies, N. P. Lem­che, T. L. Thomp­son, I. Finkelstein, E. A. Knauf und A. G. Auld. Im Lichte einer sorg­f äl­ti­ gen Ana­lyse und Synthese aller verfügbaren Daten zum Zeitalter Sa­lo­mos – schriftli­cher Que­llen eben­so wie archäologischer Funde (siehe Kapitel II) – wird gezeigt, dass deren An­nah­me, die bi­bli­schen Texte, insbesondere jene, die die Vereinigte Monarchie the­ma­ ti­sie­ren, seien historisch nicht verlässlich, auf mehreren unbegründeten Behauptun­gen und ober­f läch­lichen Argumenten beruht. II Garbinis Ablehnung der Existenz der Vereinigten Monarchie Um die Methoden der Minimalisten/ Revisionisten zu verdeutlichen, lohnt es sich, ein konkretes Beispiel im Detail zu erläutern, insbesondere einen der frühesten For­schungs­ an­sätze, der im Vergleich zu anderen Vertretern dieser Strömung verhältnismäßig mo­ de­rat ist. In seinem 1988 erschienenen Buch „His­to­r y and Ideology in Ancient Israel“ (ita­lie­nisches Original von 1986) führt Giovanni Garbini die folgenden Argumente ge­gen die historische Zuverlässigkeit der Berichte über die Vereinigte Monarchie in Sa­ muel-Kö­ni­ge an: (1) Er behauptet, dass die Beschreibungen von Sa­lo­mos Königreich in 1. Kön 5,1.4 späte Übertreibungen seien.3 (2) Er stellt fest, dass einige Texte einander widersprechen, vor allem die Er­zäh­lung von Davids Sieg über Goliath in 1. Samuel 17 im Ge­gensatz zu der Behauptung in 2. Sam 21,19, dass Goliath von Elhanan getötet worden sei.4 (3) Garbini widerspricht den Aussagen, dass Hiram, der König von Tyros, sowohl „ein Freund Davids alle Tage [seines Lebens?]“ (2. Sam 5,11; 1. Kön 5,15) als auch in dieser ganzen Zeit ein Handelspartner Sa­lo­mos (1. Kön 5,15–26; 7,13.40.45; 9,11–14.27; 10, 11.22) gewesen sei. Nach Garbinis Schätzung würden diese Angaben bedeuten, dass 2 Zur Inschrift von Tel Dan sowie zu Schischaks Feldzug und seinen Inschriften siehe Kapitel II, § I. 3 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 21; Garbini folgt in seinen Ausführungen J. A. Mont­ go­mery und H. S. Gehman, A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Kings, In­ter­natio­nal Critical Commentary (Edinburgh: T. & T. Clark, 1951), S. 126–129. 4 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 22; darüber hinaus sieht er einen Widerspruch zwi­ schen 1. Sam 27,2–7; 2. Sam 8,1 und 1. Kön 2,39 im Hinblick auf die Herrschaft in Gath.

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Hiram mindestens 54 Jahre geherrscht habe, was er für unwahrscheinlich hält.5 (4) Es gibt Spannungen zwischen der Liste der Taten von Davids „tapferen Helden“ in 2. Sam 23, 8–39 und einigen Berichten über Davids Kriege, insbesondere in 2. Samuel 8.10, die in Gar­binis Augen die Verlässlichkeit der Letzteren in Frage stellen.6 (5) Sa­lo­mos Heirat mit der Tochter des Pharao und der Empfang von Geser als Mitgift (1. Kön 3,1; 9,16) stehen nach Garbini im Widerspruch zur Behauptung, dass David die Philistergebiete erobert habe, und zur damals gängigen ägyptischen Praxis.7 (6) Die Aussage, dass der Feld­zug des Pharao Schischak im fünften Regierungsjahr Rehabeams stattgefunden habe (1. Kön 14,25) und nicht während der Herrschaft Sa­lo­mos, erachtet er für unwahr­ scheinlich.8 (7) Die Behauptung in 1. Kön 9,15, wonach Sa­lo­mo Geser, Hazor und Me­ gid­do befestigt habe, kann durch die Archäologie nicht untermauert werden.9 (8) Die Er­zäh­lungen von Sa­lo­mos internationalem Handel (z. B. 1. Könige 10) sieht Garbini im Wi­derspruch zum Fehlen von Importgütern in Strata des 10. Jh. und der „Tatsache“, dass Tyros und Syrien ihre Handelskontakte nicht vor dem 9. oder 8. Jh. v. u. Z. ausgedehnt hätten.10 Auf der Grundlage dieser Argumente kommt Garbini zu folgendem Schluss: David tötete niemals Goliath, kannte niemals Hiram von Tyros, kämpfte niemals ge­ gen die Idumäer, Ammoniter, Amalekiter und Aramäer und schuf kein Reich. Wenn wir dem bi­bli­schen Text glauben wollen, dann kämpfte er nur gegen die Phi­lis­ter und Moa­bi­ter und schaffte es, sich als Herr­scher in Jerusalem zu etablieren, nach­ dem er gegen Saul gekämpft hatte… Sein Sohn Sa­lo­mo, der das kleine Reich sei­nes Va­ters erfolgreich erhalten konnte, baute sich einen Palast, an den ein kleiner Tem­pel für den Dynastiegott angebaut war…; aber er heiratete keine Toch­ter Pha­raos, be­ rei­cherte sich nicht durch internationalen Handel und musste sehr wahr­scheinlich den Kriegszug des Pharao Schischak ertragen. Das ist es, was dem bi­bli­schen Text im Licht der Frage, „was wirklich geschah“, bestenfalls an His­to­rizität zugestanden wer­­den kann (schlimmstenfalls müsste man davon ausgehen, dass es sich um eine kom­plette Erfindung handelt); alles andere ist Teil der Ge­schich­te der hebräischen Ideologie.11 5 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 22–24. Garbini ist jedoch in Unkenntnis der Stu­ die von Liver, „On the Chronological Question of Hiram King of Tyre“, S. 189–197, in der Liver zu dem Schluss kommt, dass Hirams Regentschaft im Jahr 979/8 v. u. Z. begonnen habe, während Sa­lo­­mos Tempel elf Jahre später – 968/7 v. u. Z . – erbaut worden sei. Das entspräche dem vierten Re­ gie­r ungs­jahr Sa­lo­mos, dessen Herrschaft 971/0 v. u. Z . begonnen hat. 6 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 25–27. Insbesondere berichtet 2. Sam 23,8-39 lediglich von Kriegen mit den Philistern und Moabitern, während die Kapitel 2. Samuel 8 und 10 auch Auseinandersetzungen mit den Aramäern, Edomitern und anderen enthalten. 7 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, ebd., S. 27–28, 30. 8 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, ebd., S. 28–30. 9 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, ebd., S. 30–31. 10 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, ebd., S. 31. 11 „David never killed Goliath, never knew Hiram of Tyre, never fought against the Idumaeans, Am­ monites, Amalekites and Aramaeans and did not create an empire. If we are to believe the biblical text, he fought only the Philistines and the Moabites and managed to establish himself as a ruler in Jerusalem after fighting against Saul… His son Solomon, who succeeded in preserving his father’s

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Bei näherer Betrachtung sind jedoch einige von Garbinis Argumenten zu bezweifeln, zum Beispiel: „[U]nbedeutende archäologische Überreste können mit Sicherheit mit [dem 10.] Jahrhundert in Verbindung gebracht werden“. Oder: „[D]as Monopol auf Eisen und seine Verarbeitung bei den Philistern zur Zeit Sauls [1. Sam 13,19–21; sprich im letzten Vier­tel des 11. Jh. v. u. Z .] bestätigen die allgemeine Situation im 10. Jahrhundert und die Un­wahr­ scheinlichkeit eines starken hebräischen Staates in dieser Zeit“ (Hervorhebung I. K.).12 Außerdem verleiht Garbinis allumfassende Schlussfolgerung seiner eigenen Ar­g u­ men­tation ein zu großes Gewicht: Obwohl er recht hat, dass es Spannungen zwischen be­­stimmten bi­bli­schen Texten gibt – am bemerkenswertesten ist der Fall der verschiede­ nen Berichte über Davids Sieg über Goliath –, übertreibt er, was die Bedeutung dieser Ein­zel­f älle angeht, als ob sie kennzeichnend für die gesamte Ge­schichts­schrei­bung über Da­vids und Sa­lo­mos Epoche seien. So erhebt Garbini beispielsweise Widerspruch gegen die Berichte über Davids Kriege in 2. Samuel 8 und 10, die seine Siege über die Philister, Moa­bi­ter, Aramäer, Ammoniter, Amalekiter und Edomiter beschreiben. Das begründet er damit, dass sich die Er­zäh­lung von Davids Helden in 2. Samuel 23 lediglich auf Siege über die Philister und in einem Fall über die Moabiter, nicht jedoch auf die anderen Völker beziehe. Das beweist jedoch lediglich, dass die Liste von Davids mächtigen Män­nern in 2. Samuel 23 auf eine andere Quelle zurückgreift als die Kriegsberichte, und be­stätigt, dass der Redaktor von Samuel seine Quellen nicht modifiziert hat, um sie ein­ander anzugleichen, geschweige denn, dass er sie komplett neu geschaffen hätte. Dies be­weist keinesfalls, dass 2. Samuel 23 historisch und 2. Samuel 8 nicht historisch ist; es könnte einfach sein, dass die beiden Quellen aus verschiedenen Lebensphasen Davids stammen oder sich auf unterschiedliche Zeiten in seinem Leben beziehen. Darüber hinaus stellt Garbini fest, 1. Kön 11,14–25 räume ein, dass „sowohl die Edomiter als auch die Aramäer ihre Unabhängigkeit unter Sa­lo­mo zurückgewannen.“ Er sieht dies jedoch le­diglich als weiteren Beweis für die geringe Ausdehnung von Davids Königreich; dabei be­stätigt der Text in Wirklichkeit, dass David tatsächlich die Aramäer und Edomiter besiegte – andernfalls würde es keinen Sinn ergeben, von ihrer Rebellion zu berichten –, was Garbinis Schlussfolgerung widerlegt. Garbinis andere Argumente sind noch weniger überzeugend, da sie nicht einmal Wi­ der­sprüche aufzeigen, sondern lediglich Details, die er aus verschiedenen Gründen für „un­plau­sibel“ hält. So bestreitet er beispielsweise, dass der Pharao seine Tochter einem so wenig bedeutenden König wie Sa­lo­mo zur Frau gegeben hätte. Vielmehr sei es so gewesen, small state, built a palace for himself with a small temple for the dynastic god as an annexe [sic]…; but he did not marry any daughter of Pharaoh, did not enrich himself with international trade and was also in all probability forced to suffer the military expedition of Pharaoh Sheshonk. This is the most that can be conceded to the history of the biblical text (the least is to consider it a complete invention) from the point of view of a record of ‚what actually happened‘; all the rest is part of the story of Hebrew ideology“; Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 31–32. 12 „Insignificant archaeological remains can certainly be related to this [i. e., the tenth] century…“; „the monopoly of iron and its working among the Philistines in the time of Saul confirm the general situation in the tenth century and the improbability of a strong Hebrew state in that period“; Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 32.

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dass „die Pharaonen die einzigen Herr­scher waren, die zwar Prinzessinnen aus anderen Län­dern heirateten, aber niemals ägyptische Prinzessinnen mit ausländischen Herr­ schern verheirateten“ (Hervorhebung im Original).13 Kenneth A. Kitchen hat jedoch ge­ zeigt, dass es durchaus Beispiele von diplomatischen Ehen ausländischer Herr­scher mit Mit­glie­dern der ägyptischen Königsfamilie gibt.14 In 1. Könige 14,25 wird berichtet, dass Pharao Schischak im fünften Regierungsjahr Rehabeams, des Sohnes Sa­lo­mos, in Israel eingefallen sei, was mit der Beschreibung eines Feldzugs Pharao Schischaks I. auf einer Siegesstele in Karnak aus dem 21. Jahr seiner Herrschaft übereinzustimmen scheint. Garbini argumentiert, dass die ägyptische Chro­ no­lo­gie dieser Zeit unsicher sei und daher nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass Schischaks Feldzug wirklich erst so spät stattfand, wie der bi­bli­sche Text es darstellt. Obwohl er eingesteht, dass die Chro­no­lo­gie hier nicht ganz zuverlässig ist, behauptet Garbini mit Nachdruck jedoch, dass der fragliche Feldzug aller Wahrscheinlichkeit nach während Sa­lo­mos Herrschaft stattgefunden habe, ohne konkrete Beweise für diese Da­tie­rung zu nennen.15 Er gesteht zwar zu, dass seine Annahme „ungefähr“ („approximate“) und „recht vernünftig“ („quite reasonable“) sei, kommt auf dieser Basis jedoch zu der Schlussfolgerung, dass sie den bi­bli­schen Bericht vollständig diskreditiere („completely discredits“).16 Das ist schlicht und ergreifend ungenau. Bestenfalls hat Garbini hier einen Aspekt des bi­bli­schen Berichts in Frage gestellt, mehr jedoch nicht. Dasselbe gilt für seine Behauptung, dass Geser, Hazor und Megiddo, insbesondere der Bau ihrer Be­fes­ti­g ungsanlagen, nicht abschließend mit Sa­lo­mo in Verbindung gebracht werden könnten17 und dass die Archäologie nur wenig belastbare Beweise für internationalen Han­del im 10. Jh. v. u. Z. zutage gefördert habe. Je nachdem, ob man sich nach der High Chronology oder nach der Low Chronology richtet, unterstützen die archäologischen Fun­de ent­weder die Annahme von Bautätigkeiten Sa­lo­mos oder unterhöhlen bestimmte De­tails der bi­bli­schen Texte. Keinesfalls aber widerlegen sie zweifelsfrei die Historizität der Bau­tä­tigkeit Sa­lo­mos oder gar des gesamten Sa­lo­monischen Reichs. Folglich muss Gar­bi­nis Schlussfolgerung, dass bestenfalls davon ausgegangen werden könne, dass Da­vid und Sa­lo­mo lediglich über ein kleines Territorium geherrscht hätten, umgekehrt werden: Die­se Feststellung ist das Mindeste, was als Tatsache angesehen werden muss, sogar wenn alle von Garbini vorgebrachten „Beweise“ akzeptiert würden. Keiner seiner aufgeführ­­ten Punkte kann belegen, dass die gesamte bi­bli­sche Er­zäh­lung falsch ist. Dennoch nutzt er die behaupteten Unwahrscheinlichkeiten als Grund dafür, das gesamte restliche Text­ma­ 13 „[T]he Pharaohs were the only rulers to marry foreign princesses but never to give Egyptian prin­ cesses to foreign rulers“ (Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 27). 14 Kitchen, On the Reliability of the Old Testament, S. 110–112. Darüber hinaus siehe Kapitel IV, § II, 4. 15 Garbini, His­to­ry and Ideology in Ancient Israel, S. 30. 16 Ebd., S. 30. Demgegenüber siehe Na’aman, „Sources and Com­position in the His­to­r y of David“, S. 170–171, der für die Historizität von Schischaks Feldzug in der Zeit Re­habeams plädiert. Eini­ge an­ de­re Forschungsansätze zu der Frage, wie dieser Feldzug mit der Ge­schich­te des Alten Israel in Ein­k lang ge­bracht werden kann, bietet aktuell James und van der Veen (Hgg.), Solomon and Shishak: Current Perspec­tives from Ar­chae­ol­ogy, Epigraphy, His­to­ry and Chronology. 17 Zu den Debatten über diese Fundstätten und die mit ihnen verbundenen archäologischen Un­si­cher­ hei­ten siehe Kapitel II, § I I.

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te­rial über David und Sa­lo­mo außer Acht zu lassen – obwohl ein Großteil dieses Ma­te­rials von den angeführten Argumenten überhaupt nicht betroffen ist. Tatsächlich richten sich Kritiken dieser Art auf eine bemerkenswert kleine Anzahl von Ve­rsen aus dem Gesamtkorpus der Texte über die Vereinigte Monarchie, die zudem groß­ teils aus zusammenfassenden Bemerkungen und isolierten Verweisen bestehen. Selbst wenn jeder einzelne von Garbinis Kritikpunkten schlüssig wäre, so hätte doch kein ein­zi­ ger eine direkte Auswirkung auf die Mehrzahl der Er­zäh­lungen über David und Sa­lo­mo. So weist er den gesamten Bericht von Davids Eroberungen mit der Begründung zu­­rück, 2. Samuel 23 bestätige 2. Samuel 8 nicht vollumfänglich, ohne sich auch nur mit den zahl­reichen anderen Erzählungen in 2. Samuel auseinanderzusetzen, die ebenfalls Da­ vids Krie­ge beschreiben. Sicherlich gibt es einige Inkonsistenzen, die es erfordern, dass wir die entsprechenden Berichte mit Vorsicht behandeln und kritisch auswerten. Aber ge­ra­de diese Inkonsistenzen sollten uns dazu veranlassen, uns mit der Frage zu be­schäfti­ gen, welches ältere Quellenmaterial hinter den Texten stehen könnte. Garbini zeigt jedoch kein In­teresse daran. Die Widersprüche dienen ihm lediglich als Grund, das Ganze abzulehnen. Darüber hinaus ist festzuhalten: Auch wenn Garbinis Kritik bezüglich des Groß­ reichs Davids und Sa­lo­mos schlüssig wäre, gibt es zahlreiche Ge­schich­ten über diese bei­den Könige, die in keinerlei Zusammenhang mit der Größe ihres Reichs stehen. So ist bei­spiels­weise kein einziger Teil der Thronfolgeerzählung Sa­lo­mos in 1. Könige 1–2 ab­hän­­gig von irgendeiner Schlussfolgerung über die Größe von Davids und Sa­lo­mos Reich bzw. Hauptstadt. Die Ge­schich­te spielt ausschließlich in der Davidsstadt und an der Gi­hon­quelle; an ihr sind keine fremden Mächte beteiligt, und es werden darin keine Be­haup­tungen aufgestellt, die von der Archäologie bisher widerlegt wurden. Folglich ist ihre historische Verlässlichkeit von Garbinis Thesen nicht beeinträchtigt und muss auf einer anderen Grundlage bewertet werden. Letztlich gilt das für die meisten bi­bli­schen Er­zäh­lungen über die Vereinigte Monarchie. Uns stehen schlicht keine außerbi­bli­schen Be­rich­te über diese Ereignisse zur Verfügung, die bestätigen oder widerlegen könnten, dass die geschilderten Begebenheiten so stattgefunden haben. Daher bleibt uns nur, jeden ein­zel­nen Text sorgfältig zu analysieren und – sofern möglich – mit verfügbaren Fun­den aus der Welt des Alten Orients zu vergleichen. Das gesamte vorhandene Textmaterial einfach a priori als „Hebräische Ideologie“ abzulehnen, ist dagegen nicht sinnvoll, wie weiter unten gezeigt werden wird. III Andere minimalistische bzw. revisionistische Theorien Zumindest beschäftigt sich Garbini mit einigen bi­bli­schen Texten und archäologischen Fun­den, so unschlüssig und übertrieben seine Argumente auch sein mögen. Viele Mi­ni­ ma­listen/ Revisionisten, die seinen Ansätzen gefolgt sind, haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Beweise ausführlich zu diskutieren. Dennoch ließen sie sich zu Theo­ rien über die Entwicklung der bi­bli­schen Tradition inspirieren, die noch extremer sind als Gar­binis Thesen. Hier einige Beispiele:

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Philip R. Davies vertritt die Ansicht, dass die gesamte bi­bli­sche Li­te­ra­tur in „der Zeit zwischen dem sechsten und dem dritten Jahrhundert v. u. Z. … zusammengestellt“18 worden sei. So behauptet er, dass „bereits die Beamten des Ministeriums für Ge­schich­te in Jehud den Anspruch erhoben, dass ihre winzige Provinz das Überbleibsel eines ehemals mächtigen Reichs sei, … über das David und Sa­lo­mo geherrscht hatten. Bildete dieser fiktionale Anspruch, den niemand Geringerer als ein persischer König bestätigen sollte, … mög­licherweise die Grundlage dafür, dass sich spätere judäische Könige, die Hasmo­ näer, das Ziel setzten, das Territorium zurückzuerobern, das sie für das historische Israel hiel­ten…?“19. Auch wenn Davies nicht behaupten will, dass „der gesamte Inhalt dieser Li­te­ra­tur erst zu dieser Zeit entstand“, insistiert er darauf, dass „die ideologische Struktur der bi­bli­schen Li­te­ra­tur in der letzten Analyse nur als ein Produkt der Perserzeit erklärt werden kann.“20 In ähnlicher Weise sehen auch Niels Peter Lemche und Thomas L. Thompson alle bi­bli­schen Berichte über die Vereinigte Monarchie als erfundene Ge­schich­ten, also als his­torisch unzuverlässig an. Sie stellen kategorisch fest: „In der Ge­schich­te Palästinas, die wir vorgestellt haben, gibt es keinen Platz für eine historische Vereinigte Monarchie oder für Könige, wie sie die bi­bli­schen Er­zäh­lungen von Saul, David und Sa­lo­mo präsentieren. Die Frühzeit, in der die Überlieferungen ihre Er­zäh­lungen verankert haben, ist eine ima­ginäre Welt in grauer Vorzeit, die so niemals existiert hat.“21 An anderer Stelle geht Thomp­son sogar noch weiter und kommt zu dem Schluss: „Die Er­zäh­lungen von dem gol­denen Zeitalter der Vereinigten Monarchie widerspiegeln die Fantasie und die Am­ bi­tio­nen Jerusalems in der Makkabäerzeit“, also im 2. Jh. v. u. Z.22 Er fährt fort: „Es ist

18 „…the period between the sixth and third centuries BCE, during which, I believe, the biblical literature was composed“; P. R . Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series 148 (Sheffield: JSOT Press, 1992), S. 105. 19 „[T]he clerks of the Ministry of His­to­r y in Yehud were already claiming their tiny province to be the relic of a once mighty empire… ruled over by David and Solomon. Was it perhaps on the basis of this fictional claim, which a Persian king, no less, has been made to endorse…, that latter Judean kings, the Hasmonaeans, set about recreating what they believed to be the boundaries of historical Is­rael…?“ (Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 90). Auf S. 94 kommt Davies zu dem Schluss, dass „die Gesellschaft, die in Jehud während der Perserzeit heranwuchs, die Matrix für die Erschaffung des bi­bli­schen Israel“ gewesen sei („the society which grew up in Yehud in the Persian period is the matrix for the production of the biblical Israel“). Siehe auch ebd., S. 24, 95. 20 „[A]lthough the ideological structure of the biblical literature can only be explained in the last analysis as a product of the Persian period, it need not follow that all the content of this literature arose only at this time“; Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 94 (Hervorhebungen im Original). 21 „In the history of Palestine that we have presented, there is no room for a historical United Monarchy, or for such kings as those presented in the biblical stories of Saul, David and Solomon. The early period in which the traditions have set their narratives is an imaginary world of long ago that never existed as such“; N. P. Lemche und T. L . Thompson, „Did Biran Kill David? The Bible in the Light of Ar­chae­ol­ogy“, JSOT 64 (1994), S. 3–22, insb. 19; vgl. T. L. Thompson, The Mythic Past: Biblical Ar­chae­ol­ogy and the Myth of Israel (London: Basic Books, 1999), S. 206. 22 „The stories of the golden age of the United Monarchy reflect the fantasy and ambitions of Jerusalem of the Maccabees“ (Thompson, The Mythic Past, S. 206).

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ge­nau diese größere politische Welt des zweiten Jahrhunderts v. u. Z., an die sich die na­tio­ na­len Epen von Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­nik richteten.“23 Eine etwas andere Theorie, aber mit ähnlichen Ergebnissen wie bei Davies, Lemches und Thompsons, wird von einigen anderen Forschern vertreten, beispielsweise von Israel Fin­kel­stein und Neil Asher Silberman. Teilweise aufgrund der Entdeckung der Tel-DanInschrift, die ihrer Meinung nach – wie auch in den Augen der meisten anderen Wis­sen­ schaft­ler, abgesehen von Lemche und Thompson – das „Haus Davids“ erwähnt, erkennen Finkelstein und Silberman an, dass David und Sa­lo­mo tatsächlich existiert haben, wovon auch Garbini überzeugt war. Allerdings basierend auf „Einblicken in die zugrundeliegende archäologische Realität“24, wurden einige Feldbegehungen im Judäischen Bergland und Untersuchungen über die vermutete Größe Jerusalems des 10. Jh. v. u. Z. durchgeführt. Hierbei kamen sie zu dem Schluss, dass David und Sa­lo­mo lediglich relativ unbedeutende Herr­scher gewesen sein konnten, die Jerusalem kontrollierten, das zu dieser Zeit „kaum mehr als ein typisches Dorf im Bergland gewesen“ sei.25 Sie folgern, dass es sich bei dem Reich, über das David und Sa­lo­mo herrschten, lediglich um „knapp 5000 Menschen über Jerusalem, Hebron und ungefähr zwanzig kleine Dörfer in Juda ver­streut [sc. gehandelt haben dürfte], während zusätzliche Gruppen möglicherweise auch weiterhin Hirten blieben.“26 Somit hatten die beiden Könige ihrer Meinung nach weder über ein ausgedehntes Königreich verfügt, wie es in der Hebräischen Bibel beschrieben ist, noch über nennenswerten geopolitischen Einfluss. Die Bezugnahmen auf ihren internatio­na­ len Handel „spiegeln zweifellos Judas Beteiligung am lukrativen arabischen Handel [des siebten Jahrhunderts] wider“ (Hervorhebung I. K.).27 Bei den Er­zäh­lungen über David und Sa­lo­mo handle es sich lediglich um Legenden und volkstümliche Er­zäh­lungen, die „ein mythisches Goldenes Zeitalter“28 widerspiegelten und mehrere Jahrhunderte später, in der Zeit König Josias von Juda, im 7. Jh. v. u. Z., zusammengestellt worden seien. Da­ raus folgern sie: In der späten Königszeit hatte sich in Juda und Jerusalem eine ausgearbeitete Theo­ logie entwickelt, die die Verbindung zwischen dem Erben Davids und dem Schick­sal des gesamten Volkes Israel beglaubigen sollte… Das ruhmreiche Epos von der Ver­ einigten Monarchie war…29 eine eindrückliche Komposition, in der alte Hel­den­ge­ schichten und Sagen zu einer kohärenten, überzeugenden Prophezeiung für das Volk Israel im 7. Jahrhundert v. u. Z. miteinander verflochten wurden… Das war Jo­sia, 23 „It is to just this larger political world of the second century BCE that the national epics of SamuelKings and Chron­icles were addressed“ (Thompson, The Mythic Past, S. 209). 24 Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 163. 25 Ebd., S. 160. 26 Ebd. 27 Ebd., S. 161. 28 Ebd. 29 An dieser Stelle ziehen Finkelstein und Silberman einen Vergleich zwischen der bi­bli­schen Ge­ schichts­­schrei­­bung über die Königszeit in Sa­muel-Kö­ni­ge und den Er­zäh­lungen über die Vor­ge­ schich­te Israels. Sie vertreten die Auffassung, dass Erstere „wie die Er­zäh­lungen über die Erzväter und die Ge­schich­ten vom Auszug und der Landnahme“ sei (Keine Posaunen vor Jericho, S. 162).

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… der fähig [war], die Ge­schich­te seiner eigenen Zeit bis zur Zeit der sa­gen­um­wo­be­ nen Vereinigten Monarchie zurückzuverfolgen.30

Ernst Axel Knauf und Philippe Guillaume vertreten eine andere Theorie: Die Ge­schich­te Sa­lo­mos (1. Könige 1–11) ist der Auftakt zur Ge­schich­te der Kö­ nig­­reiche Israel und Juda, die den ganzen Ruhm des assyrischen Reichs in eine sa­ gen­­hafte Vergangenheit projiziert, um so zu zeigen, dass ein solches Reich nur un­ ter­­gehen kann. Der Wohlstand Israels zur Zeit der Omriden im neunten Jh. v. u. Z . wurde auf Sa­lo­mo übertragen, einschließlich der Schiffe, die nach Ophir gesandt wurden, des mächtigen Palastes und der Liste der zwölf Distrikte (1. Könige 4). Das Por­trät des Kriegers David und des Bauherrn Sa­lo­mo entspricht, mit einigen Über­ trei­bungen, dem Dynastiegründer Omri und seinem Sohn Ahab.31 Der bi­bli­sche Sa­lo­mo erbte die Erbauung Hazors, Megiddos und Gesers sowie den Pfer­de­handel zwi­schen Ägypten und Assyrien von Jerobeam II.32

Aus einem anderen Blickwinkel bestreitet A. Graeme Auld, dass Sa­muel-Kö­ni­ge als eine ältere Komposition und als historisch genauer angesehen werden sollten als die Chro­ nik, da alle genannten Bücher nachexilisch entstanden seien.33 Er geht davon aus, dass der Chro­nist Sa­muel-Kö­ni­ge nicht als Vorlage nutzte, vielmehr habe er, ebenso wie deren Ver­ fas­ser, auf einen beiden „gemeinsamen überlieferten [kürzeren] Text“34 zurückge­­grif­­fen. Bei diesem handle es sich um eine nichtdeuteronomistische Quelle, in der die Ge­schich­te Judas vom Tode Sauls bis zur Zerstörung Jerusalems und zum babylonischen Exil nacherzählt worden sei. Der jeweilige Autor von Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­nik habe diese gemeinsame Quelle genutzt und entsprechend seinen eigenen theologischen Ansichten und zur Untermauerung seiner spezifischen Version der Ge­schich­te Judas erweitert. Folg­lich, so Auld, gingen die textlichen Parallelen zwischen der Chro­nik einerseits und Sa­muelKö­ni­ge andererseits auf eine frühere gemeinsame Quelle zurück, und seien nicht durch eine Ab­hängigkeit der Chro­nik von Sa­muel-Kö­ni­ge zu erklären. Demgegenüber seien die 30 Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 161–162. 31 Knauf und Guillaume beziehen sich hier auf H. M. Niemann, „The Socio-political Shadow Cast by Biblical Solomon“, in L. K . Handy (Hg.), Age of Solomon: Scholarship at the Turn of the Millennium (Leiden: E. J. Brill, 1997), S. 252–299. 32 „The Story of Solomon (1 Kings 1–11) is the overture to the history of the kingdoms of Israel and Judah, projecting all the glory of the Assyrian Empire onto a fabulous past to show how such an empire can only lead to ruin. The prosperity of Israel in the time of the Omrides in the ninth century BCE was transferred to Solomon, including the boats sent to Ophir, the mighty palace, and the list of 12 districts (1 Kings 4). The portrayal of David the warrior and Solomon the builder corresponds, with some exaggeration, to Omri the founder of the dynasty and to Ahab his son. The biblical Solomon inherited from Jeroboam II the building of Hazor, Megiddo, and Gezer and the horse trade from Egypt to Assyria.“; E. A. Knauf und P. Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel: The Fate of the Tribes and Kingdoms from Merenptah to Bar Kochba (Sheffield and Bristol: Equinox, 2016), S. 76. Wenn bereits die Existenz eines Vereinigten Königreichs abgelehnt wird, ist es evident, zugleich auch die Tei­lung dieses Königreichs zu bestreiten, wie sie in 1. Könige 12 (// 2. Chro­nik 10) beschrieben ist. 33 Auld, Kings without Privilege. 34 „[C]ommon inherited text“; ebd., S. 4.

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Text­stellen, die keine Parallelitäten aufwiesen, Erweiterungen dieser Quelle durch die je­weiligen Autoren in der Perserzeit. Konsequenterweise betrachtet Auld Könige und Chro­nik „nicht als Ge­schich­te und revidierte Ge­schich­te und auch nicht als Text und Kom­mentar, sondern als alternative oder konkurrierende Aneignungen einer früheren Er­zäh­lung über die Könige Judas. Das Deuteronomium, dessen Fertigstellung unaufhaltsam immer später datiert wird, erscheint als von der darauf folgenden Er­zäh­lung beeinflusst und nicht nur als die Quelle von Ideen und Sprache.“35 Auf diese Weise bemüht sich Auld, die historische Glaubwürdigkeit von Sa­muel-Kö­ni­ge gleichzusetzen mit dem, was er ohne zu zögern als die „historische Unzuverlässigkeit und Künstlichkeit der Chro­ nikbücher“36 bezeichnet. Er versucht, die Historizität von Sa­muel-Kö­ni­ge so weit wie möglich zu demontieren oder wenigstens zu minimieren.37 Eine solche Theorie würde – so­fern man sie akzeptiert – implizieren, dass beinahe die gesamte Thronfolgeerzählung in 2. Samuel 9–10 und 1. Könige 1–2, einschließlich der Umstände der Geburt Sa­lo­mos und seines Aufstiegs zum König, eine späte Komposition aus der nachexilischen Zeit wäre, weil die Texte in dieser Form nicht in den Chro­nikbüchern erscheinen. IV Gibt es eine tragfähige Grundlage für die minimalistischen/ revisionistischen Ansätze? Trotz ihrer überzeugten Ablehnung der bi­bli­schen Tradition geben die Methoden und Ar­ gu­mente der Minimalisten/ Revisionisten Anlass zu ernsthaften Fragen. Da bereits sehr viele ausgezeichnete Bibelwissenschaftler, Historiker, Archäologen, Paläographen und Phi­lo­logen umfangreiche Kritik geübt haben,38 ist es nicht notwendig, alle Argumente 35 „[N]ot as history and revised history, nor as text and commentary, but as alternative or competing appropriations of an earlier story of Judah’s kings. Deuteronomy, the date of its completion pushed inexorably later, emerges as influenced by the story that follows, and not simply the source of ideas and language“; Auld, Kings without Privilege, S. viii. Auld geht davon aus, dass das Deuteronomium nach seinem imaginären Buch namens „Ge­schich­te Judas“ verfasst und dadurch beeinflusst worden sei. Er weist auch zurück, dass das Buch der Könige als solches ein deuteronomistisches Werk sei; siehe ebd., S. 154, 173–174. 36 „[H]istorical unreliability and artificiality of the books of Chron­icles“ (Auld, Kings without Privi­lege, S. 3). Es ist jedoch keineswegs nur wahrscheinlich, dass große Teile des nicht parallelen Textmate­rials in Sa­muel-Kö­ni­ge auf ältere historische Quellen zurückgehen, sondern auch einige der nicht pa­ral­ lelen Textstellen in der Chro­nik historisch verlässliche Daten enthalten, siehe Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 179–192. 37 Auld, Kings without Privilege, S. 4. 38 Untersuchungen und Zurückweisungen minimalistischer/ nihilistischer Ansätze bieten z. B. I. Provan, „Ideologies, Literary and Critical: Reflections on Recent Writing on the His­to­r y of Is­rael“, JBL 114 (1995), S. 585–606; A. F. Rainey, „Uncritical Criticism“, JAOS 115 (1995), S. 101–104; J. Pasto, „When the End is the Beginning? Or When the Biblical Past is the Political Present: Some Thoughts on Ancient Israel, ‚Post-Exilic Judaism‘, and the Politics of Biblical Scholarship“, SJOT 12 (1998), S. 157–202. Pasto argumentiert, dass eine antizionistische Agenda in den Werken eini­ger For­scher wie z. B. Niels Peter Lemche und Thomas L. Thompson feststellbar sei, die „ihr[e Vor­stel­lung vom] nach­exilische[n] Judentum, die von Widersprüchen und Unterdrückung geprägt ist, als eine Me­ta­ pher für die zionistische Bewegung, den modernen Staat Israel und die Unterdrückung paläs­ti­nen­si­ scher Nationalisten darstellen“ („present their post-exilic Judaism of contradiction and repression as a metaphor for the Zionist movement, the State of Israel, and the repression of Palestinian national-

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hier zu wiederholen, sondern nur einige entscheidende Einwände gegen ihre Methoden und Ansätze. Nicht jeder der im Folgenden genannten Punkte trifft auf jeden der oben erwähnten Forscher zu, aber alle stellen wesentliche Annahmen in Frage, die von den meisten dieser Wis­sen­schaft­ler geteilt werden: 1. Die revisionistischen/ minimalistischen Theorien weisen sämtliche bi­bli­sche Texte leicht­fertig als ahistorisch und unzuverlässig zurück, während sie etablierte Forscher da­für kritisieren, diese Texte für historisch verlässlich zu halten, obwohl sie nicht durch außerbi­bli­sche Beweise gestützt werden. Thompson äußerst sich hierzu wie folgt: „Der Cha­rakter der Er­zäh­lungen [über die Vereinigte Monarchie, I. K.] selbst ist nicht historisch, und ihre Historizität – ja, sogar ihre historische Relevanz – sollte nicht von vorn­he­rein angenommen werden. ‚Außerbi­bli­sche Belege‘ sind nicht länger ein Luxus, son­dern eine Notwendigkeit, und ohne sie können wir einfach keine Ge­schich­te Is­raels schrei­ben.“39 Solche Ablehnungen stützen sich jedoch nicht auf eine ausführliche Ana­ly­se der bi­bli­schen Texte, insbesondere der historiographischen Li­te­ra­tur, sondern lediglich auf eine extrem selektive und äußerst skeptische Lesart einer Hand­voll Passagen, falls der Text­befund überhaupt erörtert wird. So umfasst bei­spiels­weise der Abschnitt „The United Monarchy and the Origin of Israel“ aus ists“; ebd., S. 180–202, insb. 196; vgl. auch 197). Einige Seiten später widerspricht sich Pasto jedoch selbst wie folgt: „Das soll nicht heißen, dass Lemche, Thompson, Davies und andere antizionistisch, antibiblisch oder antisemitisch sind, und ich würde sie gegen solche Vorwürfe verteidigen“ („This is not to say that Lemche, Thompson, Davies, and others are anti-Zionist, anti-Biblical, or anti-Semitic, and I would defend them against such charges“; ebd., S. 200). Siehe auch K. L . Younger, Jr., „Early Israel in Recent Biblical Scholarship“, in D. W. Baker et al. (Hgg.), The Face of Old Testament Studies (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1999), S. 176–206; L. L . Grab­be, „Writing Israel’s His­to­r y at the End of the Twentieth Century“, in A. Lemaire und M. Sæbø (Hgg.), Congress Volume Oslo 1998 (Leiden: E. J. Brill, 2000), S. 203–218; ders., „Hat die Bi­­bel doch Recht? A Review of T. L . Thompson’s ‚The Bible in His­to­r y‘“, SJOT 14 (2000), S. 117– 139; Z. Tal­shir, „Textual and Literary Criticism of the Bible in Post-Modern Times: The Untimely De­mise of Classical Biblical Philology“, Henoch 21 (1999), S. 235–252; ders., „When Has the Bible Been Written?“, Beit Mikra 49 (2004), S. 15–30 (Hebräisch); A. Ben-Tor, „Ar­chae­ol­ogy – Bible – His­to­r y“, in I. L . Levin und A. Mazar (Hgg.), The Dispute Regarding the Historical Truth in the He­ brew Bible (Jerusalem: Yad Ben Zvi, 2001), S. 17–25 (Hebräisch); B. Oded, „The People of Israel in the Bi­blical Period: His­to­r y or Myth?“, Beit Mikra 47 (2002), S. 25–32 (Hebräisch); Kitchen, On the Re­lia­bility of the Old Testament, S. 452–464; Kalimi, „Kings with Privilege“, S. 498–517; ders., „Die Quel­le(n) der Textparallelen zwischen Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­nik“, S. 11–30; A. Frisch, Torn Asunder: The Division of the Kingdom Narrative in the Book of Kings (Beer Sheva: Ben-Gurion Uni­ ver­si­t y of the Negev Press, 2013), S. 19–25 (Hebräisch). Auch Frisch bezieht sich auf die politische Agen­da der Mi­ni­malisten (ebd., S. 21–25), wie dies einige andere Forscher bereits festgestellt haben, z. B. J. Lass­ner and S. I. Troen, „Jews, Arabs, and Modern Biblical Scholarship“, Jews and Muslims in the Arab World: Haunted by Pasts Real and Imagined (Lanham, Maryland: Rowman & Littlefield, 2007), S. 217–242, insb. 230–242 und die dort aufgeführte weitere Li­te­ra­tur. 39 „The character of the narratives [über die Vereinigte Monarchie, I. K.] themselves is not historical, and historicity – even historical relevance – cannot be assumed of them. ‚External evidence‘ is no longer a luxury but a necessity, and without it we simply cannot write a history of Israel“; T. L . Thomp­son, Early His­to­ry of the Israelite People: From the Written and Archaeological Sources, Studies in the His­to­r y of the Ancient Near East 4 (Leiden: E. J. Brill, 1994), S. 110.

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Thomp­sons Buch, dem das oben stehende Zitat ent­nommen ist, nur fünf Seiten, und es wird kein einziger bi­bli­scher Text zitiert oder diskutiert.40 Ähnlich verhält es sich mit Davies’ Buch, In Search of ‚Ancient Israel‘, des­sen ge­samter Index bi­bli­scher Text­stellen – der anscheinend vollständig ist – gerade ein­mal knapp eineinhalb Seiten füllt.41 Darüber hinaus findet selbst an den Stellen, an de­nen Davies sich auf bestimmte Texte bezieht, keine vertiefte Auseinandersetzung mit ihren Details statt, weder auf philologischer noch auf quellen-, redaktions- oder his­to­risch-­k ri­tischer Ebene. So besteht eine der inhaltlich dichtesten Diskussionen von Bibel­tex­ten im Vergleich der bi­bli­schen und der assyrischen Berichte über Sanheribs Feldzug in Ju­da im Jahr 701 v. u. Z., über den Davies explizit schreibt: „Ich bin nicht wirklich daran in­teressiert, die bi­bli­schen und die assyrischen Berichte einander gegenüberzustellen.“42 Eine fun­dierte geschichtswissenschaftliche Methodik erfordert jedoch genau das: eine ver­­gleichende Analyse, die Davies als uninteressant ablehnt. Wie ist es möglich, ein Werk über die Ge­schich­te einer bestimmten Epoche zu schreiben, ohne sich im Detail mit den überlieferten Texten zu befassen, die diese Epoche beschreiben – unabhängig davon, ob man diese Texte für historisch verlässlich hält oder nicht? Davies legt eine Schluss­fol­ge­rung vor, ohne eine detaillierte Quellenanalyse durchzuführen, die 40 Thompson, Early His­to­ry of the Israelite People, S. 108–112, bezieht sich an einer Stelle auf „die Re­ kon­struk­tion der Traditionen von Genesis–2. Könige“ („the reconstructions of the Genesis–2 Kings traditions“), die er als „für die Aufgabe, eine Ge­schich­te der Anfänge Israels zu schreiben, so­wohl ungeeignet als auch von begrenztem Nutzen“ („both inappropriate and of limited use to the task of writing a history of Israel’s origins“; ebd., S. 111) abweist. Davon abgesehen spricht er ausschließ­lich abstrakt von bi­bli­schen Texten, die er an keiner Stelle zitiert oder diskutiert. Tatsächlich erschei­nen in seiner ausführlichen Diskussion des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit (ebd., S. 146–170, 215–300) lediglich drei Bezüge auf bi­bli­sche Texte: In einer Anmerkung weist er einen „Versuch, 2. Sa­muel und 1. Könige mit den Grabungsberichten aus Megiddo in Einklang zu bringen“ („ef�fort to harmonize 2 Samuel and 1 Kings with the excavation reports from Megiddo“; ebd., S. 255, Anm. 114), zurück; in einem Satz stellt er die Behauptung auf, dass die „Philister“, auf die in den Er­zäh­lungen von Richter und 1–2 Samuel… Bezug genommen wird, „abgesehen von der späten, ethno­zen­trischen Perspektive der bi­bli­schen Überlieferung, als Volk nicht existieren“ („do not exist as a people apart from the biblical tradition’s late ethno-centric perspective“; ebd., S. 272); und in zwei Sätzen lehnt er einige Versuche ab, Richter 5 als einen Beleg für ein frühes „Israel“ heranzuziehen (ebd., S. 275). Keine der angeführten Passagen wird wirklich erörtert, noch werden andere bi­bli­sche Texte auch nur erwähnt, die relevant wären, um die Ursprünge des Königtums zu erhellen. Schein­bar wird dies jedoch als ausreichend erachtet, um den historischen Wert der gesamten bi­bli­ schen Ge­­schichts­­schrei­­bung zu negieren! Das Buch, das immerhin 482 Seiten umfasst, enthält nicht einmal ein Ver­zeichnis der Bibelstellen. Kaum besser verhält es sich in Thompsons späterem Buch, The Mythic Past, das in seiner Abhandlung über „den historischen David“ zumindest auf einige we­ni­ge bi­bli­sche Texte (nämlich 1. Samuel 24–26; 1. Kön 9,15; 11; 15,16–20; 2. Könige; 2. Chro­nik 9–10; siehe ebd., S. 200–210) Bezug nimmt. Keiner dieser Texte wird ausführlich erörert, stattdessen wer­den sie lediglich dazu benutzt, die Teile der bi­bli­schen Tradition zu illustrieren, die Thompson ab­lehnt. Auch hier wird in Thompsons langatmiger Nacherzählung der Ge­schich­te „Palästinas“ von den frühesten Anfängen bis zum Exil kaum ein bi­bli­scher Text erwähnt (vgl. ebd., S. 103–225). 41 Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 171–172. 42 „I am not really interested in contrasting the biblical and Assyrian accounts“; Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 33–35, insb. 34.

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diese untermauern würde. Stattdessen bietet er nicht mehr als eine grobe Dar­stel­­lung jedes Textes, bevor er erklärt, dass die Berichte zwar vermutlich Bezug nehmen auf „etwas, das geschah“ („some­thing that happened“) – ohne dieses „something“ näher zu spezifizieren: Was? – Wann? – Wie? – Wo? –, dass aber dennoch jeder einzelne ein „literarisches Konstrukt“ („literally construct“) sei, das primär ideologischen Zwecken diene. Folglich hätten his­to­ri­sche Re­kon­struk­tionen, die auf diesen Texten aufbau­ten, nicht mehr Gültigkeit als ein Versuch, auf der Basis von Shakespeares Julius Caesar zu erschließen, „was wirklich geschah“ („what really happened“).43 Thompson stellt bezüglich der Vereinigten Mo­nar­chie dieselbe Behauptung auf, zieht jedoch eine andere Parallele: „Die bi­bli­schen Texte über David mit dem Palästina der frühen Eisenzeit zu vergleichen, wäre, als ob man das Gilga­mesch-Epos mit dem bronzezeitlichen Uruk, Achilles mit dem antiken Mykene oder Artus mit dem frühmittelalterlichen England vergleichen würde.“44 Diese Argumente sind in keiner Weise überzeugend. Thompson und Davies haben weder einen detaillierten Vergleich der relevanten Textstellen geliefert, der schlüssig be­weisen könnte, dass die bi­bli­schen Texte über David oder Hiskia einem ähnlichen Genre zugerechnet werden, noch haben sie eine vergleichbare Datierung bezogen auf die Er­eig­nis­se beschrieben, oder eine annähernd gleichwertige Einstellung zu ihren Quellen wie diese in Shakes­peares Dramen oder die Mythen von Gilgamesch, Achilles oder König Artus gefunden werden können. Gerade weil es möglich ist, Mythen und historische Fiktion zu verfassen, beweist nicht, dass die bi­bli­schen Autoren genau das getan haben. Wo ist der Beleg dafür, dass die Ver­fas­ser der bi­bli­schen Texte eine solche literarische Fiktion ge­schaffen haben? Weder beweiskräftige Vergleiche noch überhaupt irgendwelche detail­lier­ten Argumente sind je von Davies, Thompson oder den 43 Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 35. Für eine ausführliche Erörterung dessen, was im Hin­ blick auf Sanheribs Feldzug und die verschiedenen antiken Berichte darüber tatsächlich re­kon­ struiert werden kann, und für einen Überblick über die archäologischen Funde siehe I. Kalimi und S. Richardson (Hgg.), Sennacherib at the Gate of Jerusalem: Story, His­to­ry and Historiography, Cul­ ture and His­to­r y of the Ancient Near East 71 (Leiden: E. J. Brill, 2014). 44 „To compare the Bible’s stories about David with early Iron Age Palestine is like comparing the story of Gilgamesh with Bronze Age Uruk, Achilles with ancient Mycenae or Arthur with early medieval England“; Thompson, The Mythic Past, S. 205–206, insb. 206; vgl. auch S. 11–15. Hier weist er die Be­haup­tung zurück, außerbi­bli­sche Erwähnungen aus der Zeit der Königsdynastie der Omri­den könn­­ten Gründe für die Annahme sein, die bi­bli­schen Er­zäh­lungen als historisch ver­läss­lich zu be­ wer­ten, wieder mit einem Verweis auf Shakespeare: „Die Belege legen nahe, dass sich die Bibel, ähn­ lich wie Shakespeare, häufig auf fiktive Könige beruft, wenn sie ihre Ge­schich­ten herstellt“ („evi­dence suggests that the Bible, like Shakespeare, often invokes fictional kings in confecting its stories“; ebd., S. 15). Vgl. dazu auch Grabbes Kritik an diesem Punkt: „Hat die Bibel doch Recht?“, S. 121–122, der einwendet: Wenn man die Könige der Vereinigten Monarchie ausschließt – da es ein Zir­kelschluss wäre, sich darauf zu berufen, dass sie erfunden seien –, „finde ich keinen Beweis dafür, dass irgendeiner der Könige Israels oder Judas erfunden ist. … T[hompson] führt keine Beispiele für ir­gendwelche erfundenen Könige in den Er­zäh­lungen der Königebücher an, abgesehen vielleicht von der Existenz der beiden Jerobeams“ („I find no evidence that any of the Israelite or Judean kings were in­vented. … T[hompson] gives no examples to show any invented kings in the Kings narrative except per­haps the existence of two Jeroboams“; ebd., S. 122, mit Bezug auf Thompson, The Mythic Past, S. 23).

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anderen Minimalisten vorgebracht worden. Ihre anachronistischen Analogien werden einfach ohne konkrete Belege oder eine präzise Untersuchung der bi­bli­schen Texte in den Raum gestellt; sie dienen lediglich dazu, die a priori erfolgte Ablehnung ihrer Historizität zu rechtfertigen. Obwohl es keinen Zweifel daran geben kann, dass die bi­bli­schen Texte – wie jede Ge­ schichts­schrei­bung – von ideologischen Interessen geprägt sind, sind solche Pauschal­ ur­tei­le vollkommen ungenügend, da sie lediglich etwas behaupten, ohne detaillierte Be­­le­ge beizubringen, statt nachzuweisen, dass die bi­bli­schen Texte unhistorisch sind.45 Nur weil diese bi­bli­schen Texte ihre je eigene theologische Agenda verfolgen, be­deutet das noch nicht, dass sie keinerlei historischen Wert haben. Die bi­bli­schen Do­ku­mente sind selbst Beweise, zumindest für die Zeit, in der sie geschrieben, zusam­ men­gestellt und bearbei­tet wurden. Daher können Rückschlüsse auf die historische Ver­lässlichkeit einzelner De­tails ausschließlich auf der Basis einer gründlichen Ana­ lyse der entsprechenden Texte erfol­gen, was Davies, Thompson und die anderen Mi­ni­ malisten völlig ignoriert haben bzw. eine Auseinandersetzung damit meiden. Ge­wiss gibt es, wie die meisten Forscher mittler­weile eingestehen, einige Elemente in­nerhalb der bi­bli­schen Texte, die vermutlich relativ jung, legendenhaft, übertrieben oder interpretativ sind. Die Argumente, die gegen den bi­bli­schen Text als Ganzes vor­ge­bracht werden, halten jedoch einer genauen Un­ter­su­chung nicht stand. Wird der ge­samten Bibel der historische Quellenwert abgespro­chen, so muss selbstverständ­lich auch jede Schlussfolgerung, die auf ihren Texten basiert, abgelehnt werden. Dies ist je­doch kein methodisch sinnvoller Ansatz – weder bezüglich der kritischen Aus­wer­tung bi­bli­ scher Li­te­ra­tur noch mit Blick auf die historische Re­­kon­struk­tion der Ge­schich­te des Alten Israel. 2. Die bi­bli­schen Berichte sind die einzige uns zur Verfügung stehende antike Quel­le, die eine kontinuierliche Er­zäh­lung der Ge­schich­te Israels im Allgemeinen und der Ver­­­einig­ten Monarchie im Besonderen bietet. Die Minimalisten/ Revisionisten be­ haup­­ten nicht einmal, dass ihnen verlässlichere historische Quellen aus jener Zeit zur Ver­fü­g ung stünden, die den bi­bli­schen Berichten etwa widersprechen. Warum also sollte man ihre Ab­lehnung der bi­bli­schen Quellen akzeptieren? Darüber hinaus gesteht Davies selbst zu, dass „wir… zwar aus den Erkenntnissen der Ar­­chäologie manches über die gesellschaftlichen Zustände in Palästina während der Eisen­­zeit lernen [können]“, dass die Archäologie jedoch nichts anbietet, das vergleichbar wäre mit „dem vereinfachten und doch dramatischen Bild“, das die Bibel, wie „alle großar­ti­gen künstlerischen Werke“, zeichnet.46 Ohne eine solche Er­zäh­lung, so 45 Zu diesem Punkt siehe auch Grabbe, „Hat die Bibel doch recht?“, S. 120–123, 127–129, 136–137. 46 „We can learn from the results of archaeology something of the social conditions of Iron Age Pal­es­ tine. But the literary Israel offers the kind of simplified yet dramatic portrayal that characterizes all great artistic products“; Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 30. Er räumt ferner ein: „[F]ür jede sol­che Spekulation [darüber, was „wirklich“ geschah] ist irgendeine Art historischer Abriss nötig, und zwar nicht nur eine Abfolge von Daten, sondern eine Gestalt, das Bild einer Gesellschaft, in der be­­stimm­te Vorstellungen und Verhaltensweisen vorherrschen. Ein so überaus detailliertes Por­trät kann aus keiner anderen Quelle [als den bi­bli­schen Texten] re­kon­struiert werden“ („Necessary to

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ar­g u­mentieren Davies und die anderen Minimalisten, seien wir nicht in der Lage, die damalige Zeit über­haupt zu rekonstruieren. Tatsächlich sei es nur auf der Basis einer solchen Struktur über­haupt möglich, einzelne Daten in den größeren Zusammenhang der Ge­schich­te einzuordnen – unabhängig davon, ob sie aus archäologischen, epigra­ phi­schen oder anderen Quel­len stammen – oder den erzählerischen Rahmen mit vor­han­denen externen In­for­ma­­tionen abzugleichen, um zu sehen, welche Elemente zu­sam­menpassen und welche nicht. Im Fall der Vereinigten Monarchie bleibt den Mini­malisten/ Revisionisten also nichts, worauf sie ihren eigenen, alternativen narrativen Rahmen aufbauen könnten, da sie ja die einzigen zur Verfügung stehenden antiken Er­zäh­lungen und den dazu gehörigen his­­to­ri­schen Rahmen – nämlich den bi­ bli­schen – ablehnen. Infolgedessen leugnen sie die His­­to­ri­zität der gesamten Epoche, statt den Versuch einer Re­kon­struk­tion zu unternehmen. Selbst­verständlich sollten Ab­wei­chungen zwischen den bi­bli­schen Er­zäh­lungen und den ver­fügbaren außerbi­ bli­schen Daten auf der Basis eines detaillierten Vergleichs auf­ge­zeigt werden. Wenn je­mand diese Texte jedoch a priori von der Untersuchung ausschließt, ohne überhaupt durch einen solchen Vergleich den Ausschluss zu rechtfertigen, gibt es keine Dis­ kussionsgrundlage. 3. Zwar behaupten die Minimalisten/ Revisionisten, ihre ablehnende Haltung sei die not­wendige Schlussfolgerung aus der kritischen Analyse allen zur Verfügung stehenden Be­leg­materials, einschließlich der archäologischen Befunde, doch ihre Dis­ kus­sio­nen weisen einen erschreckenden Mangel an konkreten Daten auf. Obwohl sie vehement darauf insistieren, die Archäologie habe die bi­bli­schen Berichte gründlich „dis­k reditiert“, greifen sie, selbst wenn sie sich auf archäologische Befunde beziehen, fast immer zu vagen Ge­neralisierungen, wobei sie kaum oder gar nicht auf Primäroder Sekundärquellen verwei­sen. So erklärt beispielsweise Davies: „Aufgrund der Belege für den Siedlungsprozess im ju­däischen Bergland (der ein separater Prozess der Besiedlung des nördlicheren Berglands war) erscheint eine Staatenbildung vor der Eisen­zeit IIB (900–800 v. u. Z.) schwer vorstellbar und die Bildung eines Reichs, egal wel­cher Größe, völlig unmöglich.“47 Zur Un­ter­mauerung dieser Schlussfolgerung liefert Davies jedoch keinerlei Daten, nicht einmal einen Verweis auf Sekundärliteratur. In ähnlicher Weise behauptet Thompson in seiner Dis­kussion der Besiedlung der früh­eisenzeitlichen Territorien von Benjamin und Juda, dass „[e]ine Ausdehnung des Ein­f lusses von Jerusalem nach Süden, … die vor dem 7. Jh. v. u. Z. stattgefunden hätte, all such speculation is some kind of historical outline, and not just a sequence of dates but a Ge­stalt, an image of a society in which certain beliefs and certain kinds of behavior govern. Such a lavish­ly de­tailed portrait is impossible to construct from elsewhere“). Für detaillierte Ausführungen siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 324–325; ders., „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 179–192. Dieses Argument wurde bereits in meiner Dissertation vor­ ge­bracht (Hebrew University of Jerusalem, 1989), S. 17, 324–325; vgl. auch Na’aman, „Sources and Com­­position in His­to­r y of David“, S. 170. 47 „Evidence of the process of settlement in the Judaean highlands (which was a separate process from settlement in the highlands further north) makes it extremely difficult to conceive of the formation of a state until Iron IIB (900–800 BCE), and the formation of an empire of any size looks out of the question“; Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 67.

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von den Ausgrabungen in Jerusalem und den archäologischen Feld­­begehungen im Ju­ däischen Bergland nicht eindeutig belegt [wird]“, ohne jedoch irgendwelche Details zu nennen, außer einer einzelnen Feldbegehung aus den Jahren 1967–1968.48 In einem spä­teren Buch nimmt Thompson auf überhaupt keine Primär- oder Sekundärliteratur Be­zug und erklärt stattdessen lediglich: „In der Wirklichkeit unserer Chro­no­lo­gie ver­ sorg­ten nur einige Dutzend sehr kleine und weit verstreute Weiler und Dörfer Bauern im gesamten judäischen Bergland.“49 Sogar Finkelstein und Silberman, die selbst Archäologen sind, geben einfach an, dass die Bevölkerungszahl lediglich „knapp fünftausend Menschen [betrug, die] über Je­ ru­salem, Hebron und ungefähr zwanzig kleine Dörfer in Juda verstreut“ gewesen sein dürften, ohne eine Begründung für diese Schätzung zu nennen, die über einen ein­ zigen bibliographischen Hinweis auf eine Diskussion der archäologischen Feld­be­ge­ hun­gen hinausgehen würde.50 Selbst wenn es zu archäologischen Beweisen kommt, die ihrer Überzeugung nach die einzige gesicherte Grundlage für eine genuine Ge­ schich­te der Eisenzeit bieten, setzen sie sich nicht vertieft mit den Quellen auseinander, vielmehr verweisen sie – falls sie sich überhaupt auf etwas beziehen – auf bruchstückhafte Erkenntnisse aus Survey-Projekten, die, wie später gezeigt wird, selbst hoch pro­blematisch sind. 51 4. Selbst in den Fällen, in denen es tatsächlich konkrete epigraphische Beweise gibt, die die Aspekte der bi­bli­schen Berichte bestätigen, versuchen die Minimalisten, diese zu 48 „An extension of Jerusalem’s political influence southwards… is not clearly supported by the excavations of Jerusalem and the archaeological surveys of the Judaean hills at any point earlier than the seventh-century B. C.“; Thompson, Early His­to­ry of the Israelite People, S. 291 (Hervorhebungen im Original); er zitiert M. Kochavi (Hg.), Judaea, Samaria, and the Golan: Archaeological Survey 1967– 1968 (Jerusalem: Karta, 1972; Hebräisch), ohne eine Seitenzahl anzugeben. 49 „In the real world of our chronology, only a few dozen very small scattered hamlets and villages sup­ported farmers in all of the Judean highlands“; Thompson, The Mythic Past, S. 206; siehe auch die ähnlich vagen und unbelegten Behauptungen auf S. 204–209, 214. Es finden sich im gesamten Buch so gut wie keine Fußnoten oder expliziten Verweise auf Sekundärliteratur, nur eine zweieinhalb Seiten umfassende allgemeine Bibliographie (ebd., S. xvii–xix). 50 Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 160; wie im gesamten Buch – abgesehen von einer allgemeinen Bibliographie dieses Kapitels (ebd., S. 356–358) – gibt es auch hier kaum Fuß­ no­ten oder explizite Quellenverweise im Text. Die Bibliographie nennt lediglich eine Quelle, die sich mit der „Siedlungsstruktur in Juda“ befasst: A. Ofer, „‚All the Hill Country of Judah‘: From Settle­ment Fringe to a Prosperous Monarchy“, in I. Finkelstein und N. Na’aman (Hgg.), From No­ madism to Monarchy: Archaeological and Historical Aspects of Early Israel (Jerusalem: Yad Izhak Ben-Zvi, 1994), S. 92–121. Ofer selbst gibt jedoch keine explizite Schätzung der Bevölkerungs­zahl in Juda für die entsprechenden Epochen ab; für die Eisenzeit I, die er ungefähr auf das 12. bis Mit­te des 11. Jh. v. u. Z . datiert, listet er 18 Ortslagen im judäischen Bergland auf, für die Eisenzeit IIA – Mitte des 11. bis 10. Jh. v. u. Z . – sind es 34 Ortslagen (ebd., S. 102–104). Somit richtet sich Ofer nach der High Chronology und führt aus: „Im Allgemeinen stellt die Eisenzeit I-IIA den bedeutends­ten Umbruch in der Siedlungsgeschichte des judäischen Berglandes dar“ („In general, Iron I-IIA constitutes the most significant breakthrough in the settlement history of the Judean Hills“; ebd., S. 102, 104). Daher bleibt unklar, woher Finkelstein und Silberman ihre Schätzung der Bevölkerungszahl beziehen. 51 Siehe Kapitel IV, § I I, 3.

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ver­werfen oder zu leugnen. So erwähnt beispielsweise die aramäische Inschrift von Tel Dan das „Haus Davids“. Diese Formulierung und das mögliche Vorkommen desselben Aus­drucks in der Mescha-Inschrift aus Moab unterstützen nachdrücklich die Existenz eines historischen David. Um angesichts dessen ihre Theorie aufrecht erhalten zu können, dass David lediglich eine literarische Figur sei, der in der späten persisch-hellenistischen Epoche erfunden wurde, behaupten Thompson und andere Minimalisten ohne jeden Beweis, die Inschrift sei eine Fälschung oder sie versuchen diese zu lesen, als ob sie sich auf den unbekannten Tempel einer anderweitig erwähnten Gottheit beziehe.52 Außer­dem da­tie­ren sie die Inschrift König Hiskias von Juda (8. Jh. v. u. Z .) aus dem Si­loah-­Tun­nel in tendenziöser Weise auf die Hasmonäerzeit in das 2. Jh. v. u. Z .53 Ähn­lich ver­fah­ren sie mit einigen anderen hebräischen und assyrischen Königsinschriften.54 So ver­drehen die Revisionisten, wann immer ein zeitgenössisches epigraphisches Doku­ment nicht zu ihren phantasievollen Theorien passt, einfach die historischen Belege so lange, bis sie zur Theorie passen, und ignorieren dabei den ursprünglichen Kontext sowie fak­tisch vorhandene linguistische und paläographische Tatsachen der betreffenden Fun­de. Möglicherweise übernehmen sie – bewusst oder unbewusst – das Diktum, das He­gel zugeschrieben wird: „Wenn die Wirklichkeit [oder: die Tatsachen] nicht mit der Theo­rie übereinstimmt – umso [oder: desto] schlimmer für die Wirklichkeit [oder: die Tatsachen].“55 5. Während alle Minimalisten den historischen Wert der bi­bli­schen Berichte über die Vereinigte Monarchie ablehnen, gehen einige von ihnen sogar noch weiter, verwerfen die diachrone Entwicklung der bi­bli­schen Li­te­ra­tur als Ganzes und nehmen stattdessen an, das gesamte Textkorpus sei in der persischen oder hellenistischen Zeit verfasst worden. So behauptet Davies: „Die Li­te­ra­tur selbst wurde deutlich nach dieser ‚bi­ bli­schen Zeit‘, während der Herrschaft der Perser und dann in den hellenistischen Kö­nigreichen, mindestens zu großen Teilen in ihrer jetzigen Form zusammengestellt, 52 Zur Tel-Dan-Inschrift siehe beispielsweise Thompson, The Mythic Past, S. 203–205; vgl. die zusätzlichen Li­te­ra­turhinweise in Kapitel II, Anm. 12–13. 53 Siehe P. R . Davies und J. W. Rogerson, „Was the Siloam Tunnel Built by Hezekiah?“, BA 59 (1996), S. 138–149 und kritische Rezensionen, wie z. B. R . S. Hendel, „The Date of the Siloam Inscription: Rejoinder to Rogerson and Davies“, BA 59 (1996), S. 233–237, darüber hinaus einige andere For­ scher im Rah­men des Artikels „Defusing Pseudo-Scholarship“, BAR 23/2 (1997), S. 41–50, u. a. J. A . Hack­ett, „Spelling Differences and Letter Shape are Telltale Signs“ (S. 42–44); F. M. Cross, „Be­cause They Cannot See a Difference, They Assert No One Can“ (S. 44–45); P. K. McCarter, „No Trained Epi­g raphist Would Confuse the Two“ (S. 45–46); A. Yardeni, „They would Change the Dates of Clearly Stratified Inscriptions: Impossible!“ (S. 47); A. Lemaire, „Are We Prepared to Raze the Edifice?“ (S. 47–48); E. Eshel, „Some Paleographic Success Stories“ (S. 48–49); A. Hurvitz, „Phil­ol­ogy Recapitulates Paleography“ (S. 49–50). 54 Siehe z. B. Oded, „The People of Israel in the Biblical Period: His­to­r y or Myth?“, S. 27–28; Talshir, „Textual and Literary Criticism“, S. 229–241; ders., „When Has the Bible Been Written?“, S. 19–20. 55 Diese Redensart wird im Allgemeinen G. W. F. Hegel zugeschrieben. Er hat sie jedoch nie publiziert, und sie wird in verschiedenen Varianten zitiert, nie in Verbindung mit einem konkreten Verweis auf ein Werk Hegels, vgl. z. B. F. Mauthner, Wörterbuch der Philosophie: Neue Beiträge zu einer Kritik der Sprache (Zürich: Diogenes, 1910–1911; Neuauflage 1980), Bd. 1, S. 390.

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eventuell jedoch sogar fast vollständig geschrieben.“56 Gleichermaßen geht Thompson davon aus, dass die Er­zäh­lungen über die Vereinigte Monarchie ursprünglich das Ziel gehabt hätten, die Machtbestrebungen der Hasmonäer im 2. Jh. v. u. Z. zu unterstützen.57 Diese Annahme ist ein Hauptelement in ihrer Argumentation, dass die bi­bli­schen Texte historisch nicht verlässlich seien. Doch was ist die Grundlage für eine solche Spätdatierung? Da sie die Texte an keiner Stelle im Detail erörtern, versuchen sie nicht einmal den Versuch zu unternehmen, zu belegen, dass sie tatsächlich aus der persischen oder hellenistischen Zeit stammen. Stattdessen behaupten sie einfach, dass dem so sei.58 Sie deklarieren dies, ohne auch nur einen einzigen Hinweis auf späte Anachronismen aufzuzeigen wie beispielsweise die Verwendung persischer oder griechischer Lehnwörter, Anspielungen zu späteren historischen Geschehnissen oder unverkennbare Ideen oder Namen der entsprechenden Epochen. Sie geben noch nicht einmal Unterschiede zwischen früherer und späterer bi­bli­scher Ge­schichts­schrei­bung zu, ganz zu schweigen von einer Diskussion über das Ver­hält­nis zwischen beiden. Die Entstehung des gesamten Textkorpus wird einfach auf eine einzige Epoche reduziert, während die kritische Arbeit von Generationen von bi­bli­schen For­schern völlig ignoriert wird. Auch wenn Davies zugibt, dass wahrscheinlich zumindest für einige Teile des bi­bli­schen Textes ältere Quellen existieren,59 macht er sich nicht die Mühe, der Frage nachzugehen, worum es sich bei diesen Quellen handeln könnte oder in welchem Ausmaß sie dazu beitragen könnten, die Ge­schich­te der vorexilischen Zeit zu erhellen. Er behauptet stattdessen lediglich – da der Gesamtrahmen dieser Li­te­ra­tur aus der persischen Zeit oder einer späteren Epoche stamme – dass keinem der einzelnen Be­stand­teile Glaubwürdigkeit geschenkt werden könne.60 Dieser Ansatz versäumt es nicht nur, sich intensiv mit den Quellen auseinanderzusetzen, die so herablassend außer Acht gelassen werden, sondern ignoriert auch die Tat­­sa­che, dass es präzise dieser Gegenstand ist, den die frühe und späte bi­bli­sche Ge­ schichts­schrei­­bung stark unterscheidet: Der Ver­fas­ser der Chro­nik stammt tatsächlich aus der Per­ser­zeit und greift massiv in seine Quellen ein, mit dem Ziel, ein konsistentes und ein­heitli­ches Nar­rativ zu schaffen, das die theologische und ideologische Bot­ schaft un­termauert, die er an seine zeitgenössische nachexilische Gemeinschaft rich56 „The literature itself was at least largely compiled into its present form, and at most almost entirely written, at a time later than this ‚biblical period‘, during the rule of the Persians and then the Hellenistic monarchies“; Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 24. 57 Siehe z. B. Thompson, The Mythic Past, S. 206–209. 58 So erklärt z. B. Thompson: „Die Ge­schich­ten über das goldene Zeitalter des Vereinigten Königreichs widerspiegeln die Fantasie und die Ambitionen im Jerusalem der Makkabäer“ („The stories of the golden age of the United Monarchy reflect the fantasy and ambitions of Jerusalem of the Macca­ bees“; The Mythic Past, S. 207; vgl. auch S. 208–209), ohne dass jedoch auch nur ein einziges ana­ chro­nistisches Detail des Textes konkret benannt wird, das unweigerlich einen hasmonäischen Ent­stehungskontext verlangen und somit diese kühne Annahme einer extrem späten Datierung recht­fertigen würde. 59 Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 94. 60 Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 35.

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tet.61 Die Ver­­fas­ser bzw. Edi­toren von Sa­muel-Kö­ni­ge verfolgten jedoch keinen solchen Ansatz, ob­wohl sie ebenfalls von ihren eigenen Theologien und Ideologien geprägt waren. Im Deu­­te­­ro­­no­mis­tischen Ge­schichts­werk findet sich im Gegenteil keine einheitliche Nach­erzählung der Ge­schich­te Israels, sondern vielmehr ein Geflecht verschiedener Quel­len, die durch redaktionelle Ver­k nüp­fungen sowie gelegentlich hinzugefügte Reden, Gebete oder Kommentare mit­ein­ander verbunden wurden.62 Ob­wohl die über­grei­­fen­de Struktur des Deu­te­ro­no­­mis­tischen Ge­schichts­werks sehr wohl re­ dak­tio­nel­le Überarbeitungen in der späten Kö­nigs- und der Exilszeit widerspie­gelt, wurden die zahlreichen einzelnen Er­zäh­lungen und Quel­len definitiv nicht alle erst zu diesem Zeitpunkt verfasst, wie wir noch anhand ver­schie­dener Aspekte des Ma­ te­rials über Sa­lo­mo in späteren Kapiteln detaillierter sehen werden. Forscher kön­nen durch­aus unterschiedlicher Ansicht darüber sein, wie früh diese Quellen zu datieren sind, ob und wie sie sich möglicherweise entwickelten; aber diesen ge­samten Kom­­ plex ein­fach zu ignorieren und alle Texte unterschiedslos einer späteren Epo­che zu­­zu­ schreiben, ohne wenigstens auf Details einzugehen, ist weder methodisch ver­ant­­wort­ lich noch überzeugend. Da der Schwerpunkt des vorliegenden Buches darauf liegt, die dif­fe­renzierte Nutzung der Quellen und redaktionellen Methoden zwischen den frühen und den späten bi­bli­schen Berichten über Sa­lo­mo aufzuzeigen, ist es nicht er­­ for­­der­lich, an hiesiger Stelle näher auf diesen Punkt einzugehen (siehe dazu die Dis­ kus­sion insb. in den Kapiteln V, IX, XI und XIII). 6. Die Minimalisten ignorieren oder negieren die diachronen linguistischen Un­ter­schie­ de zwischen den verschiedenen bi­bli­schen Texten. So ist beispielsweise die Be­haup­­ tung von Knauf – die von anderen Minimalisten ohne zu zögern geteilt wird –, hoch­ gra­dig spekulativ, nämlich dass „‚Biblisch-Hebräisch‘ keine Sprache des 10. bis 6. Jh.s v. u. Z. ist“63, sondern eine statische, künstliche Sprache, die in der Perserzeit – wenn auch in An­k nüp­fung an das epigraphisch belegte Judäische des 8.–6. Jh.s – erfunden wurde. Die enormen sprachlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Büchern und sogar einzelnen Pas­sagen der Hebräischen Bibel werden hierbei einfach außer Acht gelassen. Die weitere Hypo­these der Minimalisten, die jüdischen Schriftgelehrten der Perserzeit seien mit zwei verschiedenen hebräischen Dialekten geschult worden und hätten verschiedene bi­bli­sche Bücher simultan in beiden Dialekten verfasst, entbehrt jeglicher Grundlage. Viel­mehr ist es so, dass sorgfältige philologische Analysen der bi­bli­schen und epigraphischen Texte deutlich auf eine diachrone Entwicklung des bi­ bli­schen Hebräisch hinweisen: Es gibt klare Unterschiede zwischen dem vorexili­schen Frühen bzw. dem Klassischen Bi­blischen Hebräisch und dem nachexilischen Spät­bi­ 61 Siehe v. a. Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles. 62 Siehe Kapitel II, § I II, 1 und v. a. Kapitel V, X und XI. 63 E. A . Knauf, „War ‚Biblisch-Hebräisch‘ eine Sprache? Empirische Gesichtspunkte zur linguisti­schen Annäherung an die Sprache der althebräischen Li­te­ra­tur“, ZAH 3 (1990), S. 11–23, insb. 23. Für die neuere Kritik an dem sogenannten „Spätbi­bli­schen Hebräisch“ von Ian Young, Robert Rezetko und Mar­tin Ehrensvärd siehe die Bibliographie in S. E . Fassberg, „What is Late Biblical Hebrew?“, ZAW 128 (2016), S. 1–15, insb. 9, Anm. 40.

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bli­schen Hebräisch – hinsichtlich des Wort­schatzes, der Syntax, der Orthographie und des Stils.64 Die Sprache von Sa­muel-Kö­­ni­ge ist Frühbi­bli­sches Hebräisch, das lange vor der Perserzeit (539–330 v. u. Z.) in Ge­brauch war und enge Parallelen aufweist mit den bekannten hebräischen und moabitischen In­schriften, die aus der Zeit des Ersten Tempels stammen.65 Im Gegensatz dazu sind Bücher wie zum Beispiel die Chro­­nik, Esra-Nehemia und Esther in Spätbi­bli­schem Hebräisch verfasst, das durch starken aramäischen Einfluss gekennzeichnet ist, persische Namen, Wörter und Be­ griffe enthält und wesentliche Verbindungen zu postbi­bli­scher hebräischer Li­te­ra­tur aufweist, wie sie aus Qumran, Masada und anderen Orten bekannt ist. Die Texte beziehen sich außerdem explizit auf Ereignisse aus der Perserzeit, was bei der frühe­ren bi­bli­schen Li­te­ra­tur nicht der Fall ist.66 Demgegenüber möchte Knauf das bi­bli­sche Hebräisch von allen anderen semiti­schen Sprachen des Alten Orients isolieren, indem er es als künstliches Konstrukt behandelt. Er übersieht dabei die vielen vorhandenen Verbindungen mit anderen se­mi­ti­schen Spra­chen, die sich ebenfalls über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt haben. Da­rüber hinaus versäumt es Knauf, wie Ian Young betont, zwischen dem Hebräisch der hohen Li­te­ra­tur und der Sprache administrativer Belege zu unterscheiden, die sich in dem epigraphi­schen Material finden, ebenso wie zwischen verschiedenen Dia­ lekten, die im Land Israel in der vorexilischen Zeit existierten, abgesehen von der Stan­ dard­li­te­ratur Hebräisch: „Der Unterschied liegt im Genre, es ist nicht so, dass der bi­ bli­sche Text ganz neu geschrieben wurde.“67 7. In Bezug auf Aulds Theorie von einer „gemeinsamen geerbten Quelle“ („common in­herited source“) ist es sehr schwer zu akzeptieren, dass die Quellen, die dem Ver­ fas­­ser der Chro­nik zur Verfügung standen, das einzigartige Material aus Sa­­muel-Kö­ ni­­ge nicht enthalten hätten. Im Gegenteil ist es sogar äußerst wahrscheinlich, dass der Ver­­fas­ser der Chro­nik Material heranzog, das den bereits existierenden „bi­bli­schen“ Bü­­chern Sa­muel-Kö­ni­ge inhaltlich sehr nahe kam. Das zeigt sich nicht nur an der – teil­­weise wörtlichen – Wiederholung vieler Passagen dieser Bücher in der Chro­nik, son­­dern auch an vielen Hinweisen darauf, dass der Autor die Texte, die er in seinem Werk ausließ, tatsäch­lich kannte. In den meisten Fällen ist es offensichtlich, dass der 64 Vgl. Kalimi, „Kings with Privilege“, S. 507. Darüber hinaus vgl. v. a. die Werke von A. Kropat, R. Pol­ zin und A. Hurvitz nebst vielen anderen. Für ausführliche Li­te­ra­turangaben zu den Werken dieser und anderer Forscher siehe I. Kalimi, The Books of Chron­icles: A Classified Bibliography, Simor Bible Bib­li­ography 1 (Jerusalem: Simor, 1990), S. 66–72, die Einträge Nr. 303–362; ebenso A. Hurvitz, „The Recent Debate on Late Biblical Hebrew: Solid Data, Experts’ Opinions, and Inc­on­clusive Ar­ gu­ments“, Hebrew Studies 47 (2006), S. 191–210; Fassberg, „What is Late Biblical Hebrew?“, S. 9–10. 65 Siehe z. B. J. C. L . Gibson, Textbook of Syrian Semitic Inscriptions, Bd. 1: Hebrew and Moabite In­scrip­ tions, 2.. Aufl. (Oxford: Clarendon Press, 1973), S. 7, 22, 27. 66 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 1, Anm. 3; ders., „The Date of the Book Chron­icles“, An Ancient Israelite Historian, S. 41, Anm. 1; Fassberg, „What is Late Biblical He­ brew?“, S. 10. 67 „The difference is genre, not wholesale rewriting of the Biblical text“; I. Young, Diversity in PreExilic Hebrew, Forschungen zum Alten Testament 5 (Tübingen: J. C. B. Mohr [Paul Siebeck], 1993), S. 203–205, insb. 205.

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Chro­nist schwer­wiegende Gründe für die entsprechenden Auslassungen hatte, da die je­wei­ligen Texte in der Regel seinen eigenen theologischen Überzeugungen wider­­spra­ chen.68 Zugleich ist die An­nahme einer vermeintlichen „gemeinsamen Quelle (Text/ Vor­­lage)“ („common source [text/ Vorlage]“, die nicht erhalten geblieben ist, spe­ku­ la­tiv und problematisch und bie­tet keine praktikable Alternative zu der nahezu all­ge­ mein akzeptierten Theorie, dass der Chro­nist Sa­muel-Kö­ni­ge als Vorlage verwendete. Aulds These wurde daher auch von der über­wiegenden Mehrheit der Forscher abgesehen von einigen wenigen nicht akzeptiert, wobei die meisten dieser wenigen sei­ne eige­nen Studenten gewesen sein werden.69 Wie in den folgenden Kapiteln gezeigt wird, gibt es auch mit Blick auf die Berichte von Sa­lo­mos Ge­burt, seinem Aufstieg und dem Tem­­pel­bau viele Anzeichen dafür, dass die Version dieser Ereignisse in der Chro­­nik ge­genüber den entsprechenden Texten in Sa­muel-Kö­ni­ge als sekundär ein­zustufen ist. Eben­so kann gezeigt werden, dass sich diese beiden Werke hin­sichtlich ihres histo­ ri­­schen Wertes und ihrer kompositionellen Methoden erheblich von­einander unterscheiden. 8. Das grundlegendste Problem des minimalistischen/ revisionistischen Paradigmas ist sein Mangel an konsistenter Methodik. Während seine Verfechter zwar behaupten, sie ver­folgten eine einfache und angemessene Methode, indem sie ihre Version der Ge­schich­te ausschließlich auf verifizierbare archäologische Daten und zeitgenössische epigraphi­sche Quellen für die beschriebenen Ereignisse stützen,70 strafen ihre tat­sächlichen Re­kon­struk­tionen diese Behauptung Lügen. So erschaffen die hier erwähnten Forscher ein Mo­­dell der Ge­schich­te von dem, was sie „Palästina“ nennen und ignorieren fast vollständig den bi­bli­schen Text zugunsten archäologischer Funde. Dabei bleibt selbst ihre Ver­wen­dung archäologischer Belege häufig oberflächlich und selektiv. Ferner werden nicht nur die bi­bli­schen Texte en masse abgelehnt, sondern auch diejenigen archäologischen Funde, die bestimmte Aspekte der Texte belegen, wie beispielsweise die Inschrift Pharao Schi­schaks sowie die Mescha- und die Tel-Dan-Inschrift.71 Diese Forscher behaupten, eine objektivere und vernünftigere Re­kon­struk­tion der Ge­schich­te zu bieten als diejenige der Wis­­sen­schaft­ler, die zur Haupt­strömung der Forschung gehören. In Wirklichkeit aber schreiben sie die Ge­ schich­te selektiv um auf der Grundlage von allem, was ihre Agenda unter­stützt, das 68 Für Beispiele siehe v. a. Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 80–91. 69 Siehe Kalimi, „Kings with Privilege“, S. 503–516. 70 Vgl. z. B. Thompson, Early His­to­ry of the Israelite People, S. 111: „Damit soll der biblisch überlieferten historiographischen Li­te­ra­tur keineswegs jegliche historische Relevanz und Historizität abge­ spro­chen werden… Ich wünsche vielmehr zu betonen, dass historische Belege, die entweder von der in Frage stehenden Überlieferung unabhängig sind, oder – zumindest – aus dem zeitlichen Kontext der Überlieferung stammen, notwendig sind“ („This is not to deny all historical relevance and his�toricity to this biblically derived historiographical body of literature… I wish, rather, to stress the need for corroborating historical evidence, either in sources independent of the specific tradition, or, minimally, from a context contemporary with the tradition´s formation“). 71 Siehe z. B. Thompson, The Mythic Past, S. 11–15 – hier wird der historische Wert der Mescha-In­ schrift in Zweifel gezogen – und S. 203–205 – Ablehnung der Tel-Dan-Inschrift. Zu Letzterer siehe darüber hinaus Lemche und Thompson, „Did Biran Kill David?“, S. 3–22, und siehe Kapitel II, § I.

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sie nur auffinden können, ohne eine detaillierte Analyse der gesamten Band­breite des Quellenmaterials evidenzbasiert vorzunehmen. Dieses Fehlen einer tiefgehenden Prüfung der Quellen betrifft nicht nur die Er­zäh­ lun­gen von der Vereinigten Monarchie, sondern auch die spätere persische und hel­le­ nis­tische Epoche, auf die sie den Großteil der Hebräischen Bibel datieren möchten. So weist zum Beispiel Lester Grabbe auf die Inkonsistenz von Thompsons Ablehnung der histo­rischen Glaubwürdigkeit ideologisch motivierter Er­zäh­lungen wie derjenigen in Sa­muel-Kö­ni­ge hin, da diese – laut Thompson – erst Jahrhunderte später entstanden ­seien. Thompson selbst allerdings bezieht sich an zahlreichen Stellen auf die Eroberungen Alexanders des Großen, obwohl nahezu alle Informationen, die über ihn zur Verfügung stehen, ebenso aus ideologisch motivierter Li­te­ra­tur stammen, die erst Jahrhunderte nach seinem Tod entstand.72 Desgleichen spricht Thomp­son einerseits den Makkabäerbüchern und Jo­sephus´ Schriften ihren historischen Quel­ len­wert ab, verlässt sich jedoch bei der Re­kon­struk­tion der Ge­schich­te des hellenistischen Judentums andererseits weitgehend auf sie – in der Regel, ohne dies deutlich zu machen.73 Grabbe geht sogar so weit zu folgern, dass „T[hompson]s Lesart von 1. und 2. Makkabäer, Josephus und anderen… den Eindruck [ver­mittelt], dass seine Ar­g umentation überhaupt nicht auf Primärquellen beruht, sondern auf seiner In­ ter­pretation einer, möglicherweise älteren, Sekundärquelle, und ich bin nicht sicher, ob er die Quellen zur Ge­schich­te dieser Zeit überhaupt kennt.“74 Angesichts der Tat­ sache, dass es sich hier genau um diejenige Epoche handelt, auf die Thompson die ge­samte bi­bli­sche Li­te­ra­tur datieren möchte, ist diese Unkenntnis geradezu schockie­ rend. Den­noch bleibt die Tatsache bestehen, dass jede Re­kon­struk­tion von Ge­schich­ te, egal ob sie sich auf die hellenistische Zeit oder auf das 10. Jh. v. u. Z. bezieht, auf der kriti­schen Aus­wertung aller Quellen aufbauen muss, auch derjenigen mit einer 72 Siehe Grabbe, „Hat die Bibel doch recht?“, S. 128–129; Grabbe weist außerdem allgemein auf die er­schütternde Ironie von Thompsons offensichtlich mangelnder Kenntnis der hellenistischen Zeit hin: „[F]ür jemanden, der die Bibel auf die hellenistische Zeit oder noch später datieren möchte, macht T. überraschende Fehler im Hinblick auf diese Zeit, und ich habe den starken Eindruck, dass die Fehler, die er bezüglich der Zeit des Zweiten Tempels macht, häufig eher auf Unwissen als auf ­einem Versehen beruhen“ („[F]or one who wants to date the Bible to the Hellenistic period or later, T. makes some surprising errors about this period, and I have the distinct impression that his errors relating to Second Temple Judaism are often those of ignorance rather than oversight“, S. 123). Thompson fasst die Eroberungen Alexanders in The Mythic Past, S. 196, zusammen, ohne eine einzige Quelle zu nennen. 73 Vgl. Grabbe, „Hat die Bibel doch recht?“, S. 126–127. 74 „T[hompson]’s reading of 1 and 2 Maccabees, Josephus, and the like… [gives] the strong impression that his discussion is not based on primary sources at all but on his interpretation of a secondary source, probably an older one, and I am not sure he is even aware of the sources on which the history of that period is based“; Grabbe, „Hat die Bibel doch Recht?“, S. 126. Grabbe bezieht sich hier v. a. auf Thompson, The Mythic Past, S. 196–199. Darüber hinaus bemerkt Grabbe: „Wenn T. sagt, dass Jo­sephus ‚beinahe nichts über „die Vergangenheit“ weiß, das wir nicht bereits aus anderen Quellen wissen‘, dann weiß er schlicht und ergreifend nicht, wovon er redet“ („When T. says that Josephus ‚knows almost nothing about „the past“ that we ourselves do not already know from other sources‘ (S. 10 [von The Mythic Past]), he simply does not know what he is talking about“; ebd., S. 123–124).

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of­fensichtli­chen ideo­logischen Prägung. Die literarischen Quellen von vornherein von der Untersu­chung aus­zuschließen und sich stattdessen auf eine allzu selektive Dar­stel­ lung archäologi­scher Be­funde zu stützen, ist keine methodische Verfeinerung, sondern schlichtweg tendenziös. Die eigentliche Arbeit der geschichtlichen Re­kon­struk­ tion muss noch geleistet werden. V Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde es für notwendig erachtet, zu einer Erhellung durch kritisches Untersuchen aktueller Ansätze beizutragen, die die bloße Plausibilität einer Vereinigten Monarchie abstreiten, die derjenigen in der Hebräischen Bibel ähnlich ist. Jedes der hier besprochenen Argumente wurde wiederholt von verschiedenen revisionistischen/ minimalistischen Forschern vorgebracht, häufig ohne dass sie sich die Mühe gemacht hätten, sich darin explizit auf Quellen und Belege zu beziehen. Doch jeder Gelehrte verzerrt die Tatsachen, um eine vereinfachende Ablehnung der bi­bli­schen Berichte zu unterstützen, ohne die Texte selbst in ihrer ganzen Komplexität sorgfältig genug zu erfassen. Diese Forscher unternehmen große Anstrengungen, die Ge­schich­te Israels in bi­bli­ scher Zeit zu destruieren; nicht nur, indem sie einige Details hinterfragen, sondern in­dem sie ihre wichtigsten Säulen, ihren hauptsächlichen Rahmen und ihren durchgehen­den chronologischen Abriss ins Wanken bringen, die im Wesentlichen auf der Hebräi­schen Bibel in Verbindung mit epigraphischem und archäologischem Material beruhen. In den meisten extremen Fällen erklären diese Forscher, das gesamte bi­bli­sche Korpus sei erst in der Perserzeit oder gar in der hellenistischen Zeit verfasst, nicht nur zusammen­ gestellt oder redaktionell überarbeitet – worden.75 Zur selben Zeit hätten angeblich judäische Schriftsteller das Alte Israel erfunden, sprich: die gesamte Ge­schich­te der bi­bli­ schen Epoche. Revisionistische/ minimalistische Gelehrte leugnen sogar die Existenz so­wie die diachrone Entwicklung des Biblischen Hebräisch als Sprache zwischen dem 10. und dem 6. Jh. v. u. Z., und ignorieren sämtliche Parallelen zwischen der bi­bli­schen Li­­te­ra­tur und zahlreichen anderen altorientalischen Quellen. Sie verdrehen das zeitgenössische epigraphische Material, das im Original erhalten geblieben ist, wann immer es die bi­bli­schen Berichte untermauert, oder sie lehnen es gar von vornherein ab. Umstrittene archäologische Funde werden selektiv herangezogen, und Geschichtsrekonstruktionen werden auf den Ergebnissen von hochgradig spekulativen und problematischen archäologischen Feldbegehungen („surveys“) aufgebaut. Zumindest einige der betreffenden Forscher setzen voraus, dass alle bi­bli­schen Berichte über die Vereinigte Monarchie vollständig erfundene Ge­schich­ten und daher als ahistorisch und nicht verlässlich anzusehen seien. Stattdessen bieten diese revisionistischen Gelehrten entweder überhaupt keine alternative „Ge­schich­te“ des Alten Israel oder sie entwickeln Modelle auf der Basis einer überaus selektiven Lesart einiger weniger Quellen, die mit ihren eigenen, unbegründeten Annahmen und künstlichen Re­kon­struk­tionen übereinstimmen. Ihre Dekonstruktion der Hebräischen Bibel aus sich selbst heraus sowie ihre eigenen phantasievollen Re­kon­ 75 Höchstwahrscheinlich bleiben sie in der hellenistischen Zeit stehen, weil einige der bi­bli­schen Hand­schriften aus den Schriftrollen vom Toten Meer auf diese Epoche datiert werden!

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struk­tionen werden jedoch nicht durch sachgemäße wissenschaftliche Methodik gestützt. Vielmehr basieren diese Re­kon­struk­tionen auf nicht beweisbaren hypothetischen Argumenten, die zwar in moderne Terminologie verpackt werden, aber keinerlei grundlegenden direkten Beweis auf ihrer Seite haben. So entwickeln Revisionisten ein vollkommen neues Narrativ, das nirgendwo in der antiken Li­te­ra­tur so Bestätigung findet, und ignorieren zugleich all diejenigen Berichte vollkommen, die tatsächlich aus der antiken Welt erhalten geblieben sind. Die Ablehnung dieses Quellenmaterials durch die Minimalisten/ Revisionisten ist nicht das Ergebnis sorgfältiger Methodik, professioneller Forschung oder angemessener Skepsis. Sie ist ganz einfach eine unbegründete Ablehnung aller Befunde, die möglicherweise die historische Verlässlichkeit der bi­bli­schen Texte über die Vereinigte Monarchie des Alten Israel stützen könnten. Es kann daher nicht verwundern, dass die auf dieser Ba­sis gezogenen Schlussfolgerungen scharfe Reaktionen einiger Forscher nach sich gezogen haben. Um nur einige zu nennen: Anson F. Rainey kritisiert Davies’ In Search of ‚An­cient Israel‘ harsch und schlussfolgert: „Es liegt nicht in der Macht von Skeptikern des späten 20. Jahrhunderts, dieses Zeugnis [1. Kön 4,7–19, I. K.] mit einer sarkastischen Hand­­be­we­g ung beiseite zu wischen. Kurz gesagt: Davies’ Buch verdient es, vergessen zu wer­den.“76 Bustenai Oded schließt seine Rezension von Thompsons Buch The Mythic Past mit den Worten: „[D]ieses Buch verdient weder eine Rezension noch eine Kritik… es ent­hält massenhaft Spekulationen, Bauchgefühl [‫ ]סברות כרס‬und tendenziöse Fiktion.“77 William G. Dever bemerkt, „dass das Unwissen oder der wissentliche Miss­brauch der Ar­chäologie durch die ‚Revisionisten‘ nicht unwidersprochen bleiben darf.“78 Zi­pora Talshir stellt fest: „Die Minimalisten haben keine Methoden und keine syste­ma­tischen Dok­trinen“79 und schlussfolgert in einem anderen Artikel: „Das klassische Stu­dium des Sachverhalts wird zugunsten von Fragestellungen vernachlässigt, die bestenfalls von pe­ ripherer Bedeutung sind und zu dem Thema höchstens künstlich beitragen.“80 Es ist also an der Zeit, diese „unkritische Kritik“ der Revisionisten/ Minimalisten ein für alle Mal von der akademischen Agenda zu streichen und zu der deutlich fruchtbare­­ren und methodisch verifizierten wissenschaftlichen Untersuchung des historischen Quel­ len­ma­terials im Ganzen zurückzukehren – durch sorgfältigen und kritischen Vergleich und nicht durch blanke Ablehnung. 76 „It is not in the power of late twentieth-century skeptics to dismiss this testimony [1. Kön 4,7–19, I. K .] with the wave of a sarcastic hand. To conclude, Davies’ book deserves to be forgotten“; Rainey, „Uncritical Criticism“, S. 103. 77 „This book does not deserve any review or critics … it contains a mass of speculations, gut-feelings [‫ ]סברות כרס‬and tendentious fictions“; Oded, „The People of Israel in the Biblical Period: His­to­r y or Myth?“, S. 32. 78 „[T]hat the ‚revisionist‘ ignorance or deliberate abuse of archaeology must not be allowed to go unchallenged“; W. G. Dever, „Biblical and Syro-Palestinian Ar­chae­ol­ogy: A State-of-the-Art Assess­ ment at the Turn of the Millennium“, CurBS 8 (2000), S. 91–116, insb. 106. 79 Talshir, „When Has the Bible Been Written?“, S. 29–30. 80 Talshir, “When Has the Bible Been Written?“ S. 29-30; ebd., „Textual and Literary Criticism“, S. 251. Darüber hinaus siehe § I V, (4), Anm. 56, mit Blick auf die überaus kritischen Reaktio­nen eini­ger Forscher auf Davies’ und Rogersons Datierung der Siloah-Inschrift auf die Hasmonäerzeit.

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Kapitel IV: Salomos Königreich Historische Bewertungen und Fallstudien I Historische Bewertung In Kapitel III habe ich die Ansätze der Dekonstruktivisten dargestellt und kritisiert, die ihre Negation der bloßen Existenz der Vereinigten Monarchie gründen auf einer Ab­ leh­­nung der bi­bli­schen Texte, einer unkritischen Akzeptanz problematischer archäolo­ gi­scher Feldbegehungen und höchst umstrittener Interpretationen von Überresten ar­­chäologischer Ausgrabungen und ihren eigenen, nicht verifizierbaren „modernen“ Vor­ an­­nahmen und Re­kon­struk­tionen. Im Gegensatz dazu verfolge ich einen völlig anderen An­­satz, wenn ich in diesem Buch gelegentlich die Historizität einiger Sachverhalte disku­ tie­re: Ich bewerte sorgfältig und minutiös die Plausibilität der Texte über Davids und Sa­­lo­mos Königtum, die uns tatsächlich vorliegen. Ich versuche, potentiell zeitgenössisches Ma­­terial, das in Sa­muel-Kö­ni­ge überliefert ist, zu isolieren, und es vor dem Hintergrund der Umgebung des literarischen und kulturellen Kontextes des Alten Orients zu verstehen, zu dessen integralem Bestandteil die israelische Ge­schich­te, Kultur, Li­te­ra­tur und Spra­­che gehören. Selbstverständlich berücksichtige ich in diesem Zusammenhang auch die epi­­graphischen Funde und die Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen im Land Is­rael und dessen Nachbarländern, die zum Verständnis und zur Bewertung der His­to­ri­ zi­tät bi­­b­li­scher Texte beitragen können. Nun kann der Plausibilität bestimmter Details zugestimmt oder widersprochen wer­ den, die tatsächlich überlieferten antiken Berichte gehören jedoch sorgfältig evaluiert und kritisch untersucht. Kein solider Forscher behauptet, dass die Berichte der Ver­einigten Mo­narchie absolut zutreffend seien und keinerlei ideologische Tendenzen zeig­ten. Den­ noch muss jeder Einzelfall sorgfältig im Lichte aller verfügbaren Befunde ge­prüft werden. Die betreffenden Texte bieten immerhin gute Gründe, ihnen einen Ver­trauens­bo­nus ein­zuräumen bei unseren Versuchen, ein Bild von Sa­lo­mo und seiner Epoche zu re­kon­ struieren. Und letztlich liefern sie die einzigen expliziten Beweise, die uns vorliegen.1 Wie Jimmy J. M. Roberts richtig betont: Finkelstein gibt vor, dass man diese literarischen Dokumente [sprich: Sa­muel-Kö­ni­ ge, Erster Jesaja und die Zionspsalmen, I. K.] einfach ignorieren könne, da sie nicht in Inschriften erhalten geblieben sind, die aus derselben Zeit stammen wie die Er­ eig­nisse, die sie beschreiben. Er möchte die Ge­schich­te Israels lediglich auf der Basis zeit­genössischer archäologischer Überreste neu schreiben. Tatsächlich kri­ti­siert er andere Archäologen scharf für angebliche methodische Fehler, wenn sie diesen 1 Zu meinem Ansatz im Umgang mit bi­bli­schen Quellen siehe im Detail Kapitel I, § III.

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Salomos Königreich Do­kumenten auch nur den geringsten Einfluss auf ihre archäologischen Be­ur­tei­ lungen zugestehen. Diese literarischen Dokumente können jedoch in keiner ernst­ zunehmenden Re­kon­struk­tion der Ge­schich­te Israels ignoriert werden.2

J. J. M. Roberts stellt fest, dass die Ansätze, die die bloße Existenz oder die Bedeutung der Ver­einig­ten Monarchie abstreiten, die verhältnismäßig große Genauigkeit ignorieren, die die Be­richte in Sa­muel-Kö­ni­ge an den Stellen aufweisen, für die tatsächlich außerbi­ bli­­sche Zeug­nisse vorliegen. Darüber hinaus verschleiern sie die frappierenden linguisti­ schen, sti­listischen und theologischen Unterschiede zwischen diesen frühen Texten und denjenigen, die unzweifelhaft aus exilischer oder nachexilischer Zeit stammen,3 und sie übersehen die Tatsache, dass sich der offensichtliche apologetische Zug der Er­zäh­lungen in Sa­muel-Kö­ni­ge „gegen Personen und auf Situationen richtet, die in der späteren Zeit, der sie [i. e. die Minimalisten] die Entstehung dieser Er­zäh­lungen zuschreiben, für niemanden mehr eine Gefahr darstellten.“4 Wie wir bereits in Kapitel II gesehen haben, weisen zumindest einige der bi­bli­schen Tex­te eine redaktionelle, ideologische und theologische Färbung auf; manche be­in­hal­ ten auch legendarisches Material und späte Hinzufügungen. Jede der bi­bli­schen Kom­ po­si­tionen, die in diesem Buch in den Blick genommen werden – Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­­nik – verfügt über eigene Absichten, theologische Vorannahmen, Methoden der Ge­­schichts­­schrei­bung, Sprache und Stil. In Sa­muel-Kö­ni­ge jedoch bieten weder die deuteronomistischen Passagen der Ge­schich­te Sa­lo­mos noch die gelegentlichen Ana­chro­ nis­men, inneren Widersprüche, ungenauen Aussagen oder legendarischen Zusätze eine aus­reichende Grundlage dafür, die bloße Existenz Sa­lo­mos und die Faktizität seiner wichtigsten Aktivitäten abzustreiten, wie sie in den Überlieferungen der frühen bi­bli­schen Be­ richte bezeugt sind. Wie ich in Kapitel III gezeigt habe, sind die Zweifel der Minimalis­ten an der Glaubwürdigkeit der bi­bli­schen Aufzeichnungen im Ganzen – insbesondere in Sa­­muel-Kö­ni­ge – unbegründet. Das bedeutet jedoch nicht, dass man die entsprechen­den Be­richte für bare Münze nehmen kann oder sollte, ohne sie zu hinterfragen. Vergleichbar 2 „Finkelstein pretends that one can simply ignore these literary documents, since they have not been preserved as inscriptions contemporary with the events they describe. He wants to rewrite Israel’s history simply on the basis of contemporary archaeological remains. Indeed, he excoriates other archaeologists as methodologically flawed if they allow these documents the slightest influence on their archaeological judgments. However, these literary documents cannot be ignored in any serious reconstruction of Israelite history“; J. J. M. Roberts, „Solomon’s Jerusalem and Zion Tradition“, in A. G. Vaughn und A. E . Killebrew (Hgg.), Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Pe­ riod, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 (Atlanta, GA: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003), S. 163–170, insb. 169. 3 Dieser Punkt wird auch betont bei R. E . Friedman, „Solomon and the Great Histories“, in A. G. Vaughn und A. E . Killebrew (Hgg.), Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Pe­ riod, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 (Atlanta, GA: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003), S. 171–179, insb. 171–172; siehe außerdem Kapitel III, § IV. 4 „… is directed against persons and to situations that no longer constituted any threat to anyone in the later period to which they assign the composition of these narratives“; J. J. M. Roberts, „Solomon’s Jeru­sa­lem and Zion Tradition“, S. 169.

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mit archäologischem „Rohmaterial“ müssen bi­bli­sche Quellen – wie im vorliegen­den Buch gezeigt wird – kritisch bewertet und sorgfältig interpretiert werden. Sie liefern jedoch die einzigen expliziten Informationen über Sa­lo­mo, die aus der antiken Welt über­ lie­fert sind, und müssen daher im Mittelpunkt jeder Diskussion über diesen König und seine Regierungszeit stehen. Es gibt keinen Grund, a priori die Möglichkeit auszuschließen, dass in diesen Dokumenten einige historisch verlässliche Angaben über Sa­lo­mos Ge­burt, seinen Aufstieg und seine Herrschaft erhalten geblieben sind, auch wenn man darüber streiten kann, wie viele es sind. Abgesehen von den extremsten Minimalis­ten wie bei­­spielsweise Davies, Lemche und Thompson ist es ja tatsächlich so, dass die meisten For­­scher, die an der historischen Verlässlichkeit der bi­bli­schen Berichte zweifeln, dennoch da­­von ausgehen, dass Sa­lo­mo existierte. Sie hinterfragen lediglich die Beschaffenheit seines Königreichs und seiner Aktivitäten als Herr­scher.5 Die oben beschriebenen Charakteristika der bi­bli­schen und außerbi­bli­schen Quel­ len über Sa­lo­mo geben den Inhalt, die Merkmale und die Grenzen jeder vernünftigen his­­to­rischen Beschreibung Sa­lo­mos und seiner Zeit vor. Es versteht sich von selbst, dass da­­­durch die Herausforderung eines modernen Historikers extrem erschwert und kompliziert wird; andererseits ist sie aber auch nicht völlig unmöglich. Die Herausforderun­ gen, die mit einer solchen Re­kon­struk­tion einhergehen, sollten uns nicht dazu verleiten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Obwohl die Interpretation des bi­bli­schen und ar­­chäo­­logischen Materials über Sa­lo­mo und seine Herrschaft unter gegenwärtigen Wis­ sen­­­schaft­lern sehr umstritten ist,6 mehren sich mittlerweile Befunde, die Hinweise zu Um­­fang und Eigenart eines israelitischen Königtums im 10. Jh. v. u. Z. geben können. 5 Siehe beispielsweise Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 144–146, und sogar Knauf und Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel, S. 63–64; siehe auch aktuell Frevel, Ge­schich­te Is­raels, S. 148; W. Dietrich, „David and the Philistines: Li­te­ra­ture and His­to­r y“, in G. Galil et al. (Hgg.), The Ancient Near East in the 12th–10th Centuries BCE: Culture and His­to­ry, Proceedings of the International Conference held at the University of Haifa, 2–5 May, 2010, Alter Orient und Altes Tes­ta­ment 392 (Münster: Ugarit-Verlag, 2012), S. 79–98, insb. 98; L. L. Grabbe, „The Mighty Men of Israel: 1–2 Samuel and Historicity“, in W. Dietrich et al., (Hgg.), The Books of Samuel: Stories – His­to­ry – Reception His­to­ry, Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium 284 (Leuven: Pee­ters, 2016), S. 83–104. 6 Zusätzlich zu den bibliographischen Angaben in diesem und den vorhergehenden Kapiteln siehe bei­ spielsweise die Beschreibung von Sa­lo­mos Herrschaft bei M. Noth, Ge­schich­te Israels, 10. Aufl. (Göt­ tingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011), S. 187–205; J. Bright, A His­to­ry of Israel, 4. Aufl. (Louis­ ville, KY und London: Westminster John Knox, 2000), S. 211–228; B. Mazar, „The Time of David and Solomon“, in A. Malamat (Hg.), The His­to­ry of the Jewish People: The Age of the Monarchies – Volume I: Political His­to­ry (Jerusalem: Am Oved & Alexander Pelie, 1982), S. 62–81, insb. 74–80 (He­bräisch); A. Malamat, Israel in Biblical Times: Historical Essays (Jerusalem: Bialik Institute and Israel Exploration Society, 1983), S. 167–222 (Hebräisch); Kitchen, On the Reliability of the Old Testa­ment, S. 81–158, siehe auch die Rezension von B. A. Levine in RB 112 (2005), S. 267–273, insb. 269, wo er schreibt: „Ich stimme mit Kitchens grundlegender Re­kon­struk­tion der Richterzeit, der frühen Königszeit und der Herrschaft von Saul, David und Sa­lo­mo überein“ („I agree with Kitchen’s basic reconstruction of the period of the Judges, and of the early monarchy, of the reigns of Saul, David and Solomon“); Knoppers, „The Vanishing Solomon“, S. 19–44; G. Hentschel, „Auf der Su­che nach dem geschichtlichen Sa­lo­mo“, in R. Lux (Hg.), Ideales Königtum: Studien zu David und Sa­lo­mo, Arbeiten zur Bibel und ihrer Ge­schich­te 16 (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2005),

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II Fallstudien Ziel dieser Diskussion ist es nicht, eine umfassende Re­kon­struk­tion des „historischen Sa­ lo­mo“ und seiner Herrschaft zu bieten. Um jedoch meinen Ansatz und meine Me­tho­den zu verdeutlichen, werden im Folgenden vier Bereiche beispielhaft re­kon­struiert: Sa­lo­mos Tempel, Jerusalem unter der Herrschaft Davids und Sa­lo­mos, die Größe ihres Kö­nig­ reichs und Sa­lo­mos Harem. 1 Die Historizität von Sa­lo­mos Tempel In der Forschungsdiskussion über die Historizität des Sa­lo­monischen Tempels werden im Wesentlichen drei grundlegende Positionen vertreten: 1. Diejenigen, die die bloße Existenz Sa­lo­mos abstreiten, wie beispielsweise Davis, Lem­ che und Thompson (s. Kap. 3), leugnen selbstverständlich auch, dass Sa­lo­mo einen Tem­pel gebaut habe. Ebenso gehen einige Wis­sen­schaft­ler, wie zum Bei­­spiel Fin­kel­ stein und Silberman, davon aus, dass Sa­lo­mo zwar tatsächlich gelebt habe, dass man ihm jedoch keine monumentalen Bauten in Jerusalem zuschreiben kön­ne, weil keine ent­­spre­chenden archäologischen Befunde vorlägen.7 Dieses argu­men­tum ex silentio kann jedoch nicht überzeugen, da der Ort, an dem der Tempel in Je­rusalem stand, auf­­grund politischer und religiöser Befindlichkeiten nie umfassend ar­chäologisch er­ schlos­­sen wurde – was aller Wahrscheinlichkeit nach auch so bleiben wird. Außer­dem ist es, selbst wenn irgendwann einmal Ausgrabungen auf dem Tem­pel­berg statt­f in­­ den würden, „sehr unwahrscheinlich, dass an dieser Stelle irgendwelche versiegelten Schich­­ten aus der Eisen­zeit, die mit Sa­lo­mos Tempel oder Palast in Ver­bindung stehen, zu­ta­ge ge­fördert werden, und zwar aufgrund der umfangreichen Zer­stö­rungen durch die Ba­by­­lo­nier, die Rö­mer und die Kreuzfahrer“ wie auch durch die Mus­lime.8 Außer­ dem ist die Wahr­schein­lichkeit, dass irgendwelche substan­ziel­len Über­reste des Sa­lo­ mo­nischen Tempels die umfangreichen Umbaumaßnah­men überstanden haben, die He­ro­des der Große (37–4 v. u. Z.) auf dem Tempelberg durch­führen ließ, sehr gering. S. 91–105; A. E . Gardner, „The Narratives of Solomon’s Reign in the Light of the Historiography of other Ancient Civilizations“, ABR 56 (2008), S. 1–18. 7 Siehe Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 148; vgl. auch D. Ussishkin, „Sol­ o­mon’s Jerusalem: The Text and the Facts on the Ground“, in A. G. Vaughn und A. E. Killebrew (Hgg.), Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Period, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 (Atlanta, GA: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003), S. 103–115, insb. 112–114, der der Möglichkeit ebenfalls skeptisch gegenübersteht, dass im 10. Jh. auf dem Tempelberg Mo­nu­ men­talbauten existiert haben könnten. Allerdings lässt er die Frage offen zur weiteren Diskussion durch die Historiker, da die archäologischen Befunde keine ausreichende Basis für ein abschließendes Urteil bilden. 8 „[I]t is very unlikely that any sealed Iron Age layers connected to Solomon’s Temple or palace will be found at this spot, because of the many destructions caused by the Babylonians, the Romans and the Crusaders“; W. Zwickel, „Solomon’s Temple, Its Cultic Implements and the Historicity of Solo­mon’s Kingdom“, in P. James und P. G. van der Veen (Hgg.), Solomon and Shishak: Current Perspectives from Ar­chae­ol­ogy, Epigraphy, His­to­ry and Chronology, BAR International Series 2732 (Oxford: British Ar­ chae­ological Reports, 2015), S. 148–154, insb. 148. Darüber hinaus siehe Kapitel II, § II und Ka­pi­ tel XIII, Anm. 1.

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Falls David und Sa­lo­mo darüber hinaus tatsächlich existier­ten, kann die Tatsache, dass der Tempelbau nicht dem Dy­nas­tie­gründer David zugeschrieben wird,9 als star­ ker Hin­­­weis da­rauf angesehen werden, dass der Tempel erst nach Da­vids Tod er­rich­tet wur­­de. Außer­dem existierte zweifelsohne während der rest­lichen wei­te­ren Kö­nigs­zeit in Ju­da ein Tem­pel in Jerusalem. Keine antike Quelle schreibt den Bau dieses Tem­pels ­einem spä­teren König zu, sondern Salomo wird immer und aus­schließ­lich als Bau­herr ge­nannt. Daher gibt es gute Gründe davon auszugehen, dass die­se Quel­len einen his­­ to­­ri­schen Kern enthalten. 2. Andere Forscher, die die Bedeutung der Vereinigten Monarchie zu minimieren ver­­ su­chen, räumen ein, dass es zwar im 10. Jh. wahrscheinlich einen Tempel in Je­ru­sa­ lem gegeben hat, behaupten jedoch, dass Sa­lo­mo diesen lediglich renoviert und nicht etwa selbst ge­baut habe. Diese Theorie wurde bereits von Konrad Rupprecht10 ver­ tre­ten und neuer­dings von Knauf und Guillaume aufgegriffen, die davon ausgehen, dass „[d]er Bau­bericht in 1. Könige 6… sich mit der Ausgestaltung eines existie­ren­­den Tem­­­pels be­fasst, was darauf hin­deutet, dass Sa­lo­mo die judäische und israe­li­ti­­sche Stam­­­mes­gott­­heit JHWH neben einem der Götter Jerusalems, El oder Amon (1. Kön 8,12–13 LXX), in dem bereits vorher existierenden Tempel einführte“ (Her­vorhe­bung I. K.).11 Diese Schlussfolgerung ent­behrt jedoch jeglicher Grundlage, da sie auf einem Miss­­ver­­ständnis von 1. Könige 6 basiert. Die­ser Text beschreibt nicht nur die De­ko­ra­ tion eines existierenden Tempels, sondern stellt ex­plizit fest, dass Sa­lo­mo den Tem­pel „ge­baut“ (‫ )בנה‬habe (1. Kön 6,1–3.7.9.14); dass er Fens­ter eingebaut habe (6,4); dass er ­einen Anbau gegen die Wand und um alle Seiten­räu­me „gebaut“ (‫ )בנה‬habe (6,5, vgl. V. 10); dass er Wände aus Zedernholz innerhalb des Tem­pels für das innere Hei­lig­ tum „gebaut“ (‫ )בנה‬habe (6,15–17) und außerdem umfangreiche Dekorationen und Aus­­­stat­­tungen erstellen ließ (6,18–38). Es ist falsch, zwar den Be­richt über die von Sa­lo­mo in Auftrag gegebenen Dekorationen in diesem Kapitel als historisch verlässlich an­­­zusehen, nicht jedoch die expliziten Hinweise auf seine Bautä­tig­keit. Eben­so ist es falsch, zu behaupten, dass 1. Könige 6 lediglich die Dekorationen beschreiben würde, da expli­zit auf beides – die Dekorationen und Baumaßnahmen – Be­zug genommen wird. Obwohl ‫ בנה‬auch „wieder aufbauen“ bedeuten kann, vor allem, wenn 9 Die Tatsache, dass der Tempelbau nicht dem Dynastiegründer David zugeschrieben wird, wird in der Tradition ausführlich er­k lärt und gerechtfer­tigt, vor allem in 2. Sa­muel 7, siehe aber auch 1. Kön 5,16–19 und 1. Chr 22,7–10; 29,1–10. 10 K. Rupprecht, Der Tempel von Jerusalem: Gründung Sa­lo­mos oder jebusitisches Erbe? Beihefte zur Zeit­­schrift für Alttestamentliche Wissenschaft 144 (Berlin: W. de Gruyter, 1977). Allerdings be­tont Cogan (1 Kings, S. 252, Anm. 6): „Rupprechts hoch spekulative These… lässt die einhellige Sicht aller bi­bli­schen Texte bezüglich der Originalität von Sa­lo­mos Vorhaben außer Acht“ („Rupprecht’s high­ly speculative thesis… discounts the unanimous view of all biblical texts concerning the originality of Solomon’s undertaking“). 11 „The building report in 1 Kings 6 deals with the decoration of an existing temple, which indicates that Solomon introduced the Judean and Israelite tribal deity YHWH, next to one of the Jerusalemite gods, El or Amon (1 Kön 8,12–13 LXX), into the pre-existing temple“; (Knauf und Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel, S. 78); ähnlich auch E. A . Knauf, „Jerusalem in the Late Bronze and Early Iron Ages: A Proposal“, Tel Aviv 27 (2000), S. 75–90.

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es etwas be­­schreibt, das zerstört oder beschädigt wurde,12 bezeichnet es doch in der Regel ­einen Neu­bau (siehe z. B. Gen 4,17; 8,20; 11,4–5; 1. Kön 2,36; 3,1–2; 5,17.19.32; 7,1; Ps 127,1). So wird ‫ בנה‬beispielsweise an anderer Stelle in 1. Könige benutzt, um zu be­tonen, dass zuvor noch kein Tempel „gebaut“ worden war: ‫רק העם מזבחים בבמות כי לא־נבנה בית לׁשם יהוה עד הימים ההם‬ Aber das Volk opferte noch auf den Höhen, weil bis zu dieser Zeit noch kein Haus für den Namen des Herrn gebaut worden war (1. Kön 3,2).

Unabhängig davon, ob diese Aussage historisch verlässlich ist, setzt sie doch voraus, dass ‫„ בנה‬bauen“ bedeutet und nicht „renovieren“. Wenn Sa­lo­mo überhaupt nur ­einen be­reits existierenden jebusitischen Tempel wiederaufbaute, ist es fraglich, warum er dann solche Massen an Arbeitskräften benötigt haben sollte, ganz zu schwei­gen von den enormen Mengen an Steinen und Holz aus dem Libanon, und warum die Bau­­ zeit sechs Jahre betrug (1. Kön 5,29–32; 6,37–38)? Selbst wenn diese Details (z. B. die ­große An­­zahl Arbeiter in 1. Kön 5,29) für übertrieben oder legendarisch gehalten wer­den, setzt die Tat­sache, dass sie überhaupt beschrieben werden, doch voraus, dass der oder die Ver­fas­ser von einem Neubau ausgingen. An einer anderen Stelle versucht Knauf, seine These dadurch zu untermauern, dass er auf 2. Sam 12,20 verweist, wonach David zum ‫„( בית יהוה‬Haus des Herrn“) ging. Knauf interpretiert diese Stelle als Beweis dafür, dass bereits vor Sa­lo­mo ein Tempel in Jeru­sa­lem existierte, den David lediglich dem Gott Israels geweiht habe.13 Das ist je­doch nicht zwingend aus dem bi­bli­schen Text zu folgern. Es gibt explizite Hinweise zu David, der die Bundeslade in dem „Zelt“ aufstellte, das er eigens dafür errichtet hatte (2. Sam 6,17; vgl. 7,2). Wenn David tatsächlich den jebusitischen Tempel zu einem JHWH-Tem­pel um­funk­tioniert hatte, warum brachte er dann die Lade nicht dort­hin, anstatt extra ein Zelt für sie aufzustellen? Tatsächlich wird dieses Zelt auch in 1. Kön 2,28–29 als das ‫„( אהל יהוה‬Zelt des Herrn“) erwähnt, in das Joab floh und seine Hän­de die Hörner des Altars ergriffen.14 Außerdem wird berichtet, dass nach dem Bau des Tempels unter Sa­lo­mo neben der Bundeslade auch das Zelt der Begegnung 12 Siehe z. B. Josua 6,26; Ez 36,36; Am 9,14; L. Koehler und W. Baumgartner et al., The Hebrew and Aramaic Lexicon of the Old Testament: Study Edition, übersetzt und herausgegeben von M. E . J. Richardson (Leiden: E. J. Brill, 2001), Bd. 1, S. 777–778, insb. 139; W. Dietrich und S. Ar­net (Hgg.), Konzise und aktualisierte Ausgabe des hebräischen und aramäischen Lexikons zum Alten Tes­ta­ ment von Koehler und Baumgartner (Leiden: E. J. Brill, 2013), S. 72, obwohl die primäre Bedeu­tung des Verbs „bauen“ ist; vgl. E. L . Greenstein, „Methodological Principles in Determining that the So-Called Jehoash Inscription is Inauthentic“, in M. J. Lundberg, S. Fine und W. T. Pitard (Hgg.), Puzzling Out the Past: Studies in Northwest Semitic Languages and Li­te­ra­tures in Honor of Bruce Zucker­man, Culture and His­to­r y of the Ancient Near East 55 (Leiden: E. J. Brill, 2012), S. 83–92, insb. 89, mit Beispielen u. a. aus der Mescha-Inschrift. 13 Knauf, „Jerusalem in the Late Bronze and Early Iron Ages“, S. 78. 14 Obwohl die Lesart des MT in 1. Kön 1,50 lediglich berichtet, dass Adonia geflohen sei und die Hör­ ner des Altars berührt habe, ohne das Zelt zu erwähnen, nennen sowohl die lukianische Rezen­sion der Septuaginta als auch einige Vulgata-Manuskripte hier ebenfalls das „Zelt des Herrn“. Entwe­der

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sowie „alle heiligen Geräte, die in dem Zelt waren“ (1. Kön 8,4; vgl. 2. Sam 7,2), in den Tempel gebracht wurden. Beachte: Dieser Text unterscheidet zwar vermutlich zwischen „dem Zelt“, das David errichtet hatte und dem „Zelt der Begegnung“, aber in jedem Fall wird impliziert, dass es keinen monumentalen JHWH-Tempel in Jerusalem gab, bevor Sa­lo­mo einen bauen ließ. Darüber hinaus gibt es einen Präzedenzfall bezüglich eines Zeltes, das als „Haus des Herrn“ bezeichnet wird. In 1. Samuel 1,7.24; 3,15 wird beispielsweise der Aus­druck ‫„( בית יהוה‬Haus des Herrn“; in Ri 18,31, wo stattdessen ‫ בית האלהים‬steht) für das Hei­ lig­tum in Schilo verwendet (vgl. ‫„ – היכל יהוה‬Tempel des Herrn“ in 1. Sam 1,9; 3,3), während an anderer Stelle dasselbe Heiligtum einfach als „Zelt der Begegnung“ bezeichnet wird (vgl. z. B. 1. Sam 2,22).15 Psalm 78,60 nennt das Heiligtum ‫ אהל‬und verwendet den Be­­griff parallel zu ‫משכן‬: ‫ אהל שכן באדם‬/ ‫„( ויטש משכן שלו‬Er verließ seine Wohnung in Schilo/ das Zelt, in dem er unter den Menschen wohnte“ (oder: „an [dem Ort namens] Adam“).16 Zu­dem werden die Begriffe ‫ משכן‬,‫ אהל‬und ‫ בית‬in der gesamten bi­bli­schen Li­te­ra­­tur pa­ral­lel verwendet, so zum Beispiel fordert Mose die Israeliten in Num 16,26–27.32 auf: ‫„( סורו נא מעל אהלי האנשים הרשעים האלה‬Geht weg von den Zelten dieser bösen Men­schen!“; 16,26). Im folgenden Vers wird berichtet, dass die Israeliten der Aufforde­rung Folge leiste­ten: ‫„( ויעלו מעל משכן קרח דתן ואבירם‬Da entfernten sie sich von der Woh­nung Korachs, Datans und Abirams“). Und schließlich lesen wir in Vers 32: ‫ותפתח הארץ את פיה ותבלע אתם ואת בתיהם‬, „Und die Erde öffnete ihren Mund und verschlang sie und ihre Häuser [d. h. Zel­te].“ Alternativ ist es möglich, dass der Begriff ‫ בית יהוה‬in diesen Texten anachronistisch ist und von einem Autor oder Editor aus Sa­ lo­mos Zeit oder danach verwendet wurde. Die Ver­wendung eines anachronistischen Begriffs ist für sich genommen jedoch kein Be­leg dafür, dass der beschriebene Vorgang selbst anachronistisch war. Das be­deu­tet, dass Da­vid tat­sächlich das Zelt besucht haben kann, in dem er die Bundeslade aufge­stellt hatte, und dass dieses Zelt lediglich in anachronistischer Weise als „Haus des Herrn“ be­zeich­net wurde. So oder so gibt es keinen Grund, aus dieser einen Textstelle zu schließen, dass der Tempel bereits vor Sa­lo­mo existiert habe. Abgesehen davon möchte ich hier nicht abstreiten, dass es möglicherweise bereits vor Sa­lo­mo ein jebusitisches Heiligtum in Jerusalem gegeben hat. Die Stadt und ihre Bewohner gab es schließlich schon vor David, und mit Sicherheit hätten sie ihr eigenes Heiligtum gehabt, auch wenn dieses in keinem bi­bli­schen Text erwähnt wird. Diese Tatsache schmälert jedoch nicht die Wahrscheinlichkeit, dass Sa­ lo­mo einen neuen Tempel – außerhalb der früheren Stadtgrenze – für die Israeliten errichtete. Ob David diesen Tempelbau bereits plante, wie Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­ nik betonen, ist umstitten, ist aber nicht völlig unplausibel.

spiegelt sich darin eine antike hebräische Vorlage oder die Information wurde in Angleichung zur Parallele in 1. Kön 2,28–29 hinzugefügt. 15 Zum Fehlen dieses Hinweises in LXX-B und 4QSama, siehe McCarter, I Samuel, S. 81. 16 Zur Kritik an der Vorstellung, dass ‫ באדם‬in Ps 78,60 eine Stadt meint, in der die Stiftshütte früher gestanden habe, siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 132–133, Anm. 62.

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3. Die meisten Forscher gehen grundsätzlich davon aus, dass Sa­lo­mo einen Tempel bau­ te, wobei man sicherlich darüber streiten kann, ob und in welchem Ausmaß die bi­bli­ schen Beschreibungen seiner Größe und Dekoration sowie seines Reichtums wirklich die Zu­stände zur Zeit Sa­lo­mos widerspiegeln.17 In diesem Zusammenhang sollten verschiedene Dinge erwähnt werden: (a) Archäologische und ikonographische Unterstützung: Hier hat beispielsweise Wolf­­gang Zwi­ckel einige überzeugende Argumente zusammengestellt, insbe­son­­ de­­re ver­schie­­dene archäologische Parallelen aus der alten Levante und Me­so­po­ta­ mien, die nahe­legen, dass der Tempel in Jerusalem aller Voraussicht nach im 10. Jh. v. u. Z. er­rich­tet wurde.18 Auch Victor A. Hurowitz argumentiert, dass Ge­stal­­­tung und Sym­­bo­lik des Tempels, wie sie in den Königebüchern beschrieben sind, viele Pa­ral­lelen im Al­ten Orient haben.19 Ohne behaupten zu wollen, dass die Be­schrei­ bun­gen in 1. Könige 6–7 in jedem Detail korrekt sind, scheinen der gro­be Grund­ riss und die innere Auftei­lung des Sa­lo­monischen Tempels für das 10. Jh. v. u. Z. historisch plausibel zu sein. Da­rauf deuten insbesondere die vielen ar­chi­tek­to­ni­ schen Ähnlichkeiten zu anderen Tem­peln aus dieser Zeit hin, die in der Le­van­te aus­gegraben wurden. Zudem gibt es zahl­rei­che andere Details in der Beschreibung, wo­bei es unwahrscheinlich ist, dass sie in der Zeit der geteilten Mo­nar­chie hinzugefügt wurden.20 (b) Hurowitz hat auch gezeigt, dass die Grobstruktur des Tempelbauberichts in 1. Kö­ ni­ge 5–9 trotz der offensichtlichen Bezugnahme verschiedener Quellen große Ähn­­­­lich­­kei­ten mit der typischen Struktur solcher Berichte in zeitgenössischen alt­ orien­­ta­lischen Quel­len aufweist.21 (c) Gershon Galil untersucht die bi­bli­sche Beschreibung von Sa­lo­mos Tempel in den Kö­ni­ge­büchern im Lichte altorientalischer Bauberichte und kommt zu dem 17 Siehe beispielsweise V. A . Hurowitz, „Yhwh’s Exalted House: Aspects of the Design and Symbolism of Solomon’s Temple“, in J. Day (Hg.), Temple and Worship in Biblical Israel, Library of Hebrew Bible/ Old Testament Studies 422 (London: T. & T. Clark International, 2005), S. 63–110, mit ausführ­li­cher Bibliographie. Vgl. auch aktuell Frevel, Ge­schich­te Israels, S. 125–132. Für weitere Li­te­ra­turhinweise und einen Überblick über die drei wichtigsten Forschungsansätze zur Literargeschichte von 1. Kön 5,15–9,9 siehe G. Galil, „Solomon’s Temple: Fiction or Reality?“ in G. Galil et al. (Hgg.), The Ancient Near East in the 12th–10th Centuries BCE: Culture and His­to­ ry, Proceedings of the International Conference held at the University of Haifa, 2–5 May, 2010 (Alter Orient und Altes Testament 392; Münster: Ugarit-Verlag, 2012), S. 137–148, insb. 137–138. 18 Siehe Zwickel, „Solomon’s Temple, Its Cultic Implements and the Historicity of Solomon’s King­ dom“, S. 148–154. Siehe auch Knoppers, „The Vanishing Solomon“, S. 24, Anm. 29. 19 Hurowitz, „Yhwh’s Exalted House: Aspects of the Design and Symbolism of Solomon’s Temple“, S. 63–110. 20 Zwickel, „Solomon’s Temple, Its Cultic Implements and the Historicity of Solomon’s Kingdom“, S. 150–151. Zur reichen Ausstattung des Sa­lo­monischen Tempels und der Verwendung gigantischer Men­gen an Gold mögen bei Millard, „The Case for King Solomon“, S. 23–24, verschiedene Pa­ral­lel­ funde aus dem gesamten Alten Orient verglichen werden. 21 V.[A.] Hurowitz, I Have Built You an Exalted House: Temple Building in the Bible in the Light of Me­s­ opo­tamian and Northwest Semitic Writings, Journal for the Study of the Old Testament Supple­ment Series 115 (Sheffield: JSOT Press, 1992), insb. S. 106–110, 126, 131–321.

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Schluss, dass es nahe­liege, dass „[der] Tempel zur Zeit Sa­lo­mos gebaut [wurde] und der Bau­­­be­­richt… von Sa­lo­mos Schreibern verfasst [wurde]: Kein König des Alten Orients ließ seine Schrei­ber einen Baubericht oder eine Bauinschrift zu Ehren eines ande­­ren Königs schreiben… Es ist noch weniger vorstellbar, dass ein König einen Tem­pel oder einen Pa­last bauen und ihn dann einem seiner Vorgänger zuschreiben würde.“22 Galil führt da­­gegen zahlreiche Beispiele an, in denen altorientalische Herr­­­scher Tem­pel­bau­maß­­nahmen ihrer Vorgänger gezielt in ein schlechtes Licht rück­ten, um ihre eigenen Aktivitäten als besonders positiv hervorzuheben. Die Vor­­stel­­lung, dass ein späterer König von Juda den Tempel gebaut, diesen Bau dann aber Sa­lo­mo zugeschrieben haben sollte, wird folglich nicht nur durch keinen bi­bli­schen Text belegt, sondern es fin­det sich auch nichts Vergleichbares in den Bau­be­rich­ten aus dem Alten Orient. Man könnte auch fragen, ob ein späterer ju­ däi­scher Kö­nig, wenn er den Wunsch hatte, den von ihm gebauten Tempel ­einem sei­ner Vor­gänger zuzuschreiben, in diesem Fall nicht eher David statt Sa­lo­mo ge­ wählt hätte. Statt­dessen betont sowohl die ältere als auch die jüngere bi­bli­sche Ge­­schichts­­schrei­bung, dass David nicht in der Lage gewesen sei, den Tempel zu bauen, während Sa­lo­mo dieses Vorhaben ausführte. In ähnlicher Weise kontrastieren auch zahl­reiche ver­gleichbare Texte aus dem Alten Orient den Bauherrn eines Tem­­pels mit seinen Vorgängern. (d) Garfinkel und Madeleine Mumcuoglu vertreten die Ansicht, dass ein Ge­bäu­de­ modell, das in Khirbet Qeiyafa ausgegraben wurde und Triglyphen sowie zu­rück­­ge­ setz­te Tür­rah­men zeigt, die bi­bli­sche Beschreibung von Sa­lo­mos Palast und Tem­pel un­ter­maue­re.23 Einerseits hinterfragen einige Wis­sen­schaft­ler die archäologi­schen Me­­tho­­den und Schlussfolgerungen Garfinkels, einschließlich die Datierung der Sie­d­lung und die ihr zugeschriebene Zugehörigkeit zur judäischen/ israeliti­schen Mo­­nar­­chie.24 An­de­re Forscher haben hervorgehoben, dass ähnliche Modelle auch an anderen Orten in der Südlevante belegt sind (auch wenn die Stücke aus Khir­bet Qeiya­­fa die ältes­ten bis­her bekannten sind) und dass sie daher nicht als schlag­k räf­ ti­ger Beweis spe­ziell für Sa­lo­mos Tempel gelten können (auch wenn unbestreitbar die Möglichkeit besteht, dass sie diesen Tempel darstellen).25 Andererseits kann die 22 „[The] Temple was built in the days of Solomon, and the building story was composed by Solomon’s scribes: no king in the ancient Near East caused his scribes to compose a building story or inscrip­tion in honor of another king… it is even less conceivable that a king would build a temple or a palace and attribute it to one of his predecessors“; Galil, „Solomon’s Temple: Fiction or Reality?“, S. 141–146, insb. 146. 23 Siehe Y. Garfinkel und M. Mumcuoglu, „Triglyphs and Recessed Doorframes on a Building Model from Khirbet Qeiyafa: New Light on Two Technical Terms in Biblical Descriptions of Solomon’s Palace and Temple“, IEJ 63 (2009), S. 135–163; siehe auch dies., Solomon’s Temple and Palace: New Archaeological Discoveries und ihre Argumente gegen die Minimalisten, S. 15–24. 24 Siehe I. Finkelstein und A. Fantalkin, „Khirbet Qeiyafa: An Unsensational Archaeological and Historical Interpretation“, Tel Aviv 39 (2012), S. 38–63. 25 Siehe z. B. Frevel, Ge­schich­te Israels, S. 125–132, insb. 131, obwohl er immer noch davon ausgeht, dass Sa­lo­mo höchstwahrscheinlich eine Art Heiligtum in Jerusalem gebaut – oder zumindest reno­v iert – habe.

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bloße Existenz die­ses Ge­bäudemodells zumindest als eine weitere Bestätigung dafür dienen, dass die Aus­ge­stal­tung des Sa­lo­monischen Tempels, wie sie im bi­bli­ schen Text beschrieben wird, zeit­genössische Parallelen hatte. Auch wenn sicher nicht alle Details von Sa­lo­mos Tempel verifizierbar sind,26 ist die An­ nah­me, dass er tatsächlich ein Heiligtum auf dem Tempelberg gegründet hat, überaus plau­­­sibel. Diese Möglichkeit sollte nicht ausgeschlossen werden, nur weil auf dem ent­ spre­chenden Areal keine archäologischen Ausgrabungen durchgeführt werden können. Diese Fragestellung kann jedoch nicht von einer anderen, damit zusammenhängenden Pro­­blematik getrennt werden: War Jerusalem als Ganzes im 10. Jh. v. u. Z. wirklich die Haupt­­stadt eines Königreichs, so dass dann davon ausgegangen werden müsste, dass es dort auch einen Tempel und einen Palast irgendwelcher Art gab, oder lediglich ein kleines Dorf, wie die Minimalisten immer wieder behaupten? 2 Jerusalem zur Zeit Davids und Sa­lo­mos Einige Wis­sen­schaft­ler versuchen, den bi­bli­schen Beschreibungen von Jerusalem unter Sa­lo­mos Herrschaft die spärlichen archäologischen Funde aus der Davidsstadt entgegen­ zusetzen, ganz so, als würden Letztere den Ersteren widersprechen. David Ussish­­kin schreibt beispielsweise: „Der bi­bli­sche Text ist die einzige schriftliche Quelle, die Kö­­nig Sa­lo­mos ruhmreiche Herrschaft und seine Hauptstadt Jerusalem beschreibt. Er stellt das Je­ru­sa­lem dieser Zeit als eine große und reiche Stadt dar, wie es sich für die Hauptstadt eines großartigen und wohlhabenden Königreichs und seines Königs geziemt“ (Her­­vor­ he­­bung I. K.).27 Obwohl einige bi­bli­sche Texte Sa­lo­mo unermessliche Reichtü­­mer zu­­ schreiben (1. Kön 6,28–35; 9,14.28; 10,10–27), wird nichts über die exakte Größe Je­­­ru­­­ salems im 10. Jh. gesagt. Der Text schreibt Sa­lo­mo nur den Bau zu vom „Haus des Herrn und sein eigenes Haus, den Millo und die Mauer Jerusalems“ (1. Kön 9,15a; vgl. 1. Kön 11,27). An anderer Stelle werden Tempel und Palast ausführlich be­schrie­ben (1. Kö­ni­ ge 6–7), aber auch dort wird nichts über die genaue Größe der Stadt Jerusalem, ihrer Wohn- und Verwaltungsviertel oder dergleichen gesagt. Abgesehen von diesen Pas­­sa­­gen fin­det sich lediglich noch eine Notiz darüber, dass Sa­lo­mo die Breschen in der Mauer der 26 Zur Frühdatierung und Historizität von 1. Kön 6,1.37–38 siehe Kalimi, „Kings with Privilege“, S. 512. 27 „The biblical text is the sole written source describing King Solomon’s glorious reign and his capital, Jerusalem. It presents Jerusalem of that time as a large and rich city, befitting its role as the capital of a great and prosperous kingdom and king“; Ussishkin, „Solomon’s Jerusalem“, S. 103. Auch Gun­ nar Lehmann behauptet: „Was einst als herrliche Hauptstadt angesehen wurde, die die Pracht des mäch­tigen Vereinigten Königreichs repräsentierte, wird mittlerweile von einigen Forschern ange­ zwei­felt, die davon ausgehen, dass Jerusalem im 10. Jh. v. u. Z. nicht mehr als eine kleine dörfliche Sied­lung war“ („What was once viewed as a magnificent capital, displaying the splendor of the mighty united monarchy, is now challenged by some claiming that Jerusalem during the tenth century B. C. E . was no more than a village-like, small settlement“; G. Lehmann, „The United Monarchy in the Countryside: Jerusalem, Judah, and the Shephelah during the Tenth Century B. C. E.“, in A. Vaughn und A. E . Killebrew [Hgg.], Jerusalem in Bible and Ar­chae­ol­ogy: The First Temple Period, Society of Biblical Li­te­ra­ture Symposium Series 18 [Atlanta, GA: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2003], S. 117–162, insb. 117).

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Davidsstadt reparierte (1. Kön 11,27), die vermutlich seit der Eroberung der Stadt durch David (2. Sam 5,6–8) bestanden hatten. Kurzum: Die Teile Jerusalems, deren Ausbau Sa­lo­mo zugeschrieben werden, sind der Tempelberg und seine unmittelbare Um­ge­bung, wo sich auch der Palast befand. Es gibt in keinem Text einen Hinweis darauf, dass Sa­lo­mo Wohnviertel außerhalb der Stadt Davids erschlossen hätte. Die einzige andere Bezugnahme auf die Größe Jerusalems ist die Passage 1. Kön 11,1–3, in der behauptet wird, dass Sa­lo­mo 700 Haupt- und 300 Nebenfrauen gehabt habe. Auch wenn es durchaus wahrscheinlich ist, dass Sa­lo­mo über einen großen Harem verfügt hat, ist doch offensichtlich, dass diese Zahlen übertrieben sind und nicht als glaubwür­di­ge Quelle für die Frage nach der Einwohnerzahl Jerusalems herangezogen werden können, wie weiter unten noch ausführlicher gezeigt wird.28 Auch die Listen von Davids und Sa­ lo­mos Beamten sind mit jeweils weniger als einem Dutzend genannten Personen nicht besonders umfangreich (vgl. 2. Sam 8,17–18; 1. Kön 4,2–6; hinzu kommen noch Sa­­lo­ mos zwölf Provinzgouverneure, die jedoch nicht in Jerusalem lebten). Wie groß muss eine Stadt tatsächlich sein, um einen solchen Verwaltungsapparat unterzubringen? Zwar be­schreibt 1. Kön 9,23 eine deutlich umfangreichere Administration, bestehend aus 550 „obers­ten Amtsleuten“ (‫ ;)ׂשרי הנצבים‬1. Kön 5,30 erwähnt sogar 3.300 dieser Beam­ten, selbst wenn diese nicht notwendigerweise in Jerusalem ansässig waren. Doch auch diese An­ga­ben sind, wie bereits erwähnt, übertrieben. Beachte, dass der Paralleltext zu 1. Kön 9,23 nur von 200 „obersten Amtsleuten“ spricht (2. Chr 8,10). Aus dem bi­bli­schen Text folgt also gar nicht zwingend, dass man sich Jerusalem unter Sa­lo­mos Herrschaft als eine große Stadt mit ähnlichen Ausmaßen wie Ninive oder Ba­bylon vorstellen muss; vielmehr zeichnen die Berichte das Bild eines mäßig großen, um­mauerten Areals auf dem Südosthügel – die Stadt Davids –, in unmittelbarer Nach­ bar­schaft zu dem neu errichteten Tempel- und Palastbezirk auf dem Tempelberg. Diese Dar­­stel­lung der Größe und Befestigung Jerusalems ist weder phantastisch noch grund­ sätz­lich unplausibel, und obwohl die archäologischen Befunde unvollständig und umstritten sind – wie in Kapitel II (§ II) erläutert wird –, könnten sie doch mit den hier ge­ nann­ten bi­bli­schen Texten übereinstimmen. Ungeachtet dessen gehen einige Forscher komplett über diese bi­bli­schen Texte hinweg und bestreiten die bloße Existenz der Stadt Jerusalem im 10. Jh. v. u. Z. So erklären bei­ spiels­weise Lemche und Thompson: „Jerusalem kann zu dieser Zeit kaum als Stadt be­ zeich­net werden. Die Stadt war noch Jahrhunderte davon entfernt, die Macht zu erreichen, um irgendeine der Dutzende von mächtigeren unabhängigen kleinen Städten Palästinas heraus­fordern zu können“ (Hervorhebungen I. K.).29 Desgleichen erklären Finkelstein und Sil­berman, dass die Grabungen in Jerusalem

28 Zu Sa­lo­mos Harem siehe § I I, 4. 29 „Jerusalem at this time can hardly be spoken of as a city. It was yet centuries from having the capacity of challenging any of the dozens of more powerful small autonomous towns of Palestine“; Lemche und Thompson, „Did Biran Kill David?“, S. 19. Dieselben Behauptungen werden wiederholt in Thompson, The Mythic Past, S. 206.

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Salomos Königreich weder dort [i. e. in der Davidsstadt] noch in anderen Teilen des bi­bli­schen Jerusa­­lems nennenswerte Beweise für eine Besiedlung im 10. Jahrhundert zutage [beförder­ten]. Es fehlte nicht nur jegliches Anzeichen einer monumentalen Architektur, auch einfa­ che Tonscherben fand man nicht. Funde, die an anderen Orten für das 10. Jahrhun­ dert so typisch sind, sind in Jerusalem selten. Einige Gelehrte vertraten die Ansicht, durch spätere, umfassende Bautätigkeit in Jerusalem seien alle Spuren der früheren Stadt vernichtet worden. Aber Ausgrabungen in der Davidstadt brach­ten eindrucks­ volle Funde aus der mittleren Bronzezeit und aus späteren Jahr­hunderten der Eisen­ zeit zutage – nur nicht aus dem 10. Jahrhundert BCE. Am opti­mis­tischsten können diese negativen Beweise noch gedeutet werden, indem man an­nimmt, daß Jerusa­lem im 10. Jahrhundert in seinem Umfang ziemlich begrenzt war, vielleicht war es nicht mehr als ein typisches Bergdorf (Hervorhebungen I. K.).30

Diese Schlussfolgerung ist äußerst fragwürdig. Sie verwirft ungerechtfertigt zweierlei: Zum einen die Tatsache, dass es gegenwärtig unmöglich ist, Sa­lo­mos Bauprojekte auf dem Tempelberg archäologisch zu beweisen oder zu widerlegen, zum ande­ren unter­schätzt sie die Belege für die Besiedlung und Bautätigkeit in der Stadt Da­vids im 10. Jh. v. u. Z. Diese Pro­blematik wurde bereits in Kapitel II, § II dargelegt und muss hier nicht noch einmal dis­kutiert werden. Zumindest ist zu vermerken, dass die Be­haup­tung Fin­kelsteins und Sil­bermans schlicht falsch ist, in Jerusalem seien nicht einmal „einfache Ton­scherben“ aus dem 10. Jh. ausgegraben worden. Wie Jane Cahill betont, wurde Ke­ra­mik aus dem 10. Jh. in Stratum 14 in der Stadt Davids freigelegt, einer Schicht, die auch die Überreste einiger Gebäude, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Be­fes­ti­g ungs­mauer, enthält.31 Auch wenn archäologische Untersuchungen bisher also nicht den vollen Um­fang der Stadt im 10. Jh. erschließen konnten, scheint sie zu dieser Zeit besiedelt gewesen zu sein. Es ist auch eine beträchtliche Bautätigkeit in der Stadt Davids anzunehmen. Und das ist – abgesehen davon, dass der Tempelberg für Ausgrabungen nicht zugänglich ist – auch genau das, was die bi­bli­schen Texte behaupten. 30 Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 150. Knauf geht sogar so weit zu behaup­ ten, dass „Jerusalem… aus archäologischer Perspektive zwischen dem 17. und dem 14. Jh. sowie im 10. Jh. v. u. Z . (nach traditioneller Chro­no­lo­g ie) nicht [existierte]“ („Archaeologically, Jerusalem did not exist between the 17th and the 14th centuries nor in the 10th century [traditional chronol­ogy] B. C. E .“; Knauf, „Jerusalem in the Late Bronze and Early Iron Ages: A Proposal“, S. 75). Ob­wohl nur wenige Überreste gefunden wurden, gesteht er zu, dass wohl trotzdem irgendeine Art von Stadt an diesem Ort gestanden haben müsse – er schlägt vor, dass diese Siedlung im Großen und Gan­zen auf den Tempelberg begrenzt war –, und kommt zu dem Schluss: „Jerusalem hat wohl weniger als 2.000 Einwohner gehabt, als David an die Macht kam“ („Jerusalem would have had less than 2000 inhabitants when David came to power“; ebd., 79). 31 Cahill, „Jerusalem at the Time of the United Monarchy“, S. 56–72. Zu diesen bedeutenden Über­res­ ten kommen noch die beachtlichen Befestigungsanlagen aus der Spätbronzezeit, die offenbar auch in der Eisenzeit I und IIA noch erhalten waren und genutzt wurden, wie beispielsweise die Gihon­ quel­le mit ihren Wachtürmen, die mittelbronzezeitliche Befestigungsmauer, die später in die Mauer aus der Eisenzeit II integriert wurde, und möglicherweise die sogenannte „Stepped Stone Structure“, eine steile, mit Steinen befestigte Fortifikation des Abhangs, deren Errichtung Cahill vollständig auf das 12. Jh. datiert (ebd., S. 71–72).

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Zu dem Argument, Jerusalem sei – auch wenn es besiedelt war – zu klein gewesen, um die Haupt­stadt eines Reichs zu sein,32 ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Ver­waltung eines großen Herrschaftsgebiets, wie es David und Sa­lo­mo von den bi­bli­ schen Tex­ten zugeschrieben wird (z. B. 2. Sam 8,1–14, 1. Kön 5,1), in der frühen Eisen­zeit kei­nes­wegs eine gewaltige Hauptstadt von der Größe Ninives oder Babylons erfor­der­te. Wie Me­nachem Haran bereits gezeigt hat, bedeutete Herrschaftsausübung über ein großes Ter­ri­torium bis zur Perserzeit nicht bürokratische Kontrolle, was einen großen Hof und eine große Hauptstadt erfordert hätte, sondern einen entscheidenden militäri­schen Sieg, der zu Tributzahlungen von lokalen Anführern (Vasallen) aus den eroberten oder be­siegten Gebieten führte (vgl. 2. Sam 8,2.6.14; 10,19; 1. Kön 10,24–25). Vor diesem Hin­­ter­grund kann die Größe Jerusalems den Umfang des Davidisch-Sa­lo­monischen Kö­ nig­­reichs weder beweisen noch widerlegen.33 Na’aman betont außerdem, dass sich an anderen Orten im Alten Orient Parallelen fänden, die zeigten, dass „[i]n einer so insta­bi­len Si­tuation… ein talentierter und erfolgreicher Anführer riesige Gebiete erobern [konn­te]. Es war nicht einmal nötig, für diesen Erfolg eine dauerhafte städtische Basis zu haben. Die historische Bewährungsprobe bestand darin, ob der Eroberer und seine Erben in der La­ge waren, die eroberten Gebiete zu behalten und eine dauerhafte Verwaltung auf­zu­ bauen… In dem Bericht von Davids Eroberungen findet sich nichts, was unmöglich gewesen wäre – die einzige Frage ist, ob es wirklich geschah oder nicht.“34 Tatsächlich muss sogar Finkelstein anerkennen, dass es selbst im Raum der südlichen Le­van­te vergleichbare Fälle gibt, in denen große Territorien „von einer bescheidenen Siedlung aus beherrscht wurden, die keine Anzeichen von monumentalen Gebäuden auf­ wies.“35 Dennoch akzeptiert er diese Parallelen nur für die Möglichkeit eines vor-omri­ 32 Siehe z. B. Thompson, Early His­to­ry of the Israelite People, S. 331–332. 33 Siehe M. Haran, „The Bible and Ar­chae­ol­ogy as Testimony for Israelite His­to­r y“, Beit Mikra 176 (2004), S. 31–46, insb. 41–46 (Hebräisch). 34 „In such a fluid situation, a talented and successful leader may conquer vast areas. It was not even necessary to have a permanent urban basis for such an achievement. The historical test is whether the conqueror and his heirs were able to keep the conquered areas and establish a permanent administration… There is nothing impossible about the account of David’s conquests – the only problem is whether or not it really happened“; Na’aman, „Sources and Composition in the His­to­r y of David“, S. 183. Er erwähnt die Königreiche, die im späten 19. und frühen 18. Jh. v. u. Z. von Jahdun­lim, Scham­schi-Addu und Zimrilim im Norden Mesopotamiens errichtet wurden (ebd., S. 182–183), und kommt zu dem Schluss, dass die Quellen kein abschließendes Urteil darüber erlauben, ob Davids Eroberung wirklich stattgefunden hat oder nicht, aber auch das wirkt übertrieben skeptisch. 35 „…were ruled from a modest settlement with no evidence of monumental buildings“; I. Finkelstein, „Stages in the Territorial Expansion of the Northern Kingdom“, VT 61 (2011), S. 227–242, insb. 234–235. Namentlich erwähnt er als Beispiel Sichem, das in der Amarnazeit relativ klein war, und dennoch „über den Norden des zentralen Berglandes, Teile des Jordantals und möglicherwei­se Ge­ bie­te im Bergland östlich des Jordans herrschte; seine Manöver, von denen die Tafeln berich­ten, ziel­ ten darauf, [seine Herrschaft] in die Jesreelebene auszudehnen“ („ruled over the northern part of the central highlands, part of the Jordan Valley and possibly areas in the highlands to the east of the Jordan; its maneuvers, as recorded in the tablets, were aimed at expanding into the Jezreel Valley“). Im Folgenden beschreibt er auch Fälle aus deutlich jüngerer Zeit: „Sowohl Sichem in der Amarna­zeit als auch Israel in der frühen Eisenzeit IIA können als expandierende frühe Territorialstaa­ten be­schrie­ben

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di­schen Nordreichs, ohne in Erwägung zu ziehen, dass diese zugleich seine Argumen­te ge­gen die Historizität der Vereinigten Monarchie untergräbt. Darüber hinaus schlägt Baruch Halpern vor, dass die relativ geringe Größe Jerusa­lems sogar „eine bewusste Politik der Ausgrenzung der Bevölkerung von staatlichen Zen­tren“36 widerspiegeln könnte. Diese Möglichkeit wird durch die Befunde zur Eisen­zeit IIA aus Megiddo (Strata VA–IVB) und Hazor (Strata X–IX) bestätigt, wo monumen­ta­le öffentliche Gebäude und Befestigungsanlagen errichtet wurden, jedoch zugleich le­dig­lich eine bescheidene Zunahme der Wohnhäuser – die Halpern „domestic architecture“ nennt – zu verzeichnen ist.37 So führt auch Ze’ev Herzog aus, dass diese Entwicklung eine größere Verschiebung widerspiegle, die über die gesamte Eisenzeit II hinweg stattge­fun­den habe: „Die alte Ordnung [aus der Bronzezeit] mit einem königlichen Palast-Hof auf der Akro­polis, die von großen Wohnvierteln umgeben war, wurde durch eine Hierar­chie verschiedener administrativer Zentren abgelöst, die alle Regierungszwecken dienten. Dem­entsprechend wurden die Städte der dritten urbanen Phase [i. e. Eisenzeit II] nach und nach mit Gebäuden gefüllt, die keine Wohnhäuser waren, weswegen die meisten Ein­ woh­ner die Städte verließen.“38 Volkmar Fritz bekräftigt auch, dass einige Städte aus der Eisen­zeit vorwiegend administrativen Zwecken und weniger als Wohnorte dienten, unter werden. Ähnliche Phänomene – einer neu entstehenden territorial-politischen Enti­tät, die von einer bescheidenen ländlichen Siedlung im Bergland aus beherrscht wird – sind auch aus der späteren Ge­ schich­te der Levante bekannt, beispielsweise im Fall von Dhar el-Omar im unteren Ga­liläa und Fakhr ed-Din im Libanongebirge“ („The nature of both Shechem of the Amarna period and Israel in the early Iron IIA can be described as an expanding, early territorial formation. Similar phenomena – of an emerging territorio-political entity ruled from a modest rural settlement in the highlands – are known in the later history of the Levant, for instance in the case of Dhar el-Omar in the Lower Galilee and Fakhr ed-Din in the mountains of Lebanon“; ebd., S. 235, mit Li­­te­ra­turangaben). 36 „[A] deliberate policy of distancing domestic population from state centers“; B. Halpern, „The Con­ struc­tion of the Davidic State: An Exercise in Historiography“, in V. Fritz und P. R. Davies (Hgg.), The Origins of the Ancient Israelite States, Journal for the Study of the Old Testament Supple­ment Series 228 (Sheffield: Sheffield Academic Press, 1996), S. 44–75, insb. 72–73. Diese Argumente werden aus­f ühr­licher dargelegt in seinem Buch David’s Secret Demons: Messiah, Murderer, Traitor, King (Grand Rapids, MI: W. B. Eerdmans, 2001), S. 211–222. 37 Halpern, „The Construction of the Davidic State“, S. 73. 38 „The old order [in der Bronzezeit] of a royal palace-court on the acropolis surrounded by large resi��dential quarters was replaced by a hierarchy of administrative centers serving governmental needs. Consequently, the cities of the third urban phase [i. e. Eisenzeit II] were gradually filled up by non-residential structures, and vacated of most of their inhabitants“; Z. Herzog, Ar­chae­ol­ogy of the City: Urban Planning in Ancient Israel and Its Social Implications, Tel Aviv University Sonia and Marco Nadler Institute of Ar­chae­ol­ogy Monograph Series 13 (Jerusalem: Emery and Claire Yass Ar­chae­ol­ ogy Press, 1997), S. 276, vgl. S. 211–220, 275–277). Trotz dieser grundsätzlichen Schlussfolgerung akzeptiert Herzog jedoch die Low Chronology und nimmt für Megiddo an, dass dieser Prozess erst nach Sa­lo­mo begonnen habe, während im 10. Jh. „[e]in Großteil des Areals im Inneren der Stadt… von Wohnvierteln belegt [war] („[m]ost of the area exposed inside the city is occupied by residential units“), die vermutlich etwa 75 % der Siedlung ausmachten (ebd., S. 212–213). Nichtsdestotrotz – un­abhängig davon, ob man der High Chronology oder der Low Chronology folgt – ging in diesen Städten der Bau von Monumentalarchitektur nicht mit einer Ausdehnung der Wohngebiete ein­her.

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an­derem Megiddo Stratum IVB.39 Halpern argumentiert, dass Davids Entscheidung, die nicht israelitische Stadt Jerusalem zu seiner Hauptstadt zu machen, eine solche Poli­tik widerspiegle, ebenso wie Sa­lo­mos Verwaltungszentren, die in 1. Kön 4,7–19 aufgelis­tet sind und von denen viele nicht traditionell israelitisch waren, so zum Beispiel Beth-Sche­ mesch, Dor, Taanach, Megiddo und Beth-Schean.40 Das Ziel dieser Politik könnte gewesen sein, durch die Trennung von Verwaltungs- und Bevölkerungszentren die Macht der traditio­nel­len Stammesführer zu begrenzen.41 Sollte das der Fall gewesen sein, dann wäre eine re­lativ kleine Hauptstadt auf dem Areal der Stadt Davids kein Beweis mangeln­der Be­deu­tung, sondern eine bewusste politische Entscheidung. Das würde bedeuten, dass Je­ru­sa­lem im 10. Jh. weder deshalb klein war, weil Davids Königreich klein war, noch, weil er über­haupt kein Königreich hatte; vielmehr ist es gut möglich, dass Jerusalem klein war, weil es von Anfang an als befestigter Verwaltungssitz diente. 3 Die Größe des Davidisch-Sa­lo­monischen Königreichs Das Kernland, in dem die israelitischen Stämme lebten, erstreckte sich von „Dan bis Beer-Scheba“ (2. Sam 24,2.15; 1. Kön 5,5b). Hinzu kamen einige Gebiete östlich des Jor­ dans (z. B. Ri 11,1–12,7; 1. Sam 11; 31,11–13; vgl. auch Num 21,21–35). Der Kern von Salomos Reich ist nichts anderes als die Standardisierung der Verwaltung dieses israe­li­ ti­schen Kernlandes durch die Ernennung von Gouverneuren (1. Kön 4,7–19). Die Mi­ ni­­ma­listen beharren darauf, dass selbst die Annahme, dass David und Sa­lo­mo über den Nor­­den Israels geherrscht hätten, nicht historisch sei und eher die Ideologie späterer judäischer Könige als die tatsächliche Situation im 10. Jh. widerspiegle.42 Die Liste von Sa­ lo­mos Statt­haltern in 1. Kön 4,7–19 hat jedoch nicht den Charakter einer ideologischen Er­k lä­rung, sondern scheint eher auf eine ursprüngliche archivarische Quelle zurückzugehen, was die meisten Bibelwissenschaftler anerkennen.43 Es handelt sich dabei um eine nüch­ter­ne Auflistung von Namen und Regionen ohne theologischen Inhalt oder 39 Siehe V. Fritz, Die Stadt im Alten Israel, Beck´s Archäologische Bibliothek (München: C. H. Beck, 1990), S. 97–98; auch wenn Fritz für Megiddo der Low Chronology folgt und die betreffen­de Schicht daher nicht Sa­lo­mo zuschreibt, bleibt seine Beobachtung bezüglich der Stadtplanung gül­tig (vgl. ebd., S. 71–78). 40 Halpern, „The Construction of the Davidic State“, S. 73, der A. Alt, „Israels Gaue unter Sa­lo­mo“, Klei­ne Schriften zur Ge­schich­te des Volkes Israel (München: C. H. Beck, 1964), Bd. 2, S. 76–89, folgt. 41 Halpern, „The Construction of the Davidic State“, S. 73–74. 42 Siehe z. B. Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 160–163. 43 So z. B. J. Gray, I & II Kings: A Commentary, 2.. überarb. Aufl., Old Testament Library (Phil­a­del­ phia: Westminster, 1970), S. 24, 134–140; T. N. D. Mettinger, Solomonic State Officials: A Study of the Civil Government Officials of the Israelite Monarchy (Lund: CWK Gleerup, 1971), S. 111–127; E. Würth­wein, Das Erste Buch der Könige: Kapitel 1–16 übersetzt und erklärt, Das Alte Testa­ment Deutsch (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1977), S. 41–46, insb. 43; Sarna, „The Bibli­cal Sources for the His­to­r y of Monarchic Period“, S. 11; S. J. DeVries, 1 Kings, Word Biblical Com­men­ tary 12 (Waco, TX: Word, 1985), S. 66–68; vgl. H. M. Niemann, „The Socio-political Shadow Cast by Biblical Solomon“, in L. K . Handy (Hg.), The Age of Solomon: Scholarship at the Turn of the Mil­ len­nium (Leiden: E. J. Brill, 1997), S. 252–299, insb. 280–288; Mulder, 1 Kings, S. 168–186; Cogan, I Kings, S. 216; obwohl er die Meinung vertritt, die Liste sei im Laufe der Zeit überarbeitet wor­den, geht ihr Kernbestand wohl auf einen alten Verwaltungstext zurück.

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offensichtliche Ver­bindungen zu der traditionellen Landverteilung unter den Stämmen. Daher ist es un­wah­rscheinlich, dass ein späterer Autor die Liste erfunden hat, nur um zu zeigen, dass Sa­lo­mos Königreich ganz Israel umfasst habe. Weder gibt es eine Grundlage für die Be­haup­tung, die Liste habe sich ursprünglich auf einen anderen König – wie beispiels­wei­se Omri – bezogen und sei erst sekundär mit Sa­lo­mo in Verbindung gebracht worden,44 noch sollte man den Rest der bi­bli­schen Er­zäh­lungen in Sa­muel-Kö­ni­ge vernachlässigen, die eindeutig die Herrschaft Sauls, Davids und Sa­lo­mos über die nordisraelitischen Stämme widerspiegeln. Das bedeutet, dass sowohl die Er­zäh­lungen als auch die Verwaltungslisten, die in Sa­muel-Kö­ni­ge der Vereinigten Monarchie zugeschrieben werden, durchgehend auf eine Herrschaft über nördliche und südliche Stämme hinweisen. 1. Könige 5,1 beschreibt eine noch größere Ausdehnung des Sa­lo­monischen Reichs: „So herrschte Sa­lo­mo über alle Königreiche, vom [Euphrat-] Strom bis zum Philister­land und bis an die Grenze Ägyptens“. Ein so großes Königreich setzt nicht nur die Herr­schaft über Israeliten und Judäer voraus, sondern auch über ihre Nachbarvölker. Da Sa­lo­mo selbst keine bedeutenderen Kriege zugeschrieben werden, ist die Frage, wie ein sol­cher Macht­bereich möglich war. Obwohl nur von einem einzigen militärischen Sieg Sa­lo­mos be­richtet wird – die Eroberung von Hamath-Zoba in 2. Chr 8,3 als Hinzufügung zu 1. Kön 9,18 –, heißt es, er habe die Territorien Davids geerbt, dem eine Vielzahl verschiedener Texte wiederum zahlreiche Kriege zuschreiben. Folglich basiert die Annahme eines großen Sa­lo­monischen Reichs nicht allein auf 1. Kön 5,1, sondern auch auf einer großen Bandbreite an Texten über Davids Eroberungen, die mit diesen Reichsgrenzen über­ einstimmen (z. B. 2. Sam 8,1–14). Auch wenn Sa­lo­mo während seiner Regierungszeit auf Wi­der­stand gegen seine Herrschaft über diese Gebiete stieß (1. Kön 11,14–28), der möglicherweise von Pharao Schischak I. (931–910 v. u. Z. oder 945–924 v. u. Z.) unterstützt wur­de,45 setzen die Berichte über diese Widerstände bereits voraus, dass sich das Reich, das Sa­lo­mo erbte, deutlich über die Grenzen Israels und Judas hinaus erstreckte. Ein ähnlicher Anspruch wie in 1. Kön 5,1 wird – mit anderen Begrifflichkeiten – auch in 1. Kön 5,4 erhoben: „Denn er herrschte über alle [Gebiete] jenseits-des-Flusses [‫עבר הנהר‬, sprich: des Euphrats], von Tifsach bis Gaza, über alle Könige jenseits-des-Flusses; und er hatte Frieden auf allen Seiten.“ Die Phrase „jenseits-des-Flusses“ ist in diesem Zu­sam­men­ hang problematisch: Sie passt nicht zur Perspektive eines Ver­fas­sers, der sich in Jer­usa­ lem befindet, sondern eher zu jemandem, der sich östlich des Euphrats aufhält und einen 44 So N. Na’aman, „Solomon’s District System (1 Kings 4:7–19) and the Assyrian Province System in Palestine“, Ancient Israel’s His­to­ry and Historiography: The First Temple Period, Collected Essays (Wi­ no­na Lake, IN: Eisenbrauns, 2006), Bd. 3, S. 102–119; Finkelstein, „Stages in the Territorial Ex­pan­­ sion of the Northern Kingdom“, S. 240; Knauf und Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel, S. 76, 78. Letzterer Behauptung folgt Niemann, „The Socio-political Shadow Cast by Biblical Solomon“, S. 252–299. Aber während Niemann einräumt, dass 1. Kön 4,7–19 möglicherweise unter Omri oder spä­ter entstand (S. 287–288), verteidigt der Großteil seiner Diskussion dieses Textes eher die Plau­si­ bi­li­tät der Annahme, dass die Liste die tatsächlichen Zustände unter Sa­lo­mos Herrschaft be­schreibt (S. 280–288). 45 Der explizite Bezug zu Schischaks Feldzug in 1. Kön 14,25–28, der auch in einer zeitgenössischen Orts­namensliste aus Ägypten bezeugt ist, legt die Verwendung von Archivmaterial aus dem 10. Jh. nahe, vgl. Na’aman, „Sources and Composition in His­to­r y of David“, S. 170–171.

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Ausdruck benutzt, der ansonsten erstmals in assyrischen Quellen aus dem 8. Jh. belegt ist (ebi­r-nāri).46 Allerdings stellt der Begriff „jenseits-des-Flusses“ hier eine Wiederauf­nah­me dar: Er wird sowohl vor den Worten „er herrschte über alle [Gebiete] von Tifsach [am oberen Euphrat] bis Gaza [die wichtigste Philisterstadt]“ als auch direkt im Anschluss daran verwendet. Folglich handelt es sich bei dem kompletten Vers 5,4a, ‫כי הוא רדה בכל עבר הנהר‬ ‫מתפסח ועד עזה בכל מלכי עבר הנהר‬, um den Einschub eines späten Glossators, der ent­we­der östlich des Euphrats lebte oder den akkadischen Ausdruck kannte und ihn anachro­nis­ tisch verwendete. Tatsächlich fungiert die Phrase auch als in­ter­pretierende Parallele zu dem Begriff „von Tifsach bis Gaza“.47 Jedenfalls ist sie kein Bestandteil der ursprüng­ lichen Beschreibung, die eine Liste von Sa­lo­mos Beamten und Provinzgouverneuren enthält, die über die israelitischen Stämme eingesetzt waren (1. Kön 4,1–19).48 Tatsäch­lich sehen viele Wis­sen­schaft­ler 1. Kön 5,4 als Ganzes oder in Tei­len als eine späte Glosse zu 5,1 an, die ähnliche Grenzverläufe von Sa­lo­mos Reich mit un­ter­schiedlichen Begrif­fen beschreibt und vermutlich auf eine frühere Tradition zu­rück­geht.49 Doch ist die Annahme eines solch ausgedehnten Reichs plausibel? Finkelstein und Sil­ ber­man, wie auch einige andere Revisionisten/ Minimalisten, streiten ab, dass die Größe und Einwohnerzahl von Juda und Jerusalem ausgereicht hätten, um ein erweitertes Reich un­terstützen zu können, wie es in den bi­bli­schen Texten beschrieben ist: Diese Annahme [i. e. die bescheidene Einschätzung der Größe Jerusalems, I. K.] paßt gut zum eher dürftigen Besiedlungsmuster des restlichen Juda zur gleichen Zeit, das nur ungefähr 20 kleine Dörfer mit einigen tausend Bewohnern umfaßte, viele davon umherziehende Hirten. Es ist auch ziemlich unwahrscheinlich, daß diese dünn be­siedelte Region Juda und mit ihr das kleine Dorf Jerusalem das Zen­trum eines 46 Der akkadische Begriff ebir-nāri bezeichnet ein Gebiet westlich des Euphrats und erscheint erstmals in einem Brief aus der Regierungszeit des assyrischen Königs Sargon II. (722–705 v. u. Z.); siehe S. Par­pola, The Correspondence of Sargon II, Part 1: Letters from Assyria and the West, State Archives of Assyria 1 (Helsinki: University of Helsinki Press, 1987), S. 160, Nr. 204, Zeile 10. Für eine aus­ führ­liche Diskussion und Li­te­ra­turangaben zu diesem Thema siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­­bung des Chro­nisten, S. 101–102. 47 Die Worte ‫ מתפסח ועד עזה בכל מלכי עבר הנהר‬fehlen sowohl in dem Codex Vaticanus und der lukianischen Septuaginta-Rezension als auch in einigen hebräischen Handschriften. 48 Die relative große Zahl von Ausländern in den Verwaltungslisten, wie auch die regelmäßigen und viel­f ältigen Hinweise auf Davids und Sa­lo­mos politische Bündnisse mit Nachbarvölkern – z. B. Ty­ ros oder Ägypten vor Schischak I. –, könnten ebenfalls die Vorstellung eines erweiterten politi­schen Ein­f lusses stützen. Es ist unwahrscheinlich, dass es sich um eine Erfindung späterer judäischer, is­ rae­li­tischer oder jüdischer Schreiber handelt; siehe A. Rofé, „The Reliability of the Sources about David’s Reign: An Outlook from Political Theory“, in E. Blum (Hg.), Mincha: Festgabe für Rolf Rendtorff zum 75. Geburtstag (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2000), S. 217–227, insb. 222–227. Ro­fé diskutiert diese Frage besonders im Hinblick auf David, und seine Schlussfolgerungen treffen nicht weniger auf Sa­lo­mo zu. 49 Siehe z. B. Cogan, 1 Kings, S. 213: „Dieser Vers wirkt wie eine Glosse zu V. 1, die das Staatsgebiet unter Sa­lo­mos Herrschaft in geographischen Begriffen beschreibt, von denen die meisten anachronis­ ti­sche, späte Bezeichnungen sind“ („This verse looks like a gloss on v. 1, defining the territory under Solomon’s rule in geographical terms, most of which are anachronistic, late designations“); vgl. Gray, I & II Kings, S. 140–143, insb. 143; Mulder, 1 Kings 1–11, S. 188–193, insb. 192.

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Salomos Königreich großen Reichs hätte werden können, das sich vom Roten Meer im Sü­den bis nach Sy­rien im Norden erstreckt… Es gibt absolut keine archäologischen Hin­wei­se auf den Reich­tum, die militärische Stärke und das Organisationsniveau, die er­for­der­ lich ge­­wesen wären, um große Armeen – und sei es für kurze Zeit – unter Waf­fen zu halten. Selbst wenn die relativ wenigen Bewohner Judas schnelle Angriffe auf Nach­ barregionen ausführen konnten, wie wären sie fähig gewesen, das riesige und weit­aus ehrgeizigere Reich von Davids Sohn Sa­lo­mo zu verwalten?“50

Trotz dieser zuversichtlichen Behauptung unterlassen es Finkelstein und Silberman jedoch, anzugeben, wie ihre Schätzungen der Größe und Einwohnerzahl Judas zustande kommen.51 Ähnliche Überlegungen wurden von Gunnar Lehmann geäußert, der sich auf un­pu­ bli­zierte Surveys von Yehudah Dagan und Avi Ofer beruft und schätzt, dass es in der Eisen­ zeit IIA neben Jerusalem vermutlich nur 32 bewohnte Ortslagen in Juda gab.52 An­ders als in dem Artikel von Ofer, den Finkelstein und Silberman zitieren, versucht Leh­mann je­­doch, die Einwohnerzahl zu schätzen, indem er ein Modell von Ferdinand Brau­del auf das gesamte „bebaute Gebiet im judäischen Bergland“ anwendet. Lehmann kommt zu dem Schluss, dass in der Eisenzeit IIA etwa 2.880–5.760 Menschen in Jerusalem und den Ge­bieten unmittelbar nördlich der Stadt gelebt hätten, 5.055–10.110 Menschen im ju­ däi­schen Bergland südlich von Jerusalem und 14.250–28.500 Menschen in der Schefela, wobei ein Großteil davon Einwohner der Philisterstädte Gath und Ekron gewesen seien.53 50 Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 150–151, siehe auch 160–161; ähn­lich ­äußern sich auch Davies, In Search of ‚Ancient Israel‘, S. 67; Thompson, Early His­to­ry of the Israelite People, S. 291; ders., The Mythic Past, S. 206. 51 Wie im gesamten Buch Keine Posaunen vor Jericho bieten Finkelstein und Silberman keine Fuß­no­ ten oder expliziten Verweise auf ihre Quellen für die Größe Jerusalems, siehe S. 149–151, 160–163. Wie bereits angemerkt, verweist ihre allgemeine Kapitel-Bibliographie (S. 356–358) lediglich auf eine einzige Quelle zur Siedlungsstruktur in Juda, nämlich Ofer, „‚All the Hill Country of Judah‘“, S. 92–121. Dort findet sich aber überhaupt keine explizite Schätzung der Einwohnerzahl Judas, siehe Kapitel III, § I V (3), Anm. 51. 52 Lehmann, „The United Monarchy in the Countryside“, S. 146. Genauer gesagt geht er davon aus, dass es während der Eisenzeit I 18 und während der Eisenzeit IIA 32 Ortslagen in Juda – außer Je­r u­sa­lem – gegeben habe, während die Zahl der Ortslagen nördlich von Jerusalem – inklusive Je­ ru­sa­lem – in der Eisenzeit I 19 und in der Eisenzeit IIA 15, „in der Schefela“ in der Eisenzeit I 6 und in der Eisen­zeit IIA 19 betragen habe (ebd.). Lehmann entnimmt diese Zahlen den unpublizierten Dis­ser­ta­tionen von Dagan und Ofer und bezieht weitere Hinweise auf Siedlungen, sofern vorhanden, ein, siehe ebd., S. 118–119. Ofers eigene Schätzungen sind ähnlich: 18 Ortslagen im judäischen Berg­land in der Eisenzeit I und 34 in der Eisenzeit IIA (Ofer, „‚All the Hill Country of Judah‘“, S. 102–104). Wäh­rend Lehmann jedoch der Low Chronology folgt und daher davon ausgeht, dass das 10. Jh. durch die Zahlen zur Eisenzeit I repräsentiert wird, geht Ofer von der High Chronology aus und nimmt an, dass die höheren Zahlen zur Eisenzeit IIA sich auf das 10. Jh. beziehen. 53 Siehe Lehmann, „The United Monarchy in the Countryside“, S. 133. Lehmann, der der Low Chro­ nol­ogy folgt, datiert die Vereinigte Monarchie auf die Eisenzeit I, für die er sogar noch nie­d ri­ge­re Bevölkerungszahlen schätzt: 18 Siedlungen in Juda außer Jerusalem (ebd., S. 146) mit ca. 1.185– 2.370 Ein­wohnern Jerusalems und der nördlich davon gelegenen Bergregionen, 2.715–5.430 Ein­ woh­nern des südlichen Berglandes und 5.985–11.970 Shefela-Bewohnern (ebd., S. 133).

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Diese Zahlen eröffnen bereits die Möglichkeit einer deutlich zahlreicheren Bevölke­ rung als die „einigen tausend“, die Finkelstein und Silberman angeben. Knauf und Guil­ lau­me sind an anderer Stelle sogar noch großzügiger – zumindest im Hinblick auf Saul: Sie nehmen an, dass sein Königreich „ein Land, das um 1.000 v. u. Z. eine Ge­samt­be­völ­ ke­rung von 100.000–120.000 umfasste“, gewesen sei, und fügen hinzu, dieser Um­stand „recht­fer­tigte es, ihm eine Krone aufzusetzen“.54 Alle diese Schätzungen sollten je­doch mit einer ge­sunden Skepsis betrachtet werden, da sie vorwiegend auf Survey-Daten ba­ sie­ren. Sie setzen ohne Weiteres voraus, dass Oberflächenforschungen ein verlässli­ches Bild der eisen­zeitlichen Bevölkerungszahlen liefern können – aber wie sollte das mög­ lich sein? Wie viele Überreste wurden in den 3.000 Jahren seit der Herrschaft Davids und Sa­lo­mos durch Erosion zerstört? Wie viele tausend Male hat es seitdem geregnet? Wie vie­le Men­schen und Tiere, Truppen und Eroberer haben dieses Land durchquert und Ver­­än­de­run­gen und Zerstörungen hinterlassen? Wie kann man annehmen, dass eine Schät­­zung aufgrund der an der Oberfläche erhaltenen Überreste nach drei Jahrtau­sen­ den eine ver­läss­liche Basis dafür bildet, die antiken Berichte über die Größe des König­ reichs ab­zulehnen? Selbst Lehmann gesteht sogar ein, dass Daten aus Feldbegehungen pro­­ble­­matisch, interpretationsbedürftig, derzeit nicht verifizierbar und jegliche Schät­ zun­gen von mehreren umstrittenen Prämissen abhängig sind: „Sicherlich sind Sied­lungs­ kar­­ten auf­­grund von Survey-Daten unvollständig. Einige Ortslagen wurden übersehen, und die Schät­zung der Siedlungsgröße ist manchmal unpräzise… Juda und die Schefela sind Ge­biete mit dünnen Alluvium- oder äolischen Sedimentschichten wie etwa Löß, die eine an­­ti­ke Siedlung bedecken könnten. Hier beschädigt die Erosion die Ortslagen und legt Ar­te­­fakte frei.“55 Überraschenderweise schließt Lehmann jedoch daraus nur, dass „die Vor­aus­­setzungen für die Wahrnehmbarkeit von antiken Überresten im Gelände gut sind… Daher gibt es eine verlässliche Auswahl an eisenzeitlichen Ortslagen in der un­ter­ such­ten Region.“56 Wenn Lehmann jedoch recht hat, die Feldbegehungen unvollständig sind und Ero­sion ein signifikantes Problem darstellt, dann ist keinesfalls davon auszugehen, dass al­le eisen­ zeitlichen Siedlungen nach ca. 3.000 Jahren erhalten und als solche erkennbar ge­blie­ben sind. Vor diesem Hintergrund kann jede Feldbegehung vielleicht ein Minimum der ge­ schätzten Siedlungszahl liefern, keinesfalls jedoch die maximale Anzahl von Ortsla­gen. Da­her ist Lehmanns Schlussfolgerung – wie diejenigen von Finkelstein, Silberman und an­de­ren Minimalisten auch – unangemessen zuversichtlich: „Egal, welcher Chro­no­lo­gie man folgt, war die Einwohnerzahl in der Heimat von David und Sa­lo­mo sehr nie­drig… 54 „a country that numbered a total population of 100,000–120,000 by 1,000 BCE… [this] justified putting a crown on his head“; Knauf und Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel, S. 67. 55 „Certainly, settlement maps drawn with survey data are incomplete. A number of sites have been over­looked, and the estimate of the settlement size is sometimes imprecise… Judah and the Shephelah are regions with limited alluvium or Aeolian sediments such as loess, which may cover an ancient site. Here erosion damages the sites and exposes artifacts“; Lehmann, „The United Monarchy in the Country­side“, S. 123. 56 „[C]onditions are good for what has been called ‚site visibility‘… Thus, there is a reliable sample of Iron Age sites in the area of investigation“; Lehmann, „The United Monarchy in the Countryside“, S. 123.

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Es ist zu bezweifeln, dass die 3.000 (Minimum) oder 10.000 (Maximum) Einwohner Ju­ das ganz Palästina hätten unterwerfen können, ganz zu schweigen von Syrien.“57 Wenn die Survey-Daten, auf denen diese Schätzungen basieren, tatsächlich unvollständig und überaus problematisch sind, dann kann die tatsächliche Bevölkerung durchaus deut­lich zahlreicher gewesen sein, auch wenn man die genaue Zahl nicht eruieren kann. Selbst wenn aus Gründen der Vollständigkeit alle Schätzungen von Lehmann ak­­zep­ tiert würden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche Bevölkerung, die von einem charismatischen Anführer wie David geeint wurde, unfähig zu militäri­­schen Er­oberungen gewesen wäre. Das gilt besonders dann, wenn die Streitkräfte Judas mit denen der Nordstämme zusammengeschlossen worden wären. Schließlich behaupten die bi­bli­schen Texte an keiner Stelle, David und Sa­lo­mo hätten über die Levante al­lein mit den Männern Judas geherrscht; sie bestätigen, dass sie die Treue beider hatten, der Südund Nordstämme unter einem gemeinsamen Banner. Das war sicher nicht das Re­sul­­tat eines Sieges Davids und der Judäer über die Nordstämme; stattdessen akzep­tier­ten Letz­ te­re David einträchtig als ihren König (2. Sam 5,1–3; siehe auch 2. Sam 3,17–27), un­­ter­ stütz­ten seine Herrschaft und kämpften an seiner Seite. Sogar die Minimalis­ten gestehen zu, dass die Nordstämme sich zu dieser Zeit einer deutlich größeren Bevöl­ke­rung rüh­­men konn­ten als Juda.58 Daher ist jede Schlussfolgerung bezüglich der Größe des Davi­di­­schen Reichs, die ausschließlich auf Schätzungen zur Bevölkerung Judas beruht – un­abhän­­­gig davon, wie niedrig diese genau ausfallen –, irrelevant und irreführend. Wenn David und Sa­lo­mo tatsächlich die Loyalität der Nordstämme gewonnen hätten, hätten sie ge­­mäß der bi­bli­schen Texte nicht nur bereits einen großen Teil der südlichen Levante kon­­­trol­ liert, sondern auch über ausreichend Schlagkraft verfügt, um beachtlichen Druck auf alle angrenzenden, feindlichen Königtümer auszuüben. Daher ist die Schlüssel­fra­ge im Hin­­blick auf die Plausibilität von Davids und Sa­lo­mos Königreich nicht, wie vie­le Men­ schen im judäischen Bergland lebten, sondern ob die bi­bli­schen Berichte über die Ge­folg­ schaftstreue plausibel sind, die die Nordstämme David und Sa­lo­mo geleistet haben sollen. Darüber hinaus ergibt Davids Wahl Jerusalems als Hauptstadt (2. Sam 5,4–9), die histo­risch unstrittig ist, nur Sinn im Rahmen einer Vereinigten Monarchie. Als al­leini­ge Haupt­stadt von Juda liegt die Stadt zu weit nördlich; daher war eine solche Wahl nur für einen Anführer sinnvoll, der sowohl über die Nord- als auch die Südstämme herrsch­te. Mit Sicherheit hätte kein späterer König von Juda an diesem Ort seine Haupt­stadt er­ richtet, wenn nicht David und Sa­lo­mo bereits von Jerusalem aus regiert hätten. Da­her 57 „No matter which chronology one follows, the population in the homeland of David and Solomon was very low… It is doubtful that the three thousand (minimum) or ten thousand (maximum) in­ habitants of Judah could have subjugated all of Palestine, not to speak of Syria as well“; Lehmann, „The United Monarchy in the Countryside“, S. 157, vgl. S. 156–162. 58 So versichern beispielsweise Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 160, dass „[v]on insgesamt 45 000 Menschen, die im Bergland wohnten… wohl 90 Prozent in den Dör­fern im Nor­den [lebten]. Damit dürften knapp 5000 Menschen über Jerusalem, Hebron und unge­f ähr zwanzig kleine Dörfer in Juda verstreut gewesen sein“. Auch diese Zahlen werden nicht expli­zit durch Quellen belegt, aber auch falls sie ungefähr stimmen, hätte jeder König, dem es gelun­gen wä­ re, diese nördlichen Stämme zu vereinigen, eine wesentlich größere Armee zur Verfügung ge­habt, als Ju­da allein hätte unterhalten können.

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im­pliziert bereits die unbestreitbare Tatsache mit Jerusalem – und nicht Hebron – als ju­ däischer Hauptstadt, dass es sich dabei um ein Relikt eines ehemals größeren Vereinig­ten Königreichs handelt. Auch eine ganze Reihe von bi­bli­schen Texten außerhalb der frühen Ge­schichts­schrei­­ bung in Sa­muel-Kö­ni­ge stützt die Existenz und die militärischen Erfolge einer Ver­­einig­ ten Monarchie mit Sitz in Jerusalem. Jimmy J. M. Roberts hebt zu Recht her­vor, dass sich ins­besondere Jesaja schon im 8. Jh. auf die Zionstraditionen beruft, die auch in eini­gen Psal­men (z. B. Psalmen 2.7.23.68.78.89.132) überliefert sind. Das bedeutet, dass eine solche Tradition bereits vor der Zeit König Hiskias von Juda existierte. Roberts argu­men­­ tiert, dass die Entstehung einer solchen Überlieferung – die Gottes Inthronisation als Herr­­­scher in Zion über alle Nationen, die Wahl Jerusalems als seinen Wohnsitz und die be­­son­dere Erhöhung Davids und seiner Dynastie bekräftigt – nur im Kontext politi­ scher Stärke Sinn ergibt, wie dies auch zahlreiche Parallelen aus dem Alten Orient zeigen.59 Er schreibt: „Der Aufstieg von Gottheiten zu nationaler Bedeutung ist im Alten Orient meistens verbunden mit dem tatsächlichen politischen Aufstieg der Stadt oder des Landes der jeweiligen Gottheit… Nationale Ideologien entstehen leicht in Zeiten des po­li­tischen Erfolgs und können noch lange aufrechterhalten werden, nachdem diese ruhm­­reichen Zeiten zu Ende gingen; doch man hätte gern irgendeinen Beweis dafür, dass sol­che Ideologien im Alten Orient jemals in einer Phase kläglicher Schwäche geschaf­fen wur­den.“60 Wenn eine solche imperiale Theologie in Juda vor der Zeit Jesajas und His­k ias ent­­stand – für die diese Vorstellung bereits traditionell gewesen zu sein scheint –, ist der plau­­sibelste Zeitpunkt für ihre Entstehung die Epoche Davids und Sa­lo­mos, mit denen sie jedenfalls explizit verbunden ist.61 Nun handelt es sich bei den genannten Beispielen zugegebenermaßen um poetische Tex­te und nicht um historiographische Berichte, deren Ideologie jedoch nicht im luft­ leeren Raum entstand. Sie muss vielmehr vor einem spezifischen geschichtlichen Hin­ ter­grund verstanden werden, bei der die Etablierung der Davidischen Hegemonie über Ju­­das und Israels Nachbarvölker sich dafür eher anbietet als die Phase relativer Schwä­che Je­ru­sa­lems zwischen Sa­lo­mo und Hiskia. Diese Tradition impliziert also, dass Jerusa­lem be­reits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Hauptstadt eines oder mehrerer Monar­chen war, der bzw. die ihre Nachbarn erfolgreich unterwarf(en). Die einzige Epoche in der vor­ exi­lischen Ära, in dem die Entstehung einer solchen Ideologie denkbar ist, ist die Re­gie­ rungs­zeit Davids oder Sa­lo­mos. .

59 Er verweist auf die Beispiele von Marduks Verherrlichung durch Hammurabi von Babylon und Sar­ gon von Akkads Lobeshymne auf Inanna; siehe J. J. M. Roberts, „Solomon’s Jerusalem and Zion Tra­d i­tion“, S. 169. 60 „The rise of deities to imperial prominence in the ancient Near East is usually associated with the actual political rise of the deity’s city or country… Imperial ideologies are easily created in times of political success, and they may be maintained long after those glory days have passed, but one would like some proof that such ideologies were ever created in the ancient Near East in a period of abject weakness“; J. J. M. Roberts, „Solomon’s Jerusalem and Zion Tradition“, S. 169. 61 Siehe J. J. M. Roberts, „Solomon’s Jerusalem and Zion Tradition“, S. 164–170.

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Darüber hinaus bot die politische Großwetterlage in der südlichen Levante im 10. Jh. keine unüberwindlichen Hindernisse für Eroberungszüge eines Königs, dem die Südund Nordstämme folgten. James A. Montgomery und Henry S. Gehman stellen zu Recht fest: „Sa­lo­mo war zweifelsohne der mächtigste Monarch in der Region; in seinen frühen Jahren hatte Damaskus unter den neuen aramäischen Herr­schern noch keine poli­ti­sche Be­deutung gewonnen, obwohl es später Unabhängigkeit erlangte“ 62 (1. Kön 11,23–25). Auch Israels verhältnismäßig kleine Nachbarn – Edom, Moab und Ammon – dürf­ten kaum in der Lage gewesen sein, Davids vereinten Streitkräften etwas entgegenzuset­zen. Zudem war die geopolitische Lage in weiten Teilen des Alten Orients am Ende des 11. und während eines Großteils des 10. Jh. v. u. Z. eine besondere: Es war eine Zeit re­la­ti­ ver Schwäche der Großmächte Ägypten, Mesopotamien und Anatolien, was ein – his­to­ risch sehr selten eingetretenes – Machtvakuum zur Folge hatte, da keine fremden Mäch­te die mi­litärische Kontrolle über die Südlevante ausübten. Es ist also durchaus mög­lich, dass die­ses Vakuum durch das vereinigte judäisch-israelitische Königreich gefüllt wer­den konn­te, wie es auch die sorgfältige Analyse der bi­bli­schen Berichte nahelegt. Abraham Ma­la­mat fasst treffend zusammen: Tatsächlich war die nie dagewesene territoriale und wirtschaftliche Expansion des ge­ einten Königreichs ein natürliches Resultat der damaligen geopolitischen Lage. Jahr­ hun­der­telang stand das Gebiet Syriens und Palästinas im Spannungsfeld zwischen den Ambitionen Ägyptens und Mitannis sowie später besonders der Hethiter… Der Zu­­sam­menbruch dieser Konstellation führte zu einem politischen Vakuum auf der syro-pa­läs­ti­nischen Landbrücke – bis Ägypten sich, gegen Ende der Herrschaft Sa­ lo­­mos, wie­der er­holte und einige Jahrzehnte später Assur auf der Bildfläche erschien. Dieser seltene Mo­ment der Ruhe, frei von dem Einfluss aller „Supermächte“, bot eine einzigartige Chance für diejenige Nation in der Region, die das Intermezzo am erfolgreichsten für sich aus­nut­zen konnte und auf diese Weise die Hegemonie über ein Gebiet, das normalerwei­se als Puf­ferzone diente, erlangte. Von all den Völkern, die zwischen Nil und Euphrat leb­­ten und nun versuchten, sich durchzusetzen – vor allem Tyros an der Küste, Aram im Nor­den und Israel im Süden – … war es David, der dieses Schicksal schließlich erfüllte.63 62 „Solomon was doubtless the most potent monarch in the area; Damascus under its fresh Aramaean rulers had not in his early years achieved a political importance, although it later gained autonomy“; Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 128. 63 „Actually, the unprecedented expansion of the United Monarchy, territorial and economic, was a natural outcome of the geo-political situation prevailing at that time. For centuries, the region of Syria and Palestine had been caught between Egyptian ambitions and those of Mitanni and especially, later, the Ḫittites… The collapse of this constellation led to a political vacuum in the SyroPalestinian sphere – till the resurgence of Egypt, toward the end of Solomon’s reign, and the rise of Assyria, several decades later. This rare moment of calm, free of all ‚super-power‘ interference, provided a unique opportunity for the one nation in this region which would most successfully exploit the interlude, and who would thus gain hegemony over what was normally a buffer region. Of all the nations living between the Nile and the Euphrates and now seeking to assert themselves were, foremost, Tyre on the coast, Aram in the north, and Israel to the south… It was David who ultimately fulfilled this destiny“; A. Malamat, „A Political Look at the Kingdom of David and Solomon and

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4 König Sa­lo­mos Harem Eine andere Art der Illustration der in diesem Buch vorgeschlagenen Methodik betrifft ein relativ unbedeutendes und exotisches Thema, das in einer deuteronomistischen Pas­sa­ ge behandelt wird: 1. Könige 11,3 schreibt Sa­lo­mo 700 Hauptfrauen [Prinzessinnen] und 300 Nebenfrauen zu, und es wäre eine grobe Vereinfachung, diesen Vers schlicht als un­ his­to­rische Übertreibung abzulehnen. Vielmehr sollte dessen Intention ver­stan­den werden. Einerseits ist es richtig, dass solche übertriebenen Zahlen nicht nur phantastisch und ty­po­logisch,64 sondern auch unrealistisch sind – vor allem angesichts der kleinen und un­ be­deutenden Größe Jerusalems im 10. Jh., die es unmöglich gemacht hätte, einen Harem von 1.000 Frauen zu unterhalten.65 Andererseits kann es nicht dabei bewendet blei­ben. Auch der Hintergrund des Verses, sein Kontext und seine Aussageintention müssen betrachtet und mit ähnlichen Aussagen verglichen werden, die über andere alt­orien­ta­li­sche Könige vorhanden sind. Trotz übertriebener und symbolisch gerundeter Zahlen waren große Harems an altorientalischen Herr­scherhöfen keine Seltenheit, wur­den jedoch auch häufig genug übertrieben dargestellt. Beispiele hierfür gibt es aus einer langen Zeit­spanne vor bis weit nach Sa­lo­mos Zeit.66 So nennt beispielsweise ein Ge­denk­skarabäus aus dem 10. Jahr des Pharao Amenophis III., im 14. Jh. v. u. Z., 317 Frauen, die gemeinsam mit ­einer seiner ausländischen Frauen zum Pharao gebracht wurden.67 Darüber hinaus werden jedem von Sa­lo­mos Vorgängern und Nachfolgern zahlreiche Haupt- und Neben­ frauen zugeschrieben, allerdings in deutlich bescheidenerem Aus­maß. Das schließt Its Relations with Egypt“, His­to­ry of Biblical Israel: Major Problems and Minor Issues, Culture and His­to­r y of the Ancient Near East 7 (Leiden: E. J. Brill, 2001), S. 189–207, insb. 192. Eine frühere Ver­sion findet sich in ders., „Kingdom of David and Solomon and Its Relations with Egypt“, Israel in Biblical Times: Historical Essays (Jerusalem: Bialik Institute and Israel Exploration Society, 1983), S. 167–194, insb. 172–173 (Hebräisch). Siehe auch Y. Aharoni, The Land of Israel in Biblical Times: A Historical Geography (Jerusalem: Bialik Institute, 1962), S. 245 (Hebräisch); ders., The Ar­chae­ol­ogy of the Land of Israel, S. 192; Liver, „On the Chronological Question of Hiram King of Tyre“, S. 189; Millard, „The Case for King Solomon“, S. 25–26; Knoppers, „The Vanishing Solomon“, S. 25. 64 Zur Zahlentypologie ist anzumerken: 7x10x10 plus 3x10x10 ergibt 1.000 bzw. 10x10x10 – alles Zah­ len, die an vielen Orten der Hebräischen Bibel für Vollkommenheit sehen. So hatte beispielsweise Hiob sieben Söhne und drei Töch­ter, 7.000 Schafe und 3.000 Kamele (Hi 1,2–3; vgl. auch 42,12–13. Hier wird die Anzahl der Tiere noch verdoppelt). Zur Bedeutung der Zahl „drei“ siehe z. B. Ex 3,18; 5,3; 15,22; Num 10,33; 33,8; zur Zahl „sieben“ siehe Gen 2,2–3; Lev 12,2; 15,4.8; 26,18; Num 23,1; Est 1,5.10; 2,9. Beachte: Auch „zehn“ ist eine symbolische Zahl und die Summe aus 7+3. 65 Siehe § I I, 2. 66 Siehe A. K. Grayson, „Assyrian Civilization“, The Cambridge Ancient His­to­ry, herausgegeben von J. Board­man et al. (Cambridge: Cambridge University Press, 1991), S. 194–228, insb. 197–198 und wei­te­re Li­te­ra­turhinweise; R. de Vaux, Ancient Israel: Its Life and Institutions, übersetzt von J. McHugh (New York/ Toronto/ London: McGraw-Hill Book Company, 1961), S. 115–117; Mont­gomery und Geh­man, The Books of Kings, S. 234–235, mit vielen zusätzlichen Beispielen; Würth­wein, Das Erste Buch der Könige I: Kapitel 1–16, S. 132–133; Cogan, 1 Kings, S. 326–327. 67 Vgl. de Vaux, Ancient Israel, S. 116; A. Dodson, Amarna Sunrise: Egypt from Golden Age to Age of Heresy (Cairo: The American University in Cairo Press, 2014), S. 51 und 186, Anm. 91; C. Blan­ ken­­berg-van Delden, The Large Commemorative Scarabs of Amenhotep III, Documenta et Monu­ men­­ta Orientis Antiqui 15 (Leiden: E. J. Brill, 1969), S. 18 (Übersetzung), S. 129–133 (erhaltene Exemplare).

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so­wohl Saul ein, dessen Haupt- und Nebenfrauen in 2. Sam 3,7; 12,8; 21,11 erwähnt wer­ den, als auch Sa­lo­mos Vater David, von dem gesagt wird, er habe be­reits sechs Frauen ge­heiratet, bevor er nach Jerusalem zog (2. Sam 3,2–5) und auch Bat­seba heiratete (2. Sa­ muel 11–12). Außerdem soll er nach Aussage der Hebräischen Bi­bel zehn Neben­frauen zu­rückgelassen haben, als er vor Absalom floh (2 Sam 15,16). Auch von Sa­lo­mos Sohn Rehabeam wird gesagt, dass er achtzehn Frauen und sechzig Ne­ben­frauen gehabt habe (2. Chr 11,21); seinem Enkel Abia werden vierzehn Frauen zu­geschrieben (2. Chr 13,21).68 Daher ist es vollkommen plausibel, dass auch Sa­lo­mo über eine große Anzahl Haupt- und Nebenfrauen verfügte, auch wenn die tatsächli­chen Zah­len in Wirklichkeit vermut­lich näher bei denjenigen lagen, die David und Reha­beam nach­gesagt werden. Die Aussa­ge, Sa­lo­mo habe viele ausländische Frauen gehabt, ist also durch­aus historisch plausibel und spiegelt eine Politik der diplomatischen Heirat wider mit An­gehörigen weit entfern­ter und benachbarter Königshäuser sowie Frauen aus Va­sal­len­staaten. Diese Politik sollte dazu beitragen, Frieden und Stabilität im König­tum zu erhalten (1. Kön 11,1–2), und ist insofern vergleichbar mit den diplomatischen Ehen ande­rer altorientalischer Könige. Ein Beispiel hierfür ist die königliche Eheschließung von Ram­ses II. von Ägypten mit der Tochter Hattušilis III. von Hatti in der Folge des Friedensver­tra­ges zwischen beiden Ländern nach der Schlacht von Kadesch (ca. 1285 v. u. Z .).69 Diese Überlegungen zeigen, dass die Zahlen aus 1. Kön 11,3 zwar definitiv nicht wörtlich verstanden werden sollten – was vermutlich auch nie beabsichtigt war –, dass es sich aber auch nicht um reine Erfindung handeln muss. Der Harem war nicht zwingend eine spätere Projektion, denn gerade das oben angeführte Beispiel Amenophis III. aus dem 14. Jh. stammt aus einer Zeit lange vor Saul, David und Sa­lo­mo. Dennoch ist das Ziel, das der bi­bli­sche Autor bzw. Redaktor mit der Nennung dieser großen Zahlen verfolgt, kein rein historisches, sondern eher ein rhetorisches: Entweder sollte so die Größe und Fruchtbarkeit des Königs veranschaulicht werden oder seine Extravaganz und Großzügigkeit. In der Endfassung des Textes ist der Vers Bestandteil ­einer Verurteilung Sa­lo­mos in überspitzter Ausdrucksweise. Vor diesem Hintergrund muss er im Licht des deuteronomistischen Gesetzes verstanden werden, das Königen verbie­tet, „viele Frauen“ (Dtn 17,17) zu nehmen. Diese Bewertung von Sa­lo­mos Eheschließun­­gen spiegelt die theologischen Intentionen des deuteronomistischen Redaktors und da­mit auch seine religiöse und kulturelle Situation – möglicherweise das 7. (?) Jh. v. u. Z. – ­wider. Dennoch zeigt sich in der wesentlichen Information, die hier übermittelt wird, auch eini­ ges von der Realität der Zeit, die er beschreibt (10. Jh. v. u. Z.). Tatsächlich konnte sich 68 Siehe auch 2. Samuel 5,13; 16,21–22; 20,3; Hhld 6,8; Est 2,3.9.10.13; daneben auch Plutarch, Vitae: Artaxerxes 27,1–2; Diodorus Siculus, Bibliotheca Historica 17,77.5–6. 69 Siehe J. A . Wilson, „Egyptian Historical Texts“, in J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament (= ANET; 3. Aufl. mit Ergänzungen; Princeton: Princeton University Press, 1969), S. 256b–258a; vgl. S. Roth, Gebieterin aller Länder. Die Rolle der königlichen Frauen in der fik­tiven und realen Aussenpolitik des ägyptischen Neuen Reiches, Orbis Biblicus et Orientalis 185 (Frei­burg/ Schweiz und Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2002), S. 50–54. Für weitere Bei­spie­ le siehe auch H. G. Güterbock, „The Deeds of Šuppiluliuma as Told by his Son, Muršili II“, JCS 10 (1956), S. 41–68, 75–98, insb. 94–98; siehe außerdem Kapitel III, § II.

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der deuteronomistische Redaktor angesichts dessen, wie verbreitet diese Praxis war, gewiss auf ältere Quellen über Sa­lo­mo und andere Könige stützen, die er als Bestand­teil einer historischen und theologischen Erklärung für die Reichsteilung (1. Kön 11,1–13) anführte. Statt sich auf wirtschaftliche, politische oder soziologische Faktoren zu berufen, die zur Trennung zwischen den Nord- und den Südstämmen führte, bietet er eine theo­logische Erklärung an. Doch die Situation, die der Deuteronomist erklären möchte – nämlich, dass Sa­lo­mo über eine große Anzahl Haupt- und Nebenfrauen verfügte, und dass das Königreich nach seiner Herrschaft geteilt wurde –, hat er nicht erfunden. Beide Um­stände hat er vermutlich seinen Quellen oder deutlich älteren Überlieferungen ent­ nom­men. Lediglich ihre Verknüpfung als Ursache und Wirkung wurde vom Deu­te­ro­no­ mis­ten stilisiert. III Zusammenfassung Derzeit gibt es keine direkten außerbi­bli­schen Quellen über Sa­lo­mo und die Ereig­nis­se seiner Regentschaft. Die archäologischen Funde haben – abgesehen davon, dass sie sehr umstritten sind – nur wenige Hinweise zur politischen Situation der Südlevante wäh­ rend des 10. Jh. geliefert. Daher bleiben die bi­bli­schen Texte, ebenso wie die indirekten Hin­wei­se aus der Schischak- und der Tel-Dan-Inschrift, die wichtigsten uns zur Verfü­ gung stehenden Quellen. Das stimmt mit der geopolitischen Lage der altorientalischen Groß­mäch­te zwischen dem Ende des 11. Jh. und dem letzten Viertel des 10. Jh. v. u. Z. über­ein. Daher können Re­kon­struk­tionen des Lebens König Sa­lo­mos, seiner Herrschaft, seines Tem­pels, der königlichen Hauptstadt, der Größe seines Reichs wie auch der poli­ti­ schen Si­tua­tion seiner Zeit die indirekten epigraphischen und aus archäologischen Aus­ gra­bun­gen stammenden Belege zwar unterstützend heranziehen, sie müssen aber der­zeit im We­sent­li­chen auf den bi­bli­schen Texten aufbauen. Die Verwendung dieser Texte als Quel­len ist davon abhängig, welche ihrer Details man in welchem Ausmaß als histo­risch ver­lässlich oder plausibel bewertet und wie man die verschiedenen Teile der Texte lite­ra­ risch und theologisch zueinander in Beziehung setzt. Lässt man die übertriebenen Zahlen und legendarischen Aspekte beiseite, so zeich­nen die bi­bli­schen Texte über Sa­lo­mo das Bild eines Königs, der einen neuen Tempel errichte­ te – und damit nicht nur ein bereits existierendes Heiligtum renovierte oder umbaute –, in seiner Hauptstadt, Jerusalem, in der er zwar mit einem bescheidenen Hof, aber ver­mut­ lich mit einer relativ großen Familie und seinem Harem residierte. Er besaß die Loyali­ tät sowohl Judas als auch der nordisraelitischen Stämme und herrschte auch auf irgend­ eine Weise über einige der benachbarten Königtümer, wie beispielsweise Edom, Moab, Ammon und die Aramäer – zumindest während eines Großteils seiner Regierungs­zeit. Gegen Ende seines Lebens sah er sich jedoch mit verstärkten Widerständen konfron­tiert, und nach seinem Tod war sein Sohn Rehabeam nicht in der Lage, das Reich zusammenzuhalten. Die derzeit vorhandenen Befunde können dieses Gesamtbild zwar nicht zweifels­frei belegen, es ist jedoch historisch plausibel. Es gibt keine antiken Quellen, die es wider­le­gen würden, aber es gibt zahlreiche Indizien, die verschiedene Aspekte dieser Re­kon­struk­ tion stützen. Trotz häufiger Einwände der Minimalisten/ Revisionisten, die bi­bli­schen

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Berichte über die Vereinigte Monarchie seien historisch unzuverlässig, ermangeln ihre Argumente einer tragfähigen Basis. Sie fußen auf selektiven und übermäßig skepti­schen Lesarten der bi­bli­schen Texte und verwerfen dabei die einzigen tatsächlich überlie­fer­ten antiken Quellen zu dieser Epoche. Ihre wiederholten Verweise auf die Größe Jeru­sa­lems und die geschätzte Einwohnerzahl des judäischen Berglands, die auf unvollstän­digen und problematischen archäologischen Befunden beruhen, reichen nicht aus, um das grundsätzliche bi­bli­sche Zeugnis zu diesen Punkten zurückzuweisen. Auch wenn die bi­bli­schen Texte weder monolithisch noch unstrittig sind, führt eine sorgfältige und kritische Auswertung ihrer Zeugnisse – insbesondere der frühen bi­bli­ schen Ge­schichts­schrei­bung, die in Sa­muel-Kö­ni­ge erhalten ist – zu einem im Großen und Ganzen plausiblen Bild eines Vereinigten Königreichs mit Zentrum in Jerusalem im 10. Jh. v. u. Z., das durchaus mit der geopolitischen Situation im Alten Orient zu jener Zeit und den uns zur Verfügung stehenden begrenzten epigraphischen und archäo­lo­gi­ schen Befunden in Einklang gebracht werden kann. Das heißt nicht, dass jedes Detail der bi­bli­schen Berichte über Sa­lo­mo unkritisch akzeptiert werden sollte; es sollte im Ge­gen­ teil jedes Detail sorgfältig analysiert und die Berichte weder im Ganzen akzeptiert noch im Ganzen abgelehnt werden. Es gibt jedoch gute Gründe, prinzipiell von der grundsätzlichen Verlässlichkeit der Texte auszugehen und sie als einen Versuch anzusehen, die wichtigsten Merkmale und bedeutendsten Taten eines historischen Königs namens Sa­lo­ mo zu beschreiben. Ziel der folgenden Kapitel ist es, die literarischen Porträts Sa­lo­mos miteinander zu vergleichen, die sich in der Hebräischen Bibel, insbesondere in Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­nik, finden. Es wird sich zeigen, dass das Wesen dieser literarischen Porträts wie auch ihre Un­terschiede nicht vollumfänglich verstanden werden können, wenn sie als rein fik­tive, er­fun­dene Ge­schich­ten über eine längst vergangene Epoche betrachtet wer­den, die erst viel später – während der spätmonarchischen Ära oder Perser- bzw. hellenisti­schen Zeit – ver­fasst wurden. Stattdessen ist ein deutlicher Unterschied erkennbar zwischen der Me­ thode des Chro­nisten einerseits, der seine Quellen in der Perserzeit rela­tiv frei um­schreibt und miteinander harmonisiert, und dem Vorgehen der früheren Auto­ren und Edi­to­ren von Sa­muel-Kö­ni­ge andererseits, die ein deutlich größeres Interesse daran zeigen, ihre Quellen zu bewahren und zu verbinden, selbst wenn diese sich gegen­sei­tig widersprechen.

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TEIL II Salomos Geburt, Aufstieg und Tempelbau Literarische und historiographische Beobachtungen

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Kapitel V: Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12 Redaktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit I Einleitung Die Geburt Sa­lo­mos wird in 2. Sam 12,24–25 relativ kurz berichtet, dennoch bildet sie den Höhepunkt der gesamten Er­zäh­lung in 2. Samuel 10–12. Diese Gesamterzäh­lung verbindet zwei Hauptgeschichten und einige untergeordnete Er­zäh­lungen miteinan­der, die zunächst den Anschein erwecken, als stünden sie zusammenhangslos nebeneinan­der: Israels Krieg mit den Ammonitern und ihren Verbündeten einerseits, Davids Affäre mit Batseba und deren Folgen andererseits. Diese Ge­schich­ten werden nicht stringent chro­ no­logisch erzählt, vielmehr springt die Er­zäh­lung zwischen beiden Handlungssträn­gen hin und her. Viele Forscher stellen daher die Einheitlichkeit des Textes in Frage. Insbeson­ de­­re die Ver­urteilung des Ehebruchs von David mit Batseba durch den Propheten Nathan und die Ge­burt ihrer beiden Kinder (ungefähr: 2. Sam 11,27b; 12,1–25) wurden häufig als se­kun­däre Einfügungen – sei es durch einen oder mehrere Ergänzer – angesehen, was zu einer Viel­falt historischer Re­kon­struk­tionen der Umstände von Sa­lo­mos Geburt führte, die grund­legend von der Er­zäh­lung in 2. Samuel 12 abweichen. Dieses Kapitel untersucht die Theorien, nach denen 2. Samuel 10–12 das Produkt meh­ re­rer re­dak­tioneller Überarbeitungen ist. Im Gegensatz zum sogenannten redak­tions­ge­­ schicht­lichen Ansatz soll in diesem Kapitel eine sorgfältige Lektüre des Textes er­fol­gen, die des­sen kompositionelle Einheit aufzeigt anhand seiner literarischen Struk­tur, den sti­lis­ti­schen Techniken und dem theologischen Rahmen. So soll dargelegt wer­den, wie der Ver­fas­ser die verschiedenen Quellen, möglicherweise u. a. Archivmaterial und li­te­ra­ ri­sche Tex­te, zu­sam­mengefügt, verbunden und zu einem kunstvollen Ganzen geformt hat. Da­rü­ber hin­aus werden in diesem Kapitel das historische Setting der Er­zäh­lung (des Be­richts, der Verlautbarung) von Sa­lo­mos Geburt, ihre innere Einheit und Ein­bin­dung in die be­nachbarten Textpassagen untersucht. Um methodische Klarheit zu schaffen, möchte ich zuallererst die Begrifflichkeiten de­ fi­nieren, die ich in dieser Untersuchung verwende. 1. Der Terminus „Gesamterzählung“ bezieht sich auf 2. Samuel 10–12, die selbst wiede­ rum im Kontext der sogenannten „Thronfolgeerzählung Davids“ steht und nach gän­ gi­ger Auffassung 2. Samuel 9–20 und 1. Könige 1–2 umfasst;1 1 Bei der „Gesamterzählung“ handelt es sich um eine (semi-)unabhängige literarische Einheit, die ihre eigenen Eröffnungsworte hat: ‫„( ויהי אחרי כן‬Und es geschah danach“, 2. Sam 10,1a). Diesel­be Er­öff­ nungs­formel erscheint zu Beginn der nachfolgenden Ge­schich­te von Amnon, Tamar und Ab­salom

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Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12

2. Der Terminus „David-Batseba-Er­zäh­lung“ bezieht sich auf 2. Sam 11,1c–12,25; 3. Der Terminus „Geburtsgeschichte“ bezieht sich auf die literarische Einheit 2. Sam 12,24–25; 4. Der Terminus „Episode“ bezieht sich auf kleinere literarische Einheiten innerhalb des Textes. II Das historische Setting der Geburtsgeschichte Sa­lo­mos Wie im Folgenden deutlich wird, stellt die Geburtsgeschichte Sa­lo­mos (2. Sam 12,24–25) den Höhepunkt sowohl der Gesamterzählung (2. Samuel 10–12) als auch der „Da­vidBatseba-Er­zäh­lung“ (2. Sam 11,1c–12,25) dar. Die beiden Verse berichten davon, dass Da­vid Batseba tröstete; darüber hinaus werden die beiden Namen Sa­lo­mos genannt: .‫וינחם דוד את בת שבע אשתו ויבא אליה וישכב עמה ותלד בן ויקרא את שמו שלמה ויהוה אהבו‬ .‫וישלח ביד נתן הנביא ויקרא את שמו ידידיה בעבור יהוה‬ Und David tröstete Batseba, seine Frau, und er kam zu ihr und schlief mit ihr. Und sie gebar einen Sohn, und er [Qerê: sie] gab ihm den Namen ‫[ ְשלמֹ ֹה‬Schlomo/ Sa­lo­ mo].2 Und der Herr liebte ihn. Und [deshalb] sandte er eine Botschaft durch Na­ than, den Propheten [wörtlich: durch die Hand Nathans, des Propheten], und er gab ihm den Namen Jedidja um des Herrn willen [‫]בעבור יהוה‬.3 (2. Sam 13,1a; vgl. auch z. B. 2. Sam 2,1a; 8,1a). Zur Thronfolgeerzählung Davids siehe aus­f ührlich Kapitel X, § I II. 2 Der Eigenname „Schlomo“ wird für keine andere Figur der Hebräischen Bibel verwendet. Er erscheint jedoch in einem Dokument aus der „Stadt Judas“ (d.i. [Neu-]Jerusalem) in Babylonien aus dem Jahr 561 v. u. Z .; siehe W. Horowitz, Y. Greenberg und P. Zilberg, By the Rivers of Babylon: Cuneiform Documents from the Beginning of the Babylonian Diaspora (Jerusalem: Bible Lands Museum/ Israel Exploration Society, 2015), S. 38–39 (Hebräisch). Ein Name mit denselben Konsonanten, jedoch mit anderer Vokalisierung findet sich in Ruth 4,20: ‫ש ְֹל ָמה‬. ַ Obwohl der Name Salomo in der bibli­ schen Li­teratur exklusiv für den Sohn Davids verwendet wird, sind in der semitischen Welt einige Män­ner mit ähnlichem Namen bekannt. Zu den Varianten des Namens siehe J. J. Stamm, „Der Na­ me des Königs Salomo“, TZ 16 (1960), S. 285–297, insb. 285–286. Zum Auftreten verschiedener Na­men mit der Wurzel ‫ שלם‬siehe M. R . Golub, „The Element ‫ שלם‬in Hebrew Personal Names in the Land of Israel during the Iron Age II Period“, VT 65 (2015), S. 567–587. 3 Der Begriff ‫בעבור‬, der in der Hebräischen Bibel 49 Mal vorkommt (z. B. in Gen 8,21; 18,29.31–32; Ex 9,16; 13,8; 1. Sam 12,22; 2. Sam 5,12; 6,12; 9,1.7; 12,21; 13,2), bedeutet „um… willen“. So über­ setzt auch der Targum Jonathan: ‫„( בדיל יי‬um des Herrn willen“). Einige Handschriften des Ma­so­re­ti­ schen Textes und der lukianischen Rezension der Septuaginta sowie die Vetus Latina lesen hier ‫בדבר‬, „durch das Wort von“. Darin spiegelt sich entweder eine verderbte hebräische Vorlage oder eine späte Korrektur oder Interpretation von ‫( בעבור‬welch Letzteres die lectio difficilior darstellt) wider. Zur Übersetzung der Phrase mit „um des Herrn willen“, der ihn liebte, siehe die Kommentare von Raschi und Rabbi Jesaja von Trani zu 2. Sam 12,25. Dennoch ist es auch möglich, ‫ בעבור יהוה‬als „durch die Gnade/ Gunst des Herrn“ zu verstehen, wie dies in der phönizischen Inschrift Azitawaddas aus Karatepe (um 720 v. u. Z .; KAI 26,8) belegt ist; siehe H. Donner und W. Röllig, Kanaanäische und Aramäische Inschriften [= KAI], Bd. 1: Texte (3. Aufl.; Wiesbaden: O. Harrassowitz, 1971), S. 5; Bd. 2: Kommentar (Wiesbaden: O. Harrassowitz, 1973), S. 40. Interessanterweise bieten weder die aktuelle Ausgabe von Koehler und Baumgartner et al. (Dietrich und Arnet, Konzise und ak­tua­li­sier­te Aus­gabe des hebräischen und aramäischen Lexikons zum Alten Testament von Koehler und Baum­gart­

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Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12

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Diese Verse sind vollständig eingebettet in die Gesamterzählung von König Davids mili­ tä­rischen Erfolgen und seinen moralischen Vergehen in 2. Samuel 10–12. Auch wenn der Schwerpunkt dieser Kapitel auf David und nicht auf Sa­lo­mo liegt, sind die beiden The­ men eng miteinander verbunden. In der späteren bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung erwähnt der Chro­nist lediglich, dass Sa­lo­mo als Sohn Davids und Batsebas geboren worden sei, ohne jedoch etwas zum histori­ schen Hin­ter­grund dieses Ereignisses zu bieten (1. Chr 3,5; 14,4 // ­2 . Sam 5,14).4 Im Ge­ gen­satz da­zu bietet der Ver­fas­ser der Gesamterzählung in Samuel die kurze Er­zäh­lung von Sa­lo­mos G­eburt,5 die besonderen Umstände, die dazu führten, und den größe­ren histori­ schen Kon­text der Ereignisse. Hier erscheint die Geburtsgeschichte als das letz­te Glied in der Da­vid-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25), die mit der Affäre zwischen Da­vid und Batseba beginnt und dann zu ihrer unerwarteten Ehe führt.6 Davids und Batse­bas Be­ziehung, deren fürchterliche Konsequenzen und schließlich ihre Heirat werden vor dem Hin­ter­grund der blutigen Auseinandersetzungen Israels mit seinen östlichen Nach­barn, den Am­mo­nitern, und ihren Verbündeten – Aram-Bet-Rehob, Aram-Zoba, dem Kö­nig von Maacha und den Männern von Tob (2. Sam 10,1–19 + 11,17 + 12,26–31) – ge­schil­dert und

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ner, S. 386–387) noch diejenige von W. Gesenius et al. (Hebräisches und Aramäisches Hand­wör­ter­ buch über das Alte Testament [18. Aufl., Berlin und Heidelberg: Springer, 2013], S. 912–913) diese Über­setzung für die fragliche Phrase. Siehe Kapitel VII, § I I. Zur Einzigartigkeit dieser Er­zäh­lung in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur und ihrem altorientalischen Kon­ text siehe Kapitel VI. 2. Samuel 11,2 berichtet: „Und es geschah, als David zur Abendzeit aufstand von seinem Bett [das im Palast, an seinem üblichen Platz, stand, I. K .] und auf dem Dach des königlichen Hauses umherging, da sah er vom Dach aus eine Frau, die sich wusch.“ Dieser Text suggeriert weder, dass David ab­sicht­lich auf das Dach stieg, um nach einer Frau im Allgemeinen oder Batseba im Besonderen Aus­schau zu halten, noch, dass Batseba sich so wusch, dass sie vom König oder sonst jemandem ge­sehen werden konnte – auch wenn die „Beziehung“ Davids und Batsebas, nachdem der König sie beob­achtet hatte, nicht zufällig war. Es wäre also falsch, mit Steven L. McKenzie zu behaupten: „Da ist erstens die Tatsache, dass sie an einer Stelle badete, wo der König sie sehen konnte. Er hatte eine Couch oder ein Bett auf seinem Dach und hielt dort öfters ein Schläfchen. Batseba wusste, wann und wo er schlief. Die Tatsache, dass er sie baden sah, war kein reiner Zufall“ („There is, first of all, the fact that she was bathing where the king could see her. He had a couch or bed on his roof and often took naps there. Bathsheba knew when and where he slept. The fact that he saw her bathing was no mere coincidence“; King David: A Biography [Oxford: Oxford University Press, 2000], S. 182, Her­vor­hebungen I. K .). Es ist nicht klar, woher McKenzie all diese „Tatsachen“ kennt. Welche bi­bli­ sche oder außerbi­bli­sche Quelle deutet darauf hin, dass David „eine Couch oder ein Bett auf seinem Dach“ hatte und „dort öfters ein Schläfchen“ hielt? Ich bin mir nicht sicher, auf welcher Grundlage McKenzies Argument beruht – falls es überhaupt eine gibt –, weswegen es mir schwerfällt, die Stich­ hal­tig­keit seiner Argumente zu beurteilen. Ähnlich spekulativ argumentiert George G. Nicol, dass Batse­ba möglicherweise bewusst versucht habe, den König zu verführen; immerhin erwähnt er, dass der Text an dieser Stelle mehrdeutig sei; G. G. Nicol, „Bathsheba, a Clever Woman?“, ExpTim 99 (1988), S. 360–363, insb. 360–361; vgl. ders., „The Alleged Rape of Bathsheba: Some Observations on Ambiguity in Biblical Narrative“, JSOT 73 (1997), S. 43–54. Zur Funktion von 2. Sam 11,1a-b und der Verbindung dieser Stelle zu 12,26 siehe ausführlich § I II, 2, B, (c) und § I II, 2, C.

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sind mit diesen Ereignissen verbunden. Um diesen Hintergrund bzw. die­se Ex­po­sition zu be­to­nen, hat der Erzähler den Bericht über die Auseinandersetzungen in zwei Teile gespal­ ten und die David-Batseba-Er­zäh­lung – 2. Sam 11,1c–12,25 – dazwischen eingeschoben. Ein Blick auf den ersten Teil zeigt, dass der casus belli des Konflikts in erzählendem Stil dargelegt wird (2. Sam 10,1–5). Die sachliche und auf Informationen bedachte Be­schrei­ bung der militärischen Auseinandersetzung selbst legt jedoch nahe, dass sie möglicher­ wei­se auf offiziellen Kriegsberichten basiert, die im königlichen Archiv aufbewahrt wurden.8 Die Konfrontation lief in drei Phasen ab : 1. 2. Samuel 10,6–14 berichtet von der ersten Schlacht zwischen Israel und der am­mo­ nitisch-aramäischen Allianz, die wahrscheinlich in der Ebene von Madaba statt­fand (1. Chr 19,7). Obwohl die Verbündeten die Schlacht verloren, waren sie nicht gänz­lich besiegt. 2. 2. Samuel 10,15–19 beschreibt eine zweite Schlacht bei Ḥelam, bei der die verbündeten Aramäer vollständig geschlagen wurden und den Ammonitern infolgedessen nicht mehr zu Hilfe kommen konnten.9 3. 2. Samuel 11,1a-b und 12,26–31 handeln von der Belagerung und Eroberung von Rab­ba, der Hauptstadt der Ammoniter, „im Frühling des Jahres, zu der Zeit, da die Kö­nige zum Kampf ausziehen“ (‫ ;ויהי לתשובת הׁשנה לעת צאת המלאכים‬2. Sam 11,1a; vgl. 1. Kön 20,26a; 2. Chr 36,10). Diese Militäroperation gipfelt in Davids entscheidenden und endgültigen Sieg über die Ammoniter. Erst nach dem vollständigen Sieg über die Aramäer bei Ḥelam, als sie keine Bedrohung mehr darstellten, konnten die israelitischen Streitkräfte sich gegen die Ammoniter wenden, Rabba belagern und die Stadt schließlich erobern: „Als alle Könige, die Knechte [i. e. Vasallen] von Hadadeser waren, sahen, dass sie von Israel geschlagen waren, machten sie Frieden mit Israel und wurden ihnen untertan. Und die Aramäer fürchteten sich da­ 8 Diese Sicht wird von der überwiegenden Mehrheit der Kommentatoren und Historiker geteilt, siehe z. B. L . Rost, Die Überlieferung von der Thronnachfolge Davids, Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament 42 (Stuttgart: Kohlhammer, 1926), S. 74–83; B. Luther, „Die No­vel­le von Juda und Tamar und andere israelitische Novellen“, in E. Meyer (Hg.), Die Israeliten und ihre Nach­barstämme: Alttestamentliche Untersuchungen (Halle, M. Niemeyer, 1906; Neudruck Darm­ stadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1967), S. 175–206, insb. 184–186; P. K. McCarter, Jr., II Samuel: A New Translation with Introduction, Notes and Commentary, Anchor Bible 9 (Garden City, NY: Doubleday, 1984), S. 275–276. Darüber hinaus anerkennt sogar Nadav Na’aman, der eini­gen Details der Schlacht Davids gegen die Aramäer – wie sie in 2. Samuel 10 beschrieben wird – skep­tisch gegenübersteht, dass „der Name von Davids wichtigstem Gegner, sein Königreich, die Namen seines Generals (Schobach) und seiner Verbündeten, die Standorte der Schlachtfelder und der endgül­ti­ge Er­folg der Israeliten in der Schlacht… auf die Zeit Davids zurückgehen [könnten]“ („the name of David’s major enemy, his kingdom, the names of his general [Schobach] and his allies, the location of the battlefields, and the ultimate Israelite success in battle, may date back to the time of David“; siehe Na’aman, „Sources and Composition in the His­to­r y of David“, S. 175). 9 Für einen historischen Überblick über diese Ereignisse siehe z. B. A. Malamat, „Aspects of the For­ eign Policies of David and Solomon“, His­to­ry of Biblical Israel: Major Problems and Minor Issues, S. 208–233, insb. 208–215 (Hebräische Version: Israel in Biblical Times: Historical Essays, S. 195– 222, insb. 195–203).

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vor, den Ammonitern weiterhin zu helfen“ (2. Sam 10,19). Zu beachten ist, dass 2. Sam 10,15–19 nicht eine weitere Phase derselben Schlacht ist, die in 10,6–14 geschil­dert wird,10 sondern dass es sich vielmehr um die Er­zäh­lung einer zweiten Kampfhand­lung zwi­schen Israel und der Koalition der transjordanischen Königtümer bei Ḥelam handelt. So­mit ist unklar, worauf die Behauptung von John Van Seters beruht, 2. Sam 10,15–19 sei ein deu­te­ronomistischer Text, während 2. Sam 10,6–14 aus der „späten Perserzeit“11 stamme. Eben­so wenig überzeugend ist Lienhart Delekats Vorschlag, 2. Sam 10,15–19 als einen „Zu­satz“ anzusehen.12 III Redaktionsgeschichte versus kompositionelle Einheit A Redaktionsgeschichte Seit der Veröffentlichung der kurzen Notiz von Friedrich Schwally 189213 haben einige Forscher die Ansicht vertreten, dass 2. Sam 11,27b + 12,1–15a – insbesondere die Zu­recht­ weisung Davids durch Nathan – eine späte, sekundäre Hinzufügung zur ur­sprüng­li­chen 10 So z. B. A . A . Fischer, Von Hebron nach Jerusalem: Eine Redaktionsgeschichtliche Studie zur Er­zäh­lung von König David in II Sam 1–5, Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 335 (Berlin und New York: W. de Gruyter, 2004), S. 301. 11 Van Seters begründet seine Behauptung damit, die Tatsache, dass die Ammoniter Söldner in die Schlacht schicken, sei „typisch für die Kriegsführung der Perserzeit, wie sie von Xenophon in sei­ner Anabasis beschrieben wird“ („is typical of warfare in the Persian period as described by Xeno­phon in his Anabasis“); siehe J. Van Seters, The Biblical Saga of King David (Winona Lake, IN: Eisen­brauns, 2009), S. 228. Dieses Argument ist unbegründet: David selbst führte philistäische Söldner in die Schlacht – „Krethi und Plethi“, wie in 2. Sam 8,18; 15,18; 20,7.23; 1. Kön 1,28.44 berichtet wird. Han­delt es sich bei all diesen Passagen ebenfalls um Quellen aus der „späten Perserzeit“? Tatsäch­lich wurden bereits lange vor der Perserzeit Söldner angeheuert: „[A]usländische Söldner stießen zum me­so­pota­mischen Heer, worauf bereits (wenn auch abschätzig) im 25. Jh. [v. u. Z .] angespielt wird“ („[F]oreign mercenaries also joined on to Mesopotamian militaries, alluded to (albeit disparaging­ly) as early as the 25th century“, siehe S. F. C. Richardson, „Mesopotamia and the ‚New‘ Military His­to­r y“, in L. L . Brice und J. T. Roberts [Hgg.], Recent Directions in the Military His­to­ry of the Ancient World, Publications of the Association of Ancient Historians 10 (Claremont, CA: Regina Books, 2011), S. 11– 51, insb. 25–26); in Anm. 69 zitiert Richardson eine Quelle aus Mesopotamien, die sich auf „an­ge­ heuerte Söldner aus fremden Ländern“ („hired mercenaries of foreign lands“) be­zieht. Da­rüber hinaus wird ein früher Bericht über Söldner in der ägyptischen Armee auf das 13. Jh. v. u. Z . da­tiert, der be­ zeugt, dass Pharao Ramses II. (1279–1213 v. u. Z .) für die Schlacht von Kadesch (1274 v. u. Z .) 11.000 nu­bische Söldner dingte. Söldner aus Sardinien mit charakteristischen gehörnten Hel­men kommen in Wandgemälden als Leibwache desselben Pharaos vor. Hilfstruppen, die außer­halb des ägyptischen Kern­landes rekrutiert wurden, schlossen im Neuen Reich Kanaanäer und Kon­tingente aus Syrien mit ein sowie „Nubier, Libyer und die berühmten Scherden, von denen eine In­fanterieeinheit als Elitegarde Ram­ses II. diente“ („Nubians, Libyans and the famous Sherden, one contingent of which was em�ployed as an élite guard infantry unit by Ramesses II“; siehe M. Healy, New Kingdom Egypt, Elite Series 40 (London: Osprey, 1992), S. 24); Richardson, „Mesopotamia and the ‚New‘ Military His­to­r y“, S. 13. 12 Siehe L. Delekat, „Tendenz und Theologie der David-Sa­lo­mo-Er­zäh­lung“, in F. Maass (Hg.), Das fer­ne und nahe Wort: Festschrift für Leonhard Rost zur Vollendung seines 70. Lebensjahres am 30. No­ vem­­ber 1966 gewidmet, Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 105 (Berlin und New York: W. de Gruyter, 1967), S. 26–36, insb. 28, Anm. 4. 13 Siehe F. Schwally, „Zur Quellenkritik der historischen Bücher“, ZAW 12 (1892), S. 153–161, insb. 153–155.

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Er­zäh­lung sei.14 Ihr Argument ist, dass der Zorn Gottes über die Geburt des ersten Kin­ des von David und Batseba (siehe 11,27b), dem Schlag Gottes gegen David in 12,15b vorausgehe. Smith erklärt den Einschub folgendermaßen: „Ein späterer Schreiber war da­mit [sprich: mit der Bestrafung in 1. Kön 12,15b] nicht zufrieden, sondern hatte das Ge­fühl, dass eine ausdrückliche Zurechtweisung durch unmittelbare Offenbarung nötig sei.“15 Einige Jahrzehnte später interpretierten sowohl Walter Dietrich als auch Timo Veijola die Passage als „ein[en] Einschub des DtrP [= deuteronomistische Prophetenrede]“.16 Im Jahr 1900 vertrat Stanley A. Cook die These, dass nicht nur 2. Sam 11,27b + 12,1–15a ein später Einschub seien – wie Schwally vorgeschlagen hatte –, sondern dass „der ge­sam­te Text 11,27b–12,24a.25 geschrieben [wurde], um Sa­lo­mos Geburt so ma­kel­ los wie mög­lich darzustellen. Der Einschub ist zweigeteilt: (α) 11,27b; 12,15[b]–24a, (β) 12,1–15a.25“.17 Das heißt: (β) ist eine spätere Hinzufügung zu (α), die ihrerseits früher se­ kun­där in­ter­po­liert worden war. Laut Cook folgte auf 11,27a ursprünglich 12,24b: „Und als die Trauer­zeit vorüber war, sandte David hin und holte sie in sein Haus; und sie wur­de seine Frau und gebar ihm einen Sohn, und er gab ihm den Namen Sa­lo­mo.“ Der Ori­gi­nal­ text der David-Batseba-Er­zäh­lung bestand also im Ganzen aus den Textstellen 11,2–27a + 14 Siehe z. B. H. P. Smith, A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Samuel, International Crit­ical Commentary (Edinburgh: T. & T. Clark, 1899), S. 321–322, 325; K. Budde, Die Bücher Sa­ muel: Erklärt, Kurzer Hand-Commentar zum Alten Testament 8 (Tübingen: J. C. B. Mohr [P. Sie­ beck], 1902), S. 254; W. Nowack, Richter, Ruth und Bücher Samuelis, Handkommentar zum Alten Tes­ta­ment I, 4 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1902), S. 194; E. P. Dhorme, Les livres de Sa­ muel, Études bibliques (Paris: Gabalda, 1910), S. 360–363. 15 „A later writer was not satisfied with this, but felt that there must be a specific rebuke by direct revelation“ (H. P. Smith, The Books of Samuel, S. 322). 16 Das Zitat stammt aus T. Veijola, Die ewige Dynastie: David und die Entstehung seiner Dynastie nach der deu­te­ronomistischen Dar­stel­lung, Annales Academiae Scientiarum Fennicae B.193 (Helsinki: Suo­ma­lainen Tiedeakatemia, 1975), S. 113, Anm. 43; siehe auch seinen Aufsatz „Sa­lo­mo – der Erst­ ge­bo­re­ne Bathsebas“, in J. A . Emerton (Hg.), Studies in the Historical Books of the Old Testament, Supple­ments to Vetus Testamentum 30 (Leiden: E. J. Brill, 1979), S. 230–250, insb. 237–241 (= ders., Da­vid: Gesammelte Studien zu den Davidüberlieferungen des Alten Testaments, Schriften der Fin­ni­schen Exegetischen Gesellschaft 52 [Helsinki: Finnische Exegetische Gesellschaft/ Göttin­gen: Van­den­hoeck & Ruprecht, 1990], S. 84–105, insb. 90–94). Siehe auch W. Dietrich, Prophetie und Ge­schich­te: Eine re­dak­tions­geschichtliche Untersuchung zum deuteronomistischen Ge­schichts­werk, For­ schun­gen zur Re­li­g ion und Li­te­ra­tur des Alten und Neuen Testaments 108 (Göttingen: Van­­den­ hoeck & Ru­precht, 1972), S. 127–132, insb. 132 („DtrP [hat] die gesamte Nathan-David-Szene V. 1–14 ein­ge­scho­ben“; er kommt auch zu dem Schluss, dass „11,27b aller Wahrscheinlichkeit nach von DtrP ver­fasst“ worden sei). Einige Wis­sen­schaft­ler machen sogar innerhalb des Komplexes 2. Sam 11,27b + 12,1–15a zwei spätere Schichten aus. So sieht beispielsweise L. Rost – dem H. W. Hertz­ berg und R. Smend folgen – 12,7–12 mit Ausnahme der Wörter ‫ אתה האיש‬in 12,7a als eine se­kun­dä­re Erweiterung in zwei Stufen an: Zunächst seien die Verse 11–12 eingefügt worden, spä­ter die Verse 7b–10. Dietrich folgt dieser Annahme und versucht, sie zu untermauern (Prophetie und Ge­schich­te, S. 127–128; auf S. 127, Anm. 74 finden sich die Verweise auf die oben genannten For­scher). 17 „[T]he whole 11:27b–12:24a, 25 has been written to render Solomon’s birth as stainless as possible. The insertion is twofold: (α) 11:27b; 12:15[b]–24a, (β) 12:1–15a, 25“ (S. A. Cook, „Notes on the Com­position of 2 Samuel“, AJSL 16 (1900), S. 145–177, insb. 156–157). Gemäß Cook sind diese Einschübe Teil einer größeren Einfügung durch einen Glossator: 11,2–12,25. Zu letzterer Ansicht von Cook siehe die kritischen Anmerkungen von Budde, Die Bücher Samuel, S. 254–255.

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12,24b. Folglich war Sa­lo­mo der erste Sohn von David und Batseba, der während ihrer ehe­bre­cherischen Affäre gezeugt wurde, als Batseba noch die Frau Urias war. Somit war Sa­lo­mo ein illegitimer Sohn, ein Bastard. In der Folge stimmten einige Forscher Cooks Schlussfolgerung zu, wie beispielsweise Elias Auerbach und Ernst Würthwein.18 1979 schloss sich ihnen Timo Veijola an und fol­ger­te ebenfalls, dass die Ge­schich­te vom Tod des ersten und der Geburt des zweiten Kin­des (12,15b–24a.25) eine späte fiktive Hinzufügung sei. Veijola versuchte, diese An­ nah­me folgendermaßen zu begründen: (a) Die Er­zäh­lung von der Geburt des ersten – illegitimen – Kindes (11,27a) konnte an dieser Stelle nicht enden, sondern schließt erst mit der Namensgebung in 12,24b. (b) Die Ge­schich­te von der Geburt Sa­lo­mos als zweitem Sohn fällt aus dem chronolo­gi­ schen Rahmen der Gesamterzählung in 2. Samuel 10–12, da als Zeitraum, in­ner­halb des­sen zwei Kinder geboren werden, in der Regel 18–20 Monate anzusetzen sind und es un­wahrscheinlich ist, dass die Belagerung Rabbas so lange angedauert hat (­siehe unten). Dieser späte Einschub von 2. Sam 12,15b–24a diente laut diesen Exegeten dazu, die Tat­ sache zu verschleiern, dass Sa­lo­mo in Wirklichkeit das erste Kind Batsebas und das Re­ sul­tat ihrer ehebrecherischen Affäre war.19 Veijola kommt zu dem Schluss, dass „Sa­lo­mos Stel­lung als Bathsebas Erstgeborener nicht mehr in den Bereich bloßer Vermutungen [gehört]. Vielmehr scheint sie mir das historisch Wahrscheinliche zu sein“.20 Zuletzt hat Thilo A. Rudnig erneut konstatiert, dass es sich bei den Texten in 2. Sam 12,1–15a (die er als „Nathanperikope“ bezeichnet) und in 12,15b–24a (die Passa­ge über den Tod des ersten Kindes) um späte Einschübe handle. Rudnig wiederholt die be­reits bekannten Argumente, die in der Forschungsdiskussion immer wieder für die­se The­se, die seiner Überzeugung nach mittlerweile „breiter Konsens“ sei, ins Feld geführt werden: Mit der Heirat von David und Batseba (2. Sam 11,27a) sei die Er­zäh­lung bei­nahe abge­ schlos­sen; üblicherweise sei nach dem Bericht von der Geburt eines Kindes die Nen­nung des Na­mens zu erwarten, die in 12,24b schließlich erfolgt. Rudnig folgert dementspre18 Siehe E. Auerbach, Wüste und Gelobtes Land. Bd. I: Ge­schich­te Israels von den Anfängen bis zum To­de Sa­lo­mos (Berlin: Kurt Wolff Verlag, 1932), S. 241, Anm. 1; E. Würthwein, Die Er­zäh­lung von der Thron­folge Davids: Theologische oder politische Ge­schichts­schrei­bung?, Theologische Studien 115 (Zü­ rich: Theo­logischer Verlag, 1974), S. 31–32. 19 Siehe Veijola, „Sa­lo­mo: der Erstgeborene Bathsebas“, S. 230–250, insb. 241 (ders., David: Ge­sam­mel­ te Studien zu den Davidüberlieferungen des Alten Testaments, S. 84–105). S. A. Nitsche, König Da­vid: Sein Leben, seine Zeit, seine Welt (Gütersloh: Chr. Kaiser/ Gütersloher Verlag, 2002), S. 220–223, schließt sich Veijola an. 20 Veijola, „Sa­lo­mo: der Erstgeborene Bathsebas“, S. 248; Hervorhebung I. K. Einige Exegeten folgen die­ser Überzeugung, als ob sie eine selbstverständliche historische Tatsache wäre. Ernst Axel Knauf erklärt beispielsweise schlicht: „Da Sa­lo­mo Bathsebas Erstgeborener war…“ („As Solomon was Bathsheba’s first born…“ [Hervorhebung I. K .]; siehe E. A . Knauf, „Le roi est mort, vive le roi! A Bib­li­ cal Argument for the Historicity of Solomon“, in L. K . Handy [Hg.], The Age of Solomon: Scholar­ship at the Turn of the Millennium, Studies in the His­to­r y and Culture of the Ancient Near East 11 [Lei­ den: E. J. Brill, 1997], S. 81–95, insb. 89); Knauf und Guillaume, A His­to­ry of Biblical Israel, S. 77.

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chend, dass 12,24bα – „und er gab ihm den Namen Sa­lo­mo“ – eine direkte Fortsetzung von 11,27a „und sie wurde seine Frau und gebar ihm einen Sohn“ sei und die Passage zwischen diesen Versen (11,27b + 12,1–24a) spät und sekundär.21 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass der Name eines Kindes nicht immer unmittelbar nach seiner Geburt bekanntgegeben wird, wie beispielsweise bei Mose in Ex 2,1–10. Darüber hinaus hat Hugo Greßmann bereits 1910 derartige Thesen aus folgenden Gründen zurückgewiesen: (a) Es ist unmöglich, 11,27a und 12,24b direkt zusammenzufügen, weil der Leser zunächst erfahren muss, wie der Erzähler den Umgang Davids mit den problematischen Kon­sequenzen seiner Affäre bewertet: Batsebas Schwangerschaft, während Uria auf dem Schlachtfeld war. Daher ist die Fortsetzung in 11,27b–12,14 absolut notwendig. (b) Die Episode mit Nathan (12,1–14) ist ein klares Resultat der Handlung in Kapitel 11, wo­nach David kein gnadenloser und brutaler König war, sondern vielmehr alles tat, um Uria nicht töten zu müssen. (c) Die Nathan-Episode ist in demselben romanhaften Stil geschrieben wie die Er­zäh­lung von David und Batseba in Kapitel 11.22 Greßmanns Einwände wurden aus welchen Gründen auch immer ignoriert, aber tat­säch­ lich gibt es noch einige weitere und viel bessere Gründe, daran zu zweifeln, dass 11,27b– 12,24a eine späte Hinzufügung ist. Diese lauten wie folgt: 1. Diese Exegeten nennen keinen einzigen positiven Textbeleg für ihre Schlussfolgerung. Sie finden im Text selbst an keiner anderen Stelle einen Hinweis darauf, dass Sa­lo­mo je­mals als illegitim angesehen wurde.

21 Siehe T. A . Rudnig, „‚Ausser in der Sache mit Uria, dem Ḫethiter‘ (1 Reg 15,5): Jahwes und Davids Gerechtigkeit in 2 Sam 10–12“, in A. G. Auld und E. Eynikel (Hgg.), For and against David: Story and His­to­ry in the Books of Samuel, Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium 232 (Leuven: Peeters, 2010), S. 273–292, insb. 275–283. Rudnig hat diesen Sachverhalt bereits in seinem Buch, Davids Thron, behandelt: Redaktionskritische Studien zur Ge­schich­te von der Thronnachfolge Da­vids, S. 55–60, 351. Siehe auch Fischer, Von Hebron nach Jerusalem, S. 199–200, der von „[der] äl­tere[n] David-Batscheba-Er­zäh­lung 11,2–27 + 12,4bα [Qerê]“ spricht. 22 „Das ist aus mancherlei Gründen unmöglich, vor allem aber deshalb, weil man zuvor noch erfah­ren muss, wie der Erzähler über die Handlungsweise Davids denkt und nach welcher Richtung hin er seine Hörer beeinflussen will… Darum ist eine Fortsetzung unbedingt notwendig. Da 12,15b sich scheinbar glatt an 11,27 anfügt, sieht eine Anzahl Forscher die Nathan-Episode als nicht ursprünglich an und entfernt sie als einen späten Zusatz. Aber auch das ist schwerlich richtig. Denn ge­ra­de in der Nathan-Episode klingt derselbe Gedanke, nur lauter, hindurch, der schon im Vorhergehen­ den leise angeschlagen ist: David soll nicht als völlig gewissenloser Despot vorgestellt werden! Sonst hätte der Erzähler ihm nicht die Versuche zugeschrieben, sich Urias ohne Mord zu entledigen. Erst als alles Andere vergeblich ist, lässt sich der König zum Äussersten drängen. Überdies eignet der Nathan-Ge­schich­te derselbe novellistische Charakter, der auch der Bathsheba-Episode das Ge­prä­ ge verleiht“ (H. Greßmann, Die älteste Ge­schichts­schrei­bung und Prophetie Israels, Die Schriften des Alten Testaments 2/1, 2. Aufl. [Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1921], S. 158–159).

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2. Ihre Thesen entbehren auch jeglicher philologischer Grundlage. Die Texte, die als se­kun­däre, späte Hinzufügungen interpretiert werden, zeigen keine spezifischen lin­ guis­tischen oder stilistischen Merkmale, die eine Spätdatierung nahelegen.23 3. Keiner der hier genannten Forscher liefert Beweise dafür, dass Nathans Parabel und sei­ne Zurechtweisung (12,1–10) „deuteronomistisch“ sind. Genau genommen fin­den sich in dieser Passage keine eindeutige deuteronomistische Phraseologie, Stilmerk­ma­ le oder Vorstellungen. Die Phrase ‫„( לעשות הרע בעיני‬Böses tun in meinen Augen“) in 12,9b ist nicht notwendigerweise deuteronomistisch.24 Hans-Joachim Stoe­be be­­tont völlig zu Recht, dass jeder, der diese Phrase als spezifisch deuteronomis­tisch an­­sieht, seine häufige Verwendung in nichtdeuteronomistischen Texten übersieht.25 Selbst wenn man jedoch diese Phrase als deuteronomistisch einstuft, bedeutet das noch nicht, dass automatisch auch die gesamte restliche Passage 12,1–10 eine späte deu­te­­ ro­nomistische Hinzufügung ist. Die Verse 12,11–12 beinhalten tatsächlich eine post eventum-Aussage, die auf Absaloms Revolte und Missbrauch von Davids Ne­ben­­ frauen anspielt, worüber in 2. Sam 16,22 berichtet wird.26 Diese Aussage verlangt je­­ doch keine über das Ende von Davids Herrschaft hinausgehenden Kenntnisse, er­for­­ dert auch nicht, dass sie ein Redaktor Jahrhunderte später verfasste. Es gibt ande­re Hin­­weise darauf, dass die Thronfolgeerzählung als Ganzes nicht früher als in der Sa­ lo­mo­nischen Zeit entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt hätte eine post eventum-An­spie­ lung auf Absalom problemlos gemacht werden können.27 Dementsprechend besteht keine Notwendigkeit, sich Moshe Weinfelds Schlussfolgerung anzuschließen: Auch wenn „die Prophezeiung… möglicherweise auf eine vor-deuteronomisti­sche Tra­­di­­ tion zurückgeht, ist sie doch von dem Deuteronomisten in den Text einge­glie­dert und offenbar redaktionell überarbeitet [worden].“28 Ebenso wenig gibt es einen Grund, 23 Um dieses Hindernis zu überwinden, liefert Nitsche eine weitere Theorie, derzufolge die „späte(n) Hinzufügung(en)“ („late addition[s]“) bereits in der Zeit des Erzählers gemacht worden sei(en), und zwar von einem Schreiber der Weisheitsschule, der am Sa­lo­monischen Hof tätig war („Der frühen Weisheitsschule am salomonischen Hof ist ein solcherart ‚aufgeklärter‘ Text durchaus zuzu­trauen“); siehe Nitsche, König David, S. 222. Dieser Annahme fehlt jedoch eine solide Basis. 24 Gegen Dietrich, Prophetie und Ge­schich­te, S. 131. Der Kontext von 2. Sam 12,9 ist eine literarische Form des Prinzips „‚speziell[er]‘ (Ausdruck) folgt auf ‚allgemein[en]‘ (Ausdruck)“: In den Phra­sen ‫( ואתו הרגת בחרב בני עמון‬12,9d) und ‫( את אוריה החתי הכית בחרב‬12,9b) formuliert jeweils ein Teil das detail­liert, was im anderen „allgemein“ ausgedrückt ist: ‫ ואתו > את אוריה החתי‬und ‫הכית בחרב > הרגת‬ ‫בחרב בני עמון‬. Dieses Merkmal kommt häufig in verschiedenen Schichten der bi­bli­schen Li­te­ra­tur vor; siehe ausführlich Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 311–318. Siehe auch § III, B, 3, Anm. 67. 25 „[D]er Verweis auf überwiegend deuteronomistisch belegte Vorkommen der Formel ‫עשה הרע בעיני‬ ‫ יהוה‬übersieht den Verwendungsumfang des Begriffs“; H.-J. Stoebe, Das zweite Buch Samuelis, Kom­ men­tar zum Alten Testament 8/2 (Gütersloh: Gütersloher Verlaghaus, 1994), S. 283. 26 Vgl. J. Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments, 4. Aufl. (Berlin: W. de Gruyter, 1899; Neudruck 1963), S. 256 (aus nicht genannten Gründen hält Wellhausen 12,10 ebenfalls für einen späten Einschub); H. P. Smith, The Books of Samuel, S. 324 (ohne Bezug auf Wellhausen). 27 Siehe Kapitel X, § I II. 28 „Though the prophecy may derive from pre-deuteronomic tradition, it was incorporated into the text

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2. Sam 12,13–14 als „später hinzugefügte deuteronomistische Überlei­tung“ ein­­zu­ stufen, wie es Veijola tut,29 ohne eine Erklärung zu liefern, was an den beiden Ver­sen deuteronomistisch ist. 4. Die Schilderung der Ereignisse in 2. Samuel 10–12 ist durchgehend achronolo­­gisch, auch ohne eine späte redaktionelle Überarbeitung. 2. Samuel 12,26–31 ist die Fort­­set­ zung der Ge­schich­te, die in 10,1–19 und 11,1a-b erzählt wird.30 Dem­ent­spre­chend gilt: (a) Die nicht chronologische Erzählweise der David-Batseba-Er­zäh­lung (11,1c– 12,25) ist kein Beleg dafür, dass es sich um einen späten Einschub eines Glos­ sa­­tors in „den Be­richt über einen Krieg gegen Rabba-Ammon, von dem sie ur­ sprüng­­lich unabhän­gig war“, handelt, wie Cook behauptet.31 Es ist zwar gut mög­­lich, dass der ursprüng­li­che Autor einen unabhängigen Bericht über die Krie­­ge als Rahmen für die David-Ba­tse­ba-Er­zäh­lung benutzte, aber es gibt we­ der einen Grund für die Annahme, dass Letz­te­re erst Jahrhunderte nach dem Kriegs­­be­richt entstand, noch für die Auffassung, dass bei­de erstmals durch den Deu­te­ro­no­misten miteinander verbunden wurden. (b) Die chronologische Berechnung von Gelehrten wie Veijola und anderen, bei­ spiels­weise Stefan A. Nitsche,32 derzufolge es nicht zwei Schwangerschaf­ten Bat­se­bas gegeben haben kann, da die Belagerung dann etwa zwei Jahre ge­dauert hätte – was nicht plausibel ist –, beruht auf der Reihenfolge der Ereignisse, wie sie im Text in 2. Samuel 10–12 dargestellt wird; das ist jedoch keine verlässli­che Grund­lage, da die bi­bli­sche Beschreibung der Ereignisse achronologisch ist. 5. Wie später gezeigt wird, belegt eine sorgfältige literarische Analyse von 2. Samuel 10– 12, dass alle Texte, die von diesen Exegeten als späte Hinzufügungen/ Einschü­be dar­ ge­stellt werden, tatsächlich sowohl feste Bestandteile der David-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25) als auch der Gesamterzählung (2. Samuel 10–12) sind. Sie stehen im Einklang mit den einzelnen Teilen der Gesamterzählung und sind mit die­ser ko­hä­rent. Zusammen bilden sie eine kunstvoll-hochkomplexe konzentri­sche Form, die in der wissenschaftlichen Diskussion bisher übersehen wurde. Die ver­mu­te­ten „Ein­schübe“ sind diesem Komplex literarischer Strukturen wesenhaft und kön­nen nicht von den anderen Texten getrennt und als „spätere Hinzufügung(en)“ be­trach­tet werden.33 6. Die wiederkehrenden Worte von Nathans Parabel und seiner Zurechtweisung so­wie der Geburtsgeschichte des zweiten Kindes in 12,24 sind maßgeblich abhängig von der David-Batseba-Er­zäh­lung und derjenigen über die Geburt des ersten Kindes in and apparently redacted by the Deuteronomist“; M. Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic School (Oxford: Oxford University Press, 1972; Neudruck Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1992), S. 130, Anm. 4. 29 Siehe Veijola, „Sa­lo­mo: Der Erstgeborene Bathsebas“, S. 234: „später hinzugefügte deuteronomistische Überleitung.“ 30 Siehe ausführlich § I II, B, 3. 31 „[T]he account of a war against Rabbah-Ammon of which it was originally independent“; Cook, „Notes on the Composition of 2 Samuel“, S. 156. 32 Siehe Veijola, „Sa­lo­mo – der Erstgeborene Bathsebas“, S. 237–241 (ders., David: Gesammelte Stu­dien zu den Davidüberlieferungen des Alten Testaments, S. 90–94); Nitsche, König David, S. 221–222. 33 Siehe § I II, B, 2 (a)–(b).

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11,27 und stehen in einem engen Verhältnis zu diesen Passagen. 12,24 stellt dabei das Ergebnis von 11,27 dar.34 7. Der Erzähler hält es nicht für notwendig, den Namen des ersten Kindes in 2. Sam 11,27b zu nennen, weil es kurz nach der Geburt starb und keine weitere Be­deu­tung hatte (12,15b–23; siehe § III, B, 4). 8. Die Phrasen ‫„ – ותלד לו בן … ותלד בן‬und sie gebar ihm einen Sohn… und sie gebar einen Sohn“ – in 11,27b und 12,24b sind nicht zwingend Rahmenverse oder eine Wie­der­ aufnahme, wie Veijola meint.35 Diese Phrasen sind ein integraler Bestand­teil der Er­ zäh­lung, durch die der Erzähler einen deutlichen Kontrast zwischen der Ge­burt des ers­ten, illegitimen und der des zweiten, legitimen Kindes ausdrückt (siehe § III, B, 4). Ab­gesehen davon: Wie hätte der Erzähler seine Leser anders über ein derar­ti­ges Er­eig­ nis – die Geburt eines zweiten Kindes von derselben Mutter (12,24b) – in­for­mier­en sollen, wenn nicht durch den Gebrauch der feststehenden, geradezu in Stein ge­meißel­ te Phrase ‫ ?ותלד בן‬Tatsächlich erscheint genau diese Phrase in beinahe jedem an­deren Ge­burts­bericht der bi­bli­schen Li­te­ra­tur. 9. Selbst wenn 2. Samuel 12,15b für die Fortsetzung von 11,27b gehalten wird, bedeu­ tet das nicht unbedingt, dass alle Verse dazwischen als späte Hinzufügung anzusehen sind.36 Mit der Art und Weise wie der Erzähler die Themen in 11,27 und 12,1–15 dar­ stellt, wollte er vermutlich zeigen, dass Krankheit und Tod des ersten Kindes eine gött­ liche Strafe für David und Batseba waren, die er direkt in Bezug setzt zu Na­thans Zu­ recht­weisung und dessen Prophetie (12,1–15a). Obwohl Davids Taten in den Augen des Herrn böse waren (‫וירע הדבר אשר עשה דוד בעיני יהוה‬, 11,27b), vergab ihm der Herr we­gen Davids Reue (‫ ;ויאמר דוד אל נתן חטאתי ליהוה‬12,13),37 und wegen Got­tes grund­ legender Liebe zu ihm. Daher entschied Gott, dass David zwar nicht ster­­­ben sollte (‫גם‬ ‫ ;יהוה העביר חטאתך לא תמות‬12,13b), aber sein Kind infolge der Taten Da­­vids krank wer­den und sterben würde (‫ ;גם הבן הילוד לך מות ימות‬12,14b). So wurde die Stra­­fe für Davids Sünden nicht vollständig aufgehoben, sondern auf sein Kind um­­ge­lenkt.38 Aus theo­logischer Sicht steht der Tod des Kindes für Davids Taten im Wi­­der­spruch zu dem 34 Siehe § I II, B, 2 (b). Obwohl gemäß 2. Samuel 19,6–7 Joab David für dessen Reaktion auf Absa­ loms Tod getadelt hat, sind die bloße Existenz der Er­zäh­lung von der Affäre zwischen David und Batseba und die scharfe Zurechtweisung Nathans am König mit dem eindeutigen Verweis „Du bist der Mann!“ (12,7) innerhalb der gesamten altorientalischen Li­te­ra­tur bemerkenswert. 35 Veijola, „Sa­lo­mo – der Erstgeborene Bathsebas“, S. 233; siehe auch Rudnig, „‚Ausser in der Sache mit Uria, dem Ḫethiter‘“, S. 276. 36 Siehe Stoebe, Das zweite Buch Samuelis, S. 301. 37 David übernimmt die Verantwortung für seine Sünden nicht nur in diesem Fall, sondern auch für die Schuld, die er auf sich lädt, indem er eine Volkszählung durchführen lässt; siehe 2. Samuel 24,10.17: ‫„( ויאמר דוד אל יהוה חטאתי מאוד אשר עשיתי…ויאמר הנה אנכי חטאתי ואנכי העויתי‬Und David sprach zum Herrn: ‚Ich habe schwer gesündigt mit dem, was ich getan habe‘… sprach er zum Herrn: ‚Ich allein habe gesündigt, und ich allein habe die Missetat begangen‘“). Im Gegensatz dazu versucht Saul, die Schuld für seinen Fehler seinem Volk zuzuschieben; siehe 1. Sam 15,15: ‫ויאמר שאול מעמלקי‬ ‫„( …הביאום אשר חמל העם על מיטב הצאון והבקר‬Und Saul sprach: ‚Sie haben sie von den Amalekitern hergebracht; denn das Volk verschonte die besten Schafe und Rinder…‘“). 38 Vgl. Jesaja 53,4–11.

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Ver­geltungsprinzip, das sowohl in der deuteronomistischen als auch in der pro­­phe­ tischen Li­te­ra­tur proklamiert wird.39 Das schwächt Veijolas Behaup­­tung, 12,13–14 sei eine „später hinzugefügte deuteronomistische Überleitung“.40 Zwar ist die Bestrafung Davids theologisch problematisch, zeigt diese jedoch zumindest, dass in gewisser Hinsicht Gerechtigkeit geübt wird: Seine Verbrechen bleiben nicht ungesühnt. 10. Ohne die Er­zäh­lung von der Geburt und dem Tod des ersten Kindes (2. Sam 11,27; 12,15b–23) ergibt die Phrase „dann tröstete David Batseba“ (12,24a) keinen Sinn. Wa­ rum sollte David seine Frau trösten, wenn nicht wegen des Todes ihres41 Kindes? Es wäre pro­blematisch anzunehmen, dass David Batseba in ihrer Trauer um ihren früheren Ehe­ mann Uria Trost gespendet hat, zu dessen Ermordung David selbst den Befehl ge­ge­ben hatte (11,14–25) – zumal das Verbrechen bereits bekannt war (12,1–10). Daher be­harren diese Exegeten darauf, dass auch 12,24a eine späte Hinzufügung sei. Wie aber später noch gezeigt wird, dient dieser Vers jedoch gemeinsam mit 2. Sam 10,2 als rahmendes Ele­ment, das die Gesamterzählung als Ganzes zusammenhält (siehe § III, B, 2, c). 11. Ohne die Er­zäh­lung von der Geburt und dem Tod des ersten Kindes fehlt ein pas­ sen­der Kontext oder eine Erklärung zu den Worten „Und der Herr liebte ihn. Und [des­­halb] sandte er eine Botschaft durch Nathan, den Propheten, und er gab ihm den Namen Jedidja um des Herrn willen“ (12,24d–25): Wenn Sa­lo­mo tatsächlich der Erst­­ geborene war, warum liebte der Herr dann dieses Kind, das aus einer ehebreche­ri­schen Affäre hervorging und in gewisser Hinsicht den Tod einer unschuldigen Per­son (Uria) verursacht hatte? Andererseits bildet 12,24b – ‫„( ויהוה אהבו‬der Herr liebte ihn“) einen sinnvollen Kontrast zu 11,27b – (‫[„( וירע הדבר אשר עשה דוד (בעיני יהוה‬die Sa­­che, die David getan hatte,] missfiel dem Herrn“; siehe § III, B, 4). 12. Der Samuel-Erzähler erklärt nicht die Bedeutung des Namens ‫שלמה‬, als dieser erstmals genannt wird (2. Sam 12,24). Später wird die Namensbedeutung indirekt durch das Wortspiel, der Paronomasie, ‫( שלמה – שלום‬Schlomo – Schalom = „Frieden“) sug­ ge­riert, das in 1. Kön 5,4–5 vorkommt.42 Üblicherweise wird jedoch angenommen, dass der Name ‫ שלמה‬von der Wurzel ‫( שלם‬schillem [Pi.], i. e. „vergüten/ entschädigen, er­­setzen“) abgeleitet ist und etwa mit „sein Ersatz“ wiedergegeben werden kann. Das heißt, der zweite neugeborene Sohn ist der „Ersatz“ für den ersten, der gestor­ ben war.43 Die letztgenannte Erklärung ist deutlich einleuchtender als die vorherige, die in 1. Kön 5,4–5 angeboten wird. David respektive Batseba gab dem Kind doch 39 Siehe Deuteronomium 24,16; 2. Kön 14,6; Jer 31,28–29; Ez 18,2.20; 2. Chr 25,4. Siehe auch Ka­pi­ tel II, § I II, 1, Anm. 47. 40 Siehe Veijola, „Sa­lo­mo: Der Erstgeborene Bathsebas“, S. 234. 41 “ihres” bezieht sich auf Batsebas bzw. Batsebas und Davids Kind. 42 Für eine ausführliche Erörterung siehe Kapitel VII, § IV, 1, und die Diskussion zur Erklärung des Na­mens im Chro­nistischen Ge­schichts­werk an dieser Stelle. 43 Siehe Stamm, „Der Name des Königs Sa­lo­mo“, S. 285–297. Unter den Samuel-Kommentatoren siehe z. B. F. Stolz, Das erste und zweite Buch Samuel, Zürcher Bibelkommentare: Altes Testament 9 (Zü­ rich, Theologischer Verlag Zürich, 1981), S. 242. Zu den verschiedenen möglichen Bedeutungen der Wur­­zel šlm siehe Stamm, ebd.; G. Gerleman, „Die Wurzel šlm“, ZAW 85 (1973), S. 1–14. Allgemein ge­­sprochen bildet der bi­bli­sche Name „Schlomo“ eine Parallele zum assyrischen Namen „Sanherib“ (Sîn-aḥḥē-erība, i. e. „der Gott Sin hat meine [toten] Brüder ersetzt“).

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wohl eher einen Na­­men, der ihre derzeitige Lebensrealität widerspiegelte, als einen, der eine mögli­che, nicht absehbare Zukunft des Kindes ausdrückte. Darüber hinaus passt die wissenschaftliche Erklärung sehr gut zum Kontext von 2. Sam 12,24, in dem Davids Absicht ausgedrückt ist, Batseba über den Tod ihres ersten Kindes hinwegzutrösten und den Willen, dieses durch ein neues zu ersetzen (siehe § III, B, 2, d). In einer ähnlichen Situation drückt tatsächlich ein anderer bi­bli­scher Erzähler klar und deutlich aus, dass Eva ihren dritten Sohn Set nannte, „[d]enn Gott hat mir einen anderen Samen gesetzt für Abel, den Kain erschlagen hat“ (Gen 4,25). So nannte auch David bzw. Batseba sein bzw. ihr zweites Kind „Schlomo“, abgeleitet von schillem, bedeutet es, er sollte den verlorenen Bruder „entschädigen“ oder ihn „ersetzen“. Dieser Name wurde demnach dem zweiten Kind mit Bezug auf den Tod des ersten Kindes gegeben. Es gilt also dasselbe wie für die Aussage „David tröstete Batseba“ (wie in Nr. 10 erwähnt): Die Ge­schich­te von der Geburt und dem Tod des ersten Kindes (2. Sam 11,27b; 12,15b–23) ist notwendig, um die Namensgebung zu verstehen. 13. Der Vorschlag einiger Exegeten wie Veijola, dass Batseba ihr zweites Kind „seinen Er­ satz“ nannte und auf Uria bezogen hätte,44 ist äußerst unwahrscheinlich. Aus dem bi­­­bli­­schen Text geht nicht eindeutig hervor, wer dem Kind tatsächlich den Namen „Schlo­­mo“ gab: David oder Batseba (siehe § V). Würde Batseba Namensgeberin ge­we­ sen sein, könnte sie als die Frau von König David unmöglich dran interessiert sein, mit dem Namen einen Bezug zu ihrem vorherigen Ehemann herzustellen,45 den Da­vid hatte um­brin­gen lassen – insbesondere, weil sie genau wusste, dass das Kind von Da­vid war und nicht von Uria (2. Sam 11,5). Würde hingegen David selbst den Namen ge­wählt haben, würde er mit Sicherheit nicht so unvernünftig handeln und seinen eige­nen Sohn „Er­satz“ für denjenigen zu nennen, zu dessen Tod er den Befehl gegeben hatte. Im Ge­ gen­satz zu Steven L. McKenzie, der im Wesentlichen Veijola folgt, ist das keine plausible In­terpretation des bi­bli­schen Textes: „Er [sprich: der Name „Sa­lo­mo“, I. K.] könnte als ‚Er­satz für Uria‘ und somit als weitere Bemühung, die Sünde zu ver­tu­schen, verstanden werden. Außerdem könnte er natürlich auch ‚Ersatz für David‘ bedeuten.“46 Ein etwas anderer Ansatz stammt von Baruch Halpern.47 Er schreibt: Von dem Tod [des ersten Sohnes, I. K.] wurde nicht berichtet, um Sa­lo­mo vor der Un­­­ter­stellung zu schützen, er sei das Produkt einer ehebrecherischen Beziehung. Statt­dessen beweist der Tod des Sohnes ohne jeden Zweifel, dass Sa­lo­mo tatsächlich Da­v ids, und nicht Urias, Kind war. Allein die Tatsache, dass der Text bemüht ist, 44 Siehe Veijola, „Sa­lo­mo: Der Erstgeborene Bathsebas“, S. 234–236, 248. 45 Vgl. McCarter, II Samuel, S. 303. 46 „It could be taken as ‚Uriah’s replacement‘ in a continuation of the attempt to cover up the sin. Then of course, it could also be ‚David’s replacement‘“; McKenzie, King David: A Biography, S. 182. 47 Siehe B. Halpern, David’s Secret Demons: Messiah, Murderer, Traitor, King (Grand Rapids, MI: W. B. Eerdmans, 2001), S. 401–404; ders., „‚Path of Glory‘, Shame and Guilt – The Uriah Story as the Hinge of Fate“, in Ch. Schäfer-Lichtenberger (Hg.), Die Samuelbücher und die Deuteronomisten, Bei­träge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament 188 (Stuttgart: Kohlhammer, 2010), S. 76–91, insb. 84.

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Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12 diese Unterstellung zu entkräften, ist jedoch Grund genug, zu fragen, ob Sa­lo­mo wirk­lich Davids Sohn war.48

Halpern kommt zu dem Schluss, dass Sa­lo­mo zwar tatsächlich Batsebas erster Sohn nach dem Tod Urias gewesen sei, nicht jedoch Davids Sohn, und zwar aus folgenden Grün­ den: (a) „[D]er Name Sa­lo­mo [„sein Ersatz“; I. K.] stellt eine Verbindung zu dem to­ten Hel­den Uria her.“49 (b) Sa­lo­mo wurde von Adonias Bankett ausgeschlossen. Aller­dings be­tont Halpern: „Ausländische Vorfahren, zum Beispiel ḫethitische, würden eben­falls er­k lären, warum Sa­lo­mo nicht eingeladen wurde“.50 (c) „Der dritte Hinweis darauf, dass Sa­­lo­mo nicht Davids Sohn war, ist das Handeln von Achitofel, Sa­lo­mos Urgroßvater… In jedem Fall würde der Name Sa­lo­mo, ‚sein Ersatz‘, dann auf den toten Absalom verweisen, und von der Geburt würde im falschen zeitlichen Zusammenhang erzählt.“51 Schließlich kommt Halpern zu dem Schluss: „[W]ahrscheinlicher… ist, dass Sa­lo­mo einfach Urias Sohn war… Sa­lo­mo erhielt seinen Namen in diesem Fall in Erinnerung an Uria.“52 Trotzdem ist Halperns Interpretationsvorschlag, abgesehen von den bereits darge­leg­­ ten Argumenten gegen Veijola und andere, aufgrund der zahlreichen spekulativen Prä­­ mis­sen, auf denen er beruht, extrem hypothetisch und dadurch inakzeptabel. Da­rü­ber hin­aus zeigt eine sorgfältige Analyse des bi­bli­schen Textes in Samuel die Un­wahr­schein­ lich­keit von Halperns Annahme: Als David Batseba sah, reinigte sie sich gerade, sprich, sie hatte gerade ihre Periode gehabt und vollzog die danach vorgeschriebene ri­tuel­le Rei­ ni­g ung – sie konnte also nicht schwanger sein. Darüber hinaus schlief Uria in der Fol­ ge­zeit nicht mit ihr, ja 2. Sam 11,8–13 bekräftigt gar Urias Weigerung, in sein Haus zu gehen und mit seiner Frau zusammen zu sein. Wie sollte es also möglich sein, dass Uria der Vater von Batsebas Sohn war? Halpern deutet an, dass all dies nur Teil der Ver­tu­ schung sei, wobei der Text überhaupt nicht versucht, Davids Sünden zu verschleiern; er of­fenbart dagegen, wie David versuchte, seine Schuld zu verschweigen. Wie kön­nen über­ haupt die beiden Tatsachen zusammengedacht werden, dass derselbe Erzähler, der kein Pro­blem damit hatte, einerseits von Davids Ehebruch und Mordauftrag zu be­rich­ten, ja der sogar Nathan auftreten ließ, um Davids Vertuschung mit den Worten „Du bist der Mann!“ aufzudecken, andererseits aber die „Tatsache“ – die in Wirklichkeit ledig­lich eine unbeweisbare Theorie ist – zu verschleiern versucht haben soll, dass Sa­lo­mo nicht wirk­ 48 „The death was not reported to protect Solomon from the allegation that he was the product of an adulterous relationship. Instead, the son’s death proves beyond a doubt that Solomon was really David’s, not Uriah’s child. But the very fact that the narrative takes the trouble to combat the allegation is a reason to ask whether Solomon was really David’s son“; Halpern, David’s Secret Demons, S. 401. 49 „[T]he name Solomon ties him to the dead hero Uriah“; Halpern, David’s Secret Demons, S. 402. 50 „A foreign ancestry, say from a Ḫittite, would also explain why Solomon was not invited“ (Halpern, David’s Secret Demons, S. 402). 51 „The third indication that Solomon was not David’s son is the activity of Ahitophel, Solomon’s great-grandfather… In either case, the name Solomon, ‚his replacement‘, would then refer to the dead Absalom, and the actual birth would be narrated out of sequence“; Halpern, David’s Secret De­mons, S. 402. 52 „[M]ore likely… is simply that Solomon was Uriah’s son… Solomon, then, was named for Uriah“; Halpern, David’s Secret Demons, S. 403 (Hervorhebung I. K.).

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lich Davids Sohn war? Der bi­bli­sche Text ist die einzige maßgebliche Quelle, die uns zur Klä­­rung dieser Fragen zur Verfügung steht. Es gibt keine unabhängige Quelle für die­se Er­­eig­nisse, anhand derer wir entscheiden könnten, welche Teile als Fiktion oder „Ver­­­tu­ schung“ zu verwerfen und welche als verlässliche Wiedergabe des Geschehens akzep­­tiert werden sollten. Davids Versuch, Uria nach Hause zu schicken, war tatsächlich ein Ver­ such, seine Sünde zu verschleiern. Aber dass Batseba eine rituelle Reinigung vollzog, als Da­vid sie sah, ist nicht Teil dieser Vertuschung, genau so wenig wie der Erzähler daran be­­­teiligt ist; im Gegenteil deckt er diese explizit auf. Wenn wir daher die Aussagen des Tex­­­tes zurückweisen – egal, ob es sich um die Reinigung Batsebas handelt, um den Tod des ers­ten Kindes oder um die Affäre im Ganzen –, müssen gute Gründe für diese Ent­ schei­­dung vorliegen, die bislang niemand präsentiert hat. B Die Einheit der Komposition und ihre literarischen und theologischen Strukturen 1 Die Komposition Veijola zieht in Betracht, dass die gesamte Er­zäh­lung der ehebrecherischen Affäre von Da­vid und Batseba „eine nur im Volksmund entstandene, historisch wertlose Anekdo­te sei… Diese Möglichkeit ist nicht ganz von der Hand zu weisen, aber ebenso wenig auch zu be­weisen“ (Hervorhebung I. K.), wie er selbst eingesteht.53 Außerdem ist fraglich, wer eine solche skandalöse Ge­schich­te von Ehebruch und Mord hätte schreiben sollen, die das religiöse und moralische Ansehen König Davids und seiner königlichen Herrschaftsfüh­rung empfindlich befleckte. Warum sollte ein beliebiger bi­bli­scher Erzähler eine „Anekdote“ in seine Schriften aufnehmen, die so schwere Anschuldigungen erhob, die Reputation eines der bewundernswertesten israelitischen Könige massiv zu verreißen, der letztlich der wichtigste Gründer der Davidischen Dynastie geworden war? Wenn jedoch die Ge­schich­te von Davids Ehebruch mit Batseba und vom Mord an Uria bereits öffentlich bekannt war,54 dann wäre die Funktion der Komposition von 2. Sam 11,1c–12,25 klar: Es sollte gezeigt werden, dass Sa­lo­mo – trotz Davids und Batsebas Un­ treue – Davids legitimer Sohn war und von Anfang an von Gott geliebt wurde. Wie im nächs­ten Kapitel gezeigt wird, ist der Bericht von Sa­lo­mos Geburt und Namensgebung am besten als eine königliche Apologie zu verstehen, wie es sie im gesamten Alten Orient recht häufig gab.55 Königliche Apologien entstehen nicht aus dem Nichts; sie sind eine Reak­tion auf spezifische Zweifel an der Legitimität der Thronfolge eines Königs.56 Vor 53 Veijola, „Sa­lo­mo: Der Erstgeborene Bathsebas“, S. 248. 54 Siehe Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 156–157. Er schreibt: „Offensichtlich wurde bewusst kein Versuch unternommen, die Batseba-Affäre zu vertuschen. Vielleicht war der Skan­dal zu bekannt, als dass er hätte übergangen werden können“ („Evidently, no attempt was inten­ tionally made to conceal the Bathsheba affair. Perhaps, the scandal was too well-known to be omitted“, ebd., S. 156). 55 Siehe Kapitel VI. 56 Siehe Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 25–26: „Apologetik ist rhetorisch; man ver­fasst eine Apologie, um [jemanden] zu überzeugen (im Gegensatz zu Texten, die beispielsweise der Unterhaltung oder der Verwaltung dienen). Rhetorische Werke entstehen nicht in einem Va­ kuum, sondern sie erfordern einen relationalen Kontext, um eine Bedeutung zu haben… Für die

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die­sem Hintergrund impliziert 2. Sam 11,1c–12,25 möglicherweise, dass es Zweifel da­ran gab, wer Sa­lo­mos Eltern waren, und dass die Er­zäh­lung diese ausräumen wollte. Die­ser Vor­gang wäre einfacher zu erklären gewesen, wenn der Text relativ kurz nach den Er­ eig­nissen verfasst worden wäre, die er beschreibt, wie zum Beispiel zu jenem Zeitpunkt, zu dem Gerüchte bezüglich Sa­lo­mos Legitimität noch im Umlauf waren und nicht erst Jahr­hunderte später. 2  Literarische Strukturen (a) Von Außen (Peripherie) nach Innen (Zentrum) Eine sorgfältige Lektüre der Gesamterzählung (2. Samuel 10–12) macht deren Struktur deut­lich, bei der die Ereignisse von den äußeren Themen an der Peripherie des israe­li­ti­ schen Königreichs zu den inneren und intimen Themen im Zentrum des Reichs über­ gehen.57 Die Er­zäh­lung beginnt mit den politischen und militärischen Aktivitäten Da­ vids außerhalb seines Königreichs, nämlich mit der Delegation, die er zu Ḥanun schickt, dem König der Ammoniter, und mit den Kriegen mit den Ammonitern und Ara­mäern im Ostjordanland. Dann wechselt sie zur Beschreibung des Geschehens im Königreich, in des­sen Hauptstadt Jerusalem, sprich zu Batsebas und Davids ehebrecherischer Affäre und dessen mörderischen Folgen. In Jerusalem wechselt sie in den Königspalast, zu Batseba in Da­vids Haus, handelt zudem von Nathans Zurechtweisung und Geburt und Tod des ersten Kindes. Schließlich endet sie mit der Rehabilitation der intimen Beziehung des Kö­nigs zu Batseba, die nun seine Frau ist, und erreicht ihren Höhepunkt in der Ge­burt ihres zweiten Kindes, Sa­lo­mo, in 12,24–25.58 Die kurze Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Ge­burt ist also der Schlussteil der David-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25), die wiede­rum Teil der Gesamterzählung (2. Samuel 10–12) ist, die die Kriege zwischen Israel und den ost­jordanischen Königreichen miteinschließt. (b) Er­zäh­lungen in konzentrischen Kreisen Die Gesamterzählung ist zudem in fünf Ge­schich­ten untergliedert, die im Ganzen eine kon­zentrische Struktur aufweisen. Sie beginnen an der Peripherie von Davids Reich und be­wegen sich auf dessen Zentrum zu. Jede Er­zäh­lung führt zu einer anderen bzw. ist das Re­sultat einer anderen. Der äußerste Kreis (1) erzählt von Davids diplomatischer De­le­ga­ tion, deren Auftrag es ist, Ḥanun, den neuen König der Ammoniter, zu trösten (‫וישלח דוד‬ ‫ ;לנחמו‬10,1–5).59 Die Demütigung der Abgesandten durch Ḥanun, die sich aus unbe­kann­ Apo­­­logetik steht diese spezifische Situation (oder Notlage) in Verbindung mit Anschuldigungen, die zurückgewiesen werden müssen“ („Apologetic is rhetorical; one composes an apology for the pur­pose of persuasion [as opposed to, for example, purposes such as entertainment or administration]. Rhetorical composition does not arise in a vacuum but requires a relational context in order to have meaning…. For apologetic, the specific situation [or exigence] involves accusations that demand a rebuttal“, ebd., S. 25; Knapp bezieht sich nicht auf die David-Batseba-Er­zäh­lung). 57 Wie noch gezeigt werden wird, wechselt die Er­zäh­lung am Ende in 2. Sam 12,26–31 zurück an die Pe­ripherie; siehe unten. 58 Eine andere Sicht auf 2. Samuel 10–12 – meines Erachtens deutlich weniger überzeugend – bie­tet McCarter, II Samuel, S. 307–308. 59 In ähnlicher Weise sendet Hiram, der König von Tyros, nach Davids Tod eine diplomatische De­le­ga­

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ten Gründen ereignete, führt zum zweiten Kreis (2), zu den Kriegen zwischen Israel und der ammonitisch-aramäischen Allianz sowie der Belagerung und Eroberung von Rabba (10,6–19; [11,1]; 12,26–31).60 Diese Kriege bilden den historischen Hinter­grund bzw. die Exposition des dritten Kreises (3), der von der ehebrecherischen Affäre zwi­schen Da­vid und Urias Frau, Batseba, dem Mord an Uria, der Geburt von Batsebas ersten Kind und der Zurechtweisung durch den Propheten berichtet (11,1c–12,15a). Diese Ereig­nis­se führen zu Kreis (4), der die Krankheit von Batsebas ersten Kind, Davids Trauer und den Tod des Kindes darstellt (12,15b–23). Diese Umstände führen zum abschließen­den Kreis (5), wo David seine gramgebeugte Frau tröstet: Er schläft mit ihr, was zur Ge­burt des zweiten Kindes führt, das Sa­lo­mo genannt wird (‫שבע אשתו ויבא אליה וישכב עמה ותלד‬-‫וינחם דוד את בת‬ ‫ ;בן ויקרא את שמו שלמה‬12,24–25). Die Geburtsgeschichte Sa­lo­mos steht also im Herzen der Gesamterzählung (2. Samuel 10–12). Sie bildet den Höhepunkt sowohl dieser als auch der David-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25). Strukturell gesehen bildet 12,24–25 einen eigenen Kreis innerhalb des konzentrischen Gefüges, zugleich fun­gieren die beiden Verse als Abschluss von 2. Samuel 10–12. Diese Struktur und die be­sondere Position, die 12,24–25 darin einnimmt, heben den Stellenwert der Geburt Sa­lo­mos durch Davids – jetzt le­gitime – Ehefrau hervor. Es fällt auf, dass der Erzähler an die­­ser Stelle erstmals den Vor­namen der Ehefrau respektive Mutter – „Batseba“ – nennt, während er sie davor le­diglich als ‫[„( )ה)אשה‬die] Frau“, 2. Sam 11,2.5) oder (‫„( אשת אוריה (החתי‬die Ehe­­frau Urias [des Ḫethiters]“, 11,26; 12,10.15) bezeichnet. Sie wird zwar in 2. Sam 11,3 fol­gen­ der­maßen eingeführt: ‫„( הלוא זאת בת שבע בת אליעם אשת אוריה החתי‬Ist das nicht Batse­ba, die Toch­ter Eliams, die Frau Urias, des Ḫethiters?“). Diese Worte werden jedoch dem Bo­ ten zu­ge­schrieben, der sie David vorstellt; das bedeutet, dass es sich dabei nicht um eine Aus­sa­ge des Erzählers handelt. (c) Inclusio Es gibt zwei verschiedene Arten der Inclusio, die die Gesamterzählung rahmen. Die erste ist eine allgemeine, die mit den Kriegen zwischen Israel und den Ammonitern beginnt und endet. Es beginnt mit einem Bericht über die beiden Schlachten Davids gegen die Am­mo­ni­ter und ihre Verbündeten (2. Sam 10,1–11,1a–b), und endet mit der Belage­rung und Er­oberung von Rabba, der Hauptstadt Ammons (12,26–31). Zwischen diese beiden Teile der Kämpfe mit Feinden östlich des Jordans (die verbunden sind durch die Wie­­der­ auf­nahme in 2. Sam 11,1a–b und 12,26; siehe § III, B, 3), schiebt der Ver­fas­­ser bzw. Editor die vollständige David-Batseba-Er­zäh­lung und all ihre Konsequenzen, sprich: Ge­burt und Tod des ersten Kindes, die Zurechtweisung Davids durch den Propheten Na­than und die Ge­burt des zweiten Kindes, Sa­lo­mos, ein. Der Ver­fas­ser bzw. Editor ordne­te also sein Ma­ te­rial in dieser Reihenfolge an, obwohl die Geburten der beiden Kinder vermutlich nach der Belagerung und Eroberung Rabbas stattfanden und nicht währenddessen. tion nach Jerusalem zu Davids Nachfolger, Sa­lo­mo, um die freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden Königtümern zu erneuern (1. Kön 5,15). Für einige Beispiele dieser Sitte im Alten Orient siehe W. L . Moran, „The Ancient Near Eastern Background of the Love of God in Deuteronomy“, CBQ 25 (1963), S. 77–87, insb. 80–81. 60 Zur literarischen Funktion von 2. Sam 11,1, siehe § I II, B, 3.

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Die zweite Inclusio findet sich in 2. Sam 10,2 und 12,24. Hier beginnt die Gesamt­er­ zäh­lung mit der Tröstung des fremden Königs in dessen Palast: „Und David sandte [seine Bo­ten], um ihn [i. e. Ḥanun] zu trösten“ (‫וישלח דוד לנחמו‬, 10,2), weil sein Vater Naḥasch ge­­storben war. Eine vergleichbare Tröstung eröffnet die kurze Er­zäh­lung von der zweiten Ge­burt, die den Abschluss der David-Batseba-Er­zäh­lung bildet. Dieses Mal jedoch richtet sie sich an seine Ehefrau in seinem eigenen Palast: „Und David tröstete Batseba“ (‫וינחם דוד‬ ‫שבע‬-‫את בת‬, 12,24), weil ihr (gemeinsames) Kind gestorben war. In beiden Episoden wird das Verb ‫„( נחם‬trösten“) gebraucht.61 Beide Male wird es nach dem Tod eines Verwandten – Ḥanuns Vater und Batsebas Kind – verwendet und drückt Anteilnahme aus.62 Der Ver­ fas­ser der Gesamterzählung verbindet diese Episoden also mithilfe der literarischen Form einer Inclusio miteinander, indem sie mit ähnlichen Worten beginnen und enden. (d) Gegenüberstellung der Handlungen Davids Nach dem Tod seines ersten Sohnes mit Batseba wollte David diesem nicht in den Scheol folgen, wie das bei Jakob nach dem vermeintlichen Tod Josefs der Fall gewesen war (Gen 37,31–35). Vielmehr ging er zu Batseba und schlief mit ihr: „Und David tröstete Batse­ba, seine Frau, und er ging zu ihr ein und lag ihr bei“ (12,24). Da der Ausdruck ‫וישכב עמה‬ („und er lag ihr bei“) bedeutungsgleich mit ‫„( ויבא אליה‬und er ging zu ihr ein“, mit anderen Worten war er sexuell intim mit ihr geworden) ist, handelt es sich bei der Phrase ‫ויבא‬ ‫אליה וישכב עמה‬um eine Tautologie. Offenbar war der Erzähler bemüht, einen Kontrast herzustellen zwischen Davids Handlungsweise in dieser Situation und seinem früheren Verhalten, von dem in 11,4 berichtet wurde: ‫„( ותבוא אליו ויׁשכב עמה‬und sie kam zu ihm, und er lag ihr bei“63). Im ersten Fall (11,4) ging es David allein um sich selbst und die Befriedigung seiner un­kontrollierten sexuellen Wünsche, während von ihr, Urias Frau, erwartet wur­de, dass sie dem König gehorchte und Ehebruch mit ihm beging. Im zweiten Fall (12,24) hat­te David dagegen ihre – Batsebas – Bedürfnisse im Blick, da er seine – jetzt recht­mäßig angetraute – Ehefrau in ihrer Trauer um ihr Kind trösten wollte. Die 61 Davids Trost für Ḥanun nach dem Tod von dessen Vater ist – selbstverständlich – von anderer Art und Qualität als sein Trost für Batseba nach dem Tod ihres ersten Sohnes. Dennoch verwendet der Er­zähler in beiden Fällen dasselbe Wort und verbindet sie dadurch implizit. Zur Bedeutung des Verbs siehe H. Simian-Yofre, „‫נחם‬, nḥm,“ in G. J. Botterweck, H. Ringgren und H.-J. Fabry (Hgg.), Theo­logisches Wörterbuch zum Alten Testament (Stuttgart: Kohlhammer, 1986), Bd. 5, S. 366–384. 62 Vgl. Genesis 38,12: ‫וינחם יהודה‬, „Und Juda wurde [nach dem Tod seiner Frau, der Tochter Schuas] ge­trös­tet“. In diesem Fall, wie auch in 2. Sam 12,24, tröstet ein Mann sich selbst oder jemand an­ de­­ren dadurch, dass er mit einer Frau schläft: Juda schläft mit Tamar, David mit Batseba. Carol New­som merkt an, dass Geschlechtsverkehr das häufigste Zeichen für das Ende der Trauerzeit in den bi­­­bli­­schen Texten darstellt. Es findet sich ebenfalls in Bezug auf Isaak (Gen 24,67), Ephraim (1. Chr 7,22–23) und – implizit – Hiob (Hi 42,11–13); darüber hinaus finden sich weitere Parallelen im Al­ten Orient; siehe C. A . Newsom, „‚The Consolations of God‘: Assessing Job´s Friends across a Cul­tural Abyss“, in C. Exum und H. G. M. Williamson (Hgg.), Reading from Right to Left: Essays on the Hebrew Bible in Honour of David J. A. Clines, Journal for the Study of the Old Testament Supple­ ment Series 373 (Sheffield: Sheffield Academic, 2003), S. 347–358, insb. 349–350, Anm. 3. 63 Auch wenn jeweils ähnliche Formulierungen gebraucht werden, ist die Bedeutung der Phrase ‫ויבא‬ ‫„( אליה‬und er ging zu ihr ein“: sexuell) nicht identisch mit ‫„( ותבוא אליו‬und sie kam zu ihm“: phy­sisch). Dennoch wird die Phrase in beiden Fällen möglicherweise bewusst doppeldeutig eingesetzt.

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Phrase ‫ וישכב עמה‬in 12,24 ist folglich ein integraler Bestandteil des ursprünglichen Textes und keine spä­te Glosse, wie Arnold B. Ehrlich annahm.64 Es ist schwer nachvollziehbar, warum ein spä­te­rer Glossator/ Redaktor es für notwendig gehalten haben sollte, eine solche Glosse ein­zufügen. In jedem Fall beendete die zweite Begegnung zwischen David und Batseba den Kreis­lauf tragischer Ereignisse und führte zur Geburt eines zweiten, dieses Mal le­gi­ti­­men Kindes, nämlich der Geburt Sa­lo­mos, der das erste, illegitime Kind ersetzte, das gestorben war. Dem­entsprechend ist die Geburtsgeschichte Sa­lo­mos in 2. Sam 12,24–25 kein „Post­skriptum“, und sie ist auch nicht „ein Anhang an die größere Ge­schich­te, die ihr vor­aus­geht“, sprich: 11,2–12,23. Ebensowenig wurde diese „aus einem Pflichtgefühl des Autors [der Textstelle] 11,2–12,23“ hinzugefügt, „für die sie keinerlei spezielle thematische Be­deu­­tung hat“, wie P. Kyle McCarter behauptet.65 Vielmehr handelt es sich dabei um die na­­tür­liche Folge – oder, wenn man so will, das „Happy End“ – der David-Batseba-Er­zäh­lung und demnach um einen integralen Bestandteil derselben. 3 Weitere literarische Methoden Die Beschreibung der Ereignisse orientiert sich in 2. Samuel 10–12 nicht an der chronologischen Reihenfolge. Der Bericht von der Eroberung Rabbas in 2. Sam 12,26–31 ist u­nzweifelhaft die Fortsetzung der Ge­schich­te, die in 10,1–19 und 11,1a-b erzählt wird. Das zeigt der Inhalt der Verse 11,1b („David sandte Joab und seine Knechte mit ihm und ganz Israel. Und sie töteten die Ammoniter und belagerten Rabba“) und 12,26 („Und Joab kämpfte gegen Rabba und die Ammoniter und er nahm die Königsstadt ein“). Die­se Wie­­derholung kann als ein Beispiel für die weit verbreitete literarische Technik der Wie­ der­aufnahme angesehen werden, auch wenn sie nicht der klassischen Form entspricht, weil 2. Sam 12,26 nicht alle Wörter aus 2. Sam 11,1b wiederholt.66 Da der Abschnitt zwischen einem Textelement und dessen Wiederaufnahme häufig ein Ein­schub ist, könnte das so verstanden werden, dass 2. Sam 11,1c–12,25 eine „späte Hin­zufügung“ zu einem früheren Bericht über den Krieg sei. Eine Wiederaufnahme kenn­zeichnet jedoch nicht in jedem Fall eine späte Hinzufügung; es ist ebenso möglich, dass sie darauf zurückzuführen ist, dass ein einziger Autor bzw. Editor verschiedene Quel­ len miteinander verbunden hat. Das bedeutet, dass der Text dazwischen in einigen Fällen nicht jünger ist als der ihn umgebende Text, sondern lediglich einen anderen Ursprung hat: Entweder wurde er vom Autor selbst verfasst oder er stammt aus einer anderen Quel­ le, die diesem zur Verfügung stand. Der Ver­fas­ser bzw. Editor nutzt in diesen Fällen die Wie­deraufnahme, um das Material zu einem harmonischen Ganzen zu verweben. Im Fall von 2. Samuel 10–12 ist die David-Batseba-Er­zäh­lung eine integrierte Einheit, die theo­ 64 Siehe A. B. Ehrlich, Mikrâ ki-Pheschutô, II. Divrei Soferim (Berlin: M. Poppelauer’s Buchhandlung, 1900; Neudruck: Library of Biblical Studies; New York: Ktav, 1969), S. 216 (Hebräisch). 65 „[2 Sam 12:24–25] stands as an appendix to the larger story that precedes it… [It] may have been added as a matter of obligation by the author of 11:2–12:23, to which it seems to have had no special thematic significance“; McCarter, II Samuel, S. 308, vgl. 307. 66 Eine ausführliche Diskussion dieser literarischen Methode und Beispiele aus der frühen und späten bi­bli­schen Li­te­ra­tur finden sich in Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 235–248, wie auch weitere Verweise auf Sekundärliteratur.

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retisch aus einer anderen Quelle stammen könnte als der Kriegsbericht, der sie in der uns überlieferten Fassung einrahmt. Sie wäre dann durch diese Wiederaufnahme sekun­där mit dem Rest der Gesamterzählung verbunden worden, der sich mit den Kriegen ge­gen die Ammoniter befasst. Sollte dies der Fall sein, würde die nichtchronologische Er­­zähl­ wei­se lediglich die Verknüpfung verschiedener Quellen widerspiegeln. Es ist jedoch nicht zwin­gend, diese Wiederholung als das Produkt der Kombination verschiedener Schich­ten oder Quellen schlusszufolgern. In diesem speziellen Fall weist das Material inner­halb der Wiederaufnahme dieselben Motive, dieselbe Sprache und denselben Stil auf wie die es umgebenden Passagen, und beide verbindet mehr als nur die rahmenden Verse. So wird beispielsweise der Krieg gegen die Ammoniter auch im gesamten Kapitel 11 immer wieder erwähnt. Daher sollte die Wiederaufnahme von Elementen des Verses 2. Sam 11,1b in 12,26a im Sinne der Anwendung einer literarischen Technik verstanden werden, die eher eine Rückkehr zum vorangegangenen Thema darstellt als eine redaktionelle Nahtstelle. Tatsächlich bezieht sich 11,1a–b sowohl auf 10,1–19 als auch auf 12,26–31. 11,1c führt den Leser von den Beschreibungen der Kämpfe mit den Feinden östlich des Jordans, und damit außerhalb des Königreichs, zu den Handlungen Davids im Inneren des Reichs, in Je­rusalem. Der Vers deutet an, dass David in Jerusalem blieb und eine Affäre mit der Frau Urias unterhielt, während dieser für ihn bei der Belagerung Rabbas kämpfte. Das im­pli­ ziert, dass die Belagerung und Eroberung Rabbas (11,1a–b.17) vor der Geburt sowohl des ersten, namenlosen Kindes als auch des zweiten Kindes, Sa­lo­mos (12,13–23 bzw. 12,24– 25), stattfanden. Beide Kinder wurden demzufolge nach der Belagerung und Erobe­rung Rabbas – die möglicherweise einige Monate, aber sicherlich nicht zwei Jahre lang ge­dauert hat – geboren, doch der Erzähler entschied sich, zunächst die Ge­schich­te von David und Batseba zu Ende zu erzählen, bevor er sich noch einmal dem – chronologisch frühe­ren – Kriegsbericht zuwandte. Entsprechend markierte er diesen nichtchronologischen, the­ ma­tischen Übergang, indem er die literarische Technik der Wiederaufnahme anwendete und so die beiden Berichte miteinander verknüpfte. Zugleich konnte er so dem Leser sig­ na­lisieren, dass er nun zum Abschluss der früheren Er­zäh­lung über den Krieg mit den Am­monitern zurückkehrte. Folgende Aspekte unterstützen diese Schlussfolgerung: (a) Der Erzähler bezieht sich im Verlauf der David-Batseba-Er­zäh­lung explizit auf die Krie­ ge mit den Ammonitern, und zwar in 2. Sam 11,7.11.15–18.20–21.23–24 sowie in 12,9. Das heißt: Als er 2. Samuel 11,1c–12,25 schrieb, dienten ihm der Krieg ge­gen die Ammoniter und die Belagerung Rabbas als historischer Hintergrund für die DavidBatseba-Affäre. Die Ge­schich­te von David und Batseba konnte nicht unabhängig von ihrem jetzigen Kontext bestehen, sie wurde vielmehr als Teil der Gesamterzählung verfasst. Ohne diesen historischen Hin­ter­grund ist die David-Batseba-Er­zäh­lung unverständlich. Er erklärt, warum David in Je­ru­salem blieb, während Uria abwesend war, was David überhaupt erst ermöglichte, mit Batseba zu schlafen; warum Uria sich weigerte, nach Hause zu seiner Frau zu gehen, als David ihn rief; und schließlich, wie Uria bei der Belagerung der ammoni­ti­schen Hauptstadt getötet wurde. In all diesen Fällen verknüpft der Erzähler die Hand­lungen seiner Charaktere explizit mit den Umständen während der Belagerung von Rabba.

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(b) In der David-Batseba-Er­zäh­lung finden sich zahlreiche Wiederholungen von Wörtern und Phrasen, die die verschiedenen Teile des literarischen Komplexes miteinander und mit der Gesamterzählung verbinden. Abgesehen von den Bezügen auf den Krieg mit den Ammonitern, die sowohl innerhalb als auch außerhalb der David-Batseba-Er­zäh­ lung vorkommen, sind folgende Beispiele zu nennen: 1. Die Phrase ‫שבע‬-‫ וינחם דוד את בת‬in 2. Sam 12,24 ist mit 10,2 (‫ )וישלח דוד לנחמו‬zusammenhängend, wie bereits dargelegt wurde (§ III, B, 2, c). 2. Die Phrase ‫ ויבא אליה וישכב עמה‬in 12,24 bildet einen Kontrast zu der Handlung, von der in 11,4 berichtet wird (‫ ;ותבוא אליו וישכב עמה‬siehe § III, B, 2, d). 3. Die Phrase in 2. Sam 12,1, ‫„( וישלח יהוה את נתן אל דוד ויבא אליו‬Und der Herr sandte Nathan zu David, und er kam zu ihm“), ist verknüpft mit 11,4 – ‫וישלח דוד מלאכים‬ ‫„( ויקחה ותבוא אליו‬Und David sandte Boten und ließ sie holen. Und sie kam zu ihm“). Darüber hinaus erinnert die Formulierung in 12,1 an 11,6 – ‫וישלח דוד אל יואב שלח‬ ‫„( אלי את אוריה החתי וישלח יואב את אוריה אל דוד‬Und David sandte [eine Nach­richt] zu Joab: ‚Sende mir Uria, den Ḫethiter.‘ Und Joab sandte Uria zu David“) – und ist auch mit diesem Vers verbunden. 4. Die Phrase in 12,3, ‫„( מפתו תאכל ומכסו תשתה ובחיקו תשכב‬es [das Lamm] aß von sei­­ nem Brot und trank aus seinem Becher und schlief auf seinem Schoß“), ist verknüpft mit den Worten Urias in 11,11, ‫„( לאכל ולשתות ולשכב עם אשתי‬um zu essen und zu trinken und mit meiner Frau zu schlafen“). 5. Die Phrase in 2. Sam 12,9b67 – ‫ – לעשות הרע בעיני‬hat ihr Gegenstück in ‫וירע הדבר‬ …‫ בעיני יהוה‬in 11,27b und ist, wie bereits [§ III, A, 3] gezeigt wurde, nicht zwingend deu­teronomistisch. 6. Die Phrase in 2. Sam 12,10b, ‫„( ותקח את אשת אוריה החתי להיות לך לאשה‬und du hast die Frau Urias, des Ḫethiters, genommen, damit sie deine Frau sei“, vgl. 12,9),68 hat ihr Pendant in 11,27a, ‫„( וישלח דוד ויאספה אל ביתו ותהי לו לאשה‬David sandte hin und holte sie in sein Haus und sie wurde seine Frau“). 7. Die Formulierung ‫„( מקים עליך‬Ich werde dafür sorgen, dass sich… gegen dich erhebt“) in 12,11 erinnert ‫„( ויקם דוד‬und David erhob sich“) in 11,2, wobei man zu­­ gestehen muss, dass ‫ קום‬ein relativ häufiges Verb ist. 8. Die Geburt des zweiten Kindes endet mit den Worten ‫„( ותלד בן … ויהוה אהבו‬und sie gebar einen Sohn… Und der Herr liebte ihn“, 12,24b), wodurch ein Kontrast zur Beschreibung der Geburt des ersten Kindes entsteht, die mit den Worten ‫ותלד לו בן‬ ‫„( וירע הדבר … בעיני יהוה‬Und sie gebar ihm einen Sohn. Aber die Sache… missfiel dem Herrn“, 11,27b) endet. Theoretisch können Wiederholungen auf sprachlicher Ebene als eine redaktionelle Tech­ nik angewandt werden, die in einem disparaten Ganzen den Eindruck von Ein­­heit­lichkeit er­wecken soll. Die wiederkehrenden Worte und Phrasen, die hier disku­tiert wurden – ins­ 67 Die Form ‫ בעיני‬ist Qerê, das Ketib lautet: ‫בעינו‬. Targum Jonathan und Vulgata geben ‫ בעיני יהוה‬wieder. 68 2. Samuel 12,10b, ‫ותקח את אשת אוריה החתי להיות לך לאשה‬, ist eine „spezifische“ Variante der „allge­ meinen“ Formulierung in 12,9, ‫ואת אשתו לקחת לך לאשה‬, und keine störende Doppelung, wie von Die­trich, Prophetie und Ge­schich­te, S. 127–128 vertreten.

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besondere ihre große Zahl, literarische Qualität, ihr ähnlicher Stil, der bei je­dem Autor ein­ zig­artig ist, und die Tatsache, dass zumindest einige von ihnen recht spe­ziell sind, so zum Bei­spiel die Phrasen in Nr. 4 und Nr. 8, unterstützen jedoch die An­nah­me, dass die DavidBatseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25) als Teil der Gesamt­er­­zäh­lung (2. Samuel 10–12) eine kompositionelle Einheit aus der Feder eines ausge­klü­gelt­en Autors bzw. Editors ist. 4 Rhetorischer Gegensatz: Das namenlose erste – das doppelt benannte zweite Kind August Klostermanns Spekulation, „Jedidja“ sei der Name des ersten Kindes gewesen,69 ist unbegründet. Der Erzähler in Samuel berichtet weder, ob das erste Kind über­haupt ­einen Namen bekam, noch nennt er irgendeinen Namen. Er bezeichnet es entweder als ‫„( הילד‬das Kind“, 2. Sam 12,15.18.19.21–22), als ‫„( הבן‬den Sohn“, 12,14) oder als ‫הנער‬ („den Knaben“, 12,16). Das Phänomen, ein neugeborenes Kind als ‫ הילד‬oder ‫ הנער‬zu be­ zeich­­nen, und diese Begriffe abwechselnd zu gebrauchen, ist in der Hebräischen Bibel nicht unüblich. Vergleichsstellen sind beispielsweise Gen 21,12.17.18.19.20 (‫ )הנער‬ge­gen­ über Gen 21,14.15.16 (‫ ;)הילד‬Ex 2,3.6a.7.9.10 (‫ )הילד‬gegenüber Ex 2,6b (‫)הנער‬. Dersel­be Aus­tausch der Begriffe kommt auch in der Er­zäh­lung vom Sohn der Schunemite­rin in 2. Kön 4,17–18.32–36 vor. Während in Genesis und Exodus der/ die Ver­fas­ser den Namen des „Kin­des“/ „Jungen“ (Ismael und Mose) im weiteren Verlauf der Er­zäh­lung nennen, bleibt das Kind beim Erzähler in Samuel anonym. Ebenfalls bleiben die Namen der Kinder der bei­den Prostituierten (1. Kön 3,16–27), des Sohnes der Herrin des Hauses, in dem Elia lebte (1. Kön 17,17–24), und des Sohnes der Schunemiterin anonym. Es könnte also sein, dass das erste Kind Davids und Batsebas bei der Geburt einen Na­men bekam, ähnlich zu anderen bi­bli­schen Fällen wie beispielsweise in Gen 4,1– 2.17.22.25–26. Es gibt jedoch keinen zuverlässigen Anhaltspunkt dafür, dass dieser Na­ me Jedidja war. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Erzähler in Samuel den Namen des ers­ten Kindes einfach nicht erwähnt, weil er für die Fortführung der Ge­schich­te nicht re­le­vant ist. Letztlich starb das Kind nach nur sieben Tagen (unabhängig davon, ob es sich dabei um eine typologische oder um eine reale Zahl handelt; 2. Sam 12,18).70 Es lebte also nur sehr kurze Zeit, und war für den weiteren Verlauf der Handlung unerheblich. Im Gegensatz dazu werden die zukünftige Bedeutung und der Einfluss des zweiten Kindes auf die Davidische Dynastie durch die doppelte Namensgebung – Schlomo (von einem Elternteil) und Jedidja (von Nathan, 12,24d–25)71 – von Anfang an betont. Höchst­wahr­ schein­­lich wurden die Er­zäh­lungen über das erste (2. Sam 11,27a + 12,15b–23) und das zwei­te Kind (12,24–25) schon im Hinblick aufeinander verfasst, mit dem Ziel, einen 69 Siehe A. Klostermann, Die Bücher Samuelis und der Könige in H. Strack und O. Zöckler (Hgg.), Kurz­gefaßter Kommentar zu den heiligen Schriften Alten und Neuen Testaments 3 (Nördlingen: C. H. Beck, 1887), S. 182. 70 Der Grund seines Todes wird nicht genannt, was jedoch nicht unüblich ist. Historisch betrachtet war die Kindersterblichkeit vor der Entwicklung der modernen Medizin sehr hoch; siehe z. B. 1. Kön 3,19; 14,17. 71 Zu den beiden Namen des zweiten Kindes, zu denjenigen, die ihm diese Namen gaben, zum Zweck des Na­mens „Jedidja“ und zur Diskussion der bi­bli­schen und altorientalischen Konventionen in Be­ zug auf Thronnamen, siehe § V und das nächste Kapitel.

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Kon­­trast zu erzeugen. Die beiden Ge­schich­ten stehen also – da sie auf denselben Ver­fas­ ser zurückgehen – in Beziehung zueinander, und beleuchten einander gegenseitig, da sie in kon­trastierende Settings eingebettet sind. 5 Die theologische Struktur Aus theologischer Sicht ist die David-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c–12,25) eine ho­ mo­gene literarische Einheit, die folgendermaßen konstruiert ist: 1. Davids Verfehlungen (Ehebruch und Mord; 11,2–27a); 2. Nathans prophetische Zurechtweisung (11,27b–12,10); 3. Göttliche Bestrafung (12,11–12.14–15); 4. Davids Reaktion in drei Stufen: (a) Unmittelbares Schuldeingeständnis: ‫„( חטאתי ליהוה‬Ich habe gegen den Herrn ge­ sün­digt“, 12,13); (b) Versuch, die sofortige Bestrafung – die Krankheit des Kindes – abzuwenden (12,16–17.20–23); (c) Tod des Kindes (12,18–19) und Davids erfolgreicher Neuanfang mit Batseba (12,24–25). Diese Struktur ist kohärent: Jeder Punkt wird als logisches Ergebnis von dem vorhergehenden oder als Reaktion auf diesen dargestellt, und die Struktur endet mit der Ge­burt eines neuen Kindes, Sa­lo­mo, die Hoffnung und Zuversicht aufkommen lässt. Interessanterweise findet sich diese Struktur der Er­zäh­lung von Davids Fehltritt mit Batseba auch an einer anderen Stelle in den Samuelbüchern, nämlich im Bericht von Sauls Übertretung beim Umgang mit der Beute, die er bei seinem Sieg über die Amale­k i­ter gemacht hatte (1. Samuel 15): 1. Sauls Verfehlung (Zuwiderhandlung gegen Gottes Befehl; 15,8–9); 2. Samuels prophetische Zurechtweisung (15,16–19.22–23a); 3. Göttliche Bestrafung (15,23b.26–29); 4. Sauls Reaktion in drei Stufen: (a) Versuch, seine Sünde zu vertuschen (15,13–15.20–21); (b) Bekenntnis: ‫„( חטאתי כי־עברתי את־פי־יהוה ואת־דבריך‬Ich habe gesündigt, denn ich habe verstoßen gegen das Wort des Herrn und gegen deine Worte“; 15,24, vgl. 15,25.30a); (c) Sauls Versuch eines Neuanfangs (15,30b–33), der scheitert (15,34–35). Darüber hinaus beginnen beide Er­zäh­lungen – diejenige von Saul und den Amalekitern ebenso wie die David-Batseba-Er­zäh­lung – mit einer geschichtlichen Exposition (1. Sam 15,1–3; 2. Sam 10,1–19; [11,1]; 12,26–31). Beide Er­zäh­lungen berichten, dass die Könige Is­raels ihre Feinde besiegten und Beute machten: Saul bei den Amalekitern (was er nicht hätte tun sollen; 1. Sam 15,3.9.19.21), David bei den Ammonitern (2. Sam 12,30). Des Wei­teren finden sich auch stilistische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Ge­schich­ten. Ver­gleiche zum Beispiel Samuels Rede an Saul: ‫אתי שלח יהוה למשחך למלך על עמו על ישראל‬ …‫„( וימשחך יהוה למלך על ישראל‬Der Herr hat mich gesandt, um dich zum König zu salben

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über sein Volk, über Israel… Der Herr hat dich zum König über Israel gesalbt“; 1. Sam 15,1a.17b) mit Nathans prophetischer Zurechtweisung: ‫כה אמר יהוה אלהי ישראל אנכי משחתיך‬ ‫„( למלך על ישראל‬So spricht der Herr, der Gott Israels: ‚Ich habe dich zum König über Israel gesalbt‘“, 2. Sam 12,7); ebenso Sauls Schuldeingeständnis: ‫„( חטאתי כי עברתי את פי יהוה‬Ich habe gesündigt, denn ich habe verstoßen gegen das Wort des Herrn“; 1. Sam 15,24) mit Davids Bekenntnis: ‫„( חטאתי ליהוה‬Ich habe gegen den Herrn gesündigt“; 2. Sam 12,13).72 Die theologischen und stilistischen Parallelen zwischen 1. Samuel 15 und 2. Samuel 11–12 zeigen, dass die komplexe Struktur beider Texte aus der Feder eines einzelnen Autors stammt und nicht auf die Arbeit zahlreicher Redaktoren im Verlauf mehrerer Jahr­hun­derte zurückgeht. Alles in allem beweisen sowohl die verschiedenen literarischen Strukturen und Me­ tho­den, unter anderem wiederkehrende Wörter und Phrasen, wie auch der fixe theologische Rahmen die durch und durch stimmige, kunstvolle kompositionelle Einheit der Da­vid-Batseba-Er­zäh­lung innerhalb der Gesamterzählung als Ganzes. Das bedeutet etwa nicht, dass dem Ver­fas­ser bzw. Editor keine mündlichen oder schriftlichen Quellen zur Ver­fügung standen. Wahrscheinlich lagen ihm vor allem aus einem königlichen Ar­chiv über den Krieg gegen die Ammoniter und ihre Verbündeten Informationen vor. Ent­schei­ dend ist vielmehr, dass ein einzelner Ver­fas­ser bzw. Editor – welche Quellen auch immer er genutzt haben mag – eine einheitliche Komposition anfertigte, und zwar mehr oder we­niger in der Gestalt, die uns überliefert ist; dies ist nicht das Ergebnis eines jahrhundertelangen Bearbeitungsprozesses mit kurzen oder langen Ergänzungen zu einem Text, der sich ursprünglich substantiell von der uns heute vorliegenden Fassung unterschied. IV Zusammenfassung Sa­lo­mos Geburt bildet den Höhepunkt des bi­bli­schen Berichts in 2. Samuel 10–12. Diese Tatsache wurde in der Vergangenheit zu häufig davon überschattet, dass diverse Exegeten versuchten, die Er­zäh­lung in verschiedene Fragmente oder Schichten zu unterteilen. Dieses Kapitel hinterfragt die redaktionskritischen Re­kon­struk­tionen von 2. Samuel 10–12, der „Gesamterzählung“, indem sowohl ihre zahlreichen Schwachstellen als auch ihre unangemessene Argumentation aufgezeigt werden. Vielmehr wird hier die Ansicht vertreten, dass die „Gesamterzählung“ und die „David-Batseba-Er­zäh­lung“ (2. Sam 11,1– 12,25) eine einheitliche Komposition darstellen, ja genau genommen ein literarisches Meisterwerk sind. Die innere Geschlossenheit dieser Einheit wird anhand von literarischstrukturellen, stilistischen und theologischen Merkmalen deutlich, die den gesamten Textkomplex durchziehen. Es wird für eine komplexe konzentrische Struktur argumentiert, die die Absicht des Ver­fas­sers demonstriert, Wörter, Phrasen und Stilmerkmale herauszuarbeiten, die in verschiedenen Teilen der Gesamterzählung vorkommen und so eine thematische Einheit erzeugen. Darüber hinaus liefert die Untersuchung zahlreiche neue Beobachtungen zur literarischen Form von 2. Samuel 10–12 insgesamt und bespricht einige spezifische Sachverhalte. 72 Zusätzliche sprachliche und thematische Verknüpfungen zwischen 2. Samuel 12 und 1. Samuel 15 nennt McCarter, II Samuel, S. 300; er übersieht allerdings strukturelle Parallelen.

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Salomos Geburtsgeschichte und ihr Kontext in 2. Samuel 10–12

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Nun etwas ausführlichere Bemerkungen: Der Erzähler dieses Samuel-Textes infor­ miert den Leser über die besonderen Umstände, die zu Sa­lo­mos Geburt geführt haben. Er erzählt von der Geburt als letztes Glied der David-Batseba-Er­zäh­lung (2. Sam 11,1c– 12,25), die während der blutigen Kämpfe zwischen Israel und seinen östlichen Nach­barn – den Ammonitern und Aramäern – spielt, und verbindet so beides. Die Gesamterzäh­ lung (2. Samuel 10–12) ist so strukturiert, dass sie von den äußeren Belangen an der Pe­ ri­phe­rie des Königreichs zu den inneren und vertraulichen Dingen in seinem Zentrum führt. Der Erzähler betont die Bedeutung der Geburt Sa­lo­mos, indem er sie im Zentrum und auf dem Höhepunkt der David-Batseba-Er­zäh­lung platziert, die wiederum selbst ein­gebunden ist in die Gesamterzählung. Letztere erhält ihren inneren Zusammenhalt durch vielfäl­tige Inclusiones und ist in fünf konzentrisch angeordneten Ge­schich­ten struk­turiert, von denen jede aus einer anderen resultiert bzw. zu einer anderen führt. Die Er­öffnung bil­det der Bericht von einer Delegation, die David zum Trost Ḥanuns aussendet (10,2), und schließt mit der Tröstung Batsebas durch David (12,24). Diese letztere Trost­spendung schließt mit der Geburt Sa­lo­mos als eines legitimen Kindes eines verheirateten Paars, das das illegitime, verstorbene Kind ersetzt. Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Geburt ist als natürliche Folge der David-Batseba-Er­zäh­lung zu verstehen und ein we­sent­ li­cher Bestandteil derselben. Letztere kann nur im Kontext der Gesamterzählung über den Krieg gegen die Ammoniter verstanden werden. Sa­lo­mos Geburt ist der Höhepunkt der gesamten theologischen Spannungskurve des Berichts, die implizit einen Gegen­satz auf­baut zwischen Davids Sünde und seiner Rehabilitation in 2. Sam 11,12 einerseits und Sauls Sünde und Verwerfung in 1. Samuel 15 andererseits. Beide Texte berichten von der Verfehlung eines Königs, auf die jeweils die Zurechtweisung durch einen Propheten und eine göttliche Bestrafung folgen; beide Texte enden mit der Reaktion des jeweili­gen Königs und deren Konsequenzen. Während jedoch Saul zunächst versucht, seinen Fehler zu vertuschen und schließlich zurückgewiesen wird, gesteht David sofort und wird am En­de rehabilitiert. Folglich ist 2. Sam 11,27b–12,25a ein essentieller Bestandteil der ursprünglichen „David-Batseba-Er­zäh­lung“ (11,1c–12,25) und nicht eine um Jahrhunderte jün­gere, sekundäre Hinzufügung. V Exkurs: Wer nannte das zweite Kind „Schlomo“? Gemäß dem Ketib von 2. Sam 12,24 erhielt das neugeborene Kind den Namen „Schlomo“ (‫ ;שלמה‬LXX: Σαλωμών = Sa­lo­mon = Sa­lo­mo)73 bei seiner Geburt, und zwar von David: „Und David tröstete Batseba, seine Frau… und sie gebar einen Sohn und er nannte [‫]ויקרא‬ ihn Sa­lo­mo.“ Tatsächlich ist David die Hauptfigur der gesamten David-Batseba-Er­zäh­ lung, einschließlich der Geburtsgeschichte; es wäre also nicht verwunderlich, wenn er dem Kind auch den Namen gegeben hätte. Das Phänomen, dass ein Vater seinem Sohn den Namen gibt, ist nicht unüblich in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur: Unter anderem gab Abraham seinen Söhnen von Hagar und Sara ihre Namen – Ismael und Isaak (Gen 16,15; 17,19; 21,3). Ex 2,22 berichtet über den Sohn von Mose: „Und sie gebar ihm einen Sohn 73 Bei Flavius Josephus ( Jüdische Altertümer 7,158) steht die Form Σoλoμών = Solomon, die mit der Form identisch ist, die auf Englisch verwendet wird.

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und er [i. e. Mose] nannte ihn Gerschom; denn, sagte er, ich bin ein Fremder geworden in einem fremden Land.“74 Das Qerê in 2. Sam 12,24 überliefert jedoch, ebenso wie einige masoretische Handschriften, der Targum Jonathan und die Peschiṭta, die Lesart: „und sie [d. h. Batseba] nannte [‫]ותקרא‬.“ Tatsächlich gab üblicherweise die Mutter oder mitunter eine nahe weibliche Verwandte einem neugeborenen Kind den Namen, wie es an vielen Stel­len der Hebräischen Bibel berichtet wird.75 Ein ähnlicher Fall erscheint bei der Namensgebung von Set, allerdings in entgegen­ge­ setz­ter Richtung: Laut Genesis 4,25 empfing Eva einen Sohn, „und sie nannte [‫ ]ותקרא‬ihn Set.“ Die Samaritanische Tora überliefert jedoch „und er [i. e. Adam] nannte [‫ ]ויקרא‬ihn Set.“ Zudem berichtet Gen 5,3, dass Adam einen Sohn zeugte, „und er nannte ihn Set.“76 In diesem Fall ist es möglich, dass die Samaritanische Tora Gen 4,25 mit Gen 5,3 har­ mo­­nisiert. Im Fall von Sa­lo­mo ist es jedoch schwierig festzustellen, ob der Schreiber des Qerê und die aramäischen Übersetzer den Text von 2. Sam 12,24 gemäß dem in der Bibel verbreiteten Brauch, dass die Mutter den Namen des Kindes bestimmte, „korrigierten“, oder ob sie eine ursprüngliche Variante des hebräischen Textes wiedergeben. In jedem Fall ist die Lesart des Qerê und der aramäischen Übersetzer weder „ohne Zweifel die ältere Text­form“ (Hervorhebung I. K.), wie Veijola meint,77 noch ist sicher, dass „sie ihn Sa­lo­mo nann­te“, wie andere Exegeten behaupten.78 Während das Kind indessen von einem seiner Elternteile – entweder David oder Batse­ ba – Sa­lo­mo genannt wurde, bekam es den Namen „Jedidja“ auf Befehl des Herrn hin von einem göttlichen Boten, dem Propheten Nathan. Im nächsten Kapitel diskutiere ich die­­sen Namen Jedidja, seine Bedeutung und die Absicht, die hinter dieser Benennung steht.79 An dieser Stelle soll lediglich kurz erwähnt werden, dass 2. Sam 12,24–25 den ge­­­setz­­lichen und göttlich autorisierten Status des „zukünftigen Königs“ etabliert, der Da­ vid an­stelle seines älteren Halbbruders, Adonia, auf den Thron folgen wird.

74 Siehe auch Gen 4,26; 5,28–29; 35,18; 41,51–52; Ri 8,31; Jes 8,3; Hos 1,4.6.9; Hi 42,14; 1. Chr 7,22– 23; und in neutestamentlichen Quellen: Mt 1,21.25; Lk 2,21. 75 Siehe z. B. Genesis 4,1; 29,32–35; 30,6.8.11–13.18–20.24; 35,18; Ex 2,10; 1. Sam 1,20; 4,21. 76 Vgl. auch Genesis 38,3: „Und sie [Judas Frau] empfing und gebar einen Sohn; und er [i. e. Juda] nann­­te ihn Er“; die folgenden Verse (38,4–5) berichten: „Und sie empfing erneut und gebar einen Sohn; und sie [Judas Frau] nannte ihn Onan. Und sie empfing noch einmal und gebar einen Sohn; und sie nannte ihn Schela.“ 77 Veijola, „Sa­lo­mo: Der Erstgeborene Bathsebas“, S. 234. 78 Siehe z. B. W. Caspari, Die Samuelbücher mit Sacherklärungen versehen, Kommentar zum Alten Tes­ ta­ment 7 (Leipzig: A. Deichert, 1926), S. 545; R. de Vaux, Ancient Israel, S. 108: „[D]as Kind von Da­v id und Batseba erhielt den Namen Sa­lo­mo von seiner Mutter“ („the child of David and Bathshe­ ba received the name of Solomon from his mother“); McCarter, II Samuel, S. 293, 303: „[S]ie nannte ihn…“ („she called him…“); die Herder-Übersetzung: „Sie empfing und gebar einen Sohn; und sie gab ihm den Namen Sa­lo­mo“; und erst kürzlich Knauf, „Le Roi est Mort, Vive le Roi!“, S. 89: „Sa­ lo­mo er­hielt seinen Namen von der Mutter“ („Solomon’s name was given by the mother“); Halpern, „‚Path of Glory‘, Shame and Guilt“, S. 84: „Sie nannte ihren zweiten Sohn…“ („She named her second son…“); siehe auch ders., David’s Secret Demons, S. 401. Alle Hervorhebungen I. K. 79 Siehe ausführlich Kapitel VI, insb. § § I I–III.

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Kapitel VI: Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext I Einleitung Die kurze Er­zäh­lung – oder Bericht/ Verlautbarung – von Sa­lo­mos Geburt in 2. Sam 12,24–25 ist in der gesamten Ge­schichts­schrei­bung der Königreiche des Alten Israel und Juda einzigartig. Es gibt zwar Geburtsgeschichten von Richtern oder Anführern, bei­ spiels­weise von Simson (Richter 13) oder Samuel (1. Samuel 1), nicht jedoch von einem an­de­ren König – es sei denn, man teilt die Ansicht einiger Exegeten, dass die Er­zäh­lung in 1. Sa­­muel 1 entweder ursprünglich nicht von der Geburt des Propheten Samuel, sondern von der­­jenigen des Königs Saul berichtete1 oder dass sie aus Material über Sauls Geburt und nasi­räisches Gelübde zusammengestellt wurde.2 Es existiert keine einzige Er­zäh­lung über die Ge­burt Davids oder irgendeines anderen Königs von Juda oder Israel. Darüber hin­­aus hatte David einige Söhne von seinen verschiedenen Frauen, aber bei keinem von ihnen ist über die Umstände seiner Geburt berichtet worden. Daher stellt sich die Frage, 1 Die Wurzel ‫ שאל‬erscheint in 1. Sam 1,17.20.27 und insb. in 1,28, unter anderem als Etymologie für Samuels Namen, siehe auch 2,20. Obwohl alle drei Konsonanten von ‫ שאל‬auch in Samuels Namen (‫ )שמואל‬vorhanden sind, weist der Name Saul (‫ )שאול‬eine größere Nähe zu dieser Wurzel auf. Siehe J. Dus, „Die Geburtslegende Samuels, I. Sam. 1: Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung zu I. Sam. 1–3“, RSO 43 (1968), S. 163–194; M. M. Buber, „Samuel and the Sequence of the Israelite Author­ities“, Way of the Bible (Jerusalem: Bialik Institute, 1978), S. 238–269, insb. 246–247 (He­ bräisch), und dort, in den Anmerkungen 19–20, Verweise auf frühere Li­te­ra­tur; Stolz, Das erste und zwei­­te Buch Samuel, S. 25 („Ursprünglich handelte diese Er­zäh­lung von Saul, nicht von Samuel“); M.[Z.] Brett­ler, „The composition of 1 Samuel 1–2“, JBL 116 (1997), S. 601–612, insb. 602; M. White, „‚The His­to­r y of Saul’s Rise‘: Saulide State Propaganda in 1 Samuel 1–14“, in S. M. Olyan und R. C. Culley (Hgg.), „A Wise and Discerning Mind“: Essays in Honor of Burke O. Long, Brown Ju­daic Studies 325 (Providence, RI: Brown University Press, 2000), S. 271–292, insb. 287–288; W. Die­trich, 1 Samuel 1–12, Biblischer Kommentar Altes Testament 7/1 (Neukirchen-Vluyn: Neu­ kir­­chener, 2010), S. 29; R. Gilmour, Representing the Past: A Literary Analysis of Narrative Histo­ riog­raphy in the Book of Samuel, Supplements to Vetus Testamentum 143 (Leiden: E. J. Brill, 2011), S. 47–49. Auffällig ist, dass das Motiv des Nasiräers sowohl in 1. Sam 1,11 als auch in der Er­zäh­lung von Simsons Geburt (Ri 13,5.7.14) erscheint; siehe auch Num 6,1–21; Am 2,12. 2 „Aber der gesamte Bericht wurde überlagert von den persönlichen Details zu Samuels Kindheit – dem Namen seines Vaters, dem Namen seiner Mutter, dem Namen seines Geburtsortes“ („But the entire account has been overlaid with the personal details of Samuel’s childhood – his father’s name, his mother’s name, the name of his native village“; siehe P. K. McCarter, Jr., I Samuel: A New Translation with Introduction, Notes and Commentary, Anchor Bible 8 [Garden City, NY: Double­day, 1980], S. 65–66). Darüber hinaus ist Kessler davon überzeugt, dass der Ver­fas­ser von 1. Sa­muel 1 bewusst ein Wortspiel zwischen den Namen Schemuel und Schaul geschaffen hat; siehe R. Kessler, Samuel: Priester und Richter, Königsmacher und Prophet, Biblische Gestalten 18 (Leip­zig: Evangelische Verlagsanstalt, 2007), S. 44–46.

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ob die Ge­­schich­te von der Geburt ausgerechnet Sa­lo­mos mitten unter allen Söhnen Da­ vids und allen israelitischen und judäischen Königen ein besonderes Ziel verfolgt. Im vorigen Kapitel wurden der Name „Sa­lo­mo“ (‫ )ׁשלמה‬und das biblisch-histori­sche Set­ting von Sa­lo­mos Geburtsgeschichte, wie es in seinem literarischen Rahmen dar­gestellt wird, diskutiert. Dort argumentiere ich, dass diese Er­zäh­lung in den literarischen Rah­ men der „David-Batseba-Er­zäh­lung“ (2. Sam 11,1c–12,25) integriert und Teil der noch größe­­ren „Gesamterzählung“ (2. Samuel 10–12) ist. Diese steht jedoch selbst wiede­­rum im Kon­text der so genannten „Thronfolgeerzählung“ (2. Samuel 9–20 + 1. Könige 1–2), die sich mit Fragen wie „Wer wird David auf den Thron folgen?“ oder präziser „Wa­rum sollte Sa­lo­mo den Thron seines Vaters bestiegen haben?“ befasst.3 Wie noch gezeigt wird, stehen diese Fragen in direkter Verbindung mit einigen anderen: Wie ist das Verhält­nis der beiden Namen Sa­lo­mo und Jedidja (‫?)ידידיה‬4 Was bedeuten oder repräsentieren sie? Wa­rum gab der göttliche Bote, der Prophet Nathan,5 dem Kind den zweiten Na­men ­Je­didja und warum wurde die Zusicherung „und der Herr liebte ihn“ beigefügt? Das Ziel dieses Kapitels ist es, diese Fragen zu diskutieren und die Motive der Ge­burts­­ge­ schichte – insbesondere die Aussage der Vorliebe Gottes und die Verleihung eines zwei­ten Namens – in ihren historio-politischen, religiösen und literarischen Kontext aufeinan­der zu beziehen. Dies geschieht vor allem in Bezug auf vergleichbare Geburtserzählungen aus dem antiken Mesopotamien, Anatolien, Ägypten und Persien und in Bezug auf Thron­ fol­­getraditionen. Ich werde zeigen, dass Sa­lo­mos Geburtsgeschichte nicht nur in 2. Sa­ muel 10–12 als Teil der Thronfolgeerzählung Davids (2. Samuel 9–20, 1. Könige 1–2) tief ver­w urzelt ist, sondern dass die Stelle – wenn sie vor dem Hintergrund von 1. Könige 1–2 und dem kulturellen Setting des Alten Orients gelesen wird – auch als Geburtsgeschich­te eines Usurpator-Königs (Sa­lo­mos) verstanden werden sollte.6 3 Zur „Thronfolgeerzählung Davids“ siehe Kapitel X, § III. 4 Siehe J. A . Soggin, „King Solomon“, in C. Cohen et al. (Hgg.), Birkat Shalom: Studies in the Bible, Ancient Near Eastern Li­te­ra­ture, and Postbiblical Judaism Presented to Shalom M. Paul on the Occasion of his Seventieth Birthday (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2008), Bd. 1, S. 169–174, insb. 169. 5 Gegen McKenzie, der schreibt: „[E]s ist auffallend, dass Vers 25 berichtet, dass David den Jungen Je­d i­dja (‚Liebling Jahwes‘) nannte“ („it is striking that verse 25 reports that David called the boy Je­d i­d iah [‚beloved of Yahweh‘]“; siehe McKenzie, King David: A Biography, S. 182; Hervorhebung I. K .). Dass Sa­lo­mo diesen Namen von dem Propheten Nathan erhielt, steht eindeutig im bi­bli­schen Vers: ‫„( ויהוה אהבו׃ וישלח ביד נתן הנביא ויקרא את שמו ידידיה‬Und der Herr liebte ihn. Und er sandte eine Bot­schaft durch Nathan, den Propheten; und er gab ihm den Namen Jedidja“). 6 Nachdem dieses Kapitel abgeschlossen war, erschien Andrew Knapps Studie Royal Apologetic in the Ancient Near East, die sich mit einigen der hier genannten und weiteren Quellen befasst. Al­ ler­d ings wird der Leser leicht erkennen, dass sich unsere Schwerpunkte, Bewertungen, Inter­pre­ta­ tio­nen und Schlussfolgerungen deutlich voneinander unterscheiden, wie es auch in der gesam­ten Dis­kus­sion weiter unten jeweils explizit vermerkt wird. Darüber hinaus ist mein Hauptanlie­gen die In­ter­pretation von 2. Sam 12,24–25, während Knapp diese Verse kaum berücksichtigt (siehe ebd., S. 253). Auch die sumerischen, altbabylonischen und neuassyrischen Quellen über Sargon den Großen von Akkad und Sargon II. von Assyrien diskutiert Knapp nicht. In den ḫethitischen Texten über Ḫattušili III. übersieht Knapp die Verbindung zwischen der Apologie dieses Königs und derjenigen in der Legende von Sargon dem Großen. Auch diskutiert er nicht die ägyptischen Schriften über Hatschepsut und einige andere Pharaonen sowie den Fall Xerxesʼ I. von Persien.

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Die Vorstellung eines göttlichen Ursprungs des Königtums und der Erwählung der Kö­nige von Israel und Juda durch Gott stehen im Zentrum der antiken israelitischen Ge­­schichts­schrei­bung. Tatsächlich gibt es einige eindeutige Berichte über die göttliche Er­wählung von und Unterstützung für die Thronbesteigung Sauls (1. Samuel 10–12; 15,1.17) wie auch Davids (1. Sam 16,1–13; 2. Sam 3,9–10; 5,2; 7,8–9; Ps 78,70–72; 89,4– 38; siehe auch 2. Sam 22,51 // P ­ s 18,51; 2. Sam 23,1–3) sowie über die göttliche Ver­wer­ fung Sauls vom Königtum (1. Sam 15,10–11.26–28; 16,1a.14; 28,15–18). In der Wissen­ schaft wurde diese Konzeption in den Schriften der großen Zivilisationen des Alten Orients diskutiert.7 Einige Exegeten haben sich auch mit dem apologetischen Charak­ter der Er­zäh­lungen von David und Sa­lo­mo befasst.8 Bis heute gibt es jedoch keinen um­fas­ sen­den, vergleichenden und detaillierten Beitrag zur wissenschaftlichen Diskus­sion, der dem Zweck und der Bedeutung der Benennung „Jedidja“ sowie der Phrase „und der Herr liebte ihn“ in ihrem bi­bli­schen und altorientalischen Kontext und entsprechen­den Pa­ ral­lelen gewidmet ist. Die vorliegende Untersuchung wird zeigen, dass 2. Sam 12,24–25 auf einzigartige Weise zwei Motive miteinander verbindet, die in zahlreichen königlichen Apo­logien des Alten Orients vorkommen: göttliche Legitimation und die Annahme eines neuen Namens durch Usurpator-Könige. II „Sa­lo­mo“ und „Jedidja“: Der bi­bli­sche Text und die wissenschaftliche Forschung Der bi­bli­sche Erzähler betont von Anfang an die Bedeutung Sa­lo­mos und seinen zu­ künf­tigen Einfluss auf die Davidische Dynastie und die Ge­schich­te Israels. Wie bereits erwähnt, wird Sa­lo­mo als zweitgeborenes Kind Davids und Batsebas vorgestellt. Wäh­ rend das erstgeborene Kind ohne Namen erscheint, erhält das zweite Kind gleich zwei Na­­men – Sa­lo­mo und Jedidja.9 Dazu kommt, dass der Name Sa­lo­mo dem Neugeborenen 7 Siehe z. B. T. Ishida, The Royal Dynasties in Ancient Israel, Beihefte zur Zeitschrift für die alttesta­ ment­liche Wissenschaft 142 (Berlin und New York: W. de Gruyter, 1977), S. 6–25, 55–80; N. Brisch (Hg.), Religion and Power: Divine Kingship in the Ancient World and Beyond, Oriental Institute Seminars 4 (Chicago: Oriental Institute of the University of Chicago, 2008); Knapp, Royal Apol­o­get­ ic in the Ancient Near East. Zusätzlich zu den Beispielen, die im Folgenden diskutiert werden und die Ishida und Knapp anführen, soll an dieser Stelle König Darius I. („der Große“, 522–486 v. u. Z.) von Per­sien erwähnt werden. Darius I. war weder der direkte Nachkomme von Kyros II. noch von dessen Sohn Kambyses, sondern ein illegitimer König. So behauptet er in seiner Behistun-Inschrift, er habe den Thron bestiegen, indem er den Usurpator Gaumāta gestürzt habe, und „nach dem Willen Ahu­ ra­­maz­d ās wurde ich König; Ahuramazdā hat mir das Königtum gegeben“; siehe R. Schmitt, Die alt­per­sischen Inschriften der Achaimeniden (Wiesbaden: Reichert, 2009), S. 42–45, insb. 45 und vgl. S. 38 (§ 5), 40 (§ 9). 8 Siehe z. B. P. K . McCarter, Jr., „The Apology of David“, JBL 99 (1980), S. 489–504; Ishida, The Royal Dynasties in Ancient Israel, S. 55–80, insb. 70–80; ders., His­to­ry and Historical Writing in Ancient Is­rael, S. 107–110, 151–157; Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 161–276. Knapp diskutiert 2. Samuel 11–12 nur am Rande (siehe ebd., S. 198–199, 253–254), während Ishida die Da­v id-Batseba-Er­zäh­lung mit Nathans Prophetie vergleicht. Er kommt zu dem artifiziellen Schluss: „[Die] David-Batseba-Er­zäh­lung ist strukturell identisch mit der Prophezeiung Nathans“ („[The] Da­v id-Bathsheba story is identical with Nathan’s Prophecy in the structure“, S. 152–154, insb. 154). 9 Siehe dazu Kapitel V, § I II, B, 4.

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Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext

von einem Elternteil verliehen wurde, während der Prophet Nathan es Jedidja genannt hat, und zwar auf Befehl Gottes: Und der Herr liebte ihn. Und [deshalb] sandte er eine Botschaft durch [wörtlich: die Hand des] Nathan, den[/des] Propheten, und er gab ihm den Namen Jedidja um des Herrn willen (‫בעבור יהוה‬, 2. Sam 12,24d–25).10

Die Phrase „und der Herr liebte ihn“ (‫ )ויהוה אהבו‬in 12,24d erklärt den Namen, gibt ihm ­einen tieferen Sinn und verdeutlicht durch die chiastische Anordnung seiner Elemente, warum das Kind diesen Namen erhalten sollte: „Jedidja“ (‫)ידידיה‬, „Geliebter des Herrn“.11 Die Wörter ‫ אהב‬und ‫ ידיד‬werden in diesem Zusammenhang synonym gebraucht.12 Im Grun­­de genommen hätte das Kind ‫ אהוביה‬heißen oder 12,24 hätte ‫ ויהוה ידידו‬lauten können: Der Effekt wäre derselbe gewesen. Dennoch entschied der Namensgeber sich, ‫ידידיה‬ an­stelle von ‫ אהוביה‬zu verwenden, während der Autor den gebräuchlicheren Begriff ‫אהב‬ vor­zog, um den Namen zu erklären. Darüber hinaus macht der Erzähler keine Angabe dazu, wann genau Sa­lo­mo den Na­ men Jedidja erhielt, auch wenn der Text den Gesamteindruck vermittelt, dass dies bald nach der Geburt des Kindes geschah.13 Ebensowenig nennt er Gründe für eine solche Liebe Gottes zu diesem wimmernden Säugling, der bis dahin noch gar keine nennenswerten Taten vollbracht hatte. So stellt sich naturgemäß die Frage, zu welchem Zweck dem Kind ein zweiter Name gegeben wurde. Die exegetische Diskussion hat eine ganze Reihe an Vorschlägen hervorgebracht, beispielsweise: 1. Moshe Zvi Segal erklärt den Namen Jedidja nur als „Ehrentitel“, ähnlich der Phrase in Dtn 33,12: „Zu Benjamin sagte er: Geliebter des Herrn“ (‫)לבנימן אמר ידיד יהוה‬. Daher sei dieser Name laut Segal nicht im Alltagsleben des Königs gebraucht14 und des­halb auch an keiner anderen Stelle in Sa­muel-Kö­ni­ge benutzt worden. Tatsächlich ist es rätselhaft, dass der Name Jedidja weder von Sa­lo­mo noch von irgendjemand an­de­rem in der gesamten bi­bli­schen Li­te­ra­tur explizit verwendet wurde. Es gibt je­doch keine Beispiele für einen Brauch in Israel oder irgendeiner anderen Kultur des Al­ten Orients, demgemäß einem Neugeborenen durch eine Gottheit oder durch die Eltern ein „Ehrentitel“ verliehen worden wäre.

10 Zu dem Begriff ‫בעבור‬, seinem Vorkommen in der Hebräischen Bibel, seiner Bedeutung („um… willen“) und seiner Wiedergabe in einigen Handschriften des Masoretischen Textes, der lukianischen LXX und der Vetus Latina siehe Kapitel V, Anm. 3. 11 Für ein besseres Verständnis des Textes sollte daher die letzte Phrase des vorigen Verses, 2. Sam 12,24d, zusammen mit 12,25 gelesen werden. Dann gibt es auch keine Notwendigkeit, den Text in 2. Sam 12,25 zu „korrigieren“, wie Klostermann, Die Bücher Samuelis und der Könige, S. 182 vorschlägt. 12 Als Beispiel, dass ‫„ ידיד‬Geliebter“ bedeutet und gemeinsam mit ‫ דֹוד‬auftritt, ist Jes 5,1 zu nennen: ‫„( אשירה נא לידידי שירת דודי לכרמו‬Singen will ich von meinem Geliebten, das Lied meines Liebsten von seinem Weinberg“). Zu diesem Vers in Jesaja siehe die Diskussion bei N. Wyatt, „‚Jedidiah‘ and Cognate Forms as a Title of Royal Legitimation“, Biblica 66 (1985), S. 112–125, insb. 115–116. 13 Siehe Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 156. 14 Siehe M. Z . Segal, The Books of Samuel (Jerusalem: Kiryat Sefer, 1976), S. 308 (Hebräisch).

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2. Fritz Stolz kommt zu dem Schluss, dass der Name Sa­lo­mo soviel bedeute wie „Er­satz“, weil er das erste Kind ersetzt habe, das gestorben war. Nathan habe diesen Na­men ab­ge­lehnt, da seiner Meinung nach das erste Kind nicht als menschliches Wesen an­ge­ sehen und daher auch überhaupt nicht ersetzt werden sollte. Dementsprechend gab er Sa­lo­mo einen neuen Namen: Jedidja.15 Es gibt in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur jedoch keinen Hinweis darauf, dass Nathan das erste Kind als nicht menschlich betrachtet oder dass er den Namen des Zweitgeborenen abgelehnt habe. Es ist zutreffend, dass das erste Kind als Bastard galt und daher einen niedrigen Sozialstatus innehatte,16 aber es wür­de zu weit gehen, anzunehmen, dass der Säugling aufgrund der ehebrecheri­schen Affäre seiner Eltern als nicht menschlich betrachtet wurde. 3. Nicolas Wyatt sieht Jedidja als einen Beinamen an gemäß einem Spitznamen oder einem Familiennamen, der gleichbedeutend mit „David“ im Sinne von ‫„( דֹוד‬geliebt“) ist. Nach Ansicht dieses Gelehrten wurde „die göttliche Erwählung judäi­scher Kö­ni­ ge… dadurch angezeigt, dass sie einen Beinamen erhielten, der meistens de­rsel­be war.“17 Dafür macht er geltend, dass sich einige andere Nennungen von ‫ דֹוד‬oder ‫ ידד‬in der He­bräi­schen Bibel auf den Davidischen König bezögen (z. B. Ps 60,7; 108,7; 127,2; Jes 5,1) und dass dieser Name oder Titel benutzt worden sei, um den legitimen Thron­fol­ ger der Da­vidischen Dynastie zu identifizieren.18 Wenn die Annahme zu­trifft, dass Je­didja den Davidischen Thronfolger bezeichnet, würde dies meine Ar­gu­men­­tation stüt­zen, dass dieser Name ein Terminus der königlichen Legitimation ist, den der Ver­­fas­­ser des bi­bli­schen Textes in die Zeit von Sa­lo­mos Geburt zurückprojiziert hat. Wyatts Ar­g ument ist jedoch philologisch fragwürdig, und ohne konkreten Beweis für dessen Richtigkeit. Erstens wird weder klar, was er genau unter einem „Beinamen“ ver­steht, noch von welchem Namen – David, Jedidja oder einfach irgendeiner Form von ‫ דֹוד‬oder ‫ – ידד‬er eigentlich glaubt, dass er in dieser Weise verwendet worden sei. Zweitens gibt es weder in Israel noch sonst einer semitischen Kultur, anders als bei 15 „Dass Nathan dieser Name [i. e. Sa­lo­mo] missfällt, ist verständlich; das erste Kind ist in seinen Augen ein Un-Mensch, für den es keinen Ersatz geben kann und darf“; siehe Stolz, Das erste und zwei­te Buch Samuel, S. 242. 16 Zum rechtlichen und sozialen Status von Bastarden im Alten Israel siehe Dtn 23,3: „Ein Bastard darf nicht in die Versammlung des Herrn kommen; selbst in der zehnten Generation darf keiner sei­­ ner Nachkommen in die Versammlung des Herrn kommen.“ Siehe auch Sach 9,6. Leider befasst sich N. Avra­hams Studie Marginal People in Biblical Times: Lawbreakers and Banished Persons, Lepers and Gonorrhea Sufferers, Homosexuals and Transsexuals, Prostitutes and Temple-Prostitutes, The Bib­ li­cal Encyclopaedia Library 27 (Jerusalem: Bialik Institute, 2011; Hebräisch) nicht mit dem Sta­tus von Bastarden. 17 „[The] divine choice of kings of Judah was indicated by the giving to them of a cognomen, which ten­ded to be the same one“; siehe Wyatt, „‚Jedidiah‘ and Cognate Forms as a Title of Royal Le­g it­ima­ tion“, S. 117, vgl. 112. 18 In einem anderen Aufsatz spekuliert Wyatt ferner, dass Uria und Batseba tatsächlich König und Königin von Jerusalem gewesen seien, bevor David die Stadt eroberte, und dass dessen Heirat mit Batseba seinen Anspruch auf den Thron zeige. Daher müsse ihr gemeinsamer Sohn Sa­lo­mo der Erbe sein, wie es auch durch das Orakel, das an Nathan erging, bestätigt worden sei; siehe N. Wyatt, „‚Araunah the Jebusite‘ and the Throne of David“, ST 39 (1985), S. 39–53. Diese fantasievolle Re­ kon­struk­tion entbehrt allerdings jeglicher Grundlage.

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den Römern, irgendeinen Hinweis auf den Brauch, Beinamen zu geben oder innezuhaben. Vielmehr wurde der Name einer Person im semitischen Sprachraum üb­li­ cher­weise entweder in Verbindung mit dem Namen des Vaters/ der Mutter bzw. der An­­gabe ihrer Familie/ ihres Stammes bzw. ihrer Herkunft genannt, also: „X, Sohn/ Toch­­ter von Y aus Familie/ Stamm Z bzw. Herkunftsort.“19 Drittens geht Wyatt von der An­nah­me aus, dass David genau genommen kein Eigenname, sondern viel­­mehr eine Art von Titel oder Thronname sei. Dieses Argument, das bereits andere Exe­ge­ ten vor ihm angeführt haben20, ist insbesondere fragwürdig: Es erklärt nicht, warum Sa­lo­mo und eben nicht David „Jedidja“ genannt wird, noch gibt es Belege da­für, dass Da­vid jemals als Beiname oder Thronname verwendet wurde. Der Name Da­vid wird in der gesamten bi­bli­schen Li­te­ra­tur, wie auch in der Inschrift der Tel-Dan-­Stele (Zeile 9: bjtdwd – „das Haus Davids“), als Eigenname benutzt.21 Infolgedes­sen heißt es auch, als David sich Saul vorstellte: „Und David sprach: ‚Ich bin der Sohn… Isais, des Bethlehemiters‘“ (1. Sam 17,58).22 Auch gibt es keine Grundlage für die Schluss­ folgerung, dass es sich bei Jedidja um einen Beinamen handle, der von den Da­vi­di­ schen Königen regelmäßig benutzt worden sei, da er an keiner Stelle wiederholt wird. In­teressanter ist dagegen Wyatts Vorschlag, dass Jedidja sowohl in den Titeln, die den ka­naanäischen Gottheiten Jam und Mot (mdd il bzw. jdd il) zugeschrieben wer­­den, als auch in den Legitimationsformeln ägyptischer Könige Parallelen habe: Mer-(n)[Na­me der Gottheit], das „Geliebter von [Name der Gottheit]“ bedeutet. Die uga­ri­­ ti­schen Texte zeigen enge sprachliche und konzeptionelle Parallelen, beziehen sich je­ doch nicht spezifisch auf menschliche Könige oder Usurpatoren. Wyatts Dis­kus­­sion der ägyptischen Dynastielisten und der Fall von Ḥaremḥab können jedoch als Er­­gän­ zung zu den Beispielen von Hatschepsut und anderen Pharaonen gesehen wer­den, die wei­ter unten behandelt werden (§ IV, B, 3). 4. Robert Alter schlägt vor: „Vielleicht widerspiegelt der zweite Name, der auf einen besonderen Zugang zur Gunst Gottes hindeutet, politisches Kalkül auf Seiten Nathans: Er richtet sich bereits auf Sa­lo­mo (und Batseba) aus, weil er darauf spekuliert, dass es sich langfristig auszahlen wird, wenn ein Thronfolger Davids ihm verpflichtet ist“23 19 So verknüpften Personen ihren Namen beispielsweise (1) mit dem Namen ihres Vaters/ ihrer Mutter: „Joab, der Sohn der Zeruja“; „Abner, der Sohn Ners“; „Amasa, der Sohn Jeters“ (1. Kön 2,5); (2) mit dem Namen ihres Herkunftsortes/ -landes: „Barsillai, der Gileaditer“ (1. Kön 2,7), „Ruth, die Moa­ bi­te­rin“ (Ruth 2,2); (3) oder mit dem Namen der Familie ihres Vaters und ihrem Stammes- und Orts­namen: „Schimi, der Sohn von Gera, ein Benjaminiter aus Bachurim“ (1. Kön 2,8), „Mordechai, der Sohn Jairs, der Sohn Schimis, der Sohn Kischs, ein Benjaminiter, der aus Jerusalem deportiert wor­den war“ (Est 2,5). 20 Siehe Nr. 5; vgl. Kap. II, § I hinsichtlich der Tel Dan-Inschrift. 21 Siehe Biran und Naveh, „An Aramaic Stele Fragment from Tel Dan“, S. 81–98; vgl. dies., „The Tel Dan Inscription: A New Fragment“, S. 1–18; zur Inschrift aus Tel Dan siehe auch Kapitel II, § I. 22 Bezeichnenderweise stellt der Chro­nist den neuen König als „Sa­lo­mo, Sohn Davids“ vor (2. Chr 1,1; vgl. 1. Chr 29,1; 2. Chr 13,6; 35,3). 23 „[P]erhaps the second name, indicating special access to divine favor, reflects a political calculation on the part of Nathan: he is already aligning himself with Solomon (and Bathsheba), figuring that in the long run it will be best to have a successor to David under some obligation to him“; siehe R. Alter,

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(Her­vor­hebungen I. K.). Wie bereits betont, vermittelt der bi­bli­sche Text je­doch den Ein­druck, als habe das neugeborene Kind den zweiten Namen schon kurz nach sei­ ner Ge­burt auf Geheiß des Herrn erhalten. Es ist problematisch, Nathan – oder sonst je­mandem – ein dermaßen langfristiges persönliches Kalkül zu unterstellen. Ab­ge­ sehen davon erklärt Alter nicht, warum Nathan dem Kind genau diesen Na­men gab und nicht einen anderen, der ebenfalls eine positive Einstellung zu dem Kind wi­derge­ spiegelt hätte, wie zum Beispiel ‫ ברוך‬oder ‫„( מבורך‬Baruch“ oder „Meborach“), die beide „der Gesegnete“ bedeuten. 5. Einige Exegeten, wie zum Beispiel Alexander M. Honeyman, Roland de Vaux, P. Kyle McCarter Jr., interpretieren den Namen Jedidja als den privaten Namen oder auch Ge­­­ burts­­namen, Sa­lo­mo hingegen als Thronnamen oder Krönungs- bzw. Re­gie­rungs­na­ men.24 So vergleicht beispielsweise de Vaux den Fall mit den Beispielen judäischer Kö­nige, die zwei Namen hatten: „Usia – Asarja“ und „Joahas – Schallum“.25 Al­ler­dings gesteht de Vaux selbst ein: „[I]n jedem Fall bewegen wir uns hier im Reich der Spe­­ku­lation: Man kann bestenfalls sagen, dass es wahrscheinlich, wenn auch nicht gesichert ist, dass die Kö­nige von Juda einen neuen Namen annahmen, wenn sie den Thron bestiegen.“26

The David Story: A Translation with Commentary of 1 & 2 Samuel (New York: Norton, 1999), S. 263. Ähnlich wie Alter – jedoch ohne auf ihn zu verweisen – erklärt John Van Seters: „Er [der Text 2. Sam 12,24; I. K.] stellt lediglich eine enge Verbindung her zwischen Sa­lo­mo und dem Prophe­ten, der den Namen ‚Jedidja‘ offenbar als Ausdruck seiner Zuneigung zu dem Kind gebrauchte, und beweist die Tat­sa­che, dass Nathan im Streit um die Thronfolge zu Sa­lo­mos Unterstützern gehörte“ („It merely es­ tab­lishes a close link between Solomon and the prophet, who apparently used the name ‚Jedidiah‘ as a term of affection for the child, and accounts for the fact that Nathan is a member of the Solomon par­t y in the fight for succession“; siehe Van Seters, The Biblical Saga of King David, S. 300–301, insb. 301). 24 Siehe A. M. Honeyman, „The Evidence of Regnal Names among the Hebrews“, JBL 67 (1948), S. 13–25, insb. 22–23; de Vaux, Ancient Israel, S. 107–108, insb. 108 (dort finden sich auch ausführli­ che Verweise auf bi­bli­sche Quellen); McCarter, II Samuel, S. 303, 308. 25 In den Fällen von „Eljakim – Jojachin“ und „Mattanja – Zedekia“ wurde der zweite Name dem Kö­ nig jeweils von einem fremdländischen Despoten gegeben; siehe de Vaux, Ancient Israel, S. 108. Zu „Usia – Asarja“ siehe auch die Diskussion bei Honeyman, „The Evidence of Regnal Names among the Hebrews“, S. 20–22. Auf S. 23–24 diskutiert Honeyman außerdem: „David (Thronname) – El­ cha­nan (privater Name; 2. Sam 21,19b)“. Zu Letzterem siehe L. M. von Pákozdy, „Elhanan – der frühe­re Name Davids?“, ZAW 68 (1956), S. 257–259. Vermutlich sind jedoch David und Elcha­nan nicht zwei unterschiedliche Namen ein und derselben Person – wie einige Forscher dies zu har­mo­ ni­sieren versuchen –, sondern es handelt sich um die Bezeichnungen zweier ver­schie­de­ner Per­so­ nen: Gemäß der Überlieferung in 1. Samuel 17 wurde der philistäische Held Goliath von Da­v id er­schla­gen, während Goliath laut einer anderen Überlieferung in 2. Sam 21,19b von einem Mann na­mens Elchanan besiegt wurde. Der Chro­nist harmonisiert diese beiden widersprüchli­chen Sa­ muel-Über­lieferungen, indem er eine dritte Version erfindet, die besagt, dass „Elchanan, der Sohn Jaïrs, Lachmi, den Bruder Goliaths, des Gathiters“ erschlug (1. Chr 20,5b). David tötete Goliath, und Elcha­­nan tötete demnach Lachmi, den Bruder Goliaths. 26 „[I]n every instance, we are still in the realm of hypothesis: the most one can say is that it is probable, though not certain, that the kings of Judah took a new name when they succeeded to the throne“; de Vaux, Ancient Israel, S. 108. Über den altorientalischen Brauch, einen Thronnamen zu verleihen, siehe H. Frankfort, Kingship and the Gods (Chicago: Chicago University Press, 1948), S. 238, 246.

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III Zum besseren Verständnis von „Sa­lo­mo“ und „Jedidja“ – der Geliebte des Herrn In Wirklichkeit trifft genau das Gegenteil dessen zu, was de Vaux und andere Exege­ten vor­geschlagen haben: Sa­lo­mo war ein Geburtsname und kein Krönungsname. Der bi­­bli­ sche Erzähler erwähnt explizit, dass ein Elternteil dem Kind diesen Namen unmittel­bar nach der Geburt gab (2. Sam 12,24).27 Darüber hinaus gibt es in diesem Fall – unab­hän­ gig davon, ob ein Krönungsname im Königreich Israel bzw. Juda ebenso gebräuch­­lich war wie in Ägypten – gute Gründe, davon auszugehen, dass Jedidja ein Regierungs- oder Königsname war. Der Zweck und die Bedeutung dieses Namens wie auch die Phra­se „und der Herr liebte ihn“ sind in drei einander ergänzenden Kontexten zu verstehen: (a) in dem unmittelbaren Kontext, in dem sie stehen, also 2. Samuel 10–12; (b) im Setting der gesamten Ge­schich­te Sa­lo­mos, die 1. Könige 1–2 mit einschließt; und (c) in dem weite­­ren literarischen und historischen Kontext des Alten Orients, innerhalb dessen sich die frühe bi­bli­sche Li­te­ra­tur entwickelte und von dem sie nicht gelöst werden kann. Betrachten wir diese Kontexte einmal genauer. (a) Bei der Geburt des ersten Kindes spricht der Erzähler von dem „Kind, das die Frau Urias David geboren hatte“ (2. Sam 12,15). Das bedeutet, dass Batseba mit Davids Kind schwanger war, als sie noch die Frau Urias war. Das erste Kind war das Produkt einer ehebrecherischen Affäre und folglich ein Bastard. Bei der Geburt des zwei­ten Kin­des nennt der Erzähler sie jedoch „Batseba, seine [Davids] Frau“ (2. Sam 12,24). Sie empfing das Kind als Davids legitime Ehefrau,28 und daher war Sa­lo­mo ein legitimes Kind und kein Bastard.29 Dementsprechend ist die vordringliche Intention der Berichte in 2. Sam 12,15 und 12,24d–25, den Fall des erstgeborenen Kindes – das Re­sultat einer ehebrecherischen Affäre war, krank wurde und starb, wie von Nathan pro­phezeit (2. Sam 12,14–23) – dem des zweitgeborenen legitimen Kindes, Sa­lo­mos, ge­genüberzustellen. Der Sa­lo­mo, wiederum durch Nathan, dem Propheten, zu­sätz­lich verliehene theophore Name Jedidja, der ihn als von Gott besonders geliebt erklärt, ver­ deutlichte allen, dass er ein legitimes Kind war, durch göttliche Fürsorge pri­vi­le­giert, und dass er überleben würde (2. Sam 12,24d–25).30 Obwohl Nathan an­kün­dig­te, dass „das Schwert auf ewig nicht von deinem [i. e. Davids] Haus weichen“ (2. Sam 12,10) solle, würde dieser neugeborene Sohn leben – trotz aller kommenden Krisen. (b) Gleichzeitig sollte der zusätzliche Name Jedidja, zusammen mit der Aussage „und der Herr liebte ihn“, Sa­lo­mos Thronbesteigung eine von Gott verbürgte politische und re­ ligiöse Legitimation verleihen und die zahlreichen gegen ihn erhobenen An­schul­di­g un­ 27 Zu der Frage, welcher Elternteil dem Kind diesen Namen gab, siehe Kapitel V, § V. 28 Vgl. dazu David Kimchis Kommentar zu 2. Sam 12,24. 29 Ist das der Grund, warum der Erzähler die wohlbekannte Tatsache hervorhebt, dass „Batseba die Mutter Sa­lo­mos“ (‫ ;בת־שבע אם־שלמה‬1. Kön 1,11) war? Batseba, die die Ehefrau Davids ist, ist danach auch die Mutter Sa­lo­mos. Das impliziert, dass König David Sa­lo­mos Vater war und dass dieser von königlicher Abstammung war. 30 Vgl. z. B. H. W. Hertzberg, Die Samuelbücher, Das Alte Testament Deutsch 10, 4. Aufl. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1968), S. 260.

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gen, dass er ein Usurpator sei, zurückweisen.31 In diesem Sinn fungiert der Na­me Je­ didja als eine Art Königs- bzw. Regierungsname. Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Auf­­stieg zur Macht in 1. Könige 1–2 tritt vor dem Hintergrund von 2. Sam 12,24–25 deut­­lich hervor. Gemäß dem Masoretischen Text unterstützte Nathan Sa­lo­mo als Erben des Throns, gemeinsam mit dessen Mutter, Davids geliebter Ehefrau Batse­ba, die sich aktiv beteiligte (1. Kön 1,11–31).32 Vor dem Hintergrund der dramati­schen Aus­ein­ andersetzung zwischen Sa­lo­mo und Adonia (1. Kön 1,1–53; 2,13–25) muss der Na­me Jedidja, gemeinsam mit der Phrase „der Herr liebte ihn“, so interpretiert werden: „der Herr bevorzugte [oder, wenn man so will, erwählte] ihn“33 bei seiner Ge­burt als legi­timen Nachfolger Davids. Sa­lo­mo war also der Geliebte und Bevorzugte von Gott selbst, seines Boten (i. e. Nathan) und Königs (i. e. David). Als solcher kam Sa­lo­mo nicht ille­ gitim mit Nathans Hilfe als Usurpator an die Macht, sondern Gott selbst er­wähl­te ihn bereits bei seiner Geburt und zeichnete verantwortlich für seine Thronbestei­g ung. Die­se Sicht wird fernerhin in 1. Kön 2,15 bekundet, wo der Erzähler Ado­nia fol­gende Wor­te in den Mund legt: „[D]as Königtum hat sich von mir gewandt und ist meinem Bru­der zuteil geworden; denn es war von dem Herrn für ihn bestimmt.“34 Als wäre das nicht genug, legte der Erzähler dieselbe Vorstellung auch Sa­lo­mo in den Mund, als die­ser entschied, Adonia hinrichten zu lassen, weil er Davids Nebenfrau Abi­schag, die Schunemiterin, als Ehefrau verlangte.35 Hier gesteht Sa­lo­mo ein, dass Ado­nia sein „älterer Bruder“ ist. Im selben Atemzug betont er jedoch, dass der Herr der­jenige ist, 31 Ein Hinweis in diese Richtung ist in der Notiz des Erzählers zu finden: „Seine [Adonias] Mutter hat­te ihn nach Absalom geboren“ (1. Kön 1,6) und in der Sa­lo­mo in den Mund gelegten Phrase „Er [Ado­nia] ist mein älterer Bruder“ (1. Kön 2,22). Das impliziert, dass Sa­lo­mo, obwohl er zur könig­li­ chen Familie gehörte, nicht thronfolgeberechtigt war. Wesentlich deutlicher als diese Aussagen war die direkte Anschuldigung, die Schimi, der Sohn des Gera, David entgegenschleuderte: „Hinaus! Hin­aus! Blutmensch! Ruchloser! Der Herr hat das ganze Blut des Hauses Sauls auf dich zurück­ gebracht, an dessen Stelle du König geworden bist“ (2. Sam 16,7–8a, vgl. 16,5–8). Eine ausführlichere Dis­kus­sion findet sich im Kapitel X, § I I. 32 Siehe Kapitel X, § I I. 33 Das Verb ‫„( בחר‬erwählte“) wird auch an anderen Stellen der Hebräischen Bibel gemeinsam mit ‫אהב‬ („liebte“) verwendet, siehe z. B. Dtn 7,6–8: …‫כי עם קדוש אתה ליהוה אלהיך בך בחר יהוה אלהיך להיות לו לעם‬ ‫„( סגלה… לא מרבכם מכל העמים חשק יהוה בכם ויבחר בכם… כי מאהבת יהוה אתכם‬denn du bist dem Herrn, deinem Gott, ein heiliges Volk; der Herr, dein Gott, hat dich erwählt, dass du ihm zum Volk sei­nes Eigentums wirst… Nicht weil ihr mehr wäret als alle Völker, hat der Herr sich euch zugeneigt und euch erwählt…, sondern wegen der Liebe des Herrn zu euch“). Zur Liebe Gottes im Deuterono­mium und ihrem bi­bli­schen und altorientalischen Hintergrund siehe Moran, „The Ancient Near Eastern Back­­ground of the Love of God in Deuteronomy“, S. 77–87, und weitere Li­te­ra­turangaben dort. 34 Siehe auch § I V, B, 1 (a) zu Sargon von Akkad und Kapitel X, § III, 2. Die Ansicht, dass Sa­lo­mo ein le­gitimer Thronerbe – und kein Usurpator – war, wurde später explizit von dem Chro­nisten for­ mu­liert (z. B. 1. Chr 28,4–5; 2. Chr 1,9b), der berichtet, dass Sa­lo­mo von Gott erwählt wurde. Eine de­tail­lierte Diskussion und weitere Li­te­ra­turverweise finden sich im Kapitel X, § IV. 35 Das Recht auf die Nebenfrau(en) des vorigen Königs war dessen Nachfolger vorbehalten, siehe 2. Sam 3,7–8; 12,8b; 16,21; siehe auch Gen 35,22. Daher ruft Sa­lo­mo gegenüber seiner Mutter aus: „Wa­r um bittest du um Abischag, die Schunemiterin, für Adonia? Bitte doch gleich um das Kö­nig­ tum für ihn!“

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„der mich bestätigt hat und mich auf den Thron meines Vaters David gesetzt hat und der mir ein Haus gemacht hat, wie er versprochen hat“ (1. Kön 2,24).36 (c) Wie bereits erwähnt, liefert der bi­bli­sche Erzähler dem Leser keine explizite Erklä­rung, warum der Herr das neugeborene Kind geliebt haben sollte, noch bevor es ir­gend­et­was vollbracht hatte. Einerseits wurden der Name und die Phrase in die Ge­burts­ge­schich­ te eingearbeitet, als ob damit ausgesagt werden sollte, dass das Kind aufgrund seiner außer­gewöhnlichen potenziellen Qualitäten erwählt wurde, nämlich seiner bevorstehenden Rolle als An­füh­rer und seiner zukünftigen Leistungen, nämlich seiner großen Weis­heit, der Er­bau­ung des Tempels, seines Reichtums, seines erfolgreichen Handels und seiner internatio­nal agierenden Diplomatie (grob 1. Könige 3–10). Andererseits be­rich­tet die Er­zäh­lung von der Krönung Sa­lo­mos (1. Kön 1,11–40) nicht, dass er einen zu­sätz­lichen Thron- bzw. Krönungsnamen erhalten hatte. Tatsächlich wäre die po­litische Intention einer solchen Aussage für das Publikum mehr als offensichtlich ge­wesen, wenn der bi­bli­sche Erzähler in der Krönungserzählung erwähnt hätte, dass der neue König den Namen Jedidja erhalten habe. Obwohl der Erzähler in 1. Könige 1–2 den Na­men Jedidja jedoch nicht explizit nennt oder daran erinnert, dass „der Herr ihn liebte“, sind die beiden Texte dadurch eng miteinander verknüpft, dass es Nathan war, der Sa­lo­mo in 2. Sam 12,24d–25 im Auftrag Gottes den Namen verlieh und Sa­lo­ mos Usurpation des Throns in 1. Kön 1,11–40 initiierte und unterstützte.37 Indem der Ver­fas­ser berichtet, Sa­lo­mo habe den göttlichen Segen und den Namen Jedidja als Säugling erhalten, macht er deutlich, dass Sa­lo­mo bereits in der frühesten Phase seines Lebens zum König erwählt wurde.38 Darüber hinaus wird die Aussage Sa­lo­mos in 1. Kön 2,24, ‫ ויוׁשיבני] על־כסא דוד אבי ואׁשר עׂשה־לי בית כאׁשר‬/[ ‫חי־יהוה אׁשר הכינני ויוׁשיביני‬ ‫„( דבר‬So wahr der Herr lebt, der mich gefestigt hat und mich auf den Thron meines Vaters David gesetzt hat und der mir ein Haus gemacht hat, wie er versprochen hat“) als eine Anspielung auf Nathans Prophezeiung und zugleich deren Erfüllung in 2. Sam 7,11c–13 präsentiert: ‫והגיד לך יהוה כי־בית יעׂשה־לך יהוה כי ימלאו ימיך וׁשכבת את־אבתיך והקימתי את־זרעך‬ ‫„( אחריך אׁשר יצא ממעיך והכינתי את־ממלכתו הוא יבנה בית לשמי וכננתי את כסא ממלכתו עד־עולם‬Der Herr verkündigt dir, dass der Herr dir ein Haus machen wird. Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, werde ich nach dir deinen Nachkom­men er­stehen lassen, der aus deinem Leib kommt, und ich werde sein Königtum festigen. Er wird mei­nem Namen ein Haus bauen und ich werde den Thron seines Königtums fes­tigen für im­mer“).39 Das bedeutet, dass der Erzähler Nathans Prophezeiung über den Fortbestand 36 Zu diesem Vers siehe auch im folgenden und vgl. 1. Kön 1,48; 3,7a und 1. Kön 5,19, wo Nathans Pro­ phe­zeiung explizit im Hinblick auf Sa­lo­mo als Erbauer des Tempels interpretiert wird; und 1. Kön 10,9. 37 Ob der Name Jedidja Sa­lo­mo tatsächlich bei seiner Krönung oder bei seiner Geburt – wie 2. Sam 12,24–25 impliziert – verliehen wurde oder erst nach Beginn seiner Herrschaft, was wahrscheinli­ cher ist, ist schwer zu sagen, da es dazu keine anderen Quellen innerhalb und außerhalb der Bibel gibt. Der Fokus liegt hier jedoch vor allem auf einer literarischen und historiographischen Analyse. 38 Vgl. Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 156. 39 Die Phrase ‫ הוא יבנה בית לשמי‬scheint deuteronomistisch zu sein und ist möglicherweise eine spä­te

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des Hauses Davids in der Retrospektive als eine Anspielung auf Sa­lo­mo interpretiert; er war bereits vor seiner Geburt von Gott erwählt worden, um seinem Vater auf den Thron nach­zufolgen.40 Daher verweisen der Name Jedidja und der Hinweis, von Gott besonders geliebt zu sein, auf diese vorangegangene Erwählung. Dieses Phänomen ist vergleichbar mit Aussagen in assyrischen Königsinschriften, in denen Könige im Rahmen einer Apologie betonen, dass sie von einer Gottheit oder mehreren erwählt worden seien, als sie sehr jung oder noch im Mutterleib waren. So wird beispielsweise Aššur-rēš-iši I. (1132–1115 v. u. Z.) als derjenige bezeichnet, „den die großen Götter, Anu, Enlil und Ea, wahrhaftig erwählt haben im Inneren seiner Mutter (wörtl.: ver­langt haben, als er noch im Inneren seiner Mutter war)“.41 Asarhaddon (681–669 v. u. Z.) beschreibt sich selbst als jemanden, „den schon in seiner Jugend Aššur, Šamaš, Bêl und Nabû, Ištar von Ninive und Ištar von Arbela zum Königtum über Assyrien beru­fen haben (ultu ṣe-ḫe-ri-šú)“ (Ninive A I,5–7).42 Weiter schreibt er: „Obgleich ich jünger war als meine älteren Brüder, hat mein Vater, der mich erzeugte, auf Befehl von Aššur, Sin, Hinzufügung; siehe Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic School, S. 325, und die Diskus­ sion bei S. Ahituv, „Designation of Solomon to the Kingdom in the Biblical Historiography“, in M. V. Fox et al. (Hgg.), Texts, Temples, and Traditions: A Tribute to Menahem Haran (Winona Lake, IN: Eisen­brauns, 1996), S. 1*–10*, insb. 3* (Hebräisch). Auch das Wort ‫ לי‬in der Phrase ‫ואׁשר עׂשה־לי‬ ‫( בית כאׁשר דבר‬1. Kön 2,24) ist schwierig, da Sa­lo­mo gerade erst den Thron bestiegen hat und es daher kaum Sinn ergäbe, wenn er schon von seiner Dynastie spräche. Daher ist der Vorschlag von Ahi­tuv (ebd., S. 6*) plausibel, an dieser Stelle ‫ לו‬zu lesen – Austausch von ‫ ו‬und ‫י‬, die graphisch ähnlich sind –, so dass der Satz sich auf David beziehen würde. 40 Vgl. S. Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne: Studies in the Books of Kings and Chron­icles (Jeru­ sa­lem: Marcus, 1981), S. 27 (Hebräisch); Ahituv, „Designation of Solomon to the Kingdom in the Biblical Historiography“, S. 6*, 8*. Diese Auffassung wird sowohl von dem späten Ge­schichts­­­schrei­ ber in 1. Chr 22,6–11 (Sondergut) als auch in anderen Quellen explizit formuliert; siehe ausführ­ lich Ka­pi­tel X, § I V. Dieses Phänomen kann auch beim Propheten Jeremia (Jer 1,4–5) und dem sogenannten Deuterojesaja (Jes 49,1) beobachtet werden; siehe I. Kalimi, „The Lord Called me from the Womb, Singled me out from my Mother’s Bowels (Isa 49:1)“, in Y. Hoffman (Hg.), Com­panion to the Biblical World: The Book of Isaiah (Ramat Gan: Revivim, 1986), Bd. 10, S. 231–232 (Hebräisch); D. M. Pike, „Before Jeremiah Was: Divine Election in the Ancient Near East“, in K. P. Jack­son und A. C. Skinner (Hgg.), A Witness for the Restoration: Essays in Honor of Robert J. Matthews (Provo, UT: Religious Studies Center, Brigham Young University, 2007), S. 33–59. 41 Vgl. CAD, Bd. 1 (A), Teil I, S. 146a, Nr. 2. 42 R. Borger, Die Inschriften Asarhaddons Königs von Assyrien, Archiv für Orientforschung, Beiheft 9 (Graz: E. Weidner, 1956), S. 39–40, § 27 (Episode 1); siehe auch die aktuelle englische Ausgabe in E. Leichty, The Royal Inscriptions of Esarhaddon, King of Assyria (680–669 BC), The Royal In­ scrip­­tions of the Neo-Assyrian Period 4 (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2011), S. 11; vgl. auch A. L . Oppen­heim, „Babylonian and Assyrian Historical Texts“, in J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament (= ANET), 3. Aufl. mit Ergänzungen (Princeton: Prince­ton University Press, 1969), S. 265–317, insb. 289a. Einen ähnlichen Anspruch erhoben z. B. auch Adad-nīrārī III. und Nabonid; vgl. H. Tadmor, „Autobiographical Apology in the Royal As­ syr­ian Li­te­ra­ture“, in H. Tadmor und M. Weinfeld (Hgg.), His­to­ry, Historiography and Inter­pre­ta­ tion: Studies in Biblical and Cuneiform Li­te­ra­tures (Jerusalem: Magnes/ Leiden: E. J. Brill, 1983), S. 36–57, insb. 39–40, 48–49 (Neudruck: ders., „With My Many Chariots I Have Gone up the Heights of Mountains“: Historical and Literary Studies on Ancient Mesopotamia and Israel [M. Cogan (Hg.); Je­r u­salem: Israel Exploration Society, 2011], S. 63–85); Ishida, His­to­ry and Historical Writing in An­

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Šamaš, Bêl und Nabû, Ištar von Ninive und Ištar von Arbela, inmitten meiner Brüder gerade mein Haupt treulich emporgehoben [i. e. mich erwählt, I. K.], mit den Worten: ‚Dieser sei mein Erbprinz.‘“ (Ninive A I,8–12).43 An einer anderen Stelle erklärt er: „Die großen Götter haben (mich) bestimmt zum König über die oberen und unteren Lande… (bereits) im Leib meiner Mutter, die mich geboren hat… zur Herrschaft über alle Lande.“44 Aššurbanipal (668–627 v. u. Z.) verkündete: „Ich (bin) Aššurbanipal, …dessen Namen Aššur, Sin, der Herr der Königsmütze, seit fernen Tagen zur Königsherrschaft beriefen und schon im Mutterleibe zum Hirtentum über Assyrien schufen.“45 In ähnlicher Weise berichtet auch die bi­bli­sche Er­zäh­lung, dass Nathan kurz nach der Geburt des Kindes von Gott gesandt wurde, um dem Kind den Namen Jedidja zu ge­ben. Aus historischer Sicht sind der Name und die erklärende Phrase jedoch als eine gött­lich autorisierte Apologie Sa­lo­mos zu verstehen mit dem Ziel, dessen Usurpation zu le­gitimieren. Daher sind 2. Samuel 12,24d–25 und die Aussagen Adonias und Sa­lo­mos in 1. Kön 2,15.24 post eventum-Beschreibungen. Das Beispiel Sa­lo­mos korreliert im All­ ge­mei­nen gut mit der biblisch-historiographischen Methode, bei der häufig eine gött­liche Erwählung post eventum beansprucht wird, um entweder die Usurpation oder die pro­ble­ ma­tische Thronfolge eines Königs zu rechtfertigen. So erwählte beispielsweise der Pro­ phet Samuel David unter seinen Brüdern, um König Saul zu ersetzen (1. Sam 16,1–13).46 Davids Usurpation wurde gerechtfertigt, indem sie als eine göttliche Erwählung be­schrie­ ben wurde, die erst nach der Verwerfung Sauls durch Gott aufgrund seiner Sünden statt­ fand (1. Sam 15,19.23b.26–28; 16,1; siehe auch 1. Chr 10,13–14). Darüber hinaus le­gi­ti­ cient Israel, S. 145; siehe auch Kapitel X, § I V. Zu Asarhaddons und Nabonids Apologien siehe ak­ tuell Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 301–357. 43 Borger, Die Inschriften Asarhaddons Königs von Assyrien, S. 40, § 27 (Episode 2); vgl. Leichty, The Roy­al Inscriptions of Asarhaddon, S. 11–12; Oppenheim, „Babylonian and Assyrian Historical Texts“, ANET, S. 289a. 44 Siehe Borger, Die Inschriften Asarhaddons König von Assyrien, S. 115, § 82,7–10; vgl. D. D. Lucken­ bill, Ancient Records of Assyria and Babylonia (Chicago: University of Chicago Press, 1927), Bd. 2, S. 223, § 571; Leichty, The Royal Inscriptions of Esarhaddon, S. 91. 45 M. Streck, Aššurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergange Nineveh’s, Vor­der­a sia­ ti­sche Bibliothek (Leipzig: J. C. Hinrichs, 1916), Bd. 2, I,1–5; S. 2 (Text) und S. 3 (Übersetzung). Wei­te­re Beispiele und mehr Details finden sich bei G. Cooke, „The Israelite King as Son of God“, ZAW 73 (1961), S. 202–225; S. M. Paul, „Deutero-Isaiah and Cuneiform Royal Inscriptions“, JAOS 88 (1968), S. 181–186 (Neudruck in ders., Divrei Shalom: Collected Studies of Shalom M. Paul on the Bible and the Ancient Near East, 1967–2005, Culture and His­to­r y of the Ancient Near East 23 [Leiden: Brill, 2005], S. 11–22); Kalimi, „The Lord Called me from the Womb, Singled me out from my Mother’s Bowels (Isa 49:1)“, S. 231–232; Pike, „Before Jeremiah Was: Divine Election in the Ancient Near East“, S. 33–59. Später wurde dieses Phänomen von dem Evangelisten Matthäus im Hinblick auf Jesus verwendet: „Sie [i. e. Maria] wird einen Sohn gebären, und du sollst ihn Je­sus nennen, denn er wird sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Mt 1,21; vgl. Lk 2,21). Die Rab­bi­nen betonten ebenfalls, dass der Name des Messias eines von „sieben Dingen…, die erschaffen wur­den vor der Schöpfung der Welt“ gewesen sei (vgl. Babylonischer Talmud, Pesachim 54a); siehe I. Kali­mi, Fighting Over the Bible: Jewish Interpretation and Polemic from Temple to Talmud and Beyond, Brill Reference Library of Judaism 54 (Leiden: E. J. Brill, 2017), S. 26, Anm. 23. 46 Siehe auch die unten aufgelisteten Textstellen aus der Hebräischen Bibel, Kapitel VII, § I, S. 194, Anm. 1.

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mierte die Prophezeiung Ahijas, dem Schiloniten, Jerobeam I. (ben Nebat) als König über die Nordstämme Israels (1. Könige 11–12; 14). Die Prophezeiungen Elisas bestätig­ten die mi­litärischen Anführer Jehu als König von Israel anstelle Jorams (2. Könige 9–10) und ferner Hasael als König von Aram anstelle Ben-Hadads II. (i. e. Hadadeser; 2. Kön 8,7– 13).47 Grundsätzlich entsprechen die Verleihung des zweiten Namens an Sa­lo­mo und die Anmerkung, dass Gott ihn liebte, wie auch weitere Aussagen in 1. Könige, dass Gott Sa­ lo­mo erwählt habe, anderen Berichten über eine göttliche Erwählung von Königen. Solche königlichen Apologien sind also üblich in der Bibel und im Alten Orient, aber wir können auch noch weiter gehen. Nicht nur das allgemeine Motiv göttlicher Er­wäh­ lung, sondern auch die spezifischen Elemente der göttlichen Liebe und der Verleihung eines neuen Namens, die in 2. Sam 12,24d–25 vorkommen, haben zahlreiche Parallelen in bi­bli­schen und altorientalischen Quellen. In dieser Hinsicht betonen sowohl der zweite Name als auch die Hervorhebung der Liebe Gottes den Status Sa­lo­mos nicht nur als eines legitimen Kindes seiner Eltern (i. e. kein Bastard), sondern auch als eines göttlich legitimierten Monarchen und damit keines brutalen Usurpators. Der folgende Abschnitt befasst sich mit weiteren Beispielen. IV Neue Namen, Gottes Liebe und königliche Apologie: Die bi­blischen und altorientalischen Quellen A Biblische Quellen Auch wenn es keine bi­bli­schen Belege für Gottes „Liebe“ zu einem anderen König Israels oder Judas außer Sa­lo­mo gibt (vgl. Neh 13,26),48 existiert doch mindestens ein anderes Bei­spiel eines Königs, der einen neuen Namen erhielt, als er den Thron unter ungewöhnlichen Umständen bestieg: Etwas mehr als ein Jahrzehnt vor der Zerstörung Jerusalems 587/6 v. u. Z. ersetzte Nebukadnezar II., König von Babylonien, Jojachin, den legitimen Kö­nig von Juda, den er nach Babylon ins Exil hatte bringen lassen (598 v. u. Z.), nebst seinem Onkel Mattanja, den dritten Sohn Josias (1. Chr 3,15). Da Mattanja nicht der legitime König war, änderte Nebukadnezar seinen Namen in „Zedekia“, was so viel bedeutet wie „der Herr hat gerecht gemacht“ oder „der Herr ist meine Legitimation, mein Recht“ (2. Kön 24,8–17). B Altorientalische Quellen Obwohl Kommentatoren des 2. Samuelbuches sich im Allgemeinen bemüht haben, die Be­ deutung des Namens Jedidja und seine Funktion im Text zu verstehen, übersehen sie, dass der Name Verbindungen zu verschiedenen Epitheta aufweist, die die Liebe von Gott/ Göt­ tern zu einem König in antiken mesopotamischen und ägyptischen Inschriften ausdrü47 Auch wenn die Tel-Dan-Inschrift nicht explizit auf den Verdacht der Illegitimität antwortet, so im­ pli­ziert ihre Aussage über Hasael „[Da] machte Hadad mich zum König. Da ging Hadad vor mir her“ (Zeilen 4–5) doch eine ähnliche göttliche Legitimation für diesen – gemäß bi­bli­schen Quel­ len – Usur­pator. Siehe Weippert, Historisches Textbuch zum Alten Testament, S. 266–269, insb. 268; Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 276–300. 48 Dieser Beleg sowie der umgeschriebene Gegen-Bericht von Sa­lo­mos Geburt und seinen Namen in der Chro­nik werden in Kapitel VII diskutiert.

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cken. So wird beispielsweise der Ausdruck „Geliebter von [Name einer Gottheit]“ (ki.ágDN oder narām-DN) seit der sumerischen Zeit an verwendet, um zahlreiche mesopotamische Könige zu bezeichnen,49 während eine vergleichbare Formulierung (mr-[n]-DN) – wie bereits erwähnt – auch für die meisten ägyptischen Könige verwendet wurde. Vor die­sem Hintergrund spiegelt die Interpretation von „Jedidja“ als „Geliebter des Herrn“ eine im Alten Orient weit verbreitete Art und Weise, die göttliche Patronage von Königen aus­zudrücken. Diese Titel wurden sowohl legitimen Thronfolgern verliehen als auch solchen, die den Thron auf ungewöhnliche Art und Weise erbten. Darüber hinaus hat die Verortung des Namens Jedidja und die Phrase „der Herr lieb­te ihn“ im Kontext der Thronfolge Sa­lo­mos – obwohl dieser nicht der nächste Thron­an­ wär­ter innerhalb der königlichen Familie war –50 sowohl inhaltlich als auch in der For­ mu­li­e­rung Parallelen zu einigen Er­zäh­lungen von altorientalischen Königen, die durch ge­walt­same Usurpation oder Putsch an die Macht kamen, oder König wurden, obwohl sie nicht direkte Thronanwärter waren. Letztere versuchten, ihre Königsherrschaft durch li­te­ra­rische Werke zu legitimieren, die verschiedene Merkmale mit der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge gemeinsam haben. In seiner Untersuchung „Autobiograph­ ical Apol­ogy in the Royal Assyrian Li­te­ra­ture“ legt Hayim Tadmor den Schwerpunkt auf die Apo­­lo­­gien neuassyrischer Könige, insbesondere auf die autobiographischen Dich­tun­­gen Asarhaddons (681–669 v. u. Z.; oben erörtert), seines Sohnes Aššurbanipal (668–627 v. u. Z.) und Šamši-Adads V. (824–811 v. u. Z.; in dieser Reihenfolge!). Er stellt fest, in allen drei Fällen habe „der assyrische König… seine Thronbesteigung zu einer Zeit [be­schrie­ben], als er seinen Nachfolger bestimmen sollte… eine mächtige Königin­mut­ ter scheint sich in die Frage der Thronfolge eingemischt und als Co-Regentin agiert zu haben“.51 Tadmor verweist auch auf die kurze Apologie des persischen Königs Xerxesʼ I. – ver­mutlich der in der Hebräischen Bibel erwähnte Ahasveros; 485–465 v. u. Z.52 Darü­ ber hin­aus lohnt es sich, die Usurpatoren der nordwestsemitischen Welt zu erwähnen, die sich in ihren autobiographischen Berichten mit der Behauptung rechtfertigten, ver­schie­ de­ne Gottheiten hätten sie auf ihren jeweiligen Thron berufen, so beispielsweise Idrimi, Kö­nig von Alalaḫ (ca. 1450–1400 v. u. Z.), Kilamuwa, König von Ja’udi/ Sam’al (das heutige Zincirli/ Zinjirli; ca. 850 v. u. Z.), Zakkur, König von Hamath und Luʽasch (ca. 780 v. u. Z.),53 sowie der bereits oben erwähnte Hasael von Damaskus. 49 Siehe vor allem W. W. Hallo, Early Mesopotamian Royal Titles: A Philologic and Historical Analysis, Amer­ican Oriental Series 43 (New Haven, CT: American Oriental Society, 1957), S. 132–142; ­M.-J. Seux, Épithètes Royales Akkadiennes et Sumériennes (Paris: Letouzey et Ané, 1967), S. 189–197. 50 Siehe ausführlich Kapitel X, § § I I–III. 51 „[T]he Assyrian king was describing his accession at a time he was about to appoint his successor… a powerful queen-mother seems to have meddled in the issue of succession and acted as co-regent“; Tadmor, „Autobiographical Apology in the Royal Assyrian Li­te­ra­ture“, S. 36–57, insb. 54, 57. 52 Siehe Tadmor, „Autobiographical Apology in the Royal Assyrian Li­te­ra­ture“, S. 57; vgl. Oppenheim, „Babylonian and Assyrian Historical Texts“, ANET, S. 315b. 53 Siehe Donner und Röllig, kanaanäische und aramäische Inschriften, Bd. 1, Nr. 24 (S. 4–5; Kilamuwa), Nr. 202 (S. 37; Zakkur); M. Dietrich und O. Loretz, „Historisch-chronologische Texte aus Alalaḫ, Ugarit, Kamid el-Loz/Kumidi und den Amarna-Briefen“ in O. Kaiser (Hg.), TUAT, Bd. 1, S. 496– 520, insb. 501–504 (Idrimi), H.-P. Müller, „Phönizische historische Inschriften“, ebd., S. 638–645,

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Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich vor allem auf die Beispiele, die die engsten Parallelen zu 2. Sam 12,24d–25 und 1. Kön 2,15.24 haben und von Tadmor, Knapp und anderen übersehen werden.54 Dazu gehören Texte aus Mesopotamien über König Sargon von Akkad (Akkade/ Agade; siehe § IV, B, 1, a) und höchstwahrscheinlich auch über den neuassyrischen König Sargon II. (§ IV, B, 1, b). Ähnliche Motive erscheinen auch in zeitgenössischen Quellen aus benachbarten, nichtsemitischen Kulturen, und zwar in der Apologie des ḫethitischen Königs Ḫattušili III. (§ IV, B, 2), in Quellen über die ägyptische Königin Hatschepsut und zahlreiche andere Pharaonen (§ IV, B, 3)55 und in der Inschrift von Xerxes I. von Persien (§ IV, B, 4). Wenden wir uns nun explizit diesen Fällen zu: 1 Mesopotamien: Sargon von Akkad und Sargon II. von Aššur Die bi­bli­sche Nominalform ‫„( סרגון‬Sargon“; Jes 20,1) ist mittlerweile ein anerkann­ter Be­ griff in der Forschung zu dem assyrischen König Šarru-kīn II. (722/1–705 v. u. Z.),56 dem Gründer der neuassyrischen Sargoniden-Dynastie, dessen Geburtsname unbe­kannt ist. Diese Namensform ist ebenfalls wissenschaftlich akzeptiert für Šarru-kīn57 von Akkad insb. 638–640 (Kilamuwa), W. C. Delsman, „Aramäische historische Inschriften“, in O. Kaiser (Hg.), TUAT, Bd. 1, S. 625–637, insb. 626–628 (Zakkur). 54 Beispielsweise T. Longman III, Fictional Akkadian Autobiography: A Generic and Comparative Study (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1991), S. 53–60, 215–216. 55 Zu parallelen apologetischen Biographien und Pseudo-Autobiographien in griechischen Quellen siehe A. Momigliano, The Development of Greek Biography (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1971), S. 58–60. 56 Zu dem Namen des neuassyrischen Königs siehe A. Fuchs, „Šarru-kēnu, Šarru-kīn, Šarru-ukīn“, in H. Baker (Hg.), The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire, Publications of the Foundation for Finnish Assyriological Research 4 (Helsinki: The Neo-Assyrian Text Corpus Project, 2011), Bd. 3/II, S. 1239–1247, insb. 1239. Ein aramäisches Siegel aus der Zeit Sargons II. erwähnt den Na­ men des Königs in der Form srgn, siehe ders., „Sargon II.“, in E. Ebeling, B. Meissner et al. (Hgg.) Real­lexi­kon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie (Berlin: W. de Gruyter, 2009–2011), Bd. 12, S. 51–61, insb. 52. 57 Die Transkription von Sargons Namen ist nicht in der üblichen Schreibweise gehalten. In sumeri­ schen Dokumenten wird der Name Šar-um-GI geschrieben, in akkadischen Texten steht Śar-ruGI; in Ur-III-Quellen lautet die Schreibweise d Šar-ru-gin7, siehe J. G. Westenholz, „The Memory of Sargonic Kings under the Third Dynasty of Ur“, in P. Michalowski (Hg.), On the Third Dynasty of Ur: Studies in Honor of Marcel Sigrist (Boston: American Schools of Oriental Research, 2008), S. 251–260, insb. 253–254, und weitere Li­te­ra­turverweise dort. Westenholz kommt zu dem Schluss, dass die Schreibung des Namens „keine gebildete Schreibweise, sondern vielmehr eine phoneti­sche Wie­dergabe“ („a phonetic rendering rather than learned lettering“) widerspiegle. Tatsächlich än­­dert sich die Schreibung des Namens von Narām-Sîns Vater, Maništūsu, ebenfalls (ebd., S. 253, 254). Den­noch sollte die Antwort auf die Frage, „[w]arum sein Name in sumerischen Quellen sar-umGI ge­schrieben wurde“ („Why his name was written sar-um-GI in Sumerian sources“), nicht als „ein Rätsel“ („a mystery“) bezeichnet wird; dagegen W. Sallaberger und A. Westenholz, Mesopo­ta­ mien: Akkade-Zeit und Ur III-Zeit, Orbis Biblicus et Orientalis 160/3 (Fribourg: Universitätsverlag/ Göt­tin­gen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1999), S. 34. Siehe außerdem W. Sommerfeld, „Sargon“, in E. Ebe­ling, B. Meissner et al. (Hgg.), Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie (Ber­lin: W. de Gruyter, 2009–2011), Bd. 12, S. 44–49, insb. 44–45.

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(ca. 2334–2279 v. u. Z.),58 den Gründer der altakkadischen Sargoniden-Dynastie. Die Her­kunft sowie der Geburtsname des Letzteren sind ebenfalls unbekannt.59 Der Name Šarru-kīn bedeutet so viel wie „der König ist legitim“ oder „der legitime/ wahre König“. Es wird angenommen, dass es sich dabei um einen Thronnamen handelt, den der neue König angenommen hatte, der faktisch ein Usurpator ohne legitimen An­ spruch auf den Thron war oder der eigentlich nicht an erster Stelle der Thronfolge stand und dessen Legitimität daher zweifelhaft war. Indem er einen solchen Namen annahm, wollte der neue König sein Recht stärken, die Königsherrschaft zu beanspruchen.60 (a) Sargon von Akkad Der historische Hintergrund Sargons von Akkad ist sehr unsicher. Die engsten Pa­ral­le­ len zur Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Geburt sind in einer poetischen akkadischen Er­zäh­lung mit (pseudo-)autobiographischen oder apologetischen Zügen zu finden, die als Ge­burts­ legende Sargons bekannt ist.61 Die vorhandenen Kopien der Geburtslegende sind relativ jung: II (Text A und B) sind in neuassyrischer Schrift geschrieben und stammen aus der Bi­ bliothek des Aššurbanipal (668–627 v. u. Z .); eine (Text C), die die ersten sechs Zeilen der Legende enthält – eine Übungstafel –, könnte auf eine neuassyrische Kopie zurückgehen; und ein Fragment (Text D) ist im standardbabylonischen Dialekt in neuassyrischer Schrift abgefasst.62 Obwohl die Spätdatierung der Fragmente nicht zwingend darauf schließen 58 Zur Datierung und der langen Regierungszeit Sargons von Akkad (55 Jahre) siehe W. von Soden, Ein­ füh­rung in die Altorientalistik, Orientalistische Einführungen (Darmstadt: Wissenschaftliche Buch­ ge­sell­schaft, 1985), S. 45. Einen anderen Vorschlag bietet A. L. Oppenheim, Ancient Mesopotamia: Por­trait of a Dead Civilization (Chicago: University of Chicago Press, 1977), S. 398. 59 Zu Sargon von Akkad, seinen militärischen und politischen Errungenschaften sowie seinem Ein­ fluss auf mesopotamische Li­te­ra­tur, Ge­schich­te und politische Konzepte siehe A. K. Grayson, „The Em­pire of Sargon of Akkad“, AfO 25 (1974–1977), S. 56–64; Oppenheim, Ancient Mesopotamia, S. 398–399 (Akkad), 413; D. O. Edzard, Ge­schich­te Mesopotamiens: Von den Sumerern bis zu Alexan­ der dem Großen (München: C. H. Beck, 2004), S. 77–83; M. Heinz, „Sargon of Akkad: Rebel and Usurp­er in Kish“, Representation of Political Power: Case Histories from Times of Change and Dissolving Order in the Ancient Near East (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 2007), S. 67–86. 60 Vgl. Edzard, Ge­schich­te Mesopotamiens, S. 78. Sallaberger und A. Westenholz (Mesopotamien: Akka­ de-Zeit und Ur III-Zeit, S. 34) erklären jedoch: „Sargon mag durchaus schon von Geburt an Sargon ge­nannt worden sein“ („Sargon may well have been called Sargon from his birth“). 61 Zur Legende siehe B. Lewis, The Sargon Legend: A Study of the Akkadian Text and the Tale of the Hero Who Was Exposed at Birth, American Society of Oriental Research Dissertation Series 4 (Cam­bridge, MA: American Schools of Oriental Research, 1980); E. A. Speiser, „The Legend of Sargon“, ANET, S. 119a-b; B. R . Foster, „The Birth Legend of Sargon of Akkad“, in W. W. Hallo und K. L . Younger, Jr. (Hgg.), The Context of Scripture (Leiden: E. J. Brill, 1997), Bd. I, S. 461. Für eine Besprechung des hier behandelten Textes siehe Lewis, The Sargon Legend, S. 87–93, mit einer Bi­bliographie der bis dahin erschienenen Li­te­ra­tur. 62 Siehe Lewis, The Sargon Legend, S. 11–23; Longman, Fictional Akkadian Autobiography, S. 53–54, und vgl. Speiser, „The Legend of Sargon“, S. 119a. J. G. Westenholz ist der Meinung, dass „die baby­ lo­ni­sche Überlieferung die Grundlage für die Kopien der Legende in Aššurbanipals Bibliothek [bil­ de­te] – die meisten seiner Texte gingen auf babylonische Originale zurück“ („it was the Babylonian tradition that formed the basis for the copies of the Legend in Aššurbanipal’s library – most of his texts were derived from Babylonian originals“); siehe J. G. Westenholz, „Review of The Sargon

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lässt, dass das ursprüngliche Werk ebenfalls erst spät verfasst wurde, gibt es kei­ne ver­ lässlichen Hinweise für eine Datierung der Originalversion. Dementsprechend da­tie­ren zahl­reiche Forscher die Legende ungefähr auf die erste Hälfte des zweiten Jahr­tau­sends v. u. Z . – allgemein auf die altbabylonische Zeit –, während andere diese später da­tie­ren, nämlich in die neuassyrische Zeit.63 Ohne weitere Hinweise wird es schwierig sein, zu einer verlässlichen Antwort zu kommen; es ist jedoch keineswegs unmöglich, dass die Ge­burts­ legende Sargons eine viel ältere Tradition widerspiegelt als die überlieferten Kopien. Gemäß der Geburtslegende wurde Sargon von einer Priesterin (i. e. ēntu) geboren,64 und zwar in der Stadt Azupiranu, die am Ufer des Euphrats liegt; die genaue Lage ist aller­ dings unbekannt. Die Legende erzählt weiter, dass Sargon als Säugling ausgesetzt und an­schließend auf wundersame Weise von einem Wasserträger namens Aqqi (Akki) aus dem im Euphrat schwimmenden Korb gerettet wurde. Aqqi zog Sargon aus dem Fluss, adop­tierte ihn und machte ihn zum Gärtner (Zeilen 2–12, der Prolog). Der sumeri­sche Text, der am Ende dieses Abschnitts erörtert wird, berichtet, dass Sargon auf mysteriö­ se Wei­se zum Mundschenk von Urzababa, dem König von Kisch (ca. 80 km südlich von Bag­­dad),65 wurde. Von dieser Position aus rebellierte er gegen Urzababa und wurde dessen Nachfolger.66 Das Motiv des ausgesetzten Kindes von niedriger sozialer Herkunft, das zu einer ­hohen politischen Position aufsteigt, ist weit verbreitet und kündigt aller Voraussicht nach den Legend by B. Lewis“, JNES 43 (1984), S. 73–79, insb. 74. Außerdem schreibt er: „[Ein] sumerisches literarisches Fragment aus Uruk (TCL 16 73) enthält ebenfalls einen Hinweis auf eine ähnliche Ge­burtserzählung Sargons; leider ist es schwer beschädigt“ („[A] Sumerian literary fragment from Uruk [TCL 16 73], also contains a reference to some similar birth story of Sargon, unfortunately badly broken“; ebd., S. 75); zu diesem Text siehe unten. 63 Siehe Lewis, The Sargon Legend, S. 97–101, und dort weitere Li­te­ra­turverweise. 64 Childs erklärt, dass „Sargons Behauptung, seine Mutter sei eine ēntu gewesen, automatisch im­pli­ zier­­te, dass sein Vater ein König war (… was auf eine Form des hieros gamos hindeutet)… Sie soll­te Sar­­gon Legitimität verleihen, indem ihm königliche Vorfahren zugeschrieben wurden“ („Sargon’s claim of an ēntu as a mother automatically implied that his father was a king (… which point[s] to some form of hieros gamos)… It functions to legitimize Sargon by claiming a royal ancestry“); B. S. Childs, „The Birth of Moses“, JBL 84 (1965), S. 109–122, insb. 109–110; ders., The Book of Exo­­dus: A Critical, Theological Com­men­tary, Old Testament Library (Philadelphia: Westminster John Knox, 1974), S. 9–11, insb. 9. In diesem Zusammenhang zitiert Childs auch einen Aufsatz von H. G. Gü­ter­bock, „Die historische Tradition und ihre literarische Gestaltung bei Babyloniern und He­­thi­tern bis 1200“, ZA 42 (1934), S. 1–91; Teil 2: 44 (1938), S. 45–145. Vgl. C. Cohen, „Hebrew tbh: Pro­posed Etymologies“, JA­N ESCU 4 (1972), S. 37–51, insb. 46–51 (Exkurs: „The Legend of Sar­ gon and the Birth of Moses“). Sar­gon selbst bekennt jedoch, dass er der „Sohn von niemandem“ (mār lā mammānim) sei; siehe Ishi­da, The Royal Dynasties in Ancient Israel, S. 7 und die dort zitierte Li­te­­ ra­­tur. Darüber hinaus zeigen Sargons Aussagen, seine Mutter habe ihn „im Geheimen“ geboren und „mei­nen Vater kannte ich nicht“, dass er ein illegitimes Kind war und seine Existenz daher geheim ge­halten wurde. 65 Zu Kisch siehe die umfassende Untersuchung von M. Gibson, The City and Area of Kish (Coconut Grove, FL: Field Research Projects, 1972), und P. R . S. Moorey, Kish Excavations 1923–1933: With a Micro­fiche Catalogue of the Objects in Oxford Excavated by the Oxford – Field Museum, Chicago Ex­pe­ di­tion to Kish in Iraq, 1923–1933 (Oxford: Clarendon, 1978). 66 Vgl. Heinz, „Sargon of Akkad: Rebel and Usurper in Kish“, S. 67.

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Aufstieg eines überregionalen Anführers an. Ein ähnliches Ereignis erscheint auch in den Legenden um die Rettung Moses: „Sie nahm ein Kästchen aus Schilfrohr und ver­­kleb­te es mit Bitumen und Pech; sie legte das Kind hinein und setzte es in das Schilf am Ufer des Flusses [i. e. des Nil].“ Später wurde Mose der Anführer und Gesetzgeber der Is­raeli­ten (Ex 2,1–10, insb. 2,3);67 auch über Kyros II. (den Großen; 559–530 v. u. Z.), den Grün­ der des persisch-achämenidischen Reichs, wird Ähnliches erzählt (Herodot, Histo­ria 1,108; Nikolaos von Damaskus, Fragment 66,2–4).68 Der Aufstieg eines Gärtners zum König war ein beliebtes Thema der mesopotamischen Schreiber.69 Die Bemerkung, die den Prolog der Geburtslegende Sargons abschließt (Spalte i, Zeilen 12–13), ist jedoch für diese Untersuchung von besonderem Interesse: Als ich Gärtner war, liebte mich Ischtar [d Iš-tar lu-u i-ra-man-ni-(ma)], so dass ich 55 Jah­re als König regierte.70

In Anlehnung an diese Aussage berichtet die Legende von den Taten und Er­run­gen­ schaf­ten Sargons (Zeilen 14–32): Er gründete das erste Reich, vom „oberen Meer“ (dem 67 Zu diesem Thema siehe die ausführliche Diskussion bei M. Gerhards, Die Aussetzungsgeschichte des Mose, Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 109 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2006), S. 149–249. 68 Siehe F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1926), Bd. 2, S. 361–362 (Nr. 90: „Nikolaos von Damaskos“). Robert Drews betont: „Das Grund­ge­ rüst von Nikolaos’ Er­zäh­lung über Kyros muss eine ursprünglich babylonische Tradition wi­der­spie­ geln… Kyros war ein heimatloses Kind, wurde Gärtner auf dem Anwesen des Königs, dann Mund­ schenk des Königs und schließlich König“ („The bare bones of Nicolaus’s story of Cyrus must reflect a genuine Babylonian tradition… Cyrus was a homeless child, became a gardener on the king’s estate, then a cupbearer to the king, and then king“); siehe R. Drews, „Sargon, Cyrus and Mesopotamian Folk His­to­r y“, JNES 33 (1974), S. 387–393, insb. 391–392. Das Motiv, dass ein Kind oder Kinder in einen Korb gelegt wurden, der auf dem Fluss davonschwimmt, ist auch aus der ḫethitischen Li­­te­­ra­ tur bekannt: Es wird berichtet, dass die Königin von Kanisch ihre dreißig Söhne in Körbe gesetzt und diese auf dem Fluss, einem Nebenarm des Flusses Halys, ausgesetzt habe und dass Götter die Kin­der gerettet und adoptiert hätten. Siehe I. Singer, The Hittites and Their Civilization, Biblical Ency­clopedia Library 26 (Jerusalem: Bialik Institute, 2009), S. 245–246 (Hebräisch), mit weiteren Li­­te­­ra­turverweisen. 69 Weitere Beispiele: „Der König Irra-imitti setzte den Gärtner Bel-ibni als stellvertretendes Bild [d. h. Ersatzkönig, I. K .] auf seinen Thron“ (Übersetzung von J. Scharbert, „Stellvertretendes Sühne­lei­ den in den Ebed-Jahwe-Liedern und in altorientalischen Ritualtexten“, Biblische Zeitschrift 2 [1959], S. 190–213, insb. 204). Bel-ibni (besser bekannt als Enlil-bani) war ein König der ersten Dynas­tie von Isin; siehe Oppenheim, „Babylonian and Assyrian Historical Texts“, ANET, S. 267; zu Kyros als Gärtner am Königshof siehe Drews, „Sargon, Cyrus and Mesopotamian Folk His­to­r y“, S. 387–393, insb. 389–390, der sowohl eine Diskussion des Themas als auch weitere Li­te­ra­turverweise bie­tet. In ähnlicher Weise wird berichtet, dass Saul Kühe hütete (1. Sam 11,5) und David ein Schafhirte war (1. Sam 16,11.19; Ps 78,70: „Er erwählte David, seinen Knecht, und nahm ihn weg von den Schafhürden“), bevor sie König wurden. 70 Siehe Lewis, The Sargon Legend, S. 25; Speiser, „The Legend of Sargon“, S. 119b; Foster, „The Birth Legend of Sargon of Akkad“, S. 461a. Eine abweichende Übersetzung siehe K. Hecker, „Akkadische Texte“, in Kaiser, TUAT, Ergänzungslieferung (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2001), S. 11– 60, insb. 56.

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Mit­tel­meer) zum „unteren Meer“ (dem Persischen Golf).71 Die Nachfolge von Urzababa durch Sargon war also gerechtfertigt oder legitimiert durch die Aussage „Ischtar liebte mich“. Die Königsherrschaft wurde Sargon demnach von den Göttern verliehen, vor allem von seiner göttlichen Beschützerin, Inanna/ Ištar, der Hauptgöttin von Kisch, und spä­ter auch von Agade, der Hauptstadt des akkadischen Reichs.72 Tatsächlich erscheint die Beschreibung Sargons als „Geliebter von Inanna“ bereits in einer altbabylonischen In­­schrift, die besagt: „Ich, Sargon, Geliebter von Inanna [narām-dINANNA], der durch alle vier Viertel gewandert ist“.73 Inannas/ Ištars Liebe zu Sargon ist der Grund für die Le­gi­timität seiner Thronfolge, Macht und Autorität.74 Vor uns liegt also eines der eindeutigsten Beispiele einer apologetischen Er­zäh­lung über einen Usurpator, der Legitimität beanspruchte, indem er auf göttliche Liebe und Er­­wäh­ lung verwies. Dieses Motiv hat enge Parallelen zu den Aussagen über Sa­lo­mo in der Thron­­ fol­gee­rzählung: Er wurde Jedidja, d. h. „Geliebter des Herrn“, genannt und „der Herr liebte ihn“. Er folgte David auf den Thron, obwohl er nicht an erster Stelle der Thron­folge stand. Dass ähnliche Ge­schich­ten über Sargon schon lange vor der neuassyrischen Zeit exis­tierten, wird durch eine sumerische Legende gestützt, die von Sargons Aufstieg zur 71 Vgl. Psalm 72,8, „Und er möge herrschen von Meer zu Meer“, bezüglich der Grenzen der Herrschaft Sa­lo­mos; siehe auch Sach 9,10. 72 Die sumerische Göttin Inan(n)a, die zugunsten Sargons in das Geschehen eingriff, war eine kosmische Gottheit, die von dem Planeten Venus repräsentiert wurde, und die Hauptgöttin von Kisch, Uruk und später auch Agade. Sie „war in der ganzen mesopotamischen Welt bekannt. Die Ak­­ka­ dier (und später die Assyro-Babylonier) nannten sie Ištar. Sowohl für die Sumerer als auch für die Akkadier war sie die wichtigste Göttin des jeweiligen Pantheons. Inannas/ Ištars nächs­te Ent­­spre­­ chun­gen im Westen waren die kanaanäische Astarte und die spätere griechische und römi­sche Göt­ tin Aphrodi­te/ Ve­nus“ („[She] was known throughout the Mesopotamian world. The Akkadians (and later the Assyro-Babylonians) called her Ištar. For both, the Sumerians and the Akkadians, she was the principal goddess in their respective pantheons. Inanna/ Ištar’s closest counterparts to the west are the Canaanite Astarte and later goddess of Greece and Rome, Aphrodite and Venus“), G. Pet­ti­nato, „Inanna“, in L. Jones (Hg.), Encyclopedia of Religion, 2. Aufl. (Detroit: Mac­millan, 2005), S. 4402–4406, insb. 4402; siehe D. Wolkstein und S. N. Kramer, Inanna: Queen of Heaven and Earth, Her Stories and Hymns from Sumer (New York: Harper & Row, 1983); W. Mein­hold, Ištar in Aššur: Untersuchung eines Lokalkultes von ca. 2500 bis 614 v. Chr., Alter Orient und Altes Tes­ta­ment 367 (Münster: Ugarit-Verlag, 2009); siehe auch J. S. Cooper und W. Heimpel, „The Su­ me­rian Sargon Legend“, JAOS 103 (1983), S. 67–82, insb. 79, Anm. 7. 73 J. G. Westenholz, Legends of the Kings of Akkade: The Texts, Mesopotamian Civilizations 7 (Winona Lake, IN: Eisenbrauns, 1997), S. 34–35. Zu dem Ausdruck „Geliebter von [Name der Gottheit]“ siehe § I V, B. 74 J. G. Westenholz („Review of The Sargon Legend by B. Lewis“, S. 78–79) interpretiert Ištars Liebe als einen Ausdruck militärischer Erfolge in Schlachten, ohne weitere Bedeutungsmöglichkeiten zu nennen. Im Gegensatz dazu passt meine Interpretation von Ištars Liebe in der Sargon-Legende besser zu dem Kontext, in dem die Phrase steht, und wird gestützt durch vergleichbare Li­te­ra­tur aus den benachbarten altorientalischen Kulturen. Mit Sicherheit sollte Ištars Liebe zu Sargon nicht als sexuel­le Liebe gedeutet werden, wie Lewis glaubt (The Sargon Legend, S. 59, 95–96). Wie J. G. Westenholz (ebd., S. 79) korrekt feststellt: „Ein sexueller Unterton kann höchstens in den Text hineingelesen, nicht aber aus ihm herausgelesen werden“ („Any sexual overtones can only be read into the text but cannot be read out of it“).

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Macht erzählt. Diese bekräftigt, dass die Götter, vor allem Inanna, das Ende von Urza­ba­ bas Herr­schaft über Kisch angekündigt und ihren neuen Favoriten – Sargon – präsen­tiert hät­ten. Die Er­zäh­lung sagt den Tod Urzababas voraus und betont Sargons Protek­tion durch Inanna, bricht jedoch leider vor dem Ende ab.75 Jerrold S. Cooper und Wolf­gang Heim­­pel folgern richtigerweise, dass diese Ge­schich­te, wie viele – wenn nicht sogar alle – his­to­risch-literarischen Texte der Sumerer, eine didaktische Absicht habe. Diese lau­tet: „Das Schicksal, das von den Göttern vorherbestimmt ist, ist unausweichlich, und man soll nicht dagegen ankämpfen.“76 Tatsächlich wurde Sargon König von Kisch, trotz aller Ver­suche Urzababas, dies zu verhindern und trotz des Krieges, den Lugalzagesi ge­gen ihn führte. In jedem Fall handelt es sich hier eindeutig um eine apologetische Er­zäh­lung, die ver­sucht, Sargons Usurpation zu legitimieren. Die implizite Botschaft der Sar­gon-Le­gen­ de ähnelt demnach der expliziten Aussage im bi­bli­schen Text, die Adonia nach seiner Nie­der­lage gegen Sa­lo­mo, der eigentlich nicht Davids Thronfolger war, in den Mund gelegt wird (siehe § III, b): „Das Königtum stand mir zu… aber das Königtum hat sich von mir gewandt und ist meinem Bruder zuteil geworden; denn es war von dem Herrn für ihn bestimmt“ (1. Kön 2,15).77 (b) Sargon II. von Aššur Wie bereits erwähnt (§ IV, B. 1, a), sind die Kopien der Geburtslegende Sargons relativ jung. Wenn die Geburtslegende erst in der neuassyrischen Zeit entstand, wäre ihr Hauptziel gewesen, die Legitimität des gegenwärtigen Usurpators, Sargons II. (722/1–705 v. u. Z.), zu betonen, indem er mit einem der bedeutendsten Könige Mesopotamiens gleichgesetzt wurde, der noch dazu denselben Namen trug und dessen eigene königliche Herkunft ebenfalls unklar war. Diese Intention würde auch erklären, warum Sargon II. den ungewöhnlichen Thronnamen Šarru-kīn mit all seinen Konnotationen und tief verwurzelten Assoziationen annahm. Sie alle passten zu Sargon II., dessen Thronbesteigung unter mysteriösen Umständen stattfand und dessen Anspruch auf den assyrischen Thron sehr zweifelhaft war,78 da er höchstwahrscheinlich keinen unmittelbaren Platz in der 75 Siehe Cooper und Heimpel, „The Sumerian Sargon Legend“, S. 67–82. 76 „[D]estiny determined by the gods, is unavoidable, and not to be resisted“, Cooper und Heimpel, „The Sumerian Sargon Legend“, S. 74. 77 Interessanterweise erscheint ein ähnlicher Gedanke später auch in der griechischen Ge­schichts­ schrei­bung. Herodot schreibt: „Niemand kann seinem vorherbestimmten Los entrinnen, nicht einmal ein Gott“ (Historia 1,91; vgl. 1,7–13). 78 Siehe Lewis, The Sargon Legend, S. 103, und vgl. S. Smith, „The Supremacy of Assyria“, The Cambridge Ancient His­to­ry, 1. Aufl. (Cambridge: Cambridge University Press, 1925), Bd. 3/1, S. 32– 60, insb. 46; Foster, „The Birth Legend of Sargon of Akkad“, S. 461; M. van de Mieroop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, Studi Micenei ed Egeo-Anatolici 42 (2000), S. 133–159, insb. 133–134: „[D]ie Assyrer stellten in ihrer gesamten Ge­schich­te immer wieder Bezüge zu Sargon her. Das kann einfach als ein Aspekt der kulturellen Tradition verstanden werden, die Mesopotamien einte und die es einem assyrischen König im siebten [sic; leg.: achten] Jahrhundert, Sargon II., ermöglichte, sich seinen Untertanen als würdiger Namensvetter eines früheren Herr­schers zu präsentieren“ („[T]he Assyrians referred to Sargon throughout their history. This may be easily understood as an aspect of the cultural tradition that unified Mesopotamia, which enabled a king of Assyria in the

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Thronfolge einnahm. Wie Sidney Smith bereits vor längerer Zeit betonte, gehörte Sargon zwar möglicherweise „zu einer Familie, die von Königen abstammte, wie Asarhaddon ja tatsächlich behauptet“, es gibt jedoch zahlreiche gute Gründe, ihn für einen Usurpator zu halten.79 Sargon wurde unmittelbar nach einem Aufstand assyrischer Bürger gegen Salmanassar V. (727–722 v. u. Z.) und dessen Ermordung König. In der so genannten „Aššur-Charta“ berichtet Sargon, dass Salmanassar V. „von der Stadt Aššur unrechtmäßigerweise Fronarbeit verlangt hatte, mit dem Ergebnis, dass die Götter ihn absetzten und Sargon als legitimen König einsetzten.“80 Wie bereits erwähnt, ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Legenden über Sargon aus Traditionen hervorgegangen sind, die bis in das 2. Jahrtausend v. u. Z. zurückreichen, und dass sie nicht vollständig neu erfunden wurden, um Sargon II. als König zu legitimieren. Dennoch – selbst wenn die Legenden tatsächlich ursprünglich in altbabylonischer Zeit abgefasst wurden – dienten die kontinuierlichen Abschriften und die häufige Verwendung zur Zeit Sargons II. auch zur Legitimierung dieses neuassyrischen Monarchen. Um Marc van de Mieroop zu zitieren: „Wenn wir nicht davon ausgehen, dass die Texte [der Geburtslegende Sargons, I. K.] stupide aus antiquarischem Interesse kopiert wurden, müssen sie zu der Zeit, in der sie geschrieben wurden, relevant gewesen sein.“81 Es gibt noch ein weiteres Merkmal, das Sargon von Akkad und Sargon den II. miteinander verbindet: Keiner der beiden Könige wollte sich mit der alten Hauptstadt identi­ fizieren, in der ihre jeweilige Usurpation begonnen hatte. Daher gründeten beide einen neuen Regierungssitz: Sargon der Große verlegte seine Hauptstadt von Kisch in die von ihm neu errichtete Stadt Agade (oder Akkad).82 Von diesem Zeitpunkt an nannte er sich selbst „Sargon, König von Agade/ Akkad“.83 Sargon II. gründete eine neue Hauptstadt seventh century [sic; leg.: eighth], Sargon II, to portray himself to his subject as a worthy namesake of an ancient ruler“). 79 „[T]o a family descended from kings, as Asarhaddon actually claims“ (S. Smith, „The Supremacy of Assyria“, S. 45); aktueller: Fuchs, „Šarru-kēnu, Šarru-kīn, Šarru-ukīn“, S. 1240. Zu den verschiede­nen mög­li­chen Verbindungen Sargons II. zur assyrischen Königsfamilie siehe Fuchs, „Sargon II.“, S. 53. Siehe auch A. K . Grayson, „Assyria: Tiglath-pileser III to Sargon II (744–705 B. C.)“, in J. Board­ man et al. (Hgg.), The Cambridge Ancient His­to­ry, 2. Aufl. (Cambridge: Cambridge University Press, 1991), Bd. 3/2, S. 71–102, insb. 87–88. 80 „[Salmanassar V] wrongfully imposed corvée on the city of Ashur, with the result that the gods deposed him and appointed Sargon as legitimate king“; Grayson, „Assyria: Tiglath-pileser III to Sar­ gon II (744–705 B. C.)“, S. 87 (Hervorhebung I. K .). 81 „Unless we believe that there was a mindless copying of the texts because of antiquarian interests, there should have been a relevance to them when they were written“; M. van de Mieroop, „Li­te­ra­ ture and Political Discourse in Ancient Mesopotamia: Sargon II of Assyria and Sargon of Agade“, in B. Böck, E. Cancik-Kirschbaum und T. Richter (Hgg.), Minuscula Mesopotamica, Festschrift für Johannes Renger, Alter Orient und Altes Testament 267 (Münster: Ugarit Verlag, 1999), S. 327–339, insb. 329. Es ist erwähnenswert, dass möglicherweise andere Usurpatoren, zum Beispiel Sargon I. von Assyrien (frühes zweites Jahrtausend), ebenfalls Sargon von Akkad imitierten; siehe van de Mie­ roop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, S. 144–145. 82 Akkad nach der biblisch-hebräischen Schreibweise in Gen 10,10. Die genaue Lage der Stadt ist un­be­ kannt. 83 Die sumerische Königsliste nennt „Sargon, den König von Akkad, den Mann, der Akkad erbaut hat“;

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an einer Stelle, die niemals zuvor besiedelt gewesen war, und benannte sie nach sich selbst, Dūr-Šarru-kīn, „Festung Sargons“ (das heutige Khorsabad).84 Tatsächlich war die Grün­ dung neuer Hauptstädte nicht ausschließlich ein Prärogativ von Usurpatoren. Ein solches Vor­gehen war aber in anderen Teilen der altorientalischen Welt typisch für einige von ihnen. So eroberte beispielsweise David Jerusalem, baute die Stadt wieder auf, benannte sie neu nach sich selbst und machte sie zur Hauptstadt der Vereinigten Monarchie Israels. Om­ri, König von Israel, gründete Samaria; Kyros II. von Persien gründete Pasargadae und Darius I. errichtete Persepolis. Alle diese Könige waren Usurpatoren.85 Es gibt einen Punkt, an dem Sa­lo­mo von dem bekannten Motiv abweicht. Möglicherweise gründete er keine neue Hauptstadt, um die Kontinuität zu David zu betonen, statt einen radikalen Bruch zu vollziehen – eine Motivation, die sich ebenfalls in „Davids Testament“ sowie in siehe J.-J. Glassner, Chroniques mésopotamiennes (Paris: Les Belles Lettres, 1993), S. 140; S. Fran­ke, Kö­ nigsinschriften und Königsideologie: Die Könige von Akkade zwischen Tradition und Neuerung (Ham­ burg: LIT Verlag, 1995), S. 94; Heinz, „Sargon of Akkad: Rebel and Usurper in Kish“, S. 68, 74–75. 84 Siehe z. B. A . Fuchs, Die Inschriften Sargons II. aus Khorsabad (Göttingen: Cuvillier, 1994), S. 37–38, 292–293, Zeilen 34–43; S. Parpola, „The Construction of Dūr-Šarru-kīn in the Assyrian Royal Correspondence“, in A. Caubet (Hg.), Khorsabad: le palais de Sargon II, roi d’Assyrie (Paris: Do­cu­ men­tation française, 1995), S. 47–77; van de Mieroop, „Li­te­ra­ture and Political Discourse in An­ cient Mesopotamia“, S. 334–339; V. A . Hurowitz, „Fort Sargon (Dūr-Šarru-kīn): A Portrait of the Royal Builder“, in I. Eph’al und N. Na’aman (Hgg.), Royal Assyrian Inscriptions: His­to­ry, Histo­riog­ raphy and Ideology (Jerusalem: The Israel Academy of Science and Humanities, 2009), S. 25–52 (He­bräisch). Wahrscheinlich sollte Dūr-Šarru-kīn als das bi­bli­sche „Resen“ (Gen 10,12) identifiz­iert wer­den, siehe V. A . Hurowitz, „In Search of Resen (Genesis 10:12): Dūr-Šarru-kīn“, in C. Cohen et al. (Hgg.), Birkat Shalom: Studies in the Bible, Ancient Near Eastern Li­te­ra­ture, and Postbib­li­cal Ju­daism Presented to Shalom M. Paul on the Occasion of his Seventieth Birthday (Winona Lake, IN, Eisen­brauns, 2008), Bd. 1, S. 511–524; A. van der Kooij, „‚Nimrod, A Mighty Hunter before the Lord!‘: Assyrian Royal Ideology as Perceived in the Hebrew Bible“, JS 21 (2012), S. 1–27, insb. 7. 85 Im Detail: David, Usurpator auf dem Thron König Sauls, eroberte Jerusalem, baute die Stadt wie­ der auf, benannte sie nach sich selbst in „Davidsstadt“ um, und verlegte seine Hauptstadt von He­ bron nach Jerusalem (2. Sam 5,4–9); allerdings war Hebron nicht die politische Residenz des vori­gen Königs, sondern eine heilige Stadt des Stammes Juda, wo David sich etabliert hatte. Omri, Kö­nig von Israel, war mit Sicherheit nicht thronfolgeberechtigt. Gemäß 1. Könige 16,15–20 war er ein Ge­ne­ral des legitimen Königs, Ela, und beanspruchte die Herrschaft für sich, nachdem Ela und seine gesamte Familie von Simri ermordet worden waren, der es wiederum vorzog, Selbstmord zu begehen, statt sich Omris Vergeltung zu stellen (1. Kön 16,8–20). Omri besiegte in der Folge einen weiteren Thronrivalen (Tibni; 1. Kön 16,21–22), gründete dann Samaria und verlegte seine Hauptstadt von Tirza dorthin (1. Kön 16,23–29). Kyros II. (der Große), der König von Anschan, war ein Vasall des Königs Astyages von Medien. Er rebellierte gegen diesen (553 v. u. Z.) und wurde schließlich an seiner Stelle König (550 v. u. Z .), gründete eine neue Stadt – Pasargadae – und verlegte wenig später die Hauptstadt dorthin. Darius I. (der Große; 522–485 v. u. Z.) bestieg den persischen Thron, nach­ dem er den sogenannten Magus, Usurpator des Throns Bardiyas (i. e. Sohn Kyrosʼ des Großen und jüngerer Bruder von Kambyses II.) besiegt hatte. Um 518 v. u. Z. gründete er zusätzlich zu den vier bereits existierenden Hauptstädten des Achämenidenreichs eine neue Hauptstadt, Persepolis; siehe T. C. Young, „The Early His­to­r y of the Medes and the Persians and the Achaemenid Empire to the Death of Cambyses“, in J. Boardman et al. (Hgg.), The Cambridge Ancient His­to­r y, 2. Aufl. (Cam­ bridge: Cambridge University Press, 1988), Bd. 4, S. 1–52, insb. 28–30; I. Kalimi, „Persepolis“, The New Interpreter’s Dictionary of the Bible (K. D. Sakenfeld [Hg.]; Nashville, TN: Abingdon, 2009), Bd. 4, S. 450–451.

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Da­vids Vorbereitungen für den Tempelbau widerspiegelt, wie sie vor allem in der Chro­ nik niedergeschrieben sind. 2 Anatolien: König Ḫattušili III. von Ḫatti Die Autobiographie – oder sogenannte Apologie – des ḫethitischen Königs Ḫattušili III. (1267 – ca. 1240 v. u. Z.) wurde innerhalb eines Jahrzehnts nach der Thronbestei­g ung sei­nes Nach­folgers verfasst –86 einige Zeit nach dem Friedensvertrag zwischen Ḫattušili und dem zeitgleich regierenden ägyptischen Pharao Ramses II. aus dem Jahr 1259 v. u. Z. (§ 12b).87 In seiner Apologie berichtet Ḫattušili detailliert, wie er an die Macht kam, und führt für seine Usurpation des ḫethitischen Throns eine göttliche Legitimation ins Feld. Er gibt an, sein Vater Muršili II. habe drei Söhne und eine Tochter gehabt. Ob­wohl Ḫat­ tu­šili der dritte Sohn und das vierte und somit jüngste Kind war, sei er aufgrund von „Ištars göttlicher Vorsehung“ König von Ḫatti geworden. Gemäß dem Text rettete Ištar sein Leben, indem sie ihn zu ihrem Priester machte: Und solange ich noch ein Knabe war… schickte Ištar, meine Herrin, zu Mursili, mei­­­ nem Vater, im Traume den Muwatalli, meinen Bruder [mit den Worten]: „Für Hat­ tusili sind die Jahre [nur noch] kurz, er wird nicht [lange] leben. So übergib ihn mir [i. e. Ištar], er soll mein Priester sein, und er wird [am] Leben [bleiben].“ Da nahm mich, den Knaben, mein Vater auf und gab mich der Gottheit zum Dienst. Und als Priester brachte ich der Gottheit [Trank-]Opfer dar. Und ich sah Wohl­er­gehen in der Hand der Ištar, meiner Herrin. Und Ištar, meine Herrin, nahm mich bei der Hand und leitete mich auf rechtem Wege (§ §  2–3; Hervorhebungen I. K.).88

Weiter berichtet Ḫattušili: „Ištar, meine Herrin, gab mir das Königtum über das Land Hatti. Und ich wurde Großkönig. [Denn] sie nahm mich, den Prinzen, und Ištar, meine Herrin, ließ mich zur Königsherrschaft [gelangen]“ (§ 12a-b; Hervorhebungen I. K.). Einen 86 Zu diesem König siehe A. Ünal, Ḫattušili III. (Heidelberg: Carl Winter Universitätsverlag, 1974); T. P. J. van den Hout, „Ḫattušili III, King of Hittites“, in J. M. Sasson (Hg.), Civilizations of the An­ cient Near East (New York: Scribner, 1995), Bd. 2, S. 1107–1120. 87 Siehe E. Laroche, Catalogue des Textes Hittites (Paris: Klincksieck, 1971), Nr. 81; T. P. J. van den Hout, „Apol­ogy of Ḫattušili III“, in W. W. Hallo und K. L . Younger, Jr. (Hgg.), The Context of Scrip­ture (Lei­den: E. J. Brill, 1997), Bd. 1, S. 199–204; Singer, The Hittites and Their Civilization, S. 86–93; Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 119–159, siehe auch seine Diskussion des früheren ḫe­thitischen Königs Telipinu, ebd., S. 73–117. Die deutschen Zitate in der vorliegenden Un­ter­ su­chung stammen aus H. Otten, Die Apologie Hattusilis III. Das Bild der Überlieferung, Stu­d ien zu den Boğazköy-Texten 24 (Wiesbaden: O. Harrassowitz, 1981), S. 5 und 27. 88 „Auf vielen Reliefs und Siegelabdrücken ist zu sehen, wie der König von seiner persönlichen Gottheit an der Hand genommen wird. Solche Dar­stel­lungen sind von Muwatalli II., Muršili III./ Urhitešub und Tuthaliya IV. bekannt; von Ḫattušili III. kennen wir nur eine Beschreibung der Szene auf den Siegeln, die auf einer Silbertafel mit dessen Friedensvertrag mit Ramses II. steht“ („The king being taken by the hand of his personal deity is illustrated on many reliefs and seal impressions. Such representations are known for Muwatalli II, Muršili III/ Urhitešub and Tuthaliya IV; for Ḫattušili III we only have the description of such a scene on the seal on the silver tablet containing the peace treaty with Ramesses II“; siehe van den Hout, „Apology of Ḫattušili III“, S. 199, Anm. 5).

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weiteren Beleg für die Protektion Ḫattušilis durch Ištar liefert eine Akkadische Bulle, die ihn als „Lieblin[g… der Išta]r von Šamuḫa“ (na-ra-a[m… d Išta]r URUŠa-mu-ḫa) beschreibt.89 Die Apologie Ḫattušilis ist ein weiteres Beispiel für das weit verbreitete literarische Mo­tiv des jüngsten Sohnes, der durch göttliche Protektion an die Macht kommt. Ähn­ li­che Motive finden sich auch in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur, beispielsweise in den Er­zäh­ lungen von Isaak und Ismael, Jakob und Esau, David und seinen Brüdern sowie Sa­lo­mo und Adonia.90 Wie im Fall des Sargon von Akkad (und, indirekt, Sargons II.) spielt die Göt­tin Ištar in Ḫattušilis Legitimierung seiner Usurpation eine wichtige Rolle. Dank Ištars Wohlwollen, so stellt Ḫattušili es dar, wurde er Großkönig von Ḫatti, obwohl er das jüngs­te Kind seines Vaters war. Auch hier war der legitime König, sein Neffe Urhi-Tešub, der Sohn König Muwatallis – des älteren Bruders Ḫattušilis, der gestorben war –, am Le­ ben und übte noch eine gewisse Macht aus (§ 10b-c). Diese beiden Elemente erscheinen auch in der bi­bli­schen Er­zäh­lung von Sa­lo­mo, der zu einem Zeitpunkt an die Macht kam, als sein älterer Bruder Adonia noch lebte, obwohl er einer der jüngeren Söhne Davids war, weil „der Herr ihn liebte“, wie Ištar Ḫattušili liebte.91 Die Legenden über Sargon den Großen von Akkad und seinen Enkel Narām-Sîn, des­ sen Name „Geliebter von Sin“ bedeutet, waren in Ḫatti bekannt.92 Wie van de Mieroop schreibt: „In ihrer gesamten Ge­schich­te, vom achtzehnten bis zum dreizehnten Jahr­hun­ dert, überlieferten die Ḫethiter Zentral-Anatoliens die Erinnerung an diese Könige. Die Kon­texte, in denen sie vorkommen, sind ganz unterschiedlich, sie reichen von histori­schen Tex­ten bis hin zu Ritualen, und die Eigenschaften, die ihnen zugeschrieben werden, sind ebenfalls vielfältig.“93 So vergleicht beispielsweise König Ḫattušili I. seine Militär­schlä­ge gegen die Stadt Hahhum mit denjenigen Sargon von Akkads.94 Die Vorstellung einer be­ 89 Siehe H. G. Güterbock, Siegel aus Boğazköy: Erster Teil, Die Königssiegel der Grabungen bis 1938 (Archiv für Orientforschung, Beiheft 5; Osnabrück, Biblio-Verlag, 1967), S. 28 (Nr. 45). In Šamuḫa stand der Tempel, in dem Ḫattušili als Priester der Ištar diente. 90 Siehe Genesis 21,9–13; 25,23; 27,29.37.40; 1. Sam 16,10–13; 1. Kön 1,5–40; 1. Chr 3,5. 91 Mehr zu Ḫattušili III. bei Singer, The Hittites and Their Civilization, S. 81–93; siehe auch die Bi­blio­ gra­phie auf S. 92–93. 92 Siehe z. B. bereits W. F. Albright, „The Epic of the King of Battle: Sargon of Akkad in Cappadocia“, JSOR 7 (1923), S. 1–20; H. G. Güterbock, „Sargon of Akkad Mentioned by Ḫattušili I of Ḫatti“, JCS 18 (1964), S. 1–6, insb. 5–6; H. A . Hoffner, „Remarks on the Hittite Version of the NaramSin Legend“, JCS 23 (1970), S. 17–22; van de Mieroop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, S. 133–159. In diesem Zusammenhang soll auf die wichtige Untersuchung von G. Beck­ man, „Mesopotamians and Mesopotamian Learning at Ḫattuša“, JCS 35 (1983), S. 97–114, hin­ ge­­w ie­sen werden, die sich mit der ḫethitischen Aufnahme des kulturellen Erbes Mesopota­miens, seiner Li­te­ra­tur und Schreibkunst befasst. Zu diesem Thema siehe aktuell Y. Cohen, „Review of An De Vos: Die Lebermodelle aus Boğazköy, Studien zu den Boğazköy-Texten Beihefte 5 (Wiesbaden: Har­ras­so­w itz, 2013)“, ZA 105 (2015), S. 121–126 mit weiteren Li­te­ra­turangaben. 93 „Throughout their history, from the eighteenth to the thirteenth centuries, the Hittite of Central Anatolia preserved the memory of these kings. The contexts in which they appear are varied, from historical texts to rituals, and characteristics associated with them are wide-ranging as well“; van de Mieroop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, S. 134. 94 Siehe z. B. Güterbock, „Sargon of Akkad Mentioned by Ḫattušili I of Ḫatti“, S. 1–6; van de Mie­ roop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, S. 134–136. Einige Wis­sen­schaft­ler haben

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sonderen Zuwendung der Göttin Ištar zu Ḫattušili III. könnte daher jener ähnlich sein, die diesem – oder den ḫethitischen Schreibern – über Ištars Protektion Sargons von Ak­ kad bekannt waren. Das könnte erklären, warum Ḫattušili III. ausgerechnet die akkadi­ sche Göttin Ištar anstelle einer anderen ḫethitischen oder mesopotamischen Gottheit als seine Patronin wählte.95 Tatsächlich weist Harry Hoffner vorsichtig darauf hin, dass „es… nicht unmöglich [ist], von einer Tradition königlicher Apologien im ḫethitischen Kö­nig­ reich zu sprechen, oder sogar von einer bestimmten freien literarischen Form.“96 Un­ab­ hän­gig davon, ob es tatsächlich eine direkte Verbindung zwischen den beiden Verweisen auf Ištars Legitimierung Sargons des Großen und Ḫattušilis III. gibt oder nicht, ist dies zu­mindest ein weiteres deutliches Beispiel göttlicher Erwählung, die in der Apologie eines Königs beansprucht wird, der nicht an erster Stelle der Thronfolge stand, wie dies auch bei König Sa­lo­mo der Fall war. 3 Ägypten: Königin Hatschepsut und andere Pharaonen Ein ägyptischer Text berichtet von dem Gott Amon-Re – der als der wahre Vater des Pha­ raos angesehen wurde –, dass er den König aus der Gruppe seiner Brüder erwählte: Dann legten sie die königlichen Brüder nieder vor dem Gott, aber er erwählte kei­­nen von ihnen. Sie legten den königlichen Bruder, den Sohn Amons, geboren von Mut, der He­rrin des Himmels, den Sohn Res, Aselta, der ewig lebte, nieder. Dann sagte dieser Gott Amon-Re, Herr des Throns der beiden Länder [Ober- und Un­ter­ägyp­ an­ge­f ührt, dass es sich bei dem Sargon, auf den sich Ḫattušili I. bezieht, nicht um Sargon von Ak­ kad handle, sondern um Sargon I. von Assyrien im 19. Jh. Van de Mieroop betont jedoch: „[D]as er­scheint jedoch äußerst unwahrscheinlich, da es, abgesehen von Šamši-adad I., kaum Beweise für Kriegs­züge der Altbabylonier gibt, und spätere ḫethitische Überlieferungen zeigen, dass Sargon von Ak­kad dort sehr bekannt war“ („[T]his seems highly unlikely, as there is barely evidence of Old Assyrian military campaigning, except for Šamši-adad I, and as later Hittite traditions clearly show that Sargon of Agade was well-known there“; ebd., S. 136 und weitere Li­te­ra­turhinweise dort). 95 Zum ḫethitischen Pantheon siehe z. B. E . Laroche, „The Pantheon of Asia Minor: The Organiza­tion of the Hittite Gods“, in Y. Bonnefoy (Hg.), Mythologies I (Chicago: University of Chicago Press, 1991), S. 218–222; I. Singer, „‚The Thousand Gods of Ḫatti‘: The Limits of an Expanding Pan­ theon“, Is­rael Oriental Studies 14 (1994), S. 81–102; D. Schwemer, „Das hethitische Reichspan­theon: Über­le­g un­gen zu Struktur und Genese“, in R. G. Kratz und H. Spieckermann (Hgg.), Götterbilder – Got­­tes­bil­der – Weltbilder, Polytheismus und Monotheismus in der Welt der Antike, Forschun­gen zum Al­­ten Tes­ta­ment 2/17 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2006), S. 241–265; B. J. Collins, The Hittites and Their World, Ar­chae­ol­ogy and Biblical Studies 7 (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 2007), S. 157–195. 96 „[I]t is not impossible to speak of a tradition of royal apologies in the Ḫittite kingdom, or even of certain loose literary form“; H. A . Hoffner, „Propaganda and Political Justification in Hittite His­ to­riog­ra­phy“, in H. Goedicke und J. J. M. Roberts (Hgg.), Unity and Diversity: Essays in the His­to­ry, Li­te­ra­ture, and Religion of the Ancient Near East (Baltimore: John Hopkins University Press, 1975), S. 49–62, insb. 50. Hoffner unterscheidet Apologien im Sinne von „Verteidigung von Usur­pa­tio­ nen“ („defenses of usurpations“) von „andere[n] Verteidigungen, die von ḫethitischen Königen vor­ ge­bracht wurden“ („other defenses made by Ḫittite kings“) und liefert einige Beispiele der zweiten Ka­tegorie. Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 119–120, weist Hoffners Ansatz in die­sem Punkt zurück, lässt jedoch die Parallelen mit den Sargon-Legenden außer Acht.

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Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext ten]: „Er ist es, der euer König und euer Herr ist. Er ist es, der euch bele­ben wird… Er ist es, der euer Herr ist.“97

Dieser Vorgang erinnert an bi­bli­sche Ge­schich­ten von Königen, die aus der Gruppe ihrer Brüder erwählt wurden, wie zum Beispiel David (1. Sam 16,1–13) und Sa­lo­mo ge­mäß der Dar­stel­lung des Chro­nisten in 1. Chr 28,5. Aus dem ägyptischen Text geht nicht ei­n­deu­tig hervor, ob der Erwählte ursprünglich ein legitimer Thronfolger war oder nicht. Nichts­ destotrotz gab es einige Fälle von unkonventioneller Thronfolge in der ägyp­ti­schen Ge­ schich­te, darunter die ersten drei Könige der Fünften Dynastie sowie einige Herr­scher des Neuen Reichs (18.–20. Dynastie): Königin Hatschepsut (1479–1458 v. u. Z .) und Ameno­ phis III. (1391–1353 oder 1388–1351 v. u. Z .) aus der 18. Dynastie, Ram­ses II. (1279–1213 v. u. Z .) aus der 19. Dynastie und, deutlich später, Alexander der Große von Make­donien (336–323 v. u. Z .) – keiner von ihnen galt bei der Geburt als Thronerbe. Die Le­gi­timität ihres Anspruchs auf den ägyptischen Thron war also von Beginn an zweifelhaft.98 So regierte beispielsweise Hatschepsut als weiblicher Pharao etwa 22 Jah­re de facto in Ägypten, obwohl eigentlich Thutmosis (Thutmose) III. an erster Stel­le der Thron­folge stand (18. Dynastie; 1479–1425 v. u. Z.; das schließt die ca. 22 Jahre mit ein, in denen er Kö­ nigin Hatschepsuts Ko-Regent war). Sie war dieje­ni­ge, die tat­säch­lich die Macht ausübte, und Thutmosis III. war lediglich eine Re­prä­sent­a­­tions­f i­g ur,99 nicht mehr als ein nomi­nel­ ler Ko-Regent. Um Ineny von Theben zu zi­tie­ren: „Hat­schep­sut regiert(e) das Land, die 97 „Then they placed the royal brethren in the presence of this god, but he did not take one of them. There was placed a second time the royal brother, the son of Amon, born of Mut, the Lady of heaven, the Son of Re, [Aspalta], living forever. Then this god, Amon-Re, Lord of the Thrones of the Two Lands [Upper and Lower Egypt], resident in Gebel Barkal, said: ‚He is the king, your lord. It is he who will vivify you… He is your lord‘“; R. K . Ritner, The Libyan Anarchy: Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period, Writings from the Ancient World 21 (Atlanta, GA: Society of Biblical Li­te­ra­­ture, 2009), S. 451 (Altägyptisch), 454 (Englisch); vgl. den ähnlichen Text in H. Schä­ fer (Hg.), Ur­­kunden der älteren Äthiopenkönige. Zweites Heft, Urkunden des aegyptischen Al­ter­ tums, Dritte Ab­teilung, Heft 2 (Leipzig: J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, 1908), S. 94–95. 98 Siehe K. Sethe, „Altes und Neues zur Ge­schich­te der Thronstreitigkeiten unter den Nach­fol­­gern Thutmosisʼ I.“, ZÄS 36 (1898), S. 24–81, insb. 63–68 („VII. Makere’s Berufung zur Kö­nigs­w ür­­de“); ders., Das Hatschepsut-Problem noch einmal untersucht (Berlin: Verlag der Akademie der Wis­sen­ schaft, 1932); W. F. Edgerton, The Thutmosid Succession, Studies in Ancient Oriental Civiliza­­tion 8 (Chicago: University of Chicago Press, 1933), S. 31; S. Schott, „Zum Krönungstag der Köni­g in Hat­ schep­sût“, in Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen: Philologisch-His­to­ris­ che Klasse Nr. 6 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1955), S. 195–219; W. C. Hayes, „Egypt: In­ternal Affairs from Thutmose I to the Death of Amenophis III“, in L. E. S. Edwards (Hg.), The Cam­bridge Ancient His­to­ry, 3. Aufl. (Cambridge: Cambridge University Press, 1973), Bd. 2, Teil 1, S. 313–416, insb. 317–319; H. Brunner, Die Geburt des Gottkönigs: Studien Zur Über­lie­ferung eines altägyptischen Mythos, 2. Aufl., Ägyptologische Abhandlungen 10 (Wiesbaden: O. Har­rassowitz, 1986), S. 195, Anm. 1; E. Hornung, „The Pharaoh“, in S. Donadoni (Hg.), The Egyp­tians (Chicago: University of Chicago Press, 1997), S. 283–314, insb. 296–297. 99 Siehe J. H. Breasted, Ancient Records of Egypt (Chicago: University of Chicago Press, 1906; Neu­ druck: Urbana and Chicago: University of Illinois Press, 2001), Bd. 2: The Eighteenth Dynasty, § 340 (S. 142), und siehe auch § 341 (S. 142–143).

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beiden Länder sind (bzw. waren) auf ihren Plä­nen, man dient(e) ihr“.100 Wie in ihren In­ schriften dargestellt, versuchte Hatschep­sut wie­der­holt, ihre Herr­schaft auf verschiedene Arten zu legitimieren. Sie behauptete, ihr ir­discher Vater, Thut­mosis I., habe sie als sei­ne Erbin erwählt, weil sie die Tochter sei­ner Haupt­frau, Ahmes, war und als solche den Vor­ zug verdient habe gegenüber seinem En­kel Thut­mosis III., dem Sohn einer Nebenfrau Thutmosis’ II. Wie jedoch Kurt Sethe gezeigt hat, ist Hatschepsuts Behauptung historisch unwahr, dass sie von ihrem Vater gekrönt wor­den sei. Thutmosis I. hatte zahlreiche Söhne. Einer von ihnen, Thutmosis II. – und nicht seine Tochter Hatschepsut –, folgte ihm auf den Thron.101 Ein anderer Versuch Hatschepsuts, ihre Regentschaft zu legitimieren, ist von beson­de­ rem Interesse für diese Untersuchung: ihre Behauptung, die Tochter des Gottes Amuns (Amons/ Amens)102 zu sein und diejenige, die von Amun geliebt wird. Das bedeutet, sie wur­de zwar von einer irdischen Königin geboren, jedoch von einem göttlichen Vater gezeugt.103 Eine Inschrift berichtet, wie der Gott Chnum die Anweisungen wiederholt, die er von Amun im Hinblick auf Hatschepsut erhalten hat. Diese lauten – nun in der 1. Per­ son formuliert – folgendermaßen: Ich gebe dir [i. e. Hatschepsut], zu sein an der Spitze der Kas aller Lebenden, indem du erscheinst als König von Ober- und Unterägypten, wie dein Vater Amun-Re, der dich liebt, befohlen hat.104

Eine andere Inschrift lautet: Amuns Makere [i. e. Hatschepsut], die er [i. e. Amun] liebt, die auf seinem Thron ist, für die er blühen ließ das Erbe der Beiden Länder, das Königreich des Südens und Nordens.105

100 Siehe Hayes, “Egypt: Internal Affairs from Thutmose I to the Death of Amenophis III,” S. 317 und dem dortigen literarischen Bezug. 101 Siehe Sethe, „Altes und Neues zur Ge­schich­te der Thronstreitigkeiten unter den Nachfolgern Thut­mo­sis’ I.“, S. 63–68; ders., Das Hatschepsut-Problem, S. 18–28. 102 Vgl. die bi­bli­sche Parallele in Ps 2,7, wo über den König gesagt wird: ‫ אני היום‬/ ‫יהוה אמר אלי בני אתה‬ ‫„( ילדתך‬Der Herr sprach zu mir: ‚Mein Sohn bist du/ ich habe dich heute gezeugt‘“). 103 „Dieser Mythos ist in ihrem Tempel in Deir al-Bahri in einer detaillierten Folge von 17 Bildern doku­ men­tiert, die beschreiben, wie Amun zur Königin kommt, wie der Gott Chnum das Kind formt, wie das Kind geboren wird und seinen Namen erhält, in die Obhut göttlicher Ammen kommt und wie Amun sie schließ­lich feierlich erkennt. Ein zweiter, vollständiger Zyklus, von Amenophis III., ist im Tempel von Luxor erhalten“ („This myth is documented in a detailed sequence of seventeen pictures in her temple at Deir al-Bahri, which describes Amun’s encounter with the queen, the god Khnum forming the child, the birth, her naming, the child in the care of divine nurses, and, finally, her solemn recognition by Amun. A second complete cycle is preserved in the temple of Luxor by Amenophis III.“; siehe Hornung, „The Pha­­raoh“, S. 296–297; Hervorhebung I. K.). 104 Vgl. Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 82 (§ 203). 105 Vgl. Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 116 (§ 285).

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Salomo als Gottes geliebter König im biblischen und altorientalischen Kontext

Weiter ist zu lesen: Aus­spruch von Amun-Re, dem Herrn von Theben: „Willkommen! Meine süße Toch­­­­ter, mein Geliebter, der König von Ober- und Unterägypten, Makere (Hat­schep­­ sut), die meine schönen Monumente macht, die den Sitz der großen Enneade der Göt­­­ter als mein Zuhause reinigt, als ein Denkmal ihrer Liebe.“106

Dieses Thema wird auch in der Inschrift auf der Basis des Obelisken wiederholt: „Hat­ schepsut-chenemet-Amun [i. e. „vereint mit Amun/ die Amun um­armt“], Geliebte von Amun-Re, König der Götter, die ewiges Leben bekam wie Re.“107 An Hat­schepsuts Obe­ lisk, in Amons Tempel bei Karnak, steht an der Südseite der Schacht­in­schrift geschrieben: „Hat­schepsut-chenemet-Amun, die ewig lebt, Tochter des Amun-Re, seine Geliebte, die Ein­zige, die aus ihm entstanden ist, die Amun selbst auf dem Thron des süd­lichen On er­schei­nen ließ; die er als Beschützerin Ägyptens erwählte“.108 Dann folgt ein Abschnitt, als „Re­de der Königin“ bezeichnet, in der Königin Hatschepsut er­k lärt: „Ich schwöre, so wahr ich die Geliebte des Re bin; so wahr Amun, mein Vater, mich be­günstigt; so wahr meine Na­sen­löcher erfrischt werden mit Leben und Herrschaft; so wahr ich die weiße Krone trage; so wahr ich mit der roten Krone erscheine“.109 Tatsächlich kam bereits James H. Breasted zu dem Schluss, dass ab der Vierten Dynastie jeder ägyptische König den Titel „Sohn des Re“, des Son­ nen­gottes, tragen konnte. Es ist daher kein Zufall, dass das interessante Volks­mär­ chen, das im Papyrus Westcar110 erhalten ist, erzählt, die drei Kinder der Ehe­frau ­eines Priesters, die sie von Re empfangen hatte und die unter erstaunli­chen Wun­­dern geb­oren wurden, seien die ersten drei Könige der Fünften Dynastie geworden… aber wörtlich genommen deutete der Titel an, dass der König unmittelbar und phy­sisch der Nachkomme des Gottes und einer sterblichen Mutter war. Es ist wahr­schein­lich, dass zunächst nur Könige auf dieser Interpretation bestanden, deren An­sprü­che auf den 106 Vgl. Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 116–117 (§ 286). Es ist bemerkenswert, dass Hatschepsut ver­suchte, ihre Regentschaft zusätzlich „durch eine Orakelzeremonie [zu legitimie­ ren], während der der Gott Amun seine Entscheidung verkündete, dass Hatschepsut König wer­ den sollte. Szenen zeigen ihn, wie er Hatschepsut, die vor ihm kniet, krönt und ihr so die Kö­ nigs­w ürde verleiht“ („through an oracle ceremony during which the god Amun proclaimed his decision that Hatshepsut was to become king. Scenes show him crowning Hatshepsut, who is kneeling before him, and thereby bestowing the king­ship on her“; siehe Hornung, „The Pharaoh“, S. 297). Ähnliche Behauptungen, dass ein Orakel die Herr­schaft eines Königs legitimiert habe, sind auch von David (1. Sam 16,1–13) und – nach der Dar­stel­lung des Chro­nisten – von Sa­lo­mo (1. Chr 22,9; 28,5) bekannt; zu Letzterem siehe Kapitel VII, § IV, 1. 107 Vgl. M. Lichtheim, Ancient Egyptian Li­te­ra­ture: A Book of Readings (Berkeley: University of California Press, 1976), Bd. 2, S. 25–29, insb. 25–26. Zu verschiedenen Inschriften Hatschepsuts siehe auch M. Dessoudeix, Lettres égyptiennes II: L’apogée du Nouvel Empire – Hatshepsout, Thoutmosis III, Amen­hotep II et Thoutmosis IV (Paris: Actes Sud, 2012), S. 129–156. 108 Vgl. Lichtheim, Ancient Egyptian Li­te­ra­ture, Bd. 2, S. 26. 109 Vgl. ebd., S. 27–28, insb. 28. 110 Papyrus Westcar ist ca. 700 bis 1000 Jahre später datiert als die Geburt der drei Könige, von der er berichtet; siehe Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 76, Anm. b (§ 187).

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Thron über ihre sterblichen Eltern zweifelhaft waren… Später be­hauptete jeder König, dass Amun (der Nachfolger von Re) sein physischer Vater sei (Her­vor­hebung I. K.).111

Breasted verweist auch auf das bekannteste Beispiel aus späterer Zeit: „Alexander der Große, der zur Oase des Amun reiste, um als Sohn des Gottes anerkannt zu werden, han­ del­te also lediglich in Übereinstimmung mit einer staatlichen Fiktion, die auf die Fünfte Dy­nas­tie zurückging. So wurde er auf die einzig mögliche Weise König von Ägypten.“112 4 Persien: Xerxes I. Xerxes I. (der Große) von Persien (486/5–465 v. u. Z.) war nicht der älteste Sohn Da­ riusʼ I. Er war der erstgeborene der vier Söhne von Darius’ Ehefrau Atossa, der Toch­ter Ky­ros’ des Großen. Allerdings hatte Darius bereits andere Söhne von einer früheren Ehe­ frau. Trotzdem lehnte Darius seinen älteren Sohn Artobazenes, den Sohn seiner frühe­ren Ehe­frau, als Thronfolger ab und wählte stattdessen Xerxes aufgrund des großen Ein­­flus­ ses, den Atossa auf ihn hatte und wegen ihrer besonderen Stellung am achämenidi­schen Kö­nigs­hof.113 Herodot berichtet wie folgt: Nun hatte Dareios aus der Zeit vor seiner Thronbesteigung drei Söhne…, und während seiner Regierung hatte ihm Atossa, die Tochter des Kyros, noch vier Söhne ge­ bo­ren. Der älteste der früheren Söhne hieß Artobazanes, der älteste der nachgeborenen hieß Xerxes. Als Söhne verschiedener Mütter machten sie beide Ansprüche auf die Königswürde, Artobazanes als der älteste aller Söhne, weil bei allen Völkern die Herrschaft an den ältesten zu kommen pflegt, Xerxes als Sohn der Tochter des Kyros, weil Kyros den Persern die Freiheit gebracht hätte (Historia 7,2).114

Auf den Rat des Demaratus von Sparta hin brachte Xerxes einen weiteren Einwand vor und sagte, „daß er der Sohn des wirklichen Königs und Herren der Perser sei, während 111 „[B]eginning with the Fourth Dynasty, every Egyptian king might bear the title, ‘Son of Re’, the sun-god. It is not an accident therefore, that the interesting folk-tale preserved to us in the Papyrus Westcar narrates that the three children of a priest’s wife, begotten by Re, and born among astonishing prodigies, became the first three kings of the Fifth Dynasty… but in its strictest sense the title indicated that the king was immediately and physically the offspring of the god and a mortal mother. It is probable that this interpretation was pressed at first only by kings whose claims to the throne through their mortal parents were questionable… Later every king claimed Amon (successor of Re) as his physical father“; Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 75–76 (§ 187), S. 77 (§ 189). 112 „Alexander the Great, who journeyed to the Oasis of Amon that he might be recognized as the god’s son, was therefore merely acting in harmony with a state fiction as old as the Fifth Dynasty. He thus became the legitimate king of Egypt by the only possible means“; Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, S. 77 (§ 189). Zu der abweichenden Dar­stel­lung, dass Alexander von dem Propheten Amuns als „Sohn Got­tes“ angesprochen wurde, siehe Plutarch, Alexander 27. 113 Vgl. R. Schmitt, „Atossa“, Encyclopaedia Iranica (New York: Encyclopaedia Iranica Foundation, 1989), Bd. 3, S. 13–14 (online: http://www.iranicaonline.org/articles/atossa-achaemenid-queen, Update am 17. August 2011; aufgerufen am 21. Mai 2019). 114 Die deutschen Herodot-Zitate stammen aus A. Horneffer (Übers.), Herodot, Historien; neu herausgegeben und erläutert von H. W. Haussig; Kröners Taschenausgabe 224 (Stuttgart: A. Kröner, 1955), S. 435, 436.

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Artobazanes nur der Sohn des Untertanen Dareios sei… Dareios, der diesen Grund als richtig erkannte, ernannte ihn zum König. Freilich glaube ich,“, schreibt Herodot, „daß Xerxes auch ohne jenen Rat König geworden wäre, denn Atossa setzte alles durch, was sie wollte“ (Historia 7,2–3). Dementsprechend versucht Xerxes in seiner Inschrift, seine Thronbesteigung zu legitimieren, indem er angibt, dies sei der Wille Ahuramazdās gewesen: „Es kündet Xerxes, der König: Dareios hatte auch andere Söhne; (aber) Ahuramazdā war es so der Wunsch: … Als mein Vater Dareios sich zu seinem Platz (im Jenseits) begeben hatte, nach dem Wil­ len Ahuramazdās bin ich König geworden anstelle meines Vaters.“115 Auch in diesem Fall wer­den weder die Liebe der Gottheit noch ein neuer Name explizit genannt, aber wie an­dere Usurpatoren des Alten Orients beansprucht Xerxes eine göttliche Vorliebe seiner Schutzgottheit. Wie Ḫattušili als das vierte Kind seines Vaters – allerdings als drit­ter Sohn – bezeichnet wird, so wird Xerxes der vierte Sohn seines Vaters genannt. In ähn­ li­cher Weise wurde gemäß der Thronfolgeerzählung Sa­lo­mo König – nachdem Davids ältere Söhne Amnon (2. Samuel 13), Absalom (2. Samuel 14–18) und Adonia (1. Könige 1–2) zurückgewiesen worden waren – ebenso als vierter Sohn.116 Herodots Verweis auf die drei älteren Brüder des Xerxes ist jedoch wahrscheinlich nur ein Zufall und nicht die Auf­nahme eines bekannten Tropus. V Das Konzept göttlicher Liebe in 2. Samuel 12 und in der altorientalischen Li­te­ra­tur Land und Bevölkerung des antiken Israel hatten verschiedene kulturelle, ökonomi­sche und politische Kontakte mit Mesopotamien, dem Land Ḫatti und Ägypten. Daher könnte sich die Vorstellung einer besonderen Zuneigung Gottes zu Sa­lo­mo (2. Sam 12,24d–25) zwar unabhängig entwickelt haben, sie könnte aber auch – auf die eine oder andere Wei­ se – von mehreren oder allen der zuvor beschriebenen Kulturen beeinflusst worden sein. Die kulturellen Interaktionen zwischen Israel und Mesopotamien einerseits sowie zwischen Israel und Ägypten andererseits sind besonders bemerkenswert. Ägypten und die Ägypter werden in der Hebräischen Bibel häufiger erwähnt als jedes andere Land und seine Bevölkerung. Es gibt unzählige Belege für die literarischen und kulturellen Verbindungen zwischen Ägypten und Israel.117 Vor allem im Fall Sa­lo­mos bekräftigen die bi­bli­­sc­hen Texte, dass er eine ägyptische Prinzessin geheiratet (1. Kön 3,1; 9,16) und Handel mit den Ägyptern getrieben habe (1. Kön 10,28–29). Die Er­zäh­lungen bzw. Legenden von Sar­ gon und von seinem Enkel Narām-Sîn waren auch jenseits der Grenzen Mesopotamiens bekannt, beispielsweise in Ḫatti.118 Sie wurden auch in hurritischen rituellen Texten119 er115 Siehe Schmitt, Die altpersischen Inschriften der Achaimeniden, S. 162 (XPf, § 4, Zeilen A-K). 116 Zu dem Zahlenmuster „drei-vier“ und seiner Anwendung auf den Fall Sa­lo­mos siehe Kapitel VII, § I I und Kapitel X, § I II. Die Übersetzung ins Englische geht auf mich zurück. 117 Siehe ausführlich I. Kalimi, Review von Rivka Ulmer, „Egyptian Cultural Icons in Midrash“, JNES 71 (2012), S. 351–354. 118 Siehe § I V, B, 2 und die Li­te­ra­turverweise in den Anmerkungen 93-94. 119 Siehe van de Mieroop, „Sargon of Akkad and His Successors in Anatolia“, S. 140–141.

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wähnt, und Sargons Epos wurde im Archiv von Tel el-Amarna in Ägypten gefunden.120 Darüber hinaus sind die kulturellen Kontakte zwischen der mesopotamischen Welt und dem Land und der Bevölkerung Israels eine anerkannte Tatsache, die eine große Anzahl von Texten aus beinahe jedem Genre der bi­bli­schen Li­te­ra­tur bezeugt.121 Auch archäologische Funde, wie beispielsweise ein Fragment des Gilgamesch-Epos, das in Megiddo gefunden wurde,122 und ein Stelenfragment Sargons II. aus Aschdod123 spiegeln diese Kontakte wider. Obwohl die Möglichkeit einer Weitergabe verschiedener Traditionen an das bi­bli­sche Israel durchaus gegeben ist, gerät man in Schwierigkeiten, wenn man versucht, Vorgänge dieser Art bestimmten Momenten der Ge­schich­te Israels zuzuordnen. So ist beispielsweise die Stele Sargons II. offensichtlich deutlich später als die Sa­lo­ monische Zeit zu datieren; das Gilgamesch-Fragment stammt aus dem 14. Jh. v. u. Z. und ist daher vorisraelitisch. Keiner der beiden Funde liefert einen direkten Beweis dafür, dass die Sargon-Traditionen im Israel der frühen Königszeit bekannt waren. Darüber hinaus waren die mesopotamischen Reiche nach heutigem Wissensstand in der Zeit Sa­lo­mos in der Levante nicht aktiv. Die neuassyrische und die neubabylonische Oberherrschaft über das Land Israel im Allgemeinen und über die Königreiche Israel und Juda im Besonderen hatten mit Sicherheit zwischen dem 9. und dem 6. Jh. v. u. Z. einen großen Einfluss auf die israelitische Li­te­ra­tur und Vorstellungswelt, wie verschiedene akkadische und bi­bli­ sche Quellen aus der Zeit des Ersten Tempels belegen.124 Im folgenden sollen lediglich zwei Tra­ditionen genannt werden, die von besonderer Bedeutung für unsere Diskussion sind: (a) Die Völkertafel berichtet von der Erbauung der Stadt Akkad durch Nimrod (Gen 10,8–10), der entweder mit Sargon von Akkad oder seinem Enkel Narām-Sîn oder mit dem späteren assyrischen König Tukulti-Ninurta I. (1243–1207 v. u. Z.) identifiziert werden kann.125 (b) Auch wenn der Name „Mose“ wahrscheinlich die Abkürzung eines 120 Siehe Albright, „The Epic of the King of Battle: Sargon of Akkad in Cappadocia“, S. 1–20; J. G. Westenholz, Legends of the Kings of Akkade: The Texts, S. 102–139. 121 Siehe z. B. W. W. Hallo, B. W. Jones und G. L . Mattingly (Hgg.), The Bible in the Light of Cuneiform Li­te­ra­ture, Ancient Near Eastern Texts and Studies 8 (Lewiston, NY: E. Mellen, 1990). 122 A. Goetze und S. Levy, „Fragment of Gilgamesh Epic from Megiddo“, Atiqot 2 (1959), S. 121–128. 123 Siehe H. Tadmor, „Fragments of an Assyrian Stela of Sargon II“, in M. Cogan (Hg.), „With My Many Chariots I Have Gone up the Heights of Mountains“: Historical and Literary Studies on Ancient Mesopo­ta­mia and Israel (Jerusalem: Israel Exploration Society, 2011), S. 495–504. 124 Ein Beispiel von vielen sind die Flüche, die in Deuteronomium 28 aufgelistet sind und die Ähnlichkei­ten mit Flüchen aus den „Vasallenverträgen Asarhaddons“ aufweisen, die König Asarhaddon von Assy­rien mit seinen Vasallen schloss und die seine Nachfolge durch seinen Sohn Aššurbanipal regelten; siehe S. Parpola und K. Watanabe (Hgg.), Neo-Assyrian Treaties and Loyalty Oaths, State Archives of Assyria 2 (Helsinki: Helsinki University Press, 1988). 125 Zur Identifikation von Nimrod und Akkad in Gen 10,8–10 mit Sargon selbst oder seinem Enkel Na­rām-Sîn und Agade siehe z. B. Y. Levin, „Nimrod the Mighty, King of Kish, King of Sumer and Akkad“, VT 52 (2002), S. 350–366. Siehe auch Micha 5,5, wo ‫ ארץ נמרוד‬parallel zu ‫ ארץ אשור‬genannt wird. Ob­wohl Nimrod an dieser Stelle jedoch nicht als ein Gott, sondern vielmehr als ein mächtiger menschlicher Jä­ger be­schrieben wird, gibt es einige Forscher, die ihn mit dem akkadischen Kriegsgott Ninurta identifizie­ren und die große Macht Nimrods als mesopotamischen König unterstreichen; siehe van der Kooij, „‚Nim­rod, A Mighty Hunter before the Lord!‘“, S. 2–8. Andere Wis­sen­schaft­ler sind jedoch der Mei­nung, dass der bi­bli­sche Nimrod wohl eher eine Erinnerung

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ägyp­tischen theophoren Namens (mes bedeutet „Kind“) ist,126 stellt die Er­zäh­lung von sei­ner Rettung aus dem Körbchen, das im Nil schwamm (Ex 2,1–10), doch eine enge Pa­ ral­lele zu der Rettung Sargons von Akkad aus einem auf dem Euphrat dahintreibenden Körbchen dar, wie sie in der Geburtslegende Sargons aus der Zeit Sargons II. (letztes Vier­ tel des 8. Jh. v. u. Z.; siehe § IV, B, 1) beschrieben wird.127 Nun ist der bi­bli­sche Name Jedidja politisch – oder typologisch, jedoch nicht lexi­ka­ lisch – gleichbedeutend mit dem Namen Šarru-kīn, und die bi­bli­sche Phrase „der Herr liebte ihn“ ist äquivalent zu „Ischtar liebte mich.“ Auch wenn diese Beispiele von ver­ schied­enen Orten und aus verschiedenen Zeiten stammen, so ist ihre Intention doch ein und dieselbe, nämlich dass ein Usurpator auf religiöser Ebene legitimiert werden soll, sei dies Sargon von Akkad, Sargon II. von Aššur oder Sa­lo­mo. Möglicherweise waren die Le­ gen­den von Sargon und Narām-Sîn im Alten Israel ebenso bekannt wie im Land Ḫatti. Da­her kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Ver­fas­ser von 2. Sam 12,24d–25 die Ge­burtslegende Sargons kannte und den Satz „Ischtar liebte mich“ als Vorbild für seine Be­merkung über Sa­lo­mo, dass „der Herr ihn liebte“ nutzte, während er Letzterem den Na­men Jedidja als politisches Äquivalent zu dem Namen Šarru-kīn zuschrieb. Es sollte jedoch anerkannt werden, dass Šarru-kīn der einzige Name ist, der für Sar­ gon – für beide Herr­scher dieses Namens – belegt ist, während der Name Jedidja in der Ge­­schichts­­schrei­bung des Alten Israel im Allgemeinen nicht verwendet wurde. Beide Ge­­schichts­­werke, sowohl das frühe (Deu­te­ro­no­mis­tische), als auch das späte (Chro­nis­ ti­sche), verwendeten systematisch den Geburtsnamen Sa­lo­mo und nicht den Namen Je­ di­dja.128 Es bleibt daher unsicher, wann und wie häufig dieser Name tatsächlich für Sa­ lo­mo verwendet wurde. Dennoch sollten die politischen und religiösen Konnotationen des Namens klar sein: Er legitimiert den zukünftigen König Sa­lo­mo in derselben Weise, wie ähn­liche Namen und Ansprüche auf die besondere Liebe einer Gottheit an­dere an Tukulti-Ninurta darstelle, siehe E. A. Spei­ser, „In Search of Nimrod“, Eretz-Israel 5 (Benjamin Mazar Volume, 1958), S. 32*–36*; K. van der Toorn und P. W. van der Horst, „Nimrod Before and After the Bible“, HTR 83 (1990), S. 1–29, insb. 7. 126 Siehe J. G. Griffiths, „The Egyptian Derivation of the Name Moses“, JNES 12 (1953), S. 225–231, insb. 231 und dort Verweise auf frühere Li­te­ra­tur; C. Houtman, Exodus, übersetzt von J. Rebel und S. Woudstra; Historical Commentary on the Old Testament (Kampen: Kok, 1993), Bd. 1, S. 83–86, insb. 83–84. Dort findet sich auch ein Überblick über die Ge­schich­te der Interpretation dieses Tex­tes, u. a. durch Philon und Josephus, die die griechische Version des Namens auf der Grundlage der zeitgenössischen ägyptischen Sprache erklärten. In der bi­bli­schen Er­zäh­lung wird der Name gemäß einer volkstümlichen Etymologie aus der Midraschliteratur erklärt, die mit dem Klang der Wörter ‫ משה‬und ‫ משיתהו‬spielt: „Und sie nannte ihn Mose (‫)משה‬, und sie sagte: Ich habe ihn ja aus dem Wasser gezo­gen (‫( “)משיתהו‬Ex 2,10); diese Worte werden der Tochter des Pharao in den Mund gelegt, als ob sie die he­bräi­sche Sprache kennen würde. 127 Die hypothetische Möglichkeit, dass beiden Er­zäh­lungen ein folkloristisches Thema oder Mär­­ chen­­mo­tiv gemeinsam war, kann allerdings nicht völlig ausgeschlossen werden; siehe H. Greß­ mann, Moses und sei­ne Zeit: Ein Kommentar zu den Mose-Sagen (Göttingen: Vandenhoeck & Ru­ precht, 1913), S. 1–16. 128 Es gibt jedoch eine Anspielung auf den Namen Jedidja im Buch Nehemia. Dazu und zu dem völ­li­ gen Feh­len von „Jedidja“ in den Chro­nikbüchern siehe Kapitel VII, § IV, 2. Zu weiteren Ähn­lich­ kei­ten zwischen der Sargon-Legende und der Sa­lo­mo-Er­zäh­lung siehe oben, § IV, B, 1 (a).

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Usur­pa­to­ren des Alten Orients legitimierten. Dennoch gibt es im Fall Sa­lo­mos etwas ein­ zigartiges: Während sich zwar im gesamten Alten Orient Usurpatoren finden, die für sich in Anspruch nehmen, von einer Gottheit besonders geliebt zu sein, haben diese Kö­ni­ge teil­we­ise auch neue königliche Namen angenommen. In keiner der erhaltenen Paralle­­len wer­den diese beiden Motive jedoch kombiniert. Nur in 2. Samuel 12,24d–25 wird der neue Name selbst durch die Gottheit verliehen und unmittelbar als ein Ausdruck göttlicher Liebe beschrieben: Sa­lo­mo wird von beiden durch den Herrn geliebt und bevorzugt, gleichzeitig ist ihm vom Herrn ein neuer Name gegeben, der sich auf diese Liebe bezieht. VI Zusammenfassung Die Er­zäh­lung von der Geburt Sa­lo­mos (2. Sam 12,24–25) ist einzigartig in der Ge­ schichts­­schrei­bung des Alten Israel über die Königszeit. Obwohl der Geburtsname des neu­ge­­bo­­renen Kindes Sa­lo­mo war, erhielt er von dem göttlichen Boten Nathan einen wei­te­­ren Namen: Jedidja, wodurch betont wird, dass „der Herr ihn liebte“. Der Zweck und die Be­deu­tung dieses Namens und der Phrase sollten vor dem Hintergrund drei sich er­gän­zender Zu­sammenhänge verstanden werden: erstens in ihrem unmittelbaren Text­ zu­­sam­men­hang (2. Samuel 10–12); zweitens im weiteren Kontext der Er­zäh­lung über Sa­lo­­mos Auf­stieg an die Macht (1. Könige 1–2); und drittens im Zusammenhang der Pa­ ral­le­len in ver­gleichbaren altorientalischen Texten, die davon berichten, wie Usurpatoren und Könige, die eigentlich nicht thronfolgeberechtigt waren, den Thron für sich beanspruchten. Letz­tere versuchten, ihre Königsherrschaft zu legitimieren, indem sie sich selbst als Geliebte oder Erwählte bestimmter Schutzgottheiten präsentierten, teilweise in Ver­bindung damit, dass sie einen neuen Thronnamen annahmen, der ihren Status besonderer Nähe zu einem oder mehreren Göttern widerspiegelte. Dieses historische und literarische Phänomen zeigt sich eindeutig in mesopotamischen, anatolischen, ägyptischen und persischen Schriften verschiedener Epochen. Es erscheint in sumerischen, altba­by­lo­ ni­schen und neuassyrischen Quellen (über Sargon den Großen von Akkad und Sargon II. von Assyrien); in ḫethitischen Texten (über Ḫattušili III.); in ägyptischen Schriften (über Hat­schepsut und einige andere Pharaonen); und in gewissem Ausmaß auch in Texten über Xerxes I. von Persien, auch wenn dieser weder einen neuen Namen noch göttliche Liebe für sich in Anspruch nimmt. Diese vergleichende historische Diskussion zeigt, dass Usurpatoren im Alten Israel und in den Nachbarkulturen – sowohl den semitischen als auch den nichtsemitischen – eine Le­gitimierung ihrer Herrschaft durch Götter ins Feld führten. Im Gegensatz zu Knapps An­sicht, dass die Ähnlichkeiten zwischen diesen Apologien aus verschiedenen alt­orien­ ta­lischen Kulturen ähnliche Ausgangssituationen widerspiegelten und kein Hinweis auf ein gemeinsames literarisches Erbe seien,129 ist es wohl wahrscheinlicher, dass es tatsäch­ 129 Siehe Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 45–46: „Ich vertrete die Auffassung, dass die Wie­derholung dieser Motive nicht das Werk späterer Autoren war, die bewusst auf frühere Apologien zurückgriffen; es ist unwahrscheinlich, dass der Inhalt der meisten Apologien auch außerhalb der Kulturen, in denen sie entstanden waren, verbreitet war… Diese Motive sind also nicht exklusiv einer bestimmten Kultur des Alten Orients vorbehalten; sie entstanden aus den kulturellen und ideologischen Ähnlichkeiten zwischen diesen Gesellschaften“ („I contend that the

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lich eine Tradition dieser königlichen Apologien mit gemeinsamen Kernmerkmalen gab, die altorientalischen Kulturen gemeinsam war. Das zeigt sich besonders deutlich in den Fäl­len von Sargon dem Großen und Ḫattušili III., die beide betonen, dass sie unter dem Schutz der Ištar stehen, obwohl Ištar ursprünglich keine gebürtige ḫethitische Gott­­heit war. Dass Traditionen über Sargon den Großen im Land Ḫatti weit verbreitet waren, un­ ter­stützt die Schlussfolgerung, dass die Bezüge bewusst hergestellt wurden, und zeigt eine grobe Parallele zu dem ähnlichen Motiv in 2. Sam 12,24d–25. Das spricht ge­­gen Knapps Schlussfolgerung, dass die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge im Alten Orient un­ge­wöhnlich gewesen sei, weil sie zwar Sa­lo­mos Handlungen rechtfertige, seine Thron­ be­stei­g ung selbst aber nicht legitimiere.130 Vor dem Hintergrund dieser altorientalischen Parallelen sollten die Er­zäh­lung von Sa­lo­­mos Ge­burt, die Verleihung seines zweiten Namens – Jedidja – und auch die Be­mer­­ kung, er sei von Gott geliebt worden, in 2. Sam 12,24d–25 in enger Verbindung zu Sa­lo­ mos Thron­besteigung in 1. Könige 1–2 gesehen werden. Tatsächlich fungiert die frühe­re Er­zäh­lung in Samuel als Hintergrund, Legitimierung und Rechtfertigung für die letz­ tere, und beide stammen vermutlich aus einer Hand. Darüber hinaus rahmen die Er­zäh­ lungen von Sa­lo­mos Geburt in 2. Samuel 10–12 einerseits und von seiner Krö­nung in 1. Kö­ni­ge 1–2 andererseits die gesamte Thronfolgeerzählung. Es ist außerdem auffällig, dass Nathan, der Sa­lo­mo in seiner Auseinandersetzung mit Adonia unterstütz­te (1. Kö­ nige 1), auch derjenige war, der Batsebas zweitgeborenem Sohn den Namen Je­di­dja ver­lieh und diesem die Liebe und den Schutz Gottes übermittelte (2. Sam 12,24d–25). Theoretisch könnte die hier zugrundeliegende Vorstellung göttlicher Bevorzugung und die damit verbundene Art und Weise, einen Usurpator auf dem Thron zu legitimieren, entweder in Israel selbst unabhängig von den Nachbarkulturen entwickelt worden sein oder – was wahrscheinlicher ist – unter dem Einfluss einer oder mehrerer der oben ge­nannten Kultur(en). Falls Letzteres zutrifft, ist es am plausibelsten, anzunehmen, dass die Idee ihren Weg von Mesopotamien nach Israel fand. Zudem ähnelt die Usurpation Sa­lo­mos, die durch die Bevorzugung durch Gott („denn es war von dem Herrn für ihn be­stimmt“, 1. Kön 2,15) gerechtfertigt wird, sehr stark der von Sargon dem Großen, die eben­falls als Ausdruck einer Vorliebe der Götter, vor allem Inannas/ Ištars, erklärt wird. Darüber hinaus ist der Name Jedidja in politischer und ideologischer Hinsicht vergleichbar mit dem Namen Šarru-kīn (Sargon), und die Phrase „der Herr liebte ihn“ ist eine Pa­ ral­le­le zu der Phrase „Ischtar liebte mich“ in der Geburtslegende Sargons. In beiden Fällen ist die Intention, dem Usurpator eine göttliche Legitimation zu verleihen. Das bedeutet nicht zwingend, dass sich die Thronfolgeerzählung auf genau diese Texte bezieht, sondern eher, dass sie dieselben oder ähnliche Traditionen aufgreift. Grundsätzlich könnten recurrence of these motifs is not a product of later authors consciously drawing on the work of the earlier apologies; it seems unlikely that the content of most apologies diffused outside of the societies in which they originate… These motifs, then, are not exclusive to any one society of the ancient Near East; they sprung up from the cultural and ideological similarities shared by these societies“). 130 Siehe Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 264–267, vgl. 28–30. Er schließt sowohl 2. Sa­muel 11–12 als auch 1. Könige 2,15.22–24 – die sich ebenfalls auf die Erwählung Sa­lo­mos durch Gott beziehen – aus der Thronfolgeerzählung aus.

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diese auch aus Ägypten nach Israel gekommen sein oder durch die ḫethitische Apologie Ḫattu­šilis III., die wiederum selbst durch die mesopotamischen Vorbilder beeinflusst war – wobei die ḫethitische Apologie jedoch nicht explizit die Liebe einer Gottheit oder einen neuen Namen erwähnt. In jedem Fall stimmt die Legitimierung Sa­lo­mos in den bi­bli­schen Texten mit den alt­orientalischen Traditionen überein und ist kein fremdartiges Fragment ohne jede Ver­bindung zu ihrem Kontext. Die Verleihung des Namens Jedidja an Sa­lo­mo und die Be­k räftigung, dass „der Herr ihn liebte“, bilden einen wesentlichen Bestandteil der Er­ zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge. Diese beansprucht eine göttliche Legitimation seiner Usur­pa­tion, die 1. Könige 1–2 beschreibt, in denen auch die Vorstellung einer Erwählung durch Gott noch einmal bekräftigt wird (1. Könige 2,15.24).

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Kapitel VII: Salomos Geburt und seine Namen in der Literatur aus der Zweiten Tempelepoche I Einleitung Es ist bekannt, dass David und Sa­lo­mo in den Schriften der Vorderen Propheten, vor allem in den Samuel- und Königebüchern, eine bedeutende Rolle spielen. Während jedoch David auch in zahlreichen Texten erwähnt wird, die zu den Hinteren Propheten ge­hören,1 wird Sa­lo­mos Name dort an keiner Stelle aufgeführt. Stattdessen wird er in eini­gen Büchern genannt, die zu den Schriften (Hebr.: Ketubim) gehören. Diese umfassen zu­vorderst die späten historischen Bücher, die Chro­nik – einige Erwähnungen in 1. Chro­­ nik und vor allem in 2. Chro­nik 1–9 // ­1. Könige 1–11 – und Nehemia (13,26) so­wie in der poe­ti­schen und weisheitlichen Li­te­ra­tur, im Besonderen die Psalmen (72,1; 127,1), das Hohe­lied (1,1.5; 3,7–11; 8,11–12) und die Sprüche (1,1; 25,1). Kohelet bzw. Pre­di­ger wurde tra­ditionell ebenfalls Sa­lo­mo zugeschrieben, wie auch das apokryphe oder deu­te­ ro­­ka­­no­nische Buch der Weisheit Sa­lo­mos (Sapientia Sa­lo­monis), und das pseudepi­gra­phi­ sche Tes­ta­ment Sa­lo­mos. Das Ziel dieses Kapitels ist nicht eine Diskussion der Rolle Sa­lo­mos in den gesamten Ketubim und der jüdischen Li­te­ra­tur aus der Zeit des Zweiten Tempels. Vielmehr sollen einige besonders charakteristische Fälle behandelt werden. Dazu gehört die Einfüh­rung Sa­lo­mos in der Chro­nik (seine Geburt, sein Name und seine Position unter Batsebas Söhnen) mit einer kritischen Übersicht über aktuelle Forschungsmeinungen zu dieser Frage. Das Kapitel diskutiert außerdem den Namen „Jedidja“, der weder in der Chro­­nik noch in der Weisheit Sa­lo­mos, dem Testament Sa­lo­mos oder den Schriften des Jose­phus er­wähnt, auf den jedoch in den Psalmen und in Nehemia angespielt wird. Das über­grei­ fen­de Ziel dieses Kapitels ist es, diese zwei Tendenzen in der Rezeption von Sa­lo­mos Ge­ burt und Na­mensgebung nachzuzeichnen, die in der Li­te­ra­tur nach Sa­muel-Kö­ni­ge fest­ zu­stel­len sind. Darüber hinaus werden Wortspiele mit den Namen Schlomo und Jedidja aus dem Buch Ben Sira (Jesus Sirach) untersucht, und es wird diskutiert, ob „Kohelet“ (Koh 1,1) tatsächlich ein dritter Name Sa­lo­mos war. II Sa­­lo­mos Geburt und seine Stellung unter Batsebas Söhnen in der Chro­nik Im Chro­nistischen Ge­schichts­werk erzählt der Chro­nist die Ge­schich­te der Kriege zwischen den Israeliten und den ostjordanischen Königreichen – den Ammonitern und den Ara­mäern – im Wesentlichen so, wie sie in seiner Vorlage, dem Samuelbuch, zu finden

1 Siehe z. B. Jes 9,6; 16,5; 29,1; Jer 17,25; 22,2.30; 36,30; Ez 34,24; 37, 24; Hos 3,5; Am 9,11; Sach 12,7.8; 13,1.

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ist (1. Chr 19,1–20,3 // 2­ . Sam 10,1–19 + 11,1a-b + 12,26–31).2 In seinem Werk lässt er je­doch die Er­zäh­lung von Davids Affäre mit Urias Frau, den Mord an Uria und Davids Hoch­zeit mit Batseba, die zu Sa­lo­mos Geburt führte (2. Sam 11,1c–12,25), aus. Diese ge­samte meisterhafte, literarisch strukturierte Er­zäh­lung aus dem Samuelbuch3 wurde den potenziellen Lesern der Chro­nik vollständig vorenthalten. Mehr noch, der Chro­nist lässt nicht nur die ausführliche Er­zäh­lung aus 2. Sam 11,1c–12,25 aus, sondern bezieht sich auch an keiner einzigen Stelle darauf. Als er zum ersten Mal in seinem Buch Sa­lo­ mo und seine Mutter vorstellt, schreibt er: „Batschua, die Tochter Amiëls“ (1. Chr 3,5) anstelle von „Batseba, die Tochter Eliams, die Frau Urias, des Ḫethiters“, wie es in seiner Vor­lage (2. Sam 11,3.26) steht.4 Die Intention des Chro­nisten ist offensichtlich: Er will so­wohl David als auch Sa­lo­mos Mutter von der Besudelung durch ihre ehebrecheri­sche Affäre „reinigen“ und jeden Hinweis darauf vermeiden. Darüber hinaus lässt der Chro­ nist in seinem Werk auch den theophoren Namen Jedidja (i. e. „Geliebter des Herrn“) un­­er­wähnt. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Benennung Sa­lo­mos als Jedidja in 2. Sam 12,24–25 mit der Er­zäh­lung vom Ehebruch verbunden ist. Während der erste Sohn also starb, wurde der zweite – Sa­lo­mo – von Gott geliebt. Deshalb zog es ver­mut­ lich der Chro­nist vor, den Namen ebenso wie die restliche Er­zäh­lung weg­zu­las­sen.5 Tat­ säch­­lich würde jeder Hinweis auf dieses Thema die idealisierte Dar­stel­lung der Grün­der der Davidischen Dynastie – David und Sa­lo­mo – beeinträchtigen, die er in seinem Werk prä­sentiert.6 Diese Intention des Chro­nisten wird sowohl in der vor­mo­der­nen als auch in der modernen Bibelwissenschaft adäquat und persistent behandelt. So bemerkt bei­spiels­ weise der Autor des Kommentars, der Raschi zugeschrieben wird (Pseudo-Raschi), bereits im 12. Jh. zu einigen Versen der Chro­nik: „In diesem Buch will er (i. e. der Chro­nist) nichts sagen, was das Davidische Haus (i. e. die Davidische Dynastie) verletzen könnte.“7 2 Im Gegensatz zu einigen anderen Exegeten (beispielsweise A. G. Auld) bin ich der Meinung, dass Sa­muel-Kö­ni­ge die grundlegende Quelle des Chro­nisten war. Zu diesem Thema siehe ausführlich Kalimi, „Kings with Privilege“ und außerdem Kapitel III, § III. 3 Siehe Kapitel V. 4 Die Versionen von 1. Chr 3,5 in der Septuaginta und der Vulgata setzen eine Vorlage voraus, in der ‫שבע‬-‫ בת‬statt ‫ בת־ׁשוע‬stand. Der Targum zur Chro­nik setzt beide explizit gleich: „Batschua, die Bat­se­ ba ist.“ Die Variation ‫שוע‬-‫ בת‬/ ‫שבע‬-‫ בת‬geht auf die Homophonie von ‫ ב‬und ‫ ו‬zurück, vgl. E. L. Curtis und A. A . Madsen, A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Chron­icles, The Internatio­nal Critical Commentary (Edinburgh: T. & T. Clark, 1910), S. 99. Zu der Form Batschua vgl. 1. Chr 2,3; Gen 38,2.12 (Judas Frau). Der Name Amiël, der in der Chro­nik anstelle von Eliam in Samuel steht, geht auf eine Umstellung des theophoren Elements zurück, vgl. ‫אליהו‬/‫יכניה יואל‬/‫יהויכין‬. In seinem Kom­mentar zu 1. Chr 3,5 geht David Kimchi tatsächlich auch davon aus, dass Batschua/ Batseba eben­so wie Amiël/ Eliam Varianten desselben Namens sind. Die Septuaginta bietet in 2. Sam 11,3 „die Tochter von Eliab“ (Austausch von ‫ מ‬und ‫ ;)ב‬die Peschițta liest „die Tochter von Ahinoam“ (vgl. 1. Chr 3,1). Für eine ausführliche Diskussion der Identität Batsebas siehe A. E. Gardner, „The Identity of Bath-Sheba“, RB 112 (2005), S. 521–535. 5 Zu einer anderen möglichen Erklärung für das Fehlen des Namens Jedidja in der Chro­nik siehe § I V, 2. 6 Dementsprechend lässt der Chro­nist auch die Anspielung auf die Affäre von David und Batseba weg, die in 1. Kön 15,5 steht; siehe die Textparallelen zwischen 1. Kön 15,1–6 und 2. Chr 13,1–3. 7 Das Zitat stammt aus Pseudo-Raschis Kommentar zu 1. Chr 17,13. Siehe Kalimi, The Retelling of

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Falls der Chro­nist die Er­zäh­lung aus 2. Samuel 12 tatsächlich aus seinem Buch ausschließen wollte, wäre es aus dem zuvor genannten Grund für ihn sehr kompliziert ge­ we­sen, die Er­zäh­lung über die Geburt und den Tod von Davids und Batsebas erstem Sohn (2. Sam 11,27; 12,14–23) zu integrieren. Er scheint jedoch noch einen weiteren Be­­weg­grund gehabt zu haben, diese Er­zäh­lung auszuschließen – einen Grund, den die For­­schung bisher völlig übersehen hat. Der Sohn wurde als Folge des Ehebruchs gebo­ren und starb wegen der Sünden seiner Eltern. Das bedeutet, dass die Strafe vom Vater auf sei­nen Nachkommen übertragen wurde.8 Daher steht das Grundprinzip der Er­zäh­lung im Widerspruch zu dem elementaren theologischen Konzept des Chro­nisten, dass je­der auf­grund seiner eigenen Sünde(n) stirbt.9 Der Chro­nist hat das Prinzip von Gerechtig­keit und Vergeltung übernommen, das in Dtn 24,16 deutlich formuliert wird und auch bei den Propheten Jeremia und Ezechiel zu finden ist: „Es sollen nicht Eltern um der Kinder willen getötet werden, und Kinder sollen nicht um der El­tern willen getötet werden; ein jeder soll für seine eigene Sünde getötet werden“. Jeremia kündigt an: „In je­nen Ta­gen werden sie nicht mehr sagen: Die Eltern haben saure Trauben gegessen, und die Zäh­ne der Kinder sind stumpf geworden; sondern jeder wird wegen seiner eigenen Schuld ster­ben; jeder Mensch, der saure Trauben isst, dessen Zähne sollen stumpf werden“ (Jer 31,29–30; vgl. Ez 18,2). Ezechiel drückt dies unmissverständlich aus: „Die Seele, die sündigt, sie soll sterben. Ein Kind soll nicht die Schuld der Eltern tragen, noch sollen die El­tern die Schuld des Kindes tragen; die Gerechtigkeit des Gerechten soll auf ihm sein, und die Gott­lo­sig­ keit des Gottlosen soll auf ihm sein“ (Ez 18,20; siehe auch 2. Kön 14,6 // ­2 . Chr 25,4).10 Aufgrund der Auslassung des Textabschnitts 2. Sam 11,1c–12,25 wird der Leser der Chro­nik zwar über die Geburt Sa­lo­mos informiert, er erfährt jedoch nichts über die näheren Umstände im Vorfeld dieser Geburt.11 Die Nennung Sa­lo­mos in der Liste der Söh­ ne Da­vids, die in Jerusalem geboren wurden (1. Chr 3,5–9), suggeriert dem Leser, dass Sa­lo­mo unter normalen Umständen geboren worden sei, wie auch Davids andere Söh­ne und die vielen anderen Personen, die in den genealogischen Listen vor dem Abschnitt Chron­­icles in Jewish Tradition and Li­te­ra­ture, S. 199–209, insb. 204–205 und weitere Verweise auf Pseudo-Raschis Kommentar sowie die Diskussion des Themas an dieser Stelle. 8 Zu diesem Thema siehe Kapitel V, § I II, A (9). 9 In ähnlicher Weise verursachten Sa­lo­mos Sünden die Teilung seines Königreichs (1. Kön 11,11–13). Das aber geschah nicht zu seinen Lebzeiten, sondern erst nach seinem Tod, so dass sein Sohn Re­ habeam die Konsequenzen zu tragen hatte; siehe auch 1. Kön 15,29–30; 16,12–13. Auch diesen Um­ stand schließt der Chro­nist aus. 10 Zu diesem theologischen Konzept in der Chro­nik siehe z. B. Wellhausen, Prolegomena zur Ge­schich­te Israels, S. 197–205; R. B. Dillard, „Reward and Punishment in Chron­icles: The Theology of Imme­ diate Retribution“, WTJ 46 (1984), S. 164–172. Für weitere bibliographische Hinweise zu diesem The­ma siehe I. Kalimi, The Books of Chron­icles: A Classified Bibliography, Simor Bible Bibliogra­phy 1 (Jerusalem: Simor, 1990), S. 95–96. Dennoch muss eingestanden werden, dass der Chro­nist diese Me­thode in seinem Werk nicht systematisch anwendet; siehe z. B. 1. Chr 21,1–17; 2. Chro­nik 25.32; vgl. auch W. Rudolph, Chro­nikbücher, Handbuch zum Alten Testament 21 (Tübingen: J. C. B. Mohr [P. Sie­beck], 1955), S. xix. 11 In ähnlicher Weise lässt der Chro­nist auch die „Hof-Er­zäh­lung“ von Sa­lo­mos Thronfolge aus seinem Werk aus, die in 1. Könige 1–2 steht. Siehe ausführlich Kapitel X und XI.

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1. Chr 3,5–9 und nach den Abschnitten 1. Chr 1,1–3,4 und 1. Chr 3,10–9,44 genannt werden. Wie bereits erwähnt, verzeichnet der Chro­nist nicht die Geburt und den Tod des ersten Kindes Batsebas (2. Sam 11,27; 12,13–23), genauso wenig die Geburt des zweiten Kin­des, Sa­lo­mos (12,24–25). Stattdessen liefert er eine Liste der Söhne Davids, wie sie in 2. Sam 5,14 steht, und fügt an deren Ende hinzu: „Vier von Batschua, der Tochter Amiëls“ (1. Chr 3,5c): 2. Sam 5,14–15

1. Chr 3,5–6 a. Diese wurden ihm in Jerusalem geboren:

[D]ies sind die Namen derer, die ihm in Jerusalem geboren wurden:

5

Schammua und Schobab und Nathan und Sa­lo­mo

b. Schimea und Schobab und Nathan a und Sa­­lo­mo, c. ( diese) vier von Bat-Schua, der Tochter Amiëls; 6 und Jibhar und Elischama … b

14

15

und Jibhar und Elischua …

a Interessanterweise führt die Geneaologie Jesu in Lk 3,31 ihn auf Nathan zurück und nicht, wie in Mt 1,6– 16, auf Sa­lo­mo; siehe die Diskussion bei Kalimi, The Retelling of Chronicles in Jewish Tradition and Lit­ erature: A Historical Journey, S. 66; ders., Das Chronikbuch und seine Chronik, S. 87–88. Steht das „Haus Nathans“, das in Sach 12,12 erwähnt wird, in Verbindung zu dem Nathan, der in den hier diskutierten Texten genannt wird? b Diese Namen tauchen nur hier und in 1. Chr 14,4–6 (// 2. Sam 5,14–16) auf.

Die Informationen über die Namen von Davids Söhnen in 1. Chro­nik 3 stammen aus 2. Sam 5,14–16. Der Chro­nist wiederholt die Liste noch einmal wortgetreu in 1. Chr 14,4–7, einer Parallelstelle zu 2. Sam 5,14–16.12 Obwohl jedoch die Namen „Schimea [i. e. Schammua] und Schobab und Nathan und Sa­lo­mo“ in 2. Samuel 5,14 aufgelistet wer­den und Sa­lo­mo dort an vierter Stelle unter den elf Söhnen Davids genannt wird, wür­de niemand aus 1. Chro­nik 14 schließen, dass Batseba vier Söhne hatte. Dass Batseba David vier Söhne gebar und Sa­lo­mo der vierte und jüngste von ihnen war, geht nur aus 1. Chr 3,5 hervor. Diese Dar­stel­lung steht im Widerspruch zu dem, was in 2. Samuel über die Kinder gesagt wird, die Batseba gebar, dass sie nämlich deren zwei zur Welt brachte: Das erste starb, das zweite war Sa­lo­mo – das älteste und einzig überlebende Kind. Da­rü­ ber hinaus finden sich in keinem frühen Text weitere Informationen zu der Zahl der Kin­ der Batsebas. Nirgends findet sich ein weiterer Beleg für die Behauptung, dass Sa­lo­mo 12 Diese Wiederholung in der Chro­nik soll vermutlich Sa­lo­mos Geburtsort hervorheben, insbesonde­re die Tatsache, dass Sa­lo­mo in der Stadt geboren wurde, die in der Zeit des Chro­nisten zum spiri­tuel­ len und kulturellen Zentrum des jüdischen Volkes geworden war; siehe Kalimi, An Ancient Isra­el­ite Historian, S. 88.

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Bat­sebas vierter und jüngster Sohn gewesen sei. Die folgenden Abschnitte bieten einen kri­tischen Überblick über verschiedene antike und moderne Erklärungsansätze zu diesen The­men. Als Abschluss präsentiere ich meinen eigenen Vorschlag. Die einfachste Lösung ist, 1. Chr 3,5c wegzulassen oder zu ignorieren, wie es beispiels­ wei­se in der altsyrischen Übersetzung der Fall ist – vermutlich, um die skizzierten Pro­ble­ me zu umgehen. Das heißt, anstatt sich mit den Problemen zu befassen, hat der Über­set­zer die Probleme nicht-existent gemacht. So findet sich auch in der Talmud- und Mi­drasch­ li­teratur kein Anzeichen dafür, dass die Rabbinen sich mit diesem Thema befasst hätten. Ent­weder waren sie sich der Widersprüche nicht bewusst, oder sie konnten sie ein­fach nicht erklären. Später schrieben die Masoretischen Schriftgelehrten den disjunktiven Ak­ zent Sakef katan über das Wort „vier“, um die Zahl von dem Namen „Batseba“ zu trennen, als ob sie ausdrücken wollten, dass nicht alle vier Söhne von Batseba waren.13 Im Mittelalter versuchte David Kimchi (1160–1235), die verschiedenen Widersprü­ che zwi­schen Sa­muel-Kö­ni­ge und der Chro­nik aufzulösen. So schlägt er in seinem Kom­ men­tar zu 1. Chr 3,5 vor, dass die Namen der vier Söhne in 3,5b nicht in chronologi­ scher Reihenfolge ihres Geburtsdatums aufgelistet seien, sondern dass die Liste mit dem jüngsten Sohn beginne und mit dem ältesten – Sa­lo­mo – ende. Aber selbst wenn Kim­chi recht hätte, löst sein Vorschlag nur einen Teil des Problems, dass nämlich Sa­lo­mo Batse­ bas ältester Sohn war. Es löst nicht das Problem, dass Samuel nur von einem überlebenden Sohn Batsebas berichtet, während der Chro­nist vier auflistet. Des Weiteren ist un­ klar, warum davon ausgegangen werden sollte, dass die Söhne in 3,5b in einer anderen Reihen­folge aufgelistet wurden als in 3,1–3 und 3,15–16 oder an jeder anderen Stelle in der Chro­nik und der gesamten Hebräischen Bibel, wo die Namen, wie üblich, in chrono­ lo­gischer Reihenfolge genannt werden. In der modernen bi­bli­schen Wissenschaft haben viele Exegeten entweder die hier dis­ ku­tierten Widersprüche nicht anerkannt,14 oder sie waren nicht in der Lage, sie aufzu­lö­ sen. So gesteht beispielsweise Sara Japhet zu: „Dass Sa­lo­mo hier als Batsebas vierter Sohn er­scheint, während er laut allen unseren Quellen ihr erster war, ist in der Tat schwierig.“15 Sie bietet aber keine Lösung für dieses oder das zweite Problem an, dass Batseba nur zwei und nicht vier Söhne geboren hatte. Abgesehen davon war Sa­lo­mo gemäß 2. Sa­muel 12 13 Vgl. T. Willi, Chro­nik: 1. Teilband – 1. Chro­nik 1,1–10,14, Biblischer Kommentar Altes Testament 24/1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2009), S. 111. 14 Siehe z. B. S. Oettli und J. Meinhold, Die geschichtlichen Hagiographen (Chro­nika, Esra, Nehemia, Ruth und Esther) und das Buch Daniel, Kurzgefasster Kommentar zu den heiligen Schriften Al­ ten und Neuen Testaments sowie zu den Apokryphen 8 (Nördlingen: C. H. Beck, 1889), S. 22; W. E . Barnes, The Books of Chron­icles, The Cambridge Bible for Schools and Colleges (Cambridge: Cam­bridge University Press, 1899), S. 16; I. Benzinger, Die Bücher der Chro­nik: Erklärt, Kurzer Hand-Commentar zum Alten Testament 20 (Tübingen: J. C. B. Mohr [P. Siebeck], 1901), S. 11; Cur­tis und Madsen, A Critical and Exegetical Commentary on the Books of Chron­icles, S. 99–100; Wil­ liam­son, 1 and 2 Chron­icles, S. 56; R. L . Braun, 1 Chron­icles, Word Biblical Commentary 14 (Waco, TX: Word Books, 1986), S. 50 und zahlreiche andere. 15 „The appearance here of Solomon as Bathsheba’s fourth son, while according to all our sources he was clearly her first, is indeed difficult“; S. Japhet, I & II Chron­icles: A Commentary, Old Testament Library (Louisville, KT: Westminster/ John Knox Press, 1993), S. 96.

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Batsebas zweiter Sohn und nicht „ihr erster“. Einige Gelehrte jedoch ver­su­chen, diese Wi­ der­sprüche aufzulösen. Beispielsweise behauptet Rudolf Kittel einfach: „Be­son­ders sind über die Vorlage hinaus die 4 ersten als Söhne der Bathseba bezeichnet. Die Er­wei­­te­­rung der Liste um 2 [sic] Namen wird auf Textfehlern ruhen.“16 Wilhelm Rudolph geht davon aus, dass die gesamte Liste der Nachkommen Davids in 1. Chro­nik 3 eine späte post­ chro­nis­ti­sche Hinzufügung sei, die seiner Meinung nach auf außerbi­bli­schen Quel­len basiere.17 In ähnlicher Weise betrachtet Rudolf Mosis die Worte „vier von Batschua, der Toch­ter Amiëls“ zusammen mit dem gesamten Abschnitt 3,5–9 als sekundären Ein­schub eines späten Redaktors der Chro­nik, der den Angaben aus 1. Chr 14,4–7 folgte.18 Die­ser An­satz scheint eine einfache Antwort zu bieten, die jedoch eine ganze Reihe neuer Pro­ ble­me nach sich zieht. Warum sollte der postchronistische Schreiber diese Worte oder die­ses Ka­pitel in den Text einfügen und damit die Widersprüche zwischen Chro­nik und Sa­muel überhaupt erst erzeugen? Wie zuvor erwähnt, wiederholte der Chro­nist die Lis­te an zwei Stellen (1. Chr 3,5–9 und 14,4–7), um den Geburtsort Sa­lo­mos hervorzuhe­ben. Was wäre das Ziel gewesen, das der späte Redaktor mit der Wiederholung in 1. Chr 3,5–9 ver­folgte? Darüber hinaus gibt es keine textliche oder philologische Grundlage für die An­nahme, 3,5c sei eine späte Hinzufügung. Während der Chro­nist in 1. Chr 14,4–7 keine Zahlen nennt, fügt er in 1. Chr 3,5c die Zahl „vier“ und in Vers 8 desselben Kapitels die Zahl „neun“ hinzu. Es ist plausi­bel, an­zunehmen, dass diese Zahlen eher auf den Chro­nisten zurückgehen als dass es sich um „eine spätere Glosse [handelt], die jemand ergänzt hat, der die Gesamtzahl der Kinder an die­ser Stelle und am Ende des Verses (‚neun‘) hinzufügte“, wie Ralph W. Klein be­­haup­ tet.19 Es ist angebracht, in Erinnerung zu rufen, dass die Nennung einer nume­ri­schen Sum­­me am Ende einer genealogischen Auflistung von Namen ein häufiges litera­rischkom­po­sitionelles Merkmal der Chro­nik ist – siehe z. B. 1. Chr 2,3–4 mit einer ähnli­chen Struk­tur wie 3,1–5; 3,4a.22–24; 5,13; 7,1. Es ist unwahrscheinlich, davon auszugehen, dass all diese Summenangaben späte Glossen seien. Diese Summenangaben wurden vom Chro­­nisten offenbar gemacht, um durch gewollte oder fehlerhafte Interpretation das be­w usste Hinzufügen oder Streichen aus der Liste zu verhindern. So zeigt beispiels­wei­ se die Zahl „IX“ am Ende der Liste der Söhne, die David in Jerusalem geboren wurden (1. Chr 3,5), dass die Wiederholung der Namen ‫ אלישמע‬und ‫ אליפלט‬kein Fehler ist und die Na­men nicht gestrichen werden dürfen.20 16 R. Kittel, Die Bücher der Chro­nik übersetzt und erklärt, Handkommentar zum Alten Testament 6/1 (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1902), S. 22. In seinem Kommentar zu Vers 8 versucht Kittel – meines Erachtens erfolglos – zu erklären, wie es zu diesen Textfehlern kam. 17 Siehe Rudolph, Chro­nikbücher, S. 26. Es ist auffällig, dass Rudolph 1. Chro­nik 3 nicht in seiner „Glie­derung der Chro­nikbücher“ nennt, siehe S. 1–5, insb. 1. Zu der Möglichkeit, dass dem Chro­ nis­ten eine außerbi­bli­sche Quelle zur Verfügung stand, siehe weiter unten im Abschnitt. 18 Siehe R. Mosis, Untersuchungen zur Theologie des chronistischen Ge­schichts­werkes, Freiburger theologische Studien 92 (Freiburg im Breisgau/ Basel/ Wien: Herder, 1973), S. 77–78, Anm. 86. 19 „[A] later gloss made by someone who added the total number of children here and at the end of the verse (‚nine‘)“; R. W. Klein, 1 Chron­icles: A Commentary, Hermeneia (Minneapolis: Fortress, 2006), S. 115. 20 Vgl. Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 250; siehe auch das Beispiel und die Dis­kus­sion auf den Seiten 266–273; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles, S. 296, 315–324.

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Andere Gelehrte wie beispielsweise Frederick E. Greenspahn, fragen sich: „Es ist schwer vorstellbar, was den Chro­nisten dazu bewegt haben könnte, seinen [i. e. Sa­lo­mos] Na­men an das Ende einer solchen Liste zu verschieben.“21 Doch der Chro­nist ver­än­der­ te die Position Sa­lo­mos in der Liste nicht, er fügte die Bemerkung hinzu, dass alle vier Bat­schuas Söhne waren. Die Namen stehen in derselben Reihenfolge wie in 2. Sam 5,14 und in 1. Chr 14,4, wobei sich in der Samuel-Textstelle kein Hinweis darauf fin­det, dass alle vier Söhne von Batseba waren. In ähnlicher Weise stellt ein Jahrzehnt später Gary N. Knoppers fest: „Es ist unklar, warum der Ver­fas­ser [i. e. der Chro­nist] diese Be­­haup­ tung [d. h., „vier von Batschua“] aufstellte.“22 Ungefähr zur selben Zeit schlägt Steven L. McKenzie vor, „[e]s [sei] möglich, dass der Chro­nist eine Übereinstimmung mit dem Mus­ter der Verse 1–3 herstellen wollte, wo die Mütter genannt werden. Da Batseba die einzi­ge Mutter aus Jerusalem ist, die in 2. Samuel erwähnt wird und Sa­lo­mo ein­deu­­tig ihr Sohn war, schrieb der Chro­nist die ersten vier Namen auf der Liste (bis ein­schließ­lich Sa­lo­mo) ihr zu.“23 Aber falls es tatsächlich zutrifft, dass „der Chro­nist eine Über­ein­stim­ mung mit dem Muster der Verse 1–3 herstellen wollte“, dann hätte er sich genau an die Fak­ten gehalten, nur Sa­lo­mo als Sohn Batsebas zu bezeichnen und den oder die Namen einer oder mehrerer anderer Mütter für die verbleibenden drei Söhne zu nennen. Darüber hinaus stellt McKenzies Vorschlag den Chro­nisten als schlechten Schreiber dar, der bereit war, „einen zu hohen Preis für einen zu niedrigen Ertrag zu bezahlen“. Der Chro­ nist war dem­nach bereit, unpräzise und widersprüchliche Angaben – allerdings nicht inner­halb der Chro­nik als Ganzes – zu machen, indem er zum einen Batseba vier Söhne zuschrieb, ob­wohl sie lediglich einen überlebenden Sohn hatte, zum anderen Sa­lo­mo an vierter Stel­le nannte, obwohl er der erste überlebende Sohn war. So ging er vor, nur um eine „Über­ein­stimmung mit dem Muster“ seiner Vorlage zu erreichen, selbst dann, wenn damit nicht einmal eine substanzielle Botschaft an seine potenziellen Leser verbunden war. Und selbst wenn McKenzies Vorschlag zuträfe: Warum nannte der Chro­nist nicht die Na­men der Mut­ter bzw. Mütter von Davids anderen neun Söhnen (3,6–8), ganz zu schweigen von den na­menlosen Söhnen namenloser Konkubinen (3,9)? Vor ­einigen Jah­ ren hat sich Tho­mas Willi ebenfalls mit diesem Problem befasst. Er vertritt die An­sicht, dass die Tat­sa­che von dem Chro­nisten nicht übersehen werden konnte, dass Sa­lo­mo der erste überlebende Sohn seiner Mutter war. Die Reihenfolge der Namen in seiner Vor­la­ge (2. Sa­muel 5) sei je­doch für den Chro­nisten bindend gewesen. Obwohl man nicht um­ hin kann, dem ers­ten Teil von Willis Aussage zuzustimmen, ist seine zweite Annahme je­doch zweifelhaft: Wenn sie tatsächlich zutrifft, warum hält sich der Chro­nist dann 21 „It is hard to imagine what could have motivated the Chron­icler to have moved his name to the end of such a list“; F. E . Greenspahn, When Brothers Dwell Together: The Preeminence of Younger Siblings in the Hebrew Bible (Oxford: Oxford University Press, 1994), S. 78. 22 „It is unclear why the author makes this claim“; G. N. Knoppers, I Chron­icles 1–9. A Translation with Introduction and Commentary, The Anchor Bible 12 (New York: Doubleday, 2004), S. 325. 23 „It may be that the Chron­icler sought conformity with the pattern in verses 1–3 of naming the mo��thers. Since Bathsheba is the only Jerusalem mother mentioned in 2 Samuel and since Solomon was clearly her son, the Chron­icler assigned the first four names on the list (that is, up to Solomon inclusive) to her“; McKenzie, 1–2 Chron­icles, S. 76.

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an zahlreichen an­deren Stellen nicht an die Reihenfolge der Namen, die seine Vorlage vorgibt (vgl. z. B. 1. Chr 21,2 mit 2. Sam 24,2; 2. Chr 9,28 mit 1. Kön 10,28; 2. Chr 8,7 mit 1. Kön 9,20)? Trotz­dem behauptet Willi: „Schwierig ist die Frage zu beantworten, ob ihm [i. e. dem Chro­­nisten] Batschua nur als Mutter Sa­lo­mos gilt oder auch als die der drei erstgenannten Söh­ne Schima, Schobab und Natan.“24 Aber wie hätte der Chro­nist diese Frage deutlicher be­antworten können als durch die Formulierung: „Schimea und Schobab und Nathan und Sa­lo­mo, (diese) vier von Batschua, der Tochter Amiëls“? Meiner Meinung nach stammt 1. Chr 3,5c aus der Hand des Chro­nisten. Ich habe das be­reits andernorts kurz diskutiert, aber dies ist offenbar – aus welchen Gründen auch im­mer – einigen Gelehrten nicht bewusst.25 Es lohnt sich daher, meine Argumenta­tion noch einmal explizit darzulegen. Sehr wahrscheinlich wusste der Chro­nist, dass Sa­lo­mo der erste überlebende Sohn von Batseba war. Dennoch wiederholte er die Liste der vier in Je­ru­sa­lem geborenen Söhne Davids, wie sie ihm in 2. Samuel 5 vorlag, und inter­pre­tier­­te sie gemäß dem literarisch-numerischen Muster „drei-vier“ (oder „drei + eins“). In die­ser ­neuen In­terpretation/ Umformung erscheint Sa­lo­mo als der vierte und letzte Sohn Bat­se­ bas. Der Chro­nist wollte die Bedeutung Sa­lo­mos aufzeigen, indem er zum einen be­ton­te, dass Sa­lo­mo in Jerusalem geboren wurde, zum anderen ihn an vierter und letzter Stel­le der Liste positionierte. Obwohl also Sa­lo­mo der jüngste Sohn von Batseba war, war er – vor allen anderen – erwählt worden, um den Thron König Davids zu erben. Der Autor wollte andeuten, dass die drei älteren Söhne Batsebas der Königswürde nicht würdig waren, wohingegen ihrem jüngsten Sohn, Sa­lo­mo, dieses Privileg zuerkannt wurde. Tatsächlich ist dieses literarische Merkmal in der Hebräischen Bibel weit verbreitet im All­gemeinen und an anderen Stellen der Chro­nik im Besonderen.26 So beschreibt der Chro­­nist Sa­lo­mo beispielsweise in 1. Chr 28,4–5 (Sondergut) als Gottes erwählten Kö­ nig. Und auch dort formt er seine Beschreibung nach dem literarisch-numerischen Mus­ ter „drei-vier“, indem er Sa­lo­mo an vierter und letzter Stelle positioniert. Dieses literarische Merkmal erscheint darüber hinaus auch bei der Strukturierung der Listen der Söh­ne Jo­sias in 1. Chr 3,15 und der Söhne Sauls in 1. Chr 8,33 (= 9,39). In beiden Fällen wird der Sohn als letzter genannt, der nach seinem Vater König wurde, obwohl beide früher ge­boren wurden. Keine dieser Umstellungen wird von dem Chro­nisten explizit ver­merkt, und sie werden erst durch den Vergleich mit den Parallelen in Sa­muel-Kö­ni­ge deut­lich.27 Das­selbe Muster wird in einem nicht genealogischen Zusammenhang in 2. Chr 20,25–26 explizit angewendet: „Drei Tage verbrachten sie mit dem Einsammeln der Beute, denn sie war groß. Und am vierten Tag sammelten sie sich im Tal Beracha. Denn dort dankten sie dem Herrn.“ Um nur ein Beispiel außerhalb der Chro­nik zu nennen: Juda wird ebenfalls an vierter Stelle unter den Söhnen Jakobs genannt: Nachdem die ersten drei Söhne 24 Siehe Willi, Chro­nik, S. 111. 25 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 306; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry, S. 365. 26 Für eine ausführliche Diskussion siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 305–310, insb. 305–307; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles, S. 362–368, insb. 362–364. 27 Für eine ausführliche Diskussion dieser Listen in der Chro­nik siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­­bung des Chro­nisten, S. 306–307; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry, S. 364.

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– Ruben, Si­meon und Levi – wegen ihrer bösen Taten zurückgewiesen wurden, rückte Juda an die bevorzugte Stelle, und das Königtum wird ihm verliehen (Gen 49,3–12, vgl. Ge­ne­sis 34; 35,22–23). Überdies wird Sa­lo­mos Bedeutung durch seine Platzierung in der Liste der Söhne Da­ vids zusätzlich betont, wie Klein richtig bemerkt: „Von den neunzehn Söhnen Davids, die in 1. Chr 3,1–8 genannt werden, nimmt Sa­lo­mo die zehnte Stelle ein, exakt in der Mit­te, mit neun vor ihm und neun nach ihm.“28 Es ist daher fraglich, ob der Chro­nist tatsächlich „Zugang zu Quellen [hatte], die dem Deu­teronomisten nicht bekannt waren,“29 zumindest im Hinblick auf den vorliegen­den Fall. Abgesehen davon ist – selbst wenn der Chro­nist Zugang zu einer solchen Quel­le hatte – nicht automatisch davon auszugehen, dass diese Quelle historisch verlässlich ist und der alten Tradition aus dem Buch Samuel vorgezogen werden sollte. Es wäre daher ein Fehler, eine historische Schlussfolgerung auf der Basis des Textes von 1. Chr 3,5c zu ziehen, angesichts des sehr bekannten literarischen Motivs des jüngsten Sohnes, der an die Macht kommt, sowie der literarischen Gestaltung der Samuel-Vorlage gemäß der numerischen Struktur „drei-vier“ und die Einbindung in eine längere Sequenz, in der Sa­lo­mo die ehren­volle „zehnte“ Position – eine typologische Zahl – einnimmt (vgl. z. B. Gen 31,7.41; Lev 26,26; Num 14,22; Hi 19,3; Dan 1,20).30 III Sa­­lo­mos Geburt in der Weisheit Sa­lo­mos Das apokryphe Buch der Weisheit Sa­lo­mos wurde in der Spätzeit des Zweiten Tempels, un­gefähr zwischen 220 v. u. Z . und 50 u. Z ., verfasst.31 Dieses jüdische Werk wird Sa­lo­mo zugeschrieben, was allerdings bereits in vormoderner Zeit angezweifelt wurde. So be­in­hal­ ten einige Manuskripte der altsyrischen Peschițta die Überschrift: „Das Buch der Großen Weisheit Sa­lo­mos, des Sohnes Davids, von dem nicht sicher ist, ob ein anderer wei­ser Mann der Hebräer es in prophetischem Geist schrieb, obwohl er es im Namen Sa­­lo­­mos verfasste.“32 28 „Of the nineteen sons of David mentioned in 1 Chr 3:1–8, Solomon occupies position number ten, the exact center, with nine before him and nine after him“; Klein, 1 Chron­icles, S. 116. 29 „[Had a]ccess to sources unknown to the Deuteronomist“; contra B. Mazar, „The Time of David and Solomon“, in Malamat (Hg.), The His­to­ry of the Jewish People: The Age of the Monarchies, S. 74; S. S. Tuell, First and Second Chron­icles, Interpretation (Louisville, KT: Westminster John Knox, 2001), S. 25. Vgl. Rudolph, Chro­nikbücher, S. 26, der davon ausgeht, dass der post-chronistische Schrei­­ber dieses Kapitel (d. h. 1. Chro­nik 3) zur Chro­nik hinzugefügt habe und dass dieses auf außer­­ bi­bli­schen Quellen basiere. 30 Zu diesem Thema siehe ausführlich Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 306–307; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles, S. 363–364, mit Verweisen auf andere Wis­­sen­schaft­ler, die diesem Text historische Glaubwürdigkeit attestieren (z. B. S. Yeivin und ähnlich auch Ahituv, „Designation of Solomon to the Kingdom in the biblical Historiography“, S. 5*). 31 Siehe z. B. D. Winston, The Wisdom of Solomon: A New Translation with Introduction and Com­men­ tary, Anchor Bible 43 (Garden City, NY: Doubleday, 1979), S. 20–25; R. D. Chesnutt, „Wisdom of Sol­omon“, in M. D. Coogan (Hg.), The Oxford Encyclopedia of the Books of the Bible (Oxford: Ox­ford Uni­versity Press, 2011), Bd. 2, S. 457–464, insb. 457; A. T. Glicksman, The Wisdom of Solo­mon 10: A Jewish Hellenistic Reinterpretation of Early Israelite His­to­ry through Sapiential Lenses; Deutero­ca­non­ i­cal and Cognate Li­te­ra­ture Studies 9 (Berlin: W. de Gruyter, 2011), S. 14–24. 32 Already some manuscripts of the Syriac Peshițta include the following superscription: “The book

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Interessanterweise bietet eine Passage dieses Buches die einzige de­tail­lier­te Beschreibung von Sa­lo­mos Geburt in der gesamten Li­te­ra­tur aus der Zeit des Zweiten Tempels: Auch ich [i. e. Sa­lo­mo] bin ein sterblicher Mensch wie alle andern, ein Nachkomme des ersten aus Erde geschaffenen Menschen, und bin Fleisch, im Mutterleib zehn Mo­na­te lang gebildet, im Blut zusammengeronnen aus Mannessamen und der Lust, die im Beischlaf dazukam. Auch ich habe, als ich geboren war, Atem ge­holt aus der Luft, die allen gemeinsam ist, und bin gefallen auf die Erde, die alle in gleicher Weise trägt; und Weinen war wie bei allen mein erster Laut; und ich bin in Win­deln gelegt und voll Fürsorge aufgezogen worden. Denn selbst ein König hatte nie­mals einen andern Anfang seines Lebens, sondern alle haben denselben Ein­gang in das Leben und auch den gleichen Ausgang (Weisheit 7,1–6).33

Sa­lo­mos Name wird an keiner Stelle der Weisheit explizit erwähnt, aber es ist offen­sicht­ lich, dass er der implizite Sprecher ist, da dieser „König“ mit seinem Gebet um Weisheit (Weis­heit 7,7–9,18; vgl. 1. Könige 3) und dem Bau seines Tempels (Weisheit 9,8) beschrieben ist. Die Passage ist jedoch weder ein historischer Bericht über Sa­lo­mos Geburt noch eine Interpretation der Er­zäh­lung in 2. Samuel 12. Stattdessen beschreibt sie denselben Vor­gang, der allen natürlichen Geburten auf der ganzen Welt eigen ist. Der Sinn dieses Ab­schnittes ist zu betonen, dass Sa­lo­mo allen anderen Sterblichen gleicht. IV Sa­­lo­mos Namen in der Li­te­ra­tur der Zweiten-Tempel-Epoche 1 Die Bedeutungen von „Schlomo“ in der Chro­nik Während Batsebas Sohn im Samuelbuch bzw. im Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­­werk zwei Namen erhielt – Schlomo und Jedidja (2. Sam 12,24–25), bekam das Kind in der Chro­­nik bzw. im Chro­nistischen Ge­schichts­werk, nur den Namen Schlomo. Gemäß 1. Chro­­nik 22,8–9 gab ihm weder David noch Batseba diesen Namen (2. Sam 12,24),34 son­dern der Herr selbst, und zwar noch vor seiner Geburt: …‫ויהי עלי דבר יהוה לאמור‬ ‫הנה בן נולד לך הוא יהיה איש מנוחה והניחותי לו מכל אויביו מסביב‬ ‫כי שלמה יהיה שמו ושלום ושקט אתן על ישראל בימיו‬. Und das Wort des Herrn kam zu mir: Siehe, ein Sohn soll dir geboren werden, der wird ein Mann der Ruhe sein; und ich werde ihm Ruhe schaffen vor allen seinen Fein­­den ringsum. Denn Schlomo soll sein Name sein, und Schalom [i. e. Frieden] und Ruhe werde ich Israel geben in seinen Tagen.35 of the Great Wisdom of Solomon, son of David, of which there is uncertainty whether another wise man of the Hebrews wrote it in a prophetic spirit, while (putting it) in the name of Solomon”; Glicksman, The Wisdom of Solomon 10, S. 6–7. 33 Luther, M. (Übers.), Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung: Lutherbibel, herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland, revidiert 2017. 34 Zu dieser Frage siehe Kapitel V, § V. 35 In seinem Kommentar zu 2. Sam 12,24 stellt David Kimchi fest, dass der Herr – und nicht David – das Kind Sa­lo­mo nannte. So harmonisiert er die widersprüchlichen Texte in Samuel und Chro­nik.

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Obwohl der Name Schlomo in der Nathan-Prophezeiung (1. Chro­nik 17 // ­2 . Samuel 7) nicht erwähnt oder noch nicht einmal auf diesen angespielt wird, scheint es so, als ob der Chro­nist in der Retrospektive (post eventum) Sa­lo­mos Geburt, Herrschaft und Tem­pel­ bau als Erfüllung der Vorhersage Nathans interpretierte (1. Chr 17,11–12 // ­2 . Sam 7,12– 13).36 Daher ging der Chro­nist noch einen Schritt weiter und folgerte, dass Sa­lo­mo seinen Na­men ebenfalls vom Herrn selbst bekommen habe. Gemäß seiner Dar­stel­lung wurde das Kind Schlomo genannt, noch bevor es geboren war, vor dem Hintergrund der zu­ künf­tigen Friedenszeit seiner Herrschaft. Es fällt auf, dass sich die Phrase in 1. Chr 22,9, ‫והנחותי לו מכל אויביו מסביב‬, in chiastischer Anordnung auf 2. Sam 7,1b bezieht: ‫ויהוה הניח‬ ‫לו מסביב מכל איביו‬,37 falls sie nicht 1. Kön 5,4 entnommen ist. Dort ist diese in ähnlichem Wort­laut zu finden: ‫ ושלום היה לו מכל־עבריו מסביב‬und könnte ebenfalls eine chiastische An­spielung auf 2. Sam 7,1b sein; vgl. auch 1. Kön 5,18. Das Phänomen, dass Gott oder ein göttlicher Bote einem Kind noch vor dessen Ge­ burt einen Namen gibt, war dem Chro­nisten vermutlich aus anderen Fällen in früheren „bi­­bli­schen“ Schriften bekannt, beispielsweise von Ismael und Isaak (Gen 16,11; 17,19), s­owie aus dem Bericht über König Josia von Juda in 1. Kön 13,2 oder von dem Kind der jun­gen Frau in Jes 7,14, das „Immanuel“ genannt werden soll.38 Auch das Phänomen, dass je­mandem schon im Mutterleib eine wichtige Position vorherbestimmt wird, ist in der bi­ bli­schen und der altorientalischen Li­te­ra­tur weit verbreitet (z. B. Jer 1,4–5 und Jes 49,1).39 Der chronistische Ge­schichts­­schrei­ber bietet zwei Erklärungen für den Namen Schlo­ mo an, die beide Male in Texten stehen, die keine Parallele in der Hebräischen Bibel oder an anderer Stelle haben: Die erste Erklärung leitet den Namen Schlomo von dem Wort Schalom ab, das in 1. Chr 22,9 steht. Wie bereits dargelegt wurde, interpretierte der Chro­nist den Na­men Schlo­mo möglicherweise vor dem Hintergrund seiner von Frieden geprägten Re­gie­rungs­ zeit. Gleichzeitig ist es aber auch möglich, dass der Chro­nist diese Erklärung früheren Schrif­ten entnommen hat, beispielsweise 1. Kön 5,4–5: ‫ וישב יהודה וישראל לבטח איש תחת גפנו ותחת תאנתו מדן ועד‬.‫ושלום היה לו מכל עבריו מסביב‬ ‫באר שבע כל ימי שלמה‬ Und er hatte Schalom [Frieden] auf allen Seiten ringsumher. Und Juda und Israel wohnten sicher, jeder Mann unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, von Dan bis Beerscheba, alle Tage Schlomos.

36 Zu diesem Thema siehe Kapitel XI, § V I. 37 Obwohl sich die Phrase dort auf David bezieht, liess sie der Chro­nist aus nur ihm selbst bekannten Gründen weg; siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 35–37; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles, S. 36–39. Zum Verhältnis dieser Verse in der Chro­nik zur Nathan-Prophezeiung (2. Samuel 7 // ­1. Chro­nik 17) siehe auch Kapitel XIII, § II. 38 Siehe auch Matthäus 1,21; Lk 1,13.31. 39 Siehe ausführlich Kapitel VI, § I II (c).

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Auch in Ps 72, der Sa­lo­mo zugeschrieben wird, wird das Wort Schalom betont (siehe vor allem 72,3 und 72,7). Trotz alledem hat der Chro­nist seine Erklärung klar und deutlich vollzogen. Die zweite Erklärung leitet den Namen Schlomo von dem Wort schalem (i. e. „vollständig“, „perfekt“) ab. Diese Erklärung bezieht sich auf den König selbst. Sie kommt zweimal in der Chro­nik vor, beide Male im Rahmen eines Wortspiels: das erste Mal in 1. Chr. 28,9, ‫„( ואתה שלמה בני דע את אלהי אביך ועבדהו בלב שלם ובנפש חפצה‬Und du, Schlomo, mein Sohn, erkenne den Gott deines Vaters und diene ihm mit schalem [perfektem] Herzen und wil­li­ger Seele“). Und das zweite Mal in 1. Chr 29,19: ‫ולשלמה בני תן לבב שלם לשמור‬ ‫„( מצותיך‬Und mei­nem Sohn Schlomo, gib ihm ein schalem [perfektes] Herz, dass er deine Ge­bo­te beachte“).40 2  Der Name „Jedidja“ in den Psalmen und in Nehemia und sein Fehlen in der Li­te­ra­tur der Zweiten-Tempel-Epoche Abgesehen von der Geburtsgeschichte Sa­lo­mos in 2. Sam 12,25 erscheint der Name Je­ di­dja nirgendwo in der Hebräischen Bibel als männlicher und ein einziges Mal als weib­ li­cher Name – als Name der Mutter König Josias in 2. Kön 22,1. Es scheint jedoch, als würde an einigen Stellen in der spätbi­bli­schen Li­te­ra­tur auf ihn angespielt. Obwohl der ge­­naue Zeitpunkt der Komposition von Psalm 127 nicht bekannt ist, wurde er ir­gend­ wann König Sa­lo­mo zugeschrieben (127,1a). Die Worte ‫„( כן יתן לידידו שנא‬So viel gibt er sei­­­nem Geliebten im Schlaf“)41 in 127,2 spielen möglicherweise auf den Namen Jedidja in 2. Sam 12,25 an. Auch in Nehemia wird auf den Namen Jedidja angespielt. Anders als der Chro­nist, der jeden Hinweis auf Sa­lo­mos Sünden auslässt, berichtet der Ver­fas­ser dieser spätbi­ bli­­­schen Schrift, dass König Sa­lo­mo von fremdländischen Frauen auf Abwege ge­führt wur­­de (Neh 13,26a), wie es auch im Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werk beschrie­ben wird (1. Kön 11,1–13; 2. Kön 23,13).42 Gemäß diesem Vers in Nehemia sündigte Sa­lo­mo, ob­wohl er der „Geliebte seines Gottes“ war (‫ואהוב לאלהיו היה‬, Neh 13,26b). Die­se Phra­se be­­zieht sich eindeutig auf ‫„( ויהוה אהבו‬und der Herr liebte ihn“) und den Namen Je­di­dja (i. e. „der Herr liebte ihn“) in 2. Sam 12,24–25, auch wenn der Name selbst im Nehe­mia­ buch nicht erscheint. Wie bereits erwähnt (siehe § II), verwendet der Chro­nist in seinem Buch den theo­pho­ ren Namen Jedidja nicht, möglicherweise um Anspielungen auf die Er­zäh­lung von Da­ 40 Zur Erklärung des Namens Sa­lo­mo in den Büchern der Könige und der Chro­nik, vgl. Kalimi, An An­cient Israelite Historian, S. 77–78, 79. 41 Zu dem Wort ‫ שנא‬siehe die Diskussion in F. L . Hossfeld und E. Zenger, Psalmen 101–150, Herders Theo­logischer Kommentar zum Alten Testament (Freiburg i. Br.: Herder, 2008), S. 528–529. 42 Der Ver­fas­ser von Neh 13,26 kann sich nur auf das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk be­ziehen, das in diesem Fall seinem Konzept entsprach. In jedem Fall konnte er nicht die Chro­nik heran­ziehen, da das Chro­nistische Ge­schichts­werk zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte. Dessen un­ge­ach­tet: Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Chro­nik bereits geschrieben war, erwähnt der Chro­ nist dennoch keine einzige Sünde Sa­lo­mos; siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­­nis­ten, S. 7–9; ders., An Ancient Israelite Historian, S. 54–56.

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vids Ehebruch mit Batseba zu vermeiden. Für den Chro­nisten hatte das vierte Kind von Da­vid und Batseba nur einen Namen: Sa­lo­mo. Diesen Namen hatte das Kind direkt vom Herrn bekommen, gemeinsam mit dessen besonderem Segen, und zwar noch vor seiner Ge­burt. Deshalb gab es für den Chro­nisten keine Notwendigkeit, auf den Namen Jedidja zu verweisen, der dem neugeborenen Kind vom Propheten Nathan gegeben worden war (2. Sam 12,25). Darüber hinaus hatte der Chro­nist besonderes Interesse daran, Sa­lo­mo mit Schalom zu verbinden und so Sa­lo­mos friedliche Herrschaft als Begründung für seine Be­rechtigung zum Tempelbau – im Gegensatz zu Davids Kriegen und Blutvergießen – zu be­tonen (1. Chr 22,7–10, siehe auch 28,1–7, beides Sondergut).43 Interessanterweise erwähnen die Weisheit Sa­lo­mos, das Testament Sa­lo­mos und auch Jo­sep­hus den Namen Jedidja nicht. Wie bereits angemerkt, bezieht sich die Weisheit auf Sa­lo­mo nur in ihrer Überschrift, die vermutlich sekundär ist. Abgesehen davon erwähnt das Buch allgemein keine Eigennamen. Das Testament Sa­lo­mos nennt ihn jedoch wie­der­ holt, und zwar unter dem Namen Sa­lo­mo (z. B. 1,3.5.13). In seinem Werk Jüdische Al­ ter­­tümer, 7,158, schreibt Josephus: „[Sie] ward hierauf wieder von ihm schwanger und nann­te den Sohn, den sie gebar, auf Anraten des Propheten Nathan Sa­lo­mo.“ Gemäß 2. Sa­muel 12,25 nannte jedoch Nathan das Kind Jedidja, während David oder Batseba ihm den Namen Sa­lo­mo gab. Wurde Josephus von dem Chro­nisten beeinflusst, der berichtet, es sei der Herr selbst gewesen, der dem Kind den Namen Sa­lo­mo gab, und erwähnt er des­halb nirgends den Namen Jedidja? 3 Wortspiele mit den Namen „Schlomo“ und „Jedidja“ bei Ben Sira Im letzten Teil seines Buches, dem Lob der Vorfahren (Ben Sira 44–50), erwähnt Josua Ben Sira (ca. 180 v. u. Z.) einige Könige Israels, darunter auch Sa­lo­mo. Der Ver­fas­ser lobt Sa­lo­mo, tadelt ihn jedoch im selben Atemzug.44 Er widmet Sa­lo­mo einen verhältnis­mäßig lan­gen Abschnitt (47,12–23), der vergleichbar lang ist wie der Text, den er seinen Va­ter Da­vid (47,1–11) gewidmet hat.45 Für unser Thema von Bedeutung sind vor allem Ben Siras Wortspiele mit den beiden Namen Schlomo und Jedidja. In Ben Sira 47,13 verbindet der Ver­fas­ser den Namen Schlomo mit dem Substantiv Schal­wa („Frieden“, „Ruhe“, „Sicherheit“): ‫ ואל הניח לו מסביב‬/ ‫„( שלמה מלך בימי שלוה‬Sa­lo­ mo herrschte in einer Zeit des Friedens/ denn Gott gab ihm Ruhe [von seinen Feinden] rings­­umher“). Das ähnelt der Herleitung des Chro­nisten (Schlomo – Schalom) in 1. Chr. 43 Siehe ausführlich Kapitel XIII, § I I. 44 Zu Sa­lo­mo im Buch Ben Sira siehe Torijano, Solomon the Esoteric King, S. 33–35; P. C. Beentjes, “‘The Countries Marveled at You.’ King Solomon in Ben Sira 47, 12–22”, “Happy the One Who Med­i­tates on Wisdom” (Sir. 14,20). Collected Essays on the Book of Ben Sira, Contributions to Biblical Exe­gesis and Theology 43 (Leuven: Peeters, 2006), S. 135–144 (= Bijdragen 45 [1984], S. 6–14); B. G. Wright III, “Solomon in Chron­icles and Ben Sira: A Study in Contrasts”, in J. Corley und H. van Grol (Hgg.), Re­writing Biblical His­to­ry: Essays on Chron­icles and Ben Sira in Honor of Pancratius C. Beent­jes, Deuterocanonical and Cognate Li­te­ra­ture Studies 7 (Berlin: W. de Gruyter, 2011), S. 139–157. 45 Der hebräische Text von Ben Sira 47 ist in Manuskript B erhalten, das auf das 12. Jh. u. Z. datiert wird, so P. C. Beentjes, The Book of Ben Sira in Hebrew: A Text Edition of All Extant Hebrew Manuscripts and a Synopsis of All Parallel Hebrew Ben Sira Texts, Supplements to Vetus Testamentum 68 (Leiden: E. J. Brill, 1997), S. 5, ohne Diskussion; der Text findet sich ebd., S. 83–85.

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22,8–9 (siehe § IV,1). Weiter unten im hebräischen Text, in Ben Sira 47,18, verbindet der Ver­fas­ser Sa­lo­mos Namen mit dem Gottesnamen, möglicherweise in Anklang an den Namen Jedidja in 2. Sam 12,25: ‫ הנקרא על ישראל‬/ ‫„( נקראת בשם הנכבד‬Du wurdest bei dem ehrenvollen Namen gerufen, der über Israel gerufen wird“).46 Tatsächlich wird Israel in einigen Schriften ebenfalls bezeichnet als Jedid (Geliebter) Gottes oder als derjenige, den Gott liebt (z. B. Jer 11,15; Jes 63,9, Ps 60,7; 108,7; siehe auch Jer 14,9 und Dtn 28,10, wo von Israel gesagt wird, es sei „bei deinem [i. e. Gottes] Namen gerufen“ worden). Die Interpretation von Moshe Zvi Segal, gemäß der sich die Worte „Du wurdest bei dem ehrenvollen Namen gerufen“ ebenfalls auf den Namen Schlomo, in Verbindung mit dem Wort Schalom,47 beziehen, ist wahrscheinlich nicht zutreffend. Auch wenn das Wort Schalom in der rabbinischen Li­te­ra­tur als Gottesname gebraucht wird (z. B. Sifre zu Num 6,24; Dtn 28,10), ist nicht klar, ob es in den bi­bli­schen Schriften ebenfalls in die­ser Weise ver­wendet wurde. Segal bezieht sich auf den Gedenknamen ‫ יהוה שלום‬in dem Aus­spruch Gi­deons über den Altar, den er gebaut hatte (Ri 6,24): ‫ויבן שם גדעון מזבח ליהוה ויקרא לו יהוה‬ ‫שלום‬. Aber selbst wenn man diesen Vers als „der Herr ist Frieden/ Sicherheit“ liest, bedeutet das nicht zwingend, dass Schalom ein Gottesname ist. Die Formulierung könnte auch ei­nfach bedeuten „[Altar des] Herrn des Friedens/ der Sicherheit“, da einige Exegeten das Sub­stantiv ‫ שלום‬als Genitiv deuten.48 Tatsächlich gibt es einige Beispiele von Altären mit Ge­denknamen: Gen 33,20, ‫( ויצב שם מזבח ויקרא לו אל אלהי ישראל‬Und er richtete daselbst einen Altar zu und rief an den Namen des starken Gottes Israels) Gen 35,7, ‫( ויבן שם מזבח ויקרא למקום אל בית־אל‬Und baute daselbst einen Altar und hieß die Stätte El-Beth-El) Ex 17,15, ‫( ויבן משה מזבח ויקרא שמו יהוה נסי‬Und Mose baute einen Altar und hieß ihn: Der Herr ist mein Panier)

Ähnliche Namen sind beispielsweise ‫( יהוה יראה‬Gen 22,14: Der Herr sieht), ‫יהוה צדקנו‬ (Jer 33,16: Der Herr, unsre Gerechtigkeit), ‫( יהוה שמה‬Ez 48,35: Hier [i. e. die Stadt] ist der Herr). Niemand geht davon aus, dass ‫ צדקנו‬,‫ יראה‬oder ‫ שמה‬Gottesnamen seien; warum soll­ten wir also das Wort ‫ שלום‬in Ri 6,24 als solchen interpretieren? Es ist daher am wahr­ schein­lichsten, dass der Ver­fas­ser von Ben Sira 47,18 mit seiner Verbindung von Sa­lo­mos Namen mit dem Gottesnamen ein weiteres Mal auf den Namen Jedidja anspielte.

46 Vgl. z. B. P. W. Skehan und A. A . Di Lella, The Wisdom of Ben Sira: A New Translation with Notes, In­ tro­­duc­tion and Commentary, Anchor Bible 39 (New York: Doubleday, 1987), S. 527. Die griechische Ver­sion bietet eine andere Interpretation. 47 Siehe M. Z . Segal, The Complete Book of Ben Sira (Jerusalem: Bialik Institute, 1972), S. 328 (He­bräisch). 48 Vgl. G. F. Moore, A Critical and Exegetical Commentary on Judges, The International Critical Com­ men­tary (Edinburgh: T. & T. Clark, 1895), S. 189; Y. Kaufmann, The Book of Judges (Jerusalem: Kiryat Sepher, 1973), S. 162 (Hebräisch).

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Salomos Geburt und seine Namen in der Literatur aus der Zweiten Tempelepoche

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4 War „Kohelet“ Sa­lo­mos dritter Name? Das Buch Kohelet, auch Prediger genannt, behauptet, dass sein Ver­fas­ser ein gewisser „Kohelet“ gewesen sei, stellt ihn als „den Sohn Davids, König in Jerusalem“ (Koh 1,1) vor und beschreibt ihn, wie Sa­lo­mo, als jemanden, der Weisheit sucht (vgl. Koh 1,12–13 mit 1. Kön 3,6–9). Ähnlich wie Sa­lo­mo war Kohelet nicht nur sehr weise, sondern auch sehr reich (Koh 1,16–18; 2,4–9). Kohelet kann deshalb als Anspielung auf Sa­lo­mo angesehen werden und wurde auch von den Talmudgelehrten so verstanden, die annahmen, dass Sa­lo­mo – zusätzlich zu den Namen Schlomo und Jedidja – den Namen Kohelet trug. Die Rab­bi­nen erklären darüber hinaus, dass Sa­lo­mo Kohelet genannt wurde (von qhl, „der­ jen­ige, der versammelt“), weil er in Versammlungen lehrte, wie geschrieben steht: „Da­ mals versammelte Sa­lo­mo“ (1. Kön 8,1).49 Eine ähnliche Meinung vertraten auch eini­ge jü­di­sche Kommentatoren des Mittelalters, beispielsweise Raschi (‫ ;שקיהל חכמות הרבה‬wört­­­ lich: „er versammelte zahlreiche Weisheiten“) und Rabbi Abraham ibn Esra,50 sowie einige moderne Exegeten, zum Beispiel Mordechai Zer-Kabod.51 Wie jedoch bereits an­de­­re Wis­­sen­­schaft­ler angemerkt haben, sind die Ähnlichkeiten zwischen Sa­lo­mo und Kohelet le­diglich eine Fiktion in den ersten Kapiteln des Buches Kohelet, die „der nüchtern ein­ gestellte Redaktor als Ver­fas­serschaft missverstand“.52 Es ist unwahrschein­lich, dass der Name Kohelet ein Name oder Spitzname Sa­lo­mos war.53 Tatsächlich erscheint der Name Sa­lo­mo nirgends im Buch Kohelet, und es findet, trotz allem, was zuvor ge­sagt wurde, keine explizite Gleichsetzung von Kohelet mit Sa­lo­mo statt, weder in diesem noch in einem anderen bi­bli­schen Buch. Dass Sa­lo­mo nicht der Ver­fas­ser von Kohelet gewe­sen sein konnte, ist aufgrund des nachexilischen Hebräisch, in dem das Buch geschrieben ist, offen­sichtlich. Der Sprache nach wurde das Werk, wie einige Exegeten annehmen, erst rela­tiv spät geschrieben, in der Perserzeit oder sogar in der frühen hellenistischen Zeit.54 Da­rüber hinaus verwendet der Ver­fas­ser von Koh 6,2 einen Ausdruck aus der Chro­­nik (2. Chr 1,11b),55 die in der Perserzeit entstand. Daher widersprechen die Sprache und die 49 Siehe Midrasch Kohelet Rabba 1,1; Midrasch Hohelied Rabba 1,1; Seder Olam Rabba 15; Babylo­ni­ scher Talmud, Baba Batra 15a. 50 Siehe ihre Kommentare zu Koh 1,1. 51 Siehe M. Zer-Kabod, Qoheleth, Daat Mikra (Jerusalem: Mosad Harav Kook, 1973), S. 3–4, ‫( א‬He­ bräisch). 52 „[T]he prosaically minded editor mistook for authorship“; G. A. Barton, A Critical and Ex­eget­ i­cal Commentary on the Book of Ecclesiastes, The International Critical Commentary (Edinburgh: T. & T. Clark, 1908), S. 58–59, 67; siehe auch R. E . Murphy, Ecclesiastes, Word Biblical Com­men­tary 23A (Dallas: Word Books, 1992), S. 1–2; B. Willmes, Menschliches Schicksal und ironische Weis­heits­ kri­tik im Koheletbuch, Biblisch-Theologische Studien 39 (Neukirchen-Vluyn: Neu­k ir­che­ner, 2000), S. 80–82; L. Schwienhorst-Schönberger, Kohelet, Herders Theologischer Kommentar zum Alten Tes­ta­ment (Freiburg i. Br.: Herder, 2004), S. 140–141. 53 Siehe auch R. Gordis, Koheleth – The Man and His Word: A Study of Ecclesiastes, 3. Aufl. (New York: Schocken, 1968), S. 75–78; J. L . Crenshaw, „Ecclesiastes, Book of“, D. N. Freedman et al. (Hgg.), The Anchor Bible Dictionary (New York: Doubleday, 1992), Bd. 2, S. 271–280, insb. 271. 54 Zu diesem Thema siehe die Sekundärliteratur, die bei Kalimi, An Ancient Israelite Historian, S. 51, Anm. 52, aufgelistet ist. 55 Siehe Kalimi, The Retelling of Chron­icles in Jewish Tradition and Li­te­ra­ture, S. 17; idem., Das Chro­nik­ buch und seine Chro­nik, S. 37–38.

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späte Entstehung des Buches einer Identifikation des Ver­fas­sers von Kohelet mit Sa­lo­mo. Vermutlich war es das Ziel der Rabbinen, den unbekannten Sprecher des Buches mit dem be­kannten bi­bli­schen Prototypen der Weisheit – Sa­lo­mo – gleichzusetzen, durch diese Zu­schreibung die umstrittene Heiligkeit des Buches Kohelet (Babylonischer Tal­mud, Sabbat 30b; Abot deRabbi Nathan, Text A, I)56 zu unterstreichen und so seine Aufnah­me in den jü­dischen/ hebräischen Kanon zu erreichen. Es ist bemerkenswert, dass auch die In­te­gration der Sprüche und des Hohelieds in den hebräischen Kanon bei den Rabbi­nen um­strit­ten war. Sie wurden schließlich aufgrund ihrer Zuschreibung an Sa­lo­mo als Teil des Ka­nons akzeptiert. Ein typologisches Beispiel für einen solchen Vorgang lässt sich am christlichen Ka­non des Neuen Testaments illustrieren: Der Ver­fas­ser des Hebräerbriefs gehört nicht zur ersten Generation der Christen. Vielmehr wurde dieser Brief ungefähr um 80 u. Z. ver­fasst und „ab Ende des zweiten Jahrhunderts schrieben einige den Hebräerbrief Paulus zu“, mit dem Ziel, die Aufnahme des Briefs in den christlichen Kanon zu erreichen. In den ka­no­nischen Listen des späten 4. und frühen 5. Jh. u. Z. schließlich „[wurde] Hebräer zu den 14 paulinischen Briefen [des christlichen Kanons] gezählt.“57 V Zusammenfassung: Sa­lo­mos Ambiguität Dieses Kapitel behandelt die Geburt und die Namen von Sa­lo­mo in der spätbi­bli­schen historiographischen Li­te­ra­tur, vor allem im Chro­nistischen Ge­schichts­werk, im Zu­sam­ men­hang der Li­te­ra­tur über Sa­lo­mo aus der Zeit des Zweiten Tempels. Im Gegensatz zur frühbi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung interessiert sich die spätere nicht für Sa­lo­ mos Usurpation und nutzt Berichte über Sa­lo­mos Geburt und seine Namen für andere Zwecke. So wird Sa­lo­mo in der Chro­nik als jemand dargestellt, der unter normalen Um­ stän­­den geboren wurde, der vierte und jüngste Sohn Batsebas, und trotzdem den Thron be­­­stieg. Auch in der Weisheit Sa­lo­mos wird der normale, natürliche Charakter seiner Ge­ burt stark betont. Die Platzierung Sa­lo­mos in der Liste von Davids Söhnen, die der Chro­­ nist vornimmt, spielt jedoch nicht nur die ungewöhnlichen Umstände seiner Ge­burt herun­ter; sie passt auch zu der literarischen Form „drei-vier“, mittels derer zukünfti­ge An­­­führer häufig als vierte Söhne dargestellt werden, nachdem die drei älteren Söhne zu­ rück­­­gewiesen wurden (siehe z. B. Gen 49,3–12; 1. Chr 28,4–5 und den Gebrauch dieses Mo­­­tivs in der Thronfolgeerzählung in Sa­muel-Kö­ni­ge). Indem der Chro­nist Sa­lo­mo an die vierte und letzte Stelle der Söhne Batsebas setzt, spielt er auf dessen zukünftige Rol­le an. Gleich­zeitig steht Sa­lo­mo an zehnter Stelle, in der Mitte der 19 Namen von Da­vids Söh­­nen, was seine Bedeutung zeigt. Darüber hinaus klammerte der Chro­nist jeden Hinweis auf die Er­zäh­lung von Da­vids Affäre mit Batseba und die Geburt und den Tod ihres ersten Sohnes aus seinem Werk aus. Diese Er­zäh­lungen stimmen nicht mit den allgemein positiven Beschreibungen der wich56 Zu Abot deRabbi Nathan, Text A, I, siehe J. Goldin (Hg.), The Fathers according to Rabbi Nathan, Yale Judaica Series 10 (New Haven: Yale University Press, 1955), S. 5. 57 “[B]y the end of the second century some were attributing Hebrews to Paul”; “Hebrews was counted within the fourteen Pauline letters”; z. B. R . E . Brown, An Introduction to the New Testament, The Anchor Bible Reference Library; New York: Doubleday, 1997, S. 693–697, insb. 693.

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tigsten israelitischen Helden überein, die der Chro­nist verfasste. Außerdem stehen die Ge­­burt und der Tod des ersten Sohnes Batsebas im Widerspruch zu dem strikten th­eolo­ gi­schen Konzept des Chro­nisten zur Frage von Belohnung und Bestrafung, demzufol­ge nie­mand für die Sünden eines anderen bestraft werden darf. Gemäß dem Ver­fas­ser der Chro­nik bestimmte Gott Sa­lo­mo zu seinem erwählten König und gab ihm selbst die­sen Na­men, nicht jedoch den Namen Jedidja wie in 2. Sam 12,25. Zwei Mal interpretiert er Sa­lo­mos Namen und erklärt dessen Wurzel jeweils unterschiedlich: Schlomo – Schalom und Schlomo – schalem. Er hielt es nicht für notwendig, den Namen Jedidja zu erwähnen, da dieser auf Davids Ehebruch mit Batseba hindeuten könnte und weil der Name Sa­lo­­mo dem Kind sogar schon vor dessen Geburt von Gott gegeben worden war. Im Gegen­satz da­zu spielen sowohl die Psalmen als auch das Buch Nehemia auf den Namen Jedidja an, ob­wohl sie ihn nicht explizit erwähnen. Im Lob der Vorfahren leitet Ben Sira den Namen Schlomo von dem Substantiv Schal­wa („Frieden“) ab und folgt der Erklärung für den Namen Jedidja aus 2. Sam 12,25. „Ko­ helet, Sohn Davids“ ist jedoch nicht identisch mit Sa­lo­mo. Diese Gleichsetzung wird in den ers­ten Kapiteln des gleichnamigen Buches angedeutet und später von der jüdi­schen nach­bi­­bli­­schen Tradition explizit behauptet, um die Aufnahme des Buches Kohelet in den he­bräi­schen Kanon zu rechtfertigen. In der jüdischen Li­te­ra­tur aus der Zeit des Zweiten Tempels sind zwei eindeutige Rich­ tungen zu erkennen: Die eine – vor allem in Chro­nik und Kohelet vertreten, der spä­ter auch die Rabbinen und die Weisheit Sa­lo­mos folgten – lobt König Sa­lo­mo ausschließ­lich. Der Chro­nist verwendet allein den Namen „Sa­lo­mo“, während der Ver­fas­ser der ersten Ka­pi­­tel des Kohelet-Buches ihn als Kohelet bezeichnet. Sowohl diese beiden wie auch die Weis­heit Sa­lo­mos, das Testament Sa­lo­mos und Josephus übergehen den theophoren Na­ men Je­didja. Die andere Richtung – die sich vor allem in Nehemia und Ben Sira und im Tes­tament Sa­lo­mos findet – lobt den König zwar, tadelt ihn jedoch zugleich. Obwohl er den Na­men Jedidja („Geliebter des Herrn“) erhielt, sündigte der König. Es scheint, als ob beide Rich­tungen ein didaktisches Ziel verfolgten: Die erste präsentiert das Vorbild eines voll­kommen gerechten Königs. Im Gegensatz dazu zeigt die zweite auf, dass sogar der „Ge­liebte des Herrn“ versagte, trotz seiner großen Weisheit. So betonen diese Texte, dass man stets sorgfältig darauf achten sollte, die göttlichen Gebote zu befolgen.

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Kapitel VIII: Salomos Leben vor der Thronbesteigung in der biblischen Historiographie I Einleitung Weder Sa­muel-Kö­ni­ge noch die Chro­nik liefern direkte Informationen über Sa­lo­mos Leben vor seiner Thronbesteigung oder über sein körperliches Erscheinungsbild. Daher kann über diese Aspekte des Mannes auf historischer Ebene nur wenig gesagt werden. Mein Focus liegt in diesem und im nächsten Kapitel auf den kompositorischen und re­ dak­tionellen Methoden der bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber, insbesondere auf der Frage, wie und warum Sa­lo­mos Leben vor der Thronbesteigung und sein Aussehen so dargestellt werden. Da die Thronfolgeerzählung (grob: 2. Samuel 9–20 + 1. Könige 1–2) von Sa­lo­mos Ge­­burt und seiner Thronbesteigung berichtet, stellt sich die Frage, was zwischen diesen bei­den Er­eig­nissen geschah und warum keine Informationen darüber weiterge­ge­ben wur­­den. Die­ses Kapitel versucht, die Lücke zwischen Geburt und Thronbesteigung zu schließen, und untersucht dabei die Spekulationen einiger Exegeten über Sa­lo­mos Le­ben, be­vor er König wurde. II Sa­­lo­mo: Von der Geburt bis zur Thronbesteigung Nach dem kurzen Bericht über Sa­lo­mos Geburt in 2. Sam 12,24–251 findet sich nicht der geringste Hinweis auf ihn im gesamten Text von 2. Samuel 13–24. Erst in der Thron­ fol­geerzählung in 1. Könige 1 werden wir wieder etwas über Sa­lo­mo hören. In dieser teilt uns der Erzähler mit, dass Sa­lo­mo nicht zu denjenigen gehörte, die zu dem Fest seines Bru­ ders Adonia eingeladen wurden (1. Kön 1,9–10), bei dem dieser sich selbst zum zukünf­­ti­ gen König ausrufen ließ. Selbst in der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos eigener Krö­nung bleibt er stumm und passiv und lässt Nathan, Batseba und andere für sich han­deln (1. Kön 1,11– 40). Im Gegensatz zu seinen Halbbrüdern, Absalom und Adonia, äußer­te Sa­lo­mo nie den Wunsch nach seines Vaters Krone, noch tat er irgendetwas, um sie zu erben. Das erste Mal, dass wir Sa­lo­mos Stimme hören, ist nach seiner Krönung, als er auf­ge­for­dert wird, über das Schicksal Adonias zu entscheiden, der im Heiligtum in Jerusalem Zu­f lucht gesucht hatte (1. Kön 1,52–53). Im Gegensatz zu Saul, über den einige biographische Er­zäh­lungen über die Zeit vor sei­ner Krö­nung existieren (1. Sam 9,1–10,16), und zu David, von dem eine ganze Reihe von Er­eig­nissen berichtet wird, bevor er Sauls Thron bestieg (1. Sam 16,11–30,31), existieren solche Er­zäh­lungen über Sa­lo­mo nicht. Selbst Davids andere Söhne, zum Bei­spiel 1 Diese ereignete sich vermutlich einige Monate, nachdem David die ammonitische Hauptstadt Rab­ ba belagert hatte; siehe Kapitel V, § I II, B, 3.

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Amnon, Absalom und Adonia, erscheinen in verschiedenen Ge­schich­ten in Sa­muel-Kö­ ni­ge (2. Samuel 13–19; 1. Kön 1,5–10), aber über Sa­lo­mo wird nichts gesagt. Der Le­ser er­hält keine Informationen über Sa­lo­mos Verhältnis zu seinen Eltern, Halbbrüdern und Schwes­tern, wie es – zumindest teilweise – bei Amnon und Tamar, Amnon und Absa­ lom, Adonia und seinen anderen Brüdern der Fall ist (2. Sam 13,1–33; 1. Kön 1,9.25).2 1 War Nathan Sa­lo­mos Erzieher? Trotz der Lücke im bi­bli­schen Text, die im Hinblick auf Sa­lo­mos Kindheit und sein Le­ ben vor der Thronbesteigung klafft, haben einige Exegeten die Phrase in 2. Sam 12,25 (MT), ‫„ וישלח ביד נתן הנביא‬und er [i. e. der Herr] sandte hin durch die Hand von Na­than, dem Propheten“ so verstanden, als würde er lauten: „und er [i. e. David] übergab ihn [i. e. Sa­lo­mo] der Obhut [wörtl.: in die Hand] von Nathan, dem Propheten.“ Daher folgern sie, dass Nathan zum Betreuer Sa­lo­mos gemacht wurde und als sein Erzieher diente. So meint beispielsweise Otto Thenius, dass David und nicht der Herr, das Subjekt zu dem Verb ‫ וישלח‬sei, und zieht als Beleg die Vulgata heran, die er folgendermaßen zitiert: „misitque eum in manu Nathan prophetae“, „und er (Dav[id]) übergab ihn (…) in die Hand N[athans] des Pr[opheten]. (zur Erziehung).“3 Tatsächlich liest die Vulgata jedoch „et Dominus dilexit eum misitque in manu Nathan prophetae“ („und der Herr liebte ihn und sandte in [oder durch] die Hand des Propheten Nathan“); das bedeutet, eum ist das direkte Objekt von dilexit („er liebte“) und nicht von misit („er sandte“). Obwohl die Lesart der Vulgata eine wortgetreue Wiedergabe des hebräischen Textes ist, folgen Julius Wellhausen und Karl Budde dieser Interpretation.4 Letzterer akzeptiert Well­hausens Vorschlag, das Wort ‫ וישלח‬aus dem MT in ‫ וישלם‬oder ‫ וישלמהו‬zu korrigieren, übersetzt den Satz mit „und er übergab ihn an Natan“ und schließt: „Es wird sich um die Er­ziehung des jungen Prinzen handeln, und durch diese Thätigkeit gewann Natan die Stel­­lung, die er in I Reg 1 einnimmt.“5 Dieser Interpretationsansatz wird von einigen weiteren Exegeten verfolgt. Tryggve N. D. Met­­tinger kommt beispielsweise, ohne sich auf frühere Li­te­ra­tur zu beziehen, zu dem Schluss, dass Nathan „vielleicht für die Erziehung Sa­lo­mos verantwortlich [war] (2. Sam 12,25 text. emend.).“6 In ähnlicher Weise behauptet auch John Mauchline, dass 2. Sam 12,25 2 Siehe auch die ähnlichen Ge­schich­ten über Josef und seine Brüder in Genesis 37–50. 3 O. Thenius, Die Bücher Samuels, Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zum Alten Testament 4; 2. Aufl. (Leipzig: S. Hirzel, 1864), S. 199: „‚[U]nd er sandte durch Nathan, den Propheten, und nann­­­te seinen Namen u. s. w.‘; nach dem Texte ganz richtig; allein David ist Subj[ekt] des vori­gen V[er­­ses]. Vulg[ata] hat: misitque eum in manu N[athan], also ‫וישלח‬, woraus sich der ganz passen­de Sinn ergibt: und er (Dav[id]) übergab ihn (…) in die Hand N[athans] des Pr[opheten]. (zur Erziehung). Für die Richtigkeit dieser LA. [= Lesart] bürgt die allgemeine Annahme, dass Nathan Erzieher Sal[o­ mo]s gewesen sei“. 4 J. Wellhausen, Der Text der Bücher Samuelis untersucht (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1871), S. 185; K. Budde, Die Bücher Samuel: Erklärt (Kurzer Hand-Commentar zum Alten Testament 8; Tü­­bin­gen und Leipzig: J. C. B. Mohr [P. Siebeck], 1902), S. 257–258. 5 Budde, Die Bücher Samuel: Erklärt, S. 257–258. 6 Mettinger, Solomonic State Officials, S. 152.

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mit „und übergab ihn der Fürsorge Nathans, des Propheten“ übersetzt werden könne. Er folgert, dass dies „implizieren würde, dass Nathan sein [i. e. Sa­lo­mos] Tutor sein sollte.“7 Tatsächlich würde eine solche Notiz uns interessante biographische Hinweise lie­ fern, aber es ist unwahrscheinlich, dass dies die intendierte Aussage von 2. Sam 12,25 ist, wie bereits einige Exegeten festgestellt haben, beispielsweise Samuel R. Driver, Alexan­­­ der F. Kirk­pa­trick, Wil­helm Caspari, Hans Wilhelm Hertzberg und Hans-Joa­­chim Stoebe.8 Statt­­des­sen sollte die Formulierung ‫ ׁשלח ביד‬analog zu anderen Stellen in der He­­bräi­­schen Bi­­­bel über­setzt werden mit „etwas durch einen Boten senden“ (z. B. 2. Sam 11,14; 15,36; siehe auch Ex 4,13; Jer 29,3; Spr 26,6; Est 3,13).9 Daher sollte weder die­ser Vers noch ir­gend eine andere Stelle in Sa­muel-Kö­ni­ge als Information über Sa­lo­­mos Er­ziehung verstan­den werden. Der Text springt einfach von seiner Geburt bis ins Er­­­­wa­ch­sen­enalter ohne zu be­­rücksichtigen, was in der Zeitspanne dazwischen ge­schah. Das ist auch nicht unüb­lich: Sa­lo­mo ist nicht der einzige Anführer in der Hebräi­schen Bi­­­­bel, über den zwischen sei­ner Ge­burt und seinem Aufstieg an die Macht eine In­for­­ma­­­­­­­­tions­lücke besteht. Auch über Mose gibt es beispielsweise keine biographi­schen oder sons­­­­­ti­gen In­formationen aus der Zeit seiner Geburt und der Rettung durch die Tochter Pha­­­­­­raos (Ex 2,1–10) bis zu dem Zeit­­punkt, als er als Erwachsener die Un­ter­drückung der Is­rae­li­ten erkannte (Ex 2,11). Die aus­führliche Geburtsgeschichte des An­füh­rers („Rich­­ters“) Sim­­son (Ri 13,1–24) endet wie folgt: „Und die Frau gebar einen Sohn und gab ihm den Na­­men Simson; und das Kind wuchs heran, und der Herr segnete ihn“ (13,24). Außer dem Satz „Und der Geist des Herrn begann ihn umzutreiben in Machane-Dan, zwi­schen Zora und Eschtaol“ (13,25), der die Aussage „und der Herr segnete ihn“ verdeutlicht und er­­­klärt, existieren keinerlei bio­­graphische Informationen über Simsons Leben zwi­schen sei­­ner Geburt und seiner Hoch­­zeit bzw. seinen Taten als Anführer (Richter 14–16). Ähn­lich verhält es sich auch mit Er­­zäh­lungen über die Kindheit späterer Könige: Sie sind ­äußerst selten in der bi­bli­ schen Li­te­ra­tur und wurden nur dann überliefert, wenn etwas Wich­­­tiges geschah, das für die Schil­­derung der künftigen Ge­schich­te des Königs von Be­deu­­­tung war, wie beispielsweise im Fall des Königs Joasch von Juda.10 7 „‚[A]nd committed him to the care of Nathan the prophet‘… would imply that Nathan was to be his [i. e. Solomon’s] tutor“; J. Mauchline, 1 and 2 Samuel, New Century Bible (London: Oliphants, 1971), S. 256. 8 „ Jemandem etwas vollständig übergeben [‫ וישלם‬or ‫]וישלמהו‬, überlassen, ist eine aram[äische] Bedeu­­tung von ‫( השלים‬z. B. Dtn 32,30 Onk[elos] ‫ אשלימינון‬für ‫)…הסגירם‬, in Heb[räisch] höchstens in der spä­­ten Poesie zu finden (Jes 38,12.13 LXX…); daher ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass dieses Wort hier verwendet wurde“ („[T]o make wholly over to [‫ וישלם‬or ‫]וישלמהו‬, to deliver up, is an Aram[aic] sense of ‫( השלים‬e.g., Dt. 32:30 Onk[elos] ‫ אשלימינון‬für ‫)…הסגירם‬, in Heb[rew] found at most in late poetry (Is. 38:12, 13 LXX…); so it is not a very likely word to have been used here“). S. R. Driver, Notes on the Hebrew Text and the Topography of the Books of Samuel, 2. Aufl. (Oxford: Clarendon, 1913), S. 293. Hertzberg (Die Samuelbücher, S. 260) merkt richtigerweise an: „Doch ist der Text ohnedies sinn­­­voll.“ Caspari (Die Samuelbücher, S. 545) lehnt diesen Interpretationsansatz ohne explizite Erklä­r ung ab. Siehe auch A. F. Kirkpatrick, The Second Book of Samuel with Notes and Introduction (Cam­bridge: Cambridge University Press, 1919), S. 132; Stoebe, Das zweite Buch Samuelis, S. 300, 311–312. 9 Vgl. Stoebe, Das zweite Buch Samuelis, S. 300, und frühere Li­te­ra­tur dort. 10 Siehe Kapitel XII, § I I, 2.

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Die Frage, ob der bzw. die Ver­fas­ser bzw. Editor(en) von Sa­muel-Kö­ni­ge (und jene ihrer Que­llen, beispielsweise der Thronfolgeerzählung) schlicht keine zusätzlichen oder re­le­van­­ten Informationen über Sa­lo­mos Taten zwischen seiner Geburt und seinem Auf­ stieg zur Macht hatten oder ob sie solche hatten, sich aber entschieden, sie nicht für die Nach­­­welt festzuhalten, ist nach wie vor ungeklärt. Letzten Endes wurden Informatio­­nen dieser Art in der Regel nicht in königlichen Archiven aufgezeichnet, sondern in Form von Ge­schich­ten anekdotisch weitergegeben. Welche Quellen auch immer dem Ver­­fas­ ser bzw. Editor der Thronfolgeerzählung zur Verfügung gestanden haben, die Er­zäh­­lung legt ihren Schwerpunkt auf den Gegensatz zwischen Sa­lo­mo und drei seiner erwach­se­­ nen Brüder als potenzielle Nachfolger – Amnon, Absalom und Adonia. Was den bzw. die Ver­­­fas­ser bzw. Editor(en) angeht, die Sa­muel-Kö­ni­ge als Gesamtwerk zusammengestellt haben, so haben sie über die Informationen aus der Thronfolgeerzählung hinaus nichts über Sa­lo­mos Kindheit überliefert – vermutlich deshalb, weil ihnen keine anderen erzäh­le­rischen Quellen über Sa­lo­mos Leben vor seiner Thronbesteigung zur Verfü­g ung ge­stan­den haben. Auch wenn ihnen möglicherweise eine andere Informationsquelle vorlag, die sie als nicht erwähnenswert erachteten, gibt es dafür keine Beweise. Daher ist die weit­­rei­chendste historische Schlussfolgerung, die gezogen werden kann, dass Sa­lo­mo als Prinz in Je­rusalem aufwuchs und seine Kindheit sich vermutlich im Wesentlichen nicht von der­­jenigen anderer Kinder Davids unterschied, von denen wir nur die Namen kennen. Da sich weder Sa­muel-Kö­ni­ge noch die Chro­nik mit diesen Fragen befassen, gibt es keine Text­grundlage, anhand derer über irgendwelche weitergehenden Aspekte von Sa­lo­ mos Kind­heit spekuliert werden könnte. 2 Sa­lo­mos Alter und sein Familienstand zum Zeitpunkt seiner Thronbesteigung Sa­lo­mo war jung, als er Davids Thron bestieg. Die Rabbinen des Talmud gingen davon aus, dass er erst zwölf Jahre alt war, als er König von Israel wurde (Seder Olam Rabba 14). Das einzige, was wir jedoch mit Sicherheit wissen, ist, dass er zu diesem Zeitpunkt noch jung war, wie 1. Kön 3,7 (‫נער קטן‬, „ein kleiner [oder: junger] Knabe“) und 1. Chr 29,1 (‫נער‬ ‫)ורך‬, „jung und unerfahren“) betonen. Einige Wis­sen­schaft­ler argumentieren, er sei vermutlich zwischen 16 und 19 Jahre alt gewesen.11 Gemäß 1. Könige 1,48 und 11,42 regier­te Sa­lo­mo 40 Jahre lang, einschließlich dreier Jahre, in denen er als Ko-Regent seines Va­ters diente. Erste Könige 14,21 berichtet, dass Rehabeam, der Sohn Sa­lo­mos und Naamas, der Ammoniterin, 41 Jahre alt war, als er den Thron seines Vaters bestieg. Wenn die 40 Jah­re der Regentschaft Sa­lo­mos nicht geschätzt oder typologisch sind, war Rehabeam schon ein Jahr alt, als Sa­lo­mo König wurde. Das bedeutet, dass Sa­lo­mo bereits mit Naama verheiratet und Vater eines Sohnes gewesen wäre, bevor er den Thron bestieg. Falls Sa­lo­mo vor der Thronbesteigung verheiratet war, wird das jedoch nirgends in Sa­ muel-Kö­ni­ge explizit erwähnt. Dort finden sich über die bloße Erwähnung seiner Hoch­ zeit mit der Tochter Pharaos (1. Kön 3,1; 7,8) und nicht weniger als „300“ anderen Frauen 11 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 44–45, und die Diskussion sowie Verweise auf frühere Li­te­ra­tur dort, insb. Anm. 42; idem, The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­ icles, S. 45–46, insb. Anm. 40.

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(1. Kön 11,1–4) hinaus keine Informationen zu diesem Thema.12 Der einzige Ab­schnitt in der Hebräischen Bibel, der einen Bericht über Sa­lo­mos Hochzeit und vielleicht sei­ne Krö­nung zu enthalten scheint, ist Hohelied 3,6–11. Er ruft die „Töchter Zions“ dazu auf, „den König Sa­lo­mo [zu betrachten,] mit der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt hat am Tag seiner Hochzeit und am Tag der Freude seines Herzens“ (‫צאינה וראינה בנות ציון במלך‬ ‫ ;ׁשלמה בעטרה ׁשעטרה־לו אמו ביום חתנתו וביום ׂשמחת לבו‬Hhld 3,11). Der Ursprung dieser Pas­ sage ist umstritten.13 Auch wenn jedoch diese Anspielung auf Sa­lo­mos „Krone“14 zu implizieren scheint, dass er an seinem Hochzeitstag gekrönt wurde, ist dies keineswegs si­cher. Wie Roland E. Murphy bemerkt: „Das kann entweder eine Königskrone sein oder eine Art Hochzeitskranz (vgl. Jes 61,10). Über eine Praxis, derzufolge die Königinmutter ihren Sohn gekrönt hätte, sei dies bei seiner Krönung oder am Tag seiner Hochzeit, ist nichts bekannt. Es gibt also keinen direkten Hinweis darauf, ob es sich um eine Königskro­ne handelt. Ebensowenig kann man die Möglichkeit ausschließen, dass dieses Detail nur eine poetische Ausschmückung ist.“15 Dass sich der Text primär mit Sa­lo­mos Hochzeit und nicht mit seiner Krönung befasst, wird von Hhld 3,7–10 bestätigt: Während 1. Könige 10,18–20 (// 2. Chr 9,17–19) den wunderbaren Thron Sa­lo­mos beschreibt, widmet sich die Liebeslyrik im Hohelied der Be­schreibung seines Bettes: „[S]ein Inneres ist ausgelegt mit Liebe von den Töchtern Je­ru­salems“ (‫ ;תוכו רצוף אהבה מבנות ירושלם‬Hhld 3,10), und es wird begleitet von „sech­zig Hel­den Israels“ (Hhld 3,7).16 12 Zu diesem Thema siehe Kapitel IV, § I I, 4. 13 Siehe z. B. M. H. Pope, Song of Songs: A New Translation with Introduction and Commentary, Anchor Bible 7C (Garden City, NY: Doubleday, 1977), S. 428–431; R. E. Murphy, The Song of Songs. Her­ me­neia (Minneapolis, MN: Fortress, 1990), S. 151–152; Y. Zakovitch, Das Hohelied, übersetzt von D. Mach; Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (Freiburg i. Br.: Herder, 2004), S. 173–174; J. C. Exum, Song of Songs, Old Testament Library (Louisville, KT: Westminster John Knox, 2005), S. 140–145. 14 In der Hebräischen Bibel gibt es nur wenige Erwähnungen der Krone eines israelitischen oder ju­ däi­schen Königs, und die meisten dieser Erwähnungen verwenden eine andere Terminologie als Hhld 3,11. Das Verb ‫ עטר‬in Hhld 3,11 erscheint nirgends sonst in der Hebräischen Bibel in Bezug auf eine Krönung (vgl. aber in Jes 61,10 den Hinweis darauf, dass ein Bräutigam gekrönt [‫ ]יעט‬wird). Das Substantiv ‫עטרה‬, das ebenfalls in Hhld 3,11 verwendet wird, kommt in Sa­muel-Kö­ni­ge nur ein ein­ziges Mal vor – mit einer Parallelstelle in der Chro­nik –, und zwar im Hinblick auf die Krone, die Da­v id „Milkom“ wegnahm (‫ )עטרת־מלכם‬und sich selbst auf den Kopf setzte, nachdem er die Am­mo­ ni­ter besiegt hatte (2. Sam 12,30 // ­1. Chr 20,2). Die einzige andere Erwähnung eines israelitischen oder judäischen Königs, dem eine „Krone“ (‫ )נזר‬auf den Kopf gesetzt wurde, bezieht sich auf Joasch (2. Kön 11,12 // ­2 . Chr 23,11); allerdings könnte dieser Brauch weiter verbreitet gewesen sein (vgl. 2. Sam 1,10; Ps 89,40; 132,17–18; in allen diesen Fällen wird das Wort ‫ נזר‬für „Krone“ benutzt und nicht ‫)עטרה‬. Sowohl ‫ עטרה‬als auch ‫ נזר‬sind in der frühen und spätbi­bli­schen Li­te­ra­tur in verschiedenen Kontexten belegt. 15 „This can be either a royal crown or some kind of wedding garland (cf. Isa 61:10). Nothing is known about any practice in which the queen mother would have crowned her son, whether at his coronation or on his wedding day. Hence there is no direct evidence to identify the crown as royal or not. Neither can one eliminate the possibility that this detail may be only a poetic flourish“; Murphy, The Song of Songs, S. 152. 16 Der Text beschreibt auch Sa­lo­mos einzigartigen ‫אפריון‬, den er sich selbst aus Gold, Silber und Holz

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Solche Vergleiche sollten jedoch nicht überstrapaziert werden, da es sich bei Hhld 3,6– 11 um einen poetischen Text handelt und nicht um Ge­schichts­schrei­bung wie im Kö­ nige­buch. Wie J. Cheryl Exum schreibt: „[D]ies ist keine Beschreibung einer ‚echten‘ Pro­ zes­sion, sondern vielmehr das Produkt einer blühenden poetischen Vorstellungskraft.“17 Es wäre also problematisch, Hhld 3,6–11 als eine Beschreibung von Sa­lo­mos Krö­nung an­zusehen, die derjenigen in 1. Kön 1,38–40 und derjenigen in 2. Chr 29,20–25 widerspricht. Selbst der Wert der Passage als Beschreibung von Sa­lo­mos Hochzeit ist frag­lich. Den­noch ist bemerkenswert, dass sowohl 1. Könige 1–2 als auch Hhld 3,11 erwähnen, dass Sa­lo­mos Mutter ihren erwachsenen Sohn unterstützt, wenn auch in verschiede­nen Rollen. Demgegenüber schreibt die Chro­nik Batseba überhaupt keine Rolle zu. III Zusammenfassung Offenbar war Sa­lo­mos Leben zwischen seiner Geburt bis zu seinem Aufstieg zum Kö­ nig nicht außergewöhnlich – zumindest stand den bi­bli­schen Ver­fas­sern entweder ke­ine Quelle über diese Zeit zur Verfügung, oder sie hielten es nicht für nötig, eine Beschrei­ bung derselben zu liefern, da sie für den Fortgang der Er­zäh­lung keine Bedeutung hatte. Es scheint, als wäre Sa­lo­mo nicht politisch tätig gewesen, und die Thronfolgeerzäh­lung betont, dass er selbst nichts unternahm, um seinen Vater als König zu beerben. Vermut­lich heiratete er noch im Jugendalter, was in bi­bli­scher Zeit ebenfalls nicht ungewöhnlich war, und zeugte seinen ältesten Sohn Rehabeam, bevor er den Thron sicherte. Es gibt kei­nen verlässlichen Beweis für die Annahme einiger Gelehrter, dass David Sa­lo­mo in die Ob­hut Nathans, des Propheten, übergab, der zum Erzieher oder Vormund Sa­lo­mos be­stimmt wurde oder für die Ausbildung des Kindes zuständig war. Zu diesen Sachverhalten stehen uns weder verlässliche bi­bli­sche noch außerbi­bli­sche Informationen zur Verfügung.

aus dem Libanon gemacht hat (Hhld 3,9–10). Das Wort ‫ אפריון‬ist ein hapax legomenon in der He­bräi­ schen Bibel. Seine genaue Bedeutung ist unsicher, auch ob es vom Griechischen φορεῖον oder vom Persischen aparyān abgeleitet wird. Es wird jedoch üblicherweise als eine Art spezielles Sofa, als eine Sänfte oder ein besonderer Stuhl gedeutet. Unabhängig vom Ursprung von Hhld 3,6–11 bezieht sich die Stel­le wahrscheinlich eher auf eine spätere Hochzeit als diejenige mit Naama, da Sa­lo­mo zu der Zeit, auf die sich der Text bezieht, bereits „König“ ist. 17 „[T]his is not a description of any ‚real‘ procession but rather the product of a fruitful poetic imagination“; Exum, Song of Songs, S. 142; vgl. auch Zakovitch, Das Hohelied, S. 34–35.

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Kapitel IX: Sa­lo­mos körperliches Erscheinungsbild und seine Führungsrolle in der bi­bli­schen Historiographie Die Thronfolgeerzählung hat ein deutlich größeres Interesse am körperlichen Er­schei­ nungs­bild ihrer Figuren als die meisten anderen bi­bli­schen Er­zäh­lungen. Sie liefert explizite In­formationen über das Aussehen der Vorgänger Sa­lo­mos auf dem Thron und sei­nen ri­va­lisierenden Brüdern wie auch von verschiedenen anderen Mitgliedern von Da­vids Fa­milie, darunter Saul, David, Absalom und Adonia wie auch Tamar, Abigail, Batse­ba und Abischag. Im Gegensatz dazu widmet sie der Beschreibung von Sa­lo­mos Aussehen kein einziges Wort. Liegt das daran, dass die Informationen nicht überliefert wurden, oder steht hinter diesem Schweigen eine bestimmte Absicht? In diesem Kapitel wird die Ar­g u­mentation vertreten, dass dies ein Teil der Strategie des Textes ist, um Sa­lo­mos ein­ zig­artige Weisheit als sein hervorstechendstes Merkmal und seine Hauptqualifika­tion als König hervorzuheben. Es wird dargelegt, dass der Fokus durch den Verzicht auf jede äuße­re, körperliche Beschreibung Sa­lo­mos auf seine inneren Werte – seine Weisheit oder Fröm­migkeit – gelenkt und er dadurch im Text als rechtmäßiger Erbe Davids identifiziert wird. I Sa­­lo­mos Erscheinungsbild Die frühe bi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung liefert keinerlei Information über Sa­lo­mos Aussehen zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens. Wie im Fall des Fehlens einer Be­ schrei­bung von Sa­lo­mos Kindheit ist dies im Kontext der bi­bli­schen Li­te­ra­tur insgesamt durch­aus nicht unüblich. Im Gegensatz zu anderen antiken Autoren wie zum Beispiel Ho­mer, der detaillierte Beschreibungen seiner Figuren liefert – wie sie aussahen, was sie in dieser oder jener Situation fühlten –,1 gehen die bi­bli­schen Erzähler im Allgemeinen sehr sparsam mit solchen Informationen um.2 Tatsächlich beschreiben die bi­bli­schen His­to­ri­ker, einmal abgesehen von den ersten Königen der Vereinigten Monarchie, Saul und David, das Aussehen keines einzigen Königs von Israel oder Juda. Die Er­zäh­lungen über die frühe Monarchie im Samuelbuch und in 1. Könige 1–2 sind in dieser Hinsicht jedoch außergewöhnlich, wird doch dort das Aussehen einiger an­­de­rer Figuren beschrieben, einschließlich von Königen und Thronanwärtern. So wird bei­­spielsweise von Saul – im Gegensatz zu dem jungen Sa­lo­mo, über den diesbezüglich nichts erwähnt wird – gesagt: Er war „ein junger Mann und stattlich [‫ ;]בחור וטוב‬und kei­­ner von den Söhnen Israels war schöner als er; von seiner Schulter an aufwärts war 1 Siehe E. Auerbach, Mimesis: Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Li­te­ra­tur, 10. Aufl. (Tü­ bin­gen: Francke, 2001 [Erstausg. 1946]), S. 5–27, insb. 12–16. 2 Vgl. S. Bar-Efrat, Narrative Art in the Bible, Journal for the Study of the Old Testament Supplement Series 70 (Sheffield: Almond Press, 1989), S. 48–53; Alter, The Art of Biblical Narrative (New York: Basic Books, 1981), S. 114–130.

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er größer als alles Volk“ (1. Sam 9,2 und in chiastischer Reihenfolge in 10,23c). Davids Er­­schei­nungs­bild wird an drei Stellen beschrieben (1. Sam 16,12.18; 17,42). Um die erste Stel­le – 1. Sam 16,12 – zu zitieren: Er war „rothaarig, mit schönen Augen und gut aussehend“ (‫ ;אדמוני עם יפה עינים וטוב ראי‬vgl. 17,42: „rothaarig und gut aussehend [‫)“]יפה מראה‬. Der bi­bli­sche Erzähler berichtet außerdem, dass Davids Ehefrauen Abigail (1. Sam 25,1) und Batseba (2. Sam 11,2) sowie seine Tochter Tamar (2. Sam 13,1) „schön“ waren. Über Sa­lo­mos Halbbruder Absalom heißt es: „[I]n ganz Israel gab es keinen Mann so schön wie Absalom und so sehr zu rühmen. Von seiner Fußsohle bis zu seinem Scheitel war kein Makel an ihm. Und wenn er seinen Kopf rasierte, denn es geschah am Ende jedes Jahres, dass er ihn rasierte, denn das Haar war ihm zu schwer, dann wog sein Haar 200 Schekel [ca. 2 Kilo] nach dem Gewicht des Königs“ (2. Sam 14,25–26). Schließlich wird in 1. Kön 1,4 Davids Dienerin Abischag, die Schunemiterin, als „überaus schön“ be­ schrie­ben, und Adonia „war auch sehr schön von Gestalt“ (1,6). Während also Beschreibun­gen kör­perlicher Merkmale an anderen Stellen der Hebräi­ schen Bibel selten vorkommen, sind die Beschreibungen von Saul und David vor ihrer je­weiligen Thronbesteigung und von Ab­salom und Adonia in der Thronfolgeerzählung Aus­nah­men, die das Fehlen einer solchen Dar­stel­lung von Sa­lo­mo überraschend erscheinen lassen: Warum wurden sie alle be­schrieben, nur Sa­lo­mo nicht? In den meisten Fällen dienen die Beschreibungen von Sa­lo­mos Vorgängern als Ex­po­si­ tion für das, was später von ihnen berichtet werden soll. So wird Sauls gutes Aussehen in 1. Sam 9,2 als Hintergrund für die Szene beschrieben, in der er mit den jungen Mädchen am Brunnen plaudert (1. Sam 9,11–13). Vermutlich dient die Schilderung ebenfalls als Vor­geschichte für die Er­zäh­lung in 1. Samuel 10, wo Saul sich bei dem Gepäck versteckt, vielleicht, weil er zu groß war, um in der Menge zu verschwinden (1. Sam 10,23c). Es war die Schönheit Batsebas, die als „von sehr gutem Aussehen“ (‫ ; והאשה טובת מראה מאד‬2. Sam 11,2b) beschrieben wird, die Davids Aufmerksamkeit auf sie lenkte, und zu ihrer Affäre mit all ihren Konsequenzen führte. Ähnlich wird in 2. Sam 13,1 auf Tamars Schönheit hingewiesen, als Begründung für die Liebe, die ihr Halbbruder Amnon für sie empfindet und die zu der gesamten folgenden Er­zäh­lung von Absaloms Mord an Amnon führt (2. Sam 13,1–39). Dieser wiederum sorgte für Spannungen mit David, die letztlich mit Absaloms gescheiterter Rebellion und seinem Tod endeten (2. Samuel 14–19). Die Information über Absaloms Schönheit ist möglicherweise der Hintergrund da­für, dass er so einfach die Herzen des Volkes gewann (2. Sam 15,1–12). Sein schweres Haar spielt bereits auf die Er­zäh­lung von seinem Tod an, von dem in 2. Sam 18,9–15 berich­tet wird. Gemäß dieser Passage verfing sich sein Haar in einer Eiche, so dass er sich nicht ver­ teidigen konnte und von Joab getötet wurde. Die bi­bli­schen Autoren übermitteln demnach typischerweise diese Art von In­for­ma­ tio­nen nur dann, wenn sie für den Fortgang der Er­zäh­lung wichtig sind.3 Das ist jedoch 3 So ist auch die Beschreibung des Aussehens von Mefi-Boschet, dem Sohn Jonathans, der „an bei­den Füßen gelähmt“ war (2. Sam 9,3; siehe auch 9,13), die Hinführung zu der Er­zäh­lung in 2. Sam 16,1– 4. Siehe auch die Beschreibungen von Esau als Kind, der „rötlich, ganz und gar wie ein haariger Man­­tel“ (‫ ַ;א ְדמֹונִ י ּכֻ ּלֹו ּכְ ַא ֶּד ֶרת ֵש ָֹער‬Gen 25,25, vgl. 27,11b) geboren wurde, und von Jakob, der als „ein glat­­ter Mann“ (Gen 27,11c) beschrieben wird. Diese bereiten die Er­zäh­lung von Isaaks Segnung der

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nicht immer der Grund. Im Fall von David hat die Beschreibung seiner Schönheit mög­ li­cherweise den Zweck, seine Popularität bei der Bevölkerung zu erklären; sie dient nicht als Hintergrund für eine bestimmte Er­zäh­lung. Da David jedoch als sehr attraktiver Mann dargestellt wird und es von Batseba heißt, sie sei mit außergewöhnlicher Schönheit gesegnet gewesen (2. Sam 11,2), ist es plausibel, dass auch ihr Sohn Sa­lo­mo gutaussehend war, wie auch mindestens zwei seiner Halbbrüder, Ab­salom und Adonia, und seine Halbschwester Tamar. Es ist jedenfalls überraschend, dass Sa­lo­mo nicht in dieser Weise explizit beschrieben wird. Warum wird das also nicht er­wähnt, obwohl er doch vermutlich außergewöhnlich hübsch gewesen sein mag? Vielleicht hängt die Antwort mit der Tatsache zusammen, dass ein attraktives Äußeres zu den Eigenschaften eines potenziellen Königs gehört, die man von ihm erwartete. Das zeigt sich schon daran, dass dieser Umstand bei allen vier Vorgängern Sa­lo­mos betont wird: Saul und David, die tatsächlich König waren, sowie Absalom und Adonia, die den Thron für sich beanspruchten, alle werden sie, kurz bevor sie die Herrschaft antraten oder es zumindest versuchten, als überaus gutaussehende Männer beschrieben. Als Sa­ muel aus­gesandt wurde, um einen von Isais Söhnen an Sauls Stelle zum neuen König zu sal­ben, fiel sein Blick zuerst auf Eliab, der offenbar groß und attraktiv war. Samuel war sofort über­zeugt, dass er der erwählte König sei, und erklärte: „Gewiss, da steht sein Ge­ salbter vor dem Herrn“ (‫אך נגד יהוה משיחו‬, 1. Sam 16,6). Selbst der Prophet Samuel beur­ teilt also Eliab allein auf der Grundlage seines Aussehens als zum König geeignet; vielleicht, weil Eliab ihn an Saul erinnerte, der ebenfalls attraktiv und groß war; 1. Sam 9,1; 10,23–24. Der Herr lehnt dieses Kriterium jedoch vollständig ab (1. Sam 16,7): ‫ויאמר יהוה אל שמואל‬ ‫אל תבט אל מראהו ואל גבה קומתו כי מאסתיהו‬ 4 .‫ כי האדם יראה לעינים ויהוה יראה ללבב‬,‫כי לא אשר יראה האדם‬ Aber der Herr sagte zu Samuel: Schau nicht auf sein Aussehen und auf seinen hohen Wuchs, denn ich habe ihn verworfen; der Herr schaut nicht auf das, worauf der Mensch schaut; der Mensch schaut auf das, was vor Augen ist, aber der Herr schaut auf das Herz.5 bei­­den in Gen 27,1–40 vor. Darüber hinaus bildet die Beschreibung ‫„( ַא ְדמֹונִ י ּכֻ ּלֹו ּכְ ַא ֶּד ֶרת ֵש ָֹער‬Er war röt­­lich, ganz rauh wie ein Fell“, Gen 25,25) den Hintergrund für die folkloristische Erklärung für die Namen ‫( ֱאדֹום‬Edom) und ‫( ֵש ִֹעיר‬Seïr; vgl. Gen 36,8). 4 Auffällig ist die chiastische Anordnung der Phrasen: ‫כי לא אשר יראה האדם‬ ‫כי האדם יראה לעינים‬ 5 Um Hiobs rhetorische Frage, ‫ אם כראות אנוש תראה‬/ ‫„( העיני בשר לך‬Hast du Augen des Fleisches?/ Siehst du, wie ein Mensch sieht?“, Hi 10,4) zu paraphrasieren, die dieselbe Vorstellung ausdrückt: Gott hat keine fleischlichen Augen, und er schaut auf Anderes als die Menschen. Im Gegensatz zu Sa­muels enthusiastischer Reaktion auf Eliabs Schönheit betont Ben Sira 11,2 (MS A, IV r.; vgl. MS B, I r.): „Lobe einen Mann nicht für sein Aussehen, und verabscheue einen Mann nicht für die Hässlichkeit seiner Erscheinung“ (‫)אל תהלל אדם בתארו ואל תתעב אדם מכ[ער] במראהו‬. Siehe Segal, The Complete Book of Ben Sira, S. 65; Beentjes, The Book of Ben Sira in Hebrew, S. 36, 50. Die Zeile, wie sie

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Vor diesem Hintergrund könnte der Verzicht jeglicher Beschreibung des Er­schei­nungs­ bil­des von Sa­lo­mo bedeuten, dass seine Qualifikation für die Königsherrschaft – anders als bei Eliab, Absalom und Adonia – nicht in seiner körperlichen Schönheit be­stand. Statt­dessen beruhte sie auf seinen inneren Werten als weiser Anführer, was ein wei­terer Grund dafür sein könnte, weshalb „der Herr ihn liebte“, warum er ihn erwählte und Je­ didja nannte (2. Sam 12,24–25).6 Gott sah ihn aus einer anderen Perspektive als der phy­ si­schen: Er legte den Schwerpunkt auf Sa­lo­mos Weisheit und seine Fähigkeit, ein guter An­führer für Israel zu sein. Demnach könnte der Verzicht auf eine Beschreibung des Aus­sehens von Sa­lo­mo dazu gedient haben, seine Weisheit und seine Qualifikation als An­führer zu betonen. Tatsächlich werden Sa­lo­mos Gaben bereits in der Schilderung der ersten Offenba­rung hervorgehoben, die Gott ihm in Gibeon zuteil werden ließ: Als Gott ihm anbietet, ihn zu segnen, bittet Sa­lo­mo ihn nicht um ein langes Leben, Reichtum oder militärische Sie­ge gegen seine Gegner, sondern um die Weisheit, das Volk Israel führen zu können: „Gib also deinem Diener ein hörendes Herz, um dein Volk zu richten, und zu unterscheiden zwi­schen Gut und Böse“. Und tatsächlich „war es gut in den Augen des Herrn, dass Sa­lo­mo um diese Sache gebeten hatte“ (1. Kön 3,5–14, insb. 3,9–10). Sa­lo­mos legendäre Weisheit wurde zu seiner hervorstechendsten Eigenschaft. Sie wird an mehreren Stellen in den Königebüchern betont, in der Beschreibung seiner zahl­rei­ chen Werke und seines großen Wissens, aufgrund dessen Menschen aus „allen Län­dern“ kamen, um „die Weisheit Sa­lo­mos zu hören“ (1. Kön 5,9–14, insb. 5,14; vgl. 5,21.26), explizit erwähnt. Die Vorstellung, dass seine Weisheit sein wichtigstes Charakteristi­kum war, wird beispielhaft veranschaulicht in der Er­zäh­lung von den beiden Prostituierten (1. Kön 3,16–28) , wie auch in der Episode mit der Königin von Saba (1. Kön 10,1–13), die von den Enden der Erde anreiste, um Sa­lo­mos Weisheit zu hören, nicht um seine äußer­ liche Schönheit zu sehen. Abgesehen von diesen intellektuellen Qualitäten findet sich kei­ ne Be­schreibung seiner mentalen oder emotionalen Eigenschaften. Trotz seiner großen Weis­heit sündigte und versagte Sa­lo­mo sogar nach dem Buch der Könige (1. Könige 11). Derweil entspricht die Beschreibung Adonias als gutaussehend (1. Kön 1,6) der Dar­ stel­lung, dass er der offensichtliche Kandidat für die Königsherrschaft war, da Saul, Da­ vid und Absalom alle attraktiv waren. Unmittelbar auf diese Aussage folgt eine Erin­ne­­ rung daran, dass er nach Absalom an nächster Stelle in der Thronfolge stand, die auch da­zu dienen könnte, Zweifel an Adonias Charakter zu wecken. Zu diesem Zweck wird sug­geriert, dass sein Anspruch auf den Thron – ebenso wie derjenige Absaloms – in den Augen des Erzählers nicht legitim, wenn er auch in Wirklichkeit vermutlich berechtigt war. Im Gegensatz dazu könnte das Fehlen einer solchen äußerlichen Beschreibung Sa­lo­ mos auch Teil der allgemeinen Erzählstrategie sein, dessen Rolle in der Thronfolge he­run­ oben übersetzt ist, ist in Manuskript A (IV r.) überliefert, während sie in Manuskript B (I r.) geringfügig anders lautet und das letzte Wort beschädigt ist: ‫ ואל תתעב אדם מעזב ב[…]ו‬/ ‫אל תהלל אדם בתארו‬. Es fällt auf, dass die Wörter ‫ בתארו‬und ‫ במראהו‬eine literarische Metathese bilden; siehe I. Ka­li­mi, Me­tathesis in the Hebrew Bible. Wordplay as a Literary and Exegetical Device (Peabody, MA: Hen­ drick­­sen, 2018), S. 137–138 (Nr. 5). 6 Siehe die ausführliche Diskussion dieses Themas in den Kapiteln V und VI.

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ter­zuspielen. Das bedeutet, dass – selbst wenn Sa­lo­mo, wie einige seiner Familien­mit­glie­ der, durchaus attraktiv und gutaussehend gewesen sein kann – diese Eigenschaft nicht der Grund für seine Thronbesteigung war. Obwohl nun der Chro­nist Sa­muel-Kö­ni­ge darin folgt, dass er keine Informationen über Sa­lo­mos Aussehen gibt, nimmt er im Hinblick auf Sa­lo­mos Weisheit eine andere Po­­sition ein: Er lässt sie weniger groß erscheinen, indem er die Er­zäh­lung von den beiden Prostituierten in 1. Kön 3,16–28 und die Aussage „Gott gab Sa­lo­mo Weisheit“ in 1. Kön 5,26 weglässt. Für den Chro­nisten ist Sa­lo­mos hervorstechendste Eigenschaft we­ der sein äußeres Erscheinungsbild noch seine Weisheit, sondern die Tatsache, dass er der von Gott erwählte König und Tempelbauherr ist, der sich durch Gehorsam und Loya­li­­tät gegen­über Gott auszeichnet. Anscheinend sah auch der Chro­nist Weisheit nicht als Ga­ ran­tie für den Erfolg eines Königs an. II Wird in Hohelied 5,10–16 Sa­lo­mos Aussehen beschrieben? Während weder Sa­muel-Kö­ni­ge noch die Chro­nik Sa­lo­mos Erscheinungsbild beschreiben, gibt es in der Hebräischen Bibel eine Passage, die bisweilen in diese Richtung in­ terpre­tiert wurde: die metaphorische Beschreibung des Geliebten in Hhld 5,10–16. Da die Über­schrift des Buches ‫ שיר הׁשירים אשר לשלמה‬lautet („Das Hohelied für/ von/ an Sa­ lo­mo“; 1,1) und sich einige spätere Verse auf Sa­lo­mo beziehen (1,5; 3,7.9.11; 8,11–12), ging man tra­ditionellerweise davon aus, dass das Buch von Sa­lo­mo verfasst wurde. Auf die­­ser Grund­­lage wurden die Schilderungen des Liebespaares gelegentlich als ein Be­richt von Sa­lo­mos Beziehung zu einer bestimmten Frau interpretiert, genau genommen zu „Su­­la­ mith“ in Hhld 7,1, die hin und wieder mit der in 1. Kön 3,1 erwähnten Tochter Pha­­­raos gleich­gesetzt wird, oder zu Abischag, der Schunemiterin in 1. Kön 1,4, oder zu ver­schie­­ de­nen anderen Frauen. Solche „wörtlichen“ Interpretationen des Hohelieds reichen bis auf Theo­dor von Mopsuestia (350–428 u. Z.) zurück, auch wenn sie auf dem fünf­ten Öku­menischen Konzil (553 u. Z.) verworfen wurden. Einige anonyme rabbinische Kom­ mentare aus dem Mittelalter vertraten ähnliche Deutungen, desgleichen Sebastian Cas­ tellio (1515–1563 u. Z.), ein Zeitgenosse Johannes Calvins.7 Wenn man eine solche In­ ter­pretation akzeptiert, könnte die Schilderung des Geliebten in Hhld 5,10–16 als eine Be­schrei­bung Sa­lo­mos mithilfe von Metaphern und Vergleichen gelesen werden:

7 Eine Bibliographie bietet H. H. Rowley, „The Interpretation of the Song of Songs“, JTS 38 (1937), S. 337–363, insb. 352–353. Siehe G. Gerleman, Ruth, Das Hohelied, Biblischer Kommentar Altes Tes­tament 18 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1965), S. 45, 48–51; O. Keel, Das Hohelied, Zür­cher Bibelkommentare 18 (Zürich: Theologischer Verlag Zürich, 1986), S. 9–12; T. Long­ man III, Song of Songs, New International Commentary on the Old Testament (Grand Rapids, MI: W. B. Eerdmans, 2001), S. 38–41.

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Sa­lo­mos körperliches Erscheinungsbild und seine Führungsrolle Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter vielen Tausenden. Sein Haupt ist das feinste Gold. Seine Locken sind Rispen, schwarz wie ein Rabe. Seine Augen sind wie Tauben an den Wasserbächen, sie baden in Milch und sitzen an reichen Wassern. Seine Wangen sind wie Balsambeete, in denen Gewürzkräuter wachsen. Seine Lip­ pen sind wie Lotosblüten, die von fließender Myrrhe triefen. Seine Arme sind wie goldene Stäbe, voller Türkise. Sein Leib ist wie aus Elfenbein, mit Saphiren geschmückt. Seine Beine sind wie Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserwählt wie Zedern. Sein Mund ist voll Süße und alles an ihm ist lieblich. – So ist mein Freund, so ist mein Geliebter, ihr Töchter Jerusalems!8

Selbst die meisten der Exegeten, die Sa­lo­mo als den Ver­fas­ser des Buches ansehen, haben diese Passage nicht als eine Beschreibung Sa­lo­mos verstanden,9 wie jene, die den Ge­lieb­ ten mit Sa­lo­mo gleichsetzen, ihn nicht als den Ver­fas­ser ansehen.10 Dennoch wird die An­ sicht, dass das Hohelied Sa­lo­mo und eine seiner Geliebten beschreiben soll, von einigen Exe­geten verteidigt.11 Ist das plausibel? Abgesehen von der Tatsache, dass Hohelied 5 größtenteils metaphorisch und nicht wört­­lich zu verstehen ist, bezweifeln die meisten Kommentatoren gegenwärtig die tra­ di­­tionelle Identifikation Sa­lo­mos als Autors des Buches wie auch die Idee, dass der Ge­ lieb­­te auf ihn hindeuten soll.12 Tatsächlich bestreiten viele sogar, dass das Buch über 8 Die deutsche Übersetzung folgt gewöhnlich Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung: Lutherbib­el, herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland, revidiert 2017. 9 Vgl. z. B. aktuell D. Garrett, Song of Songs, Word Biblical Commentary 23b (Nashville: T. Nelson, 2004), S. 22–25. Obwohl er annimmt, dass das Hohelied an Sa­lo­mos Hof, wenn nicht sogar von Sa­lo­mo selbst geschrieben wurde, sieht er Versuche, die Figuren mit Sa­lo­mo und einer bestimmten Frau gleichzusetzen, als „reines Rätselraten“ („mere guesswork“) an. Gerleman, Ruth, Das Hohelied, S. 75–77, datiert das Buch in die frühe Königszeit, unternimmt aber keinen Versuch, das Buch oder die darin enthaltenen Beschreibungen mit Sa­lo­mo in Verbindung zu bringen (vgl. S. 171–178). 10 Beispielsweise V. Sasson, „King Solomon and the Dark Lady in the Song of Songs“, VT 39 (1989), S. 407–414. 11 So z. B.  O. Zöckler, Das Hohelied und der Prediger, Theologisch-homiletisches Bibelwerk, AT 13 (Bie­lefeld und Leipzig: Velhagen und Klasing, 1868), S. 1–2, 8–9, 71; F. Delitzsch, Biblischer Com­ men­tar über die Poetischen Bücher des Alten Testaments, Vierter Band: Hoheslied und Koheleth (Leip­ zig: Dörffling und Franke, 1875), S. 5–7; W. Volck und S. Oettli, Die poetischen Hagiogra­phen (Buch Hiob, Prediger Sa­lo­mo, Hohelied und Klagelieder), Kurzgefaßter Kommentar zu den heili­gen Schrif­­ten des Alten und Neuen Testaments sowie zu den Apokryphen 7 (Nördlingen, C. H. Beck, 1889), S. 15–171; A. Miller, Das Hohe Lied, Die Heilige Schrift des Alten Testaments 6/3 (Bonn: P. Han­stein, 1927), S. 56, der Sa­lo­mos Autorschaft als „literarische Fiktion“ (ebd., S. 18) ansieht; H. H. Rowley, „The Meaning of the Shulammite“, AJSL 59 (1939), S. 84–91; V. Sasson, „King Solomon and the Dark Lady in the Song of Songs“, S. 407–414. 12 Z. B. Murphy, The Song of Songs, S. 3–7, 120–122; Zakovitch, Das Hohelied, S. 41–43; Exum, Song of Songs, S. 89–91; dies., „Song of Solomon“, in M. D. Coogan, The Oxford Encyclopedia of the Books of the Bible (Oxford: Oxford University Press, 2011), Bd. 2, S. 335–339.

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haupt eine einheitliche Ge­schich­te erzählt, und sehen es stattdessen als eine Sammlung ursprünglich unabhängiger Liebespoesie an.13 Da Sa­lo­mo in Hhld 5,10–16 nicht explizit erwähnt wird, muss jede Verbindung zu ihm aufgrund von Hinweisen an anderen Stellen des Buches hergestellt werden, beispielsweise in Hhld 3,6–11. Dieser Sachverhalt ist nicht allein wegen der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Interpretation von Hhld 3,6–11 problematisch, wie bereits dargelegt, sondern auch wegen des unklaren Verhältnisses verschiedener Teile des Buches untereinander. Während es zwar plausibel ist, dass Hhld 3,6–11 Sa­lo­mos Hochzeit beschreibt, kann allerdings nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass sich Hhld 5,10–16 ebenfalls auf Sa­lo­mo bezieht. Exum vertritt beispielsweise die Auffassung, dass der Geliebte im Hohelied als Ganzem nicht Sa­lo­mo ist, sondern lediglich in Hhld 3,6–11 beschrieben wird, als ob er Sa­lo­mo wäre.14 Allerdings: Selbst wenn Hhld 5,10–16 oder irgendein anderer Text des Hohelieds das Aussehen Sa­lo­mos beschreibt – was ich für unwahrscheinlich halte –, würde dadurch höchstens die naheliegende Annahme bestätigt werden, dass Sa­lo­mo ein attraktiver Mann war. Der Text bietet jedoch definitiv nicht mehr Informationen darüber, wie Sa­ lo­mo, in konventioneller Sprache beschrieben, tatsächlich aussah, als das, was uns über seinen Vater, seine Mutter und andere Mitglieder von Davids Familie überliefert ist. Fer­ ner ist erneut zu betonen, dass die Schilderungen des Hohelieds poetischer Natur sind, an­ders als die biblisch-historiographischen Texte von Sa­muel-Kö­ni­ge. Diesen Dar­stel­ lungen im Hohelied sollte daher, unabhängig von ihrer Datierung und der Frage, auf wen sie sich beziehen, in der historischen Analyse nicht dasselbe Gewicht beigemessen wer­den wie den historiographischen Texten der Hebräischen Bibel, in denen keine äußerliche Beschreibung Sa­lo­mos erscheint und stattdessen seine Weisheit und seine Rolle als An­ führer betont werden. III Zusammenfassung Es gibt keine verlässlichen Hinweise auf Sa­lo­mos äußeres Erscheinungsbild. Plausibel ist es jedoch, davon auszugehen, dass er – wie seine Eltern, David und Batseba, und zu­­ min­dest einige seiner Halbgeschwister wie Absalom, Adonia, Tamar – gutaussehend war. Dies aber wird von keinem historiographischen Text aus dem Alten Israel bestätigt. Der Ver­zicht der bi­bli­schen Ver­fas­ser auf jede Beschreibung seines Aussehens im­ pli­ziert mög­li­cher­weise, dass seine Berechtigung zur Königsherrschaft nicht auf seiner kör­per­li­chen Schön­heit beruhte – im Gegensatz zu Eliab, Absalom und Adonia –, sondern auf sei­nen Qua­litäten als Anführer. Sa­lo­mos Fähigkeiten werden bereits in Gibeon heraus­ge­stellt, im Zusammenhang mit der ersten Offenbarung Gottes an ihn, als Sa­lo­ mo um „ein hö­ren­des Herz, um dein Volk zu richten“ (1. Kön 3,5–14) bittet. Sa­lo­mos legendäre Weis­heit wird von dem Ver­fas­ser von 1. Könige 3–10 an einigen Stellen betont (1. Kön 5,9–14.21.26) und wurde anstelle seines äußeren Erscheinungsbildes zu seinem her­vorste­chends­ten Merkmal. Doch sogar diese Weisheit kommt in der Chro­nik deutlich 13 Z. B. Gerleman, Ruth, Das Hohelied, S. 50, 59–62, bezeichnet es als „eine lose Sammlung unzusam­ men­hängender Lieder“ (ebd., S. 59); ähnlich auch Zakovitch, Das Hohelied, S. 30. Das wird beispielsweise von Exum, Song of Songs, S. 33–37, bestritten. 14 Exum, Song of Songs, S. 140–141.

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weniger zur Sprache. Stattdessen liegt hier der Schwerpunkt auf der Gerechtigkeit des Königs und seinem Gehorsam gegenüber dem Herrn. Die Beschreibungen des Hohelieds – vor allem Hhld 5,10–16 – können nicht ohne Weiteres trotz Hhld 3,6–11 als Hinweise auf das Aussehen König Sa­lo­mos interpretiert werden. In jedem Fall können solche poetischen Dar­stel­lungen nicht einfach wörtlich genommen oder, wie es bei den Texten in Sa­muel-Kö­ni­ge möglich ist, als historiographische Schilderungen gelesen werden.

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Kapitel X: Salomos Thronfolge: Geschichte und gegensätzliche Historiographien I Einleitung Die Bücher Könige und Chro­nik präsentieren zwei überaus kontrastreiche Dar­stel­lun­gen dessen, wie Sa­lo­mo David auf den Thron folgte. Sie widersprechen sich sogar in einigen Kernpunkten. Während Sa­lo­mo den Thron in 1. Könige 1–2 als Folge politi­scher Hofintrigen erlangt und er seine Macht durch die Beseitigung einiger seiner potentiel­len Rivalen festigt, wird er in der Chro­nik ohne jeden Widerspruch gekrönt; die Krö­nung wird von allen seinen Brüdern, von Davids Beamten und von ganz Israel begrüßt, und er übernimmt die Macht ohne jegliche Gewalt. Trotz dieser signifikanten Unterschie­de haben beide Berichte im Wesentlichen dasselbe Ziel: Sa­lo­mo als den von Gott erwähl­ten Nachfolger Davids als König über Israel zu legitimieren. Wie sie das tun, kann man nur umfassend erkennen, wenn man beide Berichte sorgfältig miteinander und mit dem vergleicht, was man über die historischen Ereignisse im Hintergrund rekonstruieren kann. Wie jedoch bereits in Kapitel II angemerkt wurde, sind die Texte der Hebräischen B­ibel, vor allem die frühe israelitische Ge­schichts­schrei­bung in Sa­muel-Kö­ni­ge, die einzi­ gen Quellen für eine Re­kon­struk­tion von Ereignissen aus der Zeit des geeinten König­ reichs, die erhalten geblieben sind. Sie sollten also sehr sorgfältig ausgewertet werden, um ihre apologetischen und theologischen Elemente von den historischen Informatio­nen, die sie möglicherweise enthalten, trennen zu können. Dementsprechend besteht dieses Kapitel aus drei Teilen: Zuerst wird ein Vorschlag für die Re­kon­struk­tion der historischen Situation am Ende von Davids Regierungs­­zeit ge­macht, vor allem auf der Grundlage von Sa­muel-Kö­ni­ge; zweitens folgt eine Ana­lyse des­sen, wie 1. Könige 1 als Teil von Davids Thronfolgeerzählung diese Situation dar­­stellt, um zu zeigen, dass es sich um einen einheitlichen Text handelt, der Sa­lo­mos Recht auf den Thron verteidigen soll; drittens wird diese Passage mit der völlig anderen Ver­sion des Chro­­nisten verglichen, der ebenfalls Sa­lo­mos Thronfolge zu legitimieren ver­sucht. Die­ses Ka­pitel befasst sich hauptsächlich mit den Ereignissen, die zu Sa­lo­mos Thron­be­ stei­g ung führ­ten, während das nächste seine Krönung und die ersten Handlungen nach der Macht­übernahme behandelt.

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II Sa­­lo­mos Thronfolge aus historischer Perspektive 1 Die letzten Tage König Davids: Persönliche und politische Krise In 1. Könige 1,1–4 gibt der Erzähler seinem potenziellen Publikum die Hin­ter­g rund­­in­ for­ma­tionen zu der Ge­schich­te, die er erzählen wird, und ermöglicht seinen Adressa­ten so, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Der Erzähler deutet an, dass David sich am Ende seines Lebens in einer sehr beklagenswerten körperlichen und geistigen Verfassung befand.1 Der König war etwa 70 Jahre alt2 – was für die damalige Zeit ziemlich alt war;3 tatsäch­lich wäre er damit der älteste König in der Ge­schich­te Judas gewesen.4 David war krank und schwach, ans Bett gefesselt und von der ihm umgebenden Welt abgeschnit­ ten. Obwohl er mit mehreren Decken (‫ )בגדים‬zugedeckt war,5 konnte er seinen Körper nicht mehr warm halten.6 Davids Beamte oder „Ärzte“, wie Josephus sie nennt ( Jüdische 1 Einige Wis­sen­schaft­ler streiten ab, dass diese Beschreibung von David ursprünglich zu der nach­ fol­genden Er­zäh­lung in 1. Kön 1,5–53 gehörte, und stellen stattdessen eine Verbindung zu 1. Kön 2,13–25 her; diese Annahme ist alles andere als gut begründet, siehe die Diskussion am Ende die­­ses Abschnittes. 2 2. Samuel 5,4–5 und 1. Könige 2,11 berichten, dass David im Alter von 30 Jahren König wurde und 40 Jahre lang regierte. Folglich war er etwa 70 Jahre alt, als er starb; vgl. Josephus, Jüdische Altertü­mer 7,389; David Kimchi zu 1. Kön 1,1; E. Würthwein, Das Erste Buch der Könige: Kapitel 1–16 – übersetzt und erklärt, Das Alte Testament Deutsch (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1977), S. 9. Die Er­zäh­lung, die hier untersucht wird, spielt kurz vor Davids Tod. Bezüglich der „40“ als ty­po­­lo­ gi­sche Zahl und zu der Tatsache, dass sie gelegentlich auch eine verlässliche historische Informa­tion dar­stellen kann, siehe Kapitel II, § I II, 1, Anm. 54. 3 Es fällt auf, dass der Erzähler David folgendermaßen beschreibt: „König David war alt und hoch­­be­ tagt“ (1. Kön 1,1a), während es von Barsillai heißt, er sei „ein sehr alter Mann, achtzig Jahre alt“ ge­ we­­sen (2. Sam 19,33). Der Ver­fas­ser scheint also jemanden mit 70 Jahren als „alt“ und mit 80 Jah­ren als „sehr alt“ zu bezeichnen. 4 Siehe die Tabelle mit dem Alter der Könige von Juda bei Ishida, The Royal Dynasties in Ancient Israel, S. 153–154. 5 Das Wort ‫ בגדים‬bedeutet in diesem Zusammenhang nicht einfach „Kleider“ (clothes), wie dies eini­ge Exegeten zu übersetzen pflegen (z. B. Lutherbibel; Elberfelder, King James Version, Revised Stan­ dard Version), sondern eher „Decken“, die auf dem Bett lagen. 6 Es gibt einige Vorschläge dazu, worum es sich bei Davids Krankheit gehandelt haben könnte. Der Ba­bylonische Talmud, Berachot 62b, etwa gibt eine ethische Erklärung: David wurde für sein Fehl­ ver­halten gegenüber Saul, als er einen Zipfel von dessen Gewand abschnitt (1. Sam 24,5), bestraft: „Rab­bi Jose ben Rabbi Chanina sagte: Wer Kleider geringschätzig behandelt, wird am Ende keinen Nut­zen von ihnen haben; denn es heißt: ‚Nun war König David alt und hochbetagt; und sie bedeckten ihn mit Decken, aber er konnte keine Wärme bekommen.‘“ Diese Interpretation wird von den jüdi­schen Exegeten des Mittelalters, beispielsweise Raschi und David Kimchi, in ihren Kom­ men­taren zu 1. Kön 1,1 übernommen. Sie zitieren auch einen Midrasch, der ihrer Meinung nach „näher“ an der einfachen Bedeutung der Schrift liegt. Dieser stellt eine Verbindung her zwischen Davids kaltem Körper und der Er­zäh­lung in 2. Sam 24,17 (// 1. Chr 21,17): Als David den En­gel mit dem Schwert in der Hand sah, fürchtete er sich, und das Blut gefror in seinen Adern. Kim­chi fügt noch hinzu, dass die vielen Kriege, die David führte, ihn vorzeitig alt und schwach wer­den ließen „und der alte Mensch, je älter er wird, desto kälter wird auch sein Blut mit der Zeit“. Jo­se­ phus ( Jüdische Altertümer 7,343) nennt ebenfalls einen körperlichen Grund: Davids hohes Alter habe seine Krankheit verursacht. Einige moderne Mediziner gehen jedoch darüber hinaus und ver­su­chen, eine exakte medizinische Diagnose für Davids Krankheit zu stellen. Liubov (Louba) Ben-Noun vom Soroka University Medical Center der Ben-Gurion University of the Negev (Beer

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Altertü­mer 7,343),7 gaben ihm den Rat, dass „ein Mädchen, eine Jungfrau“ zu ihm gebracht werden sollte, das ihn pflegen und mit ihm schlafen sollte, um seinen Körper warm zu halten (1. Kön 1,2).8 David wurde jedoch, anders als sein früheres Selbst (gemäß dem Samuelbuch hatte er 17 Kinder; 2. Sam 3,2–5; 5,14; 1. Chr 3,1–9 listen überdies 19 Kinder auf),9 sogar von der schöns­ten Jungfrau in Israel, Abischag der Schunemiterin, nicht erregt.10 Die ausführliche Be­schreibung vom Zustand des Königs und Abischags Schönheit sowie ihrer Aufgabe (1. Kön 1,1–4b) endet mit einer kur­zen, antiklimaktischen Phrase: ‫„( והמלך לא ידעה‬aber der König erkannte sie nicht [sexuell]“, 1. Kön 1,4c).11 Tatsächlich dient die starke Be­tonung von Abischags Schönheit dazu, die völlige Impotenz König Davids aufzuzeigen. So erfüllte sie nur den ersten, weniger wichtigen Teil von dem doppelten Auftrag, mit dem sie zum König geschickt worden war: ‫„( ותהי לו סכנת ושכבה בחיקך‬lasst sie seine Dienerin [oder Pflegerin] sein, lasst sie in deinem Schoß liegen“; 1. Kön 1,2d–e), ‫„( ותהי למלך סכנת ותשרתהו‬sie wurde die Dienerin des Sheva, Israel) vertritt die Meinung, 1. Kön 1,1 deute darauf hin, dass David an Hypothermie litt. „Von den verschiedenen Krankheiten, die Lähmungen und Hypothermie verursachen, kommen vor allem Demenz, senile Osteoporose, Hyperparathyreoidismus oder bösartige Tumore in Frage. Von die­sen Möglichkeiten ist ein bösartiger Tumor die wahrscheinlichste“ („Among various diseases, the most likely to cause immobility and subsequent hypothermia are dementia, senile osteoporosis, hyper­parathyroidism, or malignancy. Among these diseases, malignancy is the most acceptable“; L. Ben-Noun, „Was the Biblical King David Affected by Hypothermia?“, Journal of Gerontology 57 [2002], S. 364–367, insb. 364). In einem anderen Artikel, „Mental Disorder that Afflicted King David the Great“, His­to­ry of Psychiatry 15 (2004), S. 467–476, kommt Ben-Noun zu einem anderen Schluss: „Eine Analyse der Passagen, die sich auf König David beziehen, deutet darauf hin, dass er unter einer psychischen Krankheit litt, und von den vielen Möglichkeiten kommen am ehesten eine schwe­re Depression, Dysthymie oder eine leichtere Depression in Frage. Von diesen Möglichkeiten scheint eine schwere Depression die wahrscheinlichste zu sein“ („Evaluation of the passages referring to King David indicates that he was afflicted by some mental disorder, and among the many possibilities, major depression, dysthymia and minor depression are the most likely. Of these diagnoses, major depression seems the most acceptable“; ebd., S. 467). 7 Das Wort ‫ עבדיו‬bedeutet hier nicht „seine Sklaven“ („his slaves“) oder „Edelleute des Schlafgemachs“ („gentle­men of the bedchamber“), wie beispielsweise J. A. Montgomery und H. S. Gehman, A Crit­ ical and Exegetical Commentary on the Books of Kings, International Critical Commentary (Edin­ burgh: T. & T. Clark, 1951), S. 71, übersetzen; diese wären mit Sicherheit weder in der Lage gewesen, dem König irgendwelche Ratschläge zu erteilen, noch wäre es ihnen erlaubt worden. 8 Das ist ein gutes Beispiel dafür, was der Ver­fas­ser meinte, als er Samuels Warnung vor der absolu­ten Macht des Königs anführte: „Und eure Töchter wird er… nehmen“ (1. Sam 8,13) – letztlich für alles, was er wollte! 9 Siehe Kapitel VII, § I I. 10 Die syrische (Peschițta) und arabische Übersetzung identifizieren „Abischag, die Schunemite­rin“ mit „Sulamith“ aus Hhld 7,1 und schreiben „Abischag, die Sulamiterin“. Die Bezeichnung „Schu­ ne­mi­te­rin“ deutet jedoch auf Abischags Heimatstadt Schunem hin, die im Territorium von Issachar in der östlichen Jesreel-Ebene liegt (Jos 19,18, siehe auch 1. Sam 28,4; 2. Kön 4,8). In ähnlicher Wei­se wurde auch die „wohlhabende Frau“ aus Schunem (2. Kön 4,8) als „die Schunemiterin“ bezeich­net (2. Kön 4,12.25.36). Für einen Überblick über frühere Diskussionen zu diesem Namen siehe Mont­ gomery und Gehman, The Books of Kings, S. 81–82; Mulder, 1 Kings 1–11, S. 35–36. 11 Zu dem Begriff ‫(„ ידע‬eine Frau) erkennen“ vgl. Gen 4,1; 24,16; 38,26.

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Königs und pflegte ihn“; 1. Kön 1,4b).12 Der Hauptzweck, warum Abischag zum König gebracht wurde – ‫– ושכבה בחיקך‬, konnte nicht erfüllt werden, weil der König so schwach ge­worden war. Es wären genug Diener dagewesen, die den König hätten bedienen bzw. pflegen können, aber offenbar war niemand in der Lage, seinen Körper auf intime Weise zu wärmen. Einige Wis­sen­schaft­ler haben abgestritten, dass dieser Bericht über Davids Zustand ur­sprüng­lich zu 1. Könige 1 gehörte, übersehen dabei aber die Tatsache, dass die In­for­ ma­tion aus den Versen 1–4 die notwendige Grundlage für die ganze nachfolgende Er­ zäh­lung von Nathans und Batsebas Intrige ist, die schließlich dazu führte, dass Sa­lo­mo die Thron­folge antrat (1. Kön 1,5–53). Diese Erörterung dient nicht nur, wie einige In­ ter­pre­ten meinen, als Einleitung von 1. Kön 2,13–25, wo Adonia bittet, dass Abischag sei­ne Frau werden möge.13 So trennte beispielsweise Martin Noth 1. Kön 1,1a von den darauffolgenden Versen 1b–4 und betrachtete letztere als ursprünglichen Teil der Er­zäh­ lung aus 1. Kön 2,13–25.14 Ähnlich argumentierte auch Saul Zalewski, dass 1. Kön 1,1–4 in keiner Verbindung zu der nachfolgenden Ge­schich­te in 1. Kön 1,5–8 stehe.15 Da­vids schlechte körperliche und geistige Verfassung ist jedoch nötig, um viele Aspekte der darauffolgenden Er­zäh­lung zu verstehen, darunter auch wie er auf die Intrige herein­fal­ len konnte. So wird später in 1. Könige 1 berichtet, dass das Schlafzimmer des Königs in ­einen Raum verwandelt wurde, in dem er nicht nur seine geliebte Ehefrau Batseba emp­f ing (1. Kön 1,15–16.28–31), sondern auch seine religiösen, militärischen und zivilen Wür­denträger (1. Kön 1,22–23.32.47).16 Als Batseba darüber hinaus das Schlafzimmer be­tritt, reagiert David distanziert, als würde sie eine Fremde sein, nämlich mit den glei12 Vgl. 1. König 1,15c. Es scheint, dass der Begriff ‫ ותשרתהו‬die Phrase ‫ ותהי למלך סכנת‬interpretiert. Ver­se 15b+c sind jedoch keine „unnötige Wiederholung“ von Versen 1–4 und daher auch keine späte­re Hin­zufügung, wie einige Kommentatoren vorschlagen, z. B. Klostermann, Die Bücher Samue­lis und der Könige, S. 264; Greßmann, Die älteste Ge­schichts­schrei­bung und Prophetie Israels, S. 188. Viel­mehr handelt es sich um einen kurzen Rückblick, der an Davids Zustand erinnert, der vor­her ausführ­lich beschrieben worden war; vgl. Würthwein, Das Erste Buch der Könige, S. 14; S. J. DeVries, 1 Kings, Word Biblical Commentary 12 (Waco, TX: Word, 1985), S. 11. Meiner Meinung nach ist die In­ter­ pre­tation David Kimchis (der sich Cogan, I Kings, S. 159–160 anschließt) unannehm­bar, der­zufolge dieser Vers berichtet, wie „Batseba die Kammer betrat, obwohl der König im Bett intim war mit Abi­schag, und es war niemandem gestattet, ohne Erlaubnis einzutreten, außer ihr, denn sie war seine Frau.“ Nathan habe dieselbe Kammer betreten, als „sie noch mit dem König sprach“ (1,23), und ihm folg­ten Zadok und Benaja auf dem Fuß (1,32). Es ist geradezu unvorstellbar, dass die­se Wür­denträger den Raum betraten, „obwohl der König im Bett intim war mit Abischag“. 13 Siehe z. B. Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 71; M. Noth, Könige, Biblischer Kom­ men­tar Altes Testament 9/1 (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1968), S. 13–14; Würth­ wein, Das Erste Buch der Könige, S. 10. 14 Siehe Noth, Könige, S. 13–14. 15 Siehe Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne, S. 44. Vgl. auch Gray, I & II Kings, S. 76: „Es könnte sich dabei [1. Kön 1,1–4], wie auch bei 2,13ff., um eine sekundäre Ausschmückung der Er­zäh­lung von der davidischen Thronfolge handeln“ („It may, like 2:13ff., be a secondary elaboration of the Story of the Davidic Succession“). 16 Anders als Veijola und Würthwein annehmen, gibt es keinen Grund, 1. Kön 1,46–48 als eine späte Hinzufügung anzusehen; siehe Würthwein, Das Erste Buch der Könige, S. 8 (und dort den Ver­weis auf Veijola).

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chen Worten wie bei der Frau aus Tekoa (2. Sam 14,5). Er spricht sie geradeheraus an: „Was willst du?“ (‫מה לך‬, 1. Kön 1,16b).17 Man kann dieses Verhalten mit Sa­lo­mos Reaktion ver­­ glei­chen, als Batseba zu ihm kam, um in Adonias Namen mit ihm zu sprechen: „Der Kö­­nig stand auf und ging ihr entgegen und verbeugte sich vor ihr; dann setzte er sich auf sei­nen Thron und ließ einen Thron für die Königsmutter bringen, und sie setzte sich zu sei­­ner Rechten. Dann sagte sie: ‚Ich habe eine einzige kleine Bitte an dich; weise mich nicht ab.‘ Und der König sprach zu ihr: ‚Bring deine Bitte vor, meine Mutter; denn ich werde dich nicht abweisen‘“ (1. Kön 2,19–20). Ein anderes Beispiel aus einem späteren lite­­ra­ri­schen Werk ist die Reaktion König Ahasveros auf Esther: „Dann sagte der König zu ihr: Was möch­test du, Königin Esther, und was ist dein Wunsch? Er soll dir gewährt werden, bis zur Hälf­te des Königreichs!“ (Est 5,3). Im Gegensatz dazu bestätigt Davids kühle und har­sche Reak­tion auf Batseba seine schlechte körperliche und geistige Verfassung. David war also im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr er selbst. Er konnte nicht einmal mehr die grundlegendsten Vorgaben des königlichen Protokolls einhalten, und es scheint, als sei er nicht in der Lage gewesen, sich vernünftig mit der Frage zu befassen, wer das Kö­nigreich in Zukunft als sein Nachfolger beherrschen sollte. Nur im Licht die­ser In­for­mationen ist es möglich, die nachfolgende Er­zäh­lung zu verstehen, die schließlich zu Sa­lo­mos Krönung führt. 2 Rebellierte Adonia gegen seinen Vater David? Die sorgfältige Lektüre von Sa­muel-Kö­ni­ge legt folgende historische Schlussfolge­run­gen nahe: 1. Am Ende von Davids Herrschaft war die politische Situation unklar: Es gab gute Grün­de anzunehmen, dass einer der Söhne Davids seinen Thron erben und König über Juda, d. h. die Südstämme, sein würde, aber würde er auch über Israel, also die Nord­stämme, herrschen?18 Mit letzteren hatte David einen speziellen Bund „vor dem Herrn“ geschlossen, um über sie zu herrschen (2. Sam 5,1–3). Es handelte sich dabei, wie Al­brecht Alt bemerkte, um eine „Personalunion zwischen Nachbarreichen“.19 Die bei­den Königreiche standen unter der Herrschaft ein und desselben Königs, der von beiden akzeptiert wurde.20 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass nach Sa­lo­ 17 Es gibt keinen Grund, ‫ מה לך‬in 2. Sam 14,5 mit „Was hast du?“ zu übersetzen und in 1. Kön 1,16b mit „Was willst du?“, wie dies etwa in der Lutherbibel 2017 der Fall ist. Ähnlich übersetzt Kloster­mann in 2. Sam 14,5 „Was fehlt dir?“, aber in 1. Kön 1,16b „Was ist dir?“; siehe Klostermann, Die Bü­cher Samuelis und der Könige, S. 191 und 264. Die King James Version übersetzt in 2. Sam 14,5 „What aileth thee?“, in 1. Kön 1,16b jedoch „What wouldest thou?“. In der Revised Standard Version wird der Satz in 1. Kön 1,16b mit „What do you desire?“ wiedergegeben, in 2. Sam 14,5 aber mit „What is your trouble?“. Diese Übersetzungen übersehen offenbar die Tatsache, dass in beiden Versen derselbe hebräische Ausdruck verwendet wird. 18 Vgl. Würthwein, Das Erste Buch der Könige, S. 9–10. 19 Siehe A. Alt, „Die Staatenbildung der Israeliten in Palästina“, in Kleine Schriften zur Ge­schich­te des Vol­kes Israel (München: C. H. Beck, 1964), Bd. 2, S. 1–65, insb. 45–47. 20 Ein anderes Beispiel für eine solche Personalunion vom Beginn des 8. Jh. v. u. Z. ist der Fall von König Zkr von Hamath und La’asch – zwei Staatswesen, die damit einverstanden waren, von ­einem König regiert zu werden, wie David und Sa­lo­mo Könige von Israel und Juda waren (2. Sam 5,5;

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mos Tod sein Sohn Rehabeam König über die Südstämme wurde (1. Kön 11,43; 12,17). Als er aber auch über die Nordstämme herrschen wollte, kamen deren Repräsentanten nicht nach Jerusalem. Stattdessen kam er zu ihnen nach Si­­chem, um ihre Zustimmung zu erlangen. Da sich der neue König jedoch weigerte, die Be­­dingungen der Stämme zu erfüllen, verliefen die Verhandlungen erfolglos, und es kam zur Teilung des geeinten Königreichs (1. Kön 12,1–16). 2. Gemäß 1. Könige 1,20 bereitete David keinen seiner Söhne darauf vor, sein Nach­­fol­ ger als König von Juda und Israel zu werden, und ernannte auch keinen von ihnen für dieses Amt. Nachdem er alt, krank und schwach geworden sowie isoliert war, konnte oder wollte er in dieser Frage keine Stellung mehr beziehen. Außerdem gab es ver­­mut­ lich nicht einmal eine festgelegte Verfahrensweise für die Thronfolge, da das Kö­nig­ tum in Israel noch relativ jung war. 3. Ein Blick auf die Thronfolgeerzählungen der Dynastien im Alten Israel zeigt, dass in der Regel der erstgeborene Sohn21 oder der älteste überlebende Sohn des Königs22 der Thron­folger war. Wenn der König jedoch noch lebte, lag die Entscheidung darü­ber, wer sein Nachfolger sein sollte, bei ihm (1. Kön 1,20.27b).23 1. Kön 1,35); siehe M. Noth, „La’asch und Hazrak“, Aufsätze zur bi­bli­schen Landes- und Al­ter­tums­ kun­de (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1971), Bd. 2, S. 135–147, insb. 136. Es gibt wei­te­re Bei­spiele aus verschiedenen Epochen aus Europa, etwa die Personalunion Englands und Schott­lands 1603, als König James VI. von Schottland in England die Thronfolge antrat und die Herr­schaft über bei­de Länder unter einer Krone vereinte. Ein anderes bekanntes Beispiel ist die österreichisch-un­ ga­rische Personalunion 1867 unter dem Habsburger Franz Josef I., der „Kaiser von Österreich und Apos­tolischer König von Ungarn“ wurde; siehe H. W. Steed, The Habsburg Monarchy (New York: H. Fer­tig, 1969), S. 28–39, insb. 32. 21 Siehe z. B. 2. Chro­nik 21,3 (Sondergut): „Und ihr Vater gab ihnen viele Gaben an Silber und Gold und wert­vollen Dingen, auch befestigte Städte in Juda; aber das Königtum gab er Joram; denn er war der Erst­geborene.“ Obwohl diese Information nur in der Chro­nik vorkommt, gibt es keinen Grund, ihre his­torische Verlässlichkeit anzuzweifeln. Der Brauch, dass der erstgeborene Sohn den Thron erbte, ist auch von anderen Kulturen des Alten Orients im Umfeld Israels bekannt. Dennoch gab es eini­ge Ausnahmen; siehe Anm. 23. 22 Siehe Nr. (4) und Ishida, The Royal Dynasties in Ancient Israel, S. 152, 154–155. 23 Zu diesem Thema siehe de Vaux, Ancient Israel, S. 100–102. So bestimmte beispielsweise Rehabeam Abia zu seinem Nachfolger, obwohl Jëusch sein ältester Sohn war (2. Chr 11,18–23, insb. 11,22, Son­ der­g ut). Es gibt kein vernünftiges Argument dafür, die Historizität dieser Informationen in der Chro­­ nik anzuzweifeln. Wie bereits Kittel feststellte: „Sie scheinen aus einer alten Quelle zu stammen“; siehe Kittel, Die Bücher der Chro­nik, S. 126. Auf jeden Fall gibt es keine Möglichkeit fest­­­zu­stel­len, ob dieser Text auf der Vorlage des Chro­nisten basiert, wie Benzinger, Die Bücher der Chro­­nik, S. 97, an­nimmt. Im Prinzip ist die Er­zäh­lung in der Chro­nik nicht außergewöhnlich. In ähnli­­cher Wei­se be­ stimmte auch Sanherib, der König von Assyrien, nicht seinen ältesten Sohn als Thron­­er­ben, son­dern einen jüngeren, Asarhaddon (Aššur-aḥ -iddina), den Sohn seiner geliebten Köni­gin Naqî’a (= „die Reine“, so lautete der Name auf Aramäisch; auf Assyrisch wird er als Zakûtum wieder­ge­ge­ben); siehe H. Lewy, „Nitokris-Naqî’a“, JNES 11 (1952), S. 264–286, insb. 271–272. Im Jahr 672 v. u. Z . machte Asarhaddon seinen jüngeren Sohn Aššurbanipal (668–627 v. u. Z .) zum Herr­­scher über das as­syrische Reich, während er seinen erstgeborenen Sohn Schamasch-schum-ukin zum Herr­­scher von Ba­by­lonien ernannte; siehe E. Weidner und S. Parpola, Letters from Assyrian Scholars to the Kings Esar­ haddon and Aššurbanipal: Part I – Texts, Alter Orient und Altes Testament 5/1 (Neu­k irchen-Vluyn: Neu­k irchener Verlag, 1970), Nr. 129,3–13 (der Text steht auf S. 102, die Über­set­­zung auf 103).

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4. Nachdem Amnon, Absalom und vermutlich Kilab (vgl. 2. Sam 3,3; 13,1–30; 18,9–15) gestorben waren,24 war Adonia Davids ältester überlebender Sohn (1. Kön 1,6c) und daher der rechtmäßige Kronprinz und potenzielle Thronfolger. Das wird erstmals aus Adonias Aussage gegenüber Batseba deutlich: „Du weißt, dass das König­­tum mir zustand und dass ganz Israel sein Gesicht auf mich gerichtet hatte, dass ich herr­schen sollte“ (1. Kön 2,15a). Es wird bekräftigt durch Sa­lo­mos Antwort an sie: „Und wa­­rum bit­test du Abischag, die Schunemiterin, für Adonia? Erbitte doch gleich das Kö­nig­tum für ihn; denn er ist mein älterer Bruder“ (1. Kön 2,22). Auch wenn der letzte Teil von 2,15b, ‫כי‬ ‫„( מיהוה היתה לו‬denn es war von dem Herrn bestimmt für ihn“), Teil der Be­mühun­gen des Ver­fas­sers ist, Sa­lo­mo als den von Gott erwählten, recht­mäßi­gen Kö­nig darzustellen, setzen diese Verse voraus, dass Adonia der erwartete Thron­fol­ger war. 5. Adonia versuchte, Aufmerksamkeit zu erregen und zugleich seine hohe Stellung hervorzuheben. Er umgab sich mit einem zeremoniellen Leibwächter: „ein[em] Wagen und Reitern25 und fünfzig Männern, die vor ihm herliefen“ (1. Kön 1,5b).26 Dieses Vor­­gehen war an sich harmlos, und deshalb tadelte David ihn nicht (1. Kön 1,6a). In­ dem er sich so verhielt, handelte Adonia ähnlich wie sein verstorbener älterer Bruder Ab­­sa­lom (2. Sam 15,1), der von seinem Vater ebenfalls nicht gerügt wurde, da sein Ver­­hal­ten nicht zu tadeln war.27 Bedeutet diese Anspielung jedoch, angesichts der Tatsache, dass Absalom später gegen David rebellierte, dass Adonia dasselbe tat?28 24 Wir haben keine Informationen über Kilab, Davids zweitältesten Sohn. Wahrscheinlich starb er jung. In 1. Chro­nik 3,1 wird er „Daniel“ genannt; siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nis­ ten, S. 92–99, insb. 99. 25 In 1. König 1,5 steht ‫( רכב ופרשים‬vgl. 1. Kön 9,19; 10,26), während sich Absalom in 2. Sam 15,1 mit ‫ מרכבה וססים‬umgibt (vgl. 1. Kön 5,6; 10,28–29). Beide Ausdrücke erscheinen auch andernorts in Berichten über Sa­lo­mos Herrschaft. Tatsächlich sind sie synonym und bezeichnen dieselben Din­ge (siehe z. B. Ex 14,9.17–18.23.25.28; 15,4.19; Ez 26,7). Es ist daher nicht nötig, den Text von 1. Kön 1,5 gemäß 2. Sam 15,1 zu „korrigieren“, wie Klostermann, Die Bücher Samuelis und der Könige, S. 263, vor­schlägt. Ihm folgt I. Benzinger, Die Bücher der Könige: Erklärt, Kurzer Hand-Commentar zum Al­ ten Testament 9 (Tübingen: J. C. B. Mohr [P. Siebeck], 1899), S. 2–3; siehe auch Cogan, 1 Kings, S. 157. 26 Siehe auch 1. Samuel 8,11 und vgl. mit ‫„( הרצים‬Läufer“) in 1. Sam 22,17; 1. Kön 14,27–28 und 2. Kön 10,25; 11,4.6.11; siehe auch Vers 19: ‫„( שער הרצים‬das Läufertor“). Interessanterweise ehrte Elia den König von Israel und „lief vor Ahab her“ (1. Kön 18,46). Barrakib, der Sohn Panammus, des Kö­nigs von Sam’al, bezeugt (730 v. u. Z .): „Und ich lief am Rade meines Herrn, des Königs von Assur [i. e. Tiglath-Pileser III.]“, siehe Delsman, „Aramäische historische Inschriften“, S. 625–637, insb. 631; F. Rosenthal, “Barrakab of Y’DY-SAM’AL,” in J. B. Pritchard (Hg.), Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament (ANET), 3. Aufl. mit Ergänzungen (Princeton: Princeton University Press, 1969), S. 655A. Wie Cogan (I Kings, S. 157) richtigerweise feststellt: „Neben oder vor dem Wa­ gen des Königs herzulaufen, zeigte Verehrung und Gehorsam gegenüber dem Oberherren“ („Run­ ning by or in front of the king’s chariot signified honor and obeisance to one’s overlord“). 27 Obwohl 2. Samuel 15,6 Absaloms Verhalten zu Beginn des Berichts über seine Rebellion mit den Worten ‫„( ויגנב אבׁשלום את־לב אנׁשי יׂשראל‬Und Absalom stahl die Herzen der Männer Israels“) beschreibt, scheint damit nur gemeint zu sein, dass er am Tor saß und die Rolle des Königs als Streitschlichter einnahm (2. Sam 15,2–5), nicht aber, dass er einen Wagen und Läufer hatte (2. Sam 15,1). Möglicherweise hätten die Dinge anders gelegen, wenn Absalom (bzw. Adonia) ohne Erlaub­ nis auf dem Maultier des Königs geritten wäre(n) (vgl. 1. Kön 1,38), doch das tat er nicht. 28 Siehe z. B. Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 115–116, insb. 116: „Der salo­

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Dass der Erzähler etwas in diese Richtung andeuten wollte, kann nicht völlig ausge­ schlossen werden. Die Er­zäh­lung im Ganzen unterstützt diese Schlussfolgerung jedoch nicht: Trotz der physischen Ähnlichkeit zwischen den beiden Brüdern und den Parallelen in ihrem Vorgehen (1. Kön 1,5b.6b)29 ergibt der Vergleich mehr Un­ter­ schiede als Gemeinsamkeiten. Der Text sagt explizit: „Sein Vater hatte ihm [i. e. Ado­ nia] nie etwas verwehrt (oder ihn getadelt), dass er gesagt hätte: Warum handelst du so?“ (1. Kön 1,6a). Ebensowenig rebellierte Adonia gegen seinen Vater, indem er sich so verhalten hätte wie Absalom (2. Sam 15,7–13).30 6. Selbst wenn die explizite Erwähnung von Absalom in 1. Kön 1,6 als Hinweis verstanden werden könnte, dass der Erzähler Adonias Anspruch auf den Thron für unrechtmäßig hielt, so war er es in Wirklichkeit vermutlich doch. Adonia stellte sich gut mit al­len seinen Brüdern außer mit Sa­lo­mo, mit den hohen Beamten des Königreichs, vor allem mit Joab, dem Oberbefehlshaber des Heeres, und dem bekannten Priester Abja­ tar, und er gewann ihre Unterstützung (1. Kön 1,7.9). Auch in diesem Fall tat Ado­­nia nichts Illegales. Er rebellierte nicht gegen seinen Vater, wie es Absalom getan hatte (2. Sam 15,2–18,17). Der Erzähler spielt darauf an, wenn er bemerkt: „Adonia, der Sohn der Haggit, erhob sich und sagte: Ich bin es, der König wird“ (‫חגית‬-‫ואדוניה בן‬ ‫ ;מתנשא לאמר אני אמלך‬1. Kön 1,5a). Adonias Erklärung bezieht sich auf die Zukunft, auf die Zeit nach dem Tod seines Vaters David. Er sagte nicht zu Lebzeiten seines Va­ ters: „Ich bin Kö­nig“, wie Absalom das getan hatte: „Absalom ist König in Hebron!“ (‫מלַ ְך אבשלום בחברון‬, ָ 2. Sam 15,10). Obwohl Nathan dies mit den Worten „Adonia, der Sohn von Haggit, ist König“ (‫חגית‬-‫מלַ ְך אדניהּו בן‬, ָ 1. Kön 1,11) wiedergibt, entspricht das nicht dem, was wirklich bei Adonias Bankett gesagt wurde. Sie bliesen nicht das Schofar-Horn und riefen nicht „Lang lebe König Adonia!“, wie das später bei Sa­lo­mo und Joasch (1. Kön 1,39; 2. Kön 11,12) der Fall war. Es gibt in der Thronfolgeerzählung auch keine anderen Hinweise darauf, dass Adonia bei dem Bankett in En-Rogel zum Kö­nig ausgerufen wurde (1. Kön 1,9–10).31 Höchstwahrscheinlich handelte es sich um eine Versammlung von Adonias engsten Verbündeten und allen Beamten Judas (‫כל אנשי יהודה עבדי המלך‬, 1. Kön 1,9c), um Zusammenhalt untereinander und So­li­da­ ri­­tät zu dem Kronprinzen zu demonstrieren.32 Unter diesen Umständen und mit der mo­nische Ge­schichts­­schrei­ber [wollte] den Leser täuschen, indem er die falsche Vorstellung ver­mit­ telte, dass Adonia nicht nur in Absaloms Fußstapfen trat, sondern auch den entscheidenden Schritt in Richtung einer Rebellion tat, indem er Streitkräfte um sich sammelte“ („[T]he Solomonic his­ toriographer [wanted to] mislead the reader with the false idea that Adonijah not only had followed in the footsteps of Absalom but also had made the decisive step toward a rebellion by gathering a military force“). 29 Vgl. mit 2. Samuel 14,25 bzw. mit 2. Sam 15,1. 30 Dagegen Ishida (His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 117), der davon ausgeht, dass „die Dar­stel­lung von Adonia in 1. Kön 1,5–6 aus einer durchgehend feindlichen Perspektive der Par­ tei [geschrieben wurde], die gegen Adonia war“ („the portrayal of Adonijah in 1 Kgs 1:5–6 was made from the consistently inimical viewpoint of the party opposing Adonijah“). 31 Dagegen Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne, S. 45–46; siehe dort auch die Hinweise auf an­ de­re Wis­sen­schaft­ler, die eine ähnliche Meinung vertreten haben. 32 Es fällt auf, dass der Erzähler die Menschen, die zu Adonias Bankett eingeladen waren, als ‫קראים‬

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mas­siven Unterstützung seiner Brüder, der Beamten des Königreichs – darunter die Schlüs­selfiguren – und des Volkes, hatte Adonia überhaupt keinen Grund zu rebel­ lie­ren. Stattdessen wartete er gelassen darauf, dass David, dessen Tage gezählt waren, starb und er den Thron erben würde. 7. Nachdem er seinen Bruder Amnon getötet hatte, hatte Absalom ein kompliziertes Verhältnis zu seinem Vater (2. Sam 13,24–39). Selbst nach seiner Rückkehr aus Ge­schur war die Beziehung angespannt, und David wollte ihn nicht sehen (2. Sam 14,24). Er hatte einen guten Grund, um seine Stellung als Nachfolger seines Va­ters zu bangen, und usurpierte deshalb den Thron (2. Samuel 15). Soweit wir aus den Quel­ len wissen, hatte Adonia im Gegensatz dazu keinen Konflikt mit seinem Vater (vgl. 1. Kön 1,6). Er musste also nicht fürchten, dass sein Vater ihn als zukünftigen Nach­ fol­­ger ablehnen würde, und hatte daher keinen Grund, gegen David zu rebellieren. 8. Die rasche Auflösung der Partei von Adonias Unterstützern (1. Kön 1,49) „zeigt, dass sie keine Vorbereitungen für eine Revolte getroffen hatten und von der Hofintri­ge der Fraktion Sa­lo­mos überrascht wurden. Andernfalls hätten sie David und Sa­lo­mo bewaffneten Widerstand entgegengesetzt.“33 9. Gemäß dem „Testament Davids“ beschuldigte David Joab, dass er Abner, den Sohn Ners, und Amasa, den Sohn Jeters, getötet habe (1. Kön 2,5–6). Er beschuldigte Joab je­doch nicht, das „aufrührerische“ Handeln Adonias unterstützt zu haben, sprich, ihn zu Lebzeiten seines Vaters zum König ausgerufen zu haben, ohne dass dieser davon wusste. 10. Andererseits verlangte Adonia nach der Nebenfrau seines Vaters (1. Kön 2,17). Das erinnert an eine von Absaloms ersten Handlungen, nachdem David aus Jerusalem geflohen war: Er schlief mit Davids Nebenfrauen (2. Sam 16,21–22; vgl. 2. Sam 12,11). Deshalb könnte Adonias Wunsch als ein Akt der Rebellion interpretiert werden, der demjenigen von Absalom glich. Neben den bereits erwähnten Aspekten muss jedoch her­vorgehoben werden, dass Adonia diesen Wunsch erst nach Davids Tod äußerte. Obwohl sein Wunsch mit Sicherheit einen Anspruch auf den Thron impliziert, was Sa­lo­mo auch erkannte (1. Kön 2,22; vgl. auch 2. Sam 12,8), war David bereits tot. Er stellt damit also Sa­lo­mos Position infrage, nicht diejenige Davids. Tatsächlich hatte Ado­nia vermutlich nie vor, den Thron seines Vaters zu usurpieren; er widersetzte sich le­diglich Sa­lo­mos Anspruch, David nachzufolgen. 11. Auch Abjatar wurde im Testament Davids nicht beschuldigt, eine Rebellion unterstützt zu haben. Stattdessen wurde seine Loyalität gegenüber David selbst von Sa­lo­ mo hervorgehoben, der ihn ansonsten dafür verurteilte, dass er Adonia unterstützt („die Gäste“, 1. Kön 1,41.49) bezeichnet. Derselbe Begriff erscheint auch in 2. Sam 15,11 in der Er­ zäh­lung von Absalom. Während die ‫ קראים‬im Falle Absaloms jedoch keine Ahnung davon hat­ten, dass er gegen seinen Vater rebellieren würde ‫)הלכים) לתמם ולא ידעו כל דבר‬, war im Falle Adonias al­les eindeutig: Er hatte bereits erklärt: „Ich werde König sein!“ 33 „The easy collapse of Adonijah’s party shows that they had made no preparation for revolt and were taken by surprise by the court intrigue of Solomon’s factions. Otherwise, they would have offered armed resistance to David and Solomon“; Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 118.

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hatte: „Ich will dich am heutigen Tag nicht hinrichten, denn du hast die Lade [‫]ארון‬34 Got­tes, des Herrn, vor meinem Vater David hergetragen und du hast gelitten in allem, worin mein Vater gelitten hat“ (1. Kön 2,26). 12. Da Joab und Abjatar erst nach Davids Tod aus ihren Machtpositionen entfernt wurden, bedeutet das, dass sie ihre Stellung während der Ko-Regentschaft von David und Sa­lo­mo (1. Kön 1,48) behalten durften. Das wäre sehr unwahrscheinlich, falls sie sich tatsächlich mit Adonia gegen David verbündet hätten.35 Alle diese Informationen über die historische Situation basieren unvermeidlich auf dem Be­richt in Sa­muel-Kö­ni­ge. Da die darin enthaltenen Belege aber keine Tendenz zur Un­ ter­stützung von Adonias Handeln erkennen lassen – er scheint im Gegenteil eher Sa­lo­mo zu bevorzugen –, sollte den darin enthaltenen Hinweisen, dass Adonias Verhalten für einen Kronprinzen angemessen war, eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen werden. Als äl­tester überlebender Sohn Davids und dessen erwarteter Nachfolger scheint Adonia auf die gebrechliche Verfassung des kranken und betagten David reagiert zu haben, in­dem er seine Unterstützer in der Erwartung von Davids nahem Tod verstärkte. Es gibt kei­nen Hin­weis darauf, dass er rebellierte, doch sein Thronanspruch blieb nicht unangefochten. 3 Verschwörung am Hof: Nathan und Batseba treten David gegenüber Auch wenn die vorherige Erörterung stark darauf hindeutet, dass Adonia nicht gegen sei­ nen Vater rebellierte, wusste David von diesen Ereignissen nur aus zweiter Hand, da er we­gen seiner schlechten körperlichen und geistigen Verfassung offenbar ans Bett gefesselt war. Es scheint, dass Nathan, der David als Hofprophet diente,36 aus dieser Situa­tion einen Vorteil zog, um Adonias Thronfolge dadurch zu verhindern, dass er diesen vor dem Kö­nig als Rebellen darstellte und David drängte, stattdessen Sa­lo­mo als Nachfolger zu wählen. In Sa­muel-Kö­ni­ge wird Nathan als weiser Mann dargestellt, der David Gottes Wor­te über­mittelte (2. Samuel 7.12) und Batseba Ratschläge gab, wie sie ihren Sohn Sa­lo­mo auf den Thron bringen könnte (1. Könige 1). Wolfgang Oswald streitet jedoch jegliche Existenz eines historischen Nathan im 10. Jh. v. u. Z. ab. Seiner Meinung nach ist der Na­ than, der in 2. Samuel 7.12 und 1. Könige 1 beschrieben wird, eine literari­sche Figur, die im 7. und 6. Jh. v. u. Z. geschaffen wurde.37 Oswalds These basiert jedoch auf einer sehr dün­nen literaturgeschichtlichen Grundlage und wirft eine ganze Reihe ernster Probleme auf, wie Walter Dietrich überzeugend gezeigt hat.38 Tatsächlich beruht der Bericht über die beiden Parteien, die in 1. Könige 1–2 um die Thronfolge Davids rin­gen – darun­ter 34 Wahrscheinlich ist das Wort ‫ ארון‬eine verderbte Form von ‫ ;אפוד‬siehe ausführlich Klostermann, Die Bücher Samuelis und der Könige, S. 271; Gray, I & II Kings, S. 108–109. 35 Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 118. 36 Interessanterweise wird Davids anderer Hofprophet – Gad (1. Sam 22,5; 2. Sam 24,11–19; 1. Chr 21,9; 29,29; 2. Chr 29,25) – in der Thronfolgeerzählung nicht erwähnt. 37 Siehe Oswald, Nathan der Prophet, insb. S. 11, 236–275. 38 Siehe W. Dietrich, „Von den ersten Königen Israels: Forschung an den Samuelbüchern im neuen Jahrtausend. Zweiter Teil“, TRu 77 (2012), S. 263–316, insb. 277; siehe auch die kritischen Fragen in der Rezension, die B. Biberger zu Oswalds Buch verfasst hat, in BZ 54 (2010), S. 119–120, insb. 120.

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nicht nur Nathan, sondern auch Adonia, Batseba, Abischag, Joab, Benaja, Zadok und Schimi – sehr viel wahrscheinlicher auf alten Informationsquellen, als dass es sich um eine reine Erfindung aus der späten judäischen Königszeit handelt. Außerdem ist nicht klar, von wem und zu welchem Zweck diese Figuren hätten erfunden werden sol­len, und wa­rum genau zu dieser Zeit. Es gibt daher keinen Grund anzuzweifeln, dass Na­than eine historische Figur war, die unter David und Sa­lo­mo diente, wie es der bi­bli­sche Text bekräftigt. Auf dieser Grundlage hoffte Nathan vermutlich, dass er, da er in der Gunst Da­vids stand, auch Einfluss auf dessen Nachfolger haben würde. Aus irgendeinem Grund schaff­te er es jedoch nicht, sich mit Adonia gut zu stellen. Wir wissen nicht, was genau zu den Spannungen zwischen den beiden und ihren Anhängern führte,39 aber ge­mäß 1. Kön 1,8–10.26 war Nathan nicht unter den Gästen bei Adonias Ban­kett. Statt­dessen initiierte er eine Verschwörung gegen Adonia, während er zugleich Sa­lo­mos Thron­be­ stei­g ung aktiv unterstützte.40 Damit nutzte Nathan Davids körperlichen und geistigen Zu­stand aus und manipulierte ihn. Ebenso machte er sich Batsebas passi­ven Charakter zu­nutze und setzte sie als Werkzeug ein,41 um David dazu zu bringen, sei­nen ältesten le39 Einige Exegeten (z. B. G. W. Ahlström, „Der Prophet Nathan und der Tempelbau“, VT 11 [1961], S. 113–127) haben vorgeschlagen, dass es sich um einen Konflikt zwischen Jahwisten – repräsentiert von Abjatar als dem Anführer von Adonias Unterstützern – und Vertretern der jebusitisch-kanaanäischen Religion – repräsentiert von Zadok als dem Anführer der Anhänger Sa­lo­mos – gehandelt habe. Dieser Vorschlag entbehrt jeglicher Grundlage, „Berge, die an einem Haar hängen“. Siehe auch Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 111–112. 40 Dennoch ist die Behauptung unwahrscheinlich, Nathan sei Sa­lo­mos „Sponsor“ gewesen und habe ihn deshalb unterstützt, so Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 75. Obwohl 2. Samuel 12 erzählt, dass es Nathan gewesen sei, der dem Kind Sa­lo­mo den Namen Jedidja gegeben habe, was eine Art königliche Legitimation war, projiziert diese Er­zäh­lung vermutlich eher eine Vorstellung in die Zeit von Sa­lo­mos Geburt, die tatsächlich erst während seiner Herrschaft entstand. Es kann weder davon ausgegangen werden, dass Nathan Sa­lo­mo diesen Namen tatsächlich bei dessen Geburt gab, noch, dass er irgendeine andere Rolle in Sa­lo­mos Leben vor den Ereignissen von 1. Könige 1 spielte; zu diesen Fragen siehe Kapitel VI, § I II (c) und Kapitel VIII, § II, 1. Darüber hinaus vermitteln der Name und die erläuternde Phrase in ihrem gegenwärtigen Kontext eine Botschaft der Hoffnung, dass das zweite Kind Davids und Batsebas – anders als das erste, illegitime – überleben und sogar unter Gottes Segen stehen würde; siehe Kapitel VI, § I II (a). 41 Batseba wird in den bi­bli­schen Er­zäh­lungen als jemand dargestellt, die keine eigene „Persönlich­keit“ hat, sondern nur eine passive Figur ist: David ruft sie zu sich und schläft mit ihr, obwohl sie mit Uria, dem Hethiter, verheiratet ist (2. Sam 11,3–4), aber sie schweigt. Nach dem Mord an ihrem Mann trauert sie um ihn, das heißt, sie vollzog die vorgeschriebenen Trauerriten. Aber als David „nach ihr schickte und sie in sein Haus brachte“ und sie seine Frau wurde (2. Sam 11,27), hören wir nicht ihre eigenen Gedanken zu diesem Thema, obwohl „das, was David getan hatte, falsch war in den Augen des Herrn“ (2. Sam 11,27). Nathan schickt sie, David zu besuchen, und sie kooperiert einfach mit ihm (1. Kön 1,11–14). Ihre Reaktion auf Adonias Wunsch, Abischag zu heiraten, und ihre Bitte an Sa­lo­mo, diesen Wunsch, mit dem Adonia letztlich einen Anspruch auf das Königtum erhob, zu erfüllen (1. Kön 2,13–25; vgl. Gen 35,22; 2. Sam 3,7–8; 12,8; 16,21–22), sind nur weitere Beweise für ihre naive und leicht zu manipulierende Persönlichkeit. Man könnte natürlich einwenden, dass es der Erzähler der Thronfolgeerzählung ist, der sie als eine nicht besonders kluge Person darstellt. Die Häufung von Fällen führt jedoch zur Schlussfolgerung, dass sie höchstwahrscheinlich eine passive und naive Persönlichkeit war, ein Mensch, der von anderen leicht und häufig manipuliert werden

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benden Sohn – Adonia – den Thron zu verweigern und stattdessen seinen jüngeren Sohn – Sa­lo­mo – als Thronfolger zu wählen.42 Eine sorgfältige Untersuchung von 1. Kön 1,5– 27 liefert folgende Beweise dafür, dass Nathan ein Komplott schmiedete, um Sa­lo­mo auf den Thron zu bringen: 1. Nathans Frage an Batseba, „Hast du nicht gehört, dass Adonia, der Sohn der Hag­ git, König geworden ist, und unser Herr David weiß nichts davon?“ (1. Kön 1,11), ist un­präzise. Wie bereits gezeigt wurde, hat Adonia sich nicht selbst zum König er­klärt. Folglich sind sowohl die Behauptung Nathans (1. Kön 1,11.13.24–25) als auch die­jenige von Batseba, die auf Nathans Aussage beruht (1. Kön 1,18), falsch. Das ist Teil einer Verschwörung, die einen Vorteil aus Davids miserablem Gesundheits­zu­stand zieht. 2. Nathan warnt Batseba, dass ihr und Sa­lo­mos Leben in Gefahr seien (1. Kön 1,12, siehe auch 1,21), falls Adonia König werden sollte. Obwohl es im Alten Orient nicht un­­ übl­ich war, dass ein neuer König seine potenziellen Rivalen tötete,43 haben wir kei­ nen Beweis dafür, dass Adonia das wirklich vorhatte.44 Adonia lud Sa­lo­mo nicht zu sei­nem Bankett ein, was allerdings viele verschiedene Gründe gehabt haben könnte: viel­leicht weil er einen Jüngling nicht für wichtig genug hielt oder wegen der Skan­dale, die zu seiner Geburt führten (2. Sam 11,1c–12,24). Dass Sa­lo­mo nicht eingeladen war, bedeutet nicht unbedingt, dass Adonia ihn ermorden wollte. Deshalb ist Na­­thans Behauptung fragwürdig und scheint vor allem dem Zweck gedient zu haben, sei­­nem Appell an Batseba Nachdruck zu verleihen, dass sie sich seiner Verschwörung ge­gen Adonia anschließen solle. 3. Nathan und Batseba präsentieren Joab und Abjatar als Unterstützer einer von Ado­ nia angeführten Rebellion. Auf diese Weise versuchen sie, den alten, schwachen und kranken David, der bereits die verheerende Rebellion Absaloms erlebt hat (2. Sa­muel 15–18), in Angst und Schrecken zu versetzen. Sie tun sich zusammen, um ihm das Ge­fühl zu geben, dass die Lage überaus gefährlich und sofortiges Handeln abso­lut not­wen­dig sei (1. Kön 1,18–19). 4. Nathan rät Batseba, den alten und kranken David zu manipulieren, dessen Er­in­ne­ rung nicht länger verlässlich war, indem sie zu ihm sagen sollte: „Hast du, mein Herr, o König, nicht deiner Magd geschworen: ‚Gewiss soll Sa­lo­mo, dein Sohn, nach mir herr­ schen und er soll auf meinem Thron sitzen?‘“ (1. Kön 1,13, siehe auch 1,17). Die For­ derung, Sa­lo­mo zum König zu machen, beruht auf Davids Schwur bzw. Ver­spre­chen. Aber ein solches Versprechen wurde an keiner Stelle erwähnt. Wenn Da­vid Batseba konnte. Zu anderen Lesarten von Batsebas Charakter siehe Nicol, „Bathsheba, a Clever Woman?“, S. 360–363; A. Bach, „Signs of the Flesh: Observations on Characterization in the Bible“, Semeia 63 (1993), S. 61–79, insb. 70–77. 42 Es handelt sich dabei nicht um eine beispiellose Hofintrige. Es gibt vergleichbare Fälle in der Ge­ schich­te der antiken und modernen Welt. Siehe die Beispiele, die Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 74–75, gesammelt haben. 43 Siehe z. B. 1. Könige 15,28–29a; 16,10–12; 2. Kön 9,11–10,14. 44 Dagegen Gray, I & II Kings, S. 96, der annimmt, dass „Adonia… selbst vermutlich darauf vorbereitet [war], gegen seinen Rivalen [= Sa­lo­mo] vorzugehen, wenn er erfolgreich gewesen wäre“ („Adonijah… himself was probably prepared to mete out to his rival [i. e. Solomon] had he been successful“).

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tatsächlich ein so wichtiges Versprechen gegeben hätte, hätte das aller Wahr­schein­ lichkeit nach in den Er­zäh­lungen über David im Samuelbuch eine Spur hin­ter­lassen. Es wäre zumindest Davids Neffen und langjährigem Oberbefehlshaber Joab – der Davids Geheimnis über Uria bewahrte – und seinem Freund und Priester Abjatar be­kannt gewesen. Auch Batsebas Worte bestätigen, wie unwahrscheinlich es ist, dass Da­vid ihr ein solches Versprechen gegeben hatte: „Aber du, mein Herr und König, die Augen von ganz Israel sind auf dich gerichtet, damit du ihnen sagst, wer auf dem Thron meines Herrn, des Königs, nach ihm sitzen soll“ (1. Kön 1,20). Diese Worte widersprechen ihrer Behauptung in Vers 17 über das Versprechen, das David ihr gegeben haben soll. Wenn David ihr bereits geschworen oder versprochen hatte, dass Sa­lo­mo nach ihm regieren sollte, warum weiß dann niemand in Israel davon? 5. Nathan stellt seine Worte gegenüber Batseba als „Rat“ (‫עצה‬, 1. Kön 1,12a) dar. Er fügt hinzu, dass er ihr helfen und sie unterstützen wird: „Während du noch dort mit dem König redest, werde ich nach dir hineinkommen und deine Worte bekräftigen“ (‫ ;ומלאתי את דבריך‬1. Kön 1,14). Wenn es einen solchen Schwur bzw. ein solches Ver­ spre­­chen ge­ge­ben hat, warum sollte er ihr „raten“, das zu sagen, und sie nicht einfach an den Schwur oder das Versprechen erinnern, den bzw. das der König ihr gegeben hatte?45 Und warum wäre es dann nötig gewesen, dass Nathan das bekräftigte? Nathan hätte so etwas sagen müssen wie „Geh hin und erinnere den König“ und nicht „Geh hin und sag dem König“.46 Außerdem erwähnt Nathan bei dem Treffen mit David kein Ver­sprechen, das der König Batseba angeblich gegeben habe (1. Kön 1,23–27).47 6. Das Verhalten Batsebas und Nathans gegenüber David ist unüblich: Nathans Be­neh­ men unterscheidet sich völlig von dem in 2. Samuel 12, als er vor David stand und klar­­ machte: „Du [= David] bist der [böse] Mann!“ (2. Sam 12,7a). Hier jedoch „warf er sich vor dem König zur Erde nieder auf sein Angesicht“ (1. Kön 1,23b), als er die Kam­­mer betrat. Wie bereits von Arnold B. Ehrlich angemerkt, ist „der Prophet, der vor dem Kö­nig stand und Recht und Wahrheit im Namen Gottes sprach, … [von sei­nem Ver­ hal­ten her] ein Anderer als der Prophet, der zu seinem König sprach und dessen Sohn

45 Siehe A. B. Ehrlich, Randglossen zur Hebräischen Bibel (Leipzig: Hinrichs, 1908–1914), Bd. 7, S. 215. 46 Siehe Ehrlich, Mikrâ ki-Pheschutô, II. Divre Sofrim, S. 264; vgl. ders., Randglossen zur Hebräischen Bibel, Bd. 7, S. 215. 47 Einige Exegeten hinterfragen Nathans „Rat“ nicht und nehmen an, dass es Davids Versprechen an Batseba tatsächlich gab, so z. B. Y. Kaufmann, Mekibshunah shel Hayitzira Hamikrait (Tel Aviv: Dvir, 1966), S. 180–184 (Hebräisch); J. Robinson, The First Book of Kings, The Cambridge Bible Com­men­tary (Cambridge: Cambridge University Press, 1972), S. 28: „Es wird als ein feierlicher Schwur beschrieben, obwohl wir denken könnten, dass es sich um etwas von der Art handelt, wie es ein Kö­nig zu seiner Lieblingsfrau sagt“ („It is described as a solemn oath, though we might think it to have been the kind of thing that a king would say to his favourite wife“); Bright, A His­to­ry of Israel, S. 210; Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne, S. 46–57. Einige dieser Forscher streiten ab, dass Da­v id sich am Ende seines Lebens in einer schlechten geistigen Verfassung befand, und glauben, dass er Batseba sein Versprechen im Privaten, sogar „streng vertraulich“, gegeben habe; deshalb habe nie­mand davon gewusst. Kaufmann (ebd., insb. S. 182–184) und Zalewski (ebd., insb. S. 54–55) haben sogar versucht, die beschädigte Würde Nathans „wiederherzustellen“.

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lobte.“48 Martin Noth bemerkt treffend: „Nathan aber erscheint in der Er­zäh­lung als ein Intrigant, der es sehr gut versteht, sich in Kreisen des königlichen Ho­fes zu bewegen und alles so zu arrangieren, daß das von ihm erstrebte Ziel erreicht wird.“49 Yehezkel Kauf­ manns Vorschlag, dass Nathan in 2. Samuel 12 vor David als ein Bote Gottes auftrat, während er in 1. Könige 1 privat als einer der Beamten des Kö­nigs agierte,50 ändert die in Widerspruch stehenden Persönlichkeiten Nathans nicht. Auch das Verhalten von Batse­ ba, die sich „vor dem König verneigte und sich vor ihm nie­der­warf“ (1. Kön 1,16), spie­ gelt eine von Schmeicheleien geprägte Beziehung zwischen den beiden wider. Alles in allem gelingt es Nathan und Batseba, David glauben zu machen, dass er Batseba feierlich geschworen bzw. versprochen habe, dass ihr Sohn König werden sollte. Sie ver­ setzen den sterbenden König in Alarmbereitschaft, und er reagiert unmittelbar zugunsten Sa­lo­mos (1. Kön 1,28–35). Schließlich machen die schmeichelhaften Worte des An­ füh­rers der Söldnerwache, der ebenfalls nicht zu Adonias Bankett eingeladen war und ver­mutlich den Oberbefehlshaber Joab ablösen wollte, die Verschwörung komplett: „Und Benaja, der Sohn Jojadas, antwortete dem König und sprach: Amen; so spreche der Herr, der Gott meines Herrn, des Königs. Wie der Herr mit meinem Herrn, dem König war, so möge er mit Sa­lo­mo sein und er möge seinen Thron größer machen als den Thron meines Herrn, des Königs David“ (1. Kön 1,36–37, vgl. 1,47). Bis zu diesem Zeitpunkt trat Sa­lo­mo die Thronfolge nicht mithilfe von Gewalt und Blutvergießen an – das sollte später kommen, nach dem Tod seines Vaters –, aber er bewirkte sie auch nicht auf gerechte und anständige Weise. Er wurde nicht vom Volk gewählt und erhob erst im Nachhinein den Anspruch, vom König oder von Gott auserwählt worden zu sein, wie noch gezeigt werden wird. Sa­lo­mo wurde König aufgrund der Intrige einer mächtigen Fraktion am Kö­nigshof, die Davids schlechte gesundheitliche Verfassung ausnutzte. Nach Sa­lo­mos Thronbesteigung hören wir nichts mehr von oder über Nathan. Offenbar hatte er weiterhin sein Amt als Hofprophet inne. Auch seine Söhne erhielten wichtige Ämter von Sa­lo­mo: „Asarja, der Sohn Nathans, war über die Gouverneure [der Distrikte; ‫ על הנצבים‬eingesetzt;51 und Sabud [LXX Luk: Ζαχουρ oder Ζακχουρ; Peschițta: Sbwr],52 der Sohn Nathans, war ein Beamter, der Freund [i. e. Ratgeber;53 ‫]כהן רעה המלך‬ 48 „[T]he prophet who stood in front of the king and spoke justice and truth in the name of the Lord is not similar [in behavior] to the prophet who spoke to his king and praised his son“ (vgl. Ehrlich, Mikrâ ki-Pheschutô, II. Divre Sofrim, S. 265). 49 Siehe Noth, Könige, S. 40. 50 Kaufmann, Mekibshunah shel Hayitzira Hamikrait, S. 180–184. 51 Höchstwahrscheinlich war im Nordreich ‫ נצבים‬der Parallelbegriff zu ‫ ;שרי המדינות‬siehe Mettinger, Solomonic State Officials, S. 124. 52 Die Varianten in der Schreibung des Namens ergeben sich aus dem Austausch der hebräischen Buch­ sta­ben ‫כ‬/‫ ב‬und ‫ר‬/‫ד‬, die graphisch ähnlich sind. Zu diesem Phänomen in der hebräischen Sprache, in bi­bli­schen Handschriften und Übersetzungen siehe A. Sperber, „Hebrew Based upon Biblical Pas­ sa­ges in Parallel Transmission“, HUCA 14 (1939), S. 153–249, insb. 167 (§ 21) und 168 (§ 23). 53 In den wichtigsten Handschriften der Septuaginta erscheint nirgends ein Äquivalent zu dem Be­­griff ‫כהן‬. Üblicherweise wird angenommen, dass es sich um eine späte Glosse handelt (siehe z. B. de Vaux, Ancient Israel, S. 128). Vermutlich meint ‫ כהן‬in diesem Zusammenhang eher einen „(Ver­wal­tungs-)

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des Königs“ (1. Kön 4,5).54 Darüber hinaus nahmen die Unterstützer von Nathan und Sa­lo­mo die wichtigen Positionen derer ein, die Adonia unterstützt hatten: Zadok ersetzte Abjatar, Benaja ersetzte Joab (1. Kön 2,35). Es scheint daher, als ob Sa­lo­mo durch Intrige und Verschwörung auf den Thron kam: Der oberste Verschwörer, Nathan, unterstützte den jungen Sohn Batsebas, um die bedeutende Position zu sichern, die er zu diesem Zeitpunkt einnahm, und um seinen Söhnen wichtige Ämter zu verschaffen. Zadok und Benaja unterstützten ihn, um bessere und höhere Stellungen zu erhalten. Batseba wollte, dass ihr Sohn König wurde und sie selbst „Königinmutter“ (‫ ;הגבירה‬1. Kön 2,19, siehe auch 1. Kön 15,13 [// 2. Chr 15,16]; 2. Kön 10,13; 2. Kön 24,15 [„Mutter des Kö­ nigs“] // ­Jer 29,2 [‫ ;]גבירה‬Jer 13,18).55 III Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Sa­lo­mos nach dem Königebuch Auf der Grundlage der Quellen, die einem modernen Historiker zur Verfügung stehen, sind folgende Ausführungen das Maximum dessen, was über die historische Situation am Ende von Davids Herrschaft re­kon­struiert werden kann: dass Adonias Vor­be­reitungen, die Königsherrschaft zu übernehmen, zwar vielleicht voreilig waren, aber an sich nicht gesetzeswidrig oder rebellisch. Nathans Maßnahmen dagegen, die darauf abzielten, den Thron für Sa­lo­mo zu sichern, stellten eindeutig eine politische Intrige dar. Wenn dies jedoch mehr oder weniger der historischen Situation entspricht, die sich dem Ver­fas­ser von 1. Könige 1 auftat, wie hat dieser dann selbst jene Ereignisse bewertet und dargestellt? Welches Bild von Sa­lo­mo sollen wir aus seinem Bericht erhalten? Einige Exegeten haben argumentiert, dass 1. Könige 1–2 ein zusammengesetzter Text sei, in dem ein älterer Kern um verschiedene deuteronomistische und nachdeuteronomistische Schichten aus deutlich jüngerer Zeit erweitert wurde. Diese Re­kon­struk­tionen sind jedoch nicht überzeugend, denn sie überbewerten die Hinweise auf deuteronomistische Überarbeitungen und ignorieren die Art und Weise, wie bereits der Kerntext Sa­lo­mo als den legitimen Nachfolger Davids präsentiert, nachdem seine drei älteren Brüder Amnon, Absalom und Adonia gescheitert sind. Das entspricht dem weit verbreiteten literarischen Beam­ten“ oder „Staatsbediensteten“ und nicht, wie sonst üblicherweise, einen „Priester“. Mög­li­ cher­­wei­se könnte das Wort am Rand des Textes hinzugefügt worden sein, um den ungewöhnlichen Titel ‫ רעה המלך‬zu erläutern, der den Lesern nicht mehr geläufig war. Vgl. Benzinger, Die Bücher der Kö­ni­ge, S. 18. Eine andere – aber weniger wahrscheinliche – Erklärung: Ein Glossator identifizierte den zwei­ten Namen in diesem Text, „Nathan“, mit Nathan, dem Sohn Davids, der ein ‫ כהן‬war (2. Sam 5,14). Entsprechend fügte er hier das Wort ‫ כהן‬ein. 54 Vgl. Ehrlich, Mikrâ ki-Pheschutô, II. Divre Sofrim, S. 276; gegen Würthwein, Das Erste Buch der Kö­­ni­ge, S. 40, der bezweifelt, dass Asarja und Sabud Brüder waren und zudem Söhne von Nathan, dem Pro­pheten. Der Chro­nist erwähnt nur einen von Nathans Söhnen, „Sabad, den Sohn Nathans“ (1. Chr 2,36), ohne seinen offiziellen Titel „Priester [und] Freund des Königs“. Wahrscheinlich ist das deshalb so, weil das Priestertum Aaron und seinen Söhnen verliehen worden war und Nathan die­­ser Sippe nicht angehörte – falls das Wort ‫ כהן‬in seiner Vorlage überhaupt vorkam, siehe die vorangehende Anmerkung. Nathan selbst wird einige Male in 1. Chro­nik 17 und in 1. Chr 29,29 erwähnt. 55 Zur „Königinmutter“ in der Hebräischen Bibel und in den Kulturen des Alten Orients siehe H. J. Mars­man, Women in Ugarit and Israel: The Social and Religious Position in the Context of the An­cient Near East, Oudtestamentische Studien 49 (Leiden: E. J. Brill, 2003), S. 345–370.

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„drei-vier“-Muster, in dem die vierte Figur als die entscheidende dargestellt wird, ergänzt durch explizite Verweise auf Sa­lo­mos göttliche Erwählung. Diese wurden entweder vom Autor der Thronfolgeerzählung als Ganzem hinzugefügt oder kurz danach. Aus mehreren Gründen ergibt diese apologetische Tendenz des Textes mehr Sinn, wenn sie als einheitliches Bemühen angesehen wird, Sa­lo­mo gegen den Vorwurf der Illegitimität zu verteidigen, und nicht als eine späte, fiktive Ge­schich­te. Vermutlich wurde der Text relativ kurz nach den tatsächlichen Ereignissen verfasst. Wenden wir uns nun diesen Themen etwas ausführlicher zu: 1 Die literarische Einheit der Thronfolgeerzählung Die beiden ersten Kapitel des Königebuches sind eng miteinander verbunden: Der Be­ richt von Sa­lo­mos Thronfolge in 1. Könige 1 wurde durch die Erfüllung vom sogenann­ ten Testament Davids und die Beseitigung seiner möglichen Rivalen in 1. Kön 2,1–46a ab­geschlossen. Wie wir in Kapitel XII (§ V, 1) sehen werden, ist der Text in 1. Könige 2 nicht ganz einheitlich und enthält einige relativ kurze sekundäre (deuteronomistische) Hin­zufügungen. Die beiden Kapitel sind jedoch voneinander abhängig, und keines kann vom vorangehenden Teil der Thronfolgeerzählung in 2. Samuel 9–20 getrennt werden.56 Die Er­zäh­lungen in 2. Samuel 9–20 und 1. Könige 1–2 sind weithin als unabhängiger Bericht über Davids Familie anerkannt, der irgendwann in den großen Komplex Sa­ muel-Kö­ni­ge (bzw. LXX: βασιλείων = „Königtümer“) eingegliedert wurde. Noch später wurden aus unbekannten Gründen sechs Anhänge über David (2. Samuel 21–24) zwi­schen die beiden Blöcke eingeschoben.57 Seit der Arbeit von Leonhard Rost im Jahr 56 Hingegen gibt es „nichts in [1. Kön] Kapitel 3, das als Fortsetzung von Kapitel 2 dient“ („there is nothing in chapter 3 to serve as chapter 2’s continuation“; DeVries, I Kings, S. 29). 57 Siehe z. B. Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testa­ments, S. 259. Zur gegenwärtigen Platzierung von 2. Samuel 21–24 (eine vielfältige Zusammenstellung von Poesie, Beamtenlisten und Er­zäh­lungen) im heutigen Samuelbuch siehe beispielsweise Budde, Die Bü­ cher Samuel, S. 304; H. P. Smith, The Books of Samuel, S. 373; Segal, The Books of Samuel, S. 363–364; Hertz­berg, Die Samuelbücher, S. 342–343; Stoebe, Das zweite Buch Samuelis, S. 36–38; A. Rofé, Intro­ duction to the Li­te­ra­ture of the Hebrew Bible, Jerusalem Biblical Studies 9 (Jerusalem: Simor, 2009), S. 66–69. Rofé weist auch auf die chiastische Struktur der sechs Anhänge hin: a, b, c – c, b, a (ebd., S. 67). Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Masoretischen Text (= MT) von 1. Könige 1 und LXX 3. Königtümer liegt außerhalb des Rahmens der vorliegenden Untersuchung. Dennoch ist es be­­mer­ kens­wert, dass die traditionelle Trennung zwischen den Büchern Samuel und Könige im Ma­so­­re­ ti­schen Text nicht mit der in der Septuaginta übereinstimmt, die Sa­muel-Kö­ni­ge als eine um­­fas­ sen­de Komposition – βασιλείων – versteht. Diese ist aufgrund ihrer Länge in vier Teile gegliedert: βασιλείων α-δ/ 1.–4. Königtümer. Dem schließt sich später auch die Vulgata (Liber Regum) an. Außer­­dem gehört in der Lukianischen Version der Septuaginta MT 1. Kön 1,1–2,11 zu ­βασιλείων β (= 2. Königtümer, was etwa MT 2. Samuel entspricht), und βασιλείων γ (= 3. Königtümer, was etwa MT 1. Könige entspricht) beginnt mit dem Vers, der im MT als 1. Kön 2,12 bezeichnet ist. Der Grund dafür, dass 3. Königtümer in LXX Luk mit MT 1. Kön 2,12 beginnt, hängt offenbar mit dem Wunsch zusammen, 2. Königtümer mit dem Tod Davids enden zu lassen und einen Neubeginn für Sa­lo­mos Herrschaft zu schaffen. MT Könige beginnt jedoch mit den Ereignissen, die dazu führten, dass Sa­lo­mo König wurde, unter anderem der Ko-Regentschaft mit seinem Vater. Ohne ins Detail zu gehen, könnte diese Struktur der Septuaginta bedeuten, dass die Aufspaltung

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1926 werden 2. Samuel 9–20 und 1. Könige 1–2 als die „Thronfolgeerzählung (Davids)“ bezeichnet.58 Während diese Theorie von vielen Exegeten akzeptiert wird,59 blieb sie jedoch nicht ohne Widerspruch, und zugegebenermaßen scheinen alle Definitionen der Thronfolgeerzählung auf die eine oder andere Weise problematisch zu sein.60 Einige Wis­sen­schaft­ler bezweifeln sogar ihre Existenz.61 So ist beispielsweise gemäß Yehezkel Kaufmann 1. Könige 1–2 die einzige Er­zäh­lung, die wirklich als Thronfolgeerzählung Davids bezeichnet werden kann. Diese sieht er als unabhängige literarische Einheit, die nicht direkt mit den Er­zäh­lungen in 2. Samuel 9–20 verbunden ist.62 Kaufmann ignoriert jedoch die Tatsache, dass der Stil von 1. Könige 1–2, vor allem von 1. Könige 1, in literarischer Hinsicht sehr stark demjenigen von 2. Samuel 9–20 ähnelt. Außerdem spielen alle Figuren, deren Leben oder Amtsposition in 1. Könige 2 endet, in 2. Samuel 9–20 eine herausragende Rolle, so z. B. David, Joab, Adonia, Abjatar und Schimi, der Sohn Geras; die anderen wie Batseba, Nathan und die Söhne Barsillais, des Gileaditers werden zwar in den Königebüchern nicht mehr erwähnt, wohl aber in 2. Samuel 9–20. Steven L. McKenzie stellt die beiden Passagen ebenfalls einander gegenüber, und zwar auf der Grundlage, dass „1. Kön 1–2 kein einziges Ereignis und keine einzige Figur aus 2. Sam 11–12 voraussetzt“ (Hervorhebung I. K.).63 Entsprechend hält er 2. Samuel 11–12 für später verfasst („post-deuteronomistisch“) im Vergleich zu 1. Könige 1–2, da die Passage über Sa­lo­mos Thronfolge in 1. Könige 1–2 vorwegnehme, während sich von Sa­muel-Kö­ni­ge in unterschiedliche Bücher eine späte Entwicklung war – wie spät genau, ist schwer zu sagen – und dass die Verbindungen zwischen dem Material von 2. Samuel und 1. Könige für frühe Leser offensichtlich waren. So beginnt auch das Buch VIII über Sa­lo­mo bei Josephus, Jü­ di­sche Altertümer, mit dem Tod Davids in 1. Kön 2,12; siehe E. Tov, Textual Criticism of the Hebrew Bible, 3. Aufl. (Minneapolis: Fortress, 2012), S. 147, 308–309 mit Bibliographie. Gleichzeitig zerstört jedoch die lukianische Teilung nach 1. Kön 2,11 die Verbindungen zwischen 1. Kön 1,1–2,11 und 1. Kön 2,12–46. Es gibt noch weitere wichtige Unterschiede zwischen dem Masoretischen Text der Sa­­lo­mo-Er­zäh­lung in 1. Könige 2–11 und der Version in der Septuaginta; siehe van Keulen, Two Ver­sions of the Solomon Narrative. 58 Siehe Rost, Die Überlieferung von der Thronnachfolge Davids. 59 Siehe z. B. Rofé, Introduction to the Li­te­ra­ture of the Hebrew Bible, S. 24 (und weitere Verweise in Anm. 16), 45, 67. 60 Für einen kritischen Überblick über die verschiedenen Ansätze zur und Definitionen der Thron­fol­ ge­erzählung siehe Kaufmann, Mekibshunah shel Hayitzira Hamikrait, S. 169–179; R. N. Whybray, The Succession Narrative: A Study of II Samuel 9–20, [and] I Kings 1 and 2, Studies in Biblical Theol­ ogy (Naperville: A. R . Allenson, 1968); Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 102–107; Rofé, Introduction to the Li­te­ra­ture of the Hebrew Bible, S. 23–30. 61 Für Listen mit Li­te­ra­turverweisen siehe Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 103, Anm. 7–8, und Rudnig, Davids Thron: Redaktionskritische Studien zur Ge­schich­te von der Thron­nachfolge Davids, S. 1–14. 62 Siehe Kaufmann, Mekibshunah shel Hayitzira Hamikrait, S. 169–179. Aktuell wird diese Ansicht von Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 252–253, vgl. auch 195–200, wieder behauptet, ohne dass dieser sich auf Kaufmanns Arbeit bezieht. 63 „1 Kgs 1–2 does not presuppose any of the events or characters of 2 Sam 11–12“, S. L. McKenzie, „The So-Called Succession Narrative in the Deuteronomistic His­to­r y“, in A. de Pury und T. Römer (Hgg.), Die Sogenannte Thronfolgegeschichte Davids: Neue Einsichten und Anfragen (Freiburg: Uni­ver­ si­tätsverlag, 2000), S. 123–135, insb. 133.

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letztere Kapitel weder auf 2. Samuel 11–12 bezögen noch von ihnen abhängig seien. Außer­dem geht McKenzie davon aus, dass die beiden Passagen von verschiedenen Ver­ fas­sern stammen, da sich ihre Dar­stel­lungen von Nathan stark unterscheiden. Diesen Ar­g u­menten folgt neuerdings Andrew Knapp.64 Beide Argumente sind jedoch schwach. Die Vorstellung, eine Person müsse sich in völlig unterschiedlichen Situationen exakt gleich verhalten, ignoriert die Komplexität allen menschlichen Lebens und Handelns in ver­schiedenen Zusammenhängen bzw. ist sich über diese nicht bewusst. Die Situation am Ende der Herrschaft Davids (1. Könige 1–2) war eine vollkommen andere als die, von der 2. Samuel 10–12 berichtete. Deshalb sollte man nicht davon ausgehen, dass die Charaktere an beiden Stellen genau gleich handeln. Noch wichtiger ist die Tatsache, wenn 2. Samuel 11–12 als später eingestuft wird, 1. Könige 1–2 völlig ohne Exposi­tion bleibt: Denn nur in 2. Samuel 11–12 werden uns Batseba, deren Sohn Sa­lo­mo sowie ihre ein­zig­artige Beziehung zum König vorgestellt.65 Es gibt keine Möglichkeit, Nathans Ver­ hal­­ten gegenüber Batseba ohne Kenntnis von 2. Samuel 11–12 zu verstehen. Tatsäch­lich gibt Knapp zu, dass Sa­lo­mos Auftreten in 1. Könige 1–2 nirgendwo in 2. Samuel 9–20 vorweggenommen wird außer in 2. Samuel 11–12. Er merkt jedoch nicht, dass das seine ganze Argumentation schwächt. Denn falls Sa­lo­mo und Batseba tatsächlich vorher nicht erwähnt wurden, gibt es keine Einleitung oder Erklärung für die plötzliche Einfüh­rung von „Batseba, der Mutter Sa­lo­mos“ in 1. Kön 1,11. Daher scheint die Thronfolgeer­zäh­ lung als Ganzes – abgesehen von einigen wenigen späten Hinzufügungen – kohärent zu sein. Zudem gibt es eine eindeutige Verbindung zwischen 2. Sam 12,24–25, einem zentralen Bestandteil des Textkomplexes 2. Samuel 10–12, und 1. Könige 1–2. Keiner dieser Blöcke kann ohne den anderen umfassend verstanden werden. Darüber hinaus war Adonia gemäß der Liste von Davids Söhnen in 2. Sam 3,2–5 Da­ vids vierter Sohn und wurde in Hebron geboren, während Sa­lo­mo erst später zur Welt kam, als vierter der in Jerusalem geborenen Söhne (2. Sam 5,14). Die Thronfolgeer­zäh­ lung nennt jedoch nur vier Söhne überhaupt beim Namen, ohne zu erwähnen, wo und in welcher Reihenfolge sie geboren wurden. Sie nennt Sa­lo­mo, und nicht Adonia, an vierter Stelle: Die Ge­schich­te beginnt mit Amnon, dem Erstgeborenen, der seine Halbschwes­ ter Tamar vergewaltigt und dann von ihrem Bruder Absalom getötet wird (2. Samuel 13). Dann rebellierte Absalom gegen seinen Vater und wurde ebenfalls getötet (2. Sa­muel 14–19). Hierauf wurde Adonia abgelehnt, der nach Absalom geboren worden war und an der nächsten Stelle in der Thronfolge stand (1. Kön 1,6). Schließlich trat Sa­lo­mo, der Vier­ te, die Nachfolge seines Vaters als König an.66 Daher formt das literarische Zahlenschema 64 Siehe Knapp, Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 252–257. 65 Der einzige andere Verweis auf Sa­lo­mo ist in 2. Sam 5,14 zu finden, wo weder seine Mutter erwähnt noch sonst eine Information über seinen Hintergrund gegeben wird, abgesehen davon, dass er in Jerusalem geboren wurde. 66 Zu diesem Muster in der Thronfolgeerzählung und einigen anderen Beispielen siehe Kalimi, Zur Ge­­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 305–310; Y. Zakovitch, The Pattern of the Numerical Sequence Three-Four in the Bible (Dissertation, Hebrew University of Jerusalem, 1977; Hebräisch), S. 49–60. Für eine weiterführende Diskussion des Zahlenschemas „drei-vier“, das in der Li­te­ra­tur der He­bräi­ schen Bibel sehr verbreitet ist, siehe Kapitel VII, § I I und im vorliegenden Kapitel X, § III, 2.

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„drei-vier“ die gesamte Thronfolgeerzählung mit Sa­lo­mo als Höhepunkt: Die ersten drei Söhne wurden zurückgewiesen, der vierte wurde König. Außerdem bilden die Er­zäh­ lungen von Sa­lo­mos Geburt (2. Samuel 10–12) und seiner Thronbesteigung (1. Kö­nige 1–2) eine Inclusio um dieses ganze „drei-vier“-Schema und halten es zusammen.67 Des­halb stel­len 2. Samuel 9–20 und 1. Könige 1–2 gesamthaft eine einheitliche Legitimation der Thron­fol­ge Sa­lo­mos dar und können nicht voneinander getrennt werden. Ähnliches gilt für die späten Hinzufügungen in diesen Kapiteln: Obwohl zahlreiche Ver­suche unternommen wurden, spätere Ergänzungen oder Schichten zu identifizieren, ist die Menge des eindeutig späten Materials deutlich geringer, als oft behauptet wird. Das zei­gen die folgenden Beispiele: Timo Veijola hat versucht, die deuteronomistischen und post-deuteronomistischen Re­ dak­tions­schich­ten in 1. Könige 1–2 zu rekonstruieren, und zwar auf der Grundlage des­ sen, was er als eine gewisse Unebenheit des Textes ansieht, in Verbindung mit be­stimm­ten Ausdrücken, die in seinen Augen deuteronomistisch sind. Er unterscheidet drei Schich­ten:68 1. Eine vordeuteronomistische Quelle, die in 1. Kön 1,1–29.31–34.38–45.49–53; 2,13– 23.25–26a.28–31a.34–37a.38–41.42b.43b.46 erhalten geblieben ist.69 Der Groß­teil des Textes, 71,5 von 99 Versen in 1. Könige 1–2, gehört also zu dieser Grund­schicht und damit zur urspünglichen Er­zäh­lung. 2. Eine deuteronomistische Redaktionsschicht, die in 1. Kön 1,30.35–37.46–48; 2,1– 2.4aα–11.24.26b–27.31b–33.37b.44–45 widergespiegelt wird.70 Veijola findet in die­­sen Versen Vokabular, das er als „sekundäre“ oder „späte Hinzufügungen“ be­ schreibt, zum Beispiel: den Gebrauch von ‫ תחתי‬anstatt ‫ אחרי‬in Bezug auf die Nach­ fol­­­ge (1. Kön 1,30.35); den parallelen Gebrauch von ‫ ישראל‬und ‫ יהודה‬anstelle der aus­­ schließ­­­lichen Verwendung von ‫( ישראל‬1. Kön 1,35); das Wort ‫( נגיד‬1. Kön 1,35); die Aus­­drücke ‫„( אׁשר נתן היום יׁשב על־כסאי‬der heute [einem meiner Nachkommen] erlaubt hat, auf meinem Thron zu sitzen“; 1. Kön 1,48, vgl. 3,6), ‫„( ועיני ראות‬und meine Augen ha­ben gesehen“; 1. Kön 1,48; vgl. Jos 23,14) und ‫„( למלא את־דבר יהוה‬um das Wort des Herrn zu erfüllen“; 1. Kön 2,27, vgl. 2,4; Dtn 9,5; 1. Sam 3,12; 2. Sam 7,25; 1. Kön 6,12; 8,20; 12,15; Jer 29,10). Er merkt außerdem an, dass der Text 1. Kön 2,1–9, der weitere deu­teronomistische Begriffe enthält, mit der Struktur von Jos 1,1–6 über­einstimmt.71 3. Einige post-deuteronomistische Hinzufügungen: 1. Kön 2,3–4aβ.12 und Er­gän­zun­ gen zu 1. Kön 1,30; 2,42a.43a.72 Gemäß Veijola war es das Ziel all dieser sekundären Phrasen und der deuteronomistischen und post-deuteronomistischen Hinzufügungen, die göttliche Erwählung und Le­gi­ti­mie­ 67 Der einzige Teil der Thronfolgeerzählung, der außerhalb dieses Rahmens steht, ist der Bericht über Davids Freundlichkeit gegenüber Mefi-Boschet in 2. Samuel 9, der als Hintergrund und Exposition zu der Er­zäh­lung von Mefi-Boschet und Ziba in 2. Sam 19,15–31 dient. 68 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 16–30. 69 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 18 und S. 23. 70 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 16–17, 18, 19, 23. 71 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 27–29. 72 Veijola, Die ewige Dynastie, S. 23–24.

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rung von Sa­lo­mo als dem berufenen Erben der Davidischen Dynastie zu bestätigen und sein Handeln zu rechtfertigen.73 Ohne auf eine detaillierte Analyse jener Stellen einzugehen, die Veijola als deuteronomistische und postdeuteronomistische Hinzufügungen einstuft, bleibt die Tatsache bestehen, dass er sich nur wenig mit dem Inhalt dessen befasst, was er als Grundschicht oder Originalquelle ansieht, obwohl es sich dabei um den Großteil des Textes handelt. Sei­ner Meinung nach rechtfertigte der Text Sa­lo­mos Handeln weder moralisch noch theo­­logisch und zeigt daher eine „antisalomonische“ Tendenz.74 Veijola nimmt an, dass es sich um eine vorexilische Quelle handelt, was bedeutet, dass sie irgendwann zwischen dem 10. und dem 6. Jh. v. u. Z. entstand, ohne dass eine genauere Datierung vorge­nom­ men wird. Er nennt außerdem keine überzeugenden Gründe, warum die Original­quel­ le „anti­salomonisch“ sein sollte. Diese Schlussfolgerung beruht offenbar allein darauf, dass er die prosalomonischen Aussagen als spät einstuft. Selbst wenn Veijola jedoch damit recht hat, dass die meisten oder alle Aussagen, die Sa­lo­mos Handeln moralisch oder theo­lo­gisch rechtfertigen, sekundär sind – und man kann das in einigen Fällen durchaus be­streiten –, beweist das nicht – und Veijola hat das auch nicht explizit argumentativ belegt –, dass die Grundschicht antisalomonisch ist. Sie kann auch einfach als ein neutraler und realistischer Bericht darüber gelesen werden, wie Sa­lo­mo sich den Thron sicherte. Ich bin jedoch nicht überzeugt davon, dass alle Bezugnahmen auf Sa­lo­mos Erwählung spät zu datieren sind. Während die Begründung im Wesentlichen überzeugt, dass 1. Kön 2,2–4 deuteronomistisch ist,75 sind die Argumente hinsichtlich der anderen vorge­schla­ ge­nen Hinzufügungen sehr viel weniger zwingend. Warum muss man davon ausgehen, dass alle Rechtfertigungen der Legitimität Sa­lo­mos als einem von Gott Erwählten spät oder insbesondere „deuteronomistisch“ sind? Wie wir bereits in Kapitel VI gesehen haben, ist die göttliche Legitimierung von Usurpatoren im gesamten Alten Orient bereits deut­­lich vor der Sa­lo­monischen Zeit und auch in anderer frühbi­bli­scher Li­te­ra­tur weithin belegt. Darüber hinaus haben wir bereits in diesem Kapitel gesehen, dass es gewisse Span­nun­gen zwischen der Perspektive des Erzählers und der historischen Situation gibt, die er be­schreibt. Der Erzähler scheint also auf der Seite Sa­lo­mos zu sein und kritisiert implizit Adonia, der ehrgeizig, selbstherrlich (‫ )מתנשא‬und nicht in der Lage ist, geduldig den Tod seines Vaters abzuwarten (1. Kön 1,5–6).76 Es gibt innerhalb des Textes jedoch viele An­zeichen dafür, dass Adonia an sich nicht unangemessen handelte, da er tatsächlich der recht­mäßige Thronfolger war, der nur aufgrund zwielichtiger politischer Intrigen von Sa­lo­mo verdrängt wurde, wie der Erzähler kunstvoll beschreibt. Solche Spannungen müssen nicht aufeinanderfolgenden Redaktionsschichten ent­ stam­­men. Sie können ebenso gut als das Werk eines frühen prosalomonischen Ver­fas­sers ge­­deu­tet werden, der versuchte, eine Situation zu erklären, die er nicht verleugnen konnte, dass näm­lich Adonia der erwartete Thronfolger war – vielleicht weil es Augenzeugen die73 Veijola, Die ewige Dynastie, S. 18 („es geht in der Bearbeitung um die theologische Legitimierung der Da­v iddynastie“) und 24–30. 74 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 26: „tendenziell antisalomonische Dar­stel­lung“. 75 Siehe Kapitel XI, § V, 1. 76 Vgl. Mulder, 1 Kings, S. 43; Cogan, 1 Kings, S. 157.

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ser Er­­eignisse gab, die noch lebten, oder weil überdies Berichte über diese Begebenheiten ver­­fügbar waren. Gleichzeitig stellt er Sa­lo­mo als jemanden dar, der – ebenso wie David selbst – von Gott erwählt wurde, wie ich im nächsten Abschnitt ausführen werde (§ III, 2). Darüber hinaus handelt es sich bei Veijolas Gedankengang offensichtlich um einen Zir­kelschluss: Ohne ein vernünftiges Argument basierend auf unabhängigen Beweisen zu nennen, behauptet Veijola, dass die Rechtfertigungen von Sa­lo­mos Legitimität spät zu­zu­ordnen seien, weil – wie er weiter behauptet – andere Rechtfertigungen der Da­vi­ di­­schen Dynastie mit einem ähnlichen Sprachgebrauch, wie z. B. 2. Samuel 7, ebenfalls spät zu datieren seien. Veijola nimmt beispielsweise an, dass der Begriff ‫ כסא‬im Sinne von „Kö­­­nig­tum“ oder „Dynastie“ (1. Kön 1,37.47; 2,33.45; nicht einfach „Thron“, wie in 1. ­Kön 1,13.17.20.24.27.30.35.46.48; 2,4.12.19.24) als spät einzustufen sei, und zwar auf der Grund­lage, dass er nur in Passagen vorkommt, die er selbst ebenfalls als spät beurteilt. Er liefert jedoch keinen einzigen unabhängigen Beleg dafür, dass eine solche Bedeutung tat­säch­lich „spät“ ist. Worauf also basiert seine Überzeugung? Einmal abgesehen von der Fra­ge, ob die Bedeutung „Königtum“ oder „Dynastie“ für den Begriff ‫ כסא‬früh (z. B. 2. Sam 3,10) oder spät ist, ist diese Methode fehlerhaft: Wie kann die Verwendung des Be­­grif­fes mit dieser Bedeutung ein Beweis dafür sein, dass die entsprechenden Texte spät sind, wenn er nur auf der Grundlage dieser Texte schlussfolgert, dass diese Bedeu­tung des Be­griffes spät ist?77 Was macht in ähnlicher Weise den Begriff ‫ נגיד‬in 1. Kön 1,35 zu ­einer spä­ten redaktionellen Hinzufügung?78 Tatsächlich erscheint er sowohl in der frühen als auch in der späten bi­bli­schen Li­te­ra­tur. Dieser Begriff wird für Saul, David, Sa­lo­mo und an­dere Könige von Juda, Israel und anderen Ländern gebraucht, wie z. B. auch für den Herr­­scher von Tyros.79 Sind alle diese Stellen redaktionelle und späte Ergänzungen? Sollte die Ver­wen­dung der Phrase ‫( על ישראל ועל יהודה‬1. Kön 1,35b) wirklich als spät einge­stuft wer­den, wie Veijola meint,80 oder könnte er sich – wie bereits Albrecht Alt erklärt, was Veijola selbst eingesteht – auf die beiden Königreiche beziehen, die unter David (2. Sam 5,5) und Sa­lo­mo vereint waren?81 Und warum muss der Erzähler immer ‫ יהוה‬verwenden? Hat er nicht die literarische Freiheit, auch ‫ יהוה אלהי ישראל‬zu nutzen?82 Thilo A. Rudnig hat vorgeschlagen, eine sehr kurze ursprüngliche Version der Er­ zäh­lung in 1. Könige 1 stamme aus der Zeit Sa­lo­mos (10. Jh. v. u. Z.) und habe mehr als dreizehn redaktionelle Überarbeitungen durchlaufen, darunter einige Hinzufügungen, um­­fassende Neubearbeitungen und zahlreiche sehr späte Glossen. Dieser ganze Prozess spiel­te sich ihm zufolge vor allem in der persischen und der hellenistischen Epoche ab, bis

77 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 26, 60, 75–76. 78 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 17 und dort Anm. 8. 79 Siehe z. B. 1. Sam. 9,16; 10,1; 13,14; 25,30; 2. Sam 5,2; 6,21; 7,8; 1. Kön 14,7; 16,2; 20,5; Ez 28,2. 80 Siehe Veijola, Die ewige Dynastie, S. 17–18. 81 Siehe Alt, „Die Staatenbildung der Israeliten in Palästina“, Bd. 2, S. 1–65, insb. 44–45 („Das Reich Davids und Sa­lo­mos“), und siehe § I I, 2 (1). Diese Phrase erscheint auch in 1. Kön 5,5; 2. Sam 24,1; vgl. auch 1. Sam 15,4; 2. Sam 24,9. 82 Dagegen Veijola, Die ewige Dynastie, S. 17. Zu den Worten ‫ מלכותו‬und ‫ ממלכה‬in 1. Kön 2,12.46 siehe Ka­pitel XI, § I V, Anm. 25.

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ins 3. Jh. v. u. Z .83 Glücklicherweise waren unter den Schriftrollen vom Toten Meer – von de­nen die frühesten üblicherweise auf die Mitte des 3. Jh. v. u. Z . datiert werden – auch eini­ge Fragmente von Sa­muel-Kö­ni­ge, was wohl der Grund ist, dass Rudnig an dieser Stel­le aufhört. Wer weiß, wie weit diese „kontinuierlichen Überarbeitungen“ andernfalls aus­ gedehnt worden wären – möglicherweise noch bis in mischnische und talmudische Zeit? Die Vorstellung, wir könnten ohne konkrete Beweise aus Handschriften jede einzelne Bearbeitung dieser Texte rekonstruieren, lässt ein Vorhaben wie dasjenige Rudnigs über­mäßig selbstsicher und hochgradig spekulativ erscheinen. Die Re­kon­struk­tion von drei­zehn einzelnen, unterscheidbaren Schichten innerhalb eines einzigen Textes führt die „Wis­senschaft“ ad absurdum und ist beinahe unerträglich. Man kann sich durchaus fragen, ob es in der antiken oder sonstigen Weltliteratur auch nur ein weiteres Beispiel für eine sol­che überflüssige literarische Entwicklung einer Er­zäh­lung gibt, die etwa 700 Jahre für ihre Fertigstellung erforderte. Gibt es in der fraglichen Ge­schich­te einen Anachronis­mus, einen Namen, eine Institution oder eine spezifische Vorstellung aus der Perserzeit oder der hellenistischen Zeit? Gibt es ein einziges sprachlich spätes Element, wie z. B. Worte, Syntax oder Ähnliches aus dem spätbi­bli­schen Hebräisch, dem Aramäischen, Persi­schen oder Griechischen? Warum sollten diese angeblichen redaktionellen Schichten ausgerechnet auf die persische und hellenistische Zeit datiert werden? Welche Notwendig­keit hätte es in dieser oben vorgeschlagenen Zeit gegeben, um eine solche Ge­schich­te zu verfassen? Wie sollte es möglich sein, dass eines der schönsten und großartigsten histori­schen und literarischen Werke des Alten Israel durch einen solchen Prozess entstanden sein soll? Wie ein Chirurg mit einem Skalpell, so sind die Werkzeuge der Redaktionskritik vorsichtig einzusetzen, um bei Bedarf einen Appendix zu entfernen, wo es nötig ist. Den Pa­tien­ten jedoch in Stücke zu schneiden, hinterlässt kein gesünderes Ganzes, sondern ein­fach nur einen toten Körper. Wenn Redaktionskritik also so auf die Spitze getrieben wird, wie Rudnig das tut, und wenn dieses Vorgehen noch nicht einmal auf verlässlichen Da­ten beruht, dann ist das Ergebnis nicht die Wiederherstellung des Textes, sondern seine Zerstörung. Warum wenden einige Exegeten solche nicht verifizierbaren und unverantwortlichen Methoden an, wenn es um das literarische Erbe des Alten Israel geht?84 Bereits vor über einem Jahrhundert hat Julius Wellhausen erkannt: „Daß wir in 2. Sam. 9–20. 1. Reg. 1. 2 [i. e. 2. Samuel 9–20 und 1. Könige 1–2] eine sehr gute histo­ri­ sche Quelle besitzen, bedarf keines Beweises. Bei aller Parteinahme für David und Sa­­lo­ mo wird doch der Hergang der Dinge mit sichtlicher Objektivität und mit großem In­te­ res­se für das stoffliche Detail berichtet.“85 Für das hohe Alter dieser Texte spricht, dass es einige Ähnlichkeiten zwischen der Thronfolgeerzählung der Hebräischen Bibel (deren kon­st­itutiver Teil 1. Könige 1–2 ist) und einigen königlichen Geschichtstexten des Alten Orients gibt. Das stellt die bi­bli­sche Er­zäh­lung in ihren natürlichen – mehr oder weni­ger zeit­genössischen oder zumindest zeitlich sehr nahen – altorientalischen Kontext mit den 83 Siehe Rudnig, Davids Thron: Redaktionskritische Studien zur Ge­schich­te von der Thronnachfolge Davids. 84 Zu anderen Ansätzen, die methodisch ähnlich sind wie derjenige Rudnigs, siehe Kapitel V, § III, A. Eine weitere kritische Rezension von Rudnigs Buch bietet Dietrich, „Von den ersten Königen Is­raels“, S. 267–272. 85 Wellhausen, Die Composition des Hexateuchs und der historischen Bücher des Alten Testaments, S. 259.

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engsten Parallelen in neuassyrischer Zeit und nicht in eine viel spätere Epoche, wie zum Bei­spiel die der persischen oder hellenistischen Zeit.86 Abgesehen vom ersten Teil des Tes­ ta­ments Davids in 1. Kön 2,2–4, der vermutlich von einem deuteronomistischen His­to­ riker hinzugefügt wurde, betrachte ich 1. Kön 1,1–53 und 2,1.5–46a als eine literari­sche Ein­heit. Da der Erzähler außerdem ein umfangreiches Wissen über die Details und die Ge­samtsituation zu Beginn von Sa­lo­mos Herrschaft besitzt, ist es möglich, wenn auch nicht zwangsläufig, dass der Ver­fas­ser entweder selbst bei den Ereignissen zugegen war oder auf Augenzeugenberichte zurückgreift. In jedem Fall macht die Tatsache, dass Ele­ men­te im Text erhalten geblieben sind, die der eigentlich prosalomonischen Ein­stel­­lung zu wi­dersprechen scheinen, es sehr unwahrscheinlich, dass der Ver­fas­ser die Er­zäh­­lung als Gan­zes erfunden hat. Keinesfalls folgt daraus die Notwendigkeit, auf eine Ent­wick­lung über viele Generationen hinweg zu schließen. Dass die Thronfolgeerzählung in Sa­lo­monischer Zeit oder nur wenig später verfasst wor­­den sein könnte, steht im Widerspruch zu der Annahme einiger Wis­sen­schaft­ler wie z. B. Walter Dietrichs, dass „[d]as 10. und das beginnende 9. Jahrhundert v. Chr. [im Alten Israel]… noch keine Epoche breiten literarischen Schaffens und differenzierter Geis­­tig­keit“87 waren, die ein literarisches Werk wie die Thronfolgeerzählung auf solch hohem Ni­veau hätte hervorbringen können. War unter den Israeliten in dieser lang an­dauern­den Epoche aber wirklich kein einziger begabter Autor bzw. Schriftgelehrter? Eine solche Annahme wäre schlicht und ergreifend ein haltloser, künstlicher Versuch, die Alten Israeliten als kulturell rückständig und abgeschnitten von den weit verbreiteten li­te­ra­rischen Aktivitäten darzustellen, die es im Alten Orient lange vor dem 10. Jh. v. u. Z. ge­geben hatte. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass der Königshof nicht wenigstens über ein paar talentierte Schreiber mit einer professionellen Ausbildung und Erfahrung ver­füg­te, die mit den multikulturellen und literarischen Traditionen vieler Generationen von Schreibern in Kanaan und den benachbarten altorientalischen Kulturen vertraut waren.88 Zusammengefasst verbindet die Thronfolgeerzählung zwar viele unterschiedliche Be­ stand­teile, darunter offensichtlich Textquellen aus den königlichen Archiven, aber auch an­dere Ge­schich­ten über David und seine Söhne. Diese wurden zu einer einheitlichen Kom­position in einer bestimmten Zeit und nicht ad hoc zu unterschiedlichen Zeiten von 86 Siehe ausführlich z. B. Kapitel VI und Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 107–136. 87 W. Dietrich, Die frühe Königszeit in Israel: 10. Jahrhundert v. Chr., Biblische Enzyklopädie 3 (Stutt­ gart: W. Kohlhammer, 1997), S. 229 und Anm. 7 auf S. 229–230, mit Verweisen auf die Arbeiten von D. W. Jamieson-Drake und H. M. Niemann. 88 Siehe die ausführliche Diskussion bei A. Demsky, Literacy in Ancient Israel, Biblical Encyclopedia Library 28 (Jerusalem: Bialik Institute, 2012), S. 26–41, insb. 31–33 (Hebräisch). Dort sind auch eine kritische Rezension einiger Wis­sen­schaft­ler, darunter D. W. Jamieson-Drake und N. Na’aman, sowie Verweise auf frühere Bibliographie zu finden. Zur Schriftkultur im Alten Orient und zu den israelitischen Schriftgelehrten und den Literaten der oberen Gesellschaftsschichten siehe Demsky, ebd., S. 61–93, insb. 67, 131–168. Siehe auch U. Cassuto, The Goddess Anath: Canaanite Epics of the Patriarch Age, übers. v. I. Abrahams (Jerusalem: Magnes, 1971), S. 18–20 (= S. 19–21 im hebräischen Original), der überzeugend zeigt, dass die Li­te­ra­tur des Alten Israel in direkter Kontinuität zur kanaanäischen Li­te­ra­tur steht, die viele Jahrhunderte vorher entstanden war.

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di­versen Ver­fas­sern über Jahrhunderte hinweg aneinandergefügt. Abgesehen von einigen re­lativ kleinen Ergänzungen ist die wahrscheinlichste Zeit, in der diese Zusammenstellung der Quellen stattgefunden haben könnte, jene während Sa­lo­mos Herrschaft, dessen Thron­folge der Text rechtfertigt. Dass eine solche Apologie kurz nach den darin beschriebenen Ereignissen verfasst worden sein könnte, wird durch die Beispiele Ḫattušilis III. und Hasaels bestätigt, deren Apologien während der Regierungszeit dieser beiden offen­ sicht­lichen Usurpatoren geschrieben wurden.89 Auch viele andere Usurpatoren-Könige jener Zeit versuchten ihre Herrschaft im Alten Orient zu Lebzeiten auf diese Weise zu le­gitimieren, wie im Kapitel VI dargestellt. 2 Apologetische Merkmale der Thronfolgeerzählung Offenbar enthält 1. Könige 1–2 eine ähnliche Art königlicher Apologie wie 2. Sam 12,24– 25. Tatsächlich zeigt sich 1. Könige nicht weniger um die Rechtfertigung des Königs be­müht als die Chro­nik (siehe § IV). Der Unterschied besteht darin, dass die Chro­nik Sa­lo­mo als von der ersten Minute an göttlich erwählt darstellt, ohne den geringsten Ma­ kel an seiner Abstammung oder seinem Charakter zuzugeben. Dagegen beschreibt Sa­ muel-Kö­ni­ge ihn als jemanden, der unter skandalösen Umständen geboren wurde und den Thron aufgrund einer Hofintrige bestieg, betont aber dennoch, dass er von Gott er­ wählt wurde. In dieser Hinsicht bildet die Thronfolgeerzählung von Sa­lo­mos göttlicher Er­nen­nung eine Parallele zu den königlichen Apologien anderer Usurpatoren im gan­zen Alten Orient, wie wir in Kapitel VI gesehen haben. Dass sie jedoch die fragwürdigen Ta­ ten auf­greift, die andere in erster Linie an Sa­lo­mos Legitimität hatten zweifeln lassen, macht die Thronfolgeerzählung einzigartig unter den königlichen Apologien der Nach­ bar­kul­turen, von denen keine irgendwelche negativen Handlungen des usurpierenden Kö­nigs eingesteht. Während Könige außerdem versucht, Sa­lo­mo vom Vorwurf der Illegitimität und der Usurpation freizusprechen, gibt die Chro­nik an keiner Stelle zu, dass es solche Un­ter­stel­ lungen überhaupt gab. Deshalb sollten die prosalomonischen Elemente in der Er­zäh­lung über seinen Aufstieg in 1. Könige 1–2 nicht als späte Rechtfertigungsversuche für sein Handeln angesehen werden, sondern als elementarer Bestandteil des ursprünglichen Be­ richts, der Sa­lo­mos Rolle in diesen Geschehnissen darstellt, aber versucht, ihn zu verteidigen. In diesem Zusammenhang wendet der Ver­fas­ser der Thronfolgeerzählung einige wichtige Strategien an, um Sa­lo­mo von dem Vorwurf der Usurpation freizusprechen: Erstens betont die Struktur der Er­zäh­lung als Ganzem, dass Sa­lo­mo keine aktive Rolle bei dem Komplott spielte, das ihn auf den Thron brachte. Die Verschwörung wurde von Nathan initiiert und von Batseba und einigen anderen unterstützt. Der Erzähler deutet jedoch nirgends an, dass Sa­lo­mo selbst etwas sagte oder tat, wodurch er sich an der Verschwörung beteiligt oder sie ermutigt hätte. Es wird nicht einmal gesagt, dass er davon wusste, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als David auf das Komplott hereingefal­len war und Sa­lo­mo zu seinem Nachfolger erklärt hatte. Dessen erste Handlung erfolgt erst, nachdem er den Königsthron bestiegen hatte und gemeinsam mit seinem Vater als Ko89 Zu diesen Beispielen siehe Kapitel VI, § I II (c) und § IV, B, 2.

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Regent fungierte (1. Kön 1,46). Zu diesem Zeitpunkt schickte er Adonia nach Hause, ohne ihn für seine Taten zu verurteilen (1. Kön 1,50–53). Erst später, nach Davids Tod, übernimmt Sa­lo­mo eine aktivere Rolle bei der Sicherung seiner Macht, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden. Zweitens ist die ganze Thronfolgeerzählung, wie bereits erwähnt, gemäß dem literarischen Muster „drei-vier“ gerahmt, mit Sa­lo­mo als klimaktischer vierter Figur. Die besonderen Merkmale dieser Verwendung des Schemas erfordern allerdings eine ausführlichere Diskussion. Zum einen ist allein die Tatsache, dass Sa­lo­mo als der Vierte dargestellt wird, kein Beweis dafür, dass die anderen drei illegitim waren. Absalom rebellierte offensichtlich und wurde deshalb von der Thronfolge ausgeschlossen. Amnon wurde getötet, weil er Tamar vergewaltigt hatte, aber Adonia wird weder in dieser noch in jener Weise verurteilt. Wie bereits erwähnt, behauptet der bi­bli­sche Text an keiner Stelle, er sei ein Usur­pator gewesen, wohingegen viele Details des Berichts darauf hindeuten, dass er tatsächlich der erwartete Nachfolger Davids war, der nie gegen ihn rebellierte. Vor diesem Hin­ter­grund dienen die Verweise und Anspielungen auf Absalom in 1. Könige 1–2 nicht dazu, Adonia als Rebellen darzustellen, wie sein Bruder einer war. Sie sollten stattdessen jedoch eher so verstanden werden, dass Adonia Absalom gegenübergestellt werden sollte, um zu zeigen, dass er abgelehnt wurde, obwohl er einen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron hatte. Gemäß der Thronfolgeerzählung wurde Sa­lo­mo also nicht etwa Davids Nach­folger, weil er bereits von Beginn an der rechtmäßige Thronfolger gewesen wäre, son­dern eher trotz seiner Stellung als spätgeborener Sohn, durch die Gunst Gottes. Diese Strategie zur Verteidigung eines Usurpators ist in den königlichen Apologien des Alten Orients zwar nicht beispiellos,90 sie ist jedoch charakteristisch für die bi­bli­sche Tradition, wie sie sich auch in den Erzvätererzählungen der Genesis widerspiegelt. Dort wird von einigen spätgeborenen Söhnen berichtet, dass sie schließlich zu den erwählten Erben ihres Vaters wurden, nicht etwa weil sie Usurpationsversuche ihrer Brüder zurückgeschlagen hätten, sondern weil sie unerwartet deren Platz einnahmen. Gemäß Genesis 25,27 war Esau zum Beispiel der erstgeborene Sohn und Liebling seines Vaters Isaak, doch Jakob wurde durch eine Mischung aus Betrug und göttlicher Gunst zum Erben.91 Obwohl von Esau behauptet wird, er habe sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkauft, macht der Text deutlich, dass er sein rechtmäßiges Erbe verlor und Jakob es nur durch zweifelhafte Methoden erlangte.92 Dasselbe Muster scheint auf Sa­lo­mo angewendet worden zu sein: Weder war er der Erstgeborene noch der erwartete Thronerbe seines 90 Siehe Kapitel VI, § I II (c) und § I V, B, 4 zu Asarhaddon von Assyrien und Xerxes I. von Persien. 91 Siehe dazu z. B. J. E . Anderson, Jacob and the Divine Trickster: A Theology of Deception and YHWH’s Fidelity to the Ancestral Promise in the Jacob Cycle, Siphrut: Li­te­ra­ture and Theology of the Hebrew Scriptures 5 (Winona Lake: Eisenbrauns, 2011). Andere Beispiele für spätgeborene Söhne, die in den höchsten Rang aufstiegen, ohne dass behauptet würde, ihre Vorgänger seien Usurpatoren gewesen, sind u. a. Isaak, Juda, Josef und David, die alle ihren älteren Brüdern vorgezogen wurden. 92 Es gibt noch viele weitere Beispiele, z. B. Kain und Abel (Gen 4,1–5); Isaak und Ismael (Gen 16– 18.21); Manasse und Ephraim (Gen 49,11–20); Ruben und Juda (Gen 49,2–12; 1. Chr 5,1–2); Mose und Aaron (Ex 3–4); David und seine Brüder (1. Sam 16,6–13); siehe auch Greenspahn, When Broth­ers Dwell Together.

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Vaters, dennoch kam er mit zwielichtigen und möglicherweise betrügerischen Metho­den an die Macht.93 In beiden Fällen integriert der Erzähler zwar viele Details in den Be­richt, die darauf hindeuten, dass der Nachfolger des Vaters nichts anderes als ein Usurpator war, dennoch betont er ausdrücklich, dass dies Gottes Willen entsprach. In Jakobs Fall wird die Tatsache bekräftigt, dass er von Gott erwählt wurde, sowohl bevor als auch nach­dem er seinem Bruder auf betrügerische Weise den Segen gestohlen hat, unter anderem bei seiner Geburt (siehe Gen 25,23; 26,23–24; 28,12–15). Ebenso erkennt auch Könige an, dass Adonia der erwartete Nachfolger Davids auf dem Thron war, aber betont den­noch, dass Sa­lo­mo nicht nur von David als Ergebnis einer Palastintrige ausgewählt wurde, sondern auch und vor allem von Gott selbst. Wir haben bereits gesehen, wie dieser Um­stand in 2. Sam 12,24–25 dadurch angedeutet wird, dass Sa­lo­mo Jedidja genannt und von ihm gesagt wird „der Herr liebte ihn“ (siehe Kapitel VI). Es gibt in 1. Könige 1–2 aber noch weitere Hinweise auf Sa­lo­mos Erwählung durch Gott: 1. An späterer Stelle sagt sogar Sa­lo­mos Rivale Adonia: „Ich sollte herrschen; doch das Kö­nig­tum wurde mir genommen und ist meinem Bruder [= Sa­lo­mo] zuteil geworden; denn es war sein von dem Herrn“ (1. Kön 2,15b). 2. Sa­lo­mos Reaktion auf Adonia beinhaltet die Aussage: „[S]o wahr der Herr lebt, der mich bestätigt hat und mich auf den Thron meines Vaters David gesetzt hat, und der ein Haus [= eine Familie, Dynastie] für mich gemacht hat,94 wie er es versprochen hatte“ (1. Kön 2,24).95 3. Davids Zustimmung zu Sa­lo­mo als seinem Nachfolger in 1. Kön 1,48 spiegelt diesel­be Vorstellung wider: „Gesegnet sei der Herr, der König Israels, der heute einem mei­ner Nachkommen erlaubt hat, auf meinem Thron zu sitzen und der es meinen Augen erlaubt hat, es zu sehen.“ Hinweise auf Sa­lo­mos göttliche Erwählung sind auch in zwei Ge­schich­ten außerhalb der Thronfolgeerzählung zu finden: Einmal in Gibeon, als Sa­lo­mo Gott antwortet: „Und nun, o Herr, mein Gott, hast du deinen Knecht zum König gemacht anstelle von David, meinem Vater“ (1. Kön 3,7a). Ferner gehört die Aussage der Königin von Saba in Erinnerung gerufen: „Möge der Herr, dein Gott, gesegnet sein, der dich erwählt hat, um dich auf den Thron Israels zu setzen. Weil der Herr Israel für immer liebt, hat er dich zum König gemacht“ (‫יהי יהוה אלהיך ברוך אשר חפץ בך לתתך על כסא ישראל‬ …‫באהבת יהוה את ישראל לעלם וישימך למלך‬, 1. Kön 10,9–10). 93 Eine weitere Parallele zwischen diesen Er­zäh­lungen ist, dass in beiden Fällen die Mutter eine Schlüs­ sel­rolle für ihren Sohn spielt, wenn auch auf jeweils unterschiedliche Weise. In Genesis 27,6–13 drängt Rebekka Jakob ausdrücklich dazu, seinen Vater – ihren Ehemann – zu täuschen, um sich den Segen anstelle seines Bruders zu sichern. 94 Zu dem Ausdruck ‫„( אשר עשה לי בית‬der ein Haus für mich gemacht hat“) vgl. Ex 1,21; 2. Sam 7,11 und siehe S. M. Paul, „Exodus 1:21: ‘To Found a Family’ – A Biblical and Akkadian Idiom“, Divrei Shalom, Culture and His­to­r y of the Ancient Near East 23 (Leiden: E. J. Brill, 2005), S. 177–180. 95 Wie bereits in Kapitel VI, § I II (c) diskutiert wurde, bezieht sich dieser Vers auf Nathans Prophe­ zeiung an David in 2. Sam 7,11–12. Dieser Ge­schichts­­schrei­ber versucht zu zeigen, dass Gottes Wort durch seinen Propheten erfüllt wurde; siehe auch Kapitel XI, § V, 1.

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Man muss nicht notwendigerweise zu dem Schluss kommen, dass diese Vorstellung eine späte Hinzufügung zur Thronfolgeerzählung ist. Wie wir gesehen haben, rahmt sie den ganzen Bericht in 2. Sam 12,24–25 und 1. Kön 2,15.24. Es darf aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Idee – wie es der Text in 2. Sam 12,25 andeutet – Sa­lo­mos Aufstieg zur Macht vorausgeht. Im Gegenteil scheint es sich um einen Versuch post eventum zu handeln, Sa­lo­mos Thronfolge zu rechtfertigen, indem göttliche Legitimierung in Anspruch genommen, während zugleich zugegeben wurde, dass er nicht der erwartete Thronfolger gewesen war. Auf diese Weise greifen in der Thronfolgeerzählung als Ganzem die umfassende „drei-vier“-Struktur und die expliziten Verweise auf Gottes Liebe zu Sa­lo­mo sowie dessen Erwählung ineinander, um damit seinen ansonsten fragwürdigen Aufstieg an die Macht anstelle seiner älteren Brüder zu rechtfertigen. IV Die Rechtmäßigkeit der Thronfolge Sa­lo­mos in der Chro­nik Der Chro­nist stimmt mit dem Ver­fas­ser bzw. Editor von Sa­muel-Kö­ni­ge – oder genauer gesagt: der Thronfolgeerzählung – voll und ganz darin überein, dass Sa­lo­mo der von Gott erwählte Nachfolger Davids war. Er betont dies jedoch noch stärker, indem er die ge­samte Er­zäh­lung von Nathans Verschwörung mit Batseba gegen den rechtmäßigen Thron­­folger Adonia (1. Kön 1,11–53) ausklammert. Um Nathans Spuren vollständig zu ver­­wischen, lässt er sogar den Hinweis darauf aus, dass Nathan Sa­lo­mo in 2. Sam 12,24– 25 den Namen Jedidja gab – in Verbindung mit der ganzen David-Batseba-Er­zäh­lung in 2. Sam 11,1–12,25 –, ebenso wie die Liste von Sa­lo­mos Verwaltungsbeamten (1. Köni­ ge 4), die auch Nathans Söhne nennt (4,5). Gemäß dem Chro­nisten war Nathan nicht ak­­tiv an der Wahl und Krönung Sa­lo­mos beteiligt. Nathans Rolle ist auf seine frühere Pro­phe­zeiung über den Tempelbau und die Davidische Dynastie (1. Chro­nik 17 // ­2 . Sa­ muel 7) begrenzt. Der Chro­nist wollte den Boten Gottes nicht in ein schlechtes Licht rücken. Ebensowenig wünschte er ans Licht zu bringen, dass der Erbauer des Tempels den Thron aufgrund von Hofintrigen und Manipulationen bestiegen hatte. Da der Chro­nist den Hauptteil der Er­zäh­lung (1. Kön 1,5–53) ausließ, verzichtete er auch auf den Schauplatz bzw. die Exposition zu dieser Er­zäh­lung (1. Kön 1,1–4). Das Aus­­las­sen von 1. Kön 1,1–4 passt auch gut zu dem Vergeltungsprinzip,96 das das Chro­ nis­ti­sche Ge­schichts­werk leitet: Da Gesundheit und Krankheit als Belohnung bzw. Strafe an­gesehen wurden, hätte die Beschreibung Davids als krank, schwach und bettlägerig so in­ter­pretiert werden können, dass er für seine Verfehlung(en) bestraft wurde.97 Da er eine sol­che Interpretation vermeiden wollte, beschrieb der Chro­nist David als einen gealterten Mann (1. Chr 23,1), der aber immer noch gesund, voller Energie und tatkräftig war. David ver­anlasst eine Zählung der Leviten und teilt sie in Abteilungen ein (1. Chr 23,1– 32), ebenso die Priester (1. Chr 24,1–19), Sänger (1. Chr 25,1–31), Torwächter und dergleichen (1. Chr 26,1–32). David versammelt das Volk in Jerusalem, erhebt sich und hält 96 Zu Krankheit als Strafe siehe z. B. 2. Chr 16,7–12 (vgl. mit 1. Kön 15,12); 2. Chr 21,18–19; 26,16–21; 32,24–26; Ex 15,26; Dtn 7,15 (Gesundheit als Belohnung für die Einhaltung von Gottes Geboten); 28,27.35 (Krankheit, wenn die Gebote nicht eingehalten werden). 97 Bereits die Gelehrten des Talmud und des Mittelalters hielten Davids Krankheit und Schwäche für eine Strafe für sein früheres Fehlverhalten; siehe Anm. 6.

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eine lange und beeindruckende Rede.98 Er betet, ernennt Sa­lo­mo zum König und feiert diesen Anlass mit ganz Israel (1. Chro­nik 28–29). So wird das Setting des Königebuches in der Chro­nik ersetzt durch eine Beschreibung der zahlreichen Aktivitäten des ge­a l­ter­ ten David und der friedlichen, reibungslos verlaufenden Krönung Sa­lo­mos durch seinen Vater, seine Brüder, die Beamten des Königreichs und ganz Israel. Der Chro­nist, der so gut wie alle negativen Ge­schich­ten über David (z. B. 2. Sam 11,1–12,25) verschweigt und ihn als Vorbild für alle zukünftigen Könige darstellt (z. B. 2. Chr 11,17 (Sonder­g ut); 2. Chr 7,10 // ­1. Kön 8,66), beschreibt ihn hier als rechtschaffenen Menschen, der seine letzten Tage ohne jegliche körperliche oder geistige Beeinträchtigung und ohne politi­sche Krisen zubrachte. David war in seinen letzten Jahren nicht krank und schwach, weil er nicht gesündigt hatte: Er war gesund und tatkräftig, weil er getan hatte, was in Gottes Augen richtig war, und weil er sich ganz darauf konzentriert hatte, seinen Erben zu benennen und ihn auf den Tempelbau vorzubereiten. Der Chro­nist präsentiert auch eine neue Er­zäh­lung über Sa­lo­mos Thronbesteigung, die die Ausgeklammerte aus 1. Kön 1,5–53 ersetzt. Gemäß seiner Neufassung einiger frü­ he­rer Texte war das, was geschah, die Erfüllung des göttlichen Plans. Die Entscheidung da­­­rü­­­ber, wer der nächste König von Israel werden sollte, lag nicht allein bei David (1. Kön 1,20.27.43). Vielmehr war es zuerst und vor allem Gottes Entscheidung, denn eigent­lich gehört der Thron ihm.99 Sa­lo­mo wurde von Gott selbst dazu erwählt, über Is­­rael zu herr­ schen, und David folgte nur dem Befehl Gottes, statt eine Entscheidung im letz­­ten Mo­ ment zu treffen, zu der ihn die Umstände zwangen (1. Kön 1,32–35). Erfand der Chro­nist diese Ge­schich­te vollkommen neu oder ließ er sich von früheren bi­bli­schen Texten inspirieren? Offensichtlich widerspricht seine Dar­stel­lung der Haupt­­­linie der Ge­schich­te in 1. Könige 1, in der Nathan eine Verschwörung anzet­telt und pri­vat agiert, statt in Gottes Namen oder mit prophetischer Autorität aufzutre­ten. Über­­ra­schender vielleicht ist die Tatsache, dass der Chro­nist keine einzige der An­spie­lun­ gen wiederholt, die in der Thronfolgeerzählung auf Sa­lo­mos Erwählung hindeuten (v. a. 2. Sam 12,24–25; 1. Kön 2,15.24; vgl. 1. Kön 1,48), obwohl er sie mit Sicherheit kann­te und auf sie aufbaute. Darüber hinaus knüpft er direkt an andere Texte an, die Sa­lo­mos Thron­­folge rechtfertigen sollten: 1. Gemäß 1. Könige 3,7a antwortet Sa­lo­mo Gott in Gibeon: „Und nun, Herr, mein Gott, hast du deinen Knecht zum König gemacht anstelle von David, meinem Vater.“ Der Chro­nist übernimmt nicht nur diese Information (2. Chr 1,8b), sondern verstärkt die Aussage des Königs noch, indem er den Satz hinzufügt: „Denn du [= Gott] hast mich zum König gemacht über ein Volk, das so zahlreich ist wie der Staub der Er­de“ (‫כי אתה‬ ‫ ; המלכתני על עם רב כעפר הארץ‬2. Chr 1,9b). 2. In 2. Chro­nik 9,8 zitiert der Chro­nist den Text aus 1. Kön 10,9–10, der der Königin von Saba die Aussage in den Mund legt, dass Gott Sa­lo­mo erwählt und ihn auf den Thron Israels gesetzt habe: „Weil der Herr Israel ewig liebt, hat er dich zum König ernannt.“ 98 Das steht in eindeutigem Gegensatz zu dem kurzen Segenswunsch an den Herrn, den er gemäß 1. Kön 1,47b–48 von seinem Bett aus spricht. 99 Siehe 1. Chro­nik 17,14; 29,11; 2. Chr 13,8 und unten im vorliegenden Kapitel.

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3. Der Chro­nist verwendete an einigen Stellen Passagen aus Esra-Nehemia.100 Er kannte vermutlich auch Nehemias Aussage über Sa­lo­mos Thronbesteigung: „[U]nd Gott machte ihn zum König über ganz Israel“ (‫ ;ויתנהו אלהים מלך על כל ישראל‬Neh 13,26). Darüber hinaus stellt der Chro­nist Sa­lo­mo auch in einigen anderen Passagen als von Gott erwählten König dar, in denen selbst in Sa­muel-Kö­ni­ge ein solcher Anspruch nicht zu finden ist. Er formuliert das sehr klar und direkt und bereitet sein Publikum schon in seiner Beschreibung von Davids Herrschaft darauf vor: 1. Der Chro­nist beschreibt den König als einen, der einen Namen von Gott erhalten hat, aber statt dass er nach seiner Geburt Jedidja genannt wird (2. Sam 12,25), gab Gott ihm den Namen Sa­lo­mo bereits, bevor er geboren wurde (1. Chr 22,5–11, Sondergut):101 „Das Wort des Herrn erging an mich [= David], und er sprach… ein Sohn soll Dir ge­bo­ ren werden, der soll ein Mann der Ruhe sein; und ich werde ihm Ruhe verschaffen von all seinen Feinden ringsumher; denn sein Name soll Sa­lo­mo sein… Er soll ein Haus für meinen Namen bauen; und er soll mein Sohn sein, und ich werde sein Vater sein; und ich werde den Thron seiner Königsherrschaft über Israel festigen für ewig‘“ (1. Chr 22,8–10). Das Motiv, dass jemand schon im Mutterleib von Gott für ein Amt erwählt wird, ist aus der prophetischen Li­te­ra­tur wie beispielsweise in Jer 1,4–5 und Jes 49,1 bekannt, von denen der Chro­nist diese Vorstellung vermutlich übernommen hat. Aber auch ver­­schiedene altorientalische Königsinschriften bezeugen dieses Motiv, wie die an frühe­rer Stelle bereits behandelten Beispiele von Aššur-rēš-iši I., Adad-nirari III., Asar­ had­don, Aššurbanipal und Nabonid.102 2. Der Chro­nist definiert Sa­lo­mos Verhältnis zu Gott metaphorisch in der Adop­tions­ for­mel: „Er soll mein Sohn sein und ich werde sein Vater sein.“103 Er bekräftigt: „Und er [= Gott] sagte zu mir [= David]: ‚Sa­lo­mo, dein Sohn, soll mein Haus und meine Höfe bauen; denn ich habe ihn erwählt, mein Sohn zu sein, und ich werde sein Vater sein‘“ (1. Chr 28,6; siehe auch 1. Chr 22,10). In diesen Versen verknüpft der Chro­nist die Aus­sagen, die er David in den Mund legt, mit Nathans Prophezeiung aus 1. Chr 17,11–13 (// 2. Sam 7,12–14) und zeigt so, dass sie eine Erfüllung dieser prophetischen Verheißung sind: ‫והיה כי מלאו ימיך ללכת עם אבתיך והקימותי את זרעך אחריך אשר יהיה מבניך‬ ‫ אני אהיה לו לאב והוא‬.‫ הוא יבנה לי בית וכננתי את כסאו עד עולם‬.‫והכינותי את מלכותו‬ .‫יהיה לי לבן‬ Und es wird geschehen, wenn deine Tage erfüllt sind, wenn du zu deinen Vätern gehst, dann werde ich deinen Nachkommen [wörtl.: deinen Samen] nach dir erstehen 100 Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 7–9, 118, 128, 270–271; ders, An Ancient Israelite His­tor­ian, S. 90–92. 101 Zu diesem Thema siehe auch Kapitel V, § I II, B, 4; Kapitel VI, § III (b) und Kapitel VII, § IV, 1. 102 Siehe Kapitel VI, § I II (c), S. 162–163. 103 Zur Adoptionsformel siehe die ausführliche Diskussion und Li­te­ra­turverweise in Cooke, „The Israelite King as Son of God“, S. 202–225; Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 225– 226.

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Salomos Thronfolge las­­sen, der von deinen Söhnen sein wird; und ich werde seine Königsherrschaft festigen. Er soll mir ein Haus [= den Tempel] bauen, und ich werde seinen Thron für ewig festigen. Ich werde sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein.

3. Indem er die Er­zäh­lungen von Amnon, Absalom und Adonia auslässt, verschleiert der Chro­nist das übergreifende „drei-vier“-Schema, das die Thronfolgeerzählung struk­ tu­riert. Er verwendet dieses literarische Motiv jedoch an zwei Stellen ebenfalls, wenn auch in einer anderen Weise: in 1. Chr 28,4–5 als Hinzufügung und in 1. Chr 3,5–6 als einer Modifikation von 2. Sam 5,14–15. Letztere Passage, die Sa­lo­mo als den vier­ ten Sohn Batsebas identifiziert, wurde bereits diskutiert.104 1. Chro­nik 28,4–5 spie­­gelt das Motiv jedoch sogar noch deutlicher wider. An dieser Stelle hält Da­vid eine Rede, in der er Sa­lo­mo als von Gott erwählten König beschreibt, und die Sa­lo­mo ex­pli­zit an vierter und letzter Stelle nennt (1. Chr 28,4–5):105 ‫ כי ביהודה בחר לנגיד‬.1 ‫ ובבית יהודה בית אבי‬.2 ‫ ובבני אבי בי רצה להמליך על כל ישראל‬.3 ‫ ומכל בני כי רבים בנים נתן לי יהוה ויבחר בשלמה בני לשבת על כסא מלכות יהוה על‬.4 .‫ישראל‬ Und der Herr, der Gott Israels, hat mich erwählt aus dem ganzen Haus meines Vaters, König über Israel zu sein für ewig. 1. Denn er erwählte Juda zum Fürsten,106 2. und im Haus Judas das Haus meines Vaters [= meine Familie], 3. von den Söhnen meines Vaters wollte er mich als König über ganz Israel einsetzen. 4. Und von allen meinen Söhnen – denn der Herr hat mir viele Söhne geschenkt – hat er meinen Sohn Sa­lo­mo erwählt, auf dem Thron der Königsherrschaft des Herrn über Israel zu sitzen.107

4. Der Ver­fas­ser der Chro­nik betont auch, dass die göttlichen Verheißungen tatsächlich erfüllt wurden: ‫ וכל השרים והגברים‬.‫וישב שלמה על כסא יהוה למלך תחת דויד אביו ויצלח וישמעו אליו כל ישראל‬ ‫ ויגדל יהוה את שלמה למעלה לעיני כל ישראל ויתן‬.‫וגם כל בני המלך דויד נתנו יד תחת שלמה המלך‬ .‫עליו הוד מלכות אשר לא היה על כל מלך לפניו על ישראל‬ Und Sa­lo­mo setzte sich auf den Thron des Herrn als König anstelle seines Vaters Da­ vid und Gott gab ihm Gelingen; und ganz Israel gehorchte ihm. Und alle Beamten 104 Siehe Kapitel VII, § I I. 105 Siehe ausführlich bei Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 307–308 und § III, 1, im vorliegenden Kapitel. 106 Tatsächlich wird auch Juda unter Jakobs Söhnen an vierter Stelle genannt: Nachdem die ersten drei Söh­ne – Ruben, Simeon und Levi – wegen ihrer bösen Taten zurückgewiesen worden waren, nahm Juda die beste Stelle ein (Gen 49,3–12; siehe auch Gen 34; 35,22). 107 Eine ähnliche literarische Struktur zeigt sich bereits bei der Erwählung Sauls in 1. Sam 10,20–21. In die­sem Fall handelt es sich allerdings um ein „zwei-drei“-Schema (Benjamin, Mitri, Saul) und nicht um ein „drei-vier“-Schema.

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Salomos Thronfolge

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und die mächtigen Männer und ebenso alle Söhne König Davids unterwarfen sich Kö­nig Sa­lo­mo. Und der Herr machte Sa­lo­mo überaus groß in den Augen von ganz Is­rael und er gab ihm Majestät der Königsherrschaft, wie sie kein König vor ihm in Israel je gehabt hatte (1. Chr 29,23–25; vgl. 2. Chr 1,1, beides Sondergut.)

So betont der Chro­nist eindeutig den Status Sa­lo­mos als eines von Gott erwählten Kö­nigs, wie es auch Saul und David vor ihm gewesen waren.108 Im Gegensatz zu 1. Kö­ ni­ge 1–2 und vielleicht um Sa­lo­mos skandalöse Thronbesteigung zu vertuschen, stellt der Chro­nist den neuen König als vollkommen legitimen, von Gott und Kö­­nig Da­vid er­wählten Herr­scher dar. Die Thronfolge verlief völlig harmonisch. Die Mäch­te des Him­mels und der Erde wirkten zusammen, damit alles erfolgreich von­­stat­­ten gehen konnte: Gott selbst gab ihm den Namen Sa­lo­mo und bestimmte ihn – schon im Mut­ ter­leib – zum König über Israel und zum Bauherrn seines Tempels. Diese Vor­stellung wurde von David und dem ganzen Volk Israel übernommen und un­ter­stützt, ebenso von allen Beamten und mächtigen Personen des Königreichs und allen Söhnen Davids (‫ )כל בני המלך דויד‬inklusive Adonias und seiner Unterstützer (1. Kön 1,9.19.25).109 Die Vor­stellung von Sa­lo­mo als einem von Gott erwählten Kö­nig stellt automatisch den Be­­richt in 1. Könige in Frage. Wer könnte sich gegen je­man­den stellen, der von Gott selbst erwählt wurde, und darüber hinaus auch von Da­vid, seinen Söhnen und Beam­ ten und von ganz Israel? Dementsprechend lässt der Chro­­nist diese Er­zäh­lung aus dem Königebuch vollständig aus. V Zusammenfassung Eine sorgfältige Untersuchung von 1. Könige 1 zeigt, dass Sa­lo­mo nicht der rechtmäßige Thron­­erbe war: Adonia war älter und stand in der Thronfolge an erster Stelle, um den Thron seines Vaters zu erben. Er wurde von einem Großteil von Davids Söhnen und seinen obers­ten Amtsträgern sowie den Beamten Judas unterstützt, und ganz Israel er­war­ tete, dass er den Thron besteigen würde. Sa­lo­mo kam an die Macht im Zuge von Macht­ kämp­fen und Intrigen innerhalb des Palastes am Lebensende Davids, der von Nathan und Batse­ba manipuliert wurde. Trotz alledem stellt die Thronfolgeerzählung in Sa­muel-Könige Sa­lo­mo als den von Gott erwählten König dar. Der gesamte Bericht wird durch das literarische Muster „dreivier“ strukturiert und gerahmt durch Hinweise auf Gottes Liebe zu und Erwählung von Sa­lo­mo. Gemäß der Thronfolgeerzählung wurde Sa­lo­mo von Gott dazu erwählt, David auf den Thron zu folgen, obwohl er nicht an erster Stelle der Thronfolge stand, und sogar trotz der politischen Intrige, die ihn auf den Thron brachte. So sehr Genesis 25–27 Ja­kob als jüngeren Sohn präsentiert, der gleichzeitig von Gott erwählt wurde und sich trü­gerisch den Segen des Erstgeborenen erschlich, stellt die Thronfolgeerzählung Sa­lo­mo 108 Siehe 1. Samuel 9,16–10,1; 15,1.11.35 (Saul); 1. Sam 16,1–13; 2. Sam 7,8 // ­1. Chr 17,7; Ps 89,4 (Da­ vid). Tatsächlich war das Motiv, dass eine Gottheit einen König erwählt, auch in anderen Kulturen des Alten Orients verbreitet; siehe Kapitel VI. 109 Adonia wird nur an einer Stelle in der genealogischen Liste der Davidischen Dynastie erwähnt; 1. Chr 3,2 // 2­ . Sam 3,4.

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Salomos Thronfolge

so­wohl als den Erwählten Gottes als auch als Usurpator dar. Wie wir in Kapitel VI gesehen haben, ist der Anspruch, dass ein Usurpator in der besonderen Gunst einer Gott­heit stünde, in königlichen Apologien des gesamten Alten Orients weit verbreitet. Er dient als eine Form königlicher Legitimation, nimmt in diesem Fall jedoch einen typisch is­rae­li­ tischen Blickwinkel ein, indem das verbreitete Motiv des jüngeren Sohnes aufgegriffen wird, den Gott seinen älteren Brüdern vorzieht. Auch das Chro­nistische Ge­schichts­werk teilt das Anliegen, Sa­lo­mo als den von Gott er­wählten König Israels zu zeigen, setzt dafür jedoch ganz andere Mittel ein. Hier werden beinahe alle Elemente ausgeklammert, die ein schlechtes Licht auf David, Batseba und Sa­ lo­mo wer­fen könnten (2. Samuel 11–12; 1. Könige 1–2). Auf der Grundlage von Aus­sa­gen aus früheren „bi­bli­schen“ Texten bekräftigt der Chro­nist, dass Sa­lo­mo der recht­mäßi­ge Herr­­scher und Erbauer des Tempels war, erwählt von David und vor allem von Gott. Diese Erwählung wird sogar noch vor seine Geburt zurückprojiziert (1. Chr 22,7–10). Der Bericht widerspricht der Dar­stel­lung des Brüderkonfliktes aus Sa­muel-Kö­­ni­­ge und behauptet, dass alle Brüder Sa­lo­mos sowie die Beamten des Königreichs die Thron­be­stei­ gung Sa­lo­mos unterstützten. Dieser Kontrast wird in der chronistischen Neu­fas­sung der Er­­­zäh­lung von Sa­lo­mos Krönung und der Ausführung des Testaments seines Va­ters noch wei­ter betont, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.

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Kapitel XI: Die Krönung Salomos Davids Testament und seine Erfüllung I Die Krönungszeremonie: Könige versus Chronik Der Ver­fas­ser der Thronfolgeerzählung berichtet in dramatischer Weise von Sa­lo­mos Krö­nung. Nach den Intrigen, die in Davids Palast gemäß 1. Kön 1,11–37 gesponnen wurden, wurde die überstürzte Krönung Sa­lo­mos nicht von den wichtigsten Beamten des Kö­nigs durchgeführt – dem Oberhaupt der Streitkräfte (Joab) oder dem Hohepriester (Abjatar), die beide Adonia unterstützten (1. Kön 1,7; 2,22.28) –, sondern von den relativ niedrig stehenden Beamten Benaja, dem Söldnerführer, dem Priester Zadok und dem Hof­propheten Nathan (1. Kön 1,32; vgl. 1,8.10.38.44). Die Ge­schich­te spielt sich folgendermaßen ab: Der Priester Zadok, der Prophet Na­than und einige andere setzen Sa­lo­mo auf ein königliches Maultier – das David gehör­­te1 – und reiten hinunter zur Gihon-Quelle. Aus Sicherheitsgründen werden sie von Be­naja und seinen Söldnern begleitet, vermutlich für den Fall einer unerwarteten Stö­rung durch Ado­ nias Unterstützer oder sonst jemanden. An der Gihon-Quelle salben Nathan und Zadok Sa­lo­mo zum König über Israel,2 und zwar mit Öl aus einem Horn, das in „dem Zelt“ aufbewahrt wurde.3 Sie stoßen in die Hörner und rufen „Lang lebe König Sa­lo­mo!“4. Dann spielen die Leute, die ihnen folgen, auf Flöten, sie erheben ihre Stimmen und ju­beln so laut, dass „die Erde“ bei diesem Klang „barst“ und der Lärm auf der anderen Seite der Stadt gehört wird (1. Kön 1,38–41).5 Sa­lo­mo kehrt dann in den Palast zurück und setzt sich auf Davids Thron, um als Ko-Regent zu herrschen, allerdings mit dem Plan, ihm nach­­zu­folgen (1. Kön 1,46; 2,12a).6 Diese wesentlichen Merkmale der Er­zäh­lung wer­den 1 Zu der Vorstellung, dass der König ein spezielles Maultier/ Pferd besaß, siehe auch Est 6,8b und 6,9–11, wo von einem besonderen Pferd – „dem Pferd“ (‫ – )הסוס‬gesprochen wird. 2 Im Alten Israel wurde der König von einem Priester und/ oder einem Propheten gesalbt. So salbte Samuel, der Prophet und Priester, Saul (1. Sam 10,1) und David (1. Sam 16,13); der Schüler des Pro­ phe­ten Elisa salbte Jehu zum König von Israel (2. Kön 9,1–14); der Hohepriester Jojada salbte Joasch (2. Kön 11,12–14); der Prophet Ahija von Schilo salbte Jerobeam, den Sohn des Nebat, nicht im eigent­lichen Sinne; er zerriss sein Gewand in zwölf Stücke und gab Jerobeam zehn davon (1. Kön 11,29–31). 3 Dieses Zelt ist dasjenige, das David für die Bundeslade errichtete (2. Sam 6,17); es wird auch später, in 1. Kön 2,28; 8,4 (// 2. Chr 5,5), nochmals erwähnt. 4 Vgl. 1. Sam 10,24 (Saul); 2. Sam 16,16 (der Arkiter Huschai zu Absalom), 1. Kön 1,25 (Adonia); 2. Kön 11,12 (Joasch). 5 Zu dem Motiv, dass etwas aus großer Distanz gehört wird, seiner Bedeutung im Zusammenhang mit Sa­lo­mos Krönung und seinem bi­bli­schen Kontext siehe Kapitel XII. 6 Vermutlich vollzog sich die Krönung nach einem festen Protokoll; siehe Kapitel XII, § II, 2.

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drei­mal wiederholt: einmal in Davids Befehl zur Krönung Sa­lo­mos (1. Kön 1,32–35), ein­ mal in der Durchführung des Befehls (1. Kön 1,38–40) und ein drittes Mal in dem Be­ richt Jonathans, des Sohnes Abjatars, an Adonia und Joab (1. Kön 1,44–48).7 In der Chro­nik wird ein anderes Bild gezeichnet: 1. Chro­nik 23,1 berichtet allgemein: „Als David alt war und der Tage satt, machte er seinen Sohn Sa­lo­mo zum König über Israel“, ohne genauer auszuführen, wann, wo oder wie das vonstatten ging. In 1. Chro­nik 29,20–25 beantwortet der Chro­nist diese Fragen akribisch: „Und sie aßen und tranken vor dem Herrn an diesem Tag mit großer Freude. Und sie machten Sa­lo­mo, den Sohn Davids, zum zweiten Mal [‫]שנית‬8 zum König. Und ihn salbten sie dem Herrn zum König [‫“…]לנגיד‬9 Das Essen und Trinken wird ausschließlich in der Chro­nik erwähnt, war aber wahrscheinlich ebenfalls Teil der Feierlichkeiten, die im Buch der Könige geschildert werden. Dessen Ver­fas­ser war daran interessiert, Sa­lo­mos Salbung und den Jubel des Volkes zu betonen, und die Freude, die in diesem Ereignis zum Ausdruck kam. Für den Chro­nisten ist der wichtigste Punkt, dass Sa­lo­mo Gottes erwählter und gesalbter König war; andere Details der Krönungszeremonie konnten ausgespart werden, da sie überflüssig waren. Offensichtlich kannte er das Protokoll nicht, dem die Krönung eines Monarchen in der Königszeit folgte. Die Chro­nik stimmt mit Könige nur im Hinblick auf die wesentlichen 7 Eine solche Wiederholung von Elementen einer Ge­schich­te kommt sowohl in der bi­bli­schen als auch in der ugaritischen Li­te­ra­tur häufig vor. So wird beispielsweise die Er­zäh­lung von Rebekkas Tref­fen mit Abrahams Diener viermal wiederholt (Gen 24,12–14.17–21.42–44.45–46). In ähnlicher Wei­se werden auch Pharaos Träume mehrfach wiedergegeben (Gen 41,1–7.17–24), ebenso die Be­schrei­ bung der Stiftshütte: einmal, als Gott Mose mit dem Bau beauftragt (Ex 25,1–31,11), und einmal, als Mose den Auftrag ausführt (Ex 35,4–39,43). Die Weihegaben der israelitischen Häuptlinge werden zwölfmal wiederholt (Num 7,12–83). In dem ugaritischen Aqhat-Epos kommt eine lange Liste mit Vorschriften, wie man den eigenen Vater ehren soll, viermal vor (Aqhat 1,26–33; 1,44–48; 2,1–8; 2,16–23); S. B. Parker, „Aqhat“, in S. B. Parker (Hg.), Ugaritic Narrative Poetry, Writings from the An­cient World (Atlanta: Society of Biblical Li­te­ra­ture, 1997), S. 49–88, insb. 53–56; siehe auch Cas­ suto, The Goddess Anath, S. 41–44 (im hebräischen Original S. 34–36). Im späten 1. Jh. u. Z. war Jo­­se­­phus möglicherweise nicht mehr vertraut mit dieser Eigenschaft der bi­bli­schen und altorien­ta­ li­schen Li­te­ra­tur oder er fand die mehrfache Wiedergabe mancher Elemente überflüssig. Deshalb ließ er die detaillierten Wiederholungen weg und schrieb nur: „Sie [i. e. Bathsheba] erzählte ihm [i. e. Da­v id] alles, was der Prophet ihm vorgeschlagen hatte” ( Jüdische Altertümer 7,350). Daher ver­zich­ te­te er auf ausführliche Wiederholungen (siehe z. B. Jüdische Altertümer 7,347–352, insb. 348); teilweise strich er sie auch ganz, beispielsweise in 7,360: „Als dieser [i. e. Jonathan] aber erzählte, was sich mit Solomon nach Davids Willen zugetragen hatte…“; deutsche Übersetzung von H. Cle­mentz, Fla­­vius Josephus, Jüdische Altertümer (neu gesetzte und überarbeitete Ausgabe, Wiesbaden: Marix, 2004; nach der Ausgabe Halle an der Saale, 1899), S. 351; vgl. 349–351; siehe H.St.J. Thackeray und R. Mar­cus, Josephus with an English Translation: Jewish Antiquities Books V–VIII, Loeb Classical Li­ brary (Cam­bridge, MA: Harvard University Press/ London: William Heinemann, 1934), S. 548– 549, 552–555. 8 Zu dem Wort ‫„( שנית‬zum zweiten Mal“) siehe die Diskussion im nächsten Abschnitt. 9 Das Wort ‫ נגיד‬bedeutet hier wie auch im folgenden Vers (1. Chr 29,23) „König“; es wurde in der Sep­ tua­g inta korrekt übersetzt (βασιλέα); siehe auch 1. Chr 11,2 und vgl. Ps 76,13, wo ‫ נגיד‬als Synonym zu ‫ מלך‬verwendet wird; vgl. auch 1. Sam 9,16; 10,1; 13,14; 25,30; 2. Sam 6,21; 1. Kön 1,35; 2. Kön 20,5; Ez 28,2.

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Die Krönung Salomos

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Hand­lungen überein: die Salbung und Krönung Sa­lo­mos, die damit endete, dass Sa­lo­mo auf dem Thron saß. Er bemerkte jedoch die zahlreichen Opfer, die zu diesem wichtigen An­lass dem Herrn dargebracht wurden (1. Chr 29,21),10 die auch in Könige vorkommen: Für den Chro­nisten und seine Tempelgemeinde kommt der frommen Opferhandlung be­sondere Bedeutung zu. II Gab es zwei Krönungen? Es wird nur von zwei anderen Monarchen berichtet, dass sie mehr als einmal zum König gesalbt wurden: (a) 1. Samuel 9,27–10,1 erzählt, dass der Prophet Samuel Saul insgeheim gesalbt habe (10,1). Später präsentierte er Saul dem Volk, das in Mizpa versammelt war, als den er­­­wähl­ten König; und die Menschen bekräftigten lauthals: „Lang lebe der König!“ (10,17–24). Es gab jedoch einige Leute, die von Sauls Führungsqualitäten unbeeindruckt waren (10,27). Deshalb versammelte Samuel das ganze Volk nach Sauls Sieg über die Ammoniter in Gilgal, und „sie machten dort Saul zum König“ (11,14–15). (b) 1. Samuel 16,1–13 berichtet, dass der Prophet Samuel David heimlich salbte. Nach dem Tod Sauls wurde David noch zweimal gesalbt: von den Judäern (2. Sam 2,4a) und zwei Jahre später von den Ältesten der Nordstämme Israels (2. Sam 5,1–3). Beide Male fand die Salbung in Hebron statt. Gab es auch in Sa­lo­mos Fall zwei Krönungen? Auf der Grundlage des Masoretischen Tex­tes von 1. Chr 29,22: „und sie machten Sa­lo­mo, den Sohn Davids, zum zweiten Mal [‫ ]שנית‬zum König“, vertreten einige antike, mittelalterliche und moderne Exegeten die Mei­­nung, dass dies tatsächlich der Fall war. Flavius Josephus versichert beispielsweise, dass die erste Krönung Sa­lo­mos vor der Bevölkerung Jerusalems vollzogen wurde, wie in 1. Könige 1 ausführlich berichtet wird ( Jüdische Altertümer 7,354–358). Später folgt Jo­sephus der Beschreibung in 1. Chr. 29,20–25 und beschreibt die zweite Krönung, die in An­we­senheit der Beamten aller israelitischen Stämme stattfand: „[U]nd der König wie das Volk vergnügten sich bei festlichen Schmausereien. Solomon aber wurde aufs Neue mit Öl ge­salbt und zum Könige erwählt“ ( Jüdische Altertümer, 7,382).11 Dieselbe Meinung findet sich auch bei einigen jüdischen Exegeten des Mittelalters, beispielsweise bei PseudoRa­schi und David Kimchi, in ihren Kommentaren zu 1. Chr 29,22. In der modernen Forschung wurde ein ähnlich harmonisierender Ansatz von einigen Gelehrten vertreten, die davon ausgehen, dass sich der frühe Text in 1. Könige 1 und der spätere Text in 1. Chro­nik 29 auf zwei verschiedene Krönungen Sa­lo­mos beziehen. So erklärte beispielsweise am Ende des 19. Jh. William E. Barnes: „Das erste Mal wird in 1. Kön 1,39 beschrieben (Sa­lo­mo wurde hastig gesalbt, um seinen Anspruch auf den 10 Dabei fällt die chiastische Struktur auf, die der Chro­nist im ersten Teil des Verses anwendet: ‫ויזבחו‬ ‫ויעלו עלות ליהוה‬/ ‫„( ליהוה זבחים‬sie brachten dem Herrn Opfer dar/ und sie opferten Brandopfer dem Herrn“). Diese literarische Form ist in den Schriften der Chro­nik weit verbreitet, siehe Kalimi, Zur Ge­schichtschreibung des Chro­nisten, S. 191–204 (vgl. auch 205–234). 11 Deutsche Übersetzung von Clementz, Jüdische Altertümer, S. 354; vgl. 350–351; siehe Thackeray und Marcus, Jewish Antiquities Books V–VIII, S. 550–553, 564–565.

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Die Krönung Salomos

Thron gegenüber seinem Bruder Adonia zu sichern).“12 Acht Jahrzehnte später führte Ben­jamin Mazar aus: „In der Bibel gibt es zwei Beschreibungen von Sa­lo­mos Krönung (1. Kön 1,35–40; 1. Chr 29,22–24), und es ist deutlich geworden, dass er wirklich zweimal ge­k rönt wurde.“13 Saul Zalewski erklärte die Notwendigkeit zweier Krönungen folgendermaßen: Die erste war eine private „schnelle Krönung“, wie sie in 1. Chr 23,1 erwähnt wird; die zweite fand mit großen Feierlichkeiten in der Öffentlichkeit statt, wie ausführlich in 1. Chr 29,20–25 ausgeführt wird.14 Hugh G. M. Williamsons Überlegungen gingen in eine andere Richtung, und er kam zu dem Schluss, dass 1. Chr 23,1 nur eine literarische Überschrift sei, während „der Chro­nist [1. Chr 29,20–25] mit 1. Kön 1 als Vorlage schrieb“; das bedeutet, dass die „zweite“ Krönung in der Chro­nik als Gegensatz zu der ersten verfasst wurde, die in 1. Könige 1 beschrieben wird.15 Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Chro­nist, der die Könige-Version von Sa­lo­mos Thronfolge leugnete und beträchtlichen literarischen Aufwand in die Re­kon­struk­tion einer neuen Er­zäh­lung investierte, einen solchen Hinweis auf Könige platziert hat. Wie dem auch sei: In der frühen bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung gibt es keinen Hin­­weis auf zwei Krönungen Sa­lo­mos. Einerseits ist es schwer vorstellbar, dass Sa­lo­mo zwei­­mal gekrönt wurde und der Ver­fas­ser der Sa­lo­mo-Er­zäh­lung oder der Deu­te­ro­no­ mis­tische Ge­schichts­­schrei­ber eine der beiden einfach wegließ. Warum sollte er eine Krö­ nung – insbesondere die zweite – aus seinem Werk weglassen? Wir haben bereits gesehen, dass der bzw. die Historiker des Alten Israel vorbehaltlos von den zwei Krönungen Sauls wie auch von den dreien Davids berichten. Andererseits: Warum sollte der Chro­nist eine zu­sätz­liche Krönung Sa­lo­mos erfinden? Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass er das ge­tan hat. Vermutlich ist das Wort ‫ שנית‬in 1. Chr 29,22 eine Glosse, tatsächlich ist es in der Septuaginta (B; Codex Vaticanus) und in der Peschițta nicht repräsentiert.16 Der Glos­ sa­tor wollte wahrscheinlich 1. Chro­nik 28–29, vor allem 28,1–10; 29,20–25, mit 1. Chr 23,1 in Einklang bringen, wo berichtet wird, dass David Sa­lo­mo zum König über Is­rael gemacht habe. Diese nachvollziehbare Erklärung, die auf den Textvarianten der Chro­­nik basiert, wurde von einigen Exegeten vorgebracht.17 Ich möchte sie aus einem literari­schen 12 „The first time is described in 1 Kgs 1:39 (Solomon was hastily anointed in order to assert his claim to the throne against his brother Adonijah)“; Barnes, The Books of Chron­icles, S. 140. 13 B. Mazar, „The Time of David and Solomon“, in Malamat (Hg.), The His­to­ry of the Jewish People: The Age of the Monarchies, S. 74 (Hebräisch). 14 Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne, S. 224–225. 15 „[T]he Chron­icler was writing [1. Chr 29,20–25] with 1 Kings 1 in mind“ (Williamson, 1 and 2 Chron­­icles, S. 187). Williamson verweist weder auf Josephus noch auf einen der mittelalterlichen Kom­men­tare oder auf moderne Exegeten, abgesehen von Arieh Bartel. Ähnlich bezog auch Barnes diese früheren Ausleger nicht in seine Arbeit ein. Zu dieser Tendenz, die ältere, vor allem vormoderne, bi­bli­sche Exegese zu ignorieren siehe Kalimi, The Retelling of Chron­icles in Jewish Tradition and Li­te­ra­ture, S. 6–7; ders. Das Chro­nikbuch und seine Chro­nik, S. 23–27. 16 Die Wörter καὶ ἐβασίλευσαν ἐκ δευτέρου erscheinen in einigen anderen Manuskripten der LXX, beispielsweise im Codex Alexandrinus. 17 Siehe z. B. Kittel, Die Bücher der Chro­nik, S. 104; Curtis und Madsen. A critical and exegetical Com­ men­tary on the books of Chron­icles, S. 307; K. Galling, Die Bücher der Chro­nik, Esra, Nehemia – übersetzt und erklärt, Das Alte Testament Deutsch 12 (Berlin: Evangelische Verlagsanstalt, 1954), S. 77;

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Die Krönung Salomos

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Abbildung 4 – Krönung Salomos, Jean Pichore (1503), Paris, Bibliothèque Mazarine Ms. 1581 folio 154.

Blick­winkel bestärken: 1. Chro­nik 23,1 ist eine allgemeine Aussage, die in 1. Chro­nik 28–29 detaillierter ausgeführt wird. Dieses literarische Muster „allgemein – spezifisch“ ist üblich in der Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten.18

P. B. Dirk­sen, 1 Chron­icles, Historical Commentary on the Old Testament (Leuven: Peeters, 2005), S. 352; Klein, 1 Chron­icles, S. 530, 541. 18 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 311–318, insb. 311–316.

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III Sa­­lo­mo auf dem „Thron des Herrn“ Der Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks erklärt, dass Sa­lo­mo sich auf den „Thron seines Vaters David“ setzte (1. Kön 2,12a, vgl. 1,46). Der Chro­nist hat jedoch eine spezifische Vorstellung: Sa­lo­mo setzte sich nicht auf einen irdischen Thron, sondern auf den „Thron des Herrn als König [‫ ]למלך‬anstelle seines Vaters David“ (1. Chr 29,23, Son­dergut).19 Das war tatsächlich die Erfüllung des göttlichen Willens, wie er von Da­vid ver­kündet wurde: „Er hat Sa­lo­mo erwählt, dass er auf dem Thron der Königsherr­schaft des Herrn über Israel sitze“ (1. Chr 28,5, Sondergut). Diese Vorstellung erscheint noch ein drittes Mal in den Worten, die der Chro­nist der Königin von Saba in den Mund legt: „Ge­lobt sei der Herr, dein Gott, der Gefallen an dir [i. e. Sa­lo­mo] gehabt hat, dich auf seinen [i. e. Gottes] Thron zu setzen als König für den Herrn deinen Gott“ (2. Chr 9,8), im Ge­gensatz zu der Parallelstelle in dem früheren Text, 1. Kön 10,9: „… dich auf den Thron Israels zu setzen.“ Wie ist das zu verstehen? Mehrmals sagt der Chro­nist in seinem Werk, dass der Thron Gottes Eigentum sei. In 1. Chro­­­nik 17,14 schreibt er: „in meinem [i. e. Gottes] Haus und meinem König­reich“ an­­stel­­le der Formulierung „dein [i. e. Davids] Haus und Königreich“ im parallelen Text 2. Sam 7,16.20 Gemäß 1. Chro­nik 29,11 (Sondergut) erklärt David in seinem Gebet: „[D]enn dein [i. e. Gottes] ist das Königreich.“ So setzt der Herr, da das Königreich und der Thron (wie auch das Land, Lev 25,23) ihm gehören, denjenigen auf den Thron, den er er­wählt: In diesem Fall wählte er Sa­lo­mo. Tatsächlich betrachtet 2. Chr 13,8 (Sonder­g ut) das Kö­­ nigreich Juda als „das Königreich des Herrn in der Hand der Söhne Davids“ (‫ממלכת יהוה ביד‬ ‫)בני דויד‬. Nun ist klar: Wenn Juda „das Königreich des Herrn“ ist, dann ist der Thron dieses Königreichs „der Thron (des Königreichs) des Herrn.“21 Daher ist der irdische Kö­nig – Sa­lo­ mo – der Repräsentant des himmlischen Königs – Gottes – auf Erden. Er verbin­det den Herrn und sein Volk, Israel, und repräsentiert Letzteres vor Ersterem. In der Chro­nik sind demzufolge Theokratie und Monarchie miteinander verwoben.22 Diese Vor­stel­lung findet sich nicht allein in der Chro­nik. Sie ist bereits in den vorchronistischen „bi­­bli­­schen“ Schriften (Ri 8,22–23; 1. Sam 8,4–22; Hos 3,5; Ez 20,33 und 37,22–25; Jes 41,21; 43,15; 44,6; 52,7; Ps 98,6) weit verbreitet, und dem Chro­nisten war das vermutlich be­w usst. Er brachte dieses alte Konzept lediglich sehr klar zum Ausdruck. Da das Motiv der Kö­­ 19 Um eine Personifizierung des Herrn zu vermeiden, „korrigierte“ der griechische Übersetzer den Text und schrieb wie in 1. Kön 2,12a: „[U]nd Sa­lo­mo setzte sich auf den Thron seines Vaters David.“ 20 So verlagerte der Chro­nist den Focus „Haus und Königreich Davids“ durch „Haus und Königreich Got­tes“, weil zu seiner Zeit das Haus Davids nicht mehr existierte, das Haus Gottes (i. e. der Zweite Tem­pel) und sein Königtum aber für immer bestehen würden. Der Ver­fas­ser der Chro­nik inter­pre­ tierte 2. Sam 7,16 nicht als etwas, das in der Zukunft erfüllt werden würde. 21 Interessanterweise kündigt Jer 3,17 an, dass die Menschen Jerusalem in Zukunft ‫„ – כסא יהוה‬Thron des Herrn“ – nennen würden. 22 Zu diesen Texten und der Art und Weise, wie sie bewusst Sa­lo­mo im Besonderen und die Davi­d i­sche Monarchie im Allgemeinen mit der Oberherrschaft Gottes verbinden, siehe jetzt auch M. Lynch, Monotheism and Institutions in the Book of Chron­icles: Temple, Priesthood, and Kingship in Post-Exilic Perspective, Studies of the Sofja Kovalevskaja Research Group on Early Jewish Mono­theism 1, For­ schun­gen zum Alten Testament 2/64 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2014), S. 209–260, insb. 209–211 und 237–241.

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nigs­herrschaft Gottes in verschiedenen frühen und späten Schriften erscheint, ist die ver­­ brei­tete Ansicht unter Bibelwissenschaftlern wie zum Beispiel von C. R. North, dass „die Lehre vom Königtum Jahwes… in jeder Ausprägung eine verhältnismäßig späte Ent­wick­ lung [war],“23 äußerst zweifelhaft. IV Die Etablierung der Herrschaft Sa­lo­mos: Die abschließenden Worte Nachdem beschrieben wurde, wie Sa­lo­mos Rivalen eliminiert und beiseite geschafft wur­den (1. Kön 2,13–46a: Adonia in 2,13–25, Abjatar in 2,26–27, Joab in 2,28–35 und Schi­mi in 2,36–46a), schließt der Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks die Thron­folgeerzählung mit folgenden Worten ab: „Und das Königreich war fest ge­ grün­­det in der Hand Sa­lo­mos“ (‫ ;והממלכה נכונה בידי שלמה‬1. Kön 2,46b).24 Ähnli­che Wor­te wahr­scheinlich vom selben Ver­fas­ser stehen auch am Ende der Herrschaft Davids und am Be­ginn des Aufstiegs Sa­lo­mos in 1. Kön 2,12: „Und Sa­lo­mo setzte sich auf den Thron Da­ vids, seines Vaters, und sein Königtum war fest gegründet“ (‫ושלמה ישב על כסא דוד אביו ותכן‬ ‫)מלכתו מאד‬. Der Bericht in 1. Kön 2,13–46a ist demnach von einer In­clusio gerahmt, die mit den Worten ‫( ותכן מלכתו מאד‬1. Kön 2,12b) öffnet und mit ähnli­chen Worten schließt: ‫( והממלכה נכונה בידי שלמה‬1. Kön 2,46b).25 Entsprechend ist die Ent­scheidung August Klos­ter­manns, den Abschnitt mit 1. Kön 3,2 enden zu lassen, willkür­lich und nicht ak­ zep­tabel.26 23 „[T]he doctrine of kingship of Yahweh, in any pronounced form, was a comparatively late develop­ ment“; C. R . North, „The Religious Aspects of Hebrew Kingship“, ZAW 9 (1932), S. 8–38, insb. 28; siehe auch G. Wilda, Das Königsbild des Chro­nistischen Ge­schichts­werkes (Dissertation; Rhei­ni­sche Frie­d rich-Wilhelms-Universität Bonn, 1959), S. 32; N. Poulssen, König und Tempel im Glau­bens­ zeug­nis des Alten Testaments, Stuttgarter Biblische Monographien 3 (Stuttgart: Katholisches Bi­bel­ werk, 1967), S. 167–182, insb. 170, 172. 24 Mit den Worten M. J. Mulders: „Die Stabilität der davidischen Dynastie wird um den Preis von Blut und Tränen erkauft“ („The stability of the Davidic dynasty is purchased at the price of blood and tears“; siehe Mulder, 1 Kings 1–11, S. 86). 25 Dagegen Veijola, Die ewige Dynastie, S. 23, der 1. Kön 2,12 als eine post-deuteronomistische Hin­ zu­f ü­g ung aus der nachexilischen Zeit ansieht. Tatsächlich ist das Wort ‫ מלכתו‬eine Abstraktion, die übli­cherweise in spätbi­bli­schen Texten verwendet wird (siehe A. Hurvitz, The Transition Period in Bib­li­cal Hebrew: A Study in Post-Exilic Hebrew and Its Implications for Dating of Psalms [Jerusalem: Bialik Ins­titute, 1972], S. 80–83 (Hebräisch). Dass es in 1. Kön 2,12 vorkommt, könnte jedoch ein­ fach als eine Ver­derbnis des ursprünglichen Wortes ‫ ממלכתו‬durch einen späteren Abschreiber er­k lärt werden. Veijo­las Beobachtung, 1. Kön 2,12 weise nicht die üblichen deuteronomistischen For­mu­lie­ run­gen auf, kann sowohl heißen, dass es sich um eine vor- als auch um eine post-deuteronomistische Pas­sage handelt. Zur Verwendung von Inclusiones in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur im Allgemeinen und in der Chro­nik im Besonderen siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 249–273. In jedem Fall ist 1. Kön 2,46b keine Wiederaufnahme („resumptive repetition“), wie Cogan vorschlägt (1 Kings, S. 180). Es handelt sich vielmehr um die zweite „Klammer“ der Inclusio, die – wie er richtig bemerkt – „die Er­zäh­lungen von den politischen Rivalen des Königs umschließt“ („brackets the stories of the king’s political rivals“). Zur Definition des Terminus ‚Wiederaufnahme‘ siehe Kalimi, Zur Ge­ schichts­­schrei­bung des Chro­nisten, S. 235–248, mit einigen Beispielen. 26 Siehe Klostermann, Die Bücher Samuelis und der Könige, S. 269.

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Der parallele Abschluss in der Chro­nik ist wesentlich stärker. Hier folgen die Schluss­ wor­te zu Sa­lo­mos Thronfolge unmittelbar auf seine friedliche Krönung: „[U]nd der Herr machte Sa­lo­mo überaus groß [‫ ]ויגדל יהוה את שלמה למעלה‬vor den Augen von ganz Is­rael, und er verlieh ihm königliche Majestät, wie sie kein König vor ihm gehabt hatte“ (1. Chr 29,25).27 Sa­lo­mos Königsherrschaft ist fest etabliert, und das ist letztlich die Er­ fül­lung einer Segnung durch Gott (vgl. 2. Chr 1,12b). Dies ist bedeutungsvoller als der Se­gen des Volkes in 1. Kön 1,37.47. Im Gegensatz zu der Auslegung, die einige Exege­ten des Mittelalters und der Neuzeit vertreten,28 spielen diese Worte jedoch nicht auf Sa­lo­mos Aus­einandersetzung mit Adonia, Joab und anderen an – ein Thema, das der Chro­nist in seinem Werk nicht behandeln wollte. V Das „Testament Davids“ 1 Erstes Buch der Könige 2,1–9 Im Anschluss an die einleitenden Worte in 1. Kön 2,1 enthält der Befehl, den David Sa­ lo­mo auf dem Sterbebett erteilt – der üblicherweise als „Testament Davids“ bezeichnet wird, 1. Kön 2,2–9 –, zwei wesentliche Teile: (a) Einer ist politischer Natur (2,5–9) und ent­hält Davids Anordnung, Joab, den Sohn der Zeruja (2,5–6), und Schimi, den Sohn Geras (2,8–9), für die bösen Taten zu bestrafen, die sie viele Jahre zuvor begangen hatten. Außer­­dem sollen die Söhne von Barsillai, dem Gileaditer, für die Freundlichkeit ihres Va­­ters belohnt werden, die dieser David zuteil werden ließ, als er vor Absalom fliehen musste (2,7). (b) Der zweite ist religiöser Natur und bezieht sich auf Sa­lo­mos zukünftiges spi­­ri­tuelles Verhalten, das auch weiterhin die Zuwendung des Herrn gewährleisten soll. Wen­den wir uns diesen Punkten im Einzelnen zu: (a) Der politische Teil des Testaments hat zwei Aspekte: einen historischen und einen li­te­ ra­rischen. Aus der literarischen Perspektive fungiert der Abschnitt als Paradig­ma, und zeigt zum einen, dass Loyalität und Freundlichkeit gegenüber dem König be­lohnt (so bei Barsillai, 2. Sam 17,27–29; 19,32–40) und zum anderen wie umge­kehrt feind­liches Verhalten wie im Fall Schimis (2. Sam 16,5–13; 19,19–24) als auch böswil­lige Ta­­ten wie die Tötung Abners und Amasas durch Joab, die gegen Davids Willen verstieß (2. Sam 3,26–30; 20,8–10), bestraft werden.29 27 Der Eröffnungsvers in 2. Chr 1,1 – ‫( ויתחזק שלמה בן דויד על מלכותו ויהוה אלהיו עמו ויגדלהו למעלה‬Und Sa­lo­mo, der Sohn Davids, erstarkte in seinem Königtum, und der Herr, sein Gott, war mit ihm und machte ihn größer) stellt wegen der eingeschobenen Worte von 1. Chr 29,26–28 – deren Grund­lage 1. Kön 2,11–12a ist – eine Wiederaufnahme von 1. Chr 29,25 dar: ‫ ;ויגדל יהוה את שלמה למעלה‬siehe ausführlich Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 242–244. Tatsächlich liegt dies, wie David es in seinem Gebet ausdrückt, in der Macht des Herrn: ‫„ – ובידך לגדל ולחזק לכל‬es ist in deiner Macht [wörtl. Hand], jeden zu erhöhen und stark zu machen“ (1. Chr 29,12; der Chro­nist bezieht sich in 2. Chr 1,1 in chiastischer Struktur auf diese Worte). 28 Siehe z. B. Gersonides (Rabbi Levi ben Gerschon) in seinem Kommentar zu 1. Chr 29,22; J. M. Myers, II Chron­icles: A New Translation with Introduction and Commentary, Anchor Bible 13 (Garden City, NY: Doubleday, 1965), S. 5; Zalewski, Solomon’s Ascension to the Throne, S. 229. 29 Interessanterweise wird an dieser Stelle die Tötung Absaloms durch Joab (2. Sam 18,9–15) nicht erwähnt, die gegen Davids eindeutigen Befehl (2. Sam 18,5.12; 19,1–5) verstieß. Offenbar kann im Fall von Absalom nicht gesagt werden, Joab habe einen gerechten und guten Mann getötet – wie es

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Aus historischer Perspektive scheint es eher unplausibel zu sein, dass sich die letzten Ge­danken und Worte des gealterten, schwachen und kranken David auf seinem Ster­ be­bett (1. Kön 1,1–4) auf die Rache an seinem Neffen und lebenslang loyalen Heer­ füh­rer Joab richteten, noch dazu für Vergehen, die er viele Jahre zuvor begangen hatte.30 Dasselbe gilt für den machtlosen Schimi, der David einige Jahre zuvor verflucht hatte, als dieser vor Absalom fliehen musste, mittlerweile aber das Königtum nicht mehr gefährdete.31 James A. Montgomery und Henry S. Gehman sind der Meinung, dass David Sa­lo­mo für damalige Verhältnisse angemessen unterrichtet habe bezüglich der Ver­ant­wor­ tungs­be­reiche eines Königs, um „die Blutschuld [siehe 1. Kön 2,31, I. K.] zu beseitigen, gemäß dem uralten Prinzip von ‚Leben um Leben‘ (Ex 21,24), einem Prinzip, dem Da­vid gefolgt war, indem er Sauls Enkel für dessen Mord an den Gibeonitern (2. Sa­muel 21) bestrafte.“32 Im Hinblick auf Schimi schreiben sie: „[D]er Fluch gegen ‚einen Prinzen‘ war ein Schwerverbrechen; vgl. [1. Kön] 21,9ff; Ex 22,27.“33 Daher, so mei­nen sie, klinge die Art und Weise, wie David angeblich mit Joab und Schimi verfuhr, glaubwürdig und sollte als authentische Äußerung Davids angesehen werden. Hinsichtlich Schimis rückt das Testament David jedoch in ein sehr schlechtes Licht: Nach­dem er ihm bereits vergeben und beim Namen Gottes geschworen hatte, dass er ihn nicht töten würde, ist er nun auf Vergeltung aus, die sein Sohn Sa­lo­mo ausführen soll. Ein solcher Rachedurst scheint Davids sonstigem Naturell zu widersprechen. Er wird in den Samuelbüchern nicht als rachsüchtiger, sondern als barmherziger Mensch beschrieben. Obwohl er dem Verlangen der Gibeoniter nach Rache an sieben En­keln Sauls nachgegeben hatte (2. Sam 21,1–14), war „David… barmherzig zu MefiBo­schet“ und verschonte ihn (21,7). David hatte zuvor auch Sauls Leben einige Male ge­schont (1. Sam 24,4–20; 26,3–25), trotz dessen wiederholten Versuchen, ihn zu töten (1. Sam 18,10–11.17–29; 19,1–24,3; 26,1–2). Er versuchte, seinen Sohn Absalom zu schützen (2. Sam 18,5.12.29.32; 19,1), obwohl dieser seinen weiteren Sohn Am­non getötet hatte, gegen David rebellierte und mit seinen Nebenfrauen schlief (2. Sam 13,23–39; 15,7–17,29).34 Deshalb sei es untypisch für Davids letztem Willen, Rache Abner und Amasa waren (2. Sam 2,32). Immerhin ermordete Absalom seinen Bruder und rebellierte gegen seinen Vater. 30 Der Mord an Abner, Sohn des Ner, wurde 38 Jahre vorher begangen, kurz vor der Vereinigung des Nord- und Südreichs (2. Sam 2,23–3,39). Amasa, der Sohn Jeters, wurde nach dem Scheitern von Ab­saloms Rebellion ermordet (2. Sam 20,8–10). In beiden Fällen wollte Joab seine Position als oberster Heerführer sichern. 31 Dagegen Gray (I & II Kings, S. 98–99), der davon überzeugt ist, dass „David Sa­lo­mo durchaus den Auf­trag erteilt haben könnte, Schimi zu eliminieren“ („David might well have given Solomon the charge to eliminate Shimei“). 32 „[T]o remove the blood-guilt, according to the ancient principle of ‚life for life‘ (Ex 21:24), a principle that David had followed in visiting upon Saul’s grandchildren his murder of the Gibeonites (2 Sam. 21)“; Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 89–90. 33 „[T]he curse against ‚a prince‘ was high crime; cf. [1. Kön] 21:9ff.; Ex 22:27“; Montgomery und Geh­­man, The Books of Kings, S. 90. 34 Das stellt zudem ein klares Vergehen gegen das fundamentale ethische Prinzip der Israeliten dar, das

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zu üben für Taten, die weit in der Vergangenheit lagen. Auch wenn wir keine verlässlichen Hinweise darauf haben, was David auf dem Sterbebett dachte, erscheint es un­wahr­scheinlich, dass seine Gedanken Barsillais Söhnen statt seinen eigenen sowie anderen nahen Verwandten gegolten haben sollten, wie es bei Abraham, Isaak und Jakob der Fall war (Gen 24,1–9; 27,1–28,5; 49). Bis auf die Zusammenfassung von Davids Herr­schaft durch den Ge­schichts­­schrei­ber (1. Kön 2,10–12),35 handelt der folgende Ab­schnitt (2, 13–46a)36 von Sa­lo­mos Kampf gegen seinen Rivalen Adonia und dessen Un­ter­stützer. Dieser berichtet über eine Reihe von Hinrichtungen – von Adonia, Joab und Schimi – und den Ausschluss Abjatars aus der Jerusalemer Priesterschaft, jew­eils auf Befehl Sa­lo­mos. Das Testament ist daher keine Apologie für Dinge, die vor lan­ger Zeit geschahen, sondern zielt vielmehr auf die gegenwärtige politische Situation: Es erklärt und rechtfertigt – zumindest im Hinblick auf Joab und Schimi – Sa­lo­mos Ge­walt­anwendung, um seine Macht zu erhalten und vollständige Kontrolle über das Kö­nigreich zu erlangen. Tatsächlich weist der Erzähler genau auf diesen politischen As­pekt hin, indem er bemerkt: „[D]enn Joab hatte Adonia unterstützt – Absalom aber hatte er nicht unterstützt“ (2,28). Sa­lo­mo selbst verbindet die Hinrichtung von Joab, wie es auch in Davids Testament festgehalten ist (2,5–6), mit Ereignissen in der Ver­gan­genheit (2,31–33), als ob gezeigt werden sollte, dass er die Befehle seines Vaters um­ setzte (siehe auch 1. Kön 2,44 mit Blick auf Schimi und vgl. 2,8–9). Timo Veijola geht davon aus, dass 1. Kön 2,31b–33 eine späte, sekundäre Hinzufü­ gung sei, weil die Verse auf 2,5–9 anspielen, die er als Teil des Abschnitts 2,1–12 ebenfalls als späte, deuteronomistische Hinzufügung ansieht.37 Statt jedoch Argumen­te für sei­ ne Meinung anzuführen, schreibt er lediglich, dies sei „so evident, dass es eigent­­lich kei­ ner Beweisführung mehr bedürfte.“38 Unter anderem verweist er auf Hu­­go Greß­mann, der jedoch nur feststellt, dass 1. Kön 2,1–12 (einschließlich 2,5–9), und 2,31b–33.44–45 alle­samt „ein jüngerer Zusatz im Stil des Deuterono­miums (= V. Mose)“39 seien. Diese an verschiedenen Stellen der Hebräischen Bibel zum Ausdruck kommt: „Du sollst nicht deinen Bru­ der hassen in deinem Herzen… Du sollst dich nicht rächen und keinen Groll hegen gegen die Kinder dei­nes Volkes, sondern du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Lev 19,17–18; siehe auch Spr 24,29, vgl. 20,22). Tatsächlich erklärten viele Jahrzehnte später die Beamten des aramäischen Kö­nigs Ben-Hadad II.: „Sieh doch, wir haben gehört, dass die Könige des Hauses Israel barmherzige Kö­nige sind“ (1. Kön 20,31). 35 Tatsächlich ähnelt diese Zusammenfassung sehr derjenigen in 2. Sam 5,4–5. Beide formen gemeinsam eine Inclusio um Davids Königsherrschaft über Israel und Juda. Trotz einiger Unterschiede stam­men vermutlich beide von ein und demselben Redaktor – dem Deuteronomisten, der die Ge­ schich­te Davids als König über Israel und Juda als eine Einheit mit ähnlichem Anfang und Ende for­men wollte. Dagegen DeVries (1 Kings, S. 30), der die literarischen Stilmittel des Textes nicht wahr­nimmt und daher die beiden Zusammenfassungen in Könige „verschiedenen Redaktoren“ („different redactors“) zuschreibt. 36 Wie bereits in § I V erwähnt, bilden 1. Kön 2,12b und 2,46b eine Inclusio um 2,13–46a. 37 Veijola, Die ewige Dynastie, S. 19–20, 23. 38 Ebd., S. 19, wo er sich auch auf Greßmann, Mildenberger, Würthwein und Eiss­feldt beruft (S. 19, Anm. 17). 39 Greßmann, Die älteste Ge­schichts­schrei­bung und Prophetie Israels, S. 191.

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An­nahme ist problematisch, weil weder 2,5–9 noch 2,31–33 spezifisch deuteronomistische Sprache enthalten. Selbst Ernst Würthwein – auf den sich Veijola ebenfalls beruft – stimmt zu, dass in 1. Kön 2,5–9 keine deuterono­mis­tischen Elemente enthalten sind.40 Tatsächlich gibt es auch keinen besonderen Grund, davon auszugehen, dass entweder 1. Kön 2,5–9 oder 2,31b–33 spät oder deu­te­ronomistisch sind. Im Gegenteil ergebe die Er­zäh­lung mehr Sinn als apologetischer Text, der kurz nach dem Beginn der Herr­schaft Sa­lo­mos verfasst wurde und nicht erst einige Jahrhunderte später. Wie Mont­gomery und Gehman richtig aufzeigen: „Warum die Er­zäh­lung in deutlich späterer (deu­te­ro­nomischer) Zeit erfunden worden sein sollte, um Sa­lo­mos Tugend zu verteidigen, in­dem der Hass auf David gerichtet wurde, ist mit Blick auf dessen Kanonisierung un­ver­ständlich.“41 Obwohl jedoch Montgomery und Gehman das Testament daher für authentisch halten, ist das aus den genannten Gründen eher unwahrscheinlich. Die Notwendigkeit, den Tod der Gegner Sa­lo­mos zu rechtfertigen, wie dies in 1. Könige 2 geschieht, deutet eher auf eine Entstehung als „Vertuschungs-Ge­schich­te“ an Sa­lo­mos Hof hin, die zwar nach Da­­ vids Tod verfasst, ihm jedoch zugeschrieben wurde. Die Er­zäh­lung versucht also, Sa­lo­­mos Maßnahmen zur Festigung seiner Königsherrschaft durch die Hinrichtung seiner Ri­valen zu legitimieren und ihn als jemanden darzustellen, der lediglich den letzten Wil­len seines Vaters erfüllte. Daher ist 1. Könige 2,5–9 ein we­sentlicher Bestandteil der ur­sprüng­lichen Version der Thronfolgeerzählung42 und dient demselben Ziel wie der Rest die­ser Quelle auch: der Rechtfertigung der unkon­ven­tionellen Thronbesteigung Sa­lo­mos. Darüber hinaus zeigt die Er­zäh­lung, dass Sa­lo­mos Gegner „sich in einer Weise verhal­ ten hatten, die ihnen zum Verhängnis wurde.“43 Andernfalls wäre ihre Ermordung als un­­nötig angesehen worden, und dadurch wäre ein dunkler Schatten auf Sa­lo­mos be­gin­ nen­de Herrschaft gefallen.44 Um dieses Element der Rache in Davids Testament au­s­zu­ glei­­chen und es so glaubwürdig wie möglich erscheinen zu lassen, wurde auch ein positi­ ver Aspekt eingefügt: die Belohnung von Barsillais Söhnen.45 Das soll bedeuten, dass 40 Siehe Würthwein, Das erste Buch Könige. Kapitel 1–16, S. 20. 41 „[W]hy a much later age (Deuteronomic) should have invented the story to save Solomon’s virtue by throwing the odium upon David is unintelligible in view of the latter’s canonization“ (Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 88). 42 Vgl. Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 87; Gray, I & II Kings, S. 15–16; dagegen Mul­ der (1 Kings 1–11, S. 86), der bemerkt: „[D]er Abschnitt V. 1b–9 wurde aus einer anderen Quelle in die Er­zäh­lung übernommen“ („the section of vvs. 1b–9 has been added to the story from another source“). 43 „[H]ad behaved in a manner that led to their own doom“; Cogan, 1 Kings, S. 180. 44 Dagegen Benzinger, Die Bücher der Könige, S. 8, der „für [einen] späten Ursprung“ plädiert. 45 Dagegen Knapp (Royal Apologetic in the Ancient Near East, S. 272–273; im Anschluss an Halpern, David’s Secret Demons, S. 302), der davon ausgeht, dass Barsillais Söhne am Königshof als Geiseln gehalten wurden. Das ist eine spekulative Schlußfolgerung, die vor allem auf der geforderten Gleichsetzung von „Barsillai, dem Gileaditer“, der David auf der Flucht vor Absalom half (2. Sam 17,29; 19,32–40), und „Barsillai, dem Meholatiter“ in 2. Sam 21,8 beruht, dessen Enkelsöhne an­ geb­lich von David an die Gibeoniter zur Hinrichtung übergeben wurden. Im Text von 1. Könige 2 findet sich jedoch kein Hinweis darauf, dass die Söhne „Barsillais, des Gileaditers“ Geiseln waren. Ab­gesehen davon stammte dieser Barsillai aus Rogelim in der Gebirgsregion von Gilead, während „Bar­sillai, der Meholatiter“ vermutlich aus Abel-Mehola stammte, das westlich des Jordangrabens und

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Da­vid nicht nur an die bösen Männer dachte, sondern auch an die, die ihm freundlich ge­sinnt waren.46 Es findet sich jedoch in den Quellen kein Hinweis darauf, ob Sa­lo­mo auch diesen Teil von Davids Testament erfüllte. Die Weise, wie David nach den Schilderungen seines Testaments mit Joab und Schi­mi verfuhr, erscheint im kulturellen und religiösen Kontext der Zeit Sa­lo­mos glaub­w ürdig.47 Allerdings werden zwei der Personen, die Sa­lo­mo laut 1. Könige 2 aus­schaltete, in Davids Tes­tament nicht erwähnt: Adonia und Abjatar. Warum wurden sie nicht auch genannt, wenn das Testament an Sa­lo­mos Hof verfasst wurde? In An­betracht seiner großen Liebe zu seinen Kindern konnte David nicht als derjenige dar­­gestellt werden, der die Hinrichtung seines Sohnes anordnete, der letztlich nicht gegen ihn rebelliert hatte. Selbst im Fall von Absalom, der Amnon ermordete, gegen seinen Vater rebellierte und mit dessen Nebenfrauen geschlafen hatte, versuchte David, ihn zu schützen: „Geht um meinetwillen schonend um mit dem jungen Mann, mit Absalom“ (2. Sam 18,5, vgl. 18,12). Als Absalom von Joab getötet wurde (2. Sam 18,14–15), habe David um diesen bitterlich getrauert (2. Sam 19,1–2.5). Es wäre daher nicht überzeugend gewesen, wenn der Erzähler der Thronfolgeerzäh­lung Da­vid den Befehl zur Tötung Adonias zugeschrieben hätte. Außerdem gab es keinen Grund, eine solche Behauptung aufzustellen, da bereits eine viel überzeugen­de­re Er­k lärung dafür vorhanden war, dass Adonia hingerichtet werden musste: Seine Bitte, Davids Pflegerin bzw. Nebenfrau Abischag zur Frau haben zu dürfen. Dieser Wunsch war mit Sicherheit nicht naiv, sondern spiegelt vermutlich eine verbreitete Praxis wider, nach der ein neuer König die Nebenfrauen seines Vorgängers übernahm – wie das auch Absalom in 2. Sam 16,21–22 tat. Der Ausschluss Abjatars aus der Jerusalemer Priesterschaft wird von Sa­lo­mo folgen­ der­maßen gerechtfertigt: „Gehe nach Anatot, auf dein Feld, denn ein Mann des Todes bist du“ (1. Kön 2,26). Sa­lo­mo sagt nicht, warum Abjatar den Tod verdient, obwohl der tatsächliche Grund sicherlich der ist, dass er Adonia unterstützt hatte. Dieser Be­fehl konnte jedoch nicht David in den Mund gelegt werden, wie Sa­lo­mo selbst bemerkt: „[D]enn du hast die Lade Gottes, des Herrn, vor meinem Vater David her­ge­tragen und du hast gelitten in allem, worin mein Vater gelitten hat“ (1. Kön 2,26). Spä­ter fügte der Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks an dieser Stelle hin­zu: „um das Wort des Herrn zu erfüllen, das er über das Haus Elis in Schilo ge­spro­­chen hatte“ (1. Kön 2,27b), was sich nicht in Gilead liegt (vgl. Ri 7,22; 1. Kön 4,12; siehe D. V. Edelman, „Abel-Meholah“, in D. N. Freed­ man et al. [Hgg.], Anchor Bible Dictionary [New York: Doubleday, 1992], Bd. 1, S. 11–12; da­ge­gen Hal­pern, David’s Secret Demons, S. 302; Knapp, ebd., S. 272, Anm. 64, der behauptet, dass AbelMehola in der Region Gilead lag. 46 Dagegen Gray (I & II Kings, S. 102), der die Meinung vertritt, dass „die Vorkehrungen für die Söh­ne Barsillais durchaus von David getroffen worden sein könnten“ („the provision for the sons of Bar­ zillai may well have been made by David“). Montgomery und Gehmans Zitate aus bi­bli­schen und außer­bi­bli­schen Quellen (The Books of Kings, S. 90), die die Bedeutung des Essens an der königlichen Ta­fel „als eine Möglichkeit der Altersversorgung“ („as a method of pensioning“) zeigen, belegen nicht zwingend, dass dieser Vers „von David gemacht wurde“ („has been made by David“). 47 Siehe Davids Verhalten nach Abners Tod und seine Beschwerde über die Söhne der Zeruja in 2. Sam 3,31–39 siehe auch Montgomery und Gehman, The Books of Kings, S. 89–90.

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auf die Prophezeiungen in 1. Sam 2,35–36; 3,12–13 bezieht.48 Hier wird die Erfüllung von Gottes Wort in gleicher Weise gezeigt, wie das auch in 1. Kön 2,24 im Hinblick auf die Erfüllung der Prophezeiung Nathans an David in 2. Sam 7,11b–12 geschah. (b) Der religiöse Teil des Testaments, der sich mit Sa­lo­mos zukünftigem Verhalten befasst (1. Kön 2,2–4), ist zweifellos eine Komposition aus der Hand des Ver­fas­sers des Deu­ te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks:49 1. Die Verse enthalten zahlreiche Ausdrücke, die charakteristisch für die deuterono­ mis­­tische Phraseologie sind. So ist Vers 2a, ‫„( אנכי הלך בדרך כל הארץ‬Ich gehe den Weg aller Welt“), beinahe identisch mit Jos 23,14a. Ähnlich kann auch 23,2b, ‫„( וחזקת והיית לאיש‬sei stark und erweise dich als [mutiger] Mann“) mit der Plu­ral-­ For­­­mu­lie­rung in 1. Sam 4,9a, ‫( התחזקו והיו לאנשים‬vgl. auch Dtn 31,23; Jos 1,6a.7a. 9a.18b: ‫)חזק ואמץ‬, verglichen werden. Vers 2,3, ‫ושמרת את משמרת יהוה אלהיך ללכת‬ ‫„( בדרכיו לשמר חקתיו מצותיו ומשפטיו ועדותיו‬Bewahre, was zu bewahren der Herr, dein Gott, gebo­ten hat, dass du auf seinen Wegen gehst, seine Ordnungen, Ge­bo­te und Rechts­ord­nungen und seine Zeugnisse bewahrst“) ist eine Variante der stereo­ typen For­mu­lierung in Dtn 4,6; 7,12; 11,1; 16,12; 23,24; 24,8; 26,16; 28,13; 29,8 (vgl. Jos 22,3.5). Zu dem Ausdruck „wie es in der Tora des Mose ge­schrie­ben steht“ vgl. Jos 1,8; 2. Kön 22,8a. Die Phrasen in Vers 2,4b, ‫אם ישמרו בניך את דרכם ללכת‬ ‫„( לפני באמת בכל לבבם ובכל נפשם לאמר לא יכרת לך איש מעל כסא ישראל‬Wenn deine Söh­ne auf ihren Weg achten, so dass sie in Treue vor mir gehen mit ihrem ganzen Her­zen und mit ihrer ganzen Seele, dann soll es dir auf dem Thron Is­raels nie an einem Nachfolger fehlen“), kommen im Deuteronomium (4,29; 6,5; 10,12; 11,13; 13,4; 26,16; 30,2.6.14) und in der deuteronomistischen Li­te­ra­tur sehr häufig vor (z. B. 1. Kön 8,25; 9,5–7). Darüber hinaus ähnelt die Phrase in Vers 4a, ‫למען יקים‬ ‫„( יהוה את דברו‬damit der Herr sein Wort aufrecht erhält“), mit ihrer Pa­rallele in 1. Sam 1,23b (‫ )אך יקם יהוה את דברו‬einem Ausdruck, der an verschiedenen Stellen 48 Das ist tatsächlich ein verbreitetes Phänomen im Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werk. Für weitere Beispiele siehe 1. Kön 12,15 (Erfüllung der Prophezeiung des Ahija von Schilo); 2. Kön 10,10.17 (Er­f üllung der Prophezeiung Elisas über das Haus Ahabs); 2. Kön 9,36–37 (Prophezeiung Elias über Isebel); Jos 6,26 im Vergleich zu 1. Kön 16,34 (über den Bau von Jericho); 1. Kön 13,1–2.29–32 mit 2. Kön 23,16–18 (Prophezeiung des Propheten aus Juda über die Zerstörung des Tempels in Bethel). Siehe auch die Diskussion bei G. von Rad, „Die deuteronomistische Geschichtstheologie in den Königsbüchern“, Deuteronomium-Studien, Forschungen zur Religion und Li­te­ra­tur des Alten und Neuen Testaments 58; 2. durchgesehene Aufl. (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1948), S. 52–64. Diese Methode des vaticinium ex eventu („Prophezeiung nach dem Ereignis“) ist auch aus einer Inschrift Aššurbanipals bekannt, des Königs von Assyrien; siehe Tadmor, „Autobiographical Apology in the Assyrian Royal Li­te­ra­ture“, S. 50–51. 49 Dagegen Benzinger, Die Bücher der Könige, S. 8, der argumentiert, dass 1. Kön 2,2–4 „mit Sicher­ heit post-deuteronomistisch“ sei; ähnlich Veijola, Die ewige Dynastie, S. 22, 24–26. Wenn in die­sen Ver­sen deuteronomistische Sprache und Redewendungen vorliegen (siehe unten), warum sollten sie dann als „post-deuteronomistisch“ und nicht einfach als „deuteronomistisch“ eingestuft wer­den? Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass die Verse von dem deuteronomistischen Historiker stammen; siehe z. B. Gray, I & II Kings, S. 99–100.

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der Hebräischen Bibel – sowohl in deuteronomistischen als auch in nicht deuteronomistischen Texten – erscheint.50 2. Dass dieser Teil des Testaments aus der Hand des Deuteronomisten stammt, ist auch an dem Konditionalsatz in 1. Kön 2,4b zu erkennen: „Wenn deine Söh­ne auf ihren Weg achten, so dass sie in Treue… soll es dir auf dem Thron Israels nie an einem Nachfolger fehlen.“ Da er diesen Text in der Exilszeit (ca. 550 v. u. Z.) schrieb bzw. bearbeitete und von dem Untergang des Davidischen König­reichs wuss­ te, knüpfte er die Fortdauer der Dynastie an die Bedingung, dass die Gebote des Herrn gehalten werden sollten. Im Gegensatz dazu ist die Fortdauer der Da­vi­di­ schen Dynastie in Nathans Prophezeiung, die vermutlich in Sa­lo­mo­ni­scher Zeit ver­­fasst wurde,51 absolut und bedingungslos: „Aber meine Gnade soll nicht von ihm wei­chen, wie ich sie von Saul habe weichen lassen, den ich vor dir weggetan habe. Und dein Haus und dein Königtum sollen vor mir Bestand haben für ewig;52 dein Thron soll fest stehen für ewig“ (2. Sam 7,15–16). Wahrscheinlich erschien es dem Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks als un­angemessen, dass Davids Testament nur säkulare politische und kei­ne reli­giö­­sen Bot­schaften enthielt. Daher versuchte er, das harsche Testament, das er vermutlich in der Thron­folgeerzählung vorfand (die wiederum Teil des „Buches der Be­ge­benheiten Sa­lo­mos“ war; 1. Kön 11,41), abzumildern, indem er Davids Wor­ten eine zusätzliche reli­­giö­se Kon­notation hinzufügte. Tatsächlich kommt das Phä­no­men, dass ein späterer Histo­ri­ker eine Rede oder auch ein Gebet oder einen Brief ver­fasste und diese einem frühe­ren An­füh­rer zuschrieb – insbesondere in einer Si­tua­tion, in der dieser Anführer kurz vor seinem Tod steht – an verschiedenen Stel­len so­wohl im Deu­te­ro­no­ mis­tischen als auch im Chro­­nistischen Ge­schichts­werk vor und ist auch in der griechischen, hellenistischen und rö­mischen Ge­schichts­schrei­bung belegt.53 50 Siehe z. B. Dtn 9,5c; 1. Kön 8,20a; 12,15c. In der nicht deuteronomistischen Li­te­ra­tur siehe z. B. Num 23,19; 1. Sam 1,23; 3,12; 2. Sam 7,25; 1. Kön 6,12 (priesterliche Passage). Weinfeld stellt fest, dass die Phrase ‫ הקים דבר יהוה‬in der deuteronomischen Li­te­ra­tur „immer in Verbindung mit der Er­f ül­lung eines Versprechens Gottes für das Land“ („always in connection with the fulfillment of a divine promise of a national nature“) steht; siehe Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic School, S. 350. 51 Siehe Ishida, His­to­ry and Historical Writing in Ancient Israel, S. 137–150, insb. 149: „Auch wenn, oberflächlich betrachtet, David derjenige war, an den die Prophezeiung erging, ist die Er­zäh­lung von Nathans Prophezeiung ein Werk, das eine Interpretation der Ge­schich­te von der Festigung von Sa­lo­ mos Herrschaft in Verbindung mit dem Bau des Jerusalemer Tempels aus salomonischer Perspek­ti­ve anbietet“ („The narrative of Nathan’s prophecy is a composition to give an interpretation of the course of history concerning the establishment of Solomon’s kingship linking with the building of [the] Jerusalem Temple from [a] Solomonic point of view, although, on the surface, David was the person to whom the prophecy was delivered“). 52 In ‫„( לפניך‬vor dir“) ist der Buchstabe ‫ ך‬eine Dittographie des ersten Buchstabens (‫ )כ‬des nächsten Wortes, ‫כסאך‬, „dein Thron“. 53 Siehe z. B. Dtn 31,24–32,47. Tatsächlich wird das gesamte Deuteronomium als eine einzige lange Rede Moses vor seinem Tod präsentiert; Jos 23 und 24,1–28; 1. Sam 12; siehe auch Ri 2,1–5 und 2. Kön 17,7–23; 1. Chr 22,7–19; 28,2–29,20; 2. Chr 13,4–12. Siehe Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 179–192.

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Zusammenfassend kann festgehalten werden: Das Testament Davids in 1. Kön 2,2–9 be­­steht aus zwei wesentlichen Teilen: Einer ist politischer Natur (2,5–9) und befasst sich mit der Tötung Joabs und Schimis für deren frühere verübte Verbrechen, und mit der Belohnung von Barsillais Söhnen für die Freundlichkeit deren Vaters gegenüber Da­­vid. Dieser Abschnitt des Testaments enthält keine deuteronomistischen oder anderen spä­ten Elemente und könnte an Sa­lo­mos Hof geschrieben worden sein, um dessen Eli­mi­nie­rung seiner Rivalen zu rechtfertigen. Die Belohnung der Söhne Barsillais soll dabei die moralische Ausgewogenheit Davids bezeugen, der nicht nur die Bestrafung der Übel­tä­­ter, sondern auch die Belohnung der guten Menschen anordnete. Der andere Teil des Tes­­ta­ ments ist religiöser Natur (2,2–4) und bezieht sich auf Sa­lo­mos zukünftiges religiöses Ver­ halten. Er wurde von dem Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks hinzu­ ge­fügt, um Davids letzte Worte im Sinne eines religiösen Bekenntnisses in einen neuen Zu­sammenhang zu stellen. 2 Das Chro­nistische Ge­schichts­werk Höchstwahrscheinlich enthielt die Vorlage des Chro­nisten eine vollständige Version von Davids Testament, wie es in 1. Kön 2,1–9 zu finden ist. Wie andernorts hat der Chro­nist wohl nicht zwischen frühen und späten Phasen des Abschnitts unterschieden. Jedenfalls lässt die Chro­nik alle Befehle Davids bezüglich Joab, Schimi und Barsillais Söhnen weg und verschweigt die Hinrichtungen Adonias, Joabs und Schimis sowie den Ausschluss Abja­tars aus der Jerusalemer Priesterschaft. Zweifellos erschien die Idee, dass David sein Le­ben in Rachsucht beendet haben sollte, wie dies in Könige dargestellt wird, dem Chro­­ nisten unwahrscheinlich und inakzeptabel. Stattdessen präsentiert er Sa­lo­mo als den vom Herrn erwählten König, der die volle Unterstützung Davids und aller seiner Söh­ ne genoss – einschließlich Adonias und seiner Unterstützer, obwohl er nicht namentlich ge­nannt wird –, sowie aller Beamten des Königs, der Mächtigen und ganz Israels. Dem­ ent­­sprechend hatte Sa­lo­mo in der Dar­stel­lung des Chro­nisten keine Rivalen, die er töten oder an denen er Vergeltung üben musste: Er richtete niemanden hin und ganz ge­wiss auch nicht als seine erste königliche Handlung. Da der Chro­nist die Er­zäh­lung aus 1. Kö­ ni­ge 1 in seinem Werk weglässt, übergeht er auch die Ereignisse, die daraus in 1. Kö­ni­ge 2 fol­gen, abgesehen von dem wesentlichen Inhalt von 1. Kön 2,2–4. Unabhängig davon, ob David tatsächlich selbst das Testament angeordnet hat oder nicht, hätte die Einbindung der Er­zäh­lungen aus 1. Könige 2 dem Konzept des Chro­ nisten widersprochen, dass Sa­lo­mo von Gott zum Erbauer des Tempels erwählt wurde, weil er ein Mann der Ruhe bzw. des Friedens (‫ )איש מנוחה‬war und kein Blut an den Hän­ den hatte. 1. Chro­nik 22,7–10 und 28,3 betonen, dass Gott zu David sprach: „Du sollst mei­nem Namen kein Haus bauen, denn du bist ein Krieger und hast Blut vergossen.“54 Das zwei­te Kapitel von 1. Könige deutet klar darauf hin, dass Sa­lo­mo Blut vergoss – unabhängig davon, ob das gerechtfertigt war oder nicht –, sogar auf dem heiligen Altar im Zelt des

54 Zu diesem Thema siehe auch P. B. Dirksen, „Why Was David Disqualified as Temple Builder? The Meaning of 1 Chron­icles 22.8“, JSOT 70 (1996), S. 51–56.

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Herrn (1. Kön 2,28–34).55 Das würde der Grundauffassung des Chro­nisten widerspre­ chen, wem erlaubt wurde, einen Tempel zu bauen – Sa­lo­mo –, und wem es verboten wurde – David; daher ließ er die Texte weg.56 Nichtsdestotrotz behielt der Chro­nist die reli­giösen und spirituellen Anweisungen Davids an seinen Sohn bei, in denen er ihn da­ zu auf­forderte, Gottes Gesetz einzuhalten. Tatsächlich spiegeln die Formulierungen in 1. Chr 22,11c–13 (vgl. 1. Chr 28,9–10.20)57 diejenigen aus 1. Kön 2,2b–4 wider, wie aus fol­gender Tabelle deutlich hervorgeht:

55 Offenbar suchte Joab – wie auch Adonia (1. Kön 1,50–53) – politisches Asyl, als er in das heilige Zelt floh und die Hörner des Altars festhielt. Während es jedoch keinen Hinweis darauf gibt, dass Ado­ nia je­manden ermordet hatte, gab es in Joabs Fall eine offene Blutschuld, auch wenn diese weit in der Vergangenheit lag (1. Kön 2,5–6.31–33). Höchstwahrscheinlich hat der Fall Adonias nichts mit dem Strafgesetz in Ex 21,12–14 zu tun: „Wer einen Mann schlägt, so dass er stirbt, der soll des Todes sterben… Wenn ein Mann an seinem Nächsten Frevel tut und ihn mit Hinterlist umbringt, dann sollst du ihn von meinem Altar wegreißen, dass man ihn töte.“ Im Gegensatz dazu ist es mög­lich, dass Joabs Hinrichtung in Verbindung mit diesem Gesetz steht. Zu anderen Forschungsmei­nun­ gen zum Verhältnis der beiden Fälle und Ex 21,14 siehe den detaillierten Überblick bei J. Burn­side, „Flight of the Fugitives: Rethinking the Relationship between Biblical Law (Exodus 21:12–14) and the Davidic Succession Narrative (1 Kings 1–2)“, JBL 129 (2010), S. 418–431. Nichtsdesto­trotz steht die Tatsache, dass Sa­lo­mo Joab im Zelt des Herrn tötete, im Gegensatz zu dem Vorgehen des Hohe­ pries­ters Jojada, dem befohlen wurde, die böse Königin Atalja nicht im „Hause des Herrn“ zu töten, in dem sie Asyl gesucht hatte (2. Kön 11,15–16 // ­2 . Chr 23,14–15). Andererseits gab Kö­nig Joasch von Juda Befehl, den Hohepriester und Propheten Secharja im Hof des Tempels zu steini­gen (2. Chr 24,20–22, Sondergut). 56 Aus demselben Grund verwendet der Chro­nist eine ungewöhnliche, sehr vage Phrase, um von Sa­ lo­mos Belagerung Hamath-Zobas zu berichten: ‫„( וילך שלמה חמת צובה ויחזק עליה‬Und Sa­lo­mo zog nach Hamath-Zoba und überwältigte es“; 2. Chr 8,3, Zusatz zu 1. Kön 9,18). Die Historizität die­ser Hand­lung, die Sa­lo­mo zugeschrieben wird, ist äußerst zweifelhaft. In den frühen bi­bli­schen Ge­ schichts­bü­chern sind Hamath und Zoba zwei unterschiedliche Orte (2. Sam 8,3 [// 1. Chr 18,3]; 1. Kön 8,65 [// 2. Chr 7,8]). Wahrscheinlich gehörte Zoba in der Perserzeit zur Provinz Hamath; vgl. Ru­dolph, Chro­nikbücher, S. 219. An dieser Stelle Verweise auf W. F. Albright und M. Noth. 57 Obwohl die folgerichtige Fortsetzung von 1. Chr 22,11 („Nun, mein Sohn, möge der Herr mit dir sein, so dass es dir gelingen möge und du das Haus des Herrn bauen mögest“) 22,14 zu sein scheint („Und siehe, durch meine Bemühung habe ich bereitgestellt für das Haus des Herrn“), besteht keine Ver­a nlassung anzunehmen, dass 22,12–13 eine späte Hinzufügung ist. Der Chro­nist selbst könn­te diese Verse als ein post scriptum hinzugefügt haben. Letztlich sind Sa­lo­mos Weisheit und sein Tem­ pel­bau sowohl im Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werk als auch im Chro­nistischen Ge­schichts­­ werk eng miteinander verknüpft; siehe z. B. 1. Kön 5,9–32, insb. 5,9–19.26–28; 2. Chr 2,2–11. Darüber hinaus wiederholt der Chro­nist den Inhalt und die Formulierung von 1. Chr 22,13b in 1. Chr 28,20a. Contra Mosis, Untersuchungen zur Theologie des chronistischen Ge­schichts­wer­kes, S. 90– 91; E. M. Dörrfuss, Mose in den Chro­nikbüchern: Garant theokratischer Zukunftserwar­tung. Bei­hefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 219 (Berlin: W. de Gruyter, 1994), S. 155–159. Zu einigen anderen syntaktischen und inhaltlichen Schwierigkeiten in diesen Versen und deren möglicher Interpretation siehe Dirksen, 1 Chron­icles, S. 267–268.

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Die Krönung Salomos 1. Könige 2,2b–4

1. Chro­nik 22,10c–13

‫וחזקת והיית לאיש‬ ‫ושמרת את משמרת יהוה אלהיך‬ ‫ללכת בדרכיו לשמר חקתיו מצותיו ומשפטיו ועדותיו‬ ‫ככתוב בתורת משה למען תשכיל את כל־אשר‬ ‫…תעשה‬ ‫אם ישמרו בניך את דרכם ללכת לפני באמת בכל לבבם‬ ‫ובכל־נפשם לאמר לא יכרת לך איש מעל כסא ישראל‬

‫והכינותי כסא מלכותו על ישראל עד עולם … אך יתן‬ ‫לך יהוה שכל ובינה ויצוך על ישראל‬ ‫ולשמור את תורת יהוה אלהיך‬. ‫אז תצליח אם תשמור לעשות את החקים ואת המשפטים‬ ‫אשר צוה יהוה את משה על־ישראל‬

Sei stark und erweise dich als Mann; und beachte, was der Herr, dein Gott, dir zu beachten geboten hat, dass du auf seinen Wegen gehst, dass du seine Ord­nungen und seine Gebote und seine Rechts­ be­stimmungen und seine Zeugnisse beachtest, wie es in der Tora des Mose geschrieben steht, damit du Erfolg hast in allem, was du tust, und über­all, wohin du dich wendest … Wenn deine Kinder auf ihren Weg achten, dass sie vor mir gehen in Treue mit ihrem ganzen Her­zen und ihrer ganzen Seele, dann soll es dir auf dem Thron Israels nie an einem Nachfolger fehlen.

Und ich werde den Thron seines Königtums über Israel für immer festigen… Auch dir wird der Herr Einsicht und Verstand geben, wenn er dich über Israel setzt, dass du die Tora des Herrn, deines Gottes, beachtest. Dann soll es dir gelingen,a wenn du darauf achtest, die Ordnungen und Rechtsbestimmungen zu halten, die der Herr Mose für Israel geboten hat;b sei stark und guten Mutes, fürchte dich nicht und sei nicht niedergeschlagen.

‫חזק ואמץ אל־תירא ואל תחת‬

a Vgl. Jos 1,8. Gemäß dem Chronisten ist die Fähigkeit, Gottes Gebote einzuhalten, ein Segen und ver­gleich­ bar mit dem von Gott geschenkten Segen der Weisheit und der Herrschaft; siehe Rudolph, Chronik­bü­cher, S. 150, Anm. 1. Zudem bittet David Gott in seinem Gebet, seinem Volk und seinem Sohn Salomo zu helfen, Gottes Gebote einzuhalten (1. Chr 29,18–19). b Vgl. Dtn 17,18–19.

Alles in allem sind durchaus Einflüsse von Davids Testament aus 1. Könige 2 in der Chro­­ nik feststellbar. Hier steht das Testament (1. Chr 22,5–19) jedoch vor Sa­lo­mos In­thro­­ ni­sierung (1. Chr 23,1; 29,20–24) und enthält ausschließlich positive und kon­struk­ti­ve Be­standteile: (a) spirituelle und religiöse Anweisungen, Anleitung und Ermutigung des in die Jahre gekommenen Vaters an seinen jungen Sohn; und (b) die Bitte, den er­w ünsch­ ten Tempel für den Herrn zu bauen (1. Chr 22,2–19; 28,10–29,5), die in der Ver­sion des Testaments aus 1. Kön 2,1–9 überhaupt nicht erwähnt wird.58 Gemäß der Chro­­nik übergab David Sa­lo­mo auch die Einteilung des Tempelpersonals, die er vorbe­rei­tet hatte – Ein­heiten von Priestern, Leviten, Torhütern und Sängern –, die Baupläne wie auch die gi­gantischen Mengen an Material, die er zu diesem Zweck gesammelt hatte, um seinen ju­gendlichen Sohn in der Durchführung des Plans zu unterstützen: „Nun, mein Sohn, 58 Siehe auch Kapitel XIII, § I I.

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Die Krönung Salomos

möge der Herr mit dir sein; und möge es dir gelingen und mögest du das Haus des Herrn, deines Gottes, bauen, wie er es über dich gesagt hat“ (1. Chr 22,11). Und, noch einmal detaillierter, in 1. Chr 28,10–19: „Sieh nun zu; denn der Herr hat dich erwählt, ihm ein Haus zu bauen als Heiligtum; sei stark und handle. Dann gab David Sa­lo­mo, seinem Sohn, den Plan für die Vorhalle des Tempels und seiner Gebäude und seiner Schatzkammern und seiner Obergemächer… All dies [sagte er] wurde geschrieben durch die Hand des Herrn, der mich angewiesen hat, alle Arbeiten dieses Plans.“59 VI Die Erfüllung von Davids Testament: Sa­lo­mos erste Handlungen als König Sowohl Könige als auch die Chro­nik stellen Sa­lo­mo als jemanden dar, der das Testa­ment seines Vaters in seiner ersten Amtshandlung als König vollumfänglich umsetzte. In Kö­ ni­ge besteht die Erfüllung des Testaments in der Hinrichtung seiner wichtigsten Geg­ner beziehungsweise darin, dass sie aus ihrer Machtposition entfernt wurden (1. Kön 2,13– 46). Nach diesen Taten, die seine Macht von innen her sichern sollten, festigte Sa­lo­­mo seine Beziehungen zu einer wichtigen äußeren Macht, nämlich Ägypten: Er schloss eine politische Ehe mit der Tochter Pharaos und brachte sie in die Stadt Davids (1. Kön 3,1– 2).60 Danach besuchte er das Heiligtum in Gibeon, brachte Gott ein Opfer dar und bat um eine göttliche Offenbarung (1. Kön 3,3–15). Tatsächlich begann er erst vier Jah­re nach seiner Thronbesteigung mit dem Tempelbau (1. Kön 6,37–38). Gemäß der Chro­ nik besuchte Sa­lo­mo jedoch zuerst das Heiligtum in Gibeon, brachte Gott ein Opfer dar und bat um eine Offenbarung (2. Chr 1,1–13). Tatsächlich bestand keine Notwen­dig­ keit, Beziehungen im Inneren des Königreichs oder nach außen zu stärken, da „der Herr Sa­lo­mo überaus groß machte vor den Augen von ganz Israel, und er ihm Majestät der Königsherrschaft gab, wie sie vor ihm bei keinem König [einschließlich David] über Is­rael gewesen war“ (1. Chr 29,25, siehe auch 29,23–24). Daher lässt der Chro­nist die Passage über Sa­lo­mos Heirat mit Pharaos Tochter an dieser Stelle aus und erwähnt sie nur kurz zu einem späteren Zeitpunkt der Herrschaft Sa­lo­mos (2. Chr 8,11a // ­1. Kön 9,24a).61 Nach seinem Besuch in Gibeon verleiht Sa­lo­mo seinem Wunsch Ausdruck, den Tem­­pel zu bauen, und erst danach seinen Palast (2. Chr 1,18). Das Projekt wird als die 59 Vgl. Ex 25,9.40; 26,30 über die Stiftshütte. 60 Gewiss stammte der Pharao aus unserer Untersuchung aus der 21. Dynastie. Es ist jedoch umstritten, ob es sich dabei um Psusennes II. oder um Siamun handelte; siehe den Überblick über verschie­ de­ne Meinungen zu dieser Frage bei Särkiö, Die Weisheit und Macht Sa­lo­mos in der israelitischen His­to­riographie, S. 16–17. Zur Ehe Sa­lo­mos mit der Tochter Pharaos und zum Verhältnis zwischen Sa­lo­mo und Ägypten siehe Malamat, Israel in Biblical Times, S. 182–191. 61 Obwohl der Chro­nist den Bericht über das Haus weglässt, das Sa­lo­mo für die Tochter Pharaos errichtete – 1. Kön 7,8b, ein Vers, der zu dem Abschnitt 1. Kön 7,1–12 gehört, den der Chro­nist vollständig gestrichen hat –, erklärt er doch, warum Sa­lo­mo ein separates Haus/ einen separaten Palast für Pharaos Tochter baute: „[D]enn er sprach: meine Frau soll nicht wohnen im Haus Davids, des Kö­nigs von Israel, denn die Räume sind ein Heiligtum, weil die Lade des Herrn gekommen ist“ (2. Chr 8,11b). Offenbar favorisiert diese Erklärung nicht Pharaos Tochter. Tatsächlich spielt der Chro­­ nist dieses Thema herunter und reduziert seine Bedeutung so weit wie möglich: Im Gegensatz zu den fünf Erwähnungen der Tochter des Pharaos in Könige (1. Kön 3,1; 7,8b; 9,16.24; 11,1) nennt er sie im 2. Buch der Chro­nik nur an einer einzigen Stelle: in 2. Chr 8,11.

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Er­füllung der Prophezeiung Nathans (1. Chr 17,11–12 // ­2 . Sam 7,12–13) und Davids Tes­ta­ment dargestellt.62 Dementsprechend lässt der Chro­nist 1. Kön 6,37–38 weg, wo berichtet wird, dass Sa­lo­mo den Tempelbau erst nach vier Jahren begann. Sa­lo­mo ver­ schwendete keine Zeit, noch nicht einmal, um zwischen den beiden Prostituierten zu schlichten (1. Kön 3,16–28). Der Chro­nist verschweigt diese Episode, obwohl sie zu dem guten Ruf des Königs als weiser Mann hätte beitragen können, ebenso wie Sa­lo­mos Lis­ te von Beamten und die Schilderung seiner Reichtümer (1. Kön 4,1–5,14). Stattdessen be­richtet die Chro­nik, dass Sa­lo­mo, nachdem er in Gibeon geopfert hatte, ohne weitere Ver­zögerung Arbeiter im Königreich einteilte (2. Chr 2,1) und Kontakt zu König Hiram von Tyros aufnahm, um für den Tempelbau Fachleute sowie Holz und andere Ma­­te­­rialien aus dem Libanon zu beschaffen (2. Chr 2,2–15). Außerdem war, gemäß dem Chro­­nisten, Sa­lo­mo derjenige, der die Beziehung zwischen den beiden Königreichen ini­ tiierte, indem er eine diplomatische Gesandtschaft zu Hiram schickte (2. Chr 2,3).63 Das widerspricht dem, was in 1. Kön 5,15–28 berichtet wird, als Hiram Sa­lo­mo kontaktiert und dieser nur auf Hirams Delegation nach Jerusalem reagiert. Jedenfalls führte die erfolgreiche diplomatische Handelsbeziehung zum Bau des Tempels in Jerusalem (2. Chr 3,1–5,1 // ­1. Kön 6,1–7,51), mit dem sich Nathans Prophezeiung und das Testament Da­ vids erfüllten.64 VII Zusammenfassung Während Sa­lo­mos Aufstieg an die Macht in 1. Könige 1–2 durch politische Intrigen und wohlkalkulierte Hinrichtungen potenzieller Rivalen zustande kam, verläuft seine Thron­­ folge in der Chro­nik vollkommen friedlich. Entsprechend nutzen zwar beide – 1. Kö­ni­ge und 1. Chro­nik – das „Testament Davids“, um ihre Dar­stel­lung von Sa­lo­mos Wahl zum Kö­nig zu stützen; sie tun das jedoch auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Der Kö­ ni­ge-Text scheint anzuerkennen, dass die Thronbesteigung durch einen Plan zustande kam, der ein maßgebendes Urteil über andere erforderte, um Sa­lo­mos Macht zu konsolidieren. Könige versucht, Sa­lo­mo von diesen Handlungen freizusprechen, indem sie so 62 Gemäß 2. Samuel 7 äußerte David seinen Wunsch, einen Tempel für Gott bauen zu wollen, aber die Auf­gabe wurde aufgeschoben und seinem Nachfolger übertragen. In Sa­muel-Kö­ni­ge gibt es keinen Hin­weis darauf, dass David irgendwelches Material für den Tempelbau vorbereitete oder Sa­lo­mo da­ rum bat, den Tempel zu bauen. Der Chro­nist integriert 2. Samuel 7 in seinen Bericht (1. Chro­nik 17). Er fügt jedoch auch ausführlichere Details bezüglich dieser Fragen hinzu (1. Chr 22.28; 29,20–21). 63 Vielleicht versucht der Chro­nist das Hilfsgesuch des fremden Königs zu rechtfertigen, einen Tem­pel für Gott zu bauen, indem er zum Text aus 1. Kön 5,19–20 einen neuen Abschnitt in 2. Chr 2,4–8 mit einer Inclusio hinzufügt: „Und das Haus, das ich bauen will, soll groß sein… das Haus, das ich bauen will, soll groß und wunderbar sein“, 2,4a und 2,8b. Siehe auch den Kommentar, der Ra­schi zugeschrieben wird, zu 2. Chr 2,4; S. Japhet, The Ideology of the Book of Chron­icles and its Place in Biblical Thought, 2. Aufl.; Beiträge zur Erforschung des Alten Testaments und des Anti­ken Ju­den­ tums 9 (Frankfurt am Main: P. Lang, 1997), S. 479–480. Allerdings sprach schon David von der enor­men Größe und Qualität des geplanten Tempels: „Das Haus aber, das dem Herrn gebaut werden soll, soll überaus groß sein, zum Preis und Ruhm in allen Ländern“ (1. Chr 22,5). Daher knüpft Sa­ lo­mo nur an seines Vaters Vision vom Tempel an. 64 Details zu diesem Thema siehe Kapitel XIII.

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weit wie möglich als die bloße Erfüllung des Testaments seines Vaters dargestellt werden. Außerdem wird behauptet, dass Sa­lo­mos Gegner – wie Adonia und Schimi – durch ihr unkluges Verhalten selbst ihren Tod verursacht hätten. Erst später fügte der Ver­fas­ser des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks ein religiöses Element zu Davids Testament hinzu. Im Gegensatz dazu bestätigt die Chro­nik nirgends, dass es Rivalen oder Widerstand gegen Sa­lo­mo als Nachfolger Davids gab. Alle Hinrichtungen werden weggelassen und müssen daher auch nicht gerechtfertigt werden. Die Thronfolge wird als ein von Gott inspi­rierter, friedlicher und weitgehend zeremonieller Vorgang dargestellt, ohne Kampf oder Verschwörungen. Daher werden dem Testament Davids ausschließlich religiöse und mo­ra­lische Vorschriften, beispielsweise im Hinblick auf den Tempelbau und die Ein­hal­ tung der Gebote Gottes, zugeschrieben. Höchstwahrscheinlich geht keines der beiden Tes­ta­mente auf den historischen David zurück. Beide spiegeln sekundäre Be­mü­hun­gen wider, Sa­lo­mos Handlungen zu rechtfertigen, aber in beiden beauftragt David Sa­lo­mo feierlich mit der Erfüllung bestimmter Pflichten, denen dieser anschließend gleich zu Beginn seiner Herrschaft nachkommt: In 1. Könige 2 lässt Sa­lo­mo Joab und Schimi hinrichten, gemeinsam mit Adonia, seinem Bruder und Rivalen um den Thron. Er heiratet außerdem Pharaos Tochter, eine eindeutig politisch motivierte Heirat, um seine Stellung von außen zu stärken. Erst danach besucht Sa­lo­mo das Höhenheiligtum in Gibeon, um Opfer darzubringen und eine göttliche Offenbarung zu erhalten. Er beginnt vier Jahre nach seiner Thronbesteigung damit, den Tempel zu bauen (1. Kön 6,37–38). Im Chro­nistischen Ge­schichts­werk ist Sa­lo­mo jedoch von Anfang an unbestritten der le­gitime König, und seine ersten Handlungen bestehen darin, „das Begegnungszelt Got­ tes, das Mose, der Knecht des Herrn, gebaut hatte“, zu besuchen, das in Gibeon stand (2. Chr 1,3, Sondergut). Dann beginnt er die Arbeit an dem Tempel (2. Chr 2,1–5,1). Zu­­dem ist Sa­lo­mos Königtum in der Chro­nik mehr als ein politisches: Es symbolisiert die Ein­heit von Theokratie und Monarchie. Sa­lo­mo ist sowohl der Repräsentant Gottes auf Er­den als auch der König des Volkes und dessen Repräsentant vor Gott. Er hat das Tes­ta­ment seines Vaters erfüllt, indem er der Einhaltung der Gebote Gottes und dem Tem­pel­bau oberste Priorität einräumt. Während David – unabhängig von Schuld oder Un­schuld – Blut an den Händen hatte, war Sa­lo­mo friedvoll und rein, ohne Makel oder Sünde.

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Kapitel XII: „Warum hört man die Stadt so lärmen?“ – Die Erzählung von Salomos Krönung in ihrem biblischen Kontext I Einleitung Die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Krönung in 1. Kön 1,38–41 birgt große Dramatik auf be­ grenz­tem Raum. Der junge Prinz wird an der Gihonquelle in aller Eile zum König gesalbt, um zu verhindern, dass sein Bruder Adonia den Thron für sich beansprucht. Als Ge­staltungsmittel zur Erhöhung der Dramatik dienen die Freudenschreie des Volkes auf­ grund von Salomos Krönung, die in der ganzen Stadt zu vernehmen sind, und insbeson­ de­re auch von seinen Rivalen gehört werden. Dieser Text ist einer von mehreren, in denen bi­bli­sche Er­zäh­­ler den Lärm lau­­ter Musikinstrumente bzw. emotional aufgeladener Stim­men, die an einem anderen Ort gehört werden, als literarisches Mittel einsetzen, mit dem der Leser von einer Ört­lich­­keit oder einer Personengruppe zu einer anderen versetzt wird. Dieses Ge­stal­tungs­mit­tel scheint mehr als nur ein rein technisches literarisches Hilfs­­mittel genutzt worden zu sein. Vielmehr wurde es als ein wichtiges Motiv eingesetzt, das an vielen bedeutenden Wen­depunkten der Ge­schich­te Israels wiederkehrt, etwa bei Füh­­rungs­wechseln, oder am Be­ginn einer neuen Epoche des Volkes. Dieses literarische Stil­­mit­­tel und Motiv wurde nicht unbedingt von dem Erzähler der Thronfolgeerzählung er­fun­den, son­dern erscheint auch in einigen anderen Ge­schich­ten der Hebräischen Bibel, vor allem in den frühen und spä­ten historiographischen Schriften. Dieser Hintergrund wirft ein neues Licht auf die Er­­zäh­­lung von Sa­lo­mos Krönung in 1. Könige 1 und erweitert deren Ge­gensätze zu 1. Chro­nik, die in den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches heraus­ge­ar­beitet wurden. II Laute Geräusche, die von weit entfernt gehört werden bei Sa­lo­mos Krönung und an anderen Stellen in Sa­muel-Kö­ni­ge 1 Sa­lo­mos Krönung In der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge in 1. Könige 1 kommt dieses Phänomen in der Beschreibung seiner Krönung vor, in der der Ver­fas­ser berichtet (1. Kön 1,38–41):

‫וירד צדוק הכהן ונתן הנביא ובניהו בן־יהוידע והכרתי והפלתי וירכבו את־שלמה על־פרדת המלך‬ ‫ ויקח צדוק הכהן את־קרן השמן מן־האהל וימשח את־שלמה ויתקעו בשופר‬.‫דוד וילכו אתו על־גחון‬ ‫ ויעלו כל־העם אחריו והעם מחללים בחללים ושמחים שמחה‬.‫ויאמרו כל־העם יחי המלך שלמה‬ ‫ וישמע אדניהו וכל־הקראים אשר אתו והם כלו לאכל וישמע יואב את־‬.‫גדולה ותבקע הארץ בקולם‬ ?‫קול השופר ויאמר מדוע קול־הקריה הומה‬

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„Warum hört man die Stadt so lärmen?“ Und Zadok, der Priester, und Nathan der Prophet und Benaja, der Sohn Jojadas und die Kreter und Plether stiegen hinab und sie ließen Sa­lo­mo auf der Mauleselin von König David reiten und führten ihn zur Gihonquelle. Und Zadok holte das Horn mit dem Öl aus dem Zelt der Begegnung und er salbte Sa­lo­mo. Dann bliesen sie in das Schofar [das ist das Horn eines Widders, das wie eine Trompete benutzt wurde] und das ganze Volk rief:1 „Lang lebe König Sa­lo­mo!“. Und das ganze Volk zog hin­auf, hinter ihm her, und das Volk blies auf Flöten und sie freuten sich mit großer Freude, so dass die Erde barst von ihrem Geschrei. Und Adonia und alle sei­ne Gäste, die bei ihm waren, hörten es, als sie aufgehört hatten zu essen. Und als Joab den Klang des Schofars hörte, da sagte er: „Warum hört man die Stadt so lärmen?“

In dieser Ge­schich­te weist der Erzähler darauf hin, dass „das ganze Volk rief: ‚Lang lebe Kö­nig Sa­lo­mo!‘“. Dann zogen sie hinter ihm her, „blies[en] auf Flöten und sie freuten sich mit großer Freude, so dass die Erde barst von ihrem Geschrei“ (1. Kön 1,40). Der Er­­zäh­ler nutzt hier die musikalischen Klänge und die Freudenschreie, um den Leser von der Par­tei Sa­lo­mos zur gegnerischen Partei um Adonia zu überführen: „Und Adonia und alle seine Gäste, die bei ihm waren, hörten es“ (1. Kön 1,41). Ab diesem Zeitpunkt beschreibt der Erzähler die Ereignisse, die sich im Umfeld Adonias zutragen. Aus erzähle­ri­ scher Perspektive dient das Motiv, dass Musik und Stimmen an einem anderen Ort gehört werden, also dazu, einen geographischen Übergang in der Ge­schich­te zu markie­ren, und leitet elegant von der Szene an der Gihonquelle zu dem Festmahl über, das Ado­nia, der Ri­vale Sa­lo­mos um die Königswürde, veranstaltet. Der Übergang spielt sich jedoch mehr als nur auf der literarischen Ebene ab, denn mit diesem Gestaltungsmittel markiert der Er­­zäh­ler auch den Wechsel von der Erhöhung Sa­lo­mos und seiner Unterstüt­zer einer­­seits zum Sturz Adonias und seiner Gefolgsleute andererseits. Das literarische Ge­stal­­tungs­ mit­tel wird also auch dazu verwendet, eine Verbindung zwischen zwei Kon­f likt­­­par­ teien herzustellen, die nicht nur in geographischer Hinsicht voneinander getrennt sind. So wird ein wichtiger Wendepunkt in der Ge­schich­te Israels im Allgemeinen und in der Ge­­­schich­te der Davidischen Dynastie im Besonderen hervorgehoben. Dass dies bewusst ge­­schieht, ist naheliegend, wenn die hier diskutierte Passage mit anderen Stellen in bi­bli­ schen Er­zäh­lungen verglichen wird, an denen dasselbe Motiv erscheint: 2 Joaschs Krönung Die unmittelbarste Parallele ist in der Er­zäh­lung von der Krönung König Joaschs von Juda in 2. Könige 11 zu finden. Hier berichtet der Erzähler, dass der Hohepriester Jojada den Königssohn Joasch aus dem Palast brachte, ihm die Krone aufsetzte und ihm eine Ord­nung (‫עדות‬, des Bundes) gab. Dann „klatschten die Leute in die Hände und riefen: Lang lebe der König!“ (‫ויוצא את־בן־המלך ויתן עליו את־הנזר ואת־העדות וימלכו אתו וימשחהו ויכו־‬ ‫ ;כף ויאמרו יחי המלך‬2. Kön 11,12), wie dies in 1. Kön 1,39 geschildert wird. Mit diesen lau­

1 Auch wenn der hebräische Text lautet: ‫ויאמרו כל־העם‬, impliziert der Kontext doch, dass das Volk nicht nur „sprach“, sondern eher „rief“.

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„Warum hört man die Stadt so lärmen?“

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ten Freudenschreien versetzt der Erzähler sein Publikum zur gegnerischen Partei um Kö­ ni­gin Atalja (2. Kön 11,13–14): …‫ ותרא והנה המלך עמד על־העמוד‬.‫ותשמע עתליה את־קול הרצין העם ותבא אל־העם בית יהוה‬ !‫וכל־עם הארץ שמח ותקע בחצצרות ותקרע עתליה את־בגדיה ותקרא קשר קשר‬ Und als Atalja das Geschrei des Volkes hörte, das herzulief, kam sie zum Volk in das Haus des Herrn und sah, und siehe, da stand der König an der Säule... Und alles Volk des Landes war fröhlich und blies die Trompeten. Atalja aber zerriss ihre Kleider und rief: Verrat! Verrat!

Zumindest einige der Elemente von Sa­lo­mos Krönung kommen auch in dieser Be­schrei­ bung der Krönung Joaschs von Juda (2. Kön 11,12–14) vor: Jojada, der Hohepriester, salbt ihn in Begleitung der Obersten der Streitkräfte zum König, das Volk klatscht und ruft: „Lang lebe der König!“. Die Leute spielen auf Trompeten und jubeln.2 Vermutlich folg­ ten beide Krönungen einem festgelegten Protokoll für die Krönung eines Königs in Juda, das sich von denjenigen unterschied, die aus Mesopotamien bekannt sind.3 Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass einer dieser beiden Berichte nur die Kopie des anderen ist, denn es gibt wegen der je eigenen besonderen Umstände, unter denen sie stattfanden, auch Unterschiede in der Beschreibung der beiden Krönungen: Sa­lo­mo wird an der Gihon­ quelle gesalbt, während Joasch, vermutlich aus Angst vor Atalja, in den Tempel gebracht wird. Außerdem wird Joasch eine Krone aufgesetzt und er erhält eine Abschrift des Bun­ des („Ordnung“), der wenig vorher von Jojada geschlossen worden war. Diese beiden letzteren Elemente fehlen in dem Bericht über Sa­lo­mo, auch wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass Sa­lo­mo ebenfalls gekrönt wurde, allerdings zu einem anderen Zeitpunkt. Nichtsdestotrotz wird auch in dieser Er­zäh­lung ein wichtiger Wendepunkt in der Ge­ schich­te des Königreichs Juda und der Davidischen Dynastie hervorgehoben. Joasch war der letzte überlebende Nachkomme der Davidischen Königsfamilie, weil er im Tempel versteckt worden war, als Atalja versuchte, das Haus Davids auszulöschen. Deshalb markiert diese Szene die Wiederherstellung der Davidischen Herrschaft nach Ataljas katastro­ phalem Staatsstreich. Einmal mehr wird hier das Motiv des Hörens aus der Ferne eingesetzt, um nicht nur einen geographischen Wechsel der Handlung, sondern auch einen wichtigen Übergang in der Ge­schich­te der judäischen Monarchie zu markieren. 2 Für einen ausführlicheren Vergleich der beiden Er­zäh­lungen siehe de Vaux, Ancient Israel, S. 102–107. 3 Zum Beispiel die Beschreibung der Krönung aus Erech: „Er (der Herr­scher) betrat Eanna [i. e. den Ištar-Tempel]. Er trat an das prächtige Thronpodest. Er nahm das strahlende Zepter in die Hand. Er trat an das Thronpodest von Nin-men-na (i. e. „Herrin der Krone“). Er setze sich die goldene Krone auf den Kopf. Er trat an das Thronpodest von Nin-PA (i. e. „Herrin des Zepters“). Nin-PA, reif für den Himmel und die Erde… Nachdem sie [i. e. Nin-PA] seinen ‚Namen (der) Kleinheit‘ verworfen hatte, nannte sie nicht seinen bur-gi-Namen, sondern sie nannte seinen ‚Namen (der) Herrschaft‘“; („He entered into Eanna. He drew near the resplendent throne dais. He placed the bright scepter in his hand. He drew near the throne dais of Nin-men-na [„Lady of the Crown“]. He fastened the golden crown upon his head. He drew near to the throne dais of Nin-PA [„Lady of the Scepter“]. Nin-PA, fit for heaven and earth… After she had discarded his ‚name [of ] smallness‘, she did not call his bur-gi name, but called his „name [of ] rulership“); Frankfort, Kingship and the Gods, S. 245–246.

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„Warum hört man die Stadt so lärmen?“

3 Die Ladeerzählung Dieses Gestaltungsmittel wird auch an zwei Stellen in der Ladeerzählung (1. Samuel 4–6 + 2. Samuel 6) angewendet, die in das Deu­te­ro­no­mis­tische Ge­schichts­werk eingearbei­tet wurde:4 (a) Die Schlacht bei Eben-Eser In der Beschreibung der Schlacht, in der die Israeliten bei Eben-Eser gegen die Philister kämpften (1. Samuel 4), berichtet der Erzähler, dass die Israeliten einige Leute nach Schilo schickten, um die Bundeslade von dort in das Feldlager der Israeliten zu bringen. Plötzlich „jubelte ganz Israel mit lautem Jubel, so dass die Erde zitterte. Und als die Philister den lauten Jubel hörten, da sagten sie: ‚Was bedeutet der Lärm dieser gewaltigen Rufe im Lager der Hebräer?‘“ (1. Sam 4,4–6a). Von diesem Punkt an beschreibt der Erzähler die Ereignisse im Feldlager der Philister (1. Sam 4,6b–9). Der vollständige Text von 1. Sam 4,4–8a lautet:

‫וישלח העם שלה וישאו מׁשם את ארון ברית־יהוה צבאות יׁשב הכרבים וׁשם ׁשני בני־עלי עם־‬ ‫ ויהי כבוא ארון ברית־יהוה אל־המחנה וירעו כל־ישראל תרועה‬.‫ארון ברית האלהים חפני ופינחס‬ ‫ וישמעו פלשתים את־קול התרועה ויאמרו מה קול התרועה הגדולה הזאת במחנה‬.‫גדולה ותהם הארץ‬ ‫ ויראו הפלשתים כי אמרו בא אלהים אל־המחנה ויאמרו‬.‫העברים וידעו כי ארון יהוה בא אל־המחנה‬ …‫ אוי לנו מי יצילנו מיד האלהים האדירים האלה‬.‫אוי לנו כי לא היתה כזאת אתמול שלשם‬

Und das Volk sandte nach Schilo, und sie brachten von dort die Lade des Bundes des Herrn Zebaoth, der über den Cherubim thront. Und die beiden Söhne von Eli, Hof­ ni und Pinhas, waren dort bei der Lade. Und es geschah, als die Lade des Herrn in das La­ger kam, da jubelte ganz Israel mit großem Jubel, so dass die Erde zitterte. Und als die Philister den Jubel hörten, da sagten sie: „Was bedeutet der Schall dieses ge­ wal­tigen Jubels im Lager der Hebräer?“ Und sie erkannten, dass die Lade des Herrn in das Lager gekommen war. Und die Philister fürchteten sich, denn sie sprachen: Göt­ ter sind in das Lager gekommen. Und sie sagten auch: „Wehe uns! Denn so et­was ist bisher noch nie geschehen. Wehe uns! Wer kann uns aus der Hand dieser mäch­ti­gen Götter retten?“

Obwohl die Ankunft der Lade das Selbstvertrauen im Lager gestärkt hatte, verloren die Israeliten in diesem Fall jedoch sowohl die Schlacht als auch die Lade . Die beiden Söhne Elis wurden getötet (1. Sam 4,10–11). Dennoch ist das nicht das Ende der Ge­schich­te. (b) Von Schilo zum Haus Elis In der nachfolgenden Passage – 1. Sam 4,12–18 – wird das Motiv und literarische Mittel des Hörens aus der Ferne noch einmal eingesetzt. Hier erzählt der Ver­fas­ser, wie die Mel­ dung von der Niederlage des israelitischen Heeres bei Eben-Eser, von dem Verlust der 4 Zur Ladeerzählung siehe z. B. J. Gutman, „The His­to­r y of the Ark“, ZAW 83 (1971), S. 22–30; A. F. Campbell, The Ark Narrative (1 Sam 4–6; 2 Sam 6): A Form-Critical and Traditio-Historical Study, Society of Biblical Li­te­ra­ture Dissertation Series 16 (Missoula, MN: Scholars Press, 1975); K. Bod­ner, „Ark-Eology: Shifting Emphases in ‚Ark Narrative‘ Scholarship“, CurBR 4 (2006), S. 169–197.

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„Warum hört man die Stadt so lärmen?“

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Bun­des­­lade und dem Tod von Hofni und Pinhas den Hohepriester Eli erreicht. Der Er­ zäh­ler ver­setzt den Leser von der Bevölkerung Schilos zum Haus Elis wie folgt: „[D]a schrie die ganze Stadt um Hilfe. Und als Eli den Lärm der Schreie hörte, da sagte er: ‚Was ist das für ein großer Lärm?‘“ (1. Sam 4,13–14a). Als Nächstes berichtet der Erzähler, was in Elis Haus mit dem Priester selbst und seiner Schwiegertochter geschah (1. Sam 4,14b– 22). Der zentrale Übergang findet am Ende von 4,12 und am Beginn von 4,13 statt. Im Ganzen lautet die Passage 1. Sam 4,12–18 folgendermaßen: ‫ ויבוא והנה עלי‬5.‫וירץ איש בנימן מהמערכה ויבא שלה ביום ההוא ומדיו קרעים ואדמה על־ראשו‬ ‫ישב על הכסא יך דרך מצפה כי היה לבו חרד על ארון האלהים והאיש בא להגיד בעיר ותזעק כל‬ ‫ ועלי בן־‬.‫ וישמע עלי את קול הצעקה ויאמר מה קול ההמון הזה והאיש מהר ויבא ויגד לעלי‬.‫העיר‬ ‫ ויאמר האיש אל עלי אנכי הבא מן המערכה ואני‬.‫תשעים ושמנה שנה ועיניו קמה ולא יכול לראות‬ ‫ ויען המבשר ויאמר נס ישראל לפני פלשתים וגם‬.‫ ויאמר מה־היה הדבר בני‬.‫מן־המערכה נסתי היום‬ ‫ ויהי כהזכירו את־ארון‬.‫מגפה גדולה היתה בעם וגם־שני בניך מתו חפני ופינחס וארון האלהים נלקחה‬ ‫האלהים ויפל מעל הכסא אחרנית בעד יד השער ותשבר מפרקתו וימת כי־זקן האיש וכבד והוא שפט‬ .‫את־ישראל ארבעים שנה‬ Und ein Mann von Benjamin lief vom Schlachtfeld und er kam noch am selben Tag nach Schilo, die Kleider zerrissen und Erde auf seinem Kopf. Und als er ankam, siehe, da saß Eli auf einem Stuhl am Weg und hielt Ausschau, denn sein Herz fürchtete um die Lade Gottes. Und als der Mann kam, um es in der Stadt zu berichten, da schrie die ganze Stadt. Und als Eli den Lärm der Schreie hörte, da sagte er: „Was ist das für ein großer Lärm?“. Und der Mann kam eilig und erzählte es Eli. Eli aber war schon achtundneunzig Jahre alt und seine Augen waren starr geworden, so dass er nicht mehr sehen konnte. Und der Mann sprach zu Eli: „Ich bin derjenige, der vom Schlacht­feld gekommen ist; und ich bin heute erst von der Schlacht geflohen.“ Und er [i. e. Eli] sprach: „Wie ist es gegangen, mein Sohn?“. Und der Bote antwortete und sprach: „Israel ist geflohen vor den Philistern und es hat sich eine große Niederlage unter dem Volk ereignet und auch deine beiden Söhne, Hofni und Pinhas, sind tot und die Lade Gottes ist weggenommen worden.“ Und es geschah, als er die Lade Got­tes erwähnte, da fiel er [i. e. Eli] rückwärts von seinem Stuhl bei der Tür; und sein Genick war gebrochen und er starb, denn der Mann war alt und schwer. Er hatte Is­rael vierzig Jahre lang gerichtet.

Auch wenn diese Er­zäh­lungen aus 1. Samuel 4 keine Krönungsszenen wie die in 1. Köni­ ge 1 und 2. Könige 11 enthalten, so dient hier doch ebenfalls das Motiv des Hörens aus der Fer­ne als geographischer und politischer Übergang: Die Israeliten verlieren nicht nur ihre Sou­veränität an die Philister, sondern auch ihre Führung unter Eli und seinen Söh­nen. Be­sonders der zweite Fall ist in gewisser Weise besser vergleichbar mit 1. Kön 1,38–41.6 5 Vergleiche die Phrase ‫ ומדיו קרעים ואדמה על־ראשו‬mit ‫ ובגדיו קרעים ואדמה על ראשו‬in 2. Sam 1,2. 6 Interessanterweise werden in der Szene, die die Ankunft der Bundeslade im Feldlager schildert, die Worte „so dass die Erde zitterte“ (‫ )ותהם הארץ‬genutzt, die der Wendung „die Erde barst“ (‫)ותבקע הארץ‬ in 1. Kön 1,40 gleicht. Das Verb ist in 1. Kön 1,40 zwar ein anderes, doch die Wörter ‫ הומה‬und ‫תהם‬ kom­men in dieser Passage ebenfalls vor, nämlich in den Worten Joabs und Jonathans (1,41.45).

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Ein hervorstechendes Merkmal, das in drei der vier Beispiele in Sa­muel-Kö­ni­ge erscheint, ist, dass Mitglieder der zweiten Gruppe nach der Bedeutung des Lärms oder Ge­räu­sches (‫ )קול‬fragen. In 1. Samuel 4,6 lautet die entsprechende Formulierung: „Und als die Phi­ lis­ter den Jubel hörten, da sagten sie: Was bedeutet der Schall dieses gewaltigen Jubels im Lager der Hebräer?“; in 1. Sam 4,14: „Und als Eli den Lärm der Schreie hörte, da sagte er: Was ist das für ein großer Lärm?“ und in 1. Kön 1,41b: „Und als Joab den Klang des Scho­ fars hörte, da sagte er: Warum hört man die Stadt so lärmen?“. In den letzten beiden Fäl­len wird von der expliziten Antwort eines Boten (‫ ;מבשר‬siehe 1. Sam 4,17; 1. Kön 1,42–43) berichtet. Bei Joaschs Krönung reagiert Atalja nicht mit einer Frage – vermutlich war die Bedeutung in diesem Fall klar! Stattdessen „kam sie zu dem Volk im Tempel des Herrn… und Atalja zerriss ihre Kleider und rief: ‚Verrat! Verrat!‘“ (2. Kön 11,13–14). III Vorkommen des Motivs anderenorts in der Hebräischen Bibel 1 Die spätbi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung: Chro­nik und Esra Dieses literarische Stilmittel erscheint auch an zwei Stellen in der spätbi­bli­schen Ge­schichts­­ schrei­bung: zum einen in 2. Chr 23,11–13, in der der Chro­nist den Text seiner Vor­la­ge in 2. Kön 11,12–14 über die Krönung von Joasch abschreibt, zum anderen im Be­richt über die Grundsteinlegung des Zweiten Tempels, der in Esra 3,10–4,3 beschrieben ist. Der zentrale Wendepunkt findet in den Versen 3,13 und 4,1 statt. Die Passage Esra 3,10b–13 lautet: ‫ויעמידו הכהנים מלבשים בחצצרות והלוים בני אסף במצלתים להלל את יהוה… ויענו בהלל ובהודת‬ ‫ליהוה כי טוב כי לעולם חסדו על ישראל וכל העם הריעו תרועה גדולה בהלל ליהוה על הוסד בית יהוה‬ ‫ורבים מהכהנים והלוים וראשי האבות הזקנים אשר ראו את הבית הראשון ביסדו זה הבית בעיניהם‬ ‫ ואין העם מכירים קול תרועת השמחה לקול בכי‬.‫בכים בקול גדול ורבים בתרועה בשמחה להרים קול‬ .‫העם כי העם מריעים תרועה גדולה והקול נשמע עד למרחוק‬ Und die Priester traten an in ihrer Amtskleidung mit Trompeten, und die Leviten, die Söhne Asaphs, mit Zimbeln, um den Herrn zu loben… Und sie sangen im Wechsel mit Lob und Dank für den Herrn: „Denn er ist gut, denn ewig währt seine Gnade über Israel!“. Und das ganze Volk jubelte mit lautem Jubel beim Lob des Herrn, weil das Fundament für das Haus des Herrn gelegt wurde. Aber viele von den Priestern und den Leviten und den Familienoberhäuptern, die Alten, die das erste Haus gesehen hatten, weinten mit lauter Stimme, als das Fundament dieses Hauses vor ihren Augen gelegt wurde,7 obwohl viele laut jubelten vor Freude. Und das Volk konnte den Lärm der Freudenrufe nicht unterscheiden von den Menschen, die weinten,8 denn das Volk jubelte laut und der Lärm war weit entfernt zu hören. 7 Siehe auch Haggai 2,3–9 und die Diskussion bei Kalimi, Untersuchungen zur Jüdischen Schrift­aus­le­ gung und Theologie, S. 47–54. 8 Man beachte die chiastische Struktur, die der Ver­fas­ser zwischen den Versen erstellt: weinten mit lauter Stimme, als das Fundament dieses Hauses vor ihren Augen gelegt wurde (b) obwohl viele laut jubelten vor Freude. (c) Und das Volk konnte… nicht unterscheiden (b‘) den Lärm der Freudenrufe (a‘) von den Menschen, die weinten.

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Hier fährt der Ver­fas­ser mit der Beschreibung der Wirkung fort, die die Grundsteinlegung des Tempels und die Feier in Juda auf ihre Gegner hatte. In Esra 4,1–3 wird berichtet: ‫וישמעו צרי יהודה ובנימן כי בני הגולה בונים היכל ליהוה אלהי ישראל ויגשו אל זרבבל ואל ראשי‬ ‫האבות ויאמרו להם נבנה עמכם… ויאמר להם זרבבל וישוע ושאר ראשי האבות לישראל לא לכם‬ .‫ולנו לבנות בית לאלהינו כי אנחנו יחד נבנה ליהוה אלהי ישראל כאשר צונו המלך כורש מלך פרס‬ Als aber die Gegner Judas und Benjamins hörten, dass die Söhne des Exils einen Tem­ pel bauten für den Herrn, den Gott Israels, da kamen sie zu Serubbabel und zu den Fa­milienoberhäuptern und sie sprachen: „Lasst uns mit euch bauen!“… Und Se­rub­ ba­bel und Jeschua und die Familienoberhäupter Israels sagten zu ihnen: „Ihr habt nichts mit uns zu tun bei der Aufgabe, ein Haus für unseren Gott zu bauen; sondern wir allein werden dem Herrn, dem Gott Israels, bauen, wie es uns Kyros, der König von Persien, befohlen hat.“

Natürlich bedeutet das Verb ‫ וישמעו‬in Esra 4,1, „[a]ls aber die Gegner Judas und Ben­ja­ mins hörten, dass die Söhne des Exils einen Tempel bauten“, nicht zwingend, dass sie die echten Klänge der Musikinstrumente hörten sowie den Jubel und das Weinen des Vol­kes im physischen Sinne. Durch die literarische Nähe des Verbs zu der Schilderung, wie das Volk lärmte, vermittelt der Ver­fas­ser jedoch den Eindruck, dass das tatsächlich der Fall war. 2 Anspielung auf das Motiv in der Josefsgeschichte Ein vergleichbares literarisches Phänomen ist auch in der Josefsgeschichte (Genesis 37– 50)9 zu finden, in der der bi­bli­sche Erzähler den Leser vom Haus Josefs, in dem das Tref­ fen zwischen Josef und seinen Brüdern stattgefunden hat, zum Haus des Pharao wie folgt ver­setzt: „Da konnte sich Josef nicht mehr beherrschen vor allen, die bei ihm standen und er rief: ‚Lasst jeden Mann von mir hinausgehen!‘… Und er erhob seine Stimme mit Weinen,10 und die Ägypter und das Haus Pharaos hörten es“ (‫ולא־יכל יוסף להתאפק לכל הנצבים‬ ‫ ;עליו ויקרא הוציאו כל־איש מעלי … ויתן את־קלו בבכי וישמעו מצרים וישמע בית פרעה‬Gen 45,1–2).11 Der Gebrauch des literarischen Stilmittels wird noch deutlicher in Gen 45,14–20: „Und er fiel seinem Bruder Benjamin um den Hals und weinte; und Benjamin weinte an seinem Hals. Und er küsste alle seine Brüder und weinte bei ihnen; und danach redeten seine Brüder mit ihm. Und die Stimme wurde gehört im Haus Pharaos und man sagte: Josefs Brüder sind gekommen; und es war gut in den Augen Pharaos und in den Augen 9 Zur Josefs-Ge­schich­te siehe C. Westermann, Die Joseph-Er­zäh­lung, Calwer Taschenbibliothek 1 (Stutt­­ gart: Calwer Verlag, 1990); Kalimi, Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theo­lo­gie, S. 141–194; F. W. Golka, „Genesis 37–50: Joseph Story or Israel-Joseph Story?“, CurBR 2 (2004), S. 153–177, und dort weitere Verweise auf die frühere Sekundärliteratur. 10 Die Phrase ‫ נתן את קלו‬kann so viel bedeuten wie „er erhob seine Stimme [laut]“, vgl. z. B. Jer 22,20; 48,34. 11 Das ist der dritte und der stärkste Schrei Josefs, der in der Er­zäh­lung erwähnt wird. Die beiden ersten Schreie, die in Gen 42,24 und 43,30–31 beschrieben werden, ereignen sich im privaten Rahmen, nicht laut, vor seinen Brüdern oder anderen Menschen.

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seiner Diener“ (Gen 45,14–16). Dann fährt der Erzähler damit fort, dass er von den Ereignissen in Pharaos Haus berichtet: „Und Pharao sagte zu Josef: ‚Sage deinen Brüdern: Tut dies: beladet eure Tiere und zieht hin, geht in das Land Kanaan‘“ (Gen 45,17–20). Mit Ausnahme von 1. Sam 4,13–14 unterscheidet sich der Gebrauch des Motivs in der Jo­sefsgeschichte von den anderen Beispielen darin, dass hier das Publikum zwar von der Per­sonengruppe der Hebräer zu der der Ägypter versetzt wird, es sich jedoch nicht um zwei konkurrierende Gruppen handelt. Wie in allen anderen Fällen dient es jedoch auch hier nicht nur zum Wechsel zwischen zwei Handlungsorten: Zum einen gibt sich Josef seinen Brüdern zu erkennen, zum anderen wird das Geschehen in Pharaos Haus gehört, was ein weiterer wichtiger Wendepunkt im Leben des Volkes Israel ist: Die Erfüllung von Jo­sefs Traum wird hier markiert, demzufolge er Macht über seine Brüder haben würde (Gen 37,5–12). Die Er­­­zäh­­lung signalisiert zudem den Beginn des Umzugs der ganzen Familie Jakobs nach Ägyp­ten, wo sie bis zu den Ereignissen des Exodus (Exodus 1–15) bleiben sollten. Da­mit erfüllt sich auch die Verheißung an Abraham, von der Gen 15,7– 21 berichtet. 3 Ein Gegenbeispiel: Das Buch Esther Schließlich ist es bemerkenswert, dass der Erzähler in mindestens einer Episode der bi­­bli­ schen Li­te­ra­tur das Stilmittel nicht anwendet, obwohl er das hätte tun können: Im Buch Esther hätte hierfür eine gute Gelegenheit bestanden. Die Leser hätten von Morde­chai auf der Straße zu Esther versetzt werden können, die im Palast zurückgeblieben war. Über das Stilmittel hätte er Mordechais laute Schreie hören lassen können, von denen in Est 4,1 die Rede ist: „Als Mordechai alles erkannte, was getan worden war, da zerriss Mor­de­chai seine Kleider und kleidete sich in Sack und Asche, und er ging hinaus mitten in die Stadt und er stimmte ein lautes und bitterliches Klagegeschrei an.“ Der Erzähler kannte dieses literarische Mittel jedoch entweder nicht, oder er zog es aus welchem Grund auch immer vor, die Er­zäh­lung auf einfache Weise folgendermaßen weiterzuführen: „Als Esthers Mägde und ihre Eunuchen kamen und es ihr erzählten, da war sie sehr verstört“ (Est 4,4). Der Erzähler hätte etwas Ähnliches schreiben können wie: „Mordechai stimm­te ein lautes und bitterliches Klagegeschrei an… und Esther hörte den Lärm des bitter­li­chen Klagens und…“ – aber er tat es nicht. Es ist nicht unbedingt so, dass sich der Ver­fas­­ser des Esther­ buches bewusst gegen die Verwendung des Stilmittels entschieden hat. Die Tat­sache, dass er sein Publikum nicht an den neuen Handlungsort transferierte und auf dieses literarische Stilmittel verzichtete, zeigt jedoch, dass dessen Verwendung nicht er­for­derlich war. IV Zwischen literarischer Überleitung und Typusszene Die in diesem Kapitel untersuchten Beispiele aus verschiedenen bi­bli­schen Er­zäh­lungen zeig­en, dass es bestimmte Situationen gibt, in denen ein bi­bli­scher Erzähler die Töne von Mu­sikinstrumenten und Stimmen einsetzt, um die Aufmerksamkeit seines Publikums von einer Örtlichkeit bzw. Personengruppe auf ihr Gegenstück zu lenken. Das Muster besteht in allen Fällen aus den folgenden Elementen, auch wenn es kleine Nuancen zwischen ihnen gibt:

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1. An einem Ort wird von einer Gruppe großer Lärm gemacht; 2. Dieser Lärm wird von einer anderen Gruppe an einem anderen Ort gehört; 3. Die zweite Gruppe reagiert auf den Lärm; 4. Die Szene wird am letztgenannten Ort fortgesetzt.12 Eine der offensichtlichsten Nuancen ist, dass die erste Reaktion des bzw. der Hörenden in drei Fällen – alle davon stehen in Sa­muel-Kö­ni­ge – darin besteht, nach der Bedeutung des Lärms zu fragen (1. Sam 4,6; 4,14; 1. Kön 1,41b). In weiteren Fällen gibt es andere Reak­tionen: „Und es war gut in den Augen Pharaos und in den Augen seiner Diener“ (Gen 45,16), während Atalja rief: „Verrat! Verrat!“ (2. Kön 11,13–14 // ­2 . Chr 23,12–13). Die­ses literarische Stilmittel sollte von den Typusszenen unterschieden werden, die in der homerischen Li­te­ra­tur häufig vorkommen,13 und auch von denjenigen in der He­bräi­ schen Bibel, auf die Robert Alter und andere aufmerksam gemacht haben.14 So be­merkt beispielsweise Matthew Clark, dass in vier verschiedenen Szenen der Ilias beschrieben wird, wie sich ein Krieger für die Schlacht bewaffnet. Dabei unterscheiden sich zwar ein­zelne Details, die Reihenfolge ist jedoch immer gleich: Er legt Beinschienen, Brust­ pan­zer, Schwert, Schild, Helm und Speer an, immer genau in dieser Reihenfolge.15 In ähn­licher Weise handelt die bekannteste Typusszene aus der Hebräischen Bibel von einem „Mann, der in ein fremdes Land reist und eine junge Frau an einem Brunnen trifft. Es wird Wasser aus dem Brunnen geholt, entweder von dem Mann oder von der Frau. Die junge Frau läuft dann nach Hause, um ihrer Familie von der Ankunft des Mannes zu erzählen. Der Mann wird in ihr Haus eingeladen, um dort zu essen und zu schlafen, eine Verlobung wird ausgehandelt, und es folgt eine Hochzeit.“16 Eine solche Ge­schich­ te wird von Jakob und Rahel (Gen 29,1–13), Mose und Zippora (Ex 2,15–22) sowie von Abra­hams Diener auf der Suche nach einer Braut für Isaak (Gen 24,11–65) erzählt. Alter schlägt vor: „[Wenn] ein bi­bli­scher Erzähler – und es könnte sich dabei ursprünglich um eine mündliche Erzählsituation gehandelt haben, wobei das Spekulation bleibt – an den Punkt kam, an dem die Verlobung seines Helden stattfand, dann war sowohl ihm selbst 12 Allerdings bleibt die Partei, die den Lärm hört, bei den Ereignissen um Atalja in 2. Kön 11,13– 14 // ­2 . Chr 23,12–13 und im Fall der „Gegner von Juda und Benjamin“ in Esra 4,1–3 nicht an dem ent­fernten Ort, sondern geht an die Stelle, wo der Lärm herkommt. 13 Siehe W. Arend, Die typischen Scenen bei Homer (Berlin: Weidmann, 1933); B. Fenik, Typical Battle Scenes in the Iliad: Studies in the Narrative Technique of Homeric Battle Descriptions, Hermes Ein­zel­ schriften 21 (Wiesbaden: Steiner, 1968); C. Niens, Struktur und Dynamik in den Kampfszenen der Ilias (Heidelberg: Groos, 1987); M. Clark, „Formulas, Metre and Type-Scenes“, in R. Fowler (Hg.), The Cambridge Companion to Homer (Cambridge: Cambridge University Press, 2004), S. 117–138, mit Beispielen und Bibliographie. 14 Siehe Alter, The Art of Biblical Narrative, S. 47–62 („Biblical Type-Scenes and the Uses of Con­ven­ tion“). 15 Siehe Clark, „Formulas, Metre and Type-Scenes“, S. 134–135. 16 „[A] man traveling to a foreign land who meets a young woman at a well. Water is drawn from the well, either by the man or the woman. The young woman then rushes home to tell her family of the man’s arrival. The man is invited to her home for a meal and lodging, a betrothal is arranged, and a wedding ensues“ (D. N. Fewell und G. A . Phillips, „Drawn to Excess, or Reading beyond Betroth­a l“, Semeia 77 (1997), S. 23–58, insb. 27.

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als auch seinem Publikum klar, dass sich die Szene auf eine bestimmte Weise abspielen musste, nach einem festgelegten Ablauf.“17 Sowohl die Typusszenen in der home­ri­schen Li­­te­ra­tur als auch diejenigen in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur bestehen also aus einer Abf­olge von Hand­lungen in einer festen Reihenfolge. Tatsächlich wusste der Leser bei diesen Sze­ nen genau, was als nächstes passieren würde, und erwartete jeweils die nächste Hand­lung entspre­chend dem fixen Rahmen der Typusszene, auch wenn sich die Details in jeder Sze­ ne ändern. Im Gegensatz dazu ist das literarische Stilmittel, das wir hier untersuchen, weder so detailliert wie diese Typusszenen noch ist es an eine festgelegte Reihe von Handlun­ gen gebunden. Auch wenn es im Fall der Krönungen Sa­lo­mos und Joaschs einige sich wiederholende Elemente gibt, spiegeln diese vermutlich eher ein Krönungsprotokoll wider denn ein literarisches Motiv. In allen Beispielen, in denen Lärm aus der Ferne gehört wird, scheint das Motiv jedoch vor allem ein technisches Mittel zu sein, das dem Erzähler dazu dient, den Leser von einer Partei zu einer anderen oder von einem Ort zu einem anderen zu führen. Indem er musikalische Klänge bzw. dramatisch erhobene Stimmen einsetzt, die zudem von jemandem an einem anderen Ort gehört werden, schafft er einen literarischen Übergang. Das heißt, dass das literarische Motiv weniger eine festgelegte Abfolge von Ereignissen darstellt, sondern vielmehr ein festgelegtes Mittel, um einen Übergang von einem geographischen Ort zu einem anderen und von einer Personengruppe zu einer anderen zu markieren. Dies erlaubte dem Ver­fas­ser, verschiedene Erzählstränge so kunstvoll miteinander zu ver­k nüpfen, dass ihre literarische Qualität gesteigert wurde, ohne die In­formationen zu ver­f älschen. Darüber hinaus ist das Motiv oder Stilmittel, da es einen Wen­depunkt mar­­kiert, in der Regel deutlich kürzer als eine Typusszene, die häufig den Rah­men für eine ganze, eigenständige Er­zäh­lung bildet. Statt eine explizite Überlei­tung wie etwa „Nun wollen wir sehen, was an dem anderen Ort bzw. in der anderen Gruppe ge­schah“ zu verwenden, nutzt der Erzähler die verschiedenen Geräusche und Stim­men als literarisches Mittel, um seinen Leser zu einer anderen Partei bzw. an einen anderen Ort zu verset­ zen. Das erlaubt dem Ver­fas­ser auch, den Übergang hervorzuheben, der in den meisten Fäl­len nicht einfach nur ein Wechsel der geografischen Lage ist, sondern vielmehr ein Wech­sel der politischen Situation oder sogar ein Wendepunkt in der Ge­schich­­te Israels.18 17 „[When a] biblical narrator – and he might have originally been an oral storyteller, though that remains a matter of conjecture – came to the moment of his hero’s betrothal, both he and his audience were aware that the scene had to unfold in particular circumstances, according to a fixed order“; Alter, The Art of Biblical Narrative, S. 51–52. 18 Das bedeutet dennoch nicht, dass immer dann, wenn ein bi­bli­scher Erzähler dieses Stilmittel einsetzt, dessen Inhalt automatisch fiktiv ist und es sich um unzuverlässige Informationen handelt; dass es also in Wirklichkeit keine musikalischen Klänge bzw. menschlichen Stimmen gab oder dass die wich­tigen Übergänge, die auf diese Weise angezeigt werden, nicht stattgefunden haben. Letztlich ist an­spruchsvolles Ge­schich­tenerzählen durchaus vereinbar damit, präzise über historische Ereignisse zu berichten. Tatsächlich trifft es auch auf type scenes zu, dass sie mehr damit zu tun haben, wie eine Ge­­schich­te erzählt wird, als damit, ob sie sich tatsächlich so ereignet hat. Ein type scene kann, wie jedes andere literarische Motiv auch, in fiktionalen Texten und Sachliteratur eingesetzt werden, sofern diese Kategorien überhaupt auf antike Li­te­ra­tur angewendet werden können.

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V Zusammenfassung Von den hier behandelten Er­zäh­lungen, die dieses literarische Stilmittel und Motiv einsetzen, können einige allgemeine Schlüsse gezogen werden: Vier der sieben Er­zäh­lungen spie­len in königlichen Kontexten: Sa­lo­mo und Adonia in 1. Könige, Joasch und Atalja in 2. Könige und 2. Chro­nik sowie Josef, seine Brüder und das Haus des Pharao in Genesis. Die anderen drei stehen im Zusammenhang mit Konflikten zwischen Israel und seinen um­­liegenden Nachbarn: Die Schlacht bei Eben-Eser und ihre furchtbaren Konsequenzen (Is­raeliten und Philister, die Bevölkerung von Schilo und das Haus Elis) sowie die Rück­ keh­rer aus dem Exil in Juda und ihre Nachbarvölker. Alle diese Er­zäh­lungen sind außerdem mit einem Wechsel des Anführers bzw. der politischen Situation in Israel oder Juda verbunden: Josefs Anerkennung durch seine Brüder und der Umzug nach Ägypten in Genesis; Israels Unterordnung unter die Philister und der Tod der Familie des Hohepriesters in Samuel; im Königebuch finden zwei wichtige Übergänge innerhalb der Davidischen Dynastie statt, deren zweiter in der Chro­nik wiederholt wird. In Esra gibt es zwar keinen Herr­scherwechsel, es handelt sich aber trotzdem um einen wichtigen Wendepunkt im Leben Israels: Hier werden die Wiedererrichtung des Tempels nach dem Exil, ebenso wie der Beginn des Konflikts zwischen den Judäern und deren Nachbarn, der daraus entstand, hervorgehoben. Es ist daher wahrscheinlich, dass dieses literarische Stilmittel und Motiv unter den Ver­­fas­sern des Alten Israel bekannt waren, die diese Texte schrieben bzw. herausgaben und dass sie es bewusst einsetzten, um die verschiedenen Umbrüche in der israelitischen Ge­schich­te hervorzuheben. Das trifft besonders auf die Texte in Sa­muel-Kö­ni­ge zu, die vier wichtige Übergänge in der Ge­schich­te Israels verknüpfen. Die Beispiele aus Esra und Genesis sind ein wenig anders, stammen jedoch aus verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Ver­fas­sern, deshalb müssen sie auch nicht zwingend bis ins Detail über­ einstimmen. Trotzdem markieren auch sie wichtige Übergänge in der Ge­schich­te Israels, nämlich den Umzug nach Ägypten, die Wiederherstellung des Tempels und einen Wan­ del in den Beziehungen zu den Nachbarn. An­gesichts dessen ist es bemerkenswert, dass der Chro­nist dieses Motiv aus 2. Könige 11 zwar übernimmt, die Er­zäh­lung von der Krö­nung aus 1. Kön 1,38–41 aber aus seiner Dar­­stel­lung von Sa­lo­mos Aufstieg auslässt. Setzt man die enge Verbindung des Motivs zu wichtigen Wendepunkten im Leben Israels voraus, so kann diese Auslassung auch als we­sent­licher Bestandteil der Bemühungen des Chro­­nis­ten um eine Glättung des Übergangs von David zu Sa­lo­mo interpretiert werden. Für den bzw. die Ver­fas­ser bzw. Herausgeber des Könige-Textes war Sa­lo­mos Krönung ein wich­tiger Umbruch, der mit dem Ende von Elis Hohe­priesterschaft – das den Weg sowohl für Samuel als auch später für die Monarchie ebnete – vergleichbar war und mit der Wiederherstellung der Davidischen Herrschaft, nach­dem Atalja die Königsfamilie bei­nahe ausgelöscht hatte. Für den Chro­nisten hingegen war Sa­lo­mos Krönung kaum ein einschneidender Umbruch: Es gab keine Gegner, denn alle Söhne Davids (inklusive Ado­ nia) und Beamten (inklusive Joab) unterstützten Sa­lo­mo bereitwillig (1. Chr 29,24). Sei­ne Thronbesteigung stand in vollkommener Kon­ti­nui­tät mit den vorhergehenden Er­eig­nis­ sen und war umfassend geplant und vorbereitet, so­wohl von Gott als auch von David.

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Kapitel XIII: Salomos Tempelbau und Gottes Anerkennung in der biblischen Geschichtsschreibung I Einleitung: Eine literarische Untersuchung Im Hinblick auf sein literarisches und kulturelles Erbe ist der Tempel, den König Sa­lo­mo in Jerusalem baute, mit Sicherheit das berühmteste Heiligtum des Alten Israel und im weiteren Sinne eines der bedeutendsten Bauwerke des Alten Orients. Er wird am ausführlichsten in den frühen und späten biblisch-historischen Texten, das heisst in den Büchern der Könige und der Chro­nik, beschrieben. Höchstwahrscheinlich diente dieser Tempel als Vorbild sowohl für die Beschreibung der reichen Ausstattung von Moses´ Zeltheiligtum in der Wüste, wie sie in Exodus 25–31 und 35–40 (Priesterschrift) zu finden ist, als auch für die Vision des zukünftigen Tempels, die in Ezechiel 40–48 dargestellt wird. Die Beschreibungen des Zeltheiligtums beeinflussten sogar die Art und Weise, wie der Tempel in der Chro­nik dargestellt wurde. Die Verwendung des Sa­lo­monischen Tem­ pels als Paradigma in den Büchern Exodus und Ezechiel, seine Historizität und Ähn­ lichkeit zu verschiedenen Tempeln im Alten Orient, die archäologisch erschlossen sind, wurden in der modernen Forschung von Generationen von Bibelwissenschaftlern, His­to­ ri­kern und Archäologen umfassend erforscht und können derzeit, falls überhaupt, durch so gut wie keine innovativen Informationen ergänzt werden.1 Da der Tempel in der Hebräischen Bibel selbst und in allen nachfolgenden Über­lie­fe­ run­gen als die wichtigste Errungenschaft König Sa­lo­mos angesehen wird, ist es fast un­ um­gänglich, dieses Thema in einem Sa­lo­mo gewidmeten Buch nicht zu behandeln. In diesem Kapitel soll nicht der Versuch unternommen werden, die Historizität einzel­ner De­tails in den bi­bli­schen Berichten zu bewerten. Stattdessen liegt der Schwerpunkt vor allem darauf, zu vergleichen, wie und warum die Bücher der Könige und der Chro­­nik je­weils Sa­lo­mos Tempelbau beschreiben in der ihr eigenen Weise. Das Kapitel bietet eine neue Er­k lärung, warum Gott David für untauglich erklärte, den Tempel zu bauen, und es 1 Siehe zum Beispiel die klassische Monographie von Wellhausen, Prolegomena zur Ge­schich­te Israels, S. 37–38; V. A . Hurowitz, „Yhwh’s Exalted House Revisited: New Comparative Light on the Bib­ li­cal Image of Solomon’s Temple“, in G. Galil et al. (Hgg.), The Ancient Near East in the 12th–10th Cen­turies BCE: Culture and His­to­ry, Proceedings of the International Conference held at the University of Haifa, 2–5 May, 2010, Alter Orient und Altes Testament 392 (Münster: Ugarit-Verlag, 2012), S. 229–239; W. Zwickel, Der Tempelkult in Kanaan und Israel: Studien zur Kultgeschichte Paläs­ti­nas von der Mittelbronzezeit bis zum Untergang, Forschungen zum Alten Testament 10 (Tü­bin­gen: Mohr Sie­beck, 1994); ders., Der salomonische Tempel, Kulturgeschichte der antiken Welt 83 (Mainz: Phi­ lipp von Zabern, 1999); ders., „Der Tempel Sa­lo­mos im Kontext der Ikonographie und der ar­chäo­­ lo­­g i­­schen Funde“, in Verheyden, The Figure of Solomon in Jewish, Christian and Islamic Tra­di­tion, S. 57–84, und die vielen Verweise auf frühere Forschungen, die dort aufgelistet sind. Zur Frage der His­to­ri­zität von Sa­lo­mos Tempel siehe auch Kapitel IV, § II, 1.

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präsen­tiert eine Begründung für den Ort, an dem Sa­lo­mo den Tempel errichtete, und für die Zu­stimmung Gottes dazu im Buch der Könige und in dessen jüngeren Parallelen in der Chro­nik. Es wird außerdem gezeigt, dass der modifizierte Bericht von Sa­lo­mos Tem­ pel in der Chro­nik der priesterschriftlichen Beschreibung des Zeltheiligtums von Mo­se und dem wieder aufgebauten Zweiten Tempel des Serubbabel folgt – dem Tempel, der zur Zeit des Chro­nisten stand.2 Auf diese Weise bietet dieses Kapitel zusätzliche Illustra­ tio­nen der literarischen und historiographischen Methoden des Chro­nisten. Aufbauend auf meine Untersuchungen der Bücher Samuel, Könige und Chro­nik, in denen jeweils ausführlichere Argumente und Verweise zu finden sind, sowie in Er­wei­te­ rung meiner bisherigen Forschung werden diese Fragen von komperativen und historiographischen Standpunkten aus beleuchtet. Gleichzeitig werden die mit ihnen verbundenen grundlegenden theologischen Konzepte in den Blick genommen. II David, Sa­lo­mo und die Erlaubnis zum Tempelbau Gemäß Nathans Prophezeiung in 2. Samuel 7 verlieh David seinem Wunsch Ausdruck, einen Tempel als bleibende Wohnstatt für den Herrn zu bauen, doch letzterer lehnte das Angebot ohne nähere Begründung ab. Er übertrug die Aufgabe auf Davids Nachfolger mit den Worten: „Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, werde ich nach dir deinen Nachkommen erstehen lassen, der aus deinem Leib kommt… Er wird meinem Namen ein Haus bauen“ (2. Sam 7,1–17, insb. 7,12–13). Der Ursprung und die Datierung der Prophezeiung Nathans sind weitgehend umstritten.3 Diese Diskussionen würden den Rahmen dieses Buches sprengen. Moshe Weinfeld bemerkt jedoch richtigerweise, dass das einzige nachweisbar deuteronomistische Element in Nathans Weissagung der Bezug auf den „Namen“ Gottes im Zusammenhang mit dem Tempel (2. Sam 7,13) ist.4 Der wahrscheinlichste terminus post quem der ältesten Fas­sung 2 Vor kurzem hat Matthew Lynch „The Temple and Divine Supremacy“ in der Chro­nik diskutiert (Lynch, Monotheism and Institutions in the Book of Chron­icles, S. 72–136, insb. 81–86, 105–130). Sein Schwerpunkt liegt jedoch darauf, wie der Tempel in der Chro­nik an der Einzigartigkeit und Vor­herr­schaft Gottes teilhat, und nicht darauf, wie der Chro­nist die Dar­stel­lung von Sa­lo­mos Tem­ pel­bau umformt, wie das im vorliegenden Buch der Fall ist. 3 Für eine Bibliographie siehe z. B. die Liste einiger Forscher in Veijola, Die ewige Dynastie, S. 68, Anm. 135, und den Überblick bei Oswald, Nathan der Prophet, S. 17–31. Jörg Jeremias kam bei­ spiels­wei­se kürzlich zu dem Schluss, dass Nathans Prophezeiung vermutlich im Kern auf einer al­ten Über­lie­ferung basiere, dass aber die früheste literarische Version des Textes aus der späten Königs­zeit stam­­me; siehe J. Jeremias, Theologie des Alten Testaments, Grundrisse zum Alten Testament 6 (Göt­ tin­­gen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), S. 120–122, anknüpfend an Pietsch, „Dieser ist der Sproß Da­vids…“, S. 15–53. 4 Vgl. z. B. Dtn 12,5.11.21; 14,23.24; 16,2.6.11; 26,2; 1. Kön 5,17.19; 8,16–20.29.44.49; Weinfeld, Deuteronomy and the Deuteronomic School, S. 15, Anm. 5, vgl. auch S. 23, 194, Anm. 1 und S. 325 im Anschluss an D. J. McCarthy, „II Samuel 7 and the Structure of the Deuteronomistic His­to­r y“, JBL 84 (1965), S. 131–138, insb. 132, 135–136. Die einzigen anderen Abschnitte, die mit Sicherheit Hinzufügungen zu dem Kapitel (aber nicht zu der Prophezeiung) sind, erscheinen in 2. Sam 7,22b– 24, einem Teil von Davids Gebet, der die deuteronomistischen Formulierungen ‫אין כמוך ואין אלהים‬ ‫( זולתך‬7,22), ‫( עמך ישראל‬7,23) ‫( הגדולה ונראות‬7,23), ‫( פדית לך‬7,23) und ‫( ואתה יהוה היית להם לאלהים‬7,24) ent­hält (vgl. Weinfeld, ebd., S. 37–38, Anm. 4, 326–329, 331, 350). Weniger eindeutig deutero­no­mis­

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des Textes ist die Zeit Sa­lo­mos, wobei Sa­lo­mo nicht genannt wird, auf den 2. Sam 7,12–15 aber eindeutig anspielt. Darüber hinaus wird die Prophezeiung in 1. Kön 5,19 als Hin­ weis auf ihn interpretiert. Aus einer historiographischen Perspektive gibt es für die Not­ wendigkeit, Gott um Erlaubnis für einen Tempelbau in 2 Samuel 7 zu bitten, in alt­­orien­­ talischen Quellen zahlreiche Parallelen, vor allem in mesopotamischen Texten. Auch die Zurückweisung einer solchen Bitte hat Vorläufer spätestens von „den Dynastien von Akkad und Ur III an und bis in die neubabylonische Zeit.“5 Nach 2. Samuel 7 kommt jedoch keine weitere Diskussion oder auch nur ein Hinweis auf den Tempel im gesamten Samuelbuch vor, abgesehen von dem hieros logos (ἰερὸς λόγος, „heilige Legende“ [oder heiliges Wort]) über den Altar, den David auf der Tenne des Je­ busiters Arauna/ Ornan baute, und durch den eine Seuche endete, die Israel befallen hatte (2. Sam 24,18–25). Darüber hinaus beauftragt David im sogenannten „Tes­ta­ment Davids“ (1. Kön 2,1–9) Sa­lo­mo mit verschiedenen Dingen, nicht jedoch mit dem Tem­­ pel­bau. Das überrascht besonders im deuteronomistischen Teil des Testaments (1. Kön 2,2–4), in dem durchaus die Anweisung zum Tempelbau erwartet werden könnte. In bei­den Fällen hatte der Deuteronomist die Möglichkeit, Hinweise auf den Tempel hin­­ zu­­zufügen, aber entschied sich, das nicht zu tun. Dies wird durch den Vergleich mit dem An­satz her­vorgehoben, den der Chro­nist einige Zeit später wählte, die Er­zäh­lung über die Volks­zählung um einen expliziten Bezug auf den Tempel mit den Worten zu er­gän­ zen: „Dies hier ist das Haus Gottes, des Herrn, und dies hier ist der Altar des Brand­opfers für Israel“ (1. Chr 22,1, Sondergut zu 2. Sam 24,25). Der Chro­nist fügt in seiner Ver­sion von Davids Tes­ta­ment auch den ausführlichen Auftrag an Sa­lo­mo hinzu, den Tem­pel zu bauen (vor allem 1. Chr 22,11; 28,10–19).6 Im Gegensatz dazu wird Nathans Prophezeiung in Sa­muel-Kö­ni­ge erst später aus­ drück­lich auf Sa­lo­mo hin gedeutet, und zwar in 1. Kön 5,17–19, „Und siehe, ich will ein Haus bauen dem Namen des Herrn, meines Gottes, wie der Herr zu David, meinem Vater, gesprochen hat, als er sprach: ‚Dein Sohn, den ich an deiner Stelle auf den Thron set­zen werde, er soll das Haus bauen für meinen Namen.‘“7 Hier erklärt der Ver­fas­ser, dass Da­ tisch sind der Bezug auf „meinen Knecht David“ (2. Sam 7,5; vgl. Jos 1,2.7; McCarthy, „II Sa­muel 7“, S. 132; Weinfeld, ebd., S. 194), das Hifil von ‫( נוח‬2. Sam 7,1.11; vgl. z. B. Dtn 3,20; 12,10; 25,19; Jos 1, 13.15; 21,44; 22,4; 23,1; 1. Kön 5,18; Weinfeld, ebd., S. 343) und ‫( להיות נגיד‬2. Sam 7,8; vgl. 2. Sam 5,2; 1. Kön 1,35; Weinfeld, ebd., S. 355, der bemerkt, dass die deuteronomistische Phrase, die zu erwarten wäre, ‫ ואתנך נגיד על עמי יׂשראל‬lauten würde; vgl. z. B. 1. Kön 14,7; 16,2), aber diese Stellen sind nicht sicher deuteronomistisch, und selbst wenn sie es wären, könnten sie doch nicht belegen, dass die gesamte Prophezeiung spät zu datieren ist. Abgesehen von 2. Sam 7,13.22b–24 ist Weinfeld da­her vermutlich darin recht zu geben, dass es sich um „eine alte prophetische Vision“ („an ancient pro­ phet­ic vision“) handelt (ebd., S. 23). 5 „[T]he Dynasties of Akkade and Ur III until the Neo-Babylonian period“; Hurowitz, I Have Built You an Exalted House: Temple Building in the Bible in Light of Mesopotamian and Northwest Semitic Writings, S. 163–167, insb. 164. 6 Siehe die ausführliche Diskussion in Kapitel XI, § § V, 2 und VI. 7 Vgl. 2. Sam 7,12–13, „Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, werde ich nach dir deinen Nachkommen erstehen lassen, der aus deinem Leib kommt, und ich werde sein Kö­nigtum festigen. Er wird meinem Namen ein Haus bauen“.

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vid den Tempel „wegen der Kriege, mit denen sie ihn umringten auf allen Seiten“ (1. Kön 5,17) nicht bauen konnte, wodurch ihm weder ausreichend Zeit noch Energie bzw. Res­ sour­cen blieben, um ein so großes Bauprojekt an die Hand zu nehmen. Diese Aus­sage steht offensichtlich in einem Gegensatz zu 2. Sam 7,1–2, wo deutlich formuliert wird: „Und es geschah, als der König in seinem Haus saß und der Herr ihm Ruhe gegeben hatte von allen seinen Feinden ringsumher, da sprach der König zu Nathan, dem Propheten: ‚Ich wohne in einem Haus aus Zedern, aber die Lade Gottes wohnt unter einer Zeltdecke.‘“ Es gibt jedoch eine Übereinstimmung zwischen 1. Kön 5,17 und 2. Sam 7,11, die bekräf­ tigt: „Ich werde dir Ruhe verschaffen vor allen deinen Feinden. Außerdem verkün­digt dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus machen wird“. Ähnliche Aussagen sind in 2. Sam 8,1–15; 10,1–11,1; 12,26–31 zu finden.8 Als der Chro­nist Nathans Prophezeiung in der Perserzeit neu erzählt (1. Chr 17,1–15), folgt er im Wesentlichen dem Inhalt seiner Vorlage, macht jedoch einige bedeutende Kor­ rek­turen. So streicht er beispielsweise die einleitende Aussage „der Herr hatte ihm Ruhe ge­geben vor allen seinen Feinden.“9 Erst später liefert der Chro­nist an zwei Stellen eine Er­k lärung dafür, warum David den ersehnten Tempel nicht bauen durfte: Und das Wort des Herrn erging an mich [i. e. David]: „Du hast Blut fließen lassen in Men­ge und hast große Kriege geführt; du sollst kein Haus bauen für meinen Namen, denn du hast vor mir viel Blut auf die Erde fließen lassen“ (1. Chr 22,8, siehe auch 1. Chr 28,3; beides Sondergut). Gemäß dem Chro­nisten war es also nicht nur eine unpassende Zeit, um einen Tempel zu bauen (1. Chr 22,9a); vielmehr disqualifizierte die Tatsache, dass David Blut vergossen hatte – ob gerechtfertigt oder ungerechtfertigt –, ihn als Bau­herrn des Tempels. Nach der Meinung des Chro­nisten befleckt Blutvergießen in jedem Fall – selbst in Kriegszeiten – die Person, die es verursacht hat. Daher konnte David, der für das Blutvergießen verantwortlich war, nicht der Erbauer des Tempels sein. Darüber hinaus hatte die jüdische Gemeinde von Jehud Medinta (der Provinz Juda) zur Zeit des Chro­nisten weder eine monarchische Regierung noch eine bedeutende Ar­ mee. In diesen fernen Tagen der Perserzeit musste man auf Gott vertrauen, nicht auf das Fleisch und Blut militärischer Schlagkraft. Da es keine Option mehr gab, Krieg zu führen, konnte man sich nur noch Gott unterwerfen, der bereits als ein Krieger (‫יהוה איש‬ ‫ ;מלחמה‬Ex 15,3; vgl. Jes 42,13) dargestellt wurde, der für Israel kämpft,10 „denn der Krieg ist des Herrn“ (‫ ;כי ליהוה המלחמה‬1. Sam 17,47)11, oder um den Chro­nisten selbst zu zitie 8 Zu dem Widerspruch zwischen 2. Sam 7,1 und den hier genannten anderen Texten siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 37. 9 Zu den Korrekturen, die der Chro­nist an Nathans Prophezeiung vorgenommen hat, siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 37, 87–88, 119–120, 124–125, 159–161, 214, 220–221, 225. 10 Siehe z. B. Exodus 14,14, ‫יהוה ילחם לכם‬, „der Herr wird für euch kämpfen“ (vgl. Dtn 3,22); Jos 10,14, ‫יהוה נלחם לישראל‬, „der Herr kämpfte für Israel“; Jos 23,10; Sach 14,3, ‫ויצא יהוה ונלחם בגוים ההם כיום‬ ‫הלחמו ביום קרב‬, „Dann wird der Herr ausziehen und gegen jene Völker kämpfen, wie er am Tag der Schlacht gekämpft hat.“ 11 Siehe auch Jesaja 42,13 und Ps 24,8. Zu der Möglichkeit, 1. Samuel 17 in die Zeit des Zweiten Tem­ pels zu datieren, siehe A. Rofé, „The Battle of David and Goliath: Folklore, Theology, Eschatology“,

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ren: „Der Krieg ist nicht eure Sache, sondern diejenige Gottes“ (‫;לא לכם המלחמה כי לאלהים‬ 2. Chr 20,15; Sondergut). Im Lichte dieser chronistischen Perspektive wundert es nicht, dass der Kriegsherr David wegen seiner Kriege vom Bau des Tempels ausgeschlossen wurde, während der „Mann der Ruhe/ des Friedens“ (‫ ;איש מנוחה‬1. Chr 22,9a), Sa­lo­mo, die Erlaubnis erhielt, ein „Haus der Ruhe (‫ )בית מנוחה‬für die Lade des Bundes des Herrn“ (1. Chr 28,2) zu errichten.12 Tatsächlich leitet der Chro­nist den Namen ‫ שלמה‬ebenfalls von ‫ שלום‬ab (1. Chr 22,9b): ‫„( כי שלמה יהיה שמו ושלום ושקט אתן על־ישראל בימיו‬denn Sa­lo­mo [Schlomo] soll sein Name sein, und Frieden [Schalom] und Ruhe werde ich Israel geben in seinen Tagen“).13 Krieg ist nichts Wünschenswertes und sollte Gott vorbehalten sein.14 Offensichtlich besteht jedoch ein Spannungsverhältnis zwischen dieser Theologie des Chro­nisten und seinen detaillierten Beschreibungen der militärischen Siege Davids über die feindlichen Nachbarvölker Israels (1. Chr 11,4–7.11–25 // 2­ . Sam 5,6–9; 23,8–23; 1. Chr 18,1–14 // ­2 . Sam 8,1–15), und sein Lob dieser Siege spiegelt sich in Aussagen wie folgender wider: ‫„( וילך דויד הלוך וגדול ויהוה צבאות עמו‬David wurde immer größer, denn der Herr der Heerscharen war mit ihm“, 1. Chr 11,9 // ­2 . Sam 5,10) und ‫ויצא שם־דויד בכל־‬ ‫„( הארצות ויהוה נתן את־פחדו על־כל־הגוים‬Und der Name Davids ging hinaus in alle Län­der, und der Herr legte Furcht vor ihm auf alle Völker“, 1. Chr 14,17, Zusatz zu 2. Sam 5,25).15 Der Chro­nist hegte offenbar Bewunderung für die glorreichen Siege Davids über die Fein­de Israels in der frühen Königszeit. Er entwickelte jedoch, gewissermaßen im selben Atem­zug, seine pragmatische Anti-Kriegs-Theologie vor dem Hintergrund der politischen Realität seiner eigenen Epoche, der Perserzeit. III Das Zusammenwirken himmlisch-irdischer Dimension und von Vater-Sohn Obwohl David gemäß 2. Sam 8,10c–12 eine immense Menge an Kriegsbeute „dem Herrn“ überliess und in 2. Sam 24,25 einen Altar am zukünftigen Standort des Tempels bau­­te, wird dort nichts weiter über seine Vorbereitungen für den Tempelbau gesagt. Im Ge­­gen­­satz dazu widmet der Chro­nist diesem Thema große Teile in mehreren Kapiteln. Da­durch entsteht ein Gleichgewicht zwischen den Taten Davids, des Vaters, und denen Sa­­lo­mos, seines Sohnes. Der Chro­nist schafft auch eine Balance zwischen himmli­schem und ir­di­schem Mitwirken bei der Errichtung des Tempels. Gemäß dem Chro­nisten erhielt Da­vid einen detaillierten Plan des Tempels und dessen Ausstattung, den der Herr selbst ge­schrieben hatte (1. Chr 28,11–19; Sondergut). Die irdische Durchführung des Bau­pro­jekts blieb jedoch Sache des Menschen, des Nachfolgers Davids. Auch wenn David ge­hin­­dert wurde, den eigentlichen Tempel selbst zu errichten, so tat er doch, was immer

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in J. Neusner, B. A . Levine und E. S. Frerichs (Hgg.), Judaic Perspectives on Ancient Israel (Philadel­ phia: Fortress, 1987), S. 117–151. Siehe auch 2. Chr 6,41 (‫ )קומה יהוה אלהים לנוחך‬// ­Ps 132,8 (‫ ;)קומה יהוה למנוחתך‬Jes 66,1, (‫אי־זה בית אשר‬ ‫)תבנו־לי ואי־זה מקום מנוחתי‬. Vgl. Ben Sira 47,13, der den Namen ‫ שלמה‬mit dem Substantiv ‫„( שלוה‬Gelassenheit“, „Ruhe“) verknüpft; siehe Kapitel VII, § I V, 3. Für eine ausführliche Diskussion dieses Themas siehe I. Kalimi, „Chron­icles“, in The Oxford En­cy­ clo­pedia of the Bible and Ethics (Oxford: Oxford University Press, 2014), Bd. 1, S. 86–94, insb. 92. Siehe auch 1. Chr 18,14 // ­2 . Sam 8,15.

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er konn­te, um an der Aufgabe teilzuhaben. So steuerte er nicht nur eine große Menge an Kriegs­beute bei (1. Chr 18,8b; Zusatz zu 2. Sam 8,8; 1. Chr 18,10–11 // ­2 . Sam 8,10–12), son­dern traf auch umfangreiche und bedeutende Vorbereitungen für den Bau. David sam­­ mel­te die nötigen Baumaterialien – wie Stein, Holz, Gold, Silber, Kupfer, Eisen usw. –, und organisierte das Tempelpersonal – dem Priester, Leviten, Sänger und Tor­hü­ter an­ge­ hörten –, das für die alltäglichen Abläufe im Tempel notwendig war (1. Chro­nik 22–29, Son­dergut). Außerdem beauftragte er explizit seinen Nachfolger, Sa­lo­mo, den Tem­pel zu bauen, und forderte seine Beamten und ganz Israel dazu auf, seinen jungen Sohn bei der Aus­füh­rung dieser nationalen Aufgabe zu unterstützen (1. Chr 22,16b–19; 28,21). Zu­ dem betont der Chro­nist an einigen Stellen, dass Sa­lo­mo von seinem Vater wie auch vom Herrn selbst dazu bestimmt wurde, dieses Vorhaben umzusetzen. In der Chro­nik begann Sa­lo­mo mit dem eigentlichen Bau des Tempels unmittelbar nach dem Tod seines Vaters und seiner Rückkehr aus Gibeon (2. Chr 1,18–5,1), während in Kö­nige von einigen Angelegenheiten berichtet wird, die zwischen diesen beiden Er­­eig­ nissen liegen (1. Kön 3,16–5,15).16 So stellt der Chro­nist klar, dass das Vorhaben des Tem­ pel­baus ohne den Beitrag beider Männer – Davids und Sa­lo­mos – nicht kurz nach Da­vids Tod so schnell und erfolgreich hätte abgeschlossen werden können. In der Tat ergänzten sich die Handlungen von Vater und Sohn.17 IV Der Ort des Tempelbaus in Sa­lo­mos Er­zäh­lungen Der Tempelbau steht sowohl im Deu­te­ro­no­mis­tischen als auch im Chro­nistischen Ge­ schichts­werk im Zentrum der Berichte über Sa­lo­mos Regierungszeit. Beide sehen die Errichtung des Tempels als die bedeutendste Errungenschaft Sa­lo­mos an. Beide platzieren sie an zentraler Stelle ihrer Er­zäh­lungen und beschreiben sie ausführlich. Der Tempel nimmt einen Großteil der Texte ein, die sich den 40 Jahren der Herrschaft Sa­lo­mos widmen (1. Kön 5,16–9,9 // 2­ . Chr 1,18–7,22). Beide Ge­schichts­­schrei­ber geben dem Wirken Sa­lo­mos in anderen wichtigen Bereichen, beispielsweise seinem internationalen Handel und seinen diplomatischen Beziehungen oder auch seinen wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften, im Verhältnis deutlich weniger Raum als den Vorbereitungen für den Bau, den Baumaßnahmen und der feierlichen Einweihung des Tempels. Das ist vor allem in der Chro­nik der Fall, wo das Tempelprojekt sogar eine noch wichtigere Position einnimmt als im Buch der Könige. Letzteres widmet dem Tempel weniger als die Hälfte des gesamten Berichts über Sa­lo­mo, während dieses Thema in der Chro­nik ganze zwei Drittel der Gesamtlänge einnimmt.18 Da der Tempelbau sieben Jahre dauerte (1. Kön 6,37–38), deckt der Chro­nist die restlichen 33 Jahre der Regierungszeit Sa­lo­mos 16 Siehe Kapitel XI, § V I. 17 Zu diesem Thema siehe H. G. M. Williamson, „The Accession of Solomon in the Books of Chron­­icles“, Studies in Persian Period His­to­ry and Historiography, Forschungen zum Alten Testament 38 (Tübin­ gen: Mohr Siebeck, 2004), S. 141–149; Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 13–16. 18 In 1. Könige befassen sich ungefähr 5 Kapitel (180 Verse; 1. Kön 5,16–9,9) von insgesamt 11 Kapi­ teln (428 Verse; 1. Kön 1,1–5,15; 9,10–11,43) mit dem Tempel. Das sind ungefähr 42 % des gesam­ten Be­richts über Sa­lo­mo. Der Chro­nist widmet jedoch 6 seiner 9 Kapitel über Sa­lo­mos Herrschaft dem Tem­pelbau (2. Chr 1,18–7,22), also 135 der insgesamt 201 Verse – ca. 67 %.

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mit nur drei Kapiteln ab – zusammen 66 Verse –, die so gut wie nichts über dessen persönliche Eigenschaften berichten und kein Beispiel seiner außergewöhnlichen Weisheit (z. B. die Ge­schich­te von den beiden Prostituierten) anführen.19 Der Ver­fas­ser bzw. He­ raus­geber des Deu­te­ro­no­mis­tischen Ge­schichts­werks wendet immerhin sechs Kapitel – zu­sam­men 248 Verse – für die restlichen 33 Jahre von Sa­lo­mos Herrschaft auf, das sind beinahe viermal so viele Verse wie in der Chro­nik.20 Zusätzlich beschreibt der Chro­nist die Vor­bereitungen für den Tempelbau im Rahmen der Ge­schich­te Davids, die sich über sieben Kapitel (1. Chr 21,24–30; 22,1–26,32; 28,1–29,25) erstreckt. Wie bereits beschrieben, um­fassten diese Vorbereitungen nicht nur die Sammlung von Baumaterialien und die Ver­tei­lung des zukünftigen Tempelpersonals, sondern auch die königliche Einsetzung und öf­fentliche Verkündigung des zukünftigen Tempelbauers, Sa­lo­mo. Alles in allem wid­met der Chro­nist dem Tempel ungefähr 13 Kapitel, insgesamt 332 Ver­se, während die Beschreibung des Zeltheiligtums in der Tora etwas umfangreicher ist: eben­falls etwa 13 Ka­pitel, aber 447 Verse. Die Schilderung des Tempels in Könige (un­ge­ fähr 5 Kapitel bzw. 180 Verse) und die Vision des Heiligtums bei Ezechiel (ungefähr 9 Ka­ pi­tel bzw. 212 Verse) sind hingegen wesentlich kürzer. Der Chro­nist widmet folglich dem Tem­pel etwa 75 % des Raums, den das Zeltheiligtum in der Tora einnimmt, beinahe doppelt so viel, wie demselben Thema in Könige dediziert wird, und 50 % mehr als Ezechiel. V Die Überarbeitung der Beschreibung von Sa­lo­mos Tempel nach den Vorbildern der Stiftshütte des Mose und des Tempels Serubbabels Im Licht des sehr starken Interesses des Chro­nisten an dem Heiligtum ist es überraschend, dass die Beschreibung des eigentlichen Tempelbaus in 2. Chro­nik beinahe zwei Drit­tel kürzer ist als der frühere Text in 1. Könige. Die Chro­nik beschreibt den Bau in nur 14 Versen (2. Chr 3,1–14), während Könige demselben Thema 38 Verse widmet (1. Kön 6,1–38). Wie ist das zu erklären? Einige Exegeten haben diese Tatsache als Beleg dafür genommen, dass die Vorlage des Chro­nisten kürzer gewesen sei als die heutige Version des Königebuches.21 Dieser Ansatz ignoriert jedoch nicht nur die allgemeinen Ten­denzen, wie die Chro­nik mit Sa­muel-Kö­ni­ge als Quelle umgeht, die ich bereits an anderer Stelle hervorgehoben habe, er übersieht auch die Art und Weise, in der die Aus­las­ sungen, Hinzufügungen und Abänderungen im Bericht des Chro­nisten über den Sa­lo­ monischen Tempel alle ein einheitliches Vorgehen widerspiegeln: Neben den drei großen Ab­schnitten 1. Kön 6,4–18.25–27a.28–38, die der Chro­nist nicht in sein Werk aufge19 Der Chro­nist lässt die Ge­schich­te in 1. Kön 3,16–28 weg, wie auch den Bericht über Sa­lo­mos Weis­ heit und seine intellektuelle Kreativität in 1. Kön 5,9–14. Hinsichtlich dieses Themas zitiert er nur die Er­zäh­lung von der Königin von Saba (2. Chr 9,1–12 // ­1. Kön 10,1–13). 20 Es ist bemerkenswert, dass die ersten beiden dieser sechs Kapitel, nämlich 1. Kön 1,1–2,46, Sa­lo­mos Thron­folge und die Konsolidierung seiner Herrschaft beschreiben, die nur wenige Jahre andauerten. 21 Siehe z. B. Auld, Kings without Privilege, S. 22–29, insb. 22–24; aktuell schließt sich ihm – mit einiger Vorsicht – D. M. Carr, The Formation of the Hebrew Bible: A New Reconstruction (Oxford: Oxford Uni­versity Press, 2011), S. 76–78, an, ignoriert jedoch grundlegende Untersuchungen zu den kom­po­ sitionellen Methoden der Chro­nik wie z. B. Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten; ders., The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles; siehe auch ders., „Kings with Privilege“, S. 498–517.

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nommen hat („Auslassungen“), fügt er seiner Vorlage auch einige kurze, aber bedeutsame Elemente hinzu: 2. Chr 2,3–8.12–13; 3,1.5–7.14 (Hinzufügungen); außerdem korrigiert er einige weitere bedeutsame Details der Vorlage. Die meisten dieser Auslassungen, Hinzufügungen und Abänderungen können so interpretiert werden, dass der Chro­nist einerseits die Beschreibung des Sa­lo­monischen Tempels in Einklang mit derjenigen des zeitgenössischen Tempels von Serubbabel und andererseits Beschreibungen der Stifts­ hütte des Mose abänderte. Betrachten wir diese Veränderungen nun ausführlich: 1. Der Ver­fas­ser bzw. Herausgeber von Könige beschreibt die Umstände, die Sa­lo­mo – und nicht seinen Vater David – zum Bauherrn des Tempels machten. In seiner Bot­schaft an Hiram, den König von Tyros, erklärt Sa­lo­mo, dass David wegen der Kriege, die er gegen seine Nachbarn führte, nicht in der Lage war, den ersehnten Tempel zu bauen. Nun jedoch, sagt Sa­lo­mo, „hat der Herr, mein Gott, mir Ruhe gegeben auf al­len Sei­ten, so dass da weder ein Widersacher ist noch ein schlimmes Geschick. Und siehe, ich will ein Haus bauen dem Namen des Herrn, meines Gottes“ (1. Kön 5,16–19). Da der Chro­nist dieses Thema bereits ausführlich aus verschiedenen Perspektiven be­­­han­delt hat (1. Chr 17,4– 6; 22,7–10 und 28,3 Sondergut),22 nimmt er diesen Text aus Könige nicht an der parallelen Stelle in seinem Werk auf. Stattdessen trägt Sa­lo­mo den Zweck des Tempelbaus vor und legt seine theologischen Konzepte von Gott, Tem­­pel und kultischer Anbetung über die Botschaft an den heidnischen König Hi­ram (in Chro­nik: Huram; 2. Chr 2,2– 9) dar. Er erklärt, dass das Haus nicht als Wohn­statt Gottes dient, sondern als Sitz seines Namens.23 Der Zweck des Tempels ist es, „wohl­riechendes Räucherwerk als Rauchopfer vor ihm darzubringen, und das stän­dige Schau­brot aufzulegen und morgens und abends Brandopfer darzubringen, an den Sab­ba­­ten und den Neumonden und an den Festen des Herrn, unseres Gottes“ (2. Chr 2,3, Zu­­satz zu 1. Kön 5,19). Der kultische Brauch, zweimal am Tag ein tāmîd-Brand­opfer dar­zu­bringen, wird im Priesterkodex (Ex 29,38–42; Lev 6,12–16; Num 28,3–8) be­schrie­ben, den die Exegeten üblicherweise auf die nachexilische Zeit datieren. In der Kö­nigs­zeit brachten die Israeliten das Brandopfer nur einmal am Tag – mor­gens – dar, wie 2. Kön 16,15 und Ez 46,13–15 zeigen.24 So schreibt dieser Ana­chro­nismus in der Chro­nik Sa­lo­mo eine kultische Vorstellung zu, die sowohl dem zeit­ge­nössischen Kult in der Zeit des Zweiten Tempels als auch der Überlieferung von der Stifts­hütte des Mose entsprach. 2. In ähnlicher Weise bezeichnet der Chro­nist den Tempel an einer späteren Stelle als „Haus des Opfers“ (‫ ;בית זבח‬2. Chr 7,12, Zusatz zu 1. Kön 9,3) – ein Ausdruck, der 22 Eine Diskussion dieses Themas findet sich in § I I. 23 Dieser Text ist eine Parallele zu 1. Kön 5,19a; vgl. auch 2. Chr 1,18. Dass der Tempel nur den Na­men Gottes beherbergt, ist eine weit verbreitete Vorstellung in der deuteronomistischen Theologie; siehe z. B. auch Dtn 12,5.11; 1. Kön 8,16 // ­2 . Chr 6,5–6; 1. Kön 9,3 // ­2 . Chr 7,16. In Jer 7,10.14 spricht der Prophet von ‫„( הבית אשר נקרא שמי עליו‬das Haus, über dem mein Name ausgerufen ist“). 24 Siehe auch 2. Könige 3,20. Dieselbe anachronistische Vorstellung erscheint auch in 1. Chr 16,40, wo der Chro­nist den Text von 2. Sam 6,13.17–18 ändert: Er schreibt, dass David Zadok, den Priester, an­w ies, „dem Herrn regelmäßig Brandopfer… darzubringen am Morgen und am Abend“, zweimal am Tag. Vgl. B. A . Levine, Numbers 21–36: A New Translation with Introduction and Commentary, Anchor Bible 4A (New York: Doubleday, 2000), S. 397–398.

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in der gesamten Hebräischen Bibel nur hier vorkommt.25 Genau das war der wichtigste Zweck der Stiftshütte, wie er in Leviticus 1–7; 23 und in Numeri 28–29 formuliert wird. Indem der Chro­nist diesen Bezug einfügt, versucht er, eine Kontinuität des Sa­lo­monischen Tempels zur Stiftshütte des Mose und zum Tempel seiner eigenen Zeit herzustellen, der letztlich genau denselben Zweck erfüllte (z. B. Esra 3,1–6; 6,3; Neh 10,33–34).26 Tatsächlich ist das „für ewig Israel auferlegt“ (‫;לעולם זאת על ישראל‬ 2. Chr 2,3) – zur Zeit des Mose und Sa­lo­mos ebenso wie zur Zeit des Chro­nisten. An dieser Stelle nutzt der Chro­nist die Gelegenheit, die Größe des Herrn und seines im Bau befindlichen Tempels zu rühmen: „Und das Haus, das ich bauen werde, ist groß, denn groß ist unser Gott über allen Göttern. Aber wer kann ihm ein Haus bauen? Denn der Himmel und die Himmel der Himmel können ihn nicht fassen. Und wer bin ich, ihm ein Haus zu bauen, außer [als einen Ort] um Rauchopfer vor ihm darzubringen?“ (2. Chr 2,4–5, Sondergut). Hier bekräftigt der Chro­nist die kultischen Funktionen des Tempels, die typisch sind für die Gesellschaften Israels und des Alten Orients. Zugleich weist er den in der Antike verbreiteten Glauben zurück, der Tempel sei der Wohnsitz eines Gottes oder einer Göttin (z. B. Ex 15,17).27 Diese theologische Ansicht ähnelt Ex 15,11 und Ps 86,8 und ist vermutlich von diesen Texten beeinflusst, in denen Poeten die Größe Gottes rühmen. Außerdem greift der Text eine Vorstellung aus 1. Kön 8,27 auf – eine Passage, die der Chro­nist in seinem Werk abgeschrieben hat: ‫כי האמנם ישב אלהים על־הארץ הנה השמים ושמי השמים לא יכלכלוך אף כי־הבית הזה אשר‬ ‫„( בניתי‬Aber wird Gott [2. Chr 6,18 fügt hinzu: „bei dem Menschen“] auf der Erde wohnen? Selbst der Himmel und die Himmel der Himmel können dich nicht fassen. Wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe“); der sogenannte Tritojesaja formuliert ähnlich: ‫כה אמר יהוה השמים כסאי והארץ הדם רגלי אי־זה בית אשר תבנו־לי ואי־זה מקום‬ ‫„( מנוחתי‬So spricht der Herr: Die Himmel sind mein Thron, und die Erde ist mein Fußschemel; wo wäre denn das Haus, das ihr für mich bauen könntet? Und wo wäre der Ort meiner Ruhe?“; Jes 66,1). 3. Wie bei der Stiftshütte in der Wüste, deren Pläne, Maße und Ausstattungsgegen­stän­ de Gott selbst detailliert vorgab (Exodus 25–30), so erhielt gemäß dem Chro­nisten auch David die detaillierten Pläne für den Sa­lo­monischen Tempel und seine Ausstat­ tung von Gott und gab sie an Sa­lo­mo weiter, wie bereits erwähnt (1. Chr 28,11–19). Ein solcher Anspruch wird in Sa­muel-Kö­ni­ge nicht erhoben; stattdessen benutzt der Chro­­nist dasselbe Wort ‫„( ַת ְבנִ ית‬Modell“, „Bild“, „Muster“) für den Plan des Tem­ pels (1. Chr 28,11.12.18.19), das auch in Ex 25,9 (zweimal) und in Ex 25,40 für die 25 Interessanterweise verwendet der Ver­fas­ser einer samaritanischen Inschrift auf dem Berg Garizim (Nr. 199) den entsprechenden aramäischen Ausdruck: ‫ ;בית דבחא‬siehe B. Becking, „Do the Earliest Sa­­mar­itan Inscriptions Already Indicate a Parting of the Ways?“, in O. Lipschitz, G. N. Knoppers, R. Al­bertz (Hgg.), Judah and the Judeans in the Fourth Century B.C.E. (Winona Lake, IN: Eisen­ brauns, 2007), S. 213–222, insb. 217, Nr. 2. 26 Vgl. R. W. Klein, 2 Chron­icles: A Commentary, Hermeneia (Minneapolis: Fortress, 2012), S. 33–34. 27 Zu diesem Vers und seinem Verhältnis zu Sa­lo­mos Tempel siehe N. M. Sarna, Exploring Exodus: The Heritage of Biblical Israel (New York: Schocken, 1986), S. 100–101.

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Stifts­hütte gebraucht wird.28 Der Begriff wird in der gesamten Hebräischen Bibel spe­ ziell nur in diesen beiden Kontexten für den Plan der Stiftshütte oder des Tempels gebraucht.29 Darüber hinaus verwenden 2. Chr 2,12 und Ex 31,4; 35,32.33.35 beide dasselbe Wort ‫„( מחשבת‬Vorhaben“, „Plan“). 4. Die Beschreibung der Fähigkeiten, die dem erfahrenen Handwerker in 2. Chr 2,6 zu­ geschrieben werden, stimmt mit der Auflistung überein, die in Ex 31,2–5 (vgl. auch 35,30–35) von den Fähigkeiten von Bezalel, Sohn des Uri, Sohn des Hur gegeben wird, dem obersten Handwerker, der, mit göttlicher Weisheit ausgestattet, Moses Stiftshütte errichtete. Der Chro­nist legte diese Worte über Bezalel aus der Tora König Hiram von Tyros – in chiastischer Reihenfolge – in den Mund, der so die Fähigkeiten von Huram-Abi beschreibt:30 Exodus 31,2–5 ‫בצלאל בן־אורי בן־חור למטה יהודה‬ ‫ואמלא אתו רוח אלהים‬ ‫לחשב מחשבת‬ ‫ובנחשת ובחרשת אבן למלאת ובחרשת עץ‬ ‫לעשות בכל־מלאכה‬ Siehe, ich habe mit Namen berufen Bezalel, Sohn des Uri, Sohn des Hur, aus dem Stamm Juda. Und ich habe ihn mit dem Geist Gottes erfüllt, mit Kunstfertigkeit, Einsicht und Können in jeglicher Arbeit, um Entwürfe zu ersinnen, um in Gold, Silber und Bronze zu arbeiten und um Steine zum Einsetzen zu schneiden und um Holz zu schnitzen, damit er in jedem Handwerk arbeiten kann.a

2. Chro­nik 2,12–13 ‫לחורם אבי בן־אשה מן־בנות דן ואביו איש־צרי‬ ‫יודע לעשות בזהב־ובכסף בנחשת‬ …‫בברזל באבנים ובעצים‬ ‫ולחשב כל־ מחשבת אשר ינתן־לו‬

Nun sende ich dir einen kunstfertigen und einsichtsvollen Mann, Huram-Abi, den Sohn einer danitischen Fraub, und sein Vater war ein Tyrer; er versteht es zu arbeiten in Gold und Silber, Bronze, Eisen, Stein und Holz… und jeden Entwurf zu ersinnen, der ihm aufgegeben wird.

a Man beachte, dass Sa­lo­mos Brief an Hiram folgendermaßen lautet (2. Chr 2,6): „Nun sende mir einen kunst­fertigen Mann in der Bearbeitung von Gold… rotem Purpur, Karmesin und blauem Purpur.“ Hi­rams Antwort an Sa­lo­mo (2,12–13) lautet in chiastischer Reihenfolge: „Nun sende ich dir einen kunstfer­ti­gen Mann…, der zu arbeiten versteht in Gold… rotem Purpur, blauem Purpur, feinem Leinen und Karmesin.“

28 Vgl. H. G. M. Williamson, „The Temple in the Books of Chron­icles“, Studies in Persian Period His­ to­ry and Historiography, Forschungen zum Alten Testament 38 (Tübingen: Mohr Siebeck, 2004), S. 150–161, insb. 157–158. 29 ‫ ַת ְבנִ ית‬kommt jedoch noch an anderen Stellen vor und bezieht sich dort auf das Modell des Altars für Gott in Jos 22,28, auf das Vorbild des Altars von Tiglath-Pileser, den Ahas nachbaute (2. Kön 16,10), den ‫( היכל‬in diesem Kontext „Palast“) in Ps 144,12; an anderen Stellen bezeichnet das Wort Kultbilder oder andere Abbilder. 30 Zu der Methode der Ge­schichts­­schrei­ber, ihre eigenen Ansichten durch eine Rede, ein Gebet oder einen Brief auszudrücken, siehe Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 182–183.

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b Über den Wechsel von “Hiram” in Könige zu “Huram-Abi” in 2. Chr 2,13–14 (2,14–15), und über die Zu­ schreibung von Huram-Abis Mutter an Dan und nicht an Naphtali wie in 1. Kön 7,13–14, siehe die wert­ vollen Erkenntnisse von Williamson, “The Temple in the Books of Chron­icles,” Studies in Persian Period His­to­ry and Historiography, S. 158. Beachte, dass einige ‫ חורם אבי‬mit “meine Meisterin Huram” übersetzen.

Das bedeutet, dass das künstlerische Werk, das Huram-Abi an Sa­lo­mos Tempel vollbrachte, demjenigen ähnelte und entsprach, das Bezalel an der Stiftshütte des Mose geschaffen hatte.31 5. Der Chro­nist nimmt den Text von 1. Kön 6,31–32 nicht auf, der die Türen beschreibt, die den Hauptraum des Tempels von dem eingebauten Schrein, dem „Allerheiligsten“ (‫)דביר‬, trennten. Stattdessen fügt er – anachronistisch – die Angabe hinzu, dass Sa­lo­ mos Tempel einen Schleier bzw. Vorhang (‫ ;פרכת‬2. Chr 3,14) hatte, der den Haupt­ raum vom „Allerheiligsten“ trennte. Das spiegelt einerseits die Beschreibung der Tora von der Stiftshütte (Ex 26,31–33; 36,35) wider und andererseits die tatsächlichen Ge­ ge­­ben­heiten im Zweiten Tempel.32 So stellt der Chro­nist eine Kontinuität und Be­stän­ dig­keit zwischen den israelitischen Heiligtümern aller Zeiten her und legt nahe, dass alle einen Vorhang hatten: die Stiftshütte in der Zeit der Wüstenwanderung, der Erste Tem­pel während der Königszeit und der Zweite Tempel in seiner eigenen Epoche, der Perserzeit. Es ist jedoch anzumerken, dass der Chro­nist an einer späteren Stelle, aus welchem Grund auch immer, doch noch einen Hinweis auf die eben erwähnten Türen aus seiner Vorlage übernimmt: Ähnlich dem Bericht aus 1. Kön 7,50b, ‫והפתות לדלתות הבית‬ ‫„( הפנימי לקדש הקדשים לדלתי הבית להיכל זהב‬und die Angeln für die Türen des inneren Hauses, des Allerheiligsten und für die Türen des Tempelhauses waren aus Gold“), schreibt der Chro­nist in 2. Chr 4,22b: ‫ופתח הבית דלתותיו הפנימיות לקדש הקדשים ודלתי‬ ‫„( הבית להיכל זהב‬und der Eingang des Hauses, die inneren Türen des Allerheiligsten und die Türen des Tempelhauses waren aus Gold“). Daher gehen einige Exegeten wie bei­spielsweise Immanuel Benzinger, Wilhelm Rudolph und Rudolph Mosis davon aus, dass 2. Chr 4,22b die sekundäre Hinzufügung eines „Zweiten Chro­nisten“33 sei, sie erklären aber nicht, warum der hypothetische „Zweite Chro­nist“ an dieser Stelle eine so widersprüchliche Phrase hätte einfügen sollen. Wie ich bereits an anderer Stel­le ausführlich dargelegt habe, ging der Chro­nist bei seiner Umformung der Ge­schich­­te des Alten Israel in gewisser Hinsicht nicht so systematisch vor, wie westliche For­scher es erwarten würden, die vom griechisch-römischen Bedürfnis nach vollkommener Konsistenz geprägt sind.34 6. Der genaue Standort des Tempels in Jerusalem wird in 1. Kön 6 nicht genannt. Der Chro­nist fügt den Ort hinzu und identifiziert ihn mit der Stelle, an der Isaak 31 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 218, 219–220, 335–336. 32 Siehe 1. Makk 1,22; 4,51; Flavius Josephus, Der Jüdische Krieg 5, 5,5–6; Mischna, Joma 5,1; Mt 27,51 // ­ Lk 23,45; Mk 15,38 und die ausführliche Diskussion mit Verweisen auf Primär- und Se­kun­där­quel­ len bei Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 335–336. 33 Siehe Benzinger, Die Bücher der Chro­nik: Erklärt, S. 88–89; Rudolph, Chro­nikbücher, S. 205; Mosis, Un­tersuchungen zur Theologie des chronistischen Ge­schichts­werkes, S. 137, Anm. 38. 34 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 327–330.

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ge­op­fert werden sollte (Gen 22,2) und an der David seinen Altar errichtete (2. Sam 24,25 // ­1. Chr 21,26–22,1): „Dann begann Sa­lo­mo, das Haus des Herrn zu bauen in Je­rusalem, auf dem Berg Morija, wo der Herr David, seinem Vater, erschienen war, an dem Ort, den David vorbereitet hatte, auf der Tenne von Ornan, dem Jebusiter“ (2. Chr 3,1). Vermutlich war es das Ziel des Chro­nisten, dem Sa­lo­monischen Tempel ein besonderes Alter und spezielle Heiligkeit zu verleihen, um den Tempel seiner eige­ nen Zeit aufzuwerten, der an demselben Ort gebaut worden war. Darüber hinaus setzt er sich hier möglicherweise mit den Samaritanern bezüglich der Frage nach dem höheren Alter und der größeren Heiligkeit des Tempelberges in Jerusalem – des Ber­ges Morija – gegenüber dem Berg Garizim auseinander.35 7. Gemäß 1. Könige 5,23 kam König Hiram von Tyros Sa­lo­mos Bitte nach und lieferte ihm Zedern- und Zypressenholz für den Bau des Tempels in Jerusalem. Er sagte Sa­lo­ mo, dass er die Bäume über den Seeweg von Phönizien ins Land Israel transportieren lassen würde: „Ich werde auf dem Meer Flöße aus ihnen [den Baumstämmen] machen und sie an den Ort bringen lassen, den du bestimmst. Ich werde sie dort auseinan­der­ nehmen lassen, und du kannst sie abholen lassen.“ In diesem Text wird kein Name eines bestimmten Hafens an der Küste Israels genannt, wo die Bäume abgeladen werden sollten. Der Chro­nist hat jedoch einen Ortsnamen eingefügt: Das Holz wird „auf dem Meer nach Jafo“ (2. Chr 2,15) gebracht, offenbar in Anklang an die Textstelle in Esra 3,7, die die Vorbereitungen für den Bau des Tempels von Serubbabel beschreibt.36 Außerdem berichtet 1. Kön 5,24–25, dass Sa­lo­mo im Austausch für das Bauholz, das Hiram ihm lieferte, diesem „Weizen als Nahrung für seinen Haushalt und… Öl“ gab.37 Der Chro­nist erweiterte die Liste landwirtschaftlicher Produkte, die Sa­lo­mo an Hiram lieferte, und fügte „Wein“ (‫ ;יין‬2. Chr 2,9.14)38 hinzu, vermutlich ebenfalls auf 35 An anderer Stelle habe ich dieses Thema bereits ausführlich diskutiert; siehe I. Kalimi, „The Land of Moriah, Mount Moriah and the Site of Solomon’s Temple in Biblical Historiography“, HTR 83 (1990), S. 345–362 (eine überarbeitete Version des Aufsatzes ist in meinem Buch Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theologie, S. 27–55, zu finden). 36 Die Hinzufügung der Ortsangabe an dieser Stelle war nicht nur eine technische Vervollständi­ gung, die dadurch entstand, dass eine Er­zäh­lung an den ähnlichen Kontext einer anderen Schrift an­geglichen wurde. Es ist durchaus sinnvoll, anzunehmen, dass sie auf die geographische Nähe des Ha­fens von Jafo zu Jerusalem zurückgeht; der Hafen liegt immerhin näher als jeder andere an der Küste Israels. Es ist auch möglich, dass diese Korrektur einen gewissen Anachronismus beinhaltet, der die geopolitische Realität zur Zeit des Chro­nisten (ca. 400–375 v. u. Z.) widerspiegelt, da Jafo in der Perserzeit von Sidon kontrolliert wurde. Siehe ausführlich Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­­nisten, S. 74–75. 37 Das ähnelt den Angaben des ägyptischen Beamten Wenamun (ca. 1100 v. u. Z.), der berichtet, dass Tjeker-baal, der Herr­scher von Byblos, als Wenamun ihn um Zedernholz für die Barke Amuns bat, aus seinem Hofarchiv die Schriftrollen holte, in denen die Bezahlungen und Geschenke aufgelistet waren, die ägyptische Könige seinen Vorfahren im Austausch für phönizisches Zedernholz und andere Waren gegeben hatten; siehe G. Moers, „Die Reiseerzählung des Wenamun“, in Kaiser, TUAT, Bd. 3, S. 912–921, insb. 915–917. 38 Der Chro­nist wiederholt die Liste der gelieferten Güter auch in 2. Chr 2,14, und zwar in chiastischer Anordnung: „Und nun: Den Weizen und die Gerste, das Öl und den Wein, von denen mein Herr gesprochen hat – er möge das seinen Knechten senden.“

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der Grundlage der Er­zäh­lung von der Errichtung des Tempels Serubbabels in Esra 3,7 (‫)משתה‬:39 1. Könige 5,22–25 Ich werde alle deine Wün­sche nach Zedern- und Zy­pres­sen­ holz erfüllen. Meine Diener wer­den es aus dem Libanon hi­nunter zum Meer bringen, und ich werde daraus Flöße machen und sie auf dem Meer an den Ort bringen lassen, den du mir nennen wirst. Ich werde sie dort auseinan­ der­nehmen lassen, damit du sie holen kannst… So gab Hi­ ram Sa­lo­mo Zedernholz und Zy­pressenholz… und Sa­lo­mo gab Hiram… Weizen als Nah­ rung für seinen Haushalt und… gestoßenes Öl.

2. Chro­nik 2,9.15 Ich werde deinen Knechten… ge­schlagenen Weizen… Gerste… Wein… und Öl… ge­ben. Wir werden das Holz hauen auf dem Libanon, und wer­den es auf Flößen übers Meer nach Jafo bringen. Von da musst du es hinauf nach Je­ru­salem schaffen.

Esra 3,7 Und sie gaben den Stein­ hauern und den Zim­mer­leu­ ten Geld; und Nahrung, Ge­ tränk und Öl gaben sie den Si­doniern und den Tyrern, da­mit sie Zedernbäume aus dem Libanon zum Meer, nach Jafo brachten, gemäß der Vollmacht, die Kyros, der König von Persien, ihnen ge­geben hatte.

Diese Hinzufügungen und Veränderungen in 2. Chr 2,9.14–15 verstärken die Ana­ lo­gie zwischen den Texten in Bezug auf die Vorbereitungen für die Errichtung des Sa­­lo­­mo­nischen Tempels und für den Bau von Serubbabels Tempel. Das bedeutet, dass das, was später bei dem Bau des Zweiten Tempels geschah, sich bereits früher so bei der Errichtung des Ersten Tempels zugetragen hatte.40 39 Manchmal wird das Wort ‫ יין‬gemeinsam mit ‫ משתה‬genannt; siehe Jes 5,12; Dan 1,5.8.16; Est 5,6; 7,2.7.8. Auf der Grundlage der LXX-Version des Königebuches schlägt Williamson vor, dass „der Chro­nist an diesem Punkt möglicherweise einer anderen Vorlage folgte“ („the Chron­icler may have been following a different Vorlage at this point“; siehe Williamson, 1 and 2 Chron­icles, S. 200). Da jedoch die LXX an dieser Stelle weder den „Wein“ noch die „Gerste“ nennt, die im MT der Chro­nik stehen, scheint die gleichlautende Mengenangabe für das Öl in der LXX-Übersetzung von Könige und im MT der Chro­nik keine ausreichende Basis für eine solche Schlussfolgerung zu sein. 40 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 59–60, 74–75, siehe auch 220, 316. William­ son vertritt die gegenteilige Ansicht, dass 2. Chr 2,9.14–15 von dem Autor der Stelle Esra 3,7 als Vor­ la­ge benutzt wurde; siehe H. G. M. Williamson, „The Composition of Ezra 1–6“, Studies in Persian Period His­to­ry and Historiography, S. 244–270, insb. 265. Ich bin jedoch überzeugt, dass Esra und Nehe­mia kompiliert und angeordnet wurden, bevor die Chro­nik entstand, und dass der Ver­fas­ser der Chro­­nik Esra und Nehemia als Vorlagen heranzog; siehe ausführlich Kalimi, ebd., S. 7–9. Zur Un­ter­stützung dieser Annahme kann angeführt werden, dass es plausibler ist, anzunehmen, der Chro­nist habe den weniger gebräuchlichen Begriff ‫( מׁשתה‬der 46 Mal in der Hebräischen Bibel vorkommt) durch den verbreiteteren Terminus ‫( יין‬114 Nennungen in der Hebräischen Bibel) ersetzt als andersherum.

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8. Der Chro­nist verändert seine Vorlage im Hinblick auf die Cherubim, die in 1. Kön 6,23–29 erwähnt werden. Seine Beschreibung der Cherubim in 2. Chr 3,10–13 ist im Vergleich zum Könige-Text deutlich gekürzt. Vor allem die Größe ihrer Flü­gel (1. Kön 6,24–25.27) ändert er gemäß dem literarischen Muster „generell – speziell – generell“, einem typischen Merkmal seines Schreibstils.41 Möglicherweise erschien es dem Chro­nisten unnötig, jedes Detail der Kapporet und der Cherubim aus Kö­nige zu übernehmen, da beide in der Zweiten Tempel-Zeit nicht existierten. Die For­mu­ lierung ‫„( בית הכפרת‬der Raum der/ mit der Kapporet“) in 1. Chr 28,11, die der Chro­ nist zutreffenderweise für den Hauptraum des Sa­lo­monischen Tempels be­nutzt, bezieht sich nicht auf den Inhalt des Raums im Tempel aus der Zeit des Chro­­nisten, wie Ralph W. Klein annimmt.42 Stattdessen versuchte der Chro­nist mög­licherweise, mit diesem Wort eine Verbindung zwischen Sa­lo­mos Tempel und Moses Stifts­hütte herzustellen;43 oder denkbar wäre auch, dass ‫ בית הכפרת‬nur eine text­liche Ab­wandlung von ‫„( בית הפרכת‬der Raum hinter dem Vorhang“) ist, was das Aller­hei­ligste meint (vgl. Ex 26,33; Lev 16,2; Ben Sira 50,5). Eine solche unabsichtliche Buchstaben-Metathese ist in der Überlieferung der Hebräischen Bibel nicht selten.44 9. Im Hauptraum des Zweiten Tempels stand die Bundeslade nicht mehr.45 Demzufol­ ge ließ der Chro­nist in 2. Chr 3,8 die Informationen über die Lade weg, die gemäß 1. Kön 6,19b im Hauptraum stand: „Und das Heiligtum bereitete er im Inneren des Hauses vor, um dort die Bundeslade des Herrn aufzustellen.“ In der Parallelstelle 2. Chr 3,8 schreibt er: „Und er machte das Haus des Allerheiligsten, seine Länge war…“. Höchstwahrscheinlich konnte der Chro­nist den heiligsten Gegenstand des Tempels – die Bundeslade – nicht völlig ignorieren, wollte jedoch gleichzeitig auch nicht alle Details dieses Gegenstandes nennen, der im Tempel seiner Zeit nicht mehr vorhanden war. Alle Details der Lade zu beschreiben, hätte ihr Fehlen im Tempel nur noch stärker hervorgehoben. Daher hielt der Chro­nist ihre Erwähnung in seinem Werk einfach so kurz wie möglich. 10. Um den scharfen Kontrast zwischen dem armselig gebauten Zweiten Tempel und dem prächtigen, luxuriösen Gebäude des Ersten bzw. Sa­lo­monischen Tempels (Hag 2, 1–9; Esra 3,12–13) zu vermeiden,46 lässt der Chro­nist einige Beschreibungen aus seiner Vorlage aus. Beispielsweise berücksichtigt er nicht die Texte in 1. Kön 6,4–10.14– 18.28–30, die den Reichtum von Sa­lo­mos Tempel mit Gold und Zedern- bzw. Zy­ pres­sen­holz sowie die anspruchsvolle Bauart seiner Wände und Fenster beschreibt. Abgesehen von der Fülle an Gold waren diese Elemente auch nicht in der Stiftshütte

41 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 317–318. 42 Siehe Klein, 1 Chron­icles: A Commentary, S. 525. 43 Vgl. Dirksen, 1 Chron­icles, S. 339. 44 Für eine Diskussion des Phänomens und Beispiele siehe Kalimi, Metathesis in the Hebrew Bible, insb. S. 23–27. 45 Siehe Kalimi, Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theologie, S. 51–52; ders., Fighting Over the Bible, S. 191, 208–211. 46 Siehe ausführlich Kalimi, Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theologie, S. 49–50.

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des Mose vorhanden. Daher steht die Tatsache, dass sie weggelassen werden, im Einklang mit dem Fokus des Chro­nisten auf der Kontinuität dieser drei Heiligtümer. 11. Der Chro­nist klammert den Text von 1. Kön 6,7 aus, „Und als das Haus gebaut wurde, wurde es aus Steinen gebaut, die bearbeitet wurden, bevor sie dorthin gebracht wurden, so dass weder Hammer noch Meißel noch irgendein Werkzeug aus Eisen in dem Haus gehört wurden, während es gebaut wurde.“ Wenn er diesen Text in seinem Buch zi­tie­ren würde, würde dies seinen eigenen Anmerkungen über die Ansammlung von Eisen und Nägeln für den Tempelbau widersprechen, wie sie an Stellen wie beispiels­ wei­se in 1. Chr 22,2–3 zu finden sind: „Und David stellte Eisen in großer Menge bereit für die Nägel für die Torflügel und für die Klammern und so viel Bronze, dass es nicht zu wiegen war“ (siehe auch 2. Chr 3,9). Außerdem wird gemäß 2. Chr 2,12–13 Hu­ ram-Abi erwähnt, der daran arbeitete, verschiedene Dinge für Sa­lo­mos Tempel zu ent­ werfen, und der auch versiert war im Umgang mit Eisen. Dies erscheint jedoch nicht im Paralleltext in Ex 31,2–5, der die Fähigkeiten von Bezalel beschreibt (siehe § V, 4). 12. Die Errichtung von Sa­lo­mos Palast dauerte 13 Jahre, annähernd doppelt so lang wie die sieben Jahre des Tempelbaus (1. Kön 6,38; 7,1). Das wirft jedoch einen Schatten auf die zentrale Bedeutung des Tempels im Vergleich zu Sa­lo­mos anderen Bauprojekten – ein Thema, das der Chro­nist höchstwahrscheinlich vermeiden wollte. Obwohl er den Palast Sa­lo­mos erwähnt (2. Chr 7,11; 8,1 // ­1. Kön 9,1.10; „Libanonwaldhaus“, 2. Chr 9,16.20 // ­1. Kön 10,17.21), verzichtet er aber auf eine ausführliche Dar­stel­lung der 13 Jahre, die der Bau dauerte (1. Kön 7,1–12), um die sieben Jahre hervorzuheben, die für den Tempelbau benötigt wurden. Letztlich wurde der Zweite Tempel in Jehud Medinta in Kontinuität zum Ersten Tempel und seinem Kult gesehen, der königliche Palast jedoch existierte zur Zeit des Chro­nisten nicht mehr, obwohl immer noch Nachkommen von David – wie zum Beispiel Anani (1. Chr 3,24) – lebten und sogar wichtige Ämter bekleideten.47Alles in allem ist es unzutreffend, festzustellen, dass „mit Sicherheit höchstens gesagt werden kann, dass die Details des Tempelbaus, die weggelassen wurden, die den Chro­nisten aus irgendeinem Grund nicht interessieren.“48 Der Chro­nist hatte offensichtlich ein sehr großes Interesse am Tempel, dem er enor­me Aufmerksamkeit widmet. Die Auslassungen wie auch die Hinzufügungen und Ab­ än­derungen dienen dazu, die Berichte über den Sa­lo­monischen Tempel in Ein­­klang zu bringen mit jenen über die Stiftshütte des Mose in der Tora und über Serubbabels Tem­pel in der Perserzeit. Auf diese Weise erhöht er zugleich die Heiligkeit und das Alter des Heiligtums seiner eigenen Epoche. In zwei Fällen stand er jedoch vor schwierigen Entscheidungen, nämlich bezüglich der Erwähnung der Cherubim und der Bun­deslade (siehe Nr. 8 und 9). Beide werden in den Berichten über die Stifts­hüt­ te des Mose ausführlich beschrieben und standen im Sa­lo­monischen Tempel, fehlten je­doch im Zweiten Tempel. Er konnte diese wichtigen Kultgegenstände des Tempels nicht völlig ignorieren, spielte jedoch ihre Bedeutung herunter, um diesen Bruch in 47 Siehe Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 186, 189–190. 48 „The most that can be said for certain is that the omitted details of the Temple building lie somehow outside of [the] Chr[onicler]’s interests“; S. L . McKenzie, The Chron­icler’s Use of the Deuteronomistic His­to­ ry, Harvard Semitic Monographs 33 (Atlanta, GA: Scholars Press, 1985), S. 85 (Hervorhebung I. K.).

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der Kontinuität zwischen den drei Heiligtümern nicht zu sehr hervorzuheben. Dabei handelt es sich weder um zufällige Auslassungen in der Chro­nik noch um späte Hin­ zu­fü­g ungen zu Könige; vielmehr spiegelt dieses Vorgehen ein konsistentes theologisches Konzept des Chro­nisten vor dem historischen Hintergrund seiner eigenen Zeit, der Zeit des Zweiten Tempels.49 VI Gottes Zustimmung zum Tempel und dessen ewiger Fortbestand 1 Gottes Zustimmung zum Tempel Bevor die Stiftshütte in der Wüste gebaut wurde, wohnte „die Herrlichkeit des Herrn“ auf dem Berg Sinai, und von dort rief Gott Mose und sprach zu ihm: „Die Herrlichkeit des Herrn ließ sich nieder auf dem Berg Sinai, und die Wolke bedeckte ihn sechs Tage lang; am siebten Tag rief er Mose aus der Wolke heraus“ (‫וישכן כבוד־יהוה על־הר סיני ויכסהו הענן‬ ‫ ;ששת ימים ויקרא אל־משה ביום השביעי מתוך הענן‬Ex 24,16). 50 Als die Stiftshütte fertiggestellt war, „be­deckte die Wolke das Zelt der Begegnung, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Stifts­hütte“ (‫ ;ויכס הענן את־אהל מועד וכבוד יהוה ָמלֵ א את־המשכן‬Ex 40,34), und von dort aus rief der Herr „Mose und redete zu ihm aus dem Zelt der Begegnung und sprach…“ (‫ ;ויקרא אל־משה וידבר יהוה אליו מאהל מועד לאמר‬Lev 1,1). Und als der Tempel gebaut war, „da erfüllte eine Wolke das Haus des Herrn“, und „die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn“, wie es in 1. Kön 8,10–11 dargestellt wird. Tatsächlich beschreibt dieser Text in Könige ein unzweifelhaftes Zeichen für Gottes Annahme von und Zustimmung zu Sa­lo­mos Tempel: ‫יהוה את בית יהוה‬. ‫והענן ָמלֵ א את בית יהוה ולא יכלו הכהנים לעמוד לשרת מפני הענן כי ָמלֵ א כבוד‬ Und die Wolke erfüllte das Haus des Herrn und die Priester konnten nicht herankom­ men, um Dienst zu tun wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn hatte das Haus des Herrn ausgefüllt.“

Diese Beschreibung der Theophanie ähnelt besonders derjenigen, von der in Ex 40,33b– 35 berichtet wird – also der Annahme Gottes von und seiner Zustimmung zur Stiftshütte des Mose: ‫ ולא יכל משה לבוא אל‬.‫ ויכס הענן את אהל מועד וכבוד יהוה ָמלֵ א את המשכן‬.‫ויכל משה את המלאכה‬ .‫אהל מועד כי שכן עליו הענן וכבוד יהוה ָמלֵ א את המשכן‬ So vollendete Mose die Arbeit. Dann bedeckte die Wolke das Zelt der Begegnung, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Stiftshütte. Und Mose konnte nicht hineingehen in das Zelt der Begegnung, denn die Wolke hatte sich darauf niedergelassen, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte die Stiftshütte. 49 Zu anderen theologisch motivierten Auslassungen, vor allem im Hinblick auf Sa­lo­mos Sünden in 1. Könige, siehe § V I, 2. 50 Zur „Herrlichkeit“ (‫ )כבוד‬Gottes in der Hebräischen Bibel siehe S. Z . Aster, The Unbeatable Light: Melammu and Its Biblical Parallels, Alter Orient und Altes Testament 384 (Münster: Ugarit-Verlag, 2012), S. 258–336; P. de Vries, The Kābôd of Yhwh in the Old Testament: With Particular Reference to the Book of Ezekiel, übersetzt von A. Thomson; Studia Semitica Neerlandica 65 (Leiden: E. J. Brill, 2016).

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In 2. Chro­nik 5,13d–14 kopierte der Chro­nist den Text von 1. Kön 8,10–11 mit nur ge­ ring­fügigen Änderungen. Es scheint aber, als ob dieses eindeutige Zeichen göttlicher Zu­ stim­mung und Annahme dem Chro­nisten nicht ausgereicht hätte. Er geht noch einen Schritt weiter und präsentiert ein weiteres Zeichen der Zustimmung Gottes zu dem Tem­ pel. Am Ende von Sa­lo­mos Gebet fügt er den folgenden Text zu seiner Vorlage in Könige hin­zu: ‫וככלות שלמה להתפלל והאש ירדה מהשמים ותאכל העלה והזבחים וכבוד יהוה מלא את־הבית ולא יכלו‬ ‫הכהנים לבוא אל־בית יהוה כי־מלא כבוד־יהוה את־בית יהוה וכל בני יׂשראל ראים ברדת האש וכבוד‬ .‫יהוה על־הבית ויכרעו אפים ארצה על־הרצפה וישתחוו והודות ליהוה כי טוב כי לעולם חסדו‬ Als nun Sa­lo­mo sein Gebet beendet hatte, kam Feuer vom Himmel herunter und ver­zehrte das Brandopfer und die Schlachtopfer; und die Herrlichkeit des Herrn erfüll­ te das Haus. Und die Priester konnten das Haus des Herrn nicht betreten, denn die Herr­lich­keit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn. Und das ganze Volk Israel sah das Feuer herabkommen und die Herrlichkeit des Herrn über dem Haus, und sie knieten nie­der mit dem Gesicht zur Erde auf das Pflaster und beteten den Herrn an und priesen ihn und sprachen: „Denn er ist gütig; denn seine Gnade währt ewig“ (2. Chr 7,1–3; ab­gesehen von 7,1a, der eine Parallele von 1. Kön 8,54 ist, sind 7,1b–3 Zusätze).

Gemäß der Chro­nik erhält der Sa­lo­monische Tempel damit eine doppelte Zustimmung Got­tes: zum einen durch die Wolke bzw. die Herrlichkeit des Herrn, die den Tempel erfüllte (2. Chr 5,13b–14), zum anderen durch das Feuer vom Himmel, das die Opfergaben ver­­zehrte (2. Chr 7,1–3). Insgesamt gibt es drei wichtige zusätzliche Elemente in 2. Chr 7,1–3, die in der Vorlage nicht enthalten sind: (a) Der Einschub des Chro­nisten, dass „Feuer vom Himmel herabkam und die Brandopfer und die Schlachtopfer verzehrte“ (2. Chr 7,1b), stellt eine weitere Analogie her zwischen der Heiligkeit des Sa­lo­monischen Tempels und seiner Annahme durch Gott und der der Stiftshütte des Mose, wie sie in Lev 9,24 beschrieben werden: .‫ותצא אש מלפני יהוה ותאכל על־המזבח את־העלה ואת־החלבים וירא כל־העם וירנו ויפלו על־פניהם‬ Und ein Feuer ging von dem Herrn aus und verzehrte das Brandopfer und das Fett auf dem Altar; als das ganze Volk das sah, jubelten sie und fielen auf ihr Angesicht.

Diese Vision eines himmlischen Feuers, das eine weitere Form der Theophanie ist, ist ein Zeichen der Zustimmung Gottes. Diese Vorstellung geht auch aus dem Zusatz des Chro­nisten in 1. Chr 21,26 zu seiner Vorlage aus 2. Sam 24,25 hervor, in der er er­ zählt, dass David dem Herrn einen Altar errichtete auf der Tenne vom Jebusiter Arau­ na, dem Standort des zukünftigen Tempels, und dort Brand- und Friedensopfer dar­ brachte und zum Herrn betete. Dann „antwortete er [i. e. der Herr] ihm durch ein Feuer aus dem Himmel, [das] auf den Altar des Brandopfers [fiel]“ (‫ויענהו באש מן השמים על‬ ‫ – )מזבח העלה‬eine eindeutige Angabe des zukünftigen Standorts des Tempels. Auch im Fall des Propheten Elia auf dem Berg Karmel geht hervor, dass das Feuer, das aus dem Himmel auf ein Opfer herabkommt, ein Zeichen dafür ist, dass Gott es an­nimmt

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(1. Kön 18,36–39): „Dann fiel das Feuer des Herrn herab und verzehrte das Brand­ opfer, das Holz, die Steine und die Erde, und es leckte das Wasser auf, das in dem Graben war“ (‫ותפל אש־יהוה ותאכל את־העלה ואת־העצים ואת־האבנים ואת־העפר ואת־המים‬ ‫ ;אשר־בתעלה לחכה‬18,38). Auf diese Weise vergleicht der Chro­nist Gottes Annahme des Tempels Sa­lo­mos und des­sen Heiligkeit mit derjenigen der Stiftshütte des Mose; und die Zustimmung Got­ tes zu Sa­lo­mos Altar wird verglichen mit derjenigen zu den Altären von Mose, David und Elia. Das ist tatsächlich die höchste Stufe von Heiligkeit, die einem heiligen Ort ver­liehen werden kann. Indem der Chro­nist diese Analogien herstellt, spricht er of­ fen­­sicht­lich auch dem Ort seines eigenen (Zweiten) Tempels diese herausragende Hei­ lig­keit zu.51 (b) Der Chro­nist wiederholt in chiastischer Reihenfolge die Aussagen über die Herr­ lich­keit Gottes, die den Tempel erfüllte, in 2. Chr 5,13b–14 (// 1. Kön 8,10–11) und 2. Chr 7,1–2: „Und die Priester konnten das Haus des Herrn nicht betreten, denn die Herr­lich­keit des Herrn erfüllte das Haus des Herrn.“ Durch diese Wiederholung ent­ steht in der Chro­nik eine Inclusio, die alle Teile zwischen den Rahmenversen 2. Chr 5,13b–14 und 7,1–2 miteinander verbindet.52 Da die „Form nie ohne Gehalt [ist]“,53 be­tont diese Wiederholung auch die gesamte Analogie zwischen dem Sa­lo­monischen Tem­pel und der Stiftshütte des Mose – wie sie in Ex 40,33b–35 und Lev 9,24 dargestellt wird – in der sich die soeben erwähnten Bibelstellen auf die Stiftshütte beziehen und einander ergänzen. (c) In 2. Chro­nik 7,3 berichtet der Chro­nist, dass „alle Söhne Israels“, als sie das Feuer und die Herrlichkeit Gottes sahen, niederknieten „mit dem Gesicht zur Erde auf das Pflas­ ter und beteten den Herrn an und priesen ihn und sprachen: ‚Denn er ist gütig; denn seine Gnade währt ewig‘“ (‫וכל בני ישראל ראים… ויכרעו אפים ארצה על הרצפה וישתחוו והודות‬ ‫)ליהוה כי טוב כי לעולם חסדו‬. (d) Das ist ein Zusatz zu 1. Kön 8,54, wo allein Sa­lo­mo zum Gebet „nieder(ge)kniet“ hat (‫)כרע‬: Diese Aussage fehlt in 2. Chr 7,3, die statt­dessen bekräftigt, dass das Volk „niederkniete“ (‫ )כרע‬mit dem Gesicht (wörtlich: „Nase“; ‫ )אפים‬zur Erde, als Reaktion auf das Feuer und die Herrlichkeit. Dazu gibt es in 1. Könige 8 keine Parallele, aber es entspricht der Reaktion des Volkes auf das Feuer in Lev 9,24: ‫וירא כל העם וירנו ויפלו על פניהם‬ („als das ganze Volk das sah, riefen sie vor Freude und fielen auf ihr Angesicht“). Eine 51 Zu Sa­lo­mos Einweihung des Tempels siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 134– 135, 330–331. Es ist bemerkenswert, dass 2. Chr 7,9 auch die „Einweihung des Altars“ (‫)חנכת המזבח‬ er­wähnt, eine Formulierung, die außer hier nur in einem einzigen anderen Zusammenhang in der He­bräischen Bibel vorkommt, nämlich in Num 7,10.11.84.88 (vgl. Ex 29,37; beide Priesterschrift), und zwar im Hinblick auf die Stiftshütte des Mose. Die Wortwahl des Chro­nisten könnte also von der priesterlichen Li­te­ra­tur beeinflusst worden sein. Möglicherweise wollte er betonen, dass die Ein­ wei­hung des Altars der wichtigste Teil der Einweihung des Tempels und seiner Kultgeräte war. 52 Siehe ausführlich Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 252–254. Diese „chiastische Struk­tur“ bemerkt auch de Vries, The Kābôd of Yhwh in the Old Testament, S. 230, ohne auf Kalimi zu verweisen. 53 Siehe J. W. von Goethe, „Paralipomena“, Gedenkausgabe der Werke, Briefe und Gespräche (hg. von E. Beutler; Zürich: Artemis, 1949), Bd. 5, S. 539–619, insb. 541.

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ähnliche Beschreibung erscheint in der Er­zäh­lung von Elia auf dem Berg Karmel: ‫וירא‬ ‫„( כל העם ויפלו על פניהם ויאמרו יהוה הוא האלהים יהוה הוא האלהים‬Und als das ganze Volk das sah, fielen sie auf ihr Angesicht; und sie sprachen: Der Herr, er ist Gott, der Herr, er ist Gott“). In allen drei Fällen reagiert das Volk auf das Feuer, indem es sich niederwirft und Gott anbetet. 2 Der ewige Fortbestand des Tempels Der Chro­nist lässt den Text von 1. Kön 6,11–13 aus, in dem der ewige Fortbestand des Tem­pels an Sa­lo­mos religiöses Verhalten geknüpft wird: Und das Wort des Herrn erging an Sa­lo­mo, indem er sprach: Was dieses Haus angeht, das du baust, wenn du in meinen Satzungen wandelst und meine Rechtsbestimmungen ausführst und alle meine Gebote einhältst, dass du in ihnen lebst, dann werde ich mein Wort erfüllen an dir, das ich zu David, deinem Vater, gesprochen habe; und ich will wohnen inmitten der Söhne Israels und werde mein Volk Israel nicht verlassen.

Seit der Zerstörung des Ersten Tempels durch den babylonischen König Nebukadne­zar II. 587/6 v. u. Z. (2. Kön 25,9 // ­Jer 52,13; 2. Chr 36,19) impliziert dieser Text, dass Sa­­lo­mo sündigte und nicht die Gesetze des Herrn befolgte. Der Chro­nist übernimmt diesen Text nicht. Seiner Meinung nach verhielt sich Sa­lo­mo in den Augen Gottes sein Le­ben lang tadellos oder zumindest möchte er, dass Sa­lo­mo auf diese Weise in Erinnerung bleibt. Er war in der Königszeit ein bewundernswerter, frommer König, ohne jede Sünde. Dem­ent­ spre­chend erwähnt der Chro­nist in seinem gesamten Werk weder, dass Sa­lo­mos Thron­be­ stei­g ung das Ergebnis von Hofintrigen war, wie in 1. Könige 1 berichtet wird, noch seine bru­talen Taten, um seine Herrschaft zu festigen, wie sie in 1. Kön 2,13–3,2 überliefert sind, ebenso wenig seine Sünden, die in 1. Kön 11,1–41 aufgelistet werden. Er lässt selbst den kleinsten Hinweis darauf aus. Konsequenterweise verschweigt er auch die an eine Be­ din­g ung geknüpfte Verheißung Gottes, Sa­lo­mo ein langes Leben zu schenken – der in der Tat nicht außergewöhnlich lang gelebt hat (2. Chr 1,12 im Vergleich zu 1. Kön 3,12–14) –, und den Hinweis auf Sa­lo­mos Sünden, der in Nathans Prophezeiung erscheint (1. Chr 17,13 im Vergleich zu 2. Sam 7,14).54 Die einzige Ausnahme bildet 2. Chr 7,17–22, wo der Chro­­nist mit einigen Änderungen den parallelen Text von 1. Kön 9,4–9 zitiert, der eine Ver­bindung herstellt zwischen dem Fortbestand des Davidischen Königtums und des Tem­pels einerseits und dem religiösen Verhalten Sa­lo­mos und der Israeliten andererseits. VII Zusammenfassung Sowohl Sa­muel-Kö­ni­ge als auch die Chro­nik diskutieren die Tatsache, dass Gott Davids Vor­haben ablehnte, einen Tempel zu bauen, erklären dies jedoch unterschiedlich. In bei­ den historiographischen Werken bilden Gottes Zustimmung zum Bau des Tempels durch Sa­lo­mo, dessen Fertigstellung und Einweihung den Kern von Sa­lo­mos Ge­schich­te. So­ wohl Könige als auch die Chro­nik widmen einen Großteil ihrer Berichte über Sa­lo­mos Herr­schaft der detaillierten Beschreibung der Vorbereitungen zum Bau des Tempels, sei54 Siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 44–45.

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ner Errichtung, seiner Anerkennung durch Gott und seiner Einweihung. Das vorliegende Ka­pitel zeigt die wesentlichen Merkmale dieser Themen, wie sie in Sa­muel-Kö­ni­ge und Chro­­nik aus einer historiographischen Perspektive beschrieben sind, und erwägt die jeweiligen theologischen Implikationen. Der Chro­nist widmet dem Tempel im Ganzen ungefähr 14 Kapitel. Im Allgemeinen beruht seine Dar­stel­lung des Tempelbaus auf dem Buch der Könige, aber die Beschreibung des eigentlichen Gebäudes – insgesamt 14 Verse – fällt deutlich kürzer aus als in der Vor­ la­ge. Er verbindet den Standort des Tempels mit dem Ort der Bindung Isaaks in der Ge­ nesis. Der Chro­nist integriert in seine Beschreibung einerseits einige Elemente des Tem­ pels seiner eigenen Zeit (i. e. Serubbabels Tempel bzw. der Zweite Tempel), mit dem er ver­traut war; andererseits harmonisiert und kombiniert er diese mit der Beschreibung der Stifts­hütte des Mose in der Tora.55 Dadurch entwirft der Chro­nist einen anderen, völlig neuen Tempel, der in der historischen Realität der israelitischen Königszeit nie existiert hat. Da der Tempel in Jehud Medinta der Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde und zugleich ihre wichtigste Institution während der Perserzeit war, versucht der Chro­nist, ihm Zei­chen eines hohen Alters und von Heiligkeit zuzuschreiben, die bereits in mosaischer Zeit ihren Anfang genommen hatten und sich, über den Tempel Sa­lo­mos, bis in seine eigene Zeit im ersten Viertel des 4. Jh. v. u. Z. fortsetzten. Gemäß dem Chro­nisten erfüll­te Sa­lo­mo vollkommen sowohl den Auftrag Gottes als auch das Testament seines Vaters im Hinblick auf den Tempel. Er hatte Erfolg, wo sein Vater versagte, und baute einen Tem­ pel, dessen Heiligkeit vergleichbar war mit derjenigen der Stiftshütte. Der Tempelbau und seine Zustimmung durch Gott wurden in beiden bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bungen als die größte Errungenschaft König Sa­lo­mos betrachtet. In der Chro­nik wurde diese Dar­ stel­lung jedoch noch kühner, als sie bereits in Könige beschrieben war. Die folgen­den Generationen sollten sich an Sa­lo­mo nicht nur wegen seiner großen Weisheit und sei­nes Reichtums erinnern, sondern primär an ihn als Erbauer des ersten permanenten Tem­pels für den Herrn. Sa­lo­mo wurde mit Weisheit und Reichtum nicht nur um ihrer selbst willen oder zu Herrschaftszwecken beschenkt, sondern vor allem um in der Lage zu sein, den Tempel zu bauen. Diese Leistung sicherte Sa­lo­mo einen festen Platz in der israeliti­schen bzw. jüdischen Kultur sowie später auch in der christlichen und muslimischen Tradition.

55 Gemäß 1. Könige 8,4 und der Parallelstelle 2. Chr 5,5 wurde das Zelt der Begegnung letztlich im Sa­­lo­­monischen Tempel aufgestellt.

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Kapitel XIV: König Salomo – Mensch und Mythos Das Schreiben und Umschreiben der Geschichte Salomos In dieser Schlussbetrachtung werden zunächst die vorangegangenen Kapitel zusammengefasst und aus diesen eine Synthese gebildet (§ I). Sodann werden weitere Konklusio­nen gezogen in Bezug auf die Dar­stel­lungen Sa­lo­mos in der bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung, die Übereinstimmungen und Unterschiede in den frühen und späten historiogra­phi­ schen Texten und die allgemeineren Differenzen hinsichtlich der Methoden und An­sätze dieser Ge­schichts­werke (§ II). I Zusammenfassung und Synthese Im Anschluss an die Einleitung, die ausführlich auf den aktuellen Forschungsstand sowie die Ziele und Methoden dieses Buches eingeht, erörtert Kapitel II das Vorhandensein und das Wesen der Quellen über Sa­lo­mo. Bisher wurden keine direkten epigraphischen Zeug­ nis­se gefunden, die sich explizit auf Sa­lo­mo oder seine Herrschaft beziehen, während die ar­chäologischen Befunde höchst umstritten sind. Vor allem wird kontrovers diskutiert, ob die Monumentalbauten aus der Eisenzeit II, die an diversen Orten im Land Israel aus­ ge­graben wurden, auf die Zeit Sa­lo­mos (das 10. Jh. v. u. Z.) oder auf die spätere Epoche des ge­teilten Reichs (9. Jh. v. u. Z.) zu datieren sind. Die archäologischen Daten sind grund­ sätz­lich problematisch, und die bi­bli­schen Texte bleiben die wesentliche Grundlage für jede Beschreibung König Sa­lo­mos und seiner Zeit. Einige Forscher haben, teilweise wegen der dürftigen außerbi­bli­schen Belege, die Le­gi­ timi­tät der Re­kon­struk­tion von Ge­schich­te, Kultur und Li­te­ra­tur des Alten Israel auf der Grund­la­ge von bi­bli­schen Quellen angezweifelt. Daher fasst Kapitel III die Ar­g u­men­te zu­sam­men, die eine Gruppe von Gelehrten – die sogenannten Minimalisten, Re­vi­sio­nis­ ten, Ni­hi­listen oder Dekonstruktivisten – vorbringt, und unterzieht sie einer kri­tischen Be­wer­tung. Diese Wis­sen­schaft­ler lehnen die Existenz einer Vereinigten Mo­nar­chie unter Da­vid und Sa­lo­mo ab, leugnen, dass diese beiden Könige – falls sie überhaupt jemals existiert haben – tatsächlich über ein ausgedehntes Reich herrschten und kom­men zu dem Schluss, dass die meisten oder alle bi­bli­schen Berichte über ihr Leben und ihre Herr­schaft späte ideologische Erfindungen seien, die erst lange nach dem 10. Jh. ver­fasst worden waren. Auch wenn das Hauptziel dieses Buches nicht die Re­kon­struk­tion des „his­to­ri­schen Sa­lo­mo“ ist, können solche grundsätzlichen Fragestellungen nicht ignoriert werden. Dieses Kapitel bietet ausführlich dar, weshalb die Hypothesen, Methoden und Schluss­fol­gerungen der Minimalisten abzulehnen sind. Kapitel IV befasst sich dann mit der historischen Bewertung von Sa­lo­mos König­reich mit einem Schwerpunkt auf vier Fallstudien: über Sa­lo­mos Tempel, die Größe Je­ru­sa­lems

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im 10. Jh. v. u. Z., die Gestalt des Davidisch-Salomonischen Reichs und den Bezug von Sa­lo­mos Harem. Es untersucht, wie ein sinnvoller und ausgewogener Ansatz zum Um­ gang mit den bi­bli­schen Quellen aussehen sollte. Letztendlich beinhalten die bi­bli­schen Texte zwar sicherlich teilweise auch spätes und legendenhaftes Material und sollten daher in je­dem Fall sorgfältig und kritisch bewertet werden. Das allgemeine Bild Sa­lo­mos, das die früh­bi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung (Sa­muel-Kö­ni­ge) zeichnet, ist jedoch im We­sent­ li­chen plausibel, und die pauschale Annahme, diese Texte seien historisch unzuverlässig, ist unbegründet. Außerdem zeigen die übrigen Kapitel – auch wenn die Diskussion in diesem Buch nicht von dieser Schlussfolgerung abhängig ist –, dass verschiedene Aspekte des Berichts über Sa­lo­mo in Sa­muel-Kö­ni­ge besser verständlich sind, wenn dieser Bericht als eine Zu­ sam­men­stellung früherer Quellen verstanden wird, als wenn man ihn als frei erfundene Fik­tion eines späteren Zeitalters interpretiert. Daher liegt der Schwerpunkt der restlichen neun Kapitel des Buches darauf, wie Sa­lo­mo in bestimmten Texten der Hebräischen Bi­ bel dargestellt wird – insbesondere im Vergleich der Texte untereinander und, sofern vor­ han­den, mit den überlieferten außerbi­bli­schen Quellen aus dem Alten Orient. Die Dis­ kus­sion in Kapitel VII, „Sa­lo­mos Geburt und seine Namen in der Li­te­ra­tur aus der Zeit der Zweiten-Tempel-Epoche “, bezieht sich ebenfalls auf einige außerbi­bli­sche jüdische Quellen aus dieser Zeit. Die Kapitel V und VI befassen sich mit Sa­lo­mos Geburtsgeschichte und seinen beiden Namen (2. Sam 12,24–25) in ihrem bi­bli­schen und altorientalischen Kontext. Kapitel V zeigt, dass diese Verse ein wesentlicher Bestandteil der Gesamterzählung in 2. Samuel 10–12 sind. Obwohl der eigentliche Schwerpunkt dieser Kapitel auf König David und nicht auf Sa­lo­mo liegt, sind ihre Ge­schich­ten doch nicht voneinander zu trennen. Die über­greifende Er­zäh­lung steht im Kontext der sogenannten „Thronfolgeerzählung“ (2. Sa­muel 9–20 + 1. Könige 1–2) und ist eng verbunden mit ihrem politisch-historischen Hin­ter­grund im 10. Jh. v. u. Z. Daher untersucht dieses Kapitel minutiös das biblisch-historische Setting von Sa­lo­mos Geburtsgeschichte, deren Einheit und Eingliederung in die be­nachbarten Textkomplexe der Hebräischen Bibel. Zugleich werden einige unbestätigte Hy­po­thesen der Bibelwissenschaft hinterfragt: dass der Bericht in 2. Samuel 10–12 in der späten Königszeit oder sogar deutlich später umfassend überarbeitet worden sei und dass Sa­lo­mo eigentlich das erste Kind von Batseba, und nicht wie der bi­bli­sche Text es dar­stellt, ihr zweitgeborenes gewesen sei. Kurzum: Sowohl der Bericht von Davids Ehebruch mit Batseba und seine Verurteilung durch Nathan als auch die Geburt der beiden Söhne von Batseba (2. Sam 11,1c–12,25) be­reiteten den Kommentatoren und Historikern lange Zeit Schwierigkeiten. Exegeten, die den redaktionsgeschichtlichen Ansatz wählen, haben oft die Einheit des Textes ge­ leug­net, und sogar seine Kohärenz in Frage gestellt. Sie haben häufig versucht, 2. Samuel 10–12 in mehrere Schichten aus der Hand verschiedener Ver­fas­ser zuzuteilen, und kamen zu dem Schluss, dass Sa­lo­mo ursprünglich nicht Batsebas zweiter Sohn gewesen sei, sondern ihr Erstgeborener und daher illegitim, ein Bastard. Die Er­zäh­lung von der Ge­burt und dem Tod des ersten Sohnes, so behaupten diese Exegeten, sei nur ein späterer Ver­ such, diese „Tatsache“ zu verschleiern.

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Während jedoch die vorliegende Textgestalt vermutlich von früheren Quellen beeinflusst wurde (z. B. jener über den Krieg gegen die Ammoniter), sind solche redaktionellen Re­kon­struk­tionen nicht nur unbegründet, sondern übersehen auch zahlreiche thematische, literarische, strukturelle, stilistische und theologische Merkmale, die sich über den ge­sam­ten Komplex von 2. Samuel 10–12 erstrecken, die Absicht des Autors aufzeigen und den Hauptkern der Er­zäh­lung zu einer Einheit verschmelzen. Zu diesen Merkmalen gehören die literarische und theologische Rahmung der einzelnen Einheiten wie auch die ver­schiedenen literarischen Techniken und Strukturen, durch die der Autor bzw. der Edi­ tor diese Einheiten im Rahmen der übergreifenden Er­zäh­lung als Ganzem anspruchsvoll miteinander verband. Insbesondere ist die Er­zäh­lung in einer Weise strukturiert, die sich von den äußeren Belangen an der Peripherie des israelitischen Königreichs zu den inne­ ren und vertraulichen Angelegenheiten in seinem Kern – der Hauptstadt Jerusalem und dem Palast des Königs – bewegt. Dadurch wird die Geburt Sa­lo­mos zum Zentrum und Höhe­punkt der Gesamterzählung. Diese wird gerahmt von verschiedenen Formen der Inclusio und ist strukturiert in fünf, in konzentrischen Kreisen angeordneten, Ge­schich­ ten, von denen jede zur nächsten überleitet oder das Ergebnis der vorhergehenden ist. Schließlich ist der gesamte Abschnitt 2. Sam 11,1–12,25 in einen Rahmen eingebettet, der mit Kriegsberichten beginnt und abschließt (2. Sam 10,1–19 und 12,26–31). Dieser Ab­schnitt stimmt mit der theologischen Struktur von 1. Samuel 15 stark überein, kehrt diese aber um, wodurch ein starker Kontrast zwischen Sauls Versagen und Davids Re­ habilitierung geschaffen wird. Dadurch werden die essenzielle Einheit des Textes, die Absicht des Autors und die theologische Kohärenz untermauert. Die Er­zäh­lung (oder der Bericht bzw. die Verlautbarung) von Sa­lo­mos Geburt im Sa­muel­buch ist einzigartig in der gesamten Ge­schichts­schrei­bung der Königreiche des Al­ten Israel: Es gibt keinen expliziten Bericht von Sauls Geburt und überhaupt keine An­ga­ben über die Geburt Davids oder eines der späteren Könige von Juda oder Israel. Da­vid hatte außerdem zahlreiche andere Söhne von verschiedenen Frauen, aber von keinem gibt es einen Bericht über seine Geburt. Gab es einen besonderen Grund, warum aus­ge­rech­net die Ge­schich­te von der Geburt Sa­lo­mos – von allen Söhnen Davids und allen israe­li­ti­schen und judäischen Königen – erzählt wurde? Obwohl der Geburtsname des neu­ge­­bo­renen Kindes Schlomo bzw. war, erhielt er durch Nathan, den Boten Got­tes, einen zusätzlichen Namen: Jedidja, der mit der Phrase „und der Herr liebte ihn“ (2. Sam 12,24–25) verbunden ist. Was waren der Zweck und die Bedeutung dieses Namens und der begleitenden Phrase? Kapitel VI untersucht diese Fragen in drei einander ergänzenden Zusammenhängen: ihren unmittelbaren Textzusammenhang (2. Samuel 10–12), ihren weiteren Kontext der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Aufstieg an die Macht (1. Könige 1–2) und ihren Parallelen in vergleichbaren altorientalischen Texten, die von den Thron­an­ sprü­chen von Usurpatoren und Königen außerhalb der königlichen Linie erzählen. Letz­ te­re versuchten, ihr Königtum zu legitimieren, indem sie sich als Geliebte oder Erwähl­te von Gottheiten präsentierten, die sie förderten. Teilweise nahmen sie auch einen neuen Thronnamen an. Dieses historische und literarische Phänomen kommt in mesopo­ta­ mischen, anatolischen, ägyptischen und persischen Schriften vor. Es ist in sumerischen, alt­babylonischen und neuassyrischen Quellen (über Sargon den Großen von Akkad und

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Sar­gon II. von Assyrien), in ḫethitischen Texten (über Ḫattušili III.), in ägyptischen Schrif­ten (über Hatschepsut und andere Pharaonen) und in persischen Inschriften (über Xerxes I. – zu finden. Die vergleichende historische Diskussion in diesem Kapitel zeigt, dass im Alten Israel und in den semitischen als auch nicht-semitischen Kulturen der Umgebung die Be­­haup­ tung, bereits sehr früh im Leben von einer Gottheit auserwählt worden zu sein, für Usur­ pa­toren ein Mittel zur Selbstlegitimierung war. Offenbar gab es eine Tradition dieser kö­ nig­lichen Apologien mit gemeinsamen Wesensmerkmalen, die die Kulturen des Alten Orients teilten. Das ist besonders in den Fällen von Sargon dem Großen bzw. Sargon II. und Ḫattušili III. erkennbar, die beide die Protektion durch Ištar („Ištar liebte mich“) für sich beanspruchten, obwohl diese ursprünglich keine ḫethitische Gottheit war. Dass Tra­ditionen betreffend Sargon den Großen in Ḫatti weit verbreitet waren, unterstützt die Annahme, dass diese Verbindung bewusst hergestellt wurde, und stellt eine entfernte Parallele zum ähnlichen Motiv in 2. Samuel („der Herr liebte ihn“) dar. Vor dem Hintergrund dieser altorientalischen Parallelen wird deutlich, dass die Er­zäh­ lung von Sa­lo­mos Geburt und sein zusätzlicher Name – Jedidja – in 2. Sam 12,24d–25 in enger Verbindung zu Sa­lo­mos Thronbesteigung stehen, die in 1. Könige 1–2 geschildert wird. Tatsächlich dient die erste Er­zäh­lung in Samuel als Exposition, Legitimierung und Recht­fertigung letzterer Er­zäh­lung in Könige, die ebenfalls die göttliche Erwählung Sa­ lo­mos erwähnt. Darüber hinaus rahmen die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Geburt in 2. Sa­muel 10–12 und seine Krönung und Etablierung auf dem Thron in 1. Könige 1–2 die Thron­ fol­ge­erzählung, die mit Ge­schich­ten von Sa­lo­mo beginnt und schließt.1 Es war derselbe Na­than, der Batsebas zweitem Sohn den Namen Jedidja gab, ihm als erster die Liebe und die Protektion Gottes übermittelte (2. Sam 12,24d–25) und der Sa­lo­mo später gegen dessen Rivalen Adonia unterstützte (1. Könige 1). Tatsächlich erscheinen Batseba, Nathan und Sa­lo­mo nur an diesen beiden Stellen in der Thronfolgeerzählung. Die Vorstellung von der Liebe Gottes und diese Art und Weise, einen Usurpator in Is­ rael zu rechtfertigen, könnte im Alten Israel entweder unabhängig entstanden sein oder – was deut­lich wahrscheinlicher ist – unter dem Einfluss einer der zuvor genannten Kultu­ ren der Um­ge­bung, was die Übereinstimmung dieser Er­zäh­lung mit den Vorstellun­gen der alt­orien­ta­lischen Kulturen widerspiegelt. Wenn diese Methode zur Legitimie­rung eines Usur­pa­tors in Israel tatsächlich von einer oder mehreren anderen Kultur(en) beein­ flusst war, hat die Vorstellung vermutlich ihren Weg aus Mesopotamien nach Israel ge­ fun­­den: Die Usurpation Sa­lo­mos, die als Vorzugsbehandlung durch Gott erklärt wird („denn es war für ihn bestimmt von dem Herrn“, 1. Kön 2,15, siehe auch 2,24), ist weitge­ hend parallel zu der Erklärung der Usurpation von Sargon dem Großen, die ebenfalls als Be­vor­zu­g ung durch die Götter, vor allem durch Inanna/ Ištar, interpretiert wurde. Außer­dem ist der Name Jedidja politisch und ideologisch vergleichbar mit dem Namen Šarru-kīn (Sargon), und die Phrase „und der Herr liebte ihn“ hat eine Parallele in der Phra­ 1 Das 9. Kapitel des zweiten Samuel-Buches dient als Exposition für das Verhältnis von David und Mefi-Boschet, wie es auch bei der Er­zäh­lung von Ziba und Mefi-Boschet im Rahmen der AbsalomEr­­zäh­lung in 2. Sam 16,1–4; 19,25–31 der Fall ist.

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se „Ištar liebte mich“ in der Geburtslegende Sargons. In beiden Fällen ist es das Ziel, dem Usurpator (Sa­lo­mo, Sargon dem Großen bzw. Sargon II.) eine göttliche Legitimation zu ver­leihen. Folglich soll das nicht unbedingt heißen, dass die Thronfolgeerzählung ge­nau auf diesen spezifischen Texten basiert, sondern eher, dass sie dieselben oder ähnliche, weit ver­breitete Traditionen widerspiegelt. Im Prinzip hätten diese auch durch die ḫethiti­sche Apo­logie von Ḫattušili III. nach Israel kommen können, die wiederum selbst von den me­so­potamischen Vorbildern beeinflusst war, aber die ḫethitische Apologie bezieht sich nicht explizit auf einen neuen Namen. In jedem Fall steht die Legitimierung Sa­lo­mos in 2. Sam 12,24d–25 völlig im Einklang mit den Traditionen des Alten Orients und ist kein fremd­artiges Fragment ohne Bezug zu seinem jetzigen Kontext. Die Verleihung des Na­ mens Jedidja an Sa­lo­mo und die Bekräftigung, dass „der Herr ihn liebte“, sind wesent­li­che Bestandteile der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronfolge, die seiner in den beiden ersten Ka­ pi­teln des Königebuches beschriebenen Usurpation eine göttliche Legitimation verleihen. In einer Reihe bi­bli­scher Schriften aus der Zeit des Zweiten Tempels wie auch in eini­ gen apokryphen und pseudepigraphischen Schriften und in den Werken des Fla­vius Josephus gibt es ganz andere Dar­stel­lungen von Sa­lo­mos Geburt und seinen Namen. Wie in Kapitel VII diskutiert, erwähnt die Chro­nik den Namen Jedidja an keiner Stelle. Auch er­scheint der Name weder in der Weisheit Sa­lo­mos noch im Testament Sa­lo­mos, oder gar in Jo­sephus’ Schriften. Im Gegensatz dazu spielen die Psalmen und Nehemia auf diesen Na­ men an; in Ben Sira sind Wortspiele mit Jedidja und mit dem Namen Schlomo zu finden. Darüber hinaus behandelt die Chro­nik auch die Geburt Sa­lo­mos nicht. Dort wird er lediglich mit den anderen Söhnen von Batseba (die hier „Bat-Schua“ genannt wird) aufgelistet, was andeutet, dass er seinem Vater David unter normalen Umständen geboren wurde. Die Liste von Batsebas Kindern ist hier nach dem literarischen Schema „drei-vier“ gerahmt, mit Sa­lo­mo an vierter Position, dem Höhepunkt. Er steht zudem exakt in der Mitte der 19 Namen von Davids Söhnen, das heißt an der symbolischen zehnten Stelle. Der Chro­nist verzichtete auf jeden Hinweis auf die Ge­schich­te von David und Batseba, der nicht zu seiner allgemein positiven Beschreibung dieser wichtigen israelitischen Ge­ stalten passte. Dazu gehörten die Geburt und der Tod von Batsebas erstem Sohn, die dem Verständnis des Chro­nisten von strikter Belohnung und Bestrafung zuwiderliefen. Ge­mäß dem Chro­nisten gab Gott selbst dem Kind den Namen Schlomo noch vor dessen Ge­burt – eine Vorstellung, die auch in manchen prophetischen Büchern und einigen alt­ orien­talischen Texten zu finden ist. In der Chro­nik wurde Sa­lo­mo vom Herrn selbst zum König von Israel erwählt. Der Chro­nist interpretiert den Namen Sa­lo­mo an zwei Stellen, in­dem er seine Wurzel erklärt. Die Kapitel VIII und IX befassen sich dann mit der Tatsache, dass sich die bi­bli­sche Ge­schichts­schrei­bung weder über Sa­lo­mos Kindheit und sein Leben vor der Thron­be­ stei­g ung noch über seine äußerliche oder körperliche Erscheinung auslässt. Diese Lücken sind umso überraschender, da die frühbi­bli­schen historiographischen Texte durchaus über Sa­lo­mos Geburt und seinen Konflikt mit seinem Bruder bezüglich der Thronfolge be­richten, jedoch nichts über die Zeit zwischen diesen Ereignissen sagen. Noch schwerer wiegt sogar, dass Sa­muel-Kö­ni­ge sowohl das physische Erscheinungsbild jedes von Sa­ lo­mos königlichen Vorgängern – Saul und David – und seiner Konkurrenten um den

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Thron – Absalom und Adonia – als auch einiger anderer Mitglieder von Davids Fami­lie be­schreiben, aber nichts darüber sagen, wie Sa­lo­mo aussah. Diese beiden Kapitel fra­gen daher nach dem Grund dafür, dass der Autor bzw. Editor diese Information nicht an­bot, und ob aus den Texten irgendetwas zu diesen Themen abgeleitet werden kann. In Bezug auf Sa­lo­mos Leben vor der Thronbesteigung ist es wahrscheinlich, dass der bzw. die Editor(en), der bzw. die Sa­muel-Kö­ni­ge zusammenstellte(n), seine bzw. ihre In­ for­ma­tionen aus der Thron­folgeerzählung bezog(en). Da diese Sa­lo­mos Kindheit nicht be­schrieb, gab es dafür ver­mut­lich keine verfügbare andere Quelle. Das ist verständlich und in der gesamten bi­bli­schen Epoche üblich, in der nur sehr selten etwas über das Le­ ben eines Königs vor dessen Thron­besteigung berichtet wurde. Vermutlich hatte Sa­lo­ mo eine typische Kindheit am Hof; aber alles, was mit Sicherheit gesagt werden kann, ist, dass er als Jugendlicher Naa­ma, die Ammoniterin, heiratete – was in bi­bli­scher Zeit nicht unüblich war – und dass sein ältester Sohn, Rehabeam (1. Kön 14,21) anscheinend vor Sa­lo­mos Thronbesteigung ge­bo­ren wurde. Es gibt keine verlässlichen Beweise für die Schluss­folgerung einiger Exe­ge­ten, dass David Sa­lo­mo der Fürsorge Nathans übergeben hatte, dass dieser zu Sa­lo­mos Vor­mund gemacht wurde oder für Sa­lo­mos Erziehung verantwortlich war. Im Hinblick auf Sa­lo­mos Aussehen ergibt die Erörterung in Kapitel IX, dass es zwar möglich ist, dass er wie seine Eltern, David und Batseba und zumindest einige seiner Halb­geschwister – wie z. B. Absalom, Adonia und Tamar – attraktiv war, dass dies aber nir­gends in Samuel, Könige oder Chro­nik explizit gesagt wird. Das Fehlen jeder Be­schrei­ bung von Sa­lo­mos physischem Erscheinungsbild, so wird argumentiert, könnte dazu ge­dient haben, aufzuzeigen, dass seine Fähigkeiten als König nicht von seiner körperlichen Schönheit abhingen – im Gegensatz zu Eliab, Absalom und Adonia. Stattdessen be­­ruhten sie auf seinen inneren Qualitäten als weiser Anführer und Gelehrter. Sa­lo­mos Fähig­keiten werden bereits in der ersten Offenbarung Gottes hervorgehoben, die ihm in Gi­beon zuteil wird, als er „ein hörendes Herz, um dein Volk zu richten“, erbat (1. Kön 3,5–14, insbesondere 3,9 // ­2 . Chr 1,10, „Gib mir nun Weisheit und Erkenntnis, um vor diesem Volk aus- und einzugehen“). Sa­lo­mos legendäre Weisheit wird in Könige an einigen Stellen sowohl betont als auch veranschaulicht (1. Kön 5,9–14.21.26; 10,1–10), und wurde anstelle seines physischen Aussehens zu seinem bestimmenden Merkmal. Trotz seiner Weisheit sündigte er jedoch gemäß dieser Dar­stel­lung (1. Könige 11). Obwohl der Chro­nist Sa­muel-Kö­ni­ge folgt und keine Informationen über Sa­lo­mos Er­scheinungsbild gibt, schlägt er selbst im Hinblick auf dessen Weisheit einen anderen Weg ein und spielt sie sogar herunter. Das diente vermutlich dazu, die Gerechtigkeit des Kö­nigs als Bauherr des Tempels sowie seinen Gehorsam und seine Treue gegenüber dem Gott Israels zu betonen, wie dies sein Vater ihm in seinem Testament befohlen hatte. Anscheinend beziehen sich die poetischen Beschreibungen des Hohelieds – vor allem Hhld 5,10–16 – nicht auf das tatsächliche Aussehen König Sa­lo­mos (trotz Hhld 3,6–11). In jedem Fall sollte eine solche poetische Metaphorik nicht so ohne weiteres wörtlich oder historiographisch verstanden werden, wie das bei den Texten über Sa­lo­mo in Sa­muel-Kö­ ni­ge möglich ist.

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Kapitel X untersucht, wie Sa­lo­mo David auf den Thron folgte. Zuerst wird der Ver­ such unternommen, die historische Situation so gut wie möglich zu rekonstruieren, sofern diese aus der einzigen überlieferten Quelle zu den entsprechenden Ereignissen, der Thron­fol­geerzählung, abgeleitet werden kann. Anschließend wird der Schwerpunkt darauf gelegt, wie die Thronfolge in Sa­muel-Kö­ni­ge einerseits und in der Chro­nik andererseits dar­gestellt wird. Der Versuch, die historische Situation zu rekonstruieren, ist in diesem Fall nötig, um die unterschiedlichen historiographischen Methoden der jeweiligen Ver­fas­ser angemessen verstehen zu können. In diesem Kapitel wird erörtert, dass beide Be­richte zwar versuchen, Sa­lo­mo als den von Gott erwählten König über Israel zu legitimieren, dass sie hierfür aber zweifellos gegensätzliche Mittel und Methoden benutzen. Die ersten beiden Kapitel von Könige sind sehr eng miteinander verbunden; keines der beiden kann für sich allein stehen. Tatsächlich war Sa­lo­mos Thronfolge mit der Er­ füllung dessen, was als das „Testament Davids“ bezeichnet wird (1. Kön 2,1–9), und der Be­seitigung seiner potenziellen Rivalen (1. Kön 2,10–46a) abgeschlossen. Gemeinsam setzen beide Teile der Thronfolgeerzählung in 1. Könige 1–2 voraus, dass Sa­lo­mo nicht der legitime Thronerbe war: Adonia war der Ältere, als nächstes in der Thronfolge vorgesehen, und er wurde von den meisten Söhnen Davids und seinen höchsten Beamten sowie von anderen Anführern Judas unterstützt. Das erste Buch der Könige beschreibt Sa­lo­mos Aufstieg zum König als das Ergebnis von Machtkämpfen und Intrigen am Hof, die in den letzten Tagen des alten, kranken und schwachen Davids stattfanden, der von Na­than und Batseba manipuliert wurde. Die Thronfolgeerzählung unternimmt in der Form, in der sie in Sa­muel-Kö­ni­ge eingearbeitet wurde, keinen Versuch, die zweifelhaften Mittel auszublenden, mit denen Sa­lo­mo auf den Thron gelangte, sondern präsentiert die Abfolge dieser Ereignisse als die Erfüllung des Willens Gottes. Das ist vergleichbar mit anderen bi­bli­schen Ge­schich­ten, in denen spätgeborene Söhne anstelle ihrer älteren Brüder erwählt werden. Am dichtesten dran ist die Er­zäh­lung von Jakob und Esau, in der Ja­kob durch eine Mischung aus göttlichem Willen und menschlichem Betrug das Erbe seines Vaters erlangt. In gleicher Weise erkennt auch die Thronfolgeerzählung an, dass Sa­lo­mo den Thron aufgrund politischer Intrigen bestiegen hat, bestätigt aber zugleich, dass dieser Erfolg „vom Herrn“ kam. Zudem nutzt diese Er­zäh­lung ebenfalls das literarische Muster „drei-vier“, um den gesamten Bericht zu strukturieren, indem sie drei Söhne Da­vids – Amnon, Absalom und Adonia – präsentiert, die scheitern, um dann Sa­lo­mo an der bevorzugten vierten Stelle zu platzieren, während explizite Bezüge auf Gottes Liebe zu Sa­lo­mo und seine Erwählung zum König das Geschehen rahmen. Im Chro­nistischen Ge­schichts­werk werden jedoch beinahe alle Elemente weggelassen, die ein schlechtes Licht auf David, Nathan, Batseba und Sa­lo­mo werfen könnten, während die Erwählung Sa­lo­mos von Gott noch unmittelbarer und stärker betont wird: Er wur­de nicht nur von David erwählt, sondern vor allem vom Herrn bereits im Mutterleib (1. Chr 22,7–10, Sondergut). Obwohl der Chro­nist die gesamte Thronfolgeerzählung, ein­schließlich ihrer Hinweise auf Gottes Liebe zu Sa­lo­mo in 2. Sam 12,25, auslässt, baut er seinen eigenen, alternativen Bericht nicht nur auf ihrer Grundlage auf, sondern auch auf Elementen, die er verschiedenen anderen früheren bi­bli­schen Texten entnommen hat – zum Beispiel der Prophezeiung Nathans in 2. Samuel 7 und den Stellen in 1. Könige 3

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und 10, die Gottes Bevorzugung Sa­lo­mos erwähnen. Auch der Chro­nist platziert Sa­lo­mo an vierter Stelle unter Davids Söhnen, aber in einer völlig anderen Weise (1. Chr 3,5–6; 28,4–5, Sondergut). Auf diese Weise erschafft der Chro­nist eine deutlich andere Ge­ schich­te, gemäß jener Sa­lo­mo von Beginn an der rechtmäßige Herr­scher und berufene Bau­herr des Tempels war. Es gab keinen Konflikt und keine Auseinandersetzung darü­ ber, dass er Davids Nachfolger sein sollte, und auch keinen Kampf gegen seinen Bruder Ado­nia. Im Gegenteil unterstützten alle Brüder Sa­lo­mos und die Beamten des König­ reichs seine Thronbesteigung. Dass die beiden Berichte über Sa­lo­mos Aufstieg völlig unterschiedlich sind, zeigt noch einmal Kapitel XI, das Sa­lo­mos Krönung, Davids Testament und Sa­lo­mos erste Hand­ lungen als König untersucht. Während in 1. Könige 1–2 Sa­lo­mos Weg an die Macht als Er­gebnis von politischer Konfrontation und wohlkalkulierten Hinrichtungen möglicher Rivalen dargestellt wird, verläuft Sa­lo­mos Thronfolge in der Chro­nik vollkom­men fried­lich. Beide Berichte versuchen, seine Handlungen durch ein Testament zu rechtfertigen, das sie David zuschreiben, in dem dieser Sa­lo­mo feierlich beauftragt, diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die er anschließend am Beginn seiner Herrschaft tatsäch­lich durch­führt (1. Kön 2,1–9; 1. Chr 22,5–19; 28,1–29,5). Bei keinem der beiden Testa­men­ te ist es wahrscheinlich, dass es auf den historischen David zurückgeht; beide spiegeln se­kun­däre Versuche, Sa­lo­mos Handlungen zu rechtfertigen. Aber beide unterscheiden sich im In­halt erheblich voneinander: In 1. Könige 2 umfasst das Testament sowohl re­ li­­giö­se An­weisungen (den Auftrag, Gottes Gebote zu halten) als auch politische Rat­ schlä­ge (Joab und Schimi hinzurichten). In der Chro­nik legt David den Schwerpunkt ausschließlich auf Sa­lo­mos religiöse Pflichten und fügt einen ausführlichen Auftrag zum Bau des Je­ru­salemer Tempels hinzu. Während also die Version von Davids Testament in Kö­ni­ge Rache­a kte und die Beseitigung von Personen anordnet, die Sa­lo­mos Autorität in Ge­fahr brin­gen könnten, führt die Version in der Chro­nik Bauprojekte näher aus, die den fließen­den Übergang von Davids Herrschaft zu Sa­lo­mos Königtum widerspiegeln. Die frühen Jahre von Sa­lo­mos Herrschaft passen in jedem Bericht zu den Anordnungen aus dem Testament: Gemäß diesem lässt Sa­lo­mo in 1. Könige 2 Joab und Schimi hinrichten. Dass auch Adonia getötet wird, wird dadurch gerechtfertigt, dass er Abischag zu sich nehmen wollte (was Sa­lo­mo unangemessen und illegitim fand), und der Ausschluss Abja­tars aus der Priesterschaft in Jerusalem wird dargestellt als Erfüllung des Wortes „des Herrn, das er gesprochen hatte über das Haus Elis in Schilo“ (1. Kön 2,27b). Sa­lo­mo heiratet außerdem Pharaos Tochter – eine eindeutig politisch motivierte Ehe –, um seine Po­ si­tion von außen zu festigen (1. Kön 3,1). In keinem dieser Fälle wird Sa­lo­mo explizit für sei­ne Handlungen verurteilt, doch die frühen bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber versuchen auch nicht, sie zu verschweigen. Erst nach all diesen Taten besucht Sa­lo­mo das Höhen­ hei­ligtum in Gibeon, um zu opfern und eine Offenbarung Gottes zu erhalten (1. Kön 3,4–15). Den Tempelbau begann er erst vier Jahre nach seiner Thronbesteigung (1. Kön 6,1.37). Im chronistischen Ge­schichts­werk ist Sa­lo­mo jedoch unbestritten von Beginn an der le­gitime König. Seine ersten Handlungen bestehen darin, „Gottes Zelt der Begeg­nung zu besuchen, das Mose, der Diener des Herrn, gemacht hatte“ und das in Gibeon aufbe-

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wahrt wurde (2. Chr 1,1–13, v. a. der Zusatz in 1,3), und ferner mit der Arbeit am Tempel zu be­ginnen (2. Chr 2,1–5,1). So soll auch gezeigt werden, dass es einen reibungslosen und idea­len Übergang von David zu Sa­lo­mo gab, der ein Königreich übernahm, das nicht – wie in Könige – von politischer Rivalität gekennzeichnet war, sondern von Frieden und Wohl­stand. David hatte bereits Unmengen an Baumaterial gesammelt, und Sa­lo­mo hatte Frie­den – sowohl im Inneren des Königreichs als auch nach außen hin – und die religiöse und politische Autorität von Gott und David, die notwendig waren, um das Material un­mittelbar für den Tempelbau einsetzen zu können. Er erfüllte das Testament seines Vaters, indem er die Gebote des Herrn einhielt und der Errichtung des Tempels oberste Prio­rität einräumte. Während David (unabhängig von Schuld oder Unschuld) Blut an den Händen hatte, war Sa­lo­mo rein und makellos, ohne jeden Fehler und jede Bosheit. Zudem ist Sa­lo­mos Königtum in der Chro­nik mehr nur ein politisches: Es symbolisiert die Einheit von Theokratie und Monarchie. Der König ist der Repräsentant Gottes auf Erden und zugleich der König des Volkes, das er wiederum vor Gott vertritt. So erfüllt Sa­lo­mo in beiden Geschichtsdarstellungen Davids Testament vollständig; dies wird aber von jedem Historiker auf jeweils radikal unterschiedliche Weise dargestellt. Kapitel XII behandelt den Bericht von Sa­lo­mos Krönung in 1. Könige 1 und be­son­ ders ein literarisches Merkmal dieses Textes, das zusätzlich die gegensätzlichen Selbst­bild­ nis­se in Könige und Chro­nik verdeutlicht: In der Thronfolgeerzählung in 1. Könige 1 wird der Klang von Musikinstrumenten und Stimmen, der anderswo gehört wird, als ein literarisches Mittel gebraucht, um für den Leser einen Übergang von Sa­lo­mos Krö­nung zu Adonias Gefolge zu schaffen (1. Kön 1,40). Dieses Phänomen tritt auch in einer Reihe anderer Er­zäh­lungen in der Hebräischen Bibel auf, vor allem in der Ladeerzählung (im Samuelbuch), bei der Krönung Joaschs zum König von Juda (im Buch der Könige und in der Chro­nik) sowie – in etwas anderer Form – in der Josefsgeschichte und im Buch Esra. Vor allem in Sa­muel-Kö­ni­ge scheint das Motiv nicht nur als stilistisches Element ein­ge­ setzt zu werden, sondern auch, um verschiedene wichtige Übergänge in der Ge­schich­te Is­raels zu kennzeichnen. Dass es in der Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Thronbesteigung in der Chro­nik gestrichen wurde, könnte daher ein Hinweis auf einen weiteren Aspekt sein, wie der Chro­nist den Übergang von David zu Sa­lo­mo „glättete“, was in diesem Buch wiederholt nach­gezeichnet wurde. Wie in Kapitel XIII betont wird, war Sa­lo­mo in beiden Ge­schichts­werken der Erbauer des Ersten Tempels in der von Gott erwählten Stadt – Jerusalem –, ein Auftrag, der von seinem Vater David nicht erfüllt werden konnte. Obwohl letzterer in beiden Berichten zwar Materialien beschaffte, die für den Tempelbau benötigt wurden (2. Sam 8,7–11 // ­ 1. Chr 18,8–11), wird dies in der Chro­nik sehr ausführlich geschildert, klar und deutlich. Dort wird Davids zusätzlichen Vorbereitungen für den Tempel überwältigende Auf­merk­ sam­keit und viel Raum gewidmet (grob: 1. Chr 22,2–29,25), was impliziert, dass Da­vid wesentlichen Anteil bei der Errichtung des Tempels hatte. Während sowohl Sa­muel-Kö­ ni­ge als auch die Chro­nik die Gründung des Jerusalemer Tempels als den Höhepunkt von Sa­lo­mos Herrschaft und als seine bedeutendste Errungenschaft darstellen, geht der Chro­ nist jedoch noch deutlich weiter und präsentiert dieses Projekt als Sa­lo­mos Schick­sal und von Anfang an angestrebtes Ziel. Die Gemeinde des Chro­nisten hatte ihr Zen­trum im

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Abbildung 5 – König Sa­lo­mo, Kathedrale von Monreale, Monreale (Sizilien, Italien)

Tempel Serubbabels (der an derselben Stelle stand wie zuvor Sa­lo­mos Tempel und als dessen Ersatz angesehen wurde),2 und entsprechend spielt der Bauherr des Tempels, Sa­lo­mo, die wichtigste Rolle in seinem Bericht über die Königszeit. Für den Chro­nisten eröffnete der Sa­lo­monische Tempel einen neuen Zugang des Dienstes an Gott und zugleich eine neue Ära in der jüdischen Ge­schich­te und Religion. Entsprechend schrieb er Sa­lo­mo eine einzigartige Position unter allen Söhnen Davids sowie unter den „vier“ Söhnen Batsebas/ Bat-Schuas zu (1. Chr 3,5, Zusatz). Er war schon vor seiner Geburt dazu erwählt worden, den Ersten Tempel zu bauen, und begann damit beinahe unmittelbar, nachdem er den Thron bestiegen hatte. Anders als in Könige lassen die Beschreibungen des Chro­nis­ten alle Sünden des Tempelbauers weg, und der Sa­lo­monische Tempel wird mit dem Zwei­ ten Tempel einerseits und mit der ruhmreichen Stiftshütte des Mose andererseits har­mo­ nisiert. Das spiegelt sowohl seinen nachexilischen Hintergrund als auch die Autorität der Tora für seine Generation. II Mensch und Mythos: Sa­lo­mo in Ge­schich­te und Ge­schichts­schrei­bung Im Gegensatz zu einigen anderen israelitischen und judäischen Königen wird Sa­lo­mo in keiner erhaltenen Inschrift oder außerbi­bli­schen Quelle erwähnt, zudem lassen die archäologischen Befunde von verschiedenen Orten im Land Israel, die mit ihm in Verbin­ dung gebracht werden könnten, verschiedene Interpretationen zu. So hat beispielsweise 2 Siehe Kalimi, Untersuchungen zur Jüdischen Schriftauslegung und Theologie, S. 27–55, insb. 35–54.

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die Ent­deckung monumentaler antiker Bauten in Städten wie Jerusalem, Hazor, Megiddo und Geser – die die bi­bli­schen Texte mit Sa­lo­mos Bautätigkeit in Verbindung bringen – in den letzten Jahrzehnten unter Archäologen zu hitzigen Diskussionen geführt, selbst über so grundlegende Fragen wie deren Alter und Funktion. Folgt man bei der Datierung der Funde der High Chronology, können sie aus der Zeit Sa­lo­mos stammen; folgt man jedoch der Low Chronology, so können sie keinesfalls mit ihm in Verbindung gebracht werden. Dementsprechend bleibt umstritten, ob die archäologischen Befunde die bi­bli­ schen Berichte über Sa­lo­mos Bautätigkeit eher unterstützen oder widerlegen. Was jedoch Sa­lo­mos andere Taten und seine Zeit im Allgemeinen angeht, so bleiben nach derzeitigem Stand die bi­bli­schen Texte die einzigen Quellen, die uns zur Verfügung stehen, um zu rekonstruieren, wer Sa­lo­mo war und wie wir uns die Grundzüge seines Lebens und seines Königreichs vorzustellen haben. Abgesehen von David wird Sa­lo­mo in der bi­bli­schen Li­te­ra­tur (und auch in der späteren jüdischen, christlichen und muslimischen Kultur) mehr Aufmerksamkeit zuteil als jedem anderen König von Juda und Israel.3 Sa­lo­mos einzigartige Weisheit und sein Urteilsvermögen wurden oft gepriesen, und er wurde als einer der größten Könige und Gelehrten des Alten Israel verehrt. Doch trotz dieses glorreichen Rufes und der kollektiven Anerkennung haben wir gesehen, dass die Dar­stel­lungen Sa­lo­mos in der Hebräischen Bibel komplex und zum Teil sogar widersprüchlich sind: Die Texte, die in den Büchern Samuel, Könige und Chro­nik über seine Geburt, seinen Aufstieg, seine Herrschaft und den Tempelbau zu finden sind, sind überaus facettenreich. Einige der Informationen, die diese Texte liefern, wurden durch die ideologischen und theologischen Ansichten ihrer Ver­fas­ser und Editoren geformt und umgeformt, und sie enthalten unhistorisches Material, späte Hinzufügungen und Glossen, gelegentliche Anachronismen, innere Widersprüche, ungenaue Aussagen und sogar legendenhafte Zusätze. Diese problematischen Daten über Sa­lo­mo bestimmen offensichtlich den Inhalt, die Gestalt und die Grenzen einer historischen Beschreibung dieses Königs und seiner Zeit. Es versteht sich allerdings von selbst, dass sie einen modernen Historiker vor große Probleme stellen, aber nicht vor unüberwindbare. Auch wenn die Verlässlichkeit und die Interpretation der bi­bli­schen und archäologischen Befunde zu Sa­lo­mo und seiner Herrschaft in der gegenwärtigen Forschung umstritten sind, gibt es keinen Grund a priori seine Existenz und seine wichtigsten Taten (oder diejenigen von Saul und David) abzustreiten, wie sie in den Samuel- und Königebüchern bezeugt sind. Ebenso sollte auch die allgemeine Glaubwürdigkeit der frühen bi­bli­schen Berichte nicht generell abgelehnt werden. Die in diesem Buch vorgestellte systematische Untersuchung und der Vergleich der bi­bli­schen Er­zäh­lungen verortet diese in ihren jeweiligen Kontexten innerhalb der Hebräischen Bibel und – sofern die Quellen das zulassen – im Licht der als wahrscheinlich angenommenen ihnen zugrunde liegenden historischen Situation, sowie ihres ur3 Das könnte an den Quellen liegen, die den bi­bli­schen Autoren bzw. Editoren zur Verfügung standen, oder deren Präferenz bzw. den Grad der Bedeutung widerspiegeln, den sie diesen Königen jeweils beimaßen; möglicherweise aber sind beide Gründe in Betracht zu ziehen.

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sprünglichen und umliegenden kulturellen, literarischen und religiösen Kontextes im Alten Israel und im Alten Orient. So wird die Verbindung deutlich, die zwischen der bi­bli­schen Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Geburt, seinen Namen und seiner Legitimi­erung durch Gott einerseits und jener, die in anderen Thronfolgeberichten benachbarter Kul­ tu­ren an­de­rerseits vorgefunden wurde. Dieses Buch zeigt die umfassende Einheit der bi­ bli­schen Texte und ihres Inhalts, ihrer Form, der angewendeten literarischen Techni­ken so­wie der zugrundeliegenden ideologischen und theologischen Konzepte. Das entkräf­tet die Versuche einiger Exegeten, die Texte in zahllose winzige Fragmente zu zerlegen, die von vielen Editoren über eine unglaubliche Zeitspanne von mehreren Jahrhunderten ge­ schrieben wurden. Es wird gezeigt, dass der Kern der Berichte über Sa­lo­mo in der frühen bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung (d. h. in Sa­muel-Kö­ni­ge) der Königszeit und ihren alt­ orien­talischen Kontext zu verorten ist und nicht in späteren Phasen der Ge­schich­te Is­ raels, wie einige Gelehrte argumentiert haben. Darüber hinaus zeigt dieses Buch auch, wie der Chro­nist in der Zeit des Zweiten Tempels einige der frühen historiographi­schen Schrif­ten Israels im Sinne seiner eigenen zeitgenössischen Situation, seiner theologi­schen Kon­zepte, literarischen Methoden und sprachlichen Konventionen umschrieb. Es wurde gezeigt, dass die Selbstbildnisse von Sa­lo­mo in diesen beiden bi­bli­schen Schrif­ten deutliche Unterschiede aufweisen. Sa­muel-Kö­ni­ge und die Chro­nik unterschei­ den sich in ihrem literarischen Stil, den von ihnen verwendeten Überlieferungen, theolo­ gischen Zielen und Implikationen sowie in ihrer historischen Verlässlichkeit. Obwohl sie zwar viele Themen gemeinsam haben und in einigen Fällen dieselben Aspekte von Sa­lo­mos Leben beschreiben, weichen sie jedoch in vielen wichtigen Details voneinander ab. Wie wir gesehen haben, stellen beide Sa­lo­mo als den von Gott erwählten Nachfolger Da­vids dar, aber sie tun das mit äußerst unterschiedlichen literarischen Mitteln. Gemäß bei­den Berichten erhielt der König seinen Namen vom Herrn. Sie differieren jedoch im Zeitpunkt des Geschehens und in der Namensgebung. Beide Historiker nennen Sa­lo­mo an der vierten Stelle unter Davids Söhnen, aber in völlig unterschiedlichen Zu­sam­men­ hängen. Während gemäß Könige David in seinen letzten Tagen alt, krank und bettlä­ge­ rig war und eine instabile politische Situation zurückließ, war David gemäß der Chro­­nik zwar tatsächlich alt, aber überaus energiegeladen und kümmerte sich aktiv darum, seinem Nachfolger Sa­lo­mo den Weg zu ebnen. So berichtet Könige, dass Sa­lo­mos Thronnach­ fol­ge von Hofintrigen und blutigen Kämpfen geprägt war, während die Chro­nik eine friedliche und harmonische Thronfolge präsentiert. Beide schreiben David ein „Testa­ ment“ zu, das Sa­lo­mo umsetzte: Während es in Könige jedoch nicht nur religiöse, sondern auch po­litische Anweisungen umfasst, sind Letztere in der Chro­nik nicht vorhanden und Erste­re dafür deutlich detaillierter ausgeführt. In beiden Geschichtsdarstellungen bildet Sa­lo­mos Tempelbau den Höhepunkt seiner Herrschaft. In Könige widmet er sich dieser Auf­gabe jedoch erst vier Jahre nach der Thronbesteigung, während David in der Chro­ nik bereits alles für den Bau Notwendige vorbereitet hat und Sa­lo­mo mit der Umset­zung des Projektes beginnt, unmittelbar nachdem er den Thron bestiegen und in Gibeon eine Of­fenbarung Gottes erhalten hat. Schließlich ist der Sa­lo­monische Tempel in der Dar­stel­ lung der Chro­nik gekennzeichnet durch verschiedene Elemente, die auch in Berichten von

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Moses Zeltheiligtum und dem Zweiten Tempel vorkommen, der zur Zeit des Chro­nisten existierte. Diese Merkmale fehlen in der Beschreibung von Sa­lo­mos Tempel in Könige. Trotz dieser Variationen im Hinblick auf die religiösen und politischen Ereignis­se liegt der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Dar­stel­lungen von Sa­lo­mo in dem Ziel, das die Ver­fas­ser jeweils mit ihren Berichten verfolgen. Die frühe israeliti­sche Ge­schichts­schrei­bung bildet „den Mann“ ab, liefert ein plausibles, menschliches Por­trät von König Sa­lo­mo und den wichtigsten Grundzügen seiner Herrschaft, das im Wesent­ li­chen nahe an der Realität ist. Demgegenüber spiegelt die späte israelitische Ge­schichts­ schrei­bung – in der Chro­nik – „den Mythos“, einen utopischen König Sa­lo­mo, der sehr weit von der Realität entfernt ist und so nie existiert hat. Das bedeutet weder, dass die Chro­nik als Ganzes keine historischen Informationen beinhaltet, noch, dass Sa­muel-Kö­ ni­ge keine legendenhaften Elemente aufweist. Es zeigt aber den grundsätzlich anderen An­satz, den die beiden Werke jeweils verfolgen. Im Allgemeinen haben die Ver­fas­ser bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge keine geziel­ ten Bemühungen unternommen, ihre Quellen in Übereinstimmung mit ihren Ansich­ten davon umzuschreiben, wie Sa­lo­mo sich hätte verhalten sollen. Obwohl sie zwar einiges an apologetischem und legendenhaftem Material enthalten (zum Beispiel, dass Sa­lo­mo bei seiner Geburt Jedidja genannt wurde, und die Berichte über seine phantastische Weis­heit, seinen Reichtum und seinen Harem), behielten sie aber auch problematischere Elemen­ te aus ihren Quellen bei, selbst wenn diese ihren eigenen Ansichten widersprachen. Das ermöglicht uns einen unverstellteren Blick auf den Mann selbst. Im Gegensatz dazu ist die Chro­nik deutlich freier in ihrem Umgang mit ihren Quellen und glättet diese, um ein konsistentes, positives Bild zu zeichnen. Die beiden Berichte sind daher nicht mit­ein­ ander vereinbar. Beide sind Produkte ihrer jeweiligen Zeit, des Ortes und der Umstän­de, unter denen sie geschrieben wurden.4 Jeder Historiker präsentiert ein Porträt Sa­lo­mos, das zu seiner eigenen Generation passte: Der frühe Ge­schichts­­schrei­ber aus der Zeit des Ersten Tempels folgte im Wesentlichen einigen Quellen, die ihm zur Verfügung standen und die vermutlich auch seinen Adressaten bekannt waren, und nahm nur kleine­re Hinzufügungen und Klärungen vor, meistens am Rand der Quellen platziert, häufig in Form von Notizen oder Reden, die jemandem in den Mund gelegt wurden. Der Chro­ nist der Zweiten-Tempel-Epoche gestaltete die Texte aus Sa­muel-Kö­ni­ge massiv nach den religiösen und gesellschaftlichen Zuständen seiner Zeit (ca. 400–375 v. u. Z.) und sei­nem Ort (Jerusalem) um. Dazu gehörte auch die Bindung an die Autorität der vollständi­gen Tora, die zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert war. Sa­muel-Kö­ni­ge beschreiben insbesondere die skandalösen Umstände, die zur Geburt des zweiten Sohnes Batsebas führten, der von einem Elternteil den Namen Schlomo er­hielt; ferner die Hofintrigen, die zu seiner Thronfolge beitrugen und die blutige Eli­ mi­nie­rung seiner potenziellen Rivalen, die seine Herrschaft konsolidierten. Wie in ver­ gleich­­baren Texten aus anderen Kulturen des Alten Orients wurden all diese Ereignisse so­wohl durch die Aussage legitimiert, dass der Herr Sa­lo­mo vom Beginn seines Lebens an liebte und seinen Boten Nathan sandte, um ihn Jedidja zu nennen, als auch durch die ent­ 4 Siehe ausführlich Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 189–192.

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sprechenden Erklärungen, die Adonia und Sa­lo­mo vom Autor bzw. Editor zugeschrieben werden (1. Kön 2,15.24; vgl. 3,7; 10,9 und siehe auch 1,48). Außerdem nennt die Thron­ fol­ge­erzählung Sa­lo­mo an der vierten und bevorzugten Stelle unter Davids Söhnen und macht so seine Thronbesteigung zum Höhepunkt eines langwierigen Konflikts um die Thron­folge und zugleich zu dessen Lösung. Darüber hinaus werden die Taten Sa­lo­mos, die dazu dienten, den Thron zu erlangen, wahlweise als Reaktion auf den unangemessenen Wunsch seines Rivalen (Adonia), als Erfüllung von Gottes Wort (Abjatar) oder des „Tes­tament Davids“ (Joab und Schimi) dargestellt. Der restliche Bericht über Sa­lo­mos Herrschaft in Könige präsentiert ihn ebenfalls wirk­lichkeitsgetreu als Richter, Staatsmann, Bauherrn, Händler und Sünder. Hier sind Sa­lo­mo und sein Königtum durch einen Höhepunkt, aber auch durch Verfehlungen und Abstieg gekennzeichnet. Der Herr gewährte Sa­lo­mo Weisheit und Reichtum, aber diese blieben nicht bei ihm am Ende seines Lebens. Er schloss viele politische Ehen mit aus­ ländischen Frauen, die ihn zur Apostasie verführten (1. Könige 11). Entsprechend zeigt das Sa­lo­mo-Porträt in Könige sowohl den frommen und verehrten Bauherrn des heiligen Tem­pels in Jerusalem als auch den weisen, aber letztlich unvollkommenen König, einen Men­schen wie jeden anderen (vgl. z. B. Koh 7,20; Ps 19,13). Als solcher trug Sa­lo­mo zur Teilung des Königreichs ebenso bei wie zum Sturz des Hauses Davids und schließlich zur Zerstörung des Königreichs Juda und Jerusalems sowie zur Vertreibung der Israeliten aus ihrem Land. So nennt auch Nehemia, der Könige folgt (die Chro­nik war noch nicht geschrieben),5 König Sa­lo­mo als ein negatives Beispiel, von dem man lernen kann, wie man sich nicht verhalten soll (Neh 13,26). Im Gegensatz dazu wurde Sa­lo­mo laut der Chro­nik unter normalen Umständen als der vierte Sohn Batsebas und als zehnter der neunzehn Söhne Davids geboren. Er bekam sei­nen einzigen Namen – Schlomo – vom Herrn selbst schon im Mutterleib, und wurde noch vor seiner Geburt zum Nachfolger Davids auserkoren. Später wurde er unter allen seinen Brüdern von Gott selbst und von David erwählt, um seinem Vater friedlich und in allseitigem Einverständnis auf den Thron zu folgen. Sa­lo­mo wurde von all seinen Brü­dern, von Davids Beamten und von ganz Israel unterstützt, und es gab keiner­lei Kon­kur­renz. Stattdessen waren sich alle einig, dass Sa­lo­mo König über Israel sein sollte. Deshalb musste er auch keine internen oder externen Feinde beseitigen. Er festigte so­fort seine Herr­schaft und hielt sich vollständig an das Testament seines Vaters, demzufolge er den Tem­pel bauen und die Gebote der Tora einhalten sollte. Gott schenkte ihm Weis­heit und Reich­tum, und diese blieben ihm sein Leben lang erhalten. Weder verhielt er sich im Inneren seines Königreichs oder nach außen hin unangemessen, noch beging er eine Sünde oder ein Verbrechen. Daher verursachte er weder den Sturz seines Reichs noch die Teilung des Vereinigten Königreichs Israel; vielmehr trugen die unklugen Handlun­gen seines Nachfolgers Rehabeam die Schuld daran (2. Chro­nik 10 // ­1. Könige 12). Er hatte auch keinen Anteil an dem späteren Sturz des Königreichs Juda, nicht nur, weil er nie einen Fehler machte, sondern auch, weil die Theologie des Chro­nisten das Ansam­meln 5 Zu diesem Thema siehe Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 7–9, 270–271; ders., An An­cient Israelite Historian, S. 90–92.

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von Sünden über Generationen hinweg nicht zulässt. Als Ergebnis erschuf der Chro­nist einen neuen Sa­lo­mo, eine vollkommene Person, die er sich anstelle derjenigen wünschte, die in Wirklichkeit existiert hatte. Die Dar­stel­lung Sa­lo­mos in der Chro­nik ist deutlich idea­listischer als die Beschreibungen jedes anderen Königs im Alten Israel, einschließlich Kö­nig David. Als er im ersten Viertel des 4. Jh. v. u. Z. im ärmlichen Jerusalem sein Werk verfasste, und die Provinz Jehud unter persischer Kontrolle stand, blickte der Chro­nist sehnsüchtig zurück auf den Bauherrn des ersten, heiligen, reich ausgestatteten und großen Tempels und auf die Gründer des Vereinigten Königreichs Israel, David und Sa­lo­mo. Er idealisierte sie als nachahmenswerte Vorbilder, die es verdienten, dass jeder Jude ihnen nacheiferte und folgte (vgl. z. B. 2. Chr 11,17b). In der Chro­nik wurde Sa­lo­mo zum Zeichen und Symbol von Ruhm, Frömmigkeit, Wohlstand und Glück. Ihm sollte man über Ge­ ne­rationen hinweg nachahmen und seiner gedenken: „Und es war eine große Freude in Je­ru­salem; denn seit der Zeit Sa­lo­mos, dem Sohn Davids, König Israels, hatte es Derartiges nicht gegeben“ (2. Chr 30,26, Sondergut). Das bestätigt noch einmal meine Schlussfolgerung an anderer Stelle, dass Ge­schichts­ schrei­bung unausweichlich von den spezifischen Bedingungen der Zeit, des Ortes und der Umstände geprägt wird, in denen sie verankert ist.6 Die frühen und späten bi­blischhis­toriographischen Schriften präsentieren, wie alle historischen Er­zäh­lungen, be­stimm­ te Vorstellungen von Sa­lo­mo, die nach den Anforderungen ihrer eigenen Zeit, den Ideo­ lo­gien und Theologien umgeformt wurden. Das bedeutet, dass keiner von beiden einfach ein „objektiver“ Bericht dessen ist, was wirklich geschah, denn jede Ge­schichts­schrei­bung beruht auf Auswahl, Bewertung, Interpretation und Synthese: Von den zahl­losen Er­ eignissen in Sa­lo­mos Leben muss jeder Historiker auswählen, welche er be­schreibt, welche ihrer Aspekte er betont und wie sie zu verstehen sind. Es liegt in der Na­tur der Sache, dass diese Entscheidungen subjektiv sind. Das auf diese Weise entstehende Bild von Sa­ lo­mo wird dadurch entscheidend geprägt. Für sich genommen sagt diese Aus­wahl we­nig aus über die Wahrheit oder Unwahrheit der Ge­schich­ten, die auf diese Weise gesam­melt und wiedergegeben werden, und auch nicht über die Authenti­zi­tät des Gesamtbildes von Sa­lo­mo, das durch sie vermittelt wird; das ist jeweils eine an­de­re Frage. Es ist ein­fach notwendigerweise Bestandteil des Versuchs, die Vergangenheit in einem überschauba­ren Bericht zusammenzufassen, der die Bedürfnisse der Zeitgenossen des Historikers erfüllt. Nur weil Sa­muel-Kö­ni­ge und die Chro­nik jeweils unterschiedliche, aber doch mehr oder weniger komparable Vorstellungen von Sa­lo­mo präsentieren, bedeutet das nicht, dass beide im Umgang mit den historischen „Fakten“ oder ihren Quellen denselben Ansatz verfolgen. Im Gegenteil scheinen die Ver­fas­ser bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge eine völlig andere Haltung zu diesen Themen gehabt zu haben als der Chro­nist. Während insbesondere die Samuel- und Königebücher sicherlich nicht frei von Interpretationen sind und sogar einige späte Anachronismen, Legenden und tendenziöse Hinzufügungen beinhalten, versuchen sie aber im Großen und Ganzen, ein mehr oder weniger authenti6 Siehe ausführlich Kalimi, „Placing the Chron­icler in His Own Historical Context“, S. 189–192.

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sches Bild von David und Sa­lo­mo zu vermitteln, das nahe an der Wirklichkeit liegt – mit ihren guten und schlechten Taten, wie dies jedem menschlichen Wesen natürlich ist. Im Allgemeinen haben die Ver­fas­ser bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge weder die Span­nungen und Widersprüche zwischen ihren Quellen geglättet, noch haben sie konsis­ tent irgendeinen Versuch unternommen, deren Berichte zu beschönigen. So wird bei­ spiels­weise nicht versucht, Davids Affäre mit Batseba, seinen Mord an Uria oder die ver­ schie­denen Rebellionen am Ende seiner Herrschaft zu vertuschen. Auch werden Davids Krank­heit vor seinem Tod, die Hofintrigen und die Gewalt, die Sa­lo­mo die Übernahme des Throns anstelle von Adonia ermöglichten, von Sa­muel-Kö­ni­ge nicht ausgelassen. Statt­dessen benutzt der Ver­fas­ser bzw. Editor der Thronfolgeerzählung relativ gering­fü­ gi­ge – aber sehr bedeutsame – Hinzufügungen, um deutlich zu machen, dass Sa­lo­mo trotz und mittels dieser Umstände den Thron besteigen konnte, weil der Herr ihn liebte und ihn erwählt hatte. Letzteres kann durchaus eine sekundäre post eventum-Recht­ fertigung für Sa­lo­mos Usurpation sein, aber sie wird zusätzlich als eine Anerkennung der fragwür­digsten Handlungen Davids und Sa­lo­mos präsentiert und nicht stattdessen. Sa­lo­ mo wird, wie auch David, Jakob und viele andere Helden aus Israels Vermächtnis und Ge­ schich­te, nicht als vollkommene Person dargestellt, sondern als eine, die von Gott ge­liebt und bevorzugt wurde, um sein Volk, trotz der zweifelhaften Umstände seiner Ge­burt und seines Aufstiegs an die Macht, anzuführen. So bestätigt die Thronfolgeerzäh­lung die Erwählung Sa­lo­mos durch Gott, wie das auch die königlichen Apologien von vielen anderen Usurpatoren im Alten Orient tun, allerdings ohne die fragwürdigen Handlun­ gen auszulassen, die andere dazu führten, seine Legitimität überhaupt erst anzuzweifeln. Das macht sie einzigartig unter ihnen. Die Chro­nik treibt andererseits das selektive Wesen der Ge­schichts­schrei­bung im All­ ge­meinen auf die Spitze, indem sie nicht nur die Tatsache noch stärker betont, dass Gott Sa­lo­mo von Geburt an und sogar zuvor schon erwählte und ihm seinen Na­men gab, son­ dern auch jeden Hinweis auf ein Fehlverhalten in den Ge­schich­ten über Da­vid und Sa­lo­ mo weglässt. Der Chro­nist verändert die Er­zäh­lung von Sa­lo­mos Aufstieg radikal und in einer Weise, die den Quellen in Sa­muel-Kö­ni­ge direkt widerspricht und glättet regel­mäßig die Widersprüche und Schwierigkeiten, die in den Quellen vorhan­den sind oder die zwischen ihnen und der Tora bestehen. So werden der gesamte Bericht von Davids Affä­re mit Batseba, sein Mord an Uria und Sa­lo­mos Geburt inmitten dieser Um­stände, Da­vids Krank­heit und der Konflikt zwischen Adonia und Sa­lo­mo – neben vielen an­deren ähn­ lichen Fällen – nicht nur weggelassen, sondern ersetzt mit vollkommen anderen, positi­ven Ge­schich­ten. Indem er versichert, dass Sa­lo­mo von Anfang an der ersehnte Thron­fol­ ger war, erwählt von Gott und seinem Vater, und akzeptiert von allen seinen Brüdern, allen königlichen Beamten und ganz Israel, geht der Chro­nist weit über die rein selekti­ve Präsentation und Ausarbeitung der Ge­schich­te hinaus. Er schafft ein Ideal („Mythos“) von Sa­lo­mo, das in direktem Kontrast zum tatsächlichen, aber unvollkommenen Mann steht, den Sa­muel-Kö­ni­ge zu beschreiben versucht. In ähnlicher Weise vermittelt zwar jeder der hier diskutierten bi­bli­schen Texte ein Bild von König Sa­lo­mo, das zu seiner jeweiligen Zeit passt. Das wird jedoch auf unterschiedli­ che Weise und mit verschiedenen Methoden erreicht, auch die Gründe dafür unterschei­

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den sich erheblich: Die frühen Ge­schichts­­schrei­ber, die ihr Werk vermutlich verhältnis­ mä­ßig kurz nach den geschilderten Ereignissen und vor der umfassenden Etablierung der Tora ver­fassten, folgten im Wesentlichen den verlässlichen Quellen, die ihnen zur Verfü­ gung stan­den, nämlich jenen, die Sa­lo­mo als das zweite Kind von David und Batseba beschreiben, das nach deren Hochzeit zur Welt kam. Sie bemühten sich so, Sa­lo­mo von der Anschuldigung, dass sein Königtum illegitim sei, freizusprechen – eine Anschuldi­ gung, die zu dieser Zeit offenbar noch im Umlauf war. Diese Texte präsentieren also eine um­fangreiche Apologie seiner göttlichen Erwählung und schreiben ihren Quellen sogar ein „Testament“ und Reden zu, aber sie harmonisieren in der Regel ihre Quellen nicht mit irgendwelchen Gesetzestexten oder Geboten. Im Gegensatz dazu schrieb der Chro­nist in der Zeit des Zweiten Tempels, zu einer Zeit, als der Gehorsam gegenüber der Autorität der Tora zwingend geworden war und die Kontroversen am Beginn von Sa­lo­mos Herrschaft nicht mehr als eine verblassen­de Erinnerung waren. Sein Ziel war daher nicht nur die Rechtfertigung von Sa­lo­mos Hand­ lungen, sondern auch, ihn zum perfekten Bauherrn des Tempels zu erheben, der Got­tes Gebote in der Tora treu befolgte. Er war ein legitimer König und eine moralisch un­ge­ wöhn­lich hochstehende Person, für kommende Generationen ein vorbildlicher Kö­nig und Mann (dagegen Neh 13,26). So formte der Chro­nist seine Quellen – die Texte, die er Sa­­muel-Kö­ni­ge entnommen hatte – gemäß den religiösen und sozialen Bedingun­gen seiner Zeit und seiner Umgebung in großem Umfang neu, und zwar auf eine Weise, die in den Werken der frühen bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber einfach nicht ersichtlich ist. Da ja der Chro­nist seine Quellen frei umgeschrieben hat, gehen demzufolge einige Exe­geten davon aus, dass auch ohne direkte Beweise abgeleitet werden könne, dass die Auto­ren bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge dasselbe oder Ähnliches getan haben, um ihren eigenen „Mythos“ von Sa­lo­mo und sein Leben zu schaffen. Das ist jedoch ein Trug­ schluss! Der Vergleich zwischen der Chro­nik mit ihren Quellen in Sa­muel-Kö­ni­ge bietet ­einen Einblick in die historiographischen Methoden, die von Ver­fas­sern bzw. Editoren des Al­tertums im Allgemeinen angewendet werden konnten, einschließlich jener von Sa­muel-Kö­­ni­ge.7 Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass alle bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ber von denselben Methoden oder in demselben Ausmaß Gebrauch mach­ten. Das würde nämlich die großen Unterschiede in den literarischen, historiogra­ phi­schen, theologischen und didaktischen Konzepten dieser Schriften missachten und eine Einheitlichkeit der Methodik und Perspektive bei den bi­bli­schen Ge­schichts­­schrei­ bern voraussetzen, die keiner Prüfung standhalten kann. Angesichts dessen sind verall­ge­ mei­­nernde Behauptungen, Sa­muel-Kö­ni­ge stellten einen Versuch dar, die beschämends­ ten Aspekte der Ge­schich­te Sa­lo­mos zu verschleiern, nicht zu rechtfertigen: So zum Bei­­spiel die unbegründete Annahme, dass Sa­lo­mo eigentlich Batsebas Erstgebore­ner und daher ein Bastard gewesen sei.8 Weder gibt es eine Grundlage für die Annah­me 7 Siehe Kalimi, The Reshaping of Ancient Israelite His­to­ry in Chron­icles, S. 409–410. 8 Weitere Beispiele für die inhaltliche Harmonisierung in der Chro­nik, in der peinliche Details über David und Sa­lo­mo und andere, zum Beispiel Elia, in Sa­muel-Kö­ni­ge überliefert wurden, siehe die Dis­kussion in Kalimi, Zur Ge­schichts­schrei­bung des Chro­nisten, S. 127–148.

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eini­­ger Exegeten, dass 2. Samuel 10–12 oder 1. Könige 1–2 über mehrere Jahrhunder­te ent­­standen seien – ungeachtet einiger kurzer später Hinzufügungen –, noch für die Be­ haup­tungen der sogenannten „Minimalisten“, denen zufolge der ganze Bericht über die Ver­einigte Monarchie eine literarische Fiktion sei. Es ist nicht zu leugnen, dass die Bü­cher von Sa­muel-Kö­ni­ge als Ganzes ihre endgültige Form erst lange nach Sa­lo­mos Zeit – bis in die Exilszeit hinein – erhalten haben, sondern es soll vielmehr bekräftigt wer­den, dass die Ver­fas­ser bzw. Editoren deutlich ältere Quellen heranzogen, die sie im Allge­mei­nen mehr oder weniger unverändert miteinander verknüpften, statt sie umzuschrei­­ben oder zu harmonisieren. Nicht selten haben die Ver­fas­ser bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­­ni­ge sogar Quellen integriert, die grundlegenden theologischen Bekenntnis­sen der deu­te­ro­ no­mistischen Schule widersprechen.9 In scharfem Kontrast zum Chro­nis­ten las­sen die Ver­­fas­ser bzw. Editoren von Sa­muel-Kö­ni­ge die problematischeren Passa­gen ihrer Quel­ len nicht nur aus, sondern verurteilen teilweise direkt die Vergehen derje­ni­gen, die Gott be­vorzugt – so zum Beispiel die Missetaten von David und Sa­lo­mo (z. B. 2. Sam 12,1–12; 1. Kön 11,1–10). Das alles bietet nicht nur eine solide Grundlage dafür, von der grundsätzlichen Zu­ ver­lässigkeit der frühen bi­bli­schen Ge­schichts­schrei­bung auszugehen, sondern spie­gelt auch die tiefgreifenden Unterschiede in der Herangehensweise der frühen bi­bli­schen Ge­ schichts­­schrei­ber gegenüber derjenigen der späten: Beide präsentieren Sa­lo­mo als den von Gott erwählten Nachfolger Davids und Erbauer des Tempels. Wie sie das jedoch tun, un­ter­scheidet sich erheblich hinsichtlich der literarischen und redaktionellen Metho­den, der theologischen Implikationen, sowie der Sprache und des Stils. Während die Ver­fas­ser bzw. Redaktoren von Sa­muel-Kö­ni­ge danach streben, diejenigen Aspekte Sa­lo­mos, die pro­blematisch erscheinen könnten, entweder rechtfertigen (1. Könige 2) oder kritisie­ren (1. Könige 11), lässt der Chro­nist alles aus, was nicht zu seiner Perspektive passt, und ersetzt es mit den idealisierten Merkmalen, die er präsentieren möchte. So richten die Ver­ fas­ser der frühen bi­bli­schen historiographischen Schriften ihre Aufmerksamkeit meistens auf „den Mann“, während die späteren Ge­schichts­­schrei­ber eher dem „Mythos“ vor der Wirklichkeit den Vorzug geben.

9 Vgl. z. B. 2. Sam 5,21 mit Dtn 7,25; 2. Sam 12,13–23 mit Dtn 24,16; 2. Kön 14,6; sowie 1. Kön 18,30– 32; 19,10.14 mit Dtn 12,4–14; siehe Kapitel II, § I II, 1, S. 30–31.

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Autorenregister Aharoni, Y. .................................. 23, 25, 83 Ahituv, S. ....................................... 125, 159 Ahlström, G. W. .................................... 193 Albright, W. F. ....................... 138, 145, 230 Alexander, J. B. .......................................... 4 Alt, A. ...................................... 75, 187, 203 Alter, R. ................ 120, 121, 175, 243, 244 Amiran, R. .............................................. 23 Anderson, J. E. ....................................... 207 Arend, W. .............................................. 243 Arie, E. ..................................................... 27 Aster, S. Z. ............................................. 262 Auerbach, E. .................................... 95, 175 Auld, A. G. .................... 8, 38, 45, 46, 96, 152, 253 Aviram, J. ................................................. 25 Avraham, N. .......................................... 119 Bach, A. ................................................. 194 Baden, J. ..................................................... 7 Baker, D. W. ............................................. 47 Baker, H. ................................................ 129 Bar-Efrat, S. ........................................... 175 Barkay, G. ................................................ 23 Barnes, W. E. ......................... 155, 217, 218, Bartel, A. ............................................... 218 Barton, G. A. ......................................... 165 Baumgartner, W. .............................. 66, 90 Bayer, B. ..................................................... 4 Bearman, G. ............................................ 18 Becker, U. .................................................. 9 Becking, B. ............................................ 255 Beckman, G. .......................................... 138 Beentjes, P. C. ................................ 163, 177 Ben-Ami, D. ............................................ 24 Ben-Noun, L. ................................ 184, 185 Ben-Tor, A. .................................. 23, 24, 47 Ben-Yosef, E. ............................................ 28

Benzinger, I. ................ 155, 188, 189, 197, 225, 227, 257 Berenbaum, M. ......................................... 4 Bezzel, H. ................................................... 9 Biberger, B. ............................................ 192 Biran, A. .......................................... 21, 120 Blankenberg-van Delden, C. .................. 83 Blum, E. ................................................... 77 Boardman, J. ................................. 135, 136 Boaretto, E. ............................................. 27 Böck, B. ................................................. 135 Bodner, K. ............................................. 238 Bonnefoy, Y. .......................................... 139 Borger, R. ...................................... 125, 126 Botterweck, G. J. ................................... 106 Braudel, F. ................................................ 78 Braun, R. L. ........................................... 155 Breasted, J. H. ................ 140, 141, 142, 143 Brettler, M. Z. ........................................ 115 Brice, L. L. ............................................... 93 Bright, J. ........................................... 63, 195 Brisch, N. ............................................... 117 Brown, R. E. .......................................... 166 Brueggemann, W. ..................................... 7 Brunner, H. ........................................... 140 Buber, M. M. ......................................... 115 Budde, K. ................................. 94, 170, 198 Burnside, J. ............................................ 230 Cahill, J. M. ....................................... 26, 72 Campbell, A. F. ..................................... 238 Cancik-Kirschbaum, E. ........................ 135 Carr, D. M. ............................................ 253 Caspari, W. .................................... 114, 171 Cassuto, U. ............................................ 205 Caubet, A. ............................................. 136 Chesnutt, R. D. ..................................... 159 Childs, B. S. ........................................... 131

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Autorenregister

Christen-Barry, W. A. ............................. 18 Clark, M. ............................................... 243 Cline, E. H. .............................................. 27 Cogan, M. .............. 30, 32, 33, 65, 75, 77, 83, 125, 145, 186, 189, 202, 221, 225 Cohen, C. .............................. 116, 131, 136 Cohen, Y. ............................................... 138 Collins, B. J. ........................................... 139 Coogan, M. D. ................... 30, 34, 159, 180 Cook, S. A. ................................... 94, 95, 98 Cooke, G. ...................................... 126, 211 Cooper, J. S. ................................... 133, 134 Corley, J. ................................................ 163 Crenshaw, J. L. ...................................... 165 Cross, F. M. .................................. 30, 31, 53 Culley, R. C. .......................................... 115 Curtis, E. L. ................................... 152, 218 Davies, P. R. ........................ 20, 38, 43, 44, 47, 48, 49, 50, 51, 53, 54, 60, 63, 74, 78 Day, J. ....................................................... 68 Delekat, L. ............................................... 93 Delitzsch, F. ........................................... 180 Demsky, A. ............................................ 205 Dessoudeix, M. ..................................... 142 Dever, W. G. ................................ 24, 25, 60 DeVries, S. J. .................. 75, 186, 198, 224 Dhorme, E. P. .......................................... 94 Di Lella, A. A. ....................................... 164 Dietrich, M. ........................................... 128 Dietrich, W............................................. 63, 66, 90, 94, 97, 192, 204, 205 Dillard, R. B. ..................................... 7, 153 Dirksen, P. B. ........................ 229, 230, 260 Dodson, A. .............................................. 83 Donadoni, S. ......................................... 140 Donner, H. ..................................... 90, 128 Dörrfuss, E. M. ..................................... 230 Drews, R. ............................................... 132 Driver, S. R. ..................................... 31, 171 Dus, J. .................................................... 115 Ebeling, E. ............................................. 129 Edgerton, W. F. ...................................... 140 Edwards, L. E.S. .................................... 140 Edzard, D. O. ......................................... 130

Ehrensvärd, M. ........................................ 55 Ehrlich, A. B. ................. 107, 195, 196, 197 Eissfeldt, O. ........................................... 224 Emerton, J. A. .......................................... 94 Eph’al, I. ................................................ 136 Eshel, E. ................................................... 53 Exum, J. C. ............ 106, 173, 174, 180, 181 Eynikel, E. ............................................... 96 Fabry, H.-J. ............................................ 106 Fantalkin, A. ........................................... 69 Fassberg, S. E. .................................... 55, 56 Fenik, B. ................................................. 243 Fewell, D. N. ......................................... 243 Fine, S. ..................................................... 66 Finkelstein, I. ....... 5, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 38, 44, 45, 52, 61, 62, 63, 64, 69, 71, 72, 73, 75, 76, 77, 78, 78, 80 Fischer, A. A. ..................................... 93, 96 Foster, B. R. .......................... 130, 132, 134 Fowler, R. .............................................. 243 Fox, M. V. ............................................... 125 Franke, S. ............................................... 180 Frankfort, H. ................................. 121, 237 Freedman, D. N. ...................... 30, 165, 226 Fremantle, K. ........................................... 15 Frerichs, E. S. ......................................... 251 Frevel, C. ........................ 21, 63, 68, 69, 230 Friedman, R. E. ....................................... 62 Frisch, A. ................................................. 47 Fuchs, A. ................................ 129, 135, 136 Galil, G. ............................... 63, 68, 69, 247 Galling, K. ............................................. 218 Ganor, S. ...................................... 18, 27, 28 Garbini, G. ............................................. 20, 33, 38, 39, 40, 41, 42, 44 Gardner, A. E. .................................. 64, 152 Garfinkel, Y. ...................... 5, 18, 27, 28, 69 Garrett, D. ............................................. 180 Gehman, H. S. ........................................ 38, 82, 185, 186, 193, 194, 223, 225, 226 Gerhards, M. ........................................ 132 Gerleman, G. ................ 100, 179, 180, 181 Gesenius, W. ........................................... 91 Gibson, J. C.L. ......................................... 56

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Autorenregister

Gibson, M. ............................................ 131 Gilboa, A. .......................................... 27, 28 Gilmour, R. ........................................... 115 Glassner, J. J. .......................................... 136 Glicksman, A. T. ........................... 159, 160 Glueck, N. ............................................... 28 Goedicke, H. ......................................... 139 Goethe, J. W. von .................................. 264 Goetze, A. .............................................. 145 Goldin, J. ............................................... 166 Goldmark, C. ............................................ 4 Golka, F. W. ........................................... 241 Golub, M. R. .......................................... 90 Gordis, R. ............................................. 165 Grabbe, L. L. ......................... 49, 50, 58, 63 Gray, J. ................................................... 75, 77, 186, 192, 194, 223, 225, 226, 227 Grayson, A. K. ......................... 83, 130, 135 Greenberg, Y. ........................................... 90 Greenspahn, F. E. .......................... 157, 207 Greenstein, E. L. ...................................... 66 Greßmann, H. ................ 96, 146, 186, 224 Griffiths, J. G. ....................................... 146 Grol, H. van ........................................... 163 Guillaume, P. ............. 45, 63, 65, 76, 79, 95 Güterbock, H. G. ............................ 84, 138 Gutman, J. ............................................. 238 Hackett, A. .............................................. 53 Hagelia, H. .............................................. 21 Hallo, W. W. .................. 128, 130, 137, 145 Halpern, B. ........ 74, 75, 101, 102, 114, 225 Handy, L. K. ...................... 5, 25, 45, 75, 95 Haran, M. ................................................ 73 Hayes, W. C. .................................. 140, 141 Healy, M. ................................................. 93 Hegel, G. W.F. ......................................... 53 Heinz, M. .............................. 130, 131, 136 Hentschel, G. .......................................... 63 Herr, L. G. ............................................... 23 Hertzberg, H. W. ............ 94, 122, 171, 198 Herzog, Z. ......................................... 26, 74 Heyse, P. .................................................... 4 Higham, T. .............................................. 23

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Hoffman, Y. .......................................... 125 Hoffner, H. A. ............................... 138, 139 Honeyman, M. ...................................... 121 Hornung, E. .......................... 140, 141, 142 Horowitz, W. ........................................... 90 Horst, P. W. van der .............................. 146 Hossfeld, F. L. ........................................ 162 Hout, T. P.J. van den ............................. 137 Houtman, C. ......................................... 146 Hurowitz, V. A. .............. 68, 136, 247, 249 Hurvitz, A. ................................ 53, 56, 221 Ishida, T ............................................... 32, 103, 117, 118, 124, 125, 184, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 199, 205, 228 Jackson, K. P. ......................................... 125 Jacoby, F. ................................................ 132 James, P. ............................. 4, 5, 7, 8, 41, 64 Jamieson-Drake, D. W. ......................... 205 Japhet, S. .................................... 7, 155, 233 Jarick, J. ...................................................... 7 Jeremias, J. ............................................. 248 Jones, B. W. ............................................ 145 Jones, L. ................................................. 133 Kalimi, I. ......................................... 3, 6, 9, 11, 29, 32, 33, 34, 35, 46, 47, 49, 51, 55, 56, 57, 67, 70, 77, 97, 107, 125, 126, 136, 144, 152, 153, 154, 156, 158, 159, 161, 162, 165, 172, 189, 200, 211, 212, 217, 218, 219, 221, 222, 228, 240, 241, 250, 251, 252, 253, 256, 257, 258, 259, 260, 261, 264, 265, 276, 279, 280, 281, 283 Kaufman, Y. ................ 164, 195, 196, 199 Keel, O. .................................................. 179 Kenyon, K. M. ......................................... 25 Kessler, R. .............................................. 115 Keulen, S. F.  Van ............................... 5, 199 Killebrew, A. E. .................... 26, 62, 64, 70 Kirkpatrick, A. F. .................................. 171 Kitchen, K. A. .................. 19, 32, 41, 47, 63 Kittel, R. ................................ 156, 188, 218 Klein, R. W. ....... 7, 156, 159, 219, 255, 260 Klostermann, A. ................................. 110, 118, 186, 187, 189, 192, 221

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Autorenregister

Knapp, A....................................................... 6, 103, 104, 116, 117, 126, 127, 129, 137, 139, 147, 148, 199, 200, 225, 226 Knauf, E. A. .................. 20, 38, 45, 55, 56, 63, 65, 66, 72, 76, 79, 95, 114 Knoppers, G. N. ..... 37, 63, 68, 83, 157, 255 Kochavi, M. ............................................. 52 Koehler, L. ........................................ 66, 90 Kooij, A. van der ........................... 136, 145 Kramer, S. N. ......................................... 133 Kratz, R. G. ..................................... 26, 139 Kreimerman, I. ........................................ 18 Kropat, A. ................................................ 56 Kuenen, A. .............................................. 31 Kunz-Lübcke, A. ..................................... 7 Laroche, E. .................................... 137, 139 Lassner, J. ................................................. 47 Lehmann, G. ........................ 70, 78, 79, 80 Leichty, E. ...................................... 125, 126 Lemaire, A. ............................ 18, 21, 47, 53 Lemche, N. P. ...... 43, 44, 46, 47, 57, 63, 71 Levin, I. L. ............................................... 47 Levin, Y. ........................................... 19, 145 Levine, B. A. ........................... 63, 251, 254 Levy, S. .................................................. 145 Levy, T. E. ................................................ 23 Lewis, B. ....................... 131, 132, 133, 134 Lewison-Gilboa, A. ................................ 25 Lewy, H. ................................................ 188 Lichtheim, M. ....................................... 142 Lipiński, E. .............................................. 20 Liver, J. ................................... 32, 33, 39, 83 Longman, T. ........................ 129, 130, 179 Luckenbill, D. D. ................................... 126 Lundberg, M. J. ....................................... 66 Luther, B. ................................................. 92 Lux, R. ................................................. 5, 63 Lynch, M. ..................................... 220, 248 Maass, F. .................................................. 93 Madsen, A. A. ........................ 152, 155, 218 Malamat, A. ....... 63, 82, 92, 159, 218, 232 Marcus, R. ............................................. 217 Marsman, H. J. ...................................... 197 Martin, M. A.S. ....................................... 27

Mattingly, G. L. ..................................... 145 Mauchline, J. ................................. 170, 171 Mauthner, F. ............................................ 53 Mazar, A. ........................ 22, 23, 24, 26, 47 Mazar, B. ..................... 19, 26, 63, 159, 218 Mazar, E. ................................................. 26 McCarter, P. K., Jr. .................... 53, 67, 92, 101,104, 107, 112, 114, 115, 117, 121 McCarthy, D. J. ........................... 248, 249 McKenzie, S. L. ................. 7, 91, 101, 116, 157, 199, 200, 261 Meinhold, J. ........................................... 155 Meinhold, W. ........................................ 133 Meissner, B. ........................................... 129 Mettinger, T. N.D. .................. 75, 170, 196 Meyer, E. .................................................. 92 Meyers, E. M. ..................................... 24, 25 Mieroop, M. van de ........... 134, 135, 136, 138, 139, 144 Mildenberger, F. .................................... 224 Millard, A. R. .............................. 18, 68, 83 Miller, A. ............................................... 180 Misgav, H. ............................................... 18 Momigliano, A. ..................................... 129 Montgomery, J. A. ................ 82, 185, 186, 193, 194, 223, 225, 226 Moore, G. F. ........................................... 164 Moorey, P. R.S. ...................................... 131 Moran, W. L. ................................. 105, 123 Mosis, R. ............................... 156, 230, 257 Mulder, M. J. ....... 33, 75, 77, 185, 202, 221 Mumcuoglu, M. .................................. 5, 69 Murphy, R. E. ........................ 165, 173, 180 Myers, J. M. ............................................ 222 Na’aman, N. .................. 19, 20, 41, 51, 52, 73, 76, 92, 136, 205 Naveh, J. .......................................... 21, 120 Nelson, R. D. ........................................... 31 Neusner, J. ............................................. 251 Newsom, C. .......................................... 106 Nicol, G. G. ...................................... 91, 194 Niemann, H. M. .................. 45, 75, 76, 205 Niens, C. ................................................ 243 Nitsche, S. A. ............................... 95, 97, 98

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Autorenregister

North, C. R. .......................................... 221 Noth, M. .................................................. 17, 30, 32, 63, 186, 188, 196, 230 Nowack, W. ............................................ 94 Oded, B. ....................................... 47, 53, 60 Oettli, S. ........................................ 155, 180 Ofer, A. ............................................. 52, 78 Olyan, S. M. .......................................... 115 Oppenheim, A. L. ........ 126, 128, 130, 132 Ortiz, S. ................................................... 25 Oswald, W. ............................... 5, 192, 248 Pákozdy, L. M. von ................................ 121 Parker, S. B. ............................................ 216 Parpola, S. .............................. 136, 145, 188 Pasto, J. .............................................. 46, 47 Paul, S. M. ..................... 116, 126, 136, 208 Peckham, B. ............................................. 31 Person, R. F. ............................................... 8 Pettinato, G. .......................................... 133 Phillips, G. A. ........................................ 243 Piasetzky, E. ....................................... 25, 26 Pietsch, M. ......................................... 5, 248 Pike, D. M. ..................................... 125, 126 Pitard, W. T. ............................................ 66 Polzin, R. ................................................. 56 Pope, M. H. ........................................... 173 Poulssen, N. .......................................... 221 Pritchard, J. B. ......................... 84, 125, 189 Provan, I. ................................................. 46 Pury, A. de ............................................. 199 Rad, G. von .......................................... 227 Rainey, A. F. ..................................... 46, 60 Reimer, P. J. ....................................... 27, 28 Rezetko, R. .............................................. 55 Richardson, S. F.C. ..................... 49, 66, 93 Richter, T. ............................................. 135 Ringgren, H. ......................................... 106 Roberts, J. J.M. .................... 61, 62, 81, 139 Roberts, J. T. ............................................ 93 Robinson, J. .......................................... 195 Robker, J. M. ........................................... 22 Rofé, A. ........................... 77, 198, 199, 250 Rogerson, J. W. .................................. 53, 60 Röllig, W. ....................................... 90, 128

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Rollston, C. ............................................. 18 Römer, T. ............................................... 199 Rosenthal, F. ......................................... 189 Rost, L. ....................... 92, 93, 94, 198, 199 Rowley, H. H. ................................ 179, 180 Rudnig, T. A. ................... 5, 6, 31, 95, 96, 99, 199, 203, 204 Rudolph, W. .......... 153, 156, 159, 231, 257 Rupprecht, K. ......................................... 65 Sæbø, M. .................................................. 47 Sakenfeld, K. D. ............................... 30, 136 Sallaberger, W. ............................... 129, 130 Sandhaus, D. ........................................... 24 Särkiö, P. ............................................ 6, 232 Sarna, N. M. ............................ 32, 75, 255 Sasson, G. .................................................. 6 Sasson, J. M. ........................................... 137 Sasson, V. ............................................... 180 Schäfer, H. ............................................. 140 Schäfer-Lichtenberger, Ch. .................. 101 Schick, A. ................................................... 7 Schmidt, B. B. .................................... 18, 22 Schmitt, R. ............................ 117, 143, 144 Schott, S. ................................................ 140 Schwally, F. ........................................ 93, 94 Schwemer, D. ......................................... 139 Schwienhorst-Schönberger, L. ............. 165 Segal, M. Z. .................... 118, 164, 177, 198 Seters, J. van .................................... 93, 121 Sethe, K. ........................................ 140, 141 Seux, M.-J. ............................................. 128 Shakespeare, W. ...................................... 49 Sharon, I. ................................................. 27 Silberman, N. A. ............ 5, 20, 21, 22, 44, 45, 52, 63, 64, 72, 75, 78, 79, 80 Simian-Yofre, H. ................................... 106 Singer, I. ......................... 132, 137, 138, 139 Singer-Avitz, L. ....................................... 26 Skehan, P. W. ......................................... 164 Skinner, A. C. ........................................ 125 Skolnik, F. .................................................. 4 Smend, R. ................................................ 94 Smith, H. P. ............................... 94, 97, 198 Smith, S. ........................................ 134, 135

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Autorenregister

Soden, W.  Von ...................................... 130 Soggin, J. A. ........................................... 116 Sommerfeld, W. .................................... 129 Speiser, E. A. .................................. 130, 132 Sperber, A. ............................................. 196 Spieckermann, H. ................................. 139 Spinoza, B. ............................................... 33 Stamm, J. J. ...................................... 90, 100 Steed, H. W. ........................................... 188 Stefan, M. ................................................. 4 Stern, E. ................................................... 25 Stern, M. .............................................. 4, 17 Stoebe, H.-J. ...................... 97, 99, 171, 198 Stolz, F. .................................. 100, 115, 119 Strack, H. ............................................... 110 Streck, M. .............................................. 126 Streit, K. ............................................. 27, 28 Tadmor, H. ........... 125, 128, 129, 145, 227 Talshir, Z. .......................................... 53, 60 Talstra, E. ................................................ 33 Thackeray, H. St.J. .................. 22, 216, 217 Thenius, O. ........................................... 170 Thompson, T. L. .......... 43, 44, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 57, 58, 63, 64, 71, 73, 78 Toffolo, M. B. .......................................... 27 Toorn, K. van der ................................. 146 Torijano, P. A. .................................... 6, 163 Tov, E. .................................................... 199 Troen, S. I. ............................................... 47 Tuell, S. S. .............................................. 159 Ünal, A. ................................................. 137 Ussishkin, D. ................... 25, 26, 27, 64, 70 Vaughn, A. G. ....................... 26, 62, 64, 70 Vaux, R. de ............... 83, 114, 121, 122, 188, 196, 237 Veen, P. G. van der ................... 5, 18, 41, 64 Veijola, T. ...................... 31, 94, 95, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 114, 186, 201, 202, 203, 221, 224, 225, 227, 248 Verheyden, J. .................................... 16, 247 Volck, W. ............................................... 180 Vries, P. de ............................................. 262

Watanabe, K. ......................................... 145 Weidner, E. .................................... 125, 188 Weinfeld, M. ............ 97, 98, 125, 228, 248 Weippert, M. ................................... 21, 127 Weitzman, S. ............................................. 7 Wellhausen, J. ........................................ 97, 153, 170, 198, 204, 247 Westenholz, A. .............................. 129, 130 Westenholz, J. G. ........... 129, 130, 133, 145 Westermann, C. .................................... 241 White, M. .............................................. 115 Whitelam, K. M. ..................................... 17 Whybray, R. N. ..................................... 199 Wightman, G. J. ...................................... 25 Wilda, G. ............................................... 221 Willi, T. .................................. 155, 157, 158 Williamson, H. G. M. ...................... 7, 106, 218, 252, 256, 257, 259 Willmes, B. ............................................ 165 Wilson, J. A. ............................................. 84 Winston, D. ........................................... 159 Wolff, S. ................................................... 25 Wolkstein, D. ........................................ 133 Wright, B. G., III ................................... 163 Wright, E. ................................................ 23 Wright, J. L. ............................................... 7 Würthwein, E. ............... 95, 184, 186, 187, 197, 224, 225 Wyatt, N. ............................... 118, 119, 120 Yadin, Y. ............................................. 24, 25 Yardeni, A. ......................................... 18, 53 Yeivin, S. ................................................ 159 Young, I. ............................................ 55, 56 Young, T. C. .......................................... 136 Younger, K. L., Jr. .................... 47, 130, 137 Zakovitch, Y. ......... 173, 174, 180, 181, 200 Zalewski, S. .... 125, 186, 190,195, 218, 222 Zer-Kabod, M. ...................................... 165 Zilberg, P. .......................................... 18, 90 Zöckler, O. ..................................... 110, 180 Zwickel, W. ..................... 6, 22, 64, 68, 247

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Quellenregister Unspezifische Verweise auf Samuel, Könige, Sa­muel-Kö­ni­ge und die Chro­nik kommen auf fast jeder Seite dieses Buches vor und werden deshalb in diesem Register nicht erfasst. Sofern nichts anderes angegeben ist, beziehen sich alle Stellenangaben auf den Masoreti­ schen Text gemäß der Zählung in der BHS. Hebräische Bibel/ Altes Testament Genesis 2,2–3 ...................... 83, 261 21,16 ............................. 110 4,1–2 ............................ 110 21,17 ............................. 110 4,1–5 ............................ 207 21,18 ............................. 110 4,25 ............................... 114 21,19 ............................ 110 4,26 ............................... 114 21,20 ............................ 110 5,3 ................................. 114 22,2 .............................. 258 5,28–29 ......................... 114 22,14 ............................ 164 7,12 ................................. 33 24,1–9 .......................... 224 8,6 .................................. 33 24,11–65 ...................... 243 8,20 ................................ 66 24,12–14 ...................... 216 8,21 ................................ 90 24,17–21 ...................... 216 10,8–10 ........................ 145 24,42–44 ..................... 216 10,10 ............................. 135 24,45–46 ..................... 216 10,12 ............................ 136 24,67 ............................ 106 11,4–5 ............................ 66 25–27 ........................... 213 15,7–21 ........................ 242 25,23 .................... 138, 208 16–18,21 ...................... 207 25,25 .................... 176, 177 16,11 ............................. 161 26,23–24 ..................... 208 16,15 ............................ 113 27,1–40 ........................ 177 17,19 ..................... 113, 161 27,1–28,5 ..................... 224 18,29 .............................. 90 27,11b ............................ 176 18,31–32 ........................ 90 27,11c ............................ 176 21 . ................................ 138 27,6-13 ......................... 208 21,3 .............................. 113 27,29 ............................. 138 21,9–13 ........................ 138 27,37 ............................. 138 21,12 ............................ 110 27,40 ............................. 138 21,14 ............................. 110 28,12–15 ...................... 208 21,15 ............................. 110 29,1–13 ........................ 243

29,32–35 ....................... 114 30,6 ............................... 114 30,8 ............................... 114 30,11–13 ....................... 114 30,18–20 ....................... 114 30,24 ............................. 114 31,7 ................................ 159 31,41 .............................. 159 33,20 ............................ 164 34 . ......................... 159, 212 35,7 ............................... 164 35,18 .............................. 114 35,22–23 ....................... 159 35,22 ............ 123, 193, 212 37–50 ................... 170, 241 37,5–12 ........................ 242 37,31–35 ....................... 106 38,2 ...................... 152, 185 38,3 ............................... 114 38,4–5 ........................... 114 38,12 ............................ 106 38,26 ............................ 185 41,1–7 .......................... 216 41,51–52 ....................... 114 42,24 ............................ 241 43,30–31 ...................... 241 45,1–2 .......................... 241 45,14–16 ...................... 242

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Quellenregister

45,14–20 ...................... 241 45,16 ............................. 243 45,17–20 ...................... 242 49 . ................................ 224 49,2–12 ........................ 207 49,3–12 ........ 159, 166, 212 49,11–20 ...................... 207 Exodus 1–15 ............................. 242 1,21 .............................. 208 2,1–10 .... 96, 132, 146, 171 2,3 ........................ 110, 132 2,6a .............................. 110 2,6b .............................. 110 2,7 ................................ 110 2,9 ................................ 110 2,10 .............................. 110 2,11 .............................. 171 2,15–22 ........................ 243 2,22 .............................. 113 3–4 ............................... 207 3,18 ................................. 83 4,13 .............................. 171 5,3 .................................. 83 9,16 ................................. 90 13,8 ................................ 90 14,9 .............................. 189 14,14 ............................. 250 14,17–18 ....................... 189 14,23 ............................ 189 14,25 ............................ 189 14,28 ............................ 189 15,3 .............................. 250 15,4 .............................. 189 15,11 ............................. 255 15,17 ............................. 255 15,19 ............................ 189 15,22 .............................. 83 15,26 ............................ 209 17,15 ............................. 164 21,12–14 ...................... 230 21,14 ............................. 230

21,24 ............................ 223 22,27 ............................ 223 24,16 ............................ 262 24,18 .............................. 33 25–31 ........................... 247 25,1–31,11 .................... 216 25,9 .............................. 232 25,40 .................... 232, 255 26,30 ............................ 232 26,31–33 ...................... 257 26,33 ............................ 260 29,37 ............................ 264 29,38–42 ..................... 254 31,2–5 .................. 256, 261 35–40 ........................... 247 35,4–39,43 ................... 216 35,30–35 ...................... 256 35,32 ............................ 256 35,33 ............................ 256 35,35 ............................. 256 40,33b–35 ............ 262, 264 40,34 ............................ 262 Leviticus 1–7 ............................... 255 1,1 ................................. 262 6,12–16 ........................ 254 9,24 ...................... 263, 264 12,2 ................................ 83 15,4 ................................ 83 15,8 ................................ 83 16,2 .............................. 260 19,17–18 ....................... 224 23 . ................................ 255 23,33–36 ........................ 35 25,23 ............................ 220 26,18 .............................. 83 26,26 ............................. 159 Numeri 6,1–21 .......................... 115 6,24 .............................. 164 7,10 ............................... 264

7,11 ............................... 264 7,12–83 ........................ 216 7,84 ............................... 264 7,88 ............................... 288 10,33-34 ................. 83, 255 13,25 .............................. 33 14,22 ............................. 159 14,33 .............................. 33 16,26–27 ........................ 67 16,26 .............................. 67 16,32 .............................. 67 21,21–35 ........................ 75 23,1 ................................ 83 23,19 ............................ 228 28–29 ........................... 255 28,3–8 .......................... 254 29,35–36 ........................ 35 33,8 ................................ 83 Deuteronomium 3,20 .............................. 249 3,22 .............................. 250 4,6 ................................ 227 4,29 .............................. 227 6,5 ................................ 227 7,6–8 ............................ 123 7,12 ............................... 227 7,15 ............................... 209 7,25 ......................... 32, 284 9,5 ................................. 201 9,5c ............................... 228 10,12 ............................ 227 11,1 ............................... 227 11,13 ............................. 227 12,4–14 .................. 32, 284 12,5 ...................... 248, 254 12,10 ............................ 249 12,11 .................... 248, 254 12,14 .............................. 33 12,21 ............................ 248 12,23–25 ....................... 33 13,4 .............................. 227 14,23 ............................ 248

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321

Quellenregister

14,24 ............................ 248 15,20 .............................. 33 16,2 .............................. 248 16,6 .............................. 248 16,11 ............................ 248 16,12 ............................ 227 17,8 ................................. 33 17,10 ............................... 33 17,17 ............................... 84 17,18–19 ....................... 231 23,3 .............................. 119 23,24 ............................ 227 24,8 .............................. 227 24,16 ............................ 284 25,19 ............................ 249 26,2 .............................. 248 26,16 ............................ 227 28,10 ............................ 164 28,13 ............................ 227 28,27 ............................ 209 28,35 ............................ 209 29,8 .............................. 227 30,2 .............................. 227 30,6 .............................. 227 30,14 ............................ 227 31,23 ............................ 227 31,24–32,47 ................. 228 33,12 ............................ 118 Josua 1,1–6 ............................ 201 1,2 ................................ 249 1,6a ............................... 227 1,7 ................................. 249 1,7a ............................... 227 1,8 ......................... 227, 231 1,13 ............................... 249 1,15 ............................... 249 6,26 ........................ 66, 227 11,22 .............................. 17 19,18 ............................. 185 21,44 ............................ 249 22,3 .............................. 227

22,4 .............................. 22,5 .............................. 22,28 ............................ 23 . ................................ 23,1 .............................. 23,10 ............................ 23,14 ............................ 23,14a ........................... 24,1–28 ........................

249 227 256 228 249 250 201 227 228

Richter 2,1–5 ............................ 228 5 . .................................. 48 5,31 ................................. 33 6,24 .............................. 164 7,22 ............................... 226 8,28 ................................ 33 8,22–23 ........................ 220 8,31 ......................... 67, 114 11,1–12,7 ....................... 75 13 . ................................ 115 13,1 ................................ 33 13,1–24 ........................ 171 13,5 .............................. 115 13,7 .............................. 115 13,14 ............................. 115 13,24 ............................ 171 13,25 ............................ 171 14–16 ........................... 171 18,31 .............................. 67 1. Samuel 1 . ................................ 115 1,7 ........................... 67, 190 1,9 ........................... 67, 190 1,17 .......................... 67, 115 1,20 .............................. 115 1,23 .............................. 228 1,24 ................................ 67 1,27 ....................... 114, 115 1,28 .............................. 115 2,20 ....................... 115jer1. 2,22 ................................ 67

2,35–36 ........................ 227 3,3 .................................. 67 3,12-13 ......................... 227 3,12 .............................. 228 3,15 ................................ 67 4 . ........................ 238, 239 4–6 ............................... 238 4,4–6a .......................... 238 4,4–8a .......................... 238 4,6 ........................ 240, 243 4,6b–9 .......................... 238 4,9a ............................... 227 4,10–11 ........................ 238 4,12 .............................. 239 4,12–18 ................ 238, 239 4,13 .............................. 239 4,13–14 ................ 239, 242 4,14 ....................... 240, 243 4,14b–22 ...................... 239 4,17 .............................. 240 4,18 ................................ 33 4,21 ............................... 114 6 . ................................ 238 8,4–22 .......................... 220 8,11 .............................. 189 9,1–10,16 ....................... 169 9,1 ................................. 177 9,2 ................................. 176 9,11–13 ......................... 176 9,16 ....................... 203, 216 9,16–10,1 ..................... 213 9,27–10,1 ..................... 217 10 . ................................. 176 10,1 ............... 203, 216, 217 10,17–24 ...................... 217 10,20–21 ...................... 212 10,23–24 ...................... 177 10,23c ........................... 176 10,24 ............................ 215 10,27 ............................ 217 11 . .................................. 75 11,5 ............................... 132 11,14–15 ...................... 217

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Quellenregister

12 . ................................ 228 12,22 .............................. 90 13,14 ..................... 203, 216 13,19 .............................. 17 13,19–21 ........................ 40 14,47 .............................. 28 15 . ........ 111, 112, 113, 269 15,1 ........................ 117, 213 15,1–3 .......................... 111 15,1a ............................. 112 15,4 .............................. 203 15,8–9 .......................... 111 15,9 .............................. 111 15,10–11 ...................... 117 15,11 ............................. 213 15,13–15 ...................... 111 15,15 ............................... 99 15,16–19 ...................... 111 15,17 ............................. 117 15,17b .......................... 112 15,19 ............................ 111 15,20–21 ...................... 111 15,21 ............................ 111 15,23b .......................... 111 15,24 .................... 111, 112 15,25 ............................ 111 15,26–28 ..................... 117 15,26–29 ...................... 111 15,30a .......................... 111 15,30b–33 .................... 111 15,34–35 ...................... 111 15,35 ............................ 213 16,1–28,2 ....................... 33 16,1–13 ....................... 117, 126, 140, 142, 213, 217 16,1a ............................. 117 16,14 ............................. 117 16,6 .............................. 177 16,6–13 ........................ 207 16,10–13 ...................... 138 16,11 ............................ 132 16,11–30,31 .................. 169 16,12 ............................. 176

16,13 ............................ 215 16,18 .............................. 176 16,19 ............................ 132 17 . .................. 38, 121, 250 17,42 .............................. 176 17,47 ............................. 250 17,58 ............................. 120 18,10–11 ...................... 223 18,17–29 ...................... 223 19,1–24,3 ..................... 223 22,5 .............................. 192 22,17 ............................ 189 24–26 ............................. 48 24,4–20 ....................... 223 24,5 ...................... 184, 192 25,1 ............................... 176 25,30 .................... 203, 216 26,1–2 .......................... 223 26,3–25 ........................ 223 27,1 ................................. 17 27,2–7 ............................ 38 28,4 .............................. 185 28,15–18 ...................... 117 29,1–30,31 ..................... 33 29,11 ............................... 17 31,9 ................................. 17 31,11–13 ......................... 75 2. Samuel 1–24 ............................... 33 1,2 ................................ 239 2,1a ................................. 90 2,4a .............................. 217 2,23–3,39 .................... 223 2,32 .............................. 223 3,2–5 .............. 84, 185, 200 3,3 ................................ 189 3,4 ................................ 213 3,7 .................................. 84 3,2–5 .............................. 84 3,7–8 .................... 123, 193 3,9–10 .......................... 117 3,17–27 .......................... 80

3,26–30 ........................ 222 3,31–39 ........................ 226 5 . ......................... 157, 158 5,1–3 ............................ 217 5,2 ......................... 117, 203 5,4–9 ...................... 80, 136 5,4–5 ............................ 184 5,5 ................... 33, 187, 203 5,6–8 .............................. 71 5,6–9 ............................. 251 5,10 ....................... 190, 251 5,11 ......................... 38, 191 5,12 ................................ 90 5,13 ................................ 84 5,13–16 .......................... 30 5,14 ............................... 154 5,14–15 ........................ 154 5,14–16 ........................ 154 5,21 ........................ 32, 281 5,25 ............................... 251 6 . ................................ 238 6,12 ................................ 90 6,13 .............................. 254 6,17 ........................ 66, 215 6,17–18 ........................ 254 6,21–22 ......................... 84, 6,21 ...................... 203, 216 7 . ............................... 161, 203, 233, 248, 249, 273 7,1–17 ........................... 248 7,1 ......................... 249, 250 7,1–2 ............................. 250 7,1b ................................ 161 7,2 ................................... 66 7,5 ................................. 249 7,8 ................................. 203 7,8–9 ............................ 117 7,11 ............... 208, 249, 250 7,11–12 ......................... 208 7,11b–12 ...................... 227 7,11c–13 ....................... 124 7,12–13 .161, 233, 248, 249 7,12–14 ......................... 211

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Quellenregister

7,12–15 ........................ 249 7,12 ............................... 192 7,13 ....................... 248, 249 7,14 ............................... 265 7,15–16 ......................... 228 7,16 ............................... 220 7,22 ............................... 248 7,22b–24 .............. 248, 249 7,23 ............................... 248 7,24 ............................... 248 7,25 ....................... 201, 228 8 . ...................... 39, 40, 42 8,1 .................................. 38 8,1–14 ...................... 73, 76 8,1–15 .................. 250, 251 8,1a ................................. 90 8,2 .................................. 73 8,3 ................................ 230 8,6 .................................. 73 8,7–11 .......................... 275 8,8 ................................ 252 8,10–12 ........................ 252 8,10c–12 ....................... 251 8,11–14 .............. 28, 73, 76 8,14 ................................. 73 8,15 ............................... 251 8,17–18 .......................... 71 8,18 ................................ 93 9–20 ...... 89, 116, 169, 198, 199, 200, 201, 204 9–10 ............................... 46 9,1 ................................... 90 9,3 .................................. 176 9,7 ................................... 90 10 . ............................ 39, 40 10–12 ..................... 13, 30, 31, 84, 89, 90, 91, 95, 96, 98, 104, 105, 107, 112, 113, 116, 117, 122, 147, 148, 200, 201, 268, 269, 270, 284 10,1–11,1a ....................... 31 10,1–5 ............................ 92

10,1–19 .. 91, 111, 152, 269 10,1–11,1a–b ............... 105 10,1-11 .......................... 250 10,2 ...... 100, 106, 109, 113 10,6–14 .................... 92, 93 10,6–19 ........................ 105 10,15–19 .................. 92, 93 10,19 .............................. 73 11–12 ... 6, 9, 12, 112, 199, 200, 214 11,1 .................. 91, 111, 105 11,1–12,25 ... 209, 210, 269 11,1a ............................... 92 11,1a–b .... 91, 92, 98, 105, 107, 108, 152 11,1b ..................... 107, 108 11,1c ............................. 108 11,1c–12,15a ................ 105 11,1c–12,24 ................. 194 11,1c–12,25 ........... 90, 91, 92, 98, 103, 104, 105, 107, 108, 110, 111, 112, 113, 116, 152, 153, 268 11,2 . 91, 105, 176, 177, 109 11,2–27 .................. 94, 111 11,2–12,23 .................. 107 11,2–12,25 .................... 94 11,2b ............................. 176 11,3 ...................... 105, 152 11,3–4 .......................... 193 11,4 ....................... 106, 109 11,5 ........................ 101, 105 11,6 .............................. 109 11,7 ............................... 108 11,8–13 ........................ 102 11,11 ............................. 108 11,14 ............................. 171 11,14–25 ...................... 100 11,15–18 ...................... 108 11,17 ............................. 193 11,20–21 ...................... 108 11,23–24 ...................... 108 11,26 .................... 105, 152

11,27 .............. 96, 99, 100, 153, 154 11,27a ........................... 109 11,27a+12,15b-23 ........ 110 11,27b .............. 89, 93, 94, 99, 100, 109 11,27b–12,10 .............. 111 11,27b–12,24a ........ 94, 96 11,27b–12,25a ............ 113 12 . .............. 12, 14, 32, 89, 112; 144, 153, 169, 193, 195, 196 12,1 .............................. 109 12,1–12 ........................ 284 12,1–15 .......................... 95 12,1–15a .................. 93, 95 12,1–24a ........................ 96 12,1–25 .......................... 89 12,3 .............................. 109 12,4b .............................. 96 12,7 ........................ 99, 112 12,7–12 .......................... 94 12,7a ....................... 94, 195 12,8 ........................ 84, 193 12,8b ............................ 123 12,9 ................................ 97 12,9b ............................ 109 12,10 .................... 105, 122 12,10b .......................... 109 12,11 ..................... 109, 191 12,11–12 .............. 111, 284 12,13 ............................ 112 12,13–14 ................ 98, 122 12,13–23 ................ 32, 95, 154, 284 12,14–15 ...................... 111 12,14–23 .............. 122, 153 12,15 ............ 105, 110, 122 12,15b ............................ 99 12,15b–23 ................... 100 12,15[b]–24a ................. 94 12,16 ............................ 110 12,18 ............................ 110

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Quellenregister

12,18–19 ...................... 111 12,19 ............................ 110 12,20 .............................. 66 12,21 .............................. 90 12,21–22 ................ 90, 110 12,24 .............. 98, 99, 100, 101, 106, 107, 109, 113, 114, 118, 121, 122, 160 12,24–25 ..................... 13, 30, 89, 90, 104, 105, 107, 108, 110, 111, 114, 115, 116, 117, 123, 124, 147, 152, 154, 160, 162, 169, 178, 200, 206, 208, 209, 210, 268, 269, 271 12,24a ...................... 94, 96 12,24b .............. 94, 95, 96, 99, 100, 109 12,24bα ......................... 96 12,24d ......................... 118 12,24d–25 ......... 100, 110, 118, 122, 124, 126, 127, 129, 144, 147, 148, 270 12,25 .......... 14, 90, 94, 98, 118, 162, 163, 164, 167, 170, 171, 211, 273 12,26 .............. 91, 105, 107, 12,26–31 .... 31, 91, 92, 98, 104, 105, 107, 108, 111, 152, 250, 269 12,26a .......................... 108 12,30 ............................ 111 13 . ........................ 144, 200 13–19 ........................... 170 13–24 ............................ 169 13,1 ............................... 176 13,1–30 ........................ 189 13,1–33 ........................ 170 13,1–39 ......................... 176 13,1a ............................... 90 13,2 ................................ 90 13,23–39 ...................... 223 13,24–39 ...................... 191

14–18 ........................... 144 14–19 ................... 176, 200 14,5 ............................... 187 14,24 ............................ 191 14,25–26 ....................... 176 14,25 ............................ 190 15 . ................................ 191 15–18 ........................... 194 15,1 ....................... 189, 190 15,1–12 ......................... 176 15,2–5 .......................... 189 15,2–18,17 ................... 190 15,6 .............................. 189 15,7–13 ........................ 190 15,7–17,29 .................... 223 15,10 ............................. 190 15,11 ............................. 191 15,16 ............................... 84 15,18 ............................... 93 15,19 ............................ 126 15,23b .......................... 111 15,26–29 ...................... 111 15,36 ............................ 171 16,1–4 .................. 176, 270 16,5–8 .......................... 123 16,5–13 ........................ 222 16,7–8a ........................ 123 16,16 ............................. 215 16,21 ............................ 123 16,21–22 ...................... 84, 191, 193, 226 16,22 ............................ 197 17,27–29 ...................... 222 17,29 ............................. 225 18,5 ............. 222, 223, 226 18,9–15 ........................ 189 18,12 ........... 222, 223, 226 18,14–15 ...................... 226 18,29 ............................ 223 18,32 ............................ 223 19-20 ............................ 116 19,1 ............................... 223 19,1–2 .......................... 226

19,5 ............................... 226 19,1–5 .......................... 222 19,6–7 ............................ 99 19,19–24 ...................... 222 19,25–31 ...................... 270 19,32–40 ............. 222, 225 19,33 ............................. 184 20,3 ................................ 84 20,7 ................................ 93 20,8–10 ........................ 222 20,23 .............................. 93 21–24 ........................... 188 21,1–14 ......................... 223 21,7 .............................. 223 21,8 .............................. 225 21,11 ............................... 84 21,19 .............................. 38 21,19b .......................... 121 22,51 ............................ 117 23 . ............................ 40, 42 23,1–3 .......................... 117 23,8–23 ......................... 251 23,8–39 .......................... 39 24,1 .............................. 203 24,2 ........................ 75, 158 24,9 .............................. 203 24,10 .............................. 99 24,11–19 ...................... 192 24,17 ....................... 99, 185 24,18–25 ...................... 249 24,25 .... 249, 251, 258, 263 1. Könige 1 . ................. 15, 169, 183, 186, 192, 193, 196, 197, 198, 199, 203, 204, 210, 213, 214, 217, 218, 235, 239, 265, 270, 275 1–2 ....... 10, 12, 14, 31, 42, 46, 116, 122, 123, 124, 144, 147, 149, 153, 169, 174, 175, 183, 192, 197, 198, 199, 200, 201, 206,

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325

Quellenregister

207, 208, 233, 268, 269, 270, 273, 274, 284 1–11 ................. 30, 45, 150 1,1 ......................... 184, 185 1,1–4 ............................ 184 1,1–4b .......................... 185 1,1–29 .......................... 201 1,1–53 .................. 123, 205 1,1–2,11 ............... 198, 199 1,1–5,15 ....................... 252 1,1a ....................... 184, 186 1,2 ................................ 185 1,2d–e .......................... 185 1,4 ................................ 179 1,4b .............................. 186 1,4c ............................... 185 1,5 ................................. 189 1,5–6 .................... 190, 202 1,5–8 ............................ 186 1,5–10 .......................... 170 1,5–27 .......................... 194 1,5–40 .......................... 138 1,5–53 .. 184, 186, 209, 210 1,5a ............................... 190 1,5b ...................... 189, 190 1,6 ................................ 190 1,6a ............... 189, 190, 227 1,6b .............................. 190 1,6c ............................... 189 1,7 ................................. 215 1,7a ............................... 227 1,8 ................................ 215 1,8–10 .......................... 193 1,9–10 .................. 169, 190 1,9a ............................... 227 1,10 ............................... 215 1,11 ...... 122, 190, 194, 200 1,11b ............................. 165 1,11–14 ......................... 193 1,11–31 ......................... 123 1,11–37 ........................ 215 1,11–40 ................ 124, 169 1,11–53 ......................... 209

1,12 .............................. 194 1,12a ............................. 195 1,13 ....................... 194, 203 1,14 ............................... 195 1,15–16 ........................ 186 1,15c ............................. 186 1,16 ............................... 196 1,16b ............................ 187 1,17 ....................... 194, 203 1,18-31 ......................... 186 1,18–19 ........................ 194 1,18b ............................ 227 1,20 ...... 188, 195, 203, 210 1,21 .............................. 194 1,22–23 ........................ 186 1,23 .............................. 186 1,23–27 ........................ 195 1,23b ............................ 195 1,24 .............................. 203 1,25 .............................. 215 1,26 .............................. 193 1,27 ...................... 203, 210 1,27b ............................ 188 1,28–35 ........................ 196 1,28 ................................ 93 1,30 .............................. 203 1,31–34 ........................ 201 1,32 .............................. 186 1,32–35 ........................ 216 1,35 ....................... 203, 216 1,35–40 ........................ 218 1,35b ............................ 203 1,36–37 ........................ 196 1,37 .............................. 203 1,38 .............................. 215 1,38–40 ................ 174, 216 1,38–41 ........................ 235 1,38–45 ........................ 201 1,39 ...................... 190, 236 1,40 .............. 190, 217, 236 1,41 .............. 32, 191, 228, 236, 239 1,41b .................... 240, 243

1,42–43 ....................... 240 1,43 .............................. 210 1,44 ........................ 93, 215 1,44–48 ....................... 216 1,45 .............................. 239 1,46 .............................. 203 1,46–48 ....................... 186 1,47 .............. 186, 196, 203 1,47b–48 ..................... 210 1,48 ..... 124, 172, 203, 280 1,49 .............................. 191 1,49–53 ........................ 201 1,50 ................................ 66 1,50–53 ................ 207, 230 1,52–53 ......................... 169 2 . ........................ 15, 198, 225, 226, 229, 231, 234, 274 2–11 ............................. 199 2,1 ................................ 205 2,1–2 ............................ 201 2,1–9 ............................ 273 2,1–12 .......................... 224 2,1–46a ........................ 198 2,2–4 ........... 33, 202, 205, 227, 229, 249 2,2b–4 ......................... 231 2,2–9 .................... 222, 229 2,2 .................................. 33 2,3 ................................ 227 2,3–4aβ ....................... 201 2,4 ................................ 203 2,4aα-11 ....................... 201 2,4b ...................... 227, 228 2,5 ................................ 120 2,5–6 ... 191, 222, 224, 230 2,5–9 ... 222, 224, 225, 229 2,5–46a ........................ 205 2,7 ........................ 120, 222 2,8 ................................ 120 2,8–9 ............................ 224 2,10–12 ........................ 224 2,10–46a ...................... 273

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326

Quellenregister

2,11 ................ 33, 184, 199 2,11–12,46b .................. 33 2,11–12a ...................... 222 2,12 ...................... 201, 203 2,12–46 ....................... 199 2,12a .................... 215, 220 2,12b .................... 221, 224 2,13–23 ........................ 201 2,13–25 ...... 123, 184, 186, 193, 201, 221, 284 2,13–46 ....................... 232 2,13–46a .............. 221, 224 2,13–3,2 ....................... 265 2,15 .............. 148, 149, 280 2,15a ............................. 189 2,15b .............. 94, 189, 208 2,17 ...................... 188, 191 2,19 .............................. 203 2,19–20 ........................ 187 2,22 ...... 123, 189, 191, 215 2,22–24 ....................... 148 2,24 ...... 149, 201, 203, 280 2,25–26a ...................... 201 2,26 ...................... 192, 226 2,26b–27 ..................... 221 2,27 .............................. 201 2,27b .................... 226, 274 2,28 .............................. 215 2,28–29 ................... 66, 67 2,28–31a ...................... 201 2,28–34 ....................... 230 2,28–35 ........................ 221 2,31 .............................. 223 2,31–33 ................ 225, 230 2,31b–33 ...... 201, 224, 225 2,33 .............................. 203 2,34–37a ...................... 201 2,35 .............................. 197 2,36 ................................ 66 2,36–46a ..................... 221 2,38–41 ....................... 201 2,39 ................................ 38 2,42a ............................ 201

2,42b ............................ 201 2,43a ............................ 201 2,44-45 ........................ 201 2,44 .............................. 224 2,45 .............................. 203 2,46 .............................. 201 2,46b .............................. 33 3 . ........................ 160, 273 3–5 ................................... 6 3–10 ..................... 124, 181 3–11 ......................... 30, 34 3,1 ................................ 179 3,1–2 .............................. 66 3,2 .................................. 66 3,3 .................................. 33 3,3–15 .......................... 232 3,4–15 ...................... 3, 274 3,4b ................................ 33 3,5–14 ........................... 181 3,6 ................................ 201 3,6–9 ............................. 165 3,7 ........................ 172, 280 3,7a ............... 124, 208, 210 3,9 ................................ 272 3,9–10 .......................... 178 3,12 .................................. 3 3,12–14 ........................ 265 3,16–27 ........................ 110 3,16–28 .......... 4, 178, 179, 233. 253 3,16–5,15 ..................... 252 3,19 .............................. 110 3,25 .................................. 3 3,28 .................................. 3 4 . .......................... 45, 209 4,1–6 ............................... 31 4,1–19 ............................ 77 4,1–5,14 ....................... 233 4,2–6 .............................. 71 4,5 ........................ 197, 209 4,7–19 ........... 31, 60, 75, 76 4,12 .............................. 226 5–9 ................................. 68

5,1 .................................. 76 5,2–3 .............................. 33 5,4 ............... 33, 76, 77, 161 5,4–5 .................... 100, 161 5,4a ................................. 77 5,5 ................................ 203 5,5b ................................ 75 5,6 ................................ 189 5,9–14 .......................... 178 5,9–19 .......................... 230 5,9–32 .......................... 230 5,14 ............................... 178 5,15 ................................. 38 5,15–26 .......................... 38 5,15–28 ........................ 233 5,15–9,9 ......................... 68 5,16–19 .................. 65, 254 5,16-9,9 ........................ 252 5,17 ................................. 66 5,17–19 ........................ 249 5,18 ................................ 161 5,19 ........................ 66, 124 5,19a ............................. 254 5,19–20 ........................ 233 5,21 .............................. 178 5,22–25 ........................ 259 5,23 .............................. 258 5,24–25 ........................ 258 5,26 .............................. 178 5,27–32 .......................... 33 5,29 ................................ 66 5,29–32 .......................... 66 5,30 ................................ 71 5,32 ................................ 66 6 . ............................. 31, 65 6–7 ................................. 68 6,1 .................................. 70 6,1–3 .............................. 65 6,1–7,51 ........................ 233 6,4 .................................. 65 6,4–10 .......................... 260 6,4–18 .......................... 253 6,5 .................................. 65

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327

Quellenregister

6,7 .................................. 65 6,9 .................................. 65 6,10-12 ......................... 194 6,11–13 ........................ 265 6,12 .............................. 201 6,14 ................................. 65 6,14–18 ........................ 260 6,15–17 .......................... 65 6,18–38 .......................... 65 6,19b ............................ 260 6,23–29 ................ 136, 260 6,24–25 ....................... 260 6,25–27a ...................... 253 6,27 .............................. 260 6,28–30 ........................ 260 6,28–35 ................ 136, 260 6,28–38 ........................ 253 6,31–32 ........................ 257 6,37 .............. 232, 233, 252 6,37–38 .......................... 66 6,38 .............................. 261 7,1-12 ............................ 232 7,1 ................... 66, 161, 261 7,8 ................................. 172 7,8b ............................... 232 7,11–12 ......................... 208 7,11 ............................... 208 7,13 ......................... 38, 257 7,12-13 ........................... 161 7,13–14 ......................... 257 7,13–51 ............................ 31 7,23 ................................. 33 7,40 ................................. 38 7,45 ................................. 38 7,50b ............................ 257 8 . ................................ 264 8,1 ................................. 165 8,4 ................................ 266 8,10–11 ....... 262, 263, 264 8,13–61 .......................... 33 8,16 ........................ 33, 254 8,16–20 ........................ 248 8,20 .............................. 201

8,20a ............................ 228 8,25 .............................. 227 8,27 .............................. 255 8,29 .............................. 248 8,44 ........................ 33, 248 8,48 ................................ 33 8,49 .............................. 248 8,54 ...................... 263, 264 8,65 .............................. 230 8,66 .............................. 210 9–11 ................................. 6 9–10 ............................. 127 9,1 ................................. 261 9,1–9 .............................. 33 9,3 ................................. 254 9,4–9 ............................ 265 9,5–7 ............................ 227 9,10 ............................... 261 9,10–13a ......................... 31 9,10–11,43 ................... 252 9,11-14,27 ...................... 38 9,11–13 .......................... 34 9,11–14 ........................... 38 9,14 ................................. 70 9,15 ............... 22, 24, 39, 48 9,15–17 .......................... 24 9,15a ............................... 70 9,16 ................. 39, 144, 232 9,17 ................................. 22 9,18 ......................... 76, 230 9,19 ............................... 189 9,20 .............................. 158 9,20–22 .......................... 33 9,23 ................................ 71 9,24 .............................. 232 9,24a ............................ 232 9,26 ................................ 28 9,27 ................................ 38 9,28 ................................ 70 10 . .................................. 39 10,1–10 .................. 32, 272 10,1–13 ................ 178, 253 10,3–9 .............................. 3

10,9 ...................... 124, 280 10,9–10 ................ 208, 210 10,10–27 ........................ 70 10,11 ............................... 38 10,11–12 ......................... 31 10,13 ............................ 197 10,14 ............................... 33 10,17-24 ....................... 217 10,17 ...................... 217, 261 10,18–20 ...................... 173 10,21 ............................ 261 10,22 .............................. 38 10,24–25 ........................ 73 10,26 ............................ 189 10,27 .............................. 33 10,28 ............................ 158 10,28–29 .............. 144, 189 11.................................. 48, 178, 272, 280, 284 11–12 ........................... 127 11,1 ............................... 232 11,1–2 ............................ 84 11,1–3 ............................ 71 11,1–4 .......................... 173 11,4-5 ............................. 66 11,1–9 ............................ 33 11,1–10 ......................... 284 11,1–13 .................. 85, 162 11,1–41 ........................ 265 11,2 ................................ 22 11,3 .................... 33, 83, 84 11,4 ....................... 106, 189 11,6 ........................ 33, 189 11,7–8 ............................ 30 11,9 ................................. 33 11,9–13 .......................... 33 11,10–13 ........................ 33 11,11–13 ...................... 153 11,1–11 ........................ 189 11,13 ............................... 33 11,14–22 ........................ 28 11,14–25 ................ 40, 100 11,14–28 ........................ 76

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Quellenregister

11,15-16 ....................... 230 11,23–25 ........................ 82 11,27 .................. 70, 71, 94 11,29-39 ......................... 33 11,29–31 ...................... 215 11,32 .............................. 33 11,36 .............................. 33 11,41 ...................... 32, 228 11,41–43 ........................ 33 11,42 ...................... 33, 172 11,43 ............................ 188 12 . .......................... 45, 280 12,1–16 ........................ 188 12,15 ...................... 94, 201 12,15c .......................... 228 12,17 ............................ 188 13,1–2 .......................... 227 13,2 ............................... 161 13,29–32 ...................... 227 14 . ................................ 127 14,7 .............................. 202 14,17 ............................. 110 14,19 ............................... 32 14,21 .................... 172, 272 14,25 .............................. 41 14,25–28 ........................ 19 14,27–28 ...................... 189 14,29 .............................. 32 15,5 .............................. 152 15,7 ................................ 32 15,13 ............................ 197 15,16–20 ........................ 48 15,28–29a .................... 194 15,29–30 ...................... 153 15,31 ............................... 32 16,2 ............. 203, 226, 249 16,6 .............................. 226 16,8–20 ........................ 136 16,10–12 ...................... 194 16,11 ............................ 226 16,12-13 ....................... 153 16,15 ............................ 254 16,15–20 ...................... 136

16,21–22 ...... 136, 191, 226 16,23–29 ...................... 136 16,34 ............................ 227 17,17–24 ....................... 110 18,30–32 ................ 32, 284 18,36–39 ...................... 264 18,38 ............................ 264 18,46 ............................ 189 19,8 ................................ 33 19,10 ....................... 32, 284 19,14 ............................. 284 20,5 .............................. 203 20,26a ............................ 92 20,31 ............................ 224 21,9 .............................. 223 2. Könige 3,20 .............................. 254 4,8 ................................ 185 4,12 .............................. 185 4,17–18 ........................ 110 4,25 .............................. 185 4,32–36 ........................ 110 4,36 .............................. 185 5,2 .................................. 17 5,4 .................................. 17 6,23 ................................ 17 8,7-13 ........................... 127 9-10 .............................. 127 9,1–14 ........................... 215 9,11–10,14 .................... 194 9,36–37 ........................ 227 10,10 ............................. 227 10,13 ............................ 197 10,17 ............................. 227 10,25 ............................ 189 11 . ................ 236, 239, 245 11,1–21 .......................... 34 11,4 ............................... 189 11,6 .............................. 189 11,11 ............................. 189 11,12 .... 173, 190, 215, 236 11,12–14 ...... 215, 237, 240

11,13–14 ...... 237, 240, 243 11,15–16 ...................... 230 12,1–22 .......................... 34 14,6 ........ 32, 100, 153, 284 14,17–18 ....................... 110 14,23–29 ........................ 34 14, 3–-36 ...................... 110 15,1–7 ............................ 34 16,10 ............................. 256 16,15 ............................ 254 17,7–23 ......................... 228 20,5 .............................. 216 21,1–18 .......................... 34 22,1 .............................. 162 22,8a ............................ 227 23,13 ............................ 162 23,13–14 ........................ 30 23,16–18 ...................... 227 23,17 ............................ 162 24,8–17 ........................ 127 24,15 ............................ 197 25,9 .............................. 265 25,27–30 ........................ 30 Jesaja 5,1 ......................... 118, 119 5,12 .............................. 259 7,14 ................................ 161 8,3 ................................. 114 9,6 .................................. 151 14,29 .............................. 17 14,31 ............................... 17 16,5 ............................... 151 20,1 .............................. 129 29,1 ................................ 151 41,21 ............................ 220 42,13 ............................ 250 43,15 ............................ 220 44,6 .............................. 220 49,1 ................ 125, 161, 211 52,7 .............................. 220 53,4–11 .......................... 99 61,10 ............................. 173

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329

Quellenregister

63,9 .............................. 164 66,1 ....................... 251, 255 Jeremia 1,4–5 ............. 125, 161, 211 3,17 ............................... 220 7,10 ............................... 254 7,14 ............................... 254 11,15 ............................. 164 13,18 ............................ 197 14,9 .............................. 164 17,25 .............................. 151 22,2 ............................... 151 22,20 ............................ 241 22,30 ............................. 151 29,2 .............................. 197 29,3 .............................. 171 29,10 ............................. 201 31,28–29 ...................... 100 31,29–30 ...................... 153 33,16 ............................. 164 36 . .................................. 18 36,30 ............................. 151 52,13 ............................ 265 Ezechiel 18,2 ...................... 100, 153 18,20 .............. 66, 100, 153 20,33 ............................ 220 26,7 .............................. 189 27,17 ............................... 17 28,2 ...................... 203, 216 34,24 ............................ 152 36,36 .............................. 66 37,22–25 ...................... 220 37,24 ............................ 152 40–48 .......................... 247 40,2 ................................ 17 46,13–15 ...................... 254 47,18 ............................... 17 48,35 ............................ 164

Hosea 1,4 ................................. 114 1,6 ................................. 114 1,9 .................................. 114 3,5 ........................ 151, 220 Amos 2,12 .............................. 115 9,11 ................................ 151 9,14 ................................. 66 Jona 3,4 .................................. 33 Micha 5,5 ................................ 145 Haggai 2,1–9 ............................ 260 2,3–9 ............................ 240 Sacharja 9,6 ................................. 119 9,10 ............................... 133 12,7 ............................... 151 12,8 ............................... 151 12,12 ............................ 154 13,1 ............................... 151 14,3 .............................. 250 Psalmen 2 . .................................. 81 2,7 ................................ 141 7 . .................................. 81 18,51 ............................ 117 19,13 ............................. 280 23 . .................................. 81 24,8 .............................. 250 60,7 .............................. 164 68 . .................................. 81 72 . .................................. 35 72,1 ............................... 151 72,8 .............................. 133

76,13 ............................ 216 78 . .................................. 81 78,60 .............................. 67 78,70–72 ...................... 117 86,8 .............................. 255 89 . .................................. 81 89,4–38 ........................ 117 89,4 ............................... 213 89,40 ............................ 173 95,10 .............................. 33 98,6 .............................. 220 108,7 ............................ 164 127 ......................... 35, 162 127,1 ....................... 66, 151 127,1a ........................... 162 132 ................................. 81 132,8 ............................. 251 132,17–18 .................... 173 144,12 .......................... 256 Sprüche 1,1 ............................ 35, 151 10,1 ................................. 35 20,22 ............................ 224 24,29 ............................ 224 25,1 ......................... 35, 151 26,6 .............................. 171 Hiob 1,2–3 .............................. 83 10,4 .............................. 177 19,3 ................................ 159 42,11–13 ...................... 106 42,12–13 ........................ 83 42,14 ............................. 114 Hohelied 1,1 .................... 35, 151, 179 1,5 .................... 35, 151, 179 3,6–11 ........................... 174 3,7 ........................ 173, 179 3,7–11 ..................... 35, 151 3,7–10 .......................... 173

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330

Quellenregister

3,9 ................................ 179 3,9-10 ............................ 174 3,10 ............................... 173 3,11 .............................. 179 5 . ................................ 180 5,10–16 ............... 179, 181, 182, 272 6,8 .................................. 84 7,1 .......................... 179, 185 8,11–12 ........... 35, 151, 179 Ruth 2,2 ................................ 120 4,20 ................................ 90 Kohelet/ Prediger 1,1 ................................... 35 1,12–13 ......................... 165 1,16–18 ......................... 165 2,4–9 ............................. 165 6,2 ................................. 165 7,20 ............................... 280 Esther 1,5 ................................... 83 1,10 ................................. 83 2,3 .................................. 84 2,5 ................................ 120 2,9 ............................ 83, 84 2,10 ................................ 84 2,13 ................................ 84 3,13 .............................. 171 4,1 ................................ 242 4,4 ................................ 242 5,3 ................................ 187 5,6 ................................ 259 6,8b .............................. 215 6,9–11 .......................... 215 7,2 ................................. 259 7,7 ................................. 259 7,8 ................................. 259

Daniel 1,5 ................................. 259 1,8 ................................ 259 1,16 ............................... 259 1,20 ............................... 159 Esra 1,1–3 .............................. 30 3,1–6 ............................ 255 3,7 ........................ 258, 259 3,10–4,3 ....................... 240 3,10b–13 ...................... 240 3,12–13 ........................ 260 4,1 ........................ 240, 241 4,1–3 .................... 241, 243 6,3 ................................ 255 Nehemia 10,33–34 ...................... 255 13,26 ......... 3, 35, 127, 151, 162, 211, 280, 283 13,26a .......................... 162 13,26b .......................... 162 1. Chronik 1,1–3,4 ......................... 154 2,3 ........................ 152, 156 2,3-4 ............................. 156 2,36 .............................. 197 3,1 ................................. 151 3,1–3 ............................. 155 3,1–5 ............................ 156 3,1–8 ............................. 159 3,1–9 ............................ 185 3,2 ................................ 213 3,4a ............................... 156 3,5–6 ............ 154, 212, 274 3,5–9 ............ 153, 154, 156 3,5 .................. 34, 138, 155 3,5b ............................... 155 3,5c ............................. 154, 155, 156, 158, 159 3,6–8 ............................ 157

3,8 ................................ 220 3,9 ................................ 157 3,10–9,44 ..................... 154 3,1–15 .......................... 156 5,13 .............................. 156 3,15 .............................. 127 3,15–16 ......................... 155 3,22–24 ....................... 156 5,1–2 ............................ 207 5,13 .............................. 156 7,1 ................................. 156 7,22–23 ................ 106, 114 8,33 .............................. 158 9,23 .............................. 220 9,39 ............................... 158 10,13–14 ...................... 126 11,2 .............................. 217 11,4–7 ........................... 251 11,9 ................................ 251 11,11 .............................. 251 11,11–25 ....................... 251 14,4 ....................... 157, 251 14,4–6 .......................... 154 14,4–7 .......................... 156 14,17 .............................. 251 16,40 ............................ 254 17 . ................................. 161 17,1–15 ......................... 250 17,7 ............................... 213 17,11–12 ....................... 233 17,11–13 ....................... 211 17,13 ............................. 152 17,14 ..................... 210, 220 18,1–14 ......................... 251 18,3 .............................. 230 18,8–11 ........................ 275 18,8b ............................ 252 18,10–11 ...................... 252 18,14 .............................. 251 19,1–20,3 ..................... 152 19,7 ................................. 92 20,2 .............................. 173 20,5b ............................ 121

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Quellenregister

20,22 ............................ 224 21,1–17 ........................ 153 21,2 .............................. 158 21,9 .............................. 192 21,17 ............................. 185 21,24–30 ...................... 253 21,26 ............................ 263 21,26–22,1 ................ 158, 258, 263 22,1–26,32 .................. 253 22,1 .............................. 249 22,2 ................................ 17 22,2–3 .......................... 261 22,2–19 .................. 34, 231 22,2–29,25 .................. 275 22,5 .............................. 233 22,5–11 ................. 211, 274 22,5–19 ........................ 231 22,6–11 ........................ 125 22,7–10 ................ 65, 163, 214, 229, 254, 273 22,7–19 ........................ 228 22,8 .............................. 250 22,8–9 ........... 160, 163-164 22,8–10 ........................ 211 22,9 ...................... 142, 161 22,9a .................... 250, 251 22,9b ............................ 252 22,10 ............................ 221 22,10c–13 .................... 231 22,11 ........... 230, 232, 249 22,11c–13 .................... 230 22,12–13 ...................... 230 22,13b .......................... 230 22,14 ............................ 230 22,16b–19 ................... 252 22,28 ............................ 233 22,29 ............................ 233 22,32 ............................ 253 23,1 ...................... 218, 231 23,1–32 ........................ 209 24,1–19 ........................ 209 25,1–31 ........................ 209

26,1–32 ........................ 209 28 . 34 28–29 ........... 210, 218, 219 28,1–7 .......................... 163 28,1–10 ........................ 218 28,1–29,5 ..................... 274 28,1–29,25 ................... 253 28,2 ...................... 228, 251 28,2–29,20 .................. 228 28,3 .............. 229, 250, 254 28,4–5 ........ 123, 158, 166, 212, 274 28,5 .............................. 142 28,6 .............................. 211 28,9–10 ........................ 230 28,10–19 ...................... 249 28,10–29,5 ................... 231 28,11 .................... 255, 260 28,11–19 ............... 251, 255 28,12 ............................ 255 28,18 ............................ 255 28,19 ............................ 255 28,20 ............................ 230 28,20a .......................... 230 28,21 ............................ 252 29 . .................................. 34 29,1 ....................... 120, 172 29,1–10 ........................... 65 29,7 ................................. 35 29,11 ............................. 210 29,12 ............................ 222 29,18–19 ...................... 231 29,19 ............................. 162 29,20–21 ...................... 233 29,20–24 .............. 231, 232 29,20–25 ....... 216, 217, 218 29,21 ............................ 217 29,22 ............ 217, 218, 222 29,22–24 .............. 218, 232 29,23 .................... 216, 220 29,23–24 ...................... 232 29,23–25 ...................... 213 29,24 ............................ 245

29,25 ................ 3, 222, 232 29,26–28 ...................... 222 29,29 .................... 192, 197 2. Chronik 1–9 ......................... 34, 151 1,1 ..................... 3, 213, 222 1,1–13 .................. 232, 275 1,3 ........................ 234, 275 1,8b .............................. 210 1,9b .............................. 123 1,10 ............................... 272 1,11b ............................. 165 1,12 .......................... 3, 265 1,12b ............................ 222 1,18 ....................... 232, 254 1,18–5,1 ....................... 252 1,18–7,22 ..................... 252 2,1 ................................ 233 2,1–5,1 ................. 228, 275 2,2–9 ............................ 254 2,2–11 .......................... 230 2,2–15 .......................... 233 2,3 .......... 35, 233, 254, 255 2,3–8 ............................ 254 2,4–5 ............................ 255 2,4–8 ............................ 233 2,4a .............................. 233 2,6 ................................ 256 2,8b .............................. 233 2,9 ........................ 258, 259 2,12–13 ....... 254, 256, 261 2,12 .............................. 256 2,13–14 ........................ 257 2,14 ........................ 35, 258 2,14–15 ........................ 257 2,15 ...................... 258, 259 2,16 ................................ 17 3,1 ................................ 254 3,1–14 .......................... 253 3,1–5,1 ......................... 233 3,5–7 ............................ 254 3,6-8 ............................. 157

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Quellenregister

3,8 ................................ 260 3,9 ......................... 157, 261 3,10–13 ........................ 260 3,14 ............................... 254 4,22b ............................ 257 5,5 ........................ 215, 265 5,13d–14 ...................... 263 6,5–6 ............................ 254 6,18 .............................. 255 7,1–12 ........................... 261 7,1–2 ............................. 264 7,1–3 ............................. 263 7,1b–3 .......................... 263 7,1a ............................... 263 7,1b ............................... 263 7,3 ................................. 264 7,17–22 ......................... 265 7,8 ................................. 230 7,9 ........................... 35, 264 7,10 ............................... 210 7,11 ....................... 261, 264 7,12 ............................... 254 7,16 ............................... 254 8,1 ................................ 261 8,2 .................................. 34 8,3 .......................... 76, 230

8,7 ................................ 158 8,10 ................................ 71 8,11 .............................. 232 8,11a ............................. 232 8,11b ............................ 232 9–10 ............................... 48 9,1–12 .......................... 253 9,2–8 ................................ 3 9,8 ......................... 210, 220 9,16 ............................... 261 9,17–19 ......................... 173 9,20 .............................. 261 9,28 .............................. 158 11,17 ............................. 210 11,17b .......................... 281 11,18–23 ...................... 188 11,21 .............................. 84 11,22 ............................ 188 13,1-3 ........................... 152 13,4–12 ........................ 228 13,6 .............................. 120 13,8 .............. 210, 220, 260 13,21 .............................. 84 15,16 ............................. 197 16,7–12 ........................ 209 20,15 ............................. 251

Deuterokanonische Literatur 47,12–23 ...................... 163 Apokryphen 1.–2. Makkabäer ........... 58 47,13 ...................... 163, 251 1. Makkabäer 47,18 ............................. 164 1,22 .............................. 257 50,5 .............................. 260 4,51 ............................... 257 Weisheit Salomos/ Sirach/ Ben Sira Sapientia Salomonis 11,2 .............................. 177 7,1–6 ............................ 160 44–50 ........................... 163 7,7–9,18 ........................ 160 47,1–11 ......................... 163 9,8 ................................. 160

20,25–26 ..................... 158 21,3 .............................. 188 21,18–19 ...................... 209 22,10 ............................ 211 23,11 ............................ 173 23,11–13 ...................... 240 23,12–13 ...................... 243 23,14–15 ...................... 230 24,20–22 ..................... 230 25 . ................................ 153 25,4 ...................... 100, 153 26,16–21 ...................... 209 28,27 ............................ 209 28,35 ............................ 209 29,20–25 ....................... 174 29,25 ............................ 192 30,25 .............................. 17 30,26 ............................ 281 32 ................................. 153 32,24–26 ..................... 209 34,7 ................................ 17 35,3 .............................. 120 36,10 .............................. 92 36,19 ............................ 265 36,22–23 ....................... 30

Pseudepigraphen Psalmen Salomos ............. 3 Testament Salomos 1,3 ................................ 163 1,5 ................................. 163 1,13 ............................... 163

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Quellenregister

Neues Testament Matthäus 1,6–16 .......................... 154 1,21 .............. 114, 126, 161 1,25 ...................... 114, 126 6,28–30 ............................ 3 12,42 ................................ 3 27,51 ............................. 257

Markus 15,38 ............................ 257 Lukas 1,13 ................................ 161 1,31 ................................ 161 2,21 ...................... 114, 126

Antike Bibelübersetzungen Schriftrollen vom Toten Codex Alexandrinus Meer (LXX A) a 4QSam 1. Samuel 2,22 . 67 1. Chronik 29,22 ............................ 218 Samaritanischer Pentateuch (SP) Codex Vaticanus (LXX B) Genesis 1. Königtümer 4,25 ............................... 114 2,22 ................................ 67 5,3 ................................. 114 1. Chronik Septuaginta (LXX) 29,22 ............................ 218 1.–4. Königtümer ....... 198 Lukianische Rezension der 1. Königtümer .................... LXX (LXXL) 2,22 ................................ 67 2. Königtümer 12,25 .............................. 90 2. Königtümer ............. 198 11,3 .............................. 152 3. Königtümer 12,24 ............................ 113 1,1 ................................. 199 1,50 ................................ 66 3. Königtümer ............. 198 4,5 ................................ 196 4,5 ......................... 196-197 5,22–25 ........................ 259 Peschiṭta 8,12–13 .......................... 65 2. Samuel 11,3 .............................. 152 Jesaja 12,24 ............................. 114 38,12 ............................ 171 38,13 ............................ 171 1. Könige 1,3 ................................ 185 1. Chronik 5,4 ........................ 196–197 3,5 ................................ 152 29,22 ............................ 218

3,31 .............................. 154 11,31 ................................. 3 23,45 ............................ 257 Hebräerbrief ................ 166

1. Chronik 3,5 ................................ 152 29,22 ............................ 218 Weisheit Salomos Überschrift ................... 159 Vetus Latina 1.–4. Liber Regum ..... 198 2. Königtümer 12,25 .............................. 90 Vulgata 1.–4. Königtümer ....... 198 2. Königtümer 12,9b .............................. 97 12,25 .............................. 90 3. Königtümer 1,50 ......................... 66–67 1. Chronik 3,5 ................................ 152 Arabisch 1. Könige 1,3 ............... 185

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Quellenregister

Altorientalische Quellen Kleinasien Inschrift Azitawaddas aus Karatepe (KAI 26,8) ... 90 Ḫattušili III. Apologie (Otten, Die Apolo­ gie Hattusilis III., S. 5 und 27) ......... 137, 138 §§2–3 ............................ 137 §10b–c ......................... 138 §12a–b ......................... 137 §12b .............................. 137 Güterbock, Siegel aus Boğaz­köy: Erster Teil, S. 28, Nr. 45 ............... 138 Land Israel/Südlevante Geser-Kalender .............. 18 Khirbet Qēiyafa-Ostra­kon ......................... 18, 21 Tel-Dan-Inschrift ....... 38, 44, 53, 57, 85, 127 Fragment A, Zeilen 4–5 ................... 127 Fragment A, Zeile 9 ........................ 120 Mescha-Inschrift ......... 21, 53, 66 Zeile 31 .......................... 21 Siloah-Tunnel Inschrift . 60 Ägypten Amarna Tafeln .73–74, 145 Pharao Ameno­­phis III. ....  83, 84, 140, 141

Gedenkskarabäus Delden, The Large Comme­ morative Scarabs of Amen­ hotep, S. 18 ..................... 83 Hatschepsut Breasted, Ancient Records of Egypt, Bd. 2, §187 (S. 75–76) .... 142, 143 §189 (S. 77) .................. 143 §203 (S. 82) .................. 141 §285 (S. 116) ................ 141 §286 (S. 116–117) ........ 142 §340 (S. 142) ................ 140 §341 (S. 142–143) ........ 140 Lichtheim, Ancient Egyp­ tian Literature, Bd. 2, S. 25–26 ..................... 142 S. 26 ............................. 142 S. 28 ............................. 142 Schäfer, Urkunden der älteren Äthiopenkönige, S. 94–95 ....................... 140 Die Reiseerzählung des Wen­amun Kaiser, TUAT, Bd. 3, S. 912–921 ....... 258 Pharao Schischak I. Inschrift in Karnak ..... 19, 20, 38, 41, 142 Stele in Megiddo ........... 38 Mesopotamien und Persien Krönungsbeschreibung aus Erech, Frankfort, King­ ship and the Gods, S. 245–246 ........... 121, 237

Aššurbanipal Streck, Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige, Bd. 2, I,1–5; S. 2–3 ......................... 126 Tadmor, „Autobio­ graphical Apology“, S. 50–51 ...................... 125 Aššur-rēš-iši I. CAD, Bd. 1 (A), Teil I, S. 146a, Nr. 2 .............. 125 Kyros Pritchard, ANET, S. 267 .......................... 132 Darius I. Behistun-Inschrift ...... 117 Dokument aus der „Stadt Judas“ Horowitz, Greenberg and Zilberg, By the Rivers of Babylon, S. 38–39 ......... 90 Asarhaddon Borger, Die Inschriften Asar­haddons Ninive A I 5–7 §27, S. 39–40 ...................... 125 Ninive A I 8–12 §27, S. 40 ............................. 126 S. 115, §82,7–10 ........... 126 Parpola und Watanabe, Neo-Assyrian Treaties and Loyalty Oaths ............... 145

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Quellenregister

Gilgamesch-Epos Goetze and Levy, „Frag­ ment of Gilgamesh Epic from Megiddo“, S. 121–128 .................. 145

Cooper und Heimpel, „The Sumerian Sargon Legend“, S. 67–82 ..................... 134 Sargon II., AssurCharta ......................... 135

Idrimi, König von Alalaḫ Kaiser, TUAT, Bd. 1, S. 501–504 .................. 128

Fuchs, Die Inschriften Sar­gons II. aus Khorsa­bad, S. 37–38 und 292–293 Zeilen 34–43 .............. 136

Kilamuwa, König von Ja’udi/Sam’al Donner und Röllig, KAI, Bd. 1, Nr. 24, S. 4–5 ...........................128 Sargon I. Lewis, The Sargon Legend Zeilen 2–12 .................. 131 Zeilen 12–13 ............... 132 Zeilen 14–32 ........ 132–133 Westenholz, Legends of the Kings of Akkade S. 34–35 ....................... 133 S. 102–139 ................... 145

Parpola, Letters… to Esarhaddonand Aššur­banipal, Nr. 129,3–13 .............. 188 Parpola, The Correspon­ dence of Sargon II, S. 160), Brief 204 Zeile 10 ......... 77 Tadmor, „Fragments of an Assyrian Stela of Sar­ gon II“, S. 495–504 .... 145 The Deeds of Šuppilu­ liuma ............................. 84

Jüdische Quellen aus der Zeit des Zweiten Tempels 7,343 ............................ Flavius Josephus 7,347 ............................. Contra Apionem 1,112–115 ...................... 22 7,350 ............................. 1,118–120 ...................... 22 7,354–358 .................... 7,360 ............................. Jüdische Altertümer 7,382 ............................. 7,158 ............................. 113 7,389 .............................

184 216 216 217 216 217 184

Griechisch-römische Quellen Diodorus Siculus, Herodot, Historia Biblio­the­ca Historica 1,7–13 .......................... 134 17,77,5–6 ....................... 84 1,91 ............................... 134 1,105 ............................... 17

Xerxes I. Pritchard, ANET, S. 315b ....................... 128 Schmitt, Die altpersi­schen Inschriften der Achai­me­ni­ den, S. 162 (XPf, §4, Zeilen A–K) .............. 144 Nordlevante Zakkur, König von Hamath und Luʽasch Donner and Röllig, KAI, Bd. 1, Nr. 202, S. 47–48 ..................... 128 Barrakib, König von Sam’al Kaiser, TUAT, Bd. 1, S. 631 ........................... 189 Ugarit Aqhat 1,26–33 ....................... 1,44–48 ....................... 2,1–8 ............................ 2,16–23 ........................

216 216 216 216

Der Jüdische Krieg 5,5,5–6 ......................... 257 Samaritanische Inschrift Nr. 199 ........................ 255

1,108 ............................ 132 2,104 .............................. 17 2,106 .............................. 17 3,91 ................................ 17

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Quellenregister

4,39 ................................ 17 7,2 ................................. 143 7,2–3 ............................ 144 Rabbinische Literatur Targum Onqelos Dtn 32,30 .................... 171 Targum Jonathan 2. Sam 12,9b ................ 112 2. Sam 12,24 ................. 114 2. Sam 12,25 .................. 90 Targum Chronik 1. Chr 3,5 ..................... 152 Abot deRabbi Nathan Text A, I ....................... 166 Hohelied Rabba 1,1 .............................. 3, 165 1,5–8 ................................ 3 1,11 ................................... 3

Homerische Literatur Ilias .............................. 243 Nikolaos von Damaskus Fragment 66,2–4 ........ 132

Plutarch Alexander 27 ................ 143 Artaxerxes 27,1–2 .......... 84

Kohelet Rabba 1,1 .................................. 165 1,2–3 ................................ 3 2,5 .................................... 3

Babylonischer Talmud Berachot 57b ................................... 3 62b ............................... 184

Seder Olam Rabba 14 . ................................. 172 15 . ................................. 165

Sabbat 30b ............................... 166

Sifre Num 6,24 .................... 164 Dtn 28,10 .................... 164 Mischna Joma 5,1 ................................. 257

Mittelalterliche Kommentare Rabbi Jesaja von Trani Rabbi Abraham ibn Esra Kommentar (Raaba) 2. Sam 12,25 ................. 90 Kommentar Koh 1,1 ........................ 165 Rabbi Levi ben Gerschon Rabbi David Kimchi (Gersonides) (RaDaK) Kommentar Kommentar 1. Kön 7,23 ................... 33 2. Sam 12,24 ....... 122, 160 1. Chr 29,22 ................ 222 1. Kön 1,1 ................... 184 1. Kön 1,15 ................. 186 1. Chr 3,5 ............ 152, 155 1. Chr 29,22 ................ 217

Erubin 14a–b ............................. 33 Pesachim 54a ................................ 126 Baba Batra 15a ................................. 165

Rabbi Schlomo Jitzchaki (Raschi) Kommentar 2. Sam 12,25 ................. 90 1. Kön 1 ...................... 184 Koh 1,1 ........................ 165 Pseudo-Raschi Kommentar zur Chronik .. 1 Chr 17,13 ................. 152 1. Chr 29,22 ................ 217 2. Chr 2,4 ................... 233

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Sachregister Aaron ............................................. 197, 207 Abel ............................................... 101, 207 Abigail ........................................... 175, 176 Abischag, die Schunemiterin ............. 110, 123, 175, 176, 179, 185, 186, 189, 193, 226, 274 Abjatar .................. 191, 199, 216, 226, 280 –. durch Zadok ersetzt ......................... 197 –. Hinrichtung .................... 192, 221, 226 –. Jahwist .............................................. 193 . Priester .......................................... 190, 195, 215, 224, 226, 229, 274 –. unterstützte Adonia ...................... 191, 192, 193, 194, 226 – Vertreibung aus Jerusalem .............. 226 Abner, Sohn Ners ................ 120, 191, 223 Abraham ...................... 113, 216, 224, 242 Absalom .84, 123, 144, 170, 175, 212, 215, 224, 270, 273 –. Charakter ......................................... 178 –. ermordete Amnon ................... 176, 223 –. erstrebte das Königtum . 169, 172, 177, 197, 200, 207 –. körperliche Erscheinung .176, 177, 178, 181, 272 –. Legitimität .............................. 190, 207 –. Rebellion .. 97, 176, 189, 190, 191, 194, 200, 207, 223, 226 –. schlief mit Davids Nebenfrauen ..... 97, 191, 223, 226 –. Tod ................... 102, 189, 200, 222, 226 –. Verhältnis zu David ....................... 191, 223, 225, 226 –. vom Chronisten ausgelassen ........... 272 –. zum König ausgerufen .................... 190 achämenidisches Reich ......................... 132 Achilles .................................................... 49

Adad-nīrārī III. ............................. 125, 211 Adam ............................................... 67, 114 Adonia .................................................. 66, 102, 126, 196, 199, 216, 221, 222, 230, 245, 280 –. Absalom ......................... 123, 169, 170, 172, 175, 176, 177, 178, 181, 189, 190, 191, 197, 200, 207, 212, 224, 272, 273 –. Auseinandersetzung mit Salomo . 123, 134, 148, 222, 224, 270 –. Charakter .123, 169, 177, 178, 189, 190, 191, 192, 193, 202, 274 –. Ehrgeiz .............................................. 202 –. Entscheidung über sein Schicksal ....169 –. erbat sich Abischag zur Frau ........ 123, 186, 189, 193, 226, 274 –. erstrebte das Königtum ................. 169, 177, 190, 191, 193, 197, 235 –. erwarteter Thronfolger ................. 114, 189, 190, 192, 194, 202, 207, 208, 209, 213, 217–218, 234, 273, 282 –. Flucht ................................................. 66 –. Gefolgsleute .......................... 189, 190, 191, 193, 213, 215, 224, 229, 236, 275 –. Gegensatz zu Absalom ............ 191, 207 –. Hinrichtung .................................. 123, 224, 226, 229, 234, 274 –. körperliche Erscheinung .............. 175, 176, 177, 178, 181, 271–272, 272 –. Kronprinz ......................... 189, 190, 192 –. Legitimität ....................................... 202 –. rebellierte nicht ....... 190, 191, 192, 197 –. Rebellion ........................................ 187, 189, 190, 191 192, 194 –. stellte Salomos Position infrage ...... 191 –. Sturz ................................................. 236 –. suchte Asyl .............................. 169, 230

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Sachregister

–. Thronfolge ............ 114, 123, 134, 138, 144, 169, 172, 178, 189, 190, 192–193, 194, 197, 200, 202, 207, 208, 209, 213, 217–218, 234, 235, 271–272, 273, 282 –. trotz rechtmäßigem Anspruch abgelehnt ......................................... 200, 207 –. vierter Sohn Davids ......................... 200 –. von Salomo verdrängt ..................... 202 –. zum König ausgerufen ............ 190, 191 Agade, siehe Akkad (/ Agade) Ägypten ................................................. 19, 45, 76, 77, 82, 116, 122, 149, 245 –. Könige .............................................. 19, 84, 139, 140, 141, 142, 143 –. kulturelle Verbindungen ......... 144, 232 Ahab .................................. 17, 45, 189, 227 Ahasveros, siehe Xerxes I. (Ahasveros) Ahija von Schilo .................... 127, 215, 227 Ahinoam ............................................... 152 Ahuramazdā .................................. 117, 144 Akkad (/ Agade) .... 77, 81, 116, 123, 128, 129, 130, 132, 133, 134, 135, 136, 138, 139, 144, 145, 146, 147, 208, 249, 269 Alalaḫ .................................................... 128 Alexander der Große ..... 58, 130, 140, 143 Altar ........................ 32, 66, 164, 229, 230, 249, 251, 256, 258, 263, 264 Amalekiter ........................... 39, 40, 99, 111 Amarnazeit/ Amarna period ........... 73, 74 Amasa, Sohn Jeters ...... 120, 191, 222, 223 Amenhotep III. ....................................... 83 Amiël ............................ 152, 154, 156, 158 Ammon ..................................... 82, 85, 105 Ammoniter .......................... 30, 31, 39, 40, 89, 92, 93, 104, 105, 107, 108, 109, 111, 112, 113, 151, 217, 269 ammonitisch-aramäische Allianz .. 92, 105 Amnon ..................................... 23, 24, 89, 144, 170, 172, 197, 212, 273 –. Erstgeborener Davids ...................... 200 –. Tod ............ 176, 189, 191, 200, 207, 226 –. vergewaltigte Tamar ............... 200, 207

–. von Absalom ermordet ................. 176, 191, 200, 226 Amon ....................... 65, 139, 140, 141, 143 Amon-Tempel ................................. 38, 142 Amon-/Amun-Re ......... 139, 140, 141, 142 Amun-Tempel ......................................... 19 Anachronismus/Anachronismen ........ 17, 33, 35, 50, 54, 67, 77, 204, 254, 257, 258, 277, 281 Anani ..................................................... 261 Anatolien ................... 19, 82, 116, 137, 138 Anatot .................................................... 226 Ansammeln von Sünden über Ge­ne­ra­tio­ nen hinweg ...................................... 32, 99, 153, 167, 280/281 Anschan ................................................ 136 Anthropologie ........................................ 10 antisalomonische Tendenz ................... 202 Antoon Claeissens .................................... 4 Anu ........................................................ 125 arabischer Handel ................................... 44 Aram ............................................... 82, 127 –. Bet-Rehob .......................................... 91 –. Zoba .................................................... 91 Aramäer ......................... 39, 40, 85, 92, 113 Aramäisch .................... 30, 53, 56, 66, 82, 90, 91, 92, 105, 114, 128, 129, 188, 189, 204, 224, 255 aramäisch-amonitische Allianz, siehe amo­­ni­tisch-aramäische Allianz Arauna, siehe Ornan (Arauna) Arbela ............................................ 125, 126 Archäologie ........................................... 10, 28, 39, 41, 42, 50, 51, 129 –. archäologische Feldbegehungen/ Sur­ veys/ Ober­f lächenforschungen ..... 44, 52, 59, 61, 78, 79 Arthur ..................................................... 49 Artobazanes .................................. 143, 144 Asaph ..................................................... 240 Asarhaddon ........................................ 125, 126, 128, 135, 145, 188, 207 Asarja siehe Usia (Asarja) ..... 121, 196, 197

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Sachregister

Aššur/Assur ................................. 82, 125, 126, 129, 133, 134, 135, 146, 189 Aššurbanipal/Assurbanipal ...... 126, 128, 130, 145, 188, 211, 227 –. Bibliothek ................................ 126, 130 Aššur-rēš-iši I. ................................ 125, 211 Assyrien/Assyria/d´Assyrie .................. 45, 77, 82, 116, 125, 126, 134, 135, 136, 139, 145, 147, 188, 207, 227, 270 –. assyrische Königsinschriften .... 53, 125 –. assyrische Quellen ...... 77, 116, 147, 269 –. assyrisches Reich ........................ 45, 188 Astyages ................................................. 136 Atalja ....................... 34, 237, 240, 243, 245 Atossa ............................................ 143, 144 Azeret-Fest ............................................... 35 Azupiranu ............................................. 131 Babylon ......................... 30, 73, 81, 90, 127 –. altbabylonische Inschrift ................ 133 –. altbabylonische Zeit ......................... 131 Babylonien ....................................... 90, 127 –. Babylonier/Babylonians .................... 64 –. babylonisches Exil ........ 30, 45, 90, 127 –. neubabylonische Zeit ...................... 249 Bardiya ................................................... 136 Barsillai .120, 184, 199, 222, 224, 225, 226, 229 –. Belohnung ....................... 222, 225, 229 –. in der Thronfolgeerzählung ........ 184, 199, 222, 225 Basilika San Marco ................................... 4 Batschua (siehe auch Batseba) ........... 152, 154, 156, 157, 158 Batseba .................... 92, 96, 102, 108, 109, 112, 116, 119, 153, 156, 158, 169, 174, 177, 181, 186, 189, 195, 196, 199, 206, 212, 214, 272, 273, 276, 282, 283 –. Charakter ................................. 193, 194 –. Einführung .............................. 105, 200 –. erstes Kind ..... 94, 95, 98–99, 100, 101, 103, 104, 105, 110, 117, 122, 154, 268 –. Geburt Salomos ............ 30, 89, 90, 91, 94, 107, 113, 151, 154, 268, 279, 280

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–. in der Thronfolgeerzählung ........ 166, 176, 190, 192, 200, 209, 210, 270, 275 –. Kinder ............. 89, 94, 95, 98, 99, 100, 101, 103, 105, 106, 107, 110, 111, 113, 117, 122, 154, 160, 163, 193, 268, 271 –. Königinmutter/ Königsmutter ...... 187, 197 –. manipulierte David ......................... 14, 194, 213, 273 –. Name ........................................ 152, 155 –. Name des Kindes .... 30, 101, 102, 110, 113, 114, 117, 120, 148, 151, 157, 160, 163, 167, 193, 209, 270, 279 –. Persönlichkeit .................................. 193 –. Vater .................................................. 102 –. Verschwörerin ................. 194, 206, 209 –. von David getröstet ......................... 90, 100, 101 105, 106, 113 –. von Nathan ausgenutzt ................... 194 Beerscheba ............................................. 161 Behistun-Inschrift ................................ 117 Beinamen ....................................... 119, 120 Bēl .................................................. 125, 126 Bel-ibni .................................................. 132 Benaja ............ 186, 193, 196, 197, 215, 236 Ben-Hadad II. (Hadadeser) ... 92, 127, 224 Benjamin ....................................... 118, 241 –. Region ........................................ 51, 241 –. Stamm ............................. 120, 239, 243 Berg Garizim ................................. 255, 258 Berg Karmel ........................... 32, 263, 265 Berg Morija ............................................ 258 Berg Sinai ............................................... 262 Berossos ................................................... 22 Bethel ..................................................... 227 Beth-Schean ............................................ 75 Beth-Schemesch ...................................... 75 Bezalel .................................... 256, 257, 261 Bindung Isaaks ..................... 257–258, 266 Blutschuld .................................... 223, 230 Blutvergießen ........................ 163, 196, 250 Brandopfer ..... 35, 217, 249, 254, 263, 264 Buch der Begebenheiten Salomos ....... 228

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Sachregister

Bund .............................. 187, 236, 237, 251 Bundeslade ....... 66, 67, 215, 238, 239, 260 Bündnisse ................................................ 77 Byblos .................................................... 258 Cherubim ............................. 238, 260, 261 Chiasmus ..... 118, 161, 176, 177, 198, 217, 222, 240, 256, 258, 264 Chnum .................................................. 141 christlicher Kanon ................................ 166 Chronik(bücher) –. Anachronismen ......... 35, 254, 257, 277 –. Anti-Kriegs-Theologie .................... 251 –. Auslassungen ................... 57, 153, 162, 212, 245, 253–254, 261, 262, 273 –. drei-vier-Muster/-Schema ............. 158, 159, 166, 212, 271 –. Harmonisierung .............................. 35, 86, 121, 160, 217, 266, 283 –. Hinzufügungen ........................... 7, 34, 35, 76, 156, 210, 212, 230, 233, 253, 254, 257, 258, 259, 261, 277 –. literarische Methoden ....................... 9, 11, 107, 248, 278, 284 –. Mythos ............................................ 12, 276, 279, 281, 282, 283, 284 –. Quellen ..................... 7, 8, 9, 12, 15, 34, 35, 45, 46, 54, 56, 57, 86, 152, 156, 159, 188, 253, 279, 281, 282, 283, 284 –. selektiv .............................................. 282 –. zentrale Bedeutung des Tem­pels ... 261, 275 –. Theologie ..................... 6, 9, 11, 35, 45, 54, 57, 62, 153, 248, 251, 254, 255, 262, 266, 277, 278, 280–281, 283 –. Überarbeitung von Samuel. König .......... 9, 34, 215–222, 229–231, 232–234, 253 –. Verlässlichkeit ................................... 8, 9, 14, 46, 56, 86, 159, 188, 278 –. Vorlage .................................... 9, 15, 34, 45, 57, 151, 152, 157, 158, 188, 197, 218, 229, 250, 253–254, 257, 259, 260, 263

–. widerspricht Samuel-Könige .......... 32, 174, 210, 214, 233, 282 –. Ziel ............................. 54, 156, 258, 283 –. Zweiter Chronist .............................. 257 Chronik der Könige von Israel ............... 32 Chronik der Könige von Juda ................ 32 Damaskus ............................... 82, 128, 132 Dan .......................................... 75, 161, 257 –. Machane-Dan .................................. 171 Dareikos ................................................... 35 Dareios/Darius I. .......................... 143, 144 David –. Affäre mit Batseba ............................ 9, 89, 91, 95, 96, 99, 103, 104, 105, 108, 122, 152, 166, 176, 282 –. als Bauherr des Tempels disquali. fiziert ................................................ 69, 229, 248–251, 254, 265, 275 –. Anweisung, den Tempel zu bauen ... 249 –. außerbiblische Belege .......... 17, 19, 29, 42, 91, 156, 174, 226, 267, 268 –. Beamte ....................... 14, 71, 183, 184, 190–191, 198, 210, 212, 213, 214, 215, 217, 229, 245, 252, 273, 274, 280, 282 –. beweinte Absalom ........................... 226 –. Brüder ...................... 126, 138, 140, 207 –. Dynastie ............... 21, 65, 81, 103, 110, 117, 119, 124, 125, 152, 202, 203, 208, 209, 213, 221, 228, 236, 237, 245 –. erfunden ............................................. 53 –. Erhöhung ........................................... 81 –. ernennt Salomo zum König ......... 194, 210, 218 –. Eroberungen ..... 23, 39, 42, 71, 73, 76, 119, 136 –. Jerusalem ............................. 13, 39, 44, 64, 67, 70, 71, 72, 73, 75, 80, 84, 104, 105, 108, 119, 136, 153, 154, 156, 165, 191, 200, 209, 257–258, 275 –. erteilte Salomo Anordnungen ..... 222, 274 –. Existenz ................... 19, 43, 44, 53, 267 –. floh aus Jerusalem ............................ 191

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Sachregister

–. Frauen ........................ 84, 97, 115, 123, 176, 191, 223, 226, 269 –. Geburt ...................................... 115, 269 –. geistiger Zustand ... 184, 186, 187, 192, 193, 195, 210 –. geliebt ............................................... 119 –. Gesundheit ...................... 194, 196, 209 –. göttliche Erwählung .117, 126, 203, 213 –. Haus (siehe auch Dynastie) ............. 21, 44, 53, 66, 94, 104, 109, 120, 122, 124, 125, 152, 193, 208, 220, 228, 232, 237, 249–250, 261, 280 –. Helden .................................. 39, 40, 282 –. Historizität .44, 48, 53, 65, 234, 267, 274 –. Impotenz .......................................... 185 –. in den Hinteren Propheten ............. 151 –. Kind/ Kinder/ Sohn/ Söhne ... 14, 30, 32, 39, 78, 89–91, 94–96, 98–111, 113– 117, 120, 122, 138, 153, 154, 156–160, 163, 165–167, 169, 172, 185, 187–189, 192, 193, 197, 200, 211, 213, 216, 217, 220, 222, 224, 226, 229, 230, 232, 245, 269, 271, 273, 274, 276, 278, 280, 283 –. Königreich(e) ...................... 13, 40, 44, 75, 80, 92, 104, 203, 220, 275, 281 –. körperliche Erscheinung ...... 175–178, 181, 271–272 –. körperlicher Zustand .................... 184, 185, 186, 187, 192, 193, 195 –. Krankheit ................ 14, 184, 185, 188, 192, 194, 209, 210, 223, 273, 278, 282 –. Kriege ............................ 30, 39, 40, 42, 45, 76, 98, 104, 105, 107, 108, 109, 112, 113, 163, 184, 229, 250, 251, 254, 269 –. Krönung ........................................... 218 –. Leben vor dem Königtum .............. 40, 84, 115, 157, 169, 176, 184, 185, 198, 215, 217, 223, 269 –. Liebe zu seinen Kindern ................. 226 –. Maultier ............................................ 215 –. Mord an Uria .................................. 96, 100, 103, 105, 111, 152, 282

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–. Nachkommen ................................ 153, 156, 201, 208, 237, 261 –. Name .......... 19, 101, 120, 119, 121, 251 –. namenloser Sohn/ Kind .. 108, 110, 157 –. politische Aktivitäten ...................... 14, 44, 75, 104, 187, 210, 222, 224, 228, 229, 268, 274, 278 –. Rache ................................ 223, 225, 274 –. Rechtfertigung ............... 126, 203, 250 –. Reich siehe Königreich(e) –. regierte 40 Jahre ......................... 33, 184 –. Schuldeingeständnis ..................... 111 –. seinen Brüdern vorgezogen ............. 207 –. Söhne ....................... 30, 115, 116, 138, 144, 153, 154, 156, 157, 158, 159, 166, 169, 187, 188, 200, 205, 213, 220, 229, 245, 269, 271, 273, 274, 276, 278, 280 –. Strafe ................................... 99, 153, 209 –. Sünde ... 15, 32, 99, 101, 102, 103, 112, 113, 153, 162, 234 –. sündlos ............................................. 210 –. tadelte Adonia nicht ................ 189, 190 –. Thronfolge ...................... 186, 192, 213 –. Thronfolger ............ 119, 120, 134, 194 –. Thronname ...................................... 120 –. Tod ........... 65, 104, 184, 190, 191, 192, 196, 198, 199, 202, 207, 225, 252, 282 –. tröstete Batseba ............................... 90, 100, 101, 105, 106, 113 –. tröstete Ḥanun ................ 104, 106, 113 –. Usurpator ......................................... 136 –. Versprechen an Batseba ........ 194–195, 196 –. Vertuschungsaktion ..................... 102, 103, 113, 225, 282 –. Volkszählung ..................................... 99 –. von Gott erwählt ..... 117, 126, 203, 213 –. von Schimi verflucht ....................... 223 –. weihte dem Herrn Kriegsbeute ....... 251 –. Wunsch, den Tempel zu bauen ..... 231, 233, 248 Davidisch-Salomonisches (König-)Reich –. siehe Vereinigte Monarchie ............. 268

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Sachregister

Davidsstadt ..................................... 42, 136 –. Archäologie ........................... 26, 70, 72 Salomo ließ Breschen schließen ...... 70, 71 Davids Testament ................ 14, 136, 191, 198, 205, 214, 215, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 231, 232, 233, 234, 249, 266, 272, 273, 274, 275, 278, 280 –. deuteronomistische Elemente ..... 198, 214, 224, 225, 227–228, 229, 249 –. politische Elemente ................. 14, 222, 224, 228, 229, 232, 233, 234, 274, 278 –. Rache ....................... 223–224, 225, 274 –. rechtfertigt Salomo ....................... 224, 225, 229, 234, 274, 284 –. religiöse Elemente ... 14, 222, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 234, 274, 278, 279 –. Vertuschungsaktion ........................ 225 Dekonstruktionisten, siehe Minimalisten Demaratus von Sparta .......................... 143 Deuteronomistisches Geschichtswerk –. Hinzufügungen ................... 55, 97, 98, 100, 113, 124–125, 201, 202, 205, 224, 228, 229, 234, 248, 249 –. historische Verlässlichkeit ................. 85 –. Legenden ...................................... 30, 32 –. Quellen .................................. 8, 30–31, 32, 33, 55, 85, 86, 172, 183, 204, 268, 269, 273, 279, 281, 282, 283, 284 –. realistisch/ unrealistisch ............. 83, 84 –. redaktionelle Hinzufügungen .. 30–31, 33, 84, 97–98, 124–125 –. Theologie ........................................ 32, 33, 55, 84, 249, 254, 284 –. Übertreibungen ........................... 33, 83 –. vordeuteronomistische Quelle ........ 201 –. Widersprüche ............................ 32, 284 deuteronomistisches Gesetz ................... 84 diplomatische Ehen .......................... 41, 84 Dor ........................................................... 75 Dūr-Šarru-kīn ....................................... 136 Ea ........................................................... 125 Eben-Eser ...................................... 238, 245 Edom .................................. 28, 82, 85, 177

Edomiter ...................................... 28, 39, 40 Eisenzeit IIA .................................. 22, 23, 25, 26, 27, 28, 36, 52, 72, 73, 74, 87 Eisenzeit IIB ............................................ 51 Ekron ....................................................... 78 Ela .......................................................... 136 Elah-Tal .................................................... 27 Eli .................. 226, 238, 239, 240, 245, 274 Elia ........................................................ 32, 95, 110, 189, 227, 263, 264, 265, 283 Eliab ....................... 152, 177, 178, 181, 272 Eliam .............................................. 105, 152 Elisa ...................................... 127, 215, 227 England ........................................... 49, 188 Enlil ....................................................... 125 Enlil-bani ............................................... 132 En-Rogel ................................................ 190 Ephraim ........................................ 106, 207 Epigraphie ......... 10, 12, 13, 17, 18, 19, 35, 41, 52, 53, 55, 56, 57, 59, 64, 85, 86, 271 Fehlen von Belegen aus dem 10. Jahr­hun­ dert ....................................................... 12, 17, 18, 21, 22, 28, 29, 36, 38, 267 Er . .......................................................... 114 Erech ...................................................... 237 Erzvätererzählungen ...................... 44, 207 Esau ................................ 138, 176, 207, 273 Eschtaol ................................................. 171 Esra ................. 30, 56, 155, 211, 218, 240, 241, 243, 245, 255, 258, 259, 260, 275 Esther ............................... 56, 155, 187, 242 Euphrat ........................ 76, 77, 82, 131, 146 Eva .................................................. 101, 114 Ewil-Merodach ........................................ 30 Familie des Hohepriesters .................... 245 Faynan ..................................................... 28 Feigenbaum ........................................... 161 Feste ............................................... 169, 254 Feuer vom Himmel ...................... 263, 264 Franz Josef I. .......................................... 188 Frau aus Tekoa ....................................... 187 fünftes Ökumenisches Konzil ............. 179 Gärtner .......................................... 131, 132

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Gath ................................................... 38, 78 Gaumāta ................................................ 117 Gaza ................................................... 76, 77 Geburtsgeschichte/ bericht/ Ge­burts­le­ gen­de .............................. 89, 90, 91, 98, 105, 107, 113, 115, 116, 130, 131, 132, 134, 135, 146, 148, 162, 171, 268, 271 Gegenüberstellung –. Samuel-Könige und Chronik ......... 6, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 34–35, 45, 46, 56, 57, 62, 67, 86, 90–91, 121, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 160, 161, 162, 163, 167, 169, 172, 173, 174, 179, 183, 206, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 217, 218, 220, 222, 229, 230, 231, 232, 233, 235, 240, 247, 248, 249, 251, 252, 253, 254, 255, 257, 258, 260, 261, 263, 264, 265, 266, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 280, 281, 282, 283, 284 Gemeinsame Quelle ................ 8, 45, 56, 57 Genre ......................................... 49, 56, 145 Gerechtigkeit ........................................... 3, 32, 96, 100, 153, 164, 182, 272 gerichtliche Kontexte in Europa und Ame­ ri­ka ......................................................... 4 Gerschom .............................................. 114 Geschichte ............................... 11, 183, 267 Geschur ................................................. 191 Geser .... 22, 23, 24, 25, 36, 39, 41, 45, 277 –. Kalender ............................................. 18 –. Mitgift ................................................ 39 –. Stadttor .................................. 22, 24, 25 Gibeon .... 3, 178, 181, 208, 210, 232, 233, 234, 252, 274, 278 Gibeoniter .................................... 223, 225 Gideon ................................................... 164 Gihonquelle ................................... 235, 236 Gileaditer ...................... 120, 199, 222, 225 Gilgal ..................................................... 217 Gilgamesch ...................................... 49, 145 Glossen ......................... 156, 195, 203, 277 Goliath ......................... 38, 39, 40, 121, 250 Gott

–. –. –. –.

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altorientalische Parallelen ....... 127–144 an eine Bedingung geknüpft ... 228, 265 Dynastiegott ...................................... 39 Erfüllung ......... 14, 201, 208, 210, 212, 220, 226, 227, 242, 266, 273, 274, 280 –. geliebter König ......................... 115–149 –. Gnade ........................ 90, 240, 263, 264 –. göttliche Erwählung .................. 14, 33, 117, 119, 123, 124, 125, 126, 127, 139, 148, 149, 158, 167, 178, 179, 183, 189, 196, 198, 201, 202, 203, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 220, 229, 232, 269, 270, 271, 273, 275, 276, 278, 280, 282, 283, 284 –. göttliche Liebe .......... 13, 99, 118, 123, 127, 133, 144, 147, 148, 213, 270, 273 –. göttlicher Name ... 13–14, 90, 100, 114, 116, 118, 121, 122, 124, 125, 126, 127, 128, 146–147, 152, 164, 167, 210, 211, 213, 248, 268, 269, 270–271, 278, 280 –. göttliche Offenbarung .................. 181, 232, 234, 272, 274 –. göttliche Verheißungen ................... 17, 211–212, 242, 265 –. Größe ................................................ 255 –. kämpft für Israel .............................. 250 –. Königtum ................................. 117, 221 –. spätgeborene Söhne ................. 207, 273 Götzenbilder ........................................... 32 Griechisch .............. 17, 54, 129, 132, 133, 134, 146, 164, 174, 204, 220, 228, 257 Habsburger Dynastie ..................... 33, 188 Hadadeser, siehe Ben-Hadad II. (Hada­de­ser) Hagar ..................................................... 113 Hahhum ................................................ 138 Hamath ................................. 128, 187, 230 Hamath-Zoba ................................. 76, 230 Hammurabi ......................................... 5, 81 Ḥanun .................................. 104, 106, 113 Harem ................................................... 13, 33, 64, 71, 83, 84, 85, 268, 279 Ḥaremḥab ............................................. 120

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Sachregister

Hasael .................................. 127, 128, 206, Hasmonäer/Hasmonaeans ............... 43, 54 –. Hasmonäerzeit ............................. 53, 60 Hatschepsut ........................................ 116, 120, 129, 139, 140, 141, 142, 270 –. geliebt von Amun-Re .............. 141, 142 –. Tochter Amun-Res .................. 141, 142 Ḫatti/ Ḫatti Land ................................ 84, 137, 138, 144, 146, 148, 270 Ḫattušili I. ..................................... 138, 139 Ḫattušili III. .................. 84, 116, 129, 137, 138, 139, 147, 148, 206, 270, 271 Haus des Herrn/ Haus für den Namen des Herrn, siehe Tempel Hazor .... 23, 24, 25, 36, 39, 41, 45, 74, 277 –. Stadttor .................................. 22, 24, 25 Hebräer ................. 159, 166, 238, 240, 242 Hebron ..................................... 44, 52, 80, 81, 93, 96, 136, 190, 200, 217 Ḥelam ................................................ 92, 93 Helden ................................... 167, 243, 282 –. Davids ........................................... 39, 40 hellenistische(s) –. Geschichtsschreibung ..................... 228 –. Historiker ........................................... 17 –. Judentum ........................................... 58 –. Königreich .......................................... 53 –. Zeit/ Epoche .................................... 53, 54, 58, 59, 165, 203, 204, 205 Herodes der Große .................................. 64 Herodot ........................ 132, 134, 143, 144 Herrlichkeit des Herrn ........ 262, 263, 264 Hethiter ................................................... 82, 96, 99, 105, 109, 138, 152, 193 hieros logos .............................................. 249 High Chronology ................................ 22, 23, 36, 41, 52, 74, 78, 277 Hinzufügungen ................... 7, 30, 34, 62, 97, 98, 200, 201, 202, 203, 248, 253, 254, 259, 261, 277, 279, 281, 282, 284 Hiob ................................. 83, 106, 177, 180 Hiram ................................. 22, 31, 33, 38, 39, 83, 104, 233, 254, 256, 257, 258, 259

Hiskia ............................... 17, 31, 49, 53, 81 Historiographie ............ 5, 6, 8, 11, 12, 14, 15, 16, 17, 34, 37, 38, 47, 57, 81, 87, 124, 126, 166, 169, 175, 181, 182, 183, 235, 249, 265, 266, 271, 272, 284 historiographische Methoden ........... 248, 273, 283 historische Fiktion .................................. 49 historische(r) ................................................ –. Analyse ....................................... 11, 181 –. Bewährungsprobe ............................. 73 –. Bewertung ......... 13, 30, 33, 34, 61, 267 –. David ........................... 48, 53, 234, 274 –. Epochen ...................................... 22, 54 –. Herausforderungen ................... 63, 281 –. Hintergrund .................................. 1, 8, 10, 91, 105, 108, 130, 262, 268 –. Israel ................................................... 43 –. Kontext ................. X, 9, 10, 14, 91, 122 –. Nathan .................................... 192, 193 –. Perspektive ........... 7, 126, 169, 184, 223 Quellen ....... 32, 37, 38, 46, 50, 60, 93, 159 Rahmen ............................... 51, 59, 80, 253 –. Rekonstruktionen ............................. 89 –. Salomo ..................................... 8, 64, 86 –. Schriften ......................................... 8, 13 –. Setting .............................. 30, 89, 90, 92 –. Studien ............................................... 10 –. Situation .... 29, 183, 192, 197, 202, 273 –. Vereinigte Monarchie ............ 43, 85, 86 –. Verlässlichkeit biblischer .Berichte .................................. 9, 13, 14, 28, 35, 36, 37, 38, 39, 41, 42, 46, 47, 48, 49, 50, 54, 59, 60, 63, 65, 66, 75, 85, 86, 95, 130–131, 159, 174, 184, 188, 244, 268, 277, 278, 282, 283, 284 –. Wert ...................... 29, 48, 50, 53, 57, 58 historisch-kritische –. Ansätze ............................................... 11 –. Bibelforschung ................................... 37 Historizität ............................................ 10, 11, 12, 13, 29, 36, 37, 41, 46, 47, 50, 57, 61, 64, 70, 74, 188, 230, 247

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Sachregister

Hochzeit ................ 173, 174, 181, 243, 283 Hof ...... 14, 73, 85, 192, 211, 230, 272, 273 –. Herrscherhöfe .................................... 83 –. Hofarchiv ......................................... 258 –. Hof-Erzählung ................................. 153 –. Hofintrigen ................... 183, 191, 194, 206, 209, 265, 273, 278, 279, 282 –. Hofprophet ..................... 192, 196, 215 –. Königshof .. 14, 132, 143, 196, 205, 225 –. Palasthof ............................................. 74 –. Salomos Hof .......... 14, 74, 85, 97, 180, 192–197, 205, 225, 226, 229 Hofni ..................................................... 239 Hohelied .................................................. 3, 4, 166, 173, 179, 180, 181, 182 –. Metaphorisch (Auslegung) .......... 173, 174, 179, 180, 181, 182, 272 Höhen ...................................................... 66 Homer ................................................... 243 Hur ........................................................ 256 Huram .......................................... 254, 257 Huram-Abi ............................ 256, 257, 261 Ideologie ............ 39, 42, 46, 55, 75, 81, 136 Idrimi ..................................................... 128 Idumäer ................................................... 39 Ikonographie .............................. 6, 68, 247 Immanuel .............................................. 161 Inanna, siehe Ištar, Hauptgöttin von Kisch Inclusio ................................................ 105, 106, 113, 201, 221, 224, 233, 264, 269 Inschriften, siehe Epigraphie Intrige ..................... 12, 14, 183, 186, 194, 196, 197, 202, 206, 208, 209, 213, 215, 233, 265, 273, 278, 279, 282 Isaak ............................................ 106, 113, 138, 161, 176, 207, 224, 243, 257 Isai ................................................. 120, 177 Isebel ...................................................... 227 islamische Tradition ..................... 3, 6, 247 Ismael ..................... 110, 113, 138, 161, 207 Israel –. Archäologie ............. 10, 12, 13, 22, 24, 26, 28, 29, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 44,

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49, 50, 51, 52, 57, 59, 61, 62, 63, 64, 68, 69, 70, 71, 72, 78, 85, 86, 145, 267, 277 –. Bevölkerungszahl .................. 52, 78, 79 –. Exil ..................................... 30, 241, 245 –. historische Wendepunkte ............... 15, 236, 237, 242, 244, 245 –. im 10. Jahrhundert .......................... 18, 19, 24, 25, 29, 63, 65, 75, 205, 267 –. Kernland ............................................ 75 –. König/ Könige ................... 3, 8, 14, 17, 25, 32, 49, 103, 112, 115, 116, 117, 127, 136, 163, 172, 173, 175, 183, 187, 188, 189, 195, 203, 208, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 224, 232, 269, 271, 273, 276, 277, 280, 281 –. (König-)Reich ..................................... 13, 19, 21, 37, 76, 82, 104, 115, 122, 145, 183, 187, 269, 280, 281 –. Monarchie ............................ 13, 14, 15, 23, 26, 28, 37, 38, 42, 43, 44, 45, 47, 49, 50, 51, 53, 54, 58, 59, 60, 61, 62, 65, 74, 76, 78, 80, 81, 82, 86, 136, 175, 220, 234, 237, 245, 275, 284 –. Nachbarn ......................................... 18, 61, 76, 77, 81, 82, 84, 85, 147, 148, 187, 205, 245, 251, 254, 278 –. Nordstämme ................................... 80, 82, 85, 127, 187, 188, 217 –. Stämme ........... 75, 76, 77, 120, 188, 217 –. Trennung von Juda ............................ 37, 85, 153, 188, 280 –. Vereinigte Monarchie .... 13, 14, 15, 37, 38, 47, 49, 50, 59, 60, 136, 175 –. Wohlstand .................................. 45, 281 Ištar ........ 133, 137, 138, 139, 148, 270, 271 –. Ištar von Arbela ....................... 125, 126 –. Ištar von Ninive ....................... 125, 126 –. Tempel ...................................... 138, 237 Jafo ................................................. 258, 259 Jair ................................................. 120, 121 Jakob ........................... 106, 138, 158, 176, 207, 208, 212, 224, 242, 243, 273, 282 Jam ......................................................... 120

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Sachregister

James VI. von Schottland in England .. 188 Ja’udi/ Sam’al ................................ 128, 189 Jebusiter/ Jebusitisch ........................... 66, 67, 193, 258, 263 Jechonia, siehe auch Jojachin ............... 17, 30, 121, 127 Jedidja .............. 13, 90, 110, 114, 117, 118, 120, 123, 124, 127, 128, 133, 148, 146, 151, 152, 162, 163, 167, 209 –. Beiname ...... 13, 90, 100, 114, 116, 117, 118, 119, 120, 122, 126, 148, 149, 152, 160, 165, 167, 208, 269, 270, 271, 279 –. Ehrentitel .......................................... 118 –. Geburtsname ................................. 118, 121, 124, 147, 211, 279 –. Gottesname ...................................... 164 –. Königsname ............................ 122, 123 –. politische Legitimation .......... 122, 193 –. politische und ideologische . Dimension ........................................ 270 –. religiöse/ göttliche Legitimation ... 122, 125, 167 –. Wortspiel .................... 14, 151, 163, 271 Jehu ..................................... 17, 21, 127, 215 Jehud Medinta ................ 35, 250, 261, 266 jenseits-des-Flusses (Provinz) ........... 76, 77 Jericho ....................................... 21, 22, 44, 45, 52, 63, 64, 72, 75, 78, 80, 227 Jerobeam I. .............................. 49, 127, 215 Jerobeam II. ................................. 34, 45, 49 Jerobeam (ben Nebat/ der Sohn des Nebat) siehe Jerobeam I. Jerusalem ................................... 3, 4, 5, 17, 19, 21, 22, 23, 24, 25, 32, 39, 43, 47, 49, 51, 54, 56, 62, 63, 65, 66, 67, 69, 80, 84, 90, 93, 96, 104, 105, 108, 115, 118, 119, 120, 125, 132, 136, 145, 153, 154, 156, 157, 158, 164, 165, 169, 188, 191, 198, 200, 205, 209, 217, 220, 221, 228, 233, 247, 257, 258, 269, 279, 281 –. administratives Zentrum ........... 71, 74 –. Archäologie ......................... 13, 26, 42, 44, 52, 64, 68, 70, 71, 72, 85, 86, 277

–. Bevölkerungszahl ........................... 52, 71, 72, 74, 75, 77, 78 –. Größe ......................................... 13, 42, 44, 70, 71, 73, 74, 77, 78, 83, 86, 267 –. im 10. Jahrhundert v.u.Z. ............... 44, 68, 70, 71, 72, 83, 86 –. Priesterschaft .......... 224, 226, 229, 274 –. Schwäche ............................................ 81 –. Töchter ..................................... 173, 180 –. von Gott erwählt ....................... 33, 275 –. Zerstörung ................... 18, 45, 127, 280 Jesaja von Jerusalem .................. 61, 81, 118 Jeschua, Hohepriester .......................... 241 Joab ......... 66, 99, 107, 109, 120, 192, 193, 194, 195, 196, 199, 216, 221, 223, 236, 239, 240, 245, 280 durch Benaja ersetzt .............................. 197 Hinrichtung ......... 224, 229, 230, 234, 274 suchte Asyl ............................................ 230 tötete Absalom ..................... 176, 222, 226 unterstützte Adonia ..... 190, 191, 215, 224 Joahas (Schallum) ................................. 121 Joasch .................................................... 34, 171, 190, 215, 230, 236, 237, 245 Krönung ....... 173, 236, 237, 240, 244, 275 Johannes Calvin .................................... 179 Jojachin .............................. 17, 30, 121, 127 Jojada .................... 196, 215, 230, 236, 237 Joram .................................. 17, 21, 127, 188 Josef .............................. 207, 241, 242, 245 Josefs-Geschichte .......................... 241, 275 Josia ...................... 30, 31, 44, 127, 161, 162 Juda –. Archäologie ................ 28, 37, 44, 51, 52 –. Beamte ............................. 190, 213, 273 –. Bergland .............. 44, 51, 52, 78, 80, 86 –. Bevölkerungszahl ............ 52, 78, 79, 80 –. Dörfer ............................... 44, 52, 77, 80 –. Frau ................................... 106, 114, 152 –. Hauptstadt ................................... 80, 81 –. im 7. Jahrhundert .............................. 44 –. im 10. Jahrhundert ...................... 18, 52

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Sachregister

–. Könige ................................................. 17, 32, 37, 43, 44, 46, 49, 69, 80, 115, 116, 117, 119, 121, 127, 175, 184, 187, 188, 203, 224, 237, 269, 276, 277 –. (König-)Reich ................ 21, 27, 28, 37, 44, 45, 76, 77, 78, 80, 82, 115, 122, 145, 220, 237, 280 –. Krönungsprotokoll .................. 237, 244 –. militärische Eroberungen ................. 80 –. Nachbarn ....................... 18, 76, 81, 245 –. nationale Ideologie ............................ 81 –. Region .............................. 35, 77, 78, 79 –. Sanheribs Feldzug ........................ 48, 49 –. Siedlungsstruktur ............ 52, 77, 78, 79 –. unter Söhnen Jakobs ................ 158, 212 –. Stadt (Babylonien) ..................... 90, 127 –. Stamm, Stämme ......... 80, 136, 187, 256 –. Zerstörung ....................................... 280 jüdischer/hebräischer Kanon ... 6, 166, 167 Julius Caesar ............................................ 49 Kadesch, Schlacht von ...................... 84, 93 Kain ............................................... 101, 207 Kambyses ............................................... 117 Kambyses II. .......................................... 136 Kanaan ..................... 18, 19, 205, 242, 247 Kanaanäer ............................................... 93 Kanaanäisch ..... 24, 90, 128, 133, 193, 205 Kapporet ................................................ 260 Karnak ........................... 19, 20, 38, 41, 142 Katharinenkirche, Oppenheim am . Rhein ................................................... 4 Kathedrale von Monreale ................. 4, 276 Ketubim (Hagiographen, Schriften) ..... 3, 8, 13, 35, 151, 155 Khirbet Qeiyafa .......................... 18, 28, 69 –. Archäologie .................................. 27, 28 –. Gebäudemodell .................................. 69 –. Ostrakon ...................................... 18, 21 Kilab ...................................................... 189 Kilamuwa ..................................... 128, 129 Kind/ Kinder ....................... 3, 63, 89, 94, 95, 96, 98, 99, 100, 101, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 113, 114,

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116, 117, 118, 119, 121, 122, 124, 126, 127, 131, 132, 137, 138, 141, 142, 144, 146, 147, 153, 154, 156, 160, 161, 163, 167, 171, 172, 174, 176, 185, 193, 224, 226, 231, 268, 269, 271, 283 Kindersterblichkeit ............................... 110 Kisch ..................... 120, 131, 133, 134, 135 Klassisches Biblisches Hebräisch ......... 55, 56, 59, 165, 204 Kohelet .3, 4, 14, 35, 151, 165, 166, 167, 180 –. Ähnlichkeiten mit Salomo eine . Fiktion .............................................. 165 –. Aufnahme in den Kanon ........ 166, 167 –. Name Salomos ........... 14, 151, 165–166 kompositionelle Einheit ................ 5, 13, 89, 90, 93, 103, 107, 110, 111, 112, 183, 198, 199, 201, 205, 224, 253, 268, 269, 278 kompositionelle Methoden ........ 8, 57, 283 Königin von Saba .................................... 3, 4, 32, 178, 208, 210, 220, 253 königliche Apologie .................................. 6, 13, 103, 116, 125, 127, 137, 139, 148, 206, 207, 214, 270, 282 –. altorientalische Kulturen ............. 147, 207, 214, 282 –. Asarhaddons .................................... 126 –. Hasaels .............................................. 206 –. Ḫattušilis .................................. 137, 138 –. Ḫattušili III. ................... 129, 137, 206 –. ḫethitische ........................ 139, 149, 271 –. Nabonids .......................................... 126 –. Salomos ....................................... X, 126 –. Xerxes I. ............................................ 128 königliche Archive ....................... 172, 205 königliches Maultier ..................... 189, 215 Königsherrschaft des Herrn ................. 212 konzentrische Struktur ..................... 104, 105, 112, 113, 269 körperliche Beschreibung ..................... 175 körperliche Erscheinung ....................... 14, 169, 175, 271 –. Qualifikation für Königsherrschaft ...... 14, 175, 178, 181–182

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Sachregister

Kreter / Krethi und Plethi .............. 93, 236 Kreuzfahrer ............................................. 64 Krieg ..... 22, 30, 31, 39, 40, 42, 76, 89, 98, 104, 105, 107, 108, 109, 112, 113, 134, 151, 163, 184, 250, 251, 254, 257, 269 Krieger ............................ 45, 229, 243, 250 Kriegsbericht .................... 92, 98, 108, 269 Kriegsbeute ................................... 251, 252 Kriegsführung ........................................ 93 Kriegsgott .............................................. 145 Kriegsherr .............................................. 251 Kiegszeiten ............................................ 250 Kriegszug ............................................... 139 Krone ...... 79, 142, 169, 173, 188, 236, 237 Krönungsname ............................ 122, 124 Krönungsprotokoll .............................. 244 Kultur des Alten Israel ... 15, 61, 116, 118, 147, 188, 197, 205, 213, 247, 267, 270, 278 –. des Alten Orients ..................... 278, 279 –. christliche ............................ 3, 266, 277 –. islamische ............................ 3, 266, 277 –. jüdische ........................ 3, 154, 266, 277 –. kulturelle Kontakte mit . Mesopota­mien ......................... 144, 145 Kupferminen ........................................... 28 Kyros II. (der Große) .... 30, 117, 132, 136, 143, 241, 259 La’asch ........................................... 187, 188 Ladeerzählung .............................. 238, 275 Land Israel (Eretz-Jisra’el) ............... 17, 18, 19, 23, 56, 145, 146, 258, 267, 276 Laubhüttenfest ....................................... 35 Legenden ........................................ 30, 32, 37, 44, 50, 116, 130, 131, 132, 133, 135, 138, 139, 144, 249, 268, 277, 279, 281 –. Geburtslegende ..................... 115, 130, 131, 132, 134, 135, 146, 148, 271 Lehnwörter .............................................. 54 Leibwache/ Leibwächter ................ 93, 189 Levante .................................................. 18, 19, 68, 69, 74, 80, 82, 85, 145 Levi ................................................ 159, 212

Leviten .......................... 209, 231, 240, 252 Libanon ..... 66, 74, 174, 180, 233, 259, 261 Libyer ....................................................... 93 literarische(s) –. Analyse .......................................... 6, 8, 9, 10, 11, 12, 42, 43, 48, 51, 55, 58, 82, 86, 98, 102, 124, 181, 185, 202 –. Form ............ 13, 30, 31, 34, 46, 53, 89, 97, 98, 106, 107, 112, 139, 158, 166, 172, 200, 217, 273, 275, 278, 279, 283, 284 –. Motive ........ 15, 116, 117, 129, 138, 147 –. Merkmal ...... 8, 97, 112, 128, 156, 158, 215–216, 260, 269, 275 –. Perspektive ..................... X, 10, 12, 76, 202, 222, 236, 249, 266, 283 –. Strukturen ................ 13, 30, 43, 51, 55, 68, 98, 103, 104, 105, 111, 112, 113, 117, 152, 159, 198, 201, 206, 209, 212, 213, 217, 222, 240, 269, 273 –. Wiederaufnahme ......... 8, 107, 108, 269 Lob der Vorfahren ........................ 163, 167 lokale Anführer ................................ 19, 73 Low Chronology .................................. 22, 23, 36, 41, 74, 75, 78, 277 Luʽasch ................................................... 128 Lugalzagesi ............................................ 134 Maacha .................................................... 91 Machane-Dan ....................................... 171 mächtige Männer ............................ 40, 213 Madaba-Ebene ........................................ 92 Magus ................................................ 6, 136 Majestät der Königsherrschaft ............. 232 Makere ................................... 140, 141, 142 Makkabäer, siehe Hasmonäer ................ 54 –. Makkabäerbücher .............................. 58 –. Makkabäerzeit ................................... 43 Manasse ..................................... 17, 34, 207 Manetho .................................................. 22 Maria Theresia ........................................ 33 Masoretische Schriftgelehrte ............... 155 Masoretischer Text .............................. 30, 114, 118, 123, 198, 199, 217 Mattanja (Zedekia) ....................... 121, 127

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Sachregister

Maximalisten .......................................... 10 Makedonien .......................................... 140 Mazedonien, siehe Makedonien Medien ................................................... 136 Mefi-Boschet ................ 176, 201, 223, 270 Megiddo ........... 19, 22, 23, 24, 25, 27, 28, 29, 36, 38, 41, 45, 48, 74, 75, 145, 277 Stadttor ............................................. 22, 24 Menahem ......................................... 17, 125 Menander .......................................... 22, 33 Mescha-Inschrift ......................... 53, 57, 66 Mesopotamien ................... 19, 20, 82, 93, 116, 129, 130, 134, 144, 148, 237, 270 –. Krönungsprotokolle ........................ 237 –. kulturelle Verbindungen .............. 134, 144, 145, 148, 270 Metathese/ Metathesis .................. 178, 260 Methodologie ........................ 10, 18, 62, 66 Minimalisten .......... 10, 38, 46, 50, 51, 52, 53, 55, 60, 62, 69, 70, 77, 79, 85, 267, 284 Mitanni ................................................... 82 Mittelmeer ............................................. 133 Mittelmeerraum ...................................... 10 Mizpa ..................................................... 217 Moab ............................................ 53, 82, 85 Moabitischen Inschriften ................. 21, 56 Moabiter ............................................ 39, 40 Monreale, Kathedrale .............. XIV, 4, 276 Mordechai .................................... 120, 242 Mose .................. 5, 8, 15, 67, 96, 110, 113, 114, 131, 132, 145, 146, 164, 171, 207, 216, 224, 227, 228, 230, 231, 234, 243, 247, 253, 254, 255, 256, 257, 260, 261, 262, 263, 264, 266, 274, 276, 279 Mot ........................................................ 120 Motiv des ausgesetzten Kindes .... 131, 132 Muršili ............................................. 84, 137 Musik ....................................... 3, 4, 15, 236 –. Musikinstrumente ........................... 15, 235, 241, 242, 275 –. musikalische Klänge ............... 236, 244 –. musikalische Werke ............................. 4 Muslime ............................................. 17, 47

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Mutterleib ..................................... 14, 125, 126, 160, 161, 211, 273, 280 Muwatalli ...................................... 137, 138 Mykene .................................................... 49 Mythos .......................................... X, 7, 12, 140, 141, 267, 276, 279, 282, 283, 284 Naama ........................................... 172, 174 Nabonid ............................... 125, 126, 211 Nabû .............................................. 125, 126 nachexilische Gemeinschaft .................. 54, Naḥasch ................................................. 106 Narām-Sîn ............ 129, 138, 144, 145, 146 nasiräisches Gelübde ............................. 115 Nathan, der Prophet –. Bote Gottes .................................... 114, 116, 123, 196, 269, 279 –. gab Batseba Ratschläge ... 192, 194, 195 –. gab Salomo den Namen Jedidja ..... 90, 100, 110, 114, 116, 118, 119, 120–121, 122, 124, 126, 147, 148, 163, 193, 209, 269, 270, 271, 279 –. Historizität .............................. 192, 193 –. in der Thronfolgeerzählung .......... 93, 96, 100, 109, 110, 114, 116, 118, 122, 123, 124, 126, 147, 148, 154, 163, 169, 170, 186, 190, 192–197, 199, 200, 206, 209, 210, 213, 215, 235–236, 268–270, 279–280 –. manipulierte David ......................... 14, 193, 194, 213, 273 –. nicht bei Adonias Bankett .............. 193 –. Parabel .......................................... 97, 98 –. politisches Kalkül ............................ 120 –. Salomos Erzieher ........ 14, 170, 174, 272 –. setzte Batseba als Werkzeug ein ...... 193 –. Söhne ................................ 196, 197, 209 –. Unterschied zwischen Samuel und . Kö­nige .................... 196, 199, 200, 209 –. unterstützte Salomo ..................... 121, 123, 124, 148, 193, 197 –. Zurechtweisung Davids .93–94, 97, 98, 99, 104, 105, 111, 112, 113 Nathan, Sohn Davids ........................... 197

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Nathans Prophezeiung . 99, 100, 111, 112, 117, 124, 161, 208, 209, 211, 227, 228, 233, 248, 249, 250, 265, 273 –. Datierung ................................ 248, 249 –. David .99, 117, 124, 208, 211, 227, 228, 248, 249 –. davidische Dynastie ................. 209, 228 –. Erfüllung .. 124, 161, 208, 211, 227, 233 –. in Chronik ................ 161, 211, 250, 265 –. Salomo .. 100, 124, 161, 228, 249, 265, 273–274 –. Tempel ..... 124, 233, 248, 249, 250, 265 nationale Ideologie .................................. 81 Nebukadnezar ............................... 127, 265 Neumond .............................................. 254 Nicolas Poussin ......................................... 4 Nihilisten, siehe Minimalisten .10, 38, 46, 50, 51, 52, 53, 55, 60, 62, 69, 70, 77, 79, 85, 267, 284 Nil ........................................... 82, 132, 146 Nimrod .................................. 136, 145, 146 Ninive ............................... 71, 73, 125, 126 Nin-men-na ........................................... 237 Nordisrael .......................................... 76, 85 Nubier ..................................................... 93 Oase des Amun ..................................... 143 Offenbarung .. 94, 181, 232, 234, 272, 274 Omri ...... 17, 21, 22, 25, 45, 49, 73, 76, 136 –. Dynastie .................... 21, 25–26, 45, 49 –. gründete Samaria ............................. 136 –. vor-omridisches Nordreich ......... 73–74 Onan ...................................................... 114 Opfer .... 66, 137, 217, 232, 233, 234, 254, 258, 263, 274 Ophir ....................................................... 45 Ornan (Arauna) ............ 119, 249, 258, 263 Österreich .............................................. 188 Ostjordanland ............................... 104, 151 Paläographie ...................................... 46, 53 Palästina .................................... 17, 43, 48, 49, 50, 57, 71, 80, 82, 187, 203 Palermo ...................................................... 4

Parallelen ........... 6, 7, 9, 10, 13, 45, 47, 56, 59, 68, 70, 73, 81, 106, 112, 120, 127, 128, 129, 133, 139, 148, 152, 158, 190, 205, 248, 249, 269, 270 –. altorientalische/ Alter Orient .... 6, 13, 59, 68, 73, 81, 106, 117, 127, 128, 148, 206, 249, 269, 270 –. Mittelmeerraum ................................ 10 –. vorderorientalische ........................ 6, 10 Paranomasie .......................................... 100 Pasargadae ............................................. 136 Paulus .................................................... 166 Persepolis ............................................... 136 Perserzeit ....... 8, 34, 35, 43, 46, 55, 56, 59, 73, 86, 93, 165, 204, 230, 250, 251, 257, 258, 261, 266 Persischer Golf ...................................... 133 persische(r) –. Inschriften ....................................... 270 –. König ......................................... 43, 128 –. Lehnwörter ........................................ 54 –. persisch-achämenidisches Reich .... 132 –. persisch-hellenistische Epoche/ .Zeit ................. 53, 54, 58, 203, 204, 205 –. Schriften ............................. 13, 147, 269 –. Thron ............................................... 136 –. Zeit ...................................................... 54 Personalunion ............................... 187, 188 Pferdeställe Salomos ............................... 25 Pharao ........... 41, 116, 120, 129, 139, 140, 142, 147, 216, 232, 241, 242, 243, 270 –. Amenophis III. .................................. 83 –. Hatschepsut .................................. 120, 129, 139, 140, 147, 270 –. Haus des .......................... 241, 242, 245 –. Pharaos Tochter ....................... 39, 146, 172, 232, 234, 274 –. Ramses II. .................................. 93, 137 –. Schischak I. ........... 19, 38, 39, 41, 57, 76 –. Sheshonq/ Sheshonk siehe Schischak I. Philister ... 17, 32, 39, 40, 48, 238, 239, 245 –. Philistergebiete ................................... 39 –. Philisterland ....................................... 76

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Sachregister

–. Philisterstadt ................................ 77, 78 Phönizien ............................................... 258 –. Geschichte .......................................... 22 –. Inschrift .................................... 90, 128 –. Stadtstaaten ........................................ 19 Pinhas ............................................ 238, 239 Plether .................................................... 236 Positivisten .............................................. 10 post eventum-Anspielung/ Aussage ...... 97 post eventum-Beschreibungen ............. 126 post eventum- Erfüllung ...................... 161 post eventum-Erwählung ..................... 126 post eventum-Prophezeiung ................ 227 post eventum-Rechtfertigung ..... 209, 282 Priester ......................................... 115, 137, 138, 142, 197, 209, 215, 231, 239, 240, 252, 254, 262, 263, 264 Priesterin ............................................... 131 Priesterschaft ................ 224, 226, 229, 274 Priesterkodex ......................................... 254 Priesterschrift ....................... 247, 248, 264 Prostituierte ................................. 3, 4, 32, 110, 178, 179, 233, 253 Quelle aus Archiven ................. 31, 32, 75, 76, 89, 92, 145, 172, 205, 258 Rabba ................ 92, 95, 105, 107, 108, 169 Radiokarbon(C14)-Datierung ... 24, 27, 28 Raffael ....................................................... 4 Rahel ...................................................... 243 Ramses II. ....................................... 93, 137 Redaktion ................................ 5, 6, 13, 31, 32, 33, 36, 37, 48, 55, 59, 62, 89, 93, 94, 96, 97, 98, 108, 109, 112, 169, 199, 201, 202, 203, 204, 268, 269, 284 –. -geschichte ................. 6, 31, 89, 93, 268 –. -kritik ......................... 13, 112, 204, 284 –. redaktionelle Methoden ............ 55, 284 Rehabeam ..... 19, 39, 41, 84, 85, 172, 174, 188, 272, 280 Reichsteilung .......................................... 85 relative Chronologie ............................... 27 Revisionisten, siehe Minimalisten Rezeption ...................................... 4, 6, 151

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–. Geschichte ............................................ 5 Römer .................................................... 120 Ruben .................................... 159, 207, 212 Sabbat ............................................ 166, 254 Sabud ............................................ 196, 197 Salmanassar V. ....................................... 135 Salomo .......................................................... –. Abstieg ............................................. 280 –. ähnlich wie Jakob ........................ 207–208, 213–214, 282 –. Alter bei Krönung ........................... 172 –. Anweisung zum Tempelbau ... 249, 274 –. Apostasie .......................................... 280 –. Aufstieg an die Macht ........ 5, 6, 8, 12, 14, 16, 46, 57, 63, 87, 171, 174, 206, 209, 221, 233, 245, 269, 273, 274, 277, 282 –. ausländische Frauen .......... 84, 162, 280 –. Auslassungen ................................... 153, 162, 245, 262, 271, 273 –. außerbiblische Belege .......... 15, 17, 19, 21, 22, 34, 37, 63, 85, 174, 268, 276 –. Bauherr ................................. 45, 65, 280 –. Bauherr des Tempels ............. 3, 14, 65, 66, 68, 69, 70, 72, 85, 87, 124, 160, 161, 163, 179, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 247, 248, 249, 252, 253, 254, 258, 261, 265, 266, 272, 274, 275, 276, 277, 278, 280, 281, 283, 284 –. Beamte ............................ 14, 31, 71, 77, 183, 209, 210, 212–213, 214, 215, 217, 229, 233, 245, 252, 273, 274, 280, 282 –. biblische Quellen ................. 12, 17, 30, 31–32, 33, 34, 35–36, 37, 38, 55, 63, 70, 85, 86, 89, 102–103, 127, 145, 155–156, 159, 172, 174, 197, 202, 204, 225, 267, 268, 272, 273, 277, 281, 282, 283, 284 –. Buch der Begebenheiten Salomos ... 228 –. Charakter ............................ 8, 178, 206 –. Charakteristikum/ -a .......... 14, 63, 178 –. Dichter ................................................. 3 –. diplomatische Ehen ........................... 84 –. Distrikte ............................... 31, 45, 196

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Sachregister

–. Ehe mit Naama ................ 172, 174, 272 –. Ehen ........................... 39, 84, 144, 172, 173, 174, 181, 232, 234, 274, 280 –. Eliminierung von Rivalen .............. 15, 183, 198, 221, 223, 224, 229, 233, 234, 273, 274, 279 –. Erbe Davids ..... 44, 119, 123, 158, 169, 174, 175, 202, 213, 273 –. Erhöhung ......................................... 236 –. Erscheinungsbild ............................. 14, 169, 175, 179, 181, 271–272 –. erwarteter Thronfolger bzw. . -erbe ................................. 207–208, 209 –. Erziehung ........... 14, 170, 171, 174, 272 –. Existenz .............. 17, 18, 19, 28, 36, 38, 44, 62, 63, 64, 267, 277, 279, 281 –. Frauen ............................................... 14, 71, 83, 84, 85, 162, 172, 280 –. Friede .......................... 84, 229, 251, 275 –. Gebete .......................................... 30, 33 –. Geburt ................... 5, 8, 12, 13, 14, 16, 30, 46, 57, 63, 69, 87, 89, 91, 94, 95, 103, 104, 105, 107, 112, 113, 115, 116, 119, 127, 130, 147, 148, 151, 152, 153, 154, 159, 160, 161, 166, 169, 193, 201, 263, 268, 269, 270, 271, 278, 282 –. Gegensatz zu Brüdern .... 169, 172, 175 –. Gelehrter ............................. 3, 272, 277 –. gerecht/ Gerechtigkeit ....................... 3, 167, 182, 196, 272 –. göttliche Erwählung ........................ 14, 123, 124, 125, 126, 127, 133, 139, 140, 148, 149, 158, 167, 178, 179, 183, 189, 196, 198, 201, 202, 203, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 220, 229, 232, 270, 271, 273, 276, 278, 280, 282, 283, 284 –. großartigster/ größter König............. 3, 213, 222, 232, 277 –. Harem ................................................... 13, 33, 64, 71, 83, 84, 85, 268, 279 –. heiratete ägyptische Prinzessin ....... 39, 40, 41, 144, 172, 232

–. herrschte über die Aramäer ............... 85 –. hethitische Vorfahren ...................... 102 –. historische Rekonstruktion ............. 8, 183, 273, 277 –. Historizität ................... 5, 12, 29, 36, 41 –. Hochzeit ................... 172, 173, 174, 181 –. Hof ............................... 14, 85, 97, 153, 180, 225, 226, 229, 272, 273 –. Höhepunkt der Thronfolge. erzählung ............................ 13, 201, 280 –. im Deuteronomistischen Geschichts­ werk ............................ 55, 160, 162, 230 –. in Chronik ................................ 167, 254 –. internationaler Handel .. 39, 41, 44, 252 –. keine aktive Rolle bei . Verschwörung .................................. 206 –. Kindheit .......... 170, 172, 175, 271, 272 –. (König-)Reich ..... 9, 13, 22, 25, 28, 36, 37, 38, 39, 41, 42, 43, 44, 61, 63, 64, 70, 73, 75, 76, 77, 78, 80, 85, 153, 203, 220, 221, 224, 232, 233, 267, 268, 275, 277, 280, 281 –. Ko-Regent Davids ... 172, 192, 198, 215 –. körperliche Erscheinung . 175, 178, 271 –. Kriege ......................................... 76, 229 –. Krone ........................................ 169, 173 –. Krönung .............................. 12, 14, 15, 124, 148, 169, 173, 174, 183, 187, 209, 210, 214, 215, 216, 217, 218, 219, 222, 235, 237, 244, 245, 270, 274, 275 –. Länge der Regierungszeit .......... 20, 252 –. Leben vor der Thronbesteigung ..... 14, 169, 170, 172, 272 –. Legitimation/Legitimität ......... 13, 14, 103–104, 117, 119, 122, 133, 146, 148, 149, 183, 193, 197, 201, 202, 203, 206, 209, 213–214, 225, 271, 278, 282, 283 –. Monumentalbauten ........................ 22, 23, 25, 26, 64, 67, 267, 277 –. Mutter ..... 30, 105, 114, 122, 123, 152, 157, 158, 173, 174, 181, 187, 197, 200 –. Namen ........... 8, 13, 14, 30, 36, 86, 90, 94, 96, 100, 101, 102, 103, 110, 113,

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Sachregister

–. –. –. –. . –. –. –. –. –. –. –. –.

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–. –.

–. –. –. –.

114, 116, 117, 118, 119, 121, 122–123, 124, 125, 126, 127, 128, 146, 147, 148, 149, 151, 152, 157, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 193, 209, 211, 213, 251, 268, 269, 270, 271, 278, 279, 280 Nebenfrauen .................... 71, 83, 84, 85 negatives Beispiel ............................. 280 Palast ............................. 33, 39, 45, 64, 69, 70, 71, 213, 215, 232, 261 Qualifikationen für Königsherrschaft .......... 14, 124, 175, 178, 272 Reden ............................. 30, 31, 33, 283 Regierte 40 Jahre ............... 33, 172, 252 Reichtum ............................ 33, 68, 70, 124, 178, 233, 260, 266, 279, 280 Richter ...................................... 3, 4, 280 schickte Adonia nach Hause ........... 207 Staatsmann ....................................... 280 Sünden ..... 15, 101, 153, 162, 167, 178, 234, 262, 265, 280 Thron ....................... 9, 13, 14, 30, 116, 123–124, 125, 133, 158, 166, 172, 173, 174, 175, 183, 191, 192, 194, 196, 197, 202, 206, 208, 210, 211, 212, 213, 215, 217–218, 220, 221, 234, 235, 249, 270, 271–272, 273, 276, 278, 280, 282 Thronfolge .... 12, 13, 14, 30, 103, 116, 121, 123, 125, 126, 128, 134, 139, 148, 149, 153, 178, 183, 184, 186, 191, 192, 194, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 206, 207, 208, 209, 210, 213, 215, 218, 222, 233, 234, 235, 252, 253, 271, 273, 274, 275, 278, 279, 280, 282, 284 Urteil ................. 3, 4, 32, 191, 233, 277 Usurpator ......................... 13, 116, 117, 122–123, 124, 126, 127, 128, 130, 133, 134, 135, 136, 144, 146–147, 148, 149, 166, 202, 206, 213–214, 270, 271, 282 Verfasser des Hohelieds .................... 4, 35, 151, 166, 179, 180 Verhältnis zu seiner Familie ............ 170 Verschwörung .......................... 197, 206 vierter Sohn Batsebas ................... 154, 155, 166, 212, 280

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–. vierter Sohn Davids ...................... 144, 154, 200–201, 274, 278, 280 –. von Adonia ausgeschlossen ............. 102 –. von allen unterstützt ....................... 14, 123, 214, 229, 245, 274, 280 –. von Gott erwählt .... 14, 123, 124, 125, 126, 127, 140, 148, 149, 158, 167, 178, 179, 183, 189, 196, 198, 201–202, 203, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 220, 229, 232, 270, 271, 273, 276, 278, 280, 282, 283, 284 –. von Gott geliebt .............................. 13, 90, 100, 103, 109, 115, 116, 117, 118, 120, 122, 123, 124, 125, 127, 128, 133, 138, 146, 147, 148, 149, 152, 162, 164, 167, 170, 178, 208, 209, 213, 269, 270, 271, 273, 279, 282 –. vorbildlicher König .......... 167, 281, 283 –. Weisheit .................................. 3, 14, 22, 32, 124, 165, 166, 167, 175, 178, 179, 181, 230, 253, 266, 272, 277, 279, 280 –. Wortspiel .... 14, 100, 151, 162, 163, 271 –. Wunsch, den Tempel zu bauen ....... 232 –. zweimal gekrönt ....................... 217, 218 Samaria ...................................... 25, 52, 136 Šamaš ............................................. 125, 126 Šamši-Adad I. ........................................ 139 Šamši-Adad V. ....................................... 128 Samuel ................................. 4, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 25, 30, 31, 32, 33, 34, 38, 39, 40, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 55, 56, 57, 58, 61, 62, 63, 65, 67, 76, 81, 84, 86, 89, 90, 91, 92, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 104, 105, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 121, 122, 126, 127, 144, 147, 148, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 166, 169, 170, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 179, 181, 182, 183, 184, 185, 187, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 198, 199, 200, 201, 203, 204, 206, 209, 211, 213, 214, 215, 217, 221, 223, 233, 235, 238, 239, 240, 243, 245, 248, 249, 250, 253, 255,

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Sachregister

265, 266, 268, 269, 270, 271, 272, 273, 275, 277, 278, 279, 281, 282, 283, 284 Sänger .................................... 209, 231, 252 Sanherib ............................. 48, 49, 100, 188 Sara ......................................................... 113 Sardinien ................................................. 93 Sargon von Akkad ...... 116, 123 129, 130, 131, 132, 133, 134, 135, 136, 138, 139, 144, 145, 146, 147, 148, 269, 270, 271 Sargon-Legende .... 130, 131, 132, 133, 134 Sargon I. von Assyrien .......................... 139 Sargon II. Von Assur/Assyrien ............ 77, 116, 129, 134, 135, 136, 138, 145, 146, 147, 270, 271 –. Aschdod-Stele .................................. 145 Šarru-kīn ............................................. 129, 130, 134, 135, 146, 148, 270 Šarru-kīn II. .......................................... 129 Saul ............................... 39, 120, 123, 126, 132, 177, 203, 212, 215, 223, 228, 269 –. Enkel ................................................. 223 –. Existenz ............................................ 277 –. Frauen ................................................. 84 –. Geburtsgeschichte ................... 115, 269 –. Geständnis ....................................... 112 –. göttliche Erwählung ........................ 213 –. göttliche Verwerfung ...... 117, 123, 126 –. Herrschaft .......................... 76, 111, 115 –. Historizität ............... 37, 45, 63, 84, 111 –. (König-)Reich .............................. 43, 79 –. körperliche Erscheinung ............... 175, 176, 177, 178, 271 –. Krönung ................................... 169, 218 –. Name ................................................ 115 –. Leben vor der Thronbesteigung .... 169 –. Sünde/ Schuld .................................. 99, 111, 112, 113, 126, 184, 223 –. Thronfolge ....... 117, 136, 158, 177, 217 –. Tod .............................................. 45, 217 –. Zeit ...................................................... 40 Schefela .............................................. 78, 79 Schela ..................................................... 114 Scheol ..................................................... 106

Scherden .................................................. 93 Schilo .............. 67, 226, 238, 239, 245, 274 Schimea ......................................... 154, 158 Schimi, Sohn Geras .... 120, 123, 193, 199, 222, 223, 224, 226, 229, 234, 274, 280 –. Bestrafung ........................................ 222 –. Hinrichtung ............ 224, 229, 234, 274 Schimi, Sohn Kischs ............................. 120 Schischak I. (/ Schoschenq / . Scheschonq) .......................... 19, 76, 77 –. Kriegszug/ Feldzug .... 19, 38, 39, 41, 76 –. Karnak-Inschrift .......................... 19, 38 –. Megiddo-Inschrift ............................. 38 Schischak-Inschrift ..................... 19, 20, 85 –. in Karnak ..................................... 20, 38 –. in Megiddo ......................................... 19 Schlomo, siehe Salomo: Namen Schobab ......................................... 154, 158 Schofar .................................. 190, 236, 240 Schottland ............................................. 188 Schreiber ...................... 5, 8, 69, 77, 94, 97, 114, 125, 132, 139, 156, 157, 205, 221 Schriftrollen vom Toten Meer ....... 59, 204 Schua ..................................................... 106 Schunemiterin, siehe Abischag . des Sohnes ....................................... 110 Sebastian Castellio ................................ 179 semitische Sprachen .............................. 120 Septuaginta .................................... 30, 66, 77, 90, 152, 196, 198, 199, 218 Serubbabel .......................................... 241, 248, 253, 254, 258, 259, 261, 266, 276 Set .................................................. 101, 114 Sethos II. .................................................. 19 Seuche .................................................... 249 Shakespeare ............................................. 49 Sichem ..................................................... 73 Sidon ...................................................... 258 Siedlungsstruktur ............................. 52, 78 Siloah-Inschrift ....................................... 60 Simeon ................................................... 212 Simri ...................................................... 136 Simson ........................................... 115, 171

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Sachregister

Sin ................................. 100, 125, 126, 138 Skeptizismus ............................................ 10 Söldner ..................................... 93, 196, 215 Solon .......................................................... 5 Stiftshütte ..... 67, 216, 232, 253, 255, 256, 257, 260, 261, 262, 263, 264, 266, 276 –. Gottes Anerkennung ....................... 262, 263, 264, 266 Strafe .................... 32, 57, 99, 153, 209, 222 Sulamith ................................................ 185 Supreme Court ......................................... 5 Survey-Projekte ....................................... 52 Survey-Daten ........................................... 80 Synagogen .................................................. 3 Syrien .............................. 19, 39, 80, 82, 93 Taanach ................................................... 75 Tamar ................................ 89, 92, 106, 170 –. körperliche Erscheinung ............... 175, 176, 177, 181, 272 –. von Amnon vergewaltigt ........ 200, 207 tāmîd-Brandopfer ........................... 35, 254 Tel Dan-Inschrift .................................. 21, 38, 44, 53, 57, 85, 120, 127 Tel el-Amarna ........................................ 145 Tempelbau –. Davids ............................................... 15, 137, 232, 251, 252, 253, 258, 275, 278 –. göttliche Erlaubnis zum ............... 230, 248, 249, 251 –. Salomos ..................... 8, 12, 15, 16, 65, 71, 72, 87, 163, 210, 233, 249, 251, 253, 258, 259, 261, 265, 266, 275, 278 –. Verheißung ............................... 211–212 –. Vorbereitungen zum ........ 15, 137, 233, 251, 252, 253, 258, 259, 265, 275, 278 –. Zweck ......................... 35, 231, 254, 255 Tempel in Jerusalem/ Salomonischer Tem­pel –. Allerheiligstes ..................... 35, 257, 260 –. altorientalische Parallelen .............. 68, 69, 247, 255 –. Archive ......................................... 31, 32 –. Baubericht ............................. 65, 68–69

–. –. –. –. –. –. –. –. –. –. –. –. –.

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Baumaterial ...... 231, 233, 252, 253, 275 -berg ................... 26, 64, 70, 71, 72, 258 Einweihung ............. 252, 264, 265, 266 Eisen ................................ 252, 256, 261 ewiger Fortbestand ................ 262, 265, existierte vor Salomo .................... 66, 67 -gebäude .............. 26, 31, 232, 260, 266 göttliche Anerkennung ..... 15, 247, 266 Größe .................................. 68, 233, 255 Handwerker ..................................... 256 Hauptraum ........................ 35, 257, 260 Haus des Opfers ............................... 254 Heiligkeit ........................ 15, 69, 70, 85, 169, 232, 247, 253, 257, 258, 260, 261, 262, 263, 264, 266, 280, 281 –. Historizität .................... 13, 64, 68, 247 –. Hof ................................................... 230 –. idealer ............................................... 266 –. im 10. Jahrhundert v.u.Z. errichtet ... 65, 68 –. in Einklang gebracht mit Stiftshütte ..... 254, 255, 257, 261, 276 –. jebusitischer ................................. 66, 67 –. kleiner ................................................. 39 –. Kontinuität .............. 255, 257, 261, 262 –. (Kult-)Geräte ....................... 31, 67, 264 –. kultische Funktion .................. 254, 255 –. luxuriös ............................................ 260 –. nach dem Vorbild des Zeltheilig.tums .................... 15, 247, 248, 253, 279 –. nicht Wohnstatt Gottes ... 248, 254, 255 –. Ort ................................... 64, 248, 251, 252, 255, 257, 258, 263, 264, 266 –. -personal ........................... 231, 252, 253 –. Pläne ......................................... 231, 255 –. Reichtum .......................... 68, 260, 266 –. Schleier / Vorhang ............. 35, 257, 260 –. Serubbabels ...................................... 15, 253, 259, 261, 266, 276 –. Sitz des Namens Gottes ................... 254 –. Symbolik ............................................ 68 –. Türen ................................................ 257 –. von Nebukadnezar zerstört ............. 265

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Sachregister

–. von Salomo errichtet ................ 3, 8, 14, 15, 16, 35, 65–70, 85, 124, 160, 163, 179, 209, 213, 214, 229–234, 247, 248, 251–254, 265, 266, 272, 274–275, 276, 277, 278, 283, 284 –. von Salomo renoviert ....... 65, 66, 69, 85 –. Vorbild für Zeltheiligtum ............... 15, 247, 248, 253, 254, 255–256, 257, 260, 261, 263, 264, 266, 276, 278–279 –. Wiederherstellung ............................ 245 –. Zusammenwirken von Himmel und . Erde ........................................... 251–252 –. Zusammenwirken von Vater und . Sohn .......................................... 251–252 –. Zweiter Tempel ............. 13, 15, 35, 58, 151, 159, 160, 166, 167, 220, 240, 248, 250, 254, 257, 259, 260, 261, 262, 264, 266, 271, 276, 278, 279, 283 Testament Davids, siehe Davids Testament Theben .......................................... 140, 142 Theodor von Mopsuestia ..................... 179 Theokratie ...................... 15, 220, 234, 275 Theologie ............................... 5, 21, 55, 81, 93, 156, 227, 230, 240, 248, 251, 254, 257, 258, 260, 276, 280, 281 Theophanie .................................. 262, 263 Thron Davids ........................................ 221 Thron des Herrn .......................... 212, 220 Thronfolgeerzählung(en) –. altorientalische Parallelen ....... 6, 10, 11, 12, 13, 103, 116, 117, 118, 121, 122, 127, 128, 136, 144, 147, 148, 149, 161, 194, 202, 204, 206, 207, 211, 213, 214, 268, 269, 270, 271, 277–278, 279–280, 282 –. apologetische Merkmale ............. 9–10, 62, 116, 117, 133, 198, 206, 279 –. Augenzeugenberichte ...................... 205 –. Definition ........................................ 199 –. der Dynastien ................................... 188 –. drei-vier-Muster/-Schema ..... 144, 166, 198, 200, 201, 207, 209, 212, 213, 273 –. Fehlen in Chronik .......................... 46, 209, 210, 212, 229, 245, 265, 273

–. historische Quelle ............... 32, 37, 46, 63, 86, 102–103, 107–108, 112, 127, 172, 183, 191, 197, 201, 204, 206, 225, 253, 267, 268, 269, 272, 273, 277–278, 279, 281, 282, 283, 284 –. Legitimation Salomos ............. 13, 117, 119, 122, 148, 149, 193, 201, 213–214, 270–271 –. literarische Einheit ..................... 13, 89, 90, 107, 110, 111, 112, 183, 198, 199, 201, 205, 268, 269, 278 –. literarische Merkmale ....................... 8, 112, 128,158, 207, 269, 275 –. Parallelen ....................................... 112, 127–129, 133, 148, 173, 190, 269, 270 –. prosalomonische . Einstellung ............. 202–203, 205, 206 –. Quellen ..... 30, 31, 172, 192–193, 204, 205, 206, 225, 272, 273, 282 –. späte Hinzufügungen .................... 93, 94, 96, 98, 99, 100, 107, 186, 201, 203, 209, 224, 277, 284 –. Struktur ............................... 13, 30, 98, 104, 105, 111, 112, 113, 117, 152, 198– 199, 201, 206, 209, 212, 213, 269, 273 –. unabhängige Quelle .................. 31, 103 –. Zeitpunkt der Abfassung .... 46, 97, 205 Thron Israels ........ 208, 210, 220, 228, 231 Thutmosis I. .......................................... 141 Thutmosis II. ........................................ 141 Thutmosis (Thutmose) III. .................. 140 Tifsach ............................................... 76, 77 Timna ...................................................... 28 Tirza ....................................................... 136 Tjeker-baal ............................................. 258 Tob ........................................................... 91 Tonscherben ............................................ 72 Tora ......... 15, 34, 114, 227, 231, 253, 256, 257, 261, 266, 276, 279, 280, 282, 283 Torhüter ................................................ 231 Töten der Rivalen ........ 15, 183, 194, 198, 221, 224, 229, 233, 234, 273, 274, 279 Traum ................................ 3, 137, 216, 242

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Sachregister

Triglyphen/ Triglyphs ............................ 69 Trompete, siehe Schofar ...... 236, 237, 240 Tukulti-Ninurta I. ........................ 145, 146 type scenes ...................................... 243, 244 typologische Zahlen ............... 33, 110, 159 tyrische Annalen ..................................... 22 Tyros ......... 22, 31, 203, 233, 254, 256, 258 Übertreibung .............................. 33, 38, 83 ugaritische Literatur ............................. 216 Ungarn ................................................... 188 Ungenauigkeiten ................ 33, 41, 62, 277 Ur-III .................................... 129, 130, 249 Uria, der Hethiter ................................ 95, 96, 99, 100, 101, 102, 103, 105, 106, 108, 109, 119, 122, 152, 193, 195, 282 Urteil ..... 3, 4, 32, 64, 73, 91, 184, 233, 277 Uruk ........................................ 49, 131, 133 Urzababa, der König von Kisch ......... 131, 133, 134 Usia (Asarja) ................... 34, 121, 196, 197 Usurpator ........................................... 120, 130, 134, 137–139, 207, 208, 269 vaticinium ex eventu, siehe post eventumProphezeiung Vatikan ...................................................... 4 Vereinigte Monarchie –. außerbiblische Belege ................ 47, 267 –. biblischen Berichte/ Texte ............. 38, 42, 43, 53, 59, 60 –. Eisenzeit I ........................................... 78 –. Existenz .............. 38, 45, 61, 62, 81, 267 –. fiktional ........................................ 43, 59 –. Hasmonäer ......................................... 54 –. Historizität ................................... 43, 47 –. kontinuierliche Erzählung ................ 50 –. politische Situation .......................... 19, 26, 54, 76, 80, 82, 86, 136, 280 –. Teilung unter Rehabeam ................ 85, 153, 188, 280 Vergeltung ............ 136, 153, 209, 223, 229 Verlässlichkeit der biblischen Texte .. 9, 13, 14, 37, 39, 42, 60, 63, 86, 188, 277, 278 Verlobung .............................................. 243

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Verurteilung ... 84, 191, 207, 268, 274, 284 Volksmärchen .................................... 3, 142 Volkszählung ................................... 99, 249 Vulgata ............................. 66, 109, 152, 170 Weisheit .................... 3, 4, 6, 7, 14, 22, 32, 35, 97, 151, 159, 160, 163, 165, 166, 167, 175, 178, 179, 181, 230, 231, 232, 253, 256, 266, 271, 272, 277, 280 Wenamun .............................................. 258 Widersprüche ........................................ 35, 42, 46, 62, 155, 156, 277, 282 Wiederaufnahme .......... 107, 108, 221, 222 Wortspiel . 14, 100, 115, 151, 162, 163, 271 Xenophon ................................................ 93 Xerxes I. (/ Ahasveros) ........................ 116, 128, 129, 143, 144, 147, 187, 207, 270 Zadok ............ 186, 193, 197, 215, 236, 254 –. ersetzte Abjatar ................................ 197 –. jebusitisch-kanaanäisch ................... 193 –. Priester ...................................... 215, 236 Zakkur .......................................... 128, 129 Zedekia (Mattanja) ....................... 121, 127 Zedernholz .............................. 65, 258, 259 Zeit des Ersten Tempels .......... 56, 145, 279 Zeit des Zweiten Tempels/ Zweite TempelEpoche ................................. 13, 35, 58, 151, 159, 160, 162, 166, 167, 250, 254, 260, 262, 268, 271, 278, 279, 283 Zelt Davids ........................ 66, 67, 215, 229 Zelt der Begegnung .............................. 66, 67, 234, 236, 262, 266 Zelt des Herrn ........................ 66, 229, 230 Zeltheiligtum, siehe Stiftshütte Zincirli/ Zinjirli .................................... 128 Zionstraditionen ..................................... 81 Zippora .................................................. 243 Zkr ......................................................... 187 Zoba ........................................... 76, 91, 230 Zora ........................................................ 171 Zypressenholz ....................................... 258

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