Vergleichskonstruktionen im Deutschen: Diachroner Wandel und synchrone Variation 9783110561234, 9783110558722

Based on corpus investigations of all historical stages of the German language and new dialect surveys, this volume pain

207 6 6MB

German Pages 581 [582] Year 2018

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Vergleichskonstruktionen im Deutschen: Diachroner Wandel und synchrone Variation
 9783110561234, 9783110558722

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Kartenverzeichnis
1. Einleitung
2. Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen
3. Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen
4. Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen
5. Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen
6. Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen
7. Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus
8. Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen vor diachronem und dialektalem Hintergrund
9. Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche
Bibliographie
Index der Sprachen und Varietäten
Sachindex

Citation preview

Agnes Jäger Vergleichskonstruktionen im Deutschen

Linguistische Arbeiten

Herausgegeben von Klaus von Heusinger, Gereon Müller, Ingo Plag, Beatrice Primus, Elisabeth Stark und Richard Wiese

Band 569

Agnes Jäger

Vergleichskonstruktionen im Deutschen Diachroner Wandel und synchrone Variation

ISBN 978-3-11-055872-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-056123-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-055896-8 ISSN 0344-6727 Library of Congress Control Number: 2018934805 Bibliografische Information der Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Die vorliegende Untersuchung entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Frankfurt am Main und als Juniorprofessorin an der Universität zu Köln. An der dortigen Philosophischen Fakultät wurde die Arbeit im Herbst 2016 als Habilitationsschrift angenommen. Ich bin dankbar für wertvolle Kommentare, Hinweise und Unterstützung, die ich von Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt und Köln sowie bei Vorträgen an verschiedenen Universitäten und auf Tagungen während der Entstehung dieser Arbeit erhalten habe. Sie sind zu zahlreich, um alle explizit zu erwähnen. Besonderer Dank gebührt Helmut Weiß für seine Unterstützung in der Frankfurter Zeit und bis jetzt. Im Rahmen meiner kooptierten Mitarbeit in dem von ihm gemeinsam mit Jürg Fleischer und Alexandra Lenz geleiteten Projekt „Syntax hessischer Dialekte“ (SyHD) konnte ich die dialektalen Daten für diese Untersuchung gewinnen. Herzlichen Dank an die Projektleiter und das gesamte SyHD-Projektteam für die Unterstützung und die tolle Zusammenarbeit. Persönlich danken möchte ich weiterhin Thomas Klein, der mich zu einer Zeit, als das Referenzkorpus Mittelhochdeutsch noch nicht öffentlich zugänglich war, mit der Durchführung der Datenbankabfrage und Bereitstellung der Korpusrohdaten zum Mittelhochdeutschen unterstützt und darüber hinaus zahlreiche wertvolle Kommentare zum Mittelhochdeutsch-Kapitel dieser Arbeit gegeben hat. Klaus von Heusinger danke ich für seine Unterstützung während meiner Juniorprofessorenzeit in Köln, sein Interesse für meine Arbeit und seine hilfreichen Kommentare. Mein Dank gilt ebenfalls den weiteren Gutachtern im Habilitationsverfahren, Beatrice Primus und Eugen Hill, für ihre Hinweise und Unterstützung. Carla Umbach danke ich für anregende Diskussionen und die (Mit-)Organisation der Kölner „Equatives“-Workshops, die eine wichtige Inspirationsquelle für meine Arbeit waren. Zu Dank verpflichtet bin ich zudem Melanie Hobich, Sophia Oppermann und Philipp Rauth für ihre Unterstützung bei der Aufbereitung bzw. Kartierung der diachronen Daten. Für ihre große Liebe und für ihre Geduld während der zeitintensiven Arbeit an dieser Untersuchung danke ich schließlich meiner Familie, der ich dieses Buch widme: Rahel, Merle, Alma und Holger. Nothing compares to you!

https://doi.org/10.1515/9783110561234-202

Inhalt Vorwort

V

Abkürzungsverzeichnis Kartenverzeichnis

IX

XII

1 1.1 1.2 1.3 1.4

Einleitung 1 1 Ziel der Untersuchung und Forschungsüberblick Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie 21 Empirische Basis und theoretischer Rahmen 33 Aufbau und Kernthesen

2 2.1 2.2 2.3 2.4

38 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen 38 Komparative im Althochdeutschen 61 Äquative im Althochdeutschen 92 Hypothetische Vergleiche im Althochdeutschen 94 Zusammenfassung

3 3.1 3.2 3.3 3.4

97 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen 97 Komparative im Mittelhochdeutschen 124 Äquative im Mittelhochdeutschen 143 Hypothetische Vergleiche im Mittelhochdeutschen 146 Zusammenfassung

4 4.1 4.2 4.3 4.4

149 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen 149 Komparative im Frühneuhochdeutschen 167 Äquative im Frühneuhochdeutschen 212 Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen 218 Zusammenfassung

5 5.1 5.2 5.3 5.4

221 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen 221 Komparative im frühen Neuhochdeutschen 237 Äquative im frühen Neuhochdeutschen 278 Hypothetische Vergleiche im frühen Neuhochdeutschen 284 Zusammenfassung

7

VIII 6 6.1 6.2 6.3 6.4 7 7.1 7.2 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.4 8 8.1 8.1.1 8.1.2 8.2 8.3 8.4 9

Inhalt

Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen 288 Komparative in den heutigen Dialekten 288 Äquative in den heutigen Dialekten 324 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten 356 Zusammenfassung

346

359 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus Der Komparativzyklus im Deutschen 359 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen 370 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen des Komparativzyklus 398 Zyklischer Sprachwandel 398 Push-Chain oder Drag-Chain: Verdrängung durch ein anderes Lexem? 401 Die Polysemie-These: Funktionale Überlast? 404 Vergleiche mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation als Brückenkontexte 419 Grammatikalisierung, Markiertheit und sprachliche Ökonomie: Nicht-Grad-Äquative als Ausgangspunkt für Neuerungen 428 Zusammenfassung 442 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen vor diachronem und 447 dialektalem Hintergrund Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln 447 448 Die syntaktische Position von als und ihr Wandel 467 Die syntaktische Position von wie und ihr Wandel Phrasenvergleich und Satzvergleich 482 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards 491 Zusammenfassung 517 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche 523

Bibliographie

541

Index der Sprachen und Varietäten Sachindex

565

563

Abkürzungsverzeichnis Abl AD adv. AdvP Ae. Afries. Agr Agriech. AgrP Ahd. Akk Alem. Anord. Anl. AP As. ATB attr. Bair. BSN C Conj ConjP CP D Dän. Dat Deg DegP Dt. Engl. Equ Finn. Frnhd. Frz. Gen. Got. Griech. Hess. Hyp. Vgl. I IP Isl. Ital. KOKOM

Ablativ Antwerpener Stadtdialekt adverbial Adverbphrase Altenglisch Altfriesisch Agreement Altgriechisch Agreement Phrase Althochdeutsch Akkusativ Alemannisch Altnordisch Altniederländisch Adjektivphrase Altsächsisch (Altniederdeutsch) Across-the-Board (Movement) attributiv Bairisch Belgisches Standard-Niederländisch Complementizer Conjunction Conjunction Phrase Complementizer Phrase Determiner Dänisch Dativ Degree (Grad) Degree Phrase Deutsch Englisch Equativ (Kasus) Finnisch Frühneuhochdeutsch Französisch Genitiv Gotisch Griechisch Hessisch Hypothetischer Vergleich Inflection Inflection Phrase Isländisch Italienisch Vergleichskonjunktion (Korpusannotation)

https://doi.org/10.1515/9783110561234-204

X

Abkürzungsverzeichnis

KOUS Lat. LF MBair. Mhd. Mittelengl. Mittelfränk. Nhd. Nl. Norw. NC NEG n-Indef. Nom. NP NPI Obd. Obj. OSächs. OFränk. OHAlem. Omd. Part. II Phrasenvgl. Pl. Poln. Port. POS PP PPI präd. Präs. Pron. QR Rhfr. Ripuar. Rumän. Satzvgl. Schott. Schwäb. Schwed. Schweizerdt. Sg. Spätahd. Span. SpecCP Südrhfränk. Tert. Comp.

Subordinierende Konjunktion (Korpusannotation) Latein Logische Form Mittelbairisch Mittelhochdeutsch Mittelenglisch Mittelfränkisch Neuhochdeutsch Niederländisch Norwegisch Negative Concord Negation Negatives Indefinitum Nominativ Nominalphrase Negative Polarity Item (Negatives Polaritätselement) Oberdeutsch Objekt Obersächsisch Ostfränkisch Osthochalemannisch Ostmitteldeutsch Partizip II Phrasenvergleich Plural Polnisch Portugiesisch Part of Speech (Wortart-Annotation) Präpositionalphrase Positive Polarity Item (Positives Polaritätselement) prädikativ Präsens Pronomen Quantifier Raising Rheinfränkisch Ripuarisch Rumänisch Satzvergleich Schottisch Schwäbisch Schwedisch Schweizerdeutsch Singular Spätalthochdeutsch Spanisch Specifier Complementizer Phrase (Vorfeldposition) Südrheinfränkisch Tertium Comparationis

Abkürzungsverzeichnis

Thür. Umgangsspr. Urgerm. Uridg. V Ve Vgl.dat. Vgl.kasus Vgl.part. Vorahd. VP V1 V2 Wmd. 1/2/3

Thüringisch Umgangssprache Urgermanisch Urindogermanisch Verb Verbend(satz) Vergleichsdativ Vergleichskasus Vergleichspartikel Voralthochdeutsch Verbalphrase Verberst(satz) Verbzweit(satz) Westmitteldeutsch erste/zweite/dritte Person

XI

Kartenverzeichnis (128) (182) (199) (226) (232) (268) (279) (296) (298) (354) (401) (403) (503) (504) (506) (507) (518) (519) (520) (521) (522) (526) (527) (528) (545) (546) (547)

Komparativanschluss im Mittelhochdeutschen 103 Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen 129 Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative 137 Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500 151 Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600 158 Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500 171 Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative 177 186 Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600 Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600: Grad-Äquative vs. 189 Nicht-Grad-Äquative 223 Komparativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700 242 Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700 Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700: Grad-Äquative vs. 245 Nicht-Grad-Äquative Komparativanschluss in Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. 295 (Wenker-Satz 15) Komparativanschluss in den Dialekten des Deutschen nach 299 Lipold (1983: 1237) Komparativanschluss in Mein Bruder ist größer … ich 302 (AdA: Pilotprojekt, 2002) Komparativanschluss in Er ist größer … ich 303 (AdA: neunte Befragungsrunde, 2012) Komparativanschluss in Thomas ist größer wie/als wie/als/wie dass/ … sein Bruder 311 (Frage E2_02) Komparativanschluss in Die Tür ist ja breiter wie/als wie/als/als wie dass/ … hoch 312 (Frage E3_14) Komparativanschluss in Susanne kann besser kochen als wie/als wie dass/als/wie/ 313 … meine Tante (Frage E4_01) Komparativanschluss in Sabine macht besseren Kuchen als wie/als wie dass/als/ 314 wie/ … ihre Schwester (Frage E4_17) Komparativanschluss in Das Mädchen ist größer … der Junge 315 (Frage DP_03) Komparativanschluss in Wenn es raschelt, ist es besser, … wenn es klimpert 320 (Frage E3_09) Komparativanschluss in Maria redet manchmal schneller wie/als wie dass/als wie/ 321 als/ … sie denken kann (Frage E3_22) Komparativanschluss in Diesen alten Traktor zu reparieren, das schafft bestimmt 322 kein anderer … mein Sohn (Frage E4_24) Äquativanschluss (Nicht-Grad-Äquativ) Mach’s doch wie/als wie/wie dass … 333 der Thomas das immer gemacht hat (Frage E2_18) Äquativanschluss (Grad-Äquativ) Thomas ist so alt wie/als wie/ … meine Schwester 334 (Frage E2_24) Äquativanschluss (Grad-Äquativ) Das Mädchen ist genauso groß … der Junge 335 (Frage DP_09)

https://doi.org/10.1515/9783110561234-205

Kartenverzeichnis

(548) (556) (577)

Äquativanschluss (Nicht-Grad-Äquativ) Das klingt … eine Glocke (Frage DP_25) 336 Interrogativadverb im Gradinterrogativ … alt bist du? (Frage DP_21) 342 Hypothetischer Vergleich Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt. (Wenker-Satz 20) 349

XIII

1 Einleitung 1.1 Ziel der Untersuchung und Forschungsüberblick If the realm of language is seen as a cosmos, vast, largely unexplored and sometimes bewildering, then the comparative construction must be a microcosmos, reflecting all the complexity of the whole. (Hoeksema 1984: 93)

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind Vergleichskonstruktionen, d. h. Konstruktionen, in denen zwei Entitäten vergleichend zueinander in Beziehung gesetzt werden, wie beispielsweise in Maria läuft schneller als Anna oder Maria läuft so (schnell) wie Anna. Die diachrone Entwicklung der Vergleichskonstruktionen wird über die gesamte deutsche Sprachgeschichte hinweg betrachtet. Auf der Grundlage umfangreicher quantitativer Korpusuntersuchungen zu allen historischen Sprachstufen des Deutschen – dem Althochdeutschen, Mittelhochdeutschen, Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen – zeigt sich dabei in der Fülle der aufkommenden und untergehenden oder sich zeitlich überlagernden Varianten ein systematischer und wiederholt stattfindender Wandel: eine syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von den Äquativ- zu den Komparativvergleichen – der Komparativzyklus. Neben der diachronen Entwicklung wird in dieser Arbeit auch die synchrone dialektale Variation der Vergleichskonstruktionen untersucht. Damit soll zum einen ein möglichst umfassendes Bild der Variation der Vergleichskonstruktionen hinsichtlich der diachronen und der arealen Variationsdimension gezeichnet werden. Zum anderen bilden die dialektalen Daten einen wichtigen Bezugspunkt für die sprachhistorische Untersuchung: in den Dialekten sind einerseits historische Muster und Varianten teilweise bis heute erhalten geblieben, zeigen sich jedoch andererseits im Vergleich zur normativ bewahrten Standardsprache auch entscheidende natürliche Weiterentwicklungen. Auch für die dialektologische Untersuchung wurden umfangreiche, im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ (SyHD) neu erhobene Daten ausgewertet, die neben mitteldeutschen auch niederdeutsche und oberdeutsche Varietäten umfassen, so dass alle dialektalen Großräume des Deutschen abgebildet sind. Die diachrone und dialektale Variation sowie die systematische Gegenüberstellung beider Variationsdimensionen erweisen sich dabei im Sinne Kaynes (2000, 2005) als ideales linguistisches Testlabor, insofern bei der Untersuchung von Mikrovariation ähnlich wie in einem naturwissenschaftlichen Experiment die Veränderungen eines oder nur weniger Parameter unter Konhttps://doi.org/10.1515/9783110561234-001

2

1 Einleitung

stanz der übrigen beobachtet werden kann, hier also die Beobachtung von Unterschieden in Vergleichskonstruktionen unter Konstanz möglichst vieler anderer sprachlicher Parameter möglich ist, anders als im sprachübergreifenden Sprachvergleich, wo die Variation der Vergleichskonstruktionen möglicherweise durch eine Reihe anderer deutlich abweichender sprachlicher Parameter bedingt ist (z. B. völlig anderes Lexikon, Morphologie etc.). Dennoch ist wie bei jedem Phänomen der Sprachvergleich aufschlussreich, um nicht nur Eigenschaften einer Einzelsprache, sondern grundlegende Eigenschaften menschlicher Sprache erkennen zu können und vor diesem Hintergrund wiederum die Einzelsprache in ihren Merkmalen und Entwicklungswegen besser zu verstehen. Daher werden auch in der vorliegenden Untersuchung sprachtypologische Erkenntnisse und Sprachvergleich systematisch mit einbezogen. Wie ist das Deutsche in seinen historischen Entwicklungsstufen und heutigen Dialekten angesichts der in den Sprachen der Welt vorzufindenden Möglichkeiten einzuordnen? Welche Entwicklungswege wären möglich und welche wurden tatsächlich realisiert? Dies sind relevante Fragen angesichts der Tatsache, dass die Dimensionen der sprachtypologischen Makrovariation immer auch potenzielle Dimensionen der Mikrovariation darstellen. Und noch in anderer Weise sind Mikrovariation und Makrovariation entscheidend aufeinander bezogen: die sprachhistorische Untersuchung, auch die vorliegende Untersuchung der Entwicklung der Vergleichskonstruktionen im Deutschen, zeigt, dass verschiedene Sprachtypen in historischen Sprachstufen unter Umständen parallel in einer Sprachstufe bestehen und dass sich diachron vielfach ein Sprachtyp aus einem anderen entwickelt, so dass aus dieser Perspektive deutlich wird, dass die in der typologischen Forschung unterschiedenen Sprachtypen nicht monolithisch nebeneinander, sondern in enger Beziehung zueinander stehen. Im Fall der Vergleichskonstruktionen ergibt die sprachvergleichende diachrone Betrachtung paralleler oder ggf. auch gegensätzlicher Entwicklungen in anderen Sprachen zudem, dass die angesprochene wiederholte syntaktischsemantische Distributionsverschiebung der den Vergleich markierenden Ausdrücke von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen nicht nur im Deutschen, sondern auch in vielen anderen Sprachen in ähnlicher Weise zu beobachten ist. In der vorliegenden Untersuchung geht es dabei nicht primär um rein lexikalischen Wandel bzw. lexikalische Variation der Vergleichspartikeln. Es werden vielmehr Zusammenhänge von Wandel und Variation des Vergleichsanschlusses mit dem syntaktischen und semantischen Kontext aufgedeckt: Was im lexikalischen Wandel bzw. der Variation eines Einzelwortes sichtbar wird, beinhaltet einen komplexen Wandel der zugrundeliegenden Struktur und syn-

1.1 Ziel der Untersuchung und Forschungsüberblick

3

taktisch-semantischen Merkmale. Neben einer verlässlichen Deskription des diachronen Wandels und der synchronen Variation ist daher Ziel der Studie, Regeln für die Verteilung zu erkennen, verschiedene Muster auf semantische und syntaktische Eigenschaften der verschiedenen Vergleichsarten zu beziehen und den systematischen sprachübergreifenden Charakter des Komparativzyklus auf der Grundlage des Wirkens universeller sprachlicher Prinzipien zu erklären. Hierbei ist eine genaue Taxonomie der Vergleiche entscheidend, da verschiedene Vergleichsarten historisch unterschiedlich schnelle Entwicklung oder dialektale Unterschiede zeigen. Die Ergebnisse der diachronen und dialektalen Untersuchung können dabei auch ein Licht auf die theoretisch-linguistische Analyse von Vergleichskonstruktionen werfen. Die Untersuchung will damit einen Beitrag zur Grammatiktheorie und zur Sprachwandeltheorie leisten. Zentrale, v. a. syntaktische Fragestellungen werden vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse diskutiert. Die Daten aus Sprachgeschichte und Dialekten liefern wichtige neue Argumente für oder gegen spezifische linguistische Analysen im Hinblick auf die Position und den syntaktischen Status der Vergleichspartikeln, den Unterschied von Phrasen- und Satzvergleichen oder die Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz. In sprachwandeltheoretischer Hinsicht erweist sich der Komparativzyklus als ein weiterer Fall in der jüngeren formal-diachronen Forschung in den Fokus geratener zyklischer Sprachwandelphänomene, der zusätzliches Licht auf Eigenschaften und Ursachen sprachlicher Zyklen werfen kann. Zudem weist die Untersuchung des diachronen syntaktischen Wandels das Wirken der in der diachronen generativen Syntax unabhängig in verschiedenen Bereichen festgestellten Wandelmechanismen, etwa den Wandel eines syntaktischen Kopfes zu einem höheren syntaktischen Kopf oder eines Spezifizierers zum Kopf der gleichen Phrase, auch im Phänomenbereich der Vergleiche des Deutschen nach. Die Vergleichskonstruktionen erweisen sich hier als besonders facettenreiches Untersuchungsobjekt, da das Vergleichen nicht nur eine grundlegende kognitive Operation des Menschen und daher sprachliche Universalie mit faszinierenden typologischen Ausprägungen darstellt, sondern die Vergleichskonstruktionen im Sinne der eingangs zitierten Aussage von Hoeksma (1984) einen Mikrokosmos darstellen, an dem sich zahlreiche klassische linguistische Fragestellungen exemplarisch untersuchen lassen, so etwa die Problematik der Unterscheidung von Subordination und Koordination oder zentrale Sprachwandelprozesse wie Grammatikalisierung, der erwähnte zyklische Sprachwandel oder der Zusammenhang von Wandel und sprachlicher Ökonomie. Zudem zeigt sich in der synchronen Variation ein deutlicher Gegensatz zwischen Standardsprache und Umgangssprache bzw. Dialekt. Die Untersuchung ist damit nicht

4

1 Einleitung

nur von theoretisch-linguistischer Relevanz, sondern behandelt ein in der populären Sprachkritik immer wieder reflektiertes und also nicht zuletzt auch laien-linguistisch relevantes Thema. Bereits Grimm erachtete die Verwendung von Äquativpartikeln in Komparativvergleichen als „wahres gebrechen deutscher zunge“ (DWB 1: 248), und bis heute hat das Thema nicht an Aktualität eingebüßt, wie etwa das folgende Internetzitat belegt: Als-und-wie-verwechseln-ist-doof: Personen die „wie“ und „als“ verwechseln sind doof. Ist denn das so schwer? „Ich bin viel größer wie du“ „Der Käfer sieht aus als ein Marienkäfer“ Zugegeben das sagt niemand. Aber das schlimmste ist sowieso die „als-wie-kombination“. (http://www.assoziations-blaster.de/info/als-und-wie-verwechseln-ist-doof.html, Eintrag von „Bonzen“ am 24. 02. 2006, zuletzt aufgerufen am 16. 02. 2018)

Die Untersuchung der synchronen Variation vor dem Hintergrund der Ergebnisse zur diachronen Entwicklung der Vergleichskonstruktionen trägt zu einer angemessenen Beurteilung von Norm und Variation bei, indem sie den hier kritisierten Sprachgebrauch nicht als arbiträren Fehler, sondern als Teil eines seit Jahrhunderten und nicht nur im Deutschen zu beobachtenden Sprachwandelprozesses erweist, eben des Komparativzyklus. Zu den Vergleichskonstruktionen existiert eine umfangreiche neuere syntaktische und semantische linguistisch-theoretische Forschungsliteratur, insbesondere – aber nicht nur – im generativen Rahmen. Im Zentrum des Forschungsinteresses stehen dabei v. a. die Komparativvergleiche, daneben z. T. auch die Grad-Äquative. Inzwischen klassische syntaktische Analysen der Vergleichskonstruktionen liegen mit Bresnan (1973) und Chomsky (1977) zum Englischen sowie Bierwisch (1987) und Zimmermann (1987) zum Deutschen vor, die auch die Syntax-Semantik-Schnittstelle berücksichtigen. Die semantische Standardtheorie der Vergleiche geht auf von Stechow (1984) und Heim (1985, 2000) zurück. Eine umfangreiche neuere Untersuchung der Syntax und Semantik der Vergleiche bietet Kennedy (1999). Möglichkeiten der Ellipsenbildung in Vergleichen untersucht Lechner (2004). Darauf baut u. a. die Arbeit von Bacskai-Atkari (2014a) auf. Syntaktisch-strukturelle Unterschiede zwischen Satzund Phrasenvergleichen werden u. a. von Hankamer (1973), Napoli (1983), Hoeksema (1983) und Pancheva (2006) diskutiert. Neuere semantische Ansätze, die verstärkt auch die typologische Variation der Vergleichskonstruktionen oder weniger gut erforschte Vergleichsarten wie die Nicht-Grad-Äquative berücksichtigen, finden sich bei Beck et al. (2004, 2009), Alrenga (2007), Umbach/Gust (2014), Krasikova/Penka (2012) und Hohaus (2015). Die Frage der

1.1 Ziel der Untersuchung und Forschungsüberblick

5

subordinations- oder koordinationsartigen Struktur von Vergleichskonstruktionen diskutieren u. a. Matos/Brito (2008) und Osborne (2009). Angesichts des in der theoretisch-linguistischen Forschung überwiegenden Interesses an Komparativvergleichen ergibt sich aufgrund der Tatsache, dass im untersuchten Korpus Äquative (und insbesondere die kaum erforschten Nicht-Grad-Äquative) überwiegen, die Herausforderung, Theorie und Empirie in diesem Bereich zu verbinden, die gleichzeitig eine Chance darstellt, neue Forschungsperspektiven zu eröffnen. Auch in der sprachvergleichenden und typologischen Forschung sind die Komparativvergleiche am besten untersucht, so in den frühen indogermanistischen Arbeiten von Ziemer (1884) und Jensen (1934) und den neueren typologischen Untersuchungen von Ultan (1972), Andersen (1983), Stassen (1985, 2005), Dixon (2008) und Stolz (2013). Ultan (1972) berücksichtigt kursorisch auch die Äquativvergleiche, zu denen mit Haspelmath/Buchholz (1998), Henkelmann (2006) und Treis/Vanhove (Hrsg. 2017) inzwischen auch weitere typologische Untersuchungen vorliegen. Zeilfelder (2001) untersucht sowohl Komparativ- als auch Äquativvergleiche der altindogermanischen Sprachen. Zum Deutschen sind in den letzten 20 Jahren mit Hahnemann (1999), Thurmair (2001) und Eggs (2006) drei grundlegende, deskriptive Monographien zu Vergleichen erschienen, die auch empirische Befunde v. a. aus synchronen Zeitungskorpora bringen und auf deren Einteilung der Vergleichsarten in der vorliegenden Arbeit ebenfalls Bezug genommen wird. Der diachrone Wandel und die synchrone Variation ist in diesen Untersuchungen dagegen nicht oder nur auf Grundlage der älteren sprachhistorischen Literatur in aller Kürze am Rande berücksichtigt, ohne dass hierzu eigene empirische Datenerhebungen vorgenommen würden. Zur Diachronie der Vergleichskonstruktionen im Deutschen existieren eine handvoll ältere Einzeluntersuchungen. Neben den sehr knappen Darstellungen zu vergleichendem als(o) von Grimm (1884) und Feldmann (1901) ist hier insbesondere der sprachhistorische Überblick zu vergleichendem denn, als und wie von Lerch (1942) zu nennen. Er beschreibt bereits das hier als Komparativzyklus bezeichnete Wandelphänomen in groben Zügen, sieht es jedoch insgesamt als einen bewusst gesteuerten Prozess an und berücksichtigt zudem nicht den für die Entwicklung zentralen Unterschied von Grad- und Nicht-Grad-Äquativen. Von Stuckrad (1957) untersucht verschiedene, darunter auch vergleichende Verwendungsweisen von dann/denn in der deutschen Sprachgeschichte, während Dückert (1961) insbesondere auf historische präskriptive Grammatiken eingeht und die diachrone Entwicklung der Vergleichskonstruktionen eher abrissartig auf Grundlage älterer Literatur behandelt. Neben den genannten Einzeldarstellungen gehen auch Untersuchungen zu einzelnen Autoren oder

6

1 Einleitung

Texten teilweise auf Vergleichskonstruktionen ein, so z. B. Erdmann (1874– 1876, I) und Wunder (1965) zu Otfrid oder Desportes (2008) zum Isidor. Angaben und Belege zur Geschichte der Vergleiche finden sich auch in historischen und etymologischen Wörterbüchern des Deutschen unter den einschlägigen Vergleichspartikel-Lemmata (je nach Wörterbuch als(o), dann/denn, so, wan, weder, wie etc.), besonders ausführlich und belegreich bereits im DWB, des Weiteren u. a. AWB, BMZ, EWA, FWB, Lexer, Pfeifer (1993) und Schützeichel (2012). Die historischen Grammatiken des Deutschen erwähnen Vergleichskonstruktionen zumeist im Zusammenhang mit modalen Adverbialsätzen oder der Adjektivphrase. Behaghel (1923–32, III) bringt Aussagen zur Entwicklung der Vergleiche im Zusammenhang mit der Besprechung der Konjunktionen und thematisiert im Kapitel „Vergleichungssätze“ v. a. den Modus im Vergleichsstandard. Paul (1920) bespricht die ‚vergleichenden Konjunktionen‘ ebenfalls im Zusammenhang mit den Konjunktionalnebensätzen. Schrodt (2004: 167– 172) behandelt im Syntaxband der althochdeutschen Grammatik unter den ‚Adverbialbeziehungen‘ auch ‚Komparativbeziehungen‘, allerdings dort nur Äquativvergleiche in einer an Behaghel angelehnten lexikalisch-semantischen Klassifikation und mit wenig syntaktischen Informationen, dagegen nur verstreut ‚Vergleich nach komparativischen Ausdrücken‘ (Schrodt 2004: 155), u. a. unter „Temporalbeziehungen“ (!) und im Kapitel „Adjektivgruppe“ sowie im Zusammenhang mit der Besprechung der einzelnen Kasus kurz den Dativus Comparationis des ‚Bezugsnomens‘ (Schrodt 2004: 38). In Pauls mittelhochdeutscher Grammatik finden sich einige Hinweise zum Komparativanschluss im Zusammenhang mit der Steigerung (Paul 2007: 361 f.), sodann knappe Informationen zu den Äquativen unter den Satzarten im Abschnitt zu Modalsätzen (Paul 2007: 425–428), zum Modus im modalen Satz (Paul 2007: 443) und zum Vergleichsdativ und -genitiv (Paul 2007: 346 f., 350). In der frühneuhochdeutschen Grammatik von Ebert et al. (1993: 477–481) ist mit dem Kapitel „Komparativsätze“ ein eigener Abschnitt den Vergleichskonstruktionen gewidmet, in dem zurückgreifend auf Daten aus DWB und Behaghel (1923–32, III) der Wandel der Vergleichspartikeln dargestellt und zudem kurz auch hypothetische und proportionale Vergleiche angesprochen werden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass nicht-systematisch erhobene, sondern eher Zufallsfunde darstellende historische Einzelbelege zu Vergleichskonstruktionen v. a. in den Darstellungen von Behaghel (1923–32, III) und im DWB zu finden sind, auf die auch die spätere Literatur jeweils Bezug nimmt. Bisher existiert keine Gesamtdarstellung der Entwicklung der Vergleichskonstruktionen auf Grundlage systematisch erhobener quantitativer Daten aus der deutschen Sprachgeschichte. Diese Forschungslücke will die vorliegende Studie mit einer umfangreichen Korpusuntersuchung zu allen historischen Sprachstufen des Deutschen schließen.

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

7

Auch in der dialektologischen Forschung sind die Vergleichskonstruktionen, und hier wiederum fast ausschließlich die Komparativvergleiche, in einigen Einzeluntersuchungen erforscht und teilweise entsprechende Daten für Dialektatlanten erhoben worden. Abgesehen davon finden sich verstreute Hinweise in Ortsgrammatiken und Dialektwörterbüchern, wobei hier die genaue syntaktische Distribution der Vergleichspartikeln zumeist nicht berücksichtigt ist. Bereits im Rahmen der Dialektbefragungen von Wenker Ende des 19. Jahrhunderts, die die Grundlage für die Karten des Deutschen Sprachatlasses bildeten, wurden auch Daten zu den Vergleichspartikeln in einem Komparativvergleich und einem hypothetischen Vergleich erhoben – allerdings primär unter der Perspektive der phonologischen Variation. Die einzige Einzeluntersuchung, die sowohl Komparativvergleiche als auch Äquativvergleiche im gesamten deutschsprachigen Raum auf der Grundlage der damals verfügbaren Dialektliteratur in den Blick nimmt, ist Weise (1918). Neuere Aussagen zur arealen Variation des Vergleichsanschlusses für den gesamten deutschsprachigen Raum, allerdings beschränkt auf Komparativvergleiche, bieten die ebenfalls auf der dialektologischen Literatur beruhende Überblicksdarstellung von Lipold (1983) für die Basisdialekte sowie die Erhebungen im Rahmen des AdA (2003 ff.) für die dialektale Umgangssprache. Besonders detailliert sind die Komparativvergleiche in schweizerdeutschen Dialekten in den neueren Einzeluntersuchungen von Friedli (2005, 2012) v. a. auf der Basis der Dialekterhebungen für den Syntaktischen Atlas der deutschen Schweiz (SADS) untersucht worden. Neuere basisdialektale Erhebungen, die eine Vergleichbarkeit in den Ergebnissen zum SADS aufweisen und darüber hinaus nicht nur Komparativvergleiche, sondern auch Äquativvergleiche systematisch mit einbeziehen, stellen ein Desiderat der dialektologischen Forschung dar. Die vorliegende Untersuchung leistet hier mit der Darstellung zu allen Hauptarten von Vergleichen auf der Basis neu erhobener umfangreicher Dialektdaten aus dem Bundesland Hessen einen wichtigen Beitrag. Im Folgenden sollen einleitend zunächst wichtige Grundbegriffe der Taxonomie und Typologie von Vergleichskonstruktionen geklärt sowie die empirische diachrone und dialektale Datengrundlage, der theoretische Rahmen der Untersuchung und Aufbau und Kernthesen der Arbeit erläutert werden.

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie Vergleichen, das Feststellen von Ähnlichkeiten bzw. Übereinstimmungen und Unterschieden, ist, wie bereits erwähnt, eine grundlegende kognitive Operation. Daher stellen Vergleichskonstruktionen eine sprachliche Universalie dar,

8

1 Einleitung

wobei die konkrete formale Ausprägung sowohl sprachübergreifend als auch diachron stark variiert. Um die Variation der Vergleichskonstruktionen im Hinblick auf Sprachgeschichte und Dialekte des Deutschen sowie in diachronsprachvergleichender Sicht exakt erfassen und analysieren zu können, ist eine Reihe grundlegender terminologischer Differenzierungen nötig.1 Als Hauptarten der Vergleiche sind zunächst die Komparativvergleiche und die Äquativvergleiche mit den beiden Unterarten der Grad-Äquative und NichtGrad-Äquative zu unterscheiden. Die linguistisch bei Weitem am besten erforschte Vergleichsart sind die Komparativvergleiche oder auch kurz Komparative (‚Vergleiche der Ungleichheit‘, engl.: ‚comparatives‘) wie in (1).2 (1)

Maria

läuft schneller

als

Anna (läuft).

Komparandum Tertium Comparationis Vergleichspartikel Vergleichsstandard

Semantisch werden in einem Komparativvergleich typischerweise die Ausprägungsgrade einer Eigenschaft bei zwei Entitäten auf einer Skala in Beziehung zueinander gesetzt, wobei der (maximale) Ausprägungsgrad bei der einen größer ist als bei der anderen (weitere Details zur Semantik von Komparativen s. Kap. 7.3.5). Die Vergleichskonstruktion enthält daher drei zentrale Elemente, wie in (1) angegeben: das Komparandum (auch ‚Vergleichsglied‘, engl.: ‚comparee‘ Haspelmath/Buchholz 1998, Stassen 2005), den mit diesem verglichenen Vergleichsstandard (auch ‚Vergleichsbasis‘ oder ‚Vergleichsgröße‘, engl.: ‚standard of comparison‘ oder ‚basis of comparison‘) sowie das Tertium Comparationis (auch ‚Vergleichsaspekt‘, engl. auch: ‚parameter‘ Haspelmath/Buchholz 1998).3 In den Beispielen und Korpusbelegen werden, soweit nicht anders angegeben, das Tertium Comparationis durch Fettdruck und die Vergleichspartikel durch Unterstreichung markiert. In Komparativvergleichen besteht das Tertium Comparationis typischerweise aus einem Adjektiv oder Adverb im Komparativ, es kann aber auch aus einem negativen Indefinitum (nichts, kein etc.) oder dem inhärent komparativischen ander-/anders bestehen (vgl. DudenGrammatik 2016: 378). Der Vergleichsstandard wird im Deutschen mit einer

1 Terminologisch orientiere ich mich dabei teilweise an Hahnemann (1999) und Thurmair (2001), aber auch an den aufgeführten allgemein-linguistischen und typologischen Arbeiten. 2 Der Terminus Komparative wird in dieser Studie in Anlehnung an die englische Terminologie auch als Kurzform für Komparativvergleiche verwendet. 3 Eine deutlich abweichende Terminologie verwenden beispielsweise Quirk et al. (2008: 1128): ‚standard of comparison‘ = (graduierbare) Eigenschaft (z. B. ‚Gesundheit‘ bei „so gesund wie“ oder „gesünder als“), spezifiziert durch ‚comparative element‘ („so gesund“, „gesünder“), ‚basis of comparison‘ gegeben im ‚comparative clause‘.

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

9

Vergleichspartikel (engl.: ‚comparison particle‘, auch ‚standard marker‘ Haspelmath/Buchholz 1998) eingeleitet, im heutigen Standarddeutschen in Komparativvergleichen mit als (Duden-Gramatik 2016: 377 f.). Nur in einzelnen idiomatisierten Wendungen ist auch denn als Vergleichspartikel möglich, z. B. besser denn je (Duden-Grammatik 2016: 378). Der Vergleichsstandard kann, wie (1) bereits illustriert, die Form eines vollständigen Satzes haben, oder, was zumeist der Fall ist,4 es folgt auf die Vergleichspartikel eine bloße Phrase − eine NP wie ebenfalls in (1) angedeutet, eine PP, seltener AdvP, AP5 etc., vgl. (2) bis (4).6 (2) In Köln regnet es öfter als in Halle. (3) Heute ist besseres Wetter als gestern. (4) Die Tür ist breiter als hoch. Rein deskriptiv lassen sich entsprechend Satzvergleiche und Phrasenvergleiche unterscheiden,7 wobei in der syntaktischen Forschung umstritten ist, ob Phrasenvergleiche in jedem Fall elliptische Satzvergleiche darstellen (EllipsenAnalyse, u. a. Bresnan 1973, Partee 1977, Bierwisch 1987, Lechner 2004, Bhatt/ Takahashi 2011) oder nicht (‚direkte Analyse‘, u. a. Hankamer 1973, Hoeksema 1983, Zimmermann 1987, Kennedy 1999, Pancheva 2006), vgl. ausführlich Kap. 8.2.

4 Im von Hahnemann (1999: 55) untersuchten Zeitungskorpus sind nur rund 6 % satzförmige Vergleichsstandards enthalten, in Friedlis (2012: 50) schweizerdeutschem Dialektkorpus 14 %. 5 Bei Beck et al. (2004) werden Vergleiche mit AP-förmigem Vergleichsstandard wie in (4) als Subkomparative bezeichnet. Das Vorkommen derartiger Konstruktionen variiert typologisch. So sind Subkomparative beispielsweise im Japanischen nicht möglich. Beck et al. (2004) fassen diese Variation im „Degree Abstraction Parameter“. Bei Hahnemann (1999) werden Vergleiche mit AP-förmigem Vergleichsstandard fälschlicherweise analysiert als Vergleiche mit aus zwei Adjektiven bestehendem Tertium Comparationis (‚Vergleichsaspekt‘). Sie führt grundsätzlich bei Phrasenvergleichen nur NP und PP als Möglichkeiten an. AdvP-förmige Phrasenvergleiche werden mithin bei Hahnemann (1999) ebenfalls nicht berücksichtigt. 6 Innerhalb der Phrasenvergleiche lässt sich ebenfalls eine Abstufung der Vorkommenshäufigkeit in Korpora feststellen. Laut Friedli (2012: 55) folgt diese der Hierarchie NP > PP > AdvP > Sonstige (in seinem Dialekt-Korpus: NP 63 %, PP 17 %, AdvP 16 %, AP 0,8 % etc.). 7 In diesem Sinn findet sich der Begriff etwa bei Osborne (2009). Auch Lechner (2015) führt den Begriff Phrasenvergleich in diesem deskriptiven Sinn ein („standard […] a single, usually nominal constituent following than“), verwendet ihn dann aber enger für Vergleichsstandards aus Vergleichspartikel und NP, die einer Reihe spezifischer semantischer Kriterien genügen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um vergleichskasus-äquivalente Konstruktionen mit funktionaler Präposition als Kasusäquivalent (s. u. Ausführungen zur Typologie).

10

1 Einleitung

Das komparierte Adjektiv, das typischerweise das Tertium Comparationis im Komparativvergleich bildet, kann wie andere Adjektivphrasen verschiedene syntaktische Funktionen haben. Es kann adverbial wie in (1) und (2), attributiv wie in (3) oder prädikativ wie in (4) verwendet werden. Die Tatsache, dass das Tertium Comparationis zusammen mit dem Vergleichsstandard topikalisiert werden kann, vgl. (5), spricht dafür, dass beide zusammen eine Konstituente bilden, da in der Vorfeldposition vor dem finiten Verb im deutschen Deklarativsatz nur eine einzige Konstituente stehen kann. Der Vergleichsstandard ist also Teil des entsprechenden Adverbials, Prädikativs oder Attributs.8 (5) [Schneller als Anna] läuft Maria. Es wird daher verbreitet eine durch formalsemantische und syntaktische Argumente gestützte relativsatzartige Anbindung des Vergleichsstandards an die Tertium-Comparationis-AP angenommen (Bresnan 1973, Chomsky 1977, Kennedy 1999, Lechner 2004 u. a.). Andererseits ist auch eine koordinationsartige Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz vorschlagen worden (Matos/Brito 2008, Osborne 2009 u. a.), da Vergleichskonstruktionen hinsichtlich der Möglichkeiten von syntaktischer Bewegung und Tilgung Koordinationsstrukturen ähneln: neben dem häufigen Vorkommen bloßer Phrasen nach der Vergleichspartikel besteht u. a. auch die Möglichkeit von sogenanntem Gapping, d. h. Tilgung beispielsweise des Verbs im Vergleichssatz bei Erhaltung mehrerer unabhängiger Konstituenten und damit insgesamt ebenfalls eindeutig satzwertigem Vergleichsstandard wie in (6). (Zur syntaktischen Analyse ausführlich Kap. 8.3.) (6) Anna liest ihren Studenten mehr Bücher vor, als [Maria] [ihren Kindern]

8 Bei attributiver, einem Nomen vorausgehender Verwendung des Tertium Comparationis ist Kontaktstellung desselben zum Vergleichsstandard dagegen aus unabhängigen morphosyntaktischen Gründen ausgeschlossen, d. h. die Konstituente muss obligatorisch aufgespalten werden und der Vergleichsstandard dem entsprechenden Nomen folgen oder extraponiert werden: *Gestern ist [schlechteres als heute] Wetter gewesen vs. Gestern ist [schlechteres] Wetter [als heute] gewesen / Gestern ist [schlechteres] Wetter gewesen [als heute]. Dies hängt mit der morphosyntaktischen Beschränkung zusammen, dass ein attributives Adjektiv innerhalb der dem Nomen vorausgehenden AP ganz rechts stehen muss, vgl. attributiv der [auf seinen Sohn stolze] Vater vs. *der [stolze auf seinen Sohn] Vater, dagegen prädikativ Der Vater ist [auf seinen Sohn stolz] / [stolz auf seinen Sohn]. Folgt die attributive Tertium-Comparationis-AP appositiv auf das Nomen ist Kontaktstellung des Vergleichsstandards dagegen grammatisch: Ein Klang [schöner als alles je Gehörte] drang an ihr Ohr.

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

11

Von den Komparativvergleichen lassen sich die Äquativvergleiche oder kurz Äquative (‚Vergleiche der Gleichheit‘, engl.: ‚equatives‘) unterscheiden. Hier sind zwei wichtige Unterarten zu differenzieren. Die wiederum am besten erforschte Unterart der Äquative bilden die Grad-Äquative wie in (7) (auch: ‚Gradvergleiche‘ Thurmair 2001, engl.: ‚degree equatives‘ Hohaus 2015, z. T. in der typologischen Forschung auch bloß ‚equatives‘ Haspelmath/Buchholz 1998, wogegen hier und im Folgenden ‚Äquative‘ immer als Oberbegriff für Grad- und Nicht-Grad-Äquative verwendet wird). (7) Maria läuft so schnell wie Anna (läuft). Wie bei dem Komparativvergleich in (1) werden hier Grade einer Eigenschaft verglichen, d. h. bei dieser Äquativart liegt ebenfalls eine Gradsemantik zugrunde, daher der Terminus Grad-Äquative (weitere Details zur Semantik von Grad-Äquativen s. Kap. 7.3.5). Das Tertium Comparationis besteht aus einem Adjektiv oder Adverb im Positiv. Im Deutschen ist daher das Adjektiv/Adverb im Äquativvergleich im Unterschied zum Komparativvergleich nicht speziell morphologisch markiert. Typisch ist aber das dem Tertium Comparationis vorausgehende Demonstrativadverb so, das sogenannte Korrelat (engl. auch: ‚parameter marker‘ Haspelmath/Buchholz 1998, ‚degree marker‘ Haspelmath 2017), das auf den entsprechenden Grad auf der Skala der jeweiligen graduierbaren Eigenschaft verweist, der durch den Vergleichsstandard spezifiziert wird.9 In den Beispielen und Korpusbelegen in der vorliegenden Untersuchung wird das Korrelat zusammen mit dem Tertium Comparationis durch Fettdruck hervorgehoben. Der Vergleichsstandard wird im heutigen Standarddeutschen mit der Vergleichspartikel wie angeschlossen; nur in wenigen idiomatisierten Wendungen kommt stattdessen auch als vor, z. B. so bald als möglich (vgl. Duden-Grammatik 2016: 377). Dieser idiomatisierte und archaisierende Sprachgebrauch ist vor dem in der vorliegenden Untersuchung im Detail dargestellten sprachhistorischen Hintergrund verständlich, da als ursprünglich eine Äquativpartikel war. Aufgrund der genannten Eigenschaften – Korrelat so, Adjektiv im Positiv – lassen sich übrigens auch Vergleiche mit Ausdrücken von Vielfachen wie doppelt so schnell wie etc. eindeutig als Äquativvergleiche klassifizieren, obwohl hier insgesamt keine Gleichheit vorliegt. Ebenso sind etwa negierte Komparativvergleiche, z. B. nicht schneller als etc. aufgrund der Komparativmorphologie

9 Das Korrelat verweist als modales Demonstrativadverb kataphorisch oder anaphorisch auf den durch den Vergleichsstandard ausgedrückten Grad bzw. in Nicht-Grad-Äquativen die Art und Weise. Vgl. zum modalen Demonstrativum auch König (2015).

12

1 Einleitung

deutlich als solche erkennbar, obwohl insgesamt hier u. U. keine Ungleichheit bezeichnet wird.10 Entsprechend ist auch die Verteilung der Vergleichspartikeln wie und als hier regulär. Deshalb sind die Termini ‚Vergleiche der Gleichheit‘ bzw. ‚Vergleiche der Ungleichheit‘ nicht wirklich treffend und stattdessen die Termini Äquativvergleiche bzw. Komparativvergleiche vorzuziehen (entsprechend engl.: ‚equatives‘/‚comparatives‘ s. o., statt: ‚comparison of equality/ inequality‘ Andersen 1983). Syntaktisch weisen die Grad-Äquative den Komparativvergleichen ähnliche Eigenschaften auf, d. h. der Vergleichsstandard kann satzförmig oder phrasenförmig sein, wobei er in letzterem Fall wiederum aus einer NP, PP, AdvP, AP etc. bestehen kann, vgl. (7), (8), (9) und (10). Die Topikalisierungsmöglichkeiten sprechen ebenfalls dafür, dass das Tertium Comparationis zusammen mit dem Korrelat und dem Vergleichsstandard eine Konstituente bildet, vgl. (11).11 Diese kann wie bei den Komparativvergleichen eine adverbiale, attributive oder prädikative syntaktische Funktion haben, vgl. (7)/(8), (9) und (10). (8) In Köln regnet es so oft wie in Bonn. (9) Heute ist wieder so gutes Wetter wie gestern. (10) Die Tür ist so breit wie hoch. (11) [So schnell wie Anna] läuft Maria. Neben den Grad-Äquativen gibt es eine zweite Unterart von Äquativvergleichen, für die sich bisher kein fester Terminus in der Literatur etabliert hat und die hier aus semantischen Erwägungen als Nicht-Grad-Äquative bezeichnet werden sollen (andere Bezeichnungen in der Literatur: ‚reine Vergleiche‘ Zifonun et al. 1997, ‚offene Vergleiche‘ Thurmair 2001, Jäger 2010a, ‚modal-vergleichende Sätze‘ DWB, Paul 2007, Ebert et al. 1993, engl.: ‚similatives‘ Haspel-

10 Diese Fälle von Diskrepanz zwischen Äquativvergleich und Gleichheit bzw. Komparativvergleich und Ungleichheit spielen für die diachrone syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln im Komparativzyklus eine wichtige Rolle als Brückenkontexte, s. u. Kap. 7.3.4. 11 Für die attributive Verwendung gilt wie bei den Komparativvergleichen die unabhängig motivierte Beschränkung, dass das dem Nomen vorausgehende attributive Adjektiv ganz rechts innerhalb der Adjektivphrase stehen muss und der Vergleichsstandard dem Nomen somit obligatorisch folgen oder ganz extraponiert sein muss: *Morgen soll wieder [so gutes wie heute] Wetter werden vs. Morgen soll wieder [so gutes] Wetter [wie heute] werden/Morgen soll wieder [so gutes] Wetter werden [wie heute], dagegen nachgestellt grammatisch: ein Wetter [so gut wie heute].

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

13

math/Buchholz 1998, ‚simile‘ Heine/Kuteva 2002, ‚property equatives‘ Hohaus 2015, ‚comparative clauses of manner‘/‚similative construction‘ Tarriño 2009, ‚similarity comparatives‘ Alrenga 2007). Ein Beispiel findet sich in (12). (12) Maria läuft (so) wie Anna (läuft). Nicht-Grad-Äquative unterscheiden sich in semantischer Hinsicht von Komparativvergleichen und Grad-Äquativen darin, dass ihnen prima facie keine Gradsemantik zugrunde liegt, d. h. nicht Grade auf der Skala einer graduierbaren Eigenschaft in Beziehung zueinander gesetzt werden, sondern etwa Arten und Weisen. Nicht-Grad-Äquative besitzen damit im Gegensatz zu Grad-Äquativen keine ausschließlich gradbasierte Semantik, wobei unter Umständen die verglichene Art und Weise auch Grade einer Eigenschaft umfassen kann, grundsätzlich aber eine ganze Reihe von ggf. auch nicht-graduierbaren Eigenschaften eine Rolle spielt (weitere Details zur Semantik von Nicht-Grad-Äquativen s. Kap. 7.3.5). Entsprechend fehlt typischerweise das Tertium Comparationis. Das Korrelat so, das als Demonstrativum auf die Art und Weise verweist, die im Vergleichsstandard spezifiziert wird, kommt im Deutschen optional vor. Wegen des grundlegenden semantischen Unterschieds werden Nicht-GradÄquative teilweise in der Forschung gar nicht zu den Vergleichskonstruktionen gezählt, sondern als ‚modal clauses‘ oder ‚similatives‘ allenfalls am Rande behandelt oder ganz von der Betrachtung ausgeschlossen. Insgesamt stellen die Nicht-Grad-Äquative daher die linguistisch am wenigsten erforschte Vergleichsart dar. Die Nicht-Grad-Äquative spielen jedoch, wie die Untersuchung zeigen wird, als Ausgangspunkt der Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln und der semantisch-syntaktischen Verschiebungen im Komparativzyklus eine entscheidende Rolle und müssen daher zentral mit einbezogen werden. Aufgrund diachroner und systematischer Zusammenhänge stimmen sie formal in vielen Sprachen in verschiedener Hinsicht mit den Grad-Äquativen überein. Auch im heutigen Deutschen wird der Vergleichsstandard in Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen gleichermaßen mit der Vergleichspartikel wie eingeleitet. Aufgrund der übereinstimmenden Vergleichspartikel ist der semantische Unterschied zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen im heutigen Deutschen weniger augenfällig als der zwischen Komparativen und Äquativen, der durch unterschiedliche Vergleichspartikel markiert wird. Für die historische und auch für die sprachübergreifende Variation spielt der Unterschied zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen jedoch, wie wir sehen werden, eine entscheidende Rolle.

14

1 Einleitung

Syntaktisch gibt es, wie erwähnt, bei den Nicht-Grad-Äquativen wiederum eine Reihe von Ähnlichkeiten zu den Komparativvergleichen und Grad-Äquativen. Aufgrund des syntaktischen Status des Vergleichsstandards lassen sich ebenfalls Satzvergleiche und Phrasenvergleiche (Vergleichspartikel + NP, PP, AdvP, AP etc.) unterscheiden, vgl. (12) und (13) bis (15). Das Tertium Comparationis fehlt zwar, das optionale Korrelat so lässt sich aber ebenfalls zusammen mit dem Vergleichsstandard ins Vorfeld bewegen, bildet also mit diesem eine Konstituente, vgl. (16). Diese kann wiederum als Adverbial – frei wie in (12) oder vom Verb gefordert wie in (13), aber auch als Prädikativ, vgl. (14), oder Attribut (hier optional auch mit Korrelat solch < so-lih ‚so beschaffen‘ statt so), vgl. (15), fungieren.12 Insofern die Verwendung als modales Adverbial also wie bei den Komparativvergleichen und den Grad-Äquativen nur eine der möglichen syntaktischen Funktionen darstellt, ist die in der Literatur teils zu findende Bezeichnung der Nicht-Grad-Äquative als ‚modal clauses/modal comparisons‘ o. ä. nicht wirklich treffend. (13) Das sieht (so) aus wie {in Berlin / gestern / neu}. (14) a. Es war (so) wie in einem Traum. b. Das ist (so) wie Weihnachten und Ostern zusammen. (15) a. Heute ist wieder {(so/solch) ein/(ein) solches} Wetter wie gestern. b. Maria wünscht sich {(so/solch) einen/einen (solchen)} Hund wie Lassie. (16) [So wie Anna] läuft Maria. Aufgrund der Tatsache, dass Nicht-Grad-Äquative bei attributiver Verwendung ohne Tertium Comparationis und häufig auch ohne Korrelat selbstständig Nomen modifizieren können wie Relativsätze, besteht ein häufig beschrittener und, wie die vorliegende Untersuchung zeigt, auch in der deutschen Sprachgeschichte mehrfach genutzter Grammatikalisierungspfad von Äquativpartikeln zu Relativsatzeinleitern (Relativpartikeln). Nicht-Grad-Äquative können zudem auch parenthetisch, vgl. (17), oder ähnlich wie Relativsätze weiterführend ver-

12 Für die attributive Verwendung gelten interessanterweise die gleichen morphosyntaktischen Beschränkungen wie bei den Komparativvergleichen und Grad-Äquativen, obwohl kein Tertium Comparationis vorhanden ist, d. h. der Vergleichsstandard kann bei attributiver Verwendung nicht mit vor dem Nomen stehen, sondern muss auf das Nomen folgen oder extraponiert werden: *Ich habe [so einen wie Lassie] Hund gehabt vs. Ich habe [so einen] Hund [wie Lassie] gehabt/Ich habe [so einen] Hund gehabt [wie Lassie], *Morgen soll wieder [so ein wie heute]/[so wie heute ein] Wetter sein vs. Morgen soll wieder [so ein] Wetter [wie heute] sein/ Morgen soll wieder [so ein] Wetter sein [wie heute].

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

15

wendet werden, vgl. (18).13 Auch die bei Thurmair (2001) als ‚Faktizitätsvergleiche‘ bezeichneten Konstruktionen wie in (19) sind (neben den bei ihr ‚Modalvergleiche‘ genannten wie in (12)) unter die Nicht-Grad-Äquative zu rechnen. Hier wird die bloße Tatsache, dass die Eigenschaft auf das Komparandum zutrifft, in Beziehung gesetzt zu der Tatsache, dass diese Eigenschaft auch auf den Vergleichsstandard zutrifft. In dieser Unterart der Nicht-Grad-Äquative kann auch ein Adjektiv im Positiv vorkommen, vgl. (19b), es fehlt jedoch bezeichnenderweise das Korrelat. Im Unterschied zu Grad-Äquativen werden auch hier nicht die Ausprägungsgrade der Eigenschaft bei Komparandum und Vergleichsstandard gleichgesetzt, sondern das Zutreffen der Eigenschaft bei Komparandum wie Vergleichsstandard festgestellt (bei graduierbarer Eigenschaft jeweils mit implizitem (kontextuellem) Komparativvergleich zu kontextuell relevanten Entitäten).14 Insofern ist das Vorkommen des Korrelats vorm Adjektiv ein wichtiges Kriterium für Grad-Äquative im Unterschied zu NichtGrad-Äquativen. Wie wir im Verlauf der Untersuchung sehen werden, wird in traditionellen historischen Darstellungen gelegentlich Bezug auf das Kriterium des vorhandenen vs. fehlenden Korrelats vorm Adjektiv genommen, ohne dabei explizit auf den damit korrelierenden semantischen Unterschied von GradÄquativ vs. Nicht-Grad-Äquativ einzugehen. (17) Maria wünscht sich, {wie Anna mir sagte / wie gesagt}, einen Hund. (18) Maria wünscht sich einen Hund, wie ich mir schon gedacht habe. (19) a. Maria ist Linguistin, wie Anna. b. Maria läuft schnell, wie Anna.15 Den attributiven, also Nomen modifizierenden Nicht-Grad-Äquativen wie in (15) ähnelt die aufzählende oder exemplifizierende Verwendungsweise von

13 Die Auffassung, dass parenthetische Vergleiche zu den Vergleichen (hier zu den NichtGrad-Äquativen) zu rechnen sind, vertreten ebenfalls Dückert (1961: 210 mit Bezug auf Feldmann 1901, ‚Verweis- und Berufungssätze‘) und Eggers (1972: 175 f.: ‚Hinweissätze‘). Demgegenüber sehen Hahnemann (1999: 24) und Haspelmath/Buchholz (1998: 320: ‚accord clauses‘/ ‚illocutionary adverbial‘) sie nicht als Äquativvergleiche an. 14 Darunter fallen auch in der Literatur z. T. als generische Äquative (engl. ‚generic equatives‘ Haspelmath/Buchholz 1998: 309) bezeichnete, häufig idiomatisierte und ältere Muster bewahrende Vergleiche wie stark wie ein Bär (= ‚stark wie auch ein Bär stark ist‘) oder frz. La tomate est petite comme une olive ‚Die Tomate ist klein wie eine Olive.‘ vs. Ma soeur est aussi grande que moi. ‚Meine Schwester ist so groß wie ich.‘ (Haspelmath/Buchholz 1998: 311). Dazu auch unten Kap. 4.2, die Ausführungen zu Bsp. (312). 15 Zusätzlich zum Nicht-Grad-Äquativ impliziter (kontextueller) Komparativvergleich: Beide laufen schneller als andere kontextuell relevante Leute.

16

1 Einleitung

Äquativpartikeln wie in (20), wobei diese nicht als restriktive Modifikation des Nomens fungiert, sondern als appositive. Hier werden beispielhaft Referenten, die unter einen Begriff fallen, d. h. (prototypische) Elemente der Extension des Begriffs, aufgelistet, um die Bedeutung des Begriffs zu erläutern. Das DWB (29: 1482) führt diese als „eine person oder sache als typ (typischer vertreter einer art oder gattung) charakterisierend“ an und unterscheidet sie als „nicht mehr eigentlich vergleichend, sondern hinweisend bei anführung von beispielen und bei aufzählungen“ von den Vergleichskonstruktionen. Bei Dückert (1961: 214) wird diese Verwendungsweise benannt als „hinweisender adnominaler Gebrauch bei Anführung von Beispielen und bei Aufzählungen“, der auf dem Vergleich beruhe. Thurmair (2001: 89) subsumiert aufzählendes wie unter die Nicht-Grad-Äquative (Untergruppe ‚Artvergleiche‘). Ich folge hier den oben genannten Autoren sowie Hahnemann (1999: 234)16 darin, die aufzählende ebenso wie die koordinierende Verwendungsweise der Äquativpartikeln nicht als Vergleiche im engen Sinn zu betrachten. Auch die koordinierende Verwendungsweise, vgl. (21), erwächst ursprünglich aus dem Äquativvergleich (genauer Faktizitätsvergleich: Eigenschaft E trifft auf Entität A wie auf Entität B zu = Eigenschaft E trifft auf Entität A und auf Entität B zu). Die aufzählende und die koordinierende Verwendungsweise der Äquativpartikeln entwickeln sich erst im Lauf der Sprachgeschichte auf der Grundlage von Äquativvergleichen (s. u. Kap. 4.2). Sie werden bald zu mehr oder minder eigenständigen Konstruktionen und machen den Wandel der Vergleichspartikeln im Komparativzyklus entsprechend nur zeitverzögert mit. Sie werden daher separat betrachtet, aber als vergleichsähnliche Konstruktionen im Folgenden jeweils im Zusammenhang mit den Äquativvergleichen besprochen, da sie u. a. Aufschluss über den Grammatikalisierungsgrad und diachrone Weiterentwicklungen der Vergleichspartikeln geben. (20) Säugetiere wie Pferde, Rehe oder Kaninchen ernähren ihre Jungen mit Milch. (21) Diese Veranstaltung spricht alle an, Jung wie Alt.

16 Hahnemann (1999: 21) zählt die aufzählende Verwendung von wie zunächst ebenfalls als ‚Artvergleich‘ zu den Vergleichen, rechnet sie in der quantitativen Auswertung auch stets dazu, ordnet sie aber nachträglich am Ende ihrer Untersuchung als nicht vergleichend ein (Hahnemann 1999: 234). Den Begriff ‚Artvergleich‘ verwendet sie zudem inkonsequent, da sie im Fall von als damit nicht wie bei wie die aufzählende Verwendungsweise bezeichnet, sondern als-Prädikative (du als Lehrer etc.), und für aufzählendes als eine separate Kategorie ‚Aufzählung‘ (als da sind etc.) ansetzt.

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

17

Die beiden unterschiedenen Hauptarten von Äquativvergleichen − Grad-Äquative und Nicht-Grad-Äquative − können auch in der besonderen Art der hypothetischen oder irrealen Vergleiche auftreten, wie in (22). Hierbei handelt es sich semantisch um Kombinationen aus Vergleich und Konditional. Hinsichtlich der Einleitungselemente gibt es daher im Unterschied zu den sonstigen Äquativen im heutigen Deutschen in den hypothetischen Vergleichen eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten: Neben einfachem als mit Verberstsatz17 kommen die Kombinationen als ob, als wenn und wie wenn mit Verbendsatz vor, wie in (22 a–d) illustriert (vgl. Duden-Grammatik 2016: 641, 1053). Wie die Untersuchung im Folgenden zeigt, entsprechen hypothetische Vergleiche im historischen Deutschen dagegen zunächst von den Einleitungsmöglichkeiten her regulären Äquativvergleichen. Im Verlauf der Sprachgeschichte hat sich dann die bis heute typische und die hypothetischen Vergleiche von regulären Äquativvergleichen unterscheidende Vielfalt von Einleitungselementen und Formtypen herausgebildet, die u. a. durch eine teilweise Abspaltung der hypothetischen Vergleiche in der Entwicklung der Vergleichspartikeln im Komparativzyklus von den regulären Äquativvergleichen zu erklären ist. (22) a. b. c. d.

Anna läuft so (schnell), als liefe sie um ihr Leben. Anna läuft so (schnell), als ob sie um ihr Leben liefe. Anna läuft so (schnell), als wenn sie um ihr Leben liefe. Anna läuft so (schnell), wie wenn sie um ihr Leben liefe.

Nicht explizit untersucht werden in dieser Studie die sogenannten proportionalen Vergleiche (auch ‚dynamische Vergleiche‘ oder ‚vergleichend-proportionale Sätze‘) mit je … desto, vgl. dazu u. a. Behaghel (1923–32, III: 289 f.), DWB (16: 1374 f.), Lühr (2003), Thurmair (2001: 231 f.), den Dikken (2009), sowie andere mit den Vergleichen verwandte Gradkonstruktionen wie Maßphrase (Anna ist 1,76 groß.), pronominale Maßphrase (Anna ist so groß.), kontextuelle Komparative (Anna ist größer.) und Superlative (z. B. Anna ist die Größte.), vgl. dazu u. a. Beck et al. (2009). Ebenso werden andere Funktionen der als Vergleichspartikeln vorkommenden Wörter, beispielsweise prädikatives (z. B. du als Germanist, engl.: ‚role phrases‘) oder temporales als sowie interrogativisches oder rein subordinierendes wie (im Sinn von ‚dass‘ bei Wahrnehmungsverben) nicht zentral untersucht. Im Zusammenhang mit der Diskussion möglicher Ursachen des Komparativzyklus werden in Kap. 7.3.3 die nicht-vergleichenden Verwendungsweisen jedoch in ihrer diachronen Entwicklung in Beziehung zur Entwicklung der Vergleichspartikeln beleuchtet.

17 Zur Frage der Klassifikation als Verberst- und nicht etwa Verbzweitsatz s. u. Kap. 8.1.1.

18

1 Einleitung

Betrachtet man die Sprachen der Welt, so gibt es beträchtliche typologische Variation hinsichtlich der sprachlichen Form von Vergleichen. Die Versprachlichung des Vergleichs und insbesondere die Markierung des Vergleichsstandards erfolgt auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Auf der Grundlage von Stassen (1985, 2005) und Andersen (1983) lassen sich vier Typen von Komparativkonstruktionen in den Sprachen der Welt unterscheiden: neben dem u. a. im heutigen Deutschen vorliegenden Sprachtyp der Partikelvergleichssprachen,18 d. h. Markierung des Vergleichsstandards mit einer Vergleichspartikel, dem typologisch seltensten und praktisch nur in Europa vorkommenden Typ, gibt es Sprachen mit verbaler Vergleichkonstruktion (‚X ist größer als Y‘ ausgedrückt durch ‚X übertrifft Y an Größe‘ o. ä.), vgl. (23), Sprachen mit sogenannter konjunktiver Vergleichskonstruktion (‚conjunctive/conjoined construction‘ bei Stassen 1985, 2005; ‚juxtaposition‘ bei Andersen 1983: 118), d. h. (adversativer) Koordination zweier Sätze (‚A ist größer als B‘ ausgedrückt durch ‚A ist groß und nicht B‘ oder ‚A ist groß, B ist klein‘), vgl. (24), und schließlich den Typ der Vergleichskasussprachen, den weltweit häufigsten Sprachtypus,19 mit Markierung des Vergleichsstandards durch einen festen funktionalen Kasus (oder eine kasusäquivalente funktionale Präposition)20 mit lokal-direktionaler Semantik, vgl. (25).21 (23) Verbale Vergleichskonstruktion: Bàlaa yaa fi Muusaa ƙarfii B. er übertrifft M. Stärke ‚Bala ist stärker als Musa.‘

Hausa

18 Partikelvergleichssprachen bilden den Typ 4 bei Andersen (1983). Stassen (1985: 46) setzt diese dagegen nicht als Haupttyp an, da es sich aufgrund der verschiedenen diachronen Quellen der Vergleichspartikeln um eine inhomogene Klasse handele. Untertypen des Partikelvergleichs nach Stassen (1985: 188–197): Vergleichspartikel übereinstimmend mit (i) ‚und‘-Koordination z. B. Javanesisch karo ‚und‘/‚als‘, (ii) konsekutivem Adverbial z. B. Toba Batak asa ‚dann/danach‘/‚als‘, (iii) adversativer Koordination, z. B. Baskisch baino/bainan ‚aber‘/‚als‘, (iv) negierter Koordination, z. B. Schott. Gälisch na ‚(weder) noch‘/‚als‘, (v) Disjunktion, z. B. Agriech. ē, (vi) abgeleitet von Relativ-/Interrogativpronomen, (vii) Äquativpartikel, z. B. Ungar. mint/amint. 19 In Stassens (1985: 39–44) Sample gehören 20 Sprachen (+ 6 sekundär) dem konjunktiven, 20 Sprachen primär (+ 6 sekundär) dem verbalen und insg. 56 Sprachen dem VergleichskasusTyp an (ganz überwiegend Kasus Separativ). 20 Andersen (1983) unterscheidet diese als zwei getrennte Typen. 21 Die folgenden Beispiele sind übernommen aus Stassen (2005).

1.2 Vergleichskonstruktionen: Taxonomie und Typologie

(24) Konjunktive Vergleichskonstruktion: a. Tata’hkes -ew nenah the kan stark 3Sg ich und nicht ‚Er ist stärker als ich.‘ b. Dzaran tica gahar, dzarang rei kesik Pferd jenes groß Pferd dieses klein ‚Jenes Pferd ist größer als dieses.‘ (25) Vergleichskasuskonstruktion: a. Vergleichskasus Separativ (Trennungssemantik ‚von‘): sadom-ete hati marangae Pferd-von Elefant groß ‚Der Elefant ist größer als das Pferd.‘ b. Vergleichskasus Allativ (Zielpunktsemantik ‚zu‘): sea his na-tc er gut mir-zu ‚Er ist besser als ich.‘

19

Menomini

Sika

Mundari

Siuslaw

c. Vergleichskasus Lokativ (Kontaktsemantik ‚bei/auf‘): kemmou tehousid foull oult ma m Ahaggar Tuareg du schön auf Schwester von dir ‚Du bist schöner als deine Schwester.‘ Auch in der typologischen Forschung sind wie in der Linguistik generell die Komparativvergleiche am besten untersucht. Vergleichbare Sprachtypen lassen sich jedoch auch in den Äquativen identifizieren: Haspelmath/Buchholz (1998: 285–290) zufolge sind auch hier neben Vergleichspartikeln verbale Konstruktionen (‚gleichen‘, z. B. Nkore-Kiga) oder Markierung des Vergleichsstandards mit Kasus (z. B. Ancash Quechua) bzw. Präposition/Postposition (z. B. Irisch) zu finden, vgl. auch Henkelmann (2006), Treis/Vanhove (Hrsg. 2017). In vielen Sprachen wird somit Vergleichskasus nicht nur in Komparativvergleichen, sondern auch in Äquativvergleichen verwendet.22 Teilweise besteht der formale sprachliche Unterschied zwischen Komparativvergleich und Äquativvergleich sogar lediglich im jeweils verwendeten Vergleichskasus, vgl. (26) und (27), während das Adjektiv (Tertium Comparationis) keine spezielle Komparativmorphologie o. ä. aufweist.23

22 So beispielsweise in förmlichem bzw. archaisierendem Stil auch noch im heutigen Isländischen, s. u. Kap. 2.1. 23 Für Daten und Hinweise zum Ewenischen danke ich Dejan Matic.

20

1 Einleitung

(26) Komparativ mit Vergleichskasus (Ablativ): Hin ọran min ọran-dụk egd’en dein Rentier mein Rentier-ABL groß ‚Dein Rentier ist größer als mein Rentier.‘

Ewenisch

(27) Äquativ mit Vergleichskasus (Äquativ): Hin ọran min ọraŋ-čịn egd’en dein Rentier mein Rentier-EQU groß ‚Dein Rentier ist so groß wie mein Rentier.‘ Typologisch ist laut Stassen (2005) morphologische Komparativmarkierung des Adjektivs, wie wir sie aus dem Deutschen kennen, in der Tat sehr selten und weitgehend auf europäische Sprachen beschränkt. Auch morphologische Markierung des Tertium-Comparationis-Adjektivs für Äquativ, sogenannte synthetische Äquativmarkierung, kommt laut Haspelmath/Buchholz (1998: 283 f.) in einigen Sprachen vor, z. B. im Estnischen. Typisch für die meisten europäischen Sprachen und Evidenz für einen europäischen Sprachbund ist dagegen laut Haspelmath/Buchholz die analytische Markierung des Äquativs mithilfe des Korrelats vorm Adjektiv, d. h. eines modalen Demonstrativums, das sich in vielen Sprachen nur durch das initiale Element von der Äquativpartikel, die ihrerseits zumeist auf ein modales Relativum/Interrogativum zurückgeht, unterscheidet (z. B. Lat. tam/quam, Finn. niin/kuin, Griech. tóso/óso, Litauisch taip/kaip etc.). Die für die meisten europäischen Sprachen charakteristische Äquativkonstruktion beruht damit Haspelmath/Buchholz (1998: 288) zufolge auf einer korrelativen freien Relativsatzkonstruktion. In einigen Sprachen geht das Korrelat dagegen auf einen Ausdruck wie ‚gleich‘ oder ‚zum gleichen Grad/ in der gleichen Art‘ zurück, z. B. im Isländischen oder Schwedischen. Auch Sprachen ohne Äquativkorrelat sind zu finden, etwa das Bulgarische oder Italienische. Insbesondere in Nicht-Grad-Äquativen, in denen das Korrelat ja auch im Deutschen optional ist, fehlt es laut Haspelmath/Buchholz (1998: 313) sprachübergreifend im Allgemeinen. Die Vergleichspartikel in Nicht-GradÄquativen stimmt wie im Deutschen so auch in den meisten anderen europäischen Sprachen mit der der Grad-Äquative überein. Dies ist z. B. im Griechischen, Polnischen, Spanischen oder Schwedischen der Fall. Einige Sprachen verwenden jedoch unterschiedliche Partikeln in Grad-Äquativen und NichtGrad-Äquativen, z. B. Armenisch, Baskisch, Walisisch, Türkisch (vgl. Haspelmath/Buchholz 1998: 316). Die in der Typologie hinsichtlich der Vergleiche unterschiedenen Sprachtypen stehen dabei, wie erwähnt, nicht separat nebeneinander. Mitunter sind in einer Sprache parallel mehrere Typen möglich, etwa Partikel- und Vergleichskasuskonstruktion (vgl. Zeilfelder 2001, Wunderlich 2001). Das Deutsche kann,

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

21

wie die folgende Untersuchung zeigt, seit Beginn seiner Überlieferung im Wesentlichen als Partikelvergleichssprache charakterisiert werden. Im Althochdeutschen und vereinzelt darüber hinaus findet sich jedoch auch Evidenz für Vergleichskasuskonstruktionen, so dass in dieser historischen Sprachstufe ebenfalls beide Sprachtypen parallel in einem Sprachsystem vorliegen, s. u. Kap. 2.1. Und noch in einer weiteren Hinsicht erweist die sprachgeschichtliche Betrachtung, dass enge Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sprachtypen bestehen: Diachron entsteht teilweise ein Vergleichstyp aus einem anderen, beispielsweise indem sich Vergleichspartikeln aus koordinierenden Konjunktionen oder aus mit Vergleichskasus markierten Pronomen o. ä. entwickeln, was sich auch fürs Deutsche nachweisen lässt, vgl. u. a. Kap. 2.1, 3.1, 3.2, 4.1 (Vergleichspartikeln danne, wan, unde und weder). Insofern sind die Ergebnisse der diachronen Untersuchung auch relevant für die Sprachtypologie, wie umgekehrt die Erkenntnisse der typologischen Forschung einen wichtigen Bezugspunkt für die sprachhistorische und dialektologische Forschung bilden.

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen Für die vorliegende Untersuchung wurden umfangreiche empirische diachrone und dialektale Daten neu erhoben. Um die Entwicklung der Vergleichskonstruktionen über die gesamte deutsche Sprachgeschichte hinweg in den Blick zu nehmen und somit eine echt diachrone Langzeit-Perspektive einzunehmen, wurden Texte aus allen Sprachstufen des Deutschen seit Beginn der Textüberlieferung ausgewertet. Soweit möglich (im Althochdeutschen setzt hier etwa die Überlieferungslage Grenzen, vgl. Fleischer 2006), wurden dabei jeweils systematisch Texte aus verschiedenen Dialektgebieten berücksichtigt, um auch die historische areale Variation zu erfassen und in Beziehung zur synchronen dialektalen Variation setzen zu können. Im Gegensatz zu detaillierten Einzelstudien zu bestimmten Texten oder einzelnen Sprachstufen, die dort ggf. stärker in die Tiefe gehen können, liegt die Stärke des hier gewählten Ansatzes darin, dass eine diachrone Breite und Gesamtsicht ermöglicht wird und Daten aus verschiedensten Sprachstufen sowie den heutigen Dialekten mit einem methodisch und analytisch-begrifflich einheitlichen Zugang untersucht werden, so dass eine echte Vergleichbarkeit der Ergebnisse für die verschiedenen Sprachstufen und -varietäten gegeben ist. Für die Gewinnung der diachronen Daten wurden elektronische historische Korpora genutzt. Ein Großteil der hier untersuchten Korpustexte wurde dabei aus methodischen Gründen manuell ausgewertet: Dies gewährleistet, dass alle einschlägigen Vergleichspartikellexeme, einschließlich eventuell

22

1 Einleitung

nicht erwarteter und bei einer einfachen Wortsuche möglicherweise nicht berücksichtigter Lexeme, sowie nicht an bestimmte Lexeme gebundene Vergleichskonstruktionstypen wie beispielsweise Vergleichskasuskonstruktionen erfasst werden. Für die früheste überlieferte Sprachstufe des Deutschen, das Althochdeutsche (ca. 750–1050) wurden zwei der drei erhaltenen umfangreicheren Prosatexte des klassischen Althochdeutschen, der althochdeutsche Isidor und der althochdeutsche Tatian, auf Grundlage der im Titus-Korpus (online unter http:// titus.uni-frankfurt.de/) elektronisch zugänglichen Ausgaben von Eggers bzw. Sievers ausgewertet. Der althochdeutsche Isidor wurde per Hand komplett ausgewertet. Vergleichend wurde der Isidor mithilfe des annotierten Referenzkorpus Altdeutsch (online unter https://korpling.german.hu-berlin.de/annis3/ddd/, Informationen zum Korpus unter http://www.deutschdiachrondigital.de/) nach Vergleichspartikeln (‚vergleichende Konjunktion‘, POS-Annotation: KOKOM) sowie potenziellen Fällen von Vergleichskasus, d. h. Nomen im Genitiv oder Dativ mit maximal vier Wörtern Abstand vor oder nach einer Wortform im Komparativ oder dem Lemma ander durchsucht.24 Vom althochdeutschen Tatian wurde etwa ein Viertel (bis einschließlich Kap. 55, d. h. bis T 91, 5) per Hand ausgewertet. Um zusätzliche Belege für die insgesamt weniger frequenten Komparativvergleiche zu erheben, wurde zudem der gesamte Text mithilfe des Referenzkorpus Altdeutsch im Hinblick auf mögliche Komparativvergleiche untersucht. Hierfür wurden alle als Vergleichspartikeln annotierten Fälle (POS-Annotation: KOKOM), sämtliche Belege der Lemmata danne, êr danne 25 und êr sowie die potenziellen Fälle von Vergleichskasus, d. h. Nomen im Genitiv oder Dativ mit maximal vier Wörtern Abstand vor oder nach einem Wort im Komparativ oder Lemma 24 Für die Unterstützung bei der Formulierung der Suchabfragen zum Isidor und Tatian im Referenzkorpus Altdeutsch danke ich Roland Mittmann und Oxana Rasskazova. Die methodischen Herausforderungen der Untersuchung von Vergleichskonstruktionen mit elektronischen Korpora verdeutlicht die Tatsache, dass etwa die Korpusabfragen mit dem Referenzkorpus Altdeutsch einerseits zahlreiche nicht einschlägige Treffer erbrachten und andererseits einschlägige Belege nicht elektronisch, sondern bei der Durchsicht per Hand gefunden wurden. In den Äquativvergleichen ist beispielsweise nur der kleinere Teil der hier als Vergleichspartikeln eingeordneten Fälle im Referenzkorpus Altdeutsch auch als Vergleichspartikel (POS-Annotation: KOKOM) annotiert. Insbesondere sind Vorkommen der Vergleichspartikeln in Nicht-GradÄquativen und generell in Satzvergleichen nicht als solche annotiert, sondern zumeist als subordinierende Konjunktion (POS-Annotation: KOUS). 25 Im Referenzkorpus Altdeutsch ist die Bedeutung von êr danne nicht kompositionell wiedergegeben, sondern êr danne als ein Lemma mit der Bedeutung ‚ehe‘ angesetzt und als unterordnende, satzeinleitende Konjunktion (KOUS) klassifiziert (danne also nicht als Vergleichspartikel/KOKOM wie sonst). Die Annotation ist jedoch in dieser Hinsicht nicht ganz konsequent durchgeführt: In einigen Fällen sind stattdessen êr und danne in diesen Konstruktionen als separate Lexeme annotiert (vgl. Fußn. 26).

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

23

ander, ausgewertet.26 Die Belege aus dem althochdeutschen Tatian wurden mit der handschriftengetreuen neueren Ausgabe von Masser (1994) abgeglichen und werden durchgängig nach dieser Ausgabe (mit Seite und Zeile der Handschrift) zitiert. Da es sich beim althochdeutschen Isidor und Tatian um Übersetzungstexte handelt, wurde zudem in allen Fällen das lateinische Original mit berücksichtigt. Im Tatian ist die althochdeutsche Übersetzung zeilengetreu zur lateinischen Vorlage. Daher wurden die Zeilenumbrüche ebenfalls berücksichtigt und werden in den Belegen aus diesem Text durch // gekennzeichnet. Daten aus dem dritten umfangreichen klassisch-althochdeutschen Text, dem Evangelienbuch von Otfrid von Weißenburg, wurden auf Grundlage der Angaben bei Erdmann (1874– 1876, I), Wunder (1965) sowie ergänzender eigener Suchabfragen im Referenzkorpus Altdeutsch einbezogen. Die entsprechenden Belege wurden mit der handschriftengetreuen Ausgabe von Kleiber (2004) abgeglichen und werden durchgängig nach dieser Ausgabe zitiert. Die Tabelle in (28) gibt eine Übersicht über das althochdeutsche Korpus und die Anzahlen der entsprechenden Vergleichsbelege.27 Für die Texte sind in dieser und den folgenden Tabellen zum mittelhochdeutschen, frühneuhochdeutschen und neuhochdeutschen Korpus jeweils auch die im gesamten Buch – insbesondere in den Ergebnistabellen und Karten der nachfolgenden Kapitel – verwendeten Textsiglen mit angegeben. (In Tabelle (28) nicht aufgeführt sind zusätzlich erhobene Belege aus einem spätalthochdeutschen Text, Notkers Psalter, der mithilfe des Titus-Korpus ergänzend auf Belege für die Vergleichspartikel also hin untersucht wurde, die im Isidor und Tatian noch nicht nachzuweisen ist.) 26 Auch hier zeigt sich die methodische Herausforderung der elektronischen Korpusauswertung im Hinblick auf Vergleichskonstruktionen, die eine aufwändige händische Sichtung der Datenbanktreffer unabdingbar macht: Von den 233 Vorkommen des Lemmas danne im Tatian im Referenzkorpus Altdeutsch enthalten lediglich 29 danne als Komparativpartikel, 23 davon sind im Referenzkorpus Altdeutsch als Vergleichspartikel (KOKOM) annotiert (davon in einem Fall jedoch falsch als ‚wie‘ übersetzt: T 58, 3 f.), sechs Fälle von danne in Satzvergleichen wurden dagegen als subordinierende Konjunktionen (KOUS) ‚(eher) als‘ annotiert, (z. B. T 102, 18 f.). Von den 158 Treffern mit Genitiv oder Dativ mit maximal drei Wörtern Abstand vor bzw. nach einer Komparativform oder einer Form von ander- (potenzielle Fälle von Vergleichskasus) enthielten nur 17 einen Vergleichskasus. Drei weitere Fälle mit Vergleichskasus, die nicht in den elektronisch ermittelten Belegen enthalten waren, wurden zusätzlich per Hand gefunden (T 53, 2; T 79, 15; T 338, 23 f.). Außer den 18 Fällen des Lemmas êr danne im Tatian des Referenzkorpus-Altdeutsch enthielten zwei der 28 Belege des Lemmas êr ebenfalls êr + danne, das jedoch nicht wie sonst als êr danne lemmatisiert war. Acht der 28 Fälle mit êr enthielten eine nachfolgende Dativ-NP. 27 Von den aufgeführten Komparativvergleichen enthalten 8 Belege in I und 28 Belege in T êr danne oder êr + Dativ-NP. Diese werden unten in Kap. 2.1 weitgehend separat behandelt, da umstritten ist, ob sie zu althochdeutscher Zeit noch transparente Komparativvergleiche darstellen.

24

1 Einleitung

(28) Althochdeutsches Korpus Text

Sigle

Datierung

Dialekt

Komparative

Äquative

Hyp. Vgl.

Isidor

I

um 800

Südrhfränk.

 14

 38

1

Tatian

T

um 830

OFränk.

 77

 37

− 28

Otfrid

O

863–871

Südrhfränk.

 14

423

4

105

498

5

Summe

Für das Mittelhochdeutsche (ca. 1050–1350) wurden Texte untersucht, die inzwischen im Referenzkorpus Mittelhochdeutsch zugänglich sind (ReM, Subkorpus MiGraKo, online unter https://www.linguistics.rub.de/rem/, Angaben zu den Editionen, Textausschnitten etc. dort, in Klein/Solms/Wegera 2009: 19–30, sowie s. u. Quellenverzeichnis in der Bibliographie; Texte bzw. Textausschnitte im Umfang von 12.000 Wortformen). Die verwendeten Textsiglen entsprechen denen des ReM. Fünf Kernkorpustexte (Physiologus, St. Trudperter Hohelied, Nibelungenlied, Mitteldeutsche Predigten, Die Lilie/Prosafassung) wurden manuell im Hinblick auf sämtliche Vergleichsarten und verwandte Konstruktionen ausgewertet, vgl. die Übersicht über die Texte und Belegzahlen in (29). (29) Mittelhochdeutsches Kernkorpus Text

Sigle

Datierung

Dialekt

Kompara- Äquative tive

Hyp. Vgl.

Physiologus

Phys

2. Hälfte/letztes Viertel 12. Jh.

Bairisch

 8

 39

 3

St. Trudperter Hohelied

TrH

1. Viertel 13. Jh.

Alemannisch

31

 42

 4

Nibelungenlied

Nib

1. Hälfte 13. Jh.

Bairisch 8 Ostalemannisch

 27

 3

Mitteldeutsche Predigten

PrMK

Mitte 13. Jh.

HessischThüringisch

 7

 49

 2

Die Lilie

Lil

letztes Drittel 13. Jh.

Ripuarisch

 9

 26

 1

63

183

13

Summe

28 Im Tatian sind bis einschließlich Kap. 55 keine hypothetischen Vergleiche belegt, in späteren Kapiteln jedoch Belege enthalten.

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

25

Um zusätzliche Daten zu den weniger frequenten Komparativvergleichen zu gewinnen, die aufgrund der Komparativmorphologie des Tertium Comparationis gut für eine elektronische Abfrage in morphologisch annotierten Korpora geeignet sind, wurden weitere 21 Texte des ReM, Subkorpus MiGraKo, per Korpusabfrage im Hinblick auf Komparativvergleiche ausgewertet. Zu diesem Zweck wurden die Lemmata danne, wan, niuwan, also, so, weder, eht sowie Nomen im Dativ oder Genitiv (= potenzielle Fälle von Vergleichskasus) in Kontakt- oder Distanzstellung nach Adjektiv oder Adverb im Komparativ oder nach den Lemmata ander, anders, êr, niht(es), nie(ne), nehein, dehein, kein, niemann(d), niender, niener oder niergen gesucht.29 Auch für weitere Abfragen von besonders niedrig-frequenten Konstruktionen wurden die zusätzlichen 21 Korpustexte herangezogen, so etwa für die Untersuchung von hypothetischen Vergleichen mit als ob. Um die areale und diachrone Variation innerhalb des Mittelhochdeutschen zu berücksichtigen, wurden hierbei mittelhochdeutsche Texte aus sechs Dialektgebieten sowie aus fünf Zeitschnitten einbezogen, vgl. die Übersicht in (30), in der die Kernkorpustexte noch einmal fett hervorgehoben sind. (Bei allen ausgewerteten mittelhochdeutschen Korpustexten mit Ausnahme des Nibelungenlieds und des Trierer Aegidius handelt es sich um Prosatexte, die für syntaktische Untersuchungen grundsätzlich einschlägiger sind.)

29 Erst nach Abschluss der Datenerhebung für die vorliegende Untersuchung wurde das ReMKorpus öffentlich zugänglich. Herzlichen Dank daher an Thomas Klein für die Durchführung der Suchabfrage und Bereitstellung der Korpusrohdaten. Melanie Hobich und Sophia Oppermann danke ich für ihre Unterstützung bei der Zusammenstellung der Belege für die Auswertung. Die ebenfalls ausgewerteten ReM-Texte Vat (Vatikanische Gebete) und PrF (Frankfurter Predigtfragmente) erbrachten keine einschlägigen Belege und wurden daher nicht mit in die Darstellung einbezogen. Auch die ReM-Korpusdaten wurden händisch gesichtet: Nur bei der knappen Hälfte der Treffer für potenzielle Komparativvergleiche lagen tatsächlich Komparativvergleiche vor (405 von 873 Treffern in den zusätzlich ausgewerteten 21 Texten). Dieses methodische Problem ist ungleich größer bei Äquativen, die nicht durch die Komparativmorphologie o. ä. die Treffermenge einzugrenzen erlauben, weshalb für diese Vergleichsart aus methodischen Gründen keine elektronischen Korpusabfragen durchgeführt wurden.

26

1 Einleitung

(30) Mittelhochdeutsches Gesamtkorpus Zeitraum

Dialekt

Text

Sigle

I: 1050–1150

0 Oberdeutsch

Williram von Ebersberg: Hohelied-Paraphrase Wiener Notker (s. 0 Oberdeutsch) (s. 0 Oberdeutsch)

Will

16

WNo

8

Physiologus Speculum ecclesiae

Phys Spec

8 17

Züricher Predigten Trierer Psalmen Trierer Aegidius

PrZ TrP Aegi

9 1 10

Nibelungenlied St. Pauler Predigten Hoffmannsche Predigten

Nib PrP Hof

8 10 13

St. Trudperter Hohelied Rheinisches Marienlob Mitteldeutsche Predigten

TrH RhM PrMK

31 35 7

Bar DvA

3 40

PrS

21

Die Lilie Salomonis hûs

Lil Sal

9 12

Jenaer Martyrologium

JMa

6

1 Bairisch 2 Schwäbisch/ Alemannisch-Bairisch 3 Alemannisch 4 Westmitteldeutsch 5 Ostmitteldeutsch/ Hessisch-Thüringisch 6 Ostfränkisch II: 1150–1200

0 Oberdeutsch 1 Bairisch 2 Schwäbisch/ Alemannisch-Bairisch 3 Alemannisch 4 Westmitteldeutsch 5 Ostmitteldeutsch/ Hessisch-Thüringisch 6 Ostfränkisch

III: 1200–1250 0 Oberdeutsch 1 Bairisch 2 Schwäbisch/ Alemannisch-Bairisch 3 Alemannisch 4 Westmitteldeutsch 5 Ostmitteldeutsch/ Hessisch-Thüringisch 6 Ostfränkisch IV: 1250–1300 0 Oberdeutsch 1 Bairisch 2 Schwäbisch/ Alemannisch-Bairisch 3 Alemannisch 4 Westmitteldeutsch 4a Mittelfränkisch 4b RheinfränkischHessisch 5 Ostmitteldeutsch/ Hessisch-Thüringisch 6 Ostfränkisch

Komparative

(s. 0 Oberdeutsch) − − −



− Bartholomäus David von Augsburg: Traktate Schwarzwälder Predigten (Gr)



27

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

Zeitraum

Dialekt

V: 1300–1350

0 Oberdeutsch 1 Bairisch 2 Schwäbisch/ Alemannisch-Bairisch 3 Alemannisch 4 Westmitteldeutsch 4a Mittelfränkisch 4b RheinfränkischHessisch 5 Ostmitteldeutsch/ Hessisch-Thüringisch 6 Ostfränkisch

Summe

26 Texte

Text

Sigle

Oberaltaicher Evangelistar Baumgarten geistlicher Herzen (L) Nikolaus von Straßburg: Predigten (C)

ObE Bau

20 42

Nik

51

Tau

28

OxB

38

MBe

14

Gna

11

Johannes Tauler: Predigten Oxforder Benediktinerregel Evangelienbuch des Matthias von Beheim Christine Ebner: Von der gnaden überlast

Komparative

468

Um die Vergleiche im Frühneuhochdeutschen (ca. 1350–1650) zu untersuchen, wurden 12 Texte aus dem Bonner Frühneuhochdeutschkorpus (online unter https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Fnhd/, Angaben zu den Editionen, Textausschnitten etc. dort sowie s. u. Quellenverzeichnis in der Bibliographie; Texte und Textausschnitte mit 30 Normalseiten Umfang) vollständig manuell ausgewertet.30 Es wurden Texte aus zwei Zeitschnitten und acht Dialektgebieten berücksichtigt, vgl. die Übersicht in (31). Aus dem Zeitschnitt 1550–1600 wurden mehr Texte ausgewertet als aus dem Zeitschnitt 1450–1500, da insbesondere im 16. Jahrhundert entscheidende Veränderungen bei den Vergleichskonstruktionen zu beobachten sind.

30 Zusätzlich wurden weitere Texte stichprobenartig im Hinblick auf spezielle Vergleichspartikellexeme untersucht, so etwa aus dem Zeitraum 1450–1500 Johannes Rothe: Chronik (Thüringisch: Eisenach).

28

1 Einleitung

(31) Frühneuhochdeutsches Korpus Zeitraum

Dialekt

Text

Sigle

1450– 1500

Mittelbairisch

Helene Kottanerin: Denkwürdigkeiten (Wien, 1445–1452) Neidhart: Eunuchus (Ulm, 1486) Koelhoff: Chronik (Köln, 1499) Tauler: Sermon (Leipzig, 1498)

HKot

15

49

2

Neid

42

105

106

Koel

17

72

2

Taul

52

47

1

SHerb

15

35

10

LRauw

23

59

4

LLav

26

52

9

JGrop

39

119

10

WRal

24

37

5

JBang

13

23

1

JMath

6

106

4

VDiet

35

68

12

307

772

166

Schwäbisch Ripuarisch Obersächsisch

1550– 1600

Mittelbairisch

Schwäbisch

OHAlem.

Ripuarisch

Hessisch Thüringisch Obersächsisch

Ostfränkisch

Summe

12 Texte

Sigmund Herberstein: Moscouia (Wien, 1557) Leonhart Rauwolf: Beschreibung (Lauingen, 1582) Ludwig Lavater: Gespenster (Zürich, 1578) Johann Gropper: Gegenwärtigkeit (Köln, 1556) Walter Ralegh: Amerika (Frankfurt/M., 1599) Johann Bange: Chronik (Mühlhausen, 1599) Johannes Mathesius: Passionale (Leipzig, 1587) Veit Dietrich: Summaria (Nürnberg, 1578)

Komparative

Äquative

Hyp. Vgl.

Für das frühe Neuhochdeutsche (ab ca. 1650) wurden zum einen weitere acht im Bonner Frühneuhochdeutschkorpus enthaltene, aber bereits dem frühen Neuhochdeutschen zuzuordnende Texte aus dem Zeitschnitt 1650–1700 ausgewertet, vgl. die Übersicht in (32). Es wurden Texte aus den gleichen Dialektgebieten, wo möglich, aus den gleichen Orten wie aus dem frühneuhochdeutschen Zeitschnitt 1550–1600 ausgewählt, um eine direkte Vergleichbarkeit der Entwicklung in ihrer arealen Differenzierung zu erreichen.

29

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

(32) Neuhochdeutsches Korpus Zeitraum

Dialekt

Text

Sigle

Komparative

1650– 1700

Mittelbairisch

Deo Gratias (Wien, 1680) Christoph Schorer: Chronik Memmingen (Ulm, 1660) Gotthard Heidegger: Mythoscopia (Zürich, 1698) Johann Rosenthal: Wiederholung (Köln, 1653) Hiob Ludolf: Schaubühne (Frankfurt/Main, 1699) Georg Göz: Leich-Abdankungen (Jena, 1664) Christian Weise: Jugendlust (Leipzig, 1684) Sigmund von Birken: Spiegel (Nürnberg, 1668)

DeoGr

16

22

4

CSchor

13

45

0

GHeid

32

70

4

JRos

33

108

8

HLud

18

43

6

GGöz

22

84

8

CWei

18

12

9

SBirk

20

42

2

172

426

41

Schwäbisch

OHAlem.

Ripuarisch

Hessisch

Thüringisch

Obersächsisch

Ostfränkisch

Summe 17. Jh.

8 Texte

Äquative

Hyp. Vgl.

Ergänzend: 18./ Zeitungstexte (18. Jh., GerManC-Korpus nach 19. Jh. Hobich 2013) Louise Gottsched: Witzling (1745) Katharina Goethe: Briefe (1774−1808) Auswandererbriefe (19. Jh., nach Elspaß 2005)

69

130

13

27 197 625

18 402 299

4 31 −

Summe 18./19. Jh.

918

849

48

Summe Nhd. insg.

1090

1275

89

Um ausblicksartig auch die weitere Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert zu betrachten, wurden für das frühe Neuhochdeutsche zudem, wie in (32) aufgeführt, im Rahmen der von mir mitbetreuten BA-Arbeit von Hobich (2013) erhobene Daten aus Zeitungstexten der ersten und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus verschiedenen Regionen des deutschen Sprachraums aus dem GerManC-Korpus (online zugänglich unter http://www.alc.manchester.ac.uk/

30

1 Einleitung

modern-languages/research/german-studies/germanc/), korrigierte und ergänzte Daten aus studentischen Korpusarbeiten zu Louise Adelgunde Victorie Gottscheds „Der Witzling“ (1745) und den Briefen von Katharina Elisabeth Goethe aus den Jahren 1774 bis 1808 sowie die Angaben zu Vergleichskonstruktionen in deutschen Auswandererbriefen des 19. Jahrhunderts in Elspaß (2005: 287) ergänzend herangezogen.31 Die erhobenen diachronen Vergleichsbelege wurden klassifiziert nach Vergleichsart (Komparativ, Grad-Äquativ, Nicht-Grad-Äquativ, hypothetischer Vergleich), Vergleichspartikel (als(o), danne, et, so, same, wan, weder, wie etc.) bzw. Vergleichskasus, syntaktischem Status des Vergleichsstandards (Satzvergleich incl. Angabe der Verbstellung, Phrasenvergleich incl. Angabe der Phrasenart NP, PP, AdvP, AP etc.), syntaktischer Funktion des Tertium Comparationis (Attribut, Adverbial, Prädikativ), sonstigen syntaktischen Besonderheiten (Gapping etc.) sowie insbesondere für die mittelhochdeutschen Komparativvergleiche zusätzlich nach Vorhandensein oder Fehlen einer Negation im Matrixsatz, um die Polaritätsabhängigkeit der Vergleichspartikel wan zu überprüfen. Zusätzlich zu den Vergleichsbelegen wurden Belege für die aus dem Vergleich hervorgegangene aufzählende und koordinierende Verwendungsweise der Vergleichspartikeln sowie mindestens je ein Beleg für jede weitere Verwendungsweise der im jeweiligen Text auch als Vergleichspartikeln auftretenden Lexeme sowie z. T. mit Vergleichskonstruktionen konkurrierende verbale oder adjektivische Konstruktionen (z. B. ‚gleicht ihm an Größe‘ / ‚ist ihm an Größe gleich‘) und sporadische Belege für proportionale Vergleiche aufgenommen. Insgesamt wurden damit knapp 5000 historische Belege für Vergleichskonstruktionen (Komparative, Äquative: Grad-Äquative/Nicht-Grad-Äquative, hypothetische Vergleiche) sowie knapp 1000 weitere relevante Belege (aufzählendes und koordinierendes als, wie, sonstige Verwendungsweisen von denn, als, wie) berücksichtigt, wobei das ausgewertete diachrone Korpus insgesamt ca. 600.000 Wortformen umfasste.32 31 Die Daten zu Louise Gottscheds „Witzling“ beruhen auf von mir durchgesehenen, korrigierten und ergänzten Ergebnissen einer studentischen Gruppenarbeit im Seminar an der Universität zu Köln im Sommersemester 2013. Die Daten zu Katharina Elisabeth Goethe beruhen auf der überarbeiteten und korrigierten vollständigen Auswertung ihrer Briefe im Rahmen einer von mir betreuten Seminararbeit von Beatriz Escobar an der Universität zu Köln im Sommersemester 2013. Ich danke Sophia Oppermann für die Unterstützung bei der Korrektur und Ergänzung der Belege. 32 Eingerechnet sind hier Isidor und Tatian sowie sämtliche angegebenen mittelhochdeutschen und frühneuhochdeutschen Korpustexte/-textausschnitte und frühen neuhochdeutschen Korpustexte/-textausschnitte des 17. Jahrhunderts. Da die Daten für Otfrid sowie das 18. und 19. Jahrhundert größtenteils auf Angaben aus der Literatur etc. beruhen, wurden diese Texte hier nicht eingerechnet, ebenso wurde der nur für Einzelfragen ausgewertete Psalter von Notker nicht eingerechnet.

1.3 Empirische Basis und theoretischer Rahmen

31

Die in dieser Untersuchung ausgewerteten umfangreichen synchronen dialektalen Daten wurden im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ (SyHD) erhoben.33 Grundsätzliche Informationen zum Projekt finden sich in Fleischer/Kasper/Lenz (2012), Fleischer/Lenz/Weiß (2017) sowie online unter www.syhd.info, wo über eine Datenbank auch die im Projekt erhobenen Dialektdaten sowie darauf beruhende Karten etc. eingesehen werden können. Methodisch wurde eine multivariate Datenerhebung durchgeführt: es wurde mit insgesamt vier Fragebogenrunden überwiegend die indirekte Methode, ergänzend aber auch die direkte Methode des Interviews genutzt. Das Untersuchungsgebiet, das Bundesland Hessen, wurde mit einem neutralen Raster in Planquadrate eingeteilt und entsprechend an 130 Ortspunkten in Hessen sowie zusätzlich an 20 Vergleichsorten außerhalb Hessens (sog. ‚Hessischer Gürtel‘) Daten erhoben. Ausgewählt wurden Orte mit ca. 500 bis 1500 Einwohnern und dörflicher Struktur, zu denen möglichst als Vergleichsmaterial ein Wenkerbogen aus den Dialektbefragungen für den Deutschen Sprachatlas Ende des 19. Jahrhunderts (vgl. online unter www.diwa.info) sowie Sprachproben oder Tonbandaufnahmen existieren. Pro Ortspunkt wurden ca. fünf über 65 Jahre alte und ortsfeste, möglichst am Ort aufgewachsene Informanten befragt. Die Dialektdaten aus Hessen sind insofern besonders aussagekräftig, als in diesem Bundesland neben den überwiegenden mitteldeutschen Varietäten (Nord-, Zentral-, Osthessisch, Rheinfränkisch, Übergangsgebiete zum Thüringischen und Moselfränkischen) auch niederdeutsche (Westfälisch, Ostfälisch) und oberdeutsche Varietäten (Übergangsgebiet zum Ostfränkischen) gesprochen werden, so dass alle dialektalen Großräume des Deutschen – das Niederdeutsche, Mitteldeutsche und Oberdeutsche − vertreten sind. Im Rahmen des SyHD-Projekts wurde eine Reihe verschiedener syntaktischer Phänomene aus den Bereichen Verbalsyntax, Wortstellung, Nominal- und Pronominalsyntax, Verdopplungsphänomene und Satzverknüpfung untersucht. Für die Untersuchung der Vergleichskonstruktionen habe ich insgesamt zwölf Fragen formuliert, die in drei der Fragebogenerhebungsrunden sowie in der direkten Erhebung per Interview abgefragt wurden. In der indirekten Erhebung per Fragebogen wurde bei den Vergleichskonstruktionen zudem hinsichtlich des Aufgabentyps methodisch variiert, indem sowohl Bewertungs- als auch Lückentextaufgaben verwendet wurden. Alle Fragen wurden vorab mit einem kleineren Informantensample in Vorbefragungsrunden (sogenannten Pretests)

33 Ich danke den Projektleitern, Jürg Fleischer, Alexandra Lenz und Helmut Weiß, dass sie mir ermöglichten, alle Fragen zu den Vergleichskonstruktionen für die SyHD-Erhebungen zu formulieren, sowie dem gesamten SyHD-Projektteam für die Unterstützung bei der Auswertung der Daten und die Erstellung der Dialektkarten.

32

1 Einleitung

getestet, für die ich noch weitere Fragen zu Vergleichskonstruktionen konzipiert habe, deren Ergebnisse in der vorliegenden Untersuchung in Einzelfällen ebenfalls diskutiert werden. Im Unterschied zu den meisten bisherigen dialektologischen Arbeiten zu Vergleichen (Lipold 1983, AdA 2003 ff., Friedli 2005, 2012 etc.) wurden nicht nur Komparativvergleiche, sondern auch Äquativvergleiche in die Dialekterhebung mit einbezogen, um ein umfassenderes Bild der Vergleichskonstruktionen im Dialekt zu erzielen. Die in den Aufgaben erhobenen Vergleichskonstruktionen wurden zudem hinsichtlich des Vergleichsstandards systematisch variiert: Komparativvergleiche und Äquativvergleiche wurden jeweils sowohl als Phrasen- als auch als Satzvergleiche abgefragt, um eventuelle Unterschiede je nach Satzwertigkeit des Vergleichsstandards zu erfassen. Darüber hinaus wurde neben dem auch in Korpora frequentesten Typ des Phrasenvergleichs, dem NP-förmigen Phrasenvergleich, der seltene Typ des AP-förmigen Phrasenvergleichs (Subkomparativ, vgl. Fußn. 5) abgefragt, da aus der Literatur Unterschiede je nach Frequenz des entsprechenden Phrasentyps des Vergleichsstandards in anderen Dialekten bekannt sind, vgl. Friedli (2012). Weiterhin werden in der Literatur Unterschiede im Vergleichsanschluss in Dialekten je nach syntaktischer Funktion des Tertium Comparationis beschrieben, so von Lipold (1983). Daher wurde auch in dieser Hinsicht variiert und Vergleiche mit prädikativem, adverbialem und attributivem Adjektiv sowie mit negativem Indefinitum und anders als Tertium Comparationis einbezogen. In der direkten Erhebung wurde zudem auch die interrogativische Verwendung von wie in einer Gradfrage abgefragt, um eventuelle sprachliche Differenzierungen zwischen vergleichendem und interrogativischem wie zu erfassen, wie sie etwa in der Literatur zum Niederdeutschen beschrieben werden, vgl. u. a. Dückert (1961), Appel (2007). Ergänzend zu den im Rahmen des SyHD-Projekts neu erhobenen umfangreichen Dialektdaten wurden für die vorliegende Untersuchung Belege aus Dialektgrammatiken und –wörterbüchern weiterer Dialektregionen herangezogen. Um eine leichtere Vergleichbarkeit für den Leser zu ermöglichen, wird in diesem Buch in sämtlichen auf Grundlage der hier erhobenen diachronen und dialektalen Daten erstellten Karten (und ebenso in den Übersichtsdiagrammen in Kap. 7.1) ein einheitlicher Farbcode für die einzelnen VergleichspartikelLexeme verwendet: dann/denn wird jeweils in Hellblau wiedergegeben, so in Grün, als(o) in Rot, wie in Gelb, wan in Grau, als wie in Orange, das nur in einer Dialektkarte relevante bu in Dunkelblau und Sonstiges in Weiß. Insgesamt ist die vorliegende Untersuchung über weite Teile deskriptiv angelegt. Die syntaktischen Analysen in Kap. 8 stehen im generativen Rahmen. Sie beruhen auf grundsätzlichen Annahmen des Minimalismus (Chomsky 1995

1.4 Aufbau und Kernthesen

33

u. a.) und setzen damit Operationen wie syntaktische Verkettung (‚Merge‘), Bewegung (‚Move‘) und Merkmalsüberprüfung (‚Feature-Checking‘/‚Agree‘) als grundlegende syntaktische Mechanismen an. Die Analysen sind dabei strukturell und terminologisch möglichst einfach gehalten, um einen breiten Zugang zu ermöglichen. So wird auf detailliertere Theoriediskussionen im Rahmen des Minimalismus, etwa den kartographischen Ansatz (z. B. Split-CP nach Rizzi 1997 etc.) zwar am Rande Bezug genommen, sie stehen jedoch nicht im Zentrum der Darstellung. Typologische und sprachvergleichende Aspekte spielen in der Untersuchung eine wichtige Rolle. Die historische und dialektale Variation wird systematisch auf die typologische Variation bezogen, und auch sprachvergleichende diachrone Daten werden ausführlich diskutiert, insbesondere in Kap. 7.2. Hierzu wurde auf der Grundlage von einzelsprachlichen Grammatiken, Darstellungen in der Literatur und Informantenbefragung ein Sample von ca. 20 überwiegend indogermanischen, aber auch nicht-indogermanischen Sprachen diachron-typologisch ausgewertet. Hintergrund der sprachwandeltheoretischen Überlegungen in Kap. 7 ist die moderne formal-linguistische diachrone Theorie, insbesondere Forschungserkenntnisse über die Rolle von sprachlicher Ökonomie für den Sprachwandel und über zyklischen Sprachwandel (vgl. van Gelderen 2004, 2008, van Gelderen Hrsg. 2009, 2011, 2016). Für die Charakterisierung der Vergleichsarten und die Erklärung der Ursachen des Komparativzyklus werden zudem grundlegende Annahmen der Markiertheits- oder Natürlichkeitstheorie (vgl. u. a. Mayerthaler 1980, Wurzel 1984, 1994) herangezogen. Zudem wird auf formal-semantische Analysen Bezug genommen.

1.4 Aufbau und Kernthesen Das Buch enthält im Folgenden die vorwiegend der Darstellung der diachronen bzw. dialektalen Daten gewidmeten Kapitel 2 bis 6, die Analyse-Kapitel 7 und 8 sowie eine Zusammenfassung der Gesamtergebnisse in Kapitel 9. In den Kapiteln 2 bis 5 werden zunächst für jede historische Sprachstufe des Deutschen − das Althochdeutsche, Mittelhochdeutsche, Frühneuhochdeutsche und frühe Neuhochdeutsche − und anschließend in Kapitel 6 auch für heutige Dialekte die verschiedenen Vergleichsarten eingehend untersucht. Diese Kapitel sind jeweils identisch aufgebaut. Die Darstellung beginnt mit den Komparativvergleichen als der linguistisch (u. a. auch dialektologisch) am besten untersuchten Vergleichsart. Darauf folgt die Untersuchung der Äquativvergleiche, wobei diese jeweils zunächst gesamthaft und anschließend noch einmal nach Grad-

34

1 Einleitung

und Nicht-Grad-Äquativen differenziert betrachtet werden. Davon getrennt werden die Ergebnisse zu den hypothetischen Vergleichen dargestellt, die zwar ursprünglich formal den übrigen Äquativen entsprechen, im Lauf der Sprachgeschichte aber zunehmend von der Entwicklung der sonstigen Äquative losgelöst sind und eigene Sonderformen der Vergleichseinleitung bewahren bzw. entwickeln. Sie werden daher durchgängig separat behandelt, um die Ergebnisse zu den Äquativvergleichen nicht zu verzerren. Kapitel 7 ist der sprachwandeltheoretischen Analyse gewidmet. Hier wird die Gesamtentwicklung noch einmal in den Blick genommen, wobei sich deutlich der systematische, gestufte und wiederholte Ablauf des Sprachwandels im Bereich der Vergleichskonstruktionen, der Komparativzyklus, zeigt. Dieser wird zudem unter diachron-sprachvergleichender Perspektive in einer Reihe weiterer Sprachen nachgewiesen, sprachwandeltheoretisch eingeordnet und auf seine Ursachen hin untersucht. Kapitel 8 ist zentralen Fragestellungen zur internen und externen Syntax der Vergleichskonstruktionen und ihres Wandels vor dem Hintergrund der diachronen und dialektalen Daten gewidmet. Hier werden der syntaktische Status und die Position der Vergleichspartikeln, die Analyse von Phrasenvergleich und Satzvergleich sowie die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz betrachtet.34 Die zentrale Generalisierung der Studie, die das Ergebnis der systematischen und umfassenden Untersuchung der verschiedenen Vergleichsarten über die gesamte deutsche Sprachgeschichte hinweg bis zur heutigen dialektalen Variation darstellt, ist der bereits angesprochene Komparativzyklus – die syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln, die im Deutschen mehrfach abgelaufen und, wie die dialektalen Daten zeigen, weiterhin im Gange ist. Diese Entwicklung ist auch sprachübergreifend diachron nachweisbar, selbst in sehr entfernten Sprachen, was den übereinzelsprachlichen und systematischen Charakter des Komparativzyklus unterstreicht und wodurch die Untersuchung auch über das Deutsche hinaus von Relevanz ist. Der Komparativzyklus weist eine typische Gerichtetheit von Nicht-Grad-Äquativen über Grad-Äquative zu Komparativen auf. Um diese Entwicklungsstufen zu erfassen, ist es insbesondere wichtig, ungeachtet des im heutigen Deutschen übereinstimmenden Vergleichsanschlusses die beiden Äquativarten (Grad-/Nicht-Grad-Äquative) differenziert zu betrachten, deren Unterscheidung diachron und typologisch von Bedeutung ist.

34 Teile der Ergebnisse einzelner Kapitel wurden bereits in Aufsatzform publiziert: Teilergebnisse von Kap. 2.1. in Jäger (2016), von Kap. 2 bis 5 überblicksartig in Jäger (2017a), von Kap. 6 in Jäger (2013) und (2017b) sowie von Kap. 8.1 in Jäger (2010a).

1.4 Aufbau und Kernthesen

35

Eine weitere Kernthese der Arbeit ist, dass sich die typische Stufung und Gerichtetheit des Komparativzyklus auf Grundlage der Markiertheitshierarchie der drei Hauptvergleichsarten als schrittweise Ausweitung der jeweiligen Vergleichspartikel vom weniger markierten Kontext zum stärker markierten Kontext erklären lässt. Charakterisiert man die drei oben unterschiedenen Hauptarten von Vergleichen, d. h. Komparativvergleiche, Grad-Äquative und Nicht-Grad-Äquative, mithilfe der semantischen Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik], ergibt sich die Markiertheitshierarchie in (33), derzufolge die Nicht-Grad-Äquative die am wenigsten, die Komparativvergleiche dagegen die am stärksten markierte Vergleichsart darstellen, während die Grad-Äquative eine Mittelstellung zwischen beiden einnehmen.35 Dass Ungleichheit markiert ist gegenüber Gleichheit und somit gemäß markiertheitstheoretischer Grundannahmen den Plus-Wert tragen sollte, zeigt sich zum einen darin, dass Komparativvergleiche in Korpora weniger frequent sind als Äquativvergleiche, zum anderen, dass sie sprachübergreifend formal häufig von Äquativvergleichen sekundär abgeleitet sind.36 Es spricht außerdem einiges dafür, dass Gleichheit auch in kognitiver Hinsicht basaler und damit unmarkiert gegenüber Ungleichheit ist, die ihrerseits das Auffällige, Markierte darstellt (s. Kap. 7.3.5). Die sich aufgrund der Markiertheit ergebende Abstufung entspricht der empirisch beobachteten Abstufung und Gerichtetheit im Komparativzyklus. (33) Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten: Nicht-Grad-Äquative < Grad-Äquative < Komparative [− Ungleichheit, − Grad]

[− Ungleichheit, + Grad]

[+ Ungleichheit, + Grad]

35 Streng genommen lassen sich die Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] sogar kreuzklassifizieren, insofern die kleine Gruppe der Komparativvergleiche mit andere/anders als komparativisches Gegenstück zu Nicht-Grad-Äquativen aufgefasst (Er macht es so wie sie – Er macht es anders als sie, so ein Hund wie Lassie – ein anderer Hund als Lassie etc.) und mit den Merkmalen [+ Ungleichheit, − Gradsemantik] charakterisiert werden kann. In der Forschung wird diese Vergleichsart üblicherweise nicht von den sonstigen Komparativvergleichen unterschieden, vgl. Thurmair (2001), Hahnemann (1999), Kennedy (1999), Zeilfelder (2001), Hohaus (2015) etc. Auch in der vorliegenden Untersuchung werden sie mit unter die Komparativvergleiche subsumiert. Für die zukünftige Forschung wäre es jedoch interessant, zu klären, inwiefern sich dieser semantische Unterschied innerhalb der Komparativvergleiche auch historisch und systematisch auswirkt. 36 Dazu u. a. Zeilfelder (2001: 479). Wurzel (1987) argumentiert für die Markiertheit der morphologischen Kategorie Komparativ gegenüber Positiv beim Adjektiv, diskutiert jedoch nicht die relativen Markiertheitsverhältnisse des gesamten Komparativ- und Äquativvergleichs.

36

1 Einleitung

Von den beiden Merkmalen [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] werden auf verschiedenen Stufen der Entwicklung beide, nur das eine oder nur das andere oder sogar keines durch unterschiedliche Vergleichspartikelwahl versprachlicht. Die daraus ableitbare merkmalsbasierte Typologie der Vergleichspartikelsysteme, die sich auch sprachvergleichend nachweisen lässt, ist als ein Beitrag dieser Studie zur allgemein-linguistischen und typologischen Forschung anzusehen. Für die syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln bilden Vergleiche mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen wichtige Brückenkontexte, insofern beispielsweise negierte Gleichheit oder Gleichheit mit einem Vielfachen insgesamt einer Ungleichheit entspricht. Für die Gerichtetheit der Entwicklung spielt neben der erwähnten Markiertheitshierarchie zudem sprachliche Ökonomie auf der Ebene des Lexikons, der Syntax und Semantik/Pragmatik eine Rolle. So sorgen neben der semantischen Unmarkiertheit syntaktisch-strukturelle Eigenschaften der Nicht-Grad-Äquative wie die Nähe zu freien Relativsätzen bzw. Korrelativen oder das typische Fehlen des Tertium Comparationis und die dadurch bedingte häufige Adjazenz gleichartiger Elemente, etwa des matrixfinalen Korrelats oder eines Elements mit Identitätssemantik und der Äquativpartikel, dafür, dass aufgrund des Wirkens sprachlicher Ökonomie in diesen Kontexten entlang sprachübergreifend nachweisbarer Grammatikalisierungspfade vermehrt neue Vergleichspartikeln entstehen und die Nicht-Grad-Äquative zum Einfallstor für Neuerungen werden. In diesem Zusammenhang wird in der vorliegenden Untersuchung auch eine neue Entstehungsthese für die Vergleichspartikel als wie vertreten: Sie ist nicht als diachrone oder dialektale Mischform, also als Kombination der Vergleichspartikeln als und wie anzusehen, sondern vielmehr eben durch Reanalyse des im historischen Deutschen lange Zeit überwiegenden Korrelats als und der Äquativpartikel wie zu einer neuen Vergleichspartikel entstanden. Die Untersuchung der diachronen Entwicklung und synchronen Variation der Vergleiche und des mit dem Komparativzyklus verbundenen syntaktischen Wandels erbringt zudem wichtige Ergebnisse im Hinblick auf die Syntax dieser Konstruktionen: Die diachronen und dialektalen Daten sprechen gegen eine Analyse der heutigen deutschen Vergleichspartikeln als subordinierende Konjunktionen (Komplementierer) und für eine syntaktische Position oberhalb des eigentlichen Vergleichsstandard-Satzes (oberhalb CP), unterstützen die ‚direkte Analyse‘ der Phrasenvergleiche und unterstreichen den janusköpfigen Charakter der Vergleichskonstruktionen als subordinations-, insbesondere relativsatzartig einerseits und koordinationsartig andererseits, wodurch sie im Zusammenhang zu sehen sind mit anderen in der jüngeren syntaxtheoretischen Forschung in den Fokus gerückten Konstruktionen im Überschneidungsbereich von Subordi-

1.4 Aufbau und Kernthesen

37

nation und Koordination. Insofern kann die diachrone und dialektale Forschung auch einen wichtigen Beitrag für die Syntaxtheorie leisten. Durch die Diskussion des Verlaufs und der Ursachen des Komparativzyklus und der ihn begleitenden Wandelprozesse trägt die Studie zur weiteren Klärung zentraler Fragen der Sprachwandeltheorie bei, also von Fragen wie: Wo setzt Sprachwandel und insbesondere Grammatikalisierung an? Wie verläuft Sprachwandel? So werden etwa das Wirken von Markiertheit und Ökonomie, die Zyklizität von Sprachwandel sowie typische Regularitäten des syntaktischen Wandels wie diachrone Aufwärtsbewegung oder Wandel eines Spezifizierers zum syntaktischen Kopf in einem weiteren Bereich nachgewiesen und in ihren grundlegenden Eigenschaften beleuchtet und ergänzen damit unsere Kenntnis dieser Prozesse und Faktoren. Methodisch basiert die Untersuchung auf der Annahme, dass die diachrone Entwicklung zusammen mit der dialektalen Variation betrachtet und auf den typologischen und linguistisch-theoretischen Hintergrund bezogen werden sollte. Dabei wird auch die areale Dimension konsequent mit berücksichtigt. So werden nicht nur die dialektalen, sondern auch die diachronen Ergebnisse kartiert. Hinzu kommt eine Betrachtung unter sprachvergleichend-diachroner Perspektive, die den Blick über das Deutsche hinaus weitet.

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen 2.1 Komparative im Althochdeutschen In der frühesten schriftlich überlieferten Sprachstufe des Deutschen, dem Althochdeutschen (ca. 750–1050), wurde der Vergleichsstandard in Komparativvergleichen (‚Vergleichen der Ungleichheit‘) in der Regel wie in Bsp. (34) durch die Partikel thanne, danne bzw. denne gekennzeichnet, vgl. auch Behaghel (1923–32, III: 626 f./632), Schrodt (2004: 155).37 Die Komparativpartikel (bzw., wenn diese fehlt, der Vergleichskasus) ist in diesem und den folgenden Korpusbelegen jeweils unterstrichen. Das komparierte Adjektiv, das das Tertium Comparationis darstellt, ist fett markiert. Soweit es sich um einen Übersetzungstext handelt, ist die lateinische Vorlage in Klammern mit angegeben. (34) Komparativ mit thanne: (Nonne vos magis plures estis illis?) Eno ni birut ir furirun thanne sie sín? ‚Seid ihr nicht mehr wert als sie sind?‘ (T 70, 17) Die althochdeutsche Komparativpartikel thanne/danne ist aus dem Gemeingermanischen ererbt. Sie findet sich im Altenglischen als thanne/thon(ne)/thænne und im Altsächsischen als than, im Gotischen entspricht ihr than(a)38 (vgl. Behaghel 1923–32, III: 118, 625; DWB 2: 740; Grimm 1884: 295; Stuckrad 1957: 490 f.). Etymologisch ist diese Partikel nach Behaghel (1923–32, I: 241; III: 119) auf den Ablativ des Demonstrativstamms *tha-, einen alten Vergleichskasus mit ursprünglich räumlicher Bedeutung zurückzuführen und bedeutet etwa ‚von da aus‘ (vgl. Got. thanamais, thanaseiths ‚von da aus groß‘), vgl. auch Jensen (1934: 124).39 Schmidt (1962: 95 f.) führt thanne auf urgermanisch *than-nai, 37 Dieser Gebrauch wird bei Schrodt (2004: 155) allerdings unter „Temporalbeziehungen“, wo in erster Linie temporales und kausales thanne besprochen wird, erwähnt, jedoch nicht im Abschnitt „Komparativbeziehungen“ (Vergleichssätze) (ibd. 167–172). 38 Als Komparativpartikel wird im Gotischen aber laut Behaghel (1923–32, III: 119/625) i. d. R. thau verwendet. 39 Thanne/danne/denne (neuhochdeutsch dann/denn) ist neben seiner Verwendung als Komparativpartikel auch als Temporal-, Kausal-, und z. T. Konditional- und Konzessivadverb bzw. -konjunktion und als Modalpartikel belegt (vgl. DWB 2: 740; AWB 2: 90–162; Stuckradt 1957; Schützeichel 2012: 70), vgl. auch Kap. 7.3.3. Dieses thanne/danne/denne ist etymologisch mit der Komparativpartikel identisch und damit ebenfalls auf die räumliche Bedeutung ‚von da aus‘ zurückzuführen (vgl. DWB 2: 740; Wunder 1965: 193). Über Jahrhunderte bestand das https://doi.org/10.1515/9783110561234-002

2.1 Komparative im Althochdeutschen

39

den Demonstrativstamm mit lokativischer Partikel, zurück, vgl. auch EWA (2: 530). Interessant ist diese Etymologie mit der Ursprungsbedeutung ‚von da aus‘ vor dem Hintergrund der Sprachtypologie (s. o. Kap. 1.2). Viele Sprachen kennzeichnen den Vergleichsstandard nicht mit einer Vergleichspartikel (Partikelvergleichssprachen), sondern stattdessen mit einem bestimmten Kasus oder einer festen Präposition (Vergleichskasussprachen). Ein Kasus bzw. eine Präposition mit lokaler oder direktionaler Semantik ist dabei ein prominenter Untertyp. Die Vergleichspartikel thanne selbst würde damit auf den anderen Sprachtyp mit Vergleichskasus zurückgehen, gemäß dem ‚A ist größer als B‘ ausgedrückt wird durch ‚A ist von B aus groß‘ (vgl. Behaghel 1923–32, I: 241; III: 119; Lerch 1942: 325; Wunder 1965: 193). Lühr (1982: 563) zufolge liegt dagegen bei der vergleichenden Verwendung ursprünglich ein Instrumental des Maßes (‚um dieses‘) vor. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen typischen Vergleichskasus, vgl. beispielsweise die russische Komparativpartikel čem, die eine Instrumentalform des Interrogativums ‚was‘ darstellt. Diachron sind in jedem Fall beide typologischen Muster – Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Vergleichskasus einerseits und Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Vergleichspartikel andererseits – aufeinander bezogen: Aus einem mit Vergleichskasus gekennzeichneten demonstrativen Element ist eine Vergleichspartikel entstanden (zur Grammatikalisierung von Elementen im Ablativ, Dativ oder Lokativ bzw. entsprechenden funktionalen Präpositionen zur Markierung des Vergleichsstandards in Komparativvergleichen in den Sprachen der Welt vgl. auch Heine/Kuteva 2002: 30 f., 103, 201).40

Nebeneinander der beiden Formen dann und denn in allen genannten Funktionen, das sich dialektal z. T. bis heute erhalten hat (vgl. temporales denn in niederdeutschen Dialekten). Erst Mitte des 18. Jahrhunderts bildete sich die historisch unbegründete lautliche Differenzierung von temporalem dann auf der einen Seite und Modalpartikel, Komparativpartikel und kausalem denn auf der anderen Seite heraus (vgl. DWB 2: 740; Stuckradt 1957). 40 Small (1924: 96) argumentiert dagegen in Abgrenzung von Johnsen (1914), der für die altenglische Komparativpartikel thon(ne) ebenfalls eine Herleitung aus der lokalen Verwendung ‚von dort‘ annimmt, für eine Ableitung des komparativischen thon(ne) aus dem temporalen, vgl. auch CHEL (I: 264), wohingegen sonst eher angenommen wird, dass sich die temporale (wie später auch die kausale) aus der äquativischen Verwendung entwickelt (vgl. CHEL II: 359 für as). Weniger überzeugend ist auch die bei Postma (2006) für die etymologisch identische mittelniederlädische Komparativpartikel dan vorgeschlagene Etymologie: Konjunktion dat + Negationspartikel (bzw. Negativpolaritätspartikel) en. Das Althochdeutsche zeigt klar, dass keine Kombination mit der Negationspartikel vorliegt, denn diese lautet im klassischen Althochdeutschen durchgängig ni, vgl. Jäger (2008). Es ist zwar im Mittelniederländischen tatsächlich auf dat+en zurückzuführendes dan belegt (Postma 2006: 8, Bsp. 13 e/f), jedoch handelt es sich in diesen Fällen um negierte dat ‚dass‘-Sätze und nicht um Vergleichskonstruktionen.

40

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Auch im hier untersuchten althochdeutschen Korpus, dem althochdeutschen Isidor (um 800) und Tatian (um 830), stellt der Vergleichsanschluss mit thanne/danne/denne das Hauptmuster neben insgesamt etwas seltenerer Vergleichskonstruktion mit Komparativkasus (dazu s. u.) dar, vgl. Tabelle (35). Beide Texte wurden im Hinblick auf die Komparativvergleiche vollständig ausgewertet. Ergänzend wurden Daten zu Otfrids von Weißenburg Evangelienbuch (863–871) auf der Grundlage der Angaben von Erdmann (1874–1876, I) und elektronischer Korpusrecherche mit dem Referenzkorpus Altdeutsch einbezogen (zum untersuchten Korpus ausführlich s. o. Kap. 1.3). (35) Komparativvergleiche im Althochdeutschen (Angaben in eckigen Klammern incl. êr danne / êr + Dativ) thanne/danne/denne

Vergleichskasus (Dativ)

I (um 800, Südrhfränk.)

3 (50 %) [7 (50 %)]

3 (50 %) [7 (50 %)]

T (um 830, OFränk.)

29 (59 %) [49 (64 %)]

20 (41 %) [28 (36 %)]

O (863–871, Südrhfränk.)

10 (71 %)

4 (29 %)

Durchschnitt (%)

60 % [62 %]

40 % [38 %]

Summe (69 [105])

42 (61 %) [66 (63 %)]

27 (39 %) [39 (37 %)]

Die Vergleichspartikel thanne ist jeweils die einzige belegte Komparativpartikel. Sie tritt als thanne, thanna, dhanne, danne oder denne auf. Diese Komparativpartikel markiert den Vergleichsstandard in etwa 60 Prozent aller Komparativvergleiche und ist nicht auf besondere syntaktische Typen von Komparativkonstruktionen beschränkt. Wie die Korpusbelege in (36) und (37) illustrieren, leitet sie Satzvergleiche, also vollständige Vergleichssätze, ebenso ein wie Phrasenvergleiche, also Konstruktionen mit aus einer bloßen Nominalphrase, Präpositionalphrase etc. bestehendem Vergleichsstandard wie in (37) und (38).41 In Satzvergleichen steht das finite Verb – in (36) si – in seiner Basisposition, der rechten Satzklammer, hier besonders eindeutig zu erkennen, da das finite Verb am Satzende auf das infinite Verb, das Partizip II, folgt, was im Althochdeutschen nur vorkommt, wenn das finite Verb nicht in der linken,

41 S. auch die Belege (41)−(43).

2.1 Komparative im Althochdeutschen

41

sondern in der rechten Satzklammer steht, vgl. Axel (2007). (36) illustriert zugleich, dass danne auch nach einem negierten Matrixsatz stehen kann. Eine besondere, markierte Wortstellung in der Art der englischen ‚Comparative Inversion‘ mit markierter Verb-Subjekt-Abfolge (dazu Gergel 2008) ist im Althochdeutschen in der Regel nicht zu beobachten. Verb-Subjekt-Abfolgen sind überdies durch die schon fast vollständig ausgeprägte Verbzweit-Eigenschaft der Sprache (vgl. Axel 2007) ohnehin nicht ungewöhnlich. Ein Beleg, der in seiner Wortstellung an die englische ‚Comparative inversion‘ erinnert, ist T 78, 18: (donec veniat filius hominis) − ér thanne quimit thie mannes sún ‚ehe/eher als der Menschensohn kommt‘. Das Subjekt folgt auf das Verb. Hier ist jedoch auch eine Analyse als Verbend-Satz mit Extraposition des Subjekts möglich. (36) Komparativ mit thanne, Satzvergleich: (nihil amplius quam constitutum est uobis faciatis.) her thô quad zi In, niouuiht mer thanne íu gisezzit sí tuot Ir. ‚Da sprach er zu ihnen: „Tut nicht mehr, als euch verordnet ist.“‘ (T 46, 27 f.) (37) Komparativ mit thanne, Phrasenvergleich (NP): (Minuisti eum paulo minus a deo) Dhu chiminnerodes inan liuzelu minnerun dhanne [got] ‚Du liebtest ihn mit einer geringeren Liebe als Gott‘ (I 5, 3) (38) Komparativ mit thanne, Phrasenvergleich (PP): (Amen dico uobis. quia gaudebit // super eam magis quam super // nonaginta nouem // quae non errauerunt // & non indigent penitentia) Uuar quidu ih íu. uuanta her giuihit // ubar thaz mer. thanna ubar // niun inti niunzog. // thiu dar ni giirrotun // inti nibithurfun riuua. ‚Wahrlich, ich sage euch, er freut sich mehr über dieses [= das verirrte, wieder gefundene Schaf] als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrten und keiner Reue bedürfen.‘ (T 153, 25–29) (39) Komparativ mit thanne, komplexer Vergleichssatz mit Subjektsatz: (expedit enim tibi ut pereat // unum membrorum tuorum, // quam totum corpus tuum // mittatur in gehennam.) bitherbi ist thir [thaz fúruuerde // ein thinero lido // halt], thanne [ál thin lihhamo // si gisentit in hellafuir]. ‚Es nützt dir (mehr), dass eins deiner Körperteile verlorengeht, als dass dein ganzer Körper ins Höllenfeuer gesendet wird.‘ (T 63, 27–30)

42

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Auch in komplexen Satzvergleichen mit (ggf. elliptischer) CP-Verschachtelung kommt thanne vor, wie der Korpusbeleg in (39) illustriert. In diesem Fall werden zwei Subjektsätze im Vergleich verbunden. Im heutigen Deutschen stehen dafür, wie die Übersetzung zeigt, dass-Sätze, so dass sich durch die Verschachtelung von Vergleich und Subjektsatz die Kombination als dass ergibt. Im Althochdeutschen wird ein daz-Satz einem mit thanne angeschlossenen Nebensatz gegenübergestellt, der als V2-Satz (Verb-Zweit-Satz) oder Ve-Satz (Verbendsatz) mit Extraposition des Direktionaladverbials aufgefasst werden kann. Die letztere Analyse wird gestützt durch parallele Belege mit eindeutiger Verbendstellung aus dem altsächsischen Heliand (Heliand 4153), aus den spätalthochdeutschen Werken Notkers (N Ps. 34, 16) und aus dem Mittelhochdeutschen,42 die sich bei Behaghel (1923–32, III: 632 f.) finden. Die ältesten Belege der Kombination denn daz, die Behaghel bringt, stammen aus dem Mittelhochdeutschen (Parzival, Meister Eckhart). Auch im hier untersuchten Korpus taucht danne/denn daz zuerst in mittelhochdeutschen Texten auf (vgl. Kap. 3.1). Dialektal sind (39) ähnliche dass-lose komplexe Vergleichssätze bis heute belegt, beispielsweise im Schweizerdeutschen mit V2-Stellung des mit als angeschlossenen Satzes, vgl. (40). (40) Komparativ, komplexer Vergleichssatz mit Subjektsatz: Es isch besser [er hän fride mit enander] als [er händle die ganzi Zit]. ‚Es ist besser, dass ihr Frieden miteinander habt, als dass ihr die ganze Zeit streitet‘ (Schweizerdeutsch, nach Friedli 2005: 82) Die Verwendung der althochdeutschen Komparativpartikel thanne ist auch nicht beschränkt auf Fälle mit bestimmten syntaktischen Funktionen des Tertium Comparationis, sondern kommt gleichermaßen in Vergleichskonstruktionen vor, in denen das Tertium Comparationis als Prädikativ, Attribut oder Adverbial auftritt, wie die Korpusbelege in (41) bis (43) illustrieren. (41) Komparativ mit thanne (Tertium Comparationis: Prädikativ): (Nonne anima plus est quam esca, // et corpus plus quam vestimentum?) Ia ist thaz ferah furira thanne tház muos // inti furira thie lihhamo thanne thaz giuvati.

42 daz ist vil bezzer, [den vinger verliesen aleine und den menschen behalten], dan [beidiu vinger und mensche verderbe] ‚Es ist viel besser, den Finger allein zu verlieren und den Menschen zu behalten, als dass sowohl der Finger als auch der Mensch stirbt.‘ (Meister Eckhart, ed. Largier, 290, 3–5).

2.1 Komparative im Althochdeutschen

43

‚Ist nicht die Seele mehr wert als das Essen und der Körper mehr als die Kleidung?‘ (T 70, 9–10) (42) Komparativ mit thanne (Tertium Comparationis: Attribut): (quia Ihesus plures discipulos // facit et baptizat quam Iohannes) thaz ther heilant manageron iungiron // tati inti toufti thanne Iohannes ‚dass der Heiland mehr Jünger hatte und taufte als Johannes‘ (T 58, 3–4) (43) Komparativ mit thanne (Tertium Comparationis: Adverbial): (Qui amat // patrem et matrem // plus quam me, non est me dignus) Thie thar minnot // sinan fater inti muoter // mér thanne mih, nist hér mín uuirdig ‚Wer seinen Vater und seine Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.‘ (T 80, 10–12) Sonderfälle, die je nach Analyse ebenfalls zu den Komparativvergleichen mit thanne/danne zu rechnen sind, stellen die Belege mit êr danne wie in (44) und (45) dar, die im Althochdeutschen im Vergleich zur generellen Zahl der Komparativvergleiche sehr häufig vorkommen. Die Belegzahlen einschließlich dieser Fälle mit êr im Isidor und Tatian sind in Tabelle (35) separat aufgeführt. Êr ist ursprünglich eine Komparativform, vgl. Lühr (2011: 13). Es ist im Althochdeutschen auch als Adverb mit der Bedeutung ‚eher/früher‘ belegt. Auf der Basis von Komparativkonstruktionen mit êr danne wurde später die bis heute erhaltene temporale Konjunktion ehe grammatikalisiert. Frühe Belege für eine Verwendung von bloßem êr als Konjunktion sind bereits im Althochdeutschen zu finden. Synchron war die Konstruktion im Althochdeutschen jedoch, wie Lühr (2011: 14 f.) argumentiert, noch weitgehend als Komparativvergleich transparent – daher auch die regelmäßige Verwendung der Komparativpartikel danne.43 (44) Komparativ mit êr danne: (Antequam christum uirgo parturiret in carne, genuit filium in diuinitate pater, et antequam tempus uirginis parturiendi ueniret, genuit eum sine tempore pater.) 43 Im Referenzkorpus Altdeutsch ist die Bedeutung von êr danne dagegen nicht kompositionell wiedergegeben, sondern êr danne zumeist als Komplex mit ‚ehe‘ übersetzt und als unterordnende, satzeinleitende Konjunktion (KOUS) klassifiziert (danne hier also nicht als Vergleichspartikel/KOKOM wie sonst).

44

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Aer danne diu magad christan gabar in fleische, gabar sunu in sineru gotnissu fater, enti aer danne dera magadi ziit biquami za gaberanne, gabar inan fater ano einigero ziteo bigin. ‚Ehe die Jungfrau Christus im Fleisch gebar, gebar der Vater den Sohn in seiner Gottheit, und ehe die Zeit der Jungfrau kam, zu gebären, gebar ihn der Vater jenseits aller Zeit.‘ (I 1, 8) (45) Komparativ mit êr danne: (Et postquam consummati sunt// dies octo, ut circumcideretur puer, // vocatum est nomen eius Ihesus; // quod vocatum est ab angelo, // priusquam in utero conciperetur.) After thiu thô argangana uuarun // ahtu taga, thaz thaz kind bisnitan vvurdi, // uuard imo ginemnit namo Heilant: // thie namo uuard ginemnit fon engile, // êr thanne her in reue inphangan vvurdi. ‚Nachdem acht Tage vergangen waren und das Kind beschnitten werden sollte, wurde ihm der Name Heiland gegeben. Dieser Name war von dem Engel genannt worden, ehe er im Mutterleib empfangen wurde.‘ (T 37, 6–10) Unter Wegfall der ursprünglich nebensatzeinleitenden Komparativpartikel thanne/denn im Komparativvergleich êr thanne ‚eher/früher als‘ wurde das ursprüngliche Tertium Comparationis zur Temporalkonjunktion ahd. êr, Mhd. ê, Nhd. ehe reanalysiert, wie es schon im althochdeutschen Korpusbeleg in (46) der Fall ist. (46) êr als Temporalkonjunktion: (Nam a principio in abscondito locutus sum, ex tempore antequam fieret, ibi eram)44 ioh fona eristin uuas ih chiholono sprehhendi fona ziidi, endi aer huuil uurdi, ih uuas dhar ‚Und vom Beginn an sprach ich verborgen von der Zeit, und ehe die Zeit entstand, war ich da.‘ (I 4, 7)

44 Hier handelt es sich offensichtlich um eine falsche Abschrift des lateinischen Originals durch die althochdeutschen Schreiber. Vulgata: non a principio in abscondito locutus sum ex tempore antequam fieret ibi eram ‚Ich habe von Anfang an nicht im Verborgenen geredet; von der Zeit an, da es geschah, war ich da.‘ (Jesaja 48,16), vgl. auch Eggers (1960: 75).

2.1 Komparative im Althochdeutschen

45

Bereits Behaghel (1923–32, III: 628) argumentiert dafür, dass êr ursprünglich Teil des übergeordneten Satzes war, bevor es zur temporalen Nebensatzeinleitung reanalysiert wurde, vgl. auch Wunder (1965: 70 f.). Durch das (bei Otfrid schon erfolgte) Schwinden des ursprünglich vergleichssatzeinleitenden thanne nach êr kommt es laut Behaghel zur „Abstreifung des komparativischen Charakters“. Problematisch ist dagegen Behaghels These von einer ursprünglichen Parataxe mit thanne als Temporaladverb: A êr (thanne) B < ‚A war eher/zuerst. Dann war B.‘ Aufgrund der Komparativform êr in Kombination mit der auch als Komparativpartikel üblichen Partikel thanne liegt stattdessen meines Erachtens hypotaktisches ‚A war eher als B‘ mit Komparativvergleich als Ursprung näher. Die zugrundeliegende syntaktische Reanalyse wäre dann wie in (47) zu rekonstruieren, wobei die Satzgrenzen durch Klammern angegeben sind.45 (47) [… er [thanne …]] > [… [er thanne …]] > [… [er …]] Bei dieser Reanalyse von Matrix-Bezugsement und Vergleichspartikel zur neuen Nebensatzeinleitung handelt es sich um einen im Deutschen und vielen anderen Sprachen häufig genutzten Grammatikalisierungspfad (s. Kap. 7.2 und 8.3).46 Seit dem klassischen Mittelhochdeutschen ist auch ê daz als Temporalsatzeinleitung belegt. Die Kombination ehe denn als komplexe Einleitung eines Temporalnebensatzes ist neben bloßem ehe aber noch im Frühneuhochdeutschen belegt (u. a. bei Luther, beispielsweise in der Übersetzung des in Bsp. (45) angeführten Bibelverses Lukas 2, 21 ehe denn), vermutlich, da die Konstruktion bis zu dieser Zeit auf damals noch als Komparativpartikel belegtes denn bezogen werden konnte und damit noch weitgehend transparent war. Nachdem sich als im 17. Jahrhundert weitgehend gegenüber denn als Komparativpartikel durchgesetzt hatte (s. u. Kap. 5.1), wurde auch ehe denn zunehmend opak und nur bloßes ehe blieb bis heute erhalten. Im 17. Jahrhundert

45 Alternativ könnte die Fügung êr thanne aber auch durch das lateinische Vorbild antequam/ priusquam motiviert sein und eine Lehnübersetzung darstellen. Für antequam/priusquam wäre dann aber seinerseits der gleiche Grammatikalisierungspfad von matrixinternem Bezugselement und mit Vergleichspartikel quam eingeleitetem, darauf bezogenem Komparativsatz hin zur (univerbierten) Nebensatzeinleitung anzusetzen. 46 Laut Behaghel (1923–32, III: 166 f.) kommen schon früh êr thanne und bloßes êr (Altenglisch aer, s. Behaghel 1923–32, III: 627) nebeneinander vor: im Heliand 21 mal er than, zehn mal er, im Isidor einmal aer (die vier Belege für aer danne im Isidor erwähnt er nicht), in den Monseer Fragmenten fünf er danne, im Tatian nur er thanne außer T 5, 7, in Otfrid nur er außer O III, 18, 72 (vs. laut Wunder 1965: 70 f. in Otfrid generell nur êr ohne thanne); in Notkers Boethius zwei er.

46

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

findet sich im Zuge der Ersetzung von denn durch als erwartungsgemäß auch eh als als Temporalsatzeinleitung (z. B. laut Behaghel 1923–32, III: 277, bei Gryphius), so dass auch zu dieser Zeit teilweise noch eine transparente Verbindung zu den Komparativvergleichen besteht. Die weitere sprachliche Entwicklung stützt somit die These der Entstehung dieser Konjunktion auf der Grundlage eines Komparativvergleichs und die Klassifikation von êr danne als Komparativvergleich. Eine ganz zentrale Frage bei der Untersuchung des Althochdeutschen, die auch im Hinblick auf die Vergleiche grundsätzlich zu stellen ist, ist die nach dem Verhältnis zum Lateinischen. Den Großteil der althochdeutschen Textüberlieferung machen Übersetzungen lateinischer Texte aus. Auch im Fall der hier untersuchten Korpustexte des althochdeutschen Isidors und Tatians handelt es sich um direkte Übersetzungen lateinischer Vorlagen (Otfrids Evangeliendichtung geht dagegen größtenteils freier mit der lateinischen biblischen Vorlage um). Wie die oben angeführten Belege zeigen, steht die Vergleichspartikel thanne im Komparativvergleich gleichermaßen als Übersetzung für die lateinische Vergleichspartikel quam, vgl. (39), (41) bis (43), für die Präposition a/ab, vgl. (37), oder für einen Ablativus Comparationis, vgl. (34). (Dem althochdeutschen êr danne entspricht in der lateinischen Vorlage antequam, priusquam oder donec, was ggf. als Argument für eine Analyse von êr danne als komplexer Temporalkonjunktion und nicht als normalem Komparativvergleich gewertet werden könnte.) Die Vorlagensprache Latein verwendet zur Kennzeichnung des Vergleichsstandards also neben dem Konstruktionstyp mit Partikel häufig auch den Typus mit Vergleichskasus Ablativ oder vergleichskasus-äquivalenter fester Präposition mit lokaler/direktionaler Semantik (a/ab). Die Tatsache, dass die althochdeutschen Übersetzer, die in der Regel eine große Nähe zum lateinischen Original anstrebten – zumal im Fall des heiligen Bibeltextes wie im Tatian, etwa in Bsp. (34) und (37) dennoch von der lateinischen Vorlage abwichen und statt des Vergleichskasus oder der vergleichskasus-äquivalenten Präposition den Konstruktionstyp mit Vergleichspartikel wählten, belegt nachdrücklich, dass das Deutsche von Beginn seiner Überlieferung an im Wesentlichen typologisch als Partikelvergleichssprache zu charakterisieren ist. In den älteren Sprachstufen des Deutschen gibt es jedoch, wie oben angesprochen, durchaus auch Evidenz für den anderen Sprachtyp der Vergleichskonstruktion mit Vergleichskasus, vgl. auch Grimm (1897: 909 f.), DWB (1: 248– 259), Behaghel (1923–32, III: 651 f.), Schrodt (2004: 38).47 Der Vergleichsstan47 Bei Schrodt (2004) wird der Vergleichskasus allerdings nur im Kapitel „Adjektivgruppe“ (Schrodt 2004: 38) und nicht im Abschnitt „Komparativbeziehungen“ (Schrodt 2004: 167–172) erwähnt.

2.1 Komparative im Althochdeutschen

47

dard ist in diesen Fällen also nicht mit einer Partikel angeschlossen, sondern mit einem semantischen Kasus gekennzeichnet, im Althochdeutschen mit dem Dativ. Dieser entspricht funktional dem Ablativ des Indogermanischen, vgl. Behaghel (1923–32, III: 651) und Lühr (2011: 14). Wie die Daten oben in Tabelle (35) zeigen, stellt der Vergleichskasus in den althochdeutschen Komparativvergleichen durchaus kein marginales Muster dar, sondern tritt je nach Text in knapp einem Drittel bis der Hälfte der Fälle auf. Im althochdeutschen Isidor finden sich die drei Vergleichskasusbelege, die in (48) bis (50) angegeben sind. Zudem sind vier Belege enthalten, in denen das komparativische êr ‚früher/eher‘ statt mit der Komparativpartikel danne mit einer Nominalphrase im Dativ verbunden ist wie in (51). Hier handelt es sich zumindest ursprünglich ebenfalls um Fälle von Vergleichsdativ, wie auch Lühr (2011: 14) argumentiert. Fürs Althochdeutsche wäre alternativ auch eine Analyse von êr als Dativ regierender Präposition möglich (vgl. auch die Annotation der entsprechenden Belege im Referenzkorpus Altdeutsch https:// korpling.german.hu-berlin.de/annis3/ddd sowie die Angaben bei Schützeichel 2012: 90). Wahrscheinlich war die Konstruktion jedoch im Althochdeutschen noch weitgehend als Komparativvergleich transparent, da statt des Dativs nach êr, wie oben dargestellt, durchaus regelmäßig auch die Komparativpartikel danne folgte. Vergleichsdativ ist im Isidor genauso häufig wie Komparativanschluss mit danne. Dies gilt sowohl, wenn man die Fälle mit êr danne und êr + Dativ mit einbezieht, als auch, wenn man diese nicht als Komparativvergleiche berücksichtigt. (48) Komparativ mit Vergleichsdativ: (Quo testimonio et deitas et distinctio personarum patris filiique luce clarius demonstratur.) Mit dheseru urchundin dhiu eina gotnissa endi undarscheit dhero mit diesem Zeugnis die eine Gottheit und Unterscheidung der zuueiio heido fater endi sunes hluttror leohte ist araugit. zwei Wesen Vater und Sohnes klarer Licht-Dat ist gezeigt ‚Mit diesem Zeugnis ist die eine Gottheit und die Unterscheidung der zwei Wesen des Vaters und des Sohnes klarer als das Licht gezeigt.‘ (I 3, 6) (49) Komparativ mit Vergleichsdativ: (ut esset deo subiectus, ceteris creaturis praelatus) dhazs ir chihoric uuari gote endi furiro uuari andrem gotes chiscaftim ‚dass er Gott gehorsam wäre und über den anderen Geschöpfen Gottes wäre‘ (I 5, 9)

48

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

(50) Komparativ mit Vergleichsdativ: (ad terram repromissionis melle et lacte edentem, id est uitę aeterne * possessionem, qua nihil dulcius. ) in dhea chiheizssenun lantscaf, dhar honec endi miluh springant, dhazs ist in dheo uualaæhti dhes euuighin libes, huuanda dhemu neouuihd nist suuozssera. ‚in dem verheißenen Land, wo Honig und Milch fließen, das heißt im Besitz des ewigen Lebens, denn nichts ist süßer als das.‘ (I 6, 1) (51) êr/aer und Dativ: (Ex utero ante luciferum genui te) Fona hreue aer lucifere ih dhih chibar ‚Aus der Gebärmutter gebar ich dich vor (eher als) Luzifer‘ (I 5, 3) Im althochdeutschen Tatian sind 20 Belege für Vergleichsdativ enthalten, vgl. (52), (53) und unten (56), (59) und (60), sowie acht je nach Analyse ggf. ebenfalls zu den Vergleichskasusbelegen zu rechnende Fälle mit êr und Dativ wie in (54). (52) Komparativ mit Vergleichsdativ: (qui autem post me venturus est, // fortior me est, // cuius non sum dignus calciamenta // portare) thie after mir zuouuart ist, // ther ist mir strengiro, // thes ni bim uuirdig giscuohu // zi traganne. ‚Der nach mir kommen wird, ist stärker als ich, ich bin nicht würdig, ihm die Schuhriemen zu tragen‘ (T 47, 31–48, 2) (53) Komparativ mit Vergleichsdativ: (vidi te sub ficu, // credis: maius his videbis.) gisah thih untar themo figboume, // giloubis: thesen mêr gisihist thu. ‚Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich unter dem Feigenbaum gesehen habe; du wirst noch mehr als das sehen.‘ (T 53, 1–2) (54) êr/aer und Dativ: (quia prior me erat) uuanta her êr mir uuas ‚weil er eher als ich (= vor mir) war‘ (T 45, 15)

2.1 Komparative im Althochdeutschen

49

Die Konstruktion mit Vergleichspartikel thanne wird im Tatian damit etwas häufiger gewählt als der Vergleichskasus. Letzterer ist im Tatian also seltener als im etwas früheren Text des Isidor, worin sich möglicherweise diachroner Wandel innerhalb des Althochdeutschen fassen lässt. Auch im Tatian ist Vergleichskasus im Verhältnis zur Vergleichspartikelkonstruktion mit thanne aber durchaus nicht nur marginal belegt. Bezieht man die Fälle mit êr thanne bzw. êr + Dativ mit ein, kommen im Tatian zu 64 Prozent Komparativvergleiche mit thanne vor und zu 36 Prozent mit Vergleichsdativ. Ohne die Fälle mit êr liegt der Anteil bei 59 vs. 41 Prozent, vgl. Tabelle (35). Die Ergebnisse zum althochdeutschen Isidor und Tatian passen in etwa zu Erdmanns (1874–1876, I: 246) Angabe, dass im Evangelienbuch von Otfrid nur vier Belege mit Vergleichskasus zu finden seien48 und alle anderen Komparativvergleiche thanne enthielten – laut Referenzkorpus-Altdeutsch gibt es zehn Belege von thanne als Komparativpartikel bei Otfrid.49 Hier wäre also Vergleichskasus knapp halb so oft belegt wie Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Partikel, was wiederum eine diachrone Abnahme des Vergleichskasus im Lauf des Althochdeutschen nahelegt, wobei der Anteil bei Otfrid auch aufgrund der fehlenden Stützung dieser Konstruktion durch eine direkte lateinische Vorlage zu erklären sein könnte. Soweit im Althochdeutschen ein Vergleichskasus verwendet wird, handelt es sich hierbei praktisch immer um den Dativ.50 Schon Grimm (1897: 886, 909 f.) stellt fest, dass im älteren Deutschen der Komparativ einen ‚instrumentalen oder ablativen Dativ‘, nicht aber einen Genitiv regiere. Genitiv würde im historischen Deutschen im Zusammenhang mit komparierten Adjektiven allen-

48 Die vier Belege für Vergleichsdativ in Otfrid nach Erdmann (1874–1876, I: 246) sind: furira Abrahame ‚größer als Abraham‘ (O III, 18, 33), beziron theru iuweru guati ‚besser als ihr (die ihr euch eurer Güte brüstet)‘ (O I, 23, 50), in allen oboro ‚höher als sie‘ (O V, 18, 9), fora thir ‚lieber als du‘ (O V, 15, 18). 49 Möglicherweise handelt es sich noch bei weiteren der 172 Belege des Lemmas danne bei Otfrid um die Komparativpartikel, da auch im Fall des Tatians, wie oben dargestellt, nicht alle Komparativpartikel-Vorkommen von danne als Vergleichspartikeln (KOKOM) annotiert sind, insbesondere solche in Satzvergleichen nicht. 50 Im Isidor und Tatian ist in je einem Beleg komparativisches êr ‚eher/früher‘ statt mit Dativ mit Instrumental verbunden: er dhiu/thiu (I 5, 11, T 34, 9). Hier könnte es sich um den Rest eines in vielen Sprachen ebenfalls als Komparationskasus vorkommenden Vergleichsinstrumentals handeln, wahrscheinlicher jedoch um tatsächlich bereits als Präposition reanalysiertes êr, das nebensatzeinleitend wie andere Präpositionen mit im Instrumental stehendem Pronomen thiu verbunden wird, vgl. mit thiu, bi thiu, after thiu. (Im Referenzkorpus Altdeutsch sind diese wie auch êr thiu jeweils nicht kompositionell, sondern als feste komplexe subordinierende Konjunktion (KOUS) annotiert).

50

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

falls als adverbialer Genitiv von Maßangaben (z. B. maniges bezzer Tristan 27, 6 ‚um vieles besser‘) oder als partitiver Genitiv gebraucht (z. B. manno miltisto Wessobrunner Gebet ‚der Mildeste der Männer‘, nicht etwa ‚milder als die Männer‘) und nicht zur Kennzeichnung des Vergleichsstandards (ibd. 886 f.), vgl. bereits Erdmann (1874–1876, I: 142 f.). Im Gegensatz dazu erwähnt Grimm (1897: 910), dass im Althochdeutschen auch einige Male Genitiv statt des Dativs als Vergleichskasus zu finden sei und führt hierfür einen Beleg aus der spätalthochdeutschen Boethius-Übersetzung Notkers an: me excellentior − mîn wîsero einêr (N Boeth. 220, 6 f.). Dieser Vergleichsgenitiv könnte aus dem Vergleichsdativ durch Reanalyse einer ambigen Kasusform als Genitiv entstanden sein. Schrodt (2004: 38) gibt an, dass im Althochdeutschen lehnsyntaktisch Vergleichsgenitiv vorkomme. Der einzige von ihm angeführte Beleg, vgl. (55), enthält jedoch bei genauem Hinsehen keinen Vergleichsgenitiv, sondern einen partitiven Genitiv in der von Grimm (1897) beschriebenen Art. (55) Kompariertes Adjektiv mit partitivem Genitiv (kein Komparativvergleich): (Qui maior est vestrum erit minister vester.) Thie dar îuuuer mera ist er ist îuuuer ambaht. ‚Wer der Größere unter euch ist, der sei euer Diener.‘ (≠‚Wer größer ist als ihr, der sei euer Diener.‘) (T 243, 21 f.) Auch in der lateinischen Vorlage steht hier ein partitiver Genitiv, nicht etwa ein Vergleichsgenitiv – im Lateinischen wird vielmehr als Vergleichskasus wie gesehen der Ablativ verwendet, so dass lehnsyntaktische Übernahme eines Vergleichsgenitivs aus dem Lateinischen nicht anzunehmen ist. Nur im Altgriechischen, das allerdings einen wesentlich geringeren Einfluss auf das Althochdeutsche hatte als das Latein als Übersetzungsvorlage, wird der Genitiv als Vergleichskasus verwendet. Aber sogar in althochdeutschen Texten mit griechischem Originaltext, z. B. Notkers Aristoteles-Übersetzung, findet sich der althochdeutsche Vergleichsdativ statt des Genitivs, so dass der lehnsyntaktische Einfluss des Griechischen in dieser Hinsicht vernachlässigbar scheint: sô wîz andermo wîzera wirdit unde guot andermo bezzera wirdit ‚so wird weiß weißer als das andere und gut besser als das andere‘ (N Arist. 34, 4 f.). Die Verwendung von genitivischen Personalpronomen bzw. darauf beruhenden Possessivpronomen als Vergleichsstandard vor kompariertem Adjektiv in der Art des oben aus Notkers Boethius angeführten Belegs ist dagegen im Deutschen bis ins Mittelhochdeutsche vereinzelt belegt, vgl. sîn sterchôrre ‚sein Stärkerer‘ = ‚ein Stärkerer als er‘ (Paul 2007: 361 f.), selten auch Vergleichsgenitiv bei vollen NPs (ibd. 347), vgl. Kap. 3.1. Laut Erdmann (1874–1876, II: 142 f.)

2.1 Komparative im Althochdeutschen

51

ist hier ein ursprünglich possessiver Genitiv (z. B. fordoron iro ‚ihre Vorfahren‘ O III, 15, 12) im Lauf des Althochdeutschen teilweise reanalysiert worden als generell Relation anzeigend und tritt so etwa bei Notker auf (z. B. táz er dén nebechén-net . téz pézero ér sî ‚dass er den nicht kennt, den er übertrifft (wörtl.: dessen Besserer er sei)‘ N Arist. 85, 26 f.). Small (1929: 85–88) spricht sich ebenfalls dafür aus, solche Fälle, die analog auch im Altenglischen vorkommen, nicht als Komparativkonstruktionen mit Vergleichskasus zu analysieren, sondern als Kombinationen aus Possessivpronomen und nominalisiertem Adjektiv. Demnach wäre im Althochdeutschen wie in den anderen altgermanischen Sprachen (vgl. Small 1929: 16) nur der Dativ, aber nicht der Genitiv als Vergleichskasus belegt. Neben der Frage, welcher Kasus im Althochdeutschen als Vergleichskasus verwendet wird, ist auch zu diskutieren, inwieweit der Konstruktionstypus von Komparativvergleichen mit Vergleichskasus als Einfluss der lateinischen Vorlage anzusehen ist. Hier kommt Stützung des eigensprachlichen Konstruktionstyps durch die lateinische Vorlage oder als stärkere These, lehnsyntaktische Entstehung des althochdeutschen Vergleichsdativs durch Nachbildung des lateinischen Vergleichsablativs, vgl. Behaghel (1923–32, I: 241, 651), in Frage. Im Tatian handelt es sich bei allen 20 Belegen von Vergleichskasus um Konvergenzbelege mit der lateinischen Vorlage, insofern jeweils auch im Lateinischen eine Vergleichskonstruktion mit Vergleichskasus und nicht mit Vergleichspartikel gewählt ist. Hier entspricht also einem lateinischen Ablativus Comparationis jeweils ein althochdeutscher Dativus Comparationis. In keinem Fall ist im althochdeutschen Tatian eine Konstruktion mit Vergleichskasus gewählt, wo im Lateinischen kein Vergleichskasus, sondern beispielsweise Komparativanschluss mit Vergleichspartikel quam steht. Wenn bezüglich des Typs der Vergleichskonstruktion vom Original abgewichen wird, dann nur, wie oben erwähnt, in der Weise, dass trotz Vergleichskasuskonstruktion im Lateinischen in der althochdeutschen Übersetzung ein Partikelvergleich mit thanne gebildet wird. Gleiches gilt für den althochdeutschen Isidor. Eine Stützung der Verwendung des Vergleichskasus durch die lateinische Vorlage ist also wahrscheinlich. Divergenz zur lateinischen Vorlage besteht in den Tatian-Belegen mit Vergleichskasus allenfalls bezüglich der Wortstellung: in zwei Fällen wird der mit Vergleichskasus gekennzeichnete Vergleichsstandard im Althochdeutschen gegen die lateinische Vorlage vor das komparierte Adjektiv gestellt (vgl. Bsp. (52) fortior me − mir strengiro; (53) maius his – thesen mêr). In einem Fall entspricht die Voranstellung der lateinischen Vorlage. In allen anderen Fällen steht der Vergleichsstandard wie im Lateinischen nach dem Tertium Comparationis, vgl. Bsp. (56).

52

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

(56) Komparativ mit Vergleichsdativ: (quia pater maior me est) uuanta ther fater mero mir ist ‚Denn der Vater ist größer als ich‘ (T 281, 18) Voranstellung des Vergleichsstandards vor dem komparierten Adjektiv dürfte also ein genuin althochdeutsches syntaktisches Muster sein.51 Im Isidor ist umgekehrt in zwei Fällen das komparierte Adjektiv gegen die lateinische Vorlage vorangestellt, vgl. (48) und (49). Auch dies stellt somit ein genuin althochdeutsches Muster dar. Einmal ist das komparierte Adjektiv in Übereinstimmung mit dem Lateinischen nachgestellt, vgl. (50). Êr steht jeweils vor der dativischen Nominalphrase, vgl. (51), was möglicherweise als Indiz für die beginnende Grammatikalisierung zur Präposition gewertet werden kann. Bei den von Erdmann (1874–1876, II: 246) aufgeführten Belegen mit Vergleichskasus in Otfrid steht das Adjektiv dreimal vor und einmal nach dem dativischen Vergleichsstandard. Otfrids Text liegt keine unmittelbare wörtliche lateinische Vorlage zugrunde. Dennoch verwendet er gelegentlich Vergleichsdativ. Der höhere Anteil von Vergleichskasuskonstruktionen im Isidor und Tatian mag der Stützung dieses Konstruktionstyps durch die lateinische Vorlage geschuldet sein, könnte aber auch eine diachrone Entwicklung innerhalb des Althochdeutschen widerspiegeln.

51 Auch im Isländischen, wo bis heute archaisierend Vergleichskasus möglich ist, während er in den anderen germanischen Sprachen vor Jahrhunderten ausgestorben ist, wird bei diesem Konstruktionstyp im Gegensatz zur Partikelvergleichskonstruktion Voranstellung des Vergleichsstandards vor dem komparierten Adjektiv bevorzugt. Diese Wortstellung liegt auch bei den erwähnten bis ins Mittelhochdeutsche erhaltenen Fällen mit Possesivpronomen (urspr. genitivischem Personalpronomen) vor. Die Vergleichskasuskonstruktion ist im Isländischen nicht nur in Komparativen, sondern auch in Äquativen alternativ zur Vergleichspartikelkonstruktion möglich, weshalb mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass ursprünglich diese Optionalität in allen Vergleichsarten in den germanischen Sprachen bestanden hat. Für Daten und Hinweise zum Isländischen danke ich Thórhallur Eythórsson. Komparativvergleich mit Vergleichskasus vs. Vergleichspartikel: María er Önnu stærri. María er stærri en Anna. ‚Maria ist größer als Anna‘ Äquativvergleich mit Vergleichskasus vs. Vergleichspartikel: María er jafnstór Önnu. María er jafnstór og Anna. ‚Maria ist so groß wie Anna.‘

Isländisch

2.1 Komparative im Althochdeutschen

53

Seltene Fälle von abweichender Wortstellung gegenüber dem lateinischen Original in althochdeutschen Übersetzungstexten betreffen darüber hinaus die Adjazenz oder Nicht-Adjazenz von kompariertem Adjektiv und mit Vergleichskasus markiertem Vergleichsstandard. Laut Schrodt (2004: 38) ist das ‚Bezugsnomen‘, also der NP-förmige Vergleichsstandard, oft vom Adjektiv getrennt, also nicht adjazent. Im Tatian ist dies nur in vier der 20 Belege der Fall, jeweils aber in Übereinstimmung mit dem Lateinischen. In allen anderen Fällen stehen der Vergleichsstandard im Vergleichskasus und das Tertium Comparationis adjazent – wiederum in Übereinstimmung mit dem Lateinischen. Der oben in Bsp. (49) angeführte Isidor-Beleg (ceteris creaturis praelatus – furiro uuari andrem gotes chiscaftim I 5, 9) zeigt, dass Nicht-Adjazenz auch gegen das lateinische Original vorkommt, so dass diese Wortstellung wohl ebenfalls als genuin althochdeutsches syntaktisches Muster betrachtet werden kann, wenn sie auch entgegen der Aussage von Schrodt (2004) eher selten belegt ist.52 Die von Erdmann (1874–1876, I: 246) angeführten vier Belege in Otfrid weisen alle Adjazenz von kompariertem Adjektiv und dativischem Vergleichsstandard auf. Ungeachtet der Konvergenz im Konstruktionstyp mit dem lateinischen Ablativus Comparationis ist die Verwendung von Vergleichsdativ im Althochdeutschen jedoch – im Gegensatz etwa zum lehnsyntaktischen althochdeutschen Dativus Absolutus (Fleischer 2006) – nicht als bloßer Einfluss des Lateinischen abzutun, sondern als aus dem Germanischen ererbt und allenfalls durch die Konvergenz mit dem Lateinischen gestützt anzusehen. Schon für das Gemeingermanische ist von einem Nebeneinander der Konstruktionstypen mit Vergleichspartikel und mit Vergleichskasus auszugehen, wie für viele frühe indogermanische Sprachen (vgl. Small 1929, Zeilfelder 2001).53 Auch Behaghel (1923–32, III: 119) spricht vom „urgermanischen Dativ der Vergleichung“. Insofern ist die typologische Unterscheidung zwischen Partikelvergleichssprachen und Sprachen mit Vergleichskasus nicht als vollständige Disjunktion aufzufassen: beide typologischen Muster können in einer Sprache vorkommen, wie dies ja auch im Lateinischen und beispielsweise im heutigen Italienischen (mit Vergleichskasus entsprechender fester Präposition di vs. Vergleichspartikel che) der Fall ist. Im Germanischen steht als Vergleichskasus statt des indogermani-

52 In (50) ist die bereits im Lateinischen vorliegende Nicht-Adjazenz in der althochdeutschen Übersetzung durch Einfügen eines overten Prädikats noch weiter ausgebaut worden (qua nihil dulcius – dhemu neouuihd nist suuozssera). 53 Thurmairs (2001: 94) Aussage, dass es im Gotischen nur die Komparativkonstruktion mit Vergleichskasus Dativ gab und Vergleichsjunktoren erst später auftraten, ist nicht korrekt. Im Gotischen wurde auch die Partikel thau zur Kennzeichnung des Vergleichsstandards in Komparativvergleichen verwendet (Behaghel 1923–32, III: 119, 625).

54

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

schen Ablativs generell der Dativ, so etwa auch im Gotischen (minniza imma − Wulfila-Bibel, Luk. 7, 28), Altenglischen (sunnan leohtra Exeter Book I, 1650) und Altnordischen (vonu betr − Fornald 1, 393), vgl. Grimm (1897: 909 f.), und wie erwähnt bis heute im Isländischen. Im Althochdeutschen findet sich der Vergleichsdativ, wie gesagt, auch in weniger unmittelbar auf einer lateinischen Vorlage beruhenden Texten wie Otfrids Evangelienbuch. Auch in den spätalthochdeutschen Schriften Notkers ist der Vergleichsdativ mehrfach belegt und hier bemerkenswerter Weise auch quasi gegen die lateinische Vorlage, da teilweise präpositionale lateinische Konstruktionen mit super bzw. prae mit althochdeutschem Vergleichsdativ wiedergegeben werden, was ein gewisses Argument für die Authentizität dieses althochdeutschen syntaktischen Musters darstellt: super nivem albus – wîzero snêwe ‚weißer als Schnee‘ (N Ps. 50, 9), preciosus prae filiis hominum – sconero ménniscon chíndin ‚schöner als die Menschenkinder‘ (N Ps. 29, 9).54 Über das Spätalthochdeutsche hinaus hat sich der Vergleichsdativ im Deutschen kaum gehalten. Er ist aber immerhin vereinzelt im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen belegt, s. Kap. 3.1 und 4.1. Small (1929: 29 f.) setzt das Aussterben des Vergleichsdativs im Deutschen um 1400 an.55 Angesichts der Beobachtung, dass beide typologischen Muster in ein- und derselben Sprache auftreten können, ist zu fragen, wann der Konstruktionstyp mit Vergleichskasus statt des Typs mit Vergleichspartikel gewählt wird. Der Konstruktionstyp mit Vergleichskasus ist natürlich schon dadurch gegenüber

54 Dagegen ist im Tatian bei ähnlichen Konstruktionen auch Nachbildung des Lateinischen super mit ubar belegt, z. B.: qui amat filium aut filiam super me – thie thar minnot sun odo tohter ubar mih ‚wer seinen Sohn oder seine Tochter mehr als (wörtl.: über) mich liebt‘ (T 80, 13 f.). In Notkers Boethius-Übersetzung findet sich laut Handschuh (1964: 23) Vergleichsdativ ebenfalls gegen oder ohne lateinische Vorlage. In anderen altgermanischen Sprachen wird der Vergleichsdativ auch ohne oder sogar gegen die Vorlagenkonstruktion verwendet: so dient der Vergleichskasus im Gotischen auch zur Wiedergabe von Partikelvergleichen des griechischen Originals, vgl. Small (1929: 23), und tritt in altenglischen poetischen Texten ohne Vergleichskasus einer lateinischen Vorlage auf, vgl. Small (1929: 100). 55 Der Vergleichsdativ hält sich im Deutschen damit deutlich länger als im Altsächsischen und Altfriesischen, wo es abgesehen von idiomatisierten Wendungen wie er domes dage ‚eher als der jüngste Tag/vor dem jüngsten Tag‘ keine Belege mehr gibt (Small 1929: 30), und im Altenglischen, wo der Vergleichsdativ um 1000 ausgestorben ist (Small 1929: 80/83), aber weniger lang als in den skandinavischen Sprachen, wo der Vergleichsdativ im Norwegischen, Schwedischen und Dänischen bis ins 16. Jahrhundert, im Isländischen sogar bis heute erhalten ist. Nach dem Aussterben des germanischen Musters des Vergleichsdativs im Deutschen finden sich vereinzelte tatsächlich lehnsyntaktische Fälle von Vergleichskasus (dann z. T. auch Genitiv) bei Autoren, die vermutlich die lateinische Konstruktion nachahmen (vgl. Small 1929: 29), ein derartiger Beleg sogar noch bei Goethe: Jedem Gift, das ich erprobet, Schlimmer ist dein eignes noch. (Goethe I 12, 317, 21 f.).

2.1 Komparative im Althochdeutschen

55

dem mit Komparativpartikel morphosyntaktisch eingeschränkt, dass er grundsätzlich nur bei Phrasenvergleichen in Frage kommt, bei denen der Vergleichsstandard aus einer bloßen Nominalphrase besteht und somit kasusfähig ist. Bei Präpositionalphrasen, Adverbphrasen, ganzen Sätzen o. ä. als Vergleichsstandard besteht diese Möglichkeit der Kasuskennzeichnung dagegen nicht. In Sprachen, die den Vergleichsstandard grundsätzlich mit Vergleichskasus markieren, werden die entsprechenden Vergleiche mithilfe komplexer Nominalisierungen gebildet, so im Türkischen (vgl. Wunderlich 2001). Dies ist im Althochdeutschen nicht der Fall. Aber selbst in den Fällen, in denen der Vergleichsstandard aus einer NP besteht, wird im Althochdeutschen nicht immer die Konstruktion mit Vergleichskasus gewählt, vgl. z. B. (37) und (41) bis (43). Auch im Lateinischen ist der Vergleichsstandard nicht überall, wo es möglich wäre, durch den Vergleichskasus Ablativ bzw. die kasusäquivalente Präposition a/ab, sondern häufig stattdessen durch die Komparativpartikel quam gekennzeichnet. Dagegen ist im Altgriechischen laut Zeilfelder (2001: 65) die Verteilung syntaktisch so gesteuert, dass der Vergleichskasus generell bei phrasalem, NP-förmigem Vergleichsstandard, die Vergleichspartikel dagegen bei satzwertigem Vergleichsstandard verwendet wird. In allen drei im Isidor belegten Komparativvergleichen mit Vergleichspartikel thanne ist der Vergleichsstandard NP-förmig, so dass ggf. stattdessen eine Konstruktion mit Vergleichskasus möglich gewesen sein könnte.56 Damit weisen in diesem Text die Hälfte der Komparativvergleiche mit NP-förmigem Vergleichsstandard tatsächlich Vergleichskasus auf. Praktisch identisch ist das Verhältnis im Tatian: in 21 der mit der Komparativpartikel thanne gebildeten Vergleiche liegt ein NP-förmiger Vergleichsstandard vor,57 in acht Fällen dagegen ein satzwertiger oder PP-förmiger und damit nicht kasusfähiger Vergleichsstandard (z. B. odira ist olbentun thuruh loh naldun zi faranne thanne [otagan zi ganganne in himilo richi] ‚Es ist leichter, daß ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes eingeht‘ T 172, 2–5, uuanta her giuihit ubar thaz mer thanna [ubar niun inti niunzog thiu dar ni giirrotun inti ni bithurfun riuua]. ‚Er freut sich darüber mehr als über neunundneunzig Gerechte, die nicht irrten und der Buße nicht bedürfen.‘ T 153, 25–29). Den 21 Fällen mit NP-förmigem Vergleichsstandard und Vergleichspartikel stehen 20 Fälle

56 In zwei dieser Fälle wäre eine Analyse denkbar, nach der sich der Vergleich nur auf das Zahlwort und nicht auf die gesamte NP bezieht, z. B. in dhem sindun zisamande chizelide eines min dhanne fimfzuc iaaro. ‚… eins weniger als 50 Jahre‘ (I 5, 7). 57 Bzw. ein Vergleich, in dem zwei NPs kontrastierend gegenübergestellt sind und allenfalls ein Dummy-Verb wie sîn oder tuon im Vergleichsstandard vorkommt, so dass dieser leicht auf eine NP reduzierbar wäre, z. B. Eno ni birut ir furiron thanne sie sin? ‚Und seid ihr nicht mehr wert, als sie (sind)?‘ (T 70, 17).

56

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

mit Vergleichskasus gegenüber, was einem Anteil von 49 Prozent Vergleichskasus an den Komparativvergleichen mit NP-förmigem Vergleichsstandard entspricht, vgl. 50 Prozent im Isidor. Damit ist Vergleichskasus im Althochdeutschen deutlich häufiger als im Altenglischen: Small (1929: 79 f.) zufolge ist in den ältesten englischen Prosatexten nur in 20 Prozent der Komparativvergleiche mit NP-förmigem Vergleichsstandard der Konstruktionstyp mit Vergleichsdativ gewählt. Die Fälle mit êr verhalten sich hier wieder insofern etwas anders, als alle auf êr folgenden bloßen NPs mit Dativ (bzw. in Ausnahmefällen Instrumental, s. o.) markiert sind, êr thanne dagegen nur bei nachfolgendem vollständigem Satz vorkommt, was ebenfalls als Anzeichen einer beginnenden Grammatikalisierung von êr vor NPs zur Präposition und êr thanne zur komplexen Temporalsatzeinleitung gedeutet werden kann. Neben weiteren möglichen syntaktischen Faktoren wie relativer Abfolge und Adjazenz von Tertium Comparationis und Vergleichsstandard, die im Althochdeutschen die Wahl des Konstruktionstyps mit Vergleichskasus oder Vergleichspartikel nicht wesentlich zu beeinflussen scheinen, wie die obige Diskussion zu entsprechenden Abweichungen von der lateinischen Vorlage ergeben hat, kommt noch ein weiterer morphosyntaktischer Faktor in Betracht, den Wunderlich (2001) beschreibt: die Art des durch den Vergleichskasus ‚überschriebenen‘ oder ‚unterdrückten‘ Kasus. Im Türkischen ist Vergleichskasus demnach bei einer bloßen NP nur möglich, wenn diese ansonsten im Nominativ stehen würde. In allen anderen Fällen wird auf das erwähnte Mittel komplexer Nominalisierungen zurückgegriffen, um die Vergleichskasuskennzeichnung zu ermöglichen. Im Ungarischen kann jeder strukturelle Kasus, in dieser Sprache der Nominativ, Akkusativ und Dativ, durch Vergleichskasus überschrieben werden, dagegen nicht semantischer Kasus oder der Kasus eines adnominalen Possessors.58 Übertragen aufs Deutsche hieße dies, dass Vergleichskasus bei einem ansonsten im Nominativ oder vom Verb abhängigen Akkusativ stehenden NPförmigen Vergleichsstandard benutzt werden könnte. Dativ wird dagegen üblicherweise im Deutschen nicht als struktureller, sondern als inhärenter/lexikalischer Kasus angesehen, da beispielsweise der Dativ eines Objekts − im Gegensatz zum Akkusativ – auch im Passiv erhalten bleibt, vgl. Haider (2010: 269).59 Dies passt auch zu der von Small (1929: 18) für die germanischen Sprachen

58 Laut Wunderlich (2001) gilt dies in Konstruktionen mit adverbialem, nicht jedoch mit attributivem Tertium Comparationis, in denen alle Kasus überschrieben werden können 59 Im Gegensatz dazu argumentieren einzelne Autoren u. a. auf Grundlage von Kasusverhältnissen beim im Althochdeutschen noch nicht belegten sogenannten bekommen-Passiv dafür, zumindest den Dativ indirekter Objekte ditransitiver Verben im Deutschen doch als strukturellen Kasus anzusehen, so Wegener (1991).

2.1 Komparative im Althochdeutschen

57

getroffenen Generalisierung: „The case-construction may be used only when two things compared stand alike either in the nominative relation or in the accusative relation to the same form of the same verb.“ In der Tat ist der im Isidor überschriebene Kasus in allen drei Vergleichskasusbelegen der Nominativ, vgl. (48) bis (50). Dies ist auch in fast allen Vergleichskasusbelegen (17 von 20) im Tatian der Fall, vgl. etwa (52). In drei Fällen überschreibt der Vergleichsdativ im Tatian einen Akkusativ, vgl. u. a. (53). Betrachtet man dagegen die Komparativvergleiche, in denen trotz des NP-förmigen Vergleichsstandards kein Vergleichsdativ sondern Markierung mit Vergleichspartikel thanne gewählt wurde, liegt in drei dieser 21 Fälle eine Dativ-NP als Vergleichsstandard vor, vgl. (57), und in zwei weiteren ein Genitivattribut, also ein adnominaler Possessor, vgl. (58).60 Dies spricht dafür, dass Wunderlichs (2001) fürs Ungarische getroffene Generalisierung, dass Vergleichskasus nur strukturellen Kasus überschreiben kann, auch fürs Althochdeutsche gilt.61 (57) Komparativ mit thanne (Vergleichsstandard: Dativ-NP): (quia terrę sodomorum remissius erit in die iudicii quam tibi.,) thero erdu Sodomorum furlazanor uuirdit in tuomes tage thanne [Dat thir]. ‚Der Erde der Sodomer wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.‘ (T 102, 27 f.) (58) Komparativ mit thanne (Vergleichsstandard: Genitiv-NP/adnom. Possessor): (quia nisi habundauerit iustitia uestra plusquam scribarum & phariseorum.’ non intrabitis in regnum caelorum) nisí thaz ginuhtsamo iuúar reht mér thanne [Gen thero scribaro inti thero phariseorum]. nig& ír In himilo rihhi. ‚Wenn nicht eure Gerechtigkeit vorzüglicher ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen.‘ (T 62, 17–20)

60 Der Vergleichsstandard in (58) besteht overt aus einer bloßen Genitiv-NP, ist aber aufgrund der Semantik als elliptische Konstruktion anzusehen, in der ‚die Gerechtigkeit‘ als Bezugs-NP getilgt wurde. 61 Etwas anders gelagert sind wiederum die Fälle mit êr: der mutmaßliche Vergleichsdativ würde hier nicht nur Nominativ und Akkusativ, sondern auch semantischen (adverbialen) Kasus überschreiben bzw. es wäre sonst ggf. kein Kasus der NP lizenziert, was wiederum für die fortgeschrittene Grammatikalisierung zur Präposition im Fall von êr + Dativ-NP spricht, vgl. Huuanda ni uuardh ir ęr dauides dode nibu after sinemu dode chiforabodot zi aruueh-hanne. ‚… eher als/vor Davids Tod‘ (I 9, 3), hiu ni uuari thu githuuagan eer goumu? ‚… eher als das Essen/ vor dem Essen‘ (T 126, 6 f.).

58

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Neben morphosyntaktischen Beschränkungen könnten auch semantischpragmatische Faktoren die Wahl des Konstruktionstyps beeinflussen. Panagl (1975) stellt fürs Altlateinische die Generalisierung auf, dass Vergleichskasus nur gewählt wird, wenn die Präsupposition besteht, dass die mit dem Tertium Comparationis bezeichnete Eigenschaft in hohem Maße auf den Vergleichsstandard zutrifft, also nicht bei neutralem ‚A ist größer als B‘, sondern ‚A ist noch größer als B‘ (Präsupposition: B ist sehr groß). Demnach wäre Vergleichskasus also an besondere semantisch-pragmatische Bedingungen geknüpft.62 In der Terminologie von Thurmair (2001) würde es sich bei den mit Vergleichskasus gebildeten Komparativvergleichen um polare und nicht um skalare Vergleiche handeln: der Bereich der Skala, auf der die verglichenen Grade der entsprechenden Eigenschaft angeordnet sind, ist auf eine Hälfte der Skala beschränkt. Laut Krisch (1988) gilt diese semantisch-pragmatische Beschränkung − im Gegensatz zum heutigen Isländischen, das mit gewissen stilistischen Einschränkungen freie Variation zwischen Partikel- und Kasusvergleich zeigt (Krisch 1988: 58) − auch für den altnordischen Vergleichsdativ. Lässt sich Panagls Generalisierung aufs Althochdeutsche anwenden? Dafür könnte sprechen, dass Vergleichskasus vor oder nach einer Form von ander-, das sich kaum mit polarem Vergleich konstruieren lässt, nicht vorzukommen scheint: Keiner der 70 elektronisch ermittelten Belege mit Dativ bzw. Genitiv vor oder nach einer Form von ander- im Tatian erwies sich als ein Beleg mit Vergleichskasus. Belege wie die in (59) und (60), in denen durchaus auch ein skalarer Vergleich ohne die von Panagl angenommene Art von Präsupposition möglich zu sein scheint, können dagegen als Evidenz gegen die Übertragbarkeit dieser Generalisierung aufs Althochdeutsche gewertet werden. (59) Komparativ mit Vergleichsdativ: (cum invitatus fueris // ad nuptias, non discumbas // in primo loco, ne forte // honoratior te sit invitatus // ab eo) thanne thú giladot uuerdes // zi brutloufti, ni gisizzes // in thera furistun steti, min odouuán // eruuirdigoro thir si giladot ‚Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen wirst, setz dich nicht auf den besten Platz, falls ein ehrwürdigerer als du eingeladen ist‘ (T 180, 13–17)

62 Auch Wunderlich (2001) weist auf – allerdings sehr viel diffizilere – semantische Lesartunterschiede zwischen beiden Konstruktionen bezüglich mit ‚oder‘ koordinierter NPs im Vergleichsstandard hin. Belege dieser Art sind jedoch in den hier untersuchten althochdeutschen Korpustexten nicht enthalten.

2.1 Komparative im Althochdeutschen

59

(60) Komparativ mit Vergleichsdativ: (non est servus maior domino suo) nist scalc mero sinemo hérren ‚Ein Diener ist nicht größer als sein Herr.‘ (T 285, 11) In (59) besteht keine Präsupposition, dass man selbst in besonders hohem Grade ehrwürdig ist, ebenso wie (60) nicht unbedingt voraussetzt, dass der entsprechende Herr schon in sehr hohem Maße groß bzw. mächtig ist – auch der Diener eines nicht sehr mächtigen Herrn ist weniger mächtig als sein Herr. In der völlig parallelen Konstruktion in (61) ist denn auch Vergleichsanschluss mit der Komparativpartikel thanne gewählt, im gleichen Satz aber auch noch einmal Vergleichsdativ verwendet nach dem gleichen prädikativen Adjektiv als Tertium Comparationis. Ähnlich markiert in (62) ebenfalls in zwei ganz gleich konstruierten, koordinierten Komparativvergleichen einmal Vergleichspartikel, einmal Vergleichskasus den Vergleichsstandard, wobei hier im Sinne Panagls die polare Lesart ‚noch schlimmer als‘ vorliegt. In beiden Beispielen liegt im Lateinischen durchgängig eine Vergleichskasuskonstruktion zugrunde, die jeweils einmal übernommen und einmal abweichend in eine Vergleichspartikelkonstruktion umgesetzt wird. Insgesamt dürfte es sich im Althochdeutschen also im Rahmen der oben diskutierten Beschränkungen (NP-förmiger Vergleichsstandard, struktureller Kasus) um freie Varianz mit einem gewissen stützenden Einfluss der lateinischen Vorlage handeln, für die Präsuppositionen bezüglich des Grads keine Rolle spielen. (61) Parallele Komparativvergleiche mit Vergleichspartikel und mit Vergleichsdativ: (Amen amen dico uobis. // non est seruus maior // domino suo // neque apostolu // maior eo // qui misit illum.) uúar uúar quidih íu // nist scalc mero // thanne sin herro // noh thie postul // nist mero themo // ther innan santa. ‚Wahrlich ich sage euch, ein Diener ist nicht mehr als sein Herr und der Apostel ist nicht mehr als der, der ihn sandte.‘ (T 271, 13–18) (62) Parallele Komparativvergleiche mit Vergleichspartikel und mit Vergleichsdativ: (Tunc audit & assum& // septem alios spiritus secum // nequiores sé. & intrantes // habitant ibi & fiunt // nouissima hominis illius // peiora prioribus.,)

60

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

thanne ferit inti nimit // sibun geista andere mit imo // uuirsiron thanne her si, inti ingangente // artuont thar, inti sint thanne // thie iungistun thes mannes // uuirsirun then eririron. ‚Dann geht er und nimmt sieben andere Geister mit sich, die schlimmer sind als er. Und sie treten ein und hausen dort, und so sind dann die Jüngsten des Mannes schlimmer als die Früheren.‘ (nach Luther, Mt. 12, 45: ‚So geht er hin und nimmt zu sich sieben andere Geister, die ärger sind denn er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie allda; und es wird mit demselben Menschen hernach ärger, denn es zuvor war.‘) (T 93, 25–30) Abgesehen von den erwähnten Komparativkonstruktionen mit Vergleichskasus und den insgesamt etwas häufigeren mit der Komparativpartikel thanne 63 sind – jedoch erst im Spätalthochdeutschen und nur sehr vereinzelt, vgl. Behaghel (1923–32, III: 327) – Komparativvergleiche mit der Vergleichspartikel (ne)wan belegt. Auch im DWB (27: 1859 f.) wird ein spätalthochdeutscher Beleg mit newán in Notkers Psalter erwähnt, vgl. (63).64 Bloßes wan ist erst in frühen mittelhochdeutschen Texten wie dem Wiener Notker und anderen Quellen des 11. und 12. Jahrhunderts nachzuweisen, vgl. Kap. 3.1. Diese Vergleichspartikel geht etymologisch nicht wie thanne auf ein Demonstrativum mit lokativischer Endung, sondern auf das interrogativische bzw. indefinite Pendant dazu zurück. Distributionell ist sie, wie anhand der mittelhochdeutschen Daten noch deutlicher wird, auf negative bzw. negativ-polare Kontexte beschränkt. Details zu Etymologie und Distribution von (ne/ni)wan s. Kap. 3.1. (63) Komparativvergleich mit Negation und Vergleichspartikel newan: uuir nehábin andrin chuninch neuuaán den rômcheîser. ‚Wir haben keinen anderen König als den römischen Kaiser‘ (N Ps. 75, 2 (269, 5))

63 Im althochdeutschen Tatian kommen zudem im untersuchten Abschnitt drei Belege vor, in denen (v. a. unter Einfluss der lateinischen Vorlage mit super) eine komparativähnliche Konstruktion mit der Präposition ubar ‚über‘ gebildet wird, statt furiro, mer etc. mit thanne oder Vergleichskasus zu verwenden (T 80, 9–14, T 57, 17–21, T 64, 27 f.), vgl. Fußn. 54. 64 Meine Durchsicht von Notkers Boethius ergab, dass diese Vergleichspartikel dort nicht belegt ist. Das DWB (27: 1859 f.) erwähnt als weitere frühe Belege einen Fall mit newan aus dem altsächsischen Heliand, Handschrift C (Codex Cottonianus Caligula) und mit ne wana aus dem frühmittelhochdeutschen Merigarto.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

61

Im klassischen Althochdeutschen – so auch im hier untersuchten Korpus – ist die Vergleichspartikel (ne)wan noch nicht belegt.65 Sie wird erst im Mittelhochdeutschen wirklich üblich. Zusammenfassend lässt sich für das Althochdeutsche festhalten, dass Vergleichsanschluss mit thanne in den Komparativkonstruktionen den Regelfall darstellt. Die althochdeutsche Komparativpartikel thanne/danne/denne ist dabei distributionell und funktional im Wesentlichen äquivalent mit unserer heutigen standarddeutschen Komparativpartikel als. Etwas seltener wird der Vergleichsstandard statt mit einer Vergleichspartikel mit einem Vergleichskasus gekennzeichnet: im Althochdeutschen praktisch ausschließlich mit dem Dativ. Auch hierbei handelt es sich um ein authochthones, aus dem Germanischen ererbtes syntaktisches Muster. Die erst Spätalthochdeutsch ganz vereinzelt auftretende Komparativpartikel (ne)wan ist im klassischen Althochdeutschen noch nicht belegt. Bei allem diachronen Wandel der Vergleichspartikeln im weiteren Verlauf der deutschen Sprachgeschichte hat sich das althochdeutsche Hauptmuster mit thanne/danne/denne, das dem bis heute im Englischen üblichen Komparativanschluss mit than entspricht, als Hauptmuster bis ins 16. Jahrhundert (vgl. Kap. 4.1) und in versteinerten Wendungen wie besser denn je über mehr als tausend Jahre resthaft bis ins heutige Deutsch erhalten.

2.2 Äquative im Althochdeutschen Die typische Vergleichspartikel in althochdeutschen Äquativen (‚Vergleichen der Gleichheit‘)66 ist sô (vgl. auch Schrodt 2004: 168; DWB 1: 248).67 Etymolo-

65 Vergleichbar sind allenfalls Lexeme wie nibu (nibi, nub etc.) und uzan, die unserem außer/ wenn nicht bzw. dem englischen unless entsprechen und ähnlich verwendet werden. 66 Der Terminus Äquative wird in dieser Untersuchung durchgängig als Oberbegriff zu GradÄquativen und Nicht-Gradäquativen verwendet, vgl. Kap. 1.2. 67 So wird außer als Äquativpartikel auch in anderen Funktionen verwendet: als Adverb ‚so‘, als temporale, später auch konditionale, sekundär kausale und z. T. konzessive Konjunktion sowie als Relativpartikel, vgl. Behaghel (1923–32, III: 285–288/729 f.), DWB (16: 1341–1385), Schrodt (2004: 168 f.). Nach Erdmann (1874–1876, I: 56 f.) und DWB (16: 1341–1385) sind sowohl die relativische als auch die temporale und konditionale Verwendungsweise von so aus der vergleichenden abgeleitet. Laut Behaghel (1923–32, III: 729 f.) tritt so noch nicht im Althochdeutschen, sondern erst ab dem 12., verstärkt im 15. bis 17. Jahrhundert als Relativpartikel auf. Dagegen nimmt so nach Schrodt (2004: 168 f.) schon im Althochdeutschen unter anderem ‚relativische Kontextbedeutung‘ an. Auch Schützeichel (2012: 302) führt für althochdeutsch so explizit als neuhochdeutsche Entsprechungen relativisches wie, was, der, die, das an. Details zur Entwicklung gibt auch DWB (16: 1341–1385). Schon althochdeutsches so sei relativisch verwendet worden, allerdings zunächst konjunktional zurückgehend auf die modale Bedeutung

62

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

gisch ist sô nach Pokorny (1959, I: 882–884) und DWB (1: 248) auf einen modalen Instrumental des indogermanischen Demonstrativpronominalstamms *swe/swo- zurückzuführen.68 Bezüglich seiner etymologischen Herkunft ähnelt das althochdeutsche so damit auf bemerkenswerte Weise unserer heutigen Äquativpartikel wie, die ebenfalls auf eine Instrumentalform zurückzuführen ist, nämlich einen Instrumental zu was, also zum Interrogativum/Indefinitum statt zum Demonstrativum (s. u. zur Etymologie von wie). In den meisten europäischen Sprachen beruhen die Äquativvergleiche auf einer korrelativen Konstruktion mit kataphorischem oder anaphorischem Artbzw. Grad-Demonstrativum im übergeordneten Satz, dem sogenannten Korrelat, und darauf bezogenem Art-/Grad-Relativum als Vergleichsanschluss, d. h. auf einem korrelativen Relativsatz (vgl. Haspelmath/Buchholz 1998: 288). Die‚wie‘, d. h. zunächst für Instrumental oder Lokativ mit temporaler Bedeutung bzw. den Akkusativ der Zeit eines Relativpronomens (vgl. Williram al dê uuîla, sô …), dann mit folgendem Personalpronomen im Sinn von ‚wie‘ und freier (vgl. O IV, 10, 10: gibôt, thaz sies âzin, al so sie thâr sâzin ‚… alle, wie/die sie da saßen‘) und schließlich seit dem 12. bis zum 19. Jahrhundert allgemein für Nom./Akk. Sg. und Pl. des Relativpronomens (genauer: als Relativpartikel/-komplementierer). Erdmann (1874–1876, I: 56) belegt schon für Otfrid relatives so, das nicht nur auf Art und Weise, sondern auf ein beliebiges Nomen bezogen ist und somit statt ther steht. Er nimmt (ibd. 132) ähnlich wie Grimm an, dass dieses relativische aus dem vergleichenden so entstanden ist. Im hier untersuchten althochdeutschen Korpus finden sich u. a. bereits in Isidor (noch mit ‚wie‘ paraphrasierbar) (Ut impleretur quod fuerat ante a propheta predictum.) − Dhazs arfullit uurdi so ęr bifora uuardh chichundit dhurah dhen forasagun. ‚Dass erfüllt würde, was zuvor durch den Propheten verkündet worden war‘ (I 5, 8) und (et hoc est nomen, quod uocabunt eum) − Endi ist sin namo, so sie inan nemnant ‚Und das ist sein Name, mit dem sie ihn nennen‘ (I 9,6) relativsatzartiges so als Übersetzung für Lateinisch quod. Bemerkenswert ist die ab dem Frühneuhochdeutschen belegte und bis heute dialektal erhaltene vergleichbare Verwendung des ebenfalls als Äquativpartikel gebrauchten wie als Relativpartikel (s. u. Kap. 8.3). Die Entwicklung einer temporalen Bedeutung ist auch bei anderen Äquativpartikeln zu beobachten, etwa im Fall der althochdeutsch durch Reanalyse von Korrelat und ursprünglicher Äquativpartikel neu gebildeten Äquativpartikel soso (s. u.), die bei Otfrid nie temporal gebraucht wird, bei Notker dagegen schon (vgl. Erdmann 1874–1876, I: 120). Weitere Beispiele für eine derartige Entwicklung sind als und wie: als ist im späten Althochdeutschen und im Mittelhochdeutschen, wie im Wesentlichen im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen zur Äquativpartikel geworden. Beide werden dann auch temporal verwendet, wobei die temporale Verwendung von wie sich im Standard bis heute noch nicht durchgesetzt hat und als dialektal/umgangssprachlich gilt. Zur semantischen Motivation für die Entwicklung von Temporalkonjunktionen aus Äquativpartikeln auf Grundlage der Gleichsetzung (‚equation‘) der temporalen Referenz vgl. auch Brandner/Bräuning (2013: 153). 68 Laut Desportes (2008: 12) bedeutete dieser ursprünglich ‚Schwiegerschaft, Verwandtschaft, Gefolgschaft, zugehörend, eigen‘ und kann im Instrumental als ‚wie das, mit dem es übereinstimmt‘ paraphrasiert werden. Pfeifer (1993, s. v. so) führt so ebenfalls auf eine Ablaut- bzw. erstarrte Kasusform dieses idg. Pronominalstamms zurück, dessen ursprüngliche Bedeutung er jedoch mit ‚abseits, getrennt von‘ angibt.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

63

se Nähe der Vergleichskonstruktionen zu (Ko-)Relativsätzen ist auch bedeutsam für die syntaktische Analyse (s. Kap. 8.3). Auch im Althochdeutschen können die Äquativvergleiche als Korrelativkonstruktionen aufgefasst werden (vgl. auch Desportes 2008)69 und somit als ‚Standard Average European‘ im Sinn von Haspelmath/Buchholz (1998) charakterisiert werden: Im Matrixsatz steht das Adverb sô als anaphorisch auf den Grad oder die Art verweisendes Korrelat. Die Vergleichspartikel so kann als relativisch darauf bezogen analysiert werden, vgl. (64).70 (64) [[so …]i [soi …]] ‚wie …, so …‘ Hier finden sich Parallelen in anderen altgermanischen Sprachen. Die althochdeutsche Korrelation so … so entspricht dem gotischen sva … svê (mit formal von der Vergleichspartikel unterschiedenem Korrelat), altenglischen swa … swa und altsächsischen so … so, vgl. Behaghel (1923–32, III: 255), DWB (1: 248). Im Unterschied zu den meisten europäischen Sprachen (vgl. Haspelmath/ Buchholz 1998) und auch zum heutigen Deutschen mit der Äquativpartikel wie, geht das Element, das die Vergleichspartikel bildet, jedoch in den angeführten altgermanischen Sprachen etymologisch nicht auf ein w-Element, d. h. einen Interrogativ-/Indefinitstamm, sondern wie gesagt auf einen Demonstrativstamm zurück. Sowohl Grad-Äquative als auch Nicht-Grad-Äquative werden im Althochdeutschen mit (so) … so gebildet. In den Korpusbelegen ist die Vergleichspartikel unterstrichen, das Korrelat so und, soweit vorhanden, das Tertium Comparationis fett hervorgehoben. Der mit so eingeleitete Vergleichsstandard kann in Nicht-Grad-Äquativen dem mit dem Korrelat so eingeleiteten restlichen Satz vorangehen, vgl. (66), wie auch in (64), oder folgen, vgl. (67). Das Korrelat kann also anaphorisch oder kataphorisch verwendet werden.

69 Behaghels (1923–32, III: 255) These, vergleichendes so … so sei ursprünglich aus zwei aufeinander folgenden, jeweils mit anaphorisch auf ein- und denselben vorausgehenden Hauptsatz bezogenem so eingeleiteten Nebensätzen entstanden (HS + anaphor. so + anaphor. so), ist dagegen nicht überzeugend. Konstruktionen dieser Art sind nicht belegt, wohingegen das sogenannte korrelative Diptychon aus zwei korrelativ aufeinander bezogenen Teilsätzen eine in der Indogermania häufige Form von Relativkonstruktionen darstellt und auch im Althochdeutschen eine wichtige Rolle spielt, vgl. Axel-Tober (2012), s. auch Kap. 8.3. 70 Vgl. Erdmann (1874–1876, I: 111): Vergleichsanschluss in althochdeutschen Äquativen durch „deutlich relatives“ so. Hieraus ist die generell relativische Funktion des so als Relativpartikel/-komplementierer entstanden, vgl. Fußn. 67. Für die in (64) gegebene Ursprungsabfolge argumentiert u. a. Desportes (2008: 12), vgl. auch zum korrelativen Diptychon Kap. 8.3.

64

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

(65) Grad-Äquativ mit so und Korrelat so: (et dabit illi // quot habet necessarios) inti gibit imo // só manag so her bitharf. ‚und gibt ihm so viel, wie er braucht‘ (T 72, 28–29) (66) Nicht-Grad-Äquativ mit so und Korrelat so: (sicut credidisti fiat tibi) só thu giloubtus só si thir ‚Wie du geglaubt hast, so geschehe dir.‘ (T 84, 6) (67) Nicht-Grad-Äquativ mit so und Korrelat so: (ut sit sicut magister eius) thaz só sí só sín meistar ‚dass er wie sein Meister ist‘ (T 78, 22) (68) Nicht-Grad-Äquativ mit so (ohne Korrelat): (Exsurgens autem Ioseph a somno // fecit sicut pręcepit ei angelus domini) Arstantanti thô Ioseph fon slafe // teta só imo gibôt truhtines engil ‚Da stand Josef vom Schlaf auf und tat, wie ihm der Engel Gottes befohlen hatte.‘ (T 35, 1–2) Aus Sicht der Syntax-Semantik-Schnittstelle bemerkenwert sind seltene Belege wie in (69), bei denen das Tertium Comparationis in der Matrix fehlt, im Vergleichsstandard dagegen als overte Adjektivphrase auftaucht. Zudem steht diese (adverbiale) Adjektivphrase jeweils im Superlativ. Typisch ist hier außerdem das Vorkommen des Modalverbs ‚können‘ im Vergleichsstandard. Semantisch ist die Konstruktion äquivalent zu einem Grad-Äquativ, bei dem das entsprechende Adjektiv im Positiv als Tertium Comparationis im Matrixsatz steht.71 Die Konstruktion ist auch im Englischen möglich (I will help you as best I can),

71 Der Superlativ des Adjektivs passt zu dem in der Äquativsemantik vorliegenden Maximalitätsoperator, vgl. Kap. 7.3.5, Fußn. 420 (im heutigen Deutschen ggf. verdeutlicht durch nur und/oder irgend im Vergleichsstandard: ‚Sie nagelten ihn an das Kreuz zu dem maximalen Grad an Festigkeit, zu dem es ihnen (nur/irgend) möglich war‘). Behaghel (1923–32, III: 292 f.) nimmt an, dass diese Art der Äquativvergleiche „durch irgendeine Konstruktionsmischung“ entstanden sei. Später sei sogar teilweise das Schwinden der Vergleichspartikel zu beobachten, z. B. entschuldigend, best ich konnte.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

65

dagegen im heutigen Deutschen ungrammatisch (*Ich werde dir helfen, wie ich am (aller)besten kann). Im historischen Deutschen ist sie jedoch über einen längeren Zeitraum belegt, vgl. Behaghel (1923–32, III: 292 f.) und DWB (16: 1370 f.), im hier untersuchten historischen Korpus auch im Mittelhochdeutschen, s. Kap. 3.2, Bsp. (196) und (197), und im Frühneuhochdeutschen, s. Kap. 4.2, Bsp. (274) bis (277). (69) Äquativ (Grad-Äquativ) mit so und superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: in thaz crûci man nan nágalta sô sie tho fástôs móhtun. ‚Ans Kreuz nagelte man ihn, so fest wie sie nur konnten.‘ (O IV, 27, 18) Neben einfachem so kommen im Althochdeutschen auch verschiedene verstärkte Formen von so als Äquativanschluss vor. Diese und analog gebildete Vergleichseinleitungen werden hier und im Folgenden auch als komplexe Vergleichspartikeln bezeichnet, was sich jedoch nur auf ihren Status als zusammengesetzt bezieht und nicht notwendigerweise impliziert, dass es sich um syntaktisch komplexe Einheiten handelt. Vielmehr erfolgt im Verlauf der Grammatikalisierung eine Univerbierung, die teils, aber nicht immer, durch Zusammenschreibung ersichtlich ist. Die althochdeutsche Äquativpartikel so wird verstärkt durch drei Arten von Elementen, die auch in anderen Sprachen und im weiteren Verlauf der deutschen Sprachgeschichte diachrone Quellen für Äquativ-Verstärker bzw. neue Äquativpartikeln darstellen (zum Sprachvergleich s. u. Kap. 7.2, Übersicht (599)). (70) Bildung neuer Äquativpartikeln auf Grundlage von ‚Verstärkung‘ durch:72 (i) Korrelat: Ahd. soso, solih so (‚so/solch-wie‘) (ii)

Element mit Identitätssemantik ‚gleich‘, ‚selbe‘ o. ä.: Ahd. so sama so, so selb so (‚gleich-wie‘)

(iii)

Intensivierer ‚genau‘, ‚ganz‘, ‚völlig‘ o. ä.: Ahd. al-so (‚ganz-wie’)

72 Ein weiterer Typ zeigt sich in der deutschen Sprachgeschichte im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen mit inmassen und gestalt (Kap. 4.2 und 5.2). Hier wird ein ursprüngliches nominales Bezugselement aus dem Matrixsatz zum Teil des Vergleichsanschlusses oder schließlich selbst zur Vergleichspartikel. Auch dieser Typ findet sich in anderen Sprachen, s. u. Kap. 7.2.

66

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Beim erstgenannten Typ entsteht durch Reanalyse aus dem Korrelat so und der eigentlichen Äquativpartikel so eine neue Äquativpartikel soso, vgl. (71). (71) Äquativ mit soso: (Orantes autem nolite multum loqui // sicut ethnici) Betonte ni curet filu sprehan // sósó thie heidanon mán. ‚Beim Beten aber sollt ihr nicht viel sprechen wie die Heiden.‘ (T 67, 23–24) Den entscheidenden Ausgangskontext für diese Grammatikalisierung bilden insbesondere Nicht-Grad-Äquative, da hier das Korrelat so adjazent zum ursprüglich vergleichseinleitenden zweiten so zu stehen kommen kann, weil in dieser Vergleichsart kein Tertium Comparationis auf das Korrelat folgt. Dies ist etwa der Fall, wenn die rechte Satzklammer nicht besetzt ist, also z. B. ein einteiliges, in der linken Satzklammer (C0) stehendes Prädikat vorliegt, wie beispielsweise im neuhochdeutschen Satz Er macht es so, wie ich es mache. Hier stehen ebenfalls matrixinternes Korrelat so und vergleichseinleitendes wie adjazent. Ein anderer möglicher Ausgangskontext sind Fälle mit Topikalisierung bzw. Linksversetzung oder Extraposition von Korrelat und Vergleichsstandard (z. B. So wie ich es mache, (so) macht er es. / dass er es macht, so wie ich es mache). In Grad-Äquativen, in denen auf das Korrelat ja grundsätzlich noch mindestens das jeweils wechselnde Tertium Comparationis folgt, wie etwa in Er ist so groß/schön/…, wie ich es bin, ist dagegen die Reanalyse der Abfolge Korrelat-Vergleichspartikel zu einer neuen Vergleichspartikel nicht möglich, da beide generell nicht adjazent stehen. Die Nicht-Grad-Äquative stellen damit einen ganz entscheidenden Kontext für Sprachwandel im Bereich der Vergleichskonstruktionen dar, wie sich auch in der weiteren Untersuchung noch mehrfach zeigen wird (s. u. Kap. 3.2, 4.2, 5.2 und 7.3.5) – ein gewichtiger Grund, die Nicht-Grad-Äquative in die Betrachtung zentral einzubeziehen und sich nicht, wie in der Literatur zu Vergleichen teilweise üblich (s. Kap. 1.1), auf eine Untersuchung der Gradvergleiche zu beschränken. Die Entwicklung der komplexen Äquativpartikel soso kann man also in Anlehnung an den Korpusbeleg in (71) so veranschaulichen wie in (72) bzw. (73). Die Klammern geben die Satzgrenzen an.73

73 Daneben ist als Ausgangskontext für die Grammatikalisierung der komplexen Äquativpartikel soso auch, wie angedeutet, eine Linksversetzungskonstruktion der Form [so [so die heiden] so …] (‚So wie die Heiden, so…‘) denkbar, vgl. Bsp. (74) (ähnlich Erdmann 1874–1876, I: 57).

2.2 Äquative im Althochdeutschen

67

(72) [… sprehan so [so thie heidanon man]] ‚… sprechen so wie die Heiden‘ > [… sprehan [soso thie heidanon man] ‚… sprechen wie die Heiden‘ (73) [… so [so …]] > [… [ soso …]] ‚so wie‘ ‚wie‘ Auf diese Weise kommt es zu einem ‚Übertritt‘ des Matrixsatzelements in den Nebensatz: Diese Entstehungsthese vertreten bereits Behaghel (1923–32, III: 292: adverbiale Bestimmung aus Hauptsatz in Nebensatz übergetreten) und Grimm (DWB 16: 1370: ahd. soso entstanden aus Zusammenrückung von adverbialem und konjunktionalem so). Im weiteren Verlauf der Grammatikalisierung kommt es teilweise auch zu phonologischer Reduktion, wie häufig bei Grammatikalisierungsprozessen (‚Erosion‘, vgl. Hopper/ Traugott 2003, Heine 2003). So sind beispielsweise bei Otfrid Formen von soso mit Nebensilbenabschwächung bzw. Schwa-Apokope belegt, d. h. sose und sos (vgl. Wunder 1965).74 Nach abgeschlossener Grammatikalisierung konnte die neue Äquativpartikel ihrerseits wieder mit dem Korrelat so im Matrixsatz korrelativisch verknüpft werden. Dies ist bereits im Althochdeutschen nachzuweisen, wie Korpusbeleg (74) zeigt. (74) Äquativ mit soso und Korrelat so: (in quo enim iudicio iudicaveritis, // iudicabimini.) sósó ír in tuome tuoment, // só uuerdet ir gituomte. ‚Wie ihr im Gericht richtet, so werdet ihr gerichtet‘ (T 71, 18–19) Auch die Verbindung solih so in Bsp. (75) als Übersetzung von sicut kann als Verstärkung des so durch ein korrelatartiges Element (so-lih ‚so-beschaffen‘) verstanden werden.75

74 Die historischen Texteditionen verunklaren den fortgeschrittenen Grammatikalisierungsstand teilweise. So werden in der Otfrid-Ausgabe von Kelle beide Bestandteile teilweise künstlich durch Spatium oder gar Interpunktion getrennt (z. B. O IV, 7, 61 – in der Edition von Kleiber dagegen hier keine Interpunktion). Dagegen wandte sich schon Erdmann (1874–1876, I: 57). Für die aktuelle Forschung sind daher die Handschriften oder handschriftennahe Editionen, im Fall von Otfrids Evangelienbuch die neue Edition von Kleiber, zu verwenden. 75 Alternativ kann hier solih als vom Übersetzer zusätzlich eingefügtes Äquativkorrelat und so allein als Äquativpartikel und Entsprechung von sicut aufgefasst werden.

68

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

(75) Äquativ mit solih so: (Et thronus eius sicut sol in conspectu meo) Endi sn hohsetli ist solih so sunna azs minera antuuerdin ‚Und sein Thron ist wie die Sonne in meinem Angesicht‘ (I 9, 1) Mit Behaghel (1923–32, III: 278) kann man hier analog annehmen, dass das Korrelat, also solih, zunächst in Endstellung im Matrixsatz stand und aus dieser Position in den Nebensatz hinein reanalysiert wurde, wie in (76) dargestellt. (76) [… solih [so …]] > [… [solih so …]] ‚solch wie‘ ‚wie‘ Bei dem in (70 i) genannten Typ, der Grammatikalisierung einer neuen Äquativpartikel durch Reanalyse der Abfolge Korrelat+Äquativpartikel, handelt es sich um einen häufig beschrittenen Grammatikalisierungspfad. Analoge Reanalyseprozesse haben unter anderem zur Entstehung der lateinischen Äquativpartikeln sicut und tamquam, des gotischen swaswe und altsächsischen soso (vgl. DWB 1: 248; Matzel 1992: 217), des niederländischen (bezeichnenderweise auf die Nicht-Grad-Äquative, den hier angenommenen Entstehungskontext, beschränkten) zoals sowie im weiteren Verlauf der deutschen Sprachentwicklung, wie in Kap. 5.2 genauer dargelegt wird, zu als wie geführt. Es liegt jeweils ursprünglich die Bedeutung ‚so + wie‘ zugrunde.76 Bei dem oben unter (70 ii) angeführten Typ wird die Vergleichspartikel durch ein Element mit Identitätssemantik verstärkt. Im Althochdeutschen findet sich diese Art der Verstärkung in Form von sama (‚gleich‘, etymologisch identisch mit engl. same) oder selb (‚selbe/gleich‘), das mit dem ursprünglich vergleichseinleitenden so und optional dem vorausgehenden Korrelat so zur komplexen neuen Äquativeinleitung wird:77

76 Im Fall des neuhochdeutschen sowie ist die Situation dagegen etwas anders: Hier ist keine Äquativpartikel, sondern eine koordinierende Konjunktion aus Korrelat so + Äquativpartikel wie grammatikalisiert worden. Im weiteren Sinne ist es sowohl als auch vergleichbar. Hier zeigt sich die diachron und systematisch bestehende Nähe von Vergleichen und Koordination (s. auch Kap. 4.2 und 8.3). 77 Formal ähnelt so sama so/so selp so anderen diachron auf einer als Nebensatzeinleitung reanalysierten Äquativkonstruktion beruhenden Elementen wie so sliumo/lango/wito so sowie dem relativsatzeinleitenden, ebenfalls mit korrelativischem so … so gebildeten so wer so, auch so wio so etc. (dazu auch s. u. zur Entstehung von so wio so); vgl. auch Ae. swa same swa, das formal swa feor north swa ‚so weit nördlich wie‘ etc. entspricht.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

69

(77) Äquativ mit so sama so: (aut numquid angelus cum deo potuit facere hominem) odho mahti angil so sama so got mannan chifrumman ‚Oder könnte ein Engel wie Gott einen Menschen schaffen?‘ (I 3, 5) (78) Äquativ mit samaso (und soso): (estote ergo // prudentes sicut serpentes. // et simplices sicut columbę.) uueset // uúise samaso nátrun // inti lúttare sósó tubun ‚Seid weise wie die Schlangen und ehrlich wie die Tauben‘ (T 77, 20–22) (79) Äquativ mit so selb so: (Christus enim ex patre ita emicuit ut splendor e lumine) Christus auur sus quham fona fater ziuuaare so selp so dhiu berahtnissi fona sunnun ‚Christus kam so vom Himmel, wie das Licht von der Sonne‘ (I 2, 5) Wiederum wird hier ein ursprünglich zum übergeordneten Satz gehörendes Bezugselement, auf das die Äquativpartikel regelmäßig folgte, als Teil des Äquativanschlusses reanalysiert wie in (80) schematisch wiedergegeben (vgl. auch Behaghel 1923–32, III: 292). (80) a. [… so sama [so …]] > [… [(so)samaso …]] b. [… so selb [so …]] > [… [so selb so …]] ‚gleich wie‘ ‚wie‘ Dafür, dass so sama als ursprünglich zusammengehörige Einheit im Matrixsatz aufzufassen ist, spricht u. a. die Tatsache, dass es auch als anaphorisches Korrelat verwendet wird wie in Bsp. (81). (81) Äquativ mit so selp so und Korrelat so sama: (Quia iam sicut nullum templum nullum altare nullum sacrificium ita nullus rex nullus sacerdos remansit iudęis.) Huuanda so selp so im noh ein tempel ni bileiph noh einich altari noh einich offerunc ghelstar, so sama ni bileiph im einich chuninc noh einich sacerdos iudęoliudim ‚denn wie ihnen weder ein Tempel blieb, noch ein Altar, noch irgendeine Opferstätte, so blieb ihnen weder ein König noch ein Priester, den Juden‘ (I 8, 3)

70

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Der Ausgangspunkt für diese Grammatikalisierung lässt sich folgendermaßen rekonstruieren: Sama konnte in Vergleichskonstruktionen im übergeordneten Satz als ein die Identität des Grades bzw. der Art und Weise verstärkendes Bezugselement zum eigentlichen Vergleichssatz auftreten wie in (82). (82) daz mîn prędicatio […] sámo sûoze sî . só der tuîresto uuîn. ‚dass meine Praedicatio gleichermaßen süß sei wie der teuerste Wein‘ (Will 46v, 21–24) Ähnlich wie oben im Fall des Korrelats so konnte es, wenn es in derartigen Konstruktionen unmittelbar vor dem vergleichsanschließenden so zu stehen kam, als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert werden. Analoges ist für (so) selp so anzusetzen. (So) sama so findet sich auch phonologisch reduziert zu samaso. Im nächsten Grammatikalisierungsschritt fiel die auf sama folgende ursprüngliche Äquativpartikel so seit dem Spätalthochdeutschen weg – laut Behaghel (1923–32, III: 292) ab Notker – und sama übernahm allein die Funktion des Äquativanschlusses.78 Diese neu grammatikalisierte Äquativpartikel sama hat sich im Deutschen über mehrere Jahrhunderte gehalten: Im Mittelhochdeutschen und vereinzelt bis ins Frühneuhochdeutsche tritt sie in der phonologisch reduzierten Form same bzw. sam und der gemäß Typ (70 iii) wiederum verstärkten Form alsam als Vergleichsanschluss in Äquativen auf (vgl. Kap. 3.2, 4.2) und hat sich dialektal im Oberdeutschen teilweise erhalten. So führt Weise (1918: 174) fürs Egerländische, eine nordbairische Varietät, sam als bzw. als sam als Vergleichspartikeln in hypothetischen Vergleichen an (vgl. Kap. 6.3, Bsp. (572)). Das bei Typ (70 ii) als Bestandteil der Äquativeinleitung reanalysierte Element ist also ursprünglich kein Korrelat, das ana- bzw. kataphorisch auf den Grad bzw. die Art und Weise hinweist, sondern ein Element, das die Gleichheit der Grade bzw. der Art und Weise explizit macht und damit in seiner lexikalischen Semantik der Äquativsemantik in etwa entspricht und geeignet ist, diese zu verstärken.79 Im Verlauf der Grammatikalisierung zur Äquativpartikel wird, wie bei Grammatikalisierungsprozessen typisch, diese lexikalische Identitätssemantik abgeschwächt zur bloßen (grammatischen) Äquativsemantik. Das ur-

78 Ähnlich wie in Jespersens Zyklus (Jespersen 1917) etwa das hinzukommende negationsverstärkende Element im Lauf der Zeit nach Wegfall der ursprünglichen Negationspartikel selbst zur Negationspartikel wird. 79 Durch die Bedeutung von ‚gleich‘ wird sogar Identität der Art und Weise bzw. der Grade ausgesagt, nicht bloß, wie in der üblichen Äquativsemantik (vgl. Kap. 7.3.5) ein Größer-GleichVerhältnis (hier ergibt sich die Identität per Implikatur).

2.2 Äquative im Althochdeutschen

71

sprünglich ‚gleich‘ bedeutende Adverb sama wird zur bloßen Äquativpartikel, zum grammatischen Marker des Vergleichsstandards im Äquativvergleich.80 Auch bei dem Typ der Verstärkung durch ein Element mit Identitätssemantik handelt es sich um einen sprachübergreifend häufig genutzten Grammatikalisierungspfad für Vergleichspartikeln. Auf lexikalischen Elementen mit Identitätssemantik oder auf Verstärkungen durch diese beruhen unter anderem die Äquativpartikeln Nl. gelijk, Engl. like, Norw. like, Schwed. lika, Dän. lige så (s. auch Kap. 7.2) und im weiteren Verlauf der deutschen Sprachgeschichte im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen gleichwie und gleichsam (s. Kap. 4.2 und 5.2). Den oben in (70 iii) genannten Typ schließlich bildet Verstärkung mit einem Intensivierer (einer Gradpartikel bzw. einem Allquantor). Im Althochdeutschen findet sich dieser Typ in Form von Verstärkung der Äquativpartikel so mit dem ursprünglich adverbialen al ‚ganz‘, das ebenfalls als Teil des Äquativanschlusses reanalysiert wurde und mit so zu also, dem Vorgänger unserer heutigen Komparativpartikel als, verschmolz, vgl. den spätalthochdeutschen Beleg in (83).81 (83) Äquativ mit also: (Iustitia tua sicut montes domine) Din reht trûhten ist also bérga. ‚Deine Gerechtigkeit, Herr, ist wie die Berge.‘ (N Ps. 35, 7 (116, 5)) Auch hier lässt sich die Entwicklung als Reanalyse eines Matrixsatzbezugselements und adjazent folgender Äquativpartikel zur neuen Äquativpartikel analysieren, vgl. auch ausführlich Kap. 8.1.1. Die Reanalyse beruht dabei auf einer Konstruktion der Art … ganz/gänzlich, wie …, vgl. den althochdeutschen Beleg (84), wo die Zäsur zwischen al und so als Indiz dafür gewertet werden kann, dass al noch Teil des Matrixsatzes ist. (84) Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit matrixinternem, adverbialem al ‚ganz‘ und adjazenter Äquativpartikel so ‚wie‘ (Ausgangskontext für Grammatikalisierung der Äquativpartikel also):

80 Dies ließe sich im Sinn von van Gelderen (2008: 2011) als ein Beispiel des typischen Wandels von einem semantischen zu einem formalen Merkmal analysieren, vgl. ausführlich Kap. 7.3.5. 81 Notkers Psalter wurde mit Hilfe des Titus-Korpus hierfür zusätzlich ausgewertet, vgl. zur diachronen Datengrundlage Kap. 1.3.

72

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

bi namen wéiz ih thih ál só man sinan drút scal. ‚Beim Namen kenne ich dich – ganz, wie man seinen Freund (kennen) soll‘ (O V, 8, 38) (85) [… al [so …]] > [… [also …]] ‚… ganz wie …‘ ‚wie‘ Wiederum bilden Nicht-Grad-Äquative den typischen Ausgangskontext, in dem durch das Fehlen eines Tertium Comparationis häufig Adjazenz beider Elemente vorliegt. Bezeichnenderweise haben auch die von Grimm (1884: 296) angeführten, auf diese Weise grammatikalisierten Äquativpartikeln jeweils rein modale Bedeutung. Das Matrixsatzbezugselement ist bei diesem Typ allerdings weder ein Korrelat, das auf den gleichgesetzten Grad oder die Art und Weise vorausweist, noch ein Element mit lexikalischer Identitätssemantik, sondern ein Intensivierer (Gradpartikel/Allquantor).82 Nach Behaghel (1923–32, III: 67) und Grimm (1884: 295) findet sich die so neu entstandene Äquativpartikel also im Althochdeutschen zuerst vereinzelt bei Otfrid, vgl. (86),83 vor allem aber später bei Notker, vgl. auch AWB (1: 247– 286). Im althochdeutschen Isidor und Tatian ist also dagegen noch nicht belegt, wie auch die Korpusergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestäti-

82 Der semantische Beitrag dieses adverbialen al kann in Nicht-Grad-Äquativen als Quantifikation über die verschiedenen relevanten Dimensionen oder Skalen aufgefasst werden, die die Art und Weise charakterisieren (im Unterschied zum Gradvergleich, bei dem der Vergleich auf eine einzige Dimension (Gradskala) reduziert ist, vgl. Umbach/Gust (2014), s. auch Kap. 7.3.5). Er macht es ganz wie ich ließe sich damit paraphrasieren als ‚Er macht es in jeder Hinsicht wie ich‘ (im Sinn von Umbach/Gust (2014): ‚Auf jeder kontextuell relevanten Eigenschaftsskala sind die Punkte, auf die die generalisierte Maßfunktion sein und mein Tun jeweils abbildet, ununterscheidbar‘). Alternativ lässt sich der ursprüngliche semantische Beitrag eines Elements wie des adverbialen al als explizite Entsprechung des max-Operators in der logischen Form der Äquative (vgl. Kap. 7.3.5, Fußn. 420) deuten, quantifiziert also über die Grade der relevanten Skala, d. h. das Komparandum reicht in seinem Ausprägungsgrad der relevanten Eigenschaft wirklich völlig an den Grad des Vergleichsstandards heran, statt sich etwa nur anzunähern. In diesem Sinn reduziert al (ebenso wie andere Intensivierer wie genau, frnhd. recht/ engl. just etc., s. auch Kap. 7.2, (599 iii)) den in Äquativen normalerweise einbegriffenen Toleranzbereich (vgl. Umbach/Gust 2014: ‚tolerance range‘/‚granularity‘). 83 Laut Behaghel (1923–32, III: 67) sechs Belege bei Otfrid, laut Wunder (1965) dagegen 10 Belege. Im Referenzkorpus Altdeutsch finden sich bei Otfrid ebenfalls 10 Belege, z. T. liegt aber al soso statt al so vor. Insgesamt lassen sich jedoch nur drei dieser Belege als komplexe Äquativpartikel al so deuten sowie zwei weitere als Vorläuferkonstruktionen, in denen al noch im Matrixsatz steht.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

73

gen.84 Die Äquativpartikel also dürfte damit im Lauf des Althochdeutschen entstanden sein, ggf. begann der Grammatikalisierungsprozess aber auch schon in voralthochdeutscher Zeit, denn alle westgermanischen Sprachen weisen entsprechende Formen auf (ae. eall-swā, afries. alsā, as./anl./ahd. alsō).85 Auch das anaphorische Korrelat so konnte mit adverbialem al verstärkt werden und somit wie in (87) als also auftreten. Dieses wurde vom Mittelhochdeutschen bis ins Frühneuhochdeutsche des 15. Jahrhunderts (z. T. auch in der phonologisch reduzierten Form als) häufiger als bloßes so als Korrelat verwendet und tritt bis ins 17. Jahrhundert auf, vgl. Kap. 3.2 und 4.2, sowie dialektal bis heute, vgl. Kap. 6.2.86 Das sich so ergebende korrelativische also … also bzw. später als … als entspricht dem Englischen as … as. (86) Äquativ mit also: D&a er iz scónara, al so zám ‚machte er es schöner, (ganz) wie es sich gehörte‘ (O II, 10, 11) (87) Äquativ mit also und Korrelat also: Also uuára zenémenne íst . uuío boetius in primo libro uuás incusans fortunam . únde sia philosophia dés ferspráh in secundo libro . rhetorica defensione . álso íst hîer in tertio libro uuára zetûonne ‚Wie wahrzunehmen ist, wie/dass Boetius im ersten Buch „incusans fortunam“ (= das Schicksal anklagend) war, so ist hier im dritten Buch wahrzunehmen …‘ (N Boeth. 181, 27–29) Laut Grimm (1884: 295) ist das al bei Otfrid noch unbetont, bei Notker dagegen wechselt die Betonung von so auf al: Notker schreibt sonst sô, die mit al verstärkte Äquativpartikel gibt er dagegen auch explizit als álso wieder, vgl. (87). Diese Beobachtung von Grimm spricht dafür, dass die vollständige Grammatikalisierung zur Äquativpartikel im Spätalthochdeutschen abgeschlossen war. In der weiteren Entwicklung wird die zweite Silbe durch die Nebensilbenabschwächung weiter phonologisch reduziert: bei Williram findet sich bereits alse.

84 Es findet sich nur die mit al verstärkte Form des Demonstrativums so (I 5, 8: al so). 85 Dagegen gibt es keine Entsprechungen im Nord- und Ostgermanischen etwa kein anord. *all-svá oder got. *all-swa (Thomas Klein, p.c.). 86 Verstärkungen des Korrelats so sind ebenfalls bis heute zu beobachten, vgl. nhd. genauso.

74

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Auch die neu grammatikalisierte Äquativpartikel also konnte dann wiederum mit dem Korrelat so kombiniert werden wie in (88) bzw. mit dem seinerseits duch al- verstärkten Korrelat also, s. (87). (88) Äquativ mit also und Korrelat so: siû sint ûfen mir so suâre . also suâre burdi ‚Sie sind auf mir so schwer wie eine schwere Last‘ (N Ps. 37, 5 (126, 1 f.)) Auf der Grundlage der Verwendung der Äquativpartikel also mit dem Korrelat so konnte bei Adjazenz des Korrelats und der folgenden Äquativpartikel wiederum eine neue Äquativpartikel gemäß Typ (70 i) grammatikalisiert werden, das althochdeutsche soalso (Schützeichel 2012: 302). Hierbei handelt es sich somit um zyklische, d. h. mehrfach hintereinander ablaufende Reanalyse von matrixsatzinternem Bezugselement und adjazenter Äquativpartikel zu einer neuen Äquativpartikel – zunächst gemäß (70 iii) und anschließend gemäß (70 i), wie in (89) dargestellt. Analoges ist für Niederländisch zoals anzunehmen. Zyklische Prozesse sind im Sprachwandel häufig zu beobachten, vgl. van Gelderen (Hrsg. 2009, 2011, 2016). Auch der syntaktisch-distributionelle Wandel der Vergleichspartikeln im Deutschen ist zyklisch verlaufen, s. Kap. 7.1. (89) a. [… al [so …]] > [… [also …]] Verstärkung mit Intensivierer > b. [… so [also …]] > [… [soalso …]] Verstärkung mit Korrelat Interessant ist in diesem Zusammenhang die u. a. bei Otfrid belegte Äquativpartikel al soso wie in (90), vgl. auch Schrodt (2004: 169). Hier hat offensichtlich ebenfalls zyklische Reanalyse stattgefunden, allerdings in umgekehrter Abfolge: zunächst nach Typ (70 i) und anschließend Typ (70 iii). (90) Äquativ mit al soso: quam […] in thiz lánt breita, ál soso er giméinta ‚kam in dieses weite Land, wie er es sagte‘ (O II, 2, 18) (91) a. [… so [so …]] > [… [ soso …]] Verstärkung mit Korrelat > b. [… al [soso …]] > [… [al soso …]] Verstärkung mit Intensivierer Wie der Sprachvergleich zeigt, ist auch der dritte Typus in (70) ein häufig genutzter Grammatikalisierungspfad im Bereich der Äquativpartikeln. Im Alt-

2.2 Äquative im Althochdeutschen

75

sächsischen ist auf diese Weise ebenfalls die Äquativpartikel also entstanden, im Altenglischen ealsva, der Vorläufer des bis heute als Äquativpartikel genutzten englischen as. Und auch außerhalb der germanischen Sprachen kommt dieser Typ vor, etwa im Provenzalischen mit tot aissi (tout ainsi) bzw. tot atressi (tout aussi) (Grimm 1884: 296). Mit einigen wenigen Belegen im AWB (2: 161) angeführt ist die seltene Verwendung der eigentlichen Komparativpartikel thanne in Äquativen mit „Bruchzahlen oder multiplikativen Zahladjektiven“, d. h. in Vergleichen, in denen semantisch gesehen insgesamt keine Gleichheit vorliegt, obwohl es sich formal um Äquativvergleiche handelt, wie in (92) illustriert, vgl. auch Behaghel (1923– 32, III: 276). Äquative mit Ausdrücken von Vielfachen und auch mit Negation, in denen insgesamt also eigentlich eine Ungleichheit ausgedrückt wird, weisen auch sprachübergreifend mitunter ‚fälschlicherweise‘ Komparativpartikeln auf und stellen wichtige Brückenkontexte für die syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln dar, s. auch Kap. 7.2 und ausführlich 7.3.4. Belege dieser Art sind jedoch alles in allem sehr selten und im hier untersuchten althochdeutschen Korpus nicht enthalten. (92) Äquativ mit danne/tanne: uuánda óuh sélbez taz sáng . nôte stîgen sól fóne déro stéte dàr iz ánagefângen uuírt . únz tára sîn hóhi gât . íh méino uuîlôn ióh ze demo áhtodên bûohstábe . dér zuíualt líutet . tánne dér bûohstáb . ze démo iz ánafîeng ‚Denn die Melodie selbst soll ja notwendigerweise aufsteigen von der Stelle her, wo sie angefangen wird, bis zu ihrem Höhepunkt; ich meine: manchmal sogar bis zum achten Ton, welcher doppelt so hoch wie der Ton ist, wo die Melodie anfing.‘ (N Mus. IV, 16) Über die Häufigkeit der verschiedenen Äquativ-Einleitungselemente im Althochdeutschen gibt die Tabelle in (93) auf Grundlage des untersuchten Korpus aus dem althochdeutschen Isidor und Tatian Aufschluss (Angaben zum Korpus s. o. Kap. 1.3). Für die im Vergleich zu den Komparativvergleichen deutlich frequenteren Äquativvergleiche wurde der althochdeutsche Isidor vollständig ausgewertet, vom Tatian etwa ein Viertel des Textes (bis einschließlich Kapitel 55). In Tabelle (93) sind zudem Angaben für Otfrids Evangelienbuch auf Grundlage der Daten in Wunder (1965: 175–180) ergänzt.87 87 Hier zu den Äquativvergleichen zu rechnende Nebensatzarten sind bei Wunder (1965) die Vergleichssätze, Modalsätze und Einschubsätze – insgesamt 423 Belege. Allerdings sind in Wunders Daten somit nur Satzvergleiche und keine Phrasenvergleiche enthalten, die in der vorliegenden Untersuchung natürlich immer mit in die Auswertung einbezogen wurden.

76

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

In allen drei Texten besteht das Hauptmuster bei den Äquativvergleichen übereinstimmend in der Markierung des Vergleichsstandards mit einfachem so. Es wird je nach Text in knapp der Hälfte bis reichlich vier Fünfteln der Äquativvergleiche gebraucht. In Isidor und Tatian liegen die Anteile mit 61 bzw. 43 Prozent unter denen von Otfrid mit 82 Prozent, so dass sich hier eine diachrone Zunahme im Lauf des Althochdeutschen andeutet. Die auf der Basis von verstärktem so gebildeten komplexen Äquativpartikeln werden deutlich seltener gebraucht: Im Isidor bilden so sama so und so selb so die zweithäufigsten Muster, wobei Ersteres auch im Tatian gelegentlich belegt ist und Letzteres bei Otfrid, im Tatian dagegen nicht, vgl. auch Schützeichel (2012: 302). Im Tatian und bei Otfrid ist dagegen die aus der Verstärkung mit dem Korrelat hervorgegangene Vergleichspartikel soso am zweithäufigsten, die wiederum im Isidor nicht belegt ist. Nur vereinzelt belegt sind daneben solih so in Isidor und Tatian und io so sowie also bei Otfrid. Die Texte stimmen also bezüglich des Hauptmusters mit einfachem so überein. Dieses Muster ist auch im mittelhochdeutschen Korpus noch häufig belegt, vgl. Kap. 3.2. Die Texte unterscheiden sich aber im Detail hinsichtlich der sonst noch verwendeten verstärkten Äquativpartikeln, die teilweise ebenfalls noch nach der althochdeutschen Sprachstufe weiter verwendet werden (vgl. Kap. 3.2: same, also). (93) Äquativanschluss im Althochdeutschen so

soso

(so) sama so

so selb so

solih so

io so

also

I (um 800, Südrhfränk.)

23 (61 %)

0 (0 %)

7 (18 %)

7 (18 %)

1 (3 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

T (um 830, OFränkisch)

16 (43 %)

11 (30 %)

9 (24 %)

0 (0 %)

1 (3 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

O (863–871, Südrhfränk.)

347 (82 %)

55 (13 %)

0 (0 %)

6 (2 %)

0 (0 %)

5 (1 %)

10 (2 %)

Durchschnitt (%)

62 %

14 %

14 %

7%

2%

0%

1%

Summe (498)

386 (78 %)

66 (13 %)

16 (3 %)

13 (3 %)

2 (0 %)

5 (1 %)

10 (2 %)

Da Isidor und Tatian wie die meisten althochdeutschen Texte Übersetzungen lateinischer Vorlagen darstellen, ist auch das jeweilige Original zu berücksichtigen. Die verschiedenen althochdeutschen Einleitungselemente stehen einer ganzen Reihe lateinischer Äquativpartikeln gegenüber: zumeist dem überwiegend verwendeten lateinischen sicut, seltener auch ut, quasi, ita, sic, cum. Da-

2.2 Äquative im Althochdeutschen

77

bei ist keine eindeutige Zuordnung jeweils einer bestimmten althochdeutschen zu einer bestimmten lateinischen Äquativpartikel in der Übersetzung festzustellen. Im Isidor finden sich einige Fälle, die hier als Vergleichsbelege gewertet wurden, teilweise aber ambig sind zwischen abhängigen Sätzen und selbstständigen Sätzen. Dies betrifft 16 der 38 Äquative (13 der 23 Belege mit so und 3 der 7 Belege mit so sama so). In ähnlicher Weise ambig sind mit tho, ther etc. eingeleitete Sätze im Isidor, die als Hauptsätze oder Nebensätze anzusehen sind, je nachdem ob das erste Element als Demonstrativpronomen/-adverb oder Relativpronomen/Konjunktion analysiert wird. Ich folge hier der in der Literatur üblichen Analyse derartiger Belege, die zumeist unter dem Terminus relativer Satzanschluss diskutiert werden, als abhängige Sätze (Nebensätze), vgl. Axel (2007: 75), Lippert (1974: 76–80), Reis (1901: 222), Robinson (1997: 29– 31), und betrachte daher die mit so eingeleiteten entsprechenden Belege als Vergleichssätze, in denen so als Äquativpartikel zu analysieren ist. Alternativ könnte man sie als Hauptsätze betrachten und so als Demonstrativadverb. So sind die fraglichen Belege beispielsweise im Referenzkorpus Altdeutsch annotiert, wobei die hier teilweise angegebene Übersetzung ‚ebenso wie‘ ebenfalls eher für eine Analyse als abhängiger Vergleichssatz spricht. Aus linguistischer Sicht spricht für die Analyse der entsprechenden Belege als abhängige Vergleichssätze und nicht als Hauptsätze v. a. die Tatsache, dass in vielen dieser Fälle eindeutig Stellung des finiten Verbs in der rechten Satzklammer (ggf. mit Extraposition) vorliegt, die schon im Althochdeutschen nebensatztypisch ist (vgl. Axel 2007). Dies liegt insbesondere dann unzweifelhaft vor, wenn die Abfolge infinites Verb vor finitem Verb im Verbalkomplex zu beobachten ist, wie in den putativen Vergleichssätzen so sama so auh araughit ist in … (I 4, 7) oder so chisendit uuard … (I 3, 9). Zudem stehen zwischen so und dem finiten Verb durchaus mehrere, z. T. längere Satzglieder, wie in: so [dher angil gotes] [zi dhemu heilegin forasagin] quhad (I 5, 5 f.).88 Dies ist sonst in Hauptsätzen im Isidor nicht der Fall, spricht also ebenfalls für Verbendstellung und Nebensatzstatus, d. h. Analyse als Vergleichssätze.89 Ein weiteres linguistisches Argu-

88 Ebenso I 9, 11, I 4, 4, I 5, 1 und I 3, 4. 89 Die Graphie der Handschrift erbringt dagegen keine eindeutigen Hinweise bezüglich des syntaktischen Status dieser Fälle als Haupt- oder Nebensätze: überwiegend findet sich keine Interpunktion vor so, aber Großschreibung des so, z. T. auch Interpunktion (Punkt, Doppelpunkt bzw. Semikolon). In der lateinischen Vorlage entspricht dem so ein sic, ita oder es findet sich keine direkte Entsprechung. Daneben gibt es noch zwei anders gelagerte Zweifelsfälle (I 5, 8, I 9, 6), in denen der mit so (lat. quod) eingeleitete Satz als Nicht-Grad-Äquativ oder als Relativsatz analysiert werden könnte.

78

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

ment stellt auch das Vorkommen von Äquativkorrelaten zusammen mit den hier als Vergleichssätzen eingeordneten Konstruktionen dar. Unabhängig davon, ob man diese Zweifelsfälle wie in Tabelle (93) zu den Vergleichssätzen rechnet oder nicht, ergibt sich jedoch als empirischer Befund für die Äquative im Isidor, dass einfaches so das Hauptmuster bildet und daneben seltener die komplexen Äquativanschlüsse so sama so, so selb so und solih so vorkommen. Wie Komparativvergleiche kommen auch Äquativvergleiche grundsätzlich sowohl in Form von Satz- als auch von Phrasenvergleichen vor. In den Satzvergleichen steht das finite Verb in der Regel in der rechten Satzklammer (V0/I0), vgl. u. a. (74), (81) und (99) – im Isidor in allen belegten satzwertigen Äquativvergleichen durchgängig, im Tatian in Übereinstimmung mit dem lateinischen Original gelegentlich auch in scheinbarer Zweitstellung bzw. Erststellung, vgl. (68) oben sowie (94) bzw. (96),90 die jedoch alternativ jeweils auch als Verbendstellung mit Extraposition analysierbar ist. Die Tatsache, dass bei Ergänzen von im lateinischen Original fehlenden Verben wie ist in (95) im Tatian Verbendstellung gewählt wird, spricht dafür, dass dies der genuin althochdeutsche Verbstellungstyp in Vergleichssätzen ist, wie in den sonstigen Nebensätzen. (94) Äquativ mit so, Satzvergleich: (et dimitte nobis debita nostra // sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.) Inti furlaz uns unsara sculdi // só [uúir fúrlazemes unsaren sculdigon] ‚Und vergib uns unsere Schuld, wie wir unseren Schuldigern vergeben.‘ (T 68, 11 f.) (95) Äquativ mit so und Korrelat so, Satzvergleich: (fiat voluntas tua, // sicut in cælo et in terra) si thín uuillo // só [hér in himile ist] só si hér in erdu ‚Es sei dein Wille − wie er im Himmel ist, so sei er auf der Erde.‘ (T 68, 7 f.)

90 Wie Masser (1994) nachgewiesen hat, interferiert im Tatian der Zeilenumbruch mit der Verbstellung, da nur innerhalb einer Zeile Wörter gegenüber der lateinischen Vorlage umgestellt werden. In (94) und (96) befindet sich der Vergleichssatz jedoch auf einer Zeile der Handschrift. Dies gilt auch für (68). Hier ist das Verb zwar gegenüber dem lateinischen Original hinter das pronominale Objekt imo verschoben, aber nicht bis ans Ende des Satzes. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass sich das Verb in diesem Fall dennoch in der rechten Satzklammer befindet und das Subjekt truhtines engil extraponiert ist.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

79

(96) Äquativ mit soso, Satzvergleich: (In deserto parate viam domini // sicut dixit esaias propheta) In uuvostinnu garuuet trohtines uueg // soso [quad esaias ther uuîzago] ‚Bereitet dem Herrn einen Weg in der Wüste, wie Jesaja der Prophet sagte.‘ (T 47, 20 f.) Die vorkommenden Einleitungselemente können grundsätzlich Phrasen- und Satzvergleiche anschließen, wie schon die oben angeführten Belege illustrieren. In (65) leitet beispielsweise so einen Satzvergleich ein, in (67) einen Phrasenvergleich. Weitere Belege sind in (98) und (99) gegeben. In (74) steht soso als Äquativanschluss bei einem Satzvergleich, in (71) bei einem Phrasenvergleich. (81) stellt einen mit so selb so eingeleiteten Satzvergleich dar, (97) einen mit so selb so eingeleiteten Phrasenvergleich. (97) Äquativ mit so selp so, Phrasenvergleich (NP): (Ecce et me sicut et te fecit deus) See endi mih deda got so selp so [dhih] ‚Siehe mich hat Gott gemacht wie dich.‘ (I 3, 10) (98) Äquativ mit so, Phrasenvergleich (NP): (Ecce adam factus est quasi unus ex nobis) See adam ist dhiu chiliihho uuordan so [einhuuelih unser] ‚Siehe, Adam ist genauso geworden wie einer von uns.‘ (I 4, 5) (99) Äquativ mit so, Satzvergleich: (et misericordiam meam non auferam ab eo, sicut abstuli ab eo, qui ante te fuit) endi mina miltnissa ni nimu ih ab imu, so [ih fona dhemu nam, dher ær fora dhir uuas]. ‚Und meine Gnade nehme ich nicht von ihm, wie ich (sie) von dem nahm, der vor dir war.‘ (I 9, 2) Als satzwertig sind auch diejenigen Belege zu betrachten, bei denen der Vergleichsstandard aus mehreren Satzgliedern besteht, d. h. wo Gapping, also elliptische Verkürzung einer an sich satzwertigen Struktur vorliegt, wie in (79), wo der Vergleichsstandard aus dem Subjekt dhiu berahtnissi ‚die Pracht/das Leuchten‘ und dem Direktionaladverbial fona sunnun ‚von der Sonne‘ besteht

80

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

und das mit dem Prädikat des Restsatzes identische quam ‚kam‘ elliptisch ausgelassen ist. Nur im Fall der Äquativpartikel samaso deutet sich der Tendenz nach eine Differenzierung nach dem syntaktischen Status des Vergleichsstandards an: samaso ist im Tatian fast ausschließlich in Phrasenvergleichen und praktisch nicht in Satzvergleichen belegt.91 Auch im Isidor steht so sama so überwiegend in Phrasenvergleichen. In Phrasenvergleichen besteht der Vergleichsstandard wie im heutigen Deutschen (vgl. Kap. 1.2) zumeist aus einer Nominalphrase, vgl. u. a. die Belege in (67), (71), (78), (82), (83), (88) und (97). Daneben sind auch Präpositionalphrasen als Vergleichsstandard belegt wie in (100). (100)

Äquativ mit so, Phrasenvergleich (PP): (quia in eum non ad mensuram spiritus inhabitat sanctus sicut in nobis, sed tota inest plenitudo diuinitatis et gratiarum.) huuanda in imu ni ardot dher heilego gheist zi mezsse so [in uns]. Oh in imu ist elliu folnissa gotes ghebono ioh gheistes. ‚denn in ihm weilt der heilige Geist nicht in dem Maß, wie in uns, sondern in ihm ist die ganze Fülle der Gabe Gottes und des Geistes.‘ (I 9, 8)

Nicht nur bezüglich der syntaktischen Form des Vergleichsstandards, sondern auch bezüglich des Vorkommens in den verschiedenen semantischen Typen von Äquativen sind die belegten althochdeutschen Äquativpartikeln ähnlich flexibel wie unser heutiges wie. Wie oben erwähnt, leiten die verschiedenen Partikeln gleichermaßen Grad-Äquative, vgl. u. a. die Belege in (65), (82), (88), wie die insgesamt im Korpus deutlich häufiger belegten Nicht-Grad-Äquative, also solche ohne explizites Tertium Comparationis, ein, vgl. u. a. die Belege in (66), (67), (68), (74), (75), (77), (79), (81), (83), (94), (96), (97) und (100). Wie im heutigen Deutschen kann das Tertium Comparationis in Grad-Äquativen auch im Althochdeutschen verschiedene syntaktische Funktionen erfüllen. In (101) handelt es sich bei dem Tertium Comparationis ofto um ein Adverb in adverbialer Funktion, in (102) bei bithekkit um ein prädikatives Adjektiv bzw. Partizip, in (65) bei manag um ein Pronomen in der Funktion eines Objekts.

91 Im gesamten Tatian kommt samaso etwa drei bis vier Mal in Satzvergleichen vor, so beispielsweise in dem unten in (118) angegebenen Beleg, ganz überwiegend aber in Phrasenvergleichen.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

81

(101)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so und Korrelat so, Tert. Comp. adverbiale AdvP: (Uerum quotiens inimici christi omnem hanc prophetiam natiuitatis eius audiunt) Uuaar ist, dhazs so ofto so dhea christes fiant dhesiu heilegun foraspel chihorant umbi christes chiburt, … ‚Wahr ist, dass so oft, wie die Feinde Christi diese heilige Prophezeiung von Christi Geburt hören, …‘ (I 5, 5)

(102)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so und Korrelat so, Tert. Comp. prädikative AP: (Dico autem vobis. // quoniam nec salomon in omni gloria sua // coopertus est sicut unum ex istis.) ih quidu íu // thaz salomon in allero sinero diuridu // niuuas só bithekkit só ein fon thesen ‚Ich sage euch, dass Salomon in all seiner Herrlichkeit nicht so bekleidet war, wie eine von diesen.‘ (T 70, 28–30)

In manchen Sprachen gibt es bei der Wahl der Äquativpartikeln klare Unterschiede zwischen den verschiedenen semantischen Arten von Äquativen, den Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, s. Kap. 7.2. Solche Distributionsunterschiede zeigen sich, wie wir sehen werden, auch in der weiteren Geschichte des Deutschen sehr deutlich (s. Kap. 3.2, 4.2, 5.2 und 7.1). Im Althochdeutschen korreliert die Wahl der Vergleichspartikel jedoch nicht in offensichtlicher Weise mit diesem Unterschied, wie Tabelle (103) verdeutlicht, in der zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen unterschieden ist.92

92 Die Angaben bei Wunder (1965: 170–183) zu den mit so eingeleiteten Nebensätzen in Otfrids Evangelienbuch erlauben keine Aufschlüsselung nach Nicht-Grad-Äquativen und GradÄquativen. Die relevanten Typen bei Wunder (Vergleichssätze, Modalsätze, Einschubsätze) werden alle überwiegend mit Nicht-Grad-Äquativen illustriert, wobei bei den ‚Modalsätzen‘ auch vereinzelt Grad-Äquative (so fram so etc.) aufgeführt werden.

82 (103)

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Äquativanschluss im Althochdeutschen: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

Text

Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

I (um 800, Südrhfränk.)

2 so (100 %)

21 so (58 %)  7 so selp so (19 %)  7 so sama so (19 %)  1 solih so (3 %)

T (um 830, OFränk.)

2 só (50 %) 1 soso (25 %) 1 samaso (25 %)

14 só (42 %) 10 soso (30 %)  8 samaso (24 %)  1 solih só (3 %)

In beiden Texten leitet die hauptsächlich verwendete Äquativpartikel so GradÄquative und Nicht-Grad-Äquative ein und bildet dort überall das Hauptmuster. Im Tatian kommen die verschiedenen Äquativpartikeln − neben so auch soso und samaso − sowohl in Grad- als auch in Nicht-Grad-Äquativen vor (solih so ist im untersuchten Textabschnitt nur einmal belegt). Die durch Verstärkung entstandenen komplexen Äquativanschlüsse so selp so, so sama so und solih so sind im Isidor ebenfalls in Nicht-Grad-Äquativen belegt, dagegen nicht in Grad-Äquativen, wobei allerdings überhaupt nur zwei Grad-Äquative im gesamten Isidor enthalten sind. Insgesamt sind Äquativkonstruktionen in den untersuchten Texten häufiger belegt als Komparativkonstruktionen und innerhalb der Äquative deutlich mehr Nicht-Grad-Äquative als Grad-Äquative. Wie oben erwähnt beruhen die Äquativvergleiche im Althochdeutschen wie in den meisten europäischen Sprachen (vgl. Haspelmath/Buchholz 1998) auf einer korrelativen Konstruktion: der Vergleichssatz bildet eine Art freien Relativsatz. Dieser ist in der Regel mit einem kataphorischen oder anaphorischen modalen Demonstrativadverb als Korrelat im übergeordneten Satz verbunden. Auch im Althochdeutschen kommen, wie wir bereits gesehen haben, optional Korrelate in Äquativkonstruktionen vor, zumeist wie im heutigen Deutschen so vgl. die Belege (65), (66), (67), (88), (101) und (102), daneben auch sus, vgl. (79), so sama, vgl. (81), und im späten Althochdeutschen auch das analog zur entsprechenden Äquativpartikel durch adverbiales al ‚ganz‘ verstärkte also, vgl. (87). Auch das im untersuchten Korpus aus Isidor und Tatian je einmal belegte solih so, vgl. (75), lässt sich statt als bereits grammatikalisierte komplexe Äquativpartikel alternativ noch als Korrelat solih mit adjazent folgender Äquativpartikel so analysieren, vgl. Fußn. 75. Im hier untersuchten Korpus sind Korrelate eher selten: Im Isidor sind in insgesamt 38 Äquativvergleichen drei mal so (zwei kataphorisch, eins anapho-

2.2 Äquative im Althochdeutschen

83

risch), zweimal (anaphorisch) so sama und einmal (kataphorisch) sus als Korrelat belegt. Im Tatian in 37 Äquativvergleichen sieben mal das Korrelat so (dreimal kataphorisch, viermal anaphorisch). Diese Korrelate sind dabei zumeist Übersetzungen für lateinisches ita, teilweise sind sie gegenüber der lateinischen Vorlage neu hinzugefügt. Bei Otfrid scheint das Korrelat so ebenfalls eher selten zu sein. Laut Erdmann (1874–1876, I: 56) steht es in Nicht-GradÄquativen nie im Matrixsatz, wenn der Vergleichssatz folgt, d. h. nie kataphorisch. Sulih sei öfter belegt. In Grad-Äquativen sei dagegen meist ein Korrelatso im Matrixsatz vorhanden (Erdmann 1874–1876, I: 115). Laut Wunder (1965: 183) liegt in den Vergleichssätzen bei Otfrid immerhin insgesamt in einem Drittel der Fälle eine „formale Verbindung zwischen Nebensatz und Matrixsatz“ durch so, sulih etc. im Matrixsatz vor. Während in vielen Sprachen Korrelate weitgehend auf Grad-Äquative beschränkt sind und in Nicht-Grad-Äquativen fehlen (Haspelmath/Buchholz 1998), kommen sie im Althochdeutschen sowohl in Grad-Äquativen, vgl. (65) und (101), als auch in Nicht-Grad-Äquativen vor, vgl. (67) und (79). In der Tat bilden ja, wie oben dargestellt, die Nicht-Grad-Äquative mit matrixinternem kataphorischem Korrelat und dazu adjazenter Äquativpartikel (‚… so, wie …‘) einen wichtigen Ausgangskontext für die Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln wie soso, vgl. (70 i). Der Vergleichssatz kann auch durch ein anaphorisches so oder so sama (s. o. (81)), dem im Lateinischen ebenfalls ita entspricht, wieder aufgegriffen werden, wenn der Matrixsatz folgt. Laut Desportes (2008: 12) handelt es sich bei ‚Wie …, so …‘, d. h. Konstruktion mit nachfolgendem (anaphorischem) Korrelat so, s. auch (64), um die ursprüngliche Abfolge im Gegensatz zum sekundären ‚So …, wie …‘, also mit vorausgehendem/kataphorischem Korrelat so, vgl. auch die syntaktische Struktur des indogermanischen korrelativen Diptychons in Kap. 8.3, (797). In Nicht-Grad-Äquativen folgt das Korrelat im Korpus überwiegend dem Vergleichsstandard, in Grad-Äquativen geht es ihm zusammen mit dem Tertium Comparationis dagegen voraus. Wie sah es aber zu althochdeutscher Zeit mit dem Vorgänger unserer heutigen Äquativpartikel wie aus? Vergleichende Verwendung der althochdeutschen Vorgängerform wio ist im hier untersuchten althochdeutschen Korpus noch nicht belegt, aber fürs spätere Althochdeutsche in Vorstufen nachweisbar. Betrachten wir zunächst die Herkunft und die syntaktische Distribution von wio. Das althochdeutsche (h)wio geht seinerseits auf urgermanisch *hwê zurück, einen Instrumental zum indogermanischen Interrogativ-/Indefinit-Stamm *quo- (vgl. DWB 29: 1448), wodurch sich die modale Bedeutung ‚wie‘/‚auf welche Weise‘ erklären lässt. Wie ist also sozusagen das w-Äquivalent zu so, das ja einen Instrumental des entsprechenden Demonstrativums darstellt (s. o. zur Etymologie von so).

84

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Neben *hwê kann eine mit diesem ablautende, gleichbedeutende Form urgerm. *hwô rekonstruiert werden, die als altsächsisch hwô, sowie mit geschwundenem w altniederfränkisch huo, niederländisch hoe, altenglisch hú, englisch how, altnordisch hû/hô, altfriesisch hû, nfries. hoe/ho/hü (verbreitet durch hur/wor ‚wo‘ ersetzt) belegt ist. Im althochdeutschen Tatian ist diese als wuo zu finden. Entgegen Hahnemann (1999: 17) sind die beiden parallelen Formen, die im Urgermanischen *hwê und *hwô lauteten, also im Althochdeutschen nicht zusammengefallen, sondern bestehen nebeneinander als wio und wuo fort. (In der Tat haben sie bis heute in Variatäten des Deutschen ihre separaten Formen, vgl. hochdeutsch wie/be etc. vs. niederdt. wo/wu/bou etc., s. u. Kap. 6 sowie Jäger 2013).93 Im Althochdeutschen wurden wio und die Nebenform wuo zunächst nur als Modal- und Grad-Interrogativadverb ‚wie‘ verwendet, vgl. die Korpusbelege (104) bis (107). Gelegentlich finden sich daneben auch Belege, in denen wio als bloße subordinierende Konjunktion im Sinn von ‚dass‘ auftritt wie noch im heutigen Deutschen, vgl. (87) oben und (108).94 (104)

uuio als Modal-Interrogativum: (quomodo ergo implebuntur scripture) uuio uuerdent gifultiu thiu giscrip ‚Wie wird dann die Schrift erfüllt?‘ (T 298, 12)

(105)

uuio als Grad-Interrogativum: (quantum debes domino meo?) uuio filu scalttu minemo hérren? ‚Wie viel schuldest du meinem Herren?‘ (T 176, 10)

(106)

vvuo als Modal-Interrogativum: (quomodo fiet istud) uuvo mag thaz sîn ‚Wie kann das sein?‘ (T 28, 25)

93 Darüber hinaus ist eine dritte, in gotisch hwaiwa zu greifende urgermanische Form anzusetzen (DWB 29: 1448). 94 Laut DWB (29: 1454) ist diese Verwendung schon im Gotischen nachzuweisen (ibd. 1456 sind allerdings nur Belege ab 1300 angeführt).

2.2 Äquative im Althochdeutschen

(107)

vvuo als Grad-Interrogativum: (quomodo continuo // aruit) senu uuvo sliumo // her arthorreta. ‚Siehe, wie schnell er verdorrte.‘ (T 200, 1 f.)

(108)

wio/huueo ‚dass‘: (Genesis ostentit dicente abraham ad puerum suum: …) Genesis saghet huueo abrahames chibot uuas zi sinemu chnehte: … ‚Die Genesis sagt, dass Abrahams Gebot zu seinem Jungen war: …‘ (I 7, 1)

85

Daneben wurde wio wie andere w-Elemente auch als Relativum verwendet. Die wie in (110) mit bloßem wio und die mit der für freie Relativsätze typischen Kombination so wio so gebildeten modalen freien Relativsätze wie in (109) bildeten den Ausgangspunkt der Grammatikalisierung des ursprünglichen Modal/Grad-Interrogativums zur Äquativpartikel, vgl. auch die im Englischen möglichen Entsprechungen mit Äquativpartikel as (vs. Ungrammatikalität des Interrogativums how). (109)

so wio so im freien Relativsatz (/Nicht-Grad-Äquativ): er bi unsih tod thulti · so wio so er selbo wolti ‚Er erlitt für uns den Tod, (so) wie er selbst wollte.‘ (vgl. engl. … as/however/*how he himself wanted) (O V, 1, 7)

(110)

wio im freien Relativsatz (/Nicht-Grad-Äquativ): Iâ uuóltôn îuuere fórderen . álso dû uuâno îh kehúgest . uuîo dû lâse . úmbe dîa úbermûoti dero consulum . tîligôn iro ámbácht ‚Es wollten eure Vorderen, wie du, glaube ich, dich erinnerst, wie du lasest, wegen des Hochmuts der Konsuln ihr Amt abschaffen‘ (vgl. engl. … as/*how you read …) (N Boeth. 89, 9–11)

Kombinationen von so … so mit verschiedenen Interrogativ-/Indefinit-Pronomen bzw. – adverbien sind in allen westgermanischen Sprachen in freien Relativsätzen belegt. Im Althochdeutschen kommen neben so wio so auch so wer so, so waz so, so wedar so, so welih so, so wanne so und so war(a) so vor.95 Im 95 Im Lauf der Entwicklung fiel hier – ebenso wie bei bestimmten Bildungen mit korrelativem so … so und Adjektiv/Adverb (so sliumo so, so ofto so, so filu so etc.) – das zweite so weg, vgl. DWB (16: 1376 f.), Behaghel (1923–32, III: 274 f.), Wunder (1965: 116). Das erste so wurde im

86

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

hier untersuchten althochdeutschen Korpus sind beispielsweise im Isidor so wer so und so wanne so belegt, im Tatian so wer so und so waz so,96 jedoch noch nicht Kombinationen mit wio/(h)weo oder der im Tatian belegten Nebenform wuo. Diese kommen hier entsprechend noch nicht vergleichend vor. Belege für so wio so finden sich erst später im Althochdeutschen, u. a. bei Otfrid und Notker, wie die oben angeführten Beispiele (109) und (110) belegen.97 Die Entstehung von so wio so und generell die Entstehung der freie Relativsätze einleitenden Formen so-Interrogativum/Indefinitum-so ist in der Literatur umstritten. Behaghel (1923–32, III) vertritt die These, dass so-Interrogativum/Indefinitum-so auf einen mit temporaler bzw. konditionaler Konjunktion so eingeleiteten Nebensatz zurückgeht.98 Das w-Element sei dabei ursprünglich als Indefinitum zu verstehen, so dass so wer so ursprünglich als ‚wenn jemand‘, so waz so als ‚wenn etwas‘ zu paraphrasieren sei usw. Während wer und waz durchaus im historischen Deutschen als Indefinita vorkommen, lässt sich Behaghels Erklärungsansatz schwer auf so wio so anwenden, weil wio nicht in ähnlicher Weise als Indefinitum verwendet wird. Insbesondere aber die temporale bzw. konditionale Bedeutung des ersten so ist nicht unproblematisch. So kann etwa der in (109) gegebene Satz keineswegs, wie zu erwarten, als Konditional mit Indefinitum paraphrasiert werden (‚Er litt bei uns den Tod, wenn er irgendwie selbst wollte‘ o. ä.). Ein weiteres Argument gegen diese Entstehungshypothese liefert Wunder (1965: 120) selbstkritisch. Er folgt Behaghels Annahme im Wesentlichen, geht allerdings von zwei Hauptsätzen aus, von denen aber ebenfalls der erste die Bedingung für den zweiten darstelle. Wunder Mittelhochdeutschen zu s- reduziert (swie, swer etc.) und schwand schließlich auch, vgl. Kap. 3.2. 96 Im Referenzkorpus Altdeutsch ist hier ungünstigerweise die Schreibung des Lemmas textübergreifend uneinheitlich (im Isidor Lemma „sōwërsō“, im Tatian Lemma „sō wër sō“), was die Suche erschwert. 97 Nach Schützeichel (2012: 303) ist sôwiosô als Adverb bzw. Konjunktion mit der Bedeutung ‚wie (auch immer), wenn auch, wenngleich‘ in der Altbairischen Beichte, dem (Alt-)bairischen Gebet, den Monseer Fragmenten, bei Otfrid, Notker und Williram belegt. Bloßes wio tritt vergleichend vereinzelt bereits seit Notker auf (vgl. DWB 29: 1474), insbesondere vor parenthetischen „Verweis- und Berufungssätzen“ (z. B. ‚wie geschrieben steht‘) zur Berufung auf eine Äußerung, Wahrnehmung oder einen Sachverhalt (DWB 29: 1477; Dückert 1961: 210, Fußn. 2). Diese Konstruktionen werden hier mit zu den Nicht-Grad-Äquativen gerechnet. Wio/so wio so dürfte damit wie andere Äquativpartikeln auch über die Nicht-Grad-Äquative zur Äquativpartikel grammatikalisiert worden sein. Dafür spricht auch das überwiegende Vorkommen von wie in Nicht-Grad-Äquativen im Unterschied zu überwiegendem als in Grad-Äquativen bis ins Frühneuhochdeutsche und frühe Neuhochdeutsche hinein, vgl. Kap. 4.2 und 5.2. 98 Weiß (2016: 510) verweist auf die semantische Nähe zu temporal-hypothetischen Sätzen, seine strukturelle Analyse basiert aber eher auf dem Vergleichscharakter der so-w…-so-Konstruktionen (Weiß 2016: 512).

2.2 Äquative im Althochdeutschen

87

räumt ein, dass damit das zweite so nicht erklärt sei, was ebenfalls für Behaghels Ansatz gilt (vgl. auch Harm 2001: 245 f.). Andere Hypothesen zur Entstehung von so-Interrogativum/Indefinitum-so und damit auch so wio so setzen auf einen Zusammenhang mit den schon vorher und allgemein-germanisch belegten, formal analogen Bildungen mit korrelativ-vergleichendem so-Adjektiv/Adverb-so, also ausgehend von Grad-Äquativen (vgl. DWB 16: 1372; Behaghel 1923–32, III: 273f; Matzel 1992: 217; vs. Wunder 1965: 116: aus zwei zusammengehörigen Hauptsätzen), wobei das erste so als Korrelat ursprünglich mit dem Adjektiv bzw. Adverb im Matrixsatz stand und das zweite so den Vergleichssatz anschloss.99 Die gesamte Fügung wurde dann als Nebensatz reanalysiert. Hier wird eine Parallele gezogen zu althochdeutschen Grad-Äquativen wie so sliumo so (‚so schnell wie/sobald‘), so ofto so (‚so oft wie/sooft‘), so fram/uuit so (‚so weit wie/soweit/sofern‘), so filu so (‚so viel wie/soviel‘), vgl. Fußn. 95.100 In diesen Äquativvergleichen mit vorausgehendem Korrelat-so, einem räumliches, zeitliches Maß o. ä. bezeichnenden Adjektiv oder Adverb als Tertium Comparationis und der nachfolgenden Äquativpartikel so, konnte die Äquativpartikel auch fehlen bzw. fiel im Lauf der Entwicklung oft weg, so dass eine Reanalyse der ursprünglich matrixinternen Folge aus Korrelat und Tertium Comparationis zur Nebensatzeinleitung möglich wurde, vgl. (111 a) (s. DWB 16: 1376 f.; Behaghel 1923–32, III: 274 f.; Wunder 1965: 116).101 Schon Behaghel wies neben seiner These der Entstehung aus einem so-eingeleiteten Temporal-/Konditionalsätzen am Rand seiner Ausführungen alternativ auf einen möglichen Zusammenhang mit den Bildungen so-Adjektiv/Adverb-so, d. h. Reanalyse aus einer Vergleichskonstruktion, hin. Aufgrund der formalen Entsprechung von so-Adjektiv/Adverb-so und soInterrogativum/Indefinitum-so und damit auch so wio so erscheint es plausibel, anzunehmen, dass hier die gleiche Ausgangsstruktur vorlag und ebenso reanalysiert wurde. Für so wio so wäre demnach die Reanalyse in (111 b) anzusetzen, wobei CP1 dem Matrixsatz und CP2 dem abhängigen Satz entspricht.102 99 Auch Weiß (2016: 512 f.) nimmt eine Entstehung aus Vergleichskonstruktionen an, jedoch nicht analog zu Grad-Äquativen. 100 Vgl. bereits Got. swa filu swe, swa ufta swe, swa managos swe (Matzel 1992: 216). 101 Analog sind auch die oben diskutierten verstärkten Äquativpartikeln so sama so und so selb so gebildet. 102 Dies ähnelt nur oberflächlich der von Weiß (2016: 512) angesetzten Struktur [CP1 [C‘ so [wer [CP2 so …]]]]: bei Weiß ist so + w-Element nicht wie hier Teil des Matrixsatzes, sondern bildet den Beginn eines zu diesem linksversetzten freien Relativsatzes, dessen C0-Position das erste so besetzt, während das zweite so als Vergleichspartikel in der C0-Position einer zusätzlichen CP2 steht. Unbefriedigend ist an dieser Analyse (neben dem Umstand, dass die Annahme einer ursprünglichen Vergleichskonstruktion so … so, vgl. Weiß 2016: 512 f., nicht strukturell wiedergegeben wird, da das erste so nicht als Äquativkorrelat, sondern als subordinierende Konjunktion – Relativpartikel oder Konditionalkonjunktion? – analysiert wird) vor allem die Tatsache,

88

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

(111) a. [CP1 … so ofto [CP2 so …]] > [CP1 … [CP2 so ofto (so) …]] b. [CP1 … so wio [CP2 so …]] > [CP1 … [CP2 so wio (so) …]] Wie bei Behaghel wäre das w-Element hier am ehesten als Indefinitum aufzufassen (mit den oben formulierten Problemen im Fall von wio), das erste so aber entgegen Behaghel nicht als Temporal-/Konditionalkonjunktion, sondern als Demonstrativadverb (Korrelat) und das zweite so als (kor)relativisch darauf bezogen. Diese These hat bereits Ende des 19. Jahrhunderts Erdmann (1874– 1876, I: 56 f.) vertreten: das demonstrative so und das indefinite w-Element seien zusammen „in den Relativsatz hineingewachsen“, der ursprünglich nur durch das relative zweite so eingeleitet war. So wer so wäre demnach ursprünglich zu paraphrasieren als ‚so jemand, der‘, so waz so als ‚so etwas, das‘. Matzels (1992: 220) Paraphrase von so wio so als ‚so in irgendeiner Weise, wie’ deutet eine ähnliche Annahme an, die bei Matzel jedoch nicht explizit gemacht wird. In jüngerer Zeit hat auch Desportes (2008: 47 f.) die These von Erdmann wieder aufgegriffen.103 Ein Vorteil dieser Annahme ist, dass das zweite so als Vergleichs- bzw. Relativpartikel (Relativsatzkomplementierer, bei Desportes 2008 unzutreffend als „unflektiertes Relativpronomen“ bezeichnet) eine plausible Deutung findet. Problematisch ist wie bei Behaghel dagegen die Annahme, das w-Element sei ursprünglich als Indefinitum aufzufassen. Mag dies für wer und waz plausibel erscheinen (nur für diese Elemente wird es auch von Erdmann (1874–1876, I) explizit angenommen), ist es bei wio deutlich problematischer, wie die Unmöglichkeit der entsprechenden Paraphrasen zeigt (z. B. für Satz (109) ‚Er litt bei uns den Tod so irgendwie, wie er selbst wollte‘ bzw. gemäß Matzel (1992) ‚Er litt bei uns den Tod so in irgendeiner Weise, wie er

dass Status und Position des w-Elements ungeklärt bleiben. Problematisch ist darüber hinaus die Annahme einer bis auf C0 so und das w-Element (mit zugehöriger CP2) völlig leeren CP1, d. h. eines grundsätzlich keine VP aufweisenden Satzes, der linksversetzt zum Matrixsatz (also einer dritten CP) steht: [[CP1 [C‘ so uuenan [CP2 so ich cusse]]] [CP3 ther ist iz]]. (Zudem ist für diese Analyse die Kasuszuweisung an das w-Element problematisch, s. u.) 103 Der genaue Verlauf der darauf aufbauenden Reanalyse bleibt allerdings bei Desportes (2008) unklar. Er nimmt einen Zwischenschritt mit so wer so + leerem Relativum an, was zu suggerieren scheint, dass so wer so zu einer Einheit im Matrixsatz wird. Andererseits spricht er (2008: 54 f.) davon, dass aus Relativum + Korrelativum schließlich Adverb + Konjunktion würde. Insofern wohl das zweite so ursprünglich das Relativum darstellt und so wer etc. das Korrelativum, müsste damit das zweite so zur Konjunktion, so wer etc. dagegen zum Adverb werden, was nicht überzeugend ist. Details hierzu werden aber von Desportes nicht ausgeführt. Bei der Frage nach dem Status als Adverb oder Konjunktion lässt Desportes zudem zentrale syntaktische Diagnostika wie die Verbstellung außer acht.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

89

selbst wollte‘). Eine Möglichkeit besteht jedoch darin, dass so wer/waz so tatsächlich gemäß der Erdmannschen These entstanden ist, so wio so aber erst sekundär in Analogie dazu gebildet wurde. Alternativ könnten alle Formen von so-Interrogativum/Indefinitum-so, also so wer so, so waz so, so wio so etc., sekundär nach dem Vorbild von so sama so, so sliumo so, so ofto so etc. gebildet worden sein, nachdem diese schon vollständig zur Nebensatzeinleitung grammatikalisiert waren.104 So wer so, so wio so etc. wären dann direkt als Nebensatzeinleitung neu gebildet worden und keines der Teile hätte einen Reanalyseprozess vom Matrixsatz- zum Nebensatzelement durchlaufen. Denkbar ist aber auch noch eine andere Entstehungshypothese, derzufolge das Interrogativum/Indefinitum bereits von Anfang an im Nebensatz stand. Das erste so ist gemäß dieser These ebenfalls ursprünglich als Demonstrativadverb (Korrelat) ‚so‘ aufzufassen und das zweite so als korrelativisch darauf bezogene Vergleichs-/Relativpartikel. Das w-Element ist dagegen nicht als Indefinitum, sondern als Relativpronomen bzw. -adverb zu deuten.105 Damit wäre die linke Peripherie (CP-Schicht) des ursprünglichen Nebensatzes mit zwei Elementen besetzt gewesen, einem Relativpronomen bzw. -adverb und einer Relativpartikel (Relativkomplementierer). Das ist in Relativsätzen sowohl im historischen Deutschen (z. B. Althochdeutsch bis Frühneuhochdeutsch der the/der da(r), vgl. Ebert 1978: 23) als auch in heutigen Dialekten (u. a. Nordbairisch dPronomen + ‚was‘, Südhessisch d-Pronomen + ‚wo‘: dem wos, dem wu etc., vgl. Weiß 2013) durchaus häufig der Fall. So wio so wäre demnach aufgrund der Ausgangsstruktur und Reanalyse in (112) entstanden und stimmt nur oberflächlich mit den Bildungen so-Adjektiv/Adverb-so überein. (CP1 steht wiederum für den Matrixsatz, CP2 für den abhängigen Satz.) Entsprechend wäre als Paraphrase der Ausgangsstruktur zu einem Satz wie (109) anzusetzen: ‚Er litt bei uns den Tod so, wie (+ Relativpart.) er selber wollte.‘ 104 Matzels (1992: 222) Ausführungen können in dieser Weise verstanden werden, wobei seine Paraphrase von so wio so als ‚so in irgendeiner Weise, wie‘, wie oben angedeutet, eher auf die Annahme einer Reanalyse gemäß (111) hindeutet. 105 Einen ähnlichen Ansatz vertritt Harm (2001), ohne allerdings die zugrundeliegende Struktur in der hier angenommenen Weise explizit zu machen. Problematisch ist Harms (2001: 256) Annahme, dass sich das zweite so semantisch von ‚wie auch immer‘ zu ‚auch immer‘ entwickle, was der Analyse dieses Elements als Vergleichs- bzw. Relativpartikel widerspricht. Laut Lühr (1998) knüpft das erste so im Sinn von ‚und‘ wiederaufnehmend an den Kontext an, wohingegen das zweite so als ‚wie auch immer‘ paraphrasiert werden könne, so dass so wer/ waz so als ‚und wer/was wie auch immer‘ wiedergegeben werden könnten, nach deren Vorbild später Kombinationen auch mit wanne, war, wio gebildet worden seien. Der syntaktische Status dieser Elemente wird daraus jedoch nicht klar. Nach Harm (2001, 252 f.) hat zudem das erste so meist nicht wiederaufnehmende, sondern vorausweisende Funktion, die eher für die Analyse als ursprüngliches Demonstrativadverb (Korrelat) spricht.

90 (112)

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

[CP1 … so [CP2 wio so …]] > [CP1 … [CP2 so wio so …]] > [CP1 … [CP2 swie …]]

Das erste so wird diachron zum Mittelhochdeutschen hin phonologisch mit wio/wie kontrahiert, was auch dafür spricht, dass es diachron seinen syntaktischen Status verändert hat, in den Nebensatz übergetreten und als Teil der Nebensatzeinleitung reanalysiert worden ist.106 Ein Argument dafür, dass das von den korrelativ miteinander verbundenen beiden so eingeschlossene Element wio, waz, wer etc. bereits ursprünglich Teil des Nebensatzes ist wie in (112) und nicht des übergeordneten Satzes wie in (111), liefert die Kasussyntax: Schon in den klassischen althochdeutschen Belegen wie im althochdeutschen Tatian trägt etwa wer in diesen Konstruktionen den vom Verb des Nebensatzes geforderten Kasus. Das w-Element unterliegt also Kasusrektion durch das Nebensatzprädikat, so dass es selbst als Teil des Nebensatzes angesehen werden kann.107 So steht beispielsweise wer im Beleg in (113) in Abhängigkeit vom Nebensatz-Verb cusse im Akkusativ und dürfte damit Teil dieses Nebensatzes sein. (113)

(quemcumque osculatus fero // ipse est) so uuenan so ich cusse // ther ist iz ‚Wen ich küsse, der ist es.‘ (T 296, 15 f.)

Welche der beiden Entstehungsthesen in (111) und (112) zutrifft, oder ob so wio so nicht durch Reanalyse, sondern in Analogie zum früher belegten so wer/waz so gebildet wurde, ist umso schwieriger zu entscheiden, als so wio so schon in den ersten Belegen im späten 9. Jahrhundert gesamthaft im Nebensatz steht, wie der Beleg in (109) zeigt, bei dem so wio so vom vorausgehenden Syntagma durch Zäsur und Interpunktion deutlich abgegrenzt ist.108 Recht eindeutig bestimmen lässt sich dagegen die Distribution bzw. typische Funktion von so wer 106 Das Entfallen des zweiten so ist dabei, wie Weiß (2016: 508) argumentiert, keine Voraussetzung für diese Kontraktion, sondern ein unabhängiger Prozess. 107 Ähnlich verhält es sich auch bei Otfrid (vgl. Erdmann 1874–1876, I: 117), z. B. in minnôt io thie grazzo, sô wer sôso iwih hazzô ‚liebt diejenigen ernsthaft, die euch hassen‘ (O II, 19, 16) oder sô wemo ir […] sunta bilâzet ist mîna halbun sâr gidân ‚wem immer ihr die Sünden erlasst, dem ist dies auch von mir sogleich getan‘ (O V, 11, 11 f.). Der umgekehrte Fall ist ebenfalls belegt (z. B. thiu fruma ist hiar irougit sô wemo iz ni giloubit ‚Das Heil ist hier gezeigt, denen, die es nicht glauben‘ (O I, 15, 32), vgl. Erdmann 1874–1876, I: 56), aber nicht als Gegenargument zu werten, da Kasusrektion des Relativums durch das Matrixverb durchaus unter bestimmten Bedingungen vorkommt (Kasusattraktion, vgl. Pittner 1996). 108 Vgl. auch Harm (2001: 258), der davon ausgeht, dass die Grammatikalisierung bereits vor Beginn der Überlieferung abgeschlossen ist.

2.2 Äquative im Althochdeutschen

91

so, so waz so, so wanne so, so wio so etc.: Diese Elemente leiten typischerweise freie Relativsätze ein, die in der Literatur auch als verallgemeinernde Relativsätze (Wunder 1965: 119; Matzel 1992; Lühr 1998; Harm 2001) oder generell-hypothetische Verbindungen (DWB 16: 1341) bezeichnet werden und mit ‚wer/was/ wann/wie auch immer‘ wiedergegeben werden können. In der aktuellen Grammatiktheorie werden derartige Konstruktionen, die beispielsweise im Englischen mit whoever, whatever, however etc. eingeleitet werden, auch als Irrelevanzkonditionale (engl. ‚unconditionals‘) bezeichnet. Die im Lauf des Althochdeutschen aufkommenden mit so wio so gebildeten Konstruktionen lassen sich also als modale freie Relativsätze charakterisieren. Diese Funktion unterstützt die These, dass das jeweilige w-Element bereits von Anfang an Teil des Nebensatzes war, vgl. (112), und als Relativum und nicht als Indefinitum aufzufassen ist. Durch die für europäische Sprachen typische Korrelativstrukur von Äquativvergleichen sind modale freie Relativsätze und Nicht-Grad-Äquative strukturell ähnlich (s. Kap. 1.2 und 8.3). Modale freie Relativsätze kommen zudem semantisch bzw. funktional den Nicht-Grad-Äquativen nahe. Bezeichnenderweise ist als Übersetzung des oben in (109) gegebenen althochdeutschen Belegs mit so wio so aus Otfrids Evangelienbuch im Englischen sowohl eine Konstruktion mit der Äquativpartikel as als auch alternativ eine mit einem freien Relativsatz (‚unconditional‘) mit however möglich, jedoch nicht mit bloßem how. In der Verwendung in modalen freien Relativsätzen liegt, wie bereits oben angedeutet, der Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung von wie zur Äquativpartikel, vgl. auch Paul (1920: 231) und Behaghel (1923–32, III: 348). Abwegig ist dagegen die Annahme von Lerch (1942: 345), die Äquativpartikel wie sei ableitbar aus dem Interrogativum wie im indirekten Fragesatz. Zusätzlich unterstützt wird die These der Herkunft des äquativischen wie aus dem modalrelativischen wie durch die Beobachtung, dass sich wie als Äquativpartikel zuerst und über lange Zeit fast ausschließlich in Nicht-Grad-Äquativen findet und erst sekundär in Grad-Äquativen verwendet wird (s. Kap. 4.2, 5.2 und 7.1). Die strukturelle und semantische Nähe von bestimmten Äquativen und modalen Relativätzen in den meisten europäischen Sprachen hat zu parallelen Entwicklungen in vielen anderen Sprachen geführt. Der Grammatikalisierungspfad vom ursprünglichen Interrogativum/Relativum mit der Bedeutung ‚wie‘ zur Äquativpartikel ist neben den verschiedenen oben in (70) aufgeführten Formen der Verstärkung ebenfalls ein häufig genutztes Muster für die Entwicklung neuer Äquativpartikeln. Auf diese Art sind beispielsweise in den romanischen Sprachen die Äquativpartikeln como/come/comme/commente u. ä. (< Lat. quo modo ‚auf welche Weise‘) entstanden. Auch in anderen Sprachen wie dem Albanischen, Bulgarischen, Griechischen und Serbo-Kroatischen gibt es auf das jeweilige w-Interrogativum/Relativum ‚wie‘ zurückgehende Vergleichspartikeln (vgl. Haspelmath/Buchholz 1998: 293).

92

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Im Althochdeutschen sind nur Vorstufen der Verwendung von (so) wio (so) als Vergleichsanschluss nachzuweisen. Man kann wohl eher noch von modalen freien Relativsätzen sprechen. In jedem Fall ist wio distributionell grundsätzlich auf vollständige Sätze beschränkt (vgl. auch DWB 29: 1451, 1479 f.; Lerch 1942: 345; Dückert 1961: 205 f.) und kann nicht, wie in späteren Epochen des Deutschen und bis heute die Äquativpartikel wie, mit bloßen syntaktischen Phrasen, etwa einer bloßen NP, verknüpft werden. Dies gibt entscheidenden Aufschluss über den syntaktischen Status des althochdeutschen wio als Element innerhalb der CP-Schicht des Satzes und somit in seiner Distribution auf volle CPs beschränktes Element, s. Kap. 8.1.2. Zudem liefert es ein wichtiges diachrones Argument für die sogenannte direkte Analyse von Phrasenvergleichen, d. h. die Annahme eines grundsätzlichen strukturellen Unterschieds von Satzvergleichen und Phrasenvergleichen, s. Kap. 8.2.

2.3 Hypothetische Vergleiche im Althochdeutschen Im Althochdeutschen entsprechen hypothetische Vergleiche im Gegensatz zum heutigen Deutschen in ihrer Form im Wesentlichen den sonstigen Äquativvergleichen. Sie sind mit den üblichen Äquativpartikeln eingeleitet und das finite Verb befindet sich in der Regel in der rechten Satzklammer. Laut Behaghel (1923–32, III: 623) ist im Westgermanischen generell in hypothetischen Vergleichen (in Behaghels Terminologie ‚Annäherungsvergleichen‘) die Äquativpartikel so üblich. Die Belege, die er anführt, enthalten verstärkte Formen der Äquativpartikel – im altsächsischen Heliand al so, vgl. (114), und im althochdeutschen Otfrid selb so, vgl. (115). Wunders (1965: 183) Untersuchung der Nebensätze in Otfrids Evangelienbuch ergab insgesamt vier Belege für hypothetische Vergleiche (‚irreale Vergleichssätze‘), zwei mit selb so sowie zwei mit sama so, vgl. (116). (114)

Hypothetischer Vergleich mit al so: Was im thô an is wastme waldandes barn, al sô he mid theor thiodu thrîtig habdi wintrô an is weroldi ‚Da war in seiner Lebenskraft der Sohn des Allmächtigen, als ob/dass er dreißig Winter bei dem Volk in dieser Welt hatte‘109 (Heliand 962–964)

109 Übersetzung Köne (1855: 55): ‚war sich da in seiner Vollkraft des Waltenden Sohn, all wie [als ob] er bei dem Volke dreißig hatte der Winter in seinem Lebensalter‘; Übersetzung Burchhardt (2007: 73): ‚so weit war erwachsen des Allmächtigen Kind, dass unter den Täuflingen er dreißig zählte der Winter in dieser Welt.‘

2.3 Hypothetische Vergleiche im Althochdeutschen

(115)

Hypothetischer Vergleich mit selb so: Tho dét er ʃelb ʃo er uuólti . ioh rúmor fáran ʃcolti ‚da tat er, als ob er weiter gehen wollte und würde‘ (O V, 10, 3)

(116)

Hypothetischer Vergleich mit sama so: Sáma ʃo er zi iru quáti … ‚als ob er zu ihr spräche‘ (O V, 8, 43)

93

Wie schon die geringen Belegzahlen aus Wunders (1965) Untersuchung andeuten, handelt es sich bei den hypothetischen Vergleichen um eine sehr niedrigfrequente Konstruktion, insbesondere im Vergleich zu den wesentlich häufigeren sonstigen Äquativen. Auch im hier untersuchten althochdeutschen Korpus sind hypothetische Vergleiche kaum belegt. Im gesamten Isidor ist nur der in (117) angeführte Beleg enthalten.110 Im untersuchten Tatianausschnitt bis einschließlich Kapitel 55 sind keine hypothetischen Vergleiche belegt. Sie kommen aber in späteren Abschnitten des Textes vereinzelt vor, vgl. Bsp. (118). Als Vergleichsanschluss finden sich die auch sonst in Äquativkonstruktionen belegten komplexen Einleitungselemente (so) sama so und so selbo. (117)

Hypothetischer Vergleich mit so selbo: (Quasi aperte diceret: …) So selbo der forasago offono quati: … ‚als ob der Prophet offen sagte‘ (I 1, 8)

(118)

Hypothetischer Vergleich mit samaso: (quasi dissipasset // bona ipsius) samaso her ziuúrfi // siniu guot ‚als ob er seine Güter verschleudere‘ (T 175, 24–25)

110 Vgl. auch die Übersetzung und Charakterisierung von Desportes (2008: 58). Beim folgenden Beleg handelt es sich dagegen eher nicht um einen hypothetischen Vergleich, sondern um einen ‚realen‘ Äquativvergleich: (In deitate trium personarum significatio, non autem sicut tres persone ita et tres dii credendi sunt, sed in eis personis una diuinitas praedicanda est.) Endi dhoh dhiu huuedheru in dhemu bauhnunge dhero dhrio heido gotes ni sindun zi chilaubanne dhazs sii dhrii goda sn, [so sama so dhea dhrii heida sindun]; oh in dhem dhrim heidim scal man ziuuaare eina gotnissa beodan. ‚… ist nicht zu glauben, dass sie drei Götter seien, so wie sie drei Personen/Wesen sind, sondern …‘ (I 4, 11).

94

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

Trotz der geringen Belegzahlen ist aber bemerkenswert, dass die sonst in Äquativen in Isidor, Tatian und Otfrid hauptsächlich verwendete einfache Partikel so hier (auch entgegen der oben angeführten Generalisierung von Behaghel) nicht allein belegt ist, sondern jeweils auf Verstärkung von so beruhende Elemente in den hypothetischen Vergleichen gewählt werden. Diese kommen aber auch sonst, wenngleich seltener als einfaches so, als Äquativpartikeln vor, so dass die hypothetischen Vergleiche im Althochdeutschen im Gegensatz zum heutigen Deutschen mit als ob etc. in hypothetischen Vergleichen vs. wie in Äquativvergleichen im Althochdeutschen durch den Vergleichsanschluss noch nicht von anderen Äquativvergleichen zu unterscheiden sind. Lediglich der Modus Konjunktiv kennzeichnet die angeführten althochdeutschen Vergleiche als hypothetisch oder irreal und ist damit ein wichtiges Merkmal dieses Vergleichstyps. Alle Belege im untersuchten Korpus weisen ebenfalls den Konjunktiv auf. Der Konjunktiv steht in den hypothetischen Vergleichen laut Behaghel (1923–32, III: 623 f.) vom Germanischen bis zum Neuhochdeutschen. Erst seit dem frühen Neuhochdeutschen wird auch der Indikativ verwendet. Auch Erdmann (1874–1876, I: 111 f.) und Wunder (1965: 183) charakterisieren in ihren Untersuchungen zu Otfrid den Modus Konjunktiv als differenzierendes Merkmal hypothetischer Vergleiche.111

2.4 Zusammenfassung Für das Althochdeutsche lässt sich zusammenfassend festhalten, dass in den Komparativvergleichen das Hauptmuster im Vergleichsanschluss mit thanne besteht. Der Anteil liegt in den untersuchten Korpustexten bei durchschnittlich 60 Prozent der Komparativvergleiche. Zu durchschnittlich immerhin 40 Prozent wird der Vergleichsstandard statt mit der Partikel thanne mit Vergleichskasus Dativ gekennzeichnet. Hier bestehen entsprechend, wie teilweise in anderen Sprachen auch, zwei typologische Muster parallel nebeneinander in einem Sprachsystem: Vergleichspartikel und Vergleichskasus. Der Vergleichskasus im Althochdeutschen ist dabei nicht als lateinische Lehnsyntax sondern vielmehr Fortbestehen eines ebenfalls aus dem Germanischen ererbten Musters anzuse-

111 In sonstigen Äquativvergleichen wird dagegen nur Indikativ verwendet, vgl. Erdmann (1874–1876, I: 111 f.), Behaghel (1923–32, III: 626), Wunder (1965: 183), aber in Komparativvergleichen Konjunktiv, außer bei negiertem Matrixsatz oder êr ‚bevor‘. Laut Erdmann steht im Althochdeutschen üblicherweise Konjunktiv II in hypothetischen Vergleichen, gelegentlich auch Konjunktiv I, etwa im zweiten Merseburger Zauberspruch sôse gilîmida sîn ‚als ob sie geleimt seien‘ oder bei Notker er tuot alsô er slâffe ‚Er tut so, als ob er schlafe‘ (N Ps. 10, 5).

2.4 Zusammenfassung

95

hen. Es lässt sich jedoch eine Stützung der Verwendung dieses Musters durch das Vorliegen von Vergleichskasus (Ablativ) im lateinischen Original beobachten. Vergleichskasus – im Althochdeutschen wie erwähnt der Dativ – kann nur bei NP-förmigem Vergleichsstandard auftreten und scheint zudem auf Fälle beschränkt zu sein, in denen der Vergleichskasus einen strukturellen Kasus ‚überschreibt‘. In den Äquativvergleichen ist das Hauptmuster der Äquativanschluss mit der Partikel so, die optional korrelativ mit dem Demonstrativadverb (Korrelat) so im Matrixsatz verbunden ist. In den untersuchten althochdeutschen Texten liegt der Anteil von Vergleichsanschluss mit so in den Äquativen im Durchschnitt bei reichlich 60 Prozent. Der Anteil an der Gesamtsumme der ausgewerteten Äquativbelege macht nahezu 80 Prozent aus. Aus der Verstärkung des so mit anderen Elementen entstehen weitere Äquativpartikeln. Hierbei wurden vor allem drei Typen nachgewiesen, die auch in anderen Sprachen belegt sind: Verstärkung (i) mit dem Korrelat (soso), (ii) mit einem Lexem mit Identitätssemantik (so sama so, so selb so) und (iii) mit einem Intensivierer (Gradpartikel/ Allquantor) (also). Die einzelnen Texte unterscheiden sich bezüglich der Verwendung dieser Äquativpartikeln. Besonders häufig vertreten ist mit einem Anteil von durchschnittlich je 14 Prozent Vergleichsanschluss mit soso und (so) sama so. Allenfalls in Vorstufen der vergleichenden Verwendung belegt ist dagegen im Althochdeutschen der Vorläufer unserer heute üblichen Äquativpartikel wie, das althochdeutsche wio, das vor allem als Modal-/Grad-Interrogativadverb verwendet wurde, daneben gelegentlich wie noch heute als bloße Konjunktion ‚dass‘. Erst im Lauf des Althochdeutschen finden sich selten auch modale freie Relativsätze mit (so) wio (so) ‚wie (auch immer)‘, die aufgrund ihrer syntaktischen und semantischen Nähe zu Nicht-Grad-Äquativen den Ausgangspunkt der Grammatikalisierung dieses w-Adverbs zur Äquativpartikel bilden. In jedem Fall ist wio im Althochdeutschen syntaktisch-distributionell auf vollständige Sätze beschränkt. Der althochdeutsche Sprachstand bezüglich der Vergleichspartikeln ähnelt insgesamt in wesentlichen Zügen dem, der sich bis heute im Englischen erhalten hat mit than als Komparativpartikel (entspricht dem althochdeutschen thanne) und as als Äquativpartikel (entspricht al-so). Das Englische zeigt hier im Gegensatz zum Deutschen eine bemerkenswerte diachrone Kontinuität (aber s. Kap. 7.2, zu diachronen Kontinuitäten im Deutschen auf dialektaler Ebene s. Kap. 6). Die im Althochdeutschen vorliegende Distribution der Vergleichspartikeln hat sich jedoch in idiomatisierten, archaisierenden Wendungen resthaft noch bis ins heutige Deutsche erhalten. Auch heute noch können ausnahmsweise

96

2 Vergleichskonstruktionen im Althochdeutschen

denn (< thanne) als Komparativpartikel und als (< al so) als Äquativpartikel verwendet werden, wie in (119) und (120) illustriert. Komparativisches als und äquativisches wie wären aber im heutigen Deutschen stattdessen auch immer möglich. (119)

Komparativ mit denn: Anna ist besser denn je.

(120)

Äquativ mit als: Anna möchte so bald als möglich anfangen.

Die hypothetischen Vergleiche im Althochdeutschen entsprechen bezüglich der verwendeten Partikeln und der Verbstellung im Wesentlichen den sonstigen Äquativvergleichen. Der Modus Konjunktiv kennzeichnet sie als hypothetisch bzw. irreal.

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen Im Mittelhochdeutschen (ca. 1050–1350) bestehen hinsichtlich der Vergleiche in etlichen Punkten Kontinuitäten zum Althochdeutschen, es sind jedoch auch Änderungen zu verzeichnen. In den Komparativvergleichen bildet weiterhin danne das Hauptmuster, wohingegen die mit diesem konkurrierenden Muster sich vom Althochdeutschen unterscheiden. In den Äquativvergleichen kommt es zu einer Differenzierung von Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen hinsichtlich des Vergleichsanschlusses: Während in den Grad-Äquativen wie im Althochdeutschen die Vergleichspartikel so überwiegt, wird in Nicht-GradÄquativen hauptsächlich also gebraucht.

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen In Komparativkonstruktionen wird die im Althochdeutschen das Hauptmuster bildende Vergleichspartikel thanne phonologisch abgeschwächt in der Form dann(e)/denn im Mittelhochdeutschen weiterhin verwendet (vgl. Behaghel 1923–32, III: 625; Paul 2007: 362; BMZ 1: 300a ff.; MWB 1: 1193 f.), wie der Korpusbeleg in (121) illustriert. (121)

Komparativ mit danne: Trehtin diniu wort diu ſint ſůzzere in minem munde. danne daz honich unt der flade. ‚Herr, deine Worte, die sind süßer in meinem Mund als Honig und Kuchen‘ (Phys 133r, 4–6)

Die spätalthochdeutsch vereinzelt aufgekommene Komparativpartikel (ne)wan(e) (s. o. Kap. 2.1) ist ebenfalls im Mittelhochdeutschen belegt in Form von wan auch wanne/wene bzw. gelegentlich ni-/ne-/niuwan(e), wie in (122) und (123) (vgl. Paul 2007: 362; Behaghel 1923–32, III: 327–332; BMZ 4: 479b ff.). (122)

Komparativ mit wan: ob ez ander niemn waere wan hagene der degn ‚wenn es niemand anderes wäre als Hagen der Held‘ (Nib 57, 1 (A: 55/B: 52/C: 54))

https://doi.org/10.1515/9783110561234-003

98 (123)

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Komparativ mit newan: wir nehaben anderen chvnig newan den cheiſer. ‚Wir haben keinen anderen König als den Kaiser.‘ (Phys 153r, 3 f.)

Wan stellt etymologisch das interrogativische/indefinite Pendant zum mit Demonstrativstamm gebildeten danne dar (zur Etymologie von thanne/danne vgl. Kap. 2.1). Als Entsprechungen zu wan in anderen altgermanischen Sprachen finden sich die ebenfalls als Vergleichspartikeln verwendeten Lexeme afries. hwan, as. hwan und got. hwan. Sie gehen laut Schmidt (1962: 95 f.) etymologisch zurück auf urgerm. *hwan-nai < uridg. *kwom-noy, d. h. einen Interrogativ/Indefinit-Stamm mit lokativischer Endung (vgl. ahd. hwanne), der neben der üblichen temporalen Bedeutung ‚wann‘ auch die modale Bedeutung ‚wie‘ haben kann.112 Wie bei dem auf einen Demonstrativstamm (urgerm. *than-nai) zurückgehenden thanne/danne ist also auch im Fall des interrogativischen/indefiniten Pendants wan diachron eine Vergleichspartikel aus einem Element grammatikalisiert worden, das mit festem direktionalem/lokalem Vergleichskasus gekennzeichnet war. Im Fall von wan ist ‚Er ist größer als‘ ausgedrückt durch ‚Er ist von wo aus/bei welchem groß‘, im Fall von danne durch ‚Er ist von da aus/bei diesem groß‘. Wieder zeigt sich, dass Vergleichskasus und Vergleichspartikel als sprachtypologische Alternativen der Markierung des Vergleichsstandards sprachhistorisch aufeinander bezogen sind. Die neben wan ebenfalls belegte Form niwan/niuwan/newan ist durch Verschmelzung mit dem Negationsmorphem entstanden. Ganz vereinzelt wird im Mittelhochdeutschen eht/et als Komparativpartikel gebraucht. Dies illustriert der Korpusbeleg in (124). (124)

Komparativ mit et: ſo gât ſi zv̊ Iacob, ierē ſun, wā d’ waz ier uil lieb’ et Eſau. ‚… so geht sie zu Jakob, ihrem Sohn, denn der war ihr viel lieber als Esau.‘ (PrS 127v, 1 f.)

Diese Möglichkeit des Komparativanschlusses ist bei Paul (2007) nicht erwähnt, wird jedoch in den einschlägigen mittelhochdeutschen Wörterbüchern 112 Nicht zutreffend ist dagegen wohl die im DWB (27: 1859) angeführte Etymologie, derzufolge die Vergleichspartikel wan mit got. wans, ahd. wan ‚mangelnd, fehlend‘ in Verbindung gebracht wird (ebenso Stuckrad 1957: 500). Dies wurde schon von Behaghel (1923–32, III: 328) abgelehnt, der allerdings einen ebenfalls problematischen Zusammenhang mit dem etymologisch nicht geklärten As. nevan (vgl. Ae. nefne) annimmt.

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

99

vermerkt, vgl. BMZ (1: 412a ff.), MWB (1: 1506). Das mittelhochdeutsche eht/et geht laut EWA (2: 945) auf althochdeutsches eckorôdo/echert ‚nur‘ zurück und wird neben seiner Funktion als Komparativpartikel im Mittelhochdeutschen ebenfalls im Sinn von ‚nur, bloß‘ sowie außerdem als Modalpartikel im Sinn von ‚nun einmal, eben, doch‘ verwendet.113 Die Nähe zwischen Komparativpartikel in negiertem Vergleich und ‚nur‘ (‚nichts als x‘ entspricht dem propositionlen Gehalt von ‚nur x‘) bildet hier offensichtlich die Basis für den semantischen Wandel bei eht/et von ‚nur‘ zur Komparativpartikel. Sie zeigt sich auch bei (ni)wan, das umgekehrt von der Verwendung als Komparativpartikel ausgehend unter Negation ebenfalls im Sinn von ‚nur‘ verwendet wird, was die Grundlage für die heutige niederdeutsche nur-Entsprechung man bildet (vgl. auch Frz. ne que, s. u. Belege (165) und (166)). Ebenfalls in der mittelhochdeutschen Grammatik (Paul 2007) nicht angeführt, aber bereits bei Hildebrand (1871: 362) beiläufig erwähnt, sind Fälle, in denen offenbar schon im Mittelhochdeutschen als als Komparativpartikel verwendet wird. Eine der bei Hildebrand genannten Belegstellen wird auch von Paul (1920: 234) und unlängst wieder im MWB (1: 169, 61 ff.) als Beleg für mittelhochdeutschen Komparativvergleich mit als angeführt. Es handelt sich um den in (125) gegebenen Beleg von Walther von der Vogelweide. (125)

Komparativ mit als: Ob ieman spreche, der nû lebe, daz er gesæhe ie grœzer gebe, als wir ze Wiene dur êre haben empfangen? ‚Ob wohl jemand spräche, der jetzt lebt, dass er je größere Gaben gesehen habe, als wir zu Wien aus Ehre empfangen haben?!‘ (Walther 10, XIV, 1–3)

Nur im frühesten Mittelhochdeutschen findet sich neben den partikeleingeleiteten Komparativkonstruktionen noch selten der auch aus dem Althochdeutschen bekannte Vergleichstypus mit Vergleichskasus (vgl. Paul 2007: 350) wie im Korpusbeleg in (126) mit Dativmarkierung des Vergleichsstandards. (126)

Komparativ mit Vergleichsdativ: Vvaz iſt ſůzzere oder erlichere dem ſtanche unſereſ trehtineſ. deſ haltenten chriſtes.

113 Vgl. auch Bellmann (1995), der zudem Reste dieser Partikel in Dialekten diskutiert (u. a. Schlesisch ok ‚nur‘), die Verwendung als Komparativpartikel jedoch weder für die historischen noch für die dialektalen Formen erwähnt.

100

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

‚Was ist süßer oder ehrenwerter als der Duft unseres Herren, des erhaltenden Christus?‘ (Phys 132v, 13–16) Die Tabelle in (127) fasst die Verteilung der im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus verwendeten sprachlichen Mittel zur Kennzeichnung des Vergleichsstandards in Komparativkonstruktionen zusammen. Im Hinblick auf die Komparativvergleiche wurden aufgrund der geringeren Frequenz dieser Vergleichsart zusätzlich zum für die Äquative untersuchten, fünf per Hand ausgewertete Texte umfassenden mittelhochdeutschen Kernkorpus der Arbeit (Physiologus, Nibelungenlied, St. Trudperter Hohelied, Mitteldeutsche Predigten, Lilie) weitere 21 Texte aus dem Referenzkorpus Mittelhochdeutsch (ReM, Subkorpus MiGraKo) elektronisch per Korpusabfrage untersucht (zum Korpus ausführlich s. o. Kap. 1.3), so dass zusammen mit den Daten aus den komplett händisch ausgewerteten Texten insgesamt 468 mittelhochdeutsche Komparativvergleiche aus verschiedenen Regionen und Zeitschnitten in die Untersuchung eingehen, wie in Tabelle (127) dargestellt.114 Die Karte in (128) verdeutlicht die Ergebnisse in ihrer regionalen Verteilung.115 Eine Übersicht der in der Tabelle und der Karte verwendeten Textsiglen und zugehörigen Texte findet sich in Kap. 1.3 (ebenso für die Korpustexte aus den anderen Sprachstufen).

114 Die Ergebnisse aus den fünf händisch ausgewerteten Texten und den elektronisch ausgewerteten Texten ähneln sich sehr, so dass hier die Erhebungsmethode keinen relevanten Unterschied macht. Betrachtet man nur die fünf Texte (Phys, Nib, TrH, PrMK, Lil), so wird im Schnitt etwa je hälftig dann und wan als Komparativanschluss verwendet, wobei wan geringfügig seltener ist. Vergleichskasus tritt nur in 3 % der Komparativvergleiche auf. In den elektronisch ausgewerteten Texten, in denen typische Kontexte für Komparativvergleiche abgefragt wurden (Vorkommen einer Wortform im Komparativ, ander-, kein, nicht(s) oder nirgend in Kontaktstellung sowie in Fernstellung zu Formen der Lemmata danne, wan, et, also, weder bzw. einer Wortform im Dativ oder Genitiv), aber im Gegensatz zur händischen Auswertung möglicherweise dennoch nicht jeder Komparativvergleich erfasst wurde, kommt etwas häufiger danne und etwas seltener wan vor, was jedoch auch am jeweiligen Anteil negierter Vergleichskonstruktionen liegen kann, da wan fast nur dort auftritt, s. u. Der Anteil von Vergleichskasus ist minimal größer. 115 Die Kartierung der mittelhochdeutschen Daten ist dadurch erschwert, dass viele Texte nicht exakt zu lokalisieren sind und in einigen Fällen der mutmaßliche Ort der ursprünglichen Textentstehung vom Ort der Entstehung der überlieferten Manuskripte abweicht. Die entsprechenden Karten können daher nur Annäherungen darstellen, die bei aller gebotenen methodischen Vorsicht dennoch einen Eindruck von der regionalen Verteilung geben können. Bei der Kartierung habe ich mich an den im Referenzkorpus Mittelhochdeutsch (Subkorpus MiGraKo) und bei Klein/Solms/Wegera (2009: 19–30) gemachten Angaben zur Lokalisierung der Texte orientiert.

101

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

(127)

Komparativanschluss im Mittelhochdeutschen

Text

Zeitraum

Dialekt

danne

wan

et

als(o)

Vgl.kasus (Dativ)

Will

I (1050–1150)

Obd.

14 (87,5 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (12,5 %)

Obd.

5 (62,5 %)

2 (25 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

1 (12,5 %)

Bair.

6 (75 %)

1 (13 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

1 (13 %)

Spec

Schwäb./ Alem.-Bair.

14 (82 %)

3 (18 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

PrZ

Alem.

5 (56 %)

4 (44 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

TrP

Wmd.

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Aegi

Omd./ Hess.-Thür.

2 (20 %)

8 (80 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Obd.

2 (25 %)

6 (75 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

PrP

Bair.

8 (80 %)

2 (20 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Hof

Schwäb./ Alem.-Bair.

4 (31 %)

9 (69 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

TrH

Alem.

20 (65 %)

11 (35 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

RhM

Wmd.

26 (74 %)

9 (26 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

PrMK

Omd./ Hess.-Thür.

4 (57 %)

3 (43 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Bairisch

3 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

DvA

Schwäb/ Alem.-Bair.

25 (62,5 %)

15 (37,5 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

PrS

Alem.

0% (0)

13 (62 %)

8 (38 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Lil

Wmd.: Mittelfränk.

2 (22 %)

7 (78 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Sal

Wmd.: Rhfr.-Hess.

4 (33,3 %)

7 (58,3 %)

0 (0 %)

1 (8,3 %)

0 (0 %)

JMa

Omd./ Hess.-Thür.

3 (50 %)

3 (50 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

WNo Phys

Nib

Bar

II (1150–1200)

III (1200–1250)

IV (1250–1300)

102

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Text

Zeitraum

Dialekt

danne

wan

et

als(o)

Vgl.kasus (Dativ)

ObE

V (1300–1350)

Bairisch

16 (80 %)

4 (20 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Bau

Schwäb./ Alem.-Bair.

33 (79 %)

8 (19 %)

0 (0 %)

1 (2 %

0 (0 %)

Nik

Alem.

35 (69 %)

16 (31 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Tau

Wmd.: Mittelfränk.

25 (89 %)

3 (11 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

OxB

Wmd.: Rhfr.-Hess.

26 (68 %)

12 (32 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

MBe

Omd./ Hess.-Thür.

3 (21 %)

11 (79 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Gna

OFränk.

11 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

61,1 %

35,6 %

1,5 %

0,4 %

1,4 %

Summe (468)

297 (63,5 %)

157 (33,5 %)

8 2 (1,7 %) (0,4 %)

4 (0,9 %)

Komparativanschluss mit danne bildet wie im Althochdeutschen das Hauptmuster: Durchschnittlich reichlich 60 Prozent der Komparativvergleiche sind im untersuchten Korpus mit danne angeschlossen.116 In den meisten Texten liegt der Anteil von danne noch deutlich darüber. Im Bartholomäus, Christine Ebners „Von der Gnaden Überlast“ und den Trierer Psalmen wird sogar ausschließlich danne für den Komparativanschluss verwendet. Die quantitative Untersuchung stützt damit die Aussage in Paul (2007: 362), dass ‚Anschluss des verglichenen Gegenstandes‘ durch danne im Mittelhochdeutschen das Reguläre sei. In einigen der untersuchten Texte enthalten jedoch deutlich weniger als die Hälfte der Komparativvergleiche die Komparativpartikel danne/ denne: im Trierer Aegidius, Nibelungenlied, den Hoffmannschen Predigten, der Lilie und dem Evangelienbuch des Matthias von Beheim nur ein Fünftel bis ein Drittel der Komparativvergleiche, in den Schwarzwälder Predigten sind gar keine Komparativvergleiche mit dieser Vergleichspartikel belegt.

116 Separat abgefragt wurden in den Korpustexten auch Belege mit e danne. Dies erbrachte 19 Treffer und davon fünf einschlägige Belege, die jedoch hier nicht in die Auswertung mit einbezogen wurden, da vielfach bereits kein echter Komparativvergleich mehr vorliegt, sondern schon der Grammatikalisierungsschritt zur Konjunktion ‚ehe‘ vollzogen sein dürfte (vgl. auch êr danne im Ahd., s. o. Kap. 2.1).

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

(128)

Karte Komparativanschluss im Mittelhochdeutschen

103

104

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Neben dann(e)/denn(e) ist in allen untersuchten Texten auch wan bemerkenswert häufig. (Die Varianten niwan, newan etc. werden hier mit unter wan gezählt. Sie machen etwa 15 Prozent der wan-Belege im Korpus aus.) Der Anteil von wan liegt in den untersuchten Texten bei durchschnittlich reichlich einem Drittel der Belege. In den meisten Texten ist der Wert niedriger, in vier Texten wird wie eben erwähnt nur danne verwendet und wan überhaupt nicht. In den Hoffmannschen Predigten, dem Jenaer Martyologium, dem Evangelienbuch von Matthias Beheim, Salomons Haus, Nibelungenlied, Lilie und den Schwarzwälder Predigten sind dagegen 50 Prozent und mehr der Komparativvergleiche mit wan angeschlossen. Darin unterscheidet sich das Mittelhochdeutsche deutlich vom Althochdeutschen: in klassischen althochdeutschen Texten wie dem althochdeutschen Isidor oder Tatian tritt wan als Komparativpartikel nicht auf. Erst in späteren Texten ist (ne)wan belegt und auch dort nur selten (s. Kap. 2.1). Die Komparativpartikel wan kann auf Grundlage der Korpusergebnisse als typisches Kennzeichen des Mittelhochdeutschen charakterisiert werden, da sie sowohl in der vorhergehenden Sprachstufe des Althochdeutschen als auch in der nachfolgenden Sprachstufe des Frühneuhochdeutschen kaum belegt ist (s. Kap. 2.1 und 4.1), vgl. auch Behaghels (1923–32, III: 327) Aussage, dass wan erst spätalthochdeutsch, jedoch nicht häufig auftritt, wohingegen im Mittelhochdeutschen wan sehr häufig ist. Die Partikel et wird nur in einem der untersuchten mittelhochdeutschen Texte, in den Schwarzwälder Predigten, als Komparativpartikel verwendet. Hier kommt sie aber immerhin in fast 40 Prozent der Komparativvergleiche vor. Bei komparativischem et handelt es sich folglich um ein extrem regional beschränktes Phänomen. Die elektronische Abfrage ergab, dass auch im gesamten, 102 Texte umfassenden Subkorpus MiGraKo des Referenzkorpus Mittelhochdeutsch die Schwarzwälder Predigten (früher auch nach dem ersten Herausgeber als Grieshabersche Predigten bezeichnet) der einzige Text mit et/eht als Komparativpartikel sind. Die in BMZ (1: 412a ff.) und MWB (1: 1506), vgl. auch Behaghel (1923–32, III: 164), angegebenen Belege stammen ebenfalls ausnahmslos aus diesem Text. Die im Frühneuhochdeutschen auftretende Komparativpartikel weder (vgl. Kap. 4.1) ist im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus noch nicht in der Funktion als Komparativpartikel belegt. Kombinationen von Wortform im Komparativ und weder wurden ebenfalls elektronisch abgefragt und überprüft. Es handelt sich jedoch bei allen 10 Datenbanktreffern ausnahmslos um Fälle von weder im Sinn der Konjunktion ‚weder … noch‘. Auch bei Paul (2007: 361 f.) wird mittelhochdeutscher Komparativanschluss mit weder nicht erwähnt.117 117 Dagegen beginnt laut Behaghel (1923–32, III: 335) der vergleichende Gebrauch von weder bereits im Mittelhochdeutschen, ist aber erst später häufiger. Als frühesten Beleg bringt er: in

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

105

Wie oben erwähnt kommen laut Hildebrand (1871: 362) und darauf fußend Paul (1920: 234) sowie MWB (1: 169) bereits im Mittelhochdeutschen erste Komparativvergleiche mit der Vergleichspartikel als(o) vor. Zum einen bringt Hildebrand den oben in (125) gegebenen Beleg, der auch von Paul (1920: 234) und im MWB (1: 169) als Komparativvergleich mit als angeführt wird (im MWB ist dies der einzige Beleg für mhd. komparativisches als). Hierbei handelt es sich um einen Komparativ in einer rhetorischen Frage, so dass hier eigentlich ein negierter Sinn intendiert ist und der negierte Komparativvergleich somit einem Äquativvergleich nahekommt (‚Niemand könnte sagen, dass er je reichere Gaben gesehen habe, als wir sie empfangen haben‘ = ‚… so reiche Gaben wie wir …‘), vgl. auch Kraus (1935: 74 f.).118 Hier zeigt sich damit die Rolle negierter Vergleiche als Brückenkontexte für die Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln, s. ausführlich Kap. 7.3.4. Des Weiteren führt Hildebrand den in (129 a) angegebenen Beleg von Meister Eckardt an, der nach der älteren Ausgabe von Pfeiffer einen Komparativvergleich mit als enthält, in den heute maßgeblichen Textausgaben, so in der von Largier, dagegen dan statt als aufweist, vgl. (129 b), so dass das komparativische als mutmaßlich aus einer jüngeren Handschrift stammt.119 (129)

a.

Komparativ mit als: Nû ist vil edeler nihtes niht enpfenclich sîn denne gotes, als alliu dinc lîden durch got. ‚Nun ist es viel edler für nichts empfänglich zu sein als für Gott, als alle Dinge zu erleiden durch Gott.‘ (Meister Eckhart, ed. Pfeiffer II, 484, 26–27)

dem aller besten gebete, daz der mensche mac gebeten ensol niht sin weder „gib mir die tugent oder die wise“ ‚… soll nichts sein als …‘ (Meister Eckhart, ed. Pfeiffer II, 544, 12). Der vollständige Beleg nach der aktuellen Ausgabe zeigt allerdings, dass es sich hier um weder im Sinn von ‚weder … noch‘ handelt und der Komparativanschluss mit dan und ein weiterer mit wan gebildet ist, ganz wie im Mittelhochdeutschen üblich: und dar umbe in dem aller besten gebete, daz der mensche mac gebeten, ensol niht sîn weder ‚ oder , dan . ‚Und darum soll es im allerbesten Gebet, das der Mensch beten kann, weder noch heißen, sondern nur .‘ (Meister Eckhart, ed. Largier, 336, 10– 14, Übers. 337, 13–18). 118 Kraus (1935: 74 f.): „Das als nach dem vorgehenden Komparativ steht natürlich, äußerlich betrachtet, für normales danne. Aber eigentlich liegt eine Konstruktionsmischung vor, denn die rhetorische Frage Walthers hat verneinenden Sinn, es schiebt sich also der Gedanke unter: ‚keiner hat so reiche Gaben gesehen wie wir sie empfangen haben‘“ 119 Für diesen Hinweis danke ich Thomas Klein.

106 b.

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Komparativ mit dan: Nû ist vil edeler nihtes niht enpfenclich sîn wan gotes, dan alliu dinc lîden durch got, wan in dem lîdenne hât der mensche etwaz ûfsehennes ûf die crêatûre, von der der mensche daz lîden hât ‚Nun ist es viel wertvoller, für nichts empfänglich zu sein denn für Gott, als alle Dinge zu ertragen um Gottes willen. Denn im Leiden hat der Mensch ein gewisses Hinsehen auf die Kreatur, von der dem Menschen das Leiden kommt‘ (Meister Eckhart, ed. Largier 436, 10–13, Übers. 437, 11–15)

Bei der dritten von Hildebrand (1871) angegebenen Textstelle, die wiederum auch Paul (1920: 234) erwähnt, handelt es sich um einen Beleg des Teichners, s. (130). Hier wird ähnlich wie in (125) aufgrund der Negation (‚nicht weniger und nicht mehr‘ = ‚genauso viel‘) insgesamt eigentlich eine Gleichheit bezeichnet und die eigentliche Äquativpartikel als ist damit wiederum gemäß einer Constructio ad sensum gesetzt worden (vgl. Kap. 7.3.4). (130)

Komparativ mit als: wer ain weib nemen ſol, der tůt weder minder noch mer alz ain kaufman der nach ler ſiner friuͤnt kaufen tůt ‚Wer eine Frau nehmen soll, der tut weder weniger noch mehr als ein Kaufmann, der nach Lehre seiner Freunde kauft.‘ (Teichner III, Gedicht 506, 44 ff.)

Auch die hier betrachteten Korpustexte wurden auf mögliche Vorkommen von als(o) in Komparativvergleichen hin untersucht. Bei der Auswertung der elektronisch untersuchten Korpustexte wurde Kookurrenz von Wortform im Komparativ, ander- oder n-Indefinitum (‚kein‘, ‚nichts‘ etc.) mit als(o) oder so abgefragt. In fast allen der 263 Datenbanktreffer liegen keine Vergleiche (sondern z. B. konditionales so etc.) vor oder es handelt sich um Äquativvergleiche, wo als(o)/so im Mittelhochdeutschen ganz regulär auftritt und das absolute Hauptmuster bildet (s. u. Kap. 3.2). Bei aller aus methodischen Gründen gebotenen Vorsicht können jedoch die beiden Korpusbelege in (131) und (132) wohl als weitere, in der Literatur bisher noch nicht diskutierte mittelhochdeutsche Komparativvergleiche mit als gewertet werden. (131)

Komparativ mit alse: ſo vindeſtv aber driv dinc. daz eine iſt. daz dv nie von dinge in wordes ſvzer gemīnit. alſe von gode. ‚So findest du aber drei Sachen: Die eine ist, dass du nie von irgendetwas süßer geliebt wurdest als von Gott.‘ (Sal 97, 5–8)

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

(132)

107

Komparativ mit als:120 ſw’ ab’ ruowe in vngemache habn wil d’ wen ſich ſin mit gedulticheit. ab’ gedult lernen iſt chein letze nutzer. alſ emſechlichen wid’ mut’ ‚Wer aber Ruhe im Unglück haben will, der gewöhne sich daran mit Geduld. Aber, um Geduld zu lernen, ist keine Lektion nützlicher als ständige Missgeschicke.‘ (Bau 109r, 5–7)

Damit stützen die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung die Aussage von Hildebrand (1871), Paul (1920) und MWB (1: 169, 61 ff.), dass erste, ganz vereinzelte Belege für den Beginn des Wandels von also/als zur Komparativpartikel schon in mittelhochdeutscher Zeit zu finden sind. Wie leicht jedoch ein tatsächlicher Äquativvergleich mit als aus heutiger Sicht auf den ersten Blick als Komparativvergleich missinterpretiert werden kann, verdeutlicht der Korpusbeleg in (133). (133)

Scheinbarer Komparativ mit als → Äquativ! w’r niht mer gůtes an vngemache wan daz vnſ’ h’re di wil gutlicher ſich dem menſchen erzeiget alſ div gůt můter dem ſiechen chinde man ſolt ez g’n liden. ‚(Selbst) wenn nicht mehr Gutes am Leid wäre, als dass unser Herr sich währenddessen dem Menschen (noch) gütiger erweist, (so) wie die gute Mutter dem kranken Kind, dann sollte man es bereitwillig erleiden.‘ (Bau 112r, 12–15)

Hier scheint es zunächst durchaus naheliegend, die Stelle gutlicher … als diu guot muoter als ‚gütiger … als die gute Mutter‘ aufzufassen. Tatsächlich ist jedoch ‚WIE die gute Mutter‘ intendiert: Gott erweist seine Güte dem leidenden Menschen viel mehr als dem nicht-leidenden Menschen; genau wie eine gute Mutter sich um ihr Kind noch viel intensiver kümmert, wenn es krank ist, als sonst, wenn es gesund ist. Diese Interpretation wird auch gestützt vom in (134)

120 Dieser Beleg ist jedoch insofern problematisch, als die Stelle offenbar gestört ist. Die entsprechende Stelle bei David von Augsburg (in Pfeiffer, Deutsche Mystiker I, 329,19 f.), den der Baumgarten als Quelle voraussetzt (vgl. Unger 1969: 181 f.), lautet: Aber ze lernen gedultekeit ist dehein letze sô nütze als emzekeit widermuotes. ‚Aber Geduld zu lernen ist keine Lektion so nützlich wie das Andauern des Missgeschicks‘. Die bei David von Augsburg als Äquativvergleich konstruierte Stelle ist im Baumgarten mit kompariertem Adjektiv (entsprechend wohl als Komparativvergleich) und dennoch mit als angeschlossenem Vergleichsstandard wiedergegeben, s. dazu auch Unger (1969: 343, Fußn. 2).

108

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

angegebenen vorausgehenden Kontext (hier wird auch der oben mitgedachte, aber nicht explizite Vergleichsstandard explizit: denne ze anden ziten). (134)

ſo erſchriche ab vngemache niht wan alſ div mut’ dem chinde g’n z’rtet ſo ez weinende wirt alſo iſt auch got ſinen chinden denne bereiter troſtez mit im ſelben. ob ſi in ſuchent ſo ſi in beſw’rde ſint ſo git er ſich in mit troſt vil me denne zeand’n ziten. ‚So schrick nicht vor dem Unglück zurück, denn wie die gute Mutter zu dem Kind gern zärtlich ist, wenn es weint, genauso ist auch Gott seinen Kindern umso bereiter Trost zu spenden. Wenn sie ihn suchen, wenn sie in Bedrängnis sind, so gibt er sich ihnen hin mit Trost, viel mehr als zu anderen Zeiten.‘ (Bau 110v, 21−111r, 5)

Der Äquativvergleich in (133) ist – zumal aus heutiger, an komparativisches als gewöhnter Sicht – leicht als Komparativvergleich misszuverstehen, da hier ein kompariertes Adjektiv ohne expliziten Vergleichsstandard verwendet wird (dieser muss aus dem Kontext erschlossen werden bzw. entspricht dem DefaultWert ‚im Vergleich zum Üblichen/zu sonst‘) und danach folgt ein Vergleich, der leicht falsch als mit als angeschlossener Vergleichsstandard zu eben diesem kompariertem Adjektiv aufgefasst werden kann. Kontexte dieser Art (kompariertes Adjektiv ohne Vergleichsstandard/kontextueller Komparativvergleich, nachfolgender Äquativvergleich (Faktizitätsvergleich): ‚gütiger/besser/…, (so) wie …‘) können auch vom Lerner schnell als Konstruktionen mit Komparativvergleich fehlgedeutet werden, da ein kompariertes Adjektiv die Erwartung eines zugehörigen Vergleichsstandards beim Parser auslöst, die dann scheinbar durch die Abfolge aus Vergleichspartikel und Vergleichsstandard eingelöst wird. Somit stellen derartige Kontexte neben den negierten Vergleichen ebenfalls mögliche Brückenkontexte für den Wandel von Äquativpartikeln zu Komparativpartikeln dar. Im Gegensatz zu den Komparativkonstruktionen mit Kennzeichnung des Vergleichsstandards durch Vergleichspartikel verschwinden solche mit Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Vergleichskasus im Mittelhochdeutschen schon bald. Nur in den frühesten hier betrachteten Texten, Willirams von Ebersberg Hohelied-Paraphrase und -kommentar (Hs. Ende 11. Jh.)121 und dem Wiener Notker (Hs. um 1100)122 sowie dem Physiologus in der Wiener Prosa-Fassung (Hs. letztes Viertel 12. Jh.),123 dessen Entstehung aber wohl 121 Zur Datierung des Textes vgl. VL (10: 1158 f.). 122 Zur Datierung des Textes vgl. VL (6: 1221). 123 Zur Datierung des Textes vgl. Schneider (1987: 44).

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

109

durchaus noch weiter zurückreicht,124 finden sich noch wenige Belege dieses Vergleichstyps mit Markierung des Vergleichsstandards mit Dativus Comparationis, vgl. (126) sowie (135) bis (137). Bei diesen Texten handelt es sich durchweg um oberdeutsche (bairische) Texte. (Der oberdeutsche Sprachraum erweist sich auch bezüglich der Äquative (Äquativpartikel same, vgl. Kap. 3.2) als konservativer. Dialektal haben sich im Oberdeutschen bis heute auch die historischen Komparativpartikeln wan und weder erhalten.) In den übrigen 23 hier betrachteten Texten ist Vergleichskasus nicht belegt. Insgesamt ergibt sich damit ein durchschnittlicher Anteil von nur etwa einem Prozent, und auch bei Williram, im Wiener Notker und im Physiologus ist der Vergleichskasus deutlich seltener als das Hauptmuster mit danne. Hier taucht der Vergleichskasus auch in enger Verbindung mit dem Lateinischen auf, nämlich bei direkter lateinischer Vorlage mit Vergleichskasuskonstruktion wie in (135) und in Fällen mit lateinisch-mittelhochdeutschem Code-Switching, vgl. (136), aber auch gegen die lateinische Vorlage wie in (137), das im lateinischen Original eine Konstruktion mit PP enthält (minuisti eum paulo minus ab angelis).125 (135)

Komparativ mit Vergleichsdativ: (meliora sunt ubera tua vino) Uuanta bézzer ſint dîne ſpúnne démo uuîne. denn besser sind deine Brüste/Muttermilch dem Wein ‚denn deine Muttermilch ist besser als Wein‘ (Will 2v, 8 f.)

(136)

Komparativ mit Vergleichsdativ: eminentioreſ dîne doctoreſ. dîe íro Den állen ſint ábo denen allen sind jedoch eminentiores deine doctores die ihre ſubiectoſ alſo uérro úbertréffent mit celſitudine uirtutum. unte mít subiectos so fern übertreffen mit celsitudine virtutum und mit proceritate. proceritate

124 Vgl. VL (7: 629). 125 Panagls (1975) Generalisierung, dass Vergleichskasus statt Vergleichsanschluss mit Vergleichspartikel dann verwendet würde, wenn die Präsupposition vorliegt, dass die mit dem Tertium Comparationis bezeichnete Eigenschaft in hohem Maß auf den Vergleichsstandard zutrifft, ist für mehrere Belege zutreffend. In (137) dürfte eine derartige Präsupposition dagegen nicht gegeben sein (nicht ‚Du machtest ihn noch geringer als deine Engel‘). Ein weiterer möglicher Grund für die Wahl des Vergleichskasus statt einer Vergleichspartikel zeigt sich in Bsp. (136). Hier ermöglicht der Vergleichsdativ die Topikalisierung nur des Vergleichsstandards, was sonst nicht möglich ist („Denen allen größer …“ vs. *„Als diese alle größer …“).

110

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

‚Eminentiores (= herausragender) als all diese sind jedoch deine Doktoren, die ihre Subjekte so weit übertreffen mit Celsitudo Virtutum (= Größe der Tugenden) und mit Proceritas (= Größe).‘ (Will 24v, 16–20) (137)

Komparativ mit Vergleichsdativ: Du tate in etteuuaz minnerin dinen engilun. uuande er du machtest ihn etwas geringer deinen Engeln weil er irſterben mahta. doh er ana ſunda uuare. sterben konnte obwohl er ohne Sünde wäre ‚Du machtest ihn etwas geringer als deine Engel, weil er sterben konnte, obwohl er ohne Sünde war.‘ (WNo 11vb, 18–22)

Die Korpusuntersuchung bestätigt damit die Aussage in Paul (2007: 347, 350, 361 f.), dass Vergleichskasus ganz vereinzelt auch im Mittelhochdeutschen auftritt. In den untersuchten Texten kommt dabei wiederum ausschließlich Dativ als Vergleichskasus vor. Belege, in denen ein Genitiv und eine Wortform im Komparativ zusammen vorkommen, wurden ebenfalls elektronisch abgefragt. Keiner der 68 Datenbanktreffer in den untersuchten Texten enthielt aber einen Beleg für Genitiv als Vergleichskasus.126 Ebenso enthielt keiner der fünf per Hand ausgewerteten Texte einen Vergleichsgenitiv. Der bei Behaghel (1923–32, I: 560) und mit Bezug hierauf wiederum in Paul (2007: 347) erwähnte mittelhochdeutsche Vergleichsgenitiv als Nachbildung des lateinischen Ablativs (z. B. aller tiere grimmer vnd raezir ‚grimmiger und wilder als alle Tiere‘ Martina 91, 95) ist im untersuchten Korpus nicht belegt.127 Hierbei dürfte es sich also um ganz vereinzelte Fälle handeln. Wie schon im althochdeutschen Korpus, vgl. Kap. 2.1, ist im hier untersuchten mittelhochdeutschen Korpus nur Dativus Comparationis belegt. Insgesamt lassen sich die mittelhochdeutschen Belege mit Vergleichskasus als vereinzelte Reste dieses seltenen Musters charakterisieren. Im Gegensatz dazu sind Komparativkonstruktionen mit Vergleichspartikeln im Mittelhochdeutschen ungleich häufiger und setzen sich auch diachron durch.

126 Stattdessen handelte es sich um Kombinationen von Komparativ und Genitivattribut, partitivem Genitiv, Genitivobjekt oder Maßgenitiv (adverbialem Genitiv). 127 Ebenso wenig wie die vergleichsartige Konstruktion mit Possessivpronomen (Paul 2007: 361 f.), z. B.: im was sîn sterchôrre chomen ‚derjenige, der stärker war als er‘ / ‚ein Stärkerer als er‘, Vor Sündenkl 847; si sprâchen, daz sîn wîser dâ niender waere ‚ein Weiserer als er‘, Kchr 176, (vgl. Grimm 1897: 735), s. dazu auch Kap. 2.1.

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

111

Werfen wir nun noch einen Blick auf die syntaktische Distribution der mittelhochdeutschen Komparativpartikeln. Danne, wan sowie das seltenere et und als(o) ähneln sich insofern, als sie gleichermaßen Phrasen- wie Satzvergleiche einleiten können. Bei Phrasenvergleichen besteht der Vergleichsstandard wie im Neuhochdeutschen zumeist aus einer NP, vgl. die Korpusbelege in (121) bis (124), (138) und (144),128 ggf. auch einer bloßen attributiven NP, vgl. (139),129 oder aus einer PP, vgl. (140) und (145).130 Seltener bilden auch AdvP, vgl. (142) und (147), AP, vgl. (141), und infinite Verbformen (Partizip II oder Infinitiv), vgl. (143) und (146), den Vergleichsstandard. Das Tertium Comparationis kann ebenfalls wie im Neuhochdeutschen verschiedene syntaktische Funktionen erfüllen, so sind prädikative, vgl. (121), (124), (139), (150), (151) und (160), adverbiale, vgl. (138), (152) und (154), attributive, vgl. (148), und nominalisierte Adjektive, vgl. (144), Adverben, vgl. (140) und (143), aber auch negative Indefinitpronomen, vgl. (122), (141), (142), (146), (155), (156) und (159), sowie Interrogativpronomen in Argumentfunktion, vgl. (157), bzw. in PPs, vgl. (145), als Tertium Comparationis belegt. (138)

Komparativ mit denne, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: adverbiale AP): Da von daz vnſ vnnvtze gedanche manichvaltichlich’ zefliezzent. denne die gůtē. ‚… daher, dass uns unnütze Gedanken mannigfaltiger zufließen als die guten‘ (DvA 68v, 12–15)

128 Bei den Phrasenvergleichen, in denen et vorkommt, handelt es sich beim Vergleichsstandard jeweils um eine NP, vgl. (124). Et ist aber insgesamt sehr selten als Komparativpartkel belegt, so dass möglicherweise deshalb nur der häufigste Phrasentyp NP im Korpus nachzuweisen ist. Eventuell stützt dieser Befund jedoch auch Friedlis (2012) Zugänglichkeitshierarchie (s. u. Kap. 6.1, (505)), derzufolge neue Vergleichspartikeln zunächst in Phrasenvergleiche mit NPs verwendet werden. Et kommt außer in Phrasenvergleichen auch in Satzvergleichen und komplexen Vergleichssätzen vor, s. (150), (160) und (161). Bei den wenigen Belegen für komparativisches als im Mittelhochdeutschen handelt es sich um Phrasenvergleiche mit NP oder PP als Vergleichsstandard, wie in (130), (131) und (132), oder um Satzvergleiche, wie in (125). 129 Der Vergleichsstandard besteht overt aus einer bloßen attributiven Genitiv-NP, ist aber aufgrund der Semantik als elliptische Konstruktion anzusehen, in der ‚das Heer‘ als BezugsNP getilgt wurde, vgl. zum Ahd. Bsp. (58). 130 Laut BMZ (1: 300a ff.) steht im Phrasenvergleich, wenn der Vergleichsstandard aus einer NP besteht, diese entweder im vom Verb geforderten Kasus oder aber unabhängig vom Matrixsatz im Genitiv, z. B. ich hân nieman danne dîn (Wigamur 5732), er hât hie nieman denne mîn (Parzival 260, 4), wobei es sich in den angegebenen Fällen auch um durch die Negation bedingten Genitiv handeln könnte. Analoges gilt für wan, z. T. noch mit weiteren Kasus (BMZ 4: 479b ff.).

112

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

(139)

Komparativ mit danne/denne, Phrasenvgl.: NP = Gen.-Attribut (Tert. Comp.: prädikative AP): vn̄ antonivſ her waſ michil grozir denne des kůnigiſ von rome. ‚Und Antonius’ Heer war viel größer als (das) des Königs von Rom.‘ (PrMK 4r, 3 f.)

(140)

Komparativ mit danne/dan, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: AdvP): alle iude dinc vn̄ heilige dinc ſal ſie zeugin me mit irrē werken dan mit dē wortē ‚Alle guten Dinge und heiligen Dinge soll sie mehr mit ihren Werken als mit den Worten zeigen.‘ (OxB 2r, 26 f.)

(141)

Komparativ mit denne, Phrasenvgl.: AP (Tert. Comp.: n-Indef.): Die iunge ſuſtere inhaben kein bette bijeinandere danne vndermenget mit den altfrauwen ‚Die jüngeren Schwestern haben kein Bett beieinander als (/sondern) vermischt mit den Altfrauen.‘ (OxB 6v, 23–25)

(142)

Komparativ mit denne, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: n-Indef.): ab’ nach míner eigennen forme enbín ich níene denne alhie. ‚Aber nach meiner eigenen Form bin ich nirgends als hier‘ (Nik 37vb, 12–14)

(143)

Komparativ mit danne/dan, Phrasenvgl.: Part. II (Tert. Comp.: AdvP): vn̄ flizze ſich dz ſie me geminnet w’de dan gevort. ‚… und befleißige sich, dass sie mehr geliebt werde als gefürchtet‘ (OxB 14v, 20 f.)

(144)

Komparativ mit wan, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: nominalisierte AP): Ab’ ein ſterkir kůmit wan ich. ‚Aber ein Stärkerer kommt als ich.‘ (MBe 140v, 18–19)

(145)

Komparativ mit wan, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: Interrogativpron. in PP): Up weme ſal min geiſt reſten. Wan up deme otmůdigen. ‚auf wem (anders) soll mein Geist ruhen als auf dem Demütigen?!‘ (Lil 2, 21)

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

113

(146)

Komparativ mit wan, Phrasenvgl.: Infinitiv (Tert. Comp.: n-Indef. + anders): wirin ſolin niet anderſ tvn. wan bedin vnde biden. ‚Wir sollen nichts anderes tun als beten und bitten.‘ (Sal 106, 14–16)

(147)

Komparativ mit wan, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: AdvP): daz iſt der tivel. der dir niet me geſhaden mach wan alſo vile. alſe dv ime volgin wil. ‚Das ist der Teufel, der dir nicht mehr schaden kann als so sehr, wie du ihm folgen willst.‘ (Sal 81, 11–14)

Im Vergleich zu Phrasenvergleichen sind Satzvergleiche mit danne, wan oder et sehr viel seltener belegt. In Satzvergleichen steht das finite Verb in Endstellung.131 (148)

Komparativ mit danne, Satzvgl. (Tert. Comp. attributive AP): daz ih geazet uurte. mit ſtarchere fuore. danne diu milih ſi ‚dass ich gespeist wurde mit einer kräftigeren Nahrung, als die Milch ist‘ (WNo 38rb, 23 − 38va, 1)

(149)

Komparativ mit wan, Satzvgl. (Tert.Comp.: Pron./Obj.): want wir ſein v’re me van vnſme heren ih’u xp̄ wā die yůng’ daden. ‚denn wir sehen weit mehr von unserem Herren Jesu Christo, als die Jünger taten‘ (Tau 13v, 2–4)

(150)

Komparativ mit et, Satzvgl. (Tert. Comp.: präd. AP): Eya ſailig’ menſch. wie g’ne du nach dē ewigē leben moͤhteſt w’bē. ſwēne du da ſuibenſto ſchoͤn’ wirſt. et díu ſchoͤne ſunne iezo ſi. ‚Ei, seliger Mensch, wie gerne du nach dem ewigen Leben streben möchtest, wenn du dort siebenmal schöner wirst, als die schöne Sonne jetzt ist.‘ (PrS 123v, 18–20)

131 Der in Komparativvergleichen übliche Modus ist laut Behaghel (1923–32, III: 626) „noch tief ins Mhd. hinein“ der Konjunktiv.

114

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Neben vollständigen Satzvergleichen sind gelegentlich Fälle von elliptisch verkürzten Satzvergleichen, sogenanntem Gapping, belegt, in denen der Vergleichsstandard aus mehreren Satzgliedern besteht, die nicht zusammen eine Konstituente bilden, so dass eine phonologisch verkürzte, eigentlich satzwertige Konstruktion vorliegen muss wie in (151). (151)

Komparativ mit danne, Gapping: wan ſie iſt noch foller. deſ heiligen geiſteſ. danne [daz mere] [wazzeres]. ‚denn sie ist noch voller vom heiligen Geist, als das Meer von Wasser‘ (Sal 108, 5–7)

Weder bei Phrasen- noch bei Satzvergleichen kommen im Mittelhochdeutschen komplexe Vergleichspartikeln in der Art des heutigen umgangssprachlichen bzw. regiolektalen als wie vor. Es sind aber komplexe Vergleichssätze belegt. Diese kann man als elliptische Satz-Verschachtelungen ansehen, bei denen ein Nebensatz, beispielsweise ein daz-Satz,132 freier Relativsatz, Adverbialsatz (z. B. ein Konditionalsatz) oder eine satzwertige Infinitivkonstruktion, in den elliptisch verkürzten Vergleichssatz eingebettet ist, so dass sich Folgen aus danne, wan bzw. et und nebensatzeinleitender Konjunktion ergeben können wie danne daz, danne ob, wan daz, wan so, et daz, et ob in (152) bis (161), die aber nicht als komplexe Vergleichspartikeln anzusehen sind.133

132 Im historischen Deutschen finden sich anstelle eines in einen Vergleich eingebetteten dass-Satzes auch uneingeleitete Nebensätze. Behaghel (1923–32, III: 632) bringt hierfür neben Belegen aus dem altsächsischen Heliand (Heliand 4153) und dem althochdeutschen Notker (N Ps. 34, 16) folgenden mittelhochdeutschen Beleg von Meister Eckhart: daz ist vil bezzer den vinger verlieren alleine unt den menschen behalten, denne [beidiu der vinger und der mensche verderbe]. (Meister Eckhart, ed. Pfeiffer II, 439, 35), nach der aktuellen Ausgabe: daz ist vil bezzer, den vinger verliesen aleine und den menschen behalten, dan [beidiu vinger und mensche verderbe] (Meister Eckhart, ed. Largier 290, 3–5), vgl. dazu auch Paul (2007: 361 f.). Noch im Frühneuhochdeutschen sind uneingeleitete Nebensätze statt daz-Sätzen in komplexen Vergleichssätzen belegt, vgl. Kap. 4.1. Die Kombination danne + daz ist laut Behaghel zuerst im Mittelhochdeutschen belegt. Dies bestätigt auch die hier vorliegende Korpusanalyse, derzufolge im Althochdeutschen keine komplexen Vergleichssätze mit daz-Satz belegt sind, vgl. Kap. 2.1. Dialektal gibt es bis heute teilweise komplexe Vergleichssätze mit uneingeleitetem Nebensatz, wo standarddeutsch eher ein dass-Satz stehen würde, z. B. im Schweizerdeutschen, vgl. (40). 133 Alternativ könnte man diese Konstruktionen statt als elliptische Satzverschachtelungen im Sinn der direkten Analyse (Kap. 8.2) als bloße Kombinationen einer Vergleichspartikel mit einer Vergleichsstandard-CP ansehen.

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

115

(152)

Komplexer Vergleichssatz denne + daz-Satz: ich lide gerner ein lamez bein. denne [daz ich iz laze abhoͮ wen]. ‚Ich ertrage lieber ein lahmes Bein, als dass ich es abhauen lasse.‘ (DvA 34v, 9–11)

(153)

Komplexer Vergleichssatz danne + Konditionalsatz: Die mit haſt dv vnſ mer din’ chraft erzeiget. daz dv chrancher ſtark biſt. vn̄ arm riche. vn̄ chlein michel. vn̄ chindiſche wiſe. danne [ob dv groͤzziv dinch. mit diner magenchraft heteſt alein voͤlbrahte]. ‚Hiermit hast du uns mehr deine Kraft erwiesen, dass du als Schwacher stark bist, als Armer reich, als Kleiner groß, als Kindlicher weise, als wenn du große Dinge mit deiner Macht allein vollbracht hättest.‘ (DvA 73r, 16–73v, 5)

(154)

Komplexer Vergleichssatz denne + freier Relativsatz: daz chan niemen wol getün der nicht waiz wie swerde smecket alz ein sieche dem andern ſiechen baz gelaubet denne [der nie ſiech wart]. ‚Das kann niemand gut tun, der nicht weiß, wie Schmerz schmeckt, wie ein Kranker dem anderen Kranken eher glaubt als derjenige, der nie krank war.‘ (Bau 111r, 15 f.)

(155)

Komplexer Vergleichssatz wan/wene + daz-Satz: der ſtůle warin zwene der ein zvo an thioch d’ andir zvo rome. d’ ſtůl daz ne iſt andirſ nicht wene [daz er d’ erſte biſchof waſ d’ zvo anthioch ie geſazt wart vn̄ d’ erſte babiſt. der ie ce rome wart]. ‚Der Stühle waren zwei, der eine zu Antiochia, der andere zu Rom. Das heißt nichts anderes, als dass er der erste Bischof war, der je zu Antiochia (ein)gesetzt wurde und der erste Papst, den es je in Rom gab‘ (PrMK 4v, 45–48)

(156)

Komplexer Vergleichssatz wan + Konditionalsatz: vn̄ wirt d’ menſche níemer ane alle ſuind wā [ſo er v inſers h’rē fronlíchamē enphahet]. ‚und wird der Mensch nimmer ohne Sünde, als/außer wenn er unseres Herren Leib empfängt‘ (Nik 74va, 14–17)

(157)

Komplexer Vergleichssatz wan/newane + freier Relativsatz: wer lainet ſich ubir ſinen trut. newane [der allez dc uon gote hât. dc er goͮ teſ tůt]. ‚Wer stützt sich auf seinen Geliebten als derjenige, der alles das von Gott hat, das er Gutes tut?‘ (TrH 102r, 3–5)

116

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

(158)

Komplexer Vergleichssatz wan + indirekter Fragesatz: Leider da uerſume wir unſ uil harte an. want wir unſ ubir allez iar. niht anderſ flizen. wan [wie wir dem libe. ſineſ willen. unt ſineſ gemacheſ faren]. ‚Leider versäumen wir das sehr, weil wir uns das ganze Jahr über um nichts anderes bemühen, als wie wir dem Leib, seinem Willen und seinem Wohlergehen nachkommen‘ (Hof 14v, 13–15)

(159)

Komplexer Vergleichssatz wan + satzwertige Infinitivkonstruktion: wan dem richen kvnege anders niht gezam wan [danchen gvetliche den di im waren chomn] ‚Denn dem reichen König ziemte nichts anderes, als freundlich denen zu danken, die zu ihm gekommen waren‘ (Nib 250, 2 f. (A: 244/B: 243/C: 246))

(160)

Komplexer Vergleichssatz et + daz-Satz: Ez iſt uil wêg’ dc ich aī ertrínche et [dc ier mit mír ertrinchēt]. ‚Es ist viel besser, dass ich allein ertrinke, als dass ihr mit mir ertrinkt.‘ (PrS 9r, 7)

(161)

Komplexer Vergleichssatz et + ob-Konditionalsatz: vn̄ dc lieht dc bringet dē ſuind’ vil mê nuzez. et [ob er tûſent oͮ gē hête an ſinē hoͮ pte.] ‚Und das Licht, das bringt dem Sünder viel mehr Nutzen, als wenn er tausend Augen an seinem Kopf hätte.‘ (PrS 131v, 18 f.)

Daneben kommen auch Verschachtelungen von Komparativ- und Äquativvergleichen vor, wodurch sich entsprechende Abfolgen mehrerer Vergleichspartikeln ergeben wie wan als in (162). Hierbei handelt es sich ebenfalls nicht um komplexe Vergleichspartikeln, da zwei verschiedene Vergleiche und sogar Vergleichstypen ineinander eingebettet vorkommen, und nicht ein einziger Komparativvergleich, der durch eine durch Verstärkung entstandene Vergleichspartikel eingeleitet wird. Dass es sich um Verschachtelung mehrerer unabhängiger Vergleiche handelt, wird in den Handschriften oft auch durch Interpunktion zwischen den beiden Vergleichspartikeln verdeutlicht. (162)

Verschachtelung von Komparativ und Äquativ mit wan + als: Der diſe. rede min uil lieben andirſ niht uerſtet. wan [alſ div wort ſint]. der mac ſi ſo uerſten. daz …

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

117

‚Wer diese Rede, meine sehr Lieben, nicht anders versteht, als (so) wie die Wörter sind, der kann sie so verstehen, dass …‘ (Hof 25v, 17–19) Während sich danne, wan und et also bezüglich ihrer Distribution in Satz- und Phrasenvergleichen ähneln, besteht in anderer Hinsicht ein zentraler Unterschied in der Distribution von wan gegenüber danne und et: wan ist wie bereits kurz angedeutet im Wesentlichen auf negative bzw. allgemeiner auf negativpolare Kontexte beschränkt. Es kommt also insbesondere unter Negation vor (‚nichts/niemand/nirgends/… als‘), wie bereits in DWB (27: 1860), Behaghel (1923–32, III: 331), Paul (2007: 362) vermerkt wird und wie die angeführten Korpusbelege in (122), (123), (146), (147), (155), (156), (158) und (162) illustrieren. Bei wan handelt es sich mit anderen Worten um ein sogenanntes negatives Polaritätselement oder NPI (Negative Polarity Item) wie etwa prototypisch das englische any.134 Um diese These auch quantitativ zu untermauern, wurden alle mittelhochdeutschen Korpusbelege mit danne und wan (incl. Varianten niwan etc.) dahingehend klassifiziert, ob die Vergleichspartikel im Skopus einer Negation steht oder nicht. Die Tabelle in (163) fasst die Daten aus allen 26 untersuchten Texten zusammen. (Die in der Tabelle nicht eigens aufgeführte, nur in den Schwarzwälder Predigten belegte Komparativpartikel et wird nur in nicht-negativen Kontexten verwendet.)

134 Der Vergleichsstandard in Komparativvergleichen stellt selbst auch einen typischen NPIlizenzierenden Kontext dar (vgl. Lizenzierung von any in She is taller than any of her friends etc., s. Ladusaw 1979, Giannakidou 1998 u. a.), was in der Semantik zumeist − Hocksema (1983), von Stechow (1984) u. a. folgend − dadurch erklärt wird, dass es sich um einen abwärtsimplizierenden (‚downward-entailing‘, s. auch Fußn. 137) Kontext handelt (demgegenüber wird von einzelnen Autoren eine koverte Negation im Vergleichsstandard angesetzt und auch für die NPI-Lizenzierung verantwortlich gemacht, so von Seuren 1973 und Schwarzschild 2008). Hier geht es dagegen nicht um die Lizenzierung von NPIs innerhalb des Vergleichsstandards, sondern um den NPI-Status der den Vergleichsstandard anschließenden Vergleichspartikel selbst, die durch Negation etc. im Matrixsatz lizenziert ist.

118

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

(163)

Mittelhochdeutsche Komparativpartikel danne und wan in negativen und nicht-negativen Kontexten

Text

Zeitraum

Dialekt

danne

wan

+ Neg

− Neg

+ Neg

− Neg

Obd.

1 (7 %)

13 (93 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Obd.

1 (20 %)

4 (80 %)

2 (100 %)

0 (0 %)

Bair.

0 (0 %)

6 (100 %)

1 (100 %)

0 (0 %)

Spec

Schwäb./ Alem.-Bair.

2 (14 %)

12 (86 %)

3 (100 %)

0 (0 %)

PrZ

Alem.

0 (0 %)

5 (100 %)

4 (100 %)

0 (0 %)

TrP

Wmd.

0 (0 %)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Aegi

Omd./ Hess.-Thür.

0 (0 %)

2 (100 %)

8 (100 %)

0 (0 %)

Obd.

0 (0 %)

2 (100 %)

6 (100 %)

0 (0 %)

PrP

Bair.

1 (12,5 %)

7 (87,5 %)

2 (100 %)

0 (0 %)

Hof

Schwäb./ Alem.-Bair.

1 (25 %)

3 (75 %)

9 (100 %)

0 (0 %)

TrH

Alem.

1 (5 %)

19 (95 %)

7 (64 %)

4 (36 %) (+ NPI)

RhM

Wmd.

9 (35 %)

17 (65 %)

2 (22 %)

7 (78 %) (davon 4 + NPI)

PrMK

Omd./ Hess.-Thür.

0 (0 %)

4 (100 %)

3 (100 %)

0 % (0)

Bair.

0 (0 %)

3 (100 %)

0 % (0)

0 (0 %)

DvA

Schwäb./ Alem.-Bair.

0 (0 %)

25 (100 %)

15 (100 %)

0 (0 %)

PrS

Alem.

0 (0 %)

0 (0 %)

13 (100 %)

0 % (0)

Lil

Wmd.: Mittelfränk.

0 (0 %)

2 (100 %)

3 (43 %)

4 (57 %) (+ NPI)

Sal

Wmd.: Rhfr.-Hess.

0 (0 %)

100 % (4)

4 (57 %)

3 (43 %) (+ NPI)

JMa

Omd./ Hess.-Thür.

0 (0 %)

3 (100 %)

3 (100 %)

0 (0 %)

Will

I (1050–1150)

WNo Phys

Nib

Bar

II (1150–1200)

III (1200–1250)

IV (1250–1300)

119

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

Text

Zeitraum

Dialekt

danne

wan

+ Neg

− Neg

Bairisch

37,5 % (6)

10 (62,5 %) 4 (100 %)

0 (0 %)

Bau

Schwäb./ Alem.-Bair.

11 (33 %)

22 (67 %)

8 (100 %)

0 (0 %)

Nik

Alem.

9 (26 %)

26 (74 %)

16 (100 %)

0 (0 %)

Tau

Wmd.: Mittelfränk.

19 (76 %)

6 (24 %)

1 (33 %)

2 (66 %)

OxB

Wmd.: Rhfr.-Hess.

14 (54 %)

12 (46 %)

12 (100 %)

0 (0 %)

MBe

Omd./ Hess.-Thür.

0 (0 %)

3 (100 %)

5 (45 %)

6 (55 %)

OFränk.

4 (36 %)

7 (64 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

15 %

85 %

85 %

15 %

Summe (454)

79 (27 %)

218 (73 %)

131 (83 %)

26 (17 %)

ObE

V (1300–1350)

Gna 135

+ Neg

− Neg

Die Auswertung ergibt für wan eine deutliche Präferenz für negative Kontexte und für danne eine etwas weniger ausgeprägte, aber dennoch klare Präferenz für nicht-negative Kontexte. Von den insgesamt 157 wan-Belegen im untersuchten Korpus steht die Vergleichspartikel bei 131 Belegen und damit 83 Prozent der Gesamtbelege im Skopus einer Negation, d. h. im Kontext eines n-Indefinitums wie ‚nicht(s)‘, ‚kein‘, ‚nirgend‘, ‚niemand‘, ‚nie‘ oder der Negationspartikel ne bzw. niht. In den verschiedenen Texten wird es im Durchschnitt zu 85 Prozent unter Negation gebraucht, in 14 Texten sogar zu 100 Prozent. In weiteren 15 Belegen136 steht wan in einem sogenannten schwachen NPIKontext, z. B. einer (rhetorischen) Frage, vgl. Bsp. (145), (157) und (164). Gegen Ende der mittelhochdeutschen Sprachstufe zeichnet sich in den Daten ein Rückgang von wan zugunsten von danne ab, das zunehmend auch in negativen Kontexten auftritt.

135 In die Berechnung der prozentualen Durchschnittswerte wurden selbstverständlich nur die Prozentzahlen der Texte einbezogen, in denen die jeweilige Komparativpartikel überhaupt belegt ist. 136 3 Belege in Sal, je 4 Belege in Lil, TrH und RhM.

120 (164)

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

wan in schwachem NPI-Kontext (rhetorische Frage): We weiz wat in deſ menſchen hercen is. wan deſ menſchen geiſt. ‚Wer weiß, was in des Menschen Herzen ist, als des Menschen Geist?!‘ (Lil 1, 3–4)

Dass NPIs nicht nur von der Negation lizenziert sind, sondern vielfach auch von abwärtsimplizierenden bzw. nicht-veridikalen Kontexten wie Fragen (so auch das englische any), ist aus der Negationsforschung bekannt.137 Man spricht dann auch von schwachen NPIs. Berücksichtigt man diesen in der Literatur zu wan noch nicht einbezogenen Punkt, so zeigt sich, dass insgesamt 146 von 157 Vorkommen der Komparativpartikel wan und damit 93 Prozent in einem NPI-Kontext stehen. Wan kann man also mit Recht als NPI-Variante zu danne bezeichnen.138 (Die wenigen Belege mit wan in positivem, d. h. NichtNPI-Kontext sprechen für eine teilweise regional bzw. diachron auftretende Ausweitung der Distribution von wan, s. u.) Die distributionelle Beschränkung von wan auf NPI-Kontexte erklärt sich möglicherweise aus seiner oben skizzierten Herkunft vom Interrogativ-/Indefinitstamm im Gegensatz zu danne, das auf den entsprechenden Demonstrativstamm zurückgeht. Die mit Negationsmorphem gebildete, hier ebenfalls unter die wan-Belege gerechnete seltenere Nebenform niwan/newan/niuwan kommt ebenfalls durch diesen besonderen Status von wan als NPI und damit häufig unter Negation auftretendem Element zustande.139 Das Auftreten eines w-haltigen statt des sonst üblichen d-haltigen nebensatzeinleitenden Elements bei negativer Polarität des Matrixsatzes ist darüber hinaus dialektal auch jenseits der Vergleichskonstruktionen zu beobachten, etwa bei der Konjunktion dass. So wird beispielsweise in bestimmten schweizerdeutschen Varietäten (Berndeutsch) bei negativer Polarität statt der sonst üblichen auf den Demonstrativstamm zurückgehenden Konjunktion dass bzw. deren d-loser Form as die auf den Interrogativ-/Indefinit-Stamm zurückgehende Konjunktion was/wa verwendet: I gloub nid wo/wa/was er chunt (vgl. Weiß 2013 mit Bezug auf Penner 1993). Auch im Jiddischen wird bei negiertem Matrixsatz oder in Abhängigkeit von sogenannten adversativen Matrixverben wie ‚fürchten dass‘ etc. der Komplementierer voz statt az verwendet (vgl. Kühnert/

137 Zum Begriff der abwärtsimplizierenden bzw. nicht-veridikalen Kontexte und der Lizenzierung von NPIs in diesen vgl. u. a. Ladusaw (1980), Kürschner (1983), Giannakidou (1998), Jäger (2010b). 138 Vgl. auch Paul (2007: 361 f.): regulär danne, nach niht + Komparativ wan/niwan ‚außer/ ausgenommen‘ annähernd gleichwertig mit danne im positiven Satz. 139 Dies ist als Sonderform der im historischen Deutschen häufigen Negationskongruenz anzusehen (vgl. Jäger 2008).

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

121

Wagner 2004). Das Nebeneinander der Vergleichspartikeln danne und wan im Mittelhochdeutschen ist somit ein Fall des verbreiteteren Phänomens der dw-Alternation bei nebensatzeinleitenden Elementen in Abhängigkeit von der Polarität des Matrixsatzes und allgemeiner der Polaritätssensitivität linksperipherer Elemente. Wie im Französischen für Negation und die übliche Vergleichspartikel que zu beobachten,140 kann auch im Mittelhochdeutschen die Vergleichspartikel (ni)wan mit Negation, vgl. den Korpusbeleg (165), und z. T. sogar ohne Negation, vgl. den Korpusbeleg (166), die Bedeutung ‚nur‘ haben. (Zum Zusammenhang von Komparativpartikel und ‚nur‘ s. auch die obigen Ausführungen zur seltener belegten mittelhochdeutschen Komparativpartikel et, die diachron aus althochdeutsch eckorôdo/echert ‚nur‘ entstanden ist.141) (165)

niwan ‚nur‘ sit daz ich der minen bi mir niht en han niwan zwelf rechen so wer ich iwer lant ‚wenn auch ich von den Meinen nicht mehr als (/nur) zwölf Kämpfer habe, so verteidige ich doch euer Land‘ (Nib 166, 2 f. (A: 160/B: 159/C: 162)) (vgl. Frz.: même si je n'ai que douze combattants)

(166)

wan ‚nur‘ da sterbent wan di veigen di lazen ligen tot ‚Da sterben nur die Feigen, die wollen wir tot liegen lassen‘ (Nib 155, 2 (A: 149/B: 148/C: 151)) (vgl. Frz.: Là ne meurent que les lâches.)

Laut DWB (27: 1859 f.) geht diese ebenso wie die Verwendung als Komparativpartikel auf die ursprünglich exzipierende Bedeutung von wan zurück (‚niemand außer er‘ – ‚niemand als er‘/‚nur er‘). Von der exzipierenden Bedeutung nach negativen Indefinita ausgehend konnte wan zunächst nach Komparativen nur bei Negation verwendet werden, weitet seine Distribution dann aber offensichtlich auf andere NPI-Kontexte aus.142 Regional bzw. diachron verliert es im 140 Für Hinweise zum Französischen danke ich Anne-Lise Clognier. 141 Auch die Komparativpartikel danne wird ausgehend von negierten Komparativvergleichen teilweise allein im Sinn von ‚nur‘ verwendet, vgl. dann printzel ließ er pey dem mere ‚nur Prinzel …‘ (HvNstAp, nach MWB 1: 1192). 142 Analog lässt sich die semantische Entwicklung von echert/et ‚nur‘ zur Komparativpartikel rekonstruieren, die ebenfalls ursprünglich von negativen Kontexten ausgegangen sein muss (‚nicht, nur x‘ ~ ‚nichts als x‘, anschließend auch in ‚besser als x‘ etc.). Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass komparativisches et im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus (in

122

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Lauf des Mittelhochdeutschen diese polaritätsabhängige Beschränkung teilweise, d. h. es tritt insbesondere im späteren Mittelhochdeutschen in einigen wenigen Texten auch in ‚positiven‘ Kontexten als Vergleichspartikel nach Komparativen auf, vgl. Paul (1920: 236), Behaghel (1923–32, III: 120, 331 f.), Stuckrad (1957: 500).143 Vor diesem Hintergrund sind auch die elf der insgesamt 157 wanBelege im Korpus zu verstehen, in denen diese Komparativpartikel tatsächlich in einem positiven Kontext (Nicht-NPI-Kontext) auftritt, wie im Korpusbeleg in (167) (vgl. auch die Belege in DWB 27: 1860). In nur drei der 26 untersuchten Korpustexte finden sich derartige Belege: abgesehen von drei Belegen im ripuarischen Rheinischen Marienlob aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in zwei Texten aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, nämlich zwei Mal im ebenfalls westmitteldeutschen Tauler sowie sechs Mal im ostmitteldeutschen Evangelienbuch des Matthias von Beheim. (167)

Komparativisches wan/wen in positivem Kontext: D’ abir nach mir kunftic iſt. d’ iſt ſterkir wen ich. ‚Der aber nach mir kommt, der ist stärker als ich‘ (MBe 57r, 11 f.)

Der diachrone Verlust des NPI-Status ist ein des öfteren für NPIs zu beobachtender Sprachwandelprozess, vgl. Jäger (2010b). Beispielsweise hat das althochdeutsche NPI-Indefinitpronomen ioman ‚(irgend)jemand‘, das vorrangig unter Negation vorkam, seine Distribution zunächst schwerpunktmäßig auf schwache NPI-Kontexte verlagert und ist schließlich zum normalen, nicht bezüglich Polarität distributionell beschränkten Indefinitpronomen jemand geworden, das auch in affirmativen Deklarativsätzen verwendet werden kann. Wan zeigt im Lauf des Mittelhochdeutschen vereinzelt Tendenzen, sich zu einer allgemeinen Komparativpartikel zu entwickeln. Im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus tritt diese Tendenz v. a. im Evangelienbuch des Matthias Beheim zutage. Hier wird wan offensichtlich in freier Varianz mit denne auch in positiven Komparativvergleichen verwendet und insgesamt sogar präferiert gebraucht: Etwa 80 Prozent der Komparativvergleiche werden in diesem Text mit wan angeschlossen, vgl. (168), dessen in (169) angegebenes, fast wört-

PrS) ausschließlich in nicht-negativen Kontexten belegt ist, seine polaritätsspezifische Distribution also ganz verloren hat. 143 Paul (1920: 236): „Nach negativen Sätzen mit Komp. oder anders konnte man zwischen wan und dan (danne, denne) schwanken. Die Folge davon war, daß spätmhd. beide untermischt gebraucht wurden, wan auch nach Komp., dan auch nach Negation, doch so, daß das letztere das Übergewicht behielt.“

3.1 Komparative im Mittelhochdeutschen

123

liches Pendant mit danne einige Zeilen später die freie Varianz von wan und danne in diesem Text illustriert. (168)

Komparativ mit wan: Wan iz iſt dir bezzir. daz vorterbe einez diner gelide. Wan daz din licham gantz ge ī daz helliſche fůr. ‚Denn es ist besser für dich, dass eins deiner Körperteile absterbe, als dass dein Körper ganz ins Höllenfeuer geht.‘ (MBe 59v, 21–23)

(169)

Komparativ mit denne: Wā iz iſt dir bezzir. Daz v’terbe einez diner gelide. dēne din licham gantz w’de geſant ī daz helliſſche fur. ‚Denn es ist besser für dich, dass eins deiner Körperteile absterbe, als dass dein Körper ganz in das höllische Feuer gesandt wird.‘ (MBe 59v, 24−60r, 1)

Diese Entwicklungstendenz hat sich jedoch im Frühneuhochdeutschen nur vereinzelt fortgesetzt: Im 15. Jahrhundert wird wan noch teilweise wie dann als reguläre (nicht-polaritätssensitive) Komparativpartikel verwendet (vgl. Kap. 4.1). Bis heute hat sich wan vereinzelt in oberdeutschen Dialekten als Komparativpartikel gehalten (vgl. Kap. 6.1). Insgesamt hat es sich diachron aber nicht durchgesetzt. Vielmehr tritt danne im Verlauf des 14. Jahrhunderts zunehmend auch wieder in negativen Kontexten auf (vgl. Tabelle (163)), der Distributionsunterschied zu wan, das seinen Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatte, verwischt und danne ersetzt wan schließlich ganz. Im Frühneuhochdeutschen nimmt damit der Anteil von dann/denn in Komparativvergleichen zu, bevor es schließlich seinerseits von als(o) abgelöst wird (s. Kap. 4.1 und 5.1). Dies liegt sicher auch daran, dass danne im Unterschied zu wan von vornherein nicht bezüglich der Polarität der Kontexte eingeschränkt ist. Im Mittelhochdeutschen tritt danne wie schon im Althochdeutschen ohne Negation, vgl. (170) sowie oben (121), (138), (139), (140), (143), (148), (151), (152), (153) und (154), aber durchaus auch mit Negation auf, vgl. (171) sowie oben (141) und (142). In mehreren untersuchten Texten (Willirams von Ebersberg Hohelied, Christine Ebners „Von der Gnaden Überlast“, Bartholomäus und den Trierer Psalmen) wird ja überhaupt nur danne als Komparativpartikel verwendet. (170)

Komparativisches danne in positivem Kontext: wan ſie iſt noch foller. deſ heiligen geiſteſ. danne daz mere wazzeres. ‚denn sie ist noch voller vom heiligen Geist als das Meer von Wasser‘ (Sal 108, 5–7)

124 (171)

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Komparativisches danne in negativem Kontext: wír haben niht mer danne zwen fiſch vnd fvͤnf brot ‚Wir haben nicht mehr als zwei Fische und fünf Brote‘ (ObE 40a, 18 f.)

Durch die NPI-Eigenschaft von wan kommt es im Mittelhochdeutschen zeitweise sekundär dazu, dass danne tendenziell eher in positiven Kontexten verwendet wird, indem in negativen Kontexten wan gewählt wird. (Es liegt also bei danne unter dieser Deutung eine Art Elsewhere-Fall vor.) Dadurch lässt sich die in Tabelle (163) festzustellende Asymmetrie zwischen negativen und positiven Kontexten für danne erklären, das zu 73 Prozent der Gesamtbelege für danne und in den Texten in durchschnittlich 85 Prozent in positiven Kontexten steht – spiegelbildlich zu dem in durchschnittlich 85 Prozent unter Negation stehenden wan. In manchen Texten (im Physiologus, den Züricher Predigten, dem Trierer Aegidius, dem Nibelungenlied, den mitteldeutschen Predigten, den Traktaten Davids von Augsburg und dem Jenaer Martyrologium) hat sich sogar eine vollständige Disjunktion der Distribution von danne und wan herausgebildet: Nur in nichtnegierten Kontexten wird die Komparativpartikel danne verwendet (und damit quasi als PPI-Komparativpartikel, d. h. als ‚Positive Polarity Item‘), nur in negativen Kontexten die Komparativpartikel wan. (Analoges gilt für et vs. wan in den Schwarzwälder Predigten: et wird ausschließlich in nicht-negierten Kontexten verwendet, wohingegen in allen negierten Komparativvergleichen in diesem Text wan den Vergleichsstandard anschließt.) Allgemein ist die Komparativpartikel danne jedoch im Mittelhochdeutschen universeller, da weniger distributionell beschränkt und insgesamt häufiger, und dadurch auch diachron über das Mittelhochdeutsche hinaus bedeutsamer als wan.

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen Auch bezüglich der Äquativvergleiche gibt es einerseits Kontinuitäten, andererseits Wandel im Mittelhochdeutschen gegenüber dem Althochdeutschen, indem die grundsätzlich belegten Muster weitgehend die aus dem Althochdeutschen bekannten fortsetzen, ihre relativen Anteile sich aber teils deutlich verschieben. Hier lassen sich, wie unten ausgeführt wird, insbesondere klare Distributionsunterschiede zwischen den beiden Unterarten der Äquative, den Grad-Äquativen und den Nicht-Grad-Äquativen, feststellen. Als Vergleichspartikel kommt in Äquativen weiterhin einfaches sô vor, daneben das mit ursprünglich adverbialem al ‚ganz‘ (vgl. (70 iii)) verstärkte, bereits im späteren Althochdeutsch belegte alsô (vgl. Kap. 2.2), auch in der durch

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

125

die Nebensilbenabschwächung phonetisch reduzierten Form alse/als, vgl. Paul (2007: 425 f.), BMZ (3: 456a ff., 461a ff.). Seltener wird die Äquativpartikel sam(e) verwendet, die das althochdeutsche (so) sama so fortsetzt, bzw. deren analog zu also verstärkte Form alsam, vgl. Paul (2007: 427), BMZ (3: 44a f., 45a f.). Die Korpusbelege in (172) bis (175) illustrieren diese Möglichkeiten des Vergleichsanschlusses in mittelhochdeutschen Äquativvergleichen. (172)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so: ir entwurte waſ alſo ſharft. So ein ſwert. ‚Ihre Antwort war so scharf wie ein Schwert.‘ (TrH 53r, 16 f.)

(173)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit also: Si ſint getan uon deme houbite unze an den nabile alſo wîb. dannen unze an die fůzze. nidine ſint ſi gitan alſo uogile. ‚Vom Kopf bis zum Bauchnabel sind sie beschaffen wie Frauen, von dort bis hinab zu den Füßen sind sie wie Vögel.‘ (Phys 135v, 10−136r, 1)

(174)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit same: unde machet iz lebentich. same got almahtig ſinen ſun des tritten tageſ irchucti uon den toten. ‚und macht es lebendig, wie der allmächtige Gott seinen Sohn am dritten Tage von den Toten erweckte‘ (Phys 130v, 20–131r, 03)

(175)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit alsam: alsam di lewen wilde si liefen an den perch ‚Wie die wilden Löwen liefen sie gegen den Berg.‘ (Nib 101, 2 (A: 98/B: 95/C: 97))

Sehr selten wird im Mittelhochdeutschen darüber hinaus unde als Äquativpartikel gebraucht, vgl. Paul (2007: 427), BMZ (4: 182b ff.), Ferraresi/Weiß (2011). (176)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit und(e): Ez ſol auch ieclich flaiſchhacker ſeín flaiſch svnd’n, daz puͤckein von dem ſchefeín, vn̄ ſol ieclich flaiſch da fuͤr geben, vnd eſ iſt. als dicke, vnd er daz bricht, als dick gibt er ſehtzic pfenninge ‚Es soll auch jeder Fleischer sein Fleisch trennen, das Bocksfleisch vom Schafsfleisch, und soll jedes Fleisch dafür ausgeben, was es ist. So oft, wie er das bricht (dagegen verstößt), so oft zahlt er 60 Pfennige‘ (Nürnberger Stadtbuch 4rb, 11–16)

126

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

In derartigen Belegen zeigt sich die im Hinblick auf die syntaktische Analyse (s. Kap. 1.2 und 8.3) relevante Nähe der Vergleichskonstruktionen einerseits zu Hauptsätzen und Koordinationsartigkeit – unde wurde von jeher v. a. koordinierend verwendet, so beispiesweise auch im Beleg (176): Ez ſol […] vn̄ ſol […]. Auch in anderen Sprachen stimmt die Komparativpartikel mit der koordinierenden Konjunktion überein, so laut Stassen (1985) z. B. im Javanesischen (karo ‚und‘/‚als‘). Andererseits erweist sich hier auch die Nähe zu Nebensätzen und Relativsatzartigkeit, denn unde kommt im Mittelhochdeutschen auch als Relativpartikel vor, so ebenfalls im Beleg (176): da fuͤr […] vnd eſ iſt.144 Nur ganz selten wird in mittelhochdeutschen Äquativen auch bereits der Vorgänger der heutigen Äquativpartikel wie, nämlich mittelhochdeutsch swie oder wie verwendet, vgl. Paul (2007: 427 f.), DWB (29: 1451, 1476), BMZ (4: 571b f.), Dückert (1961: 205), das althochdeutsches so wio so bzw. wio (s. Kap. 2.2) fortsetzt. (Das hier untersuchte Korpus enthält keine Belege dieser Art.) Die Form swie (< ahd. so wio so), die formal anderen Einleite-Elementen von freien verallgemeinernden Relativsätzen wie swer, swaʒ, swanne etc. (< ahd. so wer so, so waz so, so wanne so etc.) entspricht, lässt erkennen, dass es sich bei diesen Sätzen wie schon im Althochdeutschen noch eher um modale freie Relativsätze handelt. In ihrer modalen Funktion stimmen sie aber mit Nicht-Grad-Äquativen in modal-adverbialer Verwendung überein, so dass sich hier ein auch in anderen Sprachen häufig genutzter Grammatikalisierungspfad vom modalen w-Interrogativ-/Relativ-Adverb zur Vergleichspartikel auftut (s. Kap. 2.2, 7.2 und 8.3). (177)

Modaler freier Relativsatz/Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit swie: swie si sint, sô wil ich sîn ‚Wie (immer) sie sind, so will ich sein‘ (Walter 48, 7, nach Paul 2007)

In Paul (2007) nicht aufgeführt, aber im MWB (1: 1193) erwähnt sind vereinzelte Fälle im Mittelhochdeutschen, in denen die sonst nur in Komparativvergleichen übliche Partikel danne als Äquativpartikel auftritt, wie in (178) (vgl. auch vereinzelte Belege für äquativisches danne im Ahd, s. o. Kap. 2.2, Bsp. (92)).

144 Laut Paul (2007: 427) hat sich die Verwendung als Relativpartikel (Relativsatzkomplementierer) aus der modal-vergleichenden Verwendung von unde, also der Verwendung in NichtGrad-Äquativen, entwickelt, s. auch Ferraresi/Weiß (2011); vgl. auch die entsprechende Entwicklung von ahd. so, Kap. 2.2.

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

(178)

127

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dann: ez schullen gepornn werdenn / new leẅ te auf die erdenn. / der wïrt so vil auf der erde / dann chorns werde ‚Es werden neue Völker auf der Erde geboren werden, die werden so viele auf der Erde sein, wie das Korn ist.‘ (Märterbuch 27352, nach MWB 1: 1193)

In Grad-Äquativen mit Adjektiven wie ‚weit‘, ‚lang‘, ‚bald‘ etc. kann bisweilen die Äquativpartikel wegfallen, so dass quasi Äquativvergleiche ohne Vergleichspartikel entstehen, die man als weiteren Formtyp der Äquativvergleiche ansehen kann.145 Dies ist bereits seit dem Althochdeutschen und bis ins Neuhochdeutsche hinein zu beobachten, vgl. Behaghel (1923–32, III: 274 f.), DWB (16, 1376 f.). (179)

Äquativ (Grad-Äquativ) ohne Vergleichspartikel: ſo ſchiere ich danne mineſ vatir pfellince ane geſehin mac ſo laz mich ſterbin ‚So bald (wie) ich dann meines Vaters Palast erblicken kann, so lass mich sterben‘ (PrMK 4r, 31 f.)

Im selben Text steht die gleiche Konstruktion unmittelbar darauf auch in der üblicheren Form mit einleitender Äquativpartikel, was unterstreicht, dass in (179) stattdessen tatsächlich eine Leerstelle vorliegt. (180)

Parallelbeleg: Äquativ (Grad-Äquativ) mit so: vn̄ ſo ſchire ſo ſie irſ vatir palaſ ane geſach do ſprach ſie. ‚Und so bald, wie sie ihres Vaters Palast erblickte, sprach sie: …‘ (PrMK 4r, 33 f.)

Die Tatsache, dass auch uneingeleitete Vergleichssätze auftreten, ist wiederum vor dem Hintergrund besonders interessant, dass Vergleichssätze viele Gemeinsamkeiten mit Relativsätzen haben (vgl. Kap. 1.2 und 8.3), da im histori-

145 Dies ist u. a. in typologischer Hinsicht interessant, da laut Haspelmaths (2017: 25) Generalisierung dieser Formtyp in den Sprachen der Welt nicht vorkommt „No language has only a degree-marker, leaving the standard unmarked (‚Kim is [equally tall] Pat‘).“, vgl. auch Greenberg (1963): „in many languages, [the degree marker] is optional or does not exist at all. On the other hand, there is always some element which expresses the comparison as such, whether word or affix, corresponding to English than“.

128

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

schen Deutschen ja ebenfalls uneingeleitete, sogenannte asyndetische Relativsätze belegt sind, vgl. Behaghel (1923–32, III: 742–745), Schrodt (2004: 174 f.), Paul (2007: 407 f.), Axel-Tober (2012: 230–234). Andererseits kann man Beispiele wie (179) als ersten Schritt der Grammatikalisierung von matrix-internem Korrelat und Tertium Comparationis zur subordinierenden Konjunktion ansehen, für die Grad-Äquative mit Dimensionsadjektiven die Grundlage bilden, vgl. heutiges sobald, solange, sooft, sofern, soweit etc. (s. auch Kap. 2.2, Fußn. 95). Das Vorkommen der Parallelkonstruktion mit Vergleichspartikel im selben Text weist aber auf noch nicht abgeschlossene Grammatikalisierung und noch freien Gebrauch hin.146 Die Tabelle in (181) zeigt die Verteilung der verschiedenen Äquativpartikeln im untersuchten mittelhochdeutschen Kernkorpus aus Physiologus, Nibelungenlied, St. Trudperter Hohelied, Mitteldeutschen Predigten und der Lilie.147 Die Karte in (182) verdeutlicht die regionale Verteilung der Ergebnise. (181)

Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen Dialekt

so

als(o)

Sonstiges

Phys (Ende 12. Jh.)

Bair.

4 (10 %)

34 (87 %)

1 same (3 %)

Nib (1. Hälfte 13. Jh.)

Obd.

6 (22 %)

14 (52 %)

6 (al)sam, 1 danne (26 %)

TrH (Anfang 13. Jh.)

Alem.

10 (24 %)

28 (67 %)

4 same (9 %)

PrMK (Mitte 13. Jh.)

Omd.

16 (33 %)

32 (65 %)

1 ohne Vgl.part. (2 %)

Lil (1270/80)

Ripuar.

0 (0 %)

26 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

18 %

74 %

8%

Summe (183)

36 (20 %)

134 (73 %)

13 (7 %)

146 Dagegen ist z. B. nhd. Sosehr (*wie) er sich bemüht, er schafft es nicht voll grammatikalisiert als konzessive Nebensatzeinleitung: die Vergleichspartikel ist nicht mehr frei ergänzbar im Unterschied zu So sehr *(wie) er sich bemüht, will auch ich mich bemühen, was einen echten Äquativvergleich darstellt (hier ist die Vergleichspartikel obligatorisch). 147 Für die Äquative wurde eine geringere Zahl an Texten (das mittelhochdeutsche Kernkorpus, vgl. Kap. 1.3) ausgewertet, da die Äquative zum einen frequenter sind als die Komparative, für die entsprechend zusätzliche Texte ausgewertet wurden. Zum anderen mussten die Texte für die Äquative komplett manuell ausgewertet werden, da sich die Zahl potenzieller Treffer nicht wie bei den Komparativvergleichen durch die Komparativmorphologie des Adjektivs o. ä. einschränken lässt und eine elektronische Korpusabfrage entsprechend nicht in gleicher Weise möglich ist (vgl. auch Fußn. 29).

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

(182)

Karte Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen

129

130

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

In den insgesamt 183 Äquativvergleichen im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus tritt überwiegend die Partikel also/als(e) auf. Im Durchschnitt wird sie in knapp drei Vierteln der Äquative für den Vergleichsanschluss gewählt. Deutlich weniger häufig ist im Mittelhochdeutschen einfaches so belegt: Nur etwa ein Fünftel der Äquativvergleiche weist die nicht verstärkte Partikel durchschnittlich auf. Hier zeigt sich ein wichtiger Unterschied zum Althochdeutschen, wo Äquativanschluss mit so das Hauptmuster darstellt, also dagegen erst vereinzelt im späteren Althochdeutschen auftritt (vgl. Kap. 2.2). Die Äquativpartikel also kann damit als typisch Mittelhochdeutsch im Gegensatz zum Althochdeutschen angesehen werden. Die Äquativpartikel (al)sam(e), die das althochdeutsche (so) sama so/samaso fortsetzt, ist, wie Tabelle (181) zeigt, im mittelhochdeutschen Korpus sehr viel seltener belegt als so oder also. Nur 11 der 183 Äquativvergleiche im untersuchten Korpus, also rund sechs Prozent, weisen diese Äquativpartikel auf. So kommt drei Mal so oft vor, also sogar etwa 12 mal so oft wie (al)sam(e).148 Zudem deuten die Korpusergebnisse auf regionale Unterschiede hin: Im untersuchten Korpus ist (al)sam(e) ausschließlich in den oberdeutschen Texten belegt. Das Oberdeutsche scheint insgesamt konservativer zu sein, was die Entwicklung der Vergleichspartikeln betrifft, wie wir schon im Zusammenhang mit dem Vergleichskasus gesehen haben, s. Kap. 3.1. Besonders hoch ist der relative Anteil von (al)sam(e) mit 22 Prozent (6 von 27 Belegen) im Nibelungenlied. Möglicherweise spielt in diesem Punkt die Textsorte eine Rolle. Aufschlussreich ist auch der Vergleich der verschiedenen Handschriften des Nibelungenlieds. In der jüngeren Handschrift A149 ist in Handschrift B und C vorkommendes sam teilweise schon durch als ersetzt, wie (183) zeigt. (183)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit sam bzw. als: da gedahte manech reche hey waer mir sam gescehen daz ich ir gienge nebene {A: als / B: sam / C: sam} ich in han gesehen ‚Da dachte mancher Krieger: „Hey, wäre es mir so ergangen, dass ich neben ihr ginge, wie ich ihn gesehen habe, …“‘ (Nib 302, 1–2 (A: 295/B: 294/C: 298))

148 Dies passt zu den Ergebnissen von Knapp (1979) für den Parzival Wolframs von Eschenbach, in dem nur zweimal alsam als Äquativpartikel auftritt, überwiegend aber als/also/alse (ohne quantitative Angaben). 149 Schulze (1997) datiert die Handschriften B und C ins zweite Viertel des 13. Jahrhunderts, während A ein paar Jahrzehnte jünger sei. Laut Handschriftencensus (online http:// www.handschriftencensus.de/1483) wird A mittlerweile sogar ins frühe 14. Jahrhundert datiert. Auch im Bezug auf andere sprachliche Merkmale zeigt A einen späteren Sprachzustand, z. B. wird die klitische Negationspartikel deutlich weniger häufig verwendet als noch in B und C (vgl. Jäger 2008).

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

131

Der Vorläufer unserer heutigen Äquativpartikel, das mittelhochdeutsche (s)wie, ist im untersuchten Korpus nicht in Äquativvergleichen belegt. Es scheint also noch nicht häufg verwendet worden zu sein. Auch unde ist im hier untersuchten mittelhochdeutschen Korpus nicht in der Funktion einer Äquativpartikel belegt, ebensowenig in den übrigen MiGraKo-Texten. Dies unterstützt die Aussage in Paul (2007: 427), wo von „beschränktem Gebrauch“ die Rede ist. Im Korpus belegt ist dagegen die in Paul (2007) nicht erwähnte, aber im MWB (1: 1193) angeführte, oben in (178) illustrierte Verwendung von danne/ denne als Äquativpartikel, vgl. den Korpusbeleg in (184) aus dem Nibelungenlied. (184)

Äquativ mit dann/denn: dorft er in sime hercen nimmer mer getragn A: dorft er nihe mere in sime herze tragen B: dorft er in sime hercen nimmer mer getragn C: chvnder in sinem hercen nimmer me getragen so vil der hohen vrevde denn er da gewan A: so vil hoher vroͮ de so er da gewan, B: so vil der hohen vreͮde denn er da gewan, C: minneklicher frevden denner ir do gewan, do A: B: C:

im div gie enhende di er do im div gie an hende, do im div gie enhende, do im div gie so nahen,

ce trvote wolde han die er ze trûte gerte han. di er ce trvͦte wolde han. die er ze trvte wolde han.

‚… hätte er in seinem Herzen niemals so viel große Freude fühlen können, wie er damals hatte, als die mit ihm Hand in Hand ging, die er zur Gemahlin haben wollte.‘ (Nib 301, 2–4 (A: 294/B: 293/C: 297)) Möglicherweise wurde in diesem Fall der Äquativvergleich im Sinn einer Constructio ad sensum als Komparativvergleich aufgefasst, da durch die vorhergehende Negation insgesamt keine Gleichheit bezeichnet wird (‚nie mehr so viel große Freude wie‘ entspricht ‚weniger große Freude als‘).150 Grammatisch liegt

150 Vgl. auch die Verwendung der eigentlichen Äquativpartikel als(e) in negiertem Komparativ in (131) und (132), in letzterem Beleg insbesondere angesichts der alternativen Konstruktion als Äquativvergleich bei David von Augsburg (‚X ist kein bisschen so nützlich wie Y‘ − ‚Y ist nützlicher als X‘).

132

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

natürlich ein Äquativvergleich vor. In der jüngeren Handschrift A ist interessanterweise gegenüber B auch grammatisch korrekt eine Äquativpartikel, nämlich so, gewählt. (In Handschrift C ist der Satz als Komparativvergleich konstruiert, so dass hier denn regulär steht.) Dass es sich bei diesem Korpusbeleg um keinen völlig isoliert dastehenden Sonderfall handelt, zeigt die Tatsache, dass sich analoge Belege für Äquativvergleiche mit danne selten auch in anderen Texten finden, so in einem der in Kap. 3.1 zusätzlich einbezogenen elektronisch ausgewerteten mittelhochdeutschen Texte, vgl. (185), hier ebenfalls unter Negation. (185)

Äquativ mit dann(e): daz brot bezeichent die geiſtliche lere. ane die div ſele. nit īmac gelebin. dāne der lip ane ſpiſe. ‚Das Brot bezeichnet die geistliche Lehre, ohne die die Seele nicht leben kann, wie der Leib ohne Speise‘ (= ‚die Seele kann nicht eher ohne die geistliche Lehre leben, als der Leib ohne Speise‘) (Sal 145, 8–11)

In der Tat spielen, wie bereits angedeutet, negierte Vergleichskonstruktionen eine wichtige Rolle als mögliche Brückenkontexte für die syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln, vgl. ausführlicher Kap. 7.3.4. So sieht Behaghel (1923–32, III: 276) in der Äquivalenz von negierten Äquativen mit Komparativen den Ausgangspunkt für das spätere Ersetzen von danne durch als und schließlich als durch wie in Komparativen. Im Fall der hier diskutierten Äquativvergleiche liegt jedoch umgekehrt Ersatz des also durch danne vor, wie er teilweise auch im heutigen umgangssprachlichen Englisch zu finden ist (twice as big than before, the same than before u. ä., vgl. Kap. 7.2). Es gab also im historischen Deutschen auch vereinzelte Ansätze für eine Entwicklung, bei der eine Komparativpartikel auf Äquative ausgedehnt wird. Diese Tendenzen haben sich allerdings diachron nicht durchgesetzt, sondern die Entwicklung ist in der für den Komparativzyklus typischen entgegengesetzten Richtung von Äquativen zu Komparativen verlaufen (s. Kap. 4, 5, 6 sowie zur Entwicklung im Überblick Kap. 7.1). Was die syntaktische Distribution der Äquativpartikeln angeht, so kann man feststellen, dass also/alse bzw. so wiederum sowohl Satzvergleiche, vgl. (191) und (192), als auch Phrasenvergleiche, vgl. (186), (187), (189) etc., einleiten, vgl. Lerch (1942: 345), Dückert (1961: 205), Eggs (2006: 22 f.) u. a. Das Gleiche gilt, wie die Korpusuntersuchung ebenfalls erweist, für (al)same, vgl. die Satzvergleiche in (183) und (193) sowie die Phrasenvergleiche in (188) und (190). In Phrasenvergleichen können unterschiedliche Phrasentypen den Vergleichsstandard bilden, z. B. NPs, vgl. (172), (173), (186) bis (188) etc., oder PPs, vgl. (189) und (190), die beiden auch im heutigen Deutschen häufigsten Phra-

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

133

senarten in Phrasenvergleichen. Das Tertium Comparationis kann verschiedene syntaktische Funktionen haben. So sind beispielsweise prädikative, vgl. (186), (187), oder adverbiale Adjektivphrasen belegt, vgl. (180), (191) und (192). In Satzvergleichen steht das finite Verb in der rechten Satzklammer. (186)

Äquativ mit alse, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: prädikative AP): Niman en was alſe gut alſe iob. ‚Niemand war so gut wie Iob.‘ (Lil 4, 3)

(187)

Äquativ mit so, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: prädikative AP): ir entwurte waſ alſo ſharft. So ein ſwert. ‚Ihre Antwort war so scharf wie ein Schwert.‘ (TrH 53r, 16 f.)

(188)

Äquativ mit same, Phrasenvgl.: NP (ohne Tert. Comp.): minne dinen naheſten./ ſame dich ſ/ ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.‘ (TrH 49r, 9 f.)

(189)

Äquativ mit als, Phrasenvgl.: PP (ohne Tert. Comp.): Dowurten ſî uzer paradiſe uerſtôzen. in diese werlt alſ in einen michilen ſê. ‚Da wurden sie aus dem Paradies in diese Welt verstoßen wie in ein großes Meer.‘ (Phys 139v, 4–6)

(190)

Äquativ mit same, Phrasenvgl.: PP (ohne Tert. Comp.): ſint ſiu ab’ der welte ſo fergiſtiu diner ſele./ ſame mit aittere. ‚Sind sie aber weltlich, so vergiftest du deine Seele, wie mit brennendem Gift.‘ (TrH 107r, 3 f.)

(191)

Äquativ mit alse, Satzvgl. (Tert. Comp.: adverbiale AP): alſo lange alſe der menſche ane houet ſundē is. ſo in mach in der wient niet beduengen. ‚So lange, wie der Mensch ohne Hauptsünde ist, so kann ihn der Teufel nicht bezwingen.‘ (Lil 3, 19 f.)

(192)

Äquativ mit so, Satzvgl. (Tert. Comp.: adverbiale AP): unt izzit danne ſo lange ſo got wil. ‚… und isst dann so lange, wie Gott will.‘ (Phys 151r, 18 f.)

134 (193)

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Äquativ mit same, Satzvgl. (ohne Tert. Comp.) unde machet iz lebentich. same got almahtig ſinen ſun des tritten tageſ irchucti uon den toten. ‚… und macht es lebendig, wie der allmächtige Gott seinen Sohn am dritten Tag von den Toten erweckte.‘ (Phys 130v, 20 − 131r, 3)

Neben vollständigen Satzvergleichen gibt es auch satzwertige Äquative mit Gapping, d. h. elliptisch verkürzte Satzvergleiche, bei denen der Vergleichsstandard aus mehreren unabhängigen Satzgliedern besteht, vgl. (194). (194)

Äquativ mit alse, Gapping: Jngelouen diſen worden niet. der ſlange he ſprichet ſi. He ſprichet noch bit deſ armen menſchē zungen. alſe [du] [bit der zungen des ſlangen]. ‚Ich glaube diesen Worten nicht. Die Schlange spricht sie. Sie spricht noch mit der Zunge des armen Menschen, wie du mit der Zunge der Schlange.‘ (Lil 9, 16 f.)

In semantischer Hinsicht interessant ist die Tatsache, dass auch Äquative wie in (195) mit AP-förmigem Vergleichsstandard belegt sind: hier werden nicht zwei Grade einer einzigen Eigenschaft verglichen, sondern die bloßen Grade zweier verschiedener Eigenschaften werden zueinander in Beziehung gesetzt. In Anlehnung an Beck et al. (2004) könnte man diese Belege als Subäquative bezeichnen. Sie zeigen, dass Mittelhochdeutsch wie das heutige Deutsch semantisch Gradabstraktion ermöglicht (etwa im Gegensatz zum Japanischen, wo Konstruktionen dieser Art ungrammatisch wären, vgl. Fußn. 5). (195)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so (Subäquativ): alſo uil ſo diu minne. wahſet alſo harte ſiechet diu geloube unde der gedinge. ‚So viel, wie die Liebe wächst, so sehr krankt der Glaube und die Hoffnung‘ (TrH 54v, 2 f.)

Wie bereits im Althochdeutschen (s. o. Kap. 2.2, Bsp. (69)) kommen zudem im heutigen Deutschen nicht mehr mögliche Belege wie in (196) und (197) vor, bei denen im Vergleichsstandard eine overte Adjektivphrase auftaucht (allerdings im Superlativ), dagegen in der Matrix aber fehlt, wobei die semantische Interpretation einem Grad-Äquativ mit dem entsprechenden Adjektiv als Tertium

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

135

Comparationis entspricht, vgl. auch Behaghel (1923–32, III: 292 f.), DWB (16: 1370 f.), BMZ (2: 463b-464a). Noch im Frühneuhochdeutschen kommt dieses Muster vor (s. u. Kap. 4.2, Bsp. (274) bis (277)). (196)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so und superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: so bin ich dins willen waerlichen vro vnt wil dirz helfen enden so ich allerbeste chan ‚So bin ich wirklich froh über deinen Willen und will dir helfen, es auszuführen so gut, wie ich nur kann‘ (wörtlich: … wie ich am besten kann) (Nib 56, 2 f.)

(197)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit so und superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: er ſwure ime vffe ſente nicol’ altere daz er ime gulde. ſo er ſchieriſ mochte. ‚Er schwor ihm auf St. Nikolaus’ Altar, dass er (es) ihm zurückzahle, so bald er nur konnte.‘ (wörtlich: … wie er am schnellsten konnte) (PrMK 3r, 47 f.)

Im Gegensatz zu so, also und (al)sam ist das nur vereinzelt schon in mittelhochdeutschen Äquativvergleichen belegte (s)wie in seiner syntaktischen Distribution auf Satzvergleiche beschränkt und kommt nicht in Phrasenvergleichen vor, vgl. Paul (1920: 228), Behaghel (1923–32, III: 300), DWB (29: 1451, 1474).151 Diese Beobachtung ist zentral in Bezug auf die syntaktische Position bzw. den syntaktischen Status von vergleichendem (s)wie, spricht sie doch dafür, dass es im Mittelhochdeutschen noch in der CP-Schicht des Vergleichsstandards stand und daher nur in vollständigen Sätzen auftreten konnte (vgl. Kap. 8.1.2 und 8.2). Aufschlussreich im Hinblick auf die Distribution der verschiedenen Äquativpartikeln ist es, wenn man die Verteilung zusätzlich noch einmal differenziert nach den beiden Hauptarten der Äquativvergleiche mit und ohne Gradsemantik betrachtet, d. h. unterschieden nach Grad-Äquativen und Nicht-GradÄquativen. Dies ist in der Tabelle in (198) sowie in der Karte in (199) dargestellt, in der am jeweiligen Ortspunkt links ein Diagramm für die Grad-Äquative und rechts für die Nicht-Grad-Äquative eingetragen ist.

151 Vgl. dazu mit Bezug auf Paul (1920) und Behaghel (1923–32, III) auch Lerch (1942: 345), Dückert (1961: 205), Eggs (2006: 30).

136 (198)

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

Text

Dialekt

Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

so

als(o)

Sonstiges so

als(o)

Sonstiges

Phys (Ende 12. Jh.)

Bair.

2 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (5 %)

34 (92 %)

1 same (3 %)

Nib (1. Hälfte 13. Jh.)

Obd.

3 (60 %)

1 (20 %)

1 denn (20 %)

3 (14 %)

13 (59 %)

6 (al)sam (27 %)

TrH (Anfang 13. Jh.)

Alem.

10 (67 %)

3 (20 %)

2 same (13 %)

0 (0 %)

25 (93 %)

2 same (7 %)

PrMK (Mitte 13. Jh.)

Omd.

13 (72 %)

4 (22 %)

1 ohne Vgl.part. (6 %)

3 (10 %)

28 (90 %)

0 (0 %)

Lil (1270/80)

Ripuar.

0 (0 %)

9 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

17 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

60 %

32 %

8%

6%

87 %

7%

Summe

28 (57 %)

17 (35 %)

4 (8 %)

8 (6 %)

117 (87 %)

9 (7 %)

In nahezu allen untersuchten Texten zeichnet sich eine interessante, in der Literatur noch nicht beschriebene funktionale Differenzierung beider Vergleichspartikeln ab: So wird überwiegend in Grad-Äquativen verwendet, wo es in durchschnittlich 60 Prozent gewählt wird, wohingegen nur etwa ein Drittel mit als(o) angeschlossen wird. Also dagegen ist überwiegend in Nicht-Grad-Äquativen belegt. Dort macht es sogar 87 Prozent aus, wohingegen so bloß in 6 Prozent der Nicht-Grad-Äquative vorkommt. Diese funktionale Differenzierung von so und also findet sich selbst im Nibelungenlied, was zeigt, dass hierfür die Textsorte keine nennenswerte Rolle spielt: In der höfischen Dichtung besteht diese distributionelle Differenzierung von so und also offensichtlich ebenso wie in der geistlichen Prosa. Besonders ausgeprägt ist diese Unterscheidung im Physiologus, der in Grad-Äquativen ausschließlich so und in Nicht-Grad-Äquativen zu über 90 Prozent also enthält. Einzig in der Lilie wird nicht durch die Vergleichspartikel zwischen Grad- und Nicht-Grad-Äquativen unterschieden, sondern durchgängig schon die neuere Äquativpartikel also verwendet, was zum einen auf regionale Variation zurückzuführen sein könnte (das Mittelfränkische, insbesondere das Ripuarische, weist in verschiedener sprachlicher Hinsicht Unterschiede zum restlichen Hochdeutschen und teilweise eher Ähnlichkeiten zum Mittelniederländischen auf), zum anderen aber auch eine diachrone Weiterentwicklung darstellen könnte, da die Lilie gleichzeitig der jüngste der untersuchten Texte ist.

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

(199)

Karte Äquativanschluss im Mittelhochdeutschen: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

137

138

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Die beobachtete weitgehende distributionelle Differenzierung von so als Äquativpartikel in Grad-Äquativen und also als Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen im Mittelhochdeutschen kann weiteren Aufschluss über die Entstehung von also/als(e) geben. Die Tatsache, dass also v. a. in Nicht-Grad-Äquativen steht, kann man erklären unter der Annahme, dass das adverbiale Element al ‚ganz‘, mit dem die ursprüngliche Äquativpartikel so in althochdeutscher Zeit verstärkt wurde, zunächst ein im Matrixsatz stehendes Bezugselement des Vergleichsstandards war, das nur in Nicht-Grad-Äquativen adjazent zum vergleichseinleitenden so zu stehen kommen und mit diesem univerbiert werden konnte – etwa ‚Er macht es ganz (= al), wie (= so) sie es macht‘, vgl. (200) – die eckigen Klammern markieren die Satzgrenzen (zur Entstehung von also/als und den damit zusammenhängenden Grammatikalisierungsvorgängen s. auch Kap. 2.2 und 8.1.1). In Grad-Äquativen interveniert dagegen mindestens das jeweils wechselnde Tertium Comparationis zwischen beiden Elementen und folglich blieb einfaches so erhalten. Dies zeigt sich, nachdem also spätestens gegen Ende des Althochdeutschen grammatikalisiert worden war, bis ins Mittelhochdeutsche in der Distribution von also vs. so. (200) Grammatikalisierung von also in Nicht-Grad-Äquativen: [ … al [so …]] > [… [also …]] ‚ganz wie‘ ‚wie‘ Später weitete sich alse distributionell auch auf Grad-Äquative aus. Nachdem also sich so ausgehend von den Nicht-Grad-Äquativen in sämtliche Äquative (incl. Grad-Äquative) verbreitet hatte, weitete es seine Distribution schließlich im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen sogar auf die Komparativvergleiche aus (vgl. Kap. 4.1 und 5.1). Die Neuerung geht also von den Nicht-Grad-Äquativen aus. Dabei verläuft die Entwicklung in drei Schritten von den Nicht-Grad-Äquativen zu den Grad-Äquativen und schließlich zu den Komparativvergleichen – ein Sprachwandelverlauf, der bei den Vergleichskonstruktionen im Deutschen mehrfach zu beobachten ist (so auch bei wie und als wie, vgl. auch Kap. 6 und 7.1). Für die Verteilung der Äquativpartikel alsam im Unterschied zu sam(e) gilt bezeichnenderweise das Gleiche wie für also vs. so: Die verstärkte Form mit alkommt nur in Nicht-Grad-Äquativen vor, vgl. (201), wohingegen sam(e) auch in Grad-Äquativen belegt ist, vgl. (202) und (209). (201)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit alsam: alsam di lewen wilde si liefen an den perch ‚Wie die wilden Löwen liefen sie gegen den Berg.‘ (Nib 101, 2 (A: 98/B: 95/C: 97))

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

(202)

139

Äquativ (Grad-Äquativ) mit same: unde ſiu iedoch alſo unſenfte zeuertragenne ſint. ſame wahſ iſt zeſlintende. ‚auch wenn sie so schwer zu ertragen sind, wie Wachs zu schlucken ist.‘ (TrH 46v, 2–4)

Die Erklärung dürfte wie bei also vs. so in der Entstehung der Partikel alsam durch Verschmelzung des ursprünglich dem Matrixsatz angehörenden al ‚ganz‘ mit der in Nicht-Grad-Äquativen dazu adjazenten Vergleichspartikel sam liegen, die ihrerseits selbst einmal durch Grammatikalisierung eines Matrixsatzelements zur Vergleichspartikel entstanden ist (vgl. Kap. 2.2). (203)

Grammatikalisierung von alsam in Nicht-Grad-Äquativen: [… al [sam …]] > [… [alsam …]] ‚ganz wie‘ ‚wie‘

Für das erst vereinzelt in Äquativen verwendete (s)wie sind im untersuchten Korpus keine Belege enthalten. Bei den in der Literatur angeführten Belegen handelt es sich jedoch ausnahmslos um Nicht-Grad-Äquative, nicht um GradÄquative. Dies dürfte mit der Nähe der Nicht-Grad-Äquative zu modalen freien Relativsätzen zusammenhängen, aus denen (s)wie in die Äquative übernommen worden ist. Die starke distributionelle Beschränkung von äquativischem (s)wie im Mittelhochdeutschen (nur in Satzvergleichen und nicht in Phrasenvergleichen, nur in Nicht-Grad-Äquativen und nicht in Grad-Äquativen) ist Indiz dafür, dass es zu dieser Zeit noch nicht vollständig zur Vergleichspartikel grammatikalisiert war. Insgesamt zeigt sich, dass es lohnenswert ist, das historische Datenmaterial vor dem Hintergrund systematischer Unterscheidungen wie der nach GradÄquativen und Nicht-Grad-Äquativen zu betrachten. Zudem wird deutlich, dass im Gegensatz zur bisherigen Forschung, die sich vielfach auf Grad-Äquative beschränkt, auch die Nicht-Grad-Äquative mit in die Betrachtung der Vergleichskonstruktionen einbezogen werden sollten. Gerade die Nicht-GradÄquative erweisen sich diachron als Einfallstor für Neuerungen (Äquativpartikeln also, alsam, (s)wie jeweils zuerst in Nicht-Grad-Äquativen). Für Äquativvergleiche ist es typisch, dass im Matrixsatz Korrelate vorkommen können, die als Bezugselemente des Vergleichsstandards deiktisch (i. d. R. kataphorisch, z. T. anaphorisch) auf den relevanten maximalen Grad (Skalenpunkt) bzw. die Art und Weise verweisen (im Sinn von Umbach/Gust 2014 damit auf Punkte auf mehreren Skalen, die nicht nur Grade umfassen). In mittel-

140

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

hochdeutschen Äquativvergleichen treten als Korrelate sowohl so als auch das analog zur Vergleichspartikel mit al verstärkte also auf (dazu auch s. o. Kap. 2.2), sowie seltener das auch als Vergleichspartikel verwendete same.152 Insbesondere in den Grad-Äquativen sind Korrelate belegt. Im untersuchten Korpus kommt am häufigsten die Vergleichspartikel so in Kombination mit anaphorischem oder kataphorischem Korrelat also vor (23 mal), wie in (204). Ungefähr halb so häufig belegt (je 12 Belege) ist Vergleichspartikel also mit gleichlautendem Korrelat also (entsprechend dem bis heute im Englischen üblichen as … as), vgl. (205), sowie Vergleichspartikel so mit gleichlautendem Korrelat so, vgl. (206). Wiederum halb so häufig wie diese Kombinationen ist die Kombination Vergleichspartikel also mit Korrelat so in den fünf untersuchten Texten belegt (6 Belege), vgl. (207).153 Die seltenere Äquativpartikel (al)sam(e) wird ebenfalls mit Korrelat verwendet: im untersuchten Korpus je

152 Dabei bleibt also als Korrelat (‚ita‘) im Mittelhochdeutschen tendenziell in seiner Vollform erhalten, während es als Vergleichspartikel (‚ut‘) zu alse/als reduziert wird, vgl. DWB (1: 248), wobei durchaus die Vergleichspartikel im Mittelhochdeutschen auch als also belegt ist und das Korrelat in der reduzierten Form alse auftritt, vgl. Korpusbelege wie (173) und (205). Die Tendenz zeigt sich deutlich im MiGraKo, wo bei der Vergleichspartikel (‚Konj‘) 485 (10 %) also 4.232 (90 %) als/alse gegenüberstehen, wogegen das Korrelat (‚Adv‘) 2.443 mal (76 %) also und nur 755 mal (24 %) als/alse lautet. Im weiteren Verlauf der Sprachgeschichte unterliegt also in beiden Verwendungsweisen phonologischer Reduktion (s. auch Frnhd. als … als Kap. 4.2), wobei sich dialektal Entsprechungen des Korrelats also mit nicht-reduziertem Endvokal z. T. bis heute erhalten haben, vgl. Kap. 6.2, Bsp. (531 a, b), (536 b). Ebenfalls korrelatartig sind in Nominalphrasen vorkommende Elemente wie (der) selbe, (ein) sulich und (der) geliche, auch in der Präpositionalphrase bzw. Nominalphrase (in/ce) gelicher wîs, wo sich die Äquativpartikel quasi-relativisch auf wîs bezieht (teilweise zeigen sich hier Ansätze zur Grammatikalisierung der Nominalphrase zu einem Adverb, vgl. Grammatikalisierung von Korrelaten oder darauf aufbauend Äquativpartikeln auf nominaler Basis im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen in Kap. 4.2, Bsp. (271), Kap. 5.2, Bsp. (393) bis (395) sowie Kap. 7.2 (599 iv)): daz iz die criſtin bigiengin mit deme ſelbin vlize alſe ovh die heidine gewone warin. ‚dass es die Christen mit demselben Eifer begingen, wie (es) auch die Heiden gewohnt waren‘ (PrMK 4r, 47–49), Nů ſich ze berge. vn̄ ein ſulich zeichin alſ dů ſiheſ an deme himile. daz heiz morgene bíndin an dínín vanín. ‚nun schau empor, und ein solches Zeichen, wie du (es) am Himmel siehst, das lass morgen an deine Fahne binden‘ (PrMK 7r, 1 f.), inde cegelicher wis alſe man mit deme ſuerde die uͤinde dodet. inde die urunt beheldet. alſo deit de gude man. ‚und so wie man mit dem Schwert die Feinde tötet und die Freunde schützt, so tut es der gute Mann‘ (Lil 7, 32 f.). 153 Die analoge Konstruktion war im Niederländischen Basis der Grammatikalisierung der Äquativpartikel zoals in Nicht-Grad-Äquativen: mit deutschem Wortmaterial nachgebildet „Er macht es so [als sie]“ (‚Er macht es so wie sie.‘) > „Er macht es [so-als sie]“ (‚Er macht es wie sie.‘), d. h. Korrelat und adjazente Äquativpartikel werden als Einheit reanalysiert und werden so als Vergleichsanschluss in Äquativen verwendet (wie im Althochdeutschen soso oder ab dem frühen Neuhochdeutschen als wie), vgl. Kap. 7.2.

3.2 Äquative im Mittelhochdeutschen

141

einmal mit Korrelat also, vgl. (208), und gleichlautendem Korrelat same, vgl. (209).154 Dabei kommen auch Kombinationen einer Vergleichspartikel mit einem kataphorischem sowie einem anaphorischem Korrelat vor, wobei beide Korrelate die gleiche Form haben können, vgl. (210) und (211), oder verschiedene Lexeme als Korrelate auftreten, vgl. (212).155 (204)

Äquativ mit Vergleichspartikel so und Korrelat also: ze ernste vnt ce strite reit niemn also wol vil edeliv kvneginne sit ichz iv sagen sol so der gast vil edele vzer niderlant ‚In den Kampf und Streit ritt niemand so gut, edle Königin, da ichs euch sagen soll, wie der sehr edle Gast aus den Niederlanden.‘ (Nib 232, 1–3 (A: 226/B: 225/C: 228))

(205)

Äquativ mit Vergleichspartikel alse und Korrelat alse: Diſen zuiuel muzen wir hauen. alſe lange alſe de ſumer diſ leuenes weret. ‚Diesen Zweifel müssen wir so lange haben, wie der Sommer dieses Lebens währt.‘ (Lil 8, 15–16)

(206)

Äquativ mit Vergleichspartikel so und Korrelat so: unt izzit danne ſo lange ſo got wil. ‚und isst dann so lange, wie Gott will.‘ (Phys 151r, 18 f.)

(207)

Äquativ mit Vergleichspartikel also und Korrelat so: wir ne leſin nicht deſ an den bůchen. daz dechein heilige were d’ ſo grozín gewalt hete vobir die tvuele. alſo .ſ. barth’. ‚Wir lesen nichts davon in den Büchern, dass es irgendeinen Heiligen gegeben hätte, der so große Gewalt über die Teufel gehabt hätte wie Sankt Bartholomäus.‘ (PrMK 6r, 4–6)

154 In DWB (16: 1355) ist auch ein Beleg mit Vergleichspartikel alsam und Korrelat so angeführt. 155 Von den Belegen mit Korrelat weisen die meisten (35) die ältere Äquativpartikel so auf, nur etwa halb so viele (18) die neuere Äquativpartikel also, was mit der überwiegenden Verwendung von Korrelaten in Grad-Äquativen und bloß optionalen Verwendung von Korrelaten in Nicht-Grad-Äquativen zusammenhängt und der Tatsache, dass also zuerst in den NichtGrad-Äquativen aufkommt und dort im Mittelhochdeutschen schon überwiegt, während es in die Grad-Äquative sekundär eindringt und dort im Mittelhochdeutschen noch das ältere bloße so überwiegt.

142

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

(208)

Äquativ mit Vergleichspartikel same und Korrelat also: daz chit er bezzeret alle die geneſen ſulen. unde ſiu iedoch alſo unſenfte zeuertragenne ſint. ſame wahſ iſt zeſlintende. ‚Das heißt, er bessert alle, die gerettet werden sollen, auch wenn sie so schwer zu ertragen sind, wie Wachs zu schlucken ist.‘ (TrH 46v, 1–4)

(209)

Äquativ mit Vergleichspartikel same und Korrelat same: wande min minn iſt ſame ſtarch. ſame der tot gegin dir. ‚denn meine Liebe zu dir ist so stark wie der Tod‘ (TrH 102v, 13 f.)

(210)

Äquativ mit Vergleichspartikel alse und kataphorischem sowie anaphorischem Korrelat so: ſo ſchire alſe ir die vruht gezet. ſo ſulet ir ſin alſe gode. inde ſult wizzen gut inde uuel. ‚So bald, wie ihr diese Frucht gegessen habt, so werdet ihr wie Gott sein und werdet Gut und Böse unterscheiden können.‘ (Lil 9, 22–23)

(211)

Äquativ mit Vergleichspartikel so und kataphorischem sowie anaphorischem Korrelat also: alſo uil ſo diu minne. wahſet alſo harte ſiechet diu geloube ‚So viel, wie die Liebe wächst, so sehr siecht der Glaube‘ (TrH 54v, 2 f.)

(212)

Äquativ mit Vergleichspartikel so und kataphorischem Korrelat also sowie anaphorischem Korrelat so: alſo uil ſo du gůteſ rateſ haſt./ ſo uil minre haſtu uirwize ‚So viel, wie du an gutem Rat hast, so viel weniger hast du Neugier.‘ (TrH 111r, 15 f.)

Auch das im hier untersuchten Korpus nicht als Äquativpartikel belegte unde kann, wie die Belege in der Literatur zeigen, zusammen mit einem Korrelat auftreten wie im Beleg in (176) mit Korrelat als und DWB (16: 1355) mit einem Beleg mit Korrelat so. Dagegen ist das noch nicht vollständig zur Äquativpartikel grammatikalisierte (s)wie bezeichnenderweise noch nicht zusammen mit Korrelaten belegt, vgl. Dückert (1961:206). Dies ist erst ab dem Frühneuhochdeutschen der Fall, vgl. Kap. 4.2.

3.3 Hypothetische Vergleiche im Mittelhochdeutschen

143

3.3 Hypothetische Vergleiche im Mittelhochdeutschen Die hypothetischen Vergleiche entsprechen im Mittelhochdeutschen wie bereits im Althochdeutschen formal weitgehend den übrigen Äquativvergleichen. Sie werden eingeleitet mit also/als(e), seltener sam(e), vgl. Behaghel (1923–32, III: 623 ‚Annäherungsvergleiche‘). Das finite Verb befindet sich in der Regel in der rechten Satzklammer (Ve). Der Konjunktiv des Verbs kennzeichnet den Vergleich als hypothetisch oder irreal. Die Korpusbelege in (213) und (214) illustrieren dies.156 (213)

Hypothetischer Vergleich mit also + Ve: ſo ligit er alſo er tôt ſî. ‚So liegt er, als sei er tot‘ (Phys 132r, 1)

(214)

Hypothetischer Vergleich mit same + Ve: wan ſiu riuweſoton ſame ſiu offene ſundare waren. ‚denn sie bereuten, als wären sie offensichtliche Sünder‘ (TrH 47r, 5 f.)

Behaghel (1923–32, III: 280 f.) beschreibt zudem, dass im Lauf des Mittelhochdeutschen aus elliptisch verkürzten komplexen Vergleichssätzen (CP-Verschachtelung) neben (al)so und sam auch kombiniertes als/sam + ob wie in (215) aufgekommen ist, vgl. auch DWB (7: 1051–1053), BMZ (3: 461a ff.), Dückert (1961: 221 f.), Knapp (1979: 69).157 (215)

Hypothetischer Vergleich mit als + ob: als ob ez lember waeren ‚als ob es Lämmer wären‘ (Walther 10, XIV, 12)

156 Eine besondere Form der hypothetischen Vergleiche mit als(o) beschreibt Knapp (1979: 75): Äquative mit als + Relativum der mit der Interpretation ‚wie wenn einer‘ z. B. Dô hôrter ein gebrummen, als der wol zweinzec trummen slüege hie ze tanze (Pz 571, 1). 157 Der früheste Beleg bei Behaghel (1923–32, III) stammt aus dem Nibelungenlied: so wol mich dirre maere, sprach der künic do, als ob er ernestliche der helfe waere vor (Nib 887, 1 B). Nach Behaghel (1923–32, III: 281 f.) ist später als auch geschwunden, so dass hypothetische Vergleiche der Form ob + Ve, frnhd. auch ob + V1 auftreten; vgl. auch Kap. 4.3, Korpusbeleg (344) aus dem 15. Jahrhundert mit ob + Ve. Laut Knapp (1979: 69) ist als ob schon in frühmittelhochdeutscher Zeit belegt und zwar im Anegenge, das jedoch erst in einer um 1300 entstandenen Handschrift überliefert ist (vgl. http://www.handschriftencensus.de/1216). Als ob ist erst im Spätmittelhochdeutschen und Übergang zum Frühneuhochdeutschen regelmäßig belegt, s. auch Fußn. 160.

144

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

Laut Behaghel (1923–32, III: 282), DWB (29: 1451, 1485), BMZ (4: 571b f.), Dückert (1961: 220) kommen darüber hinaus im Mittelhochdeutschen vereinzelt auch hypothetische Vergleiche mit wie und Verbendstellung auf, die schriftsprachlich bis ins 17. Jahrhundert belegt sind, dialektal (z. B. im Schwäbischen) teilweise sogar bis heute, vgl. Kap. 6.3. In etlichen der angeführten historischen Belege kann wie jedoch auch als bloße subordinierende Konjunktion im Sinn von ‚dass‘ aufgefasst werden – ein Gebrauch der seit dem Althochdeutschen belegt ist.158 (216)

Hypothetischer Vergleich mit wie + Ve: darumbe ist in, wie sie ûz einem touwe in einen fiurigen berc aller erste fliehen müesten ‚Darum ist ihnen, als ob sie allererst aus einem Tau in einen feurigen Berg fliehen müssten‘ (Berth II, 23, 20)

Tabelle (217) zeigt die Verteilung der Vergleichspartikeln in hypothetischen Vergleichen im untersuchten mittelhochdeutschen Kernkorpus aus dem Physiologus, Nibelungenlied, St. Trudperter Hohelied, Mitteldeutschen Predigten und der Lilie. (217)

Hypothetische Vergleiche im Mittelhochdeutschen

Text

Zeit

Dialekt

also/alse

sam(e)

Phys

Ende 12. Jh.

Bair.

3 (100 %)

0 (0 %)

Nib

1. Hälfte 13. Jh.

Obd.

0 (0 %)

3 (100 %)

TrH

Anfang 13. Jh.

Alem.

1 (25 %)

3 (75 %)

PrMK

Mitte 13. Jh

Omd.

2 (100 %)

0 (0 %)

Lil

1270/80

Ripuar.

1 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

65 %

35 %

Summe (13)

7 (54 %)

6 (46 %)

158 Der einzige bei Dückert (1961: 220) angeführte mittelhochdeutsche Beleg (auch in BMZ 4: 571b f.), lässt sich auch im Sinn der seit dem Althochdeutschen bezeugten Verwendung von wie als ‚dass‘ deuten: Dô bedûhte mich zehant / wie mir dienten elliu lant, / wie mîn sêle waere / ze himel âne swaere ‚Da deuchte mir auf einmal, dass mir alle Länder dienten, dass meine Seele ohne Beschwernis im Himmel wäre.‘ (Walther 64, III, 1–4). Als frühneuhochdeutschen Beleg bringt Dückert: er treybt wie [für gestrichenes als] er vnsynnig were (Luther: Bibel, Könige 9, 20 (1523)).

3.3 Hypothetische Vergleiche im Mittelhochdeutschen

145

Hypothetische Vergleiche sind insgesamt recht selten belegt. Als Vergleichsanschluss wird wie allgemein in den Äquativen überwiegend also gewählt, seltener auch sam(e). Andere Vergleichspartikeln treten in hypothetischen Vergleichen hier nicht auf. Während demnach als ob in den fünf oben angegebenen Texten und Textausschnitten nicht belegt ist, erbrachte eine elektronische Auswertung der auch für die Komparativvergleiche zusätzlich ausgewerteten 21 Texte in mehreren Texten Belege für als ob (neben hypothetischen Vergleichen mit einfachem als und Verbendstellung), insbesondere in den Predigten von Nikolaus von Straßburg, den Schwarzwälder Predigten und den Traktaten Davids von Augsburg (je 6 Belege) sowie im Tauler (5 Belege), vgl. (218).159 Vor allem im späteren Mittelhochdeutschen und Übergang zum Frühneuhochdeutschen ist als ob zunehmend belegt. Im Alemannischen, Ostschwäbischen und Mitteldeutschen ist es schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nicht selten, während bairische Belege erst in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gelegentlich auftreten.160 (218)

Hypothetischer Vergleich mit als + ob: Biſt dv alein halt dich. in allē den zvhten. an allen den dingen. alſ ob dich di lvͤt ſæhen wā dich ſihet got. vn̄ die engel. vn̄ din ſelbez gewizzen. ‚Bist du allein, halte dich in allen Tugenden, an allen Dingen, als ob dich die Leute sähen, denn dich sieht Gott und die Engel und dein eigenes Gewissen.‘ (DvA 38r, 5–9)

Die hypothetischen Vergleiche als Sonderform der Äquativvergleiche können Korrelate aufweisen, wie sonstige Äquativvergleiche auch, vgl. den Korpusbeleg in (219) mit Korrelat also und hypothetischem Vergleich mit Vergleichspartikel alse und Verbendstellung. (219)

Hypothetischer Vergleich mit Korrelat also und alse + Ve: vn̄ die erde inſloz ſich da die nagele lagin vn̄ ſi irſchinin alſo ſchone alſe ſie gůldin werin

159 Belege hypothetischer Vergleich mit als ob: Will: 0, Spec: 0, Hof: 0, DvA: 6, PrS: 6, Bau: 1, Tau: 5, Gna: 0, TrP: 0, PrP: 1, WNo: 0, PrZ: 0, Bar: 0, Sal: 3, ObE: 0, Nik: 6, OxB: 0, JMa: 3, PrF: 0, MBe: 2, RhM: 0, Aegi: 0. 160 Von den 70 Belegen für als ob im gesamten, 102 Texte umfassenden MiGraKo-Subkorpus des ReM stammen nur vier aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, alle übrigen aus der zweiten Hälfte des 13. bzw. ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts; sprachgeographisch entfallen 33 auf das Alemannische und Ostschwäbische, 28 auf das Mitteldeutsche und nur 5 auf das Bairische (Thomas Klein, p.c.).

146

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

‚Und die Erde tat sich auf, wo die Nägel lagen, und sie leuchteten so glänzend, als wären sie golden.‘ (PrMK 7v, 41 f.) Als korrelatartige Bezugselemente im Matrixsatz kommen zudem die Ausdrücke gelicher wys ‚auf gleiche Weise, genauso‘ (wie auch bei den übrigen Äquativen, s. o. Kap. 3.2, Fußn. 152, und im Frühneuhochdeutschen, s. Kap. 4.2, Bsp. (271)) und rechte ‚recht, ganz‘ (vgl. Engl. just) vor, wie in (220) bzw. (221). (220)

Hypothetischer Vergleich mit as of, Bezugselement gelicher wys im Matrixsatz: ſo ſoilde hie ſich dar zo keirē vnd da by bliůen gelicher wys as of hie dat heilige ſacramēt intfangen hedde ‚… so sollte er sich dazu hinwenden und dabei bleiben so, als ob er das heilige Sakrament empfangen hätte.‘ (Tau 10v, 13–16)

(221)

Hypothetischer Vergleich mit als ob, Bezugselement rechte im Matrixsatz: vn̄ zvo leſtin do quam daz houbit zvo deme lichamin. vn̄ d’ hals vůgite ſich zvo der achſilin rechte als ob iz nie geſundirt were. ‚… und zuletzt kam der Kopf zu dem Körper und der Hals fügte sich an die Schulter gerade so, als ob es nie getrennt gewesen wäre.‘ (JMa 59v, 2–4)

3.4 Zusammenfassung Während im Mittelhochdeutschen die grundsätzlich belegten Typen des Vergleichsanschlusses weitgehend denen des Althochdeutschen entsprechen, zeigt sich teilweise ein deutlicher Wandel mit Blick auf die relativen Anteile und die Distribution der Formen. In Komparativvergleichen wird die nach wie vor das Hauptmuster bildende Komparativpartikel danne ähnlich häufig gebraucht wie im Althochdeutschen – im Durchschnitt in reichlich 60 Prozent der Komparativvergleiche. In etwas über einem Drittel der Komparativvergleiche wird stattdessen wan (auch niwan), das etymologisch gesehen interrogativisch/indefinite Pendant (< ‚von wo aus‘) zum ursprünglich demonstrativischen danne (< ‚von da aus‘), verwendet. Komparativisches wan stellt damit ein typisches Merkmal des Mittelhochdeutschen dar. Wan ist distributionell weitgehend auf negative bzw. negativ-polare Kontexte beschränkt, während danne überwiegend in nicht-negierten Vergleichskonstruktionen verwendet

3.4 Zusammenfassung

147

wird. Entsprechend kann wan als NPI-Pendant zu danne angesehen werden. Nur ganz vereinzelt kommt als weitere Komparativpartikel im mittelhochdeutschen Korpus et vor. Neben Komparativvergleichen mit Vergleichspartikel sind resthaft in den frühesten mittelhochdeutschen Texten auch noch solche mit Vergleichsdativ belegt. In den mittelhochdeutschen Äquativen ist die verstärkte Vergleichspartikel als(o) deutlich häufiger belegt als einfaches so. Hierin besteht ein weiterer wichtiger Unterschied zum Althochdeutschen. Rund drei Viertel der untersuchten mittelhochdeutschen Äquativvergleiche werden mit als(o) angeschlossen, nur ein etwa Fünftel mit so. Dabei zeigt sich eine bemerkenswerte distributionelle Differenzierung: So ist vor allem in Grad-Äquativen belegt, in denen es zu etwa 60 Prozent verwendet wird, während also nur bei rund einem Drittel liegt. Dagegen wird also in erster Linie in Nicht-Grad-Äquativen gebraucht, wo es nahezu 90 Prozent ausmacht, während so nur zu sechs Prozent als Vergleichsanschluss gewählt wird. Diese unterschiedliche Verteilung lässt sich dadurch erklären, dass also in Nicht-Grad-Äquativen entstanden ist. Deutlich seltener kommt in mittelhochdeutschen Äquativvergleichen die Partikel sam(e) bzw. die ebenfalls mit al- verstärkte Form alsam vor, zusammen in deutlich unter zehn Prozent der Äquativvergleiche im Korpus. Während all diese Äquativpartikeln in Satz- und Phrasenvergleichen belegt sind, ist das im Mittelhochdeutschen noch am Beginn seiner Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel stehende, ursprünglich modal-relativische und nach wie vor kaum vergleichend belegte wie ausschließlich auf Satzvergleiche beschränkt. Es wird zudem nur in Nicht-Grad-Äquativen verwendet. Diese distributionellen Beschränkungen zeigen, dass wie zu mittelhochdeutscher Zeit noch nicht voll zur Vergleichspartikel grammatikalisiert war. Als Äquativkorrelate treten in mittelhochdeutschen Äquativen ähnlich wie als Vergleichspartikeln einfaches so, häufiger jedoch die verstärkte Form also und sehr selten same auf. Der häufigste Typus eines mittelhochdeutschen Grad-Äquativs lautet also-Adjektivso. Alle Äquativpartikeln bis auf das noch nicht vollständig grammatikalisierte wie kommen auch mit Korrelat vor. Die hypothetischen Vergleiche entsprechen im Mittelhochdeutschen wie schon im Althochdeutschen bezüglich der Partikeln und der Verbstellung (Verbendstellung) überwiegend den übrigen Äquativvergleichen, der Konjunktiv kennzeichnet sie als irreal. Im Spätmittelhochdeutschen kommen aber teilweise auch schon elliptisch verkürzte hypothetische Vergleiche mit als ob vor. Ganz vereinzelte Fälle mit der eigentlichen Äquativpartikel als(o) in Komparativvergleichen und umgekehrt der eigentlichen Komparativpartikel danne in Äquativvergleichen belegen, dass es in mittelhochdeutscher Zeit bereits erste zaghafte Ansätze zum Ersetzen von dann durch als, aber auch umgekehrt

148

3 Vergleichskonstruktionen im Mittelhochdeutschen

von als durch dann gegeben hat, und zwar insbesondere unter Negation, da sich dann ein Mismatch zwischen Äquativ, aber insgesamt bezeichneter Ungleichheit bzw. Komparativ, aber bezeichneter Gleichheit ergeben kann.

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen Im Lauf des Frühneuhochdeutschen (ca. 1350–1650) ergeben sich einige entscheidende Veränderungen bezüglich der Vergleichspartikeln. Um diachrone Entwicklungen auch innerhalb des Frühneuhochdeutschen erfassen zu können, wurden Texte aus zwei Zeitschnitten untersucht, wie sie im Bonner Frühneuhochdeutschkorpus vorliegen, und zwar aus der zweiten Hälfte des 15. und insbesondere aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, da hier die Veränderungen deutlicher hervortreten (Details zum untersuchten Korpus s. Kap. 1.3). Der Wandel im Frühneuhochdeutschen zeigt sich am durchgreifendsten in den Äquativkonstruktionen, wo als(o) weitgehend von wie abgelöst wird, und in den hypothetischen Vergleichen, da sich die bis heute im Deutschen bestehende formale Differenzierung von hypothetischen Vergleichen und sonstigen Äquativen herausbildet. Im Verlauf des Frühneuhochdeutschen sind aber auch die Anfänge der Ersetzung der Vergleichspartikel dann/denn durch als in den Komparativvergleichen zu beobachten.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen Im 15. Jahrhundert wird der Vergleichsstandard in den Komparativvergleichen in der Regel mit der bereits im Alt- und Mittelhochdeutschen das Hauptmuster bildenden Vergleichspartikel dann/denn angeschlossen wie im Korpusbeleg (222), vgl. auch Ebert et al. (1993: 480), FWB (5: 122 f.).161 Daneben ist, wie der Korpusbeleg in (223) illustriert, Komparativanschluss mit dem im Mittelhochdeutschen häufig belegten wan − im Frühneuhochdeutschen überwiegend als wann wiedergegeben – möglich, vgl. auch Ebert et al. (1993: 480), also mit dem Interrogativ/Indefinit-Pendant zu dem auf einen Demonstrativstamm zurückgehenden dann. Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Vergleichskasus kommt im Frühneuhochdeutschen praktisch nicht mehr vor. Im untersuchten Korpus ließe sich allenfalls der Beleg in (224) als Vergleichsdativ deuten. Da es sich hierbei um die Übersetzung eines lateinischen Textes handelt, mag es sich bei der Vergleichskasuskonstruktion in diesem Fall um Lehneinfluss handeln.

161 Im FWB wird nur die Verwendung von dan(ne)/den(ne) nach Wortform im Komparativ, ander(s) und e (e dan/den ‚bevor‘) als Vergleichspartikel bezeichnet. Die Verwendung nach negativen Pronomen und Adverben wird dagegen als Präposition oder Konjunktion mit exzipierender Bedeutung ‚außer, nur‘ gefasst, s. FWB (5: 122 f.: 3. vs. 4.). https://doi.org/10.1515/9783110561234-004

150

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts ist die Vergleichspartikel als in Komparativen nicht belegt. (222)

Komparativ mit dann/denn: Doch het ich grosser sarg vmb mein sel dann vmb mein leben ‚Doch hatte ich größere Sorge um meine Seele als um mein Leben‘ (HKot 16, 8)

(223)

Komparativ mit wann: so hoͤr ich wol du hast in lieber wann mich ‚so höre ich wohl, du hast ihn lieber als mich‘ (Neid 28, 12 f.)

(224)

Komparativ mit Vergleichsdativ: und ich by poll in guter gewissen, waiß das für war, das ich nuntz valsch erdicht hon, und in meinem hertzen disem meinem phedria kainen lieber. und alle ding von diser Jungkfrawen wegen geton habe. ‚und ich bei Poll in gutem Gewissen weiß das führwahr, dass ich nichts Falsches erdichtet habe und in meinem Herzen keinen lieber als diesen meinen Phedria (habe) und alle Dinge wegen dieser Jungfrau getan habe.‘ (Neid 38, 2–6)

Die quantitative Verteilung dieser Muster im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts fasst Tabelle (225) zusammen.162 Die Karte in (226) illustriert die Ergebnisse noch einmal in ihrer räumlichen Dimension gemäß den Angaben zur Lokalisierung der Texte im Bonner Frühneuhochdeutschkorpus. (225)

Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500

Text

Zeit

Dialekt (Ort)

dann/denn

wann

Sonstiges

HKot

1445–1452

Bair. (Wien)

15 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Neid

1486

Schwäb. (Ulm)

8 (19 %)

34 (79 %)

1 Vgl.dat. (2 %)

Taul

1498

OSächs. (Leipzig)

51 (98 %)

1 (2 %)

0 (0 %)

Koel

1499

Ripuar. (Köln)

17 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

79 %

20 %

1%

Summe (127)

91 (72 %)

35 (27 %)

1 (1 %)

162 Von den Komparativvergleichen mit dann/denn enthält bei Tauler und Koelhoff je ein Beleg ee dan.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

(226)

Karte Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500

151

152

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Insgesamt überwiegt klar dann/denn, das in den untersuchten Texten des 15. Jahrhunderts in durchschnittlich fast vier Fünfteln der Komparativvergleiche als Vergleichsanschluss gewählt wird und reichlich 70 Prozent der insgesamt belegten Vergleichsanschlüsse in Komparativen ausmacht. Damit ist dann/denn im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts häufiger als im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen, wo es jeweils durchschnittlich etwa 60 Prozent der Komparativvergleiche einleitete, vgl. Tabelle (35) und (127). Bei Helene Kottanerin und Johann Koelhoff wird der Vergleichsstandard in Komparativvergleichen sogar ausschließlich mit dann/denn angeschlossen. Auch in der Fassung des „Sermon“ von Tauler vom späten 15. Jahrhundert kommt fast ausschließlich die Komparativpartikel dann/denn vor. Eine deutliche Ausnahme stellt der schwäbische „Eunuchus“ von Neidhart dar, in dem dann/denn weniger als ein Fünftel der Komparativvergleiche anschließt. Hier überwiegt stattdessen ganz deutlich das bereits im Mittelhochdeutschen in durchschnittlich einem reichlichen Drittel der Komparativvergleiche verwendete Muster des Vergleichsanschlusses mit wann. In Neidharts „Eunuchus“ von 1486 wird es sogar in rund vier Fünfteln der Komparativvergleiche verwendet. Dieser Befund bestätigt die Aussage im DWB (27: 1861), dass wann/wenn als Komparativpartikel noch im 15. Jahrhundert im Hochdeutschen nicht selten sei.163 Komparativisches wann ist im untersuchten Korpus darüber hinaus im obersächsischen „Sermon“ von Tauler von 1498, jedoch nur in einem Fall, belegt, in der ripuarischen Chronik von Koelhoff und den bairischen „Denkwürdigkeiten“ der Kottanerin dagegen gar nicht. Durchschnittlich leitet es damit in etwa einem Fünftel der Komparativvergleiche in den untersuchten Texten des 15. Jahrhunderts den Vergleichsstandard ein und macht reichlich ein Viertel der insgesamt belegten Vergleichsanschlüsse aus. Die im Mittelhochdeutschen bei wann zu beobachtende distributionelle Beschränkung auf NPI-Kontexte, die jedoch schon im Lauf des Mittelhochdeutschen teilweise gelockert wird, vgl. Kap. 3.1, lässt sich in den Korpusbelegen für komparativisches wann im 15. Jahrhundert nicht mehr nachweisen: In Neidharts „Eunuchus“ folgt wann in nur acht Fällen auf einen negierten Matrixsatz, vgl. (244) und (256), dagegen in 26 Fällen auf einen nicht-negierten, vgl. (223), (245), (251) und (253). Der einzige wann-Beleg im Tauler aus dem 15. Jahrhundert weist ebenfalls einen nicht-negierten Matrixsatz auf, vgl. (241). Das quantitative Ergebnis unterstützt insgesamt die Darstellung in Ebert et al. (1993: 480), derzufolge in Komparativvergleichen bis ins 16. Jahrhundert überwiegend dann(e)/denn(e) und seltener wann(e)/wenn(e) verwendet wird. Noch seltener sei auch komparativisches als im Frühneuhochdeutschen belegt 163 Dort Belege u. a. von Sebastian Brant und Hans Sachs.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

153

(vgl. Behaghel 1923–32, III: 277: vor Mitte des 16. Jh.s nur vereinzelt), s. FWB (1: 844) mit Belegen ab Ende 15. Jahrhundert. Diese Vergleichspartikel ist in den hier untersuchten 127 Komparativvergleichen des 15. Jahrhunderts noch nicht nachzuweisen, sondern kommt abgesehen von den Einzelbelegen im Mittelhochdeutschen erstmals im ausgewerteten frühneuhochdeutschen Korpus des 16. Jahrhunderts vor. Für den Vergleichsdativ findet sich im Korpus des 15. Jahrhunderts wie erwähnt nur noch ein einzelner möglicher Beleg, s. (224). Dieses bei Ebert et al. (1993: 477/480) nicht erwähnte Muster kommt damit in nur rund einem Prozent, d. h. etwa halb so oft wie durchschnittlich im mittelhochdeutschen Korpus vor, wo es allerdings nur in den frühesten Texten belegt war. Die Vergleichskasuskonstruktion wird in der Eunuchus-Übersetzung von Neidhart wohl lehnsyntaktisch nach dem Vorbild des lateinischen Originals gebraucht. Auch weitere 100 Jahre später, im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts, wird der Vergleichsstandard in Komparativvergleichen noch, wie schon seit althochdeutscher Zeit, überwiegend mit dann/denn angeschlossen wie in (227). (227)

Komparativ mit dann/denn: Da nun die Sachssen sahen / das der Thuͤringer Acker besser war dann jhrer / ‚Als nun die Sachsen sahen, dass der Acker der Thüringer besser war als ihrer‘ (JBang 17r, 5 f.)

Ab der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts ist neben dann/denn aber auch das vorher (bis auf ganz vereinzelte, mittelhochdeutsche Belege, s. Kap. 3.1) nur als Äquativpartikel verwendete als in der Funktion einer Komparativpartikel belegt, vgl. auch DWB (1: 250 f.), Behaghel (1923–32, III: 277), Lerch (1942: 352), Dückert (1961: 215), Ebert et al. (1993: 480), FWB (1: 844).164 Dies illustriert der Korpusbeleg in (228).

164 Laut DWB (1: 250) und Lerch (1942: 344, 352) verwendete Martin Luther in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Komparativvergleichen noch ausschließlich denn, nicht als. Dagegen bringt Hildebrand (1871: 362) einen Luther-Beleg mit komparativischem als: kein ermer, geringer […] nicht ist, als gott. Ebenfalls aus der ersten Hälfte des 16. Jh.s stammen weitere im DWB (2: 745) angeführte Belege: kein feiner noch meisterlicher gedicht als das buch von Reinicken (Er. Alberus, Esop). Laut DWB (1: 250) ist der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schreibende Johann Fischart der erste Dichter, der denn und daneben (bereits überwiegend) als als Komparativpartikel verwendete.

154 (228)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Komparativ mit als: Denn er ist grewlicher vnd heßlicher / als jrgend der aller geringsten oder ergsten vnd Gottlosesten einer zugerichtet. ‚Denn er ist gräulicher und hässlicher als einer der Geringsten oder Schlechtesten und Gottlosesten zugerichtet.‘ (JMath 44r, 22–24)

In Fällen wie diesem entspricht der Komparativanschluss damit schon dem heutigen Standarddeutschen. Selten kommen daneben im untersuchten Korpus des 16. Jahrhunderts als weiteres neues Muster auch Komparativvergleiche mit weder als Vergleichspartikel vor wie in Beleg (229). (229)

Komparativ mit weder: Den Khaiser aber acht er nit hoͤcher weder sich ‚Den Kaiser sieht er aber nicht als höher an als sich.‘ (SHerb 1v, D, D, 39 f.)

Etymologisch geht die Vergleichspartikel weder auf ahd. (h)wedar zurück, das zunächst als Interrogativum/Indefinitum mit der Bedeutung ‚welcher/einer von zweien‘, dann auch als Konjunktion in der Bedeutung ‚und nicht‘ und entsprechend unserem heutigen weder in weder … noch verwendet wurde, vgl. DWB (27: 2834).165 Ausgangspunkt für die Verwendung von weder als Komparativpartikel ist die Bedeutung ‚und nicht‘. Wie in Kapitel 1.2 erläutert, besteht eine der in den Sprachen der Welt zu findenden typologischen Möglichkeiten des Ausdrucks eines Komparativvergleichs eben in einer negierten Koordinationsstruktur, d. h. beispielsweise ‚Sie ist größer als er‘ wird ausgedrückt als ‚Sie ist größer, und nicht er.‘, s. o. Bsp. (24 a). Neben der Markierung des Vergleichsstandards mit Vergleichspartikel und mit Vergleichskasus findet sich hier also ursprünglich als diachroner Hintergrund dieser historischen deutschen Komparativpartikel ein dritter Sprachtypus, der der negierten Koordination, von dem ausgehend sich die Vergleichspartikel entwickelt hat. Vergleichbar ist in anderen Sprachen beispielweise die Verwendung von nor (< nother, ae. nâhwäðer ‚keiner von beiden‘) als Komparativpartikel in historischen und regionalsprachlichen Varietäten des Englischen, z. B. I am greater nor he, vgl. OED (10: 512: nor ‚than‘ schottisch und dialektal, Belege 15.−19. Jh.), Small (1924: 117–119: komparativisches nor/na seit 14. Jh., z.B. It is fayre woll meche finar

165 Behaghel (1923–32, III: 335 f.) bringt weder dagegen mit wieder (‚gegen‘) in Verbindung, vgl. dazu auch Lerch (1942: 357).

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

155

woll nor was the yere before ‚Es ist feine Wolle, viel feinere Wolle als sie das Jahr zuvor war‘ – 1480, bis heute im Nordenglischen/Schottischen, Irischen Englisch, Amerikanischen Englisch: Eastern Kentucky, Nordwest-Arkansas, New Brunswick, Newfoundland, Nova Scottia),166 im schottischen Gälisch na sowie im Lettischen ne (‚und‘/‚als‘), vgl. Stassen (1985: 63). Wie im Fall der auf Elemente mit festem Vergleichskasus zurückgeheden Vergleichspartikeln dann/denn und wann zeigt sich auch hier wiederum, dass verschiedene sprachtypologische Muster diachron aufeinander bezogen sind und auseinander hervorgehen können. Laut DWB (27: 2842) kommt die Verwendung von weder als Komparativpartikel bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jh. auf. Im hier untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts ist sie, wie oben dargestellt, noch nicht belegt. Dem DWB (27: 2842) zufolge ist weder im 16. Jahrhundert sehr verbreitet, so auch in Luthers Bibelübersetzung nicht selten, und noch im 17. Jahrhundert gebräuchlich, variiert aber stark bei den verschiedenen Autoren, vgl. auch Ebert et al. (1993: 480). Ausgegangen sei diese Entwicklung vom SchwäbischAlemannischem, wo sich die Verwendung von weder als Komparativpartikel dialektal bis heute resthaft gehalten hat, vgl. auch Friedli (2005, 2012), s. u. Kap. 6.1, Bsp. (497). Von dort aus sei komparativisches weder ins Bairische und später teilweise ins Mitteldeutsche, u. a. ins Hessische und Obersächsische übernommen worden.167 Die Komparativpartikel wann ist im Korpus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Gegensatz zum Mittelhochdeutschen und zum Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts nicht mehr nachzuweisen. Die quantitative Untersuchung bestätigt damit die Aussage im DWB (27: 1861), dass wann als Komparativpartikel kaum bis über die Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten ist und durch dann/denn bzw. später als verdrängt wird, vgl. auch Ebert et al. (1993: 480). Die meisten Autoren des 16. Jahrhunderts verwenden komparativisches wann (bzw. wenn) laut DWB gar nicht mehr. Vereinzelt findet es sich u. a. bei Luther, Brant und Sachs. Einen Beleg aus dem 16. Jahrhundert von Luther

166 Small (1924: 102, 122) deutet komparativisches nor als Ausdruck einer adversativen bzw. disjunktiven Bedeutungskomponente von Komparativen (neben einer von ihm betonten temporalen Bedeutungskomponente). Es könnte sich bei der schottisch-englischen Komparativpartikel nor m. E. um Substrateinfluss des schottischen Gälisch handeln, da dort dieser Konstruktionstyp ebenfalls vorkommt. 167 Laut DWB (27: 2842) ist weder auch im Südfränkischen (Rastatt, Handschuhsheim) noch heute bei älteren Sprechern als werü gebräuchlich. Zum 17. Jahrhundert werden im DWB (27: 2842) auch Belege u. a. von hessischen und obersächsischen Autoren angeführt. Im 18. Jahrhundert charakterisiert Adelung laut DWB komparativisches weder als „im hochdeutschen längst veraltet“.

156

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

bringt auch Behaghel (1923–32, III: 329): sehen nichts wen gutes an den creaturen (Luther XIV, 105, 32). Dialektal ist auch komparativisches wan(n) ganz vereinzelt bis heute erhalten geblieben, so in Teilen des Alemannischen, vgl. Kap. 6.1, Bsp. (496). Im nahezu vollständigen Verschwinden der Komparativpartikel wann zeigt sich (neben dem gelegentlichen Auftreten von komparativischem als und weder) ein deutlicher Unterschied des Frühneuhochdeutschen im 16. Jh. zum Mittelhochdeutschen sowie zum Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts. Ganz selten kommen darüber hinaus Komparativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel vor, die in der Literatur zum Frühneuhochdeutschen bislang noch nicht erwähnt werden.168 Ein entsprechender Korpusbeleg ist in (230) gegeben. (230)

Komparativ ohne Vergleichspartikel: etliche andere aber zuckten jhre Sebel vber uns / das wir anderst nicht gedachten / __ es wurde stuck vnd trimer geben. ‚etliche aber zückten ihre Schwerter, so dass wir nicht anders dachten, als dass es Stückwerk und Trümmer geben würde.‘ (LRauw 22, 31 – 23, 2)

Tabelle (231) fasst die Korpusergebnisse zu den Komparativvergleichen in den untersuchten Texten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zusammen.169

168 Komparativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel sind noch im frühen Neuhochdeutschen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts belegt, s. Kap. 5.1, Bsp. (355). Häufiger als Komparativvergleiche ohne Vergleichspartikel sind im historischen Deutschen Äquativvergleiche ohne Vergleichspartikel, s. Kap. 3.2, Bsp. (179), Kap. 4.2, Bsp. (283). Vergleichskonstruktionen ohne Vergleichspartikeln oder sonstige formale Markierung des Vergleichsstandards sind typologisch interessant, da dieser Formtyp sonst in den Sprachen der Welt nicht vorzukommen scheint (vgl. Greenberg 1963, Haspelmath 2017), s. Fußn. 145. 169 Insgesamt ist 110 mal die Form dan(n) und 61 mal die Form denn belegt. Von den Belegen mit dann/denn enthält bei Johann Gropper ein Beleg ehe dan, bei Sigmund Herberstein und Veit Dietrich je ein Beleg ehe dann/denn sowie je ein Beleg durch Virgel getrenntes ehe / dann bzw. denn.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

(231)

157

Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

dann/denn

als

Sonstiges

JGrop

1556

Ripuar. (Köln)

38 (97 %)

1 (3 %)

0 (0 %)

SHerb

1557

MBair. (Wien)

11 (73 %)

0 (0 %)

4 weder (27 %)

LLav

1578

OHAlem. (Zürich)

26 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

VDiet

1578

OFränk. (Nürnberg)

35 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

LRauw

1582

Schwäb. (Lauingen)

19 (83 %)

3 (13 %)

1 ohne Vgl.part. (4 %)

JMath

1587

OSächs. (Leipzig)

5 (83 %)

1 (17 %)

0 (0 %)

JBang

1599

Thür. (Mühlhausen)

13 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

WRal

1599

Hess. (Frankfurt)

24 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

92 %

4%

4%

Summe (181)

171 (94 %)

5 (3 %)

5 (3 %)

Die Korpusauswertung ergibt, dass in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dann/denn in Komparativvergleichen noch bei Weitem überwiegt. Im Durchschnitt kommt es in über 90 Prozent der Komparativkonstruktionen vor. In der Hälfte der untersuchten Texte ist dann/denn sogar die einzige Vergleichspartikel, die in Komparativkonstruktionen verwendet wird. In knapp der Hälfte der Texte ist schon als als Komparativpartikel belegt, allerdings jeweils deutlich seltener als dann/denn – im Durchschnitt nur in vier Prozent der Komparativkonstruktionen (bzw. drei Prozent der Gesamtbelege), am häufigsten im obersächsischen Text von Johannes Mathesius, wo als schon in fast einem Fünftel der Fälle als Komparativanschluss verwendet wird. Im untersuchten Korpus aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ist nur im mittelbairischen Text „Moscouia“ von Sigmund Herberstein neben dem überwiegenden dan(n) auch weder als Komparativpartikel zu finden und zwar immerhin in reichlich einem Viertel der Komparativkonstruktionen dieses Textes. In den untersuchten Texten aus dem Schwäbischen bzw. Alemannischen, wo laut DWB (27: 2842) der

158 (232)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Karte Komparativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

159

Ursprung des komparativischen weder liegt und für das auch die frühneuhochdeutsche Grammatik von Ebert et al. (1993: 480) dieses Phänomen ausschließlich beschreibt, ist weder im hier untersuchten Korpus jedoch nicht belegt. Eine Beschränkung auf den schwäbisch-alemannischen Sprachraum ist bei komparativischem weder im 16. Jahrhundert also nicht zu beobachten. Zumindest in einem weiteren oberdeutschen Dialektgebiet, dem Bairischen, kommt es, wie im DWB (27: 2842) angegeben, selten auch vor. Auch im Schwäbisch-Alemannischen scheint es jedoch nicht so verbreitet gewesen zu sein, dass es unter zwei Dutzend Komparativvergleichen in jedem beliebigen Text der Zeit zu finden wäre. Der schwäbische Korpustext von Leonhart Rauwolf enthält als einziger einen Beleg für eine Komparativkonstruktion ohne Vergleichspartikel, s. o. Bsp. (230). Die räumliche Verteilung der Korpusergebnisse veranschaulicht die Karte in (232). Das Bild ist im ganzen hochdeutschen Raum recht einheitlich mit jeweils klar überwiegendem, z. T. ausschließlichem dann/denn. Für das Aufkommen von komparativischem als lässt sich kein eindeutiges geografisches Zentrum festmachen. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung im Obersächsischen (Ostmitteldeutsch), jedoch auch im Ripuarischen (Westmitteldeutsch) und Schwäbischen (Oberdeutsch) setzt der Wandel von dann/denn zu als allmählich ein. Die thüringische (ostmitteldeutsche) Chronik von Johann Bange, die hessische (westmitteldeutsche) Fassung des Walter Ralegh sowie die beiden oberdeutschen Texte von Ludwig Lavater (Alemannisch) und Veit Dietrich (Ostfränkisch) sind dagegen konservativer und verwenden noch ausschließlich dann/denn. (Und dies, obwohl die Texte von Bange und Ralegh sogar die jüngsten Texte im Korpus innerhalb des 16. Jahrhunderts sind – beide stammen von 1599.) Betrachten wir nun die syntaktische Distribution der Komparativpartikeln im Frühneuhochdeutschen. Die verschiedenen Komparativpartikeln kommen im 15. und 16. Jahrhundert in Satzvergleichen und in Phrasenvergleichen mit unterschiedlichen Phrasentypen vor (vgl. Ebert et al. 1993: 477). Auch das Tertium Comparationis kann verschiedene syntaktische Funktionen haben. Bei der auch im frühneuhochdeutschen Korpus am häufigsten belegten Komparativpartikel dann/denn zeigt sich entsprechend die größte Bandbreite an verschiedenen syntaktischen Kontexten. Dann/denn kommt sowohl im Satzvergleich mit Verbendstellung vor wie in (233) als auch mit ebenfalls satzwertigen elliptischen Strukturen, bei denen der Vergleichsstandard aus mehreren unabhängigen Satzgliedern besteht (Gapping) wie in (234), vgl. auch Ebert et al. (1993: 477), als auch in Phrasenvergleichen mit verschiedenen Phrasentypen wie NP, PP, AdvP, V(P) und AP, vgl. (235) bis (239). Darüber hinaus wird dann/ denn in komplexen Vergleichssätzen mit ineinander geschachtelten CPs ge-

160

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

braucht, vgl. (240).170 Das Tertium Comparationis kann wie in (233) bis (235) attributive, wie in (239)171 prädikative oder wie in (236) und (238) adverbiale Funktion haben. (233)

Komparativ mit dan, Satzvgl. (Tert. Comp.: attributive AP): das er jn verheissen thete / ein fill grosser wunderwerck zuerzeige̅ / dan yemals Moyses jren Altvaͤttern in der wüeste / durch das Manna erzeigt hette ‚dass er ihnen verheißen würde, ein viel größeres Wunder zu zeigen, als Moses ihren Vorfahren in der Wüste durch das Manna gezeigt hatte‘ (JGrop 14r, 8–11)

(234)

Komparativ mit dan, elliptischer Satzvgl./Gapping (Tert. Comp.: attributive AP): Vnd dat noch mere is he hadde clairlicher ind volkomener verstant van der hilliger drijueldicheit dan ye mynsch. ‚Und darüberhinaus hatte er ein klareres und vollkommeneres Verständnis von der heiligen Dreifaltigkeit als jemals irgendein Mensch.‘ (Koel 7v, 18 f.)

(235)

Komparativ mit denn, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: attributive AP): Denn der HERR Christus / wie er am Creutze gehangen / hat viel eine heßlicher gestalt gehabt / denn aller Menschen Kinder ‚Denn der Herr Christus hat, als er am Kreuz gehangen hat, eine viel hässlichere Gestalt gehabt als alle Menschenkinder.‘ (JMath 44r, 11–13)

(236)

Komparativ mit dann, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: AdvP): Darauff haltens sondere Schreiber / die mehr pflegen auff jhren knieen / dann auff Daflen oder Tischen / zůschreiben. ‚Außerdem haben sie besondere Schreiber, die mehr auf ihren Knien als auf Tafeln oder Tischen zu schreiben pflegen.‘ (LRauw 43, 6 f.)

170 Vgl. auch die Korpusbelege unten in (250), (252), (254), (255) und (257). Alternativ ist auch hier jeweils im Sinn der direkten Analyse (vgl. Kap. 1.2 und 8.2) eine Struktur aus bloßer Vergleichspartikel und CP denkbar. 171 In diesem Beleg liegt zudem ein sogenannter Subkomparativ vor, sodass Gradabstraktion (vgl. Beck et al. 2004 ‚Degree Abstraction Parameter‘, s. Fußn. 5) auch im Frühneuhochdeutschen möglich war.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

161

(237)

Komparativ mit dan, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: attributive AP): vnd buweden dat velt vnd dye ecker mit eynre ander manier dan nu. ‚und bestellten das Feld und die Äcker auf eine andere Art als jetzt‘ (Koel 9r, 22 f.)

(238)

Komparativ mit dann, Phrasenvgl.: V/VP (Tert. Comp.: adverbiale AP): die lieber storben dann flohen. ‚die lieber starben als flohen‘ (JBang 22v, 20)

(239)

Komparativ dann, Phrasenvgl.: AP (Tert. Comp.: prädikative AP): Die Arche war im Grunde geviert / vnd doch Lenger dann Weit ‚Die Arche war im Grundriss viereckig und doch länger als breit‘ (JBang 1r, 12 f.)

(240)

Komparativ mit denn, komplexer Vergleichssatz (CP-Verschachtelung) mit uneingeleitetem V2-Nebensatz (Tert. Comp.: AdvP): Ja man hat nicht gewust / wa er moͤchte hinkommen seyn / biß daß Berrheo den Ancker seines Schiffs in dem Fluß Oronoque fandt / daß jrer viel nicht anders meineten / denn [er were auff dem Meer vndergangen.] ‚Ja, man hat nicht gewusst, wo er hingekommen sein könnte, bis Berrheo den Anker seines Schiffs im Fluss Orinoko fand, so dass viele von ihnen nicht anders meinten, als dass er auf dem Meer untergegangen wäre.‘ (WRal 7, 33–36)

Das im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts noch gelegentlich belegte komparativische wann leitet wie dann Satzvergleiche mit Verbendstellung und satzwertige Vergleichsstandards mit Gapping-Struktur ein, vgl. (241) und (242), komplexe Vergleichssätze, vgl. unten (251), (253) und (256), sowie Phrasenvergleiche verschiedenen Typs: im Korpus belegt sind nach wann Vergleichsstandards der Form NP, PP und VP, vgl. (243) bis (245), wiederum mit verschiedenen syntaktischen Funktionen des Tertium Comparationis, v. a. aber mit prädikativer Adjektivphrase als Tertium Comparationis. (241)

Komparativ mit wan(n), Satzvgl. (Tert. Comp.: prädikative AP): Die synne nemen die bilde von den naturlichen dingen vnn doch vil edeler in den synnen wan die dinck von in selber sint ‚Die Sinne nehmen die Bilder von den natürlichen Dingen und (diese sind) doch viel edler in den Sinnen, als die Dinge von sich aus sind.‘ (Taul 13v B, 28–31)

162

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(242)

Komparativ mit wann, ellipt. Satzvgl./Gapping (Tert. Comp.: prädikative AP): darumb das sie im zaigen moͤchte das sie in lieber hette wann er sie. ‚um ihm zeigen zu können, dass sie ihn lieber hat als er sie‘ (Neid 34, 24 f.)

(243)

Komparativ mit wann, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: prädikative AP): so hoͤr ich wol du hast in lieber wann mich ‚so höre ich wohl, du hast ihn lieber als mich‘ (Neid 28, 12 f.)

(244)

Komparativ mit wann, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: attributive AP): sie waiß das sich die bůler umb kain ander sach mer fynden wann umb das sie von aim bain als die hund nagen. ‚sie weiß, dass sich die Buhler um keine Sache mehr finden als darum, dass sie von einem Knochen nagen wie die Hunde‘ (Neid 30, 8 f.)

(245)

Komparativ mit wann, Phrasenvgl.: VP (Tert. Comp.: prädikative AP): wann sůchen und zewegen bringen ist ietlichs groesser wann slecht kauffen. ‚… denn suchen und zuwege bringen ist viel größer als einfach kaufen‘ (Neid 34, 3 f.)

Die im Korpus des 16. Jahrhunderts neu auftretende Komparativpartikel weder ist recht spärlich belegt, so dass hier die nachweisbare Varianz der syntaktischen Kontexte folglich geringer ausfällt. Komparativisches weder ist aber im Korpus bereits in Phrasenvergleichen mit NPs belegt sowie in komplexen Vergleichssätzen mit Verschachtelung von Komparativvergleich und satzwertiger Infinitivkonstruktion, vgl. (246) und (247),172 was dafür spricht, dass es sich um eine vollwertige Vergleichspartikel handelt. (246)

Komparativ mit weder, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: prädikative AP): Den Khaiser aber acht er nit hoͤcher weder sich ‚Den Kaiser sieht er aber nicht als höher an als sich.‘ (SHerb 1v, D, D, 39 f.)

172 Hier jeweils mit prädikativer AP als Tertium Comparationis. Von den vier weder-Belegen im Korpus weisen drei ein prädikatives Tertium Comparationis auf, einer ein adverbiales (meer auff jne zusehen vnd huͤtten/ weder zu dienen − SHerb 1v D, D, 22).

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

(247)

163

Komparativ mit weder, komplexer Vergleichssatz mit satzwertiger Infinitivkonstruktion (Tert. Comp.: prädikative AP): Daruͤber spricht der Khuͤnig / es sey gerechter der lebendigen briefe jnhalt zuuoltziehen / weder der Todten acht haben ‚Darüber sagt der König, es sei gerechtfertigter, den Inhalt der Briefe der Lebendigen zu vollziehen, als auf den der Toten zu achten‘ (SHerb 1r, C, C, 35 f.)

Die im DWB (27: 2842–2846) angeführten Belege zeigen komparativisches weder ebenfalls in Phrasenvergleichen, aber auch in Satzvergleichen mit Verbendstellung (DWB 27: 2844 f.). (248)

Komparativ mit weder, Satzvgl. (Tert. Comp.: prädikatives anders): es kan vor abends wol anders werden, weder es am morgen war ‚Es kann vor Abend wohl anders werden, als es am Morgen war.‘ (Luther Sir. 18, 26, nach DWB 27: 2845)

Das im 16. Jahrhundert im Korpus nachgewiesene als in komparativischer Funktion ist ebenfalls noch so selten, dass nur wenige Kontexttypen zu belegen sind. Bei Leonhart Rauwolf und Johannes Mathesius leitet komparativisches als ausschließlich Phrasenvergleiche mit aus einer NP bestehendem Vergleichsstandard ein wie in (249) (vgl. auch (228) oben). Bei Johann Gropper ist ein komplexer Vergleichssatz mit Komparativpartikel als und eingebettetem, mit wie eingeleitetem Äquativvergleich belegt, s. u. (258). (249)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: attributive AP): das keiner neben jhnen etwas gewin-en moͤge / er woͤlle dann ein groͤsserer Harami das ist / Dieb / alß sie sein ‚dass keiner neben ihnen etwas erlangen kann, es sei denn, er wolle ein größerer Harami, d. h. Dieb, als sie sein.‘ (LRauw 35, 26–28)

Die Beobachtung, dass komparativisches als zunächst fast ausschließlich, nämlich in drei von vier Belegen, in Phrasenvergleichen mit NPs belegt ist, mag der geringen Anzahl der Belege geschuldet sein und der Tatsache, dass NPs der häufigste Phrasentyp bei Phrasenvergleichen sind. Dieser empirische Befund passt aber auch sehr gut zu Friedlis Ergebnissen für heutige schweizerdeutsche Dialekte, in denen neue Komparativpartikeln zuerst genau in Phrasenvergleichen mit NPs auftreten (vgl. Friedli 2012: 251, s. Kap. 6.1, (505)).173 173 Die ersten vereinzelten Belege für komparativisches als im Mittelhochdeutschen enthalten in den Fällen, in denen es sich um Phrasenvergleiche handelt, Vergleichsstandards der

164

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Im Sprachwandel von Vergleichskonstruktionen besteht also ein wichtiger Unterschied zwischen neuen Vergleichspartikeln wie der Äquativpartikel wie, die zuerst nur in Satzvergleichen auftritt, da sie aus mit Vergleichen eng verwandten modalen freien Relativsätzen übernommen wurde und erst zur eigentlichen Vergleichspartikel grammatikalisiert werden musste (durch syntaktische Reanalyse zunächst von einer Phrase zu einem Kopf (C0), dann zu einem höheren linksperipheren Kopf (Conj0), s. u. Kap. 8.1.2), und andererseits neuen Vergleichspartikeln wie der neu als Komparativpartikel verwendeten Partikel als, die bereits zuvor voll als Vergleichspartikel grammatikalisiert war und schon in Kombination mit bloßen Phrasen vorkam, nur eben in einem anderen Vergleichstyp, den Äquativvergleichen. Entsprechend findet sich hier bei der ersten Verwendung als Komparativpartikel keine Beschränkung auf Satzvergleiche. Beim Wandel von äquativischem zu komparativischem als fand kein Wandel des syntaktischen Status oder der syntaktischen Position von als statt wie bei der Grammatikalisierung des modalen Relativums wie zur Äquativpartikel (s. u. Kap. 8.1.1).174 Keine der im frühneuhochdeutschen Korpus nachgewiesenen Komparativpartikeln weist eine Beschränkung auf negative bzw. negativ-polare Kontexte auf, wie dies etwa bei wan im Mittelhochdeutschen zu beobachten war. Selbst das noch im 15. Jahrhundert gelegentlich belegte wann kommt nicht nur in negativen, sondern, wie oben dargestellt, ganz überwiegend in positiven Kontexten vor, wie u. a. die Korpusbelege in (241), (242), (243) und (245) zeigen. In anderen Worten, wo wann noch vorkommt, hat es seine NPI-Eigenschaft verloren, wie dies auch schon ansatzweise in einigen mittelhochdeutschen Texten zu beobachten war, vgl. Kap. 3.1. Laut DWB (27: 2846) kommt komparativisches weder nur im Schwäbischen bzw. Alemannischen auch unter Negation vor, wäre also ansonsten distributionell beschränkt auf positive Kontexte, d. h. ein positives Polartitätselement (PPI). Der Korpusbeleg in (246) weist jedoch nach, dass bereits im 16. Jahrhundert auch in anderen Dialektgebieten, hier dem Bairischen, weder ebenfalls unter Negation gebraucht wurde, nicht nur in positiven Kontexten wie in (247), so dass auch diese Komparativpartikel nicht polaritätssensitiv zu sein scheint.

Form NP, vgl. (130) und (132), aber auch PP, vgl. (131), was laut Friedlis Zugänglichkeitshierarchie (s. u. Kap. 6.1, (505)) auf NP folgt. 174 In ähnlicher Weise durchläuft auch das in den schweizerdeutschen Dialekten im Zuge rezenten Sprachwandels zuerst in NP-Phrasenvergleichen und nicht zuerst nur in Satzvergleichen auftretende komparativische wie nicht erst eine Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel, wie wie im Mittel- und Frühneuhochdeutschen, sondern wird als bereits voll grammatikalisierte Vergleichspartikel aus den Nachbardialekten übernommen, was die Unterschiede in der Art der ersten Auftretenskontexte erklärt.

4.1 Komparative im Frühneuhochdeutschen

165

Im ausgewerteten frühneuhochdeutschen Korpus kommen wie im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen in Komparativvergleichen keine komplexen Vergleichspartikeln in der Art von als wie vor. Es sind aber mit Komparativpartikeln eingeleitete komplexe Vergleichssätze mit (elliptisch verkürzter) CPVerschachtelung belegt,175 z. B. Verschachtelungen eines Komparativvergleichs mit temporalem oder konditionalem Adverbialsatz, dass-Satz oder freiem Relativsatz wie in (250) bis (254), aber auch Kombinationen von Komparativvergleich und hypothetischem Vergleich wie in (255) oder Komparativ- und Äquativvergleich wie in (256) bis (258). Hier ergeben sich entsprechend die Abfolgen dann do, dann/denn das, wann das, dann der/was, wann ob, dann als ob, wann als, dann wie und auch als wie, bei denen die beiden Bestandteile aber keinen zusammengehörigen Vergleichsanschluss darstellen und folglich auch nicht als Evidenz für eine etwaige komplexe linke Satzperipherie in Vergleichssätzen herangezogen werden können.176 (250)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + temporaler Adverbialsatz: sagt es were jm nie baß gewaͤsen [dann [do er jm houpt also verirret]]. ‚sagt, es wäre ihm nie besser gegangen, als als er im Kopf so verwirrt war.‘ (LLav 13r, 29 f.)

(251)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + konditionaler Adverbialsatz: darby du groͤssern willen mercken můst. [wann [ob du mich darumb gebeten hettest.]] ‚wobei du eine größeren Willen bemerken musst, als wenn du mich darum gebeten hättest‘ (Neid 33, 12–14)

175 Alternativ analysierbar als bloße Vergleichspartikel und CP. 176 Die sich durch Verschachtelung von Äquativ- und Komparativvergleich ergebende Abfolge als wie könnte als Ausgangspunkt für die heute noch dialektal und umgangssprachlich verbreitete Partikel als wie angesehen werden (vgl. Lerch 1942: 347 zu komparativischem als wie). Diese Hypothese erweist sich jedoch als unplausibel, da die sich ebenfalls durch Verschachtelung von Komparativvergleich und Äquativvergleich ergebenden Abfolgen wann als und dann wie, vgl. (256) und (257), nicht in ähnlicher Weise grammatikalisiert worden sind. Vielmehr spricht alles dafür, dass die komplexe Vergleichspartikel als wie das Resultat einer auch sonst häufig belegten Reanalyse der Abfolge Korrelat + Äquativpartikel zur neuen Äquativpartikel ist und das in Kombinationen aus Komparativ und Äquativ auftretende als wie allenfalls verstärkend gewirkt haben kann, s. u. Kap. 5.2.

166

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(252)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + dass-Satz: Derhalben ist von noͤten / das man einen grossen mut fasse / ehe leib vnd leben lasse / vnd ehe alle Welt zum feind habe / [denn [das man vom wort wolt abweichen]] ‚Deshalb ist es nötig, dass man einen großen Mut fasse und eher Leib und Leben lasse und eher alle Welt zum Feind habe, als dass man vom Wort abweichen wolle.‘ (VDiet 21v, 33–35)

(253)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + dass-Satz: Merck er spricht verstetigt und erlyden. das ist mer [wann [das er spraͤche. mainst ob ich als stet sy und ob ichs lyden müg.]] ‚Merke, er spricht „verstetigt“ und „erleiden“. Das ist mehr, als dass er spräche: „Meinst du, ob ich so stetig sei und ob ich es ertragen kann.“‘ (Neid 41, 3 f.)

(254)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + freier Relativsatz: Wann got lonet […] in […] sunderlichen weyßen. die nymant erkennet [dan [der sie befindet]] ‚denn Gott belohnt auf sonderliche Weisen, die niemand erkennt, als der, der sie erfährt‘ (Taul 12v A, 14–18)

(255)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + hypothet. Vergleich: sye in jr kam-er geschlichen / vnd habe sich nit anderst gstelt [dann [als ob er ein geist oder seel were]] ‚sei in ihre Kammer geschlichen und habe sich nicht anders gestellt, als (so) als ob er ein Geist oder eine Seele wäre.‘ (LLav 34r, 1–3)

(256)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + Äquativ: Er belybt auch nit lenger uß [wann [als die zyt begeret die jungkfrawen zeswechen.]] ‚Er bleibt auch nicht länger aus als (solange), wie die Zeit verlangt, die Jungfrau zu schänden.‘ (Neid 42, 7 f.)

(257)

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + Äquativ: wan seine worter nit anders / [dan [wie obgemelt]] / zuuerstehen gewesen weren. ‚weil seine Worte nicht anders als (so), wie oben erwähnt, zu verstehen gewesen wären‘ (JGrop 13r, 7 f.)

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

(258)

167

Komplexer Vergleichssatz Komparativ + Äquativ: Nun mag niemandts hieran zweifelen das Manna habe des Herren leib bezeichent / nit so eigentlich / [wie er den selben vor vns am Creütz vffgeopffert/] [als [wie er vns den zur speiß verheissen / vnnd in der Eucharisti geben hat]]. ‚Nun kann niemand hieran zweifeln, dass das Manna den Leib des Herrn bezeichnet, (aber) nicht wirklich so, wie er denselben für uns am Kreuz aufgeopfert hat, als (vielmehr), wie er ihn uns zur Speise verheißen und in der Eucharistie gegeben hat.‘ (JGrop 10r, 25–29)

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in den Komparativvergleichen im 15. Jahrhundert noch ein dem Mittelhochdeutschen vergleichbarer Sprachstand vorherrschte und dann im 16. Jahrhundert erst ganz allmählich und noch nicht flächendeckend der Wandel von komparativischem dann/denn zu als einsetzt. Insgesamt überwiegt noch im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts bei Weitem der seit dem Althochdeutschen das Hauptmuster bildende Anschluss des Vergleichsstandards mit dann/denn in Komparativvergleichen.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen In den Äquativvergleichen ist im Lauf des Frühneuhochdeutschen ein radikaler Wandel der Vergleichspartikel zu beobachten. Nachdem im Mittelhochdeutschen nur vereinzelte Äquativvergleiche mit dem erst am Beginn der Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel stehenden wie belegt sind, erfolgt im Verlauf des Frühneuhochdeutschen die weitgehende Ersetzung der Äquativpartikel als durch wie. Zu Beginn der frühneuhochdeutschen Sprachstufe besteht jedoch wie schon bei den Komparativen, so auch bei den Äquativen eine zeitlang in etwa der mittelhochdeutsche Sprachstand fort. Dies belegen die Ergebnisse der Auswertung der Korpustexte aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Äquativvergleiche werden hier mit so, häufiger mit der mit ursprünglich adverbialem al- (‚ganz‘) vestärkten Form also/als eingeleitet, vgl. (259) bis (261), s. auch Ebert et al. (1993: 478), FWB (1: 856; 1: 843 f., 345 f.). Wie in (262) folgt die Äquativpartikel als gelegentlich unmittelbar auf das (prädikative oder adverbiale) Adjektiv gleich, woraus sich im 16. und 17. Jahrhundert eine neue komplexe Vergleichspartikel gleich als bildet. Die Belege des 15. Jahrhunderts sind bezüglich der Stellung von gleich vielfach ambig: gleich könnte jeweils noch Matrixsatzelement sein, sodass gleich und als durch eine Satzgrenze getrennt sind, oder es könnte bereits Teil des Vergleichsanschlusses sein, vgl. (262). Es

168

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

findet sich noch kein etwa aufgrund von Interpunktion eher für gleich als Teil der Vergleichseinleitung sprechender Beleg. In analoger Weise zu gleich als kommt auch recht als vor, was jedoch teilweise bereits durch Interpunktion vom Matrixsatz abgetrennt und damit ggf. bereits zu einer komplexen Vergleichseinleitung geworden ist, vgl. (263) (vgl. auch die englische Entsprechung just as). Seltener sind wie im Korpusbeleg (264) Äquativvergleiche mit dem im untersuchten Korpus erstmals im Frühneuhochdeutschen eindeutig als Äquativpartikel belegten wie zu finden. In frühneuhochdeutschen Belegen wie (264) ist bezüglich des Äquativanschlusses bereits der heutige standarddeutsche Sprachstand erreicht.177 Ebenfalls selten sind im 15. Jahrhundert Äquative ohne Äquativpartikel wie in (265) (v. a. ‚so fern/weit/viel‘ etc.), wobei diese Konstruktionen teilweise wieder wie in analogen Fällen im Alt- und Mittelhochdeutschen, vgl. Kap. 2.2 und 3.2, auf dem Weg der Grammatikalisierung zu neuen Nebensatzeinleitungen sind, vgl. auch DWB (1: 253, 16: 1376 f.), FWB (1: 849– 852). In einem Fall im untersuchten Korpus – dem in (266) angegebenen Beleg – wird das sonst nur als Komparativpartikel in Vergleichen vorkommende wann äquativisch gebraucht. Die Tabelle (267) gibt eine Übersicht über die Häufigkeit der verschiedenen Vergleichsanschlusstypen in den Äquativvergleichen im 15. Jahrhundert, die Karte in (268) zeigt die räumliche Verteilung. (Gleich als und recht als sind jeweils unter als subsumiert.)178 (259)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit so: dat is die sele. welche in yr hait drij krefft / die doch eyn is in de wesen. so ouch got is eyn in dem wesen ind drijveldich in der persoin. ‚… das ist die Seele, welche in sich drei Kräfte hat (und) die dennoch eins ist im Wesen, wie auch Gott eins ist im Wesen und dreifaltig in der Person.‘ (Koel 7r, 30 f.)

177 Laut Feldmann (1901: 39) beginnt die allmähliche Ersetzung von als durch wie, der „Kampf der beiden Wörtlein“, bereits Mitte des 14. Jahrhunderts im parenthetischen Gebrauch (z. B. als/ wie geschrieben steht etc. – hier mit unter die Nicht-Grad-Äquative gerechnet), etwa bei Heinrich Seuse und Johann Tauler, und in Grad-Äquativen in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. 178 Im Einzelnen finden sich für gleich als zwei Belege in HKot und ein Beleg in Koelh (hier allerdings gelych noch Teil des Matrixsatzes, zusätzlich 1 mal nicht adjazentes gelijch … as), für recht als vier Belege in Taul. Einer der so-Belege in Koel weist quasi-kausales sodan auf, d. h. eine Kombination der Äquativpartikel so mit der Modalpartikel dann/denn, vgl. späteres quasi-kausales wie dann/denn (auch) mit der neuen Äquativpartikel wie im Korpus des 16. und 17. Jahrhunderts.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

169

(260)

Äquativ (Grad-Äquativ, mit Korrelat also) mit als: … daz ich das tuen solt, wann die gelegenhait nymant also wol wesset als ich ‚… dass ich das tun würde, denn niemand wüsste die Gelegenheit so gut wie ich‘ (HKot 13, 37)

(261)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als: So hieten vns Die Veint zu kraisz vmbgeben, als her Dauiden in der stat Zeilla. ‚So hatten uns die Feinde eingekreist wie David in der Stadt Zeilla.‘ (HKot 29, 33 f.)

(262)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleich + als: der was mit taufnam genant gleich als er ‚… der hieß mit Taufnamen (gleich) wie er‘ (HKot 15, 30)

(263)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit recht + als: Wann der man ein inwendig werck sal wircken so muß er alle creffte intzyhen. recht als in einen winckel der sele. vnd sich vorbergen vor allen bilden vnd formen. vnn aldo magk er wircken ‚Wenn der Mensch ein inneres Werk vollbringen soll, so muss er alle Kräfte zusammenziehen (recht) wie in einen Winkel der Seele und sich verbergen vor allen Abbildern und Formen, und dann kann er wirken.‘ (Taul 16r A, 26–32)

(264)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: Vnd do Adam wacker wart. braicht got dye vrauwe vur Adam dat he yr ouch eynen namen geue wye anderen creaturen ‚Und als Adam wach wurde, brachte Gott die Frau zu Adam, damit er ihr auch einen Namen gäbe, wie anderen Kreaturen.‘ (Koel 8r, 29–31)

(265)

Äquativ (Grad-Äquativ) ohne Vergleichspartikel: Wan also vil got edeler ist dan alle creatur. also vil ist dz werck gots edeler dan das mein. ‚Denn so viel wie Gott edler ist als alle Kreaturen, so viel ist das Werk Gottes edler als das Meinige.‘ (Taul 16v A, 20–22)179

179 Belege dieser Art kann man analog zu den Subkomparativen (Beck et al. 2004, vgl. Fußn. 5) als Subäquative bezeichnen.

170

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(266)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wann: Als ob er wunderte das ain mensch so listig solt sein wann das ander. ‚Als ob er sich wunderte, dass ein Mensch so listig sein sollte wie der andere.‘ (Neid 44, 21 f.)

(267)

Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500

Text

Zeit

Dialekt (Ort)

so

als

wie

Sonstiges

HKot

1445–1452

Bairisch (Wien)

1 (2 %)

45 (92 %)

0 (0 %)

3 ohne Vgl.part. (6 %)

Neid

1486

Schwäbisch (Ulm)

2 (2 %)

94 (89 %)

4 (4 %)

4 ohne Vgl.part., 1 wann (5 %)

Taul

1498

OSächs. (Leipzig)

0 (0 %)

45 (96 %)

0 (0 %)

2 ohne Vgl.part. (4 %)

Koel

1499

Ripuarisch (Köln)

4 (5 %)

66 (92 %)

2 (3 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

2%

92 %

2%

4%

Summe (273)

7 250 (2,5 %) (91,5 %)

6 (2 %)

10 (4 %)

Wie schon im Mittelhochdeutschen überwiegt in den Äquativvergleichen des 15. Jahrhunderts Vergleichsanschluss mit als. Im untersuchten Korpus liegt der Anteil im Durchschnitt bei über 90 Prozent. Dies stellt nochmals einen Anstieg gegenüber dem Mittelhochdeutschen dar, wo etwa drei Viertel aller Äquativvergleiche mit als(o) angeschlossen wurden. Andere Muster werden im 15. Jahrhundert kaum verwendet: Die seit dem Althochdeutschen übliche Äquativpartikel so überlebt bis ins Frühneuhochdeutsche hinein, ist aber mit durchschnittlich etwa zwei Prozent nur noch marginal belegt. Genauso selten ist die neue Äquativpartikel wie, die zudem nur in der Hälfte der Texte überhaupt vorkommt. In reichlich drei Prozent der Fälle sind Äquativvergleiche ohne Vergleichspartikel belegt, die in drei der vier Texte vorkommen. Nur im „Eunuchus“ von Neidhart kommt, wie erwähnt, in einem vereinzelten Beleg äquativisches wann vor und damit im Gesamtdurchschnitt deutlich unter einem Prozent. Insgesamt zeigen die untersuchten Texte ein recht einheitliches Bild bezüglich der Äquativvergleiche im Gegensatz zu den Komparativvergleichen, wo sich ein Text, nämlich Neidharts „Eunuchus“, durch sehr häufiges kompara-

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

(268)

Karte Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500

171

172

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

tivisches wann deutlich von den anderen Texten unterschied, vgl. Tabelle (225). Hier enthält er immerhin als einziger Text sogar äquativisches wann. Das quantitative Ergebnis der Korpusuntersuchung bestätigt die auf den Angaben im DWB beruhende Aussage in Ebert et al. (1993: 478), dass im 14. und 15. Jahrhundert praktisch nur als in Äquativen vorkomme. Erwähnt werden darüber hinaus seit dem 15. Jahrhundert auch wie sowie das seltenere, im hier untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts nicht mehr belegte sam, vgl. FWB (1: 849) mit einem Phrasenvergleich mit alsam aus dem 14. Jahrhundert. Wie oben erwähnt tritt die Äquativpartikel als gelegentlich adjazent zum Adjektiv gleich auf, vgl. (262) und (269). Dies ist jedoch nur sehr selten, nämlich in insgesamt drei Äquativvergleichen bei Helene Kottanerin und Koelhoff (sowie einem hypothetischen Vergleich in Koelhoff) der Fall, die in Tabelle (267) mit unter Vergleichsanschluss mit als subsumiert sind. Diese Fälle sind, wie dargestellt, potenziell ambig bezüglich der Position von gleich. Man kann jedoch davon ausgehen, dass gleich noch als matrixinternes Bezugselement anzusehen ist. Es finden sich keine Belege, in denen gleich eindeutig bereits Teil des Vergleichsanschlusses ist. Dagegen gibt es mehrere Fällen (je einmal bei Koehlhoff und Neidhart, sowie einmal mit nominalisiertem ‚das Gleiche‘ bei Helene Kottanerin), in denen gleich und als nicht adjazent stehen, wie in (270) (‚gleich‘ eindeutig matrixintern). Die erwähnten Fälle mit adjazentem gleich als und später auch gleich wie bilden den Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung von gleich als und gleich wie/gleichwie zur komplexen Vergleichspartikel im 16. und 17. Jh. analog zum ahd. samaso/mhd. sam (vgl. auch Nl. gelijk, Engl. like, Norw. like, Schwed. lika, Dän. lige så).180 Ursprünglich stellt die Adjektivphrase mit dem syntaktischen Kopf gleich, in der der mit als angeschlossene Vergleichsstandard eingebettet ist, einen Teil des Matrixsatzes, beispielsweise ein Prädikativ oder Adverbial, dar. Diese Struktur wird so reanalysiert, dass der Vergleichsstandard selbst die Funktion des Prädikativs, Adverbials etc. zum Matrixsatz übernimmt und gleich als Teil der Einleitung des Vergleichsstandards aufgefasst wird: in (269) etwa ‚die sind gleich [wie leuchtende Fackeln]‘ zu ‚die sind [gleich-wie leuchtende Fackeln]‘ im Sinn von ‚die sind [wie leuchtende Fackeln]‘, d. h. das eigentliche matrixinterne Bezugselement zum Vergleichsstandard wird als Teil des Letzteren reanalysiert und der Vergleichsstandard übernimmt die syntaktische Funktion, die ursprünglich die vom Bezugselement projizierte Phrase inne hatte (vgl. zur Bildung neuer Äquativpartikeln durch Verstärkung mit ei-

180 Vgl. die entsprechenden Korpusbelege des 16. und 17. Jahrhunderts in (284) und (389) (analog später auch gleichwie s. Korpusbelege (285) und (390), vgl. FWB (6: 2300) gleich als(o)/ so/wie ‚genau so, ebenso, wie‘, Weiterbildung: gleichwie).

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

173

nem ursprünglich matrixinternen Element Kap. 2.2 und 7.2, sowie zu parallelen Grammatikalisierungstendenzen in Relativsätzen Kap. 8.3). (269)

Äquativ mit adjazentem gleich + als: Sunder dye historien synt gelych als luchtende fackelen ‚Sondern die Historien sind (gleich) wie leuchtende Fackeln.‘ (Koel 2v, 7)

(270)

Äquativ mit nicht-adjazentem gleich … als: dat deyl der wasser dat bouen dem firmament is in dem die sternen staint / wirt genant d’ hemel der gelijch is as eyn cristal. ‚Der Teil des Wassers, der über dem Firmament ist, in dem die Sterne stehen, wird der Himmel genannt, der (gleich) wie ein Kristall ist.‘ (Koel 7r, 8–10)181

Ähnlich gelagert sind darüber hinaus Belege mit attributivem gleich als Teil der Präpositionalphrase ‚in/zu gleicher Weise‘, vgl. (271), die ebenfalls Anzeichen beginnender Grammatikalisierung zeigen.182 So ist die Univerbierung zeglych/ zegleich bei Neidhart sowie gelijcherwijss in einem hypothetischen Vergleich bei Koelhoff (s. u. Kap. 4.3) belegt; vgl. auch FWB (5: 2320): Adverb ‚ebenso, in gleicher Weise‘ z. B. dann zu gleicherweis wie das mer alle fluß verschluckt, […] – also ist es auch umb die gotlosen. (Goldammer, Paracelsus 5, 177, 19 – 1530). Zu gleicherweis bzw. gelijcherwijs etc. entsprechen in grammatikalisierter Form semantisch dem Korrelat ‚so‘ und können, wie bei Korrelaten häufig zu beobachten, im Verlauf der Entwicklung zum Teil des Äquativanschlusses reanalysiert werden. (271)

Äquativ mit gleich attributiv zu Weise + als: Zegleicher weiß als so man bonen stoͤst der moͤrser all stoͤß můß enpfahen. allso wie wol du zestraffen werest umb die grossen missetat so můß ich doch die stoͤß und sleg für dich leiden. ‚So (/in der Weise) wie, wenn man Knochen zerstößt, der Mörser alle Stöße ertragen muss, ebenso: obwohl du zu strafen wärest wegen der

181 Vgl. nicht-adjazentes glych … als Neid 14, 2; nicht-adjazentes, nominalisiertes ‚das Gleiche‘ HKot 18, 37–39. 182 In Neidharts „Eunuchus“ finden sich in Äquativvergleichen zwei derartige Belege (zeglycher wys/zegleicher weiß), zudem in einem hypothetischen Vergleich, s. u. (in gleicher weise als), bei Tauler einmal (tzu gleicher weiß als, daneben ähnlich ohne gleich: in aller (der) weiße als), bei Koelhoff einmal in einem hypothetischen Vergleich, s. u. (gelijcherwijss als).

174

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

großen Vergehen, so muss doch ich die Stöße und Schläge für dich erleiden.‘ (Neid 68, 16–19) In der obersächsischen Version von Taulers „Sermon“ ist im ausgewerteten Korpus des 15. Jahrhunderts in vier Fällen zudem die zu gleich als analoge Kombination recht als belegt, vgl. (272).183 Hier ist, wie oben angedeutet, die entsprechende Reanalyse in der in (273) angegebenen Weise ggf. schon erfolgt, da recht als durch Interpunktion vom vorausgehenden Syntagma abgetrennt wird. (272)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit recht + als: Wann der man ein inwendig werck sal wircken so muß er alle creffte intzyhen. recht als in einen winckel der sele. vnd sich vorbergen vor allen bilden vnd formen. vn̄ aldo magk er wircken ‚Wenn der Mensch ein inneres Werk vollbringen soll, so muss er alle Kräfte zusammenziehen (recht) wie in einen Winkel der Seele und sich verbergen vor allen Abbildern und Formen, und dann kann er wirken.‘ (Taul 16r A, 26–32)

(273)

[… recht [als …]] > [… [recht als …]]

Bei den im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts enthaltenen neun Belegen mit Äquativvergleich ohne Vergleichspartikel handelt es sich fast immer184 um Grad-Äquative mit einem räumliches, mengenmäßiges oder zeitliches Maß bezeichnenden Adjektiv als Tertium Comparationis (v. a. ‚bald‘ und ‚viel‘, daneben ‚weit‘, ‚lang‘, ‚fern‘). Wegfall der Äquativpartikel ist hier bereits im Alt- und Mittelhochdeutschen zu beobachten, vgl. auch Behaghel (1923–32, III: 274 f.), DWB (1: 253, 16: 1376 f.), FWB (1: 849–852). Teilweise zeigen diese Konstruktionen wie auch in früheren Sprachstufen Ansätze zur Grammatikalisierung von Tertium Comparationis und Äquativpartikel zu nebensatzeinleitenden Elementen. In vielen Fällen existieren im heutigen Deutschen entsprechende subordinierende Konjunktionen (sobald, soweit etc.). Insofern können diese Belege nur bedingt als reguläre Äquativkonstruktionen betrachtet werden. Es finden sich andererseits aber auch parallele Belege mit vorhandener Äquativpartikel. In syntaktischer Hinsicht sowie bezüglich des Syntax-Semantik-Mappings auffällig sind darüber hinaus im heutigen Deutschen nicht mehr mögliche

183 Vgl. im 16. Jahrhundert schlecht und recht wie (5 Belege in JGrop). 184 In acht von neun Fällen, Ausnahme: treib von ir so fast du macht (Neid 40, 10).

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

175

Äquativkonstruktionen, wie sie auch bereits im Alt- und Mittelhochdeutschen belegt sind (vgl. Kap. 2.2, Bsp. (69), Kap. 3.2, Bsp. (196) f.), in denen das Tertium Comparationis nicht im Matrixsatz, sondern innerhalb des Vergleichsstandards auftritt und zudem im Superlativ und nicht im Positiv steht. Trotz fehlenden Tertium Comparationis in der Matrix sind diese Fälle nicht zu den NichtGrad-Äquativen zu rechnen, sondern semantisch klar als Grad-Äquative anzusehen. Im 15. Jahrhundert sind vier Äquativvergleiche im Text von Helene Kottanerin nach diesem besonderen syntaktischen Muster gebildet. Auffällig ist, dass, wie auch im Alt- und Mittelhochdeutschen, jeweils ein Modalverb mit der Bedeutung ‚können/vermögen‘ im Vergleichsstandard vorkommt (vgl. engl. as best I could).

(274)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: vnd redat ir das aus den augen, als ich pest kuͤnd ‚und redete ihr das aus (den Augen) so gut, wie ich nur konnte.‘ (wörtl.: wie ich am besten konnte) (HKot 17, 21 f.)

(275)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: stuend ich frue auf vnd padat den edelen kung vnd richtat in zu, als ich pest mocht. ‚stand ich früh auf und badete den edlen König und richtete ihn her so gut, wie ich nur konnte.‘ (wörtl.: wie ich am besten konnte) (HKot 26, 22 f.)

(276)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: Kottannerinn huett wol, ainen Kung von Vngern vnd ainen Kung von Behem vnd ainen Herczogen von Osterreich Vnd ainen Markgrafen von Mërhern ,Das habt ir da alles bey einander.‘ Da antburt ich im vnd sprach: „Herr das ist wol, ich huͤett als ich pest mag.“ ‚„Kottanerin, pass gut auf: einen König von Ungarn und einen König von Böhmen und einen Herzog von Österreich und einen Markgrafen von Mähren, das habt ihr hier alles beieinander.“ Da antwortete ich ihm und sagte: „Herr, es ist gut, ich passe auf so gut, wie ich nur kann.“‘ (wörtl.: wie ich am besten kann) (HKot 21, 34–37)

176 (277)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Äquativ (Grad-Äquativ) mit superlativischem Adjektiv im Vergleichsstandard: wir wolten in verrer tragen.“ Da sprach ich: „Ich rat sein auch nicht, daz wir alhie beleiben, Wier wellen in tragen, so wir verrist muegen, Vncz daz wir komen, daz wir sicher sein.“ ‚wir wollten ihn weiter weg tragen. Da sagte ich: „Ich rate auch nicht dazu, dass wir hier bleiben. Wir wollen ihn tragen so weit, wie wir nur können (wörtl.: wie wir am fernsten können), bis wir irgendwohin kommen, wo wir sicher sind.“‘ (HKot 34, 7–9)

In Tabelle (278) ist die Verteilung der verschiedenen Arten des Vergleichsanschlusses im 15. Jahrhundert noch einmal nach den beiden Hauptarten der Äquative, Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, mithin nach dem Merkmal [± Gradsemantik], aufgeschlüsselt. Die räumliche Verteilung verdeutlicht Karte (279), in der am jeweiligen Ortspunkt links die Anteile in den Grad-Äquativen und rechts in den Nicht-Grad-Äquativen als Diagramm eingetragen sind. (278)

Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

Text (Jahr)

Dialekt (Ort)

HKot (1445– 1452)

Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

so

als

wie

Sonst.

so

als

Bair. (Wien)

1 (11 %)

5 (56 %)

0 (0 %)

3 ohne Vgl.part. (33 %)

0 (0 %)

40 0 (100 %) (0 %)

0 (0 %)

Neid (1486)

Schwäb. (Ulm)

0 (0 %)

13 (72 %)

0 (0 %)

4 ohne Vgl.part., 1 wann (28 %)

2 (2 %)

81 (93 %)

4 (5 %)

0 (0 %)

Taul (1498)

Osächs. (Leipzig)

0 (0 %)

13 (87 %)

0 (0 %)

2 ohne Vgl.part. (13 %)

0 (0 %)

32 0 (100 %) (0 %)

0 (0 %)

Koel (1499)

Ripuar. (Köln)

0 (0 %)

5 0 (100 %) (0 %)

0 (0 %)

4 (6 %)

61 (91 %)

2 (3 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

3%

79 %

0%

18 %

2%

96 %

2%

0%

Summe

1 (2 %)

36 (77 %)

0 (0 %)

10 (21 %)

6 214 (2,5 %) (95 %)

wie

Sonst.

6 0 (2,5 %) (0 %)

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

(279)

Karte Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1450–1500: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

177

178

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

In beiden Äquativarten überwiegt jeweils ganz deutlich als. Diese Partikel hat sich damit im Vergleich zum Mittelhochdeutschen nun auch in den Grad-Äquativen schon weitgehend durchgesetzt. Dadurch fällt der Kontrast zwischen beiden Äquativarten geringer aus als im Mittelhochdeutschen, wo das damals neue als(o) überwiegend in den Nicht-Grad-Äquativen verwendet wurde, wohingegen in den Grad-Äquativen noch zumeist die alte, schon im Althochdeutschen belegte Äquativpartikel so gebraucht wurde, vgl. zum Mittelhochdeutschen die Tabelle in (198) und die Karte in (199). (Der Kontrast ist noch geringer, wenn man die ggf. schon auf dem Weg zur Gramatikalisierung befindlichen Grad-Äquative ohne Vergleichspartikel nicht zu den Äquativvergleichen im engen Sinn dazurechnet, wodurch sich der relative Anteil von als in den Grad-Äquativen erhöht.) So ist mit zwei bis drei Prozent im 15. Jahrhundert in Grad-Äquativen wie Nicht-Grad-Äquativen gleichermaßen selten geworden. Was der Vergleich der beiden Haupttypen von Äquativen jedoch wiederum zu Tage bringt: die neu aufkommende Äquativpartikel – im Frühneuhochdeutschen nun die Partikel wie – ist zuerst ausschließlich in Nicht-Grad-Äquativen belegt. Erneut geht also die Neuerung von den Nicht-Grad-Äquativen aus. Wie ist aber mit durchschnittlich zwei Prozent selbst in den Nicht-Grad-Äquativen im 15. Jahrhundert noch extrem selten (genau wie mittlerweile das alte äquativische so) und ist nur in der Hälfte der untersuchten Texte überhaupt belegt. 100 Jahre später wandelt sich das Bild bezüglich der relativen Anteile der Äquativeinleitungen grundlegend, wie die Korpusuntersuchung zum Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts aufzeigt. Die grundsätzlich möglichen Muster des Vergleichsanschlusses selbst ändern sich dabei praktisch nicht: weiterhin kommen Äquativvergleiche mit als, so, wie und ohne Vergleichspartikel vor, wie die Korpusbelege in (280) bis (283) illustrieren. (280)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als und Korrelat so: So lange er dem wort des Herrn trawet / helt das Meer so fest als ein maur / ‚So lange er dem Wort des Herrn vertraut, hält das Meer so fest wie eine Mauer.‘ (VDiet 23r, 21 f.)

(281)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit so und nachfolgendem Korrelat so: Denn so Christus jr ist / er hat sich jr angenommen / so muß die tauff auch jr sein. ‚Denn wie Christus der ihre ist − er hat sich ihrer angenommen −, so muss auch die Taufe die ihre sein.‘ (VDiet 25r, 45–25v, 1)

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

179

(282)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie und Korrelat also: Darumb sie auch also schmehlich vnd Gotteslesterlich / wie die Mahometisten vom Abendmal des HERRN […] gedencken vnd reden. ‚weshalb sie auch so schmählich und gotteslästerlich wie die Mohamedaner vom Abendmahl des Herrn […] denken und reden‘ (JMath 51v, 16–20)

(283)

Äquativ (Grad-Äquativ) ohne Vergleichspartikel, mit Korrelat als: Jst ein sehr schoͤne predig / in welcher der HERR Jesus seine Juͤnger erstlich warnet / wie sie jr predigampt on fahr / creutz vnd leiden / nit werden koͤnnen außrichten / eben als wenig __ ein Schafe/ on fahr / vnter den Woelffen sein kan. ‚Es ist eine sehr schöne Predigt, in welcher der Herr Jesus seine Jünger ernsthaft warnt, dass sie ihr Predigeramt nicht ohne Gefahr, Kreuz und Leiden werden ausrichten können, genau so wenig, wie ein Schaf ohne Gefahr unter den Wölfen sein kann.‘ (VDiet 19r, 21–24)185

Wie bereits im Korpus des 15. Jahrhunderts tritt auch im 16. Jahrhundert als in Kombination mit vorausgehendem gleich auf, vgl. (284). Die Interpunktion in dem mit unter die Fälle von Äquativanschluss mit als gezählten entsprechenden Beleg deutet aber im Gegensatz zu den Belegen des 15. Jahrhunderts auf ggf. schon erfolgte Reanalyse zur komplexen Äquativeinleitung hin: Gleich ist vom vorausgehenden Matrixsatz durch Virgel abgetrennt und also deutlich nicht mehr Bestandteil desselben. (284)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleich als: Dieser Ninus lies ein Ehrin Bild machen / vff seines Vaters Grab gar koͤstlich / das Ehret er / wenn er fuͤr vbergieng / gleich als seinen Vater ‚Dieser Ninus ließ ein eisernes, sehr schönes Bildnis auf dem Grab seines Vaters machen, das er, wenn er vorüberging, (genau) wie seinen Vater ehrte.‘ (JBang 3r, 11–13)

In ähnlicher Weise ist die neue Äquativpartikel wie gelegentlich in der Kombination gleich wie, bezeichnenderweise z. T. auch zusammengeschrieben als gleichwie, seltener auch eben wie belegt, wie die Korpusbelege in (285) und (286) illustrieren. (Diese Fälle sind in der Auswertung mit unter die Äquativkonstruktionen mit wie subsumiert.)186 185 Hier zudem wie als bloß subordinierende Konjunktion ‚dass’, s. Kap. 7.3.3. 186 Insgesamt sechs Belege mit gleich wie, zwei mit eben wie.

180

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(285)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleichwie: weil er sie / mit seinen Schloͤssern und Vestungen / gleichwie die Fische mit Netzen und Reussen / umzogen haͤtte. ‚weil er sie mit seinen Schlössern und Festungen wie Fische mit Netzen uns Reusen umzogen hatte‘ (SBirk 64 B, 6–9)

(286)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit eben wie: Das ist je ein gewisse anzeigung / das vnsere getauffte kindlein / eben wie jene beschnittene / Gott gefallen / in sein reich gehoͤren / vnnd ein rechten glauben haben. ‚Das ist ein sicheres Zeichen, dass unsere getauften Kinder (genau) wie jene beschnittenen Gott gefallen, in sein Reich gehören und einen rechten Glauben haben.‘ (VDiet 26r, 41–43)

Das Vorkommen auch am Satzanfang, die Interpunktion und insbesondere die Zusammenschreibung deuten auf eine einsetzende Grammatikalisierung und damit einhergehende Univerbierung dieser Kombination als neuer Äquativpartikel hin. Bei gleich als und gleichwie liegt ein sehr häufig zu beobachtender Entwicklungspfad vor, nämlich die Reanalyse der Kombination aus Bezugselement im Matrixsatz (hier mit Identitätssemantik: gleich bzw. eben) und der in Nicht-Grad-Äquativen, also solchen ohne intervenierendes Tertium Comparationis, gegebenenfalls dazu adjazenten, den davon abhängigen Vergleichssatz einleitenden Äquativpartikel (als bzw. wie) zu einer neuen Äquativpartikel. Den gleichen Prozess haben wir u. a. bereits in Kap. 2.2 bei althochdeutsch so sama so > samaso (> Mhd. sam(e)) beobachtet, das ja auch semantisch genau gleichwie entspricht: sama ‚gleich‘ + ahd. Äquativpartikel so ‚wie‘. Es liegt also der in Kap. 2.2 unter (70 ii) beschriebene Typ vor (weitere Beispiele zur Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln nach diesem Muster aus der deutschen Sprachgeschichte und anderen Sprachen, s. auch Kap. 7.2).187 (287)

[… gleich [als …]] > [… [gleich als …]]

(288)

[… gleich [wie …]] > [… [gleichwie …]]

187 Kennzeichnend für diesen Grammatikalisierungspfad ebenso wie für andere Fälle der Reanalyse von matrixinternem Element und adjazenter Äquativpartikel zu einer neuen Äquativpartikel ist, dass die entsprechenden Äquativpartikeln (so auch gleich wie und bspw. engl. like) zunächst nur in Nicht-Grad-Äquativen vorkommen, da sie in diesen Kontexten entstehen.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

181

In analoger Weise zum im Korpus des 15. Jahrhunderts belegten recht als, vgl. (263), findet sich im Korpus des 16. Jahrhunderts die neue Äquativpartikel wie mit vorausgehendem recht bzw. schlecht (und recht), vgl. (289) und (290). Die entsprechenden Belege sind hinsichtlich der syntaktischen Position von schlecht (und recht) teilweise ambig, teilweise aber deutet die Interpunktion darauf hin, dass sich diese Elemente noch im Matrixsatz befinden und somit die Reanalyse zur komplexen Vergleichseinleitung noch nicht vollzogen ist. (289)

Nicht-Grad-Äquativ mit korrelatartigem schlecht und recht und Äquativpartikel wie: DAs nuͦ dise wort des Herren schlecht vnn recht / wie sie lauten / nach jrer eygentlicher vnd naturlicher deutung / […]verstandenn werden soͤllen ‚Dass nun diese Worte des Herrn so (wörtl.: schlicht und recht), wie sie lauten, nach ihrer eigentlichen und wörtlichen Bedeutung verstanden werden sollen‘ (JGrop 4r, 8–12)

(290)

Nicht-Grad-Äquativ mit korrelatartigem schlecht und Äquativpartikel wie: das die woͤrter schlecht wie sie lauten müessen verstanden werden. ‚dass die Wörter so (wörtl.: schlicht), wie sie lauten, verstanden werden müssen.‘ (JGrop 6v, 3 f.)

Die neue Äquativpartikel wie ist zudem in einigen wenigen Fällen zusammen mit ebenfalls ursprünglich matrixinternen Bezugselementen belegt, die das Nomen Maß (< ahd. mâʒa, mhd. mâʒe ‚Maß, Menge, Größe, Dimension‘, vgl. Schützeichel 2012: 217; Lexer 1: 2064 f.; BMZ 2: 203b ff.) enthalten, teilweise innerhalb einer Präpositionalphrase: in maßen, dermaß, gleichermaß etc. Ursprünglich ist in diesen Fällen der Vergleich relativsatzartig auf das Nomen ‚Maß‘ bezogen (‚in dem Maß, wie …‘). Bereits im Mittelhochdeutschen werden die entsprechenden Nominalphrasen bzw. Präpositionalphrasen teilweise synonym zum Äquativkorrelat ‚so‘ verwendet: der mâʒe / in (der) mâʒ(e) als ‚so (sehr) wie‘, vgl. BMZ (2: 203b ff.). Ausgehend von der ursprünglich auf der Semantik von ‚Maß‘ beruhenden Gradlesart wurden im Zuge der Grammatikalisierung zu korrelatartigen Elementen und damit einhergehenden Desemantisierung diese Ausdrücke bereits im Mittelhochdeutschen auch im Sinn von ‚so‘ ohne Gradlesart, also eher allgemein modal ‚in der Art und Weise‘, verwendet, vgl. Lexer (1: 2064 f.). Im Frühneuhochdeutschen tritt als Reflex der fortschreitenden Grammatikalisierung vielfach Univerbierung von ‚Maß‘ mit dem Rest der Nominal- oder Präpositionalphrase auf, was sich auch in Zusammenschreibung

182

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

niederschlägt. Dermassen, gleichermassen, in massen etc. werden im Frühneuhochdeutschen regelmäßig synonym zu ‚so‘ im Matrixsatz gebraucht, vgl. korrelatartiges in maß 188 im 15. Jahrhundert im hypothetischen Vergleich s. Kap. 4.3, vgl. auch FWB (8: 115 f.); sowie dermaßen 189 – bis heute korrelatartig ‚so (sehr)‘ noch in der ursprünglichen Gradlesart, vgl. FWB (5: 473) „gelegentlich als Korrelat eines […] Vergleichssatzes“ mit Belegen aus dem 16. Jahrhundert, FWB (6: 2298). Im nächsten Schritt erfolgt auf dieser Grundlage dann teilweise die auch bei sonstigen Korrelaten häufig zu beobachtende Reanalyse in den Nebensatz als Teil des Vergleichsanschlusses. Hier liegt damit eine besondere Form des in Kapitel 2.2 unter (70 i) beschriebenen Typus der Bildung einer neuen komplexen Äquativpartikel durch Verstärkung mit einem Korrelat vor, vgl. auch Kap. 7.2, (599). Der Interpunktion zufolge ist diese Reanalyse im 16. Jahrhundert möglicherweise bereits erfolgt, denn in maßen wie etc. wird regelmäßig durch Virgel vom Matrixsatz abgetrennt. Im Fall von in maßen ist dieser Grammatikalisierungsprozess zur Äquativpartikel später noch weiter fortgesetzt worden: im 17. Jahrhundert finden sich Belege, in denen die eigentliche Äquativpartikel wie weggefallen ist und univerbiertes bloßes inmassen als Äquativpartikel verwendet wird, s. u. Kap. 5.2, die Belege in (393), (437) und (438) sowie die Analyse dieser Grammatikalisierung in (436) (vgl. auch den parallelen Wegfall der eigentlichen Äquativpartikel so bei der Entwicklung von ahd. (so) sama so bzw. so wio so zu sam(e) und (s)wie im Mittelhochdeutschen). (291)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie und Korrelat gleichermaß: … vns hie im sacrament / an die stilsweigend stym vnn predig / der vnentfyndtlichen vnn stummen creaturen weisete / Die gleichermaß / wie seine verheissende wort / zuuorgethan / vns was wir noch zuthuͦn hetten / … ‚… uns hier im Sakrament an die stille Stimme und Predigt der nichtempfindenden und stummen Kreaturen wies, die so (wörtl.: gleichermaßen), wie seine verheißenden Worte zuvor getan, uns das, was wir noch zu tun hätten, …‘ (JGrop 8v, 35–38)

188 In maßen wird auch mit Gradlesart im Sinn von ‚so (sehr), dermaßen‘ mit konsekutiven dassSatz im 16. Jahrhundert gebraucht, vgl. den Korpusbeleg: Do er wid` zů jm selbs kam / schampt er sich siner vngschickten handlung in massen / dz er sich selbs vm-bracht. (LLav 15r, 6–9). 189 Dermaßen ‚so‘ korrelatartig bei SHerb und LRauw, z. B.: Also hat sichs auff ein zeit begeben / da vnser etlich mit Deinander dareingiengen / vnnd vns von den Moren dermassen liessen / wie gemelt / tractieren, verrencket deren einer meinem Gesellen den halß so sehr/ das er den kopff in etlichen tagen nit kundt vmbwenden (LRauw 31, 15–19).

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

183

(292)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit komplexem Vergleichsanschluss bzw. Korrelat in maßen + wie: Derhalb von vnnoͤten ist in dise so Helle Klare wort einichen dunckelen Metaphorischen oder Figurlichen verstandt eynzufüeren / Sonder die selben werden billich wie sie lauten / schlecht vnn recht verstanden / in maßen wie sie der Herr / dem alles moͤglich / vnd des Wort seyn thuͦn ist / geredt hat. ‚… sondern dieselbigen werden mit Recht schlicht so, wie sie lauten, verstanden, so (wörtl.: im Maß), wie sie der Herr, dem alles möglich und dessen Wort die Tat ist, geredet hat.‘ (JGrop 5v, 19–24)

(293)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit komplexem Vergleichsanschluss bzw. Korrelat dermaß + wie: ZVm Funfften / Das diese worter des Herren im Heiligen Abendtmal / dermaß wie obgemelt / notwendigklich verstanden werden müessen ‚Zum Fünften, dass diese Worte des Herrn im heiligen Abendmahl notwendigerweise so, wie oben erwähnt, verstanden werden müssen.‘ (JGrop 7v, 16–18)

Unter den mit wie angeschlossenen Äquativvergleichen findet sich schließlich noch ein weiterer, mehrfach belegter Sondertypus, die Kombination wie dann/ denn (auch) wie in (294).190 Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine in Grammatikalisierung begriffene komplexe Äquativpartikel, sondern eher um eine Kollokation. (In der Auswertung wurden die Fälle mit adjazentem und nicht-adjazentem wie dann (auch) ebenfalls unter die Äquative mit wie subsumiert.) In Kombination mit der Modalpartikel dann/denn nimmt der Äquativvergleich eine quasi-kausale Bedeutung an, wie auch im DWB (29: 1489) vermerkt: „besonders oft dienen zur bekräftigung, erläuternden ausführung, begründung, verallgemeinernde sätze mit wie denn, in älterer sprache auch mit wie dann“. (294)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie dann: Samßtag den 23 Ritten wir biß gen Tusis, einen vralten Flecken den Grawpündtern zugehoͤrig / wellicher von den Alten Tuscis, daher die Rhetier anfaͤngklich inn dise Landsart kommen / den Namen behalten hat / wie dann nicht weit daruon auff einem gar hohen Berg / noch anzaigungen seind des verwuͤsten Schloßes Realt

190 Vgl. im 15. Jahrhundert ein Beleg mit der Äquativpartikel so und Modalpartikel dann univerbiert als sodan.

184

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

‚Samstag, den 23., ritten wir bis Tusis, einem uralten Ort, der den Graubündnern gehört, welcher von den alten Tuscis, woher die Räter ursprünglich in diese Gegend gekommen sind, den Namen hat, wie denn nicht weit von dort auf einem sehr hohen Berg noch Zeichen des verwüsteten Schlosses Realt sind.‘ (LRauw 4, 11–16) (295)

Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als

wie

Sonstiges

JGrop

1556

Ripuar. (Köln)

9 (8 %)

110 (92 %)

0 (0 %)

SHerb

1557

MBair. (Wien)

12 (34 %)

23 (66 %)

0 (0 %)

LLav

1578

OHAlem. (Zürich)

5 (10 %)

47 (90 %)

0 (0 %)

VDiet

1578

OFränk. (Nürnberg)

6 (9 %)

59 (87 %)

1 ohne Vgl.part., 2 so (4 %)

LRauw

1582

Schwäb. (Lauingen)

8 (14 %)

50 (85 %)

1 ohne Vgl.part. (2 %)

JMath

1587

OSächs. (Leipzig)

16 (15 %)

89 (84 %)

1 ohne Vgl.part. (1 %)

JBang

1599

Thür. (Mühlhausen)

3 (13 %)

20 (87 %)

0 (0 %)

WRal

1599

Hess. (Frankfurt)

11 (30 %)

26 (70 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

16 %

83 %

1%

Summe (499)

70 (14 %)

424 (85 %)

5 (1 %)

Der Sprachstand des 16. Jahrhunderts unterscheidet sich bezüglich der relativen Anteile der einzelnen Muster des Vergleichsanschlusses in den Äquativen, wie oben angedeutet, grundlegend von dem des 15. Jahrhunderts. Die Ergebnisse der Korpusauswertung fasst Tabelle (295) zusammen.191 Die geografische Verteilung der in Tabelle (295) wiedergegebenen Korpusergebnisse verdeutlicht die Karte in (296). 191 Das im Frühneuhochdeutschen aufkommende aufzählende und koordinierende als bzw. wie ist hier nicht mit einbezogen, da diese Konstruktionen zwar ursprünglich auf Äquativvergleichen beruhen, aber bereits zu mehr oder minder eigenständigen Konstruktionen grammatikalisiert sind. Sie werden unten separat betrachtet. Gleich als ist in der Tabelle unter als subsu-

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

185

In allen untersuchten Texten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kommt neben als auch schon wie als Äquativpartikel vor. Damit ist der Wandel der Äquativpartikel von als zu wie schon deutlich weiter fortgeschritten als der Wandel der Komparativpartikel von dann/denn zu als im gleichen Zeitraum – in den Komparativkonstruktionen ist die neue Partikel als erst in weniger als der Hälfte der Texte aus dem 16. Jahrhundert überhaupt nachzuweisen, s. Tabelle (231). Und nicht nur das, wie ist als Äquativpartikel durchaus nicht selten belegt, sondern überwiegt vielmehr klar in allen ausgewerteten Texten des 16. Jahrhunderts in den Äquativkonstruktionen: Im Durchschnitt werden über 80 Prozent der Äquativkonstruktionen mit wie eingeleitet (in einzelnen Texten variiert der Anteil von wie von 66 bis über 90 Prozent). Dagegen sinkt der Anteil von äquativischem als auf deutlich unter 20 Prozent (in einzelnen Texten 8 bis 34 Prozent). Dies stellt einen radikalen Wandel im Vergleich zum 15. Jahrhundert dar, wo im Durchschnitt über 90 Prozent der Äquativvergleiche die Partikel als und nur zwei Prozent die Partikel wie aufwiesen, s. Tabelle (267). Im Fall von als ist also innerhalb von 100 Jahren ein Rückgang um durchschnittlich 75 Prozent zu verzeichnen, bei wie ein Anstieg um reichlich 80 Prozent. Die Korpusergebnisse bestätigen die Aussagen im DWB (1: 248 f.) und bei Behaghel (1923–32, III: 300 f.) sowie die im Wesentlichen darauf beruhenden Darstellungen bei Lerch (1942: 345 f.), Dückert (1961: 210, Fußn. 2) und Ebert et al. (1993: 478), die von einem Zurücktreten des äquativischen als gegenüber wie ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sprechen, wobei sich als in Äquativen mit Korrelat teilweise länger halte (dazu s. u.).192 Die Karte in (296) zeigt, dass der weitgehende Wandel in den Äquativen von als zu wie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bereits den gesamten hochdeutschen Sprachraum erfasst hat. Es lässt sich kein deutlicher Nord-Südoder Ost-West-Kontrast innerhalb dieses sprachlichen Großraums ausmachen, so dass sich aufgrund des Raumbildes im 16. Jahrhundert keine klare These über die geografische Herkunft von äquativischem wie aufstellen lässt. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung im äußersten Westen (Ripuarisch), wobei im ebenfalls vergleichsweise weit westlich gelegenen Frankfurt wie im äußersten Südosten die Entwicklung am wenigsten weit fortgeschritten ist.

miert, gleich wie, eben wie, in maßen/dermaß/gleichermaßen wie und wie dann (auch) unter wie. Im Einzelnen finden sich im untersuchten Korpus: gleich als: in JBang 1x; gleich wie: in VDiet 3x, JMath 2x, JBang 1x; eben wie: in VDiet 2x; in maßen/dermaß/gleichermaßen wie: in JGrop 6x; wie dan (auch): in JGrop 8x, SHerb 1x, Llav 2x, VDiet 5x, LRauw 7x, JMath 16x, JBang 3x, WRal 4x. 192 Im DWB (1: 248 f., 29: 1481) sind als früheste Beispiele für die Äquativpartikel wie Belege von Hans Sachs, Agricola, Martin Luther, Paul Gerhardt und Johann Fischart angeführt.

186 (296)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Karte Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

187

Die Tatsache, dass die Entwicklung bei den Äquativpartikeln von als zu wie schon weiter fortgeschritten ist, als zur gleichen Zeit die Entwicklung bei den Komparativpartikeln von dann/denn zu als (hier findet der grundlegende Wandel erst 100 Jahre später statt, s. Kap. 5.1), könnte als Argument dafür gewertet werden, dass es sich um eine Schubentwicklung oder ‚Push-Chain‘ handelt. Das hieße, das in die Äquative eindringende wie hätte das als aus den Äquativen in die Komparativkonstruktionen verdrängt, so wie es auch Grimm (DWB 1: 248 f.) annahm, der sehr bildlich formuliert: „aus einer stelle nach der anderen begann der eindringling wie das alte als zu stoßen“.193 Allerdings ist der Wandel von denn zu als in den Komparativen insgesamt schneller abgeschlossen als der von wie zu als in den Äquativen, wie die Daten aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts zeigen. Diese Tatsache stellt die These der Push-Chain wiederum in Frage (vgl. ausführlich Kap. 7.3.2). Der komplexe Vergleichsanschluss mit gleichwie bzw. seltener eben wie und gleich als ist insgesamt in neun der 499 im Korpus enthaltenen Äquativvergleiche aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts zu finden und macht mithin lediglich 1,6 Prozent aus (vgl. Fußn. 191). Die Kollokation wie dann/denn mit kausaler Bedeutung findet sich in 46 Fällen, d. h. rund neun Prozent der Äquativvergleiche. Andere Möglichkeiten des Äquativanschlusses neben wie und als kommen im untersuchten Korpus aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kaum vor.194 In den Korpustexten von Veit Dietrich und Leonhard Rauwolf ist jeweils in einem Fall ein Äquativvergleich ohne Vergleichspartikel belegt, vgl. Bsp. (283) oben. Dieses Muster wird in der Literatur fürs Frühneuhochdeutsche bislang nicht erwähnt, ist aber auch sonst im historischen Deutschen zu finden, vgl. etwa zum Mittelhochdeutschen Kap. 3.2. Daneben verwendet Veit Dietrich zweimal noch so statt als. Bloßes so als Äquativpartikel, das Hauptmuster des Althochdeutschen, hält sich also im Deutschen bis in die frühneuhochdeutsche Zeit hinein. 193 Vgl. auch Feldmann (1901: 40) „Wir sahen, daß das als ursprünglich nur Gleichheit bezeichnet, dann aus dieser Bedeutung durch das ursprüngliche Fragewort wie verdrängt wird, seinerseits die Bedeutung der Ungleichheit annimmt und denn […] verdrängt.“ 194 Laut DWB (27: 2846) ist im Frühneuhochdeutschen auch die Komparativpartikel weder vereinzelt als Äquativpartikel belegt (vgl. die vereinzelte äquativische Verwendung von danne im Alt- und Mittelhochdeutschen und von wann im Frühneuhochdeutschen, insbesondere mit Ausdrücken von Vielfachen oder mit Negation und dadurch insgesamt Bezeichnung einer Ungleichheit, vgl. dazu Kap. 7.3.4): mit komparativisch verstandenem ‚zweimal soviel …‘ z. B. das sie zwifeltig eintragen, weder sie sonst teglich samlen (Luther, 2. Mos. 16, 5), Belege ohne Negation oder Vielfache: do sy (= die Seele) aber do sich selber … als edel und als wirdig fand weder den lip (E. Stagel: Leben der Schwestern zu Tösz 58, 31), als vil was der heyden weder der cristinen (Volksbücher 139, 36).

188

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Wiederum lohnt es sich, die beiden semantischen Haupttypen innerhalb der Äquativvergleiche, also Grad-Äquative und Nicht-Grad-Äquative, noch einmal einander gegenüber zu stellen wie in Tabelle (297).195 Dadurch wird deutlich, dass der Wandel von als zu wie in den verschiedenen Äquativarten unterschiedlich schnell abläuft. Die räumliche Verteilung dieser Daten illustriert die Karte in (298), in der für jeden Text am jeweiligen Ortspunkt wieder links die Verteilung in den Grad-Äquativen und rechts daneben die in den Nicht-GradÄquativen als Diagramm eingetragen ist. (297)

Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

Text (Jahr)

Dialekt (Ort)

Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

als

wie

Sonst.

als

wie

Sonst.

JGrop (1556)

Ripuar. (Köln)

5 (71 %)

2 (29 %)

0 (0 %)

4 (4 %)

108 (96 %)

0 (0 %)

SHerb (1557)

MBair. (Wien)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

11 (32 %)

23 (68 %)

0 (0 %)

LLav (1578)

OHAlem. (Zürich)

1 (33 %)

2 (67 %)

0 (0 %)

4 (8 %)

45 (92 %)

0 (0 %)

VDiet (1578)

OFränk. (Nürnberg)

6 (67 %)

2 (22 %)

1 (11 %)

0 (0 %)

57 (97 %)

2 (3 %)

LRauw (1582)

Schwäb. (Lauingen)

6 (60 %)

3 (30 %)

1 (10 %)

2 (4 %)

47 (96 %)

0 (0 %)

JMath (1587)

OSächs. (Leipzig)

4 (50 %)

3 (37,5 %)

1 (12,5 %)

12 (12 %)

86 (88 %)

0 (0 %)

JBang (1599)

Thür. (Mühlhausen)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (9 %)

20 (91 %)

0 (0 %)

WRal (1599)

Hess. (Frankfurt)

10 (91 %)

1 (9 %)

0 (0 %)

1 (4 %)

25 (96 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

72 %

24 %

4%

9%

90,5 %

0,5 %

Summe

34 (68 %)

13 (26 %)

3 (6 %)

36 (8 %)

411 (91,5 %)

2 (0,5 %)

195 Gleich als ist wieder unter als, gleich wie, eben wie, in maßen/dermaß/gleichermaßen wie und wie dann (auch) unter wie subsumiert. Alle Belege finden sich in Nicht-Grad-Äquativen. Zur Verteilung auf die Texte s. Fußn. 191.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

(298)

Karte Äquativanschluss im Frühneuhochdeutschen 1550–1600: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

189

190

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Tabelle (297) und Karte (298) zeigen, dass ein klarer Kontrast zwischen den verschiedenen semantischen Arten von Äquativvergleichen besteht. In den Nicht-Grad-Äquativen, also denen ohne Gradsemantik – jeweils rechts in Karte (298) – überwiegt in allen Texten im Korpus des 16. Jahrhunderts schon wie, in den Grad-Äquativen noch (bis auf einen Text) als.196 Dieser sprachliche Kontrast zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen hat sich im Frühneuhochdeutschen zum 16. Jahrhundert erst erneut ausgebildet, wie der Vergleich zu Karte (279) zum 15. Jahrhundert verdeutlicht. Im 15. Jahrhundert überwog in beiden Arten von Äquativen noch als. Im 16. Jahrhundert werden im Durchschnitt reichlich 90 Prozent aller Nicht-Grad-Äquative schon mit wie eingeleitet, so z. B. in (299). Dagegen ist die alte Äquativpartikel als, wie in (300), (bzw. im ostfränkischen Text von Veit Dietrich auch bloßes so) in NichtGrad-Äquativen durchwegs seltener belegt. Als macht in den Nicht-Grad-Äquativen durchschnittlich unter zehn Prozent aus. Diese Verteilung spiegelt die Tatsache wider, dass wie als Äquativpartikel zuerst in Nicht-Grad-Äquativen aufgekommen ist (s. Kap. 3.2) und sich davon ausgehend dann auch in die Grad-Äquative verbreitet hat, sowie später im Verlauf der deutschen Sprachgeschichte dann sogar noch weiter in die Komparativvergleiche (s. Kap. 5.1, 6.1 sowie 7.1); ähnlich wie schon Mhd. als(o) statt des älteren so zuerst in NichtGrad-Äquativen auftrat, dann auch in Grad-Äquativen und ganz vereinzelt seit dem Mittelhochdeutschen, etwas häufiger seit dem Frühneuhochdeutschen und ganz überwiegend seit dem frühen Neuhochdeutschen auch in Komparativvergleichen.197 (299)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: es zergehet vnd schmeltzet nicht von der Sonnen / wie das Hartz vnd Pech auß Norwegen ‚Es zerfließt und schmilzt nicht von der Sonne wie das Harz und Pech aus Norwegen.‘ (WRal 2, 7 f.)

196 Innerhalb der Nicht-Grad-Äquative wird in der Untergruppe der bei Thurmair (2001) als Faktizitätsvergleiche bezeichneten Vergleiche (s. Kap. 1.2) sogar teilweise ausschließlich wie verwendet, nämlich in JGrop, LRauw, WRal. Dies mag mit der syntaktischen Form des Vergleichsstandards zusammenhängen, da wie zuerst und lange Zeit noch überwiegend in Satzvergleichen auftrat. Die Faktizitätsvergleiche stellen i. d. R. vollständige Vergleichssätze dar, wohingegen die bei Thurmair als Modalvergleiche bezeichneten Nicht-Grad-Äquative häufig auch als (v. a. NP-förmige) Phrasenvergleiche realisiert sind. 197 Vgl. Ebert et al. (1993: 478) ab 2. Hälfte 16. Jh. tritt als gegenüber wie zurück und zwar je nach syntaktischer Funktion des Vergleichssatzes verschieden: zuerst, wenn der Vergleichssatz ein freies Adverbial darstellt, dann mit „abgeschwächt modal-vergleichender Bedeutung“.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

191

(300) Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als: Aristoteles schrybt daß etlich von waͤgen der bloͤdigkeit der gsicht / im lufft oder naͤbel / der jnen vor den augen schwaͤbt / jre gstalt etlichermaß (on zwyfel als in einem spiegel) saͤhind ‚Aristoteles schreibt, dass etlichen wegen der Dummheit der Erscheinungen in der Luft oder dem Nebel, der ihnen vor den Augen schwebt, ihre Gestalt so – ohne Zweifel wie in einem Spiegel – sehen.‘ (LLav 18r, 9–12) Die komplexen Vergleichsanschlüsse gleichwie, eben wie und gleich als sind ausschließlich in Nicht-Grad-Äquativen belegt. Dies stützt wiederum die These, dass derartige Vergleichsanschlüsse durch Reanalyse des in Nicht-Grad-Äquativen häufig zur Äquativpartikel adjazenten Matrixelements mit Gleichheitssemantik zu einem Teil der Vergleichseinleitung entstanden sind. Auch im Fall der komplexen Äquativanschlüsse geht die Neuerung, wie im Fall von als(o) und wie, von den Nicht-Grad-Äquativen aus. In die Grad-Äquative dringt die neue Äquativpartikel wie dagegen erst sekundär ein. Hier ist die Verteilung der Äquativpartikeln entsprechend umgekehrt zu der in den Nicht-Grad-Äquativen, wie Tabelle (297) und Karte (298) zeigen: Die alte Äquativpartikel als, vgl. den Korpusbeleg in (280), überwiegt in Grad-Äquativen mit durchschnittlich ca. 70 Prozent insgesamt noch klar gegenüber wie und wird teilweise sogar ausschließlich verwendet (bei Sigmund Herberstein und Johann Bange). Dennoch ist die Entwicklung schon so weit fortgeschritten, dass in fast allen Texten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Grad-Äquativen die neue Äquativpartikel wie schon zu finden ist, vgl. die Korpusbelege in (282) und (308). In den „Gespenstern“ von Ludwig Lavater überwiegt wie als Äquativpartikel sogar auch schon in den Grad-Äquativen leicht gegenüber als. Am konservativsten ist von den untersuchten Texten insgesamt der mittelbairische Text „Moscouia“ von Sigmund Herberstein, der selbst in den Nicht-Grad-Äquativen noch in knapp einem Drittel der Fälle die alte Äquativpartikel als enthält. Im Frühneuhochdeutschen zeigt sich also wie bereits im Mittelhochdeutschen die Relevanz der semantischen Unterscheidung zwischen Äquativvergleichen mit und ohne Gradsemantik, d. h. zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, für das Verständnis der sprachgeschichtlichen Entwicklung: Erneut erweisen sich die Nicht-Grad-Äquative als Einfallstor für Neuerungen – hier für das vermehrte Aufkommen der neuen Äquativpartikel wie. Auf die Unterscheidung von Äquativen mit und ohne Gradsemantik (GradÄquativen und Nicht-Grad-Äquativen) kann letztlich wohl ein weiterer Faktor zurückgeführt werden, der bereits in der Literatur als relevant bei der Entwick-

192

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

lung von als zu wie in Äquativen beschrieben wird: das Vorhandensein oder Fehlen eines Korrelats. Für Äquativvergleiche ist, wie erwähnt (s. Kap. 1.2, 2.2 und 3.2), die Möglichkeit des Vorkommens eines modalen Demonstrativadverbs, des Korrelats, charakteristisch, das (kata- bzw. anaphorisch) auf den Grad oder die Art und Weise verweist, der bzw. die durch den Vergleichsstandard bezeichnet wird. Beim Wandel der Äquativpartikel spielt das Vorhandensein oder Fehlen eines Korrelats eine wichtige Rolle, insofern in Äquativvergleichen mit Korrelat vor dem Tertium Comparationis (Adjektiv/Adverb) länger die alte Partikel als verwendet wird als in solchen ohne Korrelat.198 Diese empirische Beobachtung ist, wie oben erwähnt, bereits bei Grimm im DWB (1: 251) zu finden: „steht ein solches so und zumal also, als aber ausgedrückt, so scheint es auf die längere abwehr des wie einzuwirken und das folgende als zu schützen“ (vgl. auch DWB 29: 1475). Feldmann (1901: 39) formuliert: „Am längsten hat sich als in Verbindung mit so unbestritten in seiner ursprünglichen Bedeutung erhalten (z. B. so viel – als u. a.)“.199 Auch Dückert (1961: 210 f.) gibt an, dass nach Korrelat + Adjektiv/Adverb länger das alte als vorkommt. Bis ins 17. Jahrhundert sei als nach Korrelat häufiger als wie. Ähnlich heißt es bei Ebert et al. (1993: 478), dass sich als nach Korrelat am längsten hält und wie hier selten vor der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, häufiger erst im 17. Jahrhundert belegt ist. Bevor wir dem Zusammenhang zwischen Vorhandensein eines Korrelats und längerer Verwendung von als nachgehen, wollen wir uns einen kurzen Überblick verschaffen, welche Korrelate in frühneuhochdeutschen Äquativvergleichen verwendet werden. Als Entsprechung unseres heutigen Äquativkorrelats ‚so‘ kommt im Frühneuhochdeutschen neben so auch weiterhin wie bereits im Mittelhochdeutschen (vgl. Kap. 3.2) das analog zur Äquativpartikel mit alverstärkte als(o) vor, vgl. DWB (1: 251), Ebert et al. (1993: 478), FWB (1: 843 f., 856).200 Noch im Frühneuhochdeutschen wurden somit dem heutigen Engli198 Das Korrelat so kommt teilweise auch in Nicht-Grad-Äquativen vor, dann aber ohne Tertium Comparationis. 199 Bei Grimmelshausen finde sich beispielsweise nach Korrelat noch überwiegend als. Dies bestätigt Dückert (1961: 206/210 f.): äquativisches wie nach Korrelat + Adjektiv/Adverb sei in Grimmelshausens „Simplicissimus“ geläufig, aber hier noch seltener als als. Die frühesten Belege für äquativisches wie nach Korrelat, die hier angeführt werden, stammen von Voss, Fleming und Opitz. 200 Als weiteres Korrelat kommt adnominal das Pronomen solih vor, vgl. auch Ebert et al. (1993, 478). Dieses ist im hier untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts drei Mal mit Vergleichspartikel als, im 16. Jahrhundert einmal mit Vergleichspartikel als und acht Mal bereits mit wie belegt, d. h. der Wandel von als zu wie macht sich auch in Äquativvergleichen mit dem Korrelat solch im 16. Jahrhundert bemerkbar. Der adjektivierende Bestandteil –lih (< ‚beschaffen‘/‚Körper habend‘) in solih/solch ist dabei ursprünglich wohl als eine Art Linker bei adnominalem Gebrauch des Korrelats so aufzufassen (ähnlich wie in anderen Sprachen, vgl. Tagalog

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

193

schen as … as genau entsprechende Äquativkonstruktionen vom Typ als(o) … als(o) verwendet, vgl. die Korpusbelege in (260) und (303). Als(o) … als(o) ist laut DWB (1: 251) bis ins 16. Jahrhundert geläufig und wurde dann allmählich von so … als abgelöst.201 Auch in den Daten des hier untersuchten frühneuhochdeutschen Korpus lässt sich die Entwicklung vom Korrelat als(o) wieder zurück zum Korrelat so nachzeichnen. Dadurch ergibt sich eine zunehmende Differenzierung von Äquativkorrelat und Äquativpartikel. Im 15. Jahrhundert überwiegt im Korpus noch also statt so als Korrelat. In den „Denkwürdigkeiten“ der Helene Kottanerin ist ausschließlich also als Korrelat belegt, während in den anderen Texten des 15. Jahrhunderts jeweils auch so als Vergleichskorrelat vorkommt. Insgesamt weisen in diesen Texten knapp 60 Prozent der Äquative das (anaphorische oder kataphorische) Korrelat also und reichlich 40 Prozent so auf, vgl. Tabelle (309), in der wie in den Beispielen die Korrelate durch Fettdruck, die Vergleichspartikeln durch Unterstreichung markiert sind. Der Wandel setzt damit schon etwas früher ein als im DWB beschrieben. Die häufigste Kombination von Korrelat und Vergleichspartikel ist im 15. Jahrhundert ganz deutlich das dem heutigen englischen as … as entsprechende als(o) + als(o), das in der reichlichen Hälfte der Äquative mit Korrelat vorkommt, gefolgt von so + als(o) mit 40 Prozent und den deutlich selteneren Kombinationen als(o) + so, als(o) + wie und so + wie, die nur je zwei bis drei Prozent ausmachen. Wo in NichtGrad-Äquativen das Äquativkorrelat als(o) und die Äquativpartikel als(o) adjazent zueinander zu stehen kommen, ergibt sich ein Ausgangskontext für die Grammatikalisierung eines neuen komplexen Äquativanschlusses als(o) als nach dem in (70 i) beschriebenen Muster, nach dem auch ahd. soso, got. svasve, nl. zoals etc. gebildet sind. Die Interpunktion deutet teilweise darauf hin, dass also als möglicherweise bereits (ähnlich wie recht als oder gleich als) zusammen als Äquativeinleitung aufgefasst wurde, vgl. (302). (301)

Adjazentes Korrelat also und Äquativpartikel als bzw. komplexer Äquativanschluss mit also als: Tů allso als ich dich gehaissen hon ‚Tu (so), wie ich dich geheißen habe.‘ (Neid 10, 1 f.)

Linker na/-ng suffigiert an ganito ‚so‘ bei adnominalem Gebrauch, s. Umbach/Gust 2014). Daneben wird als Korrelat im Frühneuhochdeutschen vereinzelt auch alsam gebraucht, vgl. FWB (1: 848) mit einem Beleg aus dem 15. Jahrhundert. Korrelatartig kommen weiterhin gleicherweis, dermaßen, gleichermaßen, und inmassen vor, s. o. 201 Die frühesten im DWB (1: 251) angeführten Belege stammen von Fischart, Grimmelshausen und Gellert.

194 (302)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Adjazentes Korrelat also und Äquativpartikel als bzw. komplexer Äquativanschluss mit also als: Jn mir mag kein weiße sein creaturlichs wyssen das nicht hindert. also als got alle dinck weyß on hinderniß. alßo als die seligen sint. ‚In mir kann auf keine Weise kreatürliches Wissen sein, das nicht hindert, (so) wie Gott alle Dinge weiß ohne Hinderniss, (so) wie die Seligen sind.‘ (Taul 15v B, 2–6)

In den meisten untersuchten Korpustexten aus der 2. Hälfte des 16. Jahrunderts sind ebenfalls als(o) und so als Korrelate belegt, wobei im Gegensatz zum 15. Jahrhundert bloßes so mit insgesamt etwa zwei Dritteln der Belege gegenüber nur einem Drittel mit Korrelat als(o) bereits deutlich überwiegt.202 Ende des 16. Jahrhunderts wird teilweise schon wie im heutigen Deutschen ausschließlich so als Äquativkorrelat gebraucht, so in der Fassung des Walter Ralegh von 1599, im Text von Ludwig Lavater von 1578 jedoch auch noch ausschließlich als.203 Die im Korpus des 16. Jahrhunderts mit Abstand häufigste Kombination von Korrelat und Vergleichspartikel ist die in knapp der Hälfte der ein Korrelat aufweisenden Äquative gebrauchte Kombination so + als(o), gefolgt von als(o) + wie in einem knappen Viertel der Belege und seltener den Kombinationen so + wie, als(o) + als(o) und so + so, vgl. Tabelle (309). Dadurch ergibt sich im Vergleich zu früheren Sprachstufen und noch zum Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts, wo ja am häufigsten die Kombination als(o) + als(o) verwendet wurde, eine zunehmende Differenzierung zwischen Äquativkorrelat und Äquativpartikel. Die unterschiedlichen im untersuchten frühneuhochdeutschen Korpus belegten Kombinationen von Korrelat und Äquativpartikel illustrieren die Belege in (303) bis (308).

202 Die Wahl des Korrelats als(o) oder so hängt dabei nicht unmittelbar mit der Wahl der Äquativpartikel zusammen – alle möglichen Kombinationen sind im Frühneuhochdeutschen belegt: mit den beiden Vergleichspartikeln als(o) und wie treten jeweils sowohl so als auch als(o) als Korrelat auf. Die alte Äquativpartikel so ist im Frühneuhochdeutschen so selten geworden, dass hier nur wenige einschlägige Belege mit Korrelat zu finden sind. Im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts ist die Äquativpartikel so nur mit dem Korrelat also belegt, im 16. Jahrhundert nur mit dem Korrelat so, was zusätzlich den Wandel des Korrelats von überwiegendem also wieder zu überwiegendem so im Lauf des Frühneuhochdeutschen unterstreicht. 203 In dem untersuchten Ausschnitt aus JBang sind die Äquativkorrelate so/als(o) nicht belegt.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

(303)

195

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Korrelat als: Vnnd wenn vns gleich duͤnckt / wir koͤnnen der selbigen leut als wenig geraten / als vnser augen / hende vnnd fuͤsse ‚Und wenn uns auch scheint, wir könnten diese Leute so wenig entbehren wie unsere Augen, Hände und Füße‘ (VDiet 25 r, 22 f.)

(304) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Korrelat so: dieweil wir die weitte des Adriatischen vnn Tyrrhenischen Moͤrs erraichet / so glücklich vnn wol bey werendem wetter zufaren / alß durch die enge den andern. ‚weil wir die Weite des adriatischen und tyrrhenischen Meers erreicht hatten, so glücklich und gut bei stabilem Wetter zu fahren, wie durch die Enge den anderen (Tag)‘ (LRauw 13, 12–14) (305)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit so, Korrelat als: auß dem verderben wider dar zů komen das ich zeleben hab. und als ding hab so ich nuntz hab. ‚aus dem Verderben wieder dahin gekommen bin, dass ich leben kann und solche Dinge habe, wie ich jetzt habe.‘ (Neid 46, 10–12)

(306)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit so, Korrelat so: Denn so Christus jr ist / er hat sich jr angenommen / so muß die tauff auch jr sein. ‚Denn wie Christus der ihre ist − er hat sich ihrer angenommen −, so muss auch die Taufe die ihre sein.‘ (VDiet 25r, 45–25v, 1)

(307)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Korrelat also: was der Herr hier geredt hat / das sey warhafftig vnd wesenlich also / wie er es geredt hat / dieweill er nit liegen kan / vnd jm nichts vnmoͤglich ist / ‚was der Herr hier gesagt hat, das sei wahrhaftig und tatsächlich so, wie er es gesagt hat, weil er nicht lügen kann und ihm nichts unmöglich ist‘ (JGrop 4v, 3–5)

(308) Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie, Korrelat so: oben gleichwol bleibt ein thail der aͤschen vnuermischt / welche rüriger / vnd deßhalben nit so gůt wie die ander. ‚oben bleibt jedoch ein Teil der Asche unvermischt, welche beweglicher und deshalb nicht so gut ist wie die andere.‘ (LRauw 38, 10–12)

196 (309)

15. Jh.

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Kombinationen von Korrelat und Äquativpartikel im Frühneuhochdeutschen (Angaben in eckigen Klammern: nur kataphorische Korrelate) als(o) + als(o)

so + als(o)

als(o) + so

so + so

als(o) + wie

so + wie

34 (52 %) [26 (65 %)]

26 (40 %) [11 (27,5 %)]

2 (3 %) [2 (5 %)]

0 (0 %) [0 (0 %)]

2 (3 %) [1 (2,5 %)]

1 (2 %) [0 (0 %)]

62 (95 %) [39 (97,5 %)] 16. Jh.

7 (11 %) [2 (5 %)] 38 (61 %) [31 (76 %)]

3 (5 %) [1 (2,5 %)] 29 (47 %) [29 (71 %)]

0 (0 %) [0 (0 %)]

2 (3 %) [0 (0 %)]

14 (23 %) [4 (10 %)]

10 (16 %) [6 (15 %)]

24 (39 %) [10 (24 %)]

Die Tatsache, dass wie im Unterschied zum Mittelhochdeutschen im Frühneuhochdeutschen nun auch in Äquativvergleichen (insbesondere in Grad-Äquativen) mit Korrelat verwendet wird, spricht für seine zunehmende Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel. Die hier untersuchten Korpusdaten stützen die Aussage, dass nach Korrelat noch länger die alte Äquativpartikel als verwendet wird. In einzelnen Fällen ist in Grad-Äquativen mit Korrelat die Ersetzung von als durch wie aber auch schon erfolgt, vgl. (282) und (308) oben. Innerhalb des Frühneuhochdeutschen lässt sich selbst in den Äquativvergleichen mit Korrelat vom 15. zum 16. Jahrhundert eine deutliche Zunahme des Anteils mit wie angeschlossener Vergleichsstandards feststellen. Während im untersuchten Korpus des 15. Jahrhunderts 95 Prozent der Äquativbelege mit Korrelat (al)so die alte Äquativpartikel (al)so enthalten, weisen nur fünf Prozent die neue Äquativpartikel wie auf. Im 16. Jahrhundert wird mit Korrelat zu reichlich 60 Prozent die alte Äquativpartikel (al)so verwendet, immerhin schon zu knapp 40 Prozent die neue Äquativpartikel wie.204 204 Berücksichtigt man nur die Fälle mit vorausgehendem (kataphorischem) Korrelat (al)so, liegen die Anteile der alten Äquativpartikel bei über 97 Prozent im 15. Jahrhundert und 76 Prozent im 16. Jahrhundert. Dafür, dass man ggf. zwischen vorausgehendem und nachfolgendem, d. h. kataphorischem und anaphorischem Korrelat-(al)so differenzieren sollte, spricht die Aussage im DWB (29: 1478), dass die neue Äquativpartikel wie häufig mit korrelativem so oder also im Nachsatz auftrete, d. h. wie … (al)so im Unterschied zu (al)so … wie. Hierfür sind Belege seit dem späten 15. Jahrhundert angeführt, vgl. auch Dückert (1961: 206). Dies hängt vermutlich (wie die Rolle des Vorkommens oder Fehlens des Korrelats überhaupt, s. u.) mit dem Unterschied von [± Grad]-Vergleich zusammen, da bei klassischen Grad-Äquativen das

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

197

Während insgesamt, wie die Ergebnisse der Korpusuntersuchung zeigen, in Äquativvergleichen mit Korrelat (al)so tatsächlich noch deutlich die Äquativpartikel als überwiegt, korreliert die Wahl der Äquativpartikel schon im 16. Jahrhundert nicht mehr streng mit dem Vorhandensein oder Fehlen des Korrelats. Präskriptive Grammatiken fordern dagegen noch Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, also gut 200 Jahre später, die Verwendung der Vergleichspartikel als statt wie in Äquativen mit Korrelat vorm Tertium Comparationis (vgl. Kap. 5.2), wo also bereits vereinzelt im 15. und vermehrt im 16. Jahrhundert die Verwendung der neuen Äquativpartikel wie nachzuweisen ist. Wenden wir uns nun der Frage zu, wie sich die Beobachtung erklären lässt, dass nach Korrelat + Adjektiv/Adverb länger die alte Äquativpartikel als verwendet wird. In der Literatur ist diese empirische Beobachtung zwar wiederholt angeführt worden, jedoch sind bislang keine Erklärungsversuche gemacht worden. Ich möchte hier die These aufstellen, dass das Korrelat die Interpretation als Grad-Äquativ unterstützen kann und sich die Relevanz des Vorhandenseins eines Korrelats somit letztlich auf die gestaffelte Ausbreitung der neuen Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen und Grad-Äquativen zurückführen lässt. Vergleichskonstruktionen mit Korrelat + Adjektiv/Adverb im Positiv sind semantisch gesehen Grad-Äquative. Vergleichskonstruktionen mit Adjektiv oder Adverb im Positiv ohne vorausgehendes Korrelat, z. B. Anna läuft schnell wie Maria können dagegen auch als Nicht-Grad-Äquative (als Faktizitätsvergleiche in der Terminologie von Thurmair 2001), interpretiert werden, d. h. es wird nicht der Grad der Ausprägung der entsprechenden Eigenschaft bei zwei Entitäten verglichen, sondern die Tatsache des Zutreffens in beiden Fällen gleichgesetzt (vgl. Kap. 1.2, Bsp. (19)). Dies lässt sich anhand vergleichbarer Kontraste im Englischen und Französischen illustrieren.205 Das englische Beispiel (310 a) ohne Korrelat kann nur als Nicht-Grad-Äquativ (genauer Faktizitätsvergleich) interpretiert werden und erlaubt daher den Äquativanschluss mit like. In (310 b) mit Korrelat vorm Tertium Comparationis ist dies dagegen ausgeschlossen und nur die Vergleichspartikel as ist möglich. Analoges gilt für die französische Konstruktion in (311 a) ohne Korrelat vorm Adjektiv, in der comme im Gegensatz zum Grad-Äquativ mit Korrelat vorm Tertium Comparationis in (311 b) möglich ist. Englisch like und französisch comme ähneln distributionell dem frühneuhochdeutschen wie, indem sie vor allem bzw. ausschließlich in Nicht-Grad-Äquativen vorkommen.

Korrelat vorausgeht. Bei nachfolgendem (anaphorischem) Korrelat liegen i. d. R. Nicht-GradÄquative vor, bei denen die neue Äquativpartikel wie ja schon früher verwendet wird. 205 Für Hinweise zum Englischen danke ich Adrian Simpson. Zum Französischen vgl. auch DWB (1: 252).

198 (310)

(311)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

a.

He is tall like I am. ‚Er ist groß, wie ich.‘

b.

He is as tall {*like, as} I am. ‚Er ist so groß wie ich.‘

a.

Il est grand comme moi. ‚Er ist groß, wie ich.‘

b.

Il est aussi grand {que, *comme} moi. ‚Er ist so groß wie ich.’

(Nicht-Grad-Äquativ) (Grad-Äquativ)

(Nicht-Grad-Äquativ) (Grad-Äquativ)

Ebenso ist der Korpusbeleg in (312) aus der frühneuhochdeutschen „Summaria“ von Veit Dietrich mit prädikativer Adjektivphrase klug aber ohne Korrelat im Matrixsatz potenziell ambig zwischen einer Lesart als Grad-Äquativ oder als Nicht-Grad-Äquativ. (312)

Derhalben gehoͤrt dazu / das sie klug sein / wie die Schlangen / vnd sich an solche ergernuß nit keren / ‚Deshalb gehört dazu, dass sie klug sind, wie die Schlangen, und sich um solchen Ärger nicht kümmern‘ (VDiet 19r, 24 f.)

In diesem Text wird nach Korrelat + Adjektiv aber noch nie die Äquativpartikel wie verwendet, sondern stets noch als.206 Dies spricht dafür, dass die Äquativkonstruktion mit Adjektiv aber ohne Korrelat in (312) als Nicht-Grad-Äquativ (Faktizitätsvergleich) aufzufassen ist, also ‚Seid klug, wie auch die Schlangen klug sind‘ bzw. ‚in der Art von Schlangen‘, und nicht als Grad-Äquativ im Sinn von ‚Seid klug in dem gleichen Maß, wie die Schlangen klug sind‘.207 Das Einfügen eines Korrelats vor klug würde hier dagegen die letztere Lesart nahelegen. Durch Korrelat + Adjektiv/Adverb eindeutig als Grad-Äquative zu interpretierende Konstruktionen weisen im Frühneuhochdeutschen länger die alte Vergleichspartikel als auf, denn in dieser Vergleichsart hält sich als wie gesehen länger, wohingegen wie oben dargestellt in Nicht-Grad-Äquativen (zumal in Faktizitätsvergleichen) wie schon überwiegt. Wie kommt ja als Äquativparti-

206 Dagegen kommt nach Korrelat solch + N schon wie vor. 207 Bei diesem Beispiel handelt es sich um einen in der Literatur (u. a. Haspelmath/Buchholz 1998: 309) auch als generische Äquative bezeichneten Vergleich, vgl. Kap. 1.2, Fußn. 14. Diese sind damit eher als Nicht-Grad-Äquative als als Grad-Äquative zu klassifizieren und unterscheiden sich daher in vielen Sprachen von regulären Grad-Äquativen.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

199

kel zuerst in den Nicht-Grad-Äquativen auf und wird erst sekundär auch in Grad-Äquativen verwendet. Bei der Ersetzung der Äquativpartikel als durch wie ist also der semantische Faktor des Unterschieds von Äquativvergleichen mit oder ohne Gradsemantik (und damit zusammenhängend mit und ohne Korrelat + Tertium Comparationis) entscheidend. Neben diesem zentralen semantischen Faktor spielt aber auch ein syntaktischer Faktor eine Rolle beim Wandel der Äquativpartikel: die syntaktische Form des Vergleichsstandards. In Satzvergleichen, also Vergleichskonstruktionen mit satzwertigem Vergleichsstandard, wird schon früher wie verwendet als in Phrasenvergleichen, also solchen mit nicht-satzwertigem Vergleichsstandard, z. B. mit bloßer NP oder PP. Diese Abstufung in der Entwicklung ist wiederum ein gewichtiges Argument für die sogenannte direkte Analyse von Phrasenvergleichen als bloße Phrasen und nicht grundsätzlich elliptische Vergleichssätze (s. Kap. 8.2). Die ältere Äquativpartikel als wird im Frühneuhochdeutschen wie schon im Mittelhochdeutschen sowohl in Satzvergleichen wie in (313) und (314) (mit Gapping, also ebenfalls klar satzwertig) als auch in verschiedenen Phrasenvergleichen, etwa mit NP, PP, AdvP oder VP, vgl. (315) bis (320) verwendet.208 Das Tertium Comparationis kann dabei ebenfalls verschiedene syntaktische Funktionen erfüllen und z. B. adverbial, attributiv oder prädikativ gebraucht werden, vgl. (315), (316) bzw. (317). Die resthaft im Frühneuhochdeutschen noch belegte Äquativpartikel so kommt in den wenigen im Korpus enthaltenen Belegen nur in Satzvergleichen vor, vgl. (259). (313)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Satzvgl. (Tert. Comp.: Pron./Obj.): Er verehrete jhm auch so viel Goldts / als seine Gleytsleut alle mit einander kondten tragen. ‚Er schenkte ihm auch so viel Gold, wie seine Begleiter alle miteinander tragen konnten.‘ (WRal 8, 15 f.)

(314)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Gapping (Tert. Comp.: präd. AP): Citron, Lemon, Pomerantzenbaͤum / welliche so gemain / das sie jren / sonderlich der Pomerantzen / wol so wenig / alß wir der Birn vnd Holtzoͤpfel achtend. ‚Zitronen-, Limonen- und Pomeranzenbäume, die so häufig sind, dass sie sie so wenig achten, wie wir die Birnen und Holzäpfel.‘ (LRauw 24, 27–29)

208 Zum 15. Jahrhundert vgl. außerdem Beleg (261) mit satzwertigem Vergleichsstandard (Gapping) sowie den Phrasenvergleich in (260).

200

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(315)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: adv. AP): daz ich das tuͤen solt, wann die gelegenhait nymant also wol wesset als ich. ‚dass ich das tun würde, denn niemand wüsste die Gelegenheit so gut wie ich‘ (HKot 13, 37)

(316)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: attr. AP): Nach vier Tagen / kamen wir in so ein schoͤn Wasser / als ich die zeit meines Lebens habe gesehen ‚Nach vier Tagen kamen wir in ein so schönes Gewässer, wie ich es nur je Zeit meines Lebens gesehen habe.‘ (WRal 22, 13 f.)

(317)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: präd. AP): von welchen der geringste so groß were als Rio grande ‚von denen der kleinste so groß wäre wie Rio Grande‘ (WRal 13, 42 f.)

(318)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: PP (ohne Tert. Comp.): Aristoteles schrybt daß etlich von waͤgen der bloͤdigkeit der gsicht / im lufft oder naͤbel / der jnen vor den augen schwaͤbt / jre gstalt etlichermaß (on zwyfel als in einem spiegel) saͤhind / ‚Aristoteles schreibt, dass etlichen wegen der Dummheit der Erscheinungen in der Luft oder dem Nebel, der ihnen vor den Augen schwebt, ihre Gestalt so – ohne Zweifel wie in einem Spiegel – sehen.‘ (Llav 18r, 9–12)

(319)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: AdvP (ohne Tert. Comp.) + Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: Pron./Prädikativ): Da ward die tuͤer wider versigelt als vor, Aber es waren der sigel nicht als vil als vor. ‚Dann wurde die Tür versiegelt wie vorher, aber es waren nicht so viele Sigel daran wie vorher.‘ (HKot 11, 26 f.)

(320)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: Part. II (Tert. Comp.: AdvP): und fragt ob er wisse was er woͤll und hett im gleich so pald sein mainung gesagt als gefragt.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

201

‚und fragte, ob er wüsste, was er wolle, und (er) hätte ihm so schnell/ sofort seine Meinung gesagt, wie er gefragt wurde.‘ (Neid 62, 20 f.) Die erst im Lauf des Frühneuhochdeutschen voll grammatikalisierte neue Äquativpartikel wie wird laut DWB (29: 1451, 1479 f.) auch erst seit dem Frühneuhochdeutschen nicht nur wie zuvor im Mittelhochdeutschen ausschließlich in Satzvergleichen, sondern auch „in verkürztem Vergleich vor einem Satzglied“, d. h. in Phrasenvergleichen verwendet. Die frühesten Belege, die hierfür im DWB angeführt werden, stammen von Anfang/Mitte des 16. Jahrhunderts. Teilweise handelt es sich aber um Gapping-Konstruktionen, d. h. der Vergleichsstandard enthält mehrere nicht zusammenhängende Satzglieder und ist daher klar als elliptischer Satzvergleich anzusehen und nicht als genuiner Phrasenvergleich. Laut Lerch (1942: 345 f.) verwendet auch Luther wie andere Autoren der Zeit wie neben als schon in Phrasenvergleichen, u. a. mit NP und AP als Vergleichsstandard, vgl. die Beispiele mit phrasenförmigem und analogem satzförmigem Vergleichsstandard in (321 a/b).209 (321)

a.

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvergleich: Vnnd wenn du bettist / soltu nitt seyn / wie die heuchler ‚Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler.‘ (Luther, Matth. 5, 5, nach Lerch 1942: 345 f.)

b.

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Satzvergleich: wenn du nu almosen gibst / solltu nitt lassen fur dyr posaunen / wie die heuchler thun ‚wenn du nun Almosen gibst, sollst du (es) nicht vor dir her posaunen lassen, wie die Heuchler das tun.‘ (Luther, Matth. 6, 2, nach Lerch 1942: 345)

Luther setzt dabei häufig ein Interpunktionszeichen vor Phrasenvergleich mit wie, ähnlich wie beim Satzvergleich. Soweit die Interpunktion hier als Reflex von Satzwertigkeit angesehen werden kann, hätte Luther demnach mit wie angeschlossene NPs, APs, PPs etc. überwiegend noch als elliptisch verkürzte, satzwertige Struktur aufgefasst.210 209 Vgl. auch Dückert (1961: 206), Erben (1954: 103). 210 Laut Lerch (1942: 346) setzt Luther vor Phrasenvergleich mit wie durchgängig eine Virgel. Allerdings ist beispielweise im Matthäusevangelium in der Lutherübersetzung von 1545 mit wie eingeleiteter Phrasenvergleich etwa genauso oft mit Virgel vom Matrixsatz abgetrennt, wie er ohne Virgel angeschlossen ist (8 Belege mit Virgel, z. B. Darumb seid klug / wie die Schlangen vs. 7 ohne Virgel, z. B. er sey wie ein Meister). Zudem besteht bei Luther eine generelle Tendenz, vor Phrasenvergleichen – auch solchen mit als oder denn – Interpunktion zu setzen

202

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Es ist davon auszugehen, dass in der Tat elliptische Vergleichssätze, die für den Lerner strukturell ambig sind, die Grundlage für das Aufkommen von echten Phrasenvergleichen mit wie und damit für die diachrone Reanalyse des wie zum funktionalen Kopf Conj0 gebildet haben. (Diese Reanalyse wäre, soweit die Interpunktion als Indiz herangezogen werden kann, im 16. Jahrhundert schon teilweise erfolgt.) Der Lerner unterlegt aus Ökonomiegründen sprachlichem Input immer die einfachste mögliche Struktur (gemäß Transparency Principle, vgl. Lightfoot 1979, Subset Principle, vgl. Berwick 1985, bzw. Least Effort Principle, vgl. Roberts 1993) und nimmt, soweit dies möglich ist, für den Vergleichsstandard daher keinen elliptischen Satz, sondern eine bloße NP, PP usw. an. So wird wie ausgehend von vollen Sätzen auch in elliptisch verkürzten Sätzen und schließlich mit bzgl. der Oberflächenstruktur elliptisch verkürzten Satzvergleichen entsprechenden bloßen Phrasen verwendet (dazu auch Kap. 8.1.2). Im untersuchten Korpus ist die Äquativpartikel wie im 15. und 16. Jahrhundert in Satzvergleichen wie (290), (307) und (322) und im 16. Jahrhundert in ebenfalls satzwertigem Vergleichsstandard mit Gapping wie in (323) belegt, aber bereits im 15. Jahrhundert in dem oben in (264) angegebenen Beleg auch schon in einem Phrasenvergleich (ggf. noch elliptischen Satzvergleich) der Form NP, im 16. Jahrhundert neben NPs zusätzlich auch in Phrasenvergleichen der Form PP und AdvP, vgl. (324)–(326). Das Tertium Comparations kann attributiv sein, vgl. (325), adverbial, vgl. (282), oder prädikativ, vgl. (308). (322)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ), Satzvgl. mit wie (ohne Tert. Comp.): oder erleichtert vns vnserer Kranckheit / vnnd nimpt sie selbst auff seinen Hals / vnd wird schuͤldig vnnd theilhafftig aller vnser schmertzen vnd Kranckheit / wie eine fromme / liebe vnd Natuͤrliche Mutter vnd getrewes Weib / gerne jres Kindes oder Ehemannes Kranckheit selber an jhrem Leibe haben vnnd tragen wolte. ‚oder erleichtert uns von unserer Krankheit und nimmt sie selbst auf sich und wird schuldig und nimmt Anteil an all unseren Schmerzen und Krankheiten, wie eine fromme, liebe und natürliche Mutter und

(im Matthäusevangelium Phrasenvergleich mit als: 5 Belege mit Virgel, z. B. Du solst deinen Nehesten lieben / als dich selbs vs. 2 ohne Virgel, z. B. und sein Kleid weis als der Schnee; Phrasenvergleich mit denn: 14 Belege mit Virgel, z. B. Wer Vater und Mutter mehr liebet / denn Mich vs. 4 ohne Virgel, z. B. Seid jr denn nicht viel mehr denn sie?). Für diese Daten danke ich Frank Kirchhoff. In den meisten Texten im hier untersuchten Korpus wird in Phrasenvergleichen keine Interpunktion verwendet. Veit Dietrich und Johann Mathesius trennen dagegen ähnlich wie Luther sowohl Phrasenvergleiche mit wie als auch solche mit als überwiegend durch Interpunktion vom Matrixsatz.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

203

treue Ehefrau gern die Krankheit ihres Kindes oder ihres Ehemanns selbst an ihrem Körper haben und ertragen wollen würde.‘ (JMath 53v, 23–29) (323)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Gapping (ohne Tert. Comp.): ein Erden / die sie Iusabor nennent / welche jre Weiber offt vnd dick essen / wie bey vns etwa die schwangere Kolen vnd andere ding. ‚eine Erde, die sie Iusabor nennen, welche ihre Frauen oft und reichlich essen, wie bei uns etwa die Schwangeren Kohle und andere Dinge.‘ (LRauw 32, 22–24)

(324)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: NP (ohne Tert. Comp.): Von jm was ein gmeine sag / er were hinyngeschlichen wie ein fuchs / hette geregiert wie ein wolff / were gestorben wie ein anderer hund. ‚Von ihm würde allgemein gesagt, er wäre dahingeschlichen wie ein Fuchs, hätte regiert wie ein Wolf und wäre gestorben wie ein beliebiger Hund.‘ (LLav 36v, 17–20)

(325)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: attr. AP): Gegen den strassen habens nit / wie in vnseren Landen / so hohe grosse Thoͤrer vnd weite einfarten / (außgenommen etliche wenige Kauffheüser) ‚Zur Straße hin haben sie nicht wie in unseren Landen so hohe, große Tore und weite Einfahrten (ausgenommen einige wenige Kaufmannshäuser)‘ (LRauw 26, 11–15)

(326)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: AdvP (ohne Tert. Comp.): sy wurdind […] nit mer jn soͤlchem ansaͤhen syn wie bißhar. ‚sie würden nicht mehr in solchem Ansehen sein wie bisher‘ (LLav 29r, 14 f.)

Insgesamt überwiegen unter den wenigen ersten Belegen für äquativisches wie, die sich im Korpus des 15. Jahrhunderts finden, klar die Satzvergleiche gegenüber den Phrasenvergleichen.211 Im 16. Jahrhundert ist wie dagegen durchaus schon in etlichen Belegen und, wie eben gezeigt, mit verschiedenen Phrasentypen in Phrasenvergleichen belegt. Dennoch liegt der Schwerpunkt seiner Distribution immer noch auf Satzvergleichen, wie Tabelle (327) zeigt:

211 Drei vs. ein Beleg (Neid 2x wie in Satzvgl., Koel 1x wye in Satzvgl., 1x in Phrasenvgl.: NP).

204 (327)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Äquativisches wie und als in Satz- vs. Phrasenvergleichen 1550–1600 wie

als

Satzvgl.

Phrasenvgl.

Satzvgl.

Phrasenvgl.

Grad-Äquative

5 (38 %)

8 (62 %)

16 (47 %)

18 (53 %)

Nicht-Grad-Äquative

334 (81 %)

77 (19 %)

13 (36 %)

23 (64 %)

Summe

339 (80 %)

85 (20 %)

29 (41 %)

41 (59 %)

Die Äquativpartikel wie steht in den Korpusbelegen des 16. Jahrhunderts zu 80 Prozent in Satzvergleichen und nur zu 20 Prozent in Phrasenvergleichen. Die Tatsache, dass wie zunächst nur in Satzvergleichen verwendet werden konnte und erst sekundär auch in Phrasenvergleichen möglich geworden ist, findet somit noch im Frühneuhochdeutschen ihren Nachhall in der Distribution von wie. Die alte Äquativpartikel als kommt dagegen zu knapp 60 Prozent und damit deutlich häufiger in Phrasenvergleichen als in Satzvergleichen vor, die reichlich 40 Prozent der als-Belege in Äquativen ausmachen. Die beobachteten Unterschiede in der Entwicklung der Vergleichspartikel bei satzwertigen und nicht-satzwertigen Vergleichsstandards stützen, wie angedeutet, die in der syntaxtheoretischen Forschung vertretene direkte Analyse von Phrasenvergleichen, d. h. die These, dass ein echter struktureller Unterschied zwischen Satz- und Phrasenvergleichen besteht und Phrasenvergleiche nicht immer elliptisch verkürzte Satzvergleiche sind (s. dazu ausführlich Kap. 8.2). Die schrittweise Ausbreitung der Äquativpartikel wie zunächst in Satzvergleichen (incl. elliptisch verkürzten Satzvergleichen), dann auch in echten Phrasenvergleichen hängt mit der Grammatikalisierung von wie zusammen. Die Vergleichspartikel wie ist aus einem phrasalen w-Element entstanden und diachron zur Vergleichspartikel mit syntaktischem Kopfstatus geworden. Nur in Satzvergleichen gibt es in der linken Peripherie eine Position für ein phrasales wie. Auch das zum C0-Element gewordene wie konnte nur in einer Struktur mit C-Projektion, d. h. in einem Satz, auftreten. Erst nachdem der nächste Grammatikalisierungsschritt zum Element in einer Kopfposition oberhalb der eigentlichen Vergleichsstandard-CP vollzogen war, konnte wie auch bloße Phrasen anschließen (s. Kap. 8.1.2 und 8.2).212 Insgesamt lässt sich fest212 Zwischen der Satzwertigkeit des Vergleichsstandards und dem Unterschied von NichtGrad-Äquativen und Grad-Äquativen besteht ein Zusammenhang, insofern Nicht-Grad-Äquative häufiger satzwertig sind als Grad-Äquative. Obwohl aber Nicht-Grad-Äquative mehr als drei-

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

205

halten, dass sowohl semantische als auch syntaktische Faktoren eine Rolle beim Wandel der Äquativpartikel von als zu wie spielen, und zwar insbesondere die Merkmale [± Gradsemantik] und [± satzwertiger Vergleichsstandard], weniger die Art der Phrase bei Phrasenvergleich. Neben den bisher besprochenen Äquativvergleichen gibt es eine Reihe weiterer Konstruktionen, die man im weitesten Sinn zu den Äquativvergleichen rechnen könnte, da sie diesen in verschiedener Hinsicht ähneln und historisch auch aus diesen abzuleiten sind. Teilweise sind sie aber schon auf dem Weg, zu eigenständigen Konstruktionen grammatikalisiert zu werden, die sich anders verhalten als prototypische Äquativvergleiche. Dazu gehören insbesondere die aufzählende und die koordinierende Verwendungsweise von als und wie, vgl. auch Kap. 1.2, Ausführungen zu Bsp. (20) und (21). Diese bilden sich in frühneuhochdeutscher Zeit heraus und machen im Deutschen, wie die Äquative generell, die Entwicklung von als zu wie mit. Sie werden hier aber bewusst separat behandelt, da es sich nicht um prototypische Vergleiche handelt und sich trotz der Übereinstimmung in der grundsätzlichen Entwicklungsrichtung Unterschiede zu sonstigen Äquativvergleichen bzgl. der Geschwindigkeit des Wandels zeigen, die das Gesamtbild verzerren würden. Einzelne Muster dieser Typen sind ganz von der Entwicklung von als zu wie abgekoppelt worden und versteinert bis heute mit der alten Äquativpartikel als erhalten, etwa aufzählendes als da sind und koordinierendes sowohl … als. Betrachten wir zunächst die aufzählende oder exemplifizierende Verwendungsweise von als bzw. wie. Im untersuchten alt- und mittelhochdeutschen Korpus sind Äquativpartikeln in aufzählender Verwendungsweise noch nicht belegt. Ihre Grammatikalisierung und damit der Sonderweg dieser Konstruktion beginnt erst im Frühneuhochdeutschen. Laut Dückert (1961: 214) sind aufzählendes als und wie seit dem 16. Jahrhundert belegt (wie da sind seit Zwingli, Luther), in FWB (1: 845) werden ebenso v. a. Belege aus dem 16. Jahrhundert angegeben (ein Beleg stammt bereits von der Mitte des 14. Jahrhunderts – aller-

mal so oft Satzvergleiche wie Phrasenvergleiche sind, überwiegt bei Anschluss mit als ganz deutlich Phrasenvergleich, so dass der Unterschied in der Distribution der Partikeln nach Satzvs. Phrasenvergleich nicht einfach auf den Unterschied Nicht-Grad-Äquativ vs. Grad-Äquativ zurückgeführt werden kann. Friedli (2012: 253) konnte dagegen beim zunehmenden Vorkommen von komparativischem wie im Schweizerdeutschen nicht feststellen, dass wie früher in satzwertigen Vergleichsstandards vorkommt, sondern es ist umgekehrt in Phrasenvergleichen verbreiteter und erst sekundär im Satzvergleich möglich. Dies kann man damit erklären, dass in den rezenten schweizerdeutschen Dialekten nicht wie im Frühneuhochdeutschen die Grammatikalisierung einer neuen Vergleichspartikel erfolgte, sondern ein in Nachbardialekten bereits vorhandenes Muster von Vergleichskonstruktionen (größer wie etc.) übernommen wurde (s. auch Kap. 6.1).

206

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

dings eher im Sinn von ‚nämlich‘). Das Nebeneinander von als und wie in aufzählender Funktion ist Dückert (1961) zufolge aber beschränkt auf das Frühneuhochdeutsche, wobei noch bei Thomas Mann bloßes als zu finden sei (dagegen bis heute als in der Fügung als da sind erhalten, s. o.). Das DWB (29: 1482) führt als früheste Belege für aufzählendes bloßes wie Belege aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und aus dem 18. Jahrhundert an (Grimmelshausen 1669, Kramer 1702, und Klopstock 1751). In der Fügung wie da sind sei es allerdings bereits bei Luther zu finden. Im untersuchten früneuhochdeutschen Korpus sind im Gegensatz zu dieser Darstellung bereits im 15. Jahrhundert erstmals als und (bloßes) wie in aufzählender Verwendungsweise (‚Artvergleich‘ in der Terminologie von Thurmair 2001) belegt, vgl. (328) und (329). Beide Beispiele stammen übrigens aus dem gleichen Text und belegen somit das Nebeneinander von als und wie in dieser Funktion im Frühneuhochdeutschen. (328)

Aufzählendes als: Sent Augustinus in dem boich van der Stat gotz in de- .15. cap. spricht dat die dyere. die in dem wasser leuen. off vp dem wasser als etzlige voegel. vnd die diere die sonder mans vnd wijffs tzodoyn geboren werde. die synt niet gewest ind` archen als synt muysse vliegen. byen. vnd ander der glijchen ‚Sankt Augustin spricht im Buch von der Stadt Gottes im 15. Kapitel, dass die Tiere, die im Wasser leben oder auf dem Wasser wie (beispielsweise) etliche Vögel und die Tiere, die ohne Zutun eines Manns oder einer Frau geboren werden, die sind nicht in der Arche gewesen wie (beispielsweise) Mäuse, Fliegen, Bienen und dergleichen.‘ (Koel 12v, 1–4)

(329)

Aufzählendes wie: Item Adam vnd Eua gauen yren kynderen. yren nichten vnd neuen. yren enckelen. rc. geboder der rechtuerdicheyt wye. dat Sij got voerchten sulden. got dancken vnd louen. vnd geuen offerhande ‚Ebenso gaben Adam und Eva ihren Kindern, ihren Nichten und Neffen, ihren Enkeln etc. Gebote der Rechtschaffenheit wie (beispielsweise), dass sie Gott fürchten sollten, Gott danken und loben und Opfer darbringen‘ (Koel 9r, 36–39)

Auch im frühneuhochdeutschen Korpus aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts finden sich die beiden Partikeln als und wie in aufzählender Funktion, wie die Korpusbelege in (330) und (331) illustrieren. Auch hier wird die

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

207

freie Varianz von aufzählendem als und wie durch zwei Belege aus ein und demselben Text illustriert. (330)

Aufzählendes als: Man sagt auch / daß die Thier / so von der Sonnen von der Feule der Erden / vnd der Feuchtigkeit wachsen / Als Fliegen Spinnen / vnd Kaͤffer / vnnd dergleichen in der Archen nicht gewesen sind, weder Froͤsche noch Kroͤtten etc. ‚Man sagt auch, dass die Tiere, die von der Sonne, von der Fäulnis der Erde und der Feuchtigkeit wachsen wie (beispielsweise) Fliegen, Spinnen und Käfer und dergleichen, nicht in der Arche gewesen sind, noch Frösche oder Kröten etc.‘ (JBang 1r, 20–23)

(331)

Aufzählendes wie: Wer mildt vnd Reich war / vnnd theilet mit durch milde Hand / wie Koͤnig Artus / etc. ‚Wer mild und reich war und mit milder Hand austeilt wie (beispielsweise) König Artus etc.‘ (JBang 9r, 27 f.)

Die Resultate der Korpusauswertung zu aufzählendem als bzw. wie in der zweiten Hälfte des 15. und des 16. Jahrhunderts zeigt Tabelle (332).213 Trotz der insgesamt recht geringen absoluten Zahl von 61 Belegen lässt sich als Ergebnis ein ganz ausgeprägtes Übergewicht von als gegenüber wie in aufzählender Funktion für das Frühneuhochdeutsche im 15. und 16. Jahrhundert feststellen. Als wird mit durchschnittlich knapp unter 100 Prozent nahezu ausschließlich verwendet. Als in aufzählender Funktion ist auch im 16. Jahrhundert noch deutlich häufiger als in den sonstigen Nicht-Grad-Äquativen im gleichen Zeitraum, wo schon jeweils klar wie überwiegt, vgl. Tabelle (297). Dies spricht methodisch für eine Unterscheidung von den Vergleichskonstruktionen im engeren Sinn und gegen eine Unterordnung von aufzählendem als und wie unter die Nicht-Grad-Äquative wie bei Thurmair (2001), vgl. auch Kap. 1.2. Der Anteil von als gegenüber wie in aufzählender Funktion ist im 16. Jahrhundert sogar noch deutlich höher als in den Grad-Äquativen, wo auch immer noch als überwiegt, aber nicht ganz so deutlich wie in aufzählender Funktion. Die sogenannten ‚Artvergleiche‘ (Thurmair 2001) machen also zwar die Entwicklung von als zu wie entsprechend dem Komparativzyklus mit, jedoch deutlich langsamer als die prototypischen Äquativvergleiche. 213 In HKot sind weder als noch wie in aufzählender Funktion enthalten.

208 (332)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Vergleichspartikel in aufzählender Funktion im Frühneuhochdeutschen 1450–1500 und 1550–1600

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als

wie

Neid

1486

Schwäb. (Ulm)

1 (100 %)

0 (0 %)

Taul

1498

OSächs. (Leipzig)

1 (100 %)

0 (0 %)

Koel

1499

Ripuar. (Köln)

94 % (15)

6% (1)

JGrop

1556

Ripuar. (Köln)

4 (100 %)

0 (0 %)

SHerb

1557

MBair. (Wien)

6 (100 %)

0 (0 %)

LLav

1578

OHAlem. (Zürich)

4 (100 %)

0 (0 %)

VDiet

1578

OFränk. (Nürnberg)

1 (100 %)

0 (0 %)

LRauw

1582

Schwäb. (Lauingen)

13 (100 %)

0 (0 %)

JMath

1587

OSächs. (Leipzig)

3 (100 %)

0 (0 %)

JBang

1599

Thür. (Mühlhausen)

10 (91 %)

9% (1)

WRal

1599

Hess. (Frankfurt)

1 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

99 %

1%

Summe (61)

59 (97 %)

2 (3 %)

Die koordinierende Verwendungsweise von als und wie beruht ursprünglich ebenfalls auf dem Äquativvergleich. So heißt es im DWB (9: 1487 f.): „bei verblassen seiner vergleichenden funktion hat wie oft beiordnende bedeutung und kommt dem koordinierenden und nahe“.214 Der Ausdruck Verblassen weist hier auf die stattfindende Grammatikalisierung hin, die ja typischerweise mit

214 Vgl. auch Dückert (1961: 213): die ‚kopulative‘ beruht auf der vergleichenden Verwendung.

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

209

Desemantisierung einhergeht. Es besteht generell eine große semantische Nähe zwischen Koordination und Nicht-Grad-Äquativen des Typs Faktizitätsvergleich, vgl. Kap. 1.2. Beim Faktizitätsvergleich wird ja nicht die graduelle Ausprägung einer Eigenschaft oder die Modalität zweier Ereignisse gleichgesetzt, sondern das bloße Zutreffen des einen Sachverhalts mit dem Zutreffen des anderen Sachverhalts, was der logischen Konjunktion entspricht, z. B. Mein Vater war Bauer, wie auch schon mein Urgroßvater Bauer gewesen ist ‚Mein Vater war Bauer und mein Urgroßvater war Bauer‘ / ‚Mein Vater und mein Urgroßvater waren Bauern‘. Syntaktisch weisen Vergleichskonstruktionen ebenfalls starke Ähnlichkeiten mit Koordinationsstrukturen auf. So bestehen ähnliche Möglichkeiten der Extraktion oder Tilgung von sprachlichem Material (Across-the-Board-Movement, Gapping etc., s. Kap. 8.3), die Vergleich und Koordination von Subordinationsstrukturen unterscheiden. Insofern ist semantisch und syntaktisch eine Grammatikalisierung von koordinierenden Konjunktionen aus Vergleichspartikeln naheliegend. Den engen diachronen Zusammenhang von Koordination und Äquativvergleich verdeutlicht auch die vergleichende Verwendung von ansonsten überwiegend koordinierendem unde im Mittelhochdeutschen, s. Kap. 3.2. Auch aus Grad-Äquativen können diachron Koordinationsstrukturen hervorgehen: Die heute feste zweiteilige koordinierende Konjunktion sowohl … als ist aus dem Grad-Äquativ ‚so gut … wie‘ hervorgegangen. Trotz der beschriebenen semantischen und syntaktischen Nähe von Vergleich und Koordination und der historischen Verbindung beider Funktionen wird die koordinierende Verwendung von als und wie üblicherweise nicht zu den Vergleichskonstruktionen gerechnet, vgl. Hahnemann (1999) und Thurmair (2001), und soll auch hier separat behandelt werden. Koordinierendes als ist erstaunlicherweise weder im DWB (1: 248–259) noch im FWB (1: 842–848, 853–856) erwähnt.215 Die frühesten im DWB (29: 1487 f.) angeführten Belege für die koordinierende Verwendung von wie stammen aus dem 16. Jahrhundert (Luther und Mathesius). Besonders für das 17. Jahrhundert sei koordinierendes wie (verstärkt durch auch) belegt, vgl. auch Dückert (1961: 214). Im untersuchten Korpus sind in alt- und mittelhochdeutscher Zeit keine Belege mit koordinierendem so, als(o) oder wio/wie nachzuweisen und noch im 15. Jahrhundert findet sich in den ausgewerteten Texten keine koordinierende Verwendung der Vergleichspartikeln. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind dann aber sowohl als als auch wie in koordinieren-

215 Eine ebenfalls aus dem Vergleich hervorgegangene koordinierende Konjunktion, die im FWB verzeichnet ist, ist aber beispielsweise desgleichen, s. FWB (5: 491 f.) mit Belegen aus dem 16. Jahrhundert.

210

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

der Funktion im Korpus belegt, vgl. (333) und (334). Zur Illustration der freien Varianz wiederum Belege aus ein und demselben Text, die ganz parallel konstruiert sind. (333)

Koordinierendes als: Die Buͤrger Reich vnd Arm / Trachteten nicht nach eigenem sondern nach gemeinem nutze / dem Armen als dem Reichen. ‚Die Bürger – ob reich oder arm – trachteten nicht nach eigenem, sondern nach allgemeinem Nutzen für den Armen wie den Reichen.‘ (JBang 5v, 25 f.)

(334)

Koordinierendes wie: Wer durch seine vernunfft Recht fand vnnd Recht thet dem Armen wie dem Reichen ‚Wer durch seine Vernunft Recht fand und Recht tat dem Armen wie dem Reichen‘ (JBang 9r, 22 f.)

Noch nicht als koordinierend, sondern noch als echte Grad-Äquative im Sinn von ‚(genau) so gut wie‘ zu werten ist dagegen eine geringe Zahl von Belegen mit (eben) so/als wol als im 15. und 16. Jahrhundert, vgl. (335) und (336). (335)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Korrelat als, Tert. Comp. wol (Vorstufe zu Grammatikalisierung von koordinierendem sowohl als): seint dz dz werck diser geburt geschit in den wesen vnn in dez grunde der selen so geschiet dis als wol yn einem sunder. als in einen guten Menschen ‚weil das Werk dieser Geburt in den Wesen und im Grunde der Seelen geschieht, so geschieht dies so gut (/sowohl) in einem Sünder wie in einem guten Menschen.‘ (Taul 14r B, 35–14v A, 3)

(336)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Korrelat als, Tert. Comp. wol (Vorstufe zu Grammatikalisierung von koordinierendem sowohl als): da dieselbig / eben so wol das vergangen / als dz künfftig leiden Christi hette bezeichen koͤnnen ‚weil diese eben so gut (/sowohl) das vergangene wie das zukünftige Leiden Christi hätte bezeichnen können‘ (JGrop 17v, 35 – 18r, 1)

Diese Fügung ist hier noch nicht grammatikalisiert, sondern weist die ursprüngliche Bedeutung ‚(eben) so gut wie‘ auf. Im 17. Jahrhundert findet man

4.2 Äquative im Frühneuhochdeutschen

211

daneben auch schon klare Fälle von grammatikalisiertem sowohl als, s. u. Kap. 5.2. Eine Übersicht über koordinierendes als bzw. wie in den Korpustexten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bietet die Tabelle (337). Nur die Hälfte der untersuchten Texte aus diesem Zeitschnitt weisen koordinierendes als oder wie auf. In den Texten von Johann Gropper, Ludwig Lavater, Veit Dietrich und Johann Mathesius sind keine Vergleichspartikeln in koordinierender Funktion belegt. (337)

Vergleichspartikel in koordinierender Funktion im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als

wie

SHerb

1557

MBair. (Wien)

1 (100 %)

0 (0 %)

LRauw

1582

Schwäb. (Lauingen)

6 (100 %)

0 (0 %)

JBang

1599

Thür. (Mühlhausen)

1 (50 %)

1 (50 %)

WRal

1599

Hess. (Frankfurt)

4 (50 %)

4 (50 %)

Durchschnitt (%)

75 %

25 %

Summe (17)

12 (71 %)

5 (29 %)

Die absoluten Belegzahlen für koordinierendes als bzw. wie sind mit nur 17 Belegen sehr gering, so dass Aussagen hierzu nur unter Vorbehalt gemacht werden können. Die Ergebnisse bestätigen aber das Vorkommen von koordinierendem wie im 16. Jahrhundert, allerdings erst in den spätesten untersuchten Texten. Insgesamt überwiegt noch als, das in den beiden früheren Texten die einzige koordinierend verwendete Äquativpartikel darstellt. Auch koordinierendes so … als ist belegt, vgl. späteres so … wie (> sowie). In den Texten um 1600 ist dann koordinierendes wie aber schon genauso häufig wie koordinierendes als. Auch als in koordinierender Funktion wird also wie das als in den Äquativvergleichen allmählich durch wie ersetzt und macht insofern den Komparativzyklus mit. Dieser Prozess verläuft jedoch langsamer als in den (übrigen) Nicht-Grad-Äquativen, weshalb die koordinierende Verwendungsweise in der Tat nicht einfach unter die Nicht-Grad-Äquative subsumiert werden sollte. Das Ersetzen von als durch wie geschieht aber in koordinierender Verwendungsweise ähnlich schnell wie in den Grad-Äquativen im gleichen Korpus,

212

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

vgl. Tabelle (297). Damit ist die koordinierende Verwendungsweise im Hinblick auf die diachrone Entwicklung von als zu wie sogar noch ‚vergleichsartiger‘ als die in der Forschung teils als ‚Artvergleich‘ den Vergleichen zumeist näher gestellte aufzählende Verwendungsweise von als bzw. wie.

4.3 Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen Auch bei den hypothetischen Vergleichen gibt es im Frühneuhochdeutschen entscheidende Veränderungen, die zum einen ebenfalls die verwendeten Einleitungselemente betreffen, zum anderen aber auch die Verbstellung im Vergleichssatz. Bereits im Korpus des 15. Jahrhunderts sind neben den aus dem Mittelhochdeutschen bekannten, auch noch im 16. Jahrhundert belegten und laut Ebert et al. (1993: 480) bis ins 17. Jahrhundert gebräuchlichen hypothetischen Vergleichen mit als und Verbendstellung, vgl. (338) und (339), s. auch FWB (1: 846 f.) ausschließlich mit Belegen mit als + Ve (14./15. Jh.), erstmals auch solche mit als und Verberststellung belegt, vgl. (342) und (343), wie sie bis heute im Deutschen häufig vorkommen, vgl. FWB (1: 855 f.) frühester Beleg für hypothetischen Vergleich mit also + V1 ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert.216 Zudem kommen komplexe Einleitungen für hypothetische Vergleiche vor: das im Spätmittelhochdeutschen als elliptische Verschachtelung von Äquativ und Konditionalsatz aufgekommene als ob (s. Kap. 3.3, Beispiel (215)) ist im untersuchten Korpus erstmals im 15. Jahrhundert belegt, vgl. (340) und (341), in einem Fall im 15. Jahrhundert auch bloßes ob, vgl. (344). Im 16. Jahrhundert kommt dann neu auch die Kombination als wenn vor, vgl. (345), die auch gemäß Ebert et al. (1993: 480 f.) vor allem im 16. Jahrhundert neben als ob zu finden ist. Laut Dückert (1961: 221 f.) verdrängt das im Frühneuhochdeutschen neu aufgekommene Muster mit als und Verberststellung zusammen mit

216 Im frühneuhochdeutschen Korpus findet sich selten auch eine besondere Verwendung von hypothetischen Vergleichen mit als und Verberststellung im Sinn von ‚dass‘, z. B.: Weil auch Khuenig Sigmund in Poln in verdacht was / als fuerderte der selb seinen schwager / khame mit dem Khayser in ainen vnwillen. – ‚Weil auch König Sigmund in Polen im Verdacht war, dass [wörtl.: als] derselbe seinen Schwager förderte, kam er mit dem Kaiser in Konflikt.‘ (SHerb 1r E, E, 42 f.); Sie vermeinten / als wuͤrden uns die Schwerdter im Wasser verrostet seyn. − ‚Sie meinten, dass [wörtl.: als] uns die Schwerter im Wasser verrostet sein würden‘ ~ ‚Sie hatten so eine Meinung, als würden …‘ (CWei 113, 19 f.). Konstruktionen dieser Art könnten alternativ zur Annahme der Entstehung aus dass durch Wegfall des d- (vgl. Kap. 3.1 zu polaritätsabhängigen Konjunktionen und Kap. 6.1, Ausführungen zu (501)) die Grundlage für die Verwendung von as als generell-subordinierender Konjunktion ‚dass‘ z. B. in bestimmten alemannischen Varietäten sein.

4.3 Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen

213

als ob und als wenn das alte Muster mit als und Verbendstellung völlig. Nur selten belegt sind im Korpus des 16. Jahrhunderts mit als dass eingeleitete hypothetische Vergleiche wie in (346). In anderen frühneuhochdeutschen Quellen teilweise belegte weitere komplexe Vergleichsanschlüsse in hypothetischen Vergleichen wie als sam(e), sam ob, sam als, gleich sam, gleich ob, gleich als ob, gleichsam als (wenn), gleichsam ob, gleich als, vgl. Ebert et al. (1993: 481) und FWB (6: 2299 f.), sind im untersuchten Korpus ebensowenig belegt wie hypothetische Vergleiche mit bloßem wie, (al)sam oder gleich, vgl. hierzu Ebert et al. (1993: 480 f.), DWB (29: 1485 f.), FWB (1: 849, 6: 2299 f.). Bei sam und gleich wandelt sich im Lauf des Frühneuhochdeutschen die Verbstellung im hypothetischen Vergleich ähnlich wie bei bloßem als von Verbend- zu Verberststellung, vgl. sam sie alle ire kint weren (Ebner 2, nach Ebert et al. 1993: 481) vs. sam wern sie gegenwertig (Eyb 16, nach Ebert et al. 1993: 481), s. auch FWB (6: 2299 f.) mit Belegen für gleich + Ve aus dem 15. Jahrhundert und gleich + V1 aus dem 16. Jahrhundert, vgl. auch Dückert (1961: 221). Dagegen weisen hypothetische Vergleiche mit bloßem wie stets Verbendstellung auf, vgl. DWB (29: 1486 f.): (sie) scheynen wie sie grosz heyligen weren (Luther 9, 260 (1520)), dünckt mich doch, wisz Dürnruse wäre (Gryphius, Lustspiele 292 (1661)). (338)

Hypothetischer Vergleich mit als + Ve (15. Jh.): do kam ain grosser ludem vnd geruͤ mppel, als vil mit harnasch an der tuer wëren ‚Da kam ein großer Krach und ein Gerumpel, als wären viele mit Harnischen an der Tür.‘ (HKot 16, 12 f.)

(339)

Hypothetischer Vergleich mit alß + Ve (16. Jh.): Dise oberzelte alle / woͤllen wol dafuͤr angesehen sein / alß die jrem Ampt fleißig nachkommen / so sie doch im geytz ( der ein wurtzel alles vbels ) maistthails dermassen seind ersoffen / das […] ‚Die Erwähnten wollen alle dafür angesehen werden, als kämen sie ihrem Amt fleißig nach, obwohl sie doch im Geiz, der eine Wurzel allen Übels ist, größtenteils dermaßen ertrunken sind, dass …‘ (LRauw 44, 12–15)

(340) Hypothetischer Vergleich mit als + ob (15. Jh.): da erkam der man als hart, daz er die varib verkerat, als ob er halber tod wër ‚Da erschrak der Mann so sehr, dass er sich ganz verfärbte, als ob er halb tod wäre.‘ (HKot 14, 7 f.)

214

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

(341)

Hypothetischer Vergleich mit als + ob (16. Jh.): Do stůnd der Laͤßmeister hinder einem fürhang / redt durch ein ror / als ob er Christus waͤre zů Maria : Můter warumb weinest ‚Da stellte sich der Lesemeister hinter einen Vorhang und sprach durch ein Rohr, als ob er Christus wäre, zu Maria: Mutter, warum weist du?‘ (LLav 28r, 4–7)

(342)

Hypothetischer Vergleich mit (komplexer Vergleichspartikel bzw. matrixinternem gelijch) als + V1 (15. Jh.): Want as Beda spricht die wassere die da synt / die synt gelijch as were sij gevroren. ‚Denn, wie Beda sagt, die Wasser, die da sind, die sind (gleich/so) als wären sie gefroren.‘ (Koel 7r, 10 f.)

(343)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1 (16. Jh.): das sie es nit achten / sondern inn wind schlagen / als sey nit vil dran gelegen ‚dass sie es nicht achten, sondern in den Wind schlagen, als sei nicht viel daran gelegen‘ (VDiet 21v, 27 f.)

(344)

Hypothetischer Vergleich mit ob + Ve (15. Jh.): Und wie die junger. Ob er spraͤch. so ich deß smaichens ain maister bin und mir ander auch nachvolgen woͤllen so haissen sie billich nach meinem namen gnatoner. wann ich haiß gnato . ‚Und wie die Jünger: So, als ob er spräche: Wenn ich ein Meister des Schmeichelns bin und mir andere auch nachfolgen wollen, so werden sie zurecht nach meinem Namen Gnatoner genannt, denn ich heiße Gnato.‘ (Neid 49, 17–19)

(345)

Hypothetischer Vergleich mit als + wenn (16. Jh.): so bedunckt jn zun zyten er hoͤre etwas susen oder prastlen als wenn es windete ‚so schien ihm zeitweise, er höre etwas sausen oder prasseln, als wenn es stürmte‘ (LLav 18v, 10–12)

(346)

Hypothetischer Vergleich mit als + das (16. Jh.): Filweiniger soellet jr darab vrsach nemmen / an meinen worten zu zweifelen / als das jch solchs zu thun nit vermoechte.

215

4.3 Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen

‚Viel weniger sollt ihr darum an meinen Worten zweifeln, als ob ich solches nicht tun könnte.‘ (JGrop 15v, 26 f.) Die Untersuchung der hypothetischen Vergleiche ergibt insgesamt, dass die auch im heutigen Deutschen noch zu findende, für hypothetische Vergleiche im Unterschied zu sonstigen Äquativvergleichen so typische Vielfalt der besonderen Vergleichsanschlüsse sich im Frühneuhochdeutschen herausbildet.217 Die Tabellen in (347) und (348) fassen die quantitativen Ergebnisse der Korpusauswertung zu den hypothetischen Vergleichen in den Texten aus der zweiten Hälfte des 15. und 16. Jahrhunderts zusammen.218 (347)

Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen 1450–1500

Text

Zeit

HKot

Dialekt (Ort)

als + Ve

als + ob

als + V1

ob + Ve

als + wenn

1445– Bair. 1452 (Wien)

1 (50 %)

1 (50 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Neid

1486

Schwäb. (Ulm)

0% (0)

104 (98 %)

1 (1 %)

1 (1 %)

0 (0 %)

Taul

1498

OSächs. (Leipzig)

0% (0)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Koel

1499

Ripuar. (Köln)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

13 %

62 %

25 %

0%

0%

Summe (111)

1 (1 %)

106 (95 %)

3 (3 %)

1 (1 %)

0 (0 %)

217 In hypothetischen Vergleichen kann wie in anderen Äquativen auch ein Korrelat zum Vergleichsstandard im Matrixsatz auftreten. Interessant ist vor dem Hintergrund der späteren Grammatikalisierung von inmassen zur Äquativpartikel (vgl. Kap. 5.2) insbesondere korrelatartig verwendetes in maß, das sich im Korpus des 15. Jahrhunderts in einem hypothetischen Vergleich findet: Darumb nemen die welhin kain messer oder gürtel geschenckt sie geben etwas gelts herwider wie wenig das seie in maß als ob es ain kauff seie. ‚Darum nehmen die Welschen kein Messer oder Gürtel als Geschenk. Sie geben etwas Geld dafür, wie wenig es auch sei, so als ob es ein Kauf sei.‘ (Neid 69, 21–23) Ebenfalls im 15. Jahrhundert ist gelijch(erwijss) als korrelatartiges Element in hypothetischen Vergleichen belegt (zwei Belege bei Koelhoff). 218 Von den 104 Belegen für hypothetische Vergleiche mit als ob in Neidhards „Eunuchus“ handelt es sich in 75 Fällen um formelhaftes als ob er/sie spraeche in Neidharts Kommentaren zum Eunuchus. Bei Johann Gropper ist zusätzlich zu den in der Tabelle aufgeführten Mustern drei mal als + dass und einmal als + CP-Verschachtelung in hypothetischen Vergleichen belegt.

216 (348)

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen 1550–1600

Text

Zeit

Dialekt (Ort)

als + Ve

als + ob

als + V1

ob + Ve

als + wenn

JGrop

1556

Ripuar. (Köln)

0 (0 %)

3 (30 %)

7 (70 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

SHerb

1557

MBair. (Wien)

0 (0 %)

1 (10 %)

9 (90 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

LLav

1578

OHAlem. (Zürich)

0 (0 %)

8 (89 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

1 (11 %)

VDiet

1578

OFränk. (Nürnberg)

1 (8 %)

0 (0 %)

11 (92 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

LRauw

1582

Schwäb. (Lauingen)

1 (20 %)

0 (0 %)

3 (60 %)

0 (0 %)

1 (20 %)

JMath

1587

OSächs. (Leipzig)

0 (0 %)

0 (0 %)

3 (75 %)

0 (0 %)

1 (25 %)

JBang

1599

Thür. 0 (Mühlhausen) (0 %)

0 (0 %)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

WRal

1599

Hess. (Frankfurt)

0 (0 %)

3 (60 %)

1 (20 %)

0 (0 %)

1 (20 %)

Durchschnitt (%)

3,5 %

24 %

63 %

0%

9,5 %

Summe (56)

2 (4 %)

15 (27 %)

35 (62 %)

0 (0 %)

4 (7 %)

Gemäß Ebert et al. (1993: 480 f.) ist Verbendstellung in mit als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen bis ins 17. Jahrhundert belegt. Es nimmt jedoch im Lauf des Frühneuhochdeutschen die Stellung des finiten Verbs unmittelbar nach als zu (ebenso bei Einleitung mit wie und sam).219 Meine Auswertung von Texten des Bonner Frühneuhochdeutsch-Korpus ergibt, dass Verbendstellung in bloß durch als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen schon in der zweiten Hälfte des 15. und 16. Jahrhunderts fast verschwunden ist – es finden sich in beiden Jahrhunderten nur noch ein bis zwei Belege. Im 15. Jahrhundert bildet das Muster als + ob mit Verbendsatz mit großem Abstand das Hauptmuster der hypothetischen Vergleiche, gefolgt von dem noch deutlich selteneren neuen Verbstellungsmuster als + Verberstsatz. Dane-

219 In Ebert et al. (1993) wird dieses Muster fälschlicherweise als Verbzweitstellung bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich um mit als angeschlossene Verberststellungssätze (als + V1), s. auch Kap. 8.1.1.

4.3 Hypothetische Vergleiche im Frühneuhochdeutschen

217

ben findet sich nur einmalig einfaches ob mit Verbendsatz. Im Korpus des 16. Jahrhunderts stellen hypothetische Vergleiche der Form als + Verberstsatz insgesamt deutlich das Hauptmuster dar. Am zweithäufigsten ist die Einleitung mit als + ob und etwas seltener die Kombination von als mit der im Vergleich zu ob neueren Konditionalkonjunktion wenn/wann. Nur bei Johann Gropper ist selten in hypothetischen Vergleichen als + dass belegt (vgl. bis dass statt bis). Das im Frühneuhochdeutschen neu aufgekommene Muster der hypothetischen Vergleiche mit als und Verberstsatz setzt sich also insgesamt sehr rasch durch, wohingegen die im Mittelhochdeutschen typische Verbendstellung in durch bloßes als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen im 15. und 16. Jahrhundert schon nahezu ausgestorben ist. Als mit Verberstsatz ist in der Hälfte der untersuchten Texte des 15. Jahrhunderts und in fast allen Texten ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in hypothetischen Vergleichen belegt. Wo dieses Muster vorkommt, wird es im 16. Jahrhundert überwiegend verwendet. Dieser im Frühneuhochdeutschen zu beobachtende Verbstellungswandel in durch bloßes als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen von Verbendstellung zu Verberststellung stellt ein entscheidendes Diagnostikum für einen Wandel der syntaktischen Position von als von einer tieferen in eine höhere syntaktische Kopfposition dar (dazu s. u. Kap. 8.1.1). Dieser syntaktische Positionswandel von als wird zudem durch die zunehmende Verwendung von als ob sowie das Aufkommen von als + wenn/wann sowie als + dass ‚als ob‘ belegt. Im Alt- und Mittelhochdeutschen und noch im frühen Frühneuhochdeutschen entsprachen hypothetische Vergleiche syntaktisch weitgehend den übrigen Äquativvergleichen. Nur der Modus des Konjunktivs kennzeichnete i. d. R. die hypothetische oder irreale Komponente. Durch die drei neuen bzw. zunehmend verwendeten syntaktischen Muster als + V1, als + ob, als + wenn wird nun stärker formal gekennzeichnet, was die hypothetischen Vergleiche semantisch ausmacht, nämlich dass sie Kombinationen aus Vergleich und Konditional darstellen (s. Kap. 1.2, 8.1.1). Als markiert hierbei den äquativischen Vergleich, der Verberst-, ob- oder wenn-Satz ist Ausdruck des Konditionals. Verberst-Konditionale sind ein alter Formtyp der Konditionalsätze im Deutschen und bereits seit dem Althochdeutschen belegt (Schrodt 2004: 156, Axel/ Wöllstein 2009). Ob ist die alte, heute in dieser Funktion nicht mehr gebrauchte Konditionalkonjunktion im Deutschen. Es entspricht etymologisch dem englischen if. Wenn kommt bis heute als Konditionalkonjunktion vor. Die auf diese Weise im Lauf des Frühneuhochdeutschen herausgebildete formale Trennung der hypothetischen Vergleiche von den sonstigen Äquativvergleichen hat bis heute Bestand. Die hypothetischen Vergleiche stellen seither eine relativ stabile Sondergruppe dar, die auch den bei allen anderen Arten von Äquativen sich vollziehenden Wandel der Vergleichspartikel im Kompara-

218

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

tivzyklus von als zu wie nicht vollständig mitgemacht hat.220 Selbst in den Dialekten und in der Umgangssprache ist hier bis heute kaum Wandel zu verzeichnen, s. Kapitel 6.3. In den hypothetischen Vergleichen kommt so noch im heutigen Deutschen die sonst als Komparativpartikel gebräuchliche Vergleichspartikel als vor,221 obwohl eine (hypothetische) Gleichheit und nicht eine Ungleichheit ausgedrückt wird, was laut Altmann (1997: 79) „wegen der Beschränkung auf ungleichstufige Vergleiche eigentlich nicht vorkommen“ dürfte. Vor diachronem Hintergrund lässt sich dies also leicht erklären: als ist in dieser Sondergruppe der Äquativvergleiche schlicht in seiner alten Funktion als Äquativpartikel erhalten geblieben. Durch den Sonderstatus der hypothetischen Vergleiche und ihre konditionale Bedeutungskomponente ist die im Frühneuhochdeutschen entstandene und bis heute im Deutschen bestehende Vielfalt der Einleitemöglichkeiten in dieser Art von Vergleichen im Gegensatz zu sonstigen Vergleichskonstruktionen zu erklären.

4.4 Zusammenfassung Im Frühneuhochdeutschen zeigt sich ein deutlicher Sprachwandel in den Vergleichskonstruktionen, vor allem in den Äquativvergleichen und hypothetischen Vergleichen. In den Komparativvergleichen des 15. und 16. Jahrhunderts bildet dann/denn noch wie im Alt- und Mittelhochdeutschen das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses. Sein durchschnittlicher Anteil wird im Verlauf des Frühneuhochdeutschen bis auf über 90 Prozent ausgebaut, wohingegen der im Mittelhochdeutschen häufig belegte Vergleichsanschluss mit wann im 15. Jahrhundert stark zurückgeht und schließlich im 16. Jahrhundert praktisch ausstirbt. Erst im 16. Jahrhundert deutet sich in durchschnittlich allerdings unter fünf Prozent der Komparativvergleiche zaghaft das Aufkommen von komparativischem als an. Sehr selten tritt im Frühneuhochdeutschen zudem weder als Komparativpartikel auf, das im untersuchten Korpus nur in einem Text des 16. Jahrhunderts belegt ist. In den Äquativvergleichen tritt vom 15. zum 16. Jahrhundert ein sehr markanter Wandel ein: Die im Mittelhochdeutschen das Hauptmuster darstellende Äquativpartikel als(o), deren Übergewicht im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts sogar noch auf über 90 Prozent der Äquative ansteigt und die nun in sämtlichen Äquativarten (in Nicht-Grad-Äquativen und Grad-Äquati-

220 Ähnlich wie das idiomatisierte aufzählende als da sind und das koordinierende sowohl als. 221 Neben neuerem wie + wenn.

4.4 Zusammenfassung

219

ven) deutlich überwiegt, wird zum 16. Jahrhundert weitgehend von der im 15. Jahrhundert mit durchschnittlich zwei Prozent noch extrem seltenen neuen Äquativpartikel wie abgelöst. Im 16. Jahrhundert wird der Vergleichsstandard bereits durchschnittlich in über vier Fünfteln aller Äquativvergleiche mit wie angeschlossen, wohingegen der Anteil des im Mittelhochdeutschen und noch bis ins 15. Jahrhundert überwiegenden als(o) auf deutlich unter ein Fünftel zurückgeht. Der durchschnittliche Anteil von wie nimmt damit in den untersuchten Korpusdaten vom 15. zum 16. Jahrhundert um reichlich 80 Prozent zu, der von als(o) geht umgekehrt um ca. 75 Prozent zurück. Es zeigt sich also ein weitgehendes und rasches Ablösen der Äquativpartikel als durch wie im Lauf des Frühneuhochdeutschen. Im 16. Jahrhundert ist damit die Entwicklung bei den Äquativpartikeln von als zu wie schon deutlich weiter fortgeschritten als im gleichen Zeitraum die Entwicklung bei den Komparativpartikeln von denn zu als, die noch ganz am Anfang steht und erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts am Übergang zum Neuhochdeutschen zum Tragen kommt (vgl. Kap. 5.1). Bemerkenswert ist die syntaktische und semantische Konditionierung der Entwicklung von als zu wie in den frühneuhochdeutschen Äquativvergleichen: wie ist überwiegend in Satzvergleichen, seltener in Phrasenvergleichen zu finden, sowie überwiegend – in vielen Texten sogar ausschließlich – in NichtGrad-Äquativen, d. h. Äquativen ohne Gradsemantik. Damit wird in jeder der drei semantischen Hauptarten des Vergleichs im 16. Jahrhundert als Hauptmuster eine eigene Vergleichspartikel zur Einleitung des Vergleichsstandards verwendet: in Komparativvergleichen überwiegend denn, in Grad-Äquativen überwiegend als und in Nicht-Grad-Äquativen überwiegend wie, wobei als Korrelat im Frühneuhochdeutschen zunächst überwiegend also verwendet wird, später jedoch zunehmend wieder bloßes so (z. B. Sie ist größer denn er – Sie ist (al)so groß als er – Sie macht es (al)so wie er). (In manchen Korpustexten ist die Vergleichspartikel als in allen Arten von Vergleichen belegt, jedoch in Komparativen und Nicht-Grad-Äquativen nicht als Hauptmuster.) Im Verlauf des Frühneuhochdeutschen ist zudem ähnlich wie bereits im Althochdeutschen die (einsetzende) Grammatikalisierung neuer komplexer Äquativpartikeln aus ursprünglich matrixinternem Element und Äquativpartikel zu beobachten. Nachdem im 15. Jahrhundert schon gelegentlich äquativisches gleich als und in analoger Weise recht als, teilweise auch also als auftritt, deuten im 16. Jahrhundert das Vorkommen von gleich als bzw. gleich wie am Satzanfang, ihre Abgrenzung vom Matrixsatz durch Interpunktion sowie die vielfach belegte Zusammenschreibung gleichwie auf Univerbierung und Grammatikalisierung zu neuen Äquativpartikeln hin. Ähnliche Ansätze sind im 16. Jahrhundert auch für in maßen u. ä. in Kombination mit wie festzustellen.

220

4 Vergleichskonstruktionen im Frühneuhochdeutschen

Im Frühneuhochdeutschen findet sich erstmals auch die aus dem Äquativvergleich hervorgegangene aufzählende Verwendungsweise von als und wie, die in der Literatur auch teilweise als ‚Artvergleich‘ mit zu den Äquativen gerechnet wird. Im untersuchten Korpus des 15. und 16. Jahrhunderts wird in dieser Funktion fast ausschließlich als und noch kaum wie verwendet. Die Entwicklung von als zu wie verläuft hier also deutlich verzögert gegenüber den Äquativvergleichen, was dafür spricht, diese Fälle separat zu behandeln und nicht unter die übrigen Äquativvergleiche zu subsumieren. Die ebenfalls auf einem Äquativvergleich beruhende koordinierende Verwendungsweise von als und wie lässt sich im untersuchten Korpus erst im 16. Jahrhundert nachweisen. Auch hier nimmt der Anteil von wie gegenüber zunächst noch deutlich überwiegendem als ganz allmählich zu, jedoch weniger schnell als in den sonstigen Äquativvergleichen. In den hypothetischen Vergleichen bildet sich im Frühneuhochdeutschen die noch im heutigen Deutschen für diese Vergleichsart typische Bandbreite von Anschlussmöglichkeiten heraus und damit die formale Trennung der hypothetischen Vergleiche von den übrigen Äquativvergleichen. Während das im späten Mittelhochdeutschen aufgekommene als ob sowie das neue Muster mit als mit Verberststellung bereits überwiegt und zudem die neue komplexe Einleitung mit als wenn aufkommt, sind hypothetische Vergleiche mit als und Verbletztstellung praktisch nicht mehr belegt, was auf einen Wandel in der syntaktischen Position von als hindeutet (vgl. Kap. 8.1.1).

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen Bereits zu Beginn der neuhochdeutschen Sprachstufe ab Mitte des 17. Jahrhunderts ergibt sich bezüglich der Vergleichskonstruktionen wiederum ein deutlich anderes Bild als noch Ende des 16. Jahrhunderts, insbesondere bei den Komparativvergleichen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung unterstützen damit die übliche sprachhistorische Grenzziehung zwischen Frühneuhochdeutsch und Neuhochdeutsch. Im Folgenden werden die Resultate der Korpusuntersuchung zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dargestellt, sowie Ausblicke auf die weitere Entwicklung im Neuhochdeutschen des 18. und 19. Jahrhunderts gegeben.

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und damit zu Beginn des Neuhochdeutschen zeigen sich deutliche Unterschiede im Komparativanschluss zum Frühneuhochdeutschen 100 Jahre zuvor.222 Die grundsätzlichen Typen des Vergleichsanschlusses stimmen dabei weitgehend überein: Komparativvergleiche können mit der Partikel dann/denn, als oder selten ohne Vergleichspartikel angeschlossen sein, wie die Korpusbelege in (349), (350) und (351) illustrieren. Komparativisches weder ist dagegen im hier untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts nicht mehr belegt und kann damit als eher typisch für das Frühneuhochdeutsche charakterisiert werden, vgl. DWB (27: 2842 f.) und Ebert et al. (1993: 480), wo jedoch auch für das 17. Jahrhundert noch vereinzeltes komparativisches weder vermerkt wird. Dialektal ist weder ganz vereinzelt im Oberdeutschen bis heute erhalten, s. Kap. 6.1. (349)

Komparativ mit dann/denn: O daß doch iemand meinen Jammer woͤge / und mein Leiden zusammenlegte in eine Wag-Schale / so wuͤrde er schwerer sein / denn der Sand am Meer. (GGöz 235, 5–11)

222 Die Korpustexte aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sind zwar Teil des Bonner Frühneuhochdeutschkorpus, stammen aber aus einer Zeit, die nach der seit Scherer (1890) üblichen Periodisierung des Deutschen schon dem ab ca. 1650 anzusetzenden Neuhochdeutschen zuzurechnen ist. https://doi.org/10.1515/9783110561234-005

222

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(350)

Komparativ mit als: Aber / wie ehrgeitzigen hohen Leuten / die grosser Authoritaͤt und Macht gewohnt / der tieffe Respect eines grossen Volcks / und der darvon herfliessende Pracht und Herrlichkeit lieber / als das Leben selbsten ist / … (HLud 41/42 B, 36–41/42 A, 4)

(351)

Komparativ ohne Vergleichspartikel (komplexer Vergleichssatz mit uneingeleitetem V2-Nebensatz): durch disen Vortheil kan anderst nicht seyn / es muͤssen tausenderley Arden / Erfindungen / List-spruͤnge / Vormuster / und Außschlaͤge der Liebes-Passion, und folgends zu den Romanen tuͤchtige Einfaͤhle kommen. (GHeid 36, 6–12)

In der Literatur wird fürs 17. Jahrhundert zudem bereits vereinzeltes komparativisches wie, vgl. (352), angeführt, so in Ebert et al. (1993: 480), im DWB (29: 1483 f.) und bei Dückert (1961: 216: wie ganz vereinzelt im Schwäbischen). Im hier untersuchten Korpus finden sich noch keine entsprechenden Belege. (352)

Komparativ mit wie: mer daran verbrechen wie gutt machen (H. U. Krafft, Reisen 248 (Anfang 17. Jh.), nach DWB 29: 1483)

(353)

Komparativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

dann/denn

als

Sonstiges

JRos

1653

Ripuar. (Köln)

1 (3 %)

32 (97 %)

0 (0 %)

CSchor

1660

Schwäb. (Ulm)

0 (0 %)

13 (100 %)

0 (0 %)

GGöz

1664

Thür. (Jena)

1 (5 %)

21 (95 %)

0 (0 %)

SBirk

1668

OFränk. (Nürnberg)

0 (0 %)

19 (95 %)

1 ohne Vgl.part. (5 %)

DeoGr

1680

MBair. (Wien)

0 (0 %)

16 (100 %)

0 (0 %)

CWei

1684

OSächs. (Leipzig)

0 (0 %)

18 (100 %)

0 (0 %)

GHeid

1698

OHAlem. (Zürich)

1 (3 %)

30 (94 %)

1 ohne Vgl.part. (3 %)

HLud

1699

Hess. (Frankfurt)

0 (0 %)

18 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

1%

98 %

1%

Summe (172)

3 (2 %)

167 (97 %)

2 (1 %)

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

(354)

Karte Komparativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700

223

224

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Während die belegten Typen des Komparativanschlusses also mit denen des 16. Jahrhunderts weitgehend übereinstimmen, ist die Verteilung eine gänzlich andere, wie die in Tabelle (353) dargestellten Korpusergebnisse zeigen. Wie die quantitativen Daten nachweisen, ist schon zu Beginn der neuhochdeutschen Periode ab Mitte des 17. Jahrhunderts der übliche Komparativanschluss nicht mehr, wie seit dem Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen und noch Ende des 16. Jahrhunderts dann/denn, sondern in der Regel als. Dies bestätigt die Aussage in DWB (1: 250) und Ebert et al. (1993: 480), dass in den Komparativvergleichen als im 17. Jahrhundert die gegenüber denn gewöhnlichere Form wird. Im Durchschnitt wird als in nahezu 100 Prozent der im untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts enthaltenen Komparativkonstruktionen verwendet, in der Hälfte der Texte in der Tat bereits ausschließlich.223 Dies stellt einen radikalen Wandel im Vergleich zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dar, wo als nur in unter fünf Prozent der Fälle verwendet wurde und dann/denn mit über 90 Prozent klar überwog, vgl. Tabelle (231). Dann/denn kommt dagegen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kaum noch vor. In der Mehrzahl der Texte ist die Komparativpartikel dann/denn gar nicht mehr belegt. Daneben sind mit durchschnittlich einem Prozent etwa genauso selten wie Komparativvergleiche mit dann/denn auch Komparativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel belegt. Der Komparativanschluss stellt somit ein sehr gutes Kriterium zur Unterscheidung von Frühneuhochdeutsch und Neuhochdeutsch dar: Im Frühneuhochdeutschen wird der Vergleichsstandard in Komparativkonstruktionen wie schon im Alt- und Mittelhochdeutschen in aller Regel mit dann/denn angeschlossen, im Neuhochdeutschen dagegen praktisch immer mit als. Innerhalb von nur 100 Jahren hat sich hier das Bild also grundlegend gewandelt – und zwar flächendeckend, wie die Karte in (354) zeigt, die die Korpusergebnisse in ihrer räumlichen Verteilung wiedergibt. Im gesamten hochdeutschen Sprachraum ist innerhalb eines Jahrhunderts ein durchgreifender Wandel eingetreten: es wird überall praktisch ausschließlich als für den Komparativanschluss verwendet. Dann/denn findet sich nur resthaft, wobei keine deutliche Arealbildung vorliegt: es ist vereinzelt im Westmitteldeutschen, Ostmitteldeutschen und Westoberdeutschen belegt. Kompa-

223 Zu dieser Entwicklung finden sich noch im 19. und 20. Jahrhundert sprachkritische Stellungnahmen. So schreibt beispielsweise Grimm (1884: 296) dass „beide als und wie nach Komparativen tadelhaft gegenüber dem alten bewährten denn [sind]. Die Ungenauigkeit hatte im als begonnen und ist im wie fortgeschritten“. Im DWB (1: 251) heißt es „Zum troste gereicht, dasz das alte gute denn wenigstens noch im höheren, feierlichen stil fort besteht“. Ähnlich kritisch äußert sich noch Lerch (1942: 362): „Es ist zu verstehen, daß unter den obwaltenden Umständen das (böse) Beispiel, das einige gaben, sogleich Nachahmung fand und daß das eigentlich unrichtige als sich immer mehr ausbreitete.“

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

225

rativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel sind nur ganz vereinzelt im Oberdeutschen zu finden. Komparativvergleich mit wie ist im untersuchten Korpus aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch nicht nachzuweisen, auch nicht im Schwäbischen, wo laut Dückert (1961: 216) bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts vereinzelt komparativisches wie vorkommt: Christoph Schorer verwendet in seiner 1660 in Ulm gedruckten Chronik von Memmingen ausschließlich die Komparativpartikel als. Der Wandel der Komparativpartikel von dann/denn zu als ist also sehr rasch von statten gegangen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hat er noch kaum eingesetzt, vgl. Tabelle (231) und Karte (232), in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist er schon weitgehend abgeschlossen. Ähnlich radikal war der bei den Äquativen zu beobachtende Wandel von als zu wie innerhalb des Frühneuhochdeutschen vom 15. zum 16. Jahrhundert, wobei wie dann noch nicht Werte um 100 Prozent erreicht und es auch noch Jahrhunderte dauert, bis es sich wirklich völlig gegen als durchsetzt, vgl. Kap. 5.2. Dass der Wandel von denn zu als in den Komparativvergleichen innerhalb weniger Generationen so umfassend erfolgen konnte, und damit insgesamt schneller abgeschlossen ist, als der schon früher einsetzende Wandel von als zu wie in den Äquativvergleichen, lässt sich meines Erachtens erklären aufgrund der Tatsache, dass als bereits vorher vollständig zur Vergleichspartikel grammatikalisiert war und damit die typische Distribution einer Vergleichspartikel aufwies, indem es Satzund verschiedene Phrasenvergleiche anschließen konnte. Als erweiterte also seine Distribution lediglich auf Komparativvergleiche ohne seinen grammatischen und syntaktischen Status zu ändern (vgl. auch Kap. 8.1.1), was gemäß der Standard-Semantik des Vergleichs (von Stechow 1984, Heim 2000, vgl. Kap. 7.3.5) nicht einmal einen semantischen Wandel bedeutet, da zwischen Äquativ- und Komparativpartikeln nach dieser Analyse kein semantischer Unterschied besteht und die Komparativ- oder Äquativsemantik vielmehr durch das Komparativmorphem bzw. das Äquativkorrelat ausgedrückt wird.224 Wie musste, um als Äquativpartikel verwendet werden zu können, dagegen erst aus einem w-Element (Relativadverb) zu einer echten Vergleichspartikel grammatikalisiert werden und damit desemantisiert und syntaktisch von einer vollständigen Adverbphrase zum bloßen konjuktionalen Kopf werden, vgl. Kap. 8.1.2, um auch Phrasenvergleiche anschließen zu können. Dieser Grammatikalisierungsprozess ist offensichtlich langwieriger als die bloße Distributionserweiterung oder -verschiebung einer schon bestehenden Vergleichspartikel von einer Vergleichsart zu einer anderen.

224 Ggf. ist aber ein Wandel entsprechender formaler (uninterpretierbarer) Kongruenzmerkmale zum Korrelat bzw. Komparativmorphem anzusetzen, s. Kap. 7.3.5 und 8.3.

226

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Bezüglich der syntaktischen Distribution zeigen die Komparativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel, die auch quantitativ und räumlich am stärksten beschränkt sind, natürlich die geringste Bandbreite. In den einzigen beiden Belegen für partikellose Komparativvergleiche im Korpus des 17. Jahrhunderts, (351) und (355), liegt jeweils ein an das Tertium Comparationis ‚nicht anders‘ angeschlossener komplexer Vergleichssatz aus Komparativvergleich und uneingeleitetem Verbzweit-Nebensatz vor,225 dem im heutigen Standarddeutschen eher eine Konstruktion mit Komparativpartikel als und dass-Satz entsprechen würde. (Angesichts dieses sehr spezifischen Kontexttyps lassen sich die partikellosen Komparativvergleiche ggf. als Kollokationen charakterisieren.) (355)

Komparativ ohne Vergleichspartikel: Die Wacht am Thor / von den Hunden und Pferden geblendet / meinte nicht anderst / ihr Herr werde vom Feind gejaget (SBirk 67 A, 34–37) 226

Auch die Belege für Komparativanschluss mit dann/denn fallen zahlenmäßig im 17. Jahrhundert nicht ins Gewicht. Entsprechend gering ist auch hier die belegte syntaktische Varianz. In den drei im Korpus enthaltenen Fällen handelt es sich jeweils um Phrasenvergleiche: zwei Mal bildet eine NP den Vergleichsstandard, vgl. (349) und (356), einmal eine PP, vgl. (357). Dies ist insofern nicht verwunderlich, als NPs über die Jahrhunderte hinweg der häufigste Typus des Vergleichsstandards in Phrasenvergleichen sind. Man könnte diesen Befund aber auch so interpretieren, dass er Friedlis (2012: 251) Zugänglichkeitshierarchie stützt, derzufolge neue Muster des Komparativanschlusses zuerst in NPs und PPs auftreten, und aussterbende Muster sich genau dort auch noch am längsten halten (s. u. Kap. 6.1, (505)) – hier also auch bei dem aussterbenden komparativischen dann/denn. Satzvergleiche mit dann/denn sind im untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts nicht belegt. Als Tertium Comparationis wird in (349) eine prädikative AP verwendet, in (356) und (357) jeweils ein nIndefinitum (‚nichts‘ bzw. ‚nirgends‘) zusammen mit ‚anders‘. Dann/denn ist im frühen Neuhochdeutschen sowohl in positiven, vgl. (349), als auch in nega-

225 Vgl. entsprechende Konstruktionen im Althochdeutschen, Kap. 2.1, Bsp. (39), Mittelhochdeutschen, Kap. 3.1, Fußn. 132, und Frühneuhochdeutschen, Kap. 4.1, Bsp. (240). 226 Interessant ist hier auch das t an anderst (sog. unorganisches /t/, vgl. nieman > niemand etc.), s. auch Bsp. (365), das sich dialektal und umgangssprachlich bis heute findet, ebenso wie zusätzliche Suffigierung von -er (anderster) zur expliziten morphologischen Markierung des inhärenten Komparativmerkmals von anders.

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

227

tiven Kontexten belegt, vgl. (356) und (357), distributionell also weiterhin nicht bezüglich der Polarität eingeschränkt. (356)

Komparativ mit dann/denn, Phrasenvgl. NP: daß die Romans gestattet seyen / als die zum meistentheil nichts anders seyn / denn wolberedte Benennungen uͤppiger Buhler-Haͤndel / und Widereinfuͤhrung der Heydnischen Goͤtzen. (GHeid 51, 13–18)

(357)

Komparativ mit dann/denn, Phrasen vgl. PP: behuͤt vns vor aller Gottslaͤsterlichen Vermessenheit; damit wir vns nirgent anders innen ruͤhmen dann in dir allein (JRos 27, 15–17)

Als ist im 17. Jahrhundert als Komparativpartikel mehr als 50 Mal so häufig belegt wie dann/denn. Schon allein deshalb ist die im Korpus zu findende Bandbreite an syntaktischen Kontexten wesentlich größer. Sie verdeutlicht, dass als als Komparativpartikel keinerlei distributionellen Beschränkungen hinsichtlich Phrasen- oder Satzvergleich, Form und Funktion des Tertium Comparationis oder der Polarität des Matrixsatzes unterworfen ist. Komparativisches als wird in negierten und positiven Vergleichen gebraucht, vgl. (358), (368) vs. (359), (360) etc. Das Tertium Comparationis kann aus einer prädikativen, attributiven, adverbialen oder nominalisierten AP bestehen, vgl. (350), (358), (359) und (371), einem n-Indefinitum, dem inhärent komparativischen ‚ander-‘ oder einem Interrogativum, vgl. (373), (365) und (374). Der Vergleichsstandard ist in den meisten Fällen phrasal. Dabei sind NPs, PPs, AdvPs, VPs und APs belegt, vgl. (358) bis (362). Etwas seltener als die Phrasenvergleiche, aber im Korpus durchaus mehrfach belegt, sind mit komparativischem als angeschlossene Satzvergleiche, vgl. (363), gelegentlich auch ebenfalls satzwertige Konstruktionen mit Gapping, vgl. (364). (358)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: attr. AP): Und waͤre nach dem Außspruch der allerweisesten kein gedeylicherer Werkzeug zuverderben / als ein schlimmes Buch. (GHeid 11, 8–11)

(359)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: PP (Tert. Comp.: adv. AP): Wenn ich einen Patienten habe / so ist er mir hinter einer Wand zehnmahl besser verwahret / als hinter einem Tuche. (CWei 150, 28–151, 2)

228

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(360)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: AdvP): Jch will nur das einig 1035. Jahr benennen / worinnen die Burgerschafft alhier mehr als zuvor in viel Jahren betrangt gewesen (CSchor 5, 4–6)

(361)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: VP (Tert. Comp.: AdvP): Jetzt wolt ich ehender zehlen die Stern / so GOtt der HErr gezeigt hat dem Patriarchen Abraham; ehender wolt ich zehlen die Tropffen deß Meers / in welchem Jonas die schwimmende Herberg durch 3 Tage genossen; ehender wolt ich zehlen die Blaͤtter auf den Baͤumen deß weiten und breiten Bergs Libani, ehender wolt ich zehlen die Haar in dem StrobelKopf deß stolzen und hochmuͤthigen Absalon / ehender wolt ich zehlen die Traͤidkoͤrnlein der Philistæischen Aecker / welche der Samson mit brennenden Fuchsschweiffen wol nicht auf ein Schmaichl-Weiß in den Aschen gelegt / als zehlen/ und zehlen die jenige Gnaden / welche wir da hie von dem guͤtigsten GOtt durch so viel Jahr empfangen / (DeoGr 19, 16–32)

(362)

Komparativ mit als, Phrasenvgl.: AP (Tert. Comp.: AdvP): Wem ist unbewust / daß die Wissenschafften durch ein mehr als schwesterliches Band an einander verknuͤpft sein / der gestalt / daß … (GGöz 272, 15–18)

(363)

Komparativ mit als, Satzvgl. (Tert. Comp.: AdvP): zuwuͤnschen waͤre / daß es nur mehr geschehe / alß es geschihet (GHeid 78, 23 f.)

(364)

Komparativ mit als, Gapping (Tert. Comp.: adv. AP): Ein Wind-Spiel / daß auff eine Hasenspur gerathen / ist vil leichter zuruck zubringen / als [ein Feuchtnas] [ab seinem Roman]. (GHeid 64, 6–9)

Wie in den früheren Sprachstufen kommen auch im untersuchten Korpus des frühen Neuhochdeutschen aus dem 17. Jahrhundert noch keine komplexen Vergleichspartikeln wie als wie zur Einleitung des Vergleichsstandards in Komparativvergleichen vor, sondern es sind allenfalls elliptisch verkürzte komplexe Vergleichssätze belegt, in denen ein dass-Satz, Konditional-, Temporal-, Kausal- oder Relativsatz in einen Komparativvergleich eingebettet ist, so dass sich Abfolgen wie als daß, als wenn, als so, als bis, als weil, als was, als welche, als wo und als warzu ergeben, vgl. (365) bis (373). In (374) liegt sogar der seltene Fall einer Dreifachverschachtelung vor, bei der in den Komparativvergleich ein dass-Satz eingebettet ist, in den wiederum ein Konditionalsatz eingebettet ist,

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

229

so dass sich durch die elliptische Satzverschachtelung die Abfolge als daß wann ergibt. (365)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit dass-Satz (Tert. Comp.: AdvP anders): wie koͤnnte es anderst seyn / als [daß das schwere Gewissen nicht sollte zu Boden sincken] (DeoGr 17, 27–29)

(366)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit wenn-Konditionalsatz (Tert. Comp.: adverbiale AP): ES scheinet doch / die frische Luft moͤ chte etwas angenehmer zu schoͤpffen seyn / als [wenn wir in dem Zelte sollen gefangen sitzen.] (CWei 147, 18–20)

(367)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit so-Konditionalsatz (Tert. Comp.: prädikative AP): da denn wol zugewahren vorfalle / wenn ein Christ Heydnische und Abgoͤttische Sachen schreibt / es vil gefaͤhrlicher / als / [so es ein Heyd thut / von dem auch der Einfaͤltigste weist / daß er purlauter Jrrthum erwarten muß] (GHeid 50, 1–7)

(368)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit bis-Temporalsatz (Tert. Comp.: AdvP): Dann ist auch dieses Sæculum solcher Beschaffenheit / daß es nicht eher die Vortrefflichkeit eines Dinges ermaͤssen kan / als [biß es desselben gaͤnzlich ermangelt]. (GGöz 280, 1–5)

(369)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit weil-Kausalsatz (Tert. Comp.: attributive AP andere): Es war kein Streit mehr uͤbrig als mit Hertzog Carl Emanueln von Savoyen / wegen der Herrschafft Salusse welche derselbe / Zeit wehrender innerlichen Kriege in Franckreich ohne andere Ursache eingenommen / als [weil sie mitten in seinem Lande gelegen / und ihm wohl anstunde]. ‚Es war keine Auseinandersetzung mehr übrig als mit Hertzog Carl Emanuel von Savoyen wegen der Herrschaft Salusse, die derselbe während innerer Kriege in Frankreich ohne (einen) anderen Grund eingenommen hatte, als weil sie mitten in seinem Land gelegen und ihm genehm war.‘ (HLud 31/32 A, 1–8)

230

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(370)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit freiem was-Relativsatz (Tert. Comp.: AdvP): So lernet man auch hinder dem Ofen nicht mehr / als [was man in der Stuben siehet] / man muß in die Welt / in die Frembde hinauß. (CSchor 20, 4–6)

(371)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit freiem welch-Relativsatz (Tert. Comp.: nominalisierte AP): gleich wie ich schwaͤrlich bessere hab gefunden / als [welche in den Kloͤstern haben zugenommen] / so hab ich keine boͤsere gefunden / als [welche in den Kloͤstern seind gefallen]. (JRos 43, 11 f.)

(372)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit freiem wo-Relativsatz (Tert. Comp.: adverbiale AP): Jch weiß nicht wie theils Eltern / so wol hier als anderswo / gesinnet seyn / ob es auß Liebe oder Einfalt geschiehet / daß sie jhre Kinder so vngern von sich vnd in die Frembde / auch vngern weiter lassen / als [wo die Ordinari Botten hinreisen] / damit sie alle acht Tag wissen koͤnnen / wie es jhnen ergehe. (CSchor 20, 9–14)

(373)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz mit freiem wozu-Relativsatz (Tert. Comp.: n-Indef. ‚nichts‘): Wil Crocius nichts gethan haben / als [warzu man auß Gottes Gebott streng verbunden ist] (JRos 30, 10 f.)

(374)

Komparativ mit als, komplexer Vergleichssatz (3fach-Verschachtelung) mit dass-Satz und wann-Konditionalsatz (Tert. Comp.: Interrogativpronomen): vnd sagt nit (wie jhm Crocius wider seine außtruͤckliche / auch vom Crocio angezogene Wort zuschreibt) daß diß nichts nutze / sondern er sehe nit: „Was diß den Todten helffe / als / [daß [wann die Lebendigen sich erinneren / an was fuͤr Oerther jhrer lieben Freunde Leiber seind hingelegt] / sie alsdann durchs Gebett eben denen Heiligen / als Patronen beym Herrn dieselbige befehlen / auff daß sie jhnen behuͤlfflich seyen].“ (JRos 20, 4–9)

In all diesen Fällen liegen aber nur Verschachtelungen mit weiteren Nebensätzen und keine komplexen Vergleichspartikeln in der Art von als wie vor. Als

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

231

wie findet sich aber in der Tat in den hier untersuchten Daten erstmals im Korpus des 17. Jahrhunderts – allerdings bezeichnenderweise in einem Äquativvergleich, vgl. Kap. 5.2. Werfen wir nun noch einen Blick auf die weitere Entwicklung im Neuhochdeutschen des 18. und 19. Jahrhunderts (zur Datengrundlage vgl. auch Kap. 1.3). Das schon im 17. Jahrhundert festzustellende deutliche Übergewicht des als in Komparativvergleichen besteht auch im 18. Jahrhundert und wird noch weiter ausgebaut. So sind beispielsweise in Louise Adelgunde Victorie Gottscheds „Der Witzling“ (1745) 27 Komparativvergleiche enthalten, in denen ausschließlich als den Vergleichsstandard einleitet, wie in (375). Dieser Mitte des 18. Jahrhunderts vorzufindende Sprachstand mit ausschließlichem als in Komparativvergleichen, der auch in der Hälfte der untersuchten Texte aus dem späten 17. Jahrhundert schon besteht, entspricht dem noch heute im Standarddeutschen als korrekt geltenden Gebrauch. Die Standardsprache hat diesen Sprachstand also etwa dreihundert Jahre bewahrt. (375)

Komparativ mit als: Ey, mein lieber Herr Sinnreich, es hat eher gescheide Poeten gegeben, als gescheide Mathematicos. (L. Gottsched: Witzling, 5. Auftritt, S. 20)

Auch in den im Rahmen einer von mir mitbetreuten BA-Arbeit durch Hobich (2013) untersuchten Zeitungsauschnitten der ersten und der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus verschiedenen Regionen des deutschen Sprachraums aus dem GerManC-Korpus wird in allen enthaltenen 69 Komparativvergleichen bemerkenswerter Weise ausschließlich als als Komparativpartikel gebraucht. In den Briefen von Katharina Elisabeth Goethe aus der zweiten Hälfte des 18. und vom Beginn des 19. Jahrhunderts, genauer von 1774 bis 1808, überwiegt mit durchschnittlich über 90 Prozent insgesamt deutlich Komparativanschluss mit als, wie in (377). In den Jahren 1774 bis 1779 verwendet sie sogar noch ausschließlich als. Ab 1780 tritt daneben aber auch komparativisches wie auf, vgl. (378), das insgesamt durchschnittlich knapp unter zehn Prozent liegt und diachron zunimmt bis auf ein reichliches Fünftel der Komparativvergleiche im Zeitraum 1805 bis 1808, vgl. Tabelle (376). In den Briefen Katharina Goethes ist somit der diachrone Wandel Ende des 18. Jahrhunderts gut zu beobachten. Komparativisches als wie ist in Katharina Goethes Briefen dagegen noch nicht zu finden.

232 (376)

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Komparativanschluss in den Briefen von Katharina Elisabeth Goethe 1774–1808 als

wie

1774–1779

26 (100 %)

0 (0 %)

1780–1784

21 (91 %)

2 (9 %)

1785–1789

29 (97 %)

1 (3 %)

1790–1794

31 (89 %)

4 (11 %)

1795–1799

29 (94 %)

2 (6 %)

1800–1804

21 (91 %)

2 (9 %)

1805–1808

23 (79 %)

6 (21 %)

Durchschnitt (%)

92 %

8%

Summe (197)

180 (91 %)

17 (9 %)

(377)

Komparativ mit als: So tröste ich mich doch damit, daß mein Häschelhans vergnügt und glücklicher als in einer fatalen Ehe ist (K. Goethe: Brief Nr. 234. An Goethe, den 24. September 1795 − Briefe I, 286, 17 f.)

(378)

Komparativ mit wie: wer bey allem diesem wirr warr sich ruhig hinsetzen und Briefe schreiben konte der war geschickter wie ich (K. Goethe: Brief Nr. 190. An Großmann, den 27. April 1793 − Briefe I, 232, 21–23)

Die alte Komparativpartikel denn kommt im 18. Jahrhundert also praktisch nicht mehr vor. Im hochliterarischen, archaisierenden Stil hält sie sich jedoch bis ins 19. Jahrhundert und in idiomatisierten Wendungen wie besser denn je teilweise bis heute, vgl. Polenz (1994, II: 276), Duden-Grammatik (2016: 378). Auch Jacob Grimm (DWB 2: 745) bezeugt für seine Zeit noch komparativisches denn, vermerkt jedoch ebenfalls, „jetzt ist als gewöhnlicher“. Selten ist aber, wie die Belege von Katharina Goethe zeigen, neben dem bei Weitem überwiegenden komparativischen als auch komparativisches wie belegt, wobei eine Zunahme ab Ende des 18. Jahrhunderts zu beobachten ist. Die frühesten in der Literatur angeführten Belege für wie als Komparativparti-

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

233

kel stammen bereits aus dem 17. Jahrhundert, vgl. (352), s. DWB (29: 1483 f.), Dückert (1961: 216).227 Im 18. und 19. Jahrhundert findet es sich selbst bei klassischen deutschen Dichtern und Denkern wie Goethe und Kant, vgl. (379) und (380). Lerch (1942: 365) zufolge differenziert Goethe in seiner Verwendung von komparativischem wie zwischen Umgangs- und Hochsprache: in seinen Briefen von 1765–1829 findet sich zwar überwiegend komparativisches als, aber durchaus auch wie, das gelegentlich sogar in der Prosa auftaucht, in seinen Verstexten dagegen fast nie. (379)

Komparativ mit wie: wie ich mehr wie einmal deshalb in die Gebirge geflüchtet (Goethe (Weimarer Ausg.) IV 24, 301 − Brief an Schlosser, 20. Juni 1814)

(380) Komparativ mit wie: weil zu einer und derselben wirkung sich mehr wie eine ursache denken läszt (Kant I, 253 − 1838) Noch seltener als wie findet sich in Komparativvergleichen des 18. und 19. Jahrhunderts die komplexe Vergleichspartikel als wie wie in (381). Als wie ist – ähnlich wie zuvor als(o) – offenbar in Äquativen (Nicht-Grad-Äquativen) entstanden und hat seine Distribution erst sekundär in die Komparativvergleiche ausgedehnt, dazu ausführlich Kap. 5.2. Diese hier vertretene neue Entstehungsthese wird bestätigt durch die Tatsache, dass als wie im 18. und 19. Jahrhundert in Äquativvergleichen immer noch häufiger ist als in Komparativvergleichen,

227 Laut DWB (29: 1483 f.) tritt wie als Komparativpartikel vereinzelt im 17. Jahrhundert auf und wird üblicher im 18. Jahrhundert. V.a. in Norddeutschland und Mitteldeutschland sei es dialektal und umgangssprachlich weit verbreitet (auch in der Form als wie), aber auch im Oberdeutschen gebietsweise neben gebräuchlicherem als und weder. Insbesondere im Bairischen sei komparativisches wie gemäß Schmeller/Frommann (1877, II: 827) ganz unüblich: „Dem bair. ist dieser gebrauch unbekannt: ‚man hört z. B. statt gröszer als du wol gröszer was du, aber nie gröszer wie du‘.“ Diese Aussagen stehen teilweise im Gegensatz zum aktuellen Dialektbefund, vgl. Kap. 6.1, wo komparativisches wie gerade im niederdeutschen Sprachraum gegenüber als/as seltener ist, allerdings mittlerweile ebenfalls üblicher wird, während es im Bairischen heute sehr verbreitet ist, was auf rezenten Sprachwandel in diesem Bereich hindeutet. Laut Schikorsky (1990: 266) ist komparativisches wie im 19. Jahrhundert im niederdeutschen Sprachraum häufig als Hyperkorrektur von dialektalem äquativischem as zu beobachten, während für den niederdeutschen Dialekt bis heute wie (bzw. die regionale Entsprechung wu/wo) nur als Interrogativum beschrieben wird (vgl. Lindow et al. 1998, Sass 2002, Appel 2007 u. a.), tatsächlich aber auch im Basisdialekt schon vielfach als Äquativ- und Komparativpartikel gebräuchlich ist, vgl. Kap. 6.1. und 6.2.

234

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

so laut Lerch (1942: 332, 348) etwa bei verschiedenen deutschen Klassikern.228 Diese Beobachtung widerlegt Dückerts (1961: 216) Aussage, „Die Chronologie führt also von als über als wie zu wie.“ 229 In zukünftiger Forschung könnten ergänzende Datenuntersuchungen zu als wie im 18. und 19. Jahrhundert die hier aufgestellte These der Entstehung aus Korrelat und Vergleichspartikel in Äquativvergleichen weiter untermauern und die diachrone Ausbreitung von als wie in die Komparativvergleiche genauer quantitativ belegen. (381)

Komparativ mit als wie: musz man gestehen, dasz sie [= Artischocken und Kohlrabi] viel zärter und saftiger sind als wie bei uns (Goethe I 15/1, 299, 30 f. − 1787)

Das fürs 18. Jahrhundert skizzierte Bild der Komparativvergleiche mit als als ganz überwiegendem Hauptmuster und daneben seltenem komparativischem wie, noch seltenerem als wie und praktisch ausgestorbenem denn zeigen für das 19. Jahrhundert auch die Ergebnisse von Elspaß (2005: 287) zum Vergleichsanschluss in deutschen Auswandererbriefen, vgl. Tabelle (382). Auch

228 Neben dem häufigeren Vorkommen von als wie in Äquativ- als in Komparativvergleichen im 18. und 19. Jahrhundert konstatiert Lerch (1942: 348) auch eine syntaktische Restriktion für als wie: es kommt zunächst noch nicht oder kaum in Phrasenvergleichen vor. 229 Dückert (1961) bezieht sich hierbei auf DWB (29: 1484), demzufolge komparativisches als wie früher (seit Ende 16. Jh.) belegt sei als einfaches wie. Die in der Literatur angeführten frühen Belege für als wie sind jedoch eher als elliptische Verschachtelungen von Komparativvergleich und Äquativvergleich zu interpretieren, z. B. DWB (29: 1484) sowie Dückert (1961, 216): schreich nicht anderst als wie ein Zahnbrecher (Heinr. Julius v. Braunschweig, Schausp. 417 (1594)); frömmer als wie es jhme Gott zugemessen (Chr. Lehmann, Florilegium politicum, 1, 247 (1662)). DWB und Dückert erwähnen in diesem Zusammenhang auch explizit die Entsprechung zu denn wie. Weitere, ähnlich gelagerte frühe Belege von als wie erbrachte eine stichprobenartige Online-Recherche im Projekt Gutenberg (http://gutenberg.spiegel.de/): Hätt nicht verändert sich Nikanor Und fremder gestellt als wie zuvor, So hätt ihn Judas nicht erraten Und sich so rasch bewahrt vor Schaden. (Sebastian Brant, Narrenschiff, 39: Von offenkundigen Anschlägen (1494)), Es ist nicht anders / als wie ich erzehlet! (Gryphius, Horribilicribrifax Teutsch, 3. Aufzug (1663)), vgl. auch die oben angeführten Korpusbelege für Verschachtelung von Komparativ- und Äquativvergleich Kap. 4.1, Bsp. (258) sowie Fußn. 176. Die sich bei elliptischer Verschachtelung von Komparativ- und Äquativvergleich ergebende Abfolge als wie kann allenfalls verstärkend für die komplexe Vergleichspartikel als wie gewirkt haben (in parallelen Fällen haben sich solche Kombinationen nicht grammatikalisiert, etwa wan als, dann/denn als, denn wie). Entstanden ist als wie vielmehr durch Reanalyse der Kombination des alten Äquativkorrelats als und der Äquativpartikel wie zur komplexen Äquativpartikel, s. dazu auch unten Fußn. 247.

5.1 Komparative im frühen Neuhochdeutschen

235

hier bildet als das ganz überwiegende Hauptmuster in Komparativvergleichen. Denn kommt fast nicht mehr vor. Als wie wird in Komparativvergleichen relativ selten verwendet. Komparativisches wie tritt aber durchaus schon recht häufig auf. Bemerkenswert ist auch der von Elspaß festgestellte soziolektale Einfluss: bei geringerer Schulbildung und damit auch geringerem Kontakt mit präskriptiver Grammatik bildet als zwar noch das Hauptmuster des Komparativanschlusses, aber der Anteil von wie ist mit einem knappen Drittel der Komparativvergleiche mehr als drei Mal so hoch wie bei Personen mit höherer Schulbildung. Zudem wird auch komparativisches als wie und in ganz seltenen Fällen denn verwendet. Diese beiden Muster sind in Briefen von Personen mit höherer Schulbildung nicht belegt, die damit insgesamt eine geringere Varianz aufweisen, aber statt als doch auch gelegentlich wie als Komparativpartikel gebrauchen. Teilweise zeigt sich bei ein- und demselben Sprecher freie Varianz des Vergleichsanschlusses wie in den Beispielen (383) bis (386).230 (382)

Komparativanschluss in deutschen Auswandererbriefen des 19. Jahrhunderts (nach Elspaß 2005: 287) denn

als

wie

als wie

Schreibende mit Elementarschulbildung

4 (0,7 %)

347 (59,6 %)

182 (31,3 %)

49 (8,4 %)

Schreibende mit höherer Schulbildung

0 (0 %)

39 (90,7 %)

4 (9,3 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

0,3 %

75,2 %

20,3 %

4,2 %

Summe (625)

4 (0,6 %)

386 (61,8 %)

186 (29,8 %)

49 (7,8 %)

(383)

Komparativ mit als: Es bringt wenigstens mehr ein als das Schullehrerwesen (Friedrich Martens, 24. 09. 1858)

(384)

Komparativ mit wie: Er wird ein guter americaner abgeben, beßer wie ich (Friedrich Martens, 18. 04. 1858)

230 Der Schreiber dieser Briefe hat selbst zeitweise als Lehrer gearbeitet, so dass man davon ausgehen kann, dass die entsprechende Variation im Komparativanschluss teilweise auch in der Schule weitervermittelt wurde.

236

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(385)

Komparativ mit als wie: Daß doch des Vaters Auge weiter sieth, gewöhnlich, als wie das des Sohnes (Friedrich Martens, 18. 04. 1858)

(386)

Komparativ mit denn: Er würde vielleicht beßer ausmachen denn ich (Friedrich Martens, 18. 04. 1858)

Für die Zeit Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts konstatiert auch Feldmann (1901: 40) eine Zunahme von komparativischem wie v. a. in der Briefsprache und verweist dabei auf die Briefe des Fürsten Bismarck. Er resümiert sogar: „Unser Sprachgefühl scheint im allgemeinen das wie beim zweiten Steigerungsfalle [= Komparativ] nicht mehr als unrichtig zu empfinden.“ In den präskriptiven Grammatiken ist ein Wandel von einer zunächst neutralen Haltung gegenüber dem Aufkommen von wie und als wie in Komparativvergleichen in den frühen deutschen Grammatiken und Wörterbüchern des 17. und 18. Jahrhunderts zu einer zunehmenden präskriptiven Ablehnung dieses Gebrauchs ab etwa 1800 zu beobachten, vgl. Dückert (1961: 216–219), Feldmann (1901: 40) und Lerch (1942: 366). Johann Bödiker führt in seinen 1698 erschienenen „Grundsätzen der deutschen Sprache“ die Partikeln als, denn und wie sowie dialektales weder als Möglichkeiten des Komparativanschlusses auf. In Adelungs „Wörterbuch der hochdeutschen Mundart“ (1793–1801, I: 227) heißt es rund hundert Jahre später zum Komparativanschluss neutral: „wie und denn können hier die Stelle des als vertreten“ (vgl. auch Adelung, 1774– 1786, I: 199; IV: 208; 1793–1801, IV: 1528).231 Etwa zur gleichen Zeit kritisiert jedoch Heynatz (1795: 109b) dann ausdrücklich den Gebrauch von wie in Komparativen: „Sobald ein größerer und geringerer Grad einer Eigenschaft miteinander verglichen wird, gilt im guten jetzigen Deutsch nur als allein; denn ist in dieser Bedeutung für veraltet zu halten, wie aber ist schlecht und pöbelhaft“ (entsprechend Heynatz 1796–1797, 2: 633). Ähnlich äußert sich Anfang des 19. Jahrhunderts Campe (1807–1811, V: 705b). Kritik an komparativischem wie findet sich im 19. Jahrhundert auch bei weiteren Autoren. Heyse (1878: 142) konstatiert: „entschieden fehlerhaft aber wäre wie nach einem Comparativ“. Und Jacob Grimm (DWB 1: 250) spricht von

231 Adelung kritisiert hier lediglich als wie. Dies unterstützt die in der vorliegenden Arbeit vertretene Entstehungsthese, gemäß der komparativisches als wie sekundär ist, und daher stärker bekämpft wurde. Auch Gottsched wendet sich laut Lerch (1942: 366) nicht gegen komparativisches wie.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

237

„reinem sprachgebrauch“ vs. „missbrauch“ und einem „wahren gebrechen deutscher zunge“ (DWB 1: 248), wobei Grimm vor dem Hintergrund der Sprachgeschichte darauf hinweist, dass eigentlich „beide als und wie nach Komparativen tadelhaft gegenüber dem alten bewährten denn [sind]. Die Ungenauigkeit hatte im als begonnen und ist im wie fortgeschritten“ (Grimm 1884: 296). Grimm geht aber offenbar von einem unaufhaltsam weiter fortschreitenden Wandel zum wie aus, indem er (DWB 1: 251) formuliert, dass wie „jetzt noch [!] hier ein fehler“ sei.232 Auch Wustmann (1891: 279) zählt den Gebrauch von wie in Komparativen zu seiner Liste von „Allerhand Sprachdummheiten“ und kritisiert ihn als „unsäglich gemein“ und Kennzeichen der „Gassensprache“.233 Feldmann (1901: 40 f.) spricht polemisch sogar von einem „Zeichen von Unreinheit unsers Sprachgebrauchs“ und einem „eigenartigen Kampf ums Dasein in unserer Sprache“, in dem „der Erbfeind des als, das wie,“ sich nach aller Wahrscheinlichkeit im Komparativvergleich durchsetzen werde. Bis heute hält die populäre Sprachkritik gegen Komparativanschluss mit wie oder als wie an (vgl. auch Kap. 1.1).234 Dagegen erklärte beispielsweise der „Sprachdienst“ (1958: 22b – zit. nach Dückert 1961: 219) schon vor einem halben Jahrhundert „als beim Komparativ für von jetzt an falsch“. Ungeachtet der präskriptiven Kritik hat wie das vormalige als als Komparativpartikel in weiten Teilen des deutschen Sprachraums in Umgangssprache und Dialekt vollständig abgelöst, vgl. Kap. 6.1. Der im 17. und 18. Jahrhundert weitgehend vorherrschende Sprachstand mit praktisch ausschließlicher Verwendung von als in Komparativvergleichen ist unter dem Einfluss präskriptiver Grammatik parallel bis heute in der Standardsprache bewahrt geblieben.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen In den Äquativvergleichen ist der Unterschied zwischen Frühneuhochdeutsch und frühem Neuhochdeutsch weniger markant als in den Komparativvergleichen. Die beiden Haupttypen sind im 17. wie im 16. Jahrhundert Äquativverglei-

232 Dagegen nicht kritisch, sondern deskriptiv: Paul (1920: 235), Behaghel (1923–32, III: 348). 233 Wustmann (1891: 279): „Es könnte nichts schaden, wenn der Unterricht in diesem Sinne etwas nachhülfe und dadurch dem Schwanken etwas schneller als es ohnehin geschehen wird, ein Ende machte.“ Ähnlich äußern sich auch Matthias in „Sprachleben und Sprachschäden“ (1930: 284 f.) und Koelwel im „Wegweiser zum richtigen Deutsch“ (1942: 67). 234 In der Duden-Grammatik (2016: 378) wird wie statt als in Komparativvergleichen als Regionalismus, als wie dagegen lediglich als veraltet charakterisiert.

238

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

che mit als und Äquativvergleiche mit wie, vgl. (387) und (388).235 Diese kommen in Kombination mit ursprünglich matrixinternem gleich wiederum auch als komplexe Vergleichspartikeln gleich als und gleichwie vor, vgl. (389) und (390), die Äquativpartikel wie wiederum auch in der quasi-kausalen Kombination wie dann (auch), vgl. (391). Erstmals im Korpus des 17. Jahrhunderts belegt ist zudem die Vergleichspartikel als wie, vgl. (392), die hier als Äquativpartikel auftritt. Der Ablauf der Entwicklung sowie das erste Auftreten in Nicht-GradÄquativen legen eine neue Entstehungsthese für als wie nahe, die unten weiter ausgeführt wird, nämlich dass es sich ähnlich wie bei gleich als und gleich wie um eine durch Reanalyse aus Matrixbezugselement (bei als wie dem Äquativkorrelat als) und adjazenter Äquativpartikel entstandene Vergleichspartikel handelt. (387)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als: Was mein lieber Sohn singen wird / das ist so wahr / als ich meine Nase uͤber dem Maule trage. (CWei 82, 13–15)

(388)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: Morgen / uff den froͤlichen Juͤngsten Tag / wenn alle Gebeine gruͤnen werden wie Graas (GGöz 211, 11–14)

(389)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleich als: Diß geschahe den 29sten Septembr. diesesl273sten Jahrs / eben am Tag Michaelis, des Erz-Engels und Himmels-Heerfürstens: weil Rudolphus, gleich als ein irdischer Engel / aus dem Raht der hochheiligsten Gottheit abgeordnet ware / dem Reich neue Wolfart und Frieden zubringen / und wider dessen Feinde einen sieghafften Heerführer abzugeben. (SBirk 80 A, 17–25)

(390)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleichwie: weil er sie / mit seinen Schloͤssern und Vestungen / gleichwie die Fische mit Netzen und Reussen / umzogen haͤtte. (SBirk 64 B, 6–9 )

235 Als wird außerhalb der vergleichenden Verwendungsweise neu auch als Bestandteil komplexer Relativsatzeinleitungen (als welcher) gebraucht, s. u. Kap. 7.3.3, Bsp. (656), was für die enge diachrone und systematische Beziehung zwischen Vergleichssätzen und Relativsätzen spricht (vgl. Kap. 8.3) und den auch den Verbstellungswandel in hypothetischen Vergleichen mit als bedingenden syntaktischen Positionswandel in einen höheren syntaktischen Kopf oberhalb der Vergleichsstandard-CP zusätzlich belegt (vgl. Kap. 8.1.1).

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

239

(391)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit (quasi-kausalem) wie dann auch: Er aber haͤlt darvor / vnd zwar auß Anleitung deß Antonii Itinerarii, daß Memmingen Rostrum Nemaviæ geheissen / wie dann auch B. Rhenanus vnd Simlerus dieser Meynung seyn. (CSchor 2, 12–15)

(392)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: der Appetit vergeth / der Schlaff wird verhinderet und walzt man sich im Beth herum / als wie die Thuͤr im Angel (GHeid 71, 3–6)

Es finden sich im Korpus des 17. Jahrhunderts darüber hinaus die neu grammatikalisierten Äquativpartikeln inmassen (teilweise auch mit Nasalassimilation immassen), vgl. auch die Vorläuferkonstruktionen im 16. Jahrhundert (s. Kap. 4.2), und gestalt, vgl. (393) und (395). Hier handelt es sich wiederum, wie unten genauer ausgeführt wird, um unter Wegfall der eigentlichen Vergleichspartikel zur Vergleichspartikel reanalysierte ursprüngliche Matrixbezugselemente. Inmassen wird zudem ganz analog zur Äquativpartikel wie auch in quasi-kausaler Fügung mit dann auch verwendet, vgl. (394). (393)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit inmassen: Dannenhero geschichts / daß die wahre Kirch keinem verborgen lige: Inmassen auch durch das jenige angezeigt wirdt / welches der Herr selbst im Evangelio sagt: die Statt kan nit verborgen werden / welche auffm Berg ligt (JRos 11, 10–12)

(394)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit inmassen dann auch: in welchem der Name der Protestirenden verstanden wird / wie im Concilio zu Trient / vnnd darumb vielmehr begreifft als die jenige / welche es mit Crocio in Glaubens sachen halten: immassen dann auch zur staͤrckung im Catholischen Glauben gehoͤrt: daß wider allerley jrrthumben vnnd trennungen gehandelt werde; So ist dann auch nit noͤtig / daß eben alles / was gesagt wird auff einen absoͤnderlichen theil gezogen werde: man kan den anderen auch etwas lassen. (JRos 41, 16–21)

(395)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gestalt: Es scheinet auch wol wenn man ihnen willfahret / wie den Ungarn geschehen / daß sie sich wuͤrden bequemet haben. Gestalt man sonst die GraͤntzVoͤlcker gern nach ihrem Wesen und Sitten leben laͤsset / damit sie treu bleiben (HLud 63/64 A, 18–24)

240

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Paul (1920: 234) vermerkt vereinzelt auftretende äquativische Verwendung der aussterbenden Komparativpartikel dann/denn wie in (396),236 die auch im Altund Mittelhochdeutschen gelegentlich auftrat, vgl. Kap. 2.2, Ausführungen zu Bsp. (92), Kap. 3.2, Ausführungen zu Bsp. (178). Dieses seltene Phänomen ist unter den insgesamt 426 Äquativvergleichen im ausgewerteten Korpus des 17. Jahrhunderts nicht belegt. (396)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dann: zu meinem Vater, der dann auch solch ein schwartzer Teufel ist dann ich (Engl. Kom. 43, 12 f. − 1620)

Auch im Korpus des 17. Jahrhunderts kommen weiterhin selten Äquative ohne Vergleichspartikel vor, vgl. (397). Teilweise liegen hier Ansätze zur Grammatikalisierung neuer nebensatzeinleitender Elemente vor. In einigen Fällen sind auf dieser Grundlage von ursprünglichen Äquativvergleichen (als bzw. so bald/ oft/viel/fern, vgl. DWB 1: 253) unter Wegfall der Vergleichspartikel in der in (399) angegebenen Art schon neue nebensatzeinleitende Elemente (‚sobald‘, ‚sooft‘ etc.) grammatikalisiert worden, vgl. (398). Letztere wurden hier entsprechend nicht zu den Äquativvergleichen gezählt. (397)

Äquativ (Grad-Äquativ) ohne Vergleichspartikel: Pest besetzte und versahe man so gut muͤglich. (HLud 61/62 B, 57 f.)

(398)

Grammatikalisiertes ‚sobald‘ (nicht als Äquativ gewertet): Derselbe / so bald der kalte Winter die Bahn gemacht / belagerte Wolmar (HLud 45/46 D, 30 f.)

(399)

Grammatikalisierung von als/so bald zur subordinierenden Konjunktion: [so bald [als …]] > [… [sobald …]] ‚so schnell wie‘ ‚sobald‘

236 Der Beleg stammt aus dem Stück „Eine sehr klägliche Tragoedia von Tito Andronico und der hoffertigen Kayserin, darinnen denckwürdige actiones zubefinden“, anonyme Übersetzung des „Titus Andronicus“ von Shakespeare und wohl einer verschollenen weiteren Vorlage, gedruckt 1620 in Leipzig in einer Sammlung von „Schauspielen der englischen Komödianten“, wahrscheinlich zusammengestellt von dem aus Mecklenburg stammenden Friedrich Menius (zur Überlieferung vgl. Creizenach 1967, Parti 2008).

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

241

Die Verteilung der Anschlusstypen in den Äquativvergleichen ähnelt im frühen Neuhochdeutschen der zweiten Hälfte des 17. Jahrunderts noch der im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts, wie Tabelle (400) zeigt, die die Ergebnisse der Korpusauswertung wiedergibt. Die komplexe Vergleichspartikel gleich als wurde unter als, gleichwie, als wie und die Kollokation wie dann (auch) (35 Belege) unter wie subsumiert.237 Die regionale Verteilung verdeutlicht die Karte in (401). (400) Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700 Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als

wie

Sonstiges

JRos

1653

Ripuar. (Köln)

1 (1 %)

103 (95 %)

4 inmassen (4 %)

CSchor

1660

Schwäb. (Ulm)

5 (11 %)

39 (87 %)

1 ohne Vgl.part. (2 %)

GGöz

1664

Thür. (Jena)

34 (40 %)

50 (60 %)

0 (0 %)

SBirk

1668

OFränk. (Nürnberg)

9 (21 %)

32 (76 %)

1 inmassen (2 %)

DeoGr

1680

MBair. (Wien)

4 (18 %)

18 (82 %)

0 (0 %)

CWei

1684

OSächs. (Leipzig)

9 (75 %)

3 (25 %)

0 (0 %)

GHeid

1698

OHAlem. (Zürich)

18 (26 %)

52 (74 %)

0 (0 %)

HLud

1699

Hess. (Frankfurt)

3 (7 %)

36 (84 %)

1 ohne Vgl.part., 1 gestalt, 2 immassen (9 %)

Durchschnitt (%)

25 %

73 %

2%

Summe (426)

83 (20 %)

333 (78 %)

10 (2 %)

Insgesamt überwiegt wie bereits im 16. Jahrhundert so auch im 17. Jahrhundert deutlich Äquativanschluss mit wie. Bis auf den obersächsischen Text „Jugendlust“ von Christian Weise stellt wie überall das Hauptmuster in den Äquativver237 Im Einzelnen finden sich: gleich als: 1x in SBirk; gleichwie: 7x in JRos, 1x in CSchor, 4x in GGöz, 3x in SBirk, 1x in GHeid, 1x in HLud; als wie: 1x in GHeid; wie dann (auch): 13x in JRos, 12x in CSchor, 5x in SBirk, 5x in HLud. Von den 50 Belegen für wie in GGöz enthalten 9 Belege wie im Sinn von ‚quasi‘, vgl. (415) und (418).

242 (401)

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Karte Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

243

gleichen dar. Der Anteil liegt im Durchschnitt bei rund drei Vierteln der Äquativvergleiche und damit sogar etwas niedriger als im 16. Jahrhundert. Am weitesten fortgeschritten bezüglich des Ersetzens von äquativischem als durch wie und insofern am ähnlichsten zum heutigen Standard ist der ripuarische Text „Wiederholung“ von Johann Rosenthal, in dem zu 95 Prozent wie verwendet wird. In sämtlichen Texten kommt aber auch noch die alte Äquativpartikel als vor, so dass sich das frühe Neuhochdeutsche durchaus bezüglich der Äquative noch leicht vom heutigen Standarddeutschen unterscheidet, wo als nur noch in seltenen, idiomatisierten Wendungen als Äquativpartikel möglich ist. Im untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts liegt der durchschnittliche Anteil der alten Äquativpartikel als in den Korpustexten bei einem Viertel, an der Gesamtzahl der Äquativbelege bei einem Fünftel. Am höchsten ist der Anteil von als mit 75 bzw. 40 Prozent in den ostmitteldeutschen Texten, am geringsten mit einem Prozent im ripuarischen Text von Johann Rosenthal. Nur sieben Belege und damit knapp zwei Prozent aller 426 Äquativkonstruktionen im Korpus des 17. Jahrhunderts weisen die oben erwähnte neue Vergleichspartikel inmassen auf, die aber durchaus in einem größeren Sprachraum, v. a. im Westmitteldeutschen, teilweise Westoberdeutschen nachzuweisen ist. Noch seltener belegt sind Äquativkonstruktionen ohne Vergleichspartikel (zwei Belege) und mit der neuen Äquativpartikel gestalt (ein Beleg im Hessischen). Quasi-kausales wie dann (auch) ist insgesamt 35 mal belegt und kommt in der Hälfte der Texte vor. Für analoges inmassen dann auch findet sich ein Beleg bei Johann Rosenthal. Die komplexe Äquativpartikel gleich als ist einmal im ostfränkischen Text von Sigmund von Birken belegt. Deutlich häufiger kommt mit insgesamt 17 Belegen gleichwie vor, das in über der Hälfte der Texte belegt ist und die häufigste komplexe Äquativpartikel im 17. Jahrhundert darstellt. Die komplexe Äquativpartikel als wie findet sich nur in einem Beleg im alemannischen Text von Gotthard Heidegger. Der im 16. Jahrhundert festgestellte Kontrast innerhalb der Äquativvergleiche zwischen solchen mit und ohne Gradsemantik (Grad-Äquative vs. NichtGrad-Äquative) besteht auch im 17. Jahrhundert weiter. Dies zeigt die Gegenüberstellung der Daten für diese beiden semantischen Haupttypen von Äquativvergleichen in Tabelle (402).238 Die Karte in (403), in der für jeden Text am jeweiligen Ortspunkt links ein Diagramm zu Grad-Äquativen und rechts eins zu Nicht-Grad-Äquativen eingetragen ist, veranschaulicht die räumliche Verteilung.

238 Gleich als ist in der Tabelle wieder unter als, gleich wie, als wie und wie dann auch unter wie subsumiert. Alle Belege finden sich in Nicht-Grad-Äquativen. Zur Verteilung der verschiedenen komplexen Vergleichsanschlüsse auf die einzelnen Texte s. o. Fußn. 237.

244 (402)

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

Text (Jahr)

Dialekt (Ort)

JRos (1653)

Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

als

wie

Sonst.

als

wie

Sonst.

Ripuar. (Köln)

1 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

103 (96 %)

4 (4 %)

CSchor (1660)

Schwäb. (Ulm)

5 (62,5 %)

2 (25 %)

1 (12,5 %)

0 (0 %)

37 (100 %)

0 (0 %)

GGöz (1664)

Thür. (Jena)

12 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

22 (31 %)

50 (69 %)

0 (0 %)

SBirk (1668)

OFränk. (Nürnberg)

3 (75 %)

1 (25 %)

0 (0 %)

6 (16 %)

31 (82 %)

1 (2 %)

DeoGr (1680)

MBair. (Wien)

4 (44 %)

5 (56 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

13 (100 %)

0 (0 %)

CWei (1684)

OSächs. (Leipzig)

7 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (40 %)

3 (60 %)

0 (0 %)

GHeid (1698)

OHAlem. (Zürich)

12 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

6 (10 %)

52 (90 %)

0 (0 %)

HLud (1699)

Hess. (Frankfurt)

3 (60 %)

1 (20 %)

1 (20 %)

0 (0 %)

35 (92 %)

3 (5 %)

Durchschnitt (%)

80 %

16 %

4%

12 %

86 %

2%

Summe

47 (81 %)

9 (16 %)

2 (3 %)

36 (10 %)

324 (88 %)

8 (2 %)

Durchwegs in allen Texten und flächendeckend wird in Grad-Äquativen nach wie vor häufiger die alte Äquativpartikel als verwendet als in Nicht-Grad-Äquativen. In fast allen Texten stellt als das Hauptmuster des Äquativanschlusses in Grad-Äquativen dar. Nur im Wiener „Deo Gratias“ ist die Entwicklung bereits so weit fortgeschritten, dass wie auch schon in den Grad-Äquativen überwiegend verwendet wird. In der Hälfte der Texte – darunter Texte aus dem ostund westmitteldeutschen sowie oberdeutschen Sprachraum – wird in GradÄquativen sogar noch ausschließlich als verwendet. Im Durchschnitt liegt der Anteil mit als angeschlossener Vergleiche in Grad-Äquativen bei 80 Prozent. Noch im 17. Jahrhundert heißt es also überwiegend und vielerorts sogar ausschließlich Er ist so groß als ich. In Nicht-Grad-Äquativen findet sich fast exakt die umgekehrte Verteilung der Äquativpartikeln: die neue Äquativpartikel wie ist in diesem Äquativtyp

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

(403) Karte Äquativanschluss im Neuhochdeutschen 1650–1700: Grad-Äquative vs. Nicht-Grad-Äquative

245

246

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

überall häufiger als in Grad-Äquativen und sogar überall das Hauptmuster mit durchschnittlich 86 Prozent der Nicht-Grad-Äquative (bzw. 88 Prozent an den Gesamtbelegen). In der schwäbischen „Memminger Chronik“ von Christoph Schorer und im bairischen „Deo Gratias“ wird in Nicht-Grad-Äquativen sogar ausschließlich wie verwendet. Auch in der ripuarischen „Wiederholung“ von Johann Rosenthal und der hessischen „Schaubühne“ von Hiob Ludolf wird kein als in Nicht-Grad-Äquativen mehr verwendet. In der Hälfte der Texte kommt als aber immerhin auch im 17. Jahrhundert noch in 10 bis 40 Prozent der Nicht-Grad-Äquative vor. Hierbei lässt sich kein geschlossenes Areal ausmachen: Äquativisches als in Nicht-Grad-Äquativen ist im untersuchten Korpus vom Ostmitteldeutschen bis zum Westoberdeutschen belegt. In aller Regel heißt es jedoch im 17. Jahrhundert schon Er macht es so wie ich. Insgesamt ist wie in Nicht-Grad-Äquativen anteilig etwa so häufig wie als in Grad-Äquativen (im Durchschnitt 86 bzw. 80 Prozent) und umgekehrt wie in Grad-Äquativen etwa so selten wie als in Nicht-Grad-Äquativen (im Durchschnitt 16 bzw. 12 Prozent). Teilweise kann man eine nahezu vollständige Disjunktion innerhalb der Äquativvergleiche nach dem Merkmal [± Gradsemantik] beobachten: als in Gradäquativen, wie in Nicht-Grad-Äquativen. Besonders ausgeprägt ist dies im ripuarischen Text von Johann Rosenthal. Andere Arten von Äquativvergleichen als solche mit als oder wie sind kaum belegt. Die beiden Äquativbelege ohne Vergleichspartikel sind jeweils Grad-Äquative. Die im untersuchten Korpus erstmals im 17. Jahrhundert belegten Äquativpartikeln inmassen und gestalt kommen nur in Nicht-Grad-Äquativen vor. Dies gilt auch für die komplexen Vergleichseinleitungen als wie und gleich wie. Die Nicht-Grad-Äquative weisen damit die größte Varianz beim Vergleichsanschluss auf. Sie stellen diachron den Ausgangspunkt für Neuerungen, etwa durch Reanalyse von ursprünglichen Matrixelementen entstandene neue oder komplexe Vergleichsanschlüsse, dar. Noch die distributionellen Daten des 17. Jahrhunderts reflektieren damit eindrücklich, dass, wie bereits in Kap. 4.2 dargestellt, die Äquativpartikel wie zunächst in den Nicht-Grad-Äquativen aufkam und von dort aus allmählich in die Grad-Äquative übernommen wurde, sowie später, zunehmend ab etwa 1800, in die Komparativvergleiche, wie oben in Kap. 5.1 dargestellt. Den gleichen Entwicklungsweg konnten wir zuvor schon bei der Äquativpartikel als(o) beobachten, die auch zunächst in Nicht-Grad-Äquativen aufgekommen ist und noch im Mittelhochdeutschen überwiegend dort verwendet wurde (im Gegensatz zu einfachem so in Grad-Äquativen), vgl. Tabelle (198), dann auch in GradÄquativen verwendet wurde und schließlich in zunehmendem Maß auch als Komparativpartikel zu finden ist – seit dem 17. Jahrhundert, wie oben in Kap. 5.1 dargestellt, schon fast ausschließlich. Die Neuerung geht jeweils aus

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

247

von den Nicht-Grad-Äquativen, breitet sich dann aus in die Grad-Äquative und schließlich in die Komparativvergleiche. Dies liegt im Fall von wie einerseits an der syntaktischen und semantischen Nähe der Nicht-Grad-Äquative zu w-Konstruktionen, insbesondere modalen Relativsätzen (s. auch unten Kap. 8.3). Zum anderen sind Nicht-GradÄquative häufiger Satzvergleiche, Grad-Äquative dagegen eher Phrasenvergleiche. Das noch nicht voll zur Vergleichspartikel und damit zum syntaktischen Kopf (Conj0) grammatikalisierte wie konnte zunächst nur in der linken Peripherie satzwertiger Konstruktionen vorkommen, bevor es dann auch mit bloßen Phrasen kombiniert werden konnte (s. u. Kap. 8.1.2 und 8.2). Im Fall von anderen im Verlauf des Deutschen aufgekommenen Äquativpartikeln wie als, aber auch den im 17. Jahrhundert neu auftretenden inmassen, gestalt und komplexen Äquativpartikeln gleichwie und als wie ist die Tatsache, dass, wie oben bereits dargestellt, die Nicht-Grad-Äquative der erste Kontext sind, in denen diese auftreten, damit zu erklären, dass in Nicht-Grad-Äquativen kein zwischen Matrixbezugselement und ursprünglicher Äquativpartikel intervenierendes Tertium Comparationis enthalten ist, so dass in Nicht-GradÄquativen regelmäßig adjazente Abfolgen des Bezugselements und der Äquativpartikel vorkamen, die dann zu einer neuen Äquativpartikel reanalysiert werden konnten. Nicht-Grad-Äquative können aus diesen Gründen als Einfallstor für Neuerungen im Bereich der Vergleichspartikeln gelten. Dies ist ein Grund für die im Deutschen und anderen Sprachen feststellbare Direktionalität des Komparativzylus, vgl. Kap. 7.3. Die quantitative Untersuchung ergibt insgesamt, dass der Sprachstand bei den Äquativkonstruktionen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch sehr dem in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ähnelt. Im Vergleich der beiden Tabellen (295) und (400) zeigt sich, dass die Entwicklung bei den Äquativen, die im 16. Jahrhundert schon deutlich weiter fortgeschritten war als die bei den Komparativen, nun im Gegensatz zum raschen und umfassenden Wandel des Komparativanschlusses, vgl. Tabellen (231) vs. (353), eher langsam vorankommt. Wie bereits oben in Kap. 5.1 angedeutet, besteht eine mögliche Erklärungshypothese hierfür darin, dass wie erst schrittweise zur Vergleichspartikel grammatikalisiert werden und dabei seine Semantik und seinen syntaktischen Status ändern musste, was offensichtlich ein langwierigerer Sprachwandelprozess ist als die Erweiterung der Distribution einer voll grammatikalisierten Vergleichspartikel wie als von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen. Die im Korpus nachweisbare syntaktische Distribution der Äquativpartikeln Ende des 17. Jahrhunderts ist schon aufgrund der Belegzahlen am stärksten eingeschränkt bei den seltenen neuen Partikeln inmassen und gestalt. Sie sind im Korpus ausschließlich in Nicht-Grad-Äquativen, also solchen ohne Ter-

248

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

tium Comparationis belegt, und zwar durchgängig in Satzvergleichen, die weiterführende Nebensätze darstellen. Diese Beobachtung spricht dafür, dass auch diese neuen Vergleichspartikeln in Nicht-Grad-Äquativen entstanden sind. Sie haben ihre Distribution jedoch im Gegensatz zu also und wie diachron nicht auf Grad-Äquative oder gar Komparativvergleiche ausgedehnt, sondern waren nie besonders verbreitet und sind schon im frühen Neuhochdeutschen wieder ausgestorben. Die ältere Äquativpartikel als und die jüngere, insgesamt im 17. Jahrhundert aber schon weit häufigere Äquativpartikel wie sind dagegen ähnlich wie bereits im 16. Jahrhundert in einer Reihe verschiedener syntaktischer Kontexte belegt. So kommen als Tertium Comparationis prädikative, attributive und adverbiale Adjektivphrasen sowohl bei als als auch bei wie vor, vgl. u. a. (404), (409) und (407) für als und (414), (412) und (423) für wie. Beide Äquativpartikeln können Phrasenvergleiche einleiten. Im Korpus ist als mit NP (incl. bloßem Satzgliedteil), PP, AdvP und AP belegt, vgl. (404) bis (408), wie mit NP, PP, AdvP und bloßem Verb, vgl. (412) bis (415). Zudem können als und wie satzwertige Vergleichsstandards einleiten, vgl. (409) und (416), einschließlich elliptischer Satzvergleiche mit Gapping vgl. (410) und (417). Komplexe Vergleichssätze, also solche mit in den elliptischen Vergleichssatz eingebettetem Nebensatz, sind im Korpus des 17. Jahrhunderts fast nicht belegt. Nur ein Äquativvergleich mit Verschachtelung mit einem indirekten Entscheidungsfragesatz mit ob findet sich, vgl. (411).239 Die im 17. Jahrhundert schon seltener gewordene alte Äquativpartikel als zeigt sich damit syntaktisch immer noch sehr flexibel. Die ebenfalls große Varianz an syntaktischen Kontexten, in denen äquativisches wie auftritt, belegt, dass wie nunmehr zur vollwertigen Vergleichspartikel grammatikalisiert ist. (404) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: präd. AP): ist es so seltsam / als eine grosse Gesellschaft / da einer nicht Hanß hiesse. (GHeid 13, 19–21) (405)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: NP (Gen.attribut) (Tert. Comp.: präd. AP): Meine unterthaͤnigste Liebe soll erweisen / daß / zu Beschuͤtzung Eur. Koͤnigl. Maj. mein Schwerdt so fertig seyn soll / als eines Eingebornen. (CWei 95, 3–5)

239 Hier liegt also kein hypothetischer Vergleich mit als ob vor.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

249

(406) Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: PP (ohne Tert. Comp.): Mann- und Frauwen-Volk sitzt daruͤber / als uͤber Eyern / Tag und Nacht hinein. (GHeid 13, 24–26) (407)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: adv. AP): hat auch vielleicht das Reich einer solchen Versammlung niemals so hoch / als itzund / vonnoͤten gehabt. (SBirk 77 B, 16–19)

(408) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Phrasenvgl.: AP (Tert. Comp.: adv. AP): niemand bittet so eifrig einen ersprieslichen Raht / als fertig und gedeihlig Er denselben mittheilet (GGöz 294, 10–12) (409) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Satzvgl. (Tert. Comp.: attr. AP): daß seines grossen Monarchen Thaten von einer so hurtigen Feder / als bey einigen die Romantische ist / moͤchten verfaßt werden (GHeid 40, 20–23) (410)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als, Gapping (ohne Tert. Comp.): da werden die Seelen / als ein Eisen zum Magnet / also sie zum Himmel gezogen. (GGöz 251, 12–14)

(411)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, komplexer Vergleichssatz mit ob-Satz (Tert. Comp.: adv. AP): Ob Augustinus also gelehrt hat / kan eben so wenig gezweifelt werden / als [ob er wider die Donatisten / geschrieben hat / daß […]] (JRos 13, 9 f.)

(412)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: NP (Tert. Comp.: attr. AP): Wann die Hollaͤnder so viel Gluͤck von der Natur haͤtten / solch Wasser vnd solche veste Erden / wie wir zu haben / was wurden sie zu wegen bringen? (CSchor 21, 4–6)

(413)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: PP (ohne Tert. Comp.): O Vatter / dein will geschehe wie im Himmel / also auch auff Erden. (JRos 32, 6 f.)

250

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(414)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: AdvP (Tert. Comp.: präd. AP): weil die Stadt wieder so volkreich wie zuvor (DeoGr 34, 2)

(415)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvgl.: V (ohne Tert. Comp.): Woraus entsprosse / daß sich das aͤdle Lorber nach ihm fast wie soͤhnete und in sein Haar drunge / aus Vorschmakk / daß es hier mehr Glanz empfangen / als lassen wuͤrde. (GGöz 286, 3–7)

(416)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Satzvgl. (ohne Tert. Comp.): denn wie alle gelehrte wissen / ist der Buchstabwexel eine allzuungewisse kwell die Wort herzuleiten / (GHeid 18, 3–5)

(417)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie, Gapping (ohne Tert. Comp.): weil sie die Sylben und Wort bald da bald dorthin commandieren / wie ein Koͤnig oder General die Soldaten (GHeid 79, 5–7)

Unter den mit wie angeschlossenen Phrasenvergleichen sind in einigen Fällen Belege, in denen wie mit einer Phrase oder häufiger einem bloßen syntaktischen Kopf verbunden in der Bedeutung ‚quasi‘/‚so gut wie‘ auftritt, vgl. DWB (29: 1486 f.) mit Bezug auf Paul (1920: 235 f.) mit Belegen von Luther bis Gutzkow für als bzw. wie im Sinn von ‚quasi‘ vor Nomen, PP, Partizipien und seltener einfachen Verben. Die Vergleichspartikel wie kann sich also offenbar auch mit syntaktischen Elementen unterhalb der Phrasenebene verbinden. Besonders häufig ist dieses Phänomen im untersuchten Korpus mit neun Belegen in den thüringischen „Leichabdankungen“ von Georg Göz, vgl. (415) und (418). Die Tatsache, dass Konstruktionen dieser Art auch im 18./19. Jahrhundert sowie bis in den heutigen Regiolekt v. a. in Teilen des ostmitteldeutschen Sprachraums (Thüringisch, z. T. Sächsisch) belegt zu sein scheinen, spricht dafür, dass es sich möglicherweise um ein regionales Phänomen handelt.240

240 Weitere Belege in DWB (29: 1484 f.): tut wie ihr auge zu (Fleming), er sich wie verliert (Lessing), die kinder traten alle wie zurück (Goethe), vgl. auch gleich im Sinn von ‚quasi‘ s. FWB (6: 2300 f.) mit Belegen von Luther und anderen ostmitteldeutschen Autoren des 15. und 16. Jahrhunderts. Parallele Fälle sind allerdings auch in anderen Sprachen, etwa im Niederländischen belegt, vgl. van der Horst (2008: 1910): als ‚wie‘ mit bloßem Verb, z. B. die Samuel met den blik als verslond ‚die Samuel mit dem Blick wie verschlang‘ (um 1900).

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

(418)

251

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie ‚quasi‘: wie sie ieder Zeit unter sich fast wie gestritten (GGöz 187, 11 f.)

Wenn auch als und wie im 17. Jahrhundert beide grundsätzlich in Phrasenund Satzvergleichen verwendet werden können, so gibt es doch nach wie vor distributionelle Unterschiede, was die relativen Anteile von Phrasen- und Satzvergleichen betrifft, wie Tabelle (419) verdeutlicht. Die alte Äquativpartikel als ist im untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts zu fast 70 Prozent in Phrasenvergleichen und nur reichlich 30 Prozent in Satzvergleichen belegt, wohingegen wie umgekehrt zu 70 Prozent in Satzvergleichen und 30 Prozent in Phrasenvergleichen vorkommt. Obwohl wie schon seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr ausschließlich in Satzvergleichen, sondern auch in Phrasenvergleichen belegt ist und im 17. Jahrhundert als vollwertige Äquativpartikel mit verschiedensten Phrasenarten kombiniert werden kann, weist es also nach wie vor eine distributionelle Präferenz für Satzvergleiche auf. Hier wirken zudem, wie oben in Kap. 4.2 erwähnt, syntaktische und semantische Distributionspräferenzen zusammen: Grad-Äquative, in denen als noch am häufigsten (in vielen Texten ausschließlich) als Äquativpartikel verwendet wird, sind mehrheitlich phrasal, während Nicht-Grad-Äquative, in denen wie ja das häufigste Muster des Vergleichsanschlusses darstellt, ganz überwiegend Satzvergleiche sind. Als wird jedoch nicht nur in Grad-Äquativen, sondern selbst in Nicht-Grad-Äquativen häufiger in Phrasenvergleichen verwendet. (419)

Äquativisches wie und als in Satz- vs. Phrasenvergleichen 1650–1700 wie

als

Satzvgl.

Phrasenvgl.

Satzvgl.

Phrasenvgl.

Grad-Äquative

2 (22 %)

7 (78 %)

22 (47 %)

25 (53 %)

Nicht-Grad-Äquative

232 (72 %)

92 (28 %)

5 (14 %)

31 (86 %)

Summe

234 (70 %)

99 (30 %)

27 (33 %)

56 (67 %)

Als weiterer Faktor beim Wandel der Äquativpartikel von als zu wie wurde bereits in Kap. 4.2 neben dem semantischen Faktor [± Grad] und dem syntaktischen Faktor [± satzwertig] das Fehlen oder Vorhandensein eines Korrelats angesprochen, das letztlich mit dem Faktor [± Grad] zusammenhängt, da Äquati-

252

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

ve mit Korrelat vorm Tertium Comparationis i. d. R. als Grad-Äquative zu interpretieren sind. Auch für das 17. Jahrhundert wollen wir deshalb nun einen Blick auf die Äquativkorrelate werfen. Als (kataphorische oder seltener anaphorische) Korrelate kommen in den Texten des 17. Jahrhunderts als(o) und so, bei Johann Rosenthal und Gotthard Heidegger auch selten verstärkt als eben so vor (daneben auch adnominales solch). Im Korpus des 17. Jahrhunderts überwiegt mit 60 Prozent der Äquativvergleiche mit Korrelat schon das einfache, auch im heutigen Deutschen übliche so gegenüber dem zuvor lange Zeit üblicheren also.241 So stellt jedoch nur im obersächsischen Text von Christian Weise bereits die einzige Form des Korrelats dar. Die beiden Äquativpartikeln als und wie kommen sowohl mit Korrelat als(o) als auch mit Korrelat so vor, vgl. die Korpusbelege in (420) bis (423). In Grad-Äquativen ist jedoch ganz überwiegend (kataphorisches) so belegt. Ein typischer Grad-Äquativ in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunserts wäre also etwa Er ist so groß als ich. In Nicht-GradÄquativen kommen seltener Äquativkorrelate vor, hier findet sich fast nur (anaphorisches) also, typisch wäre hier also eine Konstruktion wie Wie ich es mache, also macht auch er es. Diese Tendenz stellt sich in den Texten von Sigmund Birken und Georg Göz sogar als vollständige Disjunktion dar: Sie verwenden als Korrelate ausschließlich kataphorisches so in Grad-Äquativen und anaphorisches also in Nicht-Grad-Äquativen.242 Die Tabelle in (424) zeigt, wie häufig im untersuchten Korpus welche Kombinationen von Korrelat also bzw. so und Äquativpartikel als oder wie vorkommen.243 Die jeweils erste Zahl umfasst anaphorische und kataphorische Korrelate, die Zahl in eckigen Klammern nur die für die Grad-Äquative typischeren kataphorischen, also der Vergleichspartikel vorausgehenden Korrelate wie in Er ist so groß wie ich. (420)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als und Korrelat also: da werden die Seelen / als ein Eisen zum Magnet / also sie zum Himmel gezogen. (GGöz 251, 12–14)

241 Vgl. DWB (1: 251): als … als bis ins 16. Jh. geläufig, allmählich so … als/wie. 242 Diese distributionelle und formale Differenz kann als zusätzliches Argument für eine notwendige grundsätzliche Unterscheidung von kataphorischem und anaphorischem Äquativkorrelat gewertet werden, vgl. auch Fußn. 204. 243 Zusätzlich zu den in der Tabelle verzeichneten sind folgende Kombinationen von Korrelat und Äquativpartikel belegt: 8x solch + wie, 10x solch + als, 1x inmassen + (anaphorisches) so; 1x ganz + als, 1x ganz + wie. Bei adjazentem gleich wie ist z. T. nicht eindeutig zu entscheiden, ob es sich bei gleich noch um ein matrixinternes, korrelatartiges Bezugselement oder bereits reanalysierten Teil des Vergleichsanschlusses handelt.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

253

(421)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie und Korrelat also: Aber / wie ehrgeitzigen hohen Leuten / die grosser Authoritaͤt und Macht gewohnt / der tieffe Respect eines grossen Volcks / und der darvon herfliessende Pracht und Herrlichkeit lieber / als das Leben selbsten ist / daß sie beduͤnckt / wenn sie von Hof in ihre Privat-Haͤuser sich begeben muͤsten / sie giengen an den Galgen / also hat dieser Graf Essek sich nicht lange in der Einsamkeit eines vergnuͤglichen Privat-Lebens gedulden koͤnnen. ‚Aber wie ehrgeizigen hohen Leuten … Pracht und Herrlichkeit lieber als das Leben selbst ist, …, so hat dieser Graf Essek sich nicht lange in der Einsamkeit eines vergnüglichen Privatlebens gedulden können.‘ (HLud 41/42 B, 36 − 41/42 A, 8)

(422)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als, Korrelat so: Was mein lieber Sohn singen wird / das ist so wahr / als ich meine Nase uͤber dem Maule trage. (CWei 82, 13–15)

(423)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie, Korrelat so: Lasst es seyn / daß andere auch kriegen koͤnnen: aber nicht so weißlich / nicht so dapfer / nicht so gluͤ ck- und sieghafft / wie Rudolphus. (SBirk 78 B, 6–10)

(424)

Kombinationen von Korrelat und Äquativpartikel im frühen Neuhochdeutschen (Angaben in eckigen Klammern: nur kataphorische Korrelate)

17. Jh.

als(o) + als(o)

so + als(o)

als(o) + wie

so + wie

2 (2 %) [0 (0 %)]

48 (52 %) [46 (85 %)]

35 (38 %) [4 (7,5 %)]

7 (8 %) [4 (7,5 %)]

50 (54 %) [46 (85 %)]

42 (46 %) [8 (15 %)]

Wie bereits im Frühneuhochdeutschen erweisen sich wiederum die Äquativvergleiche mit Korrelat und nachfolgendem Tertium Comparationis als konservativer bezüglich der Äquativpartikel. Zusammen mit dem (anaphorischen oder kataphorischen) Korrelat so/also (ohne die Fälle mit adnominalem Korrelat solch) wird in 50 Fällen in den untersuchten Texten des 17. Jahrhunderts und damit über 50 Prozent noch als verwendet, aber in 42 Fällen auch schon wie, was über 40 Prozent der Äquativbelege mit Korrelat ausmacht. Betrachtet man

254

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

jedoch nur Belege mit vorausgehenden, also kataphorischen Korrelaten, so ist der Gegensatz mit 85 Prozent mit als und 15 Prozent mit wie sehr viel deutlicher. Dies hängt wie angedeutet mit der Semantik der entsprechenden Äquativkonstruktionen zusammen, wie auch oben in Kap. 4.2 dargelegt: bei Vergleichen mit dem Vergleichsstandard vorausgehendem, d. h. kataphorischem Korrelat und Tertium Comparationis handelt es sich um Grad-Äquative, in denen ja im Gegensatz zu den Nicht-Grad-Äquativen, also denen ohne Gradsemantik, die alte Äquativpartikel als immer noch überwiegend verwendet wird, vgl. Tabelle (402). In Nicht-Grad-Äquativen wird generell überwiegend wie als Vergleichsanschluss gewählt – und zwar auch schon bei vorhandenem Korrelat, das jedoch im untersuchten Korpus dann fast immer ein nachfolgendes (anaphorisches) Korrelat ist. Mit nachfolgendem Korrelat – i. d. R. also – wird deutlich häufiger wie als als verwendet. Es liegt damit offenkundig nicht in erster Linie am Vorhandensein des Korrelats selbst, sondern an der Tatsache, dass der Vergleichspartikel vorausgehende Korrelate überwiegend in GradÄquativen vorkommen, dass Äquative mit vorausgehendem Korrelat häufiger noch die alte Äquativpartikel als aufweisen. Wenden wir uns nun noch einmal genauer den komplexen Äquativpartikeln gleich als, gleich wie und als wie sowie den neu belegten Äquativpartikeln inmassen und gestalt zu. Wie im Frühneuhochdeutschen des 15. und 16. Jahrhunderts treten, wie oben erwähnt, auch im frühen Neuhochdeutschen des 17. Jahrhunderts die Kombinationen gleich als und gleich wie auf, die man als komplexe, d. h. zusammengesetzte (jedoch nicht notwendigerweise syntaktische komplexe) Vergleichspartikeln ansehen kann. Während die entsprechenden Belege im 15. Jahrhundert bezüglich der Stellung von gleich im Matrixsatz oder im Vergleichssatz ambig waren, gab es schon im frühneuhochdeutschen Korpus des 16. Jahrhunderts aufgrund von Vorkommen am Satzanfang, nach Interpunktion und insbesondere Zusammenschreibung (gleichwie) Anzeichen für eine Univerbierung und Grammatikalisierung zur Vergleichseinleitung in der oben in (287) bzw. (288) angegebenen Weise, analog zum im althochdeutschen Korpus belegten samaso ebenfalls auf Grundlage der Grammatikalisierung aus einem ursprünglichen Matrixbezugselement mit Identitätssemantik sama ‚gleich‘ und der Äquativpartikel so ‚wie‘, vgl. (70 ii). Gleich als ist im 17. Jahrhundert mit nur einem Beleg ebenso selten wie im 16. Jahrhundert. Gleich wie ist mit insgesamt 17 Belegen jedoch deutlich häufiger als im 16. Jahrhundert mit sechs Belegen. Am häufigsten ist gleich wie im 17. Jahrhundert mit sieben Belegen im ripuarischen Text von Johann Rosenthal zu finden. Gleich wie steht dabei durchgängig am Satzanfang oder nach Interpunktion und wird in fünf der 17 Belege zusammengeschrieben, vgl. Bsp. (390), mithin als zusammengehörige Einleitung des Äquativvergleichs aufgefasst. Diese komplexe Vergleichspartikel kommt über-

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

255

wiegend in Satzvergleichen vor, gelegentlich jedoch auch in Phrasenvergleichen, ist aber durchgängig noch auf den Entstehungskontext der Nicht-GradÄquative beschränkt.244 Im untersuchten Korpus ist zudem wie erwähnt erstmals in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in einem Fall die heute noch umgangssprachlich und regiolektal verbreitete komplexe Vergleichspartikel als wie belegt, und zwar in einem Äquativvergleich, genauer einem Nicht-Grad-Äquativ. (425)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: der Appetit vergeth / der Schlaff wird verhinderet und walzt man sich im Beth herum / als wie die Thuͤr im Angel / (GHeid 71, 3–6)

Die vorliegende Untersuchung bestätigt damit die Aussagen in der Literatur, dass als wie im 17. Jahrhundert aufgekommen sei, vgl. Ebert et al. (1993: 478), Dückert (1961: 208) und DWB (29: 1480 f.). Dort sind weitere Belege auch aus der ersten Hälfte und Mitte des 17. Jahrhunderts angeführt, vgl. die Belege von Opitz und Gerhardt in (426) und (427). Eine stichprobenartige Recherche in Werken von Opitz und Gerhardt ergab, dass beide als wie nicht nur in NichtGrad-Äquativen, sondern auch schon in Grad-Äquativen (mit Korrelat und adjektivischem Tertium Comparationis) verwenden, vgl. (428) und (429). (426)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: ihm wird der Hauffe weichen / Als wie das schöne Volck der Sternen muß verbleichen (Martin Opitz: Weltliche u. geistliche Dichtung 131, 26 − 1630, nach Dückert 1961: 208)

(427)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: du schlachtest jhn als wie ein lamb (Paul Gerhardt, Lieder: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld − Mitte 17. Jh., nach DWB 29: 1481)245

244 Als weitere komplexe Vergleichspartikel im frühen Neuhochdeutschen ist gleichsam als wie belegt (DWB 29: 1475, z. B. in Grimmelshausens „Simplicissimus“). Hier liegt dreifache Reanalyse (Verstärkung) vor, wörtlich ‚gleich-gleich-so-wie‘. 245 Auch in der Kombination mit gleich: Wer dich recht liebt, dem wird das Joch Der bittern Todesschmerzen Gleich als wie lauter Zucker. (Paul Gerhardt, Lieder: An die Seite des Herrn Jesu).

256

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(428)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als wie: Wer wird euch nun verlegen So fleissig als wie er? (Martin Opitz, Gedichte: Auff Herrn David Müllers Seeligen Abschied − 1. Hälfte 17. Jh.)

(429)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als wie: Wer ist so gnädig, als wie du? (Paul Gerhardt, Lieder: Ich, der ich oft in tiefes Leid − Mitte 17. Jh.)

Aus der heutigen, völlig an das Korrelat so gewöhnten Perspektive, wird man das als in als wie leicht für die Vergleichspartikel als halten. So wird als wie in der Literatur auch üblicherweise als eine Kombination der alten und der neuen Äquativpartikel in der Zeit des Übergangs von einem zum anderen Muster angesehen. Diese These vertritt bereits Grimm im DWB (1: 249), indem er schreibt: es „verbanden sich alte und neue conjunction zu gehäuftem als wie“. Auch an anderer Stelle heißt es im DWB (29: 1475), dass als wie aufgrund der freien Varianz und des Nebeneinanders im Gebrauch von als und wie als „syntaktische Mischform“ entstanden sei (ebenso DWB 29: 1480). Diese Auffassung wurde in der neueren Literatur übernommen: auch bei Ebert et al. (1993: 478) und Dückert (1961: 208) ist von der „Mischform“ als wie die Rede (Dückert 1961: 209 auch „Schwellform“). Dabei wird das Auftreten von als wie als Übergangsstufe bei der Entwicklung von als zu wie aufgefasst, vgl. wiederum bereits bei Grimm (DWB 1: 251), der eine Entwicklungslinie so … als > so … als wie > so … wie postuliert. Auch Feldmann (1901: 39) hält das als in als wie fraglos für die ursprüngliche Äquativpartikel: „Eine Erinnerung an das ursprüngliche als lebt noch fort in dem gehäuften als wie“. Zusammengefasst besteht also die bisherige Forschungsmeinung darin, dass als wie eine Kombination der alten Äquativpartikel als mit der neuen Äquativpartikel wie darstellt, die als Zwischenstufe beim Übergang des Vergleichsanschlusses von als zu wie aufgetreten sei.246 Diese hergebrachte Forschungsmeinung muss angesichts einer genaueren Analyse der frühesten Belege von als wie, des exakten diachronen Ablaufs der Entwicklung und des Vergleichs mit analogen Entwicklungen in anderen Sprachen und im Deutschen revidiert werden. Auf Grundlage der Daten möchte ich daher die alternative, oben bereits angedeutete Entstehungsthese vertreten, dass als wie in Äquativvergleichen aus der Kombination des Korrelats als(o)

246 Analog wurde als wie in der Dialektologie bislang als regionale Mischform aus beiden Vergleichspartikeln im Übergangsbereich der Areale von als und wie aufgefasst, vgl. Kap. 6. Dagegen s. Jäger (2013).

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

257

und der Äquativpartikel wie entstanden ist.247 Dafür spricht die Art der Vergleiche, in denen als wie zuerst auftritt. Hierbei handelt es sich eben um Äquative und zwar zuerst um Nicht-Grad-Äquative, also solche ohne Tertium Comparationis. Diese Beobachtung lässt sich erklären, wenn man annimmt, dass das als in als wie ursprünglich nicht die alte Äquativpartikel als darstellte, sondern das matrixinterne Äquativkorrelat als, denn nur in Nicht-Grad-Äquativen, in denen ja kein Tertium Comparationis auf das Korrelat folgt, können Korrelat und Äquativpartikel adjazent stehen und diachron als Einheit reanalysiert werden. (430) [… als(o) [wie …]] > [… [als wie …]] ‚so wie‘ ‚wie‘ Als(o) war ja noch im 15. Jahrhundert als Äquativkorrelat verbreiteter als so und kommt auch im 16. Jahrhundert noch häufig in dieser Funktion vor, vgl. Kap. 4.2. Selbst im 17. Jahrhundert ist als(o) noch regelmäßig als Äquativkorrelat belegt, vgl. Tabelle (424). Vorläufer der Äquativvergleiche mit als wie waren also Konstruktionen wie (431) und (432) aus dem 16. Jahrhundert, in denen die Interpunktion die noch zwischen also und adjazentem wie vorhandene Satzgrenze markiert. (431)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit Korrelat also und adjazenter Äquativpartikel wie (Vorläuferkonstruktion von als wie): das sie dann mit werender hand stürben, vnd sich nit also, wie die hüner würgen vnnd tod schlohen liessen (Carbach: Livius (1514), nach DWB 29: 1480)

247 In Ansätzen hat bisher lediglich Lerch (1942: 346 f.) diese Entstehungsthese für als wie vertreten, indem er schreibt, dass als wie in Äquativen ebenso wie entspreche und insofern hier „nicht auffällig sei“. In Komparativvergleichen sei als wie dagegen aus der elliptischen Verschachtelung von Komparativvergleich mit als und Äquativvergleich mit wie entstanden. Neben der in der Literatur verbreiteten These, als wie sei eine diachron als Zwischenstufe auftretende Mischung beim Übergang von alter Äquativpartikel als zu neuer Äquativpartikel wie und der hier vertretenen These, dass es sich um eine Grammatikalisierung auf der Grundlage von Korrelat als und Äquativpartikel wie handelt, ist dies eine dritte Entstehungshypothese für als wie. Möglicherweise spielt die sich bei Verschachtelung von Komparativvergleich mit als und Äquativvergleich mit wie ergebende Abfolge als wie eine verstärkende Rolle für die Ausbreitung von als wie in die Komparativvergleiche (s. auch oben in Fußn. 176 und 229), wird aber nicht der Ursprung der Vergleichspartikel als wie sein, da die Verschachtelungsfälle sehr selten sind und keine parallele Entwicklung bei Verschachtelung von Komparativ- und Äquativvergleich mit anderen Vergleichspartikeln denn als/wie zu beobachten ist (s. auch Fußn. 248). Demgegenüber ist die Entstehung neuer Äquativpartikeln aus vormaligem Korrelat und Äquativpartikel ein in der Geschichte des Deutschen und auch in anderen Sprachen sehr verbreitetes Muster, s. auch Kap. 7.2, (599 i).

258 (432)

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit Korrelat also und adjazenter Äquativpartikel wie (Vorläuferkonstruktion von als wie): Also dz wir vff das allergewissest glaͤuben vnd wissen müessen / was der Herr hier geredt hat/das sey warhafftig vnd wesenlich also / wie er es geredt hat / dieweill er nit liegen kan / vnd jm nichts vnmoͤglich ist (JGrop 4v, 2–5)

Zusätzliche Plausibilität gewinnt die hier vorgeschlagene Entstehungsthese für als wie durch die Tatsache, dass die Entwicklung von Äquativkorrelat und adjazenter Äquativpartikel zu einer neuen Äquativpartikel, die dem in Kap. 2.2 unter (70 i) beschriebenen Typ entspricht, auch sonst in der Geschichte des Deutschen und anderer Sprachen vielfach zu beobachten ist, vgl. auch unten Kap. 7.2, (599). Die Grammatikalisierung von als wie ist damit analog verlaufen zu der von ahd. so + so > soso, lat. sic + ut > sicut, nl. zo + als > zoals etc. Es handelt sich also um einen bei Vergleichskonstruktionen häufig beschrittenen Grammatikalisierungspfad. Jeweils bilden die Nicht-Grad-Äquative das Einfallstor für die Grammatikalisierung von ursprünglich matrixinternem Bezugselement und adjazenter Äquativpartikel zum neuen Vergleichsanschluss. Wie schon im Fall von als und wie geht die Neuerung von Nicht-Grad-Äquativen aus, wird dann in die Grad-Äquative übernommen und schließlich auch in die Komparativvergleiche: in Grad-Äquativen und erst recht Komparativen (s. o. Kap. 5.1) tritt als wie erst sekundär auf. Noch im 18. Jahrhundert, als äquativisches als wie bereits recht verbreitet war, wurde es überwiegend in Nicht-GradÄquativen verwendet. Laut Lerch (1942: 332, 348) ist noch bei den deutschen Klassikern als wie häufiger in Äquativvergleichen als in Komparativvergleichen. Nachdem das ursprüngliche Korrelat als als Teil des Vergleichsanschlusses reanalysiert worden war, konnte dann zusätzlich auch ein neues Korrelat im Matrixsatz verwendet werden (vgl. Lerch 1942: 347 mit Belegen von Wieland und Goethe), ähnlich wie im Fall des in Kap. 2.2 besprochenen althochdeutschen soso, das wiederum mit dem Korrelat so zusammen auftreten konnte. Während es für die vorgeschlagene Entwicklung von matrixinternem Korrelat und Äquativpartikel zur neuen Vergleichseinleitung viele Parallelen gibt, sind Kombinationen aus zwei Vergleichspartikeln beim diachronen Übergang von einer Vergleichspartikel zur anderen eher untypisch. So sollte man etwa erwarten, dass beim diachronen Übergang der Vergleichspartikel denn zu als in den Komparativvergleichen als Zwischenstufe die kombinierte Vergleichspartikel denn als auftreten sollte, was jedoch außer in den seltenen Verschachtelungen von Komparativ- und Äquativvergleich nicht der Fall ist.248 248 Die Kombination denn als tritt nicht als Einleitung eines bloßen Komparativvergleichs auf und hat sich auch nicht in andere Vergleichsarten verbreitet, was auch gegen eine Entstehung

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

259

Ein weiteres Argument für das vorgeschlagene Entstehungsszenario und gegen die Annahme, als wie sei das Ergebnis der Dopplung der beiden Äquativpartikeln als und wie als Zwischenstufe beim diachronen Übergang von der einen zur anderen ist der genaue Ablauf der Entwicklung. Nach der hier vorgeschlagenen These konnte als wie erst sekundär entstehen, nachdem wie als Äquativpartikel bereits etabliert war. In der Tat ist als wie erstmals belegt, nachdem wie (gerade in Nicht-Grad-Äquativen) schon 100 Jahre lang überwiegend an Stelle von als als Äquativpartikel verwendet wurde. Nach der gängigen Forschungsmeinung würde man stattdessen erwarten, dass zunächst verbreitet als wie hätte auftreten müssen und erst dann allmählich bloßes wie – die quantitative Untersuchung zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist und widerlegt damit klar die Hypothese, dass als wie eine Zwischenstufe in der Entwicklung von als zu wie darstellt. Auch die unten diskutierten Daten zur weiteren Entwicklung im 18. und 19. Jahrhundert stützen die hier vertretene Entstehungsthese des als wie aus Korrelat als und Äquativpartikel wie. Im untersuchten Korpus ebenfalls erstmals im 17. Jahrhundert in wenigen Fällen belegt ist, wie oben dargestellt, die Äquativpartikel inmassen, vgl. hierzu Behaghel (1923–32, III: 206 f.), FWB (8: 115 f.) und Polenz (1994, II: 276). Inmassen tritt im Korpus nur in Nicht-Grad-Äquativen und nur in Satzvergleichen auf. (433)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit inmassen: Dannenhero geschichts / daß die wahre Kirch keinem verborgen lige: Inmassen auch durch das jenige angezeigt wirdt / welches der Herr selbst im Evangelio sagt: die Statt kan nit verborgen werden / welche auffm Berg ligt (JRos 11, 10–12)

Vorläufer dieser Äquativpartikel finden sich schon in den Korpusbelegen des 15.249 und 16. Jahrhunderts, wo inmassen zunächst als korrelatartiges Element ‚so‘ verwendet wird, vgl. Kap. 4.2 und FWB (8: 115 f.), und dann teilweise zusammen mit der Äquativpartikel als oder wie am Anfang des Vergleichsstandards gebraucht wird wie oben in (292) sowie in (434) und (435), wobei in maßen wie im letztgenannten Beleg ggf. auch schon als komplexer Vergleichsanschluss aufgefasst werden kann. (In ähnlicher Weise wird auch dermaß bzw.

der komplexen Vergleichspartikel als wie aus solchen Verschachtelungen von Komparativ- und Äquativvergleich (Lerch 1942: 347) spricht, vgl. auch Fußn. 176 und 247. 249 Vgl. den oben in Fußn. 217 angeführten Korpusbeleg aus dem 15. Jahrhundert.

260

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

gleichermaß zusammen mit wie verwendet, s. o. (291) und (293), vgl. unser heutiges dermaßen ‚so (sehr)‘). (434)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit Korrelat/Bezugselement in der maße + als: daz der buwe der mure an der furstad sal beliben stan in der maße, als er uf dise zit stet (Friedberger Urkundenbuch 575 (1410), nach Behaghel 1923–32, III: 206)

(435)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit Korrelat/Bezugselement in maßen + wie bzw. komplexem Vergleichsanschluss in maßen wie: … vnd allenthalben eynhelligklich eyngesprochen vnnd an tag geben hat / kurtzlich anzeigen vnd fur ougen stellen / in maßen wie ich jetz zuͦ thuͦn versprochen hab. (JGrop 3r, 28–30)

(436)

Grammatikalisierung von inmassen/inmaßen zur Äquativpartikel im 16. und 17. Jahrhundert: [PP in [NP Maßen [wie …]]] > [… [AdvP inmassen [wie …]]] > ‚in dem Maß/der Art wie‘ ‚so wie‘ [… [inmassen wie …]] > [… [inmassen …]] ‚(so) wie‘ ‚wie‘

Die Präpositionalphrase in maßen mit dem darin enthaltenen Nomen maß(e) ‚Maß, Art‘ kann also ursprünglich als Bezugselement zum eigentlich vergleichseinleitenden wie aufgefasst werden, wird dann als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert und tritt als komplexe Vergleichseinleitung zusammen mit wie auf, bevor schließlich die eigentliche Äquativpartikel wie wegfällt und inmassen allein den Äquativanschluss bildet, wie in (436) schematisch dargestellt. Hierbei handelt es sich um einen weiteren Typ der Bildung neuer Äquativpartikeln durch Verstärkung zusätzlich zu den im Althochdeutschen zu findenden, oben in Kap. 2.2 unter (70) angeführten (bzw. um eine Sonderform von Typ (70 i), insofern inmassen in einem Zwischenschritt auch korrelatartig auftritt), vgl. auch Kap. 7.2, (599 iv) zu entsprechenden Fällen in anderen Sprachen.250 Bezeichnend 250 Eine sprachübergreifende Entsprechung zu inmassen (wie) findet sich beispielsweise im Seychellen-Kreolfranzösisch mit mem degree ki (Haspelmath/Buchholz 1998:284): I ris mem degree ki nu. er reich wie (wörtl.: gleicher Grad wie) wir ‚Er ist so reich wie wir.‘

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

261

ist wiederum die Tatsache, dass inmassen nur in Nicht-Grad-Äquativen auftritt. Auch hier handelt es sich also um die Grammatikalisierung einer Äquativpartikel aus ursprünglich matrixinternem Element und adjazenter, relativisch von diesem Bezugselement abhängiger Äquativpartikel. Im Lauf dieses Grammatikalisierungsprozesses wurde die ursprüngliche Präpositionalphrase univerbiert und teilweise phonologisch vereinfacht (Nasal-Assimilation immassen oder Kürzung zu inmaß) – typische Begleiterscheinungen von Grammatikalisierungsvorgängen. Im hier untersuchten Korpus tritt inmassen erstmals im 17. Jahrhundert ohne nachfolgendes wie als alleiniges vergleichseinleitendes Element und somit als Äquativpartikel auf, wird jedoch noch nicht mit Phrasenvergleichen und in Grad-Äquativen verwendet – ähnlich wie wie im 15. und 16. Jahrhundert. Behaghel (1923–32, III: 206) führt für inmassen als Äquativpartikel bereits einen Beleg aus dem 15. Jahrhundert an, vgl. (437), gibt aber an, dass inmassen als Vergleichspartikel im 16. Jahrhundert häufiger wird. (437)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit inmassen/in maßen (Satzvgl.): das wir unser verkunde gnuge getan hand, in maßen wir vor tzwein jaren auch taten (Frankf. Rkorr. 2, 5 (1440), nach Behaghel 1923–32, III: 206)

Auch Behaghel (1923–32, III: 207) stellt fest, dass inmassen zuerst nur in Satzvergleichen auftritt. Er bringt jedoch auch einen Beleg, in dem inmassen bereits einen Phrasenvergleich anschließt, vgl. (438). (438)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit inmassen/inmaß (Phrasenvgl.: NP): oben mit ainem Fürst mit steigenden Steffeln von Leysten inmaß ain Credenz gestelt (Schwäb. Wörterbuch 4, 38, nach Behaghel 1923–32, III: 207)

Die weitgehende syntaktische und semantische Distributionseinschränkung von inmassen spricht dafür, dass der Grammatikalisierungsprozess zur vollwertigen Äquativpartikel zu dieser Zeit noch nicht ganz abgeschlossen war und auch nie vollständig abgeschlossen wurde: inmassen hat sich nie wirklich als Äquativpartikel durchgesetzt, sondern ist schon im frühen Neuhochdeutschen ausgestorben,251 laut Behaghel (1923–32, III: 206) im späten 18. Jahrhundert,

251 Dies spricht u. a. gegen die These von Polysemievermeidung als Ursache des Komparativzyklus, vgl. Kap. 7.3.3: immassen als nicht-polysemes Lexem hätte sich als Äquativpartikel länger halten und gegenüber dem polysemen als und wie durchsetzen sollen.

262

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

vgl. auch Polenz (1994, II: 276), der inmassen wie gestalt als typisch für die barocke Kanzleisprache charakterisiert. Auch die Äquativpartikel gestalt ist in einem Beleg im hier untersuchten Korpus erstmals im 17. Jahrhundert nachzuweisen, wiederum nur in einem Nicht-Grad-Äquativ mit satzwertigem Vergleichsstandard, vgl. (439). (439)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gestalt: Es scheinet auch wol wenn man ihnen willfahret / wie den Ungarn geschehen / daß sie sich wuͤrden bequemet haben. Gestalt man sonst die GraͤntzVoͤlcker gern nach ihrem Wesen und Sitten leben laͤsset / damit sie treu bleiben (HLud 63/64 A, 18–24)

Die Vergleichspartikel gestalt entstand ebenfalls auf Grundlage von Konstruktionen mit ursprünglich matrixinternem nominalem Bezugselement, hier dem Nomen gestalt, vgl. Behaghel (1923–1932, III: 178), FWB (6: 1590–1603: unter Nomen gestalt u. a. Konjunktion wie (modal)), und in Nicht-Grad-Äquativen dazu adjazenter Äquativpartikel, ähnelt also vom Typ her inmassen.252 Vorläufer zur Konstruktion mit vergleichseinleitendem bloßem gestalt sind im 15. und 16. Jahrhundert belegt, vgl. (440) mit bereits desemantisiertem, aber noch matrixinternem Bezugsnomen gestalt, vgl. auch unser heutiges Adverb dergestalt ‚so (sehr)‘ als Korrelat zu konsekutiven dass-Sätzen ähnlich wie dermaßen. Gestalt tritt im nächsten Entwicklungsschritt nicht mehr im Matrixsatz, sondern zu Beginn des Vergleichsstandards, aber noch zusammen mit der ursprünglich vergleichseinleitenden Äquativpartikel als als komplexe Vergleichseinleitung auf, vgl. (441). Ähnlich wie bei inmassen (wie), sama/e (so) oder so wio/swie (so) ist die eigentliche Äquativpartikel als bzw. wie im Lauf der Entwicklung,

252 Auch aus der typologischen Forschung sind Grammatikalisierungen von ähnlichen Nomen zur Vergleichseinleitung bekannt, vgl. Kap. 7.2, (599 iv). So wird im Irischen in GradÄquativen die Partikel chomh verwendet, in Nicht-Grad-Äquativen demgegenüber cosúil, das auf chomh/comh + samhail ‚Bild, Gleichheit‘ (‚image, likeness‘) zurückgeht, vgl. Haspelmath/ Buchholz (1998: 316 f.). Dies entspricht formal genau dem historischen deutschen gestalt wie. Alternativ wäre für gestalt eine Analyse als phonolgisch reduzierte Form des Partizips II ‚gestaltet‘ denkbar, vgl. FWB (6: 1600–1603): neben Nomen gestalt auch partizipisches Adjektiv gestalt ‚gestaltet, beschaffen‘; z. B. Christus war yhm [Johannes] nicht gestalt wie ander leut (Luther WA 20, 224, 14 (1526)), Nym ein holtz heist gicht-holtz daz ist gestalt als erlein. (Keil, Peter von Ulm 233 (1453/4)). Für das Nomen gestalt als Grundlage spricht das Auftreten von gestalt als grammatikalisiertem Korrelat zusammen mit dem ursprünglichen genitivischen femininen Artikel der in dergestalt ‚so‘. Möglicherweise sind beide Ausgangspunkte parallel genutzt worden und haben sich gegenseitig verstärkt.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

263

wie in (442) dargestellt, schließlich weggefallen und das ursprüngliche Bezugselement stellt den Vergleichsanschluss, eine neue Äquativpartikel, dar.253 Wie bei inmassen zeigt die syntaktische und semantische Beschränkung im Gebrauch von gestalt, dass dieses Element im 17. Jahrhundert noch nicht vollständig zur Äquativpartikel grammatikalisiert worden war. Auch hier wurde der Grammatikalisierungsprozess nie vollendet, die Partikel hat sich nie völlig durchgesetzt, vgl. auch Polenz (1994, II: 276).254 (440) Äquativ mit wie und korrelatartigem glycher gestalt ‚so‘ (16. Jh.): von einem anderen vnd fürnemmen ma n̄ zuo Argo / der auch vff den schouwplatz gangen vnd sich glycher gstalt wie der vorig gehalten (LLav 13r, 24–27) (441)

Äquativ mit gestalt + als im Vergleichsstandard (15. Jh.): sso wart do zu hant eyn liecht, gestalt als eyn gross liecht wolke (Rothe 11, 7 f.)

(442)

Grammatikalisierung von gestalt zur Äquativpartikel: [… [(PP/) NP (in) der gestalt [als/wie …]]] > [… [gestalt als/wie…]] > ‚(in) der Art/so wie‘ ‚(so) wie‘ [… [gestalt …]] ‚wie‘

In beiden Fällen, bei inmassen und gestalt, erweisen sich wiederum die NichtGrad-Äquative, die mit Abfolgen aus matrixinternem Bezugselement und adjazentem Vergleichsstandard einen typischen Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln bieten, als Einfallstor für Neuerungen im Bereich der Vergleichskonstruktionen. Separat von den Vergleichskonstruktionen im engeren Sinn sollen nun wie schon fürs 16. Jahrhundert, s. Kap. 4.2, auch fürs 17. Jahrhundert die Belege für aufzählende und koordinierende Verwendungsweise der Äquativpartikeln betrachtet werden, da sie ggf. bereits von der sonstigen Entwicklung der Vergleichskonstruktionen mehr oder weniger abgekoppelt sind und ein Einschlie-

253 Einen sehr frühen Beleg für bloßes vergleichseinleitendes gestalt (‚modale Konjunktion‘) aus der Mitte des 15. Jahrhunderts bringt Behaghel (1923–32, III: 178): czu nacht zu Ferrer zu sin, gestalt mit sinen koniglichen gnaden gein Rome czu riden (Frkft. Rcorr. 2, 116 (1451)). Er verweist außerdem auf die analoge Grammatikalisierung in der gestalt sam > gestaltsam. 254 Auch dies spricht – ähnlich wie das Aussterben von immaßen – gegen die These von Polysemievermeidung als Movens des Komparativzyklus, vgl. Kap. 7.3.3.

264

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

ßen dieser Fälle in die regulären Äquativvergleiche somit unter Umständen das Bild verfälschen könnte. In aufzählender oder exemplifizierender Funktion (‚Artvergleiche‘ bei Thurmair 2001) kommen sowohl als als auch wie vor, vgl. (443) und (446). Die aufzählende Lesart von als wird gelegentlich durch ‚nämlich‘ oder, wie auch teilweise im heutigen Deutschen noch in fester Fügung erhalten, durch ‚da sind‘ unterstrichen vgl. (444) und (445). Die Verteilung von aufzählendem als und wie im Korpus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gibt Tabelle (447) wieder.255 (443)

Aufzählendes als: Die Feyrtaͤg (welche nach dem alten Calender gehalten werden/) betreffend / so feyret man allhier nicht nur die hohe Fest / als Weyhenachten / Ostern vnd Pfingsten / sondern auch die Aposteltaͤg / Mariæ Verkuͤndigung / Auffahrtstag vnd Michaelis. (CSchor 14, 5–9)

(444) Aufzählendes als (nemlich): Dann dieser nur ein Buchstab ist / und dannoch hat er drey Buchstaben in sich / als nemlich zwey I und in der Mitte ein V. (DeoGr 38, 31 – 39, 2) (445)

Aufzählendes als (da seyn): auch bey denen Handwerckern / welche zu gemeinem Wesen noͤthig / als da seyn die Maurer / Zimmerleuth / Bronnenmeister / Schreiner / Schlosser vnd dergleichen (CSchor 22, 11–13)

(446) Aufzählendes wie (und koordinierendes so wol als): Under den Poeten waͤren einige so wol der Materi / als der Einrichtung halber perfecte Romans, wie Homerus, Virgilius und andre. (GHeid 77, 10–13)

255 In CWei und HLud sind als und wie nicht in aufzählender Funktion belegt.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

(447)

265

Vergleichspartikel in aufzählender Funktion im Neuhochdeutschen 1650–1700

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als

wie

JRos

1653

Ripuar. (Köln)

1 (100 %)

0 (0 %)

CSchor

1660

Schwäb. (Ulm)

8 (100 %)

0 (0 %)

GGöz

1664

Thür. (Jena)

1 (100 %)

0 (0 %)

SBirk

1668

OFränk. (Nürnberg)

6 (100 %)

0 (0 %)

DeoGr

1680

MBair. (Wien)

3 (100 %)

0 (0 %)

GHeid

1698

OHAlem. (Zürich)

5 (26 %)

14 (74 %)

Durchschnitt (%)

88 %

12 %

Summe (38)

24 (63 %)

14 (37 %)

In aufzählender Funktion setzt sich diachron auch allmählich wie gegenüber als durch, allerdings verläuft die Entwicklung hier langsamer als in den sonstigen Äquativvergleichen. Im Korpus des 17. Jahrunderts macht der Anteil von als und wie in aufzählender Funktion im Durchschnitt der Texte knapp 90 vs. reichlich zehn Prozent aus. Der Anteil an der Gesamtzahl mit aufzählender Verwendung macht zwei Drittel bei als und reichlich ein Drittel bei wie aus. In sonstigen Äquativvergleichen liegt der durchschnittliche Anteil dagegen bei ca. einem Viertel als und drei Vierteln wie, der Anteil an der Gesamtzahl der Belege bei knapp 80 Prozent wie und 20 Prozent als, vgl. Tabelle (400). Die Entwicklung bei aufzählender Funktion ist aber immerhin fast so weit fortgeschritten wie in Grad-Äquativen, wo im Durchschnitt 80 Prozent als, 16 Prozent wie auftreten, vgl. Tabelle (402), d. h. die Entwicklung bei der aufzählenden Verwendungsweise von als und wie ist nicht völlig losgelöst von der übrigen Entwicklung im Komparativzyklus. Bis heute hat sich in der idiomatisierten Fügung als da sind/wären jedoch das alte äquativische als in aufzählender Funktion erhalten, das damit inzwischen ganz von der Entwicklung im Komparativzyklus abgekoppelt ist. Wird jedoch eine bloße Partikel verwendet, ist wie in den sonstigen Äquativen heute nur noch wie üblich.

266

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

In koordinierender Verwendungsweise kommt im 17. Jahrhundert ebenfalls als vor – teilweise mit die koordinative Lesart unterstützendem auch, vgl. (448), teilweise mit Korrelat so, vgl. (449), s. dazu Dückert (1961: 214), und auch schon in der laut Dückert (1961: 213) seit dem Frühneuhochdeutschen belegten und bis heute erhaltenen Fügung so wol … als (auch), vgl. (450), teilweise auch bloß sowol auch, vgl. (451). Zum anderen wird auch die neue Äquativpartikel wie koordinierend gebraucht – ebenfalls mit diese Lesart unterstützendem auch, vgl. (452). Hierzu heißt es im DWB (9: 1489) „wie auch gehört vorwiegend älterer sprache an und ist namentlich für das 17. Jh. gut bezeugt“. Tabelle (453) gibt eine Übersicht über die einschlägigen Belege mit koordinierendem als bzw. wie. (448) Koordinierendes als (auch): und von dannen auf Straßburg! alda er mit den Buͤrgern / als auch seinen lieben getreuen Schutzverwandten / froͤliche Weihnachten hielte. (SBirk 85 A, 24–27) (449) Koordinierendes (so) als: Nicht allein aber wird auf besagte Weise der Kinder so zeitlicher / als ewiger Nuzz befoͤrdert; sondern […] (GGöz 246, 4–6) (450)

Koordinierendes so wol als: Jch weiß nicht wie theils Eltern / so wol hier als anderswo / gesinnet seyn / ob es auß Liebe oder Einfalt geschiehet / daß sie jhre Kinder so vngern von sich vnd in die Frembde / auch vngern weiter lassen / als wo die Ordinari Botten hinreisen / damit sie alle acht Tag wissen koͤnnen / wie es jhnen ergehe. (CSchor 20, 9–14)

(451)

Koordinierendes sowol auch (ohne als):256 Bey ihm ware / des Abts zu S. Gallen / der Zuͤricher / und anderer seiner Helfer Kriegsvolk / sowol auch die vertriebenen Buͤrger von der Gesellschafft des Sterns. (SBirk 75 A, 11–14)

(452)

Koordinierendes wie (auch): Von ihrer / wie auch Fr. Agnes, Nachkommenschaft / soll zu Ende diß 1. Buchs gesagt werden. (SBirk 83 A, 28–30)

256 Belege dieser Art wurden in Tabelle (453) nicht berücksichtigt, da weder als noch wie enthalten sind. Es handelt sich um zwei Belege von koordinirendem sowol auch in SBirk.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

(453)

267

Vergleichspartikel in koordinierender Funktion im Neuhochdeutschen 1650–1700

Text

Jahr

Dialekt (Ort)

(so wol) als

wie

JRos

1653

Ripuar. (Köln)

8 (100 %)

0 (0 %)

CSchor

1660

Schwäb. (Ulm)

3 (75 %)

1 (25 %)

GGöz

1664

Thür. (Jena)

6 (60 %)

4 (40 %)

SBirk

1668

OFränk. (Nürnberg)

3 (100 %)

0 (0 %)

DeoGr

1680

MBair. (Wien)

2 (40 %)

3 (60 %)

CWei

1684

OSächs. (Leipzig)

1 (100 %)

0 (0 %)

GHeid

1698

OHAlem. (Zürich)

6 (100 %)

0 (0 %)

HLud

1699

Hess. (Frankfurt)

3 (100 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

84 %

16 %

Summe (40)

32 (80 %)

8 (20 %)

In koordinierender Verwendungsweise wird im untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts noch ganz überwiegend als gebraucht: Der Anteil an der Gesamtzahl von Belegen mit koordinierender Verwendungsweise macht 80 Prozent aus, im Durchschnitt der Texte liegt der Anteil von als bei über 80 Prozent. Wie liegt demgegenüber bei 20 bzw. 16 Prozent. Die generelle Entwicklung in den Äquativen von als zu wie macht sich aber immerhin auch bei der koordinierenden Verwendungsweise bemerkbar, jedoch längst nicht in dem Maß wie in den sonstigen Äquativvergleichen, wo wie gesehen im Durchschnitt nur noch etwa zu einem Viertel als und bereits zu drei Vierteln wie verwendet wird. Die Entwicklung im koordinierenden Gebrauch bleibt also stark hinter der generellen Entwicklung in den Äquativvergleichen zurück. Die Verteilung ähnelt jedoch immerhin der in den ebenfalls konservativeren Grad-Äquativen, wo der durchschnittliche Anteil bei 80 Prozent als und 16 Prozent wie liegt. Geradezu vom Komparativzyklus abgekoppelt ist die aus einem Grad-Äquativ (‚so gut

268

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

wie‘) hervorgegangene, offenbar im 17. Jahrhundert in vielen Fällen schon fest idiomatisierte Fügung so wol als, in der sich bis heute ähnlich wie in den hypothetischen Vergleichen und aufzählendem als da sind und im Gegensatz zu den sonstigen Äquativvergleichen die alte Partikel als als Ausdruck der Gleichheit gehalten hat.257 Damit ist die koordinierende Verwendungsweise im 17. Jahrhundert bezüglich des Wandels von als zu wie ähnlich konservativ wie die aufzählende Verwendungsweise. Als allein koordinierend verwendete Vergleichspartikel ist im heutigen Deutschen nur wie grammatisch, bloßes als dagegen ungrammatisch. Bis auf idiomatisierte Fügungen wurde der Komparativzyklus also auch hier vollzogen, jedoch deutlich langsamer als in den Äquativvergleichen generell, so dass eine separate Betrachtung durchaus sinnvoll ist. Nachdem wir uns einen Überblick über die Äquativvergleiche im 17. Jahrhundert einschließlich der aus dem Äquativ erwachsenen koordinierenden und aufzählenden Verwendungsweise der Äquativpartikeln verschafft haben, und bevor wir uns ausblicksartig der weiteren Entwicklung der Äquative im 18. und 19. Jahrhundert zuwenden, wollen wir uns noch das sich aufgrund der langsameren Weiterentwicklung in den Äquativen ergebende Gesamtbild der Vergleiche im 17. Jahrhundert ansehen, das sich vom heutigen Standarddeutschen auf interessante Weise unterscheidet. Durch das unterschiedliche Entwicklungstempo bei Komparativ- und Äquativvergleichen findet sich nämlich in vielen deutschen Texten des 17. Jahrhunderts ein Sprachstand mit Einheitsvergleichspartikel (vgl. auch Kap. 7.1). Insbesondere in den Vergleichen mit Gradsemantik, also den Komparativen und Grad-Äquativen, wird vielfach praktisch ausschließlich (94 bis 100 Prozent als in Komparativvergleichen sowie Grad-Äquativen in JRos, GGöz, CWei, GHeid) oder überwiegend (63 bis 100 Prozent als in Komparativvergleichen sowie Grad-Äquativen in CSchor, SBirk, HLud) die Partikel als verwendet, vgl. die Tabellen in (353) und (402) sowie den Beleg in (454). Dagegen überwiegt in Nicht-Grad-Äquativen in allen Texten schon die Partikel wie (60 bis 100 Prozent). Das durch die unterschiedliche Partikelwahl als vs. wie primär versprachlichte semantische Merkmal ist also im Gegensatz zum heutigen Standarddeutschen als vs. wie nicht [± Ungleichheit], sondern [± Grad]. Es würde in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts etwa gleichermaßen lauten Er ist größer als ich und Er ist so (bzw. als) groß als ich,

257 Insofern ist der Versuch von einheitlichen semantischen Charakterisierungen von als (‚Andersartiges im Identischen‘) und wie (‚Identisches im Andersartigen‘), vgl. Eggs (2006), vor sprachhistorischem Hintergrund verfehlt. Synchron wird als hier trotz ‚Gleichheit‘ verwendet, da sich durch unterschiedlich schnelle Entwicklung in den einzelnen Vergleichsarten und verwandten Konstruktionen diachrone Schichtungen und Überlagerungen ergeben, teilweise Ausdrücke auch in versteinerter Form erhalten bleiben, etwa residual bis heute (quasi-) äquativisches als.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

269

dagegen aber Er macht es so wie ich. Dieses Distributionsmuster findet sich beispielsweise auch im heutigen Französischen, wo que als Einheitsvergleichspartikel in Gradvergleichen (Komparativen und Grad-Äquativen) und dagegen comme in Nicht-Grad-Äquativen verwendet wird (z. B. Il est plus grand que moi / Il est aussi grand que moi vs. Il fait cela comme moi). (454)

Äquativ (Grad-Äquativ) und Komparativ mit Einheitsvergleichspartikel als: An ein solch Ort raisen / wo man nicht mehr weiß / als an dem wo man außgezogen / ist so viel als nicht / oder vmbsonst geraiset. (CSchor 21, 15–17)

Im Fall von Christian Weises „Jugendlust“, wo in Komparativvergleichen und Grad-Äquativen sogar nur als verwendet wird, und Georg Göz’ „Leichabdankungen“, wo in Grad-Äquativen ebenfalls ausschließlich und in Komparativvergleichen fast ausschließlich als zu finden ist, geht die Tendenz zur Einheitspartikel als noch weiter, da die Entwicklung in den Nicht-Grad-Äquativen noch langsamer verläuft als in den übrigen Texten und sogar in dieser Vergleichsart noch 40 Prozent bzw. 35 Prozent als verwendet wird, sodass als durchaus häufig in allen drei Arten von Vergleichen anzutreffen ist, vgl. (455) bis (457) mit als in Komparativvergleich, Grad-Äquativ und Nicht-Grad-Äquativ in ein- und demselben Text. (455)

Komparativ mit als: Niemand wird froͤlicher seyn / als der Koͤnig (CWei 109, 8)

(456)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als (Korrelat so): Was mein lieber Sohn singen wird / das ist so wahr / als ich meine Nase uͤber dem Maule trage. (CWei 82, 13–15)

(457)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als: Jnwendig werden Trompeten und Paucken gehoͤret / darzu wird geschrien und gefochten / als im Streite. (CWei 130, 16–18)

Einen historischen Zustand mit Einheitsvergleichspartikel, wie er im frühen Neuhochdeutschen des 17. Jahrhunderts bestand, vermutet auch Lerch (1942: 336), ohne ihn jedoch empirisch nachzuweisen. Die spätere Differenzierung nach [± Ungleichheit] wertet er als Fortschritt. Auch Grimm äußert sich im

270

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

DWB (1: 250) kritisch gegenüber Sprachständen mit Einheitsvergleichspartikel für Komparative und (Grad-)Äquative: „nachtheilig kam unsere sprache einigemal in die lage, eine und dieselbe [Vergleichspartikel] in beiden fällen [= Äquativ- und Komparativvergleich] zuzulassen.“ Dies bezeichnet Grimm als sprachlichen „missbrauch“. Semantisch und typologisch ist dagegen natürlich eine Versprachlichung von [± Grad] durch unterschiedliche Vergleichspartikeln genauso sinnvoll wie die Versprachlichung von [± Ungleichheit]. Wenn also fürs Gegenwartsdeutsche von der populären Sprachkritik die Unterscheidung von als und wie mit dem Argument eingefordert wird, dass hier ja ein wichtiger semantischer Unterschied versprachlicht würde, so wäre nach dem gleichen Argument eine Differenzierung durch unterschiedliche Partikeln zwischen Äquativen mit und ohne Gradsemantik (Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen) wie im frühen Neuhochdeutschen des 17. Jahrhunderts zu fordern, die im heutigen Standarddeutschen nicht mehr besteht, aber auch nicht eingefordert wird (im Gegensatz zu den präskriptiven Grammatiken des 18. Jahrhunderts). Vor dem Hintergrund sprachlicher Ökonomie ist zudem auch eine völlige Einheitsvergleichspartikel für sämtliche Vergleichsarten, wie sie in vielen heutigen Dialekten mit wie (bzw. als wie) vorliegt (vgl. Kap. 6), sinnvoll, da die Vergleichspartikeln gemäß der Standard-Semantik der Vergleiche nichts zur Interpretation beitragen (s. Kap. 7.3.5). Vor diesem Hintergrund ist die im Sprachwandel sprachübergreifend immer wieder zu beobachtende universelle Tendenz zur Einheitsvergleichspartikel verständlich (s. Kap. 7.2 und 7.3.5). Betrachten wir nun abschließend die weitere Entwicklung in den Äquativvergleichen im Neuhochdeutschen des 18. und 19. Jahrhunderts. Während wie gegenüber als in den Äquativvergleichen bereits vom 15. zum 16. Jahrhundert radikal zugenommen hatte, brauchte es noch eine längere Zeit, bis es sich als Äquativpartikel vollständig und in allen Äquativarten gegenüber als durchsetzte. Dieser Prozess ist erst im Lauf des Neuhochdeutschen zum Abschluss gekommen. Mitte des 18. Jahrhunderts war die alte Äquativpartikel als durchaus noch recht verbreitet. Ähnlich wie auch im 17. Jahrhundert wurde als teilweise als Einheitsvergleichspartikel gebraucht, v. a. in Gradvergleichen, d. h. GradÄquativen und Komparativen. Im Vergleich zum 17. Jahrhundert noch recht altertümlich ist der Sprachstand in Louise Gottscheds „Der Witzling“ (1745). In den zehn Grad-Äquativen findet sich ausschließlich als, ebenso in zwei der acht Nicht-Grad-Äquative. Damit verwendet Louise Gottsched als durchgängig als Einheitsvergleichspartikel in den Gradvergleichen (auch in den Komparativvergleichen ist ja, wie oben in Kap. 5.1 beschrieben, in diesem Text ausschließlich als belegt) sowie zusätzlich in einem Viertel der Nicht-Grad-Äquative, wo sie aber ansonsten – und damit ganz überwiegend – schon wie benutzt.258 Der 258 In den hypothetischen Vergleichen findet sich als wenn, s. u. Kap. 5.3.

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

271

Beleg in (458) illustriert in einem einzigen Satz die Verwendung von als in Komparativen und Grad-Äquativen. (459) zeigt als, (460) wie jeweils in einem Nicht-Grad-Äquativ. In diesem Text nicht zu finden, aber in anderen Werken von Louise Gottsched nachweisbar ist die komplexe Partikel als wie in Äquativen, so in (461) in einem Nicht-Grad-Äquativ, wo als wie im 18. Jahrhundert auch bei anderen Autoren belegt ist, vgl. (462). Daneben ist als wie bei anderen Autoren dieser Zeit auch bereits vereinzelt in Grad-Äquativen nachweisbar, etwa in dem berühmten Faust-Zitat von Goethe in (463). (458)

Komparativ und Äquativ (Grad-Äquativ) mit Einheitsvergleichspartikel als: Denn sie ist doch besser, als die alte prosaische Banise, die man gleichwohl noch immer spielt, so dumm als sie ist. (L. Gottsched: Witzling, 6. Auftritt, S. 26)

(459)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als: Wenigstens kann ich ihm das Zeugniß geben, daß er so schreibt, als ich in meinem ersten Jahre auch hätte schreiben sollen. (L. Gottsched: Witzling, 5. Auftritt, S. 21)

(460) Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: Das macht, Sie denken wie ein vernünftiger Mann; aber nicht wie ein junger Witzling. (L. Gottsched: Witzling, 1. Auftritt, S. 13) (461)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: Sie kommen als wie geruffen! (L. Gottsched: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke, 3. Auftritt (1736))

(462)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als wie: es leuchtet diesses grosse Licht, in seinen Gott geweihten Schriften, als wie der Mond bey dunkler Nacht (Brockes (1721), nach DWB 29: 1481)

(463)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als wie: Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor. (Goethe I 7/1, 33, 358 f.)

Davon, dass der Wandel von als zu wie in den Äquativvergleichen im 18. Jahrhundert noch nicht abgeschlossen ist, zeugen auch die Ergebnisse in Hobich (2013) zu Zeitungstexten aus verschiedenen Regionen Deutschlands aus der ersten und zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aus dem GerManC-Korpus. In diesen wird im Gegensatz zu den hier untersuchten Texten des 17. Jahrhunderts

272

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

sogar insgesamt in den Äquativen noch leicht überwiegend als verwendet, etwas weniger wie und in einem einzigen Fall, einem Grad-Äquativ aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als wie. Wie im 16. und 17. Jahrhundert besteht ein deutlicher Unterschied zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen dahingehend, dass in Ersteren noch klar überwiegend als verwendet wird, während in Letzteren wie deutlich überwiegt, was auch in präskriptiven Grammatiken der Zeit gefordert wird (s. u.). Damit hängt auch der erstaunlich geringe Gesamtanteil von mit wie angeschlossenen Äquativvergleichen zusammen: gegenüber den hier untersuchten Texten ist der relative Anteil der Grad-Äquative in den entsprechenden Zeitungstexten des 18. Jahrhunderts deutlich höher. Es zeigt sich, dass wie im Gegensatz zu den Nicht-Grad-Äquativen, wo es bereits zu fast 90 Prozent verwendet wird, in den Grad-Äquativen auch im 18. Jahrhundert mit etwa sieben Prozent gegenüber rund 92 Prozent als eher noch die Ausnahme als die Regel war, vgl. (464). (464) Äquativanschluss in deutschen Zeitungstexten des 18. Jahrhunderts (nach Hobich 2013) Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

als

wie

als wie

als

wie

als wie

1701–1750

33 (97 %)

1 (3 %)

0 (0 %)

3 (14 %)

19 (86 %)

0 (0 %)

1751–1800

45 (88 %)

5 (10 %)

1 (2 %)

2 (9 %)

21 (91 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

92,5 %

6,5 %

1%

11,5 %

88,5 %

0%

Summe

78 (92 %)

6 (7 %)

1 (1 %)

5 (11 %)

40 (89 %)

0 (0 %)

Deutlich fortgeschritten ist der Wandel von als zu wie in den Äquativvergleichen in den Briefen von Katharina Elisabeth Goethe aus dem letzten Viertel des 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts, vgl. Tabelle (468). In den Briefen von 1774 bis 1808 verwendet sie in den Nicht-Grad-Äquativen bereits zu 96 Prozent wie, wie in (465), und sogar schon in den Grad-Äquativen mit etwas über 50 Prozent leicht überwiegend wie, zu knapp 50 Prozent aber auch noch als, vgl. (466) und (467). (465)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: In meiner kleinen Wirthschaft geht’s noch immer so, wie Sie es gesehen haben (K. Goethe: Brief Nr. 117. An Fritz von Stein, den 10. Dezember 1785 – Briefe I, 152, 3 f.)

273

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

(466) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als: Er wäre noch bey uns das bin so fest überzeugt als von meinem eigenen Daseyn (K. Goethe: Brief Nr. 140. An Unzelmann. „Geschrieben am 2ten Pfingstag [12. Mai] krank an Leib und Seele. fortgeschickt den 13ten May 1788“ − Briefe I, 175, 1 f.) (467)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie: … auch scheints Ihm nicht glaublich wieder so einen herrlichen Sommer zu erleben, wie der von 1778 (K. Goethe: Brief Nr. 29. An die Herzogin Anna Amalia. Franckfurt den 16. Oktober 1778 − Briefe I, 19, 5 f.)

(468) Äquativanschluss in den Briefen von Katharina Elisabeth Goethe 1774–1808 Grad-Äquative

Nicht-Grad-Äquative

als

wie

als

wie

1774–1779

3 (50 %)

3 (50 %)

5 (9 %)

50 (91 %)

1780–1784

5 (36 %)

9 (64 %)

2 (5 %)

42 (95 %)

1785–1789

14 (58 %)

10 (42 %)

1 (2 %)

46 (98 %)

1790–1794

7 (54 %)

6 (46 %)

2 (6 %)

33 (94 %)

1795–1799

6 (50 %)

6 (50 %)

1 (2 %)

48 (98 %)

1800–1804

3 (50 %)

3 (50 %)

0 (0 %)

38 (100 %)

1805–1808

2 (33 %)

4 (67 %)

1 (2 %)

52 (98 %)

Durchschnitt (%)

47 %

53 %

4%

96 %

Summe

40 (49 %)

41 (51 %)

12 (4 %)

309 (96 %)

Selbst im 19. Jahrhundert bestand der heutige standarddeutsche Sprachstand mit wie in allen Äquativvergleichen noch längst nicht bei allen Sprechern des Deutschen, wie die Ergebnisse von Elspaß (2005: 287) zum Vergleichsanschluss

274

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

in Briefen deutscher Auswanderer in (469) zeigen. Hier wurden ausschließlich Grad-Äquative untersucht, in denen wie ja später aufgetreten ist als in NichtGrad-Äquativen. Und selbst im 19. Jahrhundert ist als in den Grad-Äquativen offensichtlich noch längst nicht generell von wie abgelöst, wobei sich ähnlich wie bei den Komparativvergleichen ein Einfluss der durch die Schule vermittelten präskriptiven Grammatik bemerkbar macht. Zwar überwiegt generell wie: unabhängig von der Schulbildung stellt dieses, unserem heutigen standarddeutschen Äquativanschluss entsprechende Muster mit ca. 70 Prozent das Hauptmuster auch in den Grad-Äquativen dar. Personen mit höherer Schulbildung verwenden aber noch im 19. Jahrhundert zu über 30 Prozent als in GradÄquativen und zeigen damit einen älteren Sprachstand gegenüber denjenigen mit Elementarschuldbildung, die anteilig nur knapp halb so oft noch die alte Äquativpartikel als gebrauchen und neben dem Hauptmuster wie zudem auch recht häufig (in über 13 Prozent) Äquativanschluss mit als wie verwenden. Auch hier besteht Varianz des Vergleichsanschlusses bei ein- und demselben Sprecher, vgl. (470) und (471). (469) Äquativanschluss in Grad-Äquativen in deutschen Auswandererbriefen des 19. Jahrhunderts (nach Elspaß 2005: 287) als

wie

als wie

Schreibende mit Elementarschulbildung

43 (15,4 %)

200 (71,4 %)

37 (13,2 %)

Schreibende mit höherer Schulbildung

6 (31,6 %)

13 (68,4 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

23,5 %

69,9 %

6,6 %

Summe (299)

49 (16,4 %)

213 (71,2 %)

37 (12,4 %)

(470)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als: Uns ist auch mit unsern Geschäft nicht so gut als hier, sonst währ ich nach gemacht. (Christoph Barthel 15. 08. 1847)

(471)

Äquativ (Grad-Äquativ) und Komparativ mit als wie: Aber wir wollen Euch so viel schreiben daß es nicht so arg hier als wie es manche machen. […] Aber man muß auch strenger Arbeiten als wie in Deutschland. (Christoph Barthel 15. 08. 1847)

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

275

Die Tatsache, dass als wie, das im 18. und 19. Jahrhundert noch selten ist, in den von Elspaß untersuchten Auswandererbriefen häufiger in Äquativvergleichen als in Komparativvergleichen auftritt (vgl. zu den Komparativen oben Tabelle (382)), unterstützt wiederum die oben vertretene These, dass als wie in Äquativvergleichen (Nicht-Grad-Äquativen) aus der Kombination des Korrelats als und der Äquativpartikel wie entstanden ist und sich – ähnlich wie wie und zuvor als – erst sekundär in die Komparativvergleiche ausgebreitet hat. Um diese These zusätzlich zu untermauern, wären weitere Daten aus dem 18. und 19. Jahrhundert erforderlich. Auch Angaben in der bisherigen Forschungsliteratur stützen die hier aufgestellte These: Einen Distributionswandel des als wie von Äquativen zu Komparativvergleichen nimmt bereits Small (1929: 22) an. Lerch (1942: 348) gibt an, dass als wie bei den deutschen Klassikern in Äquativvergleichen häufiger vorkomme als in Komparativvergleichen. In präskriptiven Grammatiken wird äquativisches als wie seit dem 18. Jahrhundert kritisiert (vgl. Dückert 1961: 208–211), so schreibt Adelung in seinem „Umständlichen Lehrgebäude der deutschen Sprache“ (1782, 2: 459) zu GradÄquativen: „Anstatt des als (in diesem Falle), wie und als wie zu gebrauchen, ist nur im gemeinen Leben und den niedrigen Sprecharten üblich“, vgl. Adelung (ibd., 479), wo als wie als „fehlerhafter Überfluß“ charakterisiert wird.259 Auch Heynatz (1796–1797, 2: 632) und Campe (1807–1811, V) wenden sich gegen äquativisches als wie. Dagegen befürwortet Jacob Grimm (DWB 1: 252), der als wie in der Prosa ebenfalls grundsätzlich kritisiert, den Gebrauch von als wie nach Korrelat und Adjektiv, also in Grad-Äquativen: „gehäuftes als wie scheint hier der schwere des satzes nicht unangemessen.“ Auch Lerch (1942: 347–49) hält als wie statt als durchaus für berechtigt und sinnvoll. Im Gegensatz zu der empirischen Beobachtung, dass als wie erst im Lauf des Neuhochdeutschen aufkommt und noch im 18. und 19. Jahrhundert sehr selten ist, wird es in Grammatiken als ‚veraltet‘ und damit früher durchaus üblicher dargestellt. So heißt es im DWB (29: 1475): „Die gepflegte Sprache meidet heute diese Konstruktion; umgangssprachlich und dialektisch ist sie aber noch weit verbreitet.“ Auch in der Duden-Grammatik (2016: 377) ist vermerkt, dass äquativisches als wie „in der heutigen Standardsprache nicht mehr gebraucht“ werde. Tatsächlich hat als wie in Dialekt und Umgangssprache im Lauf des Neuhochdeutschen überhaupt erst zugenommen und ist heute häufiger als im 18. und 19. Jahrhundert (vgl. zu als wie in den Dialekten Kap. 6).

259 Dückert (1961: 229) formuliert anerkennend: Es „kommt Adelung […] das Verdienst [!] zu, als wie als erster ausdrücklich verworfen zu haben.“ Dagegen war sein Versuch, als bei Äquativen mit Korrelat, also den Grad-Äquativen, gegenüber wie durchzusetzen bzw. zu erhalten, nicht erfolgreich.

276

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

Während die präskriptiven Grammatiken, wie geschildert, bereits seit dem 18. Jahrhundert in Übereinstimmung mit dem heutigen Standarddeutschen das zur damaligen Zeit noch vergleichsweise seltene als wie kritisieren, fordern sie im Unterschied zur fürs heutige Standarddeutsche bestehenden Norm im 18. und 19. Jahrhundert zunächst noch die im hier untersuchten Korpus fürs 16. und 17. Jahrhundert festgestellte und auch im 18. und 19. Jahrhundert abgeschwächt noch bestehende Differenzierung zwischen beiden semantischen Arten von Äquativvergleichen, also Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, durch unterschiedlichen Partikelgebrauch ein (vgl. Lerch 1942: 366, Dückert 1961: 210 f.) – und dies, obwohl nach den oben dargestellten Korpusergebnissen selbst in Grad-Äquativen mindestens seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schon wie belegt ist, auch wenn hier als damals noch deutlich überwog. Die präskriptiven Grammatiken des 18. und 19. Jahrhunderts richten sich also gegen eine Sprachentwicklung, die damals schon seit über 200 Jahren im Gang war. In Heynatz’ „Antibarbarus“ (1796–1797, 2: 632) heißt es – im Gegensatz zu unserer heutigen standarddeutschen Regelung: „Eben so unrichtig, als als wie ist wie allein, wenn so mit einem Bei- oder Nebenworte vorhergeht. Man sagt also richtig: Macht es so wie ich. Allein unrichtig: Er ist so groß wie ich.“ Auch Adelung (1782, 2: 459) meint, wie oben zitiert, im „Umständlichen Lehrgebäude der deutschen Sprache“: „Anstatt des als (in diesem Falle), wie und als wie zu gebrauchen, ist nur im gemeinen Leben und den niedrigen Sprecharten üblich.“ Zu Beginn des 19. Jahrhunderts fordert Campe im „Wörterbuch der deutschen Sprache“ (1807–1811, V: 705b) ebenfalls die Differenzierung von Grad- und Nicht-Grad-Äquativen durch Verwendung von als vs. wie ein: „Wird ein Adjectiv oder Adverb durch das Wörtchen so modificirt, so folgt als, ohne diese Modification folgt wie“. Selbst Jacob Grimm, der kritisch bemerkt, es „risz auch in dieser fügung frühe schon das wie statt als ein“ (DWB 1: 248 f.), stellt für seine Zeit noch fest, dass als und wie in Äquativen distributionell dem Französischen que vs. comme und damit Grad- vs. Nicht-Grad-Äquativ entspreche (DWB 1: 248), wobei er anmerkt „auch wir schwanken heute und längst zwischen so grosz als und so grosz wie“ (DWB 1: 252). Noch Mitte des 19. Jahrhunderts wird als in GradÄquativen im Unterschied zu Nicht-Grad-Äquativen als möglich angesehen, jedoch dann schon das neuere wie empfohlen. So heißt es bei Sanders (1856: 70): „Außer nach so, solch etc. […] verstattet der heutige Sprachgebrauch in bloßen Vergleichungen kein als, sondern verlangt wie, das daher auch nach so und solch sich als das folgerichtigere zu empfehlen scheint.“ Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts äußert sich Feldmann (1901: 39) in Bezug auf als in Grad-Äquativen („als nach Korrelat“) folgendermaßen: „Zwar wird dies noch vielfach gebraucht und von unserm Sprachgebrauch eigentlich nicht – ich glaube, man darf sagen: noch nicht – als unrichtig empfunden, doch

5.2 Äquative im frühen Neuhochdeutschen

277

tritt es gegen so – wie sehr zurück.“ Etwa zur gleichen Zeit wird als in GradÄquativen von Grammatikern erstmal explizit als falsch angesehen, so von Wülfing (1902: 283 f.), der sich zudem für ein Ersetzen von als durch wie auch in koordinierender Verwendungsweise, selbst im idiomatisierten sowohl … als ausspricht: „Ebenso ist in sowohl – als auch eigentlich das als durch wie zu ersetzen.“ Dagegen halten Andresen/Söhns in „Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeit im Deutschen“ (1923: 188) noch an dem älteren Sprachstand fest, indem sie für den Äquativanschluss im Hinblick auf als und wie formulieren: „Sprachrichtig sind vorläufig beide noch“. Ungeachtet der Sprachkritik ist die sich seit dem Frühneuhochdeutschen vollziehende Entwicklung weitergegangen: wie hat sich generell in den Äquativkonstruktionen – auch in den Grad-Äquativen – bis auf versteinerte, nur archaisierend gebrauchte Wendungen wie so bald als möglich durchgesetzt, vgl. Duden-Grammatik (2016: 377).260 In Nicht-Grad-Äquativen ergeben sich auch im heutigen Deutschen Ausgangskontexte für eine mögliche Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln nach dem Bildungstyp von ahd. soso, (fr.)nhd. als wie, lat. sicut etc. (vgl. Kap. 2.2, (70 i) und Kap. 7.2, (599 i)), d. h. Wortfolgen, bei denen das Korrelat so bei matrixfinaler Stellung bzw. bei Topikalisierung, Linksversetzung oder Extraposition zusammen mit dem Vergleichsstandard adjazent zur Äquativpartikel wie steht und so in Nicht-Grad-Äquativen satzinitial und nach Interpunktion so wie auftritt, wie die Belege aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) in (472) illustrieren. Synchron liegen hier wohl noch Kombinationen aus Korrelat und Äquativpartikel vor.261 Ähnliche Kontexte finden sich auch für genau wie, die potenzielle Ausgangskontexte für die Grammatikalisierung zur Äquativpartikel nach dem Muster von ahd. also darstellen. (472)

Adjazentes so wie: a. So wie es jetzt ist, kann es ja auch nicht bleiben. (Mannheimer Morgen, 16. 01. 2016)

260 In der Duden-Grammatik (2016: 377) werden abgesehen von Äquativen mit möglich auch solche mit Ausdrücken von Vielfachen u. ä. (‚modifiziertes so zum Ausdruck eines ungleichen Grades‘) als Kontexte aufgeführt, in denen als statt wie möglich sei. In diesen Fällen wird also die Verwendung der heutigen Komparativpartikel in Äquativen zugelassen, vgl. auch die Rolle von Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen als Brückenkontexte im Komparativzyklus, Kap. 7.3.4. Ansonsten wird äquativisches als als veraltet oder regionalsprachlich charakterisiert. Zum dialektalen Gebrauch vgl. auch Kap. 6.2. 261 Auch die historischen Belege mit gleich wie, recht als etc. in Kap. 4.2 und 5.2 sind teilweise ambig, so dass sich im Einzelfall nicht immer entscheiden lässt, ob eine Folge aus matrixinternem Element und adjazenter Äquativpartikel vorliegt oder bereits eine grammatikalisierte komplexe Vergleichspartikel.

278

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

b.

Die Stimmungslage ist so wie das Wetter – sehr sonnig. (Mannheimer Morgen, 29. 02. 2016)

c.

Er war überragend – so wie ihr ganzer Angriff. (Mannheimer Morgen, 29. 02. 2016)

5.3 Hypothetische Vergleiche im frühen Neuhochdeutschen Wie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bildet auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und damit zu Beginn der neuhochdeutschen Sprachstufe als (gelegentlich mit vorausgehendem gleich) und Verberstsatz, vgl. (473) und (475), das Hauptmuster der hypothetischen Vergleiche. In mehreren der untersuchten Korpustexte werden hypothetische Vergleiche sogar ausschließlich nach diesem Muster gebildet, vgl. Tabelle (484).262 Daneben kommen in einigen Texten auch (gleich) als + ob mit der älteren Konditionalkonjunktion ob (teilweise zusammengeschrieben: alsob), vgl. (476) und (478), bzw. etwas seltener (gleich) als + wenn mit der neueren Konditionalkonjunktion wenn, vgl. (479) und (481), zur Einleitung hypothetischer Vergleiche vor. In einem einzigen Fall ist im Korpus ein hypothetischer Vergleich mit bloßem ob und Verberststellung belegt, vgl. (482). In den hier untersuchten Texten aus dem 17. Jahrhundert noch nicht belegt ist der jüngste Typ der Einleitung von hypothetischen Vergleichen mit wie wenn, der aufgrund des Wandels von als zu wie in den Äquativvergleichen eigentlich zu erwarten wäre. Im DWB (29: 1485 f.) sind indikativische Belege mit wie wenn ab Mitte des 17. Jahrhunderts aufgeführt, vgl. (483), sowie konjunktivische ab Ende des 18. Jahrhunderts, vgl. auch Dückert (1961: 223 f.), wobei bis Ende des 18. Jahrhunderts wie und wenn durch Kommata getrennt wurden, was für noch vorliegende elliptische Satzverschachtelung spricht.263 Die schon im Frühneuhochdeutschen entstandene formale Trennung der hypothetischen Vergleiche von den sonstigen Äquativen bringt also eine weitgehende Loslösung von der Entwicklung in den Äquativen mit sich. Das im Mittelhochdeutschen und noch im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts ausschließlich verwendete Muster als + Verbendstellung

262 Die hypothetischen Vergleiche mit gleich als + V1 sind in Tabelle (487) unter die mit als + V1, die mit gleich als ob unter die mit als ob und die mit gleich als wenn unter die mit als wenn subsumiert. Im Einzelnen findet sich gleich als + V1: 1x in GGöz, gleich als ob: 3x in HLud, gleich als wenn/wann: 2x in SBirk, 1x in CWei. 263 DWB (29: 1485 f.) verweist als weiteren Typ auf vom 15. bis 17. Jahrhundert belegte hypothetische Vergleiche mit bloßem wie und Verbendstellung, s. Kap. 6.3 zu entsprechenden dialektalen Konstruktionen.

5.3 Hypothetische Vergleiche im frühen Neuhochdeutschen

279

ist in den untersuchten Textausschnitten aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nicht mehr belegt. In Abhängigkeit von Matrixsätzen, die eine Meinung ausdrücken (‚der Meinung/Vermutung/Ahnung/des Gedankens sein‘, ‚meinen, denken, vermuten‘ etc.) nehmen die hypothetischen Vergleichssätze mit als und Verberstsatz, als ob, als wenn oder ob und Verberstsatz teilweise den Charakter von dass-Sätzen (Inhaltssätzen bzw. Objektsätzen/Komplementsätzen) an, vgl. (474), (477), (480) und (482). Hier ist eine Bedeutungsverschiebung von ‚Sie hatten eine Meinung, wie sie sie haben würden, wenn p‘ zu, ‚Sie hatten die Meinung, dass p‘ zu beobachten.264 Tabelle (484) gibt eine Übersicht über die Ergebnisse zu den untersuchten Texten aus dem 17. Jahrhundert.265 (473)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1: vnnd nichts zu thun hat mit dem Heydnischen plappern / in welchem man sich verhaͤlt / als were Gott taub / oder als wolte man jhn krafft der eusserlich weitlaͤuffig vnd zierlich gestelten Worten zwingen. (JRos 34, 7–9)

(474)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1 ‚dass‘: Alle diese in Jrrthum verblendete Ketzer seynd der irrigen Meinung und Aussag gewest / als seye die Goͤttliche Natur in diesen drey Allerheiligsten Personen ungleich (DeoGr 35, 7–11)

(475)

Hypothetischer Vergleich mit gleich als + V1: Mortuus est? Gleich als wolten sie andeuten: Je / ists denn muͤglich / hats geschehen duͤrfen / daß […] (GGöz 189, 1–4)

(476)

Hypothetischer Vergleich mit als ob: Jn diesem Jahr gebrauchten sich die Braunschweiger (alsob kein Recht noch Richter im Reich waͤre) starcker Repressalien (HLud 59/60 B, 11–13)

(477)

Hypothetischer Vergleich mit als ob ‚dass‘: Die Heiden stunden zwar auch in den Gedanken / als ob sie nach einiger Zeit wiederum ans Licht kaͤmen (GGöz 203, 17–19)

264 Vgl. die bis ins Althochdeutsche zurückreichende Verwendung von wie im Sinn von ‚dass‘, s. Kap. 2.2, 7.3.3. 265 In CSchor sind keine hypothetischen Vergleiche belegt.

280

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

(478)

Hypothetischer Vergleich mit gleich als ob: Keinen geringen Verzug verursachte das wuͤtende Meer / denn solches / gleich als ob es der langwuͤrigen Belaͤgerung uͤberdruͤssig waͤre / und derselben bald ein Ende machen wolte / schonete weder des einen noch des andern Theils kostbare Arbeit (HLud 65/66 B, 22–27)

(479)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn/wann: Was das Historien-lesen belangt / kombt mir dessen Obwand zu Verthaidigung der Romanen vor / als wan̄ einer Schaf-Lorbeer / und Muscaten zusamen rechnen wolte. (GHeid 69, 26–70, 2)

(480) Hypothetischer Vergleich mit als wenn ‚dass‘: Und weil er die Kleider allbereit verwechselt / ist die Vermuthung gewesen / als wenn er unbekannter Weise aus der Jnsul entweichen wolte. (CWei 96, 14–16) (481)

Hypothetischer Vergleich mit gleich als wenn: Diesen befahl er / mit anbrechendem Tag / gleich als wann es Kauffinannsschiffe waren / die nach Basel seglen wolten / den Fluß hinabzufahren (SBirk 67 B, 17–20)

(482)

Hypothetischer Vergleich mit ob + V1 ‚dass‘: welcher fehrner in dem Wahn ist / ob haͤtte er auß Longo das BuhlerPoͤßlein entlehnt (GHeid 29, 27–29)

(483)

Hypothetischer Vergleich mit wie wenn: wie, wenn der wolff die schaaffe der geyr das huhn zerreist; so handelt jtz die welt (Rist (1647), nach DWB 29: 1486)

281

5.3 Hypothetische Vergleiche im frühen Neuhochdeutschen

(484) Hypothetische Vergleiche im Neuhochdeutschen 1650–1700 Text

Jahr

Dialekt (Ort)

als + V1

als ob

als wenn

ob + V1

JRos

1653

Ripuar. (Köln)

8 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

GGöz

1664

Thür. (Jena)

2 (25 %)

6 (75 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

SBirk

1668

OFränk. (Nürnberg)

0 (0 %)

0 (0 %)

2 (100 %)

0 (0 %)

DeoGr

1680

MBair. (Wien)

4 (100 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

CWei

1684

OSächs. (Leipzig)

6 (67 %)

0 (0 %)

3 (33 %)

0 (0 %)

GHeid

1698

OHAlem. (Zürich)

1 (25 %)

0 (0 %)

2 (50 %)

1 (25 %)

HLud

1699

Hess. (Frankfurt)

1 (17 %)

5 (83 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

48 %

23 %

26 %

3%

Summe (41)

22 (54 %)

11 (27 %)

7 (17 %)

1 (2 %)

Die Aussage im DWB (29: 1485 f.), dass als wenn und als ob zu dieser Zeit gebräuchlicher sind als das neu aufkommende wie wenn, das im hier untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts noch nicht belegt ist, wird damit bestätigt. Noch deutlich häufiger ist jedoch als mit Verberstsatz, das mit Abstand das Hauptmuster bildet, wie auch schon im 16. Jahrhundert (vgl. (348)), wo es auf Kosten des im 15. Jahrhundert (vgl. (347)) das Hauptmuster bildenden als ob zugenommen hatte. Dückerts (1961: 223) Aussage, dass das im Frühneuhochdeutschen entstandene als wenn das als ob zurückdränge, ist in den Daten dagegen nicht nachweisbar. Als ob liegt im 16. und 17. Jahrhundert konstant bei 27 Prozent der Gesamtbelegzahl hypothetischer Vergleiche, während als wenn von sieben auf 17 Prozent zunimmt. Als mit Verbendsatz, das im Korpus des 16. Jahrhunderts noch vereinzelt belegt war, kommt im 17. Jahrhundert nicht mehr vor, ist aber laut Dückert (1961: 223) in der Dichtung vereinzelt noch bis Jean Paul und Mörike belegt. Hypothetische Vergleiche mit bloßem sam, gleich oder ob und zunächst Verbend-, später Verberstsatz sind nach Dückert (1961: 223) im 17. und 18. Jahrhundert ausgestorben. Im hier untersuchten Korpus des 17. Jahrhunderts ist bloßes ob mit Verberstsatz im hypothetischen Vergleich noch in einem Fall belegt, hält sich also möglicherweise länger als sam und gleich. Dialektal sind jedoch bis heute hypothetische Vergleiche mit sam als/als sam belegt, s. u. Kap. 6.3. Die seit dem Frühneuhochdeutschen im Wesentlichen bestehenden Muster von hypothetischen Vergleichen mit als mit Verberstsatz, als ob und als wenn mit Verbendsatz bestehen auch im weiteren Verlauf des Neuhochdeutschen und bis heute fort. Die Daten deuten darauf hin, dass der Anteil von

282

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

als mit Verberstsatz im 18. Jahrhundert zugunsten von als ob und als wenn zurückgeht. In Louise Adelgunde Victorie Gottscheds „Witzling“ (1745) finden sich vier, ausschließlich durch als wenn eingeleitete hypothetische Vergleiche wie in (485). (485)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn: Aber darum muß er so stolz und klug nicht thun, als wenn er allen großen Gelehrten in Deutschland die Waage halten könnte. (L. Gottsched: Witzling, 1. Auftritt, S. 12)

Für die Zeitungstexte des 18. Jahrhunderts im GerManC-Korpus stellt Hobich (2013) fest, dass in hypothetischen Vergleichen als ob das Hauptmuster bildet, als mit Verberstsatz seltener ist und am seltensten Einleitung mit als wenn vorkommt, vgl. Tabelle (486). (486) Hypothetische Vergleiche in Zeitungstexten des 18. Jahrhunderts (nach Hobich 2013) als + V1

als ob

als wenn

4 (31 %)

7 (54 %)

2 (15 %)

In den Briefen der Katharina Elisabeth Goethe von 1774–1808 sind dagegen als mit Verberstsatz, wie in (489), und als wenn/wann in hypothetischen Vergleichen wie in (487) und (488) fast gleich häufig belegt, vgl. Tabelle (491). Diese beiden häufigsten Muster kommen je zu etwa 40 Prozent vor. Weniger als halb so häufig ist als ob wie in (490). Im Vergleich zu den Korpusdaten des 17. Jahrhunderts ist eine Zunahme von hypothetischen Vergleichen mit als wenn zu verzeichnen. (487)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn: Der Poet sitzt auch dort als wenn er angenagelt wäre (K. Goethe: Brief Nr. 6. An Klinger. Gegen Ende Mai 1776 − Briefe I, 8, 15 f.)

(488) Hypothetischer Vergleich mit als wann: Aber da der Brief ohnehin aussieht als wann ihn Henriette Byron gestelt hätte (K. Goethe: Brief Nr. 30. An die Herzogin Anna Amalia. Frankfurt den 24. November 1778 − Briefe I, 37, 2 f.)

5.3 Hypothetische Vergleiche im frühen Neuhochdeutschen

283

(489) Hypothetischer Vergleich mit als + V1: so bald er sich auf der Bühne blicken ließ, erthönten von oben unten in der mitte an die 20 pfeifen, die waren Euch so hell als wärens Canarien Vögel (K. Goethe: Brief Nr. 149. An Unzelmann. Den 13t. November 1788 – Briefe I, 192, 15) (490) Hypothetischer Vergleich mit als ob: Wir haben doch manche frohe Stunde miteinander gehabt – und Leben Gott Lob noch alle – da muß mann doch nicht thun, als ob das Schattenreich einem schon aufgenommen hätte (K. Goethe: Brief Nr. 249. An Goethe. Den 1. Oktober 1796 − Briefe II, 18, 24–27) (491)

Hypothetische Vergleiche in den Briefen von Katharina Goethe 1774– 1808 als +V1

als ob

als wenn

1774–1779

2 (50 %)

0 (0 %)

2 (50 %)

1780–1784

2 (20 %)

2 (20 %)

6 (60 %)

1785–1789

3 (60 %)

0 (0 %)

2 (40 %)

1790–1794

2 (50 %)

0 (0 %)

2 (50 %)

1795–1799

1 (50 %)

1 (50 %)

0 (0 %)

1800–1804

0 (0 %)

2 (67 %)

1 (33 %)

1805–1808

2 (67 %)

0 (0 %)

1 (33 %)

Durchschnitt (%)

42 %

20 %

38 %

Summe (31)

12 (39 %)

5 (16 %)

14 (45 %)

Das im hier untersuchten Korpus bis ins 17. Jahrhundert noch nicht belegte, in der Literatur aber vereinzelt aufgeführte und gemäß der Entwicklung von als zu wie in den Äquativen zu erwartende wie wenn taucht auch in den angeführten Daten aus dem 18. Jahrhundert noch nicht auf und dürfte damit erst im 19. Jahrhundert häufiger geworden sein, wie Grimm im DWB (1: 252) für seine Zeit bemerkt: „auch in solchen fügungen droht das wie vorzudringen [, so ergibt sich] wie wenn, obgleich tadelhaft“.266 Während die Entwicklung von 266 Grimm konstatiert im DWB (1: 252) daneben auch Verwendung von ob mit Verbendsatz: „neuere dichter lassen vor dem ob umgekehrt das als weg: (als) obs der erste welttag sei (Wilh. Müller 1, 93)“. Dieses Phänomen ist bei hypothetischen Vergleichen auch im heutigen Deutschen im Spracherwerb zu beobachten, ebenso wie bloßes ob mit Verberstsatz (vgl. den histori-

284

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

äquativischem als zu wie im Komparativzyklus sich also auch in den hypothetischen Vergleichen bemerkbar macht, sind diese doch zu einem gewissen Grad abgekoppelt von der sonstigen Entwicklung: wie wenn setzt sich deutlich weniger schnell durch als äquativisches wie sonst, und das alte äquativische als ist in den hypothetischen Vergleichen bis heute sowohl in der Standardsprache als auch in den Dialekten, in denen die Entwicklung im Komparativzyklus ansonsten teilweise deutlich weiter vorangeschritten ist, erhalten und zumal in den Kombinationen als ob und als wenn auch im Dialekt durchaus häufig, vgl. Kap. 6.3. In der Standardsprache gelten als mit Verberstsatz, als ob, als wenn und wie wenn mit Verbendsatz gleichermaßen als korrekt, vgl. Duden-Grammatik (2016: 641, 1053).267

5.4 Zusammenfassung Nachdem im Frühneuhochdeutschen ein deutlicher Wandel in den Äquativen von als zu wie zu beobachten war, tritt im frühen Neuhochdeutschen ein durchgreifender und flächendeckender Wandel in den Komparativvergleichen ein: Hier wird in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts fast nur noch als statt des früher üblichen denn als Vergleichspartikel verwendet. Denn geht im Vergleich zum Sprachstand 100 Jahre zuvor um über 90 Prozent auf durchschnittlich ein Prozent zurück, als nimmt dagegen um über 90 Prozent auf durchschnittlich 98 Prozent zu. Dieser deutliche Unterschied unterstreicht die sprachhistorische Grenzziehung zwischen Frühneuhochdeutsch und Neuhochdeutsch. Die Komparativpartikel erweist sich als ein sehr geeignetes Diagnostikum: im Frühneuhochdeutschen wird fast nur denn, im Neuhochdeutschen fast nur als als Komparativanschluss verwendet. Nur in einem Prozent der Komparativvergleiche wird daneben der Vergleichsstandard ohne Partikel angeschlossen. Damit entspricht das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses in den Komparativen im späten 17. Jahrhundert bereits dem des heutigen Standarddeutschen. Auch im 18. Jahrhundert ist Komparativanschluss mit als die Regel. Es wird zumeist ausschließlich gebraucht. Daten aus privaten Briefen deuten daneben

schen Korpusbeleg in (482)): Ich spiele, ob das mein Rasenmäher ist. (Merle 5.0). Merle macht so aus Spaß, ob die wehtut. (Alma 8.3) Von hinten sieht der aus, ob würde er tanzen. (Alma 8.3). 267 In Hahnemanns (1999: 203) gegenwartsdeutschem Zeitungskorpus überwiegen mit Abstand hypothetische Vergleiche mit als und Verberstsatz (78 %), gefolgt von solchen mit als ob (19 %). Hypothetische Vergleiche mit als wenn und wie wenn sind dagegen sehr selten (< 1 % bzw. 2 %).

5.4 Zusammenfassung

285

aber auf ein Aufkommen von komparativischem wie am Ende des 18. sowie im 19. Jahrhundert hin. Es macht durchschnittlich etwa 20 Prozent aus, wobei bei geringerer Schulbildung und damit weniger Kontakt mit präskriptiver Grammatik der Anteil höher ausfällt. Noch seltener als wie wird im 19. Jahrhundert auch als wie zum Komparativanschluss verwendet. Komparativisches als bildet jedoch auch im 19. Jahrhundert noch mit Abstand das Hauptmuster. Während die neue Partikel wie in den Äquativen insgesamt weiterhin das Hauptmuster darstellt – in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird sie in rund drei Vierteln der Äquative gebraucht, wohingegen als durchschnittlich ein Viertel ausmacht – besteht weiterhin ein deutlicher Unterschied innerhalb der Äquativvergleiche zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen. Wie im 16. Jahrhundert wird in Grad-Äquativen ganz überwiegend noch als verwendet (durchschnittlich 80 Prozent), wohingegen in den Nicht-Grad-Äquativen die neuere Äquativpartikel wie in allen Texten das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses darstellt (durchschnittlich 86 Prozent). Durch das unterschiedliche Entwicklungstempo in den einzelnen Vergleichsarten – den schnellen und radikalen Wandel von denn zu fast ausschließlichem als in den Komparativen und den seit dem 16. Jahrhundert noch nicht weiter vorangekommenen Wandel von als zu wie in den Äquativvergleichen, insbesondere die Kontinuität des als bei den Grad-Äquativen – ergibt sich im 17. Jahrhundert verbreitet ein Sprachstand mit als als Einheitsvergleichspartikel in Komparativen und Grad-Äquativen, so dass es etwa gleichermaßen lauten würde Er ist größer als ich und Er ist (al)so groß als ich (wobei als Korrelat im 17. Jahrhundert bereits wieder zumeist einfaches so verwendet wird), dagegen überwiegend schon Er macht es (also) wie ich. Das hier durch unterschiedliche Vergleichspartikel versprachlichte semantische Merkmal ist also nicht wie etwa im Althochdeutschen oder im heutigen Standarddeutschen etc. [± Ungleichheit], sondern [± Grad], das besipielsweise auch der Distribution von que in Komparativen und Grad-Äquativen vs. comme in Nicht-GradÄquativen im Französischen zugrundeliegt. In einigen Texten des 17. Jahrhunderts findet sich als selbst in Nicht-Grad-Äquativen neben wie noch recht häufig, so dass als in sämtlichen Vergleichsarten gebraucht wird. Neben der fortbestehenden semantischen Distributionseinschränkung von äquativischem wie besteht auch die syntaktische Präferenz für Satzvergleiche statt Phrasenvergleichen ähnlich wie im 16. Jahrhundert weiter. In durchschnittlich nur zwei Prozent der Äquativvergleiche kommen die auf der Grundlage von ursprünglich matrixinternen Bezugsnomen bzw. -präpositionalphrasen neu grammatikalisierten Vergleichspartikeln inmassen und gestalt vor, die sich jedoch nicht durchsetzen, sondern schon im frühen Neuhochdeutschen wieder aussterben. Außerdem wird wie im 16. Jahrhundert die alte Äqua-

286

5 Vergleichskonstruktionen im frühen Neuhochdeutschen

tivpartikel als und häufiger die neue Äquativpartikel wie mit vorausgehendem gleich zu gleich als bzw. gleichwie verstärkt, was in der Entstehungsweise dem im Althochdeutschen belegten samaso entspricht. Zudem ist im untersuchten Korpus erstmals im 17. Jahrhundert Vergleichsanschluss mit als wie belegt. Die Tatsache, dass als wie ebenfalls zuerst in Äquativen, genauer in Nicht-GradÄquativen auftritt, und zwar nachdem wie schon etwa 100 Jahre lang überwiegend in dieser Vergleichsart als Partikel verwendet wurde, spricht dafür, dass es sich bei als wie im Gegensatz zur bisherigen Forschungsmeinung nicht um eine Mischung aus alter und neuer Äquativpartikel beim Übergang von einem Muster zum anderen handelt. Vielmehr liegt ähnlich wie bei gleichwie eine Grammatikalisierung aus ursprünglich matrixinternem, in Nicht-Grad-Äquativen regelmäßig zur Äquativpartikel adjazentem Bezugselement (hier Korrelat als) und Äquativpartikel (wie) vor (vgl. ahd. soso, lat. sicut, nl. zoals etc.). Im Vergleich zu den sonstigen Äquativen im Durchschnitt deutlich langsamer verläuft die Entwicklung bei der auf dem Vergleich beruhenden aufzählenden und koordinierenden Verwendung der Äquativpartikeln. Jeweils stellt als im 17. Jahrhundert noch das Hauptmuster dar. Der allmähliche Wandel von als zu wie ist aber auch hier bis auf einzelne versteinert bis heute erhaltene Wendungen wie als da sind und sowohl als zu bemerken. Selbst im 18. und 19. Jahrhundert ist der Wandel von als zu wie in den Äquativvergleichen noch nicht vollständig abgeschlossen. Im 18. Jahrhundert wird von einzelnen Autoren sogar noch ausschließlich die ältere Äquativpartikel als gebraucht. Die Differenzierung zwischen als in Grad-Äquativen und wie in NichtGrad-Äquativen ist im 18. Jahrhundert noch deutlich und wird in präskriptiven Grammatiken des 18. und frühen 19. Jahrhunderts weiterhin eingefordert, obgeich selbst in Grad-Äquativen bereits im 16. Jahrhundert die Verwendung von wie aufkam. Er ist so groß wie ich gilt aber noch im 18. Jahrhundert als falsch, und selbst im 19. Jahrhundert, wo wie inzwischen auch in den Grad-Äquativen mit etwa 70 Prozent das Hauptmuster darstellt, wird in dieser Vergleichsart immer noch verbreitet als gebraucht. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird von einigen Grammatikern Er ist so groß als ich erstmals explizit als falsch angesehen und stattdessen Er ist so groß wie ich gefordert. Der im heutigen Standarddeutschen bestehende Sprachstand, in dem (bis auf versteinerte Wendungen wie so bald als möglich) nur wie in sämtlichen Arten von Äquativen üblich ist, hat sich damit erst im Lauf des 19. bzw. am Übergang zum 20. Jahrhundert herausgebildet. Im 18. Jahrhundert offensichtlich erst vereinzelt, ein wenig häufiger im 19. Jahrhundert, aber immer noch selten wird in Äquativvergleichen daneben der komplexe Vergleichsanschluss mit als wie gebraucht. Sowohl bei den deutschen Klassikern als auch in Privatbriefen des 19. Jahrhunderts ist als wie dabei

5.4 Zusammenfassung

287

in Äquativvergleichen häufiger als in Komparativvergleichen zu finden, was die hier vertretene These der Entstehung von als wie in Äquativen (Nicht-GradÄquativen) aus Korrelat und Äquativpartikel unterstützt. Präskriptiv wird Vergleichsanschluss mit als wie seit dem 18. Jahrhundert bis heute bekämpft. Umgangssprachlich und dialektal ist es aber durchaus verbreitet. In den hypothetischen Vergleichen haben sich die im Frühneuhochdeutschen herausgebildeten Muster bis heute erhalten. Als mit Verberstsatz stellt auch im Korpus des 17. Jahrhunderts das Hauptmuster dar. Deutlich seltener werden als ob und als wann/wenn zur Einleitung hypothetischer Vergleiche gebraucht, die im 18. Jahrhundert häufiger werden. Der jüngste, gemäß der generellen Entwicklung von als zu wie in den Äquativen eigentlich schon früher zu erwartende Typus von hypothetischen Vergleichssätzen mit wie wenn scheint erst im 19. Jahrhundert regelmäßig verwendet worden zu sein. Im heutigen Standarddeutschen sind all diese Vergleichsanschlüsse in hypothetischen Vergleichen gleichermaßen möglich.

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen 6.1 Komparative in den heutigen Dialekten Die Vergleichskonstruktionen zeigen in den Dialekten des Deutschen synchron eine vom Standarddeutschen abweichende große Variation. Dialektal haben sich teilweise historische Varianten erhalten, die im Standard längst ausgestorben sind. Zum anderen stellen die Dialekte aber vielfach auch eigenständige und natürliche sprachliche Weiterentwicklungen im Vergleich zu dem im Standard durch Normierung kodifizierten und bewahrten Sprachstand dar.268 Daher bildet die synchrone Variation in den Dialekten einen zentralen Bezugspunkt der sprachhistorischen Forschung. Zur dialektalen Variation der Vergleichskonstruktionen gibt es neben verstreuten Hinweisen in einzelnen Ortsgrammatiken und Dialektwörterbüchern auch eine handvoll von Einzeluntersuchungen (vgl. auch Kap. 1.1). Hier sind insbesondere Weise (1918), Lipold (1983), AdA (2003 ff.) und Friedli (2005, 2012) zu nennen. Bis auf Weise (1918) beschränken sich die genannten Untersuchungen ausschließlich auf Komparativvergleiche. Diese Vergleichsart ist zum einen wie erwähnt die grundsätzlich linguistisch am besten untersuchte. Zum anderen zeigen die Komparativvergleiche dialektal insgesamt die größten Abweichungen vom Standard, so dass sie in besonderem Maß das Interesse der dialektologischen Forschung auf sich gezogen haben, wobei auch die Äquativvergleiche durchaus dialektale Variation zeigen, s. u. Kap. 6.2. Im Folgenden soll zunächst jeweils auf Grundlage der Literatur ein Überblick über Varianten des Vergleichsanschlusses und ihre areale Verteilung im gesamten deutschen Sprachraum gegeben werden und anschließend neue Daten aus der im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ (SyHD) durchgeführten Dialekterhebung zu Vergleichen im Bundesland Hessen diskutiert werden.269 Diese Daten besitzen insofern eine große Aussagekraft, als im Bundesland Hessen zwar mitteldeutsche Dialekte überwiegen, aber auch niederdeutsche und oberdeutsche Dialekte gesprochen werden und somit alle dialektalen Großräume des Deutschen vertreten sind.

268 Vgl. zum linguistischen Status von Dialekt und Standardsprachen Weiß (2001). 269 Informationen zu SyHD sowie die Projektergebnisse als Datenbank und Karten sind online zugänglich unter http://www.syhd.info/; zu den Vergleichskonstruktionen s. auch Jäger (2017b). https://doi.org/10.1515/9783110561234-006

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

289

Beim Komparativanschluss ist die dialektale Variation wie erwähnt besonders groß. In den Einzeldialekten gibt es zahlreiche verschiedene Komparativpartikeln und dazu jeweils wiederum verschiedene lautliche Entsprechungen, die im Folgenden immer mit zu der jeweiligen Variante gerechnet werden. Als Komparativpartikel kommt dialektal neben dem seit dem 17. Jahrhundert (vgl. Kap. 5.1) in Komparativen im Deutschen das Hauptmuster bildenden und auch im Standard üblichen als (mit dialektalen lautlichen Entsprechungen wie as, at, os(se), or(re), ais, aus, ans(e), es(se), üs etc.), vgl. (492), auch die seit dem 18. Jahrhundert im Deutschen allmählich zunehmend gebräuchliche Partikel wie (mit dialektalen lautlichen Entsprechungen wie wej, bie, we, be, wiä etc.) vor, vgl. (493). Daneben ist die seit dem frühen Neuhochdeutschen vereinzelt auch in Komparativen belegte komplexe Vergleichspartikel als wie (mit lautlichen Entsprechungen wie as wie, als be, ais wia, orre bu etc.) im Dialekt zu finden, vgl. (494). In manchen Dialekten hat sich die Komparativpartikel dann/ denn, die seit dem Althochdeutschen und bis zum 16. Jahrhundert das Hauptmuster in Komparativvergleichen darstellte (vgl. Kap. 2.1, 3.1 und 4.1), im heutigen Standarddeutschen aber nur noch in wenigen idiomatisierten Wendungen (mehr/besser denn je) möglich ist, erhalten, vgl. (495). In anderen Dialekten sind die im Mittelhochdeutschen (vgl. Kap. 3.1) verbreitete Komparativpartikel wan (lautlich auch realisiert als wa) oder die im 16. Jahrhundert (vgl. Kap. 4.1) belegte Komparativpartikel weder bis heute bewahrt worden, vgl. (496) und (497). Vereinzelt wird zudem die Komparativpartikel oder (auch of etc.) verwendet, vgl. (498), die möglicherweise ähnlich wie weder auf Grundlage des in der Typologie als konjunktiver Vergleichstyp bezeichneten Musters (vgl. Kap. 1.2) entstanden ist, d. h. ‚A ist größer als B‘ ausgedrückt durch ‚A ist groß und nicht B‘ bzw. ‚Es ist nicht der Fall, dass A und B beide groß sind‘.270 Darüber hinaus ist dialektal auch was als Komparativpartikel belegt, vgl. (499). Laker (2002) führt diese u. a. im Bairischen zu findende Variante auf rätoromanisches Substrat zurück (in den romanischen Sprachen wird als Komparativpartikel que/che gebraucht, in dem lat., quid, quod, quia, quam etc. zusammengefallen sind, s. u. Kap. 7.2, das also auch ‚was‘ bedeuten kann). Alternativ wäre auch eine Entstehung durch Reduktion sogenannter gestützer Komparativanschlüsse, also Kombinationen aus Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion was, wie sie z. B. in schweizerdeutschen Varietäten belegt sind vgl. (501) (s. dazu

270 Auch sprachvergleichend lässt sich Komparativanschluss mit ‚oder‘ finden, beispielsweise or im nördlichen Mittelenglischen, z. B. I had lever be dede or she had any dysease ‚Ich würde lieber tot sein, als dass sie irgendwelche Unannehmlichkeiten hätte‘ (vgl. Rossé 1991: 92), im klassischen Griechisch die Disjunktion ē und in flämischen Varietäten of (vgl. Stassen 1985: 62).

290

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

auch Friedli 2012: 69), denkbar oder – meines Erachtens noch wahrscheinlicher – eine Reanalyse des eigentlich durch Kürzung aus der Komparativpartikel wan entstandenen wa, das ebenfalls in schweizerdeutschen Varietäten zu finden ist, als was. In ähnlicher Weise ist nach Friedli (2012: 65, 148) etwa in den schweizerdeutschen Dialekten, in denen die subordinierende Konjunktion dass regulär auch zu as gekürzt wird, die eigentlich auf lautliche Reduktion von als zurückzuführende Komparativpartikel as fälschlicherweise als verkürztes dass aufgefasst worden, so dass sekundär hier auch die vermeintliche Vollform dass als Komparativpartikel auftritt, vgl. (500).271 In Satzvergleichen tritt dialektal teilweise, wie eben erwähnt, gestützter Komparativanschluss auf, d. h. auf die Komparativpartikel folgt unmittelbar eine subordinierende Konjunktion (Komplementierer) wie dass, was etc., vgl. (501).272 Es erinnert an andere dialektale Dopplungen von nebensatzeinleitenden Elementen und subordinierenden Konjunktionen wie die Kombination von Interrogativpronomen/-adverben mit dass oder Relativpronomen mit wo u. ä. in verschiedenen oberdeutschen Varietäten – ein Phänomen, das unter dem Terminus Doubly Filled Comp diskutiert wird, vgl. u. a. Bayer (1984), Weiß (1998). Ebenfalls auf Satzvergleiche beschränkt ist das Phänomen der soge-

271 Laut Eisenmann (1973: 352–358), der Konjunktionen in Baden-Württemberg, BayrischSchwaben und Vorarlberg untersucht hat, kommt in diesem Gebiet dialektal neben wie und als auch die ‚komparative Konjunktion‘ so vor. Leider gibt er keine Belege für so als Komparativpartikel. Die zu so aufgeführten Belege und Aussagen (Eisenmann 1973: 221–228) deuten aber darauf hin, dass hier wohl das äquativische Korrelat so gemeint ist und Eisenmann ‚komparativische Konjunktionen‘ im Sinn von ‚Vergleichspartikel/Korrelat‘ verwendet. 272 Für die schweizerdeutschen Varietäten stellt Friedli (2012: 67 f.) fest, dass gestützter Vergleichsanschluss nur im Satzvergleich und v. a. mit den Konjunktionen dass und as als Stützungselementen, daneben auch mit was, als (reanalysiert aus eigtl. gekürztem dass > as) und wan belegt ist. Die meisten verschiedenen Stützungselemente finden sich nach der Komparativpartikel weder und eingeschränkter als, während nach as, wie und wan nur stützendes dass möglich ist. In diesem Zusammenhang verweist Friedli (2012: 178) auch auf Stützung mit what in englischen Dialekten ( John is taller than what Mary is, s. Chomsky 1977: 87) sowie auf das Schwedische: Skillnaderna var större än vad jag trot ‚Die Unterschiede waren größer als (was) ich dachte.‘ Möglicherweise handelt es sich bei diesen sprachvergleichenden Beispielen aber nicht um Stützung mit einer bloßen subordinierenden Konjunktion wie ‚dass‘ etc., sondern um Verschachtelung mit einem mit was eingeleiteten elliptischen Relativsatz, vgl. auch die folgenden thüringischen Dialektbelege: Manche Fraa tröt merre in dr Schärze fort, als was dr Mann off ’n Letterwagen einfahre kann ‚Manche Frau trägt mehr in der Schürze fort, als (was) der Mann auf dem Leiterwagen einfahren kann.‘ (Thüringisch: Weimar Blankenhain, ThWB 137), S es merre Kommers drum, als was s wert es ‚Es ist mehr Aufwand, als (was) es wert ist.‘ (Thüringisch: Weimar Tröbsdorf, ThWB 137).

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

291

nannten Komplementiererflexion an Vergleichspartikeln, vgl. (502), das auch sonst dialektal z. T. an nebensatzeinleitenden Elementen auftritt (z. B. wennst du kommst). Laut SAND (2005: 20) ist die u. a. in Ostflandern auftretende Form asse zu als ebenfalls als Komparativpartikel mit Komplementiererflexion zu deuten (ebenso wie in anderen niederländischen Varietäten op-st, ofte, dante, went, op-e etc.). Die Vergleichspartikel asse und verwandte Formen wie osse oder orre treten auch in deutschen Dialekten, z. B. im Westfälischen, auf (vgl. auch die SyHD-Daten aus Hessen, s. u.), so dass hier möglicherweise weitere Evidenz für Komplementiererflexion von Komparativpartikeln vorliegt. Nach Woeste (1966: 12) ist das westfälische asse jedoch vielmehr aus also > asso herzuleiten. Von all den verschiedenen Mustern des Komparativanschlusses, die dialektal belegt sind, sind die Varianten als, seltener als wie, aber v. a. wie insgesamt in den Dialekten des Deutschen am verbreitetsten. Typisch ist zudem meist ein Nebeneinander mehrerer möglicher Varianten.273 (492)

Komparativ mit als: a. Gaster gunk’s basser as hitte ‚Gestern ging es besser als heute.‘ (Thüringisch: Eisenach Treffurt, ThWB 136) b.

(493)

De Buu duur länger, as de Meister seggt harr. ‚Der Bau dauert länger, als der Meister gesagt hat.‘ (Niederdeutsch, Lindow et al. 1998: 300)

Komparativ mit wie: Da kommt de Brihe teirer wie’s Flääsch ‚Da kommt die Brühe teurer als das Fleisch.‘ (Thüringisch: Rudolstadt, ThWB 973)

273 Komparativpartikeln kommen dialektal auch bisweilen in exzipierender Funktion vor, vgl. für die erwähnten Komparativpartikeln als, weder und was: Alle Leute haben a Schätzle, als ich hau noch keins (Schwäbisch, Weise 1918: 173), Er weis alls, weder das ned (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 62), S is ganz a braves Weibel, was (‚nur‘/‚außer‘) gern greine tuats (Bairisch, Weise 1918: 175). Den Zusammenhang von Komparativ und Exzeptiv belegt auch die Tatsache, dass umgekehrt Lexeme mit der Bedeutung ‚außer‘ oder ‚nur‘ zu Komparativpartikeln werden können (vgl. Mhd. et < Ahd. eckorôdo ‚nur‘, s. o. Kap. 3.1). Auch das denn in den seit dem Mittelhochdeutschen typischen Exzeptivsätzen (vgl. nhd. es sei denn etc.) ist möglicherweise auf die Komparativpartikel denn zurückzuführen. Zu nur und außer im negierten Komparativvergleich in der SyHD-Erhebung s. u. Fußn. 297.

292

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

(494) Komparativ mit als wie: a. Die Frau is no vui greisliga (ais) wia die mei ‚Deine Frau ist noch viel häßlicher als die meine.‘ (Bairisch, Merkle 1975: 171) b.

(495)

Ich bin gresser als wie du ‚Ich bin größer als du.‘ (Obersächsisch, Weise 1918: 174)

Komparativ mit dann/denn: a. I bin greasr denn du ‚Ich bin größer als du.‘ (Ostschwäbisch, Weise 1918: 176) b.

Hê is föl drîster den manig grôt minsk ‚Er ist viel dreister als mancher große Mensch.‘ (Ostfriesisch, Weise 1918: 177)

(496) Komparativ mit wan: Si isch grösser wan i. ‚Sie ist größer als ich.‘ (Schweizerdeutsch: Berndeutsch, Weise 1918: 175) (497)

Komparativ mit weder: a. Er hats besser weder sin Brueder ‚Er hat es besser als sein Bruder.‘ (Elsässisch, Weise 1918: 175) b.

Dä isch sicher gschnäuer gsi weder duu ‚Der ist sicher schneller gewesen als du.‘ (Schweizerdeutsch: Berndeutsch, Friedli 2012: 344)

(498) Komparativ mit oder: a. Ist pesor haban zo geban den andar odar gen zo vorschan. ‚Es ist besser, wenn man dem anderen etwas zu geben hat, als wenn man danach gehen (/forschen) muss.‘ (Zimbrisch, Weise 1918: 176) b.

Ik wêt nich anners of hê is dôd. ‚Ich weiß nicht anders, als dass er tot ist.‘ (Ostfriesisch, Weise 1918: 177)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

293

(499) Komparativ mit was: a. Er ist greasser was i ‚Er ist größer als ich.‘ (Bairisch, Laker 2002: 399)274 b.

De ischt är ja elter was ich gmeint ha. ‚Dann ist er ja älter, als ich gemeint habe.‘ (Schweizerdeutsch: Inden/Wallis, Friedli 2012: 66)

(500) Komparativ mit dass: Denn isch er ja älter dass ich gmeint han ‚Dann ist er ja älter, als ich gemeint habe.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 131) (501)

Komparativ mit gestütztem Komparativanschluss (zusätzl. Konjunktion/Komplementierer – Doubly Filled Comp): a. Si isch grösser {als was / weder as / wan dass} i dänkt ha. ‚Sie ist größer, als ich gedacht habe.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 4) b.

(502)

S’Resl fod besser Raal ois wie (dass) da Sepp Auddo fod. ‚Resel fährt besser Rad, als Sepp Auto fährt.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.)

Komparativ mit Komplementiererflexion (an Vergleichspartikel bzw. nachfolgender Konjunktion): a. D’Resl is gresser ois wiest du bisd. ‚Resel ist größer, als du bist.‘ (Bairisch, Fuß 2014: 60) b.

S’Resl is gresser ois wie dassd du bist. ‚Resel ist größer, als du bist.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.)

Frühe Hinweise zur dialektalen Variation des Komparativanschlusses und der arealen Verteilung liegen bereits in den Daten der Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführten dialektologischen Befragungen von Wenker vor, die die Datengrundlage für die Karten des Deutschen Sprachatlasses (DSA) bildeten. Hauptinteresse war hierbei die Erfassung lautlicher Varianten. Die Informanten wur-

274 Vgl. auch Weise (1918: 175).

294

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

den gebeten, eine Reihe standarddeutscher Sätze in ihren Dialekt zu übersetzen. Satz 15 der Wenker-Befragung enthält einen Komparativvergleich: Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern [sic]. Auf Grundlage der dialektalen Übersetzungen dieses Satzes wurde im Deutschen Sprachatlas in Karte 116 (online zugänglich unter https://www. regionalsprache.de/) die lautliche Variation der Vergleichspartikel als festgehalten. Als sekundäres Ergebnis wurden jedoch auch statt als angegebenes wie, als wie etc. und dessen lautliche Varianten kartiert, so dass sich auf dieser Grundlage auch Aussagen über die areale Verbreitung der Komparativpartikeln als, wie, als wie etc. treffen lassen. Bereitet man die Ergebnisse unter der Perspektive lexikalisch-syntaktischer statt phonologischer Variation neu auf, wie dies im Rahmen des Projekts „Morphosyntaktische Auswertung von WenkerSätzen“ durchgeführt worden ist, so ergibt sich das Bild in (503).275 Bloße lautliche Varianten einer Vergleichspartikel sind hier jeweils zusammengefasst, z. B. as, osse mit unter als etc. Das Hauptmuster bildet der in der standarddeutschen Version des WenkerSatzes vorgegebene Komparativanschluss mit als. Dieser kommt praktisch im gesamten deutschsprachigen Raum vor. Ausschließliche Verwendung von als findet sich in weiten Teilen des Niederdeutschen und Teilen des Oberdeutschen, insbesondere im Westoberdeutschen. Der hohe Anteil dieser Variante ist dabei sicher auch durch die Vorgabe des als im standardsprachlichen Satz bedingt. Im Sinne eines Differenzprinzips ist daher die Tatsache umso bemerkenswerter, dass entgegen der Vorgabe häufig auch Formen von wie als Komparativpartikel genannt wurden, insbesondere im Mitteldeutschen und Ostoberdeutschen, vereinzelt sogar bis ins Niederdeutsche. Als dritthäufigste Variante wurde als wie angegeben, das recht weiträumig verbreitet ist, wiederum mit Schwerpunkten im Mitteldeutschen und Ostoberdeutschen. Areal stark eingeschränkt kommen teilweise weitere oben bereits erwähnte Varianten vor, u. a. Westoberdeutsch (v. a. Alemannisch) weder und wan sowie im Ostoberdeutschen ganz vereinzelt auch was bzw. als was und dass.

275 Herzlichen Dank an Stephanie Leser-Cronau und Jürg Fleischer für die Erstellung dieser Karte. Die Wenker-Befragung wurde 1890 im damaligen Deutschen Reich durchgeführt und umfasste daher auch dialektale Varietäten des Deutschen, die in Regionen gesprochen wurden, die heute zu Frankreich, Polen, Tschechien etc. gehören. Zum zugrundegelegten Sample der Wenker-Daten vgl. Fleischer (2015). Vier Ortspunkte dieses Samples in der Nähe des Schwarzen Meeres sind in der Karte hier nicht mit einbezogen.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(503)

295

Komparativanschluss in Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. (Wenker-Satz 15)

Was das Gebiet von Hessen betrifft, zeigen die Wenker-Daten von 1890 eine gewisse Variabilität, wobei als deutlich das Hauptmuster bildet. Wie ist weniger als halb so oft belegt. Es kommt v. a. im Zentralhessischen zwischen Gießen und Marburg vor, fehlt dagegen innerhalb von Hessen im Niederdeutschen, im

296

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Vogelsberg und der Schwalm. Nur vereinzelt wird auch als wie angeführt, v. a. im Nord- und Osthessischen.276 Die erste Einzeldarstellung zum Vergleichsanschluss in den Dialekten des Deutschen unter Einbeziehung auch der Äquativvergleiche legte Weise (1918) vor, der auf Basis der dialektologischen Literatur einen groben Gesamtüberblick gibt. Demzufolge ist im Niederdeutschen (bis auf vereinzeltes komparativisches of ‚oder/ob/als‘ u. a. im Ostfriesischen) fast ausschließlich als (bzw. lautliche Entsprechungen wie as) als Einheitsvergleichspartikel gebräuchlich. Diese Feststellung deckt sich mit Aussagen in der neueren Literatur zum Niederdeutschen: So charakterisiert Appel (2007: 125–127) as als einzige Vergleichspartikel im Niederdeutschen. Auch die Niederdeutsche Grammatik von Lindow et al. (1998: 300) führt unter vergleichenden Nebensätzen nur Belege mit as auf. Das Plattdeutsche Wörterbuch von Sass (2002: 243, 430) gibt für hochdeutsches als und wie in der Verwendung als Vergleichspartikeln ebenfalls jeweils nur as/at an, niederdeutsches as/at wird entsprechend mit hochdeutschem als und wie übersetzt (ibd. 33). Das Niederdeutsche steht damit laut Dückert (1961: 205, 208) im Gegensatz zum Hochdeutschen, wo wie auch vergleichend verwendet wird, wohingegen im Niederdeutschen wie bzw. das niederdeutsche Pendant wu/wo etc. nur interrogativisch und nicht vergleichend gebraucht werde. Auch Sass (2002: 233) führt bei den Belegen unter dem Lemma niederdeutsch wo mit den hochdeutschen Interpretamenten wo und wie nur die interrogativische, aber keine vergleichende Verwendung an. Im Gegensatz dazu charakterisiert Lerch (1942: 331, 368) komparativisches wie als typisch norddeutsch und gibt an, dass in den niederdeutschen Dialekten als gänzlich fehle. Elspaß (2002: 57) ermittelt ebenfalls einen hohen Anteil an komparativischem wie in der norddeutschen Umgangssprache, weist aber auf den bestehenden Gegensatz zum im Dialekt typischen als hin und deutet eine Interpretation als Hyperkorrektur im Sinn von Schikorsky (1990: 268) an.

276 Die Ergebnisse der Wenker-Befragung von 1890 wurden im Rahmen einer 2011 an der Universität Marburg angefertigten Seminararbeit von Lars Vorberger für 130 Ortspunkte in Hessen nochmals aufbereitet. Es finden sich 84 mal als, 33 mal wie und einmal als wie. Zusätzlich wurden die Ergebnisse mit Belegen aus dem Zwirner-Korpus des IDS und denen der von 1980 stammenden Tonband-Nachaufnahmen des Wenker-Materials ausgehend vom Deutschen Sprachatlas in Vorbereitung des hessischen Dialektzensus verglichen. Hier deutet sich eine diachrone Zunahme der Verwendung von wie als Komparativpartikel an. Nach den häufigen Adjektiven größer, älter, schöner, besser folgt in den hessischen Zwirner-Daten zu 77,5 % wie, 20 % als wie und nur 2,5 % als. In den Nachaufnahmen zu Wenker-Satz 15 von 1980 finden sich als und wie etwa gleich häufig als Komparativpartikel, was im Fall von wie eine Zunahme um 12 % gegenüber 1890 bedeutet. Bei der Auswertung wurde hier allerdings als wie unter wie subsumiert, so dass sich keine differenzierten Aussagen bezüglich dieser besonderen Vergleichseinleitung treffen lassen.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

297

Für das Mitteldeutsche konstatiert Weise (1918) dagegen verbreitet wie als Einheitsvergleichspartikel, die jedoch weniger ausschließlich verwendet werde als die Einheitsvergleichspartikel as im Niederdeutschen. Damit ist in den mitteldeutschen Varietäten die sich historisch andeutende Zunahme von komparativischem wie seit dem 18. und 19. Jahrhundert bereits so weit fortgeschritten, dass diese Variante überwiegend das Hauptmuster in Komparativvergleichen darstellt. Im Oberdeutschen entspreche die Verteilung dagegen (bis auf nur lokal belegte besondere Komparativpartikeln wie was, wann, weder, oder, denn und dass) weitgehend dem Standarddeutschen mit wie in Äquativvergleichen und als in Komparativvergleichen. Für das Bairische und Alemannisch-Schwäbische wird bei Weise explizit wie nicht als möglicher Komparativanschluss angesehen. Dieser Aussage widerspricht jedoch die schon im Wenker-Material auch im Oberdeutschen, etwa im Bairischen, verbreitete komparativische Verwendung von wie, die sich auch in neueren Untersuchungen zum Bairischen zeigt, so im Sprachatlas von Unterfranken und Sprachatlas von Mittelfranken (online unter www.baydat.uni-wuerzburg.de, Frage 370.021 bzw. Frage 185.011 größer … ich) jeweils ähnlich wie im Mitteldeutschen überwiegend wie, seltener als, vereinzelt als wie (vgl. Friedli 2012: 167), vgl. auch die Bairischen Belege in (494 a) und (501 b).277 Für die komplexe Vergleichspartikel als wie nimmt Weise an, dass sie zunächst in Komparativvergleichen verwendet worden sei. Er führt Belege aus dem Obersächsischen, Altenburgischen und Frankfurterischen an. Sekundär komme als wie auch in Äquativvergleichen vor, was Weise mit Belegen aus dem Obersächsischen, Ripuarischen und Bairischen illustriert. Wie die sprachhistorische Untersuchung gezeigt hat, trifft Weises Auffassung im Hinblick auf die diachrone Entwicklung von als wie nicht zu. Als wie ist vielmehr zunächst in Äquativvergleichen aufgetreten und erst sekundär in Komparativvergleichen (s. o. Kap. 5.2). Möglicherweise bildet die synchron überwiegende Verwendung von als wie in Komparativvergleichen und seltenere Verwendung in Äquativvergleichen die Grundlage für Weises These. Laut Thurmair (2001: 101) kommt als wie sogar überhaupt nur in Komparativvergleichen vor.278 Dies widerlegen jedoch neben den bereits von Weise angeführten Belegen insbesondere auch die Daten der vorliegenden Untersuchung auf Grundlage aktueller Dialekterhebungen in Hessen (s. u. Kap. 6.2).

277 Auch laut Merkle (1975: 171) ist im Bairischen als wie als Einheitsvergleichspartikel üblich. 278 Vgl. auch Frankfurter Wörterbuch (6: 3554): „bei Komparativen […] häufig in der Verdopplung ‚als wie‘“.

298

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Zu den Vergleichspartikeln in Teilen des alemannischen Dialektgebiets (Baden-Württemberg, Bayrisch-Schwaben und Vorarlberg) finden sich Aussagen in Eisenmann (1973: 352–358) auf der Basis von Tonaufnahmen. Er stellt im Gegensatz zu den Wenker-Daten auch für dieses Gebiet bereits deutliches Überwiegen von wie gegenüber als fest.279 Die Sprachentwicklung ist hier ebenfalls schon so weit fortgeschritten, dass wie mit großem Abstand das Hauptmuster bildet. Einen neueren Überblick zur arealen Verteilung des Komparativanschlusses im gesamten deutschen Sprachraum ebenfalls auf der Grundlage der einschlägigen Dialektliteratur bietet Lipold (1983), vgl. (504). Als, das im Norden und einem westlichen Streifen (Niederdeutsch, Teile des Rhein- und Moselfränkischen sowie Alemannischen) verbreitet ist, und wie im mittleren und östlichen Hochdeutschen bilden die beiden Hauptmuster. Neben diesen beiden Varianten treten im äußersten Südwesten weder und dass als Komparativpartikeln auf, südlich von Passau liegt ein kleines isoliertes was/wos-Areal, während in Friesland und um Bremen denn verwendet wird und im Emsland an der Grenze zum Niederländischen oder. Als wie ist im Vergleich zu als und wie seltener, aber durchaus weiträumig verbreitet. Lipold (1983: 1238) charakterisiert es als „Kompromissform […] in den Berührungsgebieten“ von als und wie, das heißt als durch lokale Überlappung entstandene Kontaminations- oder Mischform.280 Im Gegensatz zu dieser These zeigt seine eigene Karte, dass als wie verstreut im gesamten hochdeutschen Sprachraum vorkommt, wobei die Areale selten im Grenzgebiet von als und wie liegen, sondern zumeist mitten im wie-Gebiet (teilweise auch im als-Gebiet). Neben Aussagen zur regionalen Variation macht Lipold auch vereinzelte Angaben zu syntaktischen Faktoren der Variation: Er erwähnt eine Differenzierung in Abhängigkeit von der syntaktischen Funktion des Tertium Comparationis zwischen prädikativem komparativischem wie einerseits und adverbiellem komparativischem als wie andererseits im Oberpfälzischen (Lipold 1983: 1238).281 279 Problematisch ist, dass Eisenmann (1973) grundsätzlich alle (komparativischen und äquativischen) Vergleichspartikeln und offensichtlich auch das Korrelat so als ‚komparative Konjunktionen‘ zusammen betrachtet und auswertet (in seinem Material findet er an komparativen Konjunktionen zu 55 % wie, 27 % so und 5 % als). In einer Karte (Eisenmann 1973: 357) stellt er jedoch auch noch einmal separat den Anteil von wie in Komparativvergleichen dar, der bei über 2/3 der Planquadrate im Untersuchungsgebiet bei 100 % liegt und nur bei 2 % der Planquadrate unter 70 % (auch dort aber jeweils mindestens bei 50 %). 280 Ähnlich ist im Frankfurter Wörterbuch (6: 3554) von „der Verdopplung ‚als wie‘“ die Rede. 281 Einen weiteren syntaktischen Faktor für die Wahl von als wie oder einer anderen Variante bringt das Rheinische Wörterbuch (9: 495 f.), das auf eine Differenzierung in Abhängigkeit von der syntaktischen Form des Vergleichsstandards zwischen als/as im Phrasenvergleich und als wie im Satzvergleich hinweist.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(504)

299

Komparativanschluss in den Dialekten des Deutschen nach Lipold (1983: 1237)

Für Hessen setzt Lipold wie Weise (1918) – aber im Gegensatz zum Befund des Wenker-Materials von 1890 – wie als Hauptmuster des Komparativanschlusses an. Als wird Lipold zufolge innnerhalb von Hessen in einem westlichen Streifen verwendet, wobei die tentative Arealgrenze etwa durch Marburg und Gießen entlang der Lahn verläuft. Als wie tritt nach Lipold in einem nordöstlichen Gebiet um Kassel und in einem südwestlichen Areal um Wiesbaden, Frankfurt und Darmstadt auf. Die umfangreichste neuere Einzeluntersuchung zur dialektalen Variation von Vergleichskonstruktionen stellt Friedli (2012) dar. Er analysiert die Verteilung und rezente Entwicklung der Vergleichspartikeln in Komparativvergleichen in den schweizerdeutschen Dialekten auf der Basis von Daten des im Entstehen

300

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

begriffenen Syntaktischen Atlas der Deutschen Schweiz (SADS, Projektinformationen unter http://www.dialektsyntax.uzh.ch/de.html) und eigener ergänzender Erhebungen. Das Hauptmuster bildet als, das praktisch in der gesamten deutschsprachigen Schweiz als Komparativpartikel akzeptiert wird (über 90 Prozent Akzeptanz, Präferenz ähnlich hoch). Das schon erwähnte weder wird (außer im Nordwesten und Südosten) zwar verbreitet, aber insgesamt seltener als Komparativpartikel akzeptiert (ca. 20–40 Prozent Akteptanz, Präferenz deutlich geringer). Es ist generell im Schwinden begriffen, u. a. zugunsten der durch Sprachkontakt mit angrenzenden süddeutschen Varietäten v. a. in der Nord- und Nordostschweiz neu aufkommenden Komparativpartikel wie (ca. fünf bis 15 Prozent Akzeptanz, Präferenz deutlich geringer). Die Komparativpartikel wan findet sich nur ganz vereinzelt als Reliktform im Süden, u. a. im Berner Oberland und im Wallis (Akzeptanz und Präferenz zwei bis drei Prozent).282 Nur marginal und nur im Satzvergleich, also Vergleichskonstruktionen mit satzwertigem Vergleichsstandard, werden die Partikeln als wie, dass oder was verwendet (Akzeptanz jeweils unter einem Prozent). In Satzvergleichen kommen v. a. bei den Vergleichspartikeln weder und wan, seltener auch bei als und wie zudem Kombinationen mit der Konjunktion dass, seltener as, als, was oder wan vor, d. h. gestützter Vergleichsanschluss (weder dass, als dass etc.).283 Neben arealen Faktoren betrachtet Friedli auch soziolinguistische und syntaktische Faktoren der dialektalen Variation. Als besonders zentral erweist sich der Faktor der syntaktischen Form des Vergleichsstandards, daneben auch der der syntaktischen Funktion des Tertium Comparationis und des Komparandums (vgl. auch die oben erwähnten Hinweise bei Lipold (1983) und im Rheinischen Wörterbuch). Laut Friedli (2012: 211) ist die Variation in den schweizerdeutschen Dialekten besonders groß bei prädikativem Tertium Comparationis, NP-förmigem Vergleichsstandard und Komparandum in der Funktion eines Subjekts, d. h. bei den frequentesten syntaktischen Mustern von Komparativvergleichen. Hinsichtlich der syntaktischen Form des Vergleichsstandards stellt Friedli (2012: 253) einerseits fest, dass die sich neu ausbreitende Variante wie im Gegensatz zu ihrem historischen Aufkommen nicht zuerst in Satz- und dann in Phrasenvergleichen zu finden ist, sondern zuerst in Phrasenvergleichen und erst sekundär in Satzvergleichen auftritt (nur jüngere Sprecher akzeptieren hier auch schon gestützten Vergleichsanschluss).

282 Diese Region ist auch sonst als Reliktraum bekannt, wo sich ältere Sprachformen halten (Friedli 2012: 162). 283 Laut Friedli (2012: 259) jedoch nur im einfachen Satzvergleich, nicht im komplexen, d. h. bei zusätzlicher Verschachtelung mit einem Adverbialsatz o. ä.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

301

Zum anderen sind innerhalb der Phrasenvergleiche Unterschiede hinsichtlich der Art der Phrase zu beobachten, so dass etwa im häufigsten Typ mit NPförmigem Vergleichsstandard wie schon häufiger verwendet wird als in den selteneren Vergleichskonstruktionen mit Adjektivphrase oder Partizipialkonstruktion als Vergleichsstandard. Auch die allmählich verschwindende Komparativpartikel weder wird zusammen mit den häufigeren Phrasentypen eher noch verwendet als mit den selteneren. Friedli formuliert dies in Form einer Zugänglichkeitshierarchie für wie und einer Bewahrungshierarchie für weder, die nahezu identisch sind, vgl. (505 a/b).284 Aufgrund des zentralen Zusammenhangs mit der Frequenz der jeweiligen Vergleichsstandard-Formen hält Friedli (2012: 260) fest: „Darauf, dass gerade die Frequenz bei der Variation und beim Wandel der Vergleichsanschlüsse einen zusätzlichen, klärenden Beitrag leistet, soll hier nochmals mit aller Deutlichkeit hingewiesen werden.“ (505)

a. Zugänglichkeitshierarchie für wie: NP > KonjP > PP > AdvP > InfP > AP > PartP

(Friedli 2012: 251)

b. Bewahrungshierarchie für weder: NP > KonjP > PP > InfP > AdvP >AP > PartP

(Friedli 2012: 252)

Neuere Daten zur arealen Verteilung der Varianten des Komparativanschlusses nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Österreich und Deutschland haben auch die Online-Befragungen des Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA 2003 ff.) erbracht. Im Rahmen des Pilotprojekts 2002, vgl. (506), sowie in der neunten Befragungsrunde 2012 (online unter: http://www.atlas-alltagssprache. de/vergleichspartikel), vgl. (507), wurde die gebräuchliche Partikel im Kontext Mein Bruder/Er ist größer … ich erfragt.285 Obwohl die beim AdA abgefragten Varietäten im Unterschied zu den oben angeführten Forschungsarbeiten und auch den im Folgenden diskutierten Daten aus Hessen eher als Regiolekte als als Basisdialekte zu charakterisieren sind, stimmen die Ergebnisse grundsätzlich vielfach mit denen basisdialektaler Untersuchungen überein.

284 Hier wäre jedoch kritisch der Zusammenhang mit der Frequenz der jeweiligen Phrasentypen zu hinterfragen: So könnte die Tatsache, dass man mit NP-förmigen Vergleichsstandards eher schon das neue wie bzw. noch das alte weder findet als etwa mit AP-förmigen Vergleichsstandards schlicht darin begründet sein, dass NP-förmige Vergleichsstandards häufiger sind und somit die Chance, dass wie oder weder hier belegt ist, auch größer ist. 285 Herzlichen Dank an Stephan Elspaß und Robert Möller für die Bereitstellung der Karten und Hinweise zu den Ergebnissen.

302 (506)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativanschluss in Mein Bruder ist größer … ich (AdA: Pilotprojekt, 2002)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(507)

303

Komparativanschluss in Er ist größer … ich (AdA: neunte Befragungsrunde, 2012)

Insgesamt zeigt sich eine große Variabilität, wobei komparativisches wie im Mittel- und Oberdeutschen (mit Ausnahme der Schweiz) überwiegt, komparativisches als dagegen im Niederdeutschen, wo aber vereinzelt auch wie angegeben wurde. Das wie-Areal reicht deutlich weiter nach Westen und Südwesten als bei Lipold (1983), was als rezente diachrone Ausbreitung des wie im Komparativvergleich gedeutet werden könnte, insofern Lipolds Darstellung auf Dialektgrammatiken vom späten 19. bis ca. Mitte des 20. Jahrhunderts beruht, die AdA-Karten dagegen auf zu Beginn des 21. Jahrhunderts erhobenen Daten. Die Areale der insgesamt dritthäufigsten Variante, der komplexen Vergleichspartikel als wie, liegen gemäß der AdA-Pilotstudie, vgl. (506), v. a. im Mitteldeutschen, vereinzelt auch im Oberdeutschen, in den Befragungen der neunten Runde, vgl. (507), überwiegend im Ostoberdeutschen, wobei allerdings im Gegensatz zur Pilotstudie in der Karte zur neunten Befragungsrunde jeweils nur die ersten zwei von den Informanten genannten Formen verzeichnet wurden und als wie als häufig als Drittes benannte Variante vielfach nicht in der Karte wiedergegeben ist. In Karte (506) finden sich daher u. a. in Süddeutschland, aber auch bis ins Rheinland und nach Brandenburg hinein mehr als-wie-

304

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Nennungen. Ähnlich wie bei Lipold (1983) taucht als wie v. a. innerhalb des wie-Areals, vereinzelt auch innerhalb des niederdeutschen als-Areals auf, aber durchaus nicht primär in den Übergangsbereichen von als- und wie-Areal, was wiederum gegen die verbreitete These von als wie als Kompromiss- oder Kontaminationsform spricht. Für Hessen ergaben die Befragungen des AdA im Gegensatz zu den Angaben von Weise (1918) und Lipold (1983) aber in Übereinstimmung mit dem historischen Wenker-Material als Hauptmuster des Komparativanschlusses noch die Vergleichspartikel als. Wie ist insgesamt etwas seltener, wobei es in Südund Zentralhessen häufiger genannt wurde als im Norden. Als wie taucht innerhalb von Hessen nur in der Pilotprojektkarte an einem einzigen Ortspunkt im zentralhessisch-rheinfränkischen Übergangsgebiet auf. Als Forschungsstand für Hessen kann hinsichtlich der Komparativvergleiche damit insgesamt konstatiert werden, dass in der Literatur einerseits als (WenkerDaten, AdA), andererseits wie (Weise 1918 generell fürs Mitteldeutsche, Lipold 1983) als Hauptmuster charakterisiert wird. Mögliche Ursache für diese disparaten Aussagen in der bisherigen Forschung sind Unterschiede in Erhebungsmethoden und Nähe zum Basisdialekt, aber auch rezenter Sprachwandel. Vor diesem Forschungshintergrund sind die Ergebnisse der aktuellen Dialekterhebung im Bundesland Hessen im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ (SyHD) besonders interessant. Für die niederdeutschen Varietäten im nördlichen Hessen wäre gemäß der Literatur zum Niederdeutschen (Weise 1918, Lindow et al. 1998, Appel 2007 etc.) anzunehmen, dass als/as die Einheitsvergleichspartikel bildet und wie (bzw. wu, wo etc.) im Gegensatz zum Hochdeutschen nur interrogativisch und nicht vergleichend verwendet wird. Entsprechende Aussagen finden sich auch speziell fürs Westfälische, das auch im nördlichen Hessen gesprochen wird, bei Woeste (1966: 12, 42), Niebaum (1977: 92), Rosemann (1982–1984, 1: 50, 2: 559 f.). Als wie wird laut der bisherigen Forschung in Hessen vereinzelt im Nordosten (Wenker-Material, Lipold 1983) und Süden (Lipold 1983, sehr eingeschränkt AdA) in Komparativvergleichen gebraucht. Es wird zumeist als Verdopplung bzw. Kompromiss- oder Mischform der beiden Vergleichspartikeln als und wie in den Berührungsgebieten ihrer Areale angesehen. Ähnlich wie in der Diachronie also bisher davon ausgegangen wurde, dass als wie durch zeitliche Überlappung der Entwicklungsstufen mit als und wie entstanden sei, was die genaue diachrone Untersuchung widerlegt hat (s. o. Kap. 5.1), ist die übliche Annahme in der Dialektologie, dass als wie durch areale Überlappung beider Vergleichspartikeln zu erklären sei, was jedoch angesichts der historischen Entstehung aus dem Korrelat als und der Vergleichspartikel wie unwahrscheinlich ist und auch durch die areale Verteilung widerlegt wird, wie bereits die

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

305

Karten von Lipold (1983) und dem AdA-Pilotprojekt zeigen und die Daten aus der SyHD-Erhebung bestätigen. Für die dialektale Erhebung zu den Komparativvergleichen habe ich die in (508) bis (515) aufgeführten acht Fragen formuliert, die im Rahmen des SyHDProjekts in ganz Hessen abgefragt wurden (zur dialektalen Datengrundlage und Erhebungsmethode s. auch oben Kap. 1.3).286 (508)

Komparativ (prädikatives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, Bewertungsaufgabe, Frage E2_02): Thomas ist größer wie/als wie/als/wie dass/… sein Bruder.

(509)

Komparativ (prädikatives Tertium Comparationis, komplexer Vergleichssatz: Komparativ + Konditionalsatz, Lückentextaufgabe, Frage E3_09): Wenn es raschelt, ist es besser, … wenn es klimpert.287

(510)

Komparativ (prädikatives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: AP, Bewertungsaufgabe, Frage E3_14): Die Tür ist ja breiter wie/als wie/als/als wie dass/… hoch.

(511)

Komparativ (adverbiales Tertium Comparationis, Satzvgl., Bewertungsaufgabe, Frage E3_22): Maria redet manchmal schneller wie/als wie dass/als wie/als/… sie denken kann.

(512)

Komparativ (adverbiales Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, Bewertungsaufgabe, Frage E4_01): Susanne kann besser kochen als wie/als wie dass/als/wie/… meine Tante.

(513)

Komparativ (attributives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, Bewertungsaufgabe, Frage E4_17): Sabine macht besseren Kuchen als wie/als wie dass/als/wie/… ihre Schwester.

(514)

Komparativ (n-Indef. + ander- als Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, Lückentextaufgabe, Frage E4_24): Den alten Traktor zu reparieren, das schafft bestimmt kein anderer … mein Sohn.

286 Weitere Komparativvergleiche wurden mit einem kleineren Informantensample in Vorabbefragungen, sogenannten Pretests, erhoben. 287 Dieser Satz ist aus Friedlis (2012: 281) Fragebogen übernommen (dort Satz 2.14).

306 (515)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativ (prädikatives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, direkte Erhebung/Interview, Frage DP_03): Das Mädchen ist größer … der Junge.

Die Komparativfragen in (508) bis (514) wurden in indirekter Erhebung per Fragebogen erhoben, der Komparativvergleich in (515) in direkter Erhebung per Interview, um die Variation methodisch differenziert zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden bei der indirekten Erhebung auch verschiedene Fragetypen, nämlich jeweils mit einem kurzen, disambiguirenden Kontext versehene und in der sprachlichen Form dem jeweiligen Dialektgebiet angepasste (‚dialektisierte‘) Bewertungs- und Lückentextaufgaben, verwendet.288 Bei Lückentextaufgaben wurden die Informanten gebeten, einen lückenhaften Satz zu ergänzen. Bei den Bewertungsaufgaben wurden, wie der Fragebogenausschnitt in (516) am Beispiel der Frage E2_02 illustriert, jeweils maximal vier, von Frage zu Frage teils variierende Varianten vorgegeben, um die Informanten nicht zu überlasten. Unter den ankreuzbaren Vorgaben befand sich immer auch die Vergleichspartikel als wie und eine Variante mit zusätzlichem Komplementierer (sog. gestützter Vergleichsanschluss: wie dass, als wie dass etc.), um auch diese selteneren Muster zu elizitieren.289 Zusätzlich hatten die Informanten stets die Möglichkeit, eine eigene Alternative zu formulieren. Bei den in der vorliegenden Untersuchung im Folgenden angeführten Beispielen aus der SyHD-Erhebung handelt es sich bis auf wenige, entsprechend gekennzeichnete Ausnahmen durchgängig um solche von den Informanten selbst formulierte Konstruktionen. Abschließend wurden die Informanten gebeten, die für sie natürlichste, also die präferierte Variante zu benennen.

288 Die von den Informanten angegebene Anzahl an möglichen Varianten war bei Lückentextaufgaben geringer als bei Bewertungsaufgaben, die im Hinblick auf die dialektale Variation somit den aufschlussreicheren Aufgabentyp darstellen. 289 Dass es nötiger ist, seltenere, vom Standard abweichende dialektale Varianten mit vorzugeben als beispielsweise die dem Standard entsprechenden Variante, zeigen auch die Erfahrungen der indirekten Dialekterhebung für den Syntaktischen Atlas der Deutschen Schweiz (SADS). Hier wurde etwa die Komparativpartikel wan bei den Bewertungsaufgaben zu Vergleichen nicht zur Auswahl vorgegeben. Einige Informanten gaben sie dennoch als eigene Alternative an. Es ist jedoch laut Friedli (2012: 260) davon auszugehen, dass diese Variante viel breiter akzeptiert worden wäre, wenn sie suggeriert worden wäre.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(516)

307

Komparativ: Bewertungsaufgabe Frage E2_02 (in einer Dialektisierung für das Zentralhessische)

2. Rita erzählt von Thomas und seiner Familie. Sie sagt: → Bitte kreuzen Sie die Sätze an, die Sie in Ihrem Platt/Dialekt sagen können (auch Mehrfachnennungen sind möglich). a)

□ Der Thomas is gresser wej sei Brouer.

b)

□ Der Thomas is gresser als wej sei Brouer.

c)

□ Der Thomas is gresser als sei Brouer.

d)

□ Der Thomas is gresser wej doass sei Brouer.

→ Würden Sie den Satz normalerweise in einer Form sagen, die gar nicht aufgeführt ist? Wenn „ja“: Bitte notieren Sie hier den Satz so, wie Sie ihn normalerweise sagen würden: e) → Welcher Satz ist für Sie der natürlichste? a) □, b) □, c) □, d) □ oder e) □

Im Rahmen des Interviews bei der direkten Erhebung wurden den Informanten Bilder präsentiert, auf deren Grundlage sie vorgegebene Satzanfänge im Dialekt vervollständigen sollten. Zusätzlich zu den von den Informanten hier spontan verwendeten Varianten wurden anschließend gezielt weitere Varianten auf ihre Akzeptabilität hin abgefragt. Da sowohl die diachronen Daten als auch die schweizerdeutschen Daten von Friedli (2012) die Relevanz der syntaktischen Form des Vergleichsstandards, insbesondere des Unterschieds von Satz- und Phrasenvergleichen für die Wahl der Vergleichspartikel zeigen, wurden beide Typen von Komparativvergleichen abgefragt (Phrasenvergleich: Fragen E2_02, E3_14, E4_01, E4_17, E4_24, DP_03, Satzvergleich: Fragen E3_09, E3_22). Zudem wurde bei den Phrasenvergleichen neben solchen mit NP-förmigem Vergleichsstandard, dem generell häufigsten syntaktischen Muster bei Vergleichen, für das Friedli (2012) die größte Bandbreite an Varianz beobachtet, auch ein Komparativvergleich mit seltenerem, AP-förmigem Vergleichsstandard einbezogen (E3_14), um Effekte der Häufigkeit der Phrasenart, wie sie Friedli (2012) in seinen schweizerdeutschen Daten festgestellt hat (vgl. die Zugänglichkeits- bzw. Bewahrungshierarchie in (505)), auch für die Dialekte in Hessen zu überprüfen.

308

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Neben verschiedenen syntaktischen Arten des Vergleichsstandards wurde auch bei der syntaktischen Form und Funktion des Tertium Comparationis variiert, die, wie oben erwähnt, Lipold (1983) zufolge ebenfalls in manchen Dialekten eine Rolle für die Wahl der Vergleichspartikel spielt. So wurden Komparativvergleiche mit Tertium Comparationis in Form einer prädikativen (E2_02, E3_09, E3_14, DP_03), adverbialen (E4_01) und attributiven (E4_17) Adjektivphrase und eines negativen Indefinitums in Verbindung mit anders (E4_24) einbezogen. Die Gesamtergebnisse für jede Frage sowie die sich ergebenden Durchschnittswerte für Komparativvergleiche insgesamt sind in Tabelle (517) zusammengefasst. Hier wird für die Bewertungsaufgaben jeweils noch einmal zwischen allen akzeptierten und den als natürlichste angegebenen Varianten und für die Interviewfrage in der direkten Erhebung zwischen allen (ggf. auch auf Nachfrage) akzeptierten und den spontan genannten Varianten differenziert. Für die Lückentextaufgabe wurden alle produzierten Varianten berücksichtigt. Im Gesamtdurchschnitt aller Komparativfragen überwiegt leicht die Variante wie (mit den lautlichen Entsprechungen we, wea, be, wej, bie, wu, bou290 etc.) mit um 45 Prozent der akzeptierten und auch der natürlichsten bzw. spontanen und produzierten Varianten. Damit ist also im Bundesland Hessen insgesamt die sprachliche Entwicklung auch bereits so weit vorangeschritten, dass wie das Hauptmuster des Komparativanschlusses darstellt, was die Aussagen von Weise (1918) generell fürs Mitteldeutsche und die Angaben in Lipolds (1983) Karte zum Gebiet von Hessen bestätigt und ggf. als rezenter Sprachwandel im Vergleich zu den für Hessen überwiegend die Variante als zeigenden Wenker-Daten des späten 19. Jahrhunderts zu deuten ist. Zweithäufigste Variante ist insgesamt als (bzw. dessen lautliche Entsprechungen as, asse, or, orre, osse etc.) mit immerhin reichlich 40 Prozent der akzeptierten und auch der natürlichsten bzw. spontanen und produzierten Varianten. Als tritt damit im Gesamtdurchschnitt nur wenig seltener auf als wie. Metasprachliche Äußerungen der Informanten deuten darauf hin, dass hier teilweise der normative Einfluss der Standardsprache eine Rolle spielt.291 290 Bei bou handelt es sich um eine lautliche Entsprechung zum spezifisch niederdeutschen wu (vgl. die Okklusion von wie zu bie in einigen hessischen, aber auch oberdeutschen Varietäten, vgl. DWB 29: 1449 f.), s. dazu Martin (1925: 146): „‚wie‘ lautet im Dialekt von Waldeck bou/ bû, südlich wî (ahd. hwio). Das wî ist vom Süden her vorgerückt.“ sowie Woeste (1966: 42): bû/ mittelwestfälisch wu < as. hwo ‚wie‘ (interrogativisch/relativisch). 291 Informant ZH_b_9–11_Laubach_Gonterskirchen_1 gibt zur Variante als im Komparativvergleich an: „Kann man sagen, aber das ursprüngliche Platt ist mit wie.“, ZHMFRF_6–7_Hattersheim am Main_Eddersheim_1 nennt spontan als und bemerkt: „wobei mer viel hier sacht des mädsche is größer wie de bub und es gibt ach welsche, die sarche des mädsche is größer als wie de bub is eichendlich hier so üblisch, aber isch hab mir angewöhnt des mädsche is größer als de bub.“

309

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(517)

Komparativanschluss in den Dialekten Hessens (SyHD-Befragung) n

als

wie

als wie

Sonst.

akzeptierte

902

305 (33,8 %)

504 (55,9 %)

90 (10 %)

3 (0,3 %)

natürlichste

754

253 (33,6 %)

433 (57,4 %)

67 (8,9 %)

1 (0,1 %)

E3_09

produzierte

788

610 (77,4 %)

138 (17,5 %)

40 (5,1 %)

0 (0 %)

E3_14

akzeptierte

888

290 (32,7 %)

468 (52,7 %)

119 (13,4 %)

11 (1,2 %)

natürlichste

721

248 (34,4 %)

378 (52,4 %)

89 (12,4 %)

6 (0,8 %)

akzeptierte

922

361 (39,1 %)

314 (34,1 %)

232 (25,2 %)

15 (1,6 %)

natürlichste

722

295 (40,9 %)

237 (32,8 %)

181 (25,1 %)

9 (0,2 %)

akzeptierte

845

254 (30 %)

462 (54,7 %)

124 (14,7 %)

5 (0,6 %)

natürlichste

671

195 (29 %)

385 (57,4 %)

89 (13,3 %)

2 (0,3 %)

akzeptierte

859

248 (28,9 %)

475 (55,3 %)

129 (15 %)

7 (0,8 %)

natürlichste

670

195 (29,1 %)

379 (56,6 %)

91 (13,6 %)

5 (0,7 %)

E4_24

produzierte

749

377 (50,3 %)

268 (35,8 %)

84 (11,2 %)

20 (2,7 %)

DP_03

akzeptierte

269

91 (33,8 %)

130 (48,3 %)

48 (17,8 %)

0 (0 %)

spontane

136

51 (37,5 %)

83 (61 %)

2 (1,5 %)

0 (0 %)

akzeptierte u. produzierte

40,8 %

44,3 %

14 %

0,9 %

natürlichste/spont. u. produzierte

41,5 %

46,4 %

11,4 %

0,6 %

E2_02

E3_22

E4_01

E4_17

Durchschnitt (%)

Summe

akzeptierte u. produzierte

6222

2536 (41 %)

2759 (44 %)

866 (14 %)

61 (1 %)

natürlichste/spont. u. produzierte

5211

2224 (43 %)

2301 (44 %)

643 (12 %)

43 (1 %)

310

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Deutlich seltener wird die dritthäufigste Variante als wie gebraucht, die insgesamt im Durchschnitt bei 14 Prozent der akzeptierten und produzierten Varianten liegt, jedoch etwas seltener präferiert wird. In metasprachlichen Äußerungen gaben einige Informanten an, dass als wie früher üblicher gewesen sei bzw. dass sie es selbst früher mehr benutzt hätten.292 Der normative Druck gegen diese dialektale Variante scheint besonders groß zu sein. Andere Varianten des Komparativanschlusses (u. a. gestützter Anschluss mit wie dass, d. h. Kombination mit einem Komplementierer) wurden mit durchschnittlich unter einem Prozent fast nicht angegeben. Die überwiegende Zahl der abgefragten Komparativvergleiche zeigt ein recht einheitliches Ergebnis für Hessen. Bei den SyHD-Fragen E2_02, E3_14, E4_01, E4_17 stellt die vom Standard abweichende Variante wie mit zwischen 53 und 56 Prozent der akzeptierten Möglichkeiten jeweils sehr deutlich das Hauptmuster dar, wie auch die Karten in (518) bis (521) zeigen. (Die Werte für wie als natürlichste Variante liegen zumeist leicht darüber, aber etwa im gleichen Bereich.) Ähnliche Werte zeigt auch die Komparativfrage in der direkten Erhebung, wo wie 48 Prozent aller ggf. auch auf Nachfrage akzeptierten und sogar 61 Prozent der von den Informanten spontan genannten Varianten ausmacht und damit deutlich über dem Gesamtdurchschnitt von 45 Prozent liegt, vgl. Karte (522), die alle Antworten (nicht nur die spontanen) berücksichtigt. Die Größe der Diagramme in den Karten (518) bis (521) zur indirekten Erhebung ist ikonisch zur Anzahl der mit relevanten Angaben zur jeweiligen Frage ausgefüllten Fragebögen vom jeweiligen Ortspunkt. Bei der direkten Erhebung wurde an jedem Ortspunkt die gleiche Anzahl an Informanten im Interview befragt, so dass die Größe der Diagramme in Karte (522) entsprechend nicht variiert.

292 Vgl. die oben in Fußn. 291 angeführte Äußerung von Informant ZHMFRF_6–7_Hattersheim am Main_ Eddersheim_1. Ähnlich NHTH_12–18_Helsa_Wickenrode_2: als wie auf Nachfrage im Komparativ akzeptiert „aber ich habs mir weitgehend abgewöhnt, entweder wie oder als“; NHTH_14–18_Bad Sooden-Allendorf_ Orferode_4 als wie auf Nachfrage im Komparativ akzeptiert, gibt aber an, es selbst nicht zu verwenden und darauf zu achten, nach Möglichkeit nicht als und wie zusammen zu verwenden, man höre es aber gelegentlich bei Älteren; ZHRF_ 7–8_Frankfurt am Main_Berkersheim_4: als wie auf Nachfrage im Komparativ akzeptiert, hätte man früher schon verwendet und hätte es selbst vor 20 Jahren noch so gesagt.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(518)

311

Komparativanschluss in Thomas ist größer wie/als wie/als/wie dass/ … sein Bruder (Frage E2_02)

312 (519)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativanschluss in Die Tür ist ja breiter wie/als wie/als/als wie dass/… hoch (Frage E3_14)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(520)

313

Komparativanschluss in Susanne kann besser kochen als wie/als wie dass/als/wie/… meine Tante (Frage E4_01)

314 (521)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativanschluss in Sabine macht besseren Kuchen als wie/als wie dass/als/wie/… ihre Schwester (Frage E4_17)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(522)

Komparativanschluss in Das Mädchen ist größer … der Junge (Frage DP_03)

315

316

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Im gesamten Untersuchungsgebiet – sogar in den niederdeutschen (westfälischen und ostfälischen) Dialektgebieten innerhalb Hessens, wo dies gemäß den Aussagen in der Forschungsliteratur eher nicht zu erwarten gewesen wäre – wird die in (523) mit Beispielen aus der SyHD-Erhebung illustrierte Variante wie akzeptiert. Komparativisches wie ist offensichtlich mittlerweile auch in niederdeutschen Dialekten verbreitet. Neben wie, vgl. (523 g), wurde sogar die spezifisch niederdeutsche, von wie etymologisch verschiedene Form des Interrogativums wu/wo/bou von den Informanten in selbst formulierten Alternativen als Komparativpartikel verwendet, vgl. (523 f, h).293 Wie wird an vielen Ortspunkten in Hessen als einzige akzeptable Variante im Komparativvergleich angegeben, insbesondere in einem Streifen nordwestlich bis südöstlich von Gießen, d. h. in Teilen des Zentralhessischen und Übergangsgebieten zum Nordhessischen, Moselfränkischen und Osthessischen, und andererseits im äußersten Süden Hessens, also im Rheinfränkischen. Die Karten zeigen, dass die von Lipold (1983) innerhalb Hessens tentativ angesetzte als-wie-Grenze deutlich weiter westlich verlaufen muss, d. h. dass das wie-Areal größer ist als angenommen. (523)

Komparativ (E2_02) mit wie: a. Dr Thomas ess grieser wej sei Brourer. (Zentralhessisch: Haiger_Offdilln) b.

De Thomas es grisser we sei Brourer. (Zentralhessisch: Waldsolms_Kröffelbach)

c.

De Thomas iss grisser wea sein Brouder. (Zentralhessisch/Osthessisch/Ostfränkisch-Übergangsgebiet: Kefenrod_Hitzkirchen)

d.

Der Thomas is grösser bie sein Bruder. (Osthessisch: Neuhof_Hauswurz)

e.

De Thomas äss gresser be singe Brorer. (Nordhessisch: Oberaula_Oberaula)

f.

Da Thomas is chrötter wu sin Brauer. (Ostfälisch: Oberweser_Heisebeck)

g.

De Thomas is grötter wie sinn Broder. (Westfälisch: Wolfhagen_Istha, Breuna_Breuna)

293 Die Angaben zu den SyHD-Belegen enthalten jeweils neben dem Dialektgebiet die Gemeinde und durch Unterstrich abgetrennt den Ortsteil (vgl. Fleischer/Lenz/Weiß 2017). Zur Etymologie von wie und wu/wo vgl. Kap. 2.2.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

h.

317

De Thomas is grötter bou sien Brouer. (Westfälisch: Diemelstadt_Helmighausen)

Am zweithäufigsten wird in den genannten fünf Fragen in Hessen die dem Standard entsprechende Variante als, vgl. (524), akzeptiert. Ihr Anteil macht hier insgesamt etwa ein knappes Drittel (29 bis 34 Prozent) aus.294 Auch als wird im gesamten Untersuchungsgebiet akzeptiert. Wie auf Grundlage der Forschungsliteratur zu erwarten, liegt der Schwerpunkt dieser Variante in den niederdeutschen Dialektgebieten in Hessen, wie die Karten (518) bis (522) zeigen. Dieses Bild bestätigen auch die niederdeutschen Vergleichsorte außerhalb Hessens in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Doch selbst in den niederdeutschen Varietäten in Hessen wird als nicht mehr ganz ausschließlich oder überwiegend gebraucht. (524)

Komparativ (E2_02) mit als: a. De Thomas is greeßer als soin Brurer. (Rheinfränkisch: Dreieich_Götzenhain) b.

Der Thomas es grisser als sen Brourer. (Zentralhessisch: Waldsolms_Kraftsolms)

c.

Thomas is gröter als sein Brauer. (Ostfälisch: Oberweser_Heisebeck)

d.

De Thomas is grötter as sin Brouer. (Westfälisch: Diemelstadt_Helmighausen)

e.

De Thomas iss grötter or sin Brouder. (Westfälisch: Diemelsee_Ottlar)

f.

De Thomas is grötter orre sien Broer. (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

g.

De Thomas is grötter osse sin Broer. (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

h.

Dei Thomas is grötter asse sin Brauder. (Westfälisch: Willingen_Schwalefeld)

294 In der direkten Erhebung (SyHD-Frage DP_03) zeigt sich wieder eine Differenz zwischen den akzeptierten Varianten, wo als ebenfalls bei 34 Prozent liegt, und den spontanen, wo es ca. 38 Prozent ausmacht.

318

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Die komplexe Vergleichspartikel als wie, vgl. (525), stellt insgesamt die dritthäufigste Variante dar. Sie macht in den Fragen E2_02, E3_14, E4_01 und E4_17 zwischen 10 und 15 Prozent aus. In der direkten Erhebung (DP_03) ergibt sich insgesamt ein ähnlicher Wert, wobei die Differenz zwischen akzeptierten und spontanen Varianten sehr groß ist (Anteil von als wie ca. 18 vs. 1,5 Prozent). Von den Informanten wurde als wie also häufig nicht spontan genannt, aber auf Nachfrage akzeptiert.295 Als wie ist deutlich seltener als die Varianten wie und als. Es ist jedoch im gesamten Untersuchungsgebiet großräumig vertreten. Dabei lassen sich zwei areale Schwerpunkte von als wie ausmachen: zum einen in Nord- und Osthessen entlang der Fulda, d. h. in teilen des Nordhessischen sowie Übergangsbereichen zum Thüringischen und Osthessischen, zum anderen in Zentral- und Südhessen, d. h. in Teilen des Zentralhessischen und Übergangsbereichen zum Moselfränkischen und Rheinfränkischen. Auch in Hessen liegen die Schwerpunkte der Verbreitung von als wie damit nicht primär im Übergangsgebiet eines als- und eines wie-Areals, sondern v. a. innerhalb des wie-Areals, so dass als wie als eigenständiges Muster und nicht bloße durch Überlappung entstandene Mischform betrachtet werden muss, vgl. dazu auch ausführlich Jäger (2013). Dies passt zu dem Ergebnis der historischen Untersuchung, derzufolge als wie aus dem Korrelat als und der Vergleichspartikel wie entstanden ist und auch in diachroner Hinsicht ein eigenständiges Muster und kein zeitliches Überlappungsphänomen der Vergleichspartikeln als und wie darstellt, s. o. Kap. 5.2. (525)

Komparativ (E2_02) mit als wie: a. De Thomas es grisser als wie sein Brourer. (Zentralhessisch: Ulrichstein_Ulrichstein) b.

De Thomas is grösser als be senn Broder. (Osthessisch: Nüsttal_Hofaschenbach)

c.

De Thomas äss gresser, als we senge Brürer. (Nordhessisch: Oberaula_Oberaula)

295 Während in der indirekten Erhebung nur geringe Differenzen zwischen Akzeptanz und Präferenz der einzelnen Varianten bestehen, weichen in der direkten Erhebung die Werte für spontan genannte und auf Nachfragen akzeptierte Varianten relativ stark voneinander ab. In der persönlichen Kommunikation mit dem Interviewer akzeptieren die Informanten möglicherweise, um kooperativ zu sein, häufiger weitere suggerierte Varianten, so dass die direkte Erhebung methodisch nicht ganz unproblematisch ist. Friedli (2012: 254) stellte in seiner Befragung dagegen fest, dass einige Informanten in der schriftlichen Befragung mehr Varianten akzeptierten, einige in der mündlichen.

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

d.

319

Der Thomas es grösser als wie sinn Broder. (Ostfälisch: Espenau_Hohenkirchen)

Die syntaktische Funktion des Tertium Comparationis und die Häufigkeit des Phrasentyps eines phrasalen Vergleichsstandards ist nach den Ergebnissen der SyHD-Erhebungen nicht entscheidend für die Wahl der Vergleichspartikel in Komparativen in den Dialekten Hessens: bei prädikativem (Karten (518), (519) und (522)), attributivem (521) und adverbialem (520) Tertium Comparationis wird der Komparativanschluss praktisch gleich gebildet. Auch zwischen dem frequenteren Typ des NP-förmigen (Karten (518), (520) bis (522)) und dem selteneren Typ des AP-förmigen (519) Vergleichsstandards bestehen keine wesentlichen Unterschiede. Von den Resultaten zu den eben diskutierten fünf Komparativfragen unterscheiden sich jedoch diejenigen zu den drei SyHD-Fragen E3_09, E3_22 und E4_24, vgl. Karten (526) bis (528). In diesen Fällen bildet die Variante als jeweils das Hauptmuster des Komparativanschlusses. Bei den Fragen E3_09 und E3_22 liegen jeweils Satzvergleiche vor, im Fall von E3_09 sogar eine elliptische Satzverschachtelung mit einem Konditionalsatz, also ein komplexer Vergleichssatz. Auf Grundlage dieser Daten lässt sich tentativ schließen, dass der Unterschied zwischen Satz- und Phrasenvergleich ein die Wahl des Komparativanschlusses in den Dialekten in Hessen beeinflussender Faktor ist: Im Phrasenvergleich überwiegt wie, während im Satzvergleich hauptsächlich als verwendet wird. (Gestützter Vergleichsanschluss mit zusätzlicher subordinierender Konjunktion/Komplementierer dass wurde dagegen in den Satzvergleichen praktisch nicht akzeptiert.) Im Gegensatz zur diachronen Entwicklung beim Aufkommen von äquativischem wie, das zunächst auf Satzvergleiche beschränkt war und später auch in Phrasenvergleichen belegt ist (s. o. Kap. 3.2 und 4.2), steht hier die historisch ältere Variante des Komparativanschlusses mit als häufiger im Satzvergleich. Der gestufte diachrone Distributionswandel von äquativischem wie von Satz- zu Phrasenvergleichen vom Mittel- zum Frühneuhochdeutschen lässt sich durch den syntaktischen Reanalyseschritt von einem CP-Element zu einem höheren, sich auch mit bloßen Phrasen verbindenden Element im Rahmen der Grammatikalisierung des modalen Relativums/Interrogativums zur Vergleichspartikel erklären (s. u. Kap. 8.1.2). Die Ausbreitung von bereits zur Vergleichspartikel grammatikalisiertem äquativischem wie auch in die Komparativvergleiche ist dagegen nicht mit einem solchen syntaktischen Reanalyseschritt verbunden. Hier scheint eher die Frequenz eine Rolle zu spielen: Auch Friedli (2012) beobachtet, wie erwähnt, für schweizerdeutsche Varietäten, dass das neu aufkommende komparativische wie zuerst in den frequenteren Phrasenvergleichen verwendet

320 (526)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativanschluss in Wenn es raschelt, ist es besser, … wenn es klimpert (Frage E3_09)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

(527)

321

Komparativanschluss in Maria redet manchmal schneller wie/als wie dass/als wie/als/… sie denken kann (Frage E3_22)

322 (528)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Komparativanschluss in Diesen alten Traktor zu reparieren, das schafft bestimmt kein anderer … mein Sohn (Frage E4_24)

6.1 Komparative in den heutigen Dialekten

323

wird und erst später in den deutlich selteneren Satzvergleichen (ebenso wie es in den frequenteren Phrasenvergleichen mit NP-förmigem Vergleichsstandard früher verwendet wird als in den selteneren z. B. mit AP-förmigem Vergleichsstandard, was sich in den hessischen Daten jedoch so nicht zeigt). Bei Frage E3_22, vgl. Karte (527), ist die Häufigkeit aller drei Varianten als, wie und als wie recht ausgeglichen. Auch als wie wird mit insgesamt 25 Prozent besonders häufig akzeptiert, was daran liegen könnte, dass die Informanten den Satz evtl. als Verschachtelung eines Komparativvergleichs und eines Äquativvergleichs aufgefasst haben könnten. Auffällig hoch ist die Akzeptanz von komparativischem als mit insgesamt 77 Prozent in Frage E3_09, s. Karte (526). Hier könnte die Satzverschachtelung zum längeren Erhalt der Komparativpartikel als und v. a. zur geringeren Akzeptanz von als wie beigetragen haben. In Kombination mit dem konditionalen wenn würde sich hier die besonders komplexe und daher möglicherweise dispräferierte Satzeinleitung als wie wenn ergeben. Die Frage E4_24, vgl. Karte (528), enthält keinen Satz-, sondern einen Phrasenvergleich. Dennoch überwiegt auch hier mit insgesamt 50 Prozent die Variante als gegenüber 36 Prozent wie und 11 Prozent als wie. Möglicherweise wirkt sich hier die besondere Form des Tertium Comparationis aus: Im Unterschied zu allen anderen erhobenen Komparativvergleichen besteht dieses hier nicht aus einem komparierten Adjektiv, sondern aus einem negativen Indefinitum (kein) in Kombination mit anderer.296 Hier zeigt sich auch die Nähe derartiger Komparativvergleiche zu Exzeptivkonstruktionen, insofern die Informanten die jeweilige Vergleichspartikel teilweise durch nur ergänzt haben (als nur/wie nur/als wie nur) oder in vereinzelten Fällen statt einer Konstruktion mit Vergleichspartikel etwa die Präposition außer eingesetzt haben (drei Prozent ‚Sonstiges‘).297 Im Durchschnitt aller Fragen überwiegt bei den Komparativvergleichen in Hessen Vergleichsanschluss mit wie, das praktisch im gesamten Untersuchungsgebiet akzeptiert wird. Daneben werden als und seltener als wie angegeben. In Übereinstimmung mit Weise (1918) und Lipold (1983) und im Unterschied zu den Wenker-Daten und den AdA-Ergebnissen zeigen die SyHDDaten, dass die im frühen Neuhochdeutschen ab ca. 1800 einsetzende allmähliche Ersetzung von als durch wie in den Komparativvergleichen inzwischen in den Dialekten in Hessen schon so weit fortgeschritten ist, dass wie das Hauptmuster bildet. Typisch ist für die meisten Ortspunkte jedoch das Nebeneinander von zwei oder drei Varianten, so dass der Komparativanschluss innerhalb 296 Komparativvergleiche mit negativem Indefinitum und/oder ander-/anders als Tertium Comparationis unterscheiden sich semantisch grundlegend von anderen Komparativvergleichen, insofern hier ähnlich wie in den Nicht-Grad-Äquativen keine übliche Gradsemantik zugrunde liegt, s. o. Kap. 1.4, Fußn. 35. 297 Zum Zusammenhang von negierten Komparativvergleichen und Exzeptivkonstruktion bzw. ‚nur‘ s. o. Fußn. 273.

324

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

von Hessen nicht klar arealbildend ist, sondern eher Schwerpunkte der Distribution verschiedener Varianten erkennbar werden, etwa das deutliche Überwiegen von wie in einem Streifen nordwestlich bis südöstlich von Gießen. In Hessen zeigt sich also ähnlich wie in der deutschsprachigen Schweiz: „Die geographische Verteilung der einzelnen Vergleichspartikeln ergibt ein äusserst komplexes Bild“ (Friedli 2012: 100).

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten Die dialektale Variation der Äquativvergleiche ist im Gegensatz zu der der Komparativvergleiche kaum erforscht, da die Abweichungen vom Standarddeutschen hier insgesamt weniger augenfällig sind. Von den wenigen Untersuchungen und Darstellungen zur dialektalen Variation der Vergleichskonstruktionen beschränken sich die meisten ausschließlich auf Komparativvergleiche, so z. B. Lipold (1983), AdA (2003 ff.), Friedli (2012). Lerch (1942: 369) behauptet sogar, dass in allen Dialekten generell wie als Äquativpartikel verwendet würde. Dies ist jedoch mitnichten der Fall, wenn auch die seit dem 16. Jahrhundert das Hauptmuster des Äquativanschlusses bildende, in (529) illustrierte Variante wie und ihre verschiedenen dialektalen lautlichen Entsprechungen in der Tat das insgesamt häufigste Muster des Äquativanschlusses auch in den heutigen deutschen Dialekten bilden dürfte. Daneben sind jedoch dialektal insbesondere noch die sprachgeschichtlich ältere, vom Mittelhochdeutschen bis ins 16. Jahrhundert das Hauptmuster darstellende Äquativpartikel als und die in Äquativvergleichen aus der Abfolge von Korrelat und Äquativpartikel grammatikalisierte komplexe Vergleichspartikel als wie und ihre verschiedenen lautlichen Entsprechungen gebräuchlich, vgl. (530) und (531). Aber auch weitere Varianten des Vergleichsanschlusses finden sich dialektal in Äquativvergleichen: die teilweise bereits historisch (s. o. Kap. 4.2, 5.2) belegten, durch Kombination des Korrelats bzw. eines Elements mit Identitätssemantik mit einer Äquativpartikel entstandenen komplexen Äquativpartikeln so als,298 gleich als, vgl. (532) und (533), die insbesondere im Mittelhochdeutschen und allmählich zurückgehend bis ins Frühneuhochdeutsche (s. Kap. 3.1, 4.1) als Komparativpartikel belegte, im 15. Jahrhundert aber selten auch bereits äquativisch verwendete (s. Kap. 4.2, Bsp. (266)) und damit diachron offensichtlich auch zur Äquativpartikel gewordene Vergleichspartikel wan oder die ebenfalls als Komparativpartikel verwendete und mögli-

298 Auch Appel (2007: 130) deutet die Entstehung von so als so, dass das so „aus dem Hauptsatz in den Nebensatz hineingezogen“ worden sei.

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

325

cherweise durch Reanalyse aus verkürztem wan > wa fälschlicherweise gebildete Vergleichspartikel was, vgl. (534) und (535).299 Wie bei den Komparativen sind auch bei den Äquativen im Satzvergleich dialektal Kombinationen einer Vergleichspartikel mit einer subordinierenden Konjunktion (Komplementierer) und damit sogenannter gestützter Vergleichsanschluss (Doubly Filled Comp, ähnlich wie Interrogativum + dass oder Relativum + wo)300 sowie sogenannte Komplementiererflexion an der Vergleichspartikel oder der mit dieser kombinierten Konjunktion möglich, vgl. (536) und (537). (Wie im historischen Deutschen für die Äquativpartikeln als und wie zu beobachten, vgl. Kap. 7.3.3, wird auch im Dialekt das entsprechende Lexem parallel verbreitet als Temporalkonjunktion verwendet. Hier hat ähnlich wie in den Äquativen im Lauf der Sprachgeschichte ebenfalls wie das ältere als weitgehend abgelöst.301 Wie bereits seit dem Althochdeutschen (s. Kap. 2.2) und bis ins heutige Standarddeutsche wird wie darüber hinaus auch dialektal als subordinierende Konjunktion (Komplementierer) im Sinn von ‚dass‘ verwendet.)302 299 Alternativ lässt sich die Verwendung von was durch die Nähe der Vergleichssätze zu Relativsätzen erklären, in denen was ebenfalls vorkommt. 300 Auch im Sprachvergleich zeigen Äquative laut Haspelmath/Buchholz (1998: 304 f.) bei satzwertigem Vergleichsstandard häufig dieses Muster mit subordinierender Konjunktion zusätzlich zur Vergleichspartikel, so im Baskischen, Türkischen, Ungarischen, Maltesischen und den keltischen Sprachen. 301 Dies gilt laut Weise (1918: 171, Fußn. 4) insbesondere im mitteldeutschen Sprachraum, vgl. z. B. De Friede is gleich kumma, wie du wag waarscht ‚Die Frieda ist gleich gekommen, als/ nachdem du weg warst‘ (Thüringisch: Coburg, ThWB 973), Wie ich gestern uffn Markt stunn, kam der gerade angelaatscht ‚Als/während ich gestern auf dem Markt stand, kam der gerade angelaufen.‘ (Thüringisch: Hettstedt Großkörner, ThWB 973). Wie nimmt gegenüber als in temporaler Funktion bereits seit dem 18. Jahrhundert zu, vgl. DWB (29: 1491), s. auch Eggs (2006: 432–435), die darauf hinweist, dass nur im Alemannischen statt temporalem wie eher wo gebräuchlich sei. Letzteres ist aber beispielsweise auch in ostmitteldeutschen Varietäten neben temporalem wie verbreitet. Zumindest in bestimmten alemannischen, nämlich schweizerdeutschen Varietäten ist jedoch wie als Temporalkonjunktion ebenfalls geläufig, vgl. Friedli (2012: 63, z. B. Wie’s Sechsi isch, gât er hei ‚Wenn es sechs ist, geht er heim.‘). Auch in niederdeutschen Varietäten wird die spezifisch niederdeutsche Entsprechung von wie, wo/wu/bou etc., temporal verwendet, vgl. De Lüde fröggeren sik, bo se us feingeschmückten Soldaten was söüen. ‚Die Leute freuten sich, wenn sie uns feingeschmückte Soldaten sahen.‘ (Niederdeutsch: Rhoden, nach Martin 1984: 170). Im Hessischen wird das etymologisch von der Vergleichspartikel als (< al-so) verschiedene als (< alles) als temporales Adverb im Sinn von ‚immer, ständig‘ verwendet, wohingegen als Temporalkonjunktion bei Gleich-, Vor- und Nachzeitigkeit ebenfalls wie gebraucht wird, vgl. Hasselberg (1979: 142). 302 Im Dialekt geht die Grammatikalisierung von wie in dieser Funktion z. T. über das aus der Standardsprache Bekannte hinaus, insofern es nicht nur bei Verba Sentiendi auftritt (z. B. Ich hörte, wie [‚dass‘] der Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde.), sondern z. B. auch bei Verba Dicendi, etwa im Schweizerdeutschen (Hodler 1969: 623: Dr Pfarer het gseit, wi-n-es nid guet syg, we

326

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Schließlich betrifft die dialektale Variation in Äquativen nicht nur den Vergleichsanschluss, sondern auch das in Äquativen typische Korrelat. So ist neben lautlichen Entsprechungen der auch im Standarddeutschen üblichen Variante so im Dialekt auch die ursprünglich wie die Äquativpartikel durch adverbiales al- ‚ganz‘ verstärkte Variante also des Korrelats mit verschiedenen lautlichen Entsprechungen wie esoo, aso, asu, äs, as etc., vgl. (529 b), (531 a), (536 b) und (539 b), erhalten geblieben, die historisch seit dem Spätalthochdeutschen und bis ins 17. Jahrhundert häufig belegt war, vom Mittelhochdeutschen bis ins 15. Jahrhundert sogar häufiger als bloßes so, vgl. Kap. 2.2, 3.2, 4.2, 5.2.303 Die Untersuchung der regionalen Variation der Äquativvergleiche und ihrer arealen Verteilung stellt daher ein wichtiges Desiderat der dialektologischen Forschung dar. (529)

Äquativ mit wie: Grad-Äquativ: a. A Flugzeig is genauso deia wiar a Loggomodiv. ‚Ein Flugzeug ist genauso teuer wie eine Lokomotive.‘ (Bairisch, Merkle 1975: 171) b.

Er ies net äs grueß wie Fretz. ‚Er ist nicht so groß wie Fritz.‘ (Thüringisch: Meiningen Wasungen, ThWB 136)

Nicht-Grad-Äquativ: c. I bi dogsessa wia n an armer Sünder. ‚Ich habe dagesessen wie ein armer Sünder.‘ (Südbairisch, Weise 1918: 172)304

me d’Warheit suech z’verbärge ‚Der Pfarrer hat gesagt, dass es nicht gut sei, wenn man die Wahrheit versucht zu verbergen.‘). Ebenfalls als subordinierende Konjunktion (Komplementierer) tritt wie beispielsweise im Bairischen zusätzlich zu Relativpronomen als Relativsatzeinleitung (Relativsatzkomplementierer) auf (Doubly Filled Comp): so das ma do ned iba de norm khema san, de wia se aufgschdaid ham ‚so dass wir da nicht über die Norm gekommen sind, die sie aufgestellt haben‘ (Bairisch, Eroms 2005). 303 Das Modal-/Grad-Demonstrativ ‚so‘ tritt dialektal ebenfalls z. T. noch in Form von also auf, z. B. im Thüringischen: De bruchte üch ju nit äso ze schenge ‚Der brauchte euch ja nicht so zu schinden.‘ (Schmalkalden Brotterode, ThWB 137), Der Pfarre hot asu müsst priädig ‚Der Pfarrer hat so [= ohne Vorbereitung] predigen müssen.‘ (Sonneberg Judenbach, ThWB 137). Auch in schweizerdeutschen Varietäten ist Friedli (2012: 61) zufolge als/as bis heute nicht nur als Äquativpartikel, sondern auch als Korrelat gebräuchlich (as … as). 304 Das auf wia folgende n bzw. r ist ein epenthetische Hiattilger, vgl. auch Bayer/Brandner (2008: 92 f.).

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

(530)

327

Äquativ mit als: Grad-Äquativ: a. buten so still as binnen ‚draußen so still wie drinnen‘ (Niederdeutsch: Mecklenburger Platt, Weise 1918: 170) Nicht-Grad-Äquativ: b. Dor stunn hei as en stock ‚Da stand er wie ein Stock.‘ (Niederdeutsch: Mecklenburger Platt, Weise 1918: 170)

(531)

Äquativ mit als wie: Grad-Äquativ: a. Dei Schweinsbraan schmeggd genau a so fad ais wia dei Schbinad ‚Dein Schweinsbraten schmeckt genau so fade wie dein Spinat.‘ (Bairisch, Merkle 1975: 171) b.

S git ekäi esoo vercheerti Lüüt as wi(e) di gleerte ‚Es gibt keine so verdrehten Leute wie die Gelehrten.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 65)

Nicht-Grad-Äquativ: c. Das es akkerate su als wie bei eich. ‚Das ist akkurat so wie bei euch.‘ (Thüringisch: Rudolstadt, ThWB 136) (532)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit so als: un grawt ehr achter’t Finster in, so as de Fisch secht hett ‚und grabt sie hinter dem Fenster ein, so wie der Fisch gesagt hat‘ (Niederdeutsch, Appel 2007: 130)

(533)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit gleich als: U zletsch sy mer glych als di grosse Lööle dagstange. ‚Und zuletzt haben wir wie die großen Dummköpfe dagestanden.‘ (Schweizerdeutsch: Berndeutsch, Marti 1985: 231)

(534)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wan: Ich bin su starchar wan dû. ‚Ich bin so stark wie du.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 63)

328

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

(535)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit was: so scharf was er is ‚so scharf wie er ist‘ (Bairisch, Weise 1918: 175)

(536)

Äquativ mit gestütztem Vergleichsanschluss (Doubly Filled Comp): Grad-Äquativ: a. D’Sabine laaft so schnej wie dass d’Anna raalfod. ‚Sabine läuft so schnell, wie Anna Rad fährt.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.) Nicht-Grad-Äquativ (zusätzlich mit Komplementiererflexion): b. D’Sabine mochts asoo wie dassd’as du imma gmocht hosd. ‚Sabine machts so, wie du es immer gemacht hast.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.)

(537)

Äquativ mit Komplementiererflexion: Grad-Äquativ: a. D’Resl is genau so groass ois wiest du bisd. ‚Resel ist genau so groß, wie du bist.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.) Nicht-Grad-Äquativ: b. D’Resl lochd genau so ois wiest du lochsd. ‚Resel lacht genau so, wie du lachst.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.)

Überblicksartige Angaben zur dialektalen Variation beim Äquativanschluss und ihrer arealen Verteilung finden sich bislang v. a. in der älteren Einzeldarstellung von Weise (1918). Ihm zufolge wird wie im Mitteldeutschen überwiegend als Einheitsvergleichspartikel und damit auch in Äquativen gebraucht. Auch der Äquativanschluss im Oberdeutschen entspricht mit der Variante wie laut Weise dem Standard. Vereinzelt wird jedoch in den Äquativen (laut Weise sekundär zu den Komparativen) auch als wie verwendet. Hierfür führt Weise Belege aus dem Obersächsischen, Ripuarischen und Bairischen an. Diese widerlegen ebenso wie die im Folgenden diskutierten aktuellen Dialektdaten aus Hessen die oben erwähnte Aussage von Thurmair (2001: 101), dass als wie nur in Komparativvergleichen vorkomme. Weitere dialektale Äquativpartikeln wie wan, was etc. erwähnt Weise nicht. Während in den hochdeutschen Dialekten also überwiegend wie, daneben aber auch als wie als Äquativpartikeln zu finden sind, ist laut Weise (1918) für

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

329

das Niederdeutsche als (bzw. as etc.) typisch, das hier zudem auch noch in Komparativvergleichen und damit ebenfalls als Einheitsvergleichspartikel gebraucht werde. Auch in der neueren Literatur zum Niederdeutschen wird die Äquativpartikel als/as als typisch charakterisiert, vgl. Appel (2007: 125–127), Lindow et al. (1998: 300), Sass (2002: 243, 430). Diese wird sowohl in GradÄquativen als auch in Nicht-Grad-Äquativen verwendet. Dückert (1961: 205, 208, 228) zufolge steht das Niederdeutsche, wo wie bzw. das etymologisch von wie verschiedene niederdeutsche Pendant wu/wo etc. nur interrogativisch und nicht vergleichend verwendet wird (vgl. auch Sass 2002: 233), damit seit mittelhochdeutscher Zeit im Gegensatz zum Hochdeutschen.305 Wie die diachrone Untersuchung (Kap. 3.2) gezeigt hat, beginnt die Verwendung von wie als Äquativpartikel im Mittelhochdeutschen erst ganz vereinzelt. Im Hochdeutschen bildet wie in den Äquativen erst seit dem 16. Jahrhundert das Hauptmuster, vgl. Kap. 4.2, in den Grad-Äquativen sogar erst etwa seit Ende des 18. Jahrhunderts, s. Kap. 5.2. Im Niederdeutschen hätte sich damit der ältere Sprachstand mit äquativischem als, der vom Mittelhochdeutschen bis zum 15. Jahrhundert, in den Grad-Äquativen sogar bis ins 18. Jahrhundert auch im hochdeutschen Sprachraum das Hauptmuster darstellte, erhalten. Teilweise lässt sich der vom 16. bis ins 18. Jahrhundert bestehende Unterschied zwischen Grad-Äquativen mit überwiegendem als und Nicht-GradÄquativen mit überwiegendem wie (s. o. Kap. 4.2, 5.2) ebenfalls im Dialekt noch finden. So wird teilweise in Vergleichen mit Korrelat vorm Tertium Comparationis, d. h. in Grad-Äquativen, als und in solchen ohne Korrelat (Nicht-GradÄquativen) wie als Äquativpartikel verwendet,306 wie in (538) illustriert, vgl. auch DWB (29: 1475).307 (538)

a.

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als/as: sa schlau as e Foáss ‚so schlau wie ein Fuchs‘

305 Zur Etymologie von wie (< urgerm. *hwê ) vs. wo/wu (< urgerm. *hwô ) s. o. Kap. 2.2. 306 Zum Zusammenhang zwischen Vorhandensein oder Fehlen des Korrelats vorm Tertium Comparationis und der Unterscheidung von Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen s. o. Kap. 4.2, die Ausführungen zu (310) bis (312). 307 Auch in bestimmten in Hessen gesprochenen Dialekten deutet sich ein derartiger Unterschied in der Vergleichspartikel je nach Äquativart (Grad-Äquativ vs. Nicht-Grad-Äquativ) an. Er äußert sich beispielsweise in der etwa doppelt so hohen Akzeptanz von äquativischem als im Grad-Äquativ wie im Nicht-Grad-Äquativ im Rahmen der direkten Erhebung oder in einer im Westfälischen z. T. zu beobachtenden Differenzierung zwischen wie im Grad-Äquativ und bou im Nicht-Grad-Äquativ, s. u.

330

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

b.

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit wie: domm wî e Schwîn ‚dumm wie ein Schwein‘ (Niederdeutsch: Ostpreußen, Fischer 1896: 242)

Nicht nur in niederdeutschen Varietäten, sondern teilweise auch im Oberdeutschen, z. B. in schweizerdeutschen Varietäten, hat sich als in Grad-Äquativen (nach Korrelat und Adjektiv) erhalten, vgl. DWB (29: 1475), Weber (1923: § 81). Der von Dückert (1961) hervorgehobene Gegensatz von Niederdeutsch und Hochdeutsch besteht also nicht durchgängig. Dadurch, dass dialektal vielfach die gleiche Partikel in verschiedenen Vergleichsarten gebraucht wird, liegt im Gegensatz zur Standardsprache für Komparativvergleiche und Grad-Äquative und häufig auch zusätzlich für die NichtGrad-Äquative im Dialekt verbreitet eine Einheitsvergleichspartikel vor. Dies ist, wie oben erwähnt, laut Weise (1918), Appel (2007) etc. im Niederdeutschen für als/as der Fall, vgl. (492 b) und (530 a, b), teilweise aber auch im Schweizerdeutschen. Wie (bzw. als wie) wird im Mitteldeutschen, so etwa im Thüringischen, vgl. (493) und (529 b), entgegen Lipold beispielsweise auch bereits im Ripuarischen, vgl. (539),308 und – durch weitere Zunahme der komparativischen Verwendung – entgegen Weise (1918) auch im Oberdeutschen als Einheitsvergleichspartikel verwendet, vgl. zum Bairischen komparativisches und äquativisches wie in (494 a) und (529 a, c) sowie als wie in (494 a), (501 b) und (531 a), in Komparativen und Äquativen auch jeweils mit Komplementiererflexion (als wie-sd) vgl. (502 a) und (537 a, b). Daneben werden offensichtlich auch weitere Vergleichspartikeln ebenso in Komparativen und Äquativen gleichermaßen gebraucht, etwa das in bestimmten schweizerdeutschen Varietäten erhaltene wan, vgl. (496) und (534), oder das u. a. im Bairischen vorkommende was, vgl. (499 a) und (535). (539)

a.

Komparativ: Der Düres es kleiner wie der Ben. ‚Düres ist kleiner als Ben.‘

b.

Äquativ (Grad-Äquativ): Der Toni es esu klein wie et Marie. ‚Toni ist genauso klein wie Marie.‘

308 Auch bei der SyHD-Befragungen im außerhessischen ripuarischen Vergleichsort wurde wie und nicht als als Komparativpartikel angegeben und ist damit als Einheitsvergleichspartikel üblich: De Thoomas is chrößer wie sing Broder. (Ripuarisch: Gummersbach).

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

c.

331

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ): Hä luurt wie e Schof. ‚Er guckt wie ein Schaf.‘ (Ripuarisch, Melani Wratil, p.c.)

Für die Dialekte in Hessen kann als Forschungsstand mit Blick auf die Äquative festgehalten werden, dass laut den Angaben in der Literatur in den hochdeutschen Varietäten typischerweise wie, in den niederdeutschen Varietäten dagegen als als Vergleichspartikel gebräuchlich sein sollte. Zur genaueren Erhebung der Verteilung des Äquativanschlusses in Hessen habe ich vier Fragen formuliert, die im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ (SyHD) in indirekter Erhebung per Fragebogen (Fragen E2_18, E2_24) bzw. in direkter Erhebung per Interview (Fragen DP_9, DP_25) abgefragt wurden, vgl. (540) bis (543). (540)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, ohne Tertium Comparationis, Satzvgl., Bewertungsaufgabe, Frage E2_18): Mach’s doch wie/als wie/wie dass/als wie dass/… der Thomas das immer gemacht hat.

(541)

Äquativ (Grad-Äquativ, prädikatives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, Bewertungsaufgabe, Frage E2_24): Thomas ist so alt als wie/als wie dass/wie/… meine Schwester.

(542)

Äquativ (Grad-Äquativ, prädikatives Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, direkte Erhebung/Interview, Frage DP_09): Das Mädchen ist genauso groß … der Junge.

(543)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, ohne Tertium Comparationis, Phrasenvgl.: NP, direkte Erhebung/Interview, Frage DP_25): Das klingt … eine Glocke.

Für die indirekte Erhebung wurden zwei Bewertungsaufgaben formuliert, die analog zu denen für die Komparativvergleiche dialektal angepasste Vorgaben mit verschiedenen Vergleichsanschlüssen umfassten sowie die Möglichkeit, eine eigene Alternative und die präferierte (natürlichste) Variante anzugeben. In der direkten Erhebung wurden die Informanten gebeten, Satzanfänge auf der Grundlage von entsprechenden Bildern zu vervollständigen. Anschließend wurde nachgefragt, welche anderen als die spontan genannten Varianten akzeptabel seien. Um auch bei der Dialekterhebung beide Haupttypen von Äquativvergleichen zu berücksichtigen und mögliche Unterschiede im Vergleichsanschluss diesbezüglich zu ermitteln, wurden sowohl Grad-Äquative (E2_24, DP_09) als auch Nicht-Grad-Äquative (E2_18, DP_25) abgefragt. Zudem wurde

332

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

hinsichtlich der Satzwertigkeit des Vergleichsstandards variiert, um etwaige Unterschiede zwischen Phrasen- und Satzvergleichen zu erfassen. Tabelle (544) fasst die Ergebnisse für die einzelnen Äquativ-Fragen und im Gesamtdurchschnitt für das ganze Untersuchungsgebiet zusammen. Erwartungsgemäß bildet die dem Standard entsprechende Variante wie (bzw. deren dialektale Entsprechungen wej, bie, bee, wu, bou etc.) insgesamt deutlich das Hauptmuster beim Äquativanschluss in Hessen. Sein Anteil liegt im Durchschnitt bei rund 76 Prozent der akzeptierten und sogar 92 Prozent der spontan genannten oder präferierten Varianten. Mit Bezug auf die Gesamtsumme liegen die Anteile bei 82 bzw. 88 Prozent. Daneben kommen deutlich seltener die vom Standard abweichenden Varianten als wie und zumeist nur marginal als vor. Die Akzeptanz liegt dabei für als wie höher als für als, die Präferenz jeweils deutlich darunter. Die Stufung wie vor als wie vor als gilt dabei sowohl für Grad-Äquative als auch für Nicht-Grad-Äquative, wie auch die Karten (545) bis (548) zeigen. (544)

Äquativanschluss in den Dialekten Hessens (SyHD-Befragung)

Aufgabe

n

als

wie

als wie

wie dass

Sonst.

E2_18 (Nicht-GradÄquativ)

akzeptierte

881

15 (1,7 %)

728 (82,6 %)

59 (6,7 %)

66 (7,5 %)

13 (1,5 %)

natürlichste

737

15 (2 %)

617 (83,7 %)

43 (5,8 %)

51 (6,9 %)

11 (1,5 %)

E2_24 (GradÄquativ)

akzeptierte

886

16 (1,8 %)

785 (88,6 %)

83 (9,4 %)

0 (0 %)

2 (0,2 %)

natürlichste

737

13 (1,7 %)

663 (90 %)

59 (8 %)

0 (0 %)

2 (0,3 %)

DP_09 (GradÄquativ)

akzeptierte

212

35 (16,5 %)

140 (66 %)

37 (17,5 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

spontane

133

3 (2 %)

130 (98 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

DP_25 (Nicht-GradÄquativ)

akzeptierte

216

18 (8,3 %)

141 (65,3 %)

46 (21,3 %)

0 (0 %)

5 (11 %)

spontane

123

1 (1 %)

121 (98 %)

1 (1 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Durchschnitt (%)

akzeptierte

7,1 %

75,6 %

13,7 %

1,9 %

1,7 %

natürl./ spont.

1,7 %

92,4 %

3,7 %

1,7 %

0,5 %

Summe

akzeptierte

2195

84 (4 %)

1794 (82 %)

225 (10 %)

66 (3 %)

26 (1 %)

natürl./ spont.

1730

32 (2 %)

1531 (88 %)

103 (6 %)

51 (3 %)

13 (1 %)

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

(545)

333

Äquativanschluss (Nicht-Grad-Äquativ) Mach’s doch wie/als wie/wie dass … der Thomas das immer gemacht hat (Frage E2_18)

334 (546)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Äquativanschluss (Grad-Äquativ) Thomas ist so alt wie/als wie/… meine Schwester (Frage E2_24)

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

(547)

335

Äquativanschluss (Grad-Äquativ) Das Mädchen ist genauso groß … der Junge (Frage DP_09)

336 (548)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Äquativanschluss (Nicht-Grad-Äquativ) Das klingt … eine Glocke (Frage DP_25)

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

337

Die Karten zeigen, dass in allen Äquativarten die Variante wie, vgl. (549) und (550), im gesamten Untersuchungsgebiet vertreten ist. Unterschiede in der Häufigkeit der Verwendung von wie zeigen sich v. a. zwischen der indirekten und der direkten Erhebung. Insgesamt liegt der Anteil von wie in der indirekten Erhebung bei über 80 Prozent der akzeptierten Varianten (83 bzw. 89 Prozent), in der direkten Erhebung dagegen mit ca. einem Drittel (66 bzw. 65 Prozent) geringer. An den meisten Ortspunkten stellt wie das einzige akzeptierte Muster beim Äquativanschluss dar. Dies gilt sogar für die allermeisten niederdeutschen Orte in Hessen. Entgegen den Aussagen in der Forschungsliteratur ist wie, vgl. (549 c) und (550 b), bzw. sogar dessen etymologisch verschiedene spezifisch niederdeutsche Entsprechung wu/bou, vgl. (549 d) und (550 c), auch in niederdeutschen Varietäten neben oder sogar statt der älteren Variante als (as, asse, osse etc.) inzwischen als Äquativpartikel gebräuchlich – in den westund insbesondere ostfälischen Varietäten in Hessen bereits überwiegend, und auch in den Vergleichsorten in Nordrheinwestfalen und Niedersachsen wurde teilweise oder sogar ausschließlich diese Variante akzeptiert. Damit kann als mittlerweile nicht mehr ganz so eindeutig als Einheitsvergleichspartikel zumindest in diesen Bereichen des Niederdeutschen charakterisiert werden. Eine interessante Forschungsfrage, die sich aus der vorliegenden Untersuchung ergibt, wäre somit, in weitergehenden Untersuchungen zum Niederdeutschen zu klären, inwieweit dieser Befund auch für andere niederdeutsche Varietäten zutrifft. (549)

(550)

Äquativ (Grad-Äquativ, E2_24) mit wie: a. Der Thomas ess su ahlt wej mei Schwester. (Zentralhessisch: Haiger_Offdilln) b.

Thomas es grod so aalt bie meng Schwester. (Nordhessisch: Schrecksbach_Schrecksbach)

c.

De Thomas is so ollt wie mine Schwaster. (Ostfälisch: Trendelburg_Deisel)

d.

Da Thomas is sau oold wu meine Schwester. (Ostfälisch: Oberweser_Heisebeck)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, E2_18) mit wie: a. Mach’s doch, wej der Thomas doas immer gemoacht hot. (Zentralhessisch: Usingen_Eschbach) b.

Mok doch, wie Thomas dat ümmer moket hett. (Ostfälisch: Oberweser_Heisebeck)

c.

Maket djoch, bou de Thomas dat jümmer macht hiät. (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

338

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Die Variante des Äquativanschlusses mit der vom heutigen standarddeutschen Muster abweichenden Vergleichspartikel als (as, os, osse etc.), vgl. (551) und (552), ist jedoch in der Tat im Niederdeutschen nachzuweisen und innerhalb Hessens in den Ergebnissen der indirekten Erhebung auf einen Teil des niederdeutschen Sprachgebiets, das Westfälische, beschränkt, wo sie nur an zwei bis drei Ortspunkten angegeben wurde. Die Äquativpartikel als ist mit insgesamt zwei Prozent in der indirekten Erhebung in Hessen nur marginal vertreten. In der direkten Erhebung nannten die Informanten ebenfalls nur an ein bis zwei Ortspunkten im westfälischen Sprachgebiet innerhalb Hessens spontan als in Äquativvergleichen. Auf Nachfrage des Explorators hin akzeptierten jedoch einige Informanten auch südlicher bis ins Zentralhessische und Rheinfränkische hinein diese Variante.309 Hier zeigt sich die bereits oben (s. Fußn. 295) im Zusammenhang mit komparativischem als wie angesprochene methodische Problematik direkter Erhebung, indem Informanten spontan und im Fragebogen nicht akzeptierte Varianten auf Nachfrage des Explorators hin doch akzeptieren, möglicherweise um kooperativ zu sein. Bemerkenswert ist in der direkten Erhebung der Unterschied der Akzeptanz des als in den verschiedenen Äquativarten, vgl. die Angaben zu DP_09 und DP_25 in (544). Sie liegt im GradÄquativ, vgl. auch Karte (547), mit hessenweit 16,5 Prozent doppelt so hoch wie im Nicht-Grad-Äquativ, vgl. auch Karte (548), mit insgesamt acht Prozent. In den Ergebnissen der direkten Erhebung klingt damit dialektal bemerkenswerterweise noch heute der fürs 16. bis 18. Jahrhundert (s. o. Kap. 4.2, 5.2) beobachtete Unterschied von wie in den Nicht-Grad-Äquativen und als in Grad-Äquativen an. (551)

Äquativ (Grad-Äquativ, E2_24) mit als: a. De Thomas is sau alt asse minne Schwaester. (Westfälisch: Willingen_Schwalefeld) b.

(552)

De Thomas is so alt osse/orre mine Schwester (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, E2_18) mit als: a. Maket di’och so, osse datt de Thomas re jümmer macht jet. (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden) b.

Maket doch sau, asse Thomas dat ümme e'macht hiät. (Westfälisch: Willingen_Schwalefeld)

309 Teilweise lehnen sogar Informanten in metasprachlichen Äußerungen auch in den mitteldeutschen Varietäten explizit wie im Äquativ ab. So akzeptiert Informant ZHOHOF_12–9_Sinntal_Neuengronau_1 auf Nachfrage als im Äquativ (Frage DP_09) und äußert sich zusammen mit einer weiteren Person: „aber das bi kommt da nicht mehr hin“, „nä da nicht mehr“.

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

339

Neben dem ganz überwiegenden wie und dem nur punktuell, vor allem im Norden auftretenden als wird als insgesamt zweithäufigste Variante in Äquativvergleichen als wie wie in (553) und (554) akzeptiert. Es ist zwar deutlich seltener belegt als wie, ist aber im Unterschied zu als im Untersuchungsgebiet recht großräumig vertreten: In der indirekten Erhebung liegt der Anteil bei insgesamt sieben bzw. neun Prozent, in der direkten Erhebung um 20 Prozent (17,5 bzw. 21 Prozent), wobei es hier praktisch nur auf Nachfrage als mögliches Muster angegeben und fast nie spontan genannt wurde. Metasprachliche Äußerungen der Informanten deuten auf normativen Einfluss der Standardsprache gegen die Variante als wie hin.310 Wie bei den Komparativvergleichen zeichnen sich zwei areale Schwerpunkte von als wie in Nord-/Osthessen einerseits und in Zentral-/Südhessen andererseits ab. In diesen Gebieten wird als wie damit vielfach als Einheitsvergleichspartikel in Komparativ- und Äquativvergleichen gebraucht, vgl. (525 b)/(553 b) zum Osthessischen und (566) zum Zentralhessischen. Die Daten aus der Dialekterhebung widerlegen insgesamt die oben angesprochenen Aussagen in der Literatur (Thurmair 2001 etc.), dass als wie nur in Komparativvergleichen vorkomme. Sie bestätigen vielmehr Weises (1918) Befund, dass als wie dialektal in Äquativen gebraucht wird, auch für die in Hessen gesprochenen Varietäten. Die als-wie-Areale zeigen dabei in den verschiedenen Vergleichsarten eine Staffelung, die die auf den Merkmalen [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] beruhende Hierarchie der Vergleichsarten mit Grad-Äquativen in einer Mittelstellung zwischen Nicht-Grad-Äquativen und Komparativvergleichen (s. Kap. 1.4) widerspiegelt. Größere Markiertheit gemäß dieser Hierarchie entspricht größeren Arealgrenzen: Die als-wie-Areale fallen in den Komparativvergleichen am größten aus,311 in den Grad-Äquativen etwas kleiner und am wenigsten umfangreich in den Nicht-Grad-Äquativen, vgl. dazu ausführlich Jäger (2013). Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass in der direkten Erhebung als spontane Angabe in Äquativen nahezu kein als wie genannt wurde, mag auch der irrtümliche Eindruck zu erklären sein, dass als wie dialektal nur in Komparativvergleichen verwendet werde. Tatsächlich akzeptieren die Informanten als wie jedoch großräumig auch in Äquativen. Interessant ist, dass die dreistufige, der Markiertheitshierarchie entsprechende Staffelung sich auch in

310 Verschiedene Informanten weisen auf rezenten Sprachwandel hin. Auf Nachfrage zur Variante als wie gibt ZHRF_7–8_Frankfurt am Main_Berkersheim_4 an, „Hat man früher sicher gesagt, aber ich würde es so nicht sagen.“ (DP_09) und „Hätte man vielleicht vor 20 Jahren noch gesagt.“ (DP_25). ZHRF_10–8_Biebergemünd_ Lanzingen_2 äußert: „ich glaub das als wie war bei uns ma dabei“ (DP_09). 311 Nur das zentrale wie-Areal um Gießen ist ausgespart.

340

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

der diachronen Entwicklung findet, das größte Areal jedoch nicht der ältesten Variante, sondern vielmehr der jüngsten Variante und das kleinste der ältesten Variante entspricht, da die historischen Korpusdaten zeigen, dass als wie diachron in den Nicht-Grad-Äquativen entstanden ist (s. o. Kap. 5.2) und sich dann auf die Grad-Äquative und Komparativvergleiche distributionell ausgedehnt hat, nachdem hier zuvor schon längere Zeit wie üblich war, das in Hessen ja insgesamt in allen Vergleichsarten das Hauptmuster bildet. (553)

Äquativ (Grad-Äquativ, E2_24) mit als wie: a. Dr Thomas es so aalt als wie minne Schwester. (Nordhessisch: Edertal_Hemfurth) b.

(554)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, E2_18) mit als wie: a. Mach’s doch, als wie des de Thomas immer gemoacht hot. (Zentralhessisch-Rheinfränkisch: Biebergemünd_Lanzingen) b.

(555)

De Thomas es so aalt als be mie Schwäster. (Osthessisch: Nüsttal_Hofaschenbach)

Mach’s doch als be daas de Thomas ömmer gemaocht haot. (Osthessisch: Hilders_Simmershausen)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ, E2_18) mit wie dass: Mach’s doch, bie doss de Thomas dos immer gemoat hodd. (Osthessisch: Fulda_Kämmerzell)

Eine weitere Variante des Äquativanschlusses wurde von den Informanten nur im äquativischen Satzvergleich E2_18 gelegentlich (zu 7,5 Prozent) akzeptiert, nämlich gestützter Vergleichsanschluss mit wie dass, vgl. (555). Dass eine solche Variante mit Kombination der Vergleichspartikel mit einer subordinierenden Konjunktion (Komplementierer) allenfalls in Satzvergleichen auftritt, ist aus der Untersuchung von Friedli (2012) zu schweizerdeutschen Varietäten bekannt. Möglicherweise ist die gelegentliche Akzeptanz von wie dass im vorliegenden Fall jedoch durch Interferenzen mit dem Objektpronomen das zu erklären (Mach es doch, wie der Thomas das immer gemacht hat.), zumal die Informanten in den selbst formulierten Alternativen das Objektpronomen häufig im Unterschied zur Vorgabe in die Wackernagel-Position vor das Subjekt umstellen (…, wie das der Thomas immer gemacht hat). Die Tatsache, dass gestützter Satzanschluss in selbst formulierten Alternativen zu diesem Satz nie auftaucht und auch im komparativischen Satzvergleich E3_22 praktisch nicht akzeptiert wurde, spricht eher dafür, dass diese Variante in den Dialekten in

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

341

Hessen im Gegensatz zu bestimmten schweizerdeutschen Varietäten (vgl. Friedli 2012) eher untypisch ist. Ergänzend zu den Vergleichskonstruktionen wurde im Rahmen der SyHDErhebung auch die Gradfrage Wie/bu/… alt bist du? (DP_21) abgefragt, vgl. die Karte in (556). In der Literatur zum Niederdeutschen wird wie erwähnt wiederholt auf den im Gegensatz zum Hochdeutschen bestehenden Unterschied zwischen Interrogativum (wu/wo) einerseits und komparativischer sowie äquativischer Vergleichspartikel (als/as) andererseits hingewiesen (Weise 1918, Dückert 1961, Lindow et al. 1998, Appel 2007 etc.). In Hessen wird in der Gradfrage fast ausschließlich die Variante wie (incl. lautlichen Entsprechungen wie wej, we, bie etc.) akzeptiert (96,5 Prozent), die zumeist formal identisch mit der in Komparativen und Äquativen das Hauptmuster bildenden Vergleichspartikel ist, vgl. (557) bis (559). Das heißt, hier stimmt nicht nur die grundsätzliche Variante überein, unter die wie oben verschiedene lautliche Formen subsumiert werden können, sondern die konkrete lautliche dialektale Form ist jeweils identisch. Dies gilt entgegen dem gemäß der Literatur zu Erwartenden aber auch in den ost- und westfälischen Dialektgebieten innerhalb Hessens, d. h. einem Teilbereich des Niederdeutschen, vgl. (559). Dagegen ist für einige wenige Ortspunkte im Westfälischen in der Tat die beschriebene Unterscheidung von interrogativischem bu/bou (lautliche Variante von wu/wo) einerseits und äquativischem und komparativischem as/asse/osse bzw. seltener wie andererseits zu konstatieren, vgl. (560). Eine ähnliche Verteilung liegt in (561) mit interrogativischem wie (bie) und Einheitsvergleichspartikel als (asse) vor. Jedoch zeigt sich auch hier wieder, dass das Bild des Niederdeutschen komplexer und variationsreicher ist. So wird beispielsweise auch, wie in (562) illustriert, zwar erwartungsgemäß bu im Gradinterrogativ und als im Komparativ angegeben, in den Äquativen aber jeweils wie verwendet, so dass hier eine dreifache formale Differenzierung zwischen interrogativischem ‚wie‘ (bu), äquativischem ‚wie‘ (wie) und komparativischem ‚als‘ (als/ore) vorliegt. Zudem deutet sich hier und da eine Differenzierung von bou in Fragen und NichtGrad-Äquativen vs. wie in Grad-Äquativen an, d. h. unterschiedliche Partikelwahl für die beiden Äquativarten, vgl. (565). Ähnliche Distributionsmuster finden sich jedoch, wenn man nicht die Variante, sondern die konkrete lautliche Form betrachtet, nicht nur in niederdeutschen, sondern auch in hochdeutschen Dialekten in Hessen, vgl. die Differenzierung zwischen interrogativischem bie und Einheitsvergleichspartikel wie im nordhessisch-osthessischen Übergangsgebiet in (563) oder zwischen bie in Frage und Nicht-Grad-Äquativ vs. wie in Grad-Äquativ und Komparativ, die in mehreren osthessischen Ortspunkten angegeben wurde, vgl. (564). (Es handelt sich um die spontanen Antworten des jeweils gleichen Informanten in der

342 (556)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Interrogativadverb im Gradinterrogativ … alt bist du? (Frage DP_21)

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

343

direkten Erhebung.) Auch in hochdeutschen Dialekten stimmen interrogativisches und vergleichendes wie also nicht immer formal überein oder wird ggf. zwischen wie in Nicht-Grad-Äquativen und in Grad-Äquativen formal differenziert – ein Variationsbereich, der ebenfalls in der dialektologischen Forschung bislang kaum Beachtung gefunden hat. (557)

(558)

(559)

Gleiche Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ/Gradinterrogativ: a. Komparativ mit wie (wei) (DP_03): Das madche es grieser wei der bub. b.

Grad-Äquativ mit wie (wei) (DP_09): Das madche es genausu grus wei der bub.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (wei) (DP_25): Ui, das klingt wei e glock.

d.

Gradinterrogativ mit wie (wei) (DP_21): Wei ahlt best dou? (Zentralhessisch: Butzbach_Kirch-Göns)

Gleiche Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ/Gradinterrogativ: a. Komparativ mit wie (bi) (DP_03): Das mäje is grössa bi da jung. b.

Grad-Äquativ mit wie (bi) (DP_09): Das mäje is genauso groß bi de jung.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (bi) (DP_25): Oh, das klengt schö, höat sich oo bi e glock

d.

Gradinterrogativ mit wie (bi) (DP_21): Pedo, bi aald bis-du de? (Osthessisch: Nüsttal_Hofaschenbach)

Gleiche Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ/Gradinterrogativ: a. Komparativ mit wie (DP_03): Dat meeken is grötter wie der junge. b.

Grad-Äquativ mit wie (DP_09): Dat meeken is genauso graut wie de junge.

344

(560)

(561)

(562)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (DP_25): Ou, dat klinget wie ene glocke.

d.

Gradinterrogativ mit wie (DP_21): Wie alt bist du dann? (Westfälisch: Diemelsee_Rhenegge)

Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ vs. Gradinterrogativ: a. Komparativ mit als (asse) (DP_03): Dat meken is gröttr asse de junge. b.

Grad-Äquativ mit als (asse) (DP_09): Dat meken is genauso graut asse de junge.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit als (asse) (DP_25): Ou, dat klinget asse ene glocke.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bu) (DP_21): (Westfälisch: Willingen_Schwalefeld) Bu ahlt bis-dou?

Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ vs. Gradinterrogativ: a. Komparativ mit als (asse) (DP_03): Dat mäken is grötter asse der junge. b.

Grad-Äquativ mit als (asse) (DP_09): Dat maken is genau so graut asse de junge.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit als (asse) (DP_25): O, dat klinget asse ne glocke.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bi) (DP_21): Pedr, saach mir mol bi ahlt dat de bist. (Westfälisch: Willingen_Willingen)

Partikel in Komparativ vs. Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ vs. Gradinterrogativ: a. Komparativ mit als (ore) (DP_03): Dat mäken is grötter ore de junge. b.

Grad-Äquativ mit wie (DP_09): Dat mäken is genauso graut wie de junge.

6.2 Äquative in den heutigen Dialekten

(563)

(564)

(565)

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (DP_25): O, dat klinget wie ne glocke.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bu) (DP_21): Peter bu ahlt bist du? (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

345

Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ vs. Gradinterrogativ: a. Komparativ mit wie (wii) (DP_03): Es marje is grüssa wii da jung. b.

Grad-Äquativ mit wie (wii) (DP_09): Ds maje is genauso groß wii da jung.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (wii) (DP_25): O, des klingt wii e glock.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bii) (DP_21): Bii oolt bis-du dann? (Nordhessisch-Osthessisch: Hauneck_Rotensee)

Partikel in Komparativ/Grad-Äquativ vs. Nicht-Grad-Äquativ/Gradinterrogativ: a. Komparativ mit wie (wi) (DP_03): Das maje is grössa wi de jung. b.

Grad-Äquativ mit wie (wi) (DP_09): Das maje is genauso groß wi da jong.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (bi) (DP_25): O, das klingt bi e klock.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bi) (DP_21): Bi aal bis-du? (Osthessisch: Hünfeld_Michelsrombach)

Partikel in Komparativ vs. Grad-Äquativ vs. Nicht-Grad-Äquativ/Gradinterrogativ: a. Komparativ mit als (DP_03): Dat meken is grötter als de junge. b.

Grad-Äquativ mit wie (DP_09): Dat meken is genaouso graut wie der junge.

346

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie (bou) (DP_25): Ou, dat klinget je bou ne glocke.

d.

Gradinterrogativ mit wie (bou) (DP_21): Bou alt bist du dann? (Westfälisch: Diemelsee_Adorf)

Zusammenfassend lässt sich für den Äquativanschluss in Hessen festhalten, dass bei deutlichem Überwiegen der dem Standard-Muster entsprechenden Variante wie (mit ihren jeweiligen lautlichen Entsprechungen) auch Abweichungen vom Standard insbesondere in Form der Variante als wie, nur punktuell auch als (und evtl. wie dass) zu konstatieren sind. Damit wird in Hessen in allen Vergleichsarten überwiegend wie verwendet, das in Übereinstimmung mit der Aussage von Weise (1918) zumeist als Einheitsvergleichspartikel fungiert, vgl. (557), (558), (559), (563), (566) etc., was seltener auch für als wie, vgl. (525 b)/(553 b), (566), und nur an vereinzelten niederdeutschen Ortspunkten für als gilt, vgl. (560) und (561). (566)

Gleiche Partikel (Einheitsvergleichspartikel) in Komparativ/Grad-Äquativ/Nicht-Grad-Äquativ: a. Komparativ mit wie/als wie (E2_02): Der Thomas is gresser {wej / als wej} sei Brourer. b.

Grad-Äquativ mit wie/als wie (E2_24): Der Thomas is so ahlt {wej / als wej} meine Schwester.

c.

Nicht-Grad-Äquativ mit wie/als wie (E2_18): Mach’s doch, {wej / als wej} der Thomas doas immer gemacht hot. (Zentralhessisch: Grävenwiesbach_Naunstadt)312

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten Hypothetische Vergleiche sind dialektal bisher so gut wie gar nicht dezidiert erforscht worden. Einzeldarstellungen zu Vergleichen im Dialekt wie Weise (1918), Lipold (1983) oder Friedli (2012) etc. behandeln diese Vergleichsart nicht explizit. Im Rahmen der Wenker-Befragungen Ende des 19. Jahrhunderts wurde aber auch eine Konstruktion mit hypothetischem Vergleich zur Übersetzung in

312 Hierbei handelt es sich um von den Informanten als in ihrem Dialekt möglich angekreuzte, in dialektisierter Form vorgegebene Formulierungen aus dem Fragebogen.

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten

347

den Dialekt vorgegeben: Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt; sie haben es aber selbst getan (Satz 20). Zudem finden sich in Dialektgrammatiken oder -wörterbüchern einzelne Belege für hypothetische Vergleiche. Demzufolge kommen dialektale Entsprechungen der auch standarddeutsch möglichen Varianten als mit Verberstsatz (V1), als ob, als wenn und wie wenn in hypothetischen Vergleichen vor, vgl. (567) bis (570). Darüber hinaus sind jedoch auch vom Standard abweichende Varianten belegt, etwa dreigliedrige Vergleichsanschlüsse wie wie als wenn oder als wie wenn, vgl. (571), zum anderen die in bestimmten Varietäten erhaltene, auf ahd. (so) sama so, mhd. (al-)sam (s. o. Kap. 2.2, 2.3, 3.2, 3.3) zurückzuführenden ebenfalls komplexen Vergleichspartikeln sam als/als sam, vgl. (572), zudem die ja auch in Komparativen und Äquativen dialektal gut belegte komplexe Vergleichspartikel als wie, vgl. (573), aber auch bloßes wenn oder wie mit Verbendsatz, vgl. (574) und (575), und schließlich sogar die im Standard ebenfalls ungrammatische Variante wie mit Verberstsatz, vgl. (576). (567)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1: Hä lach due, es wär e tuet. ‚Er lag da, als wäre er tot.‘ (Thüringisch: Meiningen Wasungen, ThWB 137)

(568)

Hypothetischer Vergleich mit als ob: Ar mochte n Gesichte, al ob ar enn frasse wol. ‚Er machte ein Gesicht, als ob er ihn fressen wollte.‘ (Thüringisch: Schmölln Gößnitz, ThWB 137)

(569)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn: a. Ar stampfte in dr Stobe rim, al wenn’s ehn an de Beene fror. ‚Er stampfte in der Stube herum, als wenn es ihn an den Beinen fror.‘ (Thüringisch: Schmölln Gößnitz, ThWB 137) b.

(570)

Hä tuet so, es bann e miech net verstunn. ‚Er tut so, als wenn er mich nicht verstünde.‘ (Thüringisch: Meiningen Wasungen, ThWB 137)

Hypothetischer Vergleich mit wie wenn: A tut, wie wenn na wur weß wieviel drao liegt. ‚Er tut, wie wenn ihm wer weiß wieviel daran liegt.‘ (Thüringisch: Sonneberg Steinach, ThWB 973)

348

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

(571)

Hypothetischer Vergleich mit als wie wenn: Er locht, als wia wenn er nimmr aufhearn kannt. ‚Er lacht, als ob er nicht mehr aufhören könnte.‘ (Bairisch, Alber 1994: 19)

(572)

Hypothetischer Vergleich mit sam als bzw. als sam: Er haut se weite niet gröiet, {sam als / als sam} er hiäts niet ghäiet ‚Er hat sie weiter nicht gegrüßt, als ob er es nicht gehört hätte‘ (Egerländisch, Weise 1918: 174)

(573)

Hypothetischer Vergleich mit als wie: Ar hett so tho, aß wia-s-na zom drescha bschdelld hatta ‚Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt‘ (Elsässisch: Baltzenheim, Kreis Colmar, Wenker-Satz 20, Bogen Nr. 36873)

(574)

Hypothetischer Vergleich mit wenn: Ere hot grod sua geton, wenn se ihn zum draschn geholt hättn ‚Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt‘ (Schlesisch/Nordmährisch: Platzsch (Plece), Region Mährisch-Schönberg (Šumperk), Wenker-Satz 20, Bogen Nr. 16860)

(575)

Hypothetischer Vergleich mit wie: Er macht so, wia si na züam drescha beschtellt hatta ‚Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt‘ (Elsässisch: Appenweier (Appenwihr), Kreis Colmar, Wenker-Satz 20, Bogen Nr. 36090)

(576)

Hypothetischer Vergleich mit wie + V1: De Vader dirmeld (so) wie häd er gesuf ‚Der Vater taumelt (so), als ob er gesoffen hätte.‘ (Saarbrücker Mundart, Steitz 1981: 331)

Die Wenker-Daten aus dem späten 19. Jahrhundert gewähren einen frühen Überblick über die areale Verteilung verschiedener Vergleichsanschlüsse im hypothetischen Vergleich. Auch wenn es Wenker primär um lautliche Varianten gleicher Lexeme ging, gaben die Informanten doch bisweilen statt dialektalen Entsprechungen des standardsprachlich vorgegebenen Musters – in Satz 20 als und Verberstsatz (… als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt) – auch andere Varianten des Vergleichsanschlusses an. Die auf Grundlage dieser Daten für eine Auswahl von Ortspunkten im Rahmen des Projekts „Morphosyntaktische

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten

349

Auswertung von Wenkersätzen“ erstellte Karte in (577) zeigt die areale Verteilung dieser Varianten.313 (577)

Hypothetischer Vergleich Er tat so, als hätten sie ihn zum Dreschen bestellt. (Wenker-Satz 20)

313 Herzlichen Dank an Stephanie Leser-Cronau und Jürg Fleischer für die Erstellung dieser Karte.

350

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Insgesamt überwiegt das in der standardsprachlichen Vorgabe enthaltene Muster mit als und Verberstsatz, das im gesamten untersuchten deutschen Sprachraum akzeptiert wurde. Abweichungen von der Vorgabe, die teils ebenfalls standardsprachlich akzeptabel wären, zeigen sich v. a. im Oberdeutschen, aber auch darüber hinaus. Insbesondere im Oberdeutschen, aber auch im Mittelund Niederdeutschen, wird vielfach die Variante als wenn angegeben. Ebenfalls in weiten Teilen des Oberdeutschen und teilweise darüber hinaus findet sich wie wenn, v. a. im Ostoberdeutschen wird mehrfach als wie wenn angegeben, und auch als ob wird verstreut, vor allem im Oberdeutschen, genannt. In punktuellen Einzelnennungen treten weitere Varianten wie als wie und v. a. im Schweizerdeutschen wie oder uneingeleiteter Verbzweit-Nebensatz etc. auf.314 Für Hessen zeigt die Karte neben der bei Weitem überwiegenden Variante als mit Verberstsatz in Nordhessen vereinzelt als wenn sowie seltener wie wenn, das auch in Südhessen auftritt. Weitere Angaben zur arealen Verteilung des Vergleichsanschlusses in hypothetischen Vergleichen, allerdings für ein deutlich kleineres Untersuchungsgebiet finden sich rund 70 Jahre nach der Wenker-Befragung bei Sperschneider (1959), der direkte Erhebungen zur Dialektsyntax im Thüringer Wald durchgeführt und in diesem Zusammenhang auch den Satz Er tut so, als ob er das Pulver erfunden hätte. (Satz 17a von insgesamt 48 Sätzen) abgefragt hat. Er stellt ein Überwiegen von als wenn (neben als + V1, als ob, selten als wie wenn, wie wenn) im nordwestlichen Thüringer Wald fest und ein Überwiegen von wie wenn (neben als wenn, als + V1, als ob, selten als wie wenn) im Südosten seines Untersuchungsgebiets. Zu hypothetischen Vergleichen in den Dialekten Hessens finden sich Aussagen beispielsweise bei Wegera (1977: 219). Ihm zufolge werden im Osthessischen hypothetische Vergleiche mit den Varianten wie wenn (be ban), als wenn (alds ban) oder als ob (alds ob) eingeleitet. Zum Mittelhessischen gibt Hasselberg (1979: 143) an, dass ‚als ob‘ in diesem Dialektgebiet als wie wenn (wie wan) realisiert wird. Für die waldeckisch-hessische Mundart, eine in Hessen gesprochene niederdeutsche (westfälische) Varietät, bringt Martin (1984: 54 f.) den in (578) angeführten Beleg mit als wenn (orr wann).

314 Hypothetischer Vergleich mit uneingeleitetem Verbzweitsatz (ohne Vergleichspartikel): Är het dergliche ta, si heigenä zuom Tröschä bschtellt; abr si heis sälbr gmacht. – wörtl. ‚Er hat dergleichen (‚so‘) getan, sie hätten ihn zum Dreschen bestellt, aber sie haben es selber gemacht.‘ (Schweizerdeutsch: Schüpfheim, Kreis Entlebuch, Wenker-Satz 20, Bogen Nr. 45784). Unter Sonstiges sind Einzelbelege folgender weiterer Varianten zusammengefasst: ob + Ve/V1, als wie + V1, als + Ve, wenn + Ve/V1, so wie wenn + Ve, so wie + V1, dass + Ve, wie als + Ve.

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten

(578)

351

Hypothetischer Vergleich mit als wenn (orr wann): Unse gudde Frugge schtund da, orr wann se am Rentmäistere siinem Verstande twiiwelde ‚Unsere gute Frau stand da, als wenn sie am Reintmeister seinem Verstand zweifelte.‘ (Westfälisch: Sudeck/Waldeck, Martin 1984: 54 f.)

Im Rahmen des Projekts „Syntax Hessischer Dialekte“ wurden zwei hypothetische Vergleiche in sogenannten Pretests, d. h. mit einem kleineren Informantensample durchgeführten Vorabbefragungen, erhoben. Da die Daten keine größeren Abweichungen bzgl. der möglichen Varianten von den auch im Standarddeutschen grundsätzlich möglichen Varianten ergaben, wurden diese Fragen nicht in eine der Haupterhebungen einbezogen und kartiert. Dennoch sind die Ergebnisse im vorliegenden Zusammenhang aussagekräftig. Die beiden in indirekter Befragung per Bewertungsaufgabe wiederum mit der Möglichkeit der Angabe eigener Alternativen erhobenen hypothetischen Vergleiche sind in (579) und (580) angegeben. In den ankreuzbaren dialektisierten Vorgaben wurden bewusst auch vom Standard deutlich abweichende Vergleichsanschlüsse suggeriert, um die Variation möglichst breit und nicht nur im Hinblick auf die bereits aus dem Standard bekannten Varianten zu erfassen. (579)

Hypothetischer Vergleich (Bewertungsaufgabe, Frage Pt-E2_A_14): Du siehst aus, wie als hättest du letzte Nacht nicht geschlafen / wie wenn/ als wie dass/als ob/… du letzte Nacht nicht geschlafen hättest.

(580)

Hypothetischer Vergleich (Bewertungsaufgabe, Frage Pt-E2_B_21): Sie tut ja so, als würde sie mich nicht kennen / als wenn/wie ob/… sie mich nicht kennt.

Die Ergebnisse zur erstgenannten Frage zeigt die Tabelle in (581). Das Hauptmuster stellt im Gesamtdurchschnitt mit reichlich 54 Prozent bzw. reichlich 58 Prozent der Summe der Antworten die Variante als ob mit ihren jeweiligen dialektalen lautlichen Entsprechungen dar, vgl. (583). Nur im nordhessisch-thüringischen Übergangsgebiet wird sie nicht akzeptiert, zudem im Osthessischen seltener, so dass ein gewisser Ost-West-Kontrast in der Distribution zu bestehen scheint. Im Niederdeutschen ist sie dagegen genauso akzeptabel wie im Rheinfränkischen. Die beiden Varianten als wenn und wie wenn mit ihren lautlichen Entsprechungen, vgl. (584) und (585), weisen durchschnittlich einen etwa gleich hohen Anteil von ca. 19 Prozent auf, wobei der Anteil an der Gesamtsumme der Antworten bei als wenn, das nicht suggeriert wurde, mit unter 10 Prozent deutlich niedriger ist. Hier lässt sich nun ein Nord-Süd-Kontrast in der

352

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Verteilung feststellen, indem als wenn im Norden Hessens insgesamt häufiger akzeptiert wird und umgekehrt wie wenn häufiger im Süden. Dies korreliert nur zum Teil mit der Verteilung von als vs. wie in Komparativvergleichen, insofern auch hier zwar als im Norden deutlich häufiger ist, wie jedoch praktisch im gesamten Untersuchungsgebiet akzeptiert wird. Zudem liegt bei den hypothetischen Vergleichen natürlich keine komparativische Verwendung der Partikeln vor, sondern eine äquativische. In den Äquativvergleichen wird als ebenfalls vor allem im Norden gebraucht, es überwiegt aber noch stärker als in allen anderen Vergleichen die Akzeptanz von wie im gesamten Untersuchungsgebiet. Die areale Distribution der Varianten als wenn und wie wenn im hypothetischen Vergleich folgt also nicht unmittelbar aus der Verteilung von als und wie in anderen Vergleichsarten, sondern erweist die hypothetischen Vergleiche als eigenständigen Vergleichskonstruktionstyp, zu dem sie im Lauf des Frühneuhochdeutschen geworden sind (s. o. Kap. 4.3), während sie im Alt- und Mittelhochdeutschen noch reguläre Äquativvergleiche darstellten (s. o. Kap. 2.3, 3.3). (581)

Vergleichsanschluss im hypothetischen Vergleich Du siehst aus, wie als hättest du letzte Nacht nicht geschlafen / wie wenn/als wie dass/als ob/ … du letzte Nacht nicht geschlafen hättest. (Pt-E2_A_14)

Westfälisch

Nordhessisch

Nordhessisch-

n

als + V1

als ob

als wenn

wie wenn

wie als

 7

1

4

1

0

1

(14,3 %)

(57,1 %)

(14,3 %)

(0 %)

(14,3 %)

0

4

0

0

0

(0 %)

(100 %)

(0 %)

(0 %)

(0 %)

0

0

1

0

0

(0 %)

(0 %)

(100 %)

(0 %)

(0 %)

0

3

2

3

0

(0 %)

(37,5 %)

(25 %)

(37,5 %)

(0 %)

0

5

0

3

0

(0 %)

(62,5 %)

(0 %)

(37,5 %)

(0 %)

0

4

0

1

1

(0 %)

(66,6 %)

(0 %)

(16,6 %)

(16,6 %)

0

4

0

3

0

(0 %)

(57,1 %)

(0 %)

(42,9 %)

(0 %)

2%

54,4 %

19,9 %

19,2 %

2,3 %

1

24

4

10

2

(2,4 %)

(58,5 %)

(9,8 %)

(24,4 %)

(4,9 %)

 4

 1

Thüringisch Osthessisch

Zentralhessisch

Zentralhessisch-

 8

 8

 6

Moselfränkisch-Rhfr. Rheinfränkisch

 7

Durchschnitt (%) Summe

41

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten

353

Im Vergleich zu den drei Hauptvarianten nur marginal vertreten sind die Varianten wie als, vgl. (586), die nur im zentralhessisch-moselfränkisch-rheinfränkischen Übergangsgebiet und im Westfälischen akzeptiert wurde, sowie (nicht suggeriertes) als mit Verberstsatz, vgl. (582), das nur im Westfälischen genannt wurde. Von den im Standarddeutschen möglichen Varianten weicht nur die marginal akzeptable Variante wie als ab. (Die ebenfalls suggerierte Variante als wie dass mit gestütztem Vergleichsanschluss wurde nicht akzeptiert.) (582)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1: Du süsst uht, als heddest Du vergohne Nacht nit jeschlopen. (Westfälisch: Wolfhagen_Istha)

(583)

Hypothetischer Vergleich mit als ob: Du siehst aus, als ob de die letzt Nocht nit geschlofe hässt. (Zentralhessisch-moselfränkisch-rheinfränkisches Übergangsgebiet: Geisenheim_Stephanshausen)

(584)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn: Du säerst uis, ols bann de die letzt Noacht net geschloffe häst. (Osthessisch: Eichenzell_Kerzell)

(585)

Hypothetischer Vergleich mit wie wenn: Du siehst aus, wäi wenn du de letzt Noacht net geschloofe hättst. (Zentralhessisch: Lollar_Ruttershausen)315

(586)

Hypothetischer Vergleich mit wie als: Du siehst aus, wie als hättst de letzt Nacht nit geschlofe. (Zentralhessisch-moselfränkisch-rheinfränkisches Übergangsgebiet: Geisenheim_Stephanshausen)316

Die Ergebnisse für den zweiten abgefragten hypothetischen Vergleich sind in Tabelle (587) zusammengefasst. Hier stellt nun als wenn, vgl. (588), das bei dieser Frage unter den suggerierten Varianten war, mit insgesamt über 47 Prozent das Hauptmuster dar. Der oben festgestellte Nord-Süd-Kontrast fällt hier nicht so klar aus.

315 Von den Informanten angekreuzte dialektisierte Vorgabe. 316 Von den Informanten angekreuzte dialektisierte Vorgabe.

354 (587)

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Vergleichsanschluss im hypothetischen Vergleich Sie tut ja so, als würde sie mich nicht kennen / als wenn/wie ob/… sie mich nicht kennt. (PtE2_B_21) n

als + V1

als ob

als wenn

wie wenn

wie ob

Westfälisch

 5

1 (20 %)

0 (0 %)

4 (80 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Nordhessisch

 5

3 (60 %)

0 (0 %)

2 (40 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

NordhessischThüringisch

 4

1 (25 %)

0 (0 %)

3 (75 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

Osthessisch

 4

3 (75 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

1 (25 %)

Zentralhessisch

 7

5 (71,4 %)

0 (0 %)

2 (28,6 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

ZentralhessischMoselfränkisch-Rhfr.

 5

1 (20 %)

0 (0 %)

3 (60 %)

1 (20 %)

0 (0 %)

Rheinfränkisch

 4

2 (50 %)

0 (0 %)

2 (50 %)

0 (0 %)

0 (0 %)

42,3 %

0%

47,7 %

2,9 %

3,6 %

16 (47,1 %)

0 (0 %)

16 (47,1 %)

1 (2,9 %)

1 (2,9 %)

Durchschnitt (%) Summe

34

Etwa gleich häufig wird das diesmal ebenfalls zur Auswahl vorgegebene als mit Verberstsatz angegeben, vgl. (589), das im Gesamtdurchschnitt bei reichlich 42 Prozent liegt. Der Anteil an der Gesamtsumme der Antworten ist identisch zu dem von als wenn. Nur marginal angegeben wurden die Variante wie ob, vgl. (591), und das hier nicht suggerierte wie wenn, vgl. (590), das nur im Süden Hessens einmal als eigene Alternative genannt wurde. Die hier nicht suggerierte Variante als ob wurde dagegen durchgängig nicht genannt. (588)

Hypothetischer Vergleich mit als wenn: Se doit ge so, orre wänn se mik ni kännte. (Westfälisch: Diemelstadt_Rhoden)

(589)

Hypothetischer Vergleich mit als + V1: Se doud groad so, als ded se mich näid kenn. (Zentralhessisch: Rabenau_Rüddingshausen)

6.3 Hypothetische Vergleiche in den heutigen Dialekten

355

(590)

Hypothetischer Vergleich mit wie wenn: Sie duud jo grad, wie wann se mich nit kenne deed. (Zentralhessisch-moselfränkisch-rheinfränkisches Übergangsgebiet: Eltville_Martinsthal)

(591)

Hypothetischer Vergleich mit wie ob: See dodd joa so, bee ob se mich ned kenne würd. (Osthessisch: Fulda_Kämmerzell)317

Im Vergleich der beiden Fragen zeigt sich vor allem die Abhängigkeit von der Vorgabe im Fragebogen und damit die methodischen Grenzen auch der indirekten Erhebungsmethode insbesondere im Fall einer Variablen wie der des hypothetischen Vergleichs, die bereits im Standard eine ganze Reihe an möglichen Varianten aufweist. Um die Informanten nicht mit überlangen Fragebögen zu überlasten, wurden maximal vier Varianten pro Frage zur Auswahl vorgegeben, wobei jedoch stets die Möglichkeit zur Formulierung einer abweichenden eigenen Variante bestand. Im Fall von nur einer im Standard möglichen Variante wie bei regulären Komparativ- oder Äquativvergleichen gibt dies hinreichend Gelegenheit, verschiedene dialektal vermutlich mögliche Muster zur Auswahl vorzugeben, so dass hier die indirekte Erhebung methodisch sehr gut funktioniert. Im Fall der hypothetischen Vergleiche, wo bereits Standarddeutsch vier Varianten möglich sind und weitere dialektale Varianten auftreten, konnten in diesem Rahmen nicht alle möglicherweise erwartbaren Varianten vorgegeben werden, sondern jeweils nur eine Auswahl. Nur selten geben die Informanten eine weitere, eigene Variante an. Als ob ist etwa, wenn es vorgegeben wird, die am häufigsten akzeptierte Variante, wird aber, wenn es nicht suggeriert wird, gar nicht genannt. Keiner der Informanten nutzte die Möglichkeit, dieses offensichtlich hoch akzeptable Muster in einer eigenen Alternative zu verwenden. Die Varianten wie wenn und als mit Verberststellung werden auch ohne Vorgabe immerhin genannt, aber deutlich seltener, als wenn sie mit zur Auswahl vorgegeben sind. Nur als wenn wird auch ohne entsprechende Vorgabe recht häufig als Variante genannt. Die beiden Aufgaben aus dem SyHD-Pretest ergänzen sich recht gut hinsichtlich der Vorgaben. Im Durchschnitt der Anteile aus beiden Fragen liegt als wenn bei 34 Prozent, als ob bei 27 Prozent, als mit Verberstsatz bei 22 Prozent und wie wenn bei 11 Prozent. In der Gesamtsumme der Antworten aus beiden Fragen überwiegt als ob leicht gegenüber als wenn, gefolgt von als mit Verberstsatz und wie wenn (24, 20, 17 bzw. 11 mal genannt).

317 Von den Informanten angekreuzte dialektisierte Vorgabe.

356

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

Insgesamt lässt sich also festhalten, dass die den ursprünglichen äquativischen Gebrauch von als fortsetzenden Varianten als wenn und als ob in den hypothetischen Vergleichen trotz weitgehend erfolgter Ablösung von als durch wie in allen anderen Vergleichsarten in den Dialekten Hessens im Gebrauch noch fest verankert sind. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung ist, dass unabhängig davon, ob die Varianten vorgegeben wurden oder nicht, im Norden Hessens tendenziell als wenn überwiegt, im Süden dagegen wie wenn. Diese areale Verteilung passt grundsätzlich zu der Beobachtung, dass als auch in den anderen Vergleichsarten v. a. im Niederdeutschen bewahrt wurde; die genaue Distribution korreliert aber nicht mit der von als und wie in den anderen Vergleichsarten, da in diesen wie gegenüber als viel verbreiteter ist als wie wenn gegenüber als wie in den hypothetischen Vergleichen, insofern in Komparativen und Äquativen fast an allen Ortspunkten wie das Hauptmuster in Hessen darstellt.

6.4 Zusammenfassung In den heutigen Dialekten des Deutschen findet sich eine große, vom Standarddeutschen abweichende Variation in den Vergleichskonstruktionen. Da sich nicht nur hier und da historische Varianten erhalten haben, sondern die Dialekte vielfach eigenständige, nicht durch Normierung beeinflusste Weiterentwicklungen gegenüber dem Stand der kodierten Standardsprache darstellen, bilden sie einen zentralen Bezugspunkt der sprachhistorischen Forschung. Die größten Abweichungen vom Standard sind hinsichtlich der Komparativvergleiche festzustellen. Hier werden dialektal neben als auch die Varianten wie, als wie, denn, wan, weder, oder, so, was, dass und in Satzvergleichen zusätzliche Kombinationen mit subordinierender Konjunktion (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled Comp) wie als was, weder as, wan dass, als wie dass oder Varianten mit Komplementiererflexion an Vergleichspartikel oder nachfolgender Konjunktion wie als wiest oder als wie dassd verwendet. Hinsichtlich der arealen Verteilung lässt sich feststellen, dass wie in den Dialekten des Deutschen insgesamt das Hauptmuster des Komparativanschlusses darstellt, das in den meisten mitteldeutschen Dialekten, im Ostoberdeutschen, teilweise aber auch im Niederdeutschen und im Westoberdeutschen verbreitet ist. Zweithäufigste Variante ist als, das insbesondere im Niederdeutschen, aber auch im Westoberdeutschen (und einem schwindenden westlichen Streifen des mitteldeutschen Sprachraums) präferiert wird. Dritthäufigste Variante ist als wie, das jedoch nicht als Überlappungsphänomen an den Grenzen der als- und wie-Areale anzusehen ist, sondern insbesondere auch innerhalb des großen hochdeutschen wie-Areals auftritt und somit – wie auch diachron – keine Kom-

6.4 Zusammenfassung

357

bination der Vergleichspartikeln als und wie darstellt, sondern ein eigenständiges (diachron ja aus Korrelat als + Vergleichspartikel wie entstandenes) Muster. Die übrigen Vergleichspartikeln treten areal begrenzter auf, etwa weder oder wan in auch sonst als Relikträumen bekannten Dialektgebieten des westoberdeutschen Sprachraums. Dialektal sind zumeist mehrere Varianten des Vergleichsanschlusses parallel akzeptabel. Insgesamt ist das sich bereits ab 1800 andeutende allmähliche Aufkommen von komparativischem wie auf Kosten von als in der Entwicklung in den Dialekten bereits so weit vorangeschritten, dass wie das Hauptmuster in großen Teilen des deutschen Sprachraums darstellt. Dies zeigen auch die SyHD-Dialektdaten für das Bundesland Hessen nachdrücklich. Praktisch im gesamten Untersuchungsgebiet (sogar in den ostfälischen und westfälischen, also niederdeutschen Dialektgebieten) wird die Variante wie akzeptiert, an vielen Orten ausschließlich. Arealer Schwerpunkt von wie ist ein Streifen nordwestlich bis südöstlich um Gießen, womit das wie-Areal nicht nur nach Norden, sondern auch nach Westen größer ist, als bisher in der Forschung angenommen. Es finden sich aber vereinzelte Ortspunkte, an denen überwiegend als genannt wird, v. a. im westfälischen Dialektgebiet. Dritthäufigstes Muster ist auch in Hessen als wie, das ebenfalls großräumig akzeptiert wird mit Schwerpunkten in Nord-/Osthessen und Zentral-/Südhessen. Andere Vergleichspartikeln oder auch Kombinationen von Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion werden in Hessen praktisch nicht verwendet. Während die Komparativvergleiche gelegentlich in der dialektologischen Forschung untersucht worden sind, sind die Äquativvergleiche kaum berücksichtigt worden, obwohl sich auch hier dialektale Variation findet. Die Variante wie dürfte zwar wie im Standarddeutschen insgesamt das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses darstellen. Insbesondere für das Niederdeutsche wird dagegen als als übliche Äquativpartikel beschrieben, das aber auch in Teilen des westoberdeutschen Sprachraums verwendet wird. Auch als wie kommt entgegen manch anderslautender Forschungsmeinung in dialektalen Äquativen im Mittel- und Oberdeutschen vereinzelt vor. Darüber hinaus sind weitere Varianten wie so als, gleich als, wan, was sowie in Satzvergleichen Kombinationen aus Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion (wie dass) oder Komplementiererflexion an Vergleichspartikel oder subordinierender Konjunktion (als wiest, wie dassd) im Dialekt belegt, sowie verschiedene Varianten des Äquativkorrelats, insbesondere auf das historisch üblichere als zurückgehende Formen (esoo, aso, asu, äs, as etc.). Teilweise wird im Gegensatz zum Standarddeutschen und ähnlich wie im historischen Deutschen dialektal der semantische Unterschied zwischen GradÄquativ und Nicht-Grad-Äquativ durch unterschiedliche Vergleichspartikel versprachlicht. Demgegenüber verwenden viele andere Dialekte eine Einheits-

358

6 Vergleichskonstruktionen in den heutigen Dialekten des Deutschen

vergleichspartikel in Komparativen und Äquativen: in hochdeutschen Dialekten verbreitet wie bzw. als wie, im Oberdeutschen lokal wan oder was, im Niederdeutschen teilweise als. Die Daten aus den SyHD-Dialekterhebungen zeigen auch für Hessen ein deutliches Überwiegen der Variante wie in den Äquativvergleichen – sogar an den meisten niederdeutschen Ortspunkten. Deutlich seltener wurden als Äquativpartikel aber auch die vom Standard abweichenden Varianten als wie (wiederum schwerpunktmäßig in Nord-/Osthessen und Zentral-/Südhessen) und eher nur marginal (v. a. im Westfälischen) als akzeptiert. In der direkten Erhebung zeigt sich eine höhere Akzeptanz von als in Grad-Äquativen als in NichtGrad-Äquativen, was der im späten Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen vorliegenden Distribution entspricht. Die in den Äquativen und überwiegend auch in Komparativen verwendete Vergleichspartikel ist in der Regel formal identisch mit dem in Gradinterrogativen verwendeten Frageadverb wie. Im niederdeutschen und vereinzelt im hochdeutschen Bereich des Untersuchungsgebiets wird aber teilweise auch formal zwischen modalem Interrogativum und Vergleichspartikel oder verschiedenen Formen von wie (wie, bie etc.) in verschiedenen Vergleichsarten differenziert. Ganz überwiegend wird jedoch in Hessen die gleiche Partikel als Einheitsvergleichspartikel in Komparativen und Äquativen gebraucht. Im Untersuchungsgebiet gilt dies vor allem für die Variante wie, seltener auch für als wie und nur vereinzelt im Niederdeutschen für als. Die hypothetischen Vergleiche sind – ähnlich wie die Äquative – in der Dialektologie bisher kaum untersucht worden. Hier liegt bereits im Standard eine größere Zahl von möglichen Varianten vor, die auch in dialektalen Entsprechungen zu finden sind: als mit Verberstsatz, als ob, als wenn, wie wenn. Darüber hinaus sind jedoch im Dialekt noch weitere Varianten belegt, beispielsweise dreigliedrige Einleitungselemente wie als wie wenn oder wie als wenn, historische Formen bewahrendes sam als/als sam oder wie mit Verberstsatz. In Hessen werden die Varianten als ob und als mit Verberstsatz fast überall akzeptiert. Bei den Varianten wie wenn und als wenn zeigt sich eine höhere Akzeptanz von als wenn im Norden und wie wenn im Süden Hessens. Als ob und insbesondere als wenn haben sich damit auch im Dialekt trotz der im Untersuchungsgebiet fast durchgängig erfolgten Ablösung von als durch wie als Hauptmuster in Komparativen und Äquativen in den hypothetischen Vergleichen erhalten. Somit sind auch dialektal die hypothetischen Vergleiche hinsichtlich ihrer Einleitungstypen teilweise abgekoppelt von der Entwicklung in den übrigen Vergleichsarten.

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus Die auf Grundlage der in den vorherigen Kapiteln diskutierten diachronen und dialektalen Daten feststellbare Entwicklung der Vergleichskonstruktionen im Deutschen soll im Folgenden in ihrem Gesamtverlauf analysiert und sprachwandeltheoretisch eingeordnet werden. Zentral ist hierbei der gestufte und wiederholte Ablauf dieser Entwicklung, die daher als Fall eines zyklischen Sprachwandels charakterisiert wird, als Komparativzyklus. Dieser lässt sich auch in anderen Sprachen nachweisen und verläuft typischerweise von NichtGrad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen. Die Abstufung und Gerichtetheit korreliert mit der Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten. Entsprechend verläuft der Wandel vom am wenigsten markierten Kontext ausgehend bis zum am stärksten markierten Kontext. Auf dieser Grundlage trägt das Wirken sprachlicher Ökonomieprinzipien auf den Ebenen von Lexikon, Syntax, Semantik und Pragmatik zur Entwicklung bei.

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen Betrachten wir nun die Ergebnisse der in den vorherigen Kapiteln dargestellten diachronen Korpusuntersuchung ergänzt durch die Ergebnisse der Dialekterhebung noch einmal in der Gesamtschau, um einen Überblick über die Entwicklung im Lauf der deutschen Sprachgeschichte zu gewinnen. Für die verschiedenen Vergleichsarten, d. h. Komparativvergleiche und Äquativvergleiche sowie noch einmal getrennt nach Nicht-Grad-Äquativen und Grad-Äquativen, ist das sich jeweils ergebende Gesamtbild der Entwicklung der diachronen Variation in den Diagrammen in (592) bis (595) dargestellt, wobei nur die häufigsten Typen des Vergleichsanschlusses einbezogen, historisch kaum belegte Muster wie et, inmassen oder weder dagegen vernachlässigt werden.318

318 Die Entwicklung in den hypothetischen Vergleichen ergibt aufgrund der Vielzahl parallel auftretender und ja bis heute möglicher Muster ein weniger übersichtliches Gesamtbild und ist daher hier nicht als Diagramm wiedergegeben. Wichtige Entwicklungsschritte, die auch für die syntaktische Analyse aufschlussreich sind (s. Kap. 8.1.1), sind ähnlich wie in den Äquativen der Rückgang von so vom Alt- zum Mittelhochdeutschen und parallele Anstieg von als(o) mit Verbendsatz, der Anstieg von als ob im 15. und als mit Verberstsatz im 15. und 16. Jahrhundert sowie von als wenn im 16. bis 18. Jahrhundert und das allmähliche, vereinzelte Aufkommen von wie wenn ab dem 17./18. Jahrhundert. https://doi.org/10.1515/9783110561234-007

360 (592)

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Entwicklung des Komparativanschlusses im Deutschen319

100% 80% 60% 40% 20% 0% 9. Jh. 10. Jh. 11. Jh. 12. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh. 16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Ø dann/denn

(593)

Ø Vgl.Dat

Ø wan

Ø als(o)

Ø wie

als wie

Entwicklung des Äquativanschlusses im Deutschen320

100% 80% 60% 40% 20% 0% 9. Jh. 10. Jh. 11. Jh. 12. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh. 16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh. 21. Jh. Ø so

Ø also

Ø wie

Ø als wie

319 Das Diagramm basiert auf den Durchschnittswerten der Prozente der ausgewerteten Korpustexte des jeweiligen Jahrhunderts, im Einzelnen: 9. Jh.: I, T (jeweils ohne êr + thanne/Dat.), O (nach Erdmann und Referenzkorpus Altdeutsch, s. Angaben Kap. 1.3 und 2.1); 11. Jh.: Will, WNo; 12. Jh.: Phys, Spec, PrZ, TrP, Aegi; 13. Jh.: Nib, PrP, Hof, TrH, RhM, PrMK, Bar, DvA, PrS, Lil, Sal, JMa; 14. Jh.: ObE, Bau, Nik, Tau, OxB, MBe, Gna; 15. Jh.: HKot, Neid, Taul, Koel; 16. Jh.: JGrop, SHerb, Llav, VDiet, LRauw, JMath, JBang, WRal; 17. Jh.: JRos, CSchor, GGöz, SBir, DeoGr, CWei, GHeid, HLud; 18. Jh. Durchschnitt der Prozente von: L. Gottsched Witzling, GerManCKorpus, K. Goethe (Briefe 1774–1799); 19. Jh. Durchschnitt der Prozente von: K. Goethe (Briefe 1800–1808), Auswandererbriefe (nach Elspaß 2005); 21. Jh.: Durchschnitt der Prozente der SyHD-Fragen zu Komparativen. Genaue Angaben zu den Korpustexten s. o. Kap. 1.3. 320 Das Diagramm basiert auf den Durchschnittswerten der Prozente der ausgewerteten Korpustexte des jeweiligen Jahrhunderts, im Einzelnen: 9. Jh.: I, T, O (so sama/selb so/solih so/io so mit unter so subsumiert, Angaben zu O nach Wunder 1965); 12. Jh.: Phys; 13. Jh.: TrudP,

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen

(594)

361

Entwicklung des Äquativanschlusses in Grad-Äquativen im Deutschen321

100% 80% 60% 40% 20% 0% 9. Jh. 10. Jh. 11. Jh. 12. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh. 16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh 21. Jh Ø so

(595)

Ø also

Ø wie

Ø als wie

Entwicklung des Äquativanschlusses in Nicht-Grad-Äquativen im Deutschen322

100% 80% 60% 40% 20% 0% 9. Jh. 10. Jh. 11. Jh. 12. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 15. Jh. 16. Jh. 17. Jh. 18. Jh. 19. Jh. 20. Jh 21. Jh. Ø so

Ø also

Ø wie

Ø als wie

Nib, PrMK, Lil; 15. Jh.: HKot, Neid, Taul, Koel; 16. Jh.: JGrop, SHerb, Llav, VDiet, LRauw, JMath, JBang, WRal; 17. Jh.: JRos, CSchor, GGöz, SBir, DeoGr, CWei, GHeid, HLud; 18. Jh. Durchschnitt der Prozente von: L. Gottsched Witzling, GerManC-Korpus, K. Goethe (Briefe 1774–1799); 19. Jh. nur Prozente von K. Goethe (Briefe 1800–1808), da in Elspaß (2005) nur Grad-Äquative berücksichtigt; 21. Jh.: Durchschnitt der Prozente der SyHD-Fragen zu Äquativen. 321 Das Diagramm basiert auf den Durchschnittswerten der Prozente der gleichen Texte wie (593), außer: 9. Jh. nur I und T, da zu O bei Wunder (1965) keine Differenzierung nach GradÄquativen und Nicht-Grad-Äquativen, 19. Jh. Durchschnitt der Prozente von: K. Goethe (Briefe 1800–1808) und Auswandererbriefe (nach Elspaß 2005, dort nur Grad-Äquative berücksichtigt); 21. Jh.: Durchschnitt der Prozente der SyHD-Fragen zu Grad-Äquativen. 322 Das Diagramm basiert auf den Durchschnittswerten der Prozente der gleichen Texte wie (593), außer: 9. Jh. nur I und T, da zu O bei Wunder (1965) keine Differenzierung nach Grad-

362

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

In den Übersichtsdiagrammen wird methodisch stark vereinfachend von den natürlich sehr unterschiedlichen Eigenschaften der zugrundeliegenden Daten bezüglich Textumfängen, Textsorten etc. abgesehen, um einen groben Gesamteindruck von der Entwicklung zu ermöglichen. Als Bezugspunkt für den Sprachstand im 21. Jahrhundert sind jeweils die Ergebnisse der aktuellen Dialekterhebungen in Hessen eingetragen statt des durch Normierung bewahrten Sprachstands der Standardsprache. Diese Ergebnisse entsprechen selbstverständlich nicht dem aktuellen Sprachstand im gesamten deutschsprachigen Raum, daher sind sie im Diagramm nur gestrichelt eingezeichnet, sie bilden aber einen recht aussagekräftigen Vergleichspunkt, insofern neben mitteldeutschen auch niederdeutsche und oberdeutsche Varietäten in Hessen gesprochen werden und in die Erhebung einbezogen wurden und damit alle sprachlichen Großräume zumindest anteilig vertreten sind (vgl. Kap. 1.3). Bei den Komparativvergleichen, vgl. die Abbildung in (592), bildet im Deutschen über Jahrhunderte dann/denn das Hauptmuster, wobei im Althochdeutschen der Vergleichskasus (Dativus Comparationis) und im Mittelhochdeutschen Komparativanschluss mit wan deutliche Konkurrenzmuster darstellen. Der stärkste Wandel zeigt sich zum 17. Jahrhundert, in dem schlagartig als zum Hauptmuster wird. Eine ähnlich deutliche Änderung findet erst wieder zu den modernen Dialekten hin statt, wo wie inzwischen als weitgehend als Hauptmuster abgelöst hat. Die deutlichsten Veränderungen bei den Äquativen insgesamt betreffen zum einen die Ablösung von so als Hauptmuster durch als(o) vom Alt- zum Mittelhochdeutschen und zum anderen die Ablösung von als durch wie vom 15. zum 16. Jahrhundert, vgl. die Abbildung in (593). Bevor wie jedoch als in den Äquativen völlig ersetzt, dauert es noch einmal rund 300 Jahre. Dies liegt, wie die Übersichten zu den Nicht-Grad-Äquativen in (595) und den Grad-Äquativen in (594) zeigen, vor allem daran, dass als als Äquativpartikel in den Grad-Äquativen vom 15. bis 18. Jahrhundert relativ stabil bei ca. 80 Prozent liegt und wie hier zwar zum 16. Jahrhundert ebenfalls zunimmt, aber im 16., 17. und 18. Jahrhundert nur bei etwa 20 Prozent liegt. Erst zum 19. Jahrhundert wird wie auch in den Grad-Äquativen das Hauptmuster. In den NichtGrad-Äquativen ist wie dagegen seit seinem schlagartigen Anstieg vom 15. zum 16. Jahrhundert deutlich das Hauptmuster. Bemerkenswert ist im Vergleich der Entwicklung in den beiden Äquativarten auch noch einmal die

Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen; 21. Jh.: Durchschnitt der Prozente der SyHD-Fragen zu Nicht-Grad-Äquativen.

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen

363

deutlich längere Bewahrung des althochdeutschen Hauptmusters so in den Grad-Äquativen als in den Nicht-Grad-Äquativen. Im heutigen Standarddeutschen hat sich in den Komparativen mit als (oder allenfalls in idiomatisierten Wendungen denn) der Sprachstand des 17. und 18. Jahrhunderts erhalten. Bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts tritt neben als schon selten komparativisches wie auf, das im 19. Jahrhundert weiter zunimmt, sich aber nur dialektal weitgehend durchgesetzt hat, im Standard dagegen nicht. Die heutige standarddeutsche Verwendung der Partikel wie (oder allenfalls in idiomatisierten Wendungen als) in den Äquativen entspricht dagegen eher einem späteren Sprachstand, der sich erst im Lauf des 19. Jahrhunderts allmählich herausgebildet hat: wie bildet zwar bereits seit dem 16. Jahrhundert insgesamt das Hauptmuster in Äquativen, bei genauer Betrachtung gilt dies aber nur in den Nicht-Grad-Äquativen. Noch im 17. und 18. Jahrhundert wird dagegen in den Grad-Äquativen ganz überwiegend als gebraucht. Erst seit dem 19. Jahrhundert wird die Markierung dieser semantischen Differenz innerhalb der Äquative aufgegeben und auch in den Grad-Äquativen überwiegend wie als Vergleichspartikel gebraucht. In der heutigen standarddeutschen Verteilung der Vergleichspartikeln, die den Hauptmustern des 19. Jahrhunderts entspricht, kommen also unterschiedlich alte Muster zusammen. In den meisten hochdeutschen und teilweise auch in niederdeutschen Dialekten sowie verbreitet in der Umgangssprache ist die Entwicklung im Vergleich zur normativ konservierten Standardsprache weitergegangen, insofern hier wie bereits das Hauptmuster auch im Komparativvergleich darstellt.323 In Tabelle (596) ist die Entwicklung im Deutschen noch weiter zusammengefasst, indem für Komparative und Äquative (Grad-Äquative und Nicht-GradÄquative) nur die jeweiligen Hauptmuster eingetragen sind. Die Tabelle gibt insofern überblicksartig das Gesamtergebnis der vorliegenden empirischen Untersuchung wieder.

323 Die Entwicklung in den hypothetischen Vergleichen ist dagegen teilweise abgekoppelt vom Wandel in den übrigen Vergleichen, insofern sich äquativisches als (sogar in den Dialekten) hier bis heute erhalten hat, ist andererseits aber nicht völlig losgelöst, da mit deutlicher zeitlicher Verzögerung auch hier das Aufkommen von äquativischem wie in Form von wie wenn zu beobachten ist.

364 (596)

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Hauptmuster des Vergleichsanschlusses im Deutschen: Der Komparativzyklus

Sprachstufe

Äquative Nicht-Grad-Äquative

Komparative

Grad-Äquative

[− Ungleichheit]

[+ Ungleichheit]

[− Gradsemantik] Ahd. Mhd.

so also

Frnhd. 15. Jh. wie

Nhd. 17. u. 18. Jh.

wie

Dialekte/Umgangsspr.

danne so

dann/denn

als

Frnhd. 16. Jh.

Nhd. 19. Jh., Standard

[+ Gradsemantik]

denn als

denn als

wie

als wie

Hält man sich die beschriebene diachrone Entwicklung der Vergleichspartikeln im Deutschen auf diese Weise noch einmal insgesamt vor Augen, erkennt man, dass im Verlauf der Sprachgeschichte mehrfach eine syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von den Äquativen zu den Komparativen erfolgt ist.324 Insgesamt gesehen sind zwei grundlegende Eigenschaften des beschriebenen Wandels der Vergleichspartikeln besonders bemerkenswert. Die Entwicklung verläuft erstens gerichtet: Sie geht, wie die Pfeile in (596) verdeutlichen, immer von den Nicht-Grad-Äquativen zu den GradÄquativen und dann zu den Komparativen.325 Es handelt sich also um eine dreistufige Verschiebung entsprechend der Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten, die sich aufgrund der semantischen Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] ergibt, vgl. Kap. 1.4, (33), hier wiederholt als (597). Die

324 Teile dieser Entwicklung sind bereits ansatzweise beschrieben bei Lerch (1942), Stuckrad (1957), Thurmair (2001). 325 Neben dieser Hauptrichtung der Entwicklung im Deutschen von Äquativen zu Komparativen finden sich vereinzelt Ansätze für eine Distributionsverschiebung in die entgegengesetzte Richtung, indem v. a. in Vergleichen mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen Komparativpartikeln wie dann, wan oder weder vereinzelt in Äquativvergleichen verwendet werden (s. auch Kap. 7.3.4). Diese Ansätze stellen jedoch Einzelfälle dar und haben sich diachron nicht als Hauptmuster durchgesetzt, dialektal dagegen in sehr begrenztem Maß schon, wie die Verwendung von wan als Einheitsvergleichspartikel in Komparativen und Äquativen in bestimmten schweizerdeutschen Varietäten belegt, s. o. Kap. 6, Bsp. (496) und (534).

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen

365

Stufung der diachronen Entwicklung spiegelt grundlegende Unterscheidungen des Sprachsystems – hier semantische Merkmalsunterschiede – wider und belegt diese damit zusätzlich empirisch. (597)

Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten: Nicht-Grad-Äquative < Grad-Äquative < Komparative [− Ungleichheit, − Grad]

[− Ungleichheit, + Grad]

[+ Ungleichheit, + Grad]

Die zweite bemerkenswerte Eigenschaft des hier beobachteten Sprachwandels besteht in der Tatsache, dass sich der Ablauf wiederholt: Die Äquativpartikel breitet sich in die Komparative aus und ersetzt allmählich die Komparativpartikel. Nachdem eine neue Äquativpartikel in den Nicht-Grad-Äquativen grammatikalisiert worden ist, dringt diese wiederum in die Grad-Äquative und im nächsten Entwicklungsschritt in die Komparative ein und ersetzt allmählich die vorherige Partikel. Da es sich um einen wiederholt in die gleiche Richtung ablaufenden, mehrstufigen Prozess handelt, kann man hier von zyklischem Sprachwandel sprechen, dem Komparativzyklus (Jäger 2010a).326 Die in (596) zusammengefasste Entwicklung der Hauptmuster erfolgt in folgenden Stufen: Nachdem im Althochdeutschen in allen Äquativen überwiegend so, in allen Komparativen überwiegend danne zur Markierung des Vergleichsstandards verwendet wurde,327 tritt im Mittelhochdeutschen in den Nicht-Grad-Äquativen als Hauptmuster die durch al ‚ganz‘ verstärkte Form also – Vorform unseres heutigen als – auf. In den Grad-Äquativen hält sich dagegen so als Hauptmuster, in den Komparativen danne. Im 15. Jahrhundert dehnt sich als distributionell aus und überwiegt nun auch in den Grad-Äquativen. Als stellt damit in allen Äquativen das Hauptmuster dar; dann(e)/denn ist dagegen weiterhin in Komparativen am häufigsten. Im 16. Jahrhundert wechselt erneut das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses in den Nicht-GradÄquativen. Wie zuvor als, tritt hier nun neu die Vergleichspartikel wie erstmals überwiegend auf. In den Grad-Äquativen herrscht noch als vor, in den Kompa-

326 Jäger (2010a) folgend ist dieser Terminus (engl. ‚comparative cycle‘) bereits in neueren Publikationen übernommen worden, so u. a. in Reinarz/de Vos/de Hoop (2016). 327 Laut Ziemer (1884: 145 f.) hat bereits thanne eine Distributionsverschiebung von Äquativen zu Komparativen durchgemacht, so dass die Entwicklung gemäß dem Komparativzyklus im Deutschen nicht nur zweimal (im Fall von als und wie), sondern möglicherweise sogar dreimal wiederholt stattgefunden hat. Ziemer klassifiziert typologisch in Sprachen mit syntaktischer und solche mit adversativer bzw. separativer Vergleichspartikel. In ersteren, zu denen er neben Ahd. thanne, Ae. thonne auch beispielsweise Griech. hōs und Lat. quam zählt, seien die Komparativpartikeln ursprünglich Äquativpartikeln gewesen. Zum Komparativzyklus im Griechischen und Lateinischen s. u., Kap. 7.2.

366

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

rativen weiterhin das alte denn. Zum 17. Jahrhundert weitet als seine Distribution wieder aus und bildet nun statt denn das Hauptmuster auch in den Komparativen. Im weiteren Verlauf des Neuhochdeutschen wird wie – wie zuvor als – ausgehend von den Nicht-Grad-Äquativen zum Hauptmuster in allen Äquativvergleichen, sowie in den meisten hochdeutschen, z. T. auch niederdeutschen Dialekten sowie verbreitet in der Umgangssprache – wiederum wie vorher als – auch zum Hauptmuster in den Komparativen. Vor dem Hintergrund der Sprachgeschichte ist damit der von der populären Sprachkritik (vgl. Kap. 1.1) so häufig und hart verurteilte dialektale und umgangssprachliche Gebrauch von wie als Komparativpartikel (die ‚als-wie-Verwechslung‘) kein arbiträrer Fehler, sondern entgegen Lerch (1942: 342) die konsequente und natürliche Fortsetzung der Sprachentwicklung, die im Deutschen seit Jahrhunderten stattgefunden hat. Sie entspricht ganz den Regularitäten des Komparativzyklus.328 Im Gesamtüberblick des Wandels in (596) wird deutlich, dass auf mehreren Stufen der Entwicklung mehrere Arten von Vergleichen jeweils durch dieselbe Partikel angeschlossen werden, also Zellen in der Tabelle zusammenfallen. Dies entspricht einem Wechsel des durch die Wahl der Vergleichspartikel versprachlichten semantischen Merkmals. So fallen im Althochdeutschen und im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts wie im heutigen Deutschen NichtGrad-Äquative und Grad-Äquative, mithin alle Äquative, zusammen und werden jeweils mit der gleichen Partikel markiert, die sich von der in Komparativen verwendeten Partikel unterscheidet: im Althochdeutschen so (vs. danne), im 15. Jahrhundert als (vs. denn), im heutigen Standard wie (vs. als). Auch typologisch ist es häufig der Fall, dass die Partikel in allen Äquativen (Grad-

328 Die Vergleichspartikel als wie ist in der Übersichtstabelle (596) nicht berücksichtigt, da sie im historischen Deutschen in keiner Vergleichsart das Hauptmuster bildete. In bestimmten heutigen Dialekten ist dies allerdings durchaus der Fall, vgl. Kap. 6, wenn auch die meisten hochdeutschen Dialekte bloßes wie als Einheitsvergleichspartikel verwenden, das daher in der Tabelle eingetragen ist. Als wie tritt, wie die vorliegende diachrone Untersuchung gezeigt hat, im Gegensatz zu bisherigen Annahmen in der Literatur (u. a. DWB 1: 249, darauf beruhend auch Jäger 2010a) nicht beim diachronen Übergang vom Hauptmuster als zu wie als Zwischenstufe auf, sondern erst über 100 Jahre später, nachdem wie bereits Hauptmuster in den NichtGrad-Äquativen war, als sekundäre Bildung auf Grundlage des Korrelats als und der Äquativpartikel wie (entsprechend ahd. soso, lat. sicut etc.), vgl. die ausführliche Diskussion in Kap. 5.2. Auch als wie hat offenbar eine Entwicklung gemäß dem Komparativzyklus mitgemacht, indem es sich distributionell von den Nicht-Grad-Äquativen zu den Grad-Äquativen und Komparativvergleichen ausgebreitet hat, was in zukünftiger Forschung durch ergänzende Korpusuntersuchungen zu untermauern wäre. Eine solche Entwicklung scheint auch im Fall der im Mittelhochdeutschen selten belegten Vergleichspartikel unde nachweisbar, die zunächst ebenfalls Äquativpartikel war, vgl. Kap. 3.2, Bsp. (176), sekundär aber vereinzelt auch in Komparativen auftrat (vgl. Tobler 1858: 363, Small 1924: 55).

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen

367

Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen) identisch ist (vgl. Haspelmath/Buchholz 1998: in ihrer Terminologie gleicher ‚standard marker‘ (= Vergleichspartikel) in ‚equatives‘ (= Grad-Äquativen) und ‚similatives‘ (= Nicht-Grad-Äquativen)). Das durch unterschiedliche Partikelwahl hier versprachlichte semantische Merkmal ist [± Ungleichheit] – aus unserer heutigen standarddeutschen Perspektive das relevante differenzierende Merkmal bei Vergleichskonstruktionen, das auch in der Sprachkritik gern als Argument für die normative Durchsetzung des Standards angeführt wird, indem gefordert wird, dass ein Unterschied in der Bedeutung auch sprachlich wiedergegeben werden sollte. In diesem Sinn argumentiert bereits Grimm im DWB (1: 248 f.): „der positiv hält gleichsam die ebene, der comp. tritt auf andere stufe, hinter beiden begehrt reiner sprachgebrauch verschiedne conjunction, und nachtheilig kam unsre sprache einigemal in die lage, eine und dieselbe in beiden fällen zuzulassen“. Aus der Perspektive des neuhochdeutschen Standards mit Einheitsvergleichspartikel in allen Äquativen weniger naheliegend, in der Diachronie, z. T. in den heutigen Dialekten und auch im Sprachvergleich jedoch ebenfalls relevant und selbstverständlich genauso berechtigt ist eine sprachliche Unterscheidung gemäß des zweiten für die Differenzierung verschiedener Vergleichsarten relevanten semantischen Merkmals: [± Gradsemantik]. Im historischen Deutschen beobachten wir die Versprachlichung nur dieses Merkmals durch verschiedene Partikelwahl im 17. und 18. Jahrhundert. Hier fallen Grad-Äquative und Komparative, in denen jeweils als das Hauptmuster bildet, zusammen gegenüber den Nicht-Grad-Äquativen mit wie, vgl. Kap. 5.2. Es gibt hier also eine Einheitsvergleichspartikel in allen Gradvergleichen – ähnlich wie etwa im heutigen Französischen mit Il est aussi/plus grand que moi vs. Il fait cela comme moi, s. u. Kap. 7.2. Auch in den heutigen Dialekten des Deutschen wird teilweise mithilfe unterschiedlicher Vergleichspartikeln zwischen Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen differenziert, vgl. Kap. 6.2, u. a. Bsp. (564). Dieser ebenso relevante semantische Unterschied [± Gradsemantik], der sich beispielsweise auch im Englischen mit He is as tall as/*like Peter vs. He does this like/*as Peter zeigt, wird im heutigen Standarddeutschen dagegen nicht in Form unterschiedlicher Vergleichspartikeln versprachlicht, was bezeichnenderweise im Gegensatz zu präskriptiven Grammatiken des 18. Jahrhunderts (vgl. Kap. 5.2) aber von heutigen Sprachkritikern auch nicht gefordert wird.329 So gibt es diachron, dia-

329 Eine sprachkritische Argumentation der Art ‚Wo ein Unterschied in der Bedeutung ist, sollte auch ein sprachlicher Unterschied sein‘ im Sinn eines möglichst transparenten Sprachsystems greift also zu kurz und offenbart fehlende sprachhistorische Bewusstheit, wenn damit nur die im Standarddeutschen übliche Unterscheidung von wie und als begründet werden soll. Wer diese Argumentation verwendet, müsste konsequenterweise auch die Versprachlichung des semantischen Merkmals [± Gradsemantik] durch eine andere Partikel und damit ein

368

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

lektal und auch sprachvergleichend Sprachsysteme, die jeweils nur das eine oder das andere der beiden semantischen Merkmale durch unterschiedliche Partikeln sprachlich kennzeichnen, also nur zwischen ‚Gleichheit‘ und ‚Ungleichheit‘ oder nur zwischen ‚Gradsemantik‘ und ‚Nicht-Gradsemantik‘ unterscheiden, mithin verschiedene ‚Zweiersysteme‘ von Vergleichspartikeln, vgl. die typologische Übersicht in (598). Es sind jedoch auch Sprachsysteme und -stufen zu finden, in denen beide Merkmale durch jeweils verschiedene Partikelwahl versprachlicht sind und somit drei verschiedene Vergleichspartikeln auftreten, mithin ein ‚Dreiersystem‘ der Vergleichspartikeln, vgl. Tabelle (598): eine Partikel in den NichtGrad-Äquativen [− Ungleichheit, − Gradsemantik], eine andere in den GradÄquativen [− Ungleichheit, + Gradsemantik] und eine dritte in den Komparativen [+ Ungleichheit, + Gradsemantik].330 Ein solches Dreiersystem finden wir im Mittelhochdeutschen mit den Hauptmustern also – so – denn und im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts mit wie – als – denn. Dialektal ist es u. a. in westfälischen Varietäten mit bou – wie – als zu finden (s. o. Kap. 6.2, Bsp. (565)). Typologisch ist es aber genauso gut möglich, dass eine Vergleichspartikelsprache keines dieser Merkmale durch verschiedene Partikelwahl versprachlicht, sondern eine Einheitsvergleichspartikel in sämtlichen Vergleichsarten verwendet wird, also ein ‚Einersystem‘ der Vergleichspartikeln vorliegt, vgl. Tabelle (598). Sprachvergleichend findet sich dies etwa im Ungarischen mit mint (< w-Adverb ‚wie‘) in Komparativen, Grad-Äquativen und Nicht-GradÄquativen, s. u. Bsp. (640) bis (642). Dies ist auch in vielen heutigen deutschen Dialekten und verbreitet in der Umgangssprache mit wie (in anderen Dialekten mit als wie, im Niederdeutschen auch mit als) der Fall, vgl. Kap. 6.2, u. a. Bsp. (557) bis (559), (566). Historisch finden wir Ansätze zu einer übergreifenden Einheitsvergleichspartikel in manchen Texten des 17. und 18. Jahrhunderts, in denen teilweise als in allen drei Vergleichsarten verwendet wird, s. o. Kap. 5.2,

Sprachsystem wie im Mittelhochdeutschen oder im 16. Jahrhundert mit drei verschiedenen Vergleichspartikeln fordern. 330 Wie in Kap. 1.4, Fußn. 35, dargelegt, werden hier, wie in der Literatur üblich, Komparativvergleiche vereinfachend generell als Gradvergleiche angesehen. Tatsächlich lassen sich die Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] aber kreuzklassifizieren, da Komparativvergleiche mit ander-/anders durch die Merkmale [+ Ungleichheit, − Gradsemantik] charakterisiert werden können. Insofern ist typologisch sogar ein Vierersystem der Vergleichspartikeln möglich, was sich evtl. im Mittelhochdeutschen mit der zusätzlichen Unterscheidung von dann vs. wan in den Komparativvergleichen andeutet und in zukünftiger Forschung weiter untersucht werden sollte.

369

7.1 Der Komparativzyklus im Deutschen

Bsp. (455) bis (457), wobei als insgesamt in dieser Zeit aber nicht in allen drei Vergleichsarten das Hauptmuster bildet, sondern in den Nicht-Grad-Äquativen bereits wie überwiegt. (598)

Typologie der Vergleichspartikelsysteme im historischen Deutschen

Typ

Äquative Nicht-Grad-Äquative

Komparative

Grad-Äquative

[− Ungleichheit]

[+ Ungleichheit]

[− Gradsemantik] Dreiersystem

Zweiersystem a (Einheitsvergleichspartikel für Äquative)

Zweiersystem b (Einheitsvergleichspartikel für Gradvgl.) Einersystem (generelle Einheitsvergleichspartikel)

[+ Gradsemantik]

Mhd. also

so

dann

Frnhd. 16. Jh. wie

als

denn

Ahd. so

danne

Frnhd. 15. Jh. als

denn

Nhd. Standard wie

als

Nhd. 17./18. Jh. wie

als

dialektal/umgangssprachlich Nhd. wie

Die Tabelle in (598) gibt eine Übersicht der sich auf Grundlage der semantischen Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] ergebenden Typologie von Vergleichspartikelsystemen, illustriert anhand historischer deutscher Sprachstufen. Diachron ist also mehrfach ein Wandel von einem Vergleichspartikelsystem zu einem anderen zu beobachten. Die verschiedenen Typen sind jedoch auch sprachvergleichend belegt, wie oben fürs heutige Französische und Ungarische angedeutet wurde und im folgenden Kapitel für weitere Sprachen ausgeführt wird (vgl. u. a. die Übersicht in (600)). Insofern bildet diese Typologie der Vergleichspartikelsysteme einen wichtigen Beitrag der Arbeit zur allgemein-linguistischen, typologischen Forschung. Im Hinblick auf die beschriebenen wiederholten syntaktisch-semantischen Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln im Komparativzyklus ist es aufschlussreich, dass ähnliche Verschiebungen im Sprachwandel auch in anderen Sprachen zu beobachten sind, die ebenfalls im Folgenden betrachtet werden.

370

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen In vielen Sprachen lassen sich im Bereich der Vergleichskonstruktionen den Entwicklungen im Deutschen vergleichbare diachrone Entwicklungen finden. Dies gilt einerseits für die zur Bildung neuer Vergleichspartikeln genutzten Grammatikalisierungspfade, zum anderen lässt sich aber auch der oben fürs Deutsche beschriebene Komparativzyklus in zahlreichen anderen Sprachen nachweisen. Viele Sprachen nutzen die oben in Kap. 2.2 unter (70) schon fürs Althochdeutsche herausgearbeiteten, hier in (599) wiederholten und um weitere Beispiele aus anderen Sprachen ergänzten Grammatikalisierungspfade zur Bildung neuer Vergleichspartikeln durch ‚Verstärkung‘ mit ursprünglich adjazenten Matrixsatzelementen in Nicht-Grad-Äquativen. Daher treten die entsprechenden Partikeln zuerst in Nicht-Grad-Äquativen auf und sind teilweise auf diese beschränkt. Zusätzlich zu den bereits fürs Althochdeutsche beschriebenen Typen finden sich im weiteren Verlauf der deutschen Sprachgeschichte mit frnhd./nhd. inmassen und gestalt (s. o. Kap. 4.2 und 5.2) sowie in anderen Sprachen Fälle der Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln auf der Grundlage ursprünglich nominaler (ggf. in PPs eingebetteter) Syntagmen mit der Bedeutung ‚in der Art/dem Maß/Aussehen, wie‘ o. ä., die hier als zusätzlicher Typ (599 iv) aufgeführt werden. Teilweise verläuft diese Entwicklung über den Zwischenschritt der Grammatikalisierung des entsprechenden nominalen Bezugselements zum Äquativ-Korrelat und stellt dann gleichsam einen Sonderfall von Typ (599 i) dar. Mitunter weist das nominale Bezugselement zusätzlich ein adjektivisches Attribut mit Gleichheitssemantik auf, so dass hier auch Typ (599 ii) mit hineinspielt. (599)

Bildung neuer Äquativpartikeln auf Grundlage von ‚Verstärkung‘ durch: (i) Korrelat (‚so/solch − wie‘): Ahd. soso, solih so, Frnhd. z. T. also als, frühes Nhd. als wie, Lat. sicut, tamquam, Got. svasve, Ae. swa swa, Mittelengl. so as, Nl. zoals, Frz. ainsi comme/ainsi que, autant que, Schwedisch såsom, Schweizerdt. (soo) wie, Jiddisch azoy vi, Romani kade sar331

331 Vgl. Haspelmath/Buchholz (1998: 318).

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

371

(ii) Element mit Identitätssemantik ‚gleich‘, ‚selbe‘ o. ä. (‚gleich − wie‘): Ahd. so selb so, so sama so > Mhd. sam(e), Frnhd. gleichwie, gleichsam, z. T. eben wie, gleich als,332 Engl. like, Nl. gelijk, Norw. like, Schwed. lika, som, Dän. lige så, som, (lige)som, Schweizerdt. (gliich) wie, Isl. eins og (iii) Intensivierer ‚ganz‘, ‚genau‘, ‚völlig‘ o. ä. (‚ganz − wie‘): Ahd. al-so, Mhd. al-sam, Frnhd. recht als, Afries. alsā, As./Anl. alsō, Ae. eall-swā > Engl. as,333 Provenzalisch tot aissi/atressi334 (iv) nominales (ggf. PP-internes) Bezugselement (‚(in) der Art/dem Maß/Aussehen − wie‘): Frnhd./fr. Nhd. inmassen, gestalt, in Ansätzen (ce)gleicherweis, Ital./Frz./Span./Port./Rumän. com(o)/com(m)e/cum < lat. quomodo (< quo modo ‚auf welche Weise‘), Irisch cosúil ‚wie‘ (< chomh/comh ‚wie‘ + samhail ‚Bild, Gestalt‘),335 Seychellen-Kreolfrz. mem degree ki ‚(so) wie‘ (< ‚gleicher Grad wie‘),336 Thai yáaŋ ‚wie/als ob‘ (< yáaŋkàb ‚Art/Weise-mit‘),337 Kenya Pidgin Swahili namna (ile) ‚wie‘ (< ‚Art (welche)‘)338 Grundlage der Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln ist bei allen in (599) aufgeführten Mustern die in Nicht-Grad-Äquativen häufig gegebene Adjazenz der in (i) bis (iv) genannten ursprünglich matrixsatzinternen Elemente zur Äquativpartikel sowie in struktureller Hinsicht die Tatsache, dass der Vergleichssatz ursprünglich relativsatzartig syntaktisch abhängig von diesem Be-

332 Frühes Neuhochdeutsch: gleichsam als wie (Grimmelshausen: Simplicissimus, nach DWB 29: 1475) = dreifach reanalysiert, wörtlich: gleich-gleich-so-wie. 333 Historical Thesaurus of English (online: http://historicalthesaurus.arts.gla.ac.uk/categoryselection/?qsearch =as): Ae. eallswa / eal swa > Ende 12. bis Mitte 15. Jh als(o) > ab Anfang 13. Jh. as. 334 Vgl. Grimm (1884: 296). 335 Vgl. Haspelmath/Buchholz (1998: 316 f.). 336 Vgl. Haspelmath/Buchholz (1998: 284). 337 Vgl. Heine/Kuteva (2002: 210). Ein weiteres Bsp. wäre ggf. Nzadi (Bantu) mpîl 'ɔmɔtúk yɛ (wörtlich ‚Art eins mit‘), vgl. Haspelmath (2017: 19 f.), wobei Haspelmath festhält, dass weitere Daten nötig seien, um zu entscheiden, ob hier eine Kombination aus matrixinternem Bezugselement/Korrelat und Äquativpartikel oder eine komplexe Äquativpartikel vorliegt. Dies lässt sich auch im Sprachwandel bei der Entstehung neuer Äquativpartikeln durch Reanalyse eines ursprünglich matrixinternen Elements teilweise schwer entscheiden. 338 Z. B. fanya namna (ile) wewe na-taka. (mach Art (welche) du Präs-willst − ‚Mach es, wie du willst.‘), vgl. Heine/Kuteva (2002: 210).

372

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

zugselement oder korrelativisch mit diesem verknüpft ist und auf dieser Grundlage eine Reanalyse als Teil des Vergleichssatzes erfolgt (ähnlich wie in anderen Fällen der Reanalyse von Bezugselement und davon abhängigem Relativsatz zu Nebensatzeinleitungen, vgl. zu weil Kap. 8.1.1 und 8.3, (805 f.)). Neben diesen sprachübergreifend wirksamen Grammatikalisierungspfaden lassen sich, wie angedeutet, die hier als Komparativzyklus beschriebenen syntaktisch-semantischen Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln in anderen Sprachen zu beobachten. Die Tatsache, dass diese Entwicklung der Vergleichspartikeln im Deutschen also kein Einzelfall ist, spricht – ebenso wie die Zyklizität – dafür, dass es sich um eine natürliche Entwicklung mit systematischer Ursache handelt, nicht etwa um einen einzelsprachlichen, an ein bestimmtes Lexem gebundenen, zufälligen oder gar sprachextern bedingten Wandel, wie beispielsweise Lerch (1942: 342) annimmt. In anderen Sprachen gibt es zahlreiche Beispiele für Entwicklungen bei den Vergleichspartikeln, die in die gleiche Richtung verlaufen wie im Deutschen, d. h. von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen.339 Selten scheint jedoch auch Sprachwandel in die entgegengesetzte Richtung vorzukommen. Sprachvergleichende Diachronie erweist sich damit immer wieder als aufschlussreich, wenn es gilt, einzelsprachliche diachrone Entwicklungen sprachwandeltheoretisch einzuordnen und zu deuten. Daher sollen im Folgenden exemplarisch eine Reihe von Fällen diachroner Distributionsverschiebung von einer Vergleichsart zur anderen in anderen Sprachen besprochen werden. Da in historischen Grammatiken und Wörterbüchern vieler Sprachen nur wenig auf die genaue syntaktische Distribution der Vergleichspartikeln eingegangen wird, und insbesondere die Nicht-Grad-Äquative kaum explizit berücksichtigt werden, kann die folgende Darstellung nur überblicksartig sein. Nur zu wenigen Sprachen liegen Einzeluntersuchungen zur Geschichte der Vergleiche vor. Hier besteht in der diachronen Erforschung vieler Sprachen noch Forschungsbedarf.340 Dennoch lassen sich auch auf dieser eingeschränkten For-

339 Stassen (1985: 188–197) erwähnt in seiner Auflistung verschiedener diachroner Quellen von Komparativpartikeln ebenfalls die Herkunft aus der Äquativpartikel. Auch bei den anderen von ihm aufgeführten Typen (s. o. Kap. 1.2, Fußn. 18) ist eine distributionelle Verschiebung in der Verwendung als Vergleichspartikel von Äquativen zu Komparativen im Sinn des Komparativzyklus nicht ausgeschlossen – etwa beim Typ der vom Relativum/Interrogativum abgeleiteten Komparativpartikel ist sie, wie die vorliegende Untersuchung zeigt, im Deutschen, Polnischen und anderen Sprachen nachweisbar. 340 Einen wesentlichen Forschungsbeitrag zur sprachvergleichenden Diachronie der Vergleichskonstruktionen dürfte u. a. der in der Reihe Mouton Handbooks of Indoeuropean Typology geplante Band Gradation (Hock/Keydana/Widmer Hrsg. in Vorb.) leisten.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

373

schungsgrundlage etliche einschlägige Fälle des Komparativzyklus in anderen Sprachen ausmachen. Wenden wir uns zunächst einigen, mit dem Deutschen eng verwandten germanischen Sprachen zu. Das Englische hat, wie oben in Kap. 2.4 erwähnt, in der Standardvarietät mit der Äquativpartikel as und der Komparativpartikel than bis heute im Wesentlichen den Sprachstand beibehalten, der mit danne und also analog im Spätalthochdeutschen und Mittelhochdeutschen vorlag. Eine wichtige Neuerung im Englischen stellt jedoch die Äquativpartikel like dar, die auf Grundlage eines Elements mit Identitätssemantik gebildet ist, d. h. nach Muster (599 ii) (vgl. frnhd. gleichwie etc., im Altenglischen gelice … swa, im 15./16. Jahrhundert like as, ab 16. Jh. bloßes like, daneben im Altenglischen nach gleichem Muster gebildetes swa same (swa)).341 Bezeichnenderweise ist diese Äquativpartikel nach wie vor in Grad-Äquativen ungrammatisch und auf Nicht-Grad-Äquative beschränkt – die Vergleichsart, in der auch gleichwie und ähnliche Äquativpartikeln entstanden sind: She walks like Mary vs. *She is as tall like Mary. Damit liegt im Sinn der oben in (598) aufgestellten Typologie ein Dreiersystem der Vergleichspartikeln vor, vgl. Tabelle (600), die die in (598) fürs historische Deutsche zusammengefassten Typen mit sprachvergleichenden Daten illustriert (Details zu den übrigen hier aufgeführten Sprachen s. u.).342 341 Vgl. Historical Thesaurus of English (online http://historicalthesaurus.arts.gla.ac.uk/ category-selection/?qsearch=like): Ae. gelice … swa; Ae. bis Anfang 17. Jh. gelice > ylike > Ende 16. Jh. like. Dagegen setzt van Gelderen (2004: 124 f.) einen Grammatikalisierungspfad vom Adjektiv gelice zur Präposition like und erst von dort zur in Sätzen gebräuchlichen Vergleichspartikel like (analysiert als C0-Element) an. Auch in CHEL (III: 316) werden beide möglichen Grammatikalisierungspfade diskutiert: Reanalyse des Matrixelements like und adjazenten as zur komplexen Vertgleichspartikel like as und anschließend Wegfall des as (also entsprechend (599 ii)) oder Ausweitung von quasi-präpositionaler Verwendung von like auch auf Sätze. Die historischen Daten sprechen nach ihrer Aussage für die erstere, auch hier vertretene These, da im 15. und 16. Jahrhundert like as recht häufig als komplexe Äquativpartikel in Satzvergleichen belegt ist, z. B. the lyuer […] should be plycable to the stomacke, like as a hande dothe to an apple (vgl. zu lyk as im Mittelenglischen CHEL II: 358). Die ersten angeführten Belege für bloßes like in Äquativen mit satzwertigem Vergleichsstandard stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert, z. B. Ye have said lyke a noble lady ought to say (1530). Neben Verstärkung mit ‚gleich‘ gemäß (599 ii) sind im historischen Englischen auch die übrigen Formen der Verstärkung nachzuweisen: Im Altenglischen kommt Verstärkung mit dem Korrelat zur komplexen Äquativpartikel swa swa gemäß (599 i) vor, vgl. CHEL (I: 263, II: 357), im Mittelenglischen so as, vgl. CHEL (II: 357), später auch such as, vgl. CHEL (III: 315). Verstärkung mit einem Intensivierer gemäß (599 iii) ist im Spätaltenglischen mit eall swa > alswa/als(o/e)/als/as nachzuweisen, im Spätmittelenglischen mit right as bzw. right so, vgl. CHEL (II: 357, III: 315). 342 Berücksichtigt man ausschließlich Satzvergleiche, liegt im Englischen dagegen eher das Zweiersystem a vor, da in satzwertigen Nicht-Grad-Äquativen ebenfalls as gebräuchlich ist und like standardsprachlich als inkorrekt gilt, dennoch aber umgangssprachlich verwendet wird.

374

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

(600) Typologie der Vergleichspartikelsysteme in sprachvergleichender Perspektive Typ

Äquative Nicht-Grad-Äquative

Komparative

Grad-Äquative

[− Ungleichheit]

[+ Ungleichheit]

[− Gradsemantik] Dreiersystem

Zweiersystem a (Einheitsvergleichspartikel für Äquative) Zweiersystem b (Einheitsvergleichspartikel für Gradvgl.) Einersystem (generelle Einheitsvergleichspartikel)

[+ Gradsemantik]

Engl. like

as

than

BSN zoals

als

dan

Nl. als

dan

Span., Katalan., Portug., Ital. como/com(e)

que/che

Frz. comme

que

AD zoals/gelijk

as

Lat. ut (/quomodo)

quam Ungarisch mint

Bei aller insgesamt bestehenden diachronen Konstanz von as und than sind dennoch diachron sowie im heutigen Substandard und regionalen Varietäten des Englischen Distributionsverschiebungen bei den Vergleichspartikeln in die gleiche Richtung wie im Deutschen, also von den Äquativen zu den Komparativen zu beobachten.343 Small (1924: 43) spricht davon, dass seit dem frühen Mittelenglischen bis zu heutigen regionalen Varietäten immer wieder as die Funktion der Komparativpartikel zu übernehmen ‚drohe‘ – ähnlich wie ab dem 16. Jahrhundert die deutsche Entsprechung als. Dem Historical Thesaurus of English (s. v. as)344 zufolge wurde von Mitte des 15. bis Mitte des 17. Jahrhunderts, archaisierend noch Anfang des 19. Jahrhunderts as auch als Komparativpartikel gebraucht. Im OED (s. v. as, 1.5)345 finden sich Belege für komparativi-

343 Weitere historische Entwicklungen im Bereich der englischen Vergleichskonstruktionen stellen das oben auch für das deutsche als und wie beschriebene Aufkommen der aufzählenden Verwendungsweise von as seit Anfang/Mitte 14. Jh. sowie von komparativischem and Mitte 15. bis Ende 16. Jh. dar, s. Historical Thesaurus of English (online: http://historicalthesaurus. arts.gla. ac.uk/category/?id=122963&qsearch=as&word=as&page=1). 344 Online unter: http://historicalthesaurus.arts.gla.ac.uk/category-selection/?qsearch=as. 345 Online unter: http://www.oed.com/view/Entry/11307?rskey=jq3qkq&result=6&isAdvanced= false#eid.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

375

sches as bereits ab 1300 und bis ins 20. Jahrhundert, von denen die meisten − aber nicht alle − eine Negation o. ä. enthalten, vgl. (601) und (602) (zu negierten Vergleichen als Brückenkontexten s. Kap. 7.3.4). (601)

Komparativ mit as: Fellere þing nis non ase wumman ȝware heo wole trügerischeres Ding Neg-ist keines als Frau wenn sie will to vuele wende. zum Übel wenden ‚Es gibt kein trügerischeres Ding als eine Frau, wenn sie sich dem Übel zuwenden will.‘ (St. Edward Elder (Laud) l. 38 in C. Horstmann Early S.-Eng. Legendary (1887) 48 – um 1300; nach OED)

(602)

Komparativ mit as: Also this erbe haviþ mo vertues as endyue haþe. auch dieses Kraut hat mehr Kräfte als Endivie hat ‚Auch hat dieses Kraut mehr Heilkräfte als Endivie.‘ (J. Lelamour tr. Macer Herbal f. 67v – um 1400; nach OED)

Diese sprachhistorisch betrachtet progressive komparativische Verwendung von as hat sich bis heute in regionalen Varietäten des Englischen gehalten, insbesondere im schottischen und irischen Englisch, im Yorkshire-Englisch und in bestimmten US-amerikanischen Varietäten (OED s. v. as, 1.5;346 Small 1929: 22), sich aber insgesamt nicht durchgesetzt. Daneben ist diachron und umgangssprachlich im Englischen deutlich seltener ähnlich wie im Deutschen auch Evidenz für Distributionsverschiebung in die entgegengesetzte Richtung, also von der Komparativ- zur Äquativpartikel zu beobachten, indem vereinzelt than als Äquativpartikel verwendet wird. Im OED (s. v. than, 5)347 finden sich hierfür einige wenige Belege von Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts, vgl. (603), bezeichnenderweise insbesondere Fälle mit negiertem Äquativ oder Ausdrücken von Vielfachen, in denen semantisch insgesamt Ungleichheit ausgedrückt wird und insofern die Bedeutung einem Komparativvergleich entspricht, vgl. dazu auch Kap. 7.3.4. Auch im heutigen umgangssprachlichen Englisch finden sich in solchen Fällen vereinzelt ‚falsche‘ Verwendungen von than, vgl. (604), gelegentlich auch über diese Kon-

346 Online unter: http://www.oed.com/view/Entry/11307?rskey=jq3qkq&result=6&isAdvanced= false#eid. 347 Online unter: http://www.oed.com/view/Entry/200120?rskey=FDPFI7&result=2&isAdvan ced=false#eid

376

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

texte hinaus, vgl. (605). In der populären Sprachkritik wird diese Verwendung von than in Äquativen scharf verurteilt. So charakterisiert etwa Blamires (2003: 46) die Verwendung von than in derartigen Äquativen als „bogus mixture“, durch die „sound logic as well as grammar […] at risk“ sei.348 (603)

Äquativ mit than: There is nothing in which our Species so far surpasses all others, than in the Capacity […] ‚Es gibt nichts, in dem unsere Art alle anderen so weit übertrifft, wie in der Fähigkeit, …‘ (B. Mandeville Fable Bees ii. iv. 201 – 1729; nach OED)

(604) Äquativ mit than: The symbol from the last position does not appear anymore in the calculation because the last number is twice as big than prior, it is the same as having two symbols in the prior position. ‚Das Symbol der letzten Position erscheint nicht mehr in der Rechnung, denn die letzte Zahl ist doppelt so groß wie zuvor; es ist das Gleiche wie zwei Symbole in der vorigen Position zu haben.‘ (Chester Litvin: Advance brain stimulation by psychoconduction (2012): 41; nach Google Books) (605)

Äquativ mit than: For the calculation of the margin, the macroeconomic parameters such as the growth rate and the deflator used for the present adaptation are the same than those used for the technical adjustment of the financial perspective for EU-15 at 2004 prices. ‚Zur Berechnung des Spielraums im Zuge dieser Anpassung wurden dieselben makroökonomischen Parameter wie Wachstumsrate und Deflator herangezogen, auf denen auch die technische Anpassung der Finanziellen Vorausschau EU-15 nach Maßgabe der Preise 2004 basiert.‘ (Internetbeleg: eur-lex.europa.eu)

348 Als Belege führt Blamires (2003) überwiegend − aber nicht ausschließlich − Äquative mit Ausdrücken von Vielfachen an: We may even convince ourselves that we could be just as happy with five channels than 140. It is more than three times as likely to affect men than women. Remote-controlled photography showed that I had twice as many foxes visiting my garden than I had realized. People who weigh between 15st 10lb and 18st 10lb were two-and-a-half times as likely to be killed in crashes than those who weigh less than 9st 6lb.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

377

Im Niederländischen gab und gibt es ebenfalls syntaktisch-semantische Distributionsverschiebungen bei den Vergleichspartikeln in die gleiche Richtung wie im Deutschen, also von Äquativen zu Komparativen gemäß dem Komparativzyklus: Nachdem im Mittelniederländischen analog zum Mittelhochdeutschen in Äquativen überwiegend als(o) und in Komparativen dan verwendet worden war (vgl. Postma 2006: 3), wurde nach ersten vereinzelten Belegen mit komparativischem als im 14. und 15. Jahrhundert ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dan in den Komparativen wie im Deutschen weitgehend von als abgelöst, s. Bsp. (606), vgl. van der Horst (2008: 728), Postma (2006: 20, mit Bezug auf Klooster 2001: 352), so dass als im Niederländischen des späten 16. und insbesondere 17. Jahrhunderts verbreitet als Einheitsvergleichspartikel verwendet wurde. Hier finden wir also wiederum Wandel von der Äquativ- zur Komparativpartikel. Ab dem 18. Jahrhundert wurde dieser Sprachwandel jedoch teilweise rückgängig gemacht – laut van der Horst (2008: 1442) und Hubers/de Hoop (2013: 90) durch den Einfluss der präskriptiven Grammatikschreibung, die dan in Komparativen forderte (z. B. Balthazar Huydecoper Anfang des 18. Jahrhunderts). Im heutigen Niederländischen gilt daher das alte dan in Komparativen als korrekt – nach SAND (2005: 13) im Standard ausschließlich. Laut ANS (online unter http://ans.ruhosting.nl/e-ans/index.html) ist dagegen neben dan im Standardniederländischen auch die Komparativpartikel als zulässig, in der Schriftsprache aber v. a. dan gebräuchlich. Für viele Muttersprachler sei als in Komparativen jedoch grundsätzlich nicht korrekt und die Komparativpartikel dan geradezu ein Schibboleth für gutes Niederländisch („Voor velen is dan zelfs een sjibbolet voor correct Nederlands.“). Die Untersuchung des Korpus des gesprochenen Niederländischen (CGN) von Hubers/de Hoop (2013) ergab, dass in Komparativvergleichen tatsächlich insgesamt überwiegend dan gebraucht wird, in den südlichen Niederlanden (Limburg, Noord-Brabant, Zeeland) aber immerhin um 40 Prozent als. Zudem zeigt sich die Bedeutung soziolinguistischer Faktoren, insofern Sprecher mit geringerem Bildungsgrad im Durchschnitt leicht überwiegend (reichlich 60 Prozent) als statt dan als Komparativpartikel verwenden, wohingegen Sprecher mit hohem Bildungsgrad fast nur (ca. 90 Prozent) dan gebrauchen, so dass Hubers/de Hoop das generelle Überwiegen von dan als Effekt der Unterdrückung von als durch präskriptive, in der Schule vermittelte Regeln deuten und abschließend festhalten, dass ohne diesen starken normativen Druck heute vermutlich als statt dan die übliche Komparativpartikel im Niederländischen wäre (vgl. zum Einfluss des Bildungsgrads und entsprechender Kenntnis normativer Standardgrammatik auf die Vergleichspartikelwahl im Deutschen Kap. 5.1, (382), und 5.2, (469)). Auch die Dialektergebnisse des SAND (2005: 13, Karte 15b) belegen, dass sich das im 16./17. Jahrhundert verbreitete, sprachhistorisch progressivere Mus-

378

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

ter des Komparativanschlusses mit als in den niederländischen Dialekten bis heute erhalten hat: als/as bildet demzufolge sogar im gesamten niederländischen Sprachraum mit Ausnahme von West- und Ostflandern das Hauptmuster in Komparativen. Dialektal finden sich darüber hinaus in den Komparativvergleichen die Partikeln of (u. a. in Westflandern), wie (in Limburg), bis (im Südosten)349 und sogar komparativisches (ge)lijk (in Antwerpen), vgl. (607). Im letzteren Fall ist wiederum Wandel von einer Äquativ- zur Komparativpartikel im Sinn des Komparativzyklus anzunehmen, da (ge)lijk aufgrund seiner Semantik ‚gleich‘ zunächst Äquativpartikel gewesen sein muss und als solche auch verbreitet regional noch verwendet wird, insbesondere in Nicht-GradÄquativen, wo es gemäß Muster (599 ii) auf Grundlage eines Elements mit Identitätssemantik entstanden sein dürfte. Für diese Varietäten ließe sich somit diachron ebenfalls eine wiederholte Entwicklung gemäß dem Komparativzyklus nachweisen: zunächst Ersetzen von dan durch als, dann Ersetzen von als durch gelijk. Interessant ist darüber hinaus die Entwicklung im belgischen Standardniederländisch (BSN) und den flämischen Varietäten. Im belgischen Standardniederländisch, das in den belgischen Medien und formalen Situationen benutzt wird, hat sich in den Nicht-Grad-Äquativen die gemäß Muster (599 i) durch Verstärkung mit dem ursprünglichen Äquativkorrelat zo gebildete Äquativpartikel zoals durchgesetzt, vgl. (610 b). Im in den Niederlanden gesprochenen Standard wird zoals dagegen nur aufzählend verwendet, z. B. Ik hou van dieren, zoals bijvoorbeeld katten. ‚Ich mag Tiere wie zum Beispiel Katzen‘, wohingegen im Nicht-Grad-Äquativ wie in Grad-Äquativen als üblich ist, vgl. (609 a) und (610 a).350 Im belgischen Standardniederländischen liegt also ein Dreiersystem, vgl. Tabelle (600), mit Versprachlichung beider semantischer Merkmale [± Ungleichheit], [± Gradsemantik] vor mit zoals in Nicht-Grad-Äquativen, als in Grad-Äquativen und dan in Komparativen, vgl. (608 a), (609 a) und (610 b) – der gleiche Typ wie beispielsweise Mittelhochdeutsch mit den ebenfalls ein Dreiersystem darstellenden Hauptmustern also – so – dann. Dialektal, beispielsweise im Antwerpener Stadtdialekt (AD), ist im Flämischen wie in den meisten niederländischen Varietäten als/as in den Komparativen ebenso wie in den Grad-Äquativen üblich, vgl. (608 b) und (609 b). In

349 Z. B. wat er sterker is bis du ‚dass er stärker ist als du‘ (Vaals (Q222p), nach DynaSAND online http://www.meertens.knaw.nl/sand/). 350 Für Daten und Hinweise zum Standardniederländischen danke ich Pia-Mareen van de Kerkhof, zum belgischen Standardniederländischen sowie flämischen Varietäten Anne Breitbarth, Koen van Hooste und Chris de Wulf.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

379

den Nicht-Grad-Äquativen wird wie im belgischen Standard zoals (zoas, zuas etc.) oder das oben erwähnte gelijk/gelak gebraucht, vgl. (610 c). In diesen flämischen Varietäten hat sich also ein Zweiersystem mit Versprachlichung des Merkmals [± Gradsemantik] herausgebildet mit Einheitspartikel als/as in den Gradvergleichen (Komparativen und Grad-Äquativen) wie im Deutschen im 17. Jahrhundert und einer davon unterschiedenen Partikel (zoals/gelijk) in den Nicht-Grad-Äquativen: groter als mij/ik − zo groot als mij/ik − loopt zoals/gelijk mij/ik (Zweiersystem b in (600)).351 Solche Systeme mit unterschiedlichen Äquativpartikeln in Nicht-Grad-Äquativen vs. Grad-Äquativen (gelijk vs. of, gelijk vs. als, wie vs. als) und jeweils Verwendung der Letzteren auch in Komparativen sind auch in südniederländischen Dialekten zu finden, vgl. van der Horst (2008), z. B. Die man heeft een leven gelijk een grote heer ‚Der Mann hat ein Leben wie ein großer Herr‘ (Nicht-Grad-Äquativ) vs. Onze metselaar is zo vet als … ‚Unser Maurer ist so fett wie …‘ (Grad-Äquativ; als auch im Komparativ). Während also in den niederländischen Varietäten ganz überwiegend die gleiche Entwicklungsrichtung wie im Deutschen von Äquativen zu Komparativen zu beobachten ist mit distributioneller Verschiebung von als und z. T. gelijk von Äquativen zu Komparativen, finden sich wie vereinzelt im historischen Deutschen und im Englischen auch teilweise Belege für die entgegengesetzte Entwicklungsrichtung, indem dan, laut ANS (online unter http://ans.ruhosting.nl/e-ans/index.html), bisweilen nicht regelkonform statt als in Äquativen gebraucht wird, vgl. (611). Hierbei handelt es sich charakteristischerweise wiederum um einen negierten Äquativ, so dass insgesamt eine Ungleichheit bezeichnet und daher die Komparativpartikel dan verwendet wird. Zudem spielt laut ANS möglicherweise eine hyperkorrekte als-Vermeidung („als-fobie“) eine Rolle. Auch Hubers/de Hoop (2013: 91) sprechen in diesem Zusammenhang von Hyperkorrektur. Das von ihnen (ibd. 100, Fußn. 1) angeführte Beispiel ist bezeichnenderweise ein Äquativ mit einem Ausdruck von Vielfachen, die wie negierte Vergleiche wichtige Brückenkontexte für die Disributionsverschiebung der Vergleichspartikeln darstellen (s. Kap. 7.3.4). Ähnliche Belege finden sich bereits im historischen Niederländisch, beispielsweise im 18. Jahrhundert, vgl. van der Horst (2008: 1547), der auf bei Huydecoper (1730) aufgeführte Fälle von äquativischem dan verweist – wiederum v. a. Belege mit Negation (‚nichts so sehr wie‘, ‚nicht halb so viele wie‘).

351 Das optionale Auftreten von obliquen Kasusformen entsprechenden Pronominalformen im Phrasenvergleich (mij statt ik etc.) wird z. T. als Argument für eine Analyse der Vergleichspartikel als Präposition gedeutet, vgl. SAND (2005: 13), Hubers/de Hoop (2013) u. a., s. dazu aber Kap. 8.1. Es unterstützt die ‚direkte Analyse‘ (Osborne 2009 u. a., vgl. Kap. 8.2). Laut van der Horst (2008: 1914) handelt es sich um eine Neuerung des 20. Jahrhunderts.

380

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

(606) Komparativ mit als: Histor. Nl. Een Vrouw brenght meer te weegh, als dysent mannen souwen ‚Eine Frau bringt mehr zu Wege als tausend Männer würden‘ (Bredero 17. Jh. – nach van der Horst 2008: 1272)352 (607)

Komparativ mit (ge)lijk: ze gelove da wij rijker zijn lijk zullie ‚Sie glauben, dass wir reicher sind als sie.‘ (Sint Lenaarts (K209p), DynaSAND)353

(608) Komparativ mit dan vs. als (as): a. Mijn kat is een beetje kleiner dan je hondje. b.

(610)

(611)

Standard-Nl./BSN

Mijn kaet is een bekke/bitshe klender as awen ond. ‚Meine Katze ist ein bisschen kleiner als dein/euer Hund.‘

(609) Äquativ (Grad-Äquativ) mit als (as): a. Koen is even (/zo) oud als Antje. b.

Nl. Dialekt

De Koen is even/zoe oud as Antje. ‚Koen ist so alt wie Antje.‘

AD

Standard-Nl./BSN AD

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit als vs. zoals (zuas)/gelijk (gelak): a. Zij zingt als Kylie Minogue. Standard-Nl. b.

Zij zingt zoals Kylie Minogue.

c.

Zij zingt zuas/gelak Kylie Minogue. ‚Sie singt wie Kylie Minogue.‘

BSN AD

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dan: Nl. Dialekt/Umgangsspr. Zij is toch niet even groot dan haar broertje? ‚Sie ist doch nicht so groß wie ihr Bruder?‘ (ANS, online unter http://ans.ruhosting.nl/e-ans/index.html)

Diachrone Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln im Sinn des Komparativzyklus sind jedoch bei Weitem nicht nur auf germanische Sprachen beschränkt, sondern finden sich auch in vielen anderen indogermanischen Sprachen. So dürfte bereits in der Entwicklung vom Vedischen zum klassischen

352 Van der Horst (2008: 1275): Bredero gebraucht dan und als. 353 DynaSAND online http://www.meertens.knaw.nl/sand/.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

381

Sanskrit ein semantisch-syntaktischer Distributionswandel der Vergleichspartikeln in der gleichen Richtung stattgefunden haben. Die Vedische Äquativpartikel ná ‚wie‘354 wird später im klassischen Sanskrit als Komparativpartikel ná ‚als‘ verwendet. Laut Zeilfelder (2001: 99) besteht zwar keine Bezeugungskontinuität, weshalb sie selbst eher von einer unabhängigen Neuschöpfung ausgeht, da sie einen semantischen Wandel von einer Äquativpartikel zu einer Komparativpartikel für unwahrscheinlich hält. Sie deutet jedoch selbst bereits eine Ähnlichkeit zur „als-wie-Verwechslung im deutschen Substandard“ (ibd.) an. In der Tat ist der Wandel von einer Äquativ- zu einer Komparativpartikel, wie der Sprachvergleich zeigt, durchaus häufig und systematisch nicht nur im Deutschen und auch hier nicht nur im ‚Substandard‘, sondern v. a. auch diachron zu beobachten, so dass die gleiche Entwicklung im Sanskrit durchaus nicht unwahrscheinlich ist. Setzt man auf der Grundlage des vedischen ná ein urindogermanisches *né mit den Funktionen Negation ‚nicht‘ und Äquativpartikel an, so hat beispielsweise auch zum litauischen nè, das außer als Negation auch als Komparativpartikel verwendet wird, eine distributionelle Verschiebung von Äquativ zu Komparativ stattgefunden. Im Litauischen sind darüber hinaus weitere, auf Basis von *né in Kombination mit einer Partikel (*ei bzw. *i) gebildete Vergleichspartikeln zu finden: die Komparativpartikel neĩ und die Äquativpartikel néi, die nahezu identisch und nur intonatorisch unterschieden sind, vgl. Vine (1978: 183 f.). Letztere Partikel dürfte in einer Zeit entstanden sein, als litauisch nè noch keine Komparativpartikel, sondern wie uridg. *né außer einem Negator ‚nicht‘ noch eine Äquativpartikel war.355 Jensen (1934: 124) führt litauisch kaĩp als weiteres Beispiel einer Komparativpartikel an, die ursprünglich nur äquativisch gewesen sei.356 Eine Entwicklung in der Richtung von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen findet sich auch im Altarmenischen: laut Zeilfelder (1996: 195 f., 2001: 3) lässt sich der altarmenische Komparationskasus Akkusativ zurückführen auf einen Akkusativ, der ursprünglich von der Präposition i regiert wurde, die zusammen mit einer imperativischen Form ‚vergleiche‘ etymologischer Bestandteil der Äquativpartikel ibrew ist. Nachdem ibrew zur Äquativpartikel grammatikalisiert worden war, wurde der Akkusativ als Vergleichskasus reanalysiert. Anschließend wurde der Vergleichskasus Akkusativ von den Äquativ-

354 Laut Pinault (1985) geht äquativisches ná seinerseits auf die homophone Negationspartikel ná zurück. 355 Für Hinweise zum Urindogermanischen und Litauischen danke ich Eugen Hill. 356 Laut Thurmair (2001: 98) findet sich in ähnlicher Weise im Estnischen eine Einheitsvergleichspartikel.

382

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

vergleichen auf die Komparativvergleiche übertragen. Neben dieser Entwicklung von Äquativen zu Komparativen scheint es einen weiteren Fall im Altarmenischen zu geben: die Vergleichspartikel k’an, die vor allem als Komparativpartikel belegt ist, vgl. (612), kommt daneben (statt sonst üblichem ibrew, vgl. (613)) auch in Äquativen vor, vgl. (614). Etymologisch wird sie zumeist mit lateinisch quam (dazu s. u.) bzw. quantus < *kwānt ‚wie viel‘ in Verbindung gebracht, was für eine ursprünglich äquativische Semantik spricht, so dass hier ebenfalls eine syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen (‚wie‘ > ‚als‘) erfolgt sein dürfte.357 (612)

Komparativ mit k’an: c'ankali ê na k'an z-oski begehrenswert COP DEM.3SG als AKK-Gold ‚Es ist begehrenswerter als Gold.‘

Altarmenisch

(613)

Äquativ mit ibrew: očʻ em ibrew z-ayls Neg COP1sg wie AKK-ander.AKK.PL ‚Ich bin nicht wie die anderen.‘

(614)

Äquativ mit k’an: et'e ownic’ik’ hawats k’an z-hat wenn haben.2PL.KONJ.PRS. Glaube.AKK.PL. wie AKK-Korn mananxoy Senf.GEN.SG. ‚wenn ihr Glauben habt (so groß) wie ein Senfkorn‘

Das Altgriechische zeigt ebenfalls wiederholt die Entwicklung einer Äquativzur Komparativpartikel: die reguläre altgriechische Komparativpartikel ḗ, die neben der Vergleichskasuskonstruktion mit Genitivus Comparationis als weiteres Muster zur Kennzeichnung des Vergleichsstandards in Komparativvergleichen verwendet wird, ist etymologisch auf ēê ‚oder‘ bzw. *ēé ‚wie‘ zurückzuführen, vgl. Schwyzer (1950: 565) und Zeilfelder (2001: 65), dürfte also auf einer ursprünglichen Äquativpartikel beruhen, die zur Komparativpartikel geworden ist. Die gleiche Distributionsverschiebung zeigt auch die verstärkte Form ēÿ́te, die ursprünglich als Äquativpartikel ‚wie‘ verwendet wird, vgl. (615), aber schon bei Homer auch als Komparativpartikel auftritt, vgl. (616), s. auch

357 Für Hinweise und Belege zum Altarmenischen und Altgriechischen danke ich Daniel Kölligan.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

383

Schwyzer (1950: 565). Schließlich zeigt sich die gleiche Entwicklung von einer Äquativ- zur Komparativpartikel nochmals bei der ähnlich wie das deutsche wie aus einem Modaladverb entstandenen Partikel hōs ‚wie‘, die auch als Äquativpartikel verwendet wird, vgl. (617), und gelegentlich ebenfalls komparativisch belegt ist, vgl. (618), was bereits Hildebrand (1871: 362, Fußn. 1) und Lerch (1942: 354) explizit als Parallele zur Entwicklung der deutschen Vergleichspartikel wie von Äquativen zu Komparativen erwähnen.358 Auch im Griechischen scheint also die Distributionsverschiebung einer Äquativpartikel zur Komparativpartikel zyklisch wiederholt aufgetreten zu sein. (615)

Äquativ mit ēÿ́te: Altgriechisch hòs kaì chrysòn échōn pólemond᾽ íen ēÿ́te koúrē der auch Gold habend in-den-Kampf ging wie Mädchen ‚Dieser kam zum Kampf in einem goldenen Gewand wie ein Mädchen.‘ (Homer, Ilias 2, 872)

(616)

Komparativ mit ēÿ́te: tō̂i dé t᾽ áneuthen eónti melánteron ēÿ́te diesem Part Part in-der-Ferne Seienden schwärzer wie/als píssa phaínet᾽ Pech scheint ‚Siehe, schwärzer als Pech scheint sie dem Fernestehenden.‘ (Homer, Ilias 4, 277 f.)

(617)

Äquativ mit hōs: daimóni’ oú se éoike kakòn hṑs von-Gott-Gestrafter Neg dich ziemt-sich Schlechten wie deidíssesthai sich-fürchten ‚Mann des Unglücks! Nicht steht es dir an, dich wie ein Geringer zu fürchten!‘ (Homer, Ilias 2, 190)

358 Zeilfelder (2001: 297–318) zufolge unterscheiden sich die Partikeln im Altgriechischen distributionell nach Satz- vs. Phrasenvergleich: Die Äquativpartikel ēÿ́te ist auf Phrasenvergleiche beschränkt, die aus einem Modaladverb entstandene Äquativpartikel hōs wird dagegen in Satzvergleichen verwendet und zwar vor allem in Nicht-Grad-Äquativen. In Grad-Äquativen sei sie nur schwach bezeugt und sekundär – ebenfalls Evidenz für eine Entwicklung im Komparativzyklus in der gleichen Richtung wie im Deutschen, wo die Entwicklung auch von den Nicht-Grad-Äquativen ausgeht.

384

(618)

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

(Äquativ und) Komparativ mit hōs: Kaì mḗn, hōs egō̂imai, há ge meízō pónon paréchei und wahrhaftig wie ich-meine die Part größere Mühe bereitet manthánonti kaì meletō̂nti, ouk àn rhāidíōs oudè Lernendem und Sich-Mühendem Neg wohl leicht und-nicht toûto. pollà àn heúrois hōs viele wohl finden-kannst wie/als dieses ‚Und wahrhaftig, wie ich glaube, wirst du etwas, was dem Lernenden und Übenden mehr Mühe bereitet als dieses, wohl nicht leicht entdecken noch vieles davon finden.‘ (Plato, Staat, 526c)

Auch im Lateinischen findet sich Evidenz für die semantisch-syntaktische Distributionsverschiebung von Vergleichspartikeln von Äquativen zu Komparativen gemäß dem Komparativzyklus. Die lateinische Vergleichspartikel quam, die etymologisch als Akkusativ (oder als alter Instrumental) des Relativ-/Interrogativstamms *kwo- zu fassen ist, hat laut Hildebrand (1871: 362, Fußn. 1), Middleton (1892: 59), Small (1924: 123, 1929: 22), Lerch (1942: 354), Tarriño (2009: 384) und Weiss (2009: 425) eine solche Distributionsverschiebung mitgemacht, wobei die Autoren mehrheitlich sogar explizit auf die Parallelität zur Distributionsverschiebung der deutschen Vergleichspartikel wie hinweisen. Im klassischen Latein ist quam in der Verbindung mit dem Korrelat tam in GradÄquativen belegt, vgl. (620),359 und kommt ansonsten in Komparativvergleichen vor, wie in (619) illustriert.360 In Nicht-Grad-Äquativen wird dagegen regulär die Äquativpartikel ut verwendet, vgl. (621), (Lerch 1942: 330 f.; Tarriño 2009: 399 f.).361 Das Distributionsmuster von quam im klassischen Latein ähnelt damit dem des als im frühen Neuhochdeutschen des 17. Jahrhunderts, was zusätzlich zur Etymologie von quam für eine analoge Entwicklung spricht: Wie das in Nicht-Grad-Äquativen aufgekommene deutsche als im 17. Jahrhundert in dieser Äquativart schon weitgehend von wie abgelöst ist, dagegen in Grad-

359 Neben tam … quam gab es in Grad-Äquativen im Lateinischen auch weitere Vergleichspartikeln in korrelativen Verknüpfungen wie talis … qualis, tantus … quantus etc., vgl. Tarriño (2009: 383). Auf Grundlage des Korrelats tam und der Äquativpartikel quam ist entsprechend dem oben in (599 i) genannten, auch in der Geschichte des Deutschen mehrfach genutzten Grammatikalisierungspfad im Lateinischen die komplexe Äquativpartikel tamquam gebildet worden. 360 In Komparativen ist daneben auch das wohl ältere Muster der Kennzeichnung des Vergleichsstandards mit Vergleichskasus Ablativ möglich, vgl. oben Kap. 2.1 und Weiss (2009: 451). 361 Wie zuvor bei der älteren Äquativpartikel quam und dem Korrelat tam finden sich, wie bereits erwähnt, auch Verschmelzungen dieser neuen Äquativpartikel ut und des Korrelats sic entsprechend Muster (599 i) zur neuen Äquativpartikel sicut.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

385

Äquativen (nach Korrelat + Adjektiv) aber noch das Hauptmuster bildet und ebenso bereits in Komparativvergleichen ganz überwiegend als Vergleichsanschluss gebraucht wird, ist auch quam im klassischen Latein praktisch nicht mehr in Nicht-Grad-Äquativen belegt,362 sondern schon durch ut ersetzt, nach Korrelat aber durchaus noch äquativisch gebräuchlich und parallel bereits Komparativpartikel geworden. Hier läge damit im Lateinischen ebenfalls eine stufenweise Distributionsverschiebung von Nicht-Grad-Äquativen zu GradÄquativen und schließlich zu Komparativen und das nachfolgende Aufkommen einer neuen Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen vor.363 Das sich ergebende System ist ein Zweiersystem mit Versprachlichung des Merkmals [± Gradsemantik] (Zweiersystem b in Tabelle (600) oben). (619)

Komparativ mit quam: Facile inuenis peiorem […] quam illa fuit. leicht findest-du schlechtere als diese war ‚Du findest leicht eine schlechtere, als diese war.‘ (Plaut. Stich. 109, nach Tarriño 2009: 380)

(620)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit quam und Korrelat tam: tam beati quam iste est so glücklich wie jener ist ‚so glücklich, wie jener ist‘ (Cic. Verr. II 4, 126, nach Tarriño 2009: 381)

(621)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit ut: Faciam ut iubes. ich-werde-tun wie du-beschließt ‚Ich werde es machen, wie du beschließt.‘ (Plaut. Cas. 419, nach Tarriño 2009: 402)

(622)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit quomodo: Solebat sic cenare quomodo rex. pflegte so speisen wie König ‚Er pflegte so zu speisen wie ein König.‘ (Petron. 38, 15, nach Tarriño 2009: 401)

Latein

362 Reste der Verwendung von quam in Nicht-Grad-Äquativen (ohne Korrelat) finden sich laut Tarriño (2009: 387) vereinzelt noch in allen Sprachstufen des Lateinischen von Plautus bis zum Spätlateinischen. 363 Auch für als Vergleichspartikel verwendetes lat. et dürfte eine Distributionsverschiebung von Äquativen zu Komparativen anzunehmen sein, vgl. Small (1924: 55) zu äquativischem und komparativischem et im Lateinischen.

386

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Neben ut tritt zudem bereits im Lateinischen eine neu auf Grundlage eines ursprünglichen nominalen Syntagmas (ähnlich wie dt. inmassen < ‚in dem Maß/der Art‘) entsprechend (599 iv) grammatikalisierte Äquativpartikel auf, nämlich das bereits erwähnte quomodo (< quo modo ‚auf welche Weise‘), vgl. (622). Diese Partikel wird im Lateinischen laut Gamillscheg (1957: 743) „nur bei Vergleichen gebraucht, die an die Art und Weise des Geschehens im Hauptsatz anknüpfen“, d. h. in Nicht-Grad-Äquativen. Auch hier geht also die Neuerung von den Nicht-Grad-Äquativen aus. Im weiteren Verlauf der sprachhistorischen Entwicklung ersetzt quomodo bzw. dessen Nachfolgeformen como/com(e)/comme/cum etc. in den romanischen Einzelsprachen die Äquativpartikel ut in den Nicht-Grad-Äquativen vollständig. Im nächsten Schritt erfolgte auch hier eine semantisch-syntaktische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikel como/com(e)/comme/cum etc. in den romanischen Einzelsprachen wiederum in der gleichen Richtung wie im Deutschen, d. h. zunächst eine Erweiterung von Nicht-Grad-Äquativen auf Grad-Äquative – Tarriño (2009: 389) zufolge gemäß „a general trend of expressions of manner to change into expressions of degree“ − ein Trend, der offensichtlich Teil des umfassenderen Sprachwandelprozesses des Komparativzyklus ist. Diese Situation liegt im heutigen Spanischen, Katalanischen, Portugiesischen und Italienischen vor, vgl. Price (1990), wo como, com bzw. come sowohl in Nicht-Grad-Äquativen als auch in Grad-Äquativen verwendet wird, wie in (623) und (624) am Italienischen illustriert.364 Dagegen wird in den Komparativen que/che gebraucht, vgl. (625), das wie seine Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen in vergleichender Verwendung üblicherweise auf lateinisch quam zurückgeführt wird, vgl. u. a. Mattoso Camara (1972: 73, 214) zum Portugiesischen, Gamillscheg (1957: 743, 748) und Etymologisches OnlineWörterbuch des Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales (www.cnrtl.fr/etymologie/que) zum Französischen.365 Damit wäre quam > che/ que wie nhd. als distributionell heute in den genannten Sprachen nur noch in seinem jüngsten Gebrauchskontext, dem Komparativvergleich, erhalten. In que sind jedoch lautlich eine ganze Reihe von nebensatzeinleitenden Elementen des Lateinischen, neben quam u. a. quia, quid, quod und quem zusammengefallen, so dass que/che quasi die universelle Nebensatzeinleitung in den romanischen Sprachen darstellt.366 In den genannten romanischen Sprachen mit

364 Für Beispiele und Hinweise zum Italienischen danke ich Chiara Gianollo und Marco Coniglio. 365 Vs. Seuren (1984: 123): que < Lat. quo, Small (1924: 53 f.): Frz. que, Ital. che etc. < Lat. quem/quia, nur Rumän. ca < quam. 366 Im rumänischen ca (s. u.) ist dagegen noch der Vokal des zurundeliegenden quam erhalten.

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

387

como/come/com in Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen vs. que/che in Komparativvergleichen liegt also ein Zweiersystem mit Versprachlichung des Merkmals [± Ungleichheit] vor (Zweiersystem a in (600)).367 (623)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit come: Italienisch Maria corre come (corre) Anna ‚Maria läuft wie Anna.‘

(624)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit come (oder quanto): Maria è (così) alta come Anna Maria è alta tanto quanto Anna ‚Maria ist so groß wie Anna.‘

(625)

Komparativ mit che: Tu sei più bella che una rosa (/ di una rosa). ‚Du bist schöner als eine Rose.‘

Die gleiche Distribution wie como/com(e) in den genannten Sprachen hatte com(e) auch im Altfranzösischen.368 Es wurde also im Gegensatz zum heutigen französischen comme auch in Grad-Äquativen üblicherweise verwendet, vgl. (626). Unter anderem im Altfranzösischen zeigen sich laut Lerch (1925, I: 232 „volkstümliche Verwechslung der Vergleichskonjunktionen“) und Gamillscheg (1957: 748) sogar Ansätze einer weiteren Distributionsverschiebung dieses Lexems bis in die Komparativvergleiche, vgl. (627), wiederum analog zur Entwicklung der Vergleichspartikeln im Deutschen. (626)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit come: Altfranzösisch Aussi gros come li bondons d’un tonel so groß wie der Spund von einem Fass ‚so groß wie der Spund eines Fasses‘ (Joinville in Paris-Langlois, Chrestom. 220, nach Lerch 1925, I: 228)

367 In den Äquativvergleichen ist daneben beispielsweise im Italienischen und Portugiesischen auch die ebenfalls auf Grundlage eines w-Elements ‚wie viel‘ grammatikalisierte Vergleichspartikel quanto möglich, vgl. (624). In den Komparativvergleichen sind zudem teilweise typologisch der Vergleichskasuskonstruktion entsprechende Vergleichskonstruktionen mit funktionaler Präposition de/di, vgl. (625), sowie in den meisten romanischen Sprachen unterschiedlich stark grammatikalisierte relativische Konstruktionen mit vergleichskasus-äquivalenter Präposition de/di und pronominalem Element zu finden: Spanisch de lo que, Portugiesisch do que, Französisch de ce que, Italienisch di quanto/di quello que/di come, Rumänisch decît, Katalanisch del que etc., vgl. Price (1990). 368 Für Hinweise zum Altfranzösischen danke ich Martin Becker.

388

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

(627)

Komparativ mit com(e): Vëis tu onques home plus mal mené com fu mes sires? sahst du jemals Mensch mehr schlecht benommen wie war mein Herr ‚Hast du jemals einen Menschen gesehen, der sich schlechter benommen hat als mein Herr?‘ (Gaydon 31, nach Gamillscheg 1957: 748)

(628)

Komparativ mit que: Mais je proverai que li cuens vaut miauz que cil ne fist aber ich werde-beweisen dass der Herzog wert-ist mehr als dieser Neg tut ‚Aber ich werde beweisen, dass der Herzog mehr wert ist als dieser.‘ (Perceval 16, nach Gamillscheg 1975: 750)

(629)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit que: Qui est blance qu’aubespin ‚die weiß wie Weißdorn ist‘ (nach Lerch 1925, I: 230)

Im weiteren Verlauf der Entwicklung setzt dann aber bemerkenswerterweise eine gegensätzliche Entwicklung ein: das im Altfranzösischen den regulären Komparativanschluss bildende que, vgl. (628), taucht – zunächst nur ganz vereinzelt – auch als Äquativpartikel auf, vgl. Lerch (1925, I: 230), s. Bsp. (629). Es weitet sich laut Gamillscheg (1957: 743) und Buridant (2000: 550) seit dem 13. Jahrhundert zunehmend distributionell auf die Grad-Äquative aus und ersetzt dort seinerseits comme, das jedoch teilweise sogar „bis in die Klassikerzeit hinein“ ( Lerch 1942: 331), laut Buridant (2000: 555) bis ins 17. Jahrhundert sowie umgangssprachlich bzw. dialektal sogar vereinzelt bis heute (Lerch 1925, I: 228) noch als Vergleichspartikel in Grad-Äquativen belegt ist. Ab dem 17. Jahrhundert fordert auch die präskriptive französische Grammatikschreibung die Verwendung der Vergleichspartikel que statt comme nach Korrelaten wie autant, tel, si und aussi, d. h. in Grad-Äquativen.369 Damit bildet sich ab 369 Laut Lerch (1925, I: 228) fordert von den präskriptiven französischen Grammatikern des 17. Jahrhunderts Vaugelas in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nach den Korrelaten autant und tel die Vergleichspartikel que statt comme, lässt Letztere aber nach den Korrelaten aussi und si noch zu. Dagegen fordern in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Ménage, Corneille und Richelet in all diesen Grad-Äquativen que statt comme. Auch hier zeigt sich wieder die Rolle des Korrelats für die Unterscheidung von Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, insofern ohne Korrelat auch nach Adjektiv bis heute comme verwendet wird (sog. generische Äquative): belle comme une rose (Lerch 1942: 331) ist damit als Nicht-Grad-Äquativ (Faktizitätsvergleich) aufzufassen, nicht als Grad-Äquativ, vgl. Kap. 1.2, Fußn. 14, sowie Kap. 4.2, die Ausführungen zu Bsp. (312).

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

389

dem 13. Jahrhundert allmählich das noch heute im Standardfranzösischen vorliegende Distributionsmuster mit Einheitsvergleichspartikel que in den Gradvergleichen (Komparativen und Grad-Äquativen, z. B. Il est plus/aussi grand que moi. ‚Er ist größer als/so groß wie ich‘)370 vs. comme in den Nicht-GradÄquativen (z. B. Il fait cela comme moi ‚Er macht es wie ich‘) heraus.371 Damit wird im Gegensatz zum Altfranzösischen, wo das Merkmal [± Ungleichheit] durch die Wahl der Vergleichspartikel versprachlicht wurde, nunmehr das Merkmal [± Gradsemantik] durch verschiedene Partikeln ausgedrückt, was einem diachronen Wandel von Zweiersystem a zu b im Sinn von (598) bzw. (600) entspricht. Etymologisch wird, wie oben erwähnt, das vergleichende französische que wie seine Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen auf lateinisch quam zurückgeführt, wobei in que wie beschrieben eine Reihe von nebensatzeinleitenden Elementen des Lateinischen zusammengefallen sind, so dass es quasi die universelle Nebensatzeinleitung darstellt.372 Dies mag auch der Grund für die diachrone distributionelle Ausbreitung des que im Französischen von den Komparativen in die Äquative und damit entgegen der sonst sprachvergleichend vorherrschenden Entwicklungsrichtung sein: que wird als ubiquitäre Nebensatzeinleitung zunehmend auch in allen Vergleichskonstruktionen generalisiert. Laut Gamillscheg (1957: 744) hat insbesondere die Homonymie zum Relativum que in semantisch und syntaktisch mit Vergleichen verwandten Konstruktionen zur Distributionserweiterung des komparativischen que auf die Äquative beigetragen, indem relativische Konstruktionen wie le même que ‚der/das Gleiche, der/das‘ als äquativisches ‚der/das Gleiche wie‘ reanalysiert wurden und somit als Brückenkontexte der syntaktisch-semantischen Verschiebung fungierten.

370 In ähnlicher Weise wird im Okzitanischen que und Wallonischen k‘ als Einheitsvergleichspartikel in Grad-Äquativen und Komparativen verwendet, vgl. Price (1990: 232). 371 In den Nicht-Grad-Äquativen kommen neben comme im Verlauf der französischen Sprachgeschichte auch komplexe Partikeln auf (vgl. Gamillscheg 1957: 746 f.). Im 16. Jahrhundert ist neben einfachem comme auch ainsi comme, später auch ainsi que gebräuchlich, d. h. Partikeln, die jeweils durch Kombination eines Korrelats und der Äquativpartikel gemäß dem Grammatikalisierungspfad in (599 i) entstanden sind und (ähnlich wie im Deutschen die Äquativpartikel wie) zunächst nur in Satzvergleichen, erst sekundär auch in Phrasenvergleichen belegt sind. Analog aus ursprünglichem Korrelat und Äquativpartikel gebildet ist autant que, das ebenfalls vom 16.−18. Jahrhundert funktionsgleich zu ainsi que als komplexe Äquativpartikel gebraucht wird. Schließlich gibt es im historischen Französischen auch Neubildung von Vergleichspartikeln aus ursprünglichen nominalen Syntagmen, vgl. (599 iv), beispielsweise de même que. 372 Jensen (1934: 124) nimmt dagegen an, dass que/che in den romanischen Sprachen auf Lat. quod zurückgehe, das ursprünglich nur im ‚Identitätsvergleich‘, also Äquativvergleich berechtigt sei. Auch unter dieser Annahme würde hier ein weiteres Beispiel für den häufigen Wandel der Äquativ- zur Komparativpartikel, also für den Komparativzyklus, vorliegen.

390

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Analoge Distributionsverschiebungen in der Richtung von Komparativen zu Äquativen finden sich auch bei den Entsprechungen von que in einigen anderen romanischen Sprachen: Im Rumänischen ist in (nicht-sententialen) Grad-Äquativen statt des dem französischen comme entsprechenden cum (< quomodo), vgl. (630), auch das dem französischen que entsprechende, sonst auch als Komparativpartikel vorkommende ca (< quam) möglich, vgl. (631) und (632), dazu auch Price (1990: 200, 205), aber Meyer-Lübke (1899: 304: ca als rumän. Fortsetzung von lat. quam im Äquativ und als Neuerung auch im Komparativ). Auch im umgangssprachlichen Italienischen ist teilweise eine solche Distributionserweiterung einer Komparativpartikel auf Äquative zu beobachten, indem entgegen der Standardsprache che nicht nur in Komparativen, sondern auch in Grad-Äquativen gebraucht wird, vgl. (633), s. Price (1990: 176). Gleiches gilt für regionale Varietäten des Italienischen wie das Friaulische, sowie in noch stärkerem Maß für das Sardinische, da hier che nicht nur in Komparativen und Grad-Äquativen, sondern bereits optional in Nicht-Grad-Äquativen möglich ist, vgl. Haspelmath/Buchholz (1998: 315). (630)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit cum: Scriu tot așa de corect cum citești tu. schreibe ganz so von richtig wie liest du ‚Ich schreibe so richtig wie du liest.‘ (nach Price 1990: 205)

Rumänisch

(631)

Komparativ mit ca: Ion e mai mic ca mine. Ion ist mehr klein als ich ‚Ion ist kleiner als ich.‘ (nach Price 1990: 202)

(632)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit ca: E la fel de înalt ca mine. ist nach Art von groß wie ich ‚Er ist so groß wie ich.‘ (nach Price 1990: 205)

(633)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit che: Umgangsspr. Italienisch Riesce tanto nella pittura {quanto/che} nella scultura. ist-erfolgreich so in-der Malerei wie in-der Bildhauerei ‚Er ist so gut im Malen wie im Bildhauen.‘ (nach Price 1990: 176)

391

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

Die diachrone Entwicklung im Lateinischen und davon ausgehend in verschiedenen romanischen Einzelsprachen ist in der Übersicht in (634) zusammengefasst. Hier sind anschließend an das Lateinische insbesondere das Altfranzösische und das heutige Französische als Entwicklungsstufen eingetragen. Weitere romanische Varietäten, die selbstverständlich keine diachronen französischen Sprachstufen darstellen, aber weiteren Stufen in der Entwicklung entsprechen, sind in der Tabelle grau unterlegt ergänzt.373 So entspricht das Friaulische einer Zwischenstufe zwischen dem historischen und heutigen Französisch, das Sardinische einer möglichen weitergehenden Entwicklungsstufe. (634)

Entwicklung von Vergleichspartikeln in romanischen Sprachen Äquative Nicht-Grad-Äquative

(Klass.) Latein

Komparative Grad-Äquative

ut /quomodo

quam

quam

Altfranz. (~ Spanisch, Katalan., Portug., Ital.)

(quomodo >) come

come

(quam > ) que (selten come)

Friaulisch (~ Rumän.)

come

come/que

que

comme

que

que

comente/che

che

che

mod. Französisch Sardinisch

Interessant ist, dass wie bei der Entwicklung im Deutschen und anderen Sprachen und in Übereinstimmung mit der semantischen Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten in (597) eine Dreistufung in der Entwicklung zu beobachten ist, gemäß der die Grad-Äquative eine Zwischenstellung zwischen NichtGrad-Äquativen und Komparativvergleichen einnehmen. Ähnlich wie im Lauf des Komparativzyklus im Deutschen ergeben sich Entwicklungsstufen mit Einheitsvergleichspartikel für Vergleiche mit [+ Gradsemantik] (Zweiersystem b in (598)/(600)), so im heutigen Französischen que, oder mit Einheitsvergleichs-

373 Dies gilt, soweit tatsächlich diachron ein historisches Zwischenstadium mit como/ com(m)e etc. in allen Arten von Äquativen anzusetzen ist, wie es im Altfranzösischen sowie im heutigen Spanischen, Portugiesischen und Standarditalienischen zu finden ist, und que/ che im Friaulischen, Sardinischen etc. nicht etwa direkter Fortsetzer des lateinischen äquativischen quam in diesen Kontexten ist, was angesichts der Verteilung im Lateinischen unwahrscheinlich ist, da hier quam in Nicht-Grad-Äquativen bereits praktisch nicht mehr belegt ist.

392

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

partikel für Vergleiche mit dem Merkmal [− Ungleichheit] (Zweiersystem a in (598)/(600)), so im historischen Französisch comme, oder sogar mit Einheitsvergleichspartikel für alle Vergleiche mit dem Sardinischen che (Einersystem in (598)/(600)). Bemerkenswert ist allerdings, dass die Entwicklung im Französischen und einigen anderen romanischen Sprachen bzw. Varietäten wie dem Rumänischen, Friaulischen und Sardinischen − im Gegensatz zum Deutschen und anderen Sprachen und zur vorherigen Entwicklung im Lateinischen und weiter zum Altfranzösischen, Spanischen, Katalanischen, Portugiesischen und Italienischen − von den Komparativvergleichen zu den Äquativvergleichen verläuft. Auf diese Weise wird die der typischerweise im Komparativzyklus zu beobachtenden Entwicklungsrichtung entsprechende Distributionsverschiebung des lateinischen quam und quomodo in diesen Sprachen bzw. Varietäten aufgrund der Universalität des que/che als Nebensatzeinleitung quasi wieder zurückgedreht, wie die Pfeile in (634) verdeutlichen. In slavischen Sprachen gibt es ebenfalls Evidenz für Wandel gemäß der im Komparativzyklus typischen Entwicklungsrichtung von Äquativen zu Komparativen.374 Im Polnischen wird in Grad-Äquativen wie (635) und Nicht-GradÄquativen wie (636) jeweils eine – ähnlich wie im Deutschen und vielen an deren europäischen Sprachen – mit dem Interrogativum identische Vergleichspartikel verwendet: jak.375 Dagegen ist in Komparativvergleichen die Partikel niż gebräuchlich, vgl. (637a) und (638a), daneben seltener (in phrasalen Komparativvergleichen) die Partikel od mit Genitiv des phrasalen Vergleichsstandards,376 vgl. (637b) und (638b) (zur Analyse von Phrasenvergleichen im Unterschied zu Satzvergleichen in slavischen Sprachen vgl. Pancheva 2006, 2010). In negierten Komparativvergleichen ist jedoch umgangssprachlich auch die eigentliche Äquativpartikel jak als Vergleichspartikel möglich, vgl. (638c).377 374 Für Daten und Hinweise zum Polnischen danke ich Barbara Tomaszewicz. 375 Das optional im Matrixsatz auftretende samo ‚gleich‘, das im Nicht-Grad-Äquativ adjazent zur Vergleichspartikel zu stehen kommt, erinnert an die Ursprünge der alt- und insbesondere mittelhochdeutschen, ebenfalls aus dem matrixinternen, vergleichspartikel-adjazenten Element gemäß (599 ii) grammatikalisierten Vergleichspartikel sam(a/e) und entsprechende som in skandinavischen Sprachen. 376 Hier dürfte eine ursprüngliche Vergleichskasuskonstruktion mit kasusäquivalenter funktionaler Präposition ot > od ‚von‘ vorliegen (vgl. Ital. vergleichskasusäquivalente Präposition di alternativ zu Vergleichspartikel che in Komparativen). 377 „Przyimek jak jest używany w konstrukcjach porównawczych, zawierających w pierwszym, zaprzeczonym członie przymiotnik w stopniu wyższym, np. Nie ma nic lepszego jak mocna herbata. Natomiast niepoprawne jest używanie w takich porównaniach przyimka jak z członem pierwszym niezaprzeczonym.“ (‚Das Pronomen jak wird in Komparativkonstruktionen verwendet, die im ersten, negierten Satz eine Komparativform eines Adjektivs enthalten, z. B. „Es gibt nichts besseres als [= jak ‚wie‘] starken Tee“. Es ist jedoch ungrammatisch, das Pronomen jak zu verwenden, wenn der erste Satz nicht negiert ist.‘ Krystyna Długosz-Kurczabowa, Univ. War-

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

393

Adverbiale Funktion des Tertium Comparationis und Negationskongruenz (‚Negative Concord‘), vgl. (639), erhöhen die Aktzeptabilität von jak in Komparativvergleichen im Polnischen. (635)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit jak: Anna idzie tak (samo) szybko jak Maria. Anna läuft so (gleich) schnell wie Maria ‚Anna läuft so schnell wie Maria.‘

(636)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit jak: Anna idzie tak (samo) jak Maria. Anna läuft so (gleich) wie Maria ‚Anna läuft so wie Maria.‘

(637)

Komparativ mit niż bzw. od: a. Anna idzie szybciej niż Maria. Anna läuft schneller als Maria b. Anna idzie szybciej od Marii. Anna läuft schneller von Maria-Gen ‚Anna läuft schneller als Maria‘

(638)

(Negierter) Komparativ mit niż, od bzw. jak: a. Anna nie idzie szybciej niż Maria. Anna Neg läuft schneller als Maria b. Anna nie idzie szybciej od Marii. Anna Neg läuft schneller von Maria-Gen c. Anna nie idzie szybciej jak Maria. Anna Neg läuft schneller wie Maria ‚Anna läuft nicht schneller als Maria.‘

(639)

(Negierter) Komparativ mit jak: Nigdy nie kupiłam więcej jak 5 kg ziemniaków. niemals Neg kaufte mehr als 5 kg Kartoffeln ‚Ich kaufte nie mehr als 5 kg Kartoffeln.‘

schau, https://sjp.pwn.pl/poradnia/haslo/lepszy-niz-i-lepszy-od;10270.html, zuletzt aufgerufen am 16. 02. 2018).

394

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Die Äquativpartikel jak bzw. kak (‚wie‘) ist auch in anderen slavischen Sprachen (zumeist umgangssprachlich) bei negiertem Komparativvergleich möglich, so im Russischen, z. B. nikto inoj kak ja (‚niemand anderer als ich‘, wörtl.: ‚niemand anderer wie ich‘), vgl. auch Jensen (1934: 124). Im Ukrainischen ist jak generell neben niž als Komparativpartikel gebräuchlich, wobei hier diachron vermutlich ebenfalls zunächst negierte Komparativvergleiche als Brückenkontext fungierten.378 Selbst in nicht-indogermanischen Sprachen finden sich Fälle von diachronen Distributionsverschiebungen von Vergleichspartikeln von einer zur anderen Vergleichsart. So lässt sich beispielsweise wiederum die übliche Entwicklungsrichtung gemäß dem Komparativzyklus, wie wir sie auch im Deutschen gefunden haben, also von Äquativen zu Komparativen, im Ungarischen nachweisen.379 Hier wird, wie bereits oben angedeutet, in allen Vergleichsarten die Einheitsvergleichspartikel mint gebraucht (Einersystem der Vergleichspartikeln gemäß der Typologie in (600)), die aus dem Interrogativadverb ‚wie‘ hervorgegangen ist, vgl. Heine/Kuteva (2002: 177), also zuerst in Äquativen verwendet worden sein muss und sich inzwischen distributionell bis zu den Komparativen ausgedehnt hat, ganz analog zur umgangssprachlich und dialektal im Deutschen verbreiteten Einheitsvergleichspartikel wie.380 (640) Komparativ mit mint: János kis-ebb mint Péter Janos klein-Komp als Peter ‚Janos ist kleiner als Peter.‘

378 Für Hinweise zum Russischen und Ukrainischen danke ich Daniel Bunčić. 379 Für Daten und Hinweise zum Ungarischen danke ich Julia Bacskai-Atkari und Melani Wratil. 380 In Komparativen ist statt der Markierung des Vergleichsstandards mit einer Partikel im Ungarischen auch Markierung mit Vergleichskasus möglich (dazu auch s. o. Kap. 2.1): János kiss-ebb Péter-nél. − Janos klein-Komp P.-Adessiv ‚Janos ist kleiner als Peter.‘ (Adessiv ist ein Lokalkasus, der Nähe zu einem Objekt ausdrückt). Hypothetische Vergleiche werden mit der Einheitsvergleichspartikel mint in Verbindung mit der konditionalen Komjunktion ha gebildet: Zita ugy sír mint-ha egy gyereket szül – Zita so (sehr) weint wie-wenn ein Kind gebärt ‚Zita weint so, als ob sie ein Kind kriegt.‘ Ein möglicher weiterer Entwicklungsschritt im Komparativzyklus, das Aufkommen einer neuen Äquativpartikel, deutet sich insofern an, als im heutigen Ungarischen in Äquativvergleichen bereits das Relativum amilyen ‚wie‘ statt mint verwendet werden kann (oder auf mint folgend, so ist es auch in Komparativen möglich).

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

(641)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit mint: János olyan kicsi mint Péter Janos so klein wie Peter ‚Janos ist so klein wie Peter.‘

(642)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit mint: Néz mint egy bárány guckt wie ein Lamm ‚Er guckt wie ein Schaf.‘

395

Historisch hat die Verschiebung von Äquativen zu Komparativen im Komparativzyklus im Ungarischen sogar wiederholt stattgefunden: die ursprüngliche Vergleichspartikel, die mint in den Äquativen bereits im Altungarischen abzulösen begann, war hogy, vgl. Haader (2003), Bacskai-Atkari (2014b).381 Hogy stellte im historischen Ungarischen selbst eine Art generelle Einheitsvergleichspartikel dar,382 wobei es etymologisch zunächst ebenfalls ‚wie‘ bedeutete, also seinerseits bereits ebenfalls eine Distributionsverschiebung von Äquativen zu Komparativen im Komparativzyklus durchgemacht haben muss. Selbst in noch weiter entfernten, nicht-europäischen Sprachen ist der Komparativzyklus nachweisbar. Heine/Kuteva (2002: 256 f.) führen als Beispiel für eine Entwicklung von Äquativen zu Komparativen − neben dem Deutschen mit der Vergleichspartikel wie − das Chinesische an.383 Die Entwicklung im Chinesischen sehen sie also als unmittelbar der deutschen Entwicklung vergleichbar an. Ihren Ausführungen zufolge verläuft die Entwicklung im Chinesischen nicht nur in die gleiche Richtung wie im Deutschen, sondern sie ist auch hier mehrfach wiederholt abgelaufen und zwar mindestens drei Mal, was wiederum bestätigt, dass es sich um einen zyklischen Sprachwandel handelt. Der spätarchaische (‚Late Archaic Chinese‘) und han-chinesische verbale Äquativmarker bi (‚vergleichen mit, sein wie, nachahmen‘), vgl. (643), wurde im spätmittelalterlichen Chinesisch (‚Late Medieval Chinese‘) des 8. und 9. Jahrhunderts zu einem Marker in Komparativvergleichen mit der Bedeutung ‚mehr als‘, die er noch im Modernen Mandarin-Chinesisch aufweist, vgl. (644).384

381 Bis ins Mittelungarische ist die Kombination hogy mint belegt. 382 In Komparativvergleichen ist hogy jedoch fast nur in Kombination mit der Negations-/ Polaritätspartikel nem/sem belegt, später selten auch in der Kombination hogy mint ohne Negationspartikel. 383 Für ergänzende Hinweise zum Chinesischen danke ich Barbara Meisterernst. 384 Die Entwicklungsschritte sind dabei laut Sun (1996: 38 f.) Altchinesisch: Verb ‚vergleichen‘ > Mittelchinesisch: Äquativpräposition ‚wie‘ > Komparativpartikel.

396

(643)

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

bi ‚vergleichen‘: yu yu shi? Altchinesisch er he ceng bi 2.SG wie Part vergleichen 1.SG YU 3.SG ‚Wie kannst du mich nur mit dem da vergleichen?!‘ (Mengzi Gongsun Chou shang, Heine/Kuteva 2002: 256, nach Sun 1996: 39)

(644) Komparativ mit bi: piaoliang. Modernes Mandarin-Chinesisch ta bi meimei 3.SG als Schwester schön ‚Sie ist schöner als ihre Schwester.‘ (Heine/Kuteva 2002: 256, nach Sun 1996: 38) Das zweite Lexem, das die Entwicklung von Äquativen zu Komparativen durchlaufen hat, ist ru, das im frühen Mandarin-Chinesischen ausgehend von der Bedeutung ‚ähneln‘ zu einem Komparativmarker geworden ist, vgl. (645) und (646). (645)

Äquativ mit ru: Frühes Mandarin-Chin. Xiong-jiujiu de gongren ru arrogante PART Polizisten ähneln/wie hu lang. Tiger Wolf ‚Arrogante Polizisten sind wie Tiger und Wölfe.‘ (Yuan kann zaju sanshi zhong Yu Shang Wang, Heine/Kuteva 2002: 256 nach Sun 1996: 40)

(646) Komparativ mit ru: Chi le xie popei chunno Frühes Mandarin-Chin. essen ASP etwas fermentierten Alkohol qiongjiang. sheng ru yu xie besser als Jade flüssiger Wein ‚(Ich) trank fermentierten Wein, der besser war als der beste Wein.‘ (Yuan kann zaju sanshi zhong Yu Shang Wang, Heine/Kuteva 2002: 257, nach Sun 1996: 40) Beim dritten Fall von syntaktisch-semantischer Distributionsverschiebung von Äquativen zu Komparativen gemäß dem Komparativzyklus im Chinesischen ist das Lexem xiang betroffen, das ebenfalls zunächst ‚ähneln‘ bedeutete und spä-

7.2 Sprachvergleichende Diachronie der Vergleichskonstruktionen

397

ter auch als Komparativmarker/-partikel verwendet wurde.385 Heine/Kuteva (2002) bringen im „World lexicon of grammaticalization“ damit ausschließlich Beispiele für eine Entwicklung in die gleiche Richtung wie im Deutschen, d. h. für die Entwicklung von ‚ähneln‘/‚gleichen‘ bzw. vom Fragewort ‚wie‘ zur Komparativpartikel.386 Sie führen keinen Fall für die umgekehrte Entwicklungsrichtung vom Komparativmarker zum Äquativmarker an.387 Sprachübergreifend lässt sich also in den verschiedensten Sprachen ganz überwiegend ein Wandel in der gleichen Richtung wie im Deutschen, d. h. eine diachrone syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung von Äquativvergleichen zu Komparativvergleichen gemäß dem Komparativzyklus feststellen, sogar in sehr entfernten Sprachen. Die romanischen Sprachen weichen von dieser Entwicklungsrichtung jedoch teilweise ab, was mit der Ubiqität von che/ que, in dem verschiedene lateinische nebensatzeinleitende Elemente zusammengefallen sind, als Nebensatzeinleitung zusammenhängen könnte. Dieses hochfrequente Lexem wird offensichtlich ausgehend von den Komparativvergleichen in manchen romanischen Sprachen und Varietäten tendenziell in alle Vergleiche übernommen. Die natürliche Entwicklungsrichtung scheint aber die auch im Deutschen belegte von Äquativen zu Komparativen, genauer von Nicht-Grad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen zu sein. Die Äquativvergleiche, insbesondere die Nicht-Grad-Äquative, erweisen sich zum einen diachron als Einfallstor für Neuerungen, vgl. die verschiedenen Formen der Verstärkung und Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln in (599). Zum anderen sind Nicht-GradÄquative die unmarkierteste Vergleichsart hinsichtlich der Merkmale [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] (vgl. (597), werden entsprechend auch im Spracherwerb früher beherrscht, wie Hohaus (2015) belegt, sind in Korpora deutlich frequenter und dienen daher offensichtlich häufig als Muster für die Vergleiche generell, was einen wichtigen Hinweis auf die Ursachen des hier als Komparativzyklus beschriebenen Sprachwandels gibt.

385 Nach Heine/Kuteva (2002: 257) seien weitere Daten erforderlich, um diesen Grammatikalisierungspfad von Äquativmarkern (bzw. ‚ähneln/sein wie‘) zu Komparativmarkern weiter zu erhärten. Sie spekulieren, dass es sich um einen Fall des Prozesses handelt, bei dem ein Verb aufgrund einer salienten semantischen Eigenschaft zu einem grammatischen Marker für diese Eigenschaft wird. Wie man im Sprachvergleich sieht, ist diese Entwicklung, die als Komparativzyklus gefasst werden kann, jedoch nicht auf Verben beschränkt. 386 Weitere Quellen für Marker des Vergleichsstandards in Komparativvergleichen sind laut Heine/Kuteva (2002: 329): Ablativ, Dativ, Lokativ, Präposition ‚auf‘, Verb ‚übertreffen‘. 387 Als Grammatikalisierungsquellen für Äquative (Grad-Äquative und Nicht-Grad-Äquative/ ‚Simile‘) benennen Heine/Kuteva (2002: 329, 335) Interrogativum ‚wie‘, ‚Art‘, ‚bis‘ und ‚sagen‘.

398

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen des Komparativzyklus Im Folgenden soll der Komparativzyklus sprachwandeltheoretisch eingeordnet und seine Ursachen näher untersucht werden. Dafür soll er zunächst in Beziehung zu anderen Fällen von zyklischem Sprachwandel gesetzt werden, um wichtige Charakteristika zyklischen Wandels, insbesondere auch typische Ursachen dieser Form des Sprachwandels, herauszuarbeiten. Anschließend werden einige in der Literatur implizit oder explizit angenommene Ursachen der als Komparativzyklus beschriebenen Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln diskutiert: neben der bereits angesprochenen Frage, ob die Verschiebungen als Verdrängung durch ein anderes Lexem und damit kettenartiger Wandel (‚Push-Chain‘) aufzufassen ist, wird ausführlich auf die Polysemie-These eingegangen, d. h. die in der Literatur verbreitete Annahme, dass der Verlust der vergleichenden Funktion durch das Hinzukommen anderer Funktionen und damit die ‚funktionale Überlastung‘ eines Lexems verursacht sei. Beide Thesen erweisen sich angesichts der diachronen Daten als unhaltbar. Eine wichtige Rolle als Brückenkontexte spielen dagegen Vergleiche mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen, die die Distributionsverschiebung von Vergleichspartikeln von einer Vergleichsart zur anderen ermöglichen, allerdings keine hinreichende Erklärung der Abstufung und typischen Gerichtetheit im Komparativzyklus geben. Diese folgt, so die zentrale These, aus den semantischen und syntaktischen Eigenschaften und Markiertheitsverhältnissen der verschiedenen Vergleichsarten im Zusammenspiel mit dem Wirken sprachlicher Ökonomie auf verschiedenen Ebenen des Sprachsystems.

7.3.1 Zyklischer Sprachwandel Die Betrachtung der systematischen und wiederholten syntaktisch-semantischen Distributionsverschiebungen der Vergleichsmarker im Deutschen und anderen Sprachen hat diese Entwicklung als einen Fall von zyklischem Sprachwandel erwiesen. Aus der Sprachgeschichtsforschung sind viele Fälle von zyklischem Sprachwandel bekannt und gerade auch in der generativen diachronen Forschung in jüngster Zeit verstärkt ins Zentrum des Interesses gerückt, vgl. van Gelderen (Hrsg. 2009, 2011, Hrsg. 2016), Abraham (2010). Der wohl bekannteste Fall von zyklischem Sprachwandel im Bereich der Syntax ist die von Jespersen (1917) beschriebene und nach ihm als Jespersens Zyklus benannte, in zahlreichen Sprachen nachweisbare zyklische Entwicklung der Negationspartikeln, vgl. u. a. Kemenade (1999, 2000), Rowlett (1998), Jäger (2008),

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

399

van der Auwera (2010), Willis et al. (2013): Eine Negationspartikel wird zunächst ans Verb klitisiert. Anschließend tritt sie – erst optional, dann obligatorisch – zusammen mit einem freien Morphem auf, etwa einem adverbial verwendeten negativen Indefinitum oder einem Ausdruck für eine geringe Quantität. Dann fällt das Klitikum, also die ursprüngliche Negationspartikel, ganz weg und das freie Morphem ist alleinige Negationspartikel. Es wird schließlich selbst klitisch und die Entwicklung beginnt von vorn. In der deutschen Sprachgeschichte entspricht dem die Entwicklung von ahd. ih nisagu zu mhd. ich ensage niht zu frnhd./nhd. Ich sage nicht (zu Details s. Jäger 2008). Doch auch in anderen Bereichen lässt sich zyklischer, d. h. mehrstufig und wiederholt in der gleichen Richtung ablaufender Sprachwandel beobachten, vgl. van Gelderen (Hrsg. 2009, 2011, Hrsg. 2016). Beim sogenannten SubjektKongruenz-Zyklus beispielsweise entsteht aus einem demonstrativen oder emphatischen Pronomen ein Personalpronomen und schließlich ein verbales Kongruenzmorphem, welches dann wiederum mit einem zusätzlich zum Verb verwandten Pronomen kookkurieren kann. Das Kongruenzmorphem verschwindet diachron schließlich völlig und das neue Pronomen wird seinerseits schrittweise zum neuen Kongruenzmorphem usw. Im Deutschen wird das t der Personalendung für die 2.Sg. -st etwa historisch als klitisches Pronomen gedeutet (ahd. (du) sagis / sagis-tu > mhd. du sagest/nhd. du sagst), im Bairischen lässt sich dies in der 1.Pl. zyklisch wiederholt nachweisen (mia ham / ham-ma > mia ham-ma / ham-ma-mia ‚haben-wir-wir‘).388 Im Rahmen des sogenannten Kopulazyklus wird ein Demonstrativum oder Vollverb zunächst zur Kopula grammatikalisiert und ist dadurch mit einem neuen Vollverb kombinierbar. Schließlich wird es ganz abgebaut (ggf. über den Zwischenschritt der Verwendung als verbales Affix) und ein neues Demonstrativum oder Vollverb wird zur Kopula und kann dann wiederum mit einem Vollverb kombiniert werden usw. Lohndal (2009: 230) führt etwa das Beispiel von mu in Chantyal an, das von einem Vollverb ‚sitzen‘ zur Kopula ‚sein‘, zu einem Auxiliar und schließlich zu einem bloßen Verbalaffix geworden ist. Als Definitheitszyklus wird die Grammatikalisierung von Demonstrativpronomen zu definiten Artikeln und schließlich zu Kasus oder Nominalisierungsmorphemen bis zum Nullmorphem bezeichnet. Das aus dem ursprünglichen Demonstrativum entstandene Affix ist dann mit einem neuen Demonstrativum vorm Nomen kombinierbar (oft erfolgt die Erneuerung des Demonstrativums dabei über ein Lokaladverb), das seinerseits wiederum entlang dieses Grammatikalisierungspfads reduziert wird.389 So ist

388 Vgl. auch zum Pronomen-Zyklus Weiß (2015) sowie zum Nullsubjekt-Zyklus Fuß/Wratil (2013). 389 Vgl. van Gelderen (2007, 2011: 201–210).

400

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

beispielsweise im Altnordischen zusätzlich zum Artikel (h)itt schon verstärkend das Demonstrativum that möglich. Der Artikel wird zu einem nominalen Affix (Norwegisch/Schwedisch en, /et), das Demonstrativum zum Artikel (den/ det), die etwa im Schwedischen auch zusammen auftreten können (‚Double definite construction‘), während im Dänischen, das einen späteren Sprachstand repräsentiert, in den entsprechenden Fällen nur der Artikel det verwendet wird. Es zeigen sich synchron bereits Ansätze in den skandinavischen Sprachen, das Demonstrativum wieder zu erneuern, z. B. durch Verwendung von Personalpronomen oder Lokaladverbien zusätzlich zum definiten Artikel (z. B. Schwedisch han den ‚er der‘/den där ‚der da‘). Als Relativzyklus wird die Entwicklung von Relativpronomen zu Relativpartikeln, anschließend zusätzliches Vorkommen neuer Relativpronomen und Wegfall der Relativpartikel sowie Weiterentwicklung des neuen Relativpronomens zur Relativpartikel etc. bezeichnet. So ist im Altenglischen das Relativpronomen that (SpecCP) zusammen mit der Relativpartikel the (C0) belegt, später ist that selbst zur Relativpartikel (C0) geworden und konnte im nächsten Schritt zusammen mit neuen, aus w-Elementen abgeleiteten Relativpronomen wie which (SpecCP) auftreten (z. B. which that etc.), die schließlich auch ohne that verwendet werden konnten, vgl. van Gelderen (2004: 81–88). Dies sind nur einige der vielfältigen Bereiche, in denen zyklischer Sprachwandel vorkommt. Zyklischer Sprachwandel ist mithin eine durchaus häufig zu beobachtende Form diachronen Wandels und belegt eindrücklich die Systematizität von Sprachwandel. Auch im Fall der Entwicklung der Vergleichspartikeln kann man aufgrund des wiederholten, gleich gerichteten Ablaufs eines mehrstufigen Prozesses mit Recht von einem Zyklus, dem Komparativzyklus, sprechen (vgl. Jäger 2010a). Für einige Fälle von zyklischem Sprachwandel ist phonologische Reduktion und anschließende Stützung durch ein zusätzliches Element, das reanalysiert wird und die Funktion des ursprünglichen Elements übernimmt, als Ursache vorgeschlagen worden. Dies ist beispielsweise ein häufig vertretener Erklärungsansatz für Jespersens Zyklus. Der Komparativzyklus ist auch mit phonologischer Reduktion verbunden (z. B. Reduktion von also zu als, dadurch weniger transparenter Zusammenhang mit so etc.), aber verläuft nicht nach dem Muster einer zyklisch wiederholten phonologischen Verstärkung mit einem zusätzlichen Element nach vorheriger phonologischer Reduktion. Dass statt der Partikel als in den Äquativen neu wie auftritt, scheint ebensowenig durch eine phonologische Reduktion von als bedingt wie das Auftreten von als in Komparativen etwa durch eine Abschwächung von denn. Zwar unterlagen die Vergleichspartikeln im Lauf der Sprachgeschichte allgemeinen phonologischen Reduktionsprozessen, insbesondere der Nebensilbenabschwächung und Schwa-Apokope. Dass beispielsweise äquativisches als durch wie ersetzt wur-

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

401

de, kann aber nicht an einer für die Verwendung als sprachliches Zeichen allmählich zu geringen phonologischen Substanz von als liegen. Als wird ja nach wie vor als Vergleichspartikel verwendet, nur eben als Komparativ- statt als Äquativpartikel, d. h. mit anderer syntaktisch-semantischer Distribution. Phonologische Abschwächung und nachfolgend Stützung durch ein zusätzliches Element ist jedoch grundsätzlich nicht die einzige mögliche Ursache zyklischen Sprachwandels. Auch Reanalyse aufgrund von Ambiguitäten und Verwendungskontext kann zu zyklischem Wandel führen, vgl. etwa im Bereich des zyklischen morphologischen Wandels das Phänomen des sogenannten doppelten Plurals, d. h. die mehrfach erfolgte Reanalyse des Pluralmorphems eines Nomens als Teil der Singularform und jeweils anschließende Suffigierung eines neuen, analogisch übertragenen Pluralsuffixes, das anschließend wiederum als Teil der Singularform reanalysiert wird, bedingt durch das in der Regel pluralische Vorkommen der bezeichneten Entitäten und damit verbundene Markiertheitsumkehrungen (z. B. im Fall von ‚Birne‘: lat. Sg. pirum – Pl. pira > reanalysiert: ahd. Sg. pira/bira / mhd. Sg. bir(e) – Pl. bir(e)n > reanalysiert frnhd. Sg. birn – Pl. birne > reanalysiert nhd. Sg. Birne – Pl. Birnen). Eine weitere Ursache zyklischen Sprachwandels ist die zunächst pleonastische und dadurch Emphase auslösende Verwendung eines zusätzlichen Elements, das dann desemantisiert wird zum ‚normalen‘ Marker, d. h. primär pragmatisch-semantischer Wandel. Dies wird nicht nur wie angedeutet für den Subjekt-Kongruenz-Zyklus angenommen, sondern in neueren Ansätzen beispielsweise auch für Jespersens Zyklus (vgl. u. a. Willis et al. 2013, Chatzopoulou 2015). Auch im Fall der Vergleichskonstruktionen spielen, wie wir weiter unten sehen werden, als Ursachen des zyklischen Wandels u. a. semantische Reduktions- und syntaktische Reanalyseprozesse sowie pragmatische Effekte (Emphase und deren Verlust) eine Rolle.

7.3.2 Push-Chain oder Drag-Chain: Verdrängung durch ein anderes Lexem? Bei der wiederholten Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von Äquativen zu Komparativen im Deutschen und anderen Sprachen lässt sich in sprachwandeltheoretischer Hinsicht fragen, ob die einzelnen Teilveränderungen kettenartig durch Schub oder Sog ausgelöst werden (sog. ‚chain shift‘), d. h. ob eine ‚Push-Chain‘ oder eine ‚Drag-Chain‘/‚Pull-Chain‘ vorliegt, wie sie etwa im Rahmen strukturalistischer Erklärungen von phonologischem Wandel wie der ersten Lautverschiebung oder von semantischem Wandel in Wortfeldern angenommen wird, vgl. Martinet (1952), McMahon (1994: 30 f., 186). In der Literatur wird verschiedentlich das Vorliegen einer Push-Chain, also einer Schub-Entwicklung, suggeriert. So nimmt Grimm im DWB (1: 248) an, dass das

402

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Aufkommen des vergleichenden wie die Distributionsverschiebungen ausgelöst habe: „Seitdem auch das ursprünglich nur fragende wie (got. hvaiva, hvê) neben so und als in die reihe vergleichender und demonstrativer conjunctionen eintrat (wahres gebrechen deutscher zunge), konnte manigfache mischung und verschiebung der ausdrücke und bedeutungen gar nicht unterbleiben. aus einer stelle nach der anderen begann der eindringling wie das alte als zu stoszen.“ Auch Lerch (1942: 349) geht übereinstimmend mit Grimm davon aus, dass wie das als verdrängt habe. Grimm nimmt weiter an, dass das in die Äquative vordringende wie das als in die Komparative verdrängt habe, wo dieses seinerseits denn verdrängte: „Im 17. jh. gelangte als zu noch vollerer herschaft, nachdem es beim positiv weggedrängt war, schien ihm der platz hinter dem comp. vom eroberer gleichsam zur entschädigung angewiesen, und heute bildet uns als die berechtigte comparativpartikel […] Doch erhob das wie auch hier ansprüche, und wenn man unterm volk täglich hört: weiszer wie schnee, ich habe ihn lieber wie dich; so folgen ihm nicht blosz nachlässige schriftsteller, selbst Lessing gestattet sich älter wie du […] dennoch bleibt wie jetzt noch hier ein fehler.“ (DWB 1: 250 f.). An anderer Stelle scheint Grimm dagegen eher eine Drag-Chain, also Zugkette, zu suggerieren, wenn er schreibt: „das wie [nach Adj. im Positiv] wurde nothwendig, seit als hinter dem comparativ denn verdrängte“ (DWB 1: 250). Die Tatsache, dass, wie die vorliegende Korpusuntersuchung gezeigt hat, die ersten nennenswerten Vorkommnisse von wie als Äquativpartikel auftreten, bevor sich der Wandel von denn zu als in den Komparativen vollzieht, scheint die These der Push-Chain zu bestätigen: Im 16. Jahrhundert war wie bereits in allen untersuchten Texten in Nicht-Grad-Äquativen zu finden, wohingegen noch nicht überall schon als in den Komparativen belegt war. Dass sich aber andererseits die Ersetzung der Komparativpartikel denn durch als insgesamt schneller vollzieht und früher abgeschlossen ist als die Ersetzung der Äquativpartikel als durch wie, spricht eher gegen die These der Push-Chain. Grimms Charakterisierung, dass als zunächst in den Äquativen bereits durch wie verdrängt worden war und dann ‚zur Entschädigung‘ die Komparativpartikel denn ersetzte, ist nach den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung nicht zutreffend: In den Grad-Äquativen bildete als, nicht wie, noch im 17. und 18. Jahrhundert das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses. Dennoch breitete sich als bereits vom 16. zum 17. Jahrhundert durchgreifend in die Komparative aus und ersetzte denn nahezu vollständig, ohne bereits aus den Grad-Äquativen von wie ‚verdrängt‘ worden zu sein. Als wurde auf diese Weise, wie oben beschrieben, zu einer Einheitsvergleichspartikel in Gradvergleichen, d. h. Grad-Äquativen und Komparativen. Der Grund für die Tatsache, dass sich insgesamt die Ablösung des denn durch als in den Komparativen schneller vollzogen hat, als

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

403

die schon früher einsetzende Ablösung von als durch wie in den Äquativen ist wohl darin zu sehen, dass als zu dieser Zeit bereits eine voll grammatikalisierte Vergleichspartikel darstellte, die lediglich ihre Distribution von den Äquativen auf die Komparative erweiterte, wie dagegen erst vom Interrogativ-/Relativadverb zur Vergleichspartikel grammatikalisiert und damit von einer vollen Phrase zu einem syntaktischen Kopf reanalysiert werden musste (s. u. Kap. 8.1.2), was offensichtlich ein langwierigerer Prozess ist. Erst im 19. Jahrhundert und damit etwa 200 Jahre nach der praktisch vollständigen Verdrängung des denn durch als in den Komparativen setzte sich wie tatsächlich als Hauptmuster in allen Äquativen durch, so dass man annehmen könnte, das weiter Richtung Komparative vordringende als habe das wie vielmehr im Sinn einer Drag-Chain aus den Nicht-Grad-Äquativen in die GradÄquative nachgezogen. Das anschließende weitere Vordringen des wie im Lauf des Neuhochdeutschen bis in die Komparative lässt sich jedoch schwerlich als Drag-Chain erklären, da sich das komparativische als ja nicht zuvor weiter distributionell verschoben und damit das wie nachgezogen hat; noch weniger jedoch als Push-Chain, da bislang keine andere Partikel das wie in den Äquativen verdrängt hat. Ebensowenig kann man beim Vordringen des als(o) aus den Nicht-Grad-Äquativen in die Grad-Äquative im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen von einer durch Verschiebungen der vormaligen Komparativpartikel ausgelösten Drag-Chain ausgehen, da die bereits zu althochdeutscher Zeit das Hauptmuster in Komparativen darstellende Partikel danne/ denn weiterhin das Hauptmuster bildete. Was Grimm und Lerch nicht im Blick hatten, da zum einen alt- und mittelhochdeutsche Daten sowie zum anderen die grundlegende Unterscheidung von Nicht-Grad-Äquativen und Grad-Äquativen nicht hinreichend berücksichtigt wurden, ist die Tatsache, dass die Distributionsverschiebung des als im Sinn des Komparativzyklus beginnt, bevor wie überhaupt wirklich als Vergleichspartikel verwendet wird, vgl. Tabelle (596), nämlich bereits bei Ersetzen des äquativischen so durch als(o) zunächst in den Nicht-Grad-Äquativen, dann in den Grad-Äquativen. Insofern ist bei genauerem Hinsehen das Konzept der Kettenentwicklung im Sinn einer Drag- oder Push-Chain im Fall der Entwicklung der Vergleichskonstruktionen nicht wirklich weiterführend anwendbar. Auch falls die distributionelle Verschiebung eines Lexems hier die eines anderen zusätzlich befördert haben sollte, ist damit nicht die eigentliche Ursache für die Distributionsverschiebungen identifiziert. Also ist gewissermaßen ‚von sich aus‘, ohne Verdrängung durch ein anderes Lexem, von den Nicht-Grad-Äquativen in die Grad-Äquative vorgedrungen. Das weitere Vordringen in die Komparative dürfte ebenfalls als Fortsetzung der distributionellen Entwicklung und allenfalls mit unterstützender, aber nicht

404

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

primär verursachender Schubwirkung des wie erfolgt sein. Auch wie ist offensichtlich nicht von einem anderen Lexem weiter in die Grad-Äquative und schließlich sogar Komparative hinein verdrängt worden. Vielmehr scheint dies Teil der fortschreitenden Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel und damit auch Desemantisierung, syntaktischen Reanalyse und distributionellen Extension zu sein.

7.3.3 Die Polysemie-These: Funktionale Überlast? Eine andere Erklärungsthese, die sich hartnäckig in der Literatur hält und immer wieder einmal vertreten wird, ist die der Aufgabe der Verwendung eines Lexems als Vergleichspartikel aufgrund funktionaler Überlastung durch zu große Polysemie. Gemäß dieser These liegt also die Ursache nicht in der Verdrängung durch ein anderes Lexem (Push-Chain), sondern in der Semantik des jeweiligen Lexems selbst. Im Zuge der diachronen Ausdifferenzierung des Systems der nebensatzeinleitenden Elemente sei hier Polyfunktionalität bzw. Polysemie reduziert worden. Gemäß dieser Erklärungshypothese, die im Folgenden kurz als Polysemie-These bezeichnet wird, hätte das betroffene Lexem also bestimmte vergleichende Verwendungsweisen verloren, weil es weitere nebensatzeinleitende Funktionen übernommen hat, etwa als Temporal- oder Kausalkonjunktionen, und damit funktional zu sehr überlastet worden wäre. Mit der Polysemie-These wird in der Literatur sowohl das Ersetzen von denn durch als in den Komparativvergleichen im Zusammenhang mit dem Aufkommen der kausalen Funktion von denn (statt mhd. wande) ab dem 15. Jahrhundert erklärt (vgl. DWB 29: 1484; Lerch 1942: 355, 359; Dückert 1961: 215)390 als auch das Ersetzen von als durch wie in den Äquativvergleichen im Zusammenhang mit dem Aufkommen der neuen prädikativen Verwendung von als (vgl. DWB 29: 1471; Lerch 1942: 349; Dückert 1961: 207)391 bzw. der verstärkten temporalen Verwendung von als seit dem Spätmittelhochdeutschen.392 Auch für den oben beschriebenen, im Niederländischen des 16. und vor allem 17. Jahrhunderts erfolgten und in der Standardsprache später wieder rückgängig gemachten, ganz analogen Wandel von dan/denn zu als in den

390 Lerch (1942: 359): „denn mußte, sobald es auf die kausale Bedeutung festgelegt worden war, in anderen Bedeutungen vermieden werden und veralten.“ 391 Im Gegensatz zu der von Lerch für die Ersetzung von äquativischem als durch wie herangezogenen Polysemie-These vertritt er für die dialektale Ersetzung von komparativischem als durch wie die gegenteilige These, dass sich wie durchgesetzt habe, gerade weil es auch weitere Funktionen erfüllt (z. B. auch temporal wie statt als), vgl. Lerch (1942: 331, 368). 392 These eines anonymen Gutachters zu Jäger (2010a).

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

405

Komparativvergleichen ist in der Forschung als Ursache eine zu groß werdende funktionale Last durch eine zu dieser Zeit aufkommende neue Verwendungsweise vorgeschlagen worden: die neue Funktion von dan im Sinn von ‚aber‘ (van der Horst 2008: 993). Eine der Polysemie-These ähnliche Erklärungsthese für den Wandel von dan zu als in den niederländischen Komparativen führen auch Hubers/de Hoop (2013: 95 f.) an: dan gehört demnach mehr Wortarten an als als, da es auch als Temporal-/Modaladverb und Modalpartikel auftritt und nur in Komparativen Komplementierer bzw. Präposition sei, wohingegen als stets als Komplementierer oder Präposition vorkomme, so dass seine Verwendung in Vergleichen natürlicher und konsistenter sei.393 Auch hier wird also mit der Anzahl von Verwendungsweisen argumentiert, allerdings eher in grammatischsyntaktischer Hinsicht (Wortarten) als in semantischer Hinsicht. Die Vorhersagbarkeit von als als Vergleichspartikel sei daher größer als die von dan, so dass aus Sprachverarbeitungsperspektive als in Vergleichen besser sei als dan. (In einer neueren Arbeit (Reinarz/de Vos/de Hoop 2016) wird diese Erklärungsthese jedoch als angesichts der deutschen Entwicklung im Komparativzyklus widerlegt dargestellt: als sollte hier nach dieser Argumentation als Komparativpartikel perfekt sein. Die Tatsache, dass es jedoch im Lauf des Neuhochdeutschen zunehmend von wie, das parallel auch als Adverb auftritt, abgelöst wird, ist nach der vorgeschlagenen Erklärungshypothese völlig unerwartet und widerlegt diese somit.) Die Frage, ob die Polysemie-These zutrifft, hängt natürlich wesentlich davon ab, wie man die Funktionen oder Verwendungsweisen definiert (z. B. nach semantischen oder syntaktischen Kriterien) und wie viele verschiedene Funktionen man entsprechend ansetzt. Viele Autoren arbeiten die Kriterien für die Unterscheidung der Funktionen nicht klar heraus. Zumeist werden eher semantische Kriterien und nicht primär syntaktische Kriterien angesetzt. Laut Thurmair (2001: 46) weist wie im heutigen Deutschen vier Funktionen auf – und damit mehr als als, das nach ihrer Analyse drei Funktionen umfasst.394 393 Im Hintergrund steht hier eine syntaktische Analyse, nach der die Vergleichspartikel in Phrasenvergleichen als Präposition, in Satzvergleichen dagegen als Komplementierer analysiert wird. Kritisch dazu s. u. Kap. 8.1. 394 Im Einzelnen unterscheidet Thurmair (2001: 46) für als: Vergleichsjunktor, Junktor zum Ausdruck eines Prädikationsverhältnisses vor Nominalphrasen (als-Prädikative), Konjunktion (temporal, spezifizierend z. B. insofern, als), für wie: Vergleichsjunktor (incl. Verwendung im Sinn von ‚dass‘ bei Wahrnehmungsverben), Konjunktion (temporal), Konjunktion (in indirekten Frage-/Exklamativsätzen), Frage-/Exklamativadverb. Auch Thurmair (2001: 97) führt das Ersetzen von als durch wie in den Komparativen auf die unterschiedliche funktionale Belastung beider Ausdrücke zurück: zwar habe wie wesentlich mehr Funktionen, diese seien aber syntaktisch besser differenziert, da wie in Kombination mit bloßen Phrasen immer vergleichend sei, als dagegen auch in als-Prädikativen mit bloßen Phrasen auftritt.

406

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Laut Hahnemann (1999: 18–22) hat wie sogar 13 Funktionen, davon acht bzw. neun nicht-vergleichende.395 Als hat dagegen laut Hahnemann (1999: 24–28) nur neun Funktionen, von denen fünf bzw. sieben nicht vergleichend sind.396 Damit wäre die ‚funktionale Last‘ von wie trotz der sehr unterschiedlichen Einteilung der Funktionen nach übereinstimmender Auffassung größer als die von als. Dennoch löst wie, das bereits Äquativpartikel ist, in der Umgangssprache und den Dialekten als auch in den Komparativvergleichen weitgehend ab und nimmt damit um eine weitere Funktion – die der Komparativpartikel − zu. Dies wäre nach der Polysemie-These, also einem Abbau funktionaler Belastung als Ursache für den Komparativzyklus, gerade nicht zu erwarten. Für die historischen Sprachstufen ist die Einteilung der Funktionen zusätzlich dadurch erschwert, dass sich diachron teilweise aus einer Funktion zunächst eine spezielle Unterart oder Bedeutungsnuance und schließlich eine eigene neue Funktion entwickelt, z. B. aus der temporalen die kausale oder konditionale oder aus der vergleichenden die temporale, koordinierende und aufzählende Funktion sowie die Funktion als Relativpartikel, wobei die Übergänge in der Regel fließend sind. Eine detaillierte Darstellung der diachronen Entwicklung der einzelnen Lexeme in all ihren Funktionen würde eine eigene umfassende Korpusuntersuchung voraussetzen. Die folgende Darstellung stützt sich daher auf die Aussagen in der einschlägigen sprachhistorischen Forschungsliteratur. Es wurde aber für die im Hinblick auf die Vergleiche hier untersuchten Korpustexte zusätzlich ausgewertet, in welchen weiteren Funktionen die als Vergleichspartikeln vorkommenden Lexeme noch auftreten, so dass die Entwicklung der Vergleichspartikeln hier auch unmittelbar empirisch fundiert in Beziehung zur Entwicklung der sonstigen Funktionen der entsprechenden Lexeme gesetzt werden und die Polysemie-These datenbasiert auf ihre Tragfähigkeit hin überprüft werden kann. Betrachten wir also die in der Literatur in Zusammenhang mit der Polysemie-These diskutierten Fälle der Erset-

395 Nicht-vergleichende Funktionen von wie laut Hahnemann (1999): Frageadverb, Exklamativadverb, subordinierende Konjunktion, Relativadverb, temporale Konjunktion, konzessive Konjunktion, Parenthese, koordinierende Konjunktion; vergleichende Funktionen von wie: Analogievergleich, Satzvergleich, irrealer Vergleichssatz, Gradvergleich, Artvergleich (bei Hahnemann verstanden im Sinn der aufzählenden Verwendungsweise von wie – diese nachträglich, Hahnemann 1999: 234, aber als ebenfalls nicht-vergleichend charakterisiert, und damit insg. neun nicht-vergleichende Funktionen). 396 Nicht-vergleichende Funktionen von als: temporale Konjunktion, temporales Relativadverb, kausale Konjunktion, Konjunktionsteil (sowohl als (auch)), Aufzählung; vergleichende Funktionen von als: Analogievergleich (als-Prädikative, nachträglich als nicht-vergleichend charakterisiert, Hahnemann 1999: 233), Artvergleich (als-Prädikative, nachträglich als nichtvergleichend charakterisiert, Hahnemann 1999: 233), irrealer Vergleichssatz, Gradvergleich.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

407

zung von vergleichendem denn durch als einerseits und als durch wie andererseits vor dem Hintergrund der diachronen Entwicklung der Funktionen dieser drei Lexeme. Dann(e)/denn wurde im Alt- und Mittelhochdeutschen außer als Komparativpartikel (und vereinzelt Äquativpartikel, vgl. Kap. 2.2, 3.2 sowie MWB, 1: 1191–1194)397 vor allem auch als Temporaladverb und unter Verblassen der temporalen Semantik als bloße logische Folge ausdrückendes Adverb ‚(wenn) dann‘ verwendet, vgl. DWB (2: 740–746, 2: 945–952), AWB (2: 90–162), BMZ (1: 300a–302b), Lexer (1: 409), MWB (1: 1191–1194). Zudem ist laut Schrodt (2004: 138) und AWB (2: 90–162) bereits seit dem Althochdeutschen die Verwendung als Modalpartikel belegt, die das MWB (1: 1191–1194) auch fürs Mittelhochdeutsche v. a. in Fragen und zudem in exzipierenden (‚negativ-bedingenden‘) Sätzen im Sinn von ‚wenn nicht‘ mit und ohne explizite Negation belegt.398 Im AWB (2: 90–162) sind darüber hinaus bereits fürs Althochdeutsche die Verwendungen als temporale, konditionale, konzessive (‚obwohl‘), allgemein subordinierende Konjunktion in Subjekt- und Objektsätzen sowie für das Spätalthochdeutsche als adversative (‚während‘) und kausale399 Konjunktion angegeben. Das MWB (1: 1191–1194) belegt die Verwendung von danne/denne als Temporalkonjunktion ‚sobald/sooft‘ auch fürs Mittelhochdeutsche, darüber hinaus die Verwendung im Sinn von ‚nur‘. In der Regel als separates Lemma aufgeführt ist thannan/danne(n), das als Direktionaladverb ‚von dort‘ (relativisch ‚von wo‘) und davon ausgehend auch als Kausaladverb ‚von daher‘ (auch relativisch ‚weshalb‘) verwendet wird und im Lauf der Sprachgeschichte lautlich teilweise mit danne zusammenfällt, vgl. AWB (2: 90), BMZ (1: 302b), Lexer (1: 409). Dann/denn hatte also bereits zu Zeiten der ausschließlichen Verwendung von dann/denn als Komparativpartikel im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen eine ganze Reihe von weiteren Funktionen. Die bereits im Spätalthochdeutschen belegte Funktion als Kausalkonjunktion nimmt im Frühneuhochdeutschen deutlich zu: laut Ebert et al. (1993: 473) ersetzen das vorher nur selten kausal vorkommende dann/denn sowie (die)weil im Lauf des 15. Jahrhunderts – und damit schon ca. 200 Jahre vor dem Ersetzen von komparativi-

397 Ebenso vereinzelt im Frühneuhochdeutschen, vgl. Ebert et al. (1993: 478). 398 Die frühesten im DWB (2: 740–746, 945–952) angeführten Belege für dann/denn als Modalpartikel stammen dagegen vom Ende des 15. Jahrhunderts, ebenso Belege für die Verwendung als Kausalkonjunktion, Partikel in exzipierenden (negativ-bedingenden) Sätzen und seltener im Sinn von ‚außer‘. 399 Vgl. Schrodt (2004: 155): kausal-konzessives danne im Althochdeutschen, s. auch Schützeichel (2012: 67) u. a. ‚weil‘.

408

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

schen dann/denn durch als – die Kausalkonjunktion wann/wenn, vgl. auch FWB (5: 120–125).400 Auch in den hier untersuchten Korpustexten ist thanne/dann(e) zunächst im Althochdeutschen außer als Komparativpartikel vor allem auch als Temporaladverb ‚dann‘ und Temporal-(bzw. Konditional-)Konjunktion verwendet, beides illustriert im Korpusbeleg in (647). Es weist also bereits (mindestens) drei Funktionen auf. Zu diesen kommt im untersuchten Korpus im Mittelhochdeutschen, vgl. (648), und häufiger im Frühneuhochdeutschen, vgl. (649), die Funktion als Modalpartikel hinzu. Das vermehrte Aufkommen der kausalen Verwendung von dann/denn im 15. Jahrhundert wird ebenfalls durch die untersuchten Korpustexte gestützt: Die ersten Belege für die kausale Verwendung im Sinn von ‚denn/weil‘ finden sich hier Ende des 15. Jahrhunderts, vgl. (650).401 Die ersten als Vergleiche mit komparativischem als interpretierbaren Belege im Korpus finden sich aber bereits in zwei mittelhochdeutschen Texten aus der zweiten Hälfte des 13. und ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Salomons Haus und Baumgarten, vgl. oben Kap. 3.1, Bsp. (131) und (132)) und damit im hier untersuchten Korpus deutlich vor der kausalen Verwendung von dann/ denn, die in diesem Fall nicht Auslöser für das Beginnen des Ersetzens von dann/denn durch als in komparativischer Funktion sein kann. Die ersten Vorkommen von komparativischem als im frühneuhochdeutschen Korpus stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vgl. oben Kap. 4.1, Bsp. (228) und Tabelle (231), ca. 60 Jahre später als das Auftauchen der kausalen Verwendung, aber damit in einem etwas engeren zeitlichen Zusammenhang. Ab dem 16. Jahrhundert ist dann/denn im untersuchten Korpus bereits ganz regelmäßig in kausaler Funktion belegt. Der durchgreifende Wandel von dann/denn zu als als Hauptmuster in den Komparativvergleichen erfolgt dagegen, wie in Kap. 5.1 beschrieben, erst im 17. Jahrhundert. Ein unmittelbares zeitliches Zusammentreffen ist also weder zwischen den ersten Belegen von kausalem dann/denn und komparativischem als (statt denn) noch zwischen der verbreiteten Verwendung von kausalem dann/denn und dem Ablösen von dann/denn als Haupt-

400 Hier wird zudem noch als weitere Funktion mit Belegen ebenfalls ab dem 15. Jahrhundert die Verwendung von dann/denn als Modalpartikel in modalen Relativsätzen (in der vorliegenden Untersuchung zu den Nicht-Grad-Äquativen gezählt: quasi-kausales „wie/als denn“) zum „Ausdruck des Offenkundigen“ aufgeführt, die man unter die Funktion als Modalpartikel subsumieren kann. 401 Zusätzlich ist im 15. Jahrhundert in einem Korpusbeleg dann/denn im Sinn von ‚aber‘ belegt (Vnd das must alles auf dem heyltum swern, als dann zu Vngeren gewonhait ist, dann nuer ich allain swuer nicht, wann ir gnad ain vnuerczweifleichs wolgetraun zu mier het. − HKot 33, 26–28), sowie mehrfach, allerdings nur in der präpositionalen Fügung von dannen, die direktionale Verwendung.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

409

muster in den Komparativvergleichen durch als festzustellen. Dann(e)/denn hatte zudem schon im Alt- und Mittelhochdeutschen, während es noch das Hauptmuster des Komparativanschlusses bildete, zwei bis drei weitere Funktionen außer der komparativisch-vergleichenden und war somit bereits mehrfach polysem, die Verwendung als Komparativpartikel blieb aber dennoch über Jahrhunderte stabil.402 (647)

thanne als Temporal- bzw. Konditionalkonjunktion und als Temporaladverb: (Christus autem cum venerit, // nemo scit // unde sit.) Christ thanne her quimit, // thanne niuueiz nioman // uuanan hér ist Christus wenn er kommt dann Neg-weiß niemand woher er ist ‚Wenn Christus kommt, dann weiß niemand, woher er ist.‘ (T 168, 22–24)

(648) dann/denn als Modalpartikel (oder Temporaladverb): ſint ſui denne unnutze un̄ |guͦt./ ſo wirt din ſele faizt un̄ berheft ‚Wenn diese [= deine Gedanken] gut und nützlich sind, wird deine Seele stattlich und fruchtbar‘ (TrH 106v, 22 – 107r, 01) (649) dann/denn als Modalpartikel: Wat sall dan doin dye breide vnd wijde bekentenisse des gantzen alders van anbegyn der werlt bis nu zer zijt? ‚Was soll denn die breite und weite Kenntnis der Geschichte vom Beginn der Welt bis heute tun?‘ (Koel 3v, 35 f.)

402 Ab dem 17./18. Jahrhundert tragen syntaktische und phonologische Differenzierungen zwischen den verschiedenen Verwendungsweisen von dann/denn zu einer Reduktion der Polysemie bei (vgl. DWB 2: 740; Lerch 1942: 359; Stuckradt 1957): nach kausalem denn setzt sich allmählich V2-Stellung durch (bei Ludwig Lavater und Johann Bange findet sich beispielsweise kausales dann sowohl mit V2 als auch mit Verbendstellung), wohingegen komparativisches denn mit Verbendstellung einhergeht. Phonologisch wird das kausale und vergleichende denn zunehmend vom Gebrauch als Temporaladverb in Form von dann unterschieden. (Dialektal setzt sich diese phonologische Differenzierung nicht überall durch, sondern es wird im niederdeutschen Sprachraum verbreitet denn, im oberdeutschen verbreitet dann als Einheitsform verwendet.) Aufgrund der syntaktischen und phonologischen Differenzierungen und dadurch Reduktion der Polysemie würde man, falls Polysemie der Hauptantrieb des Komparativzyklus wäre, erwarten, dass sich vergleichendes denn ab dem 17./18. Jahrhundert noch besser hätte halten sollen. Im Gegensatz dazu wird komparativisches denn in dieser Zeit vollständig durch als ersetzt.

410 (650)

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

dann/denn als Kausalkonjunktion: Vnd dese ouerschafft vn̄ herlicheyt wyrt yn gegunt […] niet vmb yr starckheyt off koenheyt dan Sij syn vnmechtich vnd swach van krefften ‚Und diese Obrigkeit und Herrlichkeit wird ihnen gegönnt nicht wegen ihrer Stärke und Kühnheit, denn sie sind ohnmächtig und schwach an Kräften.‘ (Koel 3v, 23–26)

Das Lexem als(o) tritt im (Spät-)Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen außer als Äquativpartikel (s. o. Kap. 2.2, 3.2) und wie erwähnt in ganz vereinzelten mittelhochdeutschen Belegen als Komparativpartikel (s. o. Kap. 3.1) zunächst vor allem auch als modales Demonstrativadverb ‚(eben)so‘ (als solches auch als Äquativkorrelat ‚so‘) auf, vgl. DWB (1: 247–259), AWB (1: 235–286), BMZ (2: 461a-465b). Sodann wird es ausgehend von der Funktion als Äquativpartikel mit ersten noch ambigen Belegen seit dem Spätalthochdeutschen, in eindeutigen Belegen dann seit dem Mittelhochdeutschen, seit dem 13. Jahrhundert laut Paul bereits häufig als temporale und sekundär auch konditionale Konjunktion verwendet, vgl. Paul (2007: 415, 418).403 In Lexer (1: 42) und MWB (1: 168–173) wird zudem die Verwendung als Kausalkonjunktion ‚weil‘ erwähnt, bei Schützeichel (2012: 33) schon fürs Althochdeutsche, laut Ebert et al. (1993: 476) selten noch bis ins Frühneuhochdeutsche nachweisbar, im MWB (1: 168– 173) zusätzlich auch die als Konzessivkonjunktion.404 Paul (2007: 426) und MWB (1: 168–173) vermerken fürs Mittelhochdeutsche außerdem ausgehend von der Verwendung als Äquativpartikel den Gebrauch von als(o) als Relativpartikel, der nach Ebert et al. (1993: 447) selten bis ins ältere Frühneuhochdeutsche belegt ist. Laut DWB (29: 1474, vgl. auch 1: 254 f.) kommt in spätmittelhochdeutscher Zeit dann noch die prädikative Funktion wie in du als Bauer hinzu (im DWB als ‚hinweisend-demonstrative‘ Funktion bezeichnet, in der englischsprachigen Literatur auch ‚role phrases‘ s. Treis/Vanhove Hrsg. 2017), vgl. auch MWB (1: 168–173).405 Das Aufkommen dieser als(o)-Prädikative wird 403 Zum ahd. also s. auch Schützeichel (2012: 33): Adverb, Konjunktion: ‚so, nämlich, also, genauso (wie), (so) wie, wenn, weil‘. Vgl. auch die Entwicklung von temporalem und relativischem aus äquativischem as im Mittelenglisch und später zusätzlich kausalem as, vgl. CHEL (II: 359, III: 315). 404 Vgl. auch Paul (2007: 421), dem zufolge als(o) mit Adjektiv okkasionell als Konzessivsatzeinleitung verwendet wurde, entsprechend nhd. ‚wie gut er auch …‘ / ‚so gut er auch …‘, was sich aber ggf. unter die Verwendung als Äquativpartikel subsumieren lässt. 405 Auch die prädikative Verwendungsweise ist ursprünglich vom Äquativvergleich abgeleitet: ‚gleicht einem X‘ / ‚tut … wie ein X‘ > ‚ist ein X‘ / ‚tut … als X‘. In den als-Prädikativen hat sich also ähnlich wie im Fall des versteinerten als (ob) in den hypothetischen Vergleichen und des sowohl als in der Koordination ein Reflex des alten äquativischen als bis heute erhalten.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

411

im DWB (29: 1474) explizit im Sinn der Polysemie-These als Ursache für das Ersetzen von als durch wie in Nicht-Grad-Äquativen (im DWB ‚modal-vergleichende Funktion‘) genannt. Von den bereits im Mittelhochdeutschen nachzuweisenden Funktionen nimmt die äquativ-vergleichende im Frühneuhochdeutschen ab (Ersatz als Hauptmuster durch wie im 16. Jahrhundert), dagegen insbesondere die temporale Verwendung im Frühneuhochdeutschen zu: als wird seit dem 15. Jahrhundert als Temporalkonjunktion häufiger und drängt im Lauf des 15./16. Jahrhunderts da/do in dieser Funktion zurück (Ebert et al. 1993: 456; FWB 1: 842– 847, 853–856)406 – laut DWB (1: 258) explizit, wie es andererseits dann in den Komparativvergleichen ersetzt, d. h. temporales als nimmt zu und, wie nach der Polysemie-These gerade nicht zu erwarten, anschließend auch noch komparativisches als. Zusätzlich kam bereits ab Beginn der frühneuhochdeutschen Sprachstufe aufzählendes als(o) im Sinn von ‚nämlich‘ vor, vgl. FWB (1: 842– 847, 853–856).407 Im hier für die Vergleiche untersuchten Korpus tritt als(o) erst in den mittelhochdeutschen Texten auf und kommt hier außer als überwiegend in NichtGrad-Äquativen gebrauchte Äquativpartikel, s. o. Kap. 3.2, auch als Demonstrativadverb ‚so‘ vor, vgl. (651). Vereinzelt ist jedoch schon in den untersuchten mittelhochdeutschen Texten die Verwendung als temporale, konditionale und kausale Konjunktion belegt, vgl. (652), (653) und (654). Temporales, v. a. aber neu auch prädikatives als ist dann durchgängig in allen hier untersuchten Texten ab dem 15. Jahrhundert zu finden, vereinzelt auch weiterhin kausales als. Im 15. Jahrhundert kommt neu ausgehend von der vergleichenden Verwendung auch die aufzählende Verwendung von als auf, vgl. oben Kap. 4.2, Bsp. (330) und Tabelle (332), sowie im 16. Jahrhundert die in der oben angeführten Literatur nicht erwähnte koordinierende Verwendungsweise, vgl. Bsp. (333) und Tabelle (337). Im 16. und 17. Jahrhundert wird als im untersuchten Korpus zudem gelegentlich ähnlich einer Relativpartikel in Relativsätzen, allerdings vorm Relativpronomen verwendet, vgl. (656), sowie vereinzelt vor anderen subordinierenden Konjunktionen, z. B. vor dass, vgl. (657), was im DWB (1: 256 f.)

406 Die Ausbreitung von als(o) als Temporalkonjunktion im Frühneuhochdeutschen erfolgte den im FWB (1: 842–847, 853–856) gegebenen Belegen zufolge in drei Schritten: ab dem 14. Jahrhundert bezeichnete als(o) eine Gleichzeitigkeit im Vergangenen, ab dem 15. Jahrhundert auch Gegenwart oder Zukunft und ab dem 16. Jahrhundert auch Vorvergangenheit. 407 Weiterhin sind im FWB, das insg. 15 Funktionen von als(o) unterscheidet, folgende Funktionen (z. T. mit mehreren Unterarten) aufgeführt: Äquativpartikel, Komparativpartikel, Adverb ‚so‘, prädikativ, temporale, konditionale und selten kausale Konjunktion, lokal ‚wo‘ ab Ende 15. Jh.

412

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

jeweils als Unterart der demonstrativen Verwendung aufgeführt wird, sich jedoch syntaktisch und semantisch deutlich von der regulären Funktion als modales Demonstrativadverb unterscheidet. (651)

also als modales Demonstrativadverb: dc irgiench alſo. ‚So geschah es.‘ (TrH 4r, 4 f.)

(652)

alse als Temporalkonjunktion: Die dage louit man aleererst . alse der dach uergangen is. ‚Die Tage lobt man erst, wenn der Tag vergangen ist.‘ (Lil 5, 19 f.)

(653)

alse als Konditionalkonjunktion: Dit geschit den dumben luden. di denkent alse si sich gode nekent. dat si engein vuel beruren insule. ‚Dies geschieht den dummen Leuten, die denken, wenn sie sich Gott nähern, dass sie kein Übel berühren werde.‘ (Lil 3, 33 f.)

(654)

alse als Kausalkonjunktion: wande criſt iſt dc ſpunne. der nivewen. gnadin. alſe wir tagelich gefůret werdin inder criſtinheit. mit ſineme fleiſſe unde mit ſineme blůte. ‚Denn Christus ist die Muttermilch der neuen Gnade, weil wir täglich in der Christenheit gespeist werden mit seinem Fleisch und seinem Blut.‘ (TrH 10r, 18–21)

(655)

als-Prädikativ: Vn die kindere va Seth bis in dat seuende geslecht hielden ouch die gebodere yrs vaders. vn erkante got als eyn heren aller dynge. ‚Und die Kinder von Seth bis in das siebente Geschlecht hielten auch die Gebote ihres Vaters und erkannten Gott als einen Herren aller Dinge an.‘ (Koel 10v, 44 f.)

(656)

als relativsatz-einleitend vor Relativpronomen (bzw. hier relativischer PP): Die speiß die jch euch geben werde (wolche wort hie Emphatica sein) als durch wólche der Herr nit ein gemein / aber ein sondere speiß […] zuverstehē geben wil / welche dan ist (wie da folgt) sein eigen Fleisch. ‚Die Speise, die ich euch geben werde (was hier Emphatica ist), durch welche der Herr nicht eine übliche, sondern eine besondere Speise zu verstehen geben will, welche (wie folgt) sein eigenes Fleisch ist.‘ (JGrop 8v, 8–11)

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

(657)

413

als vor Konjunktion dass: vnd sind by vilen from̄en gottsfoͤrchtigen lüten ye laͤnger ye verdaͤchtiger worden / als daß sy fürgebend wie diser od’ yener geist by jnen hilff vnnd trost gesůcht ‚… und sind bei vielen frommen, gottesfürchtigen Leuten je länger je mehr verdächtig geworden, dass sie vorgeben, dass dieser oder jener Geist bei ihnen Hilfe und Trost gesucht habe‘ (LLav 29r, 20–23)

Im Mittelhochdeutschen nehmen mithin die Verwendung von also und das Spektrum seiner Funktionen auch im untersuchten Korpus zu, indem es demonstrativ und z. T. temporal sowie kausal gebraucht wird. Bemerkenswerterweise ist parallel das vermehrte Aufkommen der Verwendung dieses Lexems als Äquativpartikel (in Nicht-Grad-Äquativen, z. T. in Grad-Äquativen) auf Kosten von so zu beobachten, was gegen die Polysemie-These als Ursache des Komparativzyklus spricht. Im Spätmittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen nehmen die Verwendung und die Funktionen von als(o) noch weiter zu: Es wird verstärkt temporal (im hier untersuchten Korpus ab Ende des 13. Jh.s, im 15. Jh. schon durchgängig), und zusätzlich prädikativ gebraucht (im hier untersuchten Korpus im 15. Jh. schon durchgängig). Etwas später, im 16. Jahrhundert, erfolgt die weitgehende Ersetzung von als durch wie in NichtGrad-Äquativen, was möglicherweise für die Polysemie-These sprechen könnte. Andererseits dehnt sich als aber parallel auf Kosten des hier noch im Mittelhochdeutschen insgesamt überwiegenden so im Frühneuhochdeutschen weiter in die Grad-Äquative aus, wo es im 15. Jahrhundert schon ganz überwiegend als Äquativanschluss verwendet wird. Zudem beginnt nach ganz vereinzelten Belegen im Mittelhochdeutschen dann im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts eine weitere Funktionszunahme von als in Form der Distributionsausdehnung auch auf die Komparativvergleiche, wo es seit dem 17. Jahrhundert als Hauptmuster auftritt (s. Kap. 4.1 und 5.1). Zu dieser Zeit wird als wie dargestellt verbreitet als Einheitsvergleichspartikel in Gradvergleichen (GradÄquativen und Komparativen) verwendet. Von einer Funktionsabnahme bzw. einem Abbau der Polysemie von als durch die Distributionsverschiebungen im Komparativzyklus kann damit im Frühneuhochdeutschen insgesamt keinesfalls die Rede sein. Das Lexem wie schließlich ist, wie in Kap. 2.2 besprochen, schon seit dem Althochdeutschen als Modal- und Grad-Interrogativadverb in direkten und indirekten Fragen408 sowie als subordinierende Konjunktion im Sinn von ‚dass‘ 408 Vgl. auch Schützeichel (2012: 393): Adverb, Konjunktion: ‚wie, auf welche Weise, wieso, wie viel‘.

414

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

belegt, vgl. DWB (29: 1450–1452), fürs Mittelhochdeutsche BMZ (3: 571b–573b), Lexer (3: 876).409 In vergleichender (äquativischer) Verwendung tritt es erstmals selten im Spätalthochdeutschen und im Mittelhochdeutschen auf (vgl. BMZ 3: 571b–573b; Lexer 3: 876; laut Paul 2007: 42 v. a. auch in der Form swie), allerdings stets nur im Satzvergleich (DWB 29: 1474). Im Mittelhochdeutschen kommt laut DWB (29: 1451) noch die sogenannte verallgemeinernd-konzessive Funktion dazu (‚wie auch immer‘, ‚obwohl‘). Nach Paul (2007: 419) ist swie, später auch wie, die häufigste Konzessivkonjunktion im Mittelhochdeutschen. Vereinzelt tritt wie darüber hinaus als temporal-konditionale Konjunktion auf (Paul 2007: 417, Lexer 3: 876). Neben der erhaltenen Funktion als Interrogativadverb sowie als subordinierende Konjunktion ‚dass‘, als Temporal-, Konzessiv- und vereinzelt auch als Kausalkonjunktion (Ebert et al. 1993: 431, 452 f., 457, 467, 476), nimmt im Frühneuhochdeutschen die vergleichende Verwendung von wie zu: wie wird nun auch in Phrasenvergleichen und (ab dem frühen 16. Jahrhundert) mit Korrelat vorm Adjektiv, d. h. in Grad-Äquativen, verwendet. Zusätzlich beginnt in allerersten vereinzelten Belegen im späten Frühneuhochdeutschen und Übergang zum Neuhochdeutschen die Verwendung von wie als Komparativpartikel, vgl. DWB (29: 1491 f.), Ebert et al. (1993: 480). Unter „Abschwächung des vergleichenden Sinns“ wird wie zudem, wie zuvor schon die Äquativpartikeln so und als, neu auch als Relativpartikel verwendet, vgl. Ebert et al. (1993: 479). Im weiteren Verlauf der Entwicklung kommt die koordinierende Funktion hinzu, die sich ebenfalls aus dem Vergleich entwickelt, vgl. DWB (29: 1491 f.). Die seit dem Frühneuhochdeutschen belegte Funktion von wie als Temporalkonjunktion nimmt ab dem 18. Jahrhundert weiter zu, vgl. DWB (29: 1491 f.). Dieses wird als zum Ersetzen von als durch wie in den Äquativen analoges Ersetzen von als durch wie in den Temporalsätzen in Umgangssprache und Dialekt beschrieben (DWB 1: 258), was nach der Polysemie-These, also der Vermeidung funktionaler Last, gerade nicht zu erwarten wäre. In den hier bezüglich der Vergleiche untersuchten Korpustexten kommt althochdeutsch wio (im Isidor auch hweo, im Tatian auch wuo) und mittelhochdeutsch wie ebenfalls als Modal- und Gradinterrogativum und als Konjunktion ‚dass‘ vor, vgl. (658) bis (660), in letzterer Funktion im Frühneuhochdeutschen auch zusammen mit dass, vgl. (661). Im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen, aber nur bis ins 15. Jahrhundert, ist es im untersuchten Korpus auch in konzessiver Bedeutung zu finden, vgl. (662). Ein Beleg für wie als Kausalkonjunktion (alternativ ggf. temporal deutbar) findet sich im Korpus des

409 Seit dem Spätmittelhochdeutschen auch in der Kombination wie dass ‚dass‘ vgl. DWB (29: 1456) mit Beispielbelegen ab 1300, s. auch Ebert et al. (1993: 452 f.).

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

415

15. Jahrhunderts, vgl. (663). Als Temporalkonjunktion im Sinn von temporalem ‚als‘ ist wie bereits in den meisten hier untersuchten Texten ab dem 16. Jahrhundert belegt, vgl. (664). Ein Beleg lässt sich als lokal deuten, vgl. (665). Im Gegensatz zu dem nach der Polysemie-These Erwartbaren nimmt zeitgleich mit der Zunahme der temporalen Verwendung von wie ganz deutlich auch die Verwendung als Vergleichspartikel zu, indem im 16. Jahrhundert schlagartig wie statt als das Hauptmuster in Äquativvergleichen bildet. Und die Polysemie von wie nimmt parallel noch weiter zu, da sich wie zuvor bei als ausgehend von der vergleichenden Verwendungsweise die aufzählende und die koordinierende Verwendungsweise herausbilden. Erstere ist im untersuchten Korpus in vereinzelten Belegen des späten 15. und des 16. Jahrhunderts für wie nachzuweisen, s. o. Kap. 4.2, Bsp. (331) (neben noch ganz überwiegendem als in dieser Funktion), Letztere Ende des 16. Jahrhunderts, vgl. (334) (in dieser Funktion ebenfalls noch überwiegend als). Ungeachtet der bereits bestehenden massiven Polysemie von wie, ist die Verwendung dieses Lexems in den Vergleichen nicht zurückgegangen, sondern sogar noch weiter ausgebaut worden, indem im Lauf des Neuhochdeutschen wie auch in Grad-Äquativen zum üblichen Vergleichsanschluss wurde und später sogar teilweise zur Komparativpartikel. Die Funktion von wie als Komparativpartikel ist in den hier untersuchten Texten erstmals Ende des 18. Jahrhunderts belegt, s. o. Kap. 5.1, Bsp. (378). (658)

wie als Modal-Interrogativadverb: (quo modo possumus viam scire) uuvo mugun uuir then uuec uuizzan ‚Wie können wir den Weg wissen?‘ (T 278, 10)

(659)

wie als Grad-Interrogativadverb: (quantum debes domino meo?) uuio filu scalttu minemo hérren ‚Wie viel schuldest du meinem Herren?‘ (T 176, 10)

(660) wie als subordinierende Konjunktion ‚dass‘: (Genesis ostentit dicente abraham ad puerum suum: …) Genesis saghet huueo abrahames chibot uuas zi sinemu chnehte … ‚Die Genesis sagt, dass Abraham zu seinem Sohn sprach: …‘ (I 7, 1) (661)

wie zusammen mit subordinierender Konjunktion dass: Da schuef man vns zwen Vngrisch herren zue, die mit mir nach den Junkchfraun solten reiten. Wir fuern nue dahin. Do kamen dem purkgrafen die mër, wie daz ich këm nach den Junkchfrawn.

416

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

‚Da gab man uns zwei ungarische Herren, die mit mir zu den Jungfrauen reiten sollten. Wir waren nun unterwegs dorthin. Da erreichte den Burggrafen die Nachricht, dass ich zu den Jungfrauen käme.‘ (HKot 14, 40 – 15, 1) (662)

(s)wie als Konzessivkonjunktion (‚wie auch immer/obwohl‘): Swie hohe diu sist indiner maginchrefte. so gehuge unser armir ‚Wie hoch du auch seist in deiner Macht, so gedenke uns Armen.‘ (TrH 109r, 5 f.)

(663)

wie als Kausalkonjunktion ‚weil‘: Nue was die Junkchfraw aufgestanden bei der nacht, vnd wie si das vbersehen het, Daz das Liecht was vmbgefalen vnd ward pry.nnen in dem gmach ‚Nun war die junge Frau bei der Nacht aufgestanden, und weil sie das übersehen hatte, dass das Licht umgefallen war, so gab es einen Brand in dem Gemach.‘ (HKot 11, 8 f.)

(664) wie als Temporalkonjunktion ‚als‘: das wir am Montag für die eüsserste spitzen Cretæ , caput Salomonis genannt / hinaußkamen / ersahen auch bald aussen auff der hoͤhin noch ein andere Jnsel Scarpanthos , etwan auch Carpathos genennet / 60 Welscher meiln von Rhodis ligend / wie vns die Nacht wolt vberfallen. ‚so dass wir am Montag vor die äußerste Spitze Kretas, Caput Salomonis genannt, hinauskamen, sahen auch bald außen auf der Höhe noch eine andere Insel Scarpanthos, auch Carpathos genannt, 60 welsche Meilen von Rhodos liegend, als uns die Nacht überfallen wollte.‘ (LRauw 17, 17–24) (665)

wie als lokale Nebensatzeinleitung ‚wo‘ (alternativ temporal ‚wenn‘): Darumb auch der Türgkh nach Hungern gezogen / Khriechischweissenburg (welches an der Saw / wie die in die Thuͦ enaw felt / ligt) genomben. ‚… weshalb auch der Türke nach Ungarn gezogen ist und GriechischWeißenburg [= Belgrad], welches an der Save, wo sie in die Donau mündet, liegt, eingenommen hat.‘ (SHerb 1v E, E, 27–29)

Für wie lässt sich also im Mittelhochdeutschen und v. a. im Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen eine Zunahme der Funktionen beobachten und – entgegen der Polysemie-These – parallel sowie zeitlich anschließend eine weitere Zunahme auch der vergleichenden Funktionen zunächst v. a. als

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

417

Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen (wie ist hier Hauptmuster seit dem 16. Jahrhundert), später zusätzlich in Grad-Äquativen (erste Korpusbelege im 16. Jahrhundert, Hauptmuster seit 19. Jh.) und schließlich als Komparativpartikel (erste Korpusbelege im 18. Jahrhundert, Hauptmuster in den meisten heutigen hochdeutschen Dialekten), vgl. Kap. 4.2, 5.1, 5.2 und 6.1. Ein unmittelbares zeitliches Zusammentreffen oder aber unmittelbare zeitliche Abfolge von Zunahme der Funktionen eines Lexems und Verlust oder deutlichem Rückgang der Funktion als Vergleichspartikel und Ersetzen durch ein anderes Lexem ist also zusammenfassend kaum zu beobachten. Häufig nimmt die Verwendung in Vergleichen sogar parallel oder im Anschluss an die Zunahme an sonstigen Funktionen noch zu. Gerade bei den Lexemen als und wie haben die Distributionsverschiebungen im Komparativzyklus insgesamt nicht zu einer wesentlichen Abnahme von Polysemie, sondern eher zu einer Zunahme derselben geführt: Nach Aufkommen der temporalen und prädikativen Verwendung von als wird dieses Lexem zwar in den Nicht-Grad-Äquativen weitgehend durch wie ersetzt, breitet sich aber auf die übrigen Vergleichskonstruktionen aus und wird insbesondere in Gradvergleichen (Grad-Äquativen und Komparativvergleichen) als Einheitsvergleichspartikel verwendet, seltener zudem auch noch in Nicht-Grad-Äquativen. Analog hat die diachrone Zunahme der Polysemie von wie im Mittelhochdeutschen und insbesondere Frühneuhochdeutschen und frühen Neuhochdeutschen der stetigen Zunahme der Verwendung in den verschiedenen Arten von Vergleichen seit dem Frühneuhochdeutschen bis heute keinen Abbruch getan. Nahezu alle in der Geschichte des Deutschen als Vergleichspartikeln belegten Lexeme sind in hohem Maß polysem. So wies bereits das alt- und mittelhochdeutsche dann(e) drei bis vier weitere Funktionen neben der Funktion als Komparativpartikel auf, hielt sich aber dennoch auch in dieser Funktion als Hauptmuster bis Ende des 16. Jahrhunderts. Polysemie scheint hier also nicht grundsätzlich störend zu sein. Das gilt bis ins heutige Deutsche mit unseren in höchstem Maß polysemen Vergleichspartikeln als und wie. Wäre Abbau von Polysemie die treibende Kraft hinter den beobachteten Distributionsverschiebungen und Ersetzungen von Vergleichspartikeln, sollten sich weniger polyseme Lexeme als Vergleichspartikeln durchgesetzt haben. So wäre zu erwarten gewesen, dass sich funktional weniger belastete Vergleichspartikeln wie etwa mhd. alsam oder frnhd. inmassen hätten erhalten und durchsetzen sollen; stattdessen sind diese ausgestorben. Gegen die Annahme, dass Polysemie zum Verlust der vergleichenden Verwendung eines Lexems führt, spricht zudem der sprachvergleichende Blick: In den romanischen Sprachen hat sich che/que als Vergleichspartikel erhalten und sogar vielfach zur Einheitsvergleichspartikel entwickelt, vermutlich gera-

418

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

de weil es auch sonst in einer ganzen Reihe von anderen Nebensatzarten als Einleitungselement fungiert. Grundsätzlich spricht jenseits der Beobachtungen zur semantischen Entwicklung einzelner Lexeme die Tatsache, dass es sich bei den Veränderungen der Vergleichspartikeln um einen Zyklus, also einen wiederholt in die gleiche Richtung ablaufenden Sprachwandel handelt, sowie die Tatsache, dass Entwicklungen in die gleiche Richtung in etlichen anderen, auch sehr entfernten Sprachen auftreten, gegen die These vom PolysemieAbbau einzelsprachlicher Lexeme als Hauptursache: Selbst wenn im Einzelfall die Verwendung eines Lexems als Vergleichspartikel im Zusammenhang mit dem Aufkommen weiterer neuer Funktionen zurückgehen sollte, wäre es doch unerwartet, dass dies in einer Sprache mehrfach zur Erneuerung der Äquativpartikeln und Distributionsverschiebung von Äquativen zu Komparativen führen sollte. Ebenso wäre es mehr als unerwartet, dass solche gemäß der PolysemieThese an einzelsprachliche Lexeme und ihre Entwicklung gebundenen Erscheinungen unabhängig voneinander in unterschiedlichsten Sprachen der Welt in analoger Weise auftreten sollten. Während nicht völlig auszuschließen ist, dass eine Zunahme der sonstigen Funktionen eines Lexems im Einzelfall die Entwicklung im Komparativzyklus mit beeinflussen kann, so spricht die Entwicklung der weiteren Funktionen von dann/denn, als und wie und ihrer vergleichenden Verwendungen sowie die systematische Natur des Wandels sowohl sprachintern als auch sprachvergleichend gegen den Polysemie-Abbau bestimmter einzelsprachlicher Lexeme als Ursache für den Komparativzyklus.410

410 Ähnlich wie die Polysemie-These an ein spezielles Lexem gebunden ist der problematische Erklärungsversuch der Ersetzung von danne durch als im Niederländischen von Postma (2006). Hier ist nicht nur die von ihm angesetzte Etymologie von danne als dat + Negationspartikel ne unplausibel, sondern auch der Versuch, das Ersetzen von danne mit dem Verlust der klitischen Negationspartikel ne in Verbindung zu bringen. Dan wird im Standardniederländischen und in einigen Dialekten bis heute verwendet, obwohl die klitische Negationspartikel dort längst ausgestorben ist. Dagegen ist gerade in niederländischen Varietäten wie dem Westflämischen, das bis heute klitisches ne/en bewahrt hat, dan als Komparativpartikel ersetzt worden. Schaut man aufs Deutsche, so ist die klitische Negationspartikel bereits im Mittelhochdeutschen stark zurückgegangen (vgl. Jäger 2008), die Komparativpartikel dann/denn wird dagegen erst im 17. Jahrhundert von als abgelöst. Ebenso problematisch ist Lerchs (1942: 369– 372) These, denn sei im Deutschen durch als abgelöst worden, um die Dopplung denn denn (etwa von komparativischen und kausalem denn) zu vermeiden. Lerchs eigene Argumentation ist widersprüchlich, da er die im heutigen Deutschen vorkommende Dopplung von als als, etwa in Er ist besser als Schauspieler als als Regisseur, aufgrund ihrer geringen Frequenz nicht als Argument für ein Ersetzen von als durch wie gelten lassen will (Lerch 1942: 371), ein Einwand, der genauso gegen die Erklärung im Fall des historischen denn denn spricht. Mit beiden Ansätzen lässt sich überdies ebensowenig der sprachübergreifende und systematische Charakter des Komparativzyklus erklären.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

419

7.3.4 Vergleiche mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation als Brückenkontexte Ein Erklärungsansatz dafür, wie es überhaupt zu Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln von einer Vergleichsart zur anderen kommen kann, der von konkreten einzelsprachlichen Lexemen unabhängig ist und daher dem systematischen und sprachübergreifenden Charakter des Komparativzyklus besser gerecht wird, besteht darin, dass Vergleiche mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen (bzw. Teilern) als Brückenkontexte fungieren. Wie bereits oben (Kap. 2.2, 3.1 und 3.2) besprochen ergibt sich beispielsweise in Konstruktionen wie nicht so groß wie oder doppelt/halb so groß wie, bei denen die relevante Eigenschaft bei den verglichenen Entitäten offensichtlich zu unterschiedlichen Graden ausgeprägt ist, ein Mismatch zwischen dem hier eigentlich vorliegenden Äquativ (vgl. Korrelat so, Tertium Comparationis: Adjektiv im Positiv) und der insgesamt bezeichneten Ungleichheit. Sie können entsprechend fälschlicherweise im Sinn einer ‚Constructio ad sensum‘ als Komparativvergleiche aufgefasst werden.411 Dies lässt sich als eine strukturelle Reanalyse (‚re-bracketing‘) deuten: [nicht [so groß [wie …]]], in dem die Negation weiten Skopus über den gesamten Äquativvergleich [so groß [wie …]] hat, der entsprechend korrekt ein wie enthält, wird aufgefasst als [[nicht so groß] [wie …]], in dem die Negation sich bloß auf so groß bezieht. Dabei wird nicht so groß als äquivalent zu kleiner verstanden und entsprechend der Vergleichsanschluss mit als gewählt: [[nicht so groß (= kleiner)] [als …]].412 Analog kann [doppelt [so groß [wie …]]], in dem doppelt eigentlich auf dem zunächst durch den Äquativ [so groß [wie …]] gebildeten Wert operiert und entsprechend korrekt wie als Vergleichspartikel gewählt ist, aufgefasst werden als [[doppelt so groß] [wie …]] mit zusammengehörigem doppelt so groß, das seinerseits äquivalent ist zu größer und entsprechend mit als

411 Insofern ist auch eine Einteilung in ‚Vergleiche der Gleichheit‘ und ‚Vergleiche der Ungleichheit‘ zu stark vereinfachend und stattdessen die Terminologie Äquativvergleiche vs. Komparativvergleiche zu bevorzugen, wie in Kap. 1.2 dargelegt. 412 Die Tatsache, dass nicht so groß wie äquivalent interpretiert wird zu kleiner als (und nicht etwa zu größer oder kleiner als), ist der Hintergrund dafür, dass in der Standard-Semantik der Vergleiche (von Stechow 1984, Heim 1985, 2000, s. auch Kap. 7.3.5) für Äquative die Relation ≥ zwischen Graden und nicht einfach Identität angesetzt wird. Im Fall der beschriebenen strukturellen Reanalyse von nicht so groß wie wird es offensichtlich mit dem Komparativ des Antonyms gleichgesetzt, sonst würde sich die falsche Argumentstruktur ergeben, z. B. ‚A ist [nicht so groß] wie B‘ = ‚A ist [kleiner] als B‘ (und damit ‚B ist größer als A‘, nicht: ‚A ist größer als B‘.), vgl. auch Small (1929: 21 f.): „‚A is not as good as B‘ is equivalent to saying ‚A is worse than B.‘“

420

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

verbunden wird: [[doppelt so groß (= größer)] [als …]]. Der entsprechende Ausdruck (Negation, Ausdruck eines Vielfachen) wird also statt auf den gesamten Äquativvergleich nur lokal auf Korrelat und Tertium Comparationis bezogen, und dadurch der gesamte Vergleich als Komparativ reanalysiert. In Äquativen dieser Art kann es somit ‚fälschlicherweise‘ zur Verwendung von Komparativpartikeln zum Anschluss des Vergleichsstandards kommen, so dass die Komparativpartikel in die Äquative eindringt und davon ausgehend ggf. auch in sonstigen Äquativen verwendet wird.413 Diese These wird u. a. von Lerch (1925, I: 233) fürs Altfranzösische suggeriert, wo − statt wie in sonstigen Äquativen come/con, vgl. (666) − in Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen, bereits auch que verwendet wurde, vgl. (667), weil ein derartiger Äquativ „eine Ungleichheit ausdrückt“ (vgl. ebenso Small 1924: 65). Im Französischen hat, wie oben beschrieben, diachron que ausgehend von den Komparativen die Äquativpartikel comme in den Grad-Äquativen verdrängt, so dass diese Erklärungsthese hier zur Entwicklungsrichtung passt. (666)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit con (und Korrelat tant): Tant con tranchier en covenoit, En trancha ‚So viel, wie recht war, abzuschneiden, schnitt er ab‘ (Iv. 3386, nach Lerch 1925, I: 233)

Altfranzösisch

(667)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit que (und Korrelat tanz) nach Ausdruck eines Vielfachen: Maliciouse est […] Cent mile tanz fame que home ‚Die Frau ist hundertausend mal so boshaft wie der Mann.‘ (Méon II, 27, nach Lerch 1925, I: 233)

Im heutigen umgangssprachlichen Englischen und Niederländischen lassen sich, wie bereits erwähnt, analoge Verwendungen der eigentlichen Komparativpartikel than bzw. dan in Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation finden (s. o. Kap. 7.2, Beispiele (603), (604) und (611)). Auch Hubers/ de Hoop (2013: 91) sehen die Erklärung für derartige äquativische Verwendungen von dan im heutigen Niederländischen in der Besonderheit von Äquativen mit Angaben von Vielfachen (negierte Äquative berücksichtigen sie jedoch nicht).414 413 Die Duden-Grammatik (2016: 377) lässt in diesen Äquativvergleichen, in denen eine Ungleichheit bezeichnet wird, sogar explizit die Verwendung der eigentlichen Komparativpartikel als zu (z. B. dreimal so schnell als neben dreimal so schnell wie). 414 Hubers/de Hoop (2013) gehen allerdings davon aus, dass in Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen syntaktisch ein Äquativ, semantisch aber ein Komparativ vorliege. Tatsächlich handelt es sich jedoch, soweit keine Reanalyse (‚re-bracketing‘) stattfindet, s. o., durchaus

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

421

Aber auch für die umgekehrte Entwicklung, d. h. die Verwendung von Äquativpartikeln in Komparativen stellen Äquative mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen mögliche Brückenkontexte dar. Diese These wurde bereits von Middleton (1892) zur Erklärung des Wandels von Äquativ- zu Komparativpartikeln im Griechischen und Lateinischen vertreten. Für das Deutsche hat Behaghel (1923–32, III: 276) vorgeschlagen, dass die Äquivalenz von negierten Äquativen mit Komparativen Ausgangspunkt für das spätere Ersetzen von danne durch als und schließlich als durch wie in Komparativen sei (vgl. auch Small 1924: 5 f. für als und wie, ebenso Small 1929: 21 f.: „semantic bridge“ als Ausgangspunkt des Wandels von Äquativ- zu Komparativpartikeln bei dt. als, alswie, wie, engl. as und lat. quam). Äquativische Verwendung der eigentlichen Komparativpartikel in der fürs Altfranzösische, Englische und Niederländische beschriebenen Weise kommt im historischen Deutschen ebenfalls vereinzelt vor, v. a. bei Ausdrücken von Vielfachen oder Negation, aber auch bisweilen darüber hinaus. Behaghel (1923–32, III: 276) gibt an, dass bei Notker in Äquativvergleichen mit ‚Zahlbegriffen‘ auch danne zu finden sei, vgl. auch die im AWB (2: 161) gegebenen Belege, wie der oben in (92) angeführte und hier als (668) wiederholte. Im hier untersuchten Korpus ist in den unter (184) und (185) angeführten, hier als (669)415 und (670) wiederholten Fällen ebenfalls äquativische Verwendung von danne im Mittelhochdeutschen belegt – hier in negierten Äquativen, vgl. auch MWB (1: 1193), das den − allerdings weder Negation noch Ausdrücke von Vielfachen enthaltenden − in (178) angeführten, hier als (671) wiederholten Beleg bringt. Im Frühneuhochdeutschen findet sich im hier untersuchten Korpus zudem in einem Fall, s. o. (266), hier wiederholt als (673), äquativische Verwendung der Komparativpartikel wann, die sich dialektal vereinzelt bis heute erhalten hat, s. o. (534), hier wiederholt als (674). Das DWB (27: 2846) führt solche äquativischen Belege aus dem Frühneuhochdeutschen auch für die Komparativpartikel weder an, vgl. (675). Den in (672) gegebenen Beleg für äquativisch verwendetes dann im frühen 17. Jahrhundert bringt Paul (1920: 234) neben dem oben in (396) bereits angeführten Beleg. Auch im Erstspracherwerb tritt die Komparativpartikel als in Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation auf, vgl. (676).

auch semantisch in diesen Fällen um einen Äquativ, bei dem der Ausdruck des Vielfachen bzw. die Negation weiten Skopus über den Äquativvergleich hat. 415 Aufschlussreich ist hier auch der Vergleich verschiedener Handschriften des Nibelungenlieds: In Handschrift A ist korrekt die Äquativpartikel so gewählt, während die Handschriften B und C denn aufweisen.

422

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

(668) Äquativ (Grad-Äquativ) mit danne (tanne) nach Ausdruck eines Vielfachen: uuánda óuh sélbez taz sáng . nôte stîgen sól fóne déro stéte dàr iz ánagefângen uuírt . únz tára sîn hóhi gât . íh méino uuîlôn ióh ze demo áhtodên bûohstábe . dér zuíualt líutet . tánne dér bûohstáb . ze démo iz ánafîeng ‚Denn die Melodie selbst soll ja notwendigerweise aufsteigen von der Stelle her, wo sie angefangen wird, bis zu ihrem Höhepunkt; ich meine: manchmal sogar bis zum achten Ton, welcher doppelt so hoch wie der Ton ist, wo die Melodie anfing.‘ (N Mus. IV, 16) (669)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dann (denn) unter Negation: dorft er in sime hercen nimmer mer getragn A dorft er nihe mere in sime herze tragen B dorft er in sime hercen nimmer mer getragn C chvnder in sinem hercen nimmer me getragen so vil der hohen vrevde denn er da gewan A so vil hoher vroͮ de so er da gewan, B so vil der hohen vreͮde denn er da gewan, C minneklicher frevden denner ir do gewan, do im div gie enhende di er ce trvote wolde han A do im div gie an hende, die er ze trûte gerte han. B do im div gie enhende, di er ce trvͦte wolde han. C do im div gie so nahen, die er ze trvte wolde han. ‚… hätte er in seinem Herzen niemals so viel große Freude fühlen können, wie er damals hatte, als die mit ihm Hand in Hand ging, die er zur Gemahlin haben wollte.‘ (Nib 301, 2–4 (A: 294/B: 293/C: 297))

(670)

Äquativ (Nicht-Grad-Äquativ) mit danne unter Negation: daz brot bezeichent die geistliche lere. ane die div sele. nit inmac gelebin. danne der lip ane spise. ‚Das Brot bezeichnet die geistliche Lehre, ohne die die Seele nicht leben kann, wie der Leib ohne Speise‘ (= ‚die Seele kann nicht eher ohne die geistliche Lehre leben, als der Leib ohne Speise‘) (Sal 145, 8–11)

(671)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dann: ez schullen gepornn werdenn / new leẅ te auf die erdenn. / der wïrt so vil auf der erde / dann chorns werde

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

423

‚Es werden neue Völker auf der Erde geboren werden, die werden so viele auf der Erde sein, wie das Korn ist.‘ (Märterbuch 27352) (672)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit dann unter Negation: Hat mich dann niemalen ein einiger Kerl so schandtlos gefangen genommen […] dann dieser ‚Es hat mich niemals irgendein Kerl so schandlos gefangen genommen wie dieser.‘ (Engl. Kom. 44, 11 f.)

(673)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wann: Als ob er wunderte das ain mensch so listig solt sein wann das ander. ‚als ob er sich wunderte, dass ein Mensch so listig sein sollte wie der andere‘ (Neid 44, 21 f.)

(674)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wan: Ich bin su starchar wan dû. ‚Ich bin so stark wie du.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 63)

(675)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit weder nach Ausdruck eines Vielfachen: das sie zwifeltig eintragen, weder sie sonst teglich samlen ‚dass sie zweimal so viel eintragen, wie sie sonst täglich sammeln‘ (Luther 2. Mos. 16, 5, nach DWB 27: 2846)

(676)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit als nach Negation bzw. Ausdruck eines Vielfachen: a. Der Kranz ist nicht so schön als der Hahn. (Alma 3.10) b.

Merles ist doppelt so groß als meins. (Alma 6.2)

c.

Dann gucke ich eben vier Mal so viel, als ich eigentlich darf. (Alma 7.7)

Auf Grundlage von Belegen dieser Art wäre möglicherweise wie etwa im Französischen zu erwarten, dass die Komparativpartikel diachron in die Äquative vordringen würde. Es mag im historischen Deutschen vereinzelte entspre-

424

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

chende Ansätze gegeben haben. Diese Tendenzen haben sich aber diachron insgesamt nicht ausgewirkt,416 sondern die Entwicklung ist in der für den Komparativzyklus sprachübergreifend typischen, entgegengesetzten Richtung verlaufen. Auch dies lässt sich jedoch mit der These von der Brückenfunktion von Äquativen mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation in Einklang bringen: die ‚falsche‘ Verwendung von Komparativpartikeln in Äquativen dieser Art belegt die Tatsache, dass diese Konstruktionen häufig als Komparativvergleiche aufgefasst werden. Das grammatisch korrekte Vorkommen einer Äquativpartikel – im historischen Deutschen als, im heutigen Deutschen wie – in Äquativen dieser Art kann, wenn diese Konstruktionen vom Lerner durch Reanalyse (‚rebracketing‘) als Komparativvergleiche aufgefasst werden, von diesem als Evidenz für das Vorkommen von als bzw. wie in Komparativvergleichen angesehen werden und davon ausgehend diese Partikel daher auch in anderen Komparativvergleichen verwendet werden. Eine weitere Konstellation, auf deren Grundlage es zum Wandel von Äquativ- zu Komparativpartikeln kommen kann, bilden negierte Komparative. Auch hier liegt ein Mismatch vor, indem diese Komparative insgesamt eine Gleichheit ausdrücken und somit als Brückenkontexten für eine Distributionsverschiebung fungieren können. Auch hier würde eine Reanalyse der Skopusverhältnisse (‚re-bracketing‘) vorliegen, beispielsweise von [nicht [größer als]] zu [[nicht größer (= so groß)] wie].417 Diese These ist ebenfalls in der Literatur vertreten worden: van der Horst (2008: 993) führt sie (neben der oben diskutierten PolysemieThese) zur Erklärung des Aufkommens der komparativischen Verwendung von als im Niederländischen an. In negierten Komparativvergleichen wie ‚keiner besser als‘ sei zuerst fälschlicherweise als statt dan verwendet und von dort auf die übrigen Komparative übertragen worden. Auch fürs Polnische und die dem Komparativzyklus entsprechenden Ansätze, die Äquativpartikel jak auch komparativisch zu verwenden, stellen negierte Komparative offensichtlich die entscheidenden Kontexte dar (s. o. Kap. 7.2, Bsp. (638), (639) und Fußn. 377). Dass negierte Komparativvergleiche auch eine Rolle als Brückenkontexte für die komparativische Verwendung der eigentlichen Äquativpartikel als im historischen Deutschen gespielt haben könnten, legen die ersten ganz vereinzelten derartigen Belege im Mittelhochdeutschen nahe (s. o. Kap. 3.1). Von den beiden aus der Literatur bekannten Belegen ist einer negiert, s. Bsp. (130), hier

416 Abgesehen von der dialektalen Distributionsverschiebung bzw. -erweiterung von wan in die Äquativvergleiche in bestimmten schweizerdeutschen Varietäten, vgl. (674), s. auch Kap. 6.2. 417 Die Äquivalenz von nicht größer als und so groß wie ergibt sich per skalarer Implikatur (A ist nicht größer als B. Implikatur: A ist genauso groß wie B).

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

425

wiederholt als (677), der andere enthält eine rhetorische Frage, die ebenfalls eine negierte Antwort suggeriert, s. Bsp. (125), hier wiederholt als (678) (vgl. dazu auch die oben in Fußn. 118 wiedergegebene Anmerkung von Kraus 1935). Die beiden zusätzlichen mittelhochdeutschen Belege mit komparativischem als, die die vorliegende Korpusuntersuchung erbracht hat, weisen ebenfalls jeweils eine Negation auf, s. Bsp. (131) und (132), hier wiederholt als (679) und (680) – letzterer Beleg ist in der Parallelüberlieferung bei David von Augsburg als negierter Äquativvergleich konstruiert, was zusätzlich die semantische Nähe von Komparativ und Äquativ bei Negation belegt. (677)

Komparativ mit als unter Negation: wer ain weib nemen ſol, der tůt weder minder noch mer alz ain kaufman der nach ler ſiner friuͤnt kaufen tůt ‚Wer eine Frau nehmen soll, der tut weder weniger noch mehr als ein Kaufmann, der nach Lehre seiner Freunde kauft.‘ (Teichner III, Gedicht 506, 44 ff.)

(678)

Komparativ mit als in rhetorischer Frage: Ob ieman spreche, der nû lebe, daz er gesæhe ie grœzer gebe, als wir ze Wiene haben dur êre empfangen? ‚Ob wohl jemand spräche, der jetzt lebt, dass er je größere Gaben gesehen habe, als wir zu Wien aus Ehre empfangen haben?!‘ (Walther 10, XIV, 1–3)

(679)

Komparativ mit alse unter Negation: so vindestv aber driv dinc. daz eine ist. daz dv nie von dinge in wordes svzer geminnit. alſe von gode. ‚So findest du aber drei Sachen: Die eine ist, dass du nie von irgendetwas süßer geliebt wurdest als von Gott‘ (Sal 97, 5–8)

(680) Komparativ mit als unter Negation: ſw’ ab’ ruowe in vngemache habn wil d’ wen ſich ſin mit gedulticheit. ab’ gedult lernen iſt chein letze nutzer. alſ emſechlichen wid’ mut’ ‚Wer aber Ruhe im Unglück haben will, der gewöhne sich daran mit Geduld. Aber Geduld lernen ist keine Lektion nützlicher als immerfort Missgeschicke.‘ (Bau 109r, 5–7) Die ebenfalls seltenen Korpusbelege für komparativisches als im Frühneuhochdeutschen sind dagegen weniger deutlich mit negierten Komparativen als Brü-

426

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

ckenkontext in Verbindung zu bringen. Von den fünf entsprechenden Belegen im untersuchten Korpus des 16. Jahrhunderts weist lediglich einer eine Negation auf, s. Bsp. (258), hier wiederholt als (681), ein weiterer könnte als quasi-negiert aufgefasst werden, da es sich um einen exzipierenden Nebensatz handelt, s. Bsp. (249), hier wiederholt als (682). Die übrigen drei Belege weisen keine Negation o. ä. im Matrixsatz des Vergleichsstandards auf, vgl. (683) bis (685). Einhundert Jahre später, im frühen Neuhochdeutschen des 17. Jahrhunderts, wo als erstmals überwiegend in Komparativen gebraucht wird und denn als Hauptmuster ablöst, finden sich unter den 167 Korpusbelegen ebenfalls überwiegend nicht negierte Kontexte, vgl. u. a. die oben in Kap. 5.1 angeführten Belege (350), (359), (360), (361), (362), (363), (364), (365), (366) und (367). Wenn negierte Komparative also, wie es die Daten des Mittelhochdeutschen nahelegen, eine Rolle als Brückenkontexte für die Reanalyse von als zur Komparativpartikel gespielt haben, so ist diese Reanalyse im Frühneuhochdeutschen und zumal im frühen Neuhochdeutschen wohl schon abgeschlossen und als auch unabhängig von Negation in Komparativen verwendbar. (681)

Komparativ mit als unter Negation (+ Äquative mit wie, komplexer Vergleichssatz): Nun mag niemandts hieran zweifelen das Manna habe des Herren leib bezeichent / nit so eigentlich / [wie er den selben vor vns am Creütz vffgeopffert/] [als [wie er vns den zur speiß verheissen / vnnd in der Eucharisti geben hat]]. ‚Nun kann niemand hieran zweifeln, dass das Manna den Leib des Herrn bezeichnet − nicht so, wie er ihn für uns am Kreuz geopfert hat, als (vielmehr), wie er ihn uns zur Speise verheißen und in der Eucharistie gegeben hat.‘ (JGrop 10r, 25–29)

(682)

Komparativ mit als: das keiner neben jhnen etwas gewinnen moͤge / er woͤlle dann ein groͤsserer Harami das ist / Dieb / alß sie sein ‚dass keiner neben ihnen etwas erlangen kann, es sei denn, er wolle ein größerer Harami, d. h. Dieb, als sie sein.‘ (LRauw 35, 26–28)

(683)

Komparativ mit als: Vnd dieweil wir vns gegen dem widerwind richteten / damit er vns nit wider zuoruckwerffe / gab vns dises mehr alß das ander zuschaffen ‚Und weil wir uns gegen den Gegenwind richteten, damit er uns nicht zurückwerfe, gab uns dieses mehr als das andere zu schaffen.‘ (LRauw 15, 30–16, 1)

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

427

(684) Komparativ mit als: So man hinein in die Badstuben will / hat einer durch zwo / etwan in 3 Kammern zuo gehn / deren je eine waermer alß die ander / biß man endtlich kommet inn die groessest vnd waermeste ‚Wenn man in die Badestube hinein will, muss man durch zwei bis drei Kammern gehen, von denen eine wärmer ist als die andere, bis man schließlich in die größte und wärmste kommt.‘ (LRauw 30, 11–13) (685)

Komparativ mit als: Denn er ist grewlicher vnd heßlicher / als jrgend der aller geringsten oder ergsten vnd Gottlosesten einer zugerichtet. ‚Denn er ist gräulicher und hässlicher als einer der Geringsten oder Schlechtesten und Gottlosesten zugerichtet.‘ (JMath 44r, 22–24)

Für das Aufkommen der komparativischen Verwendung der Äquativpartikel wie lassen sich derartige Brückenkontexte anhand der vorhandenen Daten nicht belegen, vgl. die in Kap. 5.1 angeführten Belege (352), (378), (379), (380) und (384).418 Hier wären insbesondere für das 18. Jahrhundert weitere Datenerhebungen zu komparativischem wie zur Überprüfung der Rolle von negierten Komparativen als möglichen Brückenkontexten erforderlich. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die diachronen Daten ebenso wie Daten aus dem synchronen Sprachvergleich und dem Spracherwerb Evidenz dafür liefern, dass Vergleiche, die durch Negation – oder im Fall der Äquative auch durch Ausdrücke von Vielfachen – statt Ungleichheit eine Gleichheit bzw. statt Gleichheit eine Ungleichheit bezeichnen, Brückenkontexte für die Verwendung von Komparativpartikeln in Äquativen bzw. Äquativpartikeln in Komparativen darstellen können. Im Deutschen gibt es Anhaltspunkte, dass negierte Komparative zum ersten Auftreten der ursprünglichen Äquativpartikel als in Komparativen geführt haben. Grundsätzlich kann sich auf der Grundlage dieser Brückenkontexte jedoch eine Distributionsverschiebung in beide Richtungen – von Äquativen zu Komparativen und von Komparativen zu Äquativen − ergeben. Die diskutierten Kontexte stellen einen zentralen, wenn auch nicht notwendigerweise den einzigen Ausgangspunkt für Distributionsver-

418 Von den 17 Belegen für komparativisches wie in den Briefen Katharina von Goethes vom späten 18. und frühen 19. Jahrhundert steht beispielsweise nur in drei Fällen der Vergleichsstandard im Skopus einer Negation.

428

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

schiebungen dar und liefern eine mögliche Erklärung, wie es überhaupt zu derartigem Wandel kommen kann.419 Die tatsächlich zu beobachtende Gerichtetheit der Entwicklung lässt sich damit jedoch noch nicht hinreichend vorhersagen. Dazu bedarf es zusätzlicher erklärender Prinzipien. In bestimmten romanischen Sprachen wie dem Französischen, in denen eine Distributionsverschiebung von Komparativen zu Äquativen erfolgt ist, kann, wie oben diskutiert, die ubiquitäre Verwendung von que in verschiedensten Nebensatzarten incl. den syntaktisch den Vergleichen nahestehenden Relativsätzen als Erklärung angeführt werden. Für die in den allermeisten Sprachen und ebenso im Deutschen festzustellende Entwicklungsrichtung von Äquativen zu Komparativen, die als natürliche Entwicklungsrichtung im Komparativzyklus anzusehen ist, müssen andere Faktoren identifiziert werden. Im Folgenden soll dafür argumentiert werden, dass sich die systematische und sprachübergreifend beobachtbare Gerichtetheit im Komparativzyklus aus semantischen und syntaktischen Eigenschaften und Markiertheitsverhältnissen der Vergleichsarten im Zusammenhang mit dem Wirken sprachlicher Ökonomieprinzipien ergibt.

7.3.5 Grammatikalisierung, Markiertheit und sprachliche Ökonomie: Nicht-Grad-Äquative als Ausgangspunkt für Neuerungen Die Entwicklung im Komparativzyklus wird entscheidend durch das Wirken sprachlicher Ökonomieprinzipien auf verschiedenen Ebenen (Lexikon, Syntax, Semantik/Pragmatik) angetrieben, die vor dem Hintergrund der Markiertheitsverhältnisse der verschiedenen Vergleichsarten zur natürlichen Gerichtetheit dieses Wandels führen. Sprachliche Ökonomie spielt hierbei zum einen auf der Ebene des Lexikons eine Rolle, indem im Verlauf der Entwicklung die Anzahl der Lexikoneinträge der Vergleichspartikel-Lexeme immer wieder durch eine, wie in Kap. 7.2 dargestellt, auch sprachvergleichend zu beobachtende Tendenz zur Einheitsvergleichspartikel reduziert wird (vgl. Jäger 2010a sowie darauf aufbauend Reinarz/de Vos/de Hoop 2016). Auf verschiedenen Stufen des Komparativzyklus wird eine Vergleichspartikel durch Distributionsverschiebung bzw. -erweiterung etwa zur Einheitsvergleichspartikel für alle Vergleiche mit dem Merkmal [+ Grad] oder für alle mit dem Merkmal [+ Ungleichheit] oder sogar für sämtliche Vergleichsarten, s. die Übersicht zum Komparativzyklus

419 Vgl. etwa zu impliziten Komparativvergleichen mit folgendem Nicht-Grad-Äquativ (Faktizitätsvergleich) als weiterem möglichen Brückenkontext oben Kap. 3.1, die Erläuterungen zu Bsp. (133).

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

429

im Deutschen in (596) sowie die Typologie der Vergleichspartikelsysteme in diachroner Perspektive in (598) und sprachvergleichend in (600). So sind mehrfach in der Entwicklung der deutschen Sprache die lexikalischen Unterschiede bei den Vergleichspartikeln wieder zugunsten einer Einheitsvergleichspartikel aufgegeben worden (Frnhd. z. T. als, Nhd. z. T. wie). Vor dem Hintergrund der Standard-Semantik für Vergleichskonstruktionen (von Stechow 1984, Heim 1985, 2000) ist diese, den Komparativzyklus mit antreibende Entwicklungstendenz durchaus erwartbar: Gemäß der semantischen Standardanalyse von Vergleichskonstruktionen wird die eigentliche Vergleichsbedeutung durch das Komparativmorphem -er bzw. das Äquativkorrelat so beigesteuert, die als Funktionen zwei Grade zueinander in Beziehung setzen: im Fall von -er liegt hierbei die Relation größer als (>) vor, im Fall von so die Relation größer/gleich (≥).420 Die Vergleichspartikeln als, wie etc. sind dagegen semantisch leer. In der semantischen Interpretation tauchen sie nicht

420 Das Komparativmorphem wird folgendermaßen interpretiert: [[-er]] (d1) (d2) = 1 gdw. max (d2) > max (d1) Entsprechend erhält ein Komparativvergleich wie Maria läuft schneller als Anna folgende Interpretation: [[-er [2 [Maria läuft t2 schnell]]] [1 [Anna läuft t1 schnell]]], also: Der maximale Grad d2, so dass Maria d2 schnell läuft, ist größer als der maximale Grad d1, so dass Anna d1 schnell läuft. Das Äquativkorrelat wird folgendermaßen interpretiert: [[so]] (d1) (d2) = 1 gdw. max (d2) ≥ max (d1) Ein Äquativ (Grad-Äquativ) wie Maria läuft so schnell wie Anna erhält daher folgende Interpretation: [[so [2 [Maria läuft t2 schnell]]] [1 [Anna läuft t1 schnell]]], also: Der maximale Grad d2, so dass Maria d2 schnell läuft, ist größer oder gleich dem maximalen Grad d1, so dass Anna d1 schnell läuft. Mit dem Verhältnis ≥ in Grad-Äquativen wird die Interpretation eines negierten Grad-Äquativs korrekt vorhergesagt, etwa bei Maria läuft nicht so schnell wie Anna, die Interpretation, dass Maria nicht genauso schnell und auch nicht schneller läuft als Anna, sondern weniger schnell (s. dazu auch Fußn. 412). Die typische Grad-Äquativ-Bedeutung der Gleichheit der verglichenen Grade kommt durch eine skalare Implikatur zustande: Wenn der Grad tatsächlich nicht nur gleich, sondern größer wäre, würde der Sprecher dies aussagen, da er seine Aussage maximal informativ gestalten will. Die Syntax stellt jeweils durch Abstraktion über Gradvariablen zwei Gradeigenschaften zur Verfügung. Das Komparativmorphem bzw. das Äquativkorrelat nimmt diese als Argumente und vergleicht ihre Maxima. Abstraktion über Variablen kommt analog bei Relativsätzen vor, vgl. Kennedy (1999), Lechner (2004), was als Evidenz für die Nähe der Vergleiche zu Relativsätzen gewertet werden kann (vgl. auch Kap. 8.3). (Um typologische Variation bzgl. (Un-)Möglichkeit von NPIs, negierten Indefinita oder Maßphrasen im Vergleichsstandard von Grad-Äquativen zu erklären, schlagen Krasikova/Penka (2012) für bestimmte (korrelative) Äquative eine Semantik mit dem Operator def statt max vor.)

430

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

auf: Sie sind auf der Ebene der Logischen Form (LF) nicht interpretierbar und werden entsprechend an der sprachlichen Schnittstelle von Syntax und LF gelöscht.421 Gemäß dieser semantischen Analyse besteht also kein Grund für eine formale Differenzierung der Vergleichspartikeln in Komparativen und Äquativen, so dass diachroner Wandel bei diesen Elementen durchaus naheliegt. In diesem Sinn äußert sich bereits Behaghel (1927: 205), indem er formuliert: „ein innerlich begründeter Unterschied zwischen als und wie ist nicht vorhanden“.422 Die sprachübergreifend und auch im Deutschen wirksame Tendenz zur Einheitsvergleichspartikel für mehrere Vergleichsarten macht jedoch ebenfalls noch keine Vorhersage bezüglich der Entwicklungsrichtung, sondern ist grundsätzlich mit Distributionsverschiebungen von Äquativen zu Komparativen und umgekehrt vereinbar. Der Tendenz zur Reduktion des Lexikons durch sprachliche Ökonomie steht der Ausbau des Lexikons durch die Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln gegenüber, die selbst wiederum durch sprachliche Ökonomieprinzipien u. a. auf der Ebene der Syntax und Semantik erklärbar ist. Die Äquativvergleiche und dabei insbesondere die Nicht-Grad-Äquative erweisen sich im Hinblick auf die Entstehung neuer Vergleichspartikeln als Einfallstor für Neuerungen, indem sie aufgrund ihrer syntaktischen Struktur und ihrer semantischen Eigenschaften ideale Grammatikalisierungskontexte für neue Vergleichspartikeln bilden. Eine bereits angesprochene, die Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln begünstigende syntaktische Eigenschaft der Nicht-Grad-Äquative ist die Tatsache, dass diese Vergleichskonstruktionen üblicherweise kein Tertium Comparationis enthalten, vgl. u. a. Kap. 2.2 und 3.2, die Ausführungen zu (71), (72) und (200). Daher kommt es u. a. bei matrixfinaler Stellung (unbesetzter rechter Satzklammer etc.) sowie bei Topikalisierung, Linksversetzung oder Extraposition zusammen mit dem Vergleichsstandard zu Adjazenz des Korrelats bzw. allgemein eines (ggf. auch nominalen) Bezugselements zur Äquativpartikel (z. B. Maria läuft so wie Anna läuft / So wie Anna läuft, läuft Maria), wo in Grad-Äquativen ein jeweils wechselndes Tertium Comparationis intervenieren

421 Falls ein Unterschied in grammatischen Merkmalen zwischen Vergleichspartikeln wie als und wie besteht, könnte dieser unter den Annahmen der semantischen Standardtheorie also im Sinn des Minimalismus (Chomsky 1995 etc.) allenfalls formale, uninterpretierbare Merkmale betreffen, die im Verlauf der Derivation gegen entsprechende interpretierbare Merkmale etwa von -er bzw. so gecheckt werden würden, vgl. Kap. 8.3, Fußn. 480. 422 Auch in neueren deskriptiven Untersuchungen findet sich diese Annahme, so beispielsweise sind Elspaß (2005: 291) zufolge „die Differenzen zwischen den Vergleichspartikeln funktionaler, nicht semantischer Natur“.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

431

würde (z. B. Maria läuft so {schnell, wackelig, …} wie Anna läuft / So {schnell, wackelig, …} wie Anna läuft, läuft Maria). Die immer wieder auftretende Adjazenz eines bestimmten matrixinternen Elements zur Äquativpartikel in NichtGrad-Äquativen sowie die (ko-)relativartige Beziehung der Äquativpartikel zu diesem Element ist Ausgangspunkt einer Reanalyse als komplexer Vergleichseinleitung und damit der Grammatikalisierung neuer Äquativpartikeln gemäß den oben in (599) angegebenen Grammatikalisierungspfaden. Dass neue Vergleichspartikeln entsprechend bevorzugt in Nicht-Grad-Äquativen entstehen, trägt dazu bei, dass diese als Ausgangspunkt der Entwicklung fungieren und sich somit die typische Gerichtetheit im Komparativzyklus ergibt. Hier spielt zudem eine semantische Eigenschaft der Äquative sowie das Wirken von Emphase und deren Verblassen eine Rolle. Bei Äquativen ist im Normalfall eine gewisse Unschärfe, d. h. ein Toleranzbereich eingeschlossen (vgl. Umbach/Gust 2014: ‚tolerance range‘/‚granularity‘), ungeachtet der dennoch von Gleichheit (so … wie) die Rede sein kann. Während für das Vorliegen von Ungleichheit bereits eine minimale Abweichung hinreichend ist, muss eine tatsächlich exakte Übereinstimmung daher durch Ausdrücke wie ‚ganz‘, ‚genau‘, ‚völlig‘, die diesen Toleranzbereich einschränken, explizit hervorgehoben werden (Intensivierer). Diese Ausdrücke können wiederum mit der Zeit die den Toleranzbereich eingrenzende und emphatische Wirkung verlieren und als üblicher Teil des normalen Vergleichsanschlusses reanalysiert werden (vgl. spätahd./mhd. al-so). Hier lässt sich mithin das Wirken sprachlicher Ökonomie im Bereich der Semantik/Pragmatik beobachten. Emphase und deren Verblassen ist als treibende Kraft auch für andere zyklische Sprachwandelphänomene beschrieben worden (s. o. Subjekt-Agreement-Zyklus, Jespersens Zyklus etc.).423 Eine weitere syntaktische Eigenschaft, die Nicht-Grad-Äquative zum typischen Ausgangspunkt von Neuerungen macht, ist die Nähe zu modalen freien Relativsätzen. Diese Nebensatzart stellt sprachübergreifend in den europäischen Sprachen einen typischen Ausgangskontext für die Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln dar. Syntaktisch ähneln Vergleichskonstruk-

423 Die Rolle der Emphase durch Verwendung pleonastischer sprachlicher Ausdrücke betont im Zusammenhang mit Vergleichen bereits Small (1924: 60) und spricht von einer „general tendency towards extravagant over-statement which marks the whole phenomenon of comparison in all languages“. Als solche pleonastische, emphatische Vergleichsmarkierung fasst Small (1924: 73) die Verwendung von Präpositionen, Vergleichspartikel oder -kasus zusätzlich zum Komparativmorphem auf. Auch für die germanische Vergleichspartikel thanna nimmt Small (1924: 88) explizit an, dass es sich ursprünglich um ein pleonastisches Element gehandelt habe, das die emphatische Funktion erst durch die Grammatikalisierung zur Vergleichspartikel verloren habe.

432

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

tionen in vielerlei Hinsicht Relativsatz- bzw. Korrelativkonstruktionen, vgl. Kap. 8.3. Laut Haspelmath/Buchholz (1998) beruht ein Äquativvergleich in typischen europäischen Sprachen (‚Standard Average European‘) auf einer Korrelativ-Konstruktion, vgl. auch Kap. 1.2, 2.2 und 7.2. Nachdem dies im Deutschen bereits ursprünglich mit so … so der Fall gewesen war, die Äquativpartikel (al-so > also > als) aber zunehmend nicht mehr als relativisch transparent war, wurde die Äquativpartikel im Deutschen diachron wiederum auf Grundlage der modalen (Ko-)Relativkonstruktion so … wie mit Korrelat so und ursprünglichem Modal-Interrogativum/Relativum wie erneuert und entspricht somit heute wieder transparent dem typologischen Muster des ‚Standard Average European‘. Die Grammatikalisierung von zunächst in NichtGrad-Äquativen und später ggf. auch in anderen Vergleichen verwendeten Vergleichspartikeln aus w-Elementen, genauer modalen Interrogativ/Relativadverben, ist somit insbesondere in europäischen Sprachen ein häufig beschrittener Grammatikalisierungspfad (zur typisch indogermanischen Korrelativkonstruktion, dem korrelativen Diptychon, als Ausgangsstruktur für Vergleichskonstruktionen s. auch unten Kap. 8.3). Der syntaktische Wandel von einem Interrogativ-/Relativadverb zu einer Äquativpartikel oder von einer Abfolge aus matrixinternem Bezugselement und Äquativpartikel zur komplexen Äquativpartikel sowie weitere syntaktische Reanalyse- und Wandelprozesse, die den Komparativzyklus begleiten, lassen sich mit van Gelderen (2004) auf syntaktische Ökonomieprinzipien zurückführen, die mit zur Gerichtetheit im Komparativzyklus beitragen. Diese Reanalyseprozesse sind einerseits Teil der Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln. Zum anderen werden durch diese Reanalysen aber auch vormals besetzte syntaktische Positionen in Vergleichskonstruktionen frei für neue Elemente und ermöglichen damit weiteren syntaktisch-strukturellen Wandel, der den Komparativzyklus vorantreibt. (Diese den Komparativzyklus begleitenden syntaktischen Veränderungen werden im abschließenden Kap. 8 der Untersuchung näher betrachtet und vor diesem Hintergrund und dem der diachronen und dialektalen Daten syntaktische Analyseoptionen für Vergleichskonstruktionen diskutiert.) Dass sich die bevorzugt in den Nicht-Grad-Äquativen neu aufkommenden Vergleichspartikeln diachron durchsetzen und schrittweise in die übrigen Vergleichsarten übernommen werden, lässt sich aus den Markiertheitsverhältnissen der Vergleichsarten erklären. Die Entwicklung entspricht in ihrer Gerichtetheit und Stufung der in (686) wiederholten Markiertheitshierarchie, die sich aus den semantischen Merkmalen [± Grad] und [± Ungleichheit] ergibt (zu dieser Hierarchie und zur Unmarkiertheit von Gleichheit gegenüber Ungleichheit s. auch Kap. 1.4).

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

433

(686) Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten: Nicht-Grad-Äquative < Grad-Äquative < Komparative [− Ungleichheit, − Grad]

[− Ungleichheit, + Grad]

[+ Ungleichheit, + Grad]

Gemäß dieser Hierarchie stellen Nicht-Grad-Äquative die unmarkierteste Vergleichsart dar und bilden daher das Muster für die übrigen Vergleichsarten. Die Annahme, dass die Nicht-Grad-Äquative die unmarkierteste Vergleichsart bilden, wird u. a. durch die Frequenzverteilung in synchronen und diachronen Korpora gestützt. So sind laut Zeilfelder (2001: 474) in allen von ihr untersuchten altindogermanischen Sprachen (Hethitisch, Vedisch, Griechisch) NichtGrad-Äquative (in ihrer an Thurmair 2001 angelehnten Terminologie ‚Modalitätsvergleiche‘) der frequenteste Vergleichstyp. Auch in Hahnemanns (1999) synchronem deutschen Zeitungskorpus sind Nicht-Grad-Äquative deutlich häufiger als Grad-Äquative.424 Dies lässt sich auch für das hier untersuchte diachrone Korpus bestätigen: In allen Sprachstufen sind die Nicht-GradÄquative jeweils die deutlich frequenteste Vergleichsart. Sie sind insbesondere deutlich häufiger als die Grad-Äquative. Die Äquative insgesamt sind zudem deutlich häufiger als die Komparativvergleiche.425 Das unmarkierteste und frequenteste Muster – sprachübergreifend das des Nicht-Grad-Äquativs – wird

424 In Hahnemanns (1999: 29) Korpus sind 2652 Belege mit vergleichendem wie enthalten, davon nur 679 Gradvergleiche und 2 hypothetische Vergleiche. 425 Für die drei Vergleichsarten Nicht-Grad-Äquativ, Grad-Äquativ und Komparativvergleich (ohne die hypothetischen Vergleiche und die aufzählende bzw. koordinierende Verwendung) ergeben sich im untersuchten Korpus (Korpus Ahd. bis 2. Hälfte 17. Jh., nur Kernkorpus, d. h. ohne die zusätzlichen nur für die Komparative ausgewerteten Texte des ReM/MiGraKo) insgesamt folgende Anteile: 61 % Nicht-Grad-Äquative (n = 1246), 10 % Grad-Äquative (n = 210), 29 % Komparative (n = 598, + nicht eingerechnet 36 êr-Belege im Ahd.), im Einzelnen: – Ahd. (I, T): Nicht-Grad-Äquative: 69, Grad-Äquative: 6, Komparative: 55 (+ 36 êr) – Mhd. (Phys, TrH, Nib, PrMK, Lil): Nicht-Grad-Äqu.: 134, Grad-Äqu.: 49, Komparative: 63 – Frnhd. (15. + 16. Jh.): Nicht-Grad-Äquative: 675, Grad-Äquative: 97, Komparative: 308 – Nhd. 17. Jh.: Nicht-Grad-Äquative: 368, Grad-Äquative: 58, Komparative: 172 Gemäß der Frequenz ergibt sich damit die Hierarchie Nicht-Grad-Äquative > Komparative > Grad-Äquative. Die Grad-Äquative sind also entgegen dem nach der angegebenen Markiertheitshierarchie Erwartbaren weniger frequent als die Komparativvergleiche. Hier erweist sich, dass die diachrone Abstufung nicht allein aus der Frequenzverteilung erklärbar ist, sondern aus syntaktisch-semantischen Eigenschaften der Konstruktionen, etwa der logisch-semantischen Beziehung der Vergleichsarten zueinander folgt (vgl. auch Hohaus et al. (2014: 240) zu analogen Ergebnissen für den Spracherwerb von verschiedenen Grad- und Vergleichskonstruktionen, dessen Abstufung sich nur teilweise mit der Frequenzverteilung im Input deckt und insgesamt besser durch syntaktisch-semantische Eigenschaften der Konstruktionen vorhergesagt wird).

434

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

diachron am ehesten in die übrigen Vergleichsarten übernommen, wodurch die natürliche Entwicklungsrichtung im Komparativzyklus zustande kommt. (Dafür, dass die Frequenz eines Musters eine Rolle für die Entwicklungsrichtung spielt, spricht zudem das Französische und bestimmte andere romanische Varietäten, wo die hohe Frequenz von mit que/che eingeleiteten Nebensätzen, wie oben diskutiert, sogar zu einer der im Komparativzyklus üblichen Entwicklungsrichtung entgegengesetzten Entwicklung geführt hat.)426 Neben der Frequenzverteilung spiegeln auch andere Beobachtungen die Tatsache wider, dass Nicht-Grad-Äquative den unmarkiertesten Vergleichstyp darstellen. So charakterisiert Zeilfelder (2001: 352) als Ergebnis ihrer Untersuchung der Vergleichskonstruktionen in verschiedenen altindogermanischen Sprachen die Nicht-Grad-Äquative (‚Modalitätsvergleiche‘) als die offenste und flexibelste Vergleichsart, in der in den untersuchten indogermanischen Sprachen die meisten konkurrierenden Ausdrucksformen zu finden seien. Typologisch ist laut Zeilfelder (2001: 479) die Äquivalentsetzung als primäre Vergleichsoperation anzusehen, das Feststellen und Versprachlichen von Unterschieden dagegen eine sekundäre Fortentwicklung.427 Vielfach beruhe daher der sprachliche Ausdruck für den Komparativvergleich auf dem für den Äquativvergleich, insbesondere Nicht-Grad-Äquativ (‚Modalitätsvergleich‘), bzw. sei von diesem sekundär abgeleitet. Die morphosyntaktische Markiertheit spiegelt somit die semantische Markiertheit wider. Auch im Deutschen ist der Komparativvergleich morphologisch am deutlichsten markiert, in dem das Adjektiv selbst ein Komparativmorphem aufweist, in Äquativen dagegen keine spezielle zusätzliche Flexionsmorphologie

426 Die Rolle der Frequenz für Variation und Wandel der Vergleichsanschlüsse betont auch Friedli (2012: 260). Die Grenzen der Erklärungskraft der bloßen Frequenzverteilung zeigen sich dagegen u. a. auch bei der Grammatikalisierung von wie zur Vergleichspartikel: Obwohl Phrasenvergleiche deutlich frequenter sind als Satzvergleiche (vgl. Kap. 1.2), wird wie zuerst in Satz- und später erst in Phrasenvergleichen verwendet. Dies lässt sich nur grammatisch (syntaktisch-strukturell) erklären: wie besetzte ursprünglich die SpecCP-, später die C0-Position, konnte also nur in Kontexten, die eine C-Projektion enthielten, d. h. vollständigen Sätzen stehen. Erst durch die Reanalyse zur Conj0-Vergleichspartikel sind Kombinationen mit bloßen NPs, PPs etc. möglich geworden (s. ausführlicher Kap. 8.1.2 und 8.2). 427 Auch in kognitiver Hinsicht ist ein Primat der ‚Gleichheit‘, mithin der Äquativvergleiche und insbesondere der Nicht-Grad-Äquative anzunehmen, da das Feststellen von relevanten Übereinstimmungen − und dabei nicht nur Übereinstimmungen des Ausprägungsgrads einer graduierbaren Eigenschaft − zentral ist für jede Form von Mustererkennung und Regelbildung. Auch hier wäre das Übereinstimmen das ‚Normale‘ und die Abweichung das ‚Besondere‘, d. h. Markiertere, vgl. Quine (1969: 116): „there is nothing more basic to thought and language than our sense of similarity“, Tversky (1977: 327): „similarity […] serves as an organizing principle by which individuals classify objects, form concepts, and make generalizations“.

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

435

vorliegt. Von den Äquativvergleichen sind wiederum die Grad-Äquative syntaktisch markierter als die Nicht-Grad-Äquative, da sie obligatorisch ein Korrelat aufweisen, das bei Nicht-Grad-Äquativen optional ist. Die Annahme, dass NichtGrad-Äquative die unmarkierteste Vergleichsart darstellen, wird zudem durch neuere Studien zum kindlichen Spracherwerb gestützt. Laut Hohaus (2015) werden Nicht-Grad-Äquative (in ihrer Terminologie ‚property equatives‘) im Erstspracherwerb früher erworben als Grad-Äquative und Komparativvergleiche.428 Auch formal-semantisch lässt sich die Markiertheitshierarchie und damit Abstufung und Gerichtetheit im Komparativzyklus motivieren. Hier besteht allerdings noch Forschungsbedarf, da insbesondere die Nicht-Grad-Äquative bisher in semantischen Analysen kaum berücksichtigt wurden.429 Gemäß der unlängst von Hohaus (2015) und Hohaus/Zimmermann (2017) vorgeschlagenen Analyse von Nicht-Grad-Äquativen korreliert die hier formulierte Markiertheitshierarchie und ihr entsprechende diachrone Abstufung im Komparativzyklus

428 Aus Hohaus et al. (2014) und Hohaus (2015) ergibt sich eine Gleichzeitigkeit im Spracherwerb von kontextuellen Komparativvergleichen und kontextuellen Grad-Äquativen, d. h. von Ausdrücken wie Meine Oma ist älter und Meine Oma ist auch so alt, so dass sich auf dieser Grundlage die Abstufung von Grad-Äquativen und Kompartivvergleichen gemäß der hier vorgeschlagenen Markiertheitshierarchie für den Spracherwerb nicht nachweisen lässt. Es liegen jedoch noch keine vergleichbaren Ergebnisse zum Spracherwerb von Grad-Äquativen und Komparativen mit explizitem Vergleichsstandard vor. Eine Übersicht über neuere Forschungsergebnisse zum Spracherwerb von Vergleichskonstruktionen bietet u. a. Syrett (2016). 429 Eine andere neuere Analyse von Nicht-Grad-Äquativen neben der im Folgenden dargestellten von Hohaus (2015)/Hohaus/Zimmermann (2017) ist die von Umbach/Gust (2014). Sie analysieren Nicht-Grad-Äquative (in ihrer Terminologie ‚similes‘ bzw. ‚similarity comparatives‘) im Rahmen von mehrdimensionalen Attribut-Räumen als generalisierte Maßfunktionen. Das heißt, dass im Gegensatz zum eindimensionalen skalaren Grad-Äquativ, bei dem nur eine einzige (metrische) Skala eine Rolle spielt (z. B. Geschwindigkeit), beim Nicht-Grad-Äquativ mehrere Skalen verschiedenen Typs, d. h. nicht nur Gradskalen bzw. metrische Skalen, sondern auch Ordinalskalen, Nominalskalen etc. einbegriffen sind, die zusammengenommen die relevanten Eigenschaften z. B. der Art und Weise des Laufens ausmachen (vgl. auch Haspelmath/Buchholz (1998: 278): „equatives express equal extent, and similatives express equal manner. Now extent is a simple one-dimensional notion, whereas manner is a complex multifaceted notion.“). Während das Adjektiv im Sinn von Kennedy (1999) in Grad-Äquativen wie in Komparativen eine Maßfunktion darstellt, die ein Individuum auf einen Grad einer Skala abbildet, wird ein Individuum in einem Nicht-Grad-Äquativ auf Punkte auf mehreren Skalen und damit auf eine Region in einem mehrdimensionalen Attribut-Raum abgebildet. (Dieser Ansatz bietet etwa gegenüber Alrenga (2007) den Vorteil einer transparenten Analyse. Alrenga schlägt vor, Nicht-Grad-Äquative auf Grad-Äquative zu reduzieren, indem aus den Werten der verschiedenen relevanten Eigenschaftsdimensionen auf allerdings nicht hinreichend explizierte Weise ein Grad an Ähnlichkeit ermittelt wird und damit auch diese Äquative letztlich als eindimensionale Grad-Äquative analysierbar sind.)

436

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

mit den logischen Untermengenverhältnissen der verschiedenen Vergleichsarten. Hohaus (2015)/Hohaus/Zimmermann (2017) bauen auf der StandardSemantik der Vergleiche auf (allerdings formuliert für Mengen von Graden) und erweitern diese um eine gesonderte Interpretation des Korrelats so in Nicht-Grad-Äquativen (‚property equatives‘/‚Eigenschaftsäquativen‘). Während bei Komparativen und Grad-Äquativen (‚degree equatives‘) Mengen von Graden zueinander in Beziehung gesetzt werden, sind es bei den Nicht-GradÄquativen Mengen von (kontextuell relevanten) Eigenschaften.430 Im Fall der Komparative besteht die Relation der echten Teilmenge (⊂) zwischen den beiden Mengen von Graden, im Fall der Grad-Äquative die Relation der unechten Teilmenge (⊆) (vgl. > für Komparative und ≥ für Grad-Äquative in der Formulierung nach von Stechow 1984, Heim 1985, 2000, s. Fußn. 420.)431 Die gleiche Relation ⊆ liegt auch bei den Nicht-Grad-Äquativen vor, allerdings wie gesagt zwischen Mengen von Eigenschaften.432 Ein Satz wie Anna läuft so wie Maria wird entsprechend interpretiert als ‚Die Menge der (kontextuell relevanten) Eigenschaften des Laufens von Anna ist identisch mit oder umfasst als Teilmenge die Menge der Eigenschaften des Laufens von Maria‘, Annas Laufen hat also alle (relevanten) Eigenschaften des Laufens von Maria (und ggf. weitere). Da bei Grad-Äquativen wie bei Nicht-Grad-Äquativen die Relation ⊆ vorliegt, und sich Grade semantisch als eine besondere Art von Eigenschaften fassen lassen (vgl. Hohaus 2015, Hohaus/Zimmermann 2017), stellen die Grad-Äquative eine spezielle Unterart der Nicht-Grad-Äquative dar. Eine spezielle Unterart davon bilden wiederum die Komparativvergleiche, denn hier liegt ebenfalls eine Relation zwischen Mengen von Graden vor, jedoch nicht die Relation ⊆ wie bei den Grad-Äquativen, sondern die eingeschränktere Relation ⊂. Die sich durch diese logischen Unterbeziehungen der Vergleichsarten ergebende Stufung vom Allgemeineren zum Spezielleren entspricht genau der Abstufung in der sich aus den Merkmalen [± Grad] und [± Ungleichheit] ergebenden Markiertheitshierarchie in (686) vom Unmarkierten zum Markierten, die sich mit der diachronen Abstufung der Entwicklung deckt. Der Wandel im Komparativzyklus stellt entsprechend eine Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln vom Allge-

430 Die Einschränkung auf kontextuell relevante Eigenschaften erfolgt in Anlehnung an Umbach/Gust (2014): [[soproperty]] = λC. λR‘. λR. {f‘: C (f‘) & R‘(f‘)} c {f: R(f)}. 431 Formulierung der Standard-Semantik der Vergleiche über Relationen von Mengen von Graden (Hohaus 2015, Hohaus/Zimmermann 2017): Komparativ: [[-er]] = λq ϵ D. λp ϵ D. {d‘: p(d‘)=1} ⊂ {d: q(d)=1} Grad-Äquativ: [[so]] = λq ϵ D. λp ϵ D. {d‘: p(d‘)=1} ⊆ {d: q(d)=1} 432 Nicht-Grad-Äquativ (‚property equative‘): [[soproperty]] = λR‘. λR. {f‘: R‘(f‘)} ⊆ {f: R(f)}

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

437

meinen, Unmarkierten zum Spezifischeren und Markierteren dar, wodurch sich die typische Gerichtetheit im Komparativzyklus ergibt. Die der Markiertheitshierarchie der Vergleiche entsprechende Gerichtetheit und Abstufung der diachronen Entwicklung im Komparativzyklus lässt sich jedoch ggf. auch auf einer anderen, nicht mit der Standard-Semantik der Vergleiche vereinbaren semantischen Grundlage deuten. So sehen Reinarz/de Vos/de Hoop (2016) den Grund für die typische Gerichtetheit im Komparativzyklus in einer grundlegenden Asymmetrie von Äquativ und Komparativ hinsichtlich des semantischen Gehalts der Vergleichspartikeln. Unter Bezug auf Umbach (2015) nehmen sie an, dass nur in Äquativen, nicht aber in Komparativen, die Vergleichspartikel (im Deutschen wie, im Niederländischen als) einen semantischen Gehalt habe. In Komparativvergleichen sei die Partikel entsprechend der auch in der Standard-Semantik der Vergleiche getroffenen Annahme semantisch leer und das Komparativmorphem -er steuere die Vergleichssemantik bei, so dass sich auch bei vollständigem Fehlen eines Vergleichsstandards und damit auch der Vergleichspartikel (z. B. Anna läuft schneller) eine implizite (kontextuelle) komparativische Lesart ergibt. Im Gegensatz zur Standard-Semantik für Äquative liegt nach dieser Analyse dagegen die Äquativsemantik nicht im Korrelat ‚so‘ begründet, das in Nicht-Grad-Äquativen ja auch optional ist, sondern in der Vergleichspartikel selbst, ohne die entsprechend keine Äquativsemantik zustande komme (vgl. Anna läuft schnell – kein Äquativvergleich).433 Das Bestreben, dieses Merkmal für Gleichheit immer wieder auch explizit sprachlich zu realisieren, führe zu entsprechenden ausdrucksseitigen Verstärkungen bzw. Erneuerungen der Äquativpartikel. Dieses ordnen Reinarz/ de Vos/de Hoop dem generellen sprachlichen Prinzip der Ikonizität zu, welches im Sinn von MacWhinney et al. (2014) in der Art einer Treuebeschränkung in der Optimalitätstheorie in fortwährendem, Sprachwandel hervorrufenden Konflikt mit dem Prinzip der Ökonomie steht, das seinerseits einer Markiertheitsbeschränkung im Sinn der Optimaliätstheorie entspricht. Das Prinzip der Ökonomie bewirkt Desemantisierung der Äquativpartikel und damit Verlust der der Partikel inhärenten Gleichheitssemantik. Damit wird die entsprechende Parti-

433 Vgl. auch Thurmair (2001: 98), der zufolge wie mehr ‚selbstständige Vergleichsbedeutung‘ hat, da es ohne weiteres sprachliches Signal vergleichsauslösend sein kann, als dagegen nur im Zusammenhang mit einem anderen sprachlichen Signal, z. B. dem Komparativmorphem. Dafür, dass so aber durchaus ohne expliziten, mit wie eingeleiteten Vergleichsstandard einen Äquativvergleich auslösen kann und somit, wie in der Standard-Semantik angenommen, zentraler Träger der Äquativsemantik ist, sprechen Beispiele wie Anna läuft so schnell, wo so deiktisch auf den Vergleichsstandard verweist und dadurch − auch ohne wie − ein (impliziter) Äquativvergleich zustande kommt.

438

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

kel zur Komparativpartikel. Anschließend wird in den Äquativen die Gleichheit wieder durch Einführung einer neuen Äquativpartikel explizit ausgedrückt usw. Die Asymmetrie in der Semantik der Vergleichspartikeln führt also gemäß dieser Analyse dazu, dass in den Äquativen neue Vergleichspartikeln grammatikalisiert werden und dient so vor dem Hintergrund der widerstreitenden Prinzipien Ökonomie und Ikonizität als Erklärung für die beobachtete Gerichtetheit des Wandels im Komparativzyklus. Aus semantischer Perspektive klärungsbedürftig ist v. a. die hierbei angenommene grundsätzliche Asymmetrie zwischen semantisch gehaltvoller Äquativpartikel und semantisch leerer Komparativpartikel. Angesichts der Ähnlichkeiten von Komparativvergleichen und Äquativvergleichen wird in der formalsemantischen Forschung zumeist eine möglichst parallele Analyse beider Phänomene angestrebt, wie sie auch in der Standard-Semantik der Vergleiche vorliegt. Neuere Arbeiten wie Beck et al. (2004), Beck et al. (2009), Sawada (2013), Umbach (2015) u. a. argumentieren hier jedoch für eine differenziertere Sicht, die auch sprachliche Variation mit einbezieht. So ist für manche Sprachen und damit potenziell auch für historische Sprachstufen ggf. anzunehmen, dass die Vergleichspartikeln nicht semantisch leer sind, sondern einen Beitrag zur Vergleichssemantik liefern. Dies wäre grundsätzlich für Äquativ- und Komparativpartikeln gleichermaßen zu prüfen. Einschlägige Diagnostika zu ermitteln, um Variation und Wandel in der Verteilung der semantischen Bausteine (‚meaning blocks‘) der Komparativ- und Äquativsemantik zu erfassen, stellt ein wichtiges Forschungsdesiderat auf dem Gebiet der Vergleichssemantik dar, dessen Erforschung auch neue Erkenntnisse in diachroner Sicht erwarten lässt. Die These, dass in den Äquativen durch das Bedürfnis, die Gleichheit immer wieder sprachlich explizit zu kennzeichnen, neue Äquativpartikeln mit entsprechendem semantischem Merkmal entstehen, passt in jedem Fall zum empirischen Befund, dass überwiegend in Äquativen und insbesondere in Nicht-Grad-Äquativen neue Vergleichspartikeln durch verschiedene Arten der Verstärkung der ursprünglichen Äquativpartikel entstehen. Grammatikalisierungsprozesse gehen zudem in der Tat typischerweise mit Desemantisierung einher, also Reduktion von semantischem Gehalt (‚bleaching‘), d. h. dem Wirken sprachlicher Ökonomie auch auf der Ebene der Semantik (vgl. zu entsprechenden Annahmen in der Grammatikalisierungstheorie Lehmann 1982, Hopper/Traugott 2003). Prätheoretisch ließe sich diese Desemantisierung bei Vergleichspartikeln so beschreiben, dass eine zunächst lexikalisch-semantisch vorliegende Bedeutung ‚gleich‘ (‚gleich wie‘/‚so wie‘/‚ganz wie‘/‚in der (gleichen) Art wie‘ etc.) zur bloßen Bedeutung ‚vergleichend‘ verblasst oder die Partikel sogar völlig ihren semantischen Gehalt verliert. Etwas weiter präzisieren lässt sich dies im Rahmen der Analyse von Grammatikalisierung als Merkmalsökonomie nach van Gelderen (2008, 2011). Vor

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

439

dem Hintergrund der minimalistischen Merkmalstheorie (Chomsky 1995 u. a.) kommt sie anhand unterschiedlichster Sprachwandelphänomene zu dem Schluss, dass Grammatikalisierung mit einer durch Ökonomieprinzipien ausgelösten Merkmalsreduktion einhergeht (‚Feature economy principle‘, vgl. auch Longobardi 2001 ‚Minimize feature content‘ und Roberts/Roussous 2003 merkmalsbasierte ‚simplicity metric‘). In der Terminologie des Minimalismus gefasst läuft dieser Wandel folgendermaßen ab (vgl. van Gelderen 2011: 17, 20): Zunächst wird ein lexikalisch-semantisches Merkmal (lexF) zu einem interpretierbaren, also ebenfalls für die semantische Interpretation relevanten formalen Merkmal (iF) reduziert. Dieses wird im nächsten Schritt zu einem uninterpretierbaren formalen Merkmal (uF), das lediglich auf morphosyntaktischer Ebene Kongruenz mit dem im Kontext vorliegenden semantisch relevanten Vorkommen des Merkmals anzeigt. Schließlich geht das Merkmal an dem entsprechenden Element völlig verloren. Dies ließe sich auf Grundlage der in Reinarz/de Vos/de Hoop (2016) gemachten semantischen Annahmen auf die Grammatikalisierung der Vergleichspartikeln übertragen, indem man diese als Wandel von einem Element mit näher zu spezifizierendem lexikalisch-semantischen Merkmal für Gleichheit, symbolisiert etwa als [+ sim] (in Anlehnung an die in Umbach/Gust 2014 eingeführte generalisierte Maßfunktion), zu einem Element mit formalem Merkmal für Gleichheit deutet. Dieses formale Merkmal würde zunächst als interpretierbares und im nächsten Entwicklungsschritt als uninterpretierbares, mit einem entsprechenden für die Äquativsemantik relevanten interpretierbaren Merkmal etwa des Korrelats so kongruierendes und durch syntaktische Merkmalsüberprüfung (‚Agree‘) in der Derivation getilgtes Merkmal vorliegen (s. dazu auch Kap. 8.3, Fußn. 480). Im letzten Schritt würde das Merkmal ganz verschwinden. (687) illustriert diese Entwicklungsschritte am Beispiel der Entwicklung von als. (687)

al so (‚ganz wie‘) > als(o) > als(o) > als [lexF sim] [iF sim] [uF sim] [ ]

Durch die fortschreitende Merkmalsreduktion verliert die Vergleichspartikel distributionelle Beschränkungen und wird in weiteren syntaktischen Kontexten, d. h. Vergleichsarten möglich. Durch das Bedürfnis, die Gleichheit wieder interpretierbar auszudrücken, würden in Äquativen, insbesondere in NichtGrad-Äquativen, die als prototypisches Einfallstor für Neuerungen in Vergleichskonstruktionen gelten können, anschließend wiederum lexikalischsemantisch Gleichheit ausdrückende Elemente zusammen mit der Äquativpartikel zu einer neuen Äquativpartikel grammatikalisiert, die später durch Dese-

440

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

mantisierung im Sinn der Merkmalsökonomie wieder ihre Distribution ‚von sich aus‘ auf weitere Vergleichsarten ausdehnt usw., woraus sich ein zyklischer Sprachwandel ergibt. Eine solche Analyse würde zumindest auf Stufe eins und zwei der Entwicklung (Merkmale [lexF sim] und [iF sim]) eine semantisch gehaltvolle Äquativpartikel ansetzen und diesbezüglich mit der Standard-Vergleichssemantik inkompatibel sein, der jedoch wiederum die Stufen drei und vier der Entwicklung entsprechen. Zu erwarten wäre damit diachrone und auch typologische Variation hinsichtlich semantisch gehaltvoller oder leerer Vergleichspartikeln. Zu klären ist dabei insbesondere, welche Diagnostika geeignet sind, festzustellen, welche Stufe der Merkmalsausprägung zu einem gegebenen Zeitpunkt in der historischen Entwicklung vorliegt. Ein Indiz hierfür könnte die optionale oder obligatorische Kookurrenz mit dem Korrelat ‚so‘ sein. In Grad-Äquativen musste und muss die Vergleichspartikel im Deutschen mit dem Korrelat kookkurrieren (im Gegensatz z. B. zum Italienischen). Dies könnte als Evidenz dafür gewertet werden, dass die Äquativpartikel im Deutschen ein uninterpretierbares Gleichheitsmerkmal aufweist, das von einer interpretierbaren Variante des gleichen Merkmals am Korrelat ‚so‘ im Sinn von Chomsky (1995 etc.) durch die Operation ‚Agree‘ überprüft und getilgt werden muss, um einen ‚Crash‘ der Derivation zu verhindern. Vor diesem Hintergrund wäre beispielsweise der Wandel von [iF sim] zu [uF sim] für die Vergleichspartikel als(o) mit der Verwendung dieser Partikel in Grad-Äquativen und damit dem Beginn des Vorkommens von als(o) in Kontexten, die obligatorisch ein Äquativkorrelat aufweisen, anzusetzen, d. h. beginnend im Mittelhochdeutschen und bereits vollständig durchgesetzt im Frühneuhochdeutschen. In jedem Fall wäre aber ein Gleichheitsmerkmal wie [sim], das je nach Entwicklungsstufe ggf. Teil des Lexikonseintrags der Vergleichspartikel ist, zu unterscheiden von den zur Formulierung der Markiertheitshierarchie der Vergleichsarten angenommenen Merkmalen [± Grad] und [± Ungleichheit], die den gesamten Kontext charakterisieren. Die Formulierung der letztgenannten Merkmale spiegelt die Tatsache wider, dass Frequenz, Spracherwerb und diachrone Entwicklung für die in der angenommenen Markiertheitshierarchie festgehaltene Unmarkiertheit von Äquativen gegenüber Komparativen und innerhalb der Äquative wiederum für eine Unmarkiertheit von Nicht-GradÄquativen gegenüber Grad-Äquativen sprechen. Gradsemantik und Ungleichheit sollten also die markierten Werte darstellen, d. h. die Plus-Werte. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um lexikalische Merkmale, sondern um Merkmale, die geeignet sind, die Kontexte als Ganzes nach ihren semantischen Eigenschaften zu klassifizieren, die sich kompositionell auf diachron sich ggf. verändernde Weise aus den lexikalisch-semantischen Merkmalen der Konstitu-

7.3 Sprachwandeltheoretische Einordnung und Ursachen

441

enten und der Art ihrer Verknüpfung ergeben. Je nach lexikalischer Spezifikation kann ein Lexem aber mit einem bestimmten Kontext kompatibel oder inkompatibel sein. Eine Partikel wie also beispielsweise, ursprünglich semantisch zu paraphrasieren als ‚ganz wie‘, würde in diesem Sinn zunächst über ein lexikalischsemantisches und im weiteren Verlauf der Entwicklung über ein interpretierbares und später uninterpretierbares Merkmal für Gleichheit [sim] verfügen. Dies macht die entsprechende Vergleichspartikel inkompatibel mit Kontexten, die semantisch insgesamt durch das markierte Merkmal [+ Ungleichheit] charakterisiert werden können. Sie ist nur in den demgegenüber unmarkierten Kontexten lizenziert, die durch [− Ungleichheit] charakterisiert werden können (oder in einem Unterspezifikationsansatz gemäß Wunderlich/Fabri 1995, Blevins 2000 durch Abwesenheit des Merkmals [+ Ungleichheit]). Erst durch den im Zuge der Grammatikalisierung eintretenden Verlust des (zunächst lexikalischen und dann ggf. formalen/grammatischen) Gleichheitsmerkmals kann die Partikel auch in den markierteren Kontexten, also den Komparativvergleichen, verwendet werden. Damit wäre die semantische Entwicklung der Vergleichspartikeln im Komparativzyklus entsprechend üblichen Annahmen zur Desemantisierung bei Grammatikalisierung als Merkmalsabschwächung analysierbar. Diese Merkmalsreduktion führt ihrerseits zur Kompatibilität des Lexems nicht mehr nur mit der unmarkiertesten Art von Kontext, sondern auch mit spezifischeren, markierteren Kontexten, im Fall der Vergleiche den Komparativen. Dies entspricht der in der Markiertheitstheorie üblichen Annahme, dass das spezifischste, markierteste Element im unmarkierten Kontext, das unmarkiertere Element dagegen im markierteren, spezifischeren Kontext auftritt.434 Insgesamt lässt sich festhalten, dass weiterer Forschungsbedarf bezüglich der Semantik der Vergleiche besteht. Beide diskutierten Ansätze – die Hierarchie der Vergleiche im Sinn der Standard-Semantik und ihrer Erweiterung um Nicht-Grad-Äquative nach Hohaus (2015)/Hohaus/Zimmermann (2017) sowie alternativ die semantische Asymmetrie der Vergleiche hinsichtlich der Interpretierbarkeit der Vergleichspartikeln nach Reinarz de Vos/de Hoop (2016) –

434 Darüber hinaus wäre zu klären, ob und wie ggf. im Lauf des Komparativzyklus eine Assoziation der Vergleichspartikel mit einem uninterpretierbaren Merkmal für Ungleichheit, etwa [+ compar] (vgl. Lechner 2004, s. u. Fußn. 479), stattfindet, das durch ein entsprechendes interpretierbares Merkmal im Kontext, etwa des Komparativmorphems -er, überprüft (lizenziert) werden müsste und daher zur Inkompatibilität einer bloß als Komparativpartikel genutzten Vergleichspartikel wie etwa des als im heutigen Deutschen mit äquativischen Kontexten führt. Dies würde nicht nur Merkmalsverlust, sondern auch Merkmalszunahme im Verlauf der Entwicklung mit sich bringen (vgl. dazu die grundsätzliche Diskussion in Gianollo/Jäger/Penka 2015: 22).

442

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

sind aber mit der hier formulierten Markiertheitshierarchie und der ihr entsprechenden Abstufung und Gerichtetheit des Komparativzyklus kompatibel. Die Analyse des Komparativzyklus als Wandel, der gemäß dieser Markiertheitshierarchie vom am wenigsten Markierten ausgeht und sich schrittweise zum jeweils Markierteren ausbreitet, deckt sich mit den grundlegenden sprachwandeltheoretischen Erkenntnissen der Markiertheitstheorie. So resümiert Wurzel (1994: 43 f.), dass in grammatisch initiiertem Sprachwandel grundsätzlich das Unmarkierte Ausgangspunkt der Entwicklung ist und so die Richtung des Wandels bestimmt: „Wir haben desweiteren die Markiertheitsprinzipien in ihrer allgemeinen Form vorgestellt und ihre wesentlichen Eigenschaften diskutiert. […] Ihre Bedeutung für den Sprachwandel ergibt sich im Zusammenhang mit dem Prinzip des natürlichen grammatischen Wandels, das besagt, daß natürlicher grammatischer Wandel in der Ersetzung von stärker markierten grammatischen Einheiten durch schwächer markierte grammatische Erscheinungen besteht. Insofern kennzeichnen sie die Ausgangspunkte für potentiellen grammatisch initiierten Wandel und bestimmen seine Richtung.“ Das im unmarkierten Fall gebräuchliche Muster (hier die Partikel in Nicht-Grad-Äquativen) ersetzt schrittweise das in stärker markierten Kontexten (Grad-Äquativen und Komparativen) Übliche. Das Unmarkierte setzt sich im natürlichen Sprachwandel gegenüber dem Markierteren durch (wie sich beispielsweise im Bereich der Verbflexion diachron das unmarkiertere und daher frequentere und früher erworbene Muster der schwachen Verben tendenziell gegenüber der markierteren starken Verbflexion durchsetzt, vgl. Bittner 1991). Während also das Wirken von sprachlicher Ökonomie im Bereich des Lexikons eine Tendenz zur Herausbildung einer Einheitsvergleichspartikel für mehrere Vergleichsarten erzeugt und Ökonomie im Bereich der Syntax und der Semantik/Pragmatik auf Grundlage der spezifischen syntaktischen und semantischen Eigenschaften der Nicht-GradÄquative dafür sorgt, dass in dieser Vergleichsart bevorzugt neue Vergleichspartikeln grammatikalisiert werden, bedingt die Markiertheitshierarchie der Vergleiche, dass sich diese Neuerungen ausgehend von den Nicht-Grad-Äquativen über die Grad-Äquative in die Komparative hinein durchsetzen und so die typische Abstufung und Gerichtetheit im Komparativzyklus zustande kommt.

7.4 Zusammenfassung Die diachrone Entwicklung im Bereich der Vergleichskonstruktionen zeigt im Gesamtüberblick eine wiederholte dreistufige syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von Nicht-Grad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen – den Komparativzyklus. Dabei gibt es vier

7.4 Zusammenfassung

443

Möglichkeiten, was durch unterschiedliche Partikel versprachlicht wird: (i) nur das Merkmal [± Ungleichheit] wie im heutigen Standarddeutschen mit wie vs. als und zuvor im Althochdeutschen mit so vs. thanne sowie im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts mit als vs. denn, (ii) nur das Merkmal [± Gradsemantik] wie im frühen Neuhochdeutschen des 17. und 18. Jahrhunderts mit wie vs. als, (iii) beide Merkmale, so dass in den drei Hauptvergleichsarten drei verschiedene Partikeln als Hauptmuster auftreten wie im Mittelhochdeutschen mit also vs. so vs. danne und im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts mit wie vs. als vs. denn, oder (iv) keines der Merkmale, so dass eine Einheitsvergleichspartikel für alle Vergleichsarten verwendet wird wie verbreitet in den heutigen hochdeutschen Dialekten mit wie oder mit als wie. Diese sich so diachron im Deutschen zeigende Typologie der Vergleichspartikelsysteme ist auch sprachvergleichend belegbar. Die Diachronie vieler Sprachen weist ebenfalls Ähnlichkeiten zur Entwicklung im Deutschen auf: einerseits hinsichtlich der Grammatikalisierungspfade zur Bildung neuer Vergleichspartikeln (Verstärkung mit Korrelat, Element mit Identitätssemantik, Intensivierer oder nominalem Bezugselement), zum anderen hinsichtlich des Komparativzyklus, der in vielen, auch entfernten Sprachen mit der gleichen Stufung und Gerichtetheit auftritt, so z. B. im Englischen, Niederländischen, Vedischen/Sanskrit, Litauischen, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, z. T. den romanischen Einzelsprachen, Polnischen, Ukrainischen, z. T. Russischen, Ungarischen und Chinesischen. Hierin zeigt sich deutlich der systematische und sprachübergreifende Charakter des Komparativzyklus. Die Zyklizität dieses Wandels, d. h. die mehrstufige und wiederholt ablaufende Entwicklung, stellt einen Zusammenhang mit anderen zyklischen Sprachwandelphänomenen wie Jespersens Zyklus, dem Subjekt-KongruenzZyklus oder dem Definitheitszyklus her, die verstärkt das Interesse neuerer diachroner Forschung auf sich gezogen haben. Für diese ist als Ursache einerseits phonologische Reduktion und nachfolgende Verstärkung vorgeschlagen worden, die im Fall des Komparativzyklus nicht primär als Ursache geltend gemacht werden kann, obwohl auch die Vergleichspartikeln teilweise phonologisch reduziert werden. Eine andere Erklärung der genannten zyklischen Wandelphänomene ist die zunächst pleonastische emphatische Verwendung eines zusätzlichen Elements, das durch den häufigen Gebrauch und die dadurch einsetzende Desemantisierung den emphatischen Charakter verliert und selbst zum Exponenten des entsprechenden grammatischen Merkmals wird. Dies scheint in der Tat auch beim Komparativzyklus eine Rolle zu spielen, insbesondere bei der Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln, die typischerweise von den Nicht-Grad-Äquativen ausgeht und somit zur Gerichtetheit der Entwicklung beiträgt.

444

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

Die stufenweise Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von Nicht-Grad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen lässt sich dagegen nicht einfach als Kettenentwicklung, etwa als Push-Chain, d. h. Verdrängung z. B. des komparativischen denn durch als und des als seinerseits durch wie deuten. So findet die Distributionsverschiebung des als in die Komparative auf Kosten von denn vom 15. zum 16. Jahrhundert statt, als nach wie vor als und noch nicht wie das Hauptmuster in den Grad-Äquativen bildete. Auch die ab dem 18./19. Jahrhundert beginnende Distributionsverschiebung des wie in die Komparative ist offensichtlich nicht durch Verdrängung durch eine andere Vergleichspartikel bedingt. Der ebenfalls in der Forschungsliteratur vorgeschlagene Erklärungsansatz aufgrund funktioneller Überlast (Polysemie) einzelner auch als Vergleichspartikeln verwendeter Lexeme etwa bei Ausbildung neuer nebensatzeinleitender Funktionen wird schon angesichts der sehr sprachspezifischen und an Einzellexeme gebundenen Perspektive kaum dem Charakter des Komparativzyklus gerecht. Bei genauerer Untersuchung ist diese Hypothese zudem auch für die fürs Deutsche diskutierten Fälle nicht stichhaltig (kein zeitliches Zusammentreffen/unmittelbare Abfolge des Aufkommens kausaler Verwendungsweisen von denn und seiner Ablösung als Komparativpartikel; Zunahme der Funktionen von als(o) im Mittelhochdeutschen/Frühneuhochdeutschen sowie parallel und diachron folgend auch der Verwendung in verschiedenen Vergleichsarten; Zunahme der Funktionen von wie im Frühneuhochdeutschen/frühen Neuhochdeutschen parallel zur Ausbreitung von wie auf Kosten von als in Nicht-GradÄquativen und später Grad-Äquativen). Vielfach führt der Komparativzyklus sogar zur Zunahme von Polysemie, indem parallel oder zeitlich unmittelbar nach der Zunahme sonstiger Funktionen eines Lexems eine Zunahme auch der vergleichenden Verwendungen stattfindet. Nicht polyseme Vergleichspartikeln wie alsam oder inmassen haben sich diachron nicht durchgesetzt, im Gegensatz etwa zu dem hoch polysemen und dennoch als Vergleichspartikel in der Geschichte des Deutschen bis zu den heutigen Dialekten äußerst erfolgreichen wie. Auch sprachvergleichend zeigt sich, dass Polysemie bei Vergleichspartikeln nicht primär vermieden wird, sondern sogar förderlich sein kann wie im Fall des französischen que. Dem von konkreten einzelsprachlichen Lexemen unabhängigen systematischen und sprachübergreifenden Charakter des Komparativzyklus besser gerecht wird die These, dass Äquative mit Ausdrücken von Vielfachen oder Negation, die damit insgesamt eine Ungleichheit bezeichnen, sowie Komparativvergleiche mit Negation, die eine Gleichheit bezeichnen, wichtige Brückenkontexte für die Distributionsverschiebung von Vergleichspartikeln darstellen. Der Gebrauch der ‚falschen‘ Partikel in Vergleichen der genannten Art im Sinn

7.4 Zusammenfassung

445

einer Constructio ad sensum (‚re-bracketing‘) lässt sich sowohl synchron als auch historisch in verschiedenen Sprachen nachweisen und ist zudem im kindlichen Spracherwerb zu beobachten. Auch in der Geschichte des Deutschen scheint er für das Aufkommen von äquativischer Verwendung der eigentlichen Komparativpartikeln dann(e), wann und weder sowie von komparativischer Verwendung der ursprünglichen Äquativpartikel als eine Rolle zu spielen. Die genannten Kontexte liefern als Brückenkontexte eine Erklärung, wie es überhaupt zu Distributionsverschiebungen der Partikeln von einer Vergleichsart zur anderen kommen kann. Die typische Gerichtetheit im Komparativzyklus lässt sich allein hieraus noch nicht ableiten. Diese ergibt sich vielmehr aus den semantischen und syntaktischen Eigenschaften und Markiertheitsverhältnissen der einzelnen Vergleichsarten. Vor diesem Hintergrund treibt insbesondere das Wirken von Ökonomieprinzipien auf verschiedenen Ebenen des Sprachsystems den Komparativzyklus an. Auf der Ebene des Lexikons bewirkt die Ökonomie eine immer wieder zu beobachtende Herausbildung von Einheitsvergleichspartikeln für mehrere Vergleichsarten. Gemäß der Standard-Semantik der Vergleiche sind die Vergleichspartikeln semantisch leer, so dass die Tendenz, die Zahl der Lexeme in diesem Bereich zu reduzieren, durchaus zu erwarten ist. Dem gegenüber steht die immer wieder zu beobachtende Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln, die ihrerseits durch das Wirken sprachlicher Ökonomie im Bereich der Syntax und Semantik/Pragmatik gekennzeichnet ist. Aufgrund ihrer syntaktischen und semantischen Eigenschaften erweisen sich die Nicht-Grad-Äquative als Einfallstor für Neuerungen: Durch das typische Fehlen des Tertium Comparationis kommt es zu regelmäßiger Adjazenz eines martrixinternen Elements, etwa des Korrelats ‚so‘ oder eines Adverbs wie ‚ganz‘ etc., und der Äquativpartikel, auf deren Grundlage neue Äquativpartikeln grammatikalisiert werden. Befördert wird diese Entwicklung durch den den Äquativen inhärenten semantischen Toleranzbereich, aufgrund dessen eine exakte Übereinstimmung explizit durch ‚ganz‘ oder ‚völlig‘ etc. hervorgehoben werden muss, dessen emphatischer Charakter mit der Zeit verblassen kann. Auch die syntaktische Nähe der Nicht-Grad-Äquative zu w-Konstruktionen, insbesondere zu modalen freien (Ko-)Relativkonstruktionen, macht sie zu typischen Ausgangskontexten für die Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln. Im Deutschen und vielen anderen europäischen Sprachen lässt sich so die ebenfalls durch syntaktische Ökonomieprinzipien angetriebene Grammatikalisierung von Äquativpartikeln aus w-Elementen (modalen Interrogativ-/Relativadverben) beobachten. Dass sich die somit bevorzugt in Nicht-Grad-Äquativen neu aufkommenden Vergleichspartikeln schrittweise auch in den Grad-Äquativen und Kompa-

446

7 Die Entwicklung im Überblick: Der Komparativzyklus

rativen durchsetzen, lässt sich aus den Markiertheitsverhältnissen der Vergleichsarten erklären. Die Nicht-Grad-Äquative stellen gemäß der auf den Merkmalen [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] beruhenden Markiertheitshierarchie die unmarkierteste, entsprechend auch frequenteste sowie im kindlichen Spracherwerb am frühesten erworbene Vergleichsart dar, die daher typischerweise das Muster für die übrigen, stärker markierten Vergleichsarten bildet. Die Stufung und Gerichtetheit in der historischen Entwicklung entspricht genau den Stufen der Markiertheitshierarchie, die sich auch formalsemantisch motivieren lässt. Gemäß der semantischen Standard-Analyse der Vergleiche und darauf aufbauenden neueren semantischen Analysen von Nicht-Grad-Äquativen stehen die Vergleichsarten in einer dieser Hierarchie entsprechenden logischen Untermengenbeziehung. Eine alternative semantische Grundlage für die der Markiertheitshierarchie entsprechende Gerichtetheit des Komparativzyklus besteht in der Annahme, dass, im Gegensatz zur Standard-Semantik der Vergleiche, die Äquativpartikeln zunächst durchaus semantischen Gehalt haben, anschließend eine Desemantisierung der Äquativpartikeln zu auch in Komparativen einsetzbaren, semantisch leeren Vergleichspartikeln erfolgt und daraufhin neue, die Gleichheit wieder lexikalisch-semantisch ausdrückende Äquativpartikeln gebildet werden. Im Rahmen minimalistischer Merkmalstheorie lässt sich dies als durch syntaktisch-semantische Ökonomie getriebene Merkmalsreduktion von einem lexikalisch-semantischen zu einem formalen (zunächst interpretierbaren, später uninterpretierbaren) Gleichheitsmerkmal analysieren, die mit einem Verlust distributioneller Beschränkungen einhergeht. Hier besteht in der semantischen Theorie weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich des Gehalts der Vergleichspartikeln und der Semantik der Nicht-Grad-Äquative. Beide Ansätze, die logische Hierarchie der Vergleichsarten oder die semantische Asymmetrie der Vergleichspartikeln, sind jedoch kompatibel mit der hier formulierten Markiertheitshierarchie der Vergleiche und der ihr entsprechenden Entwicklung im Komparativzyklus. Dieser stellt in Übereinstimmung mit den Vorhersagen der Markiertheitstheorie eine Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln vom unmarkierteren zum markierteren Kontext dar. Insgesamt trägt also das Wirken sprachlicher Ökonomie auf der Ebene des Lexikons zu einer wiederholten Ausbildung von Einheitsvergleichspartikeln bei, auf der Ebene von Syntax und Semantik/Pragmatik dagegen bevorzugt in Nicht-Grad-Äquativen zur Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln, deren Durchsetzung in die übrigen Vergleichsarten sich vor dem Hintergrund der Markiertheitshierarchie der Vergleiche als natürlicher Sprachwandel verstehen lässt und die typische Gerichtetheit und Stufung im Komparativzyklus sowie den übereinzelsprachlichen und systematischen Charakter dieser Sprachwandelerscheinung erklärt.

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen vor diachronem und dialektalem Hintergrund Die Syntax der Vergleichskonstruktionen ist ein seit Jahrzehnten recht intensiv untersuchtes Forschungsgebiet, zu dem zahlreiche Forschungsarbeiten erschienen sind. Dennoch sind nach wie vor viele Rätsel der Vergleichssyntax nicht gelöst. Es ist nicht Anspruch dieser Arbeit, alle diese Fragen abschließend zu klären. Vielmehr sollen die alternativen theoretischen Positionen im Licht der diachronen und dialektalen Daten betrachtet werden, um zu zeigen, dass die Einbeziehung diachroner und dialektaler Daten neue Perspektiven auf diese Fragen eröffnet und wichtige Argumente für oder gegen spezifische Analyseoptionen liefert. Auf diese Weise leistet die sprachhistorische und dialektologische Forschung einen wertvollen Beitrag auch für die theoretische Linguistik. Im Folgenden werden zentrale syntaktische Fragen wie die Position der Vergleichspartikeln, der syntaktische Status des Vergleichsstandards und die Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz vor dem Hintergrund der diachronen und dialektalen Daten neu diskutiert. Die Analyse des syntaktischen Wandels zeigt zudem das Wirken von Ökonomieprinzipien in der Syntax im Rahmen des Komparativzyklus im Detail auf und stellt diese Entwicklung dadurch in einen systematischen Zusammenhang mit anderen in der historischen Syntaxforschung beschriebenen Wandelphänomenen.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln Eine zentrale Fragestellung hinsichtlich der Syntax von Vergleichskonstruktionen ist die nach der syntaktischen Position der Vergleichspartikeln. Wo stehen Ausdrücke wie als und wie in Vergleichskonstruktionen? Hat es hier im Lauf der Sprachgeschichte syntaktischen Wandel gegeben oder haben wir es lediglich mit lexikalischem Wandel der Vergleichspartikeln zu tun? Welchen Aufschluss können die diachronen und dialektalen Daten für die theoretische Analyse der Syntax der Vergleichspartikeln geben? Diese Fragen betreffen in erster Linie die interne Syntax, d. h. die innere Struktur des Vergleichsstandards. Die Darstellung konzentriert sich im Folgenden auf die beiden auch fürs heutige Deutsche zentralen Vergleichspartikeln als und wie und den bei diesen zu beobachtenden diachronen syntaktischen Wandel. Im Verlauf der Ausführungen werden jedoch am Rande auch Aussagen zur syntaktischen Position weiterer Vergleichspartikeln wie same oder thanne/denn getroffen. Ausgangspunkt der Betrachtung stellen jeweils das heutige Deutsche und die hierfür vorgeschlagehttps://doi.org/10.1515/9783110561234-008

448

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

nen Analysen dar. Wie bezüglich anderer linguistischer Fragestellungen zu Vergleichskonstruktionen werden auch mit Blick auf die Position der Vergleichspartikeln in der Forschungsliteratur überwiegend Komparativvergleiche diskutiert. Betrachten wir daher zunächst die Analysevorschläge für die Position der heutigen Komparativpartikel als.

8.1.1 Die syntaktische Position von als und ihr Wandel Die beiden verbreitetsten syntaktischen Analysen für die Position von Vergleichspartikeln und damit auch für als sind die als subordinierende Konjunktion oder als Präposition. Manche Autoren vertreten auch beide Analysen, je nachdem, ob es sich um einen Phrasenvergleich (Vergleichspartikel als Präposition) oder einen Satzvergleich (Vergleichspartikel als Konjunktion) handelt. Insofern hängt die Frage nach der syntaktischen Position der Vergleichspartikeln, die die interne Syntax des Vergleichsstandards betrifft, teilweise zusammen mit der unten in Kap. 8.2 diskutierten Frage nach dem syntaktischen Status des Vergleichsstandards und der Frage, ob oberflächlich nur aus der Vergleichspartikel und einer einfachen Phrase, etwa einer NP, PP o. ä. bestehende Vergleichsstandards (Phrasenvergleiche) immer elliptische Satzvergleiche darstellen oder nicht. Falls Phrasenvergleiche grundsätzlich als elliptische Satzvergleiche angesehen werden, nimmt natürlich in beiden Fällen die Vergleichspartikel auch die gleiche Position ein. Jedoch selbst, wenn man zwischen Phrasenvergleichen und Satzvergleichen strukturelle Unterschiede annimmt, muss man nicht zwangsläufig verschiedene Positionen für die Vergleichspartikel in beiden ansetzen. Aus heuristischen Gründen ist zunächst immer eine möglichst einheitliche Analyse vorzuziehen. Im Folgenden sollen nun die beiden Analyseoptionen als Präposition oder als subordinierende Konjunktion für als geprüft werden. Während manche Autoren wie gesagt nur die Vergleichspartikel in Phrasenvergleichen, also zumindest oberflächlich nur aus Vergleichspartikel und einfacher Phrase z. B. NP o. ä. bestehenden Vergleichsstandards, als Präposition analysieren, vgl. Napoli (1983), Hoeksema (1983), Hendriks (1995), Hubers/ de Hoop (2013: 93), SAND (2005: 13), van Gelderen (2004: 124 f.), Quirk et al. (2008: 1132), nehmen andere generell an, dass Vergleichspartikeln Präpositionen sind, also auch in vollen Satzvergleichen, vgl. Chomsky (1977) und Kennedy (1999) für engl. than und Zimmermann (1987) für dt. als, Bücking (2015: 270) für dt. als in hypothetischen Vergleichen (‚untypische Präposition‘, die nur Sätze einbetten kann, im Sinn von Sternefeld 2008: 194, 201 f.). Als Argument für eine Analyse von Vergleichspartikeln als Präpositionen könnte man die Tatsache ansehen, dass in manchen Sprachen statt Vergleichskasus

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

449

z. T. auch kasusäquivalente funktionale Präpositionen mit direktionaler oder Kontaktsemantik den Vergleichsstandard markieren (z. B. lat. a(b), ital. di, poln. od etc.). Wenn Vergleichspartikeln ähnlich wie diese funktionalen Präpositionen analysiert werden, würden die in der Typologie als separater Sprachtyp betrachteten Partikelvergleichssprachen damit in der syntaktischen Analyse dem Typ der Vergleichskasussprachen angeglichen. Diachron ist, wie in Kap. 2.1 diskutiert, natürlich auch Wandel von einem typologischen Sprachtyp zum anderen möglich und es kommen, z. B. im Althochdeutschen, auch beide Typen parallel vor. Dennoch sollte man zwischen den beiden Typen Vergleichskasus (incl. kasusäquivalenter funktionaler Präpositionen) einerseits und Vergleichspartikeln andererseits unterscheiden. Das Hauptargument, das für die Präpositionsanalyse der Vergleichspartikeln z. B. im Niederländischen angeführt wird, vgl. Hoeksema (1983), Hendriks (1995), Hubers/de Hoop (2013: 93), SAND (2005: 13) etc., ist die Tatsache, dass in vielen niederländischen Varietäten bestimmte Pronomen in Phrasenvergleichen in einer morphologisch anderen Form auftreten als im entsprechenden Satzvergleich, vgl. (688) (s. auch Kap. 7.2). Dies ist, wie (689) illustriert, auch im Englischen in ähnlicher Weise zu beobachten und wird dort ebenfalls als Argument für die Analyse der Vergleichspartikel als Präposition angeführt, vgl. u. a. Quirk et al. (2008: 1132); ebenso fürs Schwedische und Bulgarische bei Haspelmath/Buchholz (1998: 308 f.), die dies als Evidenz für die Grammatikalisierung von (kasustransparenten) Vergleichspartikeln zu präpositionalen Vergleichsmarkern sehen. (688) a. b.

Hij is groter dan mij. Hij is groter dan ik/*mij ben.

(689) a. b.

He is taller than me. He is taller than I/*me am. ‚Er ist größer als ich (bin).‘

Da die Form des Pronomens im Vergleichsstandard im Phrasenvergleich der eines Objekts mit obliquem Kasus statt der des regulären Subjektpronomens, wie es im Satzvergleich auftritt, entspricht, wird für den Phrasenvergleich Kasusrektion durch die Vergleichspartikel angenommen und die Partikel daher als Präposition analysiert. Tatsächlich ist die Form des Pronomens aber der Pronominalsyntax der jeweiligen Sprache oder Varietät geschuldet, da es sich um Kontexte handelt, in denen ähnlich wie etwa bei Koordination oder bestimmten Herausstellungskonstruktionen, Kontrastfokus usw. ein starkes Pronomen im Sinn von Cardinaletti/Starke (1999) verwendet werden kann oder z. T. sogar muss, nicht das sonst übliche schwache, soweit eine solche Unterscheidung von starken und

450

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

schwachen Pronomen in der Sprache bzw. Varietät existiert, vgl. (690) zum Englischen und (691) zum Französischen. In den niederländischen Varietäten, in denen etwa mij im Komparativvergleich gebraucht wird (z. B. in flämischen Varietäten), ist dieses starke Pronomen teilweise auch bei Koordination möglich, vgl. (692 b) (dagegen werden in anderen Kontexten, die starke Pronomen verlangen, wie bei Herausstellungskonstruktionen und Fokussierung, eher andere starke Pronomen verwendet wie ekik oder ikke).435 (690) a. b. c. d.

He is taller than me. We talked a lot, my father and me. Me, I would like to stay at home. It’s Mary who wants to stay at home, not me.

(691)

a. b. c. d.

Il est plus grand que moi/*je. Nous avons beaucoup parlé, mon père et moi/*je. Moi/*Je, je veux bien rester à la maison. C’est Marie qui veut rester à la maison, pas moi/*je.

(692)

a. b.

Hij is groter dan ik/mij. Wij hebben veel gepraat, mijn vader en ik/mij.

Hier liegt aber jeweils kein regierter obliquer Kasus vor, sondern lediglich die in den Fällen von me, moi und mij mit dem Pronomen im Objektskasus homophone starke Variante des Subjektspronomens.436 Das Vorkommen dieses Pronomens im Phrasenvergleich im Unterschied zum Satzvergleich ist aber in der Tat aufschlussreich, es spricht nämlich für die ‚direkte Analyse‘ und gegen die Ellipsenanalyse von Phrasenvergleichen (ausführlich dazu s. u. Kap. 8.2), jedoch nicht für Kasusrektion durch und daher vermeintlich präpositionalen Status von Vergleichspartikeln. Auch im Deutschen geht diachron und synchron von als keinerlei Kasusrektion aus, egal ob es in einem Phrasen- oder Satzvergleich verwendet wird, vgl. auch Duden-Grammatik (2016: 636), wo aus diesem Grund ebenfalls die

435 Die Entsprechung zu c) lautet etwa Ik zou ekik liever thuis blijve, zu d) (im Antwerpener Stadtdialekt) 't is Marie die liever thuis wilt blijven, ikke nie. Ekik kann hier bezeichnenderweise auch statt mij als starkes Pronomen im Vergleich verwendet werden, was nochmals unterstreicht, dass es sich nicht um eine oblique Kasusform, sondern um ein starkes Pronomen handelt: Hij is grutter as ek-ik / mij. 436 So lässt sich auch die im Rumänischen auftretende, mit der obliquen Kasusform übereinstimmende Form mine in (631) und (632) statt des sonst üblichen Subjektpronomens eu ‚ich‘ deuten.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

451

Analyse der Vergleichspartikeln als Präpositionen zurückgewiesen wird.437 Als weist nicht selbst Kasus zu, sondern kann mit NPs in allen Kasus, sogar im Nominativ, kombiniert werden, vgl. (693), was für keine Präposition möglich ist. (693)

Anna liebt mich mehr als {dich, du}.

Auch kategoriell gibt es keinen Anhaltspunkt für die Analyse als Präposition: als wurde zu keinem Zeitpunkt in der deutschen Sprachgeschichte auch als Präposition verwendet. Ein weiteres Argument stellt die Syntax von als im Vergleich zu der von Präpositionen dar. So kann als im Phrasenvergleich nicht nur mit Nominalphrasen, sondern – eher koordinierenden Konjunktionen ähnlich – auch beispielsweise mit Adjektivphrasen verbunden werden, was für Präpositionen nicht möglich ist.438 Bücking (2015: 270) führt als weiteres Argument für den präpositionalen Status von als die Ersetzbarkeit durch Präpositionalphrasen an, vgl. (694). Bei dieser Argumentation werden aber syntaktische Form und Funktion nicht hinreichend unterschieden. Adverbiale können in verschiedenen Formen, in der Tat als PPs, aber eben auch als APs, AdvPs oder NPs, auftreten. Es gibt keinen Grund, angesichts der gleichen Funktion alle als auch bzgl. der Form, also der syntaktischen Kategorie identisch (als PPs) zu analysieren. Nach dem gleichen Argument könnte man die mit als eingeleitete Phrase generell als AP analysieren und als als Adjektiv, da die als-Phrase durch eine AP ersetzbar ist: Hanno fährt merkwürdig Fahrrad. Ebensowenig würde man Ausdrücke wie Montag oder morgen als PPs analysieren, nur weil statt ihrer auch eine PP verwendet werden könnte: {Montag / Morgen / Am nächsten Tag} soll es regnen.

437 Dagegen steht beim mittelhochdeutschen danne im Phrasenvergleich, wenn der Vergleichsstandard aus einer NP besteht, diese z. T. statt im vom Verb sonst regierten Kasus im Genitiv, z. B. ich hân nieman danne dîn (Wigamur 5732), er hât hie nieman denne mîn (Parzival 260, 4), vgl. BMZ (1: 300a ff.). Analoges gilt für wan, z. T. noch mit weiteren Kasus, vgl. BMZ (4: 479b ff.). Auffällig ist hierbei jedoch, dass es sich ausschließlich um negierte Fälle handelt, in denen auch sonst Genitiv als Objektskasus beispielsweise statt Akkusativ auftritt, so dass diese Kasusalternation nicht als Evidenz für Kasusrektion durch die Vergleichspartikel danne bzw. wan anzusehen ist, sondern als eine Art Negationskasus, wie er etwa auch in slavischen Sprachen zu beobachten ist. 438 Ein besonders häufiger Phrasentyp sind auch Präpositionalphrasen. Grundsätzlich ist auch Verschachtelung von Präpositionalphrasen möglich (z. B. von vor dem Krieg). Diese verschachtelten Präpositionalphrasen können jedoch selbst mit einer Vergleichspartikel verbunden werden (z. B. Er erzählt öfter von nach dem Krieg [als von vor dem Krieg]), wohingegen dreifach verschachtelte Präpositionalphrasen sonst nicht vorzukommen scheinen, was ebenfalls gegen eine Analyse der Vergleichspartikeln als Präpositionen spricht.

452

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

(694) a. b.

Hanno fährt Fahrrad als wäre er betrunken. Hanno fährt auf seltsame Art und Weise Fahrrad.

Aus den genannten Gründen ist die Analyse der Vergleichspartikel als als Präposition nicht überzeugend, selbst nicht für NP-förmige Phrasenvergleiche.439 Die zweite in der Literatur verbreitete Analyse für Vergleichspartikeln ist wie erwähnt die als subordinierende Konjunktionen. Fürs heutige Deutsche ist dies unter anderem von Bergerova (1997), Eggs (2006) und Helbig/Buscha (2013) vorgeschlagen worden. Die Duden-Grammatik (2016: 641) setzt dies für Satzvergleiche ebenfalls an.440 Für diese Analyse spricht, dass die Vergleichspartikeln im Deutschen in Satzvergleichen mit Endstellung des finiten Verbs einhergehen wie andere subordinierende Konjunktionen auch, vgl. Bsp. (695) mit der Vergleichspartikel als, die einen Verbendsatz einleitet.441 (695)

Anna ist klüger, als Maria (es) ist.

Die klassische strukturelle Erklärung für die Tatsache, dass subordinierende Konjunktionen (Komplementierer) typischerweise Verbendsätze einleiten, liegt darin, dass diese Elemente die linke Satzklammer oder syntaktische Position C0 einnehmen, die gleiche Position, die auch Zielposition des finiten Verbs bei Verbbewegung in Verberst- und Verbzweitsätzen ist, vgl. den Besten (1989). Da die Zielposition in mit subordinierender Konjunktion eingeleiteten Nebensätzen anderweitig besetzt ist, unterbleibt Verbbewegung und das finite Verb verbleibt in der rechten Satzklammer (je nach Analyse Position V0 bzw. die rechtsperiphere funktionale Position I0 o. ä.). Steht als somit in der gleichen Position wie subordinierende Konjunktionen (C0)? Dies ist in der Tat vielfach vorgeschlagen worden: zunächst in dem klassischen Aufsatz von Bresnan (1973) für die englische Komparativpartikel than sowie von Bierwisch (1987) u. a. für die deutschen Vergleichspartikeln als und wie. Vereinfacht würde die syntaktische

439 In Vergleichskasussprachen, die den Vergleichsstandard mit einer funktionalen Präposition markieren, liegt dagegen eine echte, kasusäquivalente Präposition vor. 440 In Phrasenvergleichen stellen die Vergleichspartikeln laut Duden-Grammatik (2016: 636 f., 854 f.) keine subordinierenden, sondern ‚vergleichende Konjunktionen‘ dar. In satzwertigen Nicht-Grad-Äquativen wird die Vergleichspartikel dagegen teils als Relativadverb, teils als Relativsubjunktion (Relativpartikel) analysiert, vgl. Duden (2016: 1052), in phrasenförmigen Nicht-Grad-Äquativen ebenfalls als ‚vergleichende Konjunktion‘, vgl. Duden-Grammatik (2016: 636 f., 854 f.). 441 Dies gilt diachron ebenfalls schon mindestens seit dem Mittelhochdeutschen, also der Sprachstufe, in der die Vergleichspartikel also erstmals in größerem Umfang (überwiegend in Nicht-Grad-Äquativen) verwendet wurde, vgl. Kap. 3.2.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

453

Struktur des Vergleichsstandards mit als nach dieser Analyse wie in (696) aussehen. (696)

… CP C’ C0 als

VP Maria

(es)

ist

In mit als eingeleiteten Vergleichssätzen kann die Position C0, in der Terminologie des Feldermodells die linke Satzklammer, aber auch anderweitig besetzt sein, wie die Möglichkeit der Kombination von als mit wenn oder ob in hypothetischen Vergleichen zeigt, s. (697 a/b). (697)

a. b.

Anna läuft, als ob sie um ihr Leben liefe. Anna läuft, als wenn sie um ihr Leben liefe.

Nun könnte man annehmen, dass als wenn und als ob komplexe oder bereits univerbierte subordinierende Konjunktionen seien, bei denen jeweils beide Elemente zusammen die linke Satzklammer (C0) besetzen.442 Dies ist etwa von Pasch et al. (2003) und Eggs (2006) vertreten worden. Gegen diese Analyse sprechen jedoch hypothetische Vergleiche mit als und Verberstsatz wie in (698). (698) Anna läuft, als liefe sie um ihr Leben. An dieser Stelle sei nochmals explizit darauf hingewiesen, dass es sich in Konstruktionen dieser Art tatsächlich um einen mit als verbundenen Verberstsatz handelt (vgl. auch Oppenrieder 1991) und nicht etwa, wie in der Literatur verschiedentlich angenommen (Dückert 1961: 221 f., Reis 2011: 329 f., Duden-

442 Nach Damaris Nübling (p.c.) spricht dafür auch die Prosodie und Intonation, da keine Pause zwischen beiden Elementen möglich ist und nur das zweite Element betont ist. Dies ist jedoch kein notwendiges Kriterium, denn auch zwischen als und finitem Verb in hypothetischen Vergleichen der Form als + V1-Satz ist keine Pause möglich und nur das finite Verb, nicht das vorangehende als ist betont. Dennoch ist als nicht mit dem natürlich jeweils wechselnden finiten Verb in der linken Satzklammer zusammen als univerbierte syntaktische Einheit anzusehen.

454

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Grammatik 2016: 377),443 um einen Verbzweitsatz. In diesem Zusammenhang ist die Semantik aufschlussreich. Bei hypothetischen Vergleichen wie (697) und (698) handelt es sich ja semantisch gesehen um Kombinationen aus Konditional und Vergleich (s. o. Kap. 1.2). Sprachlich wird das Konditional realisiert in Form eines wenn-Satzes, eines ob-Satzes (ob ist die ältere konditionale Konjunktion im Deutschen und entspricht etymologisch dem engl. if) oder eben eines Verberstnebensatzes. Verberstnebensätze stellen bereits seit dem Althochdeutschen ebenfalls eine typische Form von Konditionalsätzen im Deutschen dar (vgl. Schrodt 2004: 156, Axel/Wöllstein 2009). Im Fall von als und liefe in (698) bzw. jedem anderen beliebigen Verb in Erststellung kann man aber nicht von einer zusammengehörigen syntaktischen Einheit ausgehen, die als Komplex die linke Satzklammer (C0-Position) besetzt. Vielmehr nimmt nur das finite Verb, wie erwähnt, diese Position ein. Die Vergleichspartikel als muss folglich oberhalb davon in der syntaktischen Struktur stehen. Eine solche Position wäre die Vorfeld-Position (SpecCP). Auch bestimmte Elemente, die hier stehen, nämlich Relativ- und in indirekten Fragesätzen Interrogativpronomen und -adverbien, leiten wie Vergleichspartikeln einen Verbendsatz ein. Die Vorfeldposition (SpecCP) kommt für als jedoch ebenso wenig in Frage: als ist nicht phrasal und nicht wie typische Vorfeldelemente bewegbar oder erfragbar. Es stellt keine syntaktische Konstituente bzw. kein Satzglied dar. Und auch die Kombination mit Verberst-Konditionalen spricht gegen eine Analyse mit als im Vorfeld: Verberst-Konditionale zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass das Vorfeld nicht besetzt ist. Aus diesen Gründen muss als in einer Kopfposition noch oberhalb der eigentlichen Vergleichsstandard-CP stehen, vgl. Jäger (2010a), dieser Auffassung folgen auch Demske (2014: 132), Bücking (2015: 290). Da als, wie oben diskutiert, eher der Wortart Konjunktion als der der Präposition zugeordnet werden kann, wird diese Position hier im Folgenden einfach als Conj0 bezeichnet, die projizierte Phrase entsprechend als ConjP, ohne dass hieraus zunächst weitergehende Annahmen über diese Position und ihre Merkmale folgen sollen. Insbesondere folgen aus dieser Analyse noch keine unmittelbaren Annahmen über die externe Syntax des Vergleichsstandards, d. h. die Anbindung an den Restsatz (dazu s. u. Kap. 8.3).444 Die zentrale An443 Dagegen Duden-Grammatik (2016: 1053): Verberstsatz. 444 Die Analyse mit Vergleichspartikel in Conj0 würde jedoch gut zu einer koordinationsartigen Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz passen, für die auch eine Reihe koordinationsähnlicher Eigenschaften von Vergleichskonstruktionen spricht (s. u. Kap. 8.3). In der Tat ist die Vergleichspartikel als verschiedentlich auch als eine Art koordinierende Konjunktion klassifiziert worden (Lang 1977, Eisenberg 2013). Grundsätzlich ist die hier vorgeschlagene Analyse der internen Syntax des Vergleichsstandards aber kompatibel mit verschiedenen,

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

455

nahme an diesem Punkt ist lediglich, dass als nicht in der C0- oder SpecCPPosition steht, sondern eine Kopfposition oberhalb der Vergleichsstandard-CP einnimmt, vgl. auch Jäger (2010a). In dieser Hinsicht ähnelt die hier vorgeschlagene Analyse der von Chomsky (1977) und Kennedy (1999) für die englische Komparativpartikel than und von Zimmermann (1987) für das Deutsche als, die jedoch annehmen, dass die Vergleichspartikel als Präposition zu analysieren sei. Dagegen sprechen aber, wie oben ausgeführt, sowohl diachrone als auch synchrone Argumente. Denkbar wäre als Position der Vergleichspartikel auch eine höhere Position innerhalb des Split-CP-Modells von Rizzi (1997) mit ForceP, TopicP, FocusP und FinP. Allerdings ist hier die Zuordnung von als zu diesen funktionalen Projektionen unklar, da es nicht wie sonstige Force-Köpfe satzmodus-relevante Merkmale trägt und auch nicht mit besonderem informationsstrukturellem Status wie Topik oder Fokus assoziiert ist. Insofern ist eine Analyse der Vergleichspartikeln im Rahmen der Split-CP nicht wirklich überzeugend und ich behalte die neutrale Bezeichnung Conj0 für die Kopfposition oberhalb der Vergleichsstandard-CP bei. Die hier vorgeschlagene Struktur sieht damit wie in (699) aus. (699)

… ConjP Conj0 als

CP C0

VP

ob

sie um ihr Leben liefe

wenn

sie um ihr Leben liefe

liefe

sie um ihr Leben tV



Maria

[ ] ist

In hypothetischen Vergleichssätzen ist die linke Satzklammer (C0) mit ob, wenn oder einem finiten Verb besetzt. In sonstigen Vergleichssätzen ist sie im Standarddeutschen phonetisch leer. Auch die Daten aus den heutigen Dialekten liefern ergänzende Argumente für die Analyse des heutigen als in einer Kopfposition oberhalb der C0-Position. Wie in Kap. 6.1 dargestellt, sind dialektal (insbesondere im Oberdeutschen)

auch subordinationsartigen, Analysen hinsichtlich der externen Syntax, d. h. der Anbindung an den Restsatz.

456

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Konstruktionen mit gestütztem Vergleichsanschluss, d. h. Kombinationen von Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion (Doubly Filled Comp) zu beobachten. Dies gilt auch für als, das mit der Konjunktionen dass, was etc. vorkommt, vgl. (700). Die ‚stützende‘ subordinierende Konjunktion besetzt ihrerseits die C0-Position, so dass die Vergleichspartikel als oberhalb dieser Position anzusetzen ist, wie die Strukturanalyse in (701) zeigt. In Gradvergleichen steht in der syntaktischen Struktur im Vorfeld, d. h. in SpecCP, ein phonetisch leerer, mit der eingebetteten Gradphrase DegP koindizierter Grad-Operator, vgl. Chomsky (1977), Kennedy (1999), Lechner (2004). Dies erklärt zum einen die für w-Bewegung typischen Eigenschaften von Vergleichskonstruktionen (w-Insel-Effekte, s. u. Kap. 8.3) und leistet zum anderen für die semantische Interpretation die nötige Abstraktion über Grade (s. Kap. 7.3.5, Fußn. 420). (700) Komparativ mit gestütztem Komparativanschluss (zusätzliche Konjunktion/Komplementierer, Doubly Filled Comp): Si isch grösser {als was / dass / …} i dänkt ha. ‚Sie ist größer, als ich gedacht habe.‘ (Schweizerdeutsch, Friedli 2012: 4) (701)

… ConjP Conj0 als

CP SpecCP Opi

C’ C0 (dass)

VP NP Maria

V’ AP DegP ti

A0 (es)

V0 ist

Diachron hat die Vergleichspartikel als bzw. ihre Vorgängerform also zwei zentrale syntaktische Reanalyseschritte durchlaufen, die im Folgenden näher betrachtet werden: zum einen eine Reanalyse, durch die das ursprünglich matrixsatz-finale Adverb al in den Vergleichssatz überging und dort mit dem eigentlich vergleichseinleitenden so verschmolz; zum anderen der Wandel der syntaktischen Position dieses als(o) von C0 zur heutigen höheren Kopfposition Conj0. Hier erweist sich, dass Sprachgeschichte einen wichtigen Beitrag auch für die synchrone syntaktische Analyse liefern kann, denn dieser zweite Ent-

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

457

wicklungsschritt liefert zusätzliche wertvolle Evidenz für die Annahme einer Position von als oberhalb der eigentlichen Vergleichsstandard-CP im heutigen Deutschen: Der Kontrast zu den diachronen Daten, wo als tatsächlich in C0 steht, verdeutlicht, dass als heute oberhalb dieser Position stehen muss. Wie wir oben in Kap. 2.2 gesehen haben, ist die Vergleichspartikel als(o) im klassischen Althochdeutschen noch nicht belegt. Hier überwiegt stattdessen so, ggf. in Kombination mit anderen Elementen wie sama oder selb. Erst im Spätalthochdeutschen tritt gelegentlich also als Vergleichspartikel auf und zwar zunächst, wie es bis ins Frühneuhochdeutsche noch der Fall ist, als Äquativpartikel. Historisch ist also wie beschrieben aus einer Verschmelzung von adverbialem al ‚ganz‘ und der Äquativpartikel so ‚wie‘ entstanden (vgl. Grimm 1884: 295; Behaghel 1923–32, III: 67). Dabei war das adverbiale al ‚ganz‘ zunächst Teil des Matrixsatzes (vgl. Anna macht es ganz, wie Maria es macht). Ausgehend von Sätzen, in denen al adjazent vor dem eigentlich vergleichseinleitenden so stand, wurde al als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert und mit so univerbiert. In diesem Zusammenhang ist in der Literatur von sogenannter ‚Satzgrenzenverschiebung‘ die Rede, vgl. Schrodt (2004: 169). Tatsächlich wird eher nicht die Satzgrenze verschoben, sondern vielmehr innerhalb eines komplexen Satzes ein Element aus dem Matrixsatz als Teil der Einleitung des abhängigen Teilsatzes aufgefasst und somit reanalysiert. Dieses Phänomen ist aus der Geschichte der Nebensatzeinleitungen im Deutschen und anderen Sprachen in vielen Fällen bekannt (z. B. [… di wîle [ daz/so/unde …]] > [… [(die)weil …]]; [… trotz dem [(dass) …]] > [… [trotzdem …]] etc., vgl. u. a. Paul 2007: 406, 417, 430; Szczepaniak 2011: 175–178; Weiß 2012: 147). Dieser Wandel des ursprünglich matrixinternen al zum Teil des Vergleichsanschlusses lässt sich syntaktisch-strukturell fassen, wie in (702) dargestellt (vgl. Kap. 3.2, (200), sowie Jäger (2010a: Fußn. 25)).445 (702)

Grammatikalisierung von also: [CP … al [CP [C 0 so] …]] > [CP … [CP [C 0 also] …]

Althochdeutsches so kommt außer als Äquativpartikel auch als Relativsatzkomplementierer (Relativpartikel) vor, vgl. Kap. 7.3.3. Zwischen Vergleichssätzen und Relativsätzen besteht auch syntaktisch-strukturell ein enger Zusam-

445 Gegebenenfalls ist so in einem Zwischenschritt als Adverb und damit phrasale Kategorie in SpecCP anzusehen und wurde davon ausgehend als C0-Element reanalysiert. Diese Entwicklung von SpecCP zu C0 würde der diachron später erfolgten, unten in Kap. 8.1.2 für wie beschriebenen von SpecCP zu C0 entsprechen. In der syntaktischen Entwicklung bestünde damit ebenfalls Zyklizität des Sprachwandels.

458

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

menhang, s. u. Kap. 8.3. Dazu passt die diachrone und sprachvergleichende Beobachtung, dass Vergleichsanschlüsse vielfach homophon sind mit Relativsatz einleitenden Elementen, insbesondere Relativpartikeln. Dies ist damit zu erklären, dass aus der Verwendung in Nicht-Grad-Äquativen (‚modal-vergleichende Verwendung‘) häufig sekundär eine relativische Verwendung entsteht, vgl. Erdmann (1874–1876, I: 56 f.), DWB (16: 1341–1385), Paul (2007: 426 f.), Ferraresi/Weiß (2011). Im Deutschen ist das diachron und dialektal neben so auch für als, unde und wie zu beobachten, s. u. Kap. 8.3. Als Relativsatzkomplementierer nimmt so ebenfalls die Position C0 ein. Das mit so verschmelzende al geht aus dem Matrixsatz (ggf. über den Zwischenschritt eines nebensatzinternen Modifizierers von so) mit in die Position C0 über, so dass also als univerbierte Einheit in C0 steht, wo es bis ins Frühneuhochdeutsche noch steht, wie unten näher erläutert wird. Schrodt (2004: 169) nimmt ebenfalls an, dass al aus dem Matrixsatz in den Vergleichssatz reanalysiert wurde und führt zur Illustration dieser sogenannten Satzgrenzenverschiebung bei der Entstehung der Vergleichspartikel also Belege mit matrixsatzfinalem al und nebensatzeinleitendem so wie in (703) an. Dass die Satzgrenze zwischen beiden Elementen liegt, legt in einem metrisch gebundenen und gereimten Text wie Otfrids Evangelienbuch die Zäsur zwischen al und so nahe (Reim: al − scal). (703)

Uuanta ob er giloubti ubarál . ʃo ịz bi rehte uuésan ʃcal ‚denn wenn er völlig (wörtlich: überall) glaubte, wie es zu Recht sein soll‘ (O III, 2, 13)

Allerdings ist in diesem Fall al Teil der Präpositionalphrase ubar al und wird damit nicht als Adverbial ‚ganz‘ verwendet. Belege wie dieser können damit eher nur als Plausibilitätsargument gelten, insofern sie zeigen, dass es vorkam, dass al am Ende eines Matrixsatzes einem vergleichseinleitenden bzw. relativisch darauf bezogenen so vorausging. Den angenommenen Ausgangspunkt für die Grammatikalisierung illustrieren in geeigneterer Weise Belege wie (704) und (705) aus Otfrid, in denen ebenfalls eine Zäsur zwischen al und so liegt, al tatsächlich adverbial im Sinn von ‚ganz‘/‚genau‘ aufzufassen ist (vgl. auch Kelle 1881: 545) und so einen Äquativvergleich (Nicht-Grad-Äquativ) einleitet. In anderen Belegen von Otfrid scheint al dagegen schon zusammen mit so im Vergleichssatz zu stehen, da die Zäsur vorausgeht, vgl. (706) bis (708), wobei hier grundsätzlich noch beide Analysen – die als Kombination von korrelatartigem al und Äquativpartikel so oder alternativ bereits als neue Äquativpartikel al so – möglich sind. Bei Notker

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

459

ist die Grammatikalisierung des allerdings immer noch seltenen also schon weitgehend abgeschlossen, vgl. (709), und also wird bereits mit zusätzlichem Korrelat verwendet, vgl. (710). (704)

bi namen uuéiz ih thih ál . ʃó man ʃinan drút ʃcal. ‚Beim Namen kenne ich dich ganz, wie man seinen Freund (kennen) soll‘ (O V, 8, 38)

(705)

Alla uuórolt zeli du ál . ʃo man in búachon ʃcál ‚Alle Zeitalter durchforsche, du, ganz, wie man es nach der Schrift (wörtlich: in den Büchern) soll.‘ (O Hartmuate, 25)

(706)

Deta er iz ʃcónera al ʃo zám ‚machte er es schöner, (ganz) wie es sich gehörte‘ (O II, 10, 11)

(707)

Dét er ʃo ʃıe quátun . ioh ínan ouh tho bátun ál ʃo ʃıe nan béitun . in húʃ inan giléitun ‚Er tat, wie sie sagten und ihn auch da baten, (ganz) wie sie ihn drängten. Ins Haus geleiteten sie ihn.‘ (O V, 10, 14)

(708)

Thaz zéllent euangélion al ʃo ih thir rédion ‚Das erzählen die Evangelien, (ganz) wie ich dir sage.‘ (O IV, 34, 13)

(709)

Din reht trûhten ist also bérga. ‚Deine Gerechtigkeit, Herr, ist wie die Berge.‘ (N Ps. 35, 7 (116, 5))

(710)

siû sint ûfen mir so suâre . also suâre burdi ‚Sie sind auf mir so schwer wie eine schwere Last‘ (N Ps. 37, 5 (126, 1 f.))

Für die These, dass al ursprünglich Teil des Matrixsatzes war, das dann als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert wurde, spricht, dass diese Art der Reanalyse, wie sie in (711) angegeben ist, bei Vergleichskonstruktionen im Deutschen diachron und sprachübergreifend vielfach vorkommt, vgl. die oben in Kap. 7.2, (599), angegebenen Grammatikalisierungspfade für neue Äquativpartikeln durch Verstärkung eines ursprünglich matrixinternen, zur Äquativpartikel wiederholt adjazenten Elements (im Deutschen so sama so/same, so selb so, soso, gleichwie etc.).

460 (711)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

‚Er macht es so / gleich / ganz / in der Art, [ wie …]‘

‚Er macht es, [ wie …]‘

Ein weiteres Argument für die Annahme einer Reanalyse von al aus einem matrixinternen Bezugselement zum Teil der Vergleichseinleitung ergibt sich aus der im untersuchten Korpus festgestellten Distribution der Äquativpartikel also im Mittelhochdeutschen (s. o. Kap. 3.2). Die Korpusuntersuchung hat ergeben, dass also im Mittelhochdeutschen weit überwiegend in Nicht-Grad-Äquativen steht. Dies kann man erklären unter der Annahme, dass al ‚ganz‘ ursprünglich ein matrixinternes Element (Bezugselement des Vergleichsstandards) war: Dieses matrixinterne Element ist, wie oben dargestellt, nur in Nicht-Grad-Äquativen, also solchen ohne explizites Tertium Comparationis, gegebenenfalls adjazent zur den Vergleichsstandard einleitenden Äquativpartikel so. Nur in NichtGrad-Äquativen liegt also die in (702) angenommene syntaktische Ausgangsstruktur für die Grammatikalisierung von also vor, d. h. nur hier konnte al mit so univerbiert und als Teil der Vergleichspartikel reanalysiert werden, vgl. auch (712 a). In Grad-Äquativen steht stattdessen mindestens das jeweils wechselnde Tertium Comparationis vor dem vergleichseinleitenden so, vgl. (712 b), so dass keine derartige Reanalyse möglich ist. (712)

Nicht-Grad-Äquative als Ausgangskontext der Grammatikalisierung von also: a. Nicht-Grad-Äquativ: … al [so …] → … [also …] / … [also …] b. Grad-Äquativ: … [(al) so [AP … [so …]]] →

In Grad-Äquativen hat sich deshalb, durch diese Analyse korrekt vorhergesagt, einfaches so als Äquativpartikel länger erhalten, das ja noch im Mittelhochdeutschen das Hauptmuster darstellte, während nach dem eben skizzierten Szenario also als Äquativpartikel zunächst in Nicht-Grad-Äquativen grammatikalisiert worden ist und sich von hier aus sekundär in die Grad-Äquative ausgebreitet hat. Insofern stellen also Nicht-Grad-Äquative, wie bereits in Kap. 7.3.5 besprochen, ein wichtiges ‚Einfallstor‘ für neue Vergleichspartikeln dar. Auch die Belege im Althochdeutschen sprechen dafür. (In Grad-Äquativen ist das adverbiale al dagegen, wie (712 b) zeigt, z. T. innerhalb des Matrixsatzes mit dem adjazenten matrixinternen Korrelat so univerbiert worden, was zur Entstehung des im historischen Deutschen verbreiteten Äquativkorrelats als(o) führte.)

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

461

Dieses Szenario für die Entstehung der Äquativpartikel als(o) durch Reanalyse des in Nicht-Grad-Äquativen zur ursprünglichen Äquativpartikel so adjazenten matrixinternen Adverbials al zum Teil der Vergleichseinleitung wird zudem gestützt durch die ganz analoge Entstehung und Distribution von alsam im Mittelhochdeutschen. Diese Vergleichspartikel ist offensichtlich durch Univerbierung von al mit der Äquativpartikel sam(e) entstanden, vgl. (713 b), die ihrerseits durch vorhergehende Reanalyse von matrixinternem sama ‚gleich‘ als Teil der Vergleichseinleitung und schließlich als Vergleichspartikel entstanden ist, vgl. (713 a). Insofern liegt hier ebenfalls zyklischer Sprachwandel vor, da wiederholt ein ursprünglich matrixinternes Element zur Vergleichspartikel bzw. einem Teil derselben reanalysiert worden ist. Im Gegensatz zu sam(e), das auch in Grad-Äquativen vorkommt, ist auch alsam im untersuchten mittelhochdeutschen Korpus nur in Nicht-Grad-Äquativen belegt, s. o. Kap. 3.2. Auch die Vergleichspartikel alsam ist also durch Verschmelzung des ursprünglich dem Matrixsatz angehörenden al ‚ganz‘ mit der nur in Nicht-Grad-Äquativen dazu adjazenten Vergleichspartikel sam entstanden und daher zunächst eben nur in Nicht-Grad-Äquativen belegt. Also ist folglich kein Einzelfall.

(713)

Zyklische Grammatikalisierung von samaso/alsam: a. … (so) sama [so …] > … [samaso …] > … [sam(e) …] b. … al [sam(e) …] > … [alsam …]

Nach erfolgter Reanalyse des al zum Teil der Vergleichseinleitung nimmt als(o) im Alt- und Mittelhochdeutschen und bis ins Frühneuhochdeutsche die Position C0 ein. Dafür, dass also tatsächlich in der Position C0 steht (und nicht etwa wie im heutigen Deutschen in Conj0), spricht u. a. die Tatsache, dass sogenannte Synaloephe mit also auftritt. Es handelt sich hierbei um Vokalelision zur Hiatvermeidung, die nur mit C0-Elementen, d. h. dem finiten Verb in der linken Satzklammer oder einer subordinierenden Konjunktion wie wanta ‚weil‘ oder oba ‚wenn‘ auftritt, jedoch beispielsweise nicht mit koordinierenden Konjunktionen wie inti oder odo, vgl. de Boor (1928). Dass also beispielsweise in dem mittelhochdeutschen Korpusbeleg in (714) mit dem Pronomen er unter Vokalelision zu alsor verschmilzt, kann daher als Argument dafür angesehen werden, dass also hier in C0, d. h. in der linken Satzklammer steht.446

446 Dies spricht auch gegen die Annahme von Demske (2014), dass also zu dieser Zeit in der SpecCP-Position steht, da Synaloephe nur mit C0-Elementen vorkommt.

462 (714)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Andem dritten tage. so wirdit er alsor ê was. ‚Am dritten Tag, da wird er, wie er vorher war.‘ (Phys 158r, 11 f.)

Während als(o) damit zunächst im Spätalthochdeutschen und Mittelhochdeutschen die C0-Position besetzte, steht es heute, wie oben argumentiert, in einer höheren linksperipheren Kopfposition, die hier neutral als Conj0 bezeichnet wird, vgl. (701). Es ist also zwischenzeitlich ein weiterer diachroner syntaktischer Wandel eingetreten, durch den als(o) aus einer tieferen in eine höhere Kopfposition gekommen ist. Ich möchte dafür argumentieren, dass dieser Wandel von C0 zu Conj0 im Lauf des Frühneuhochdeutschen eingetreten ist, vgl. auch Jäger (2010a). Das entscheidende Diagnostikum für diese diachrone Aufwärtsbewegung von als in der syntaktischen Struktur ist der Verbstellungswandel in bestimmten mit als eingeleiteten Vergleichssätzen, und zwar den hypothetischen Vergleichssätzen. Wie die Korpusuntersuchung ergeben hat, s. o. Kap. 3.3 und 4.3, wurde als(o) in hypothetischen Vergleichen im Mittelhochdeutschen und bis ins Frühneuhochdeutsche des 16. Jahrhunderts mit Verbendstellung kombiniert, vgl. (715 a) und (716 a).447 Die neuhochdeutschen Entsprechungen in (715 b) und (716 b) zeigen, dass Konstruktionen mit Endstellung des finiten Verbs im heutigen Deutschen ungrammatisch sind. Stattdessen muss in Kombination mit bloßem als ein Verberstsatz verwendet werden, d. h. das finite Verb folgt unmittelbar auf als. (Alternativ kann natürlich auch eine ganz andere Variante mit als wenn oder als ob gewählt werden, wo das finite Verb in Endstellung steht). Bereits ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts findet sich Verbendstellung des finiten Verbs in mit bloßem als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen bereits kaum noch und es überwiegt Verberststellung wie in (717).

447 Nach Ebert et al. (1993: 480) ist als mit Verbendstellung in hypothetischen Vergleichen sogar bis ins 17. Jahrhundert üblich. Nach den hier ausgewerteten Korpusdaten überwiegt dagegen die Verberststellung nach als in hypothetischen Vergleichen gegenüber der Verbendstellung bereits seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: In den ausgewerteten Texten des Bonner Frühneuhochdeutschkorpus aus dem Zeitabschnitt 1550–1600 findet sich bereits größtenteils als + Verberststellung in hypothetischen Vergleichen, s. o. Kap. 4.3. Als + Verbendstellung ist dagegen kaum noch belegt und somit schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts weitgehend verschwunden.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

(715)

(716)

(717)

463

a.

… so ligit er also er tôt sî (Phys 132r, 01)

Mhd.

b.

*… so liegt er, als er tot sei

Nhd.

c.

… so liegt er, als sei er tot

a.

do kam ain grosser ludem vnd gerumppel, als vil mit harnasch an der tuer wëren (HKot 16, 12 f.)

b.

* … als viele mit Harnischen an der Tür wären

c.

… als wären viele mit Harnischen an der Tür

Frnhd.

Nhd.

das sie es nit achten/ sondern inn wind schlagen/ als sey nit vil dran gelegen ‚dass sie es nicht achten, sondern in den Wind schlagen, als sei nicht viel daran gelegen‘ (VDiet 21v, 27 f.)

Der Phrasenstrukturbaum in (718) zeigt die syntaktische Struktur von Beispiel (716). Die obere Zeile repräsentiert das Frühneuhochdeutsche mit als und Verbendsatz, die untere Zeile die neuhochdeutsche Entsprechung mit als und Verberstsatz. (718)

… ConjP Conj0

CP C0

VP



als

vil mit harnasch an der tür w ëren

als

wäreni

viele mit Harnischen an der Tür ti

Welchen syntaktischen Effekt es hat, wenn als tatsächlich in C0 steht, verdeutlicht das frühneuhochdeutsche Beispiel: weil als die linksperiphere Landeposition des finiten Verbs blockiert, verbleibt das Verb in satzfinaler Position. Im

464

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Gegensatz dazu befindet sich als im heutigen Deutschen, wie oben argumentiert wurde, in der höheren Kopfposition Conj0. Folglich ist die C0-Position frei und das finite Verb kann sich in die linke Satzklammer (C0) bewegen. Weitere in dieser Zeit aufkommende Konstruktionen stützen die These, dass der syntaktische Wandel von als(o) von C0 in die höhere linksperiphere Kopfposition im Verlauf des 16. Jahrhunderts erfolgte. So wird als in dieser Zeit mit subordinierenden Konjunktionen kombiniert: in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tritt als zusammen mit dass auf, s. o. Bsp. (346) und (657), hier wiederholt als (719) und (720). In hypothetischen Vergleichen kommt neu die Kombination als wenn auf; das im Mittelhochdeutschen vereinzelt als Verschachtelung von Äquativ und Konditionalsatz belegte als ob wird häufiger und ist im untersuchten Korpus erstmals im Früheuhochdeutschen belegt, s. o. (340) und (345), hier wiederholt als (721) und (722).448 (719)

Filweiniger soellet jr darab vrsach nemmen / an meinen worten zu zweifelen / als das jch solchs zu thun nit vermoechte. ‚Viel weniger sollt ihr darum an meinen Worten zweifeln, dass/als ob ich solches nicht tun könnte.‘ (JGrop 15v, 26 f.)

(720)

vnd sind by vilen from̄en gottsfoͤrchtigen lüten ye laͤnger ye verdaͤchtiger worden / als daß sy fürgebend wie diser od’ yener geist by jnen hilff vnnd trost gesůcht ‚… und sind bei vielen frommen, gottesfürchtigen Leuten je länger je mehr verdächtig geworden, dass sie vorgeben, dass dieser oder jener Geist bei ihnen Hilfe und Trost gesucht habe‘ (LLav 29r, 20–23)

(721)

da erkam der man als hart, daz er die varib verkerat, als ob er halber tod wër ‚Da erschrak der Mann so sehr, dass er sich ganz verfärbte, als ob er halb tot wäre.‘ (HKot 14, 7 f.)

448 Die Tatsache, dass bereits im Lauf des Mittelhochdeutschen neben (al)so/sam auch vereinzelt kombiniertes als/sam + ob aufgekommen ist, vgl. Kap. 3.3, spricht jedoch nicht gegen die Analyse von als in C0 im Mittelhochdeutschen, da es sich zu dieser Zeit noch um echte CPVerschachtelung gehandelt haben dürfte, also einen Äquativvergleich mit als in C0, in den ein Konditionalsatz (zweite CP) mit ob in C0 eingebettet ist.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

(722)

465

so bedunckt jn zun zyten er hoͤre etwas susen oder prastlen als wenn es windete ‚So schien ihm zeitweise, er höre etwas sausen oder prasseln, als wenn es stürmte.‘ (LLav 18v, 10–12)

Da dass, ob und wenn die C0-Position besetzen, muss als oberhalb dieser Position stehen. Ebenfalls für eine Position oberhalb von C0 und besonders eindeutig für eine Position oberhalb von SpecCP sprechen auch zu dieser Zeit belegte Relativsätze mit als und Relativpronomen oder sogar als und ein Relativum enthaltende Präpositionalphrase (sog. Pied Piping), in denen das Relativum bzw. die gesamte PP die SpecCP-Position besetzt, s. o. Bsp. (656), hier wiederholt als (723). (723)

Die speiß die jch euch geben werde (wolche wort hie Emphatica sein) als durch wólche der Herr nit ein gemein / aber ein sondere speiß […] zuverstehē geben wil / welche dan ist (wie da folgt) sein eigen Fleisch. ‚Die Speise, die ich euch geben werde (was hier Emphatica ist), durch welche der Herr nicht eine übliche, sondern eine besondere Speise zu verstehen geben will, welche (wie folgt) sein eigenes Fleisch ist.‘ (JGrop 8v, 8–11)

Die Sprachgeschichte liefert damit weitere wertvolle Argumente für die Analyse, gemäß der die heutige Vergleichspartikel als nicht in C0, sondern in einer höheren Kopfposition steht. Die historischen Daten zeigen, wie es aussieht, wenn als tatsächlich in C0 steht, und der Kontrast zur heutigen Wortstellung verdeutlicht, dass als heute nicht mehr in dieser Position ist. Die sprachhistorische Betrachtung ist also aufschlussreich im Hinblick auf synchrone syntaktische Analysen. Der im Frühneuhochdeutschen zu beobachtende syntaktische Wandel von als ist ein Fall von Reanalyse eines syntaktischen Kopfes zum nächsthöheren syntaktischen Kopf. Dies ist eine sehr häufige Form von syntaktischem Wandel, die auch im Zusammenhang mit anderen Sprachwandelphänomenen zu beobachten ist. Bei der Grammatikalisierung von Auxiliaren aus Vollverben gibt es diachron eine Aufwärtsbewegung von V0 zu I0, bei der Grammatikalisierung von subordinierenden Konjunktionen aus Präpositionen einen Positionswandel von P0 in die höhere Kopfposition C0, bei der Grammatikalisierung von Infinitivmarkern aus Präpositionen einen Wandel von VP-internem P0 zu I0 usw. (Roberts/Roussou (2003) nehmen sogar an, dass jegliche Grammatikali-

466

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

sierung mit diachroner Aufwärtsbewegung verbunden ist, was jedoch eine zu starke These darstellt.) Gemäß van Gelderen (2004) lässt sich syntaktischer Wandel auf wenige syntaktische Ökonomieprinzipien zurückführen. Diachrone Aufwärtsbewegung wie auch im Fall von als im Frühneuhochdeutschen ergibt sich aus dem von ihr als ‚Late Merge‘ bezeichneten Prinzip. Es fordert, dass syntaktische Elemente so spät wie möglich während des Strukturaufbaus in den Phrasenstrukturbaum eingefügt werden sollen.449 (724)

Late Merge (van Gelderen 2004: 28): Merge as late as possible. (‚Verkette so spät wie möglich.‘)

Der jeweilige syntaktische Kopf wird erst später in die Struktur eingefügt, als dies zu einem früheren Zeitpunkt in der Sprachgeschichte der Fall war. Er wandert damit im Strukturbaum diachron nach oben. Die dargestellte Änderung der Position der Vergleichspartikel als von C0 zu Conj0 stellt also einen weiteren Fall dieser auf dem ganz unabhängig davon für eine Reihe anderer Phänomene formulierten Prinzip ‚Late Merge‘ beruhenden diachronen syntaktischen Aufwärtsverschiebung eines Elements von einer Kopfposition in eine höhere Kopfposition dar und belegt damit zusätzlich dieses grundlegende Prinzip des syntaktischen Wandels, vgl. Jäger (2010a). Noch im heutigen Deutschen steht als in hypothetischen Vergleichen und Komparativvergleichen in der Kopfposition Conj0 oberhalb von C0. Demnach ist nach dem 16. Jahrhundert kein weiterer syntaktischer Positionswandel von als erfolgt, auch nicht im Zusammenhang mit der Distributionsverschiebung auf Komparativvergleiche, wo als seit dem 17. Jahrhundert das Hauptmuster bildet. (Hierbei ist aber ggf. ein Wandel hinsichtlich bestimmter syntaktisch relevanter lexikalischer Merkmale anzusetzen, d. h. Verlust von [+ sim] oder Hinzukommen von [+ compar] o. ä., s. auch Kap. 7.3.5 und 8.3.) Die syntaktischen Veränderungen im Lauf der historischen Entwicklung der Vergleichspartikel als(o) sind in (725) noch einmal zusammengefasst. Der Vergleichssatz ist jeweils eingekästelt und so deutlich vom Matrixsatz zu unterscheiden.

449 Nach van Gelderen ist das Prinzip ‚Late Merge‘ aus ‚Merge-over-Move‘ ableitbar, der Annahme im Rahmen der minimalistischen Syntax (Chomsky 1995), dass Verkettung ökonomischer ist als Bewegung. Daraus folgt aber nur, dass eine spätere Verkettung ökonomischer ist gegenüber einer Bewegung in diese höhere Position. Ich nehme an, dass ‚Late Merge‘ ein elementares Prinzip des Phrasenstrukturaufbaus ist.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

(725)

a.



467

(frühes Ahd.)

al

CP C0

VP

so

b.



(Spätahd./Mhd./frühes Frnhd.) CP C0

VP

als(o)

c.



(Frnhd. 2. Hälfte 16. Jh.) ConjP CP

Conj0 als

C0

VP

Drei wesentliche Entwicklungsstufen wurden unterschieden: Im Althochdeutschen war zunächst das Adverbial al ‚ganz‘ Teil des Matrixsatzes, während so ‚wie‘ als Äquativpartikel den Vergleich einleitete. Im Lauf des Althochdeutschen wurde al als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert und wanderte damit in den Vergleichssatz. Das univerbierte als(o) nahm die Position C0 ein. Im späten Frühneuhochdeutschen wurde es aus dieser Position in die höhere syntaktische Kopfposition Conj0 reanalysiert, in der es heute noch steht.

8.1.2 Die syntaktische Position von wie und ihr Wandel Auch für die Vergleichspartikel wie möchte ich argumentieren, dass diese im heutigen Deutschen in der Kopfposition Conj0 oberhalb von C0 steht, und diese Analyse mit diachronen und dialektalen Daten stützen. Die einfachste und zunächst vielleicht naheliegendste Annahme wäre, dass wie als Vergleichspartikel die gleiche syntaktische Position einnimmt wie als Interrogativadverb. Interrogativisches wie wird als Adverbial im Mittelfeld (VP) in die syntaktische Struktur eingefügt und in direkten und indirekten Fragen obligatorisch in die linke Satzperipherie, genauer ins Vorfeld (SpecCP) bewegt (w-Bewegung), es sei denn, ein anderes Interrogativum nimmt diese Position bereits ein (Mehrfach-w-Fragen, z. B. Ich möchte wissen, wer hier wie heißt).

468 (726)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Syntaktische Position von wie als Interrogativum: Ich möchte wissen, …

CP

AdvPi wie

C’ C0

VP ti du es machst

So könnte wie im Vergleich als in SpecCP befindliches modales Relativadverb aufgefasst werden, ähnlich wie auch andere Interrogativadverbien und -pronomen ebenfalls als Relativa verwendet werden, vgl. Duden-Grammatik (2016: 1052) für satzwertige Nicht-Grad-Äquative, wo wie teils als Relativadverb, teils aber auch als Relativkonjunktion (Relativpartikel) charakterisiert wird.450 In der Tat liegt in der Verwendung des ursprünglichen, phrasalen Interrogativums/Relativums wie in modalen freien Relativsätzen, wie in Kap. 2.2 beschrieben und wie im Folgenden näher ausgeführt wird, der diachrone Ursprung der Vergleichspartikel wie. Doch hinsichtlich der Möglichkeit von Ellipsen bzw. des Anschlusses bloßer Phrasen wie NPs, PPs etc. zeigt wie in Grad-Äquativen und selbst in Nicht-Grad-Äquativen im heutigen Deutschen ein deutlich anderes syntaktisches Verhalten als w-Elemente in Relativsätzen mit oder ohne matrixinternes Bezugselement (und damit auch anders als wio im Althochdeutschen, s. u.). Die Ungrammatikalität von in Vergleichskonstruktionen mit und ohne Bezugselement völlig grammatischen syntaktischen Mustern in Relativsätzen mit und ohne Bezugselement illustrieren die Beispiele in (727) bis (729). (727)

Relativsatz mit argumentalem Bezugselement bzw. freier ArgumentRelativsatz: a. Anna mag {den Menschen / den(jenigen)}, den Maria *(mag). b. Anna mag, wen Maria *(mag).

450 In Phrasenvergleichen werden die Vergleichspartikeln dagegen in der Duden-Grammatik (2016: 636 f., 854 f.) als ‚vergleichende Konjunktionen‘ klassifiziert, vgl. Fußn. 440. Die Analyse von wie als phrasalem w-Element vertritt Bücking (2015: 287) für wie in hypothetischen Vergleichen, wobei er allerdings wie nicht als Adverbphrase, sondern als Präpositionalphrase (!) in SpecCP ansieht.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

469

(728)

Relativsatz mit adverbialem Bezugselement bzw. freier adverbialer Relativsatz: a. Anna möchte {an dem Ort / da} leben, wo Maria *(lebt). b. Anna möchte leben, wo Maria *(lebt).

(729)

Äquativ mit und ohne adverbiales Bezugselement: a. Anna möchte {in der Art / so / so gut} leben, wie Maria (lebt). b. Anna möchte leben, wie Maria (lebt).

Ich möchte daher dafür argumentieren, dass die Vergleichspartikel wie im heutigen Deutschen nicht als reguläres Interrogativum/Relativum zu analysieren ist, sondern wie die Vergleichspartikel als in einer linksperipheren Kopfposition oberhalb von C0 steht und sich damit syntaktisch vom Modalund Grad-Interrogativadverb wie unterscheidet. Auch in anderen Sprachen ist die Vergleichspartikel (selbst in Nicht-Grad-Äquativen) nicht mit dem Modal-/ Grad-Interrogativadverb ‚wie‘ identisch, wie auch Eggs (2006) anführt, und damit nicht wie dieses als SpecCP-Element anzusehen. So findet sich in Nicht-Grad-Äquativen beispielsweise im Englischen as/like statt how und im Französischen comme statt comment. Neben der vergleichenden Verwendung von wie gibt es eine Reihe anderer Verwendungsweisen, die schon im historischen Deutschen nachweisbar sind (s. o. Kap. 7.3.3) und bis heute vorkommen, in denen wie ebenfalls kein phrasales Vorfeld-Element ist, wie als Interrogativum, sondern ein syntaktischer Kopf. Dies gilt für die aus dem Vergleich hervorgegangene koordinierende Verwendung, vgl. (730), die Verwendung als subordinierende Konjunktion in Komplementsätzen zu Wahrnehmungsverben, vgl. (731) und (umgangssprachlich) in temporalen Adverbialsätzen, vgl. (732). Aufschlussreich ist zudem wiederum ein Blick auf die dialektalen Daten, wo wie etwa im Bairischen in Relativsätzen ebenfalls klar als syntaktischer Kopf (Relativpartikel) statt als SpecCP-Element vorkommt, wie (733) belegt. (In den drei letztgenannten Fällen steht wie in C0.) (730)

Koordinierende Verwendung von wie: Und sie kamen alle: Alte wie Junge, Arme wie Reiche

(731)

Verwendung von wie als subordinierende Konjunktion ‚dass‘: Er hörte, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde.

(732)

Temporale Verwendung von wie: Wie sie sich nun dem Haus näherten, bemerkten sie, dass es ganz verfallen war.

470 (733)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Verwendung von wie als Relativsatzkomplementierer: so das ma do ned iba de norm khema san, de wia se aufgschdaid ham ‚so dass wir da nicht über die Norm gekommen sind, die sie aufgestellt haben‘ (Bairisch, nach Eroms 2005)

Nachdem gezeigt wurde, dass vergleichendes wie sich syntaktisch-distributionell von vollen Interrogativa/Relativa unterscheidet und wie auch sonst in syntaktischen Kopfpositionen vorkommt, ist noch einmal genauer zu klären, welche linksperiphere Kopfposition es als Vergleichspartikel einnimmt. Die Möglichkeiten und Beschränkungen der Kookkurrenz mit weiteren linksperipheren Elementen liefern hier teilweise widersprüchliche Evidenz. Wie kann etwa in hypothetischen Vergleichen in Kombination mit wenn auftreten, aber im Gegensatz zu als nicht mit ob oder Verberststellung kombiniert werden, vgl. (734). (734)

a. b. c.

Anna läuft so (schnell), wie wenn sie um ihr Leben liefe. *Anna läuft so (schnell), wie ob sie um ihr Leben liefe. *Anna läuft so (schnell), wie liefe sie um ihr Leben.

Die Tatsache, dass wie nicht mit ob oder finitem Verb in C0 (Verberststellung) kombiniert werden kann, könnte als Argument dafür angesehen werden, dass es selbst hier die C0-Position einnimmt (vgl. Jäger 2010a). Dagegen ist die Kombination mit dem ebenfalls in C0 stehenden wenn möglich. Dies lässt sich entweder mit der Annahme erklären, dass es sich bei wie wenn um elliptische CP-Verschachtelung handelt (vgl. Jäger 2010a) oder dass wie oberhalb von C0 steht. Diachron dürfte wie wenn (ebenso wie als ob) in der Tat aus der Verschachtelung eines Äquativvergleichs und eines Konditionals entstanden sein. Synchron spricht gegen die Analyse als elliptische Satzverschachtelung laut Bücking (2015: 268), „dass Matrixkonstellation und rekonstruierte Vergleichsgröße keineswegs zwingend identisch sind“, z. B.: Hanno hustet, wie wenn ein Hofhund bellt. ≠ ‚Hanno hustet, wie er hustet, wenn ein Hofhund bellt.‘, sondern ‚Hanno hustet. Der Husten klingt, wie es klingt, wenn ein Hofhund bellt.‘; vgl. auch Pasch et al. (2003: 356 ff., 619). Dennoch setzt Bücking (2015: 299) eine CPVerschachtelungsstruktur an, allerdings ohne Ellipse, vgl. (735). Von den beiden CPs enthält die obere wie in SpecCP mit leerem C-Kopf und eine bis auf die wieSpur und die eingebettete zweite CP leere VP. Es müsste hier also ein grundsätzlich leerer V-Kopf angesetzt werden, der durch wie einerseits und den wenn-Satz andererseits modifiziert wird – eine Problematik, auf die Bücking nicht weiter eingeht. Die obere CP besteht also praktisch nur aus zwei Modifizierern (Adverbialen): wie und dem wenn-Satz und ist sonst leer. Die zweite CP enthält wenn als C0 sowie den Restsatz (dagegen ibd. 290: als wenn/ob nur eine CP).

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

(735)

471

Syntaktische Struktur von hypothetischen Vergleichen mit wie wenn (nach Bücking 2015: 299) CP PPi wie

C‘ C

VP CP

ti

C‘ C wenn

VP sie betrunken wäre

Folgt man der Argumentation, dass im Fall von wie wenn synchron keine elliptische Verschachtelung vorliegt, so bestünde eine strukturell wesentlich überzeugendere Alternative wie angedeutet darin, anzunehmen, dass vergleichendes wie wie die Vergleichspartikel als oberhalb der C0-Position steht. Da sich Vergleichskonstruktionen mit wie, wie oben gezeigt, syntaktisch deutlich von w-Konstruktionen, etwa freien Relativsätzen unterscheiden, ist (entgegen Bücking 2015) anzunehmen, dass wie nicht wie Interrogativa/Relativa in SpecCP steht, sondern in einer höheren Kopfposition, die auch vergleichendes als besetzt und die hier neutral als Conj0 bezeichnet wird. Das Vorkommen von als wie kann dabei nicht als Gegenevidenz dafür gelten, dass die Vergleichspartikeln als und wie die gleiche syntaktische Position besetzen: es konnte gezeigt werden, dass der Vergleichsanschluss als wie nicht durch Kombination beider Vergleichspartikeln zustande gekommen ist, sondern vielmehr das als in als wie das zu einem Teil des Vergleichsanschlusses reanalysierte ursprünglich matrixinterne Äquativkorrelat darstellt, s. o. Kap. 5.2. Als wie besetzt damit seinerseits als komplexe, d. h. zusammengesetzte und im Verlauf der Grammatikalisierung (ungeachtet der überwiegenden Getrenntschreibung) univerbierte Vergleichspartikel gesamthaft die C0-Position (ähnlich wie zuvor al-so > als zu einer Vergleichspartikel univerbiert worden war).451 Dafür, dass vergleichendes wie sich anders verhält als dasjenige wie, das tatsächlich in der C0-Position steht, beispielsweise wie als subordinierende Kon451 Im Unterschied zu der Analyse in Jäger (2010a), gemäß der wie die C0-Position besetzt. Diese Analyse beruhte v. a. auf der in der Literatur zu findenden, inzwischen aber hier anhand erweiterter Korpusanalyse widerlegten Annahme, als wie sei als kombiniertes Vorkommen der Vergleichspartikeln als und wie aufzufassen.

472

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

junktion bei Wahrnehmungsverben im Sinn von ‚dass‘, und damit in einer höheren Position stehen muss, spricht die Tatsache, dass mit vergleichendem wie angeschlossene Strukturen sich von mit subordinierendem wie eingeleiteten in ähnlicher Weise wie von w-Konstruktionen durch die Möglichkeit des Anschlusses bloßer Phrasen wie NPs bzw. die Möglichkeiten der Ellipsenbildung unterscheiden, vgl. (736) vs. (737): Trotz der Übereinstimmung (PF-Identität) von Adverbial und Prädikat ist bei wie in C0 im Sinn von ‚dass‘ keine Tilgung bzw. Anschluss einer bloßen NP, PP o. ä. wie bei Vergleichen möglich. Es muss eine vollständige CP vorhanden sein, damit auch die nötige Position C0 existiert. Eine bloße Phrase wie eine NP etc. kann nicht mit einer subordinierenden Konjunktion verbunden werden. (736)

Äquativ mit Vergleichspartikel wie: Anna stieg die Treppe (so schnell) hinauf, wie Maria (die Treppe hinaufstieg).

(737)

Komplementsatz mit subordinierender Konjunktion wie ‚dass‘: Als Anna die Treppe hinaufstieg, hörte sie, {dass/wie} Maria *(die Treppe hinaufstieg).

Ich nehme daher für mit wie eingeleitete Vergleichsstandards die in (738) angegebene Struktur an. Die obere Zeile illustriert einen Grad-Äquativ und einen Nicht-Grad-Äquativ, die untere Zeile einen hypothetischen Vergleich mit wie wenn. (In Grad-Äquativen besetzt ähnlich wie in Komparativvergleichen ein leerer, mit einer DegP innerhalb der VP koindizierter Gradoperator die Position SpecCP, s. o. Ausführungen zu (701).) (738)

Syntaktische Position von wie als Vergleichspartikel: Anna läuft so (schnell) … Anna läuft, … ConjP Conj0 wie

CP (Opi )

C’ C0

VP



Maria (ti) läuft

wenn

sie um ihr Leben läuft

Wie lässt sich aber vor dem Hintergrund, dass die Vergleichspartikel wie nicht die C0-Position, sondern eine höhere Kopfposition besetzt, die Ungrammatika-

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

473

lität von wie ob und wie mit Verberstsatz verstehen? Das Nichtvorkommen von wie ob dürfte eher aus historischen als aus synchronen syntaktisch-strukturellen Gründen zu erklären sein (vgl. auch Oppenrieder 1991: 360): Bei hypothetischen Vergleichen handelt es sich wie dargestellt um die Kombination eines Äquativs und eines Konditionals. Bevor wie jedoch als als übliche Äquativpartikel ablöste, was, wie in Kap. 4.2 und 5.2 gezeigt, zum 16. Jahrhundert in NichtGrad-Äquativen und erst zum 19. Jahrhundert in Grad-Äquativen erfolgte, war ob bereits als Konditionalkonjunktion von wenn abgelöst worden. Entsprechend wurde die neue Äquativpartikel wie nicht mehr mit ob kombiniert, um hypothetische Vergleiche zu bilden, sondern mit wenn. Für die Unmöglichkeit eines hypothetischen Vergleichs mit Verberstsatz nach wie mag dagegen die für den Parser störende Interferenz mit regulären w-Fragen eine Rolle spielen (Gardenpath-Effekt in der Sprachverarbeitung), d. h. die Konstruktion könnte als normale Frage missverstanden werden, vgl. Jäger (2010a). In diesem Zusammenhang sind wiederum die dialektalen Daten aufschlussreich, vgl. Kap. 6.3, da dialektal durchaus hypothetische Vergleiche mit wie und Verberstsatz belegt sind, die C0-Position also für Verbbewegung in diesen Konstruktionen tatsächlich grundsätzlich zur Verfügung steht, vgl. (739) und die Strukturanalyse in (741). Die dialektalen Daten liefern zudem weitere Argumente für die Position der Vergleichspartikel wie oberhalb von C0, vgl. Kap. 6.2, da wie, wie auch die Vergleichspartikeln als und als wie, in Kombination mit einer subordinierenden Konjunktion wie dass vorkommt, also einem die C0-Position besetzenden Element (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled Comp), vgl. (740). Die entsprechende syntaktische Struktur ist in (741) als zweite Zeile eingetragen. (739)

Hypothetischer Vergleich mit wie + V1: De Vader dirmeld (so) wie häd er gesuf ‚Der Vater taumelt (so), als ob er gesoffen hätte.‘ (Saarbrücker Mundart, Steitz 1981: 331)

(740)

Äquativ mit gestütztem Vergleichsanschluss (Doubly Filled Comp): Grad-Äquativ: a. D’Sabine laaft so schnej wie dass d’Anna raalfod. ‚Sabine läuft so schnell, wie Anna Rad fährt.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.) Nicht-Grad-Äquativ (zusätzlich mit Komplementiererflexion): b. D’Sabine mochts asoo wie dassd ’as du imma gmocht hosd. ‚Sabine machts so, wie du es immer gemacht hast.‘ (Bairisch, Helmut Weiß, p.c.)

474 (741)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

De Vader dirmeld (so), … D’Sabine laaft so schnej, …

ConjP Conj0 wie

CP (Opi )

C’ C0

VP

häd

er gesuf

dass

d’Anna ti raalfod

Betrachten wir nun die Entwicklung der Vergleichspartikel wie und damit verbundene syntaktische Veränderungen. Die heutige Vergleichspartikel wie geht, wie oben in Kap. 2.2 dargestellt, auf das althochdeutsche wio zurück, das zunächst ausschließlich als Interrogativadverb belegt ist. Während die Vergleichspartikel wie wie dargestellt im heutigen Deutschen die Position Conj0 oberhalb der Vergleichsstandard-CP besetzt, kann als ursprüngliche Position der Vorgängerform wio in der Tat die auch beim heutigen Interrogativadverb wie noch vorliegende Basisposition im Mittelfeld mit obligatorischer Bewegung ins Vorfeld, d. h. nach SpecCP, angesetzt werden. Im Lauf des Althochdeutschen tritt wio dann auch vereinzelt als modales Relativum in freien Relativsätzen auf. In den untersuchten althochdeutschen Korpustexten, dem Isidor und dem Tatian, gibt es hierfür noch keine Belege. Erste Fälle finden sich bei Otfrid vgl. (742), s. auch Kap. 2.2. In freien Relativsätzen wird wio im Althochdeutschen wie andere w-Elemente auch von korrelativem, formal einem Äquativvergleich entsprechenden so … so eingeschlossen (z. B. so wer so, so waz so) und tritt dann als so wio so auf. Zum Mittelhochdeutschen hin ist das erste so zu wortinitialem s- gekürzt oder ganz geschwunden, während das zweite so wegfällt, genau wie bei den entsprechenden Formen auf Basis anderer w-Elemente (swie, vgl. swer, swaz usw.), wobei die Kontraktion des ersten so mit dem w-Element und der Wegfall des zweiten so zu einem gewissen Grad unabhängig voneinander sind, vgl. Weiß (2016: 508). Die Grammatikalisierung von wie zur Vergleichspartikel geht von dieser Verwendung von wio bzw. so wio so ‚wie (auch immer)‘ in modalen freien Relativsätzen aus.452

452 Wie in Kap. 2.2 im Zusammenhang mit (109) und (110) diskutiert, ist im Englischen in entsprechenden Kontexten die Äquativpartikel as und das in Irrelevanzkonditionalen übliche however möglich, dem so wio so distributionell entspricht, jedoch nicht das reguläre Modal-/ Grad-Interrogativum how, genau wie im klassischen Althochdeutschen hier bloßes wio ungrammatisch gewesen sein dürfte.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

(742)

475

er bi unsih tod thulti · so wio so er selbo wolti ‚Er erlitt bei uns den Tod, wie er selbst wollte‘ (O V, 1, 7)

Welche syntaktische Position ist nun für so wio so ursprünglich anzunehmen? Das erste so ist als Korrelat zum modalen Relativsatz zu fassen und ist somit Bestandteil des Matrixsatzes, wohingegen das zweite so, wie es auch in anderen Relativsätzen im Althochdeutschen belegt ist, eine Relativpartikel (Relativsatzkomplementierer) darstellt, also die linke Satzklammer oder C0-Position des modalen Relativsatzes einnimmt. Strittig ist dagegen, wie oben in Kap. 2.2 ausführlich diskutiert, ob das w-Adverb wio, wie Erdmann (1874–1876, I) und Schrodt (2004: 170) annehmen,453 zunächst Teil des Matrixsatzes war oder aber, wie Harm (2001: 256 f.) argumentiert, Teil der Einleitung des Vergleichsbzw. Relativsatzes war. Die beiden in Frage kommenden Ausgangsstrukturen von so wio so im Voralthochdeutschen bzw. frühen Althochdeutschen sind in (743 a/b) wiedergegeben.454 (743)

a. b.

[CP … so wio [CP [C 0 so …]] [CP … so [CP wio [C 0 so] …]]

Vorahd./frühes Ahd.

Im ersten Fall wäre wio ein modales Indefinitadverb (‚irgendwie‘). Dagegen spricht, dass es nie in anderen Kontexten als Indefinitum belegt ist. In letzterem Fall wäre wio dagegen ein Relativum (w-Element) in der SpecCP-Position, wo es auch als Interrogativadverb seit dem frühen Althochdeutschen belegt ist, so dass diese Analyse überzeugender ist. Darüber hinaus spricht der Kasus paralleler freier Relativsätze mit so wer so gegen (743 a) und für (743 b): Der Kasus des w-Elements wird vom Prädikat des Relativsatzes regiert, vgl. Kap. 2.2, Bsp. (113). Bereits im Althochdeutschen wäre damit ein erster syntaktischer Wandel eingetreten: so wio so ist zusammen zur Nebensatzeinleitung reanalysiert worden. Es hätte also ähnlich wie bei al so (s. o.) die Reanalyse eines im Matrixsatz stehenden Elementes, hier so, zum Teil der Nebensatzein-

453 Schrodt (2004: 170–172) setzt damit so wer/wio so parallel zu Konstruktionen mit so Adjektiv so, z. B. so sliumo so, so lango so, so wâr so etc., die eindeutig auf Grad-Äquativen beruhen und für die anzunehmen ist, dass das auf das erste so folgende Lexem ursprünglich Teil des Matrixsatzes war und dann zusammen mit dem vorausgehenden so zum Teil der Nebensatzeinleitung reanalysiert wurde, was auch bei so sama so und so selb so gilt: „Durch Endstellung der Vergleichsphrase (… so x, so …) und Reanalyse als Konnektor (…, so x so …) entstehen grammatikalisierte Vergleichsbeziehungen, in der Folge durch Abschwächung der vergleichenden und Stärkung der inhaltlichen Funktion neue Adverbialsatzklassen.“ (Schrodt 2004: 170). 454 Zu der von Weiß (2016) vorgeschlagenen Strukturalternative, s. Kap. 2.2, Fußn. 102.

476

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

leitung stattgefunden. In Beispiel (742) ist der Reanalyseschritt zur Nebensatzeinleitung schon vollzogen, wie die Zäsur nahelegt, die vor so wio so liegt (Reim: thulti − wolti). Das heißt, zur Zeit Otfrids, also Ende des 9. Jahrhunderts und damit im klassischen Althochdeutschen war dieser syntaktische Wandel schon abgeschlossen. Es sind also keine Vorläuferformen mit so (oder so wio) im Matrixsatz belegt. Insofern ist alternativ auch denkbar, dass so wio so als Einleitung freier modaler Relativsätze nicht durch Reanalyse entstanden ist, sondern lediglich in Analogie zu seinerseits durch Reanalyse zur komplexen Nebensatzeinleitung gewordenem so wer so und so waz so gebildet wurde und von Anfang an als Komplex Teil des Relativsatzes war. Strukturell lässt sich die bei Otfrid in (742) vorliegende Konstruktion so fassen, dass so und wio gemeinsam im Vorfeld des eingebetteten Satzes stehen und das zweite so als Komplementierer die C0-Position besetzt wie in (744).455 Wie in seiner Verwendung als Interrogativum steht wio im Vorfeld (SpecCP) des entsprechenden Satzes. (744)

> [ … [CP so wio [C 0 so] …]]

Klassisches Ahd. (Ende 9. Jh.)

Auch bloßes wio ist im Spätalthochdeutschen bereits in Nicht-Grad-Äquativen äquivalenten weiterführenden Sätzen belegt, vgl. (745). Auch dieses wio ist als Vorfeldelement (SpecCP) zu analysieren. Es steht stets in einem vollständigen Satz. (745)

Iâ uuóltôn îuuere fórderen . álso dû uuâno îh kehúgest . uuîo dû lâse . úmbe dîa úbermûoti dero consulum . tîligôn iro ámbácht ‚Es wollten eure Vorderen, wie du, glaube ich, dich erinnerst, wie du lasest, wegen des Hochmuts der Konsuln ihr Amt abschaffen‘ (N Boeth. 89, 9–11)

Ein entscheidender weiterer Entwicklungsschritt ist der syntaktische Wandel vom Spezifizierer zum Kopf der CP und damit von einem das Vorfeld besetzenden w-Element (Interrogativum/Relativum) zur subordinierenden Konjunktion. Den Wandel der Vergleichspartikel wie von SpecCP zu C0 zu datieren, ist insofern eine Herausforderung, als die lineare Wortabfolge sich nicht ändert, wenn das Element in C0 statt in SpecCP steht. Auch die Verbstellung eignet sich hier nicht als Diagnostikum: Das finite Verb steht jeweils in Endstellung, ob wie

455 Hier liegt insbesondere offensichtlich keine Linksversetzungskonstruktion vor, die Weiß (2016) für so-w…-so-Konstruktionen grundsätzlich ansetzt.

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

477

innerhalb des eingebetteten Satzes im Vorfeld (SpecCP) oder der linken Satzklammer (C0) steht. Einige Argumente sprechen jedoch dafür, dass dieser Wandel im Mittelhochdeutschen erfolgte.456 Zum einen wurde (s)wie im Mittelhochdeutschen auch in anderen Funktionen als C0-Element verwendet, nämlich als konzessive (‚obwohl‘) und temporale (‚als‘) Konjunktion (vgl. DWB 29: 1450–1452, Paul 2007: 417, 419) und trat damit nicht durchgängig als SpecCP-Element auf, vgl. (746), s. dazu auch oben Kap. 7.3.3. Als weitere Evidenz für den Wandel von der SpecCP- zur C0-Position kann die Tatsache gelten, dass von den beiden im Althochdeutschen die Vorgängerform wio korrelativ umschließenden so das zweite, nach der hier vorgeschlagenen Analyse als Relativpartikel in C0 stehende so, zum Mittelhochdeutschen hin letztlich weggefallen ist, während das erste phonologisch reduziert in swie erhalten ist.457 Für das in C0 stehende so war keine Position mehr da, nachdem swie selbst in diese Position hinein reanalysiert worden war.458 Ein zusätzliches Argument liefern im Mittelhochdeutschen auftretende hypothetische Vergleiche mit wie und Verbendstellung, wie in (747), vgl. Behaghel (1923–32, III: 282), DWB (29: 1448–1492), Dückert (1961: 220), s. auch oben Kap. 3.3. Man kann annehmen, dass das in C0 stehende wie die Verbbewegung nach C0 verhindert und das finite Verb deshalb in der Endposition verbleibt. (746)

(s)wie als Konzessivkonjunktion (‚wie auch immer/obwohl‘): Swie hohe diu sist indiner maginchrefte. so gehuge unser armir ‚Wie hoch du auch seist in deiner Macht, so gedenke uns Armen‘ (TrH 109r, 5 f.)

(747)

Hypothetischer Vergleich mit wie + Ve: darumbe ist in, wie sie ûz einem touwe in einen fiurigen berc aller erste fliehen müesten

456 Im Unterschied zu Jäger (2010a), wo der Wandel von SpecCP zu C0 bei wie erst fürs Frühneuhochdeutsche angesetzt wird. 457 Optional konnte bereits im Althochdeutschen die Relativpartikel (das zweite so) wegfallen, wie auch sonst Relativsätze mit und ohne Relativkomplementierer belegt sind. Zudem scheint die Kontraktion des ersten so und des w-Elements den Verlust des zweiten so nicht vorauszusetzen, da teilweise auch kontrahierte Formen mit folgendem so auftreten, vgl. Weiß (2016: 508). Zunächst erfolgte somit wohl als Zwischenschritt die Kontraktion zu swie in SpecCP (mit optional folgendem so in C0) und anschließend die Reanalyse von swie zum C0Element. 458 Ähnliches ist bei (so) sama so > samaso > sam(e) zu beobachten. Auch hier fällt das C0 besetzende, auf sama folgende so zum Mittelhochdeutschen hin weg, so dass anzunehmen ist, dass auch die mittelhochdeutsche Vergleichspartikel sam(e) die C0-Position besetzt.

478

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

‚Darum ist ihnen, als ob sie allererst aus einem Tau in einen feurigen Berg fliehen müssten‘ (Berth II, 23, 20) Durch den diachronen syntaktischen Positionswandel von SpecCP zu C0 unterscheidet sich die Vergleichspartikel wie nun strukturell von wie als Interrogativ/w-Adverb, das wie andere Interrogativa/Relativa die Vorfeldposition SpecCP einnimmt. (748)

[CP … [CP so wio [C 0 (so) ] > [CP … [CP [C 0 (s)wie] …]]

Mhd.

Die hier für wie beobachtete Reanalyse von SpecCP zu C0 ist wiederum ein Fall eines sehr häufig belegten syntaktischen Wandels, nämlich des Wandels vom Spezifizierer einer Phrase zu deren Kopf. Dieser findet sich u. a. ebenfalls als Wandel von SpecCP zu C0 beim englischen Relativum that, dem französischen Relativum que etc. als Teil des Relativzyklus, s. o. Kap. 7.3.1, der deutschen Konjunktion dass, vgl. Axel-Tober (2012), sowie als Wandel von SpecNegP zu Neg0 bei der englischen Negationspartikel not und der Negationspartikel pas im Haitianischen Kreolfranzösisch (vgl. Jäger 2008). Nach van Gelderen (2004) lässt sich dieser Typus von syntaktischem Wandel ebenfalls auf ein grundlegendes syntaktisches Ökonomieprinzip zurückführen, das ‚Head Preference Principle‘, vgl. (749). (749)

Head Preference Principle / Spec to Head (van Gelderen 2004: 18): Be a head, rather than a phrase. (‚Sei ein Kopf und keine Phrase.‘)

Es ist also grundsätzlich syntaktisch ökonomischer, wenn ein Element ein bloßer Kopf ist und keine ganze Phrase mit entsprechend mehr syntaktischer Struktur. Dies führt dazu, dass diachron Phrasen zu Köpfen reduziert werden und nicht umgekehrt aus Köpfen Phrasen werden. Der Wandel von der im Spezifizierer einer beliebigen XP stehenden Phrase zu deren Kopf X0 liegt dabei besonders nahe, da Spezifizierer und Kopf einer Phrase oft in wichtigen grammatischen Merkmalen übereinstimmen (sog. Spezifizierer-Kopf-Kongruenz/ Spec-Head-Agreement, vgl. Chomsky 1995). Einen weiteren Wandel in seiner syntaktischen Position erfährt wie im Frühneuhochdeutschen, also in der Epoche, während der ein nennenswerter Gebrauch von wie als Vergleichspartikel aufkommt. In dieser Zeit wird es vom C0- zum Conj0-Element reanalysiert und steht dann in der Position, die es bis heute besetzt. Ein geeignetes Kriterium für diesen Wandel lässt sich indirekt aus dem syntaktischen Status der mit wie eingeleiteten Vergleichsstandards

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

479

gewinnen. Wie oben in Kap. 2.2 beschrieben, ist wio im Althochdeutschen auf volle Satzkontexte beschränkt. Und auch im Mittelhochdeutschen und frühen Frühneuhochdeutschen wird wie zunächst in vergleichender Funktion nur in Nicht-Grad-Äquativen mit satzwertigem Vergleichsstandard verwendet, vgl. Kap. 3.2 und 4.2, noch nicht in Phrasenvergleichen, d. h. etwa bei bloßer NP oder bloßer PP als Vergleichsstandard. Der empirische Befund der stufenweisen diachronen Entwicklung der Vergleichspartikel wie von Satzvergleichen zu Phrasenvergleichen stützt die These, dass ein echter struktureller Unterschied zwischen Satzvergleichen und Phrasenvergleichen besteht (‚direkte Analyse‘), wie in der neueren Forschungsliteratur vermehrt angenommen wird, und Phrasenvergleiche also nicht grundsätzlich immer Satzvergleiche darstellen, die lediglich elliptisch gekürzt sind (dazu ausführlicher s. u. Kap. 8.2). Auf der Grundlage der Annahme eines solchen Strukturunterschieds lässt sich erklären, wieso wio bzw. wie im Alt- und Mittelhochdeutschen und bis ins frühe Frühneuhochdeutsche nur in vollständigen Sätzen vorkommen konnte: Nur in einem Satz gibt es eine C-Projektion und damit die nötige Position SpecCP bzw. C0, die wio/wie in diesen Sprachstufen einnahm. Erst seit wie durch den letzten Reanalyseschritt zum höheren syntaktischen Kopf (Conj0) geworden ist, kann es auch bloße NPs, PPs etc. anschließen, d. h. Phrasenvergleiche einleiten. Diese Reanalyse muss also zu dem Zeitpunkt stattgefunden haben, als wie neu auch in Phrasenvergleichen aufkam. Erst damit ist syntaktisch-strukturell die Grammatikalisierung des Interrogativums zur Vergleichspartikel abgeschlossen. Anhand des syntaktischen Status der Vergleichsstandards, die wie anschließt, lässt sich der angenommene Wandel somit datieren: Im untersuchten Korpus sind im 16. Jahrhundert erstmals mit wie eingeleitete Phrasenvergleiche belegt, vgl. (750) (s. auch Kap. 4.2), so dass hier die Reanalyse des wie von C0 zu Conj0 bereits erfolgt sein muss. Die Vergleichspartikel wie wird jedoch noch längere Zeit ganz überwiegend in Satzvergleichen verwendet, s. o. Kap. 4.2, Tabelle (327). (750)

Äquativ (Grad-Äquativ) mit wie, Phrasenvergleich: NP: Darumb sie auch also schmehlich vnd Gotteslesterlich / [wie die Mahometisten] vom Abendmal des HERRN […] gedencken vnd reden. ‚weshalb sie auch so schmählich und gotteslästerlich wie die Mohamedaner vom Abendmahl des Herrn […] denken und reden‘ (JMath 51v, 16–20)

Dafür, dass der syntaktische Wandel der Vergleichspartikel wie von C0 zur höheren Kopfposition Conj0 ins 16. Jahrhundert zu datieren ist, spricht weiterhin die Tatsache, dass Gapping in mit wie angeschlossenen Vergleichen im Korpus

480

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

ebenfalls erstmals im 16. Jahrhundert belegt ist, vgl. (751). Gapping, also Tilgung des finiten Verbs bei Erhaltung mehrerer unabhängiger Satzglieder, ist in mit w-Element oder mit subordinierender Konjunktion eingeleiteten Sätzen im Gegensatz zu Konstruktionen mit Vergleichspartikel wie nicht möglich, vgl. (752 a) vs. (752 b/c). Das erstmalige Auftreten von Gapping kann damit als zusätzliche Evidenz dafür gewertet werden, dass wie im 16. Jahrhundert keine Position innerhalb der C-Projektion (SpecCP oder C0) mehr besetzt, sondern bereits wie heute die höhere Kopfposition Conj0. (751)

ein Erden / die sie Iusabor nennent / welche jre Weiber offt vnd dick essen / wie [bey vns] [etwa] [die schwangere] [Kolen vnd andere ding]. ‚eine Erde, die sie Iusabor nennen, welche ihre Frauen oft und regelmäßig essen, wie bei uns die Schwangeren Kohle und andere Dinge.‘ (LRauw 32, 22–24)]

(752)

a.

Maria hat die Büchse so (schnell) aufgemacht, wie [Anna] [die Schachtel].

b.

*Ich weiß, wie Maria die Büchse aufgekriegt hat, aber ich frage mich, wie [Anna] [die Schachtel].

c.

*Als Maria die Büchse aufmachte, hörte sie, wie [Anna] [die Schachtel].

Bemerkenswert ist zudem, dass ebenfalls im 16. Jahrhundert im Korpus auch die koordinierende Verwendungsweise von wie aufkommt, vgl. (753), s. auch DWB (29: 1450–1452). Auch dies kann als Indiz für einen Wandel von wie in eine höhere, möglicherweise koordinationsartige Position zu dieser Zeit angesehen werden (s. auch unten Kap. 8.3 zur externen Syntax des Vergleichsanschlusses, d. h. der Anbindung an den Restsatz, die teils subordinationsartige, teils koordinationsartige Züge aufweist). (753)

Wer durch seine vernunfft Recht fand vnnd Recht thet dem Armen wie dem Reichen ‚Wer durch seine Vernunft Recht fand und Recht tat dem Armen wie dem Reichen‘ (JBang 9r, 22 f.)

Schließlich sind im historischen Deutschen auch Argumentsätze belegt, die mit einer Kombination von wie mit der subordinierenden Konjunktion dass eingeleitet werden, vgl. Bsp. (754). Auch diese Konstruktionen, die im Korpus ab

8.1 Die syntaktische Position der Vergleichspartikeln

481

dem 15. Jahrhundert nachweisbar sind, unterstützen die Annahme, dass wie im Lauf des Frühneuhochdeutschen in eine Position oberhalb der C0-Position hinein reanalysiert wurde, da C0 hier durch dass besetzt ist. (754)

Da schuef man vns zwen Vngrisch herren zue, die mit mir nach den Junkchfraun solten reiten. Wir fuern nue dahin. Do kamen dem purkgrafen die mër, wie daz ich këm nach den Junkchfrawn. ‚Da gab man uns zwei ungarische Herren, die mit mir zu den Jungfrauen reiten sollten. Wir waren nun unterwegs dorthin. Da erreichte den Burggrafen die Nachricht, dass ich zu den Jungfrauen käme.‘ (HKot 14, 40 − 15, 1)

Die angenommenen Stufen des syntaktischen Wandels von wio/wie auf dem Weg vom Interrogativum/Relativum zur Vergleichspartikel sind in (755 a–d) zusammengefasst, wobei wiederum der Vergleichsstandard eingekästelt und somit deutlich vom Restsatz unterscheidbar ist. (755)

a.



Vor-Ahd./frühes Ahd.

so

CP SpecCP

C’ C0 so

wio

b.

VP



Klass. Ahd. (Ende 9. Jh.) CP SpecCP C0 so

so wio

c.

C’ VP



Mhd. CP SpecCP [Op]

C’ C0 swie

VP

482

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

d.



Frnhd./Nhd. ConjP CP

Conj0 wie

SpecCP [Op]

C’ C0

VP

8.2 Phrasenvergleich und Satzvergleich Eine weitere zentrale Forschungsfrage hinsichtlich der internen Syntax des Vergleichsstandards betrifft seinen syntaktischen Status. Betrachtet man die syntaktische Oberfläche, gibt es, wie bereits in Kap. 1.2 erwähnt wurde und etliche historische und dialektale Belege der Untersuchung zeigen, sowohl in Komparativvergleichen als auch in Äquativvergleichen die Möglichkeit, dass der von der Vergleichspartikel eingeleitete Vergleichsstandard aus einem Satz oder aus einer bloßen Phrase, zumeist einer NP oder PP, seltener auch AdvP oder AP etc. besteht, wie in (756) bis (760) für Komparativvergleiche illustriert.459 In ersterem Fall kann man deskriptiv von einem Satzvergleich, in letzteren von einem Phrasenvergleich sprechen.460 Phrasenvergleiche sind deutlich frequenter als Satzvergleiche:461 Wie erwähnt enthält Hahnemanns (1999: 55) neuhochdeutsches Zeitungskorpus462 nur reichlich sechs Prozent satzförmige Vergleichsstandards, Friedlis (2012: 50) schweizerdeutsches Dialektkorpus 14 Prozent satzförmige Vergleichsstandards. Um 90 Prozent aller Vergleiche sind also zumindest deskriptiv als Phrasenvergleiche zu charakterisieren, wobei NPs und PPs die häufigsten mit einer Vergleichspartikel angeschlossenen Phrasenarten darstellen, vgl. Friedli (2012: 55), s. auch Kap. 1.2, Fußn. 6.

459 Auch Äquative (Grad-Äquative und Nicht-Grad-Äquative) kommen als Satz- und Phrasenvergleiche vor, s. Kap. 1.2, Beispiele (7), (12) etc. Hypothetische Vergleiche sind dagegen stets satzförmig, da offensichtlich der hier mit dem Vergleich verbundene Konditionalsatz (VerberstKonditional, wenn-Satz, ob-Satz) keine entsprechende Tilgung bzw. Realisiation als bloße Phrase zulässt. 460 Zu vergleichbaren und engeren Verwendungsweisen des Begriffs Phrasenvergleich s. auch Kap. 1.2, Fußn. 7. 461 Vgl. auch Hohaus et al. (2014: 238). 462 Vgl. Hahnemann (1999: 11): sämtliche Ausgaben der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 1994.

8.2 Phrasenvergleich und Satzvergleich

(756)

Maria läuft schneller als [CP Anna läuft].

(757)

Maria läuft schneller als [NP Anna].

(758)

In Köln regnet es öfter als [PP in Halle].

(759)

Heute ist besseres Wetter als [AdvP gestern].

(760)

Die Tür ist breiter als [AP hoch].

483

Hinsichtlich der syntaktischen Analyse von Phrasenvergleichen gibt es in der Forschung, wie in Kap. 1.2 erwähnt, zwei grundsätzliche Positionen. Gemäß der ersten Position, die man als Ellipsen-Analyse bezeichnen kann (engl. ‚Reduction Analysis‘ Osborne 2009, Lechner 2015), handelt es sich bei Phrasenvergleichen stets um elliptisch verkürzte Satzvergleiche. Diese Auffassung vertreten beispielsweise Bresnan (1973), Chomsky (1973, 1977), Mittwoch (1974), Partee (1977), Bierwisch (1987), Lechner (2004), Bhatt/Takahashi (2011), Hohaus et al. (2014). Die alternative Position besteht in der sogenannten ‚direkten‘ Analyse von Phrasenvergleichen (engl. ‚Direct Analysis‘ Osborne 2009), d. h. der Annahme, dass Phrasenvergleiche nicht auf einem elliptischen Satzvergleich beruhen, sondern tatsächlich nur aus der Vergleichspartikel und einer bloßen NP etc. bestehen. Die ‚direkte‘ Analyse wird u. a. von Hankamer (1973), Napoli (1983), Hoeksema (1983), Zimmermann (1987), Kennedy (1999), Thurmair (2001), Pancheva (2006) und Osborne (2009) vertreten, wobei die genaue syntaktische Analyse durchaus variiert, zumeist aber die Vergleichspartikel als Präposition angesehen wird, die eine NP oder ggf. auch einen SmallClause einbettet. Die direkte Analyse genauso wie die Ellipsen-Analyse wären aber natürlich auch mit der in Kap. 8.1 gemachten Annahme verträglich, dass die Vergleichspartikeln in einer funktionalen Position Conj0 oberhalb des Vergleichsstandards stehen. Der Unterschied zwischen Ellipsen-Analyse und direkter Analyse betrifft dann lediglich die Frage, ob das Komplement von Conj0 stets eine (ggf. elliptisch verkürzte) CP ist oder auch eine bloße Phrase (NP, PP etc.) sein kann. Auch in der Duden-Grammatik (2016: 636 f., 854 f.) wird die direkte Analyse vertreten und Kombinationen der Vergleichspartikeln (‚vergleichenden Konjunktionen‘) mit bloßen NPs, PPs, APs etc. als Konjunktionalphrasen klassifiziert, was der hier vorgeschlagenen Analyse als ConjP entspricht.463 463 Im Unterschied dazu werden die Vergleichspartikeln in satzförmigen Gradvergleichen (Komparativen und Grad-Äquativen) in der Duden-Grammatik als subordinierende Konjunktionen (Subjunktionen), in satzförmigen Nicht-Grad-Äquativen dagegen teils als Relativadverben, teils als Relativsubjunktionen (Relativpartikeln) charakterisiert, vgl. Duden-Grammatik (2016: 641, 1052 f.).

484

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Für die Ellipsen-Analyse spricht zunächst neben dem Vorteil einer einheitlichen Analyse für alle Vergleichsstandards die Tatsache, dass Ellipsen in Vergleichskonstruktionen ohnehin vorkommen und angenommen werden müssen, etwa die übliche Ellipse des Tertium Comparationis und ggf. weiterer Elemente (‚Comparative Deletion‘ bzw. ‚Comparative Subdeletion‘) auch in deutlich satzwertigen Vergleichsstandards mit Subjekt und finitem Verb, vgl. (761) und (762), oder Gapping im Vergleichsstandard, d. h. Tilgung des finiten Verbs aber Vorkommen mehrerer unabhängiger Satzglieder im Vergleichsstandard, vgl. (763), wobei damit ebenfalls noch deutlich sichtbar ein vollständiger Satz zugrunde liegen muss. Der Vergleichssatz könnte entsprechend ggf. auch bis auf eine NP oder PP etc. ellidiert werden. (761)

Anna läuft so schnell, wie Maria schnell läuft.

(762)

Anna hat mehr Feinde als Maria d-viele Freunde hat

(763)

Anna liest ihren Studenten mehr Bücher vor, als Maria ihren Kindern

Die in der Forschung als Comparative Deletion bezeichnete, in vielen Sprachen obligatorische Ellipse des Tertium Comparationis im Vergleichsstandard wie in (761) ist jedoch nicht in allen Sprachen zu finden. Im historischen Deutschen scheint die Ellipse des Tertium Comparationis nur optional gewesen zu sein, wie der Beleg in (764) zeigt, in dem das Tertium Comparationis sowohl in der Matrix als auch im satzförmigen Vergleichsstandard auftritt, also hier nicht obligatorisch elidiert ist. Hinsichtlich der Möglichkeiten der Ellipsenbildung im Vergleichsstandard scheint also ein gewisses Maß an sprachübergreifender und diachroner Variation zu bestehen. In der Regel ist die Comparative Deletion aber auch im historischen Deutschen wirksam. (764)

daß ihr liebstes Anna Marichen [..] nicht in der schwehren Ester-Krohne / sondern in dem Kranze der Ehren / in dem Glanze der Herrlichkeit / in der Krohne der Goͤttlichen Klarheit sich annizzo so gewiß befindet / als gewiß Sie noch hier im Stande der Schwachheit und Elendes stehen. (GGöz 209, 1–16)

Als Argument für die Ellipsen-Analyse wird auch die Tatsache angesehen, dass bei einem nur aus Vergleichspartikel und Nominalphrase bestehenden Vergleichsstandard diese Nominalphrase in Sprachen wie dem Deutschen in verschiedenen Kasus stehen kann mit entsprechend unterschiedlichen Lesarten, vgl. (765 a vs. b), s. auch Kap. 8.1, (693). Gemäß der Ellipsen-Analyse kommen die verschiedenen Kasus dadurch zustande, dass sie von jeweils unterschied-

8.2 Phrasenvergleich und Satzvergleich

485

lichen Teilen der elidierten Satzstruktur lizenziert sind (etwa Objektskasus vom Verb, Nominativ als Subjektkasus von I0/Agr0 etc.).464 (765)

a. b.

Maria mag Anna mehr als [Nom ihr Nachbar] Anna mag Maria mag Anna mehr als Maria [Akk ihren Nachbarn] mag

Als syntaktisches Indiz für die Ellipsen-Analyse kann im Deutschen weiterhin die häufige Nachfeldstellung des Vergleichsstandards gelten. Die Nachfeldposition rechts der rechten Satzklammer, also nach der Position des finiten Verbs in eingeleiteten Nebensätzen, kann im heutigen Deutschen in der Regel nicht von einer bloßen Phrase, etwa einer einfachen NP, z. B. dem Objekt, besetzt werden, vgl. (766 a). Insbesondere bloße Pronomen und Adverben führen im Nachfeld zu Ungrammatikalität, vgl. (766 b/c).465 Dagegen stehen Nebensätze regelmäßig im Nachfeld, vgl. (766 d). Auch der Vergleichsstandard besetzt häufig das Nachfeld und zwar nicht nur, wenn er satzförmig ist, vgl. (767 d), sondern auch, wenn er an der Oberfläche etwa nur die Vergleichspartikel und eine ggf. auch nur aus einem Pronomen bestehende NP oder eine aus einem bloßen Adverb bestehende Adverbphrase enthält, vgl. (767 a–c). Insofern verhalten sich auch diese Vergleichsstandards syntaktisch eher wie Nebensätze. Andererseits ist die insgesamt seltenere Mittelfeldstellung (Zentraleinbettung) bei Phrasenvergleichen besser möglich als bei Satzvergleichen, vgl. (768), was wiederum gegen eine zugrundeliegende syntaktische Identität, also gegen die Ellipsen-These spricht. (766)

a. b. c. d.

*wenn Anna sieht [NP Maria] *wenn Anna sieht [NP sie] */??wenn Anna Maria sieht [AdvP hier] wenn Anna Maria sieht [CP nachdem sie ankommt]

464 Wenn dagegen die auf die Vergleichspartikel folgende NP nur in einem festen Kasus stehen kann, wird dies als Indiz für das Zutreffen der ‚direkten Analyse‘ in der entsprechenden Sprache angesehen, etwa für das Vorkommen echter Phrasenvergleiche im Polnischen nach od. Hier liegt aber vielmehr eine feste funktionale Präposition zur Markierung des Vergleichsstandards als Vergleichskasusäquivalent vor und keine Vergleichspartikel, also ein anderer Sprachtyp, vgl. Kap. 1.2. 465 Im historischen Deutschen war die Nachfeldposition dagegen bis ins Frühneuhochdeutsche hinein deutlich häufiger mit einer bloßen Phrase besetzt. Auch Subjekt- oder Objekt-NPs konnten dort stehen, jedoch waren bereits seit dem Althochdeutschen einfache Pronomen oder Adverben seltener ausgeklammert als komplexere Phrasen, vgl. Fleischer/Schallert (2011: 161 f.). Zur informationsstrukturellen Bedingtheit der Nachfeldbesetzung im historischen Deutschen, vgl. Schlachter (2012).

486

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

(767)

a. b. c. d.

wenn Anna mehr sieht als [NP Maria] wenn Anna mehr sieht als [NP sie] wenn Anna dort mehr sieht als [AdvP hier] wenn Anna mehr sieht, als [CP Maria sieht]

(768)

a. b.

wenn Anna mehr als [NP Maria] sieht ?? wenn Anna mehr, als [CP Maria sieht], sieht

Im Rahmen der semantischen Standard-Theorie der Vergleiche (s. Kap. 7.3.5) wird ebenfalls zumeist davon ausgegangen, dass es sich bei Phrasenvergleichen um elliptisch verkürzte Satzvergleiche handelt (so u. a. von Stechow 1984, Hohaus 2015). Entsprechend wird jeweils einheitlich die für Satzvergleiche angenommene Semantik angesetzt. Somit genügt eine einheitliche Interpretationsregel für das Komparativmorphem -er bzw. das Äquativkorrelat so. Die Folge Vergleichspartikel + NP entspricht semantisch der Folge Vergleichspartikel + Vergleichssatz, wird also als auf LF rekonstruierte Ellipse analysiert. Die Interpretationsregel für -er bzw. so wäre nicht anwendbar, wenn der Vergleichsstandard tatsächlich nur aus Vergleichspartikel und NP oder PP etc. bestehen würde. Die Semantik bildet allerdings kein unumstößliches Argument für die Ellipsen-Analyse und gegen die direkte Analyse von Phrasenvergleichen, wenn die Ellipsen-Analyse auch den Vorteil einer für alle Vergleiche einheitlichen Analyse bietet: Für Phrasenvergleiche muss unter der Annahme der direkten Analyse lediglich eine gesonderte Interpretationsregel für -er bzw. so angesetzt werden, wie sie beispielsweise bereits Heim (1985) und Kennedy (1999) vorgeschlagen haben, vgl. auch Beck (2011). Phrasales -er stellt danach eine Funktion über zwei Gegenstände und eine Eigenschaft dar, die den Wahrheitswert wahr (1) ergibt, wenn der maximale Grad, zu dem die Eigenschaft auf den einen Gegenstand zutrifft, größer ist als der maximale Grad, zu dem sie auf den anderen Gegenstand zutrifft.466 Auch der unterschiedliche Kasus der Vergleichsstandard-NPs im Deutschen lässt sich nicht ausschließlich mit Bezug auf einen elidierten Satz erklären. Alternativ kann Kongruenzkasus der Vergleichsstandard-NP mit einer NP des Restsatzes (z. B. Subjekt, Objekt) angenommen werden ähnlich etwa wie bei Prädikativen.467 Diese Auffassung wird beispielsweise explizit in der Duden-Grammatik (2016: 985) vertreten. Eine Analyse als Kongruenzkasus legen auch Haspelmath/Buchholz (1998: 306 f.) nahe, die als Generalisierung für 466 [[-erphrasal]] = λy.λR.λx max(λd.R(d)(x)) > max(λd’.R(d’)(y)) 467 Dabei kann es sich ggf. auch um eine phonetisch leere Phrase handeln, vgl. Kongruenz mit Subjekt-PRO in folgender Infinitvkonstruktion (nicht etwa mit ihn): Anna bat [Akk ihn]i , PROi sich wie [Nom ein Erwachsener] / *[Akk einen Erwachsenen] zu benehmen.

8.2 Phrasenvergleich und Satzvergleich

487

Sprachen wie das Deutsche formulieren, dass der Kasus des Vergleichsstandards identisch zu dem des Komparandums ist und dies als Kasustransparenz der Vergleichspartikeln fassen. Die Nähe zu Prädikativen zeigt sich bei den Vergleichen auch diachron, indem aus Äquativvergleichen mit als sprachhistorisch die als-Prädikative entstanden sind, die ebenfalls Kasuskongruenz zu einer NP des Restsatzes aufweisen und entsprechend in verschiedenen Kasus stehen können, z. B. Anna kennt [Akk Maria] als [Akk schnelle Läuferin] vs. Maria gratuliert [Dat Anna] als [Dat schnellster Läuferin]. Auch hier liegt also Kongruenzkasus, mithin Kasustransparenz von als vor und keine Kasusrektion durch als (zu als-Prädikativen vgl. auch Flaate 2007, Zobel 2016). Auch in den meisten anderen europäischen Sprachen haben sich laut Haspelmath/Buchholz (1998: 322 f.) in ihrer Terminologie die ‚role phrases‘ aus Äquativvergleichen entwickelt, weshalb die Partikeln häufig übereinstimmen. Für die direkte Analyse von Phrasenvergleichen und gegen die EllipsenAnalyse spricht der bereits oben in Kap. 8.1.1 angesprochene, teils optionale morphologische Unterschied bei entsprechenden Pronomen in phrasenförmigen gegenüber satzförmigen Vergleichsstandards in Sprachen wie dem Englischen, Französischen oder bestimmten niederländischen Varietäten. Nur in Phrasenvergleichen, jedoch nicht in Satzvergleichen, ist die mit der Objektkasusform des Pronomens homophone starke Form des jeweiligen Pronomens, z. B. Nl. mij, Engl. me, Frz. moi vs. Nl. ik, Engl. I, Frz. je lizenziert, s. o. (688) bis (691), die auch beispielsweise in Herausstellungs- und Koordinationskonstruktionen vorkommt. (Dieses Phänomen ist dagegen nicht als Evidenz für eine Analyse der Vergleichspartikeln als Präposition in diesen Fällen anzusehen, da es sich nicht um echte oblique Kasusformen, sondern um starke Formen des Pronomens im Sinn von Cardinaletti/Starke (1999) handelt, s. o. Kap. 8.1.1) Aufbauend auf den in Kap. 8.1 gemachten Annahmen zum syntaktischen Status der Vergleichspartikeln ließe sich die direkte Analyse strukturell so umsetzen, dass die Vergleichspartikeln (Conj0) statt eines ganzen Satzes (CP) wie im Satzvergleich auch eine bloße Phrase (NP, PP, AP, AdvP etc.) als Komplement nehmen können. Damit ergibt sich etwa für einen komparativischen Phrasenvergleich mit NP-förmigem Vergleichsstandard die Struktur in (769 a), bei PP-förmigem Vergleichsstandard die Struktur in (769 b) (für Äquative gilt die Struktur analog). (769)

a.

Anna läuft schneller … Conj0 als

ConjP NP Maria

488 b.

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Anna läuft schneller … Conj0 als

ConjP PP beim letzten Mal

Die in den vorhergehenden Kapiteln diskutierten diachronen und dialektalen Daten liefern weitere Evidenz für die direkte Analyse und damit für einen echten strukturell-syntaktischen Unterschied zwischen phrasen- und satzförmigen Vergleichsstandards. Ein wichtiges Argument stellt die Tatsache dar, dass diachron beim Aufkommen von wie statt als in Äquativvergleichen, wie oben in Kap. 2.2, 3.2, 4.2 und 7.3.3 dargestellt, eine Abstufung zwischen Satz- und Phrasenvergleichen zu beobachten ist (vgl. auch DWB 29: 1474; Lerch 1942: 345; Dückert 1961: 205 f.): wie wird im Mittel- und Frühneuhochdeutschen zunächst nur in Satzvergleichen und erst im Lauf des 16. Jahrhunderts auch in Phrasenvergleichen verwendet, wobei längere Zeit noch die Verwendung von wie in Satzvergleichen überwiegt. Diese Abstufung in der Entwicklung wäre unerwartet, wenn kein syntaktischer Unterschied zwischen beiden Konstruktionstypen bestehen würde. Nimmt man dagegen wie in der direkten Analyse einen solchen Unterschied an, besteht damit ein syntaktisch-strukturelles Korrelat zu dieser diachronen Abstufung.468 Bei den ersten Fällen von Vergleichspartikel + NP, PP etc. mag es sich zunächst tatsächlich um elliptisch verkürzte Vergleichssätze gehandelt haben. Diese bildeten dann gemäß dem syntaktischen Ökonomieprinzip des ‚Subset Principle‘ (Berwick 1985) bzw. ‚Least Effort Principle‘ (Roberts 1993), d. h. der Annahme der einfachsten mit der entsprechenden Wortfolge vereinbaren syntaktischen Struktur, die Grundlage einer Reanalyse von wie von einem C0-Element zu einem die höhere linksperiphere Kopfposition Conj0 besetzenden Element, vgl. Kap. 8.1.2, und des elliptischen Satzvergleichs zum strukturell bloßen Phrasenvergleich. Dialektal spielt laut Friedli (2012) der Unterschied zwischen Satz- und Phrasenvergleich bei der Ausbreitung von wie ebenfalls eine Rolle und zwar beim Aufkommen von komparativischem wie (statt als, weder etc.) in schweizerdeutschen Varietäten, allerdings in umgekehrter Weise im Vergleich zur

468 Auch in anderen Sprachen ist eine ähnliche diachrone Abstufung in der Distribution von Vergleichspartikeln von Satz- zu Phrasenvergleichen zu beobachten, z. B. im Altgriechischen (Dejan Matic, p.c.): die altgriechische Äquativpartikel hōs + an … ‚wie wenn, als ob‘ wurde zunächst nur in vollen Sätzen verwendet (z. B. hōs an eipoi ‚wie wenn er sagen würde‘). Die Kombination wurde später univerbiert und konnte dann auch bloße NPs etc. anschließen, vgl. im heutigen Griech. eksipnos san ego ‚schlau wie ich‘.

489

8.2 Phrasenvergleich und Satzvergleich

Entwicklung im historischen Deutschen: wie wird zunächst in Phrasenvergleichen komparativisch verwendet und erst sekundär in Satzvergleichen. Dies lässt sich, wie oben in Kap. 6.1 dargestellt, so erklären, dass wie beim diachronen Aufkommen der äquativischen Verwendung erst syntaktisch von einem phrasalen Relativ-/Interrogativadverb zu einer echten Vergleichspartikel reanalysiert werden musste, komparativisches wie sich dagegen in seiner Position nicht von komparativischem als unterscheidet, und in den entsprechenden schweizerdeutschen Dialekten, in denen Komparativpartikeln wie als und weder im rezenten Sprachwandel durch wie abgelöst werden, also lediglich ein lexikalischer und kein syntaktisch-struktureller Wandel stattfindet. Entscheidend ist auch hier aber die Tatsache, dass sich eine zeitliche Abstufung zwischen Satz- und Phrasenvergleich feststellen lässt, die auf einen strukturellen Unterschied zwischen beidem schließen lässt. Weitere Evidenz für die direkte Analyse auf Grundlage der in Kap. 6 diskutierten dialektalen Daten ergibt sich aus der Beobachtung, dass sogenannter gestützter Vergleichsanschluss, also die Kombination einer Vergleichspartikel mit einer subordinierenden Konjunktion wie dass (Doubly Filled Comp) nur in Satzvergleichen, jedoch nicht in Phrasenvergleichen vorkommt, vgl. die bairischen Beispiele (770) und (771).469 Wenn es sich bei den Phrasenvergleichen schlicht um elliptisch verkürzte Sätze handelt, sollte etwa bei VP-Ellipse die subordinierende Konjunktion erhalten bleiben. Wenn dagegen nur Satzvergleiche, nicht aber Phrasenvergleiche eine CP darstellen, ist nur in Satzvergleichen eine C0-Position für die ‚stützende‘ subordinierende Konjunktion vorhanden, was erklärt, warum dieses syntaktische Muster eben nur in Satzvergleichen vorkommt. (770)

Komparativ: a. S’Resl fod besser Raal ois wie dass da Sepp Raal fod. ‚Resel fährt besser Rad, als Sepp Rad fährt.‘ b.

*S’Resl fod besser Raal ois wie dass da Sepp. ‚Resel fährt besser Rad als Sepp.‘

c.

S’Resl fod besser Raal ois wie da Sepp. ‚Resel fährt besser Rad als Sepp.‘

Bairisch

469 Beispiele zum Bairischen, soweit nicht anders angegeben, von Helmut Weiß (p.c.).

490 (771)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Äquativ (Grad-Äquativ): a. D’Sabine laaft so schnej wie dass d’Anna laaft. ‚Sabine läuft so schnell, wie Anna läuft.‘ b.

*D’Sabine laaft so schnej wie dass d’Anna. ‚Sabine läuft so schnell wie Anna.‘

c.

D’Sabine laaft so schnej wie d’Anna. ‚Sabine läuft so schnell wie Anna.‘

Auch das dialektale Vorkommen von sogenannter Komplementiererflexion, vgl. (772) und (773), ist auf Satzvergleiche beschränkt und kommt nicht bei Phrasenvergleichen vor. Es deutet damit ebenfalls auf einen echten syntaktisch-strukturellen Unterschied zwischen beidem hin und kann als Argument gegen die Ellipsen-Analyse gewertet werden. Wenn Phrasenvergleiche lediglich auf PF durch Ellipsenbildung reduzierte Satzvergleiche wären, sollte auch die Komplementiererflexion an der Vergleichspartikel bzw. der ‚stützenden‘ subordinierenden Konjunktion (Komplementierer) erhalten bleiben. Wenn die Komplementiererflexion dagegen vom Vorliegen einer tatsächlich satzwertigen Struktur abhängt, kann bei Phrasenvergleichen kein Satzvergleich zugrunde liegen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die diachronen und dialektalen Daten des Deutschen wertvolle zusätzliche linguistische Argumente gegen die Ellipsen-Analyse und für die direkte Analyse darstellen.470

(772)

Komparativ: a. D’Resl is gresser ois wiest du bisd. ‚Resel ist größer, als du bist.‘ 471 b.

Bairisch

S’Resl is gresser ois wie dassd du bist. ‚Resel ist größer, als du bist.‘

470 Die diachrone Abstufung von Satz- zu Phrasenvergleichen bei der Durchsetzung der Äquativpartikel wie ließe sich ggf. auch unter der Annahme der Ellipsen-Analyse erklären als diachrone Zunahme der Ellipsenoptionen in Vergleichskonstruktionen (vgl. Hohaus et al. 2014: 245 zum Spracherwerb: im Deutschen bei Phrasenvergleichen im Erwerb zuerst nur NominativNPs, später andere Phrasen möglich, d. h. andere Ellipsenoptionen incl. Bewegung etc. erst später erworben). Die dialektale Beschränkung einerseits von Kombinationen der Vergleichspartikeln mit subordinierenden Konjunktionen und andererseits von Komplementiererflexion auf Satzvergleiche lässt sich dagegen mit der Ellipsen-Analyse kaum erfassen. 471 Beispiel von Fuß (2014: 60).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

(773)

c.

*S’Resl is gresser {ois wiest / ois wie dassd} du. ‚Resel ist größer als du.‘

d.

S’Resl is gresser ois wie du. ‚Resel ist größer als du.‘

491

Äquativ (Grad-Äquativ): a. D’Resl is genau so groass ois wiest du bisd. ‚Resel ist genau so groß, wie du bist.‘ b.

D’Resl is genau so groass ois wie dassd du bisd. ‚Resel ist genau so groß, wie du bist.‘

c.

*D’Resl is genau so groass {ois wiest / ois wie dassd} du. ‚Resel ist genau so groß wie du.‘

d.

D’Resl is genau so groass ois wie du. ‚Resel ist genau so groß wie du.‘

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards Eine weitere zentrale Fragestellung hinsichtlich der Syntax von Vergleichskonstruktionen betrifft die externe Syntax des Vergleichsstandards, d. h. die Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz. Vergleichskonstruktionen weisen, wie bereits in Kap. 1.2 angedeutet, einerseits Ähnlichkeiten zu subordinierten Sätzen, insbesondere zu Relativsatzstrukturen auf, andererseits aber auch zu Koordinationsstrukturen. Damit stellen sie ein weiteres interessantes Phänomen dar, das wie andere im aktuellen Fokus der linguistischen Forschung stehende Konstruktionen wie asymmetrische Koordination, VerbzweitRelativsätze oder Verbzweit-Adverbialsätze an der Schnittstelle zwischen Koordination und Subordination angesiedelt ist. Traditionell werden Vergleichssätze zumeist als subordiniert betrachtet und häufig im Zusammenhang mit Adverbialsätzen behandelt, vgl. u. a. Paul (2007: 425–428), Schrodt (2004: 167–172) etc. Aber auch die Nähe zu den Relativsätzen zeigt sich in traditionellen Darstellungen, vgl. Duden-Grammatik (2016: 1052 f.), wo satzwertige Nicht-Grad-Äquative sowie hypothetische Vergleiche als Relativsätze behandelt werden. Bereits Erdmann (1874–1876, I: 111) sieht Vergleichssätze als eine besondere Art von Relativsätzen an. Dabei verweist er auf die althochdeutsche Äquativpartikel so, die „deutlich relativ“ sei. In der Tat ähneln Vergleichssätze syntaktisch Relativsätzen. Die Äquativvergleiche in (775) werden wie die Relativsätze in (774) in den a-Beispielen mit

492

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

einem Bezugsnomen oder einer Proform (einem Demonstrativum) als Bezugselement (Korrelat), in den b-Beispielen frei, d. h. ohne Bezugselement, und in den c-Beispielen weiterführend gebraucht.472 (774)

Relativsätze: a. Anna mag {den Menschen / den(jenigen)}, den Maria mag. b. Anna mag, wen Maria mag. c. Anna mag Maria, was ich bereits vermutet habe.

(775)

Vergleiche (Äquative): a. Anna möchte {in der Art / so (gut)} leben, wie Maria lebt. b. Anna möchte leben, wie Maria lebt. c. Anna mag Maria, wie ich bereits vermutet habe.

Auch Ähnlichkeiten bei Möglichkeiten und Beschränkungen hinsichtlich der Extraktion, also der syntaktischen Bewegung von Elementen aus dem Vergleichsstandard nicht nur bei Äquativen, sondern auch bei Komparativen, und aus Relativsätzen bzw. generell aus mit w-Elementen (auch Interrogativa) eingeleiteten Nebensätzen sind festzustellen. So ist Extraktion aus einem in einen Vergleichssatz eingebetteten w-Satz (indirekten Fragesatz) ungrammatisch, da die w-Phrase in SpecCP die mutmaßliche Zwischenlandeposition besetzt und damit zyklische Bewegung verhindert und eine Subjazenzverletzung hervorruft. Demgegenüber ist eine derartige Extraktion aus einem in einen Vergleichssatz eingebetteten dass-Satz, wo die SpecCP-Position nicht besetzt ist und damit als Zwischenlandeposition bei der Bewegung zur Verfügung steht, möglich, vgl. (776) und (777). Gleiches gilt bei Extraktion aus in andere wSätze, etwa Relativsätze oder indirekte Fragesätze, eingebetteten Nebensätzen. Chomsky (1977) spricht sich aufgrund der zu beobachtenden w-Insel-Effekte bei Vergleichskonstruktionen dafür aus, in Vergleichskonstruktionen wie in Interrogativ- und Relativsätzen w-Bewegung anzunehmen (w-Bewegung eines leeren Operators wie in mit that eingeleiteten oder uneingeleiteten Relativsätzen im Englischen) und Vergleichssätze als freie Relativsätze zu analysieren.473

472 Bezugsnomen zum Vergleichsstandard können nicht nur Nomen wie Grad, Maß, Art oder Weise sein, sondern auch reguläre Appelativa, die der Vergleichsstandard restriktiv modifiziert, z. B. Hund in Maria wünscht sich {(so/solch) einen / einen (solchen)} Hund {wie Lassie / wie du hast). In weiterführender (satzmodaler) Verwendung kommen insbesondere parenthetische Nicht-Grad-Äquative vor, z. B. wie gesagt, wie Paulus schreibt etc. 473 Zu einer alternativen Erklärung der w-Insel-Effekte bei Vergleichskonstruktionen auf der Basis von A‘-Bewegung (Topikalisierung/Fokus-Bewegung) oder QR s. Matos/Brito (2008).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

493

(776)

a. b.

*Er hat so viele Bücher gelesen, wie sie sagte, wer gelesen hat. Er hat so viele Bücher gelesen, wie sie sagte, dass er gelesen hat.

(777)

a. b.

*Er hat mehr Bücher gelesen, als sie sagte, wer gelesen hat. Er hat mehr Bücher gelesen, als sie sagte, dass er gelesen hat.

Neben den syntaktischen bestehen semantische Ähnlichkeiten zwischen Vergleichskonstruktionen und Relativsätzen (vgl. Kap. 7.3.5, Fußn. 420). Gemäß der Standard-Semantik der Vergleiche (von Stechow 1984, Heim 1985, 2000) erfolgt wie bei Relativsätzen semantische Abstraktion durch Bewegung eines ggf. leeren Operators, der eine von ihm gebundene Variable zurücklässt (bei Vergleichen eine Grad- bzw. Eigenschaftsvariable, bei Relativsätzen eine Individuenvariable).474 Syntaktisch spricht einiges dafür, dass der Vergleichsstandard je nach Vergleichsart an das Korrelat und/oder das Tertium Comparationis angebunden ist: Topikalisierungsdaten im Deutschen wie in (778) und (779) zeigen, dass der Vergleichsstandard in Komparativen mit dem Tertium Comparationis, in Grad-Äquativen zusätzlich mit dem Korrelat, in Nicht-Grad-Äquativen lediglich mit dem optionalen Korrelat eine Konstituente bildet, da diese Elemente als Einheit zusammen ins Vorfeld bewegt werden können, das nur von einer Konstituente besetzt werden kann (vgl. auch Kap. 1.2, Beispiele (5), (11) und (16)).475 Das Gleiche gilt bezeichnenderweise auch für ein Relativsatzkorrelat (Demonstrativum) zusammen mit dem Relativsatz, vgl. (780). (778)

[Schneller als Maria (läuft)]i läuftj Anna ti tj

(779)

[So (schnell) wie Maria (läuft)]i läuftj Anna ti tj

(780)

[Der(jenige), der Maria kennt]i kenntj sicher auch Anna ti tj

Diese Evidenz spricht für eine Analyse, in der das Tertium Comparationis, ggf. das Korrelat und der Vergleichsstandard eine Konstituente bilden. So ist ver-

474 Brandner/Bräuning (2013) sprechen sich ebenfalls für eine semantische Nähe von Relativsätzen und Vergleichen, genauer Äquativen, aus. In beiden Fällen handele es sich um eine Gleichsetzung: bei Äquativen eine Gleichsetzung von Graden oder Arten und Weisen, bei Relativsätzen eine Gleichsetzung von Entitäten, für die bestimmte Eigenschaften gelten. Zudem enthielten Relativsätze und Äquativvergleiche gleichermaßen eine verdeckte Koordination, so dass hier gleichzeitig die Nähe der Vergleichskonstruktionen zur Koordination angedeutet wird, s. auch Fußn. 489. 475 Zur obligatorischen Rechtsbewegung des Vergleichsstandards bei pränominalem, attributivem Tertium Comparationis, aber auch bei attributiver Verwendung von Nicht-Grad-Äquativen, s. o. Kap. 1.2, Fußn. 8, 11 und 12.

494

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

schiedentlich vorgeschlagen worden, dass wie in (781) der Vergleichsstandard innerhalb der Tertium-Comparationis-Adjektivphrase als Komplement zu dem das Adjektiv modifizierenden Grad-Kopf (Deg0) -er/so steht.476 Als Bezeichnung des Vergleichsstandards behalte ich hier und im Folgenden die oben in Kap. 8.1.1 eingeführte ConjP bei, wobei dieses Label für die externe Syntax nicht entscheidend ist und die im Folgenden zitierten Autoren den Vergleichsstandard beispielsweise als CP/S (Bresnan 1973, Bierwisch 1987 etc.), PP (Zimmermann 1987, Kennedy 1999 etc.) oder agnostisch als than-Phrase (Lechner 2004) bezeichnen. (781)

AP DegP Deg0 -er so

A schnell ConjP als ... wie ...

Eine derartige Struktur ist von Bresnan (1973) in ihrem klassischen Aufsatz für das Englische vorgeschlagen worden, wurde ebenso von Heim (2000) und Bhatt/ Pancheva (2004) vertreten und wird bis heute beispielsweise auch in Gebrauchsgrammatiken des Englischen wie Quirk et al. (2008: 1145) angesetzt. Für das Deutsche haben Zimmermann (1987) und Bierwisch (1987) eine analoge Analyse vertreten. Um das Komparativmorphem und das Adjektiv zusammenzuführen und auch die korrekte Abfolge von Adjektiv und Vergleichsstandard zu erzielen, wird die komplette Gradphrase sekundär in eine Position rechts der Adjektiv-

476 Diese Struktur entspricht damit der von Relativsätzen mit Relativkorrelat derjenige bei von Stechow/Sternefeld (1981), der zufolge derjenige als D-Kopf den Relativsatz als Komplement fordert, der dann obligatorisch extraponiert werden muss: [NP [DP [D derjenige] [CP der das Pulver erfand] [N Mann]]. Diese strukturelle Parallelität würde entsprechend die Nähe der Vergleichskonstruktionen zu Relativsätzen abbilden. Zu einer alternativen Struktur von Relativsätzen mit der-/die-/dasjenige im Rahmen der DP-Analyse, in der sowohl die NP als auch der Relativsatz Argumente des D-Kopfes sind, vgl. Sternefeld (2008: 379), s. auch Fußn. 477. Die Nähe zu Relativsätzen ist auch Grundlage der Analyse von McCoy (2017), der eine Struktur mit aus dem Vergleichsstandard nach oben bewegtem Tertium Comparationis im Stil der Raising-Analyse von Relativsätzen (vgl. Fußn. 490) annimmt, mit der sich jedoch Vergleiche mit zwei verschiedenen Adjektiven (Subkomparative/-äquative, z. B. Die Tür ist breiter als hoch) nicht analysieren lassen.

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

495

phrase bewegt. In Äquativen müsste entsprechend lediglich der Vergleichsstandard (ConjP) nach rechts bewegt und etwa an AP adjungiert werden. Eine etwas andere Struktur, bei der Tertium Comparationis, Korrelat und Vergleichsstandard ebenfalls eine gemeinsame Konstituente bilden, jedoch der Gradkopf den Kopf der gesamten Konstituente darstellt und sowohl die Adjektivphrase als auch den Vergleichsstandard als Argumente nimmt, ist fürs Englische von Abney (1987), Kennedy (1999) und Lechner (2004) vorgeschlagen worden. Während bei Abney (1987) und Kennedy (1999) die Adjektivphrase rechts des Gradkopfes steht und darauf der Vergleichsstandard folgt, wie in (782),477 nimmt die Adjektivphrase bei Lechner (2004) die Spezifizierer-Position links des Gradkopfes ein und nur der Vergleichsstandard folgt als Komplement auf den Gradkopf wie (783).478 Letzteres entspricht semantischen Analysen (Heim 1985, 2000 etc.), gemäß denen der Gradkopf und der Vergleichsstandard eine Konstituente bilden, ebenso wie auch bereits in der Analyse in (781). Zudem kann aber in (783) die Komparativmorphologie am Adjektiv als ein Fall von Spezifizierer-KopfKongruenz mit dem Merkmal [+ compar] des Gradkopfes verstanden werden. In prädikativen und adverbialen Komparativvergleichen ergibt sich direkt die korrekte Wortstellung. Zur Ableitung der korrekten Wortstellung bei attributiver Verwendung (z. B. eine schnellere Läuferin als …) ist aus unabhängigen Gründen bei allen genannten Ansätzen zusätzliche syntaktische Bewegung nötig, etwa eine Rechtsbewegung des Vergleichsstandards.479 Für Äquative ist die Ableitung in (783) weniger offensichtlich als die in (782). Bei prädikativer und adverbialer Verwendung könnte der das Korrelat so enthaltende Gradkopf nach links in eine Position vor das Adjektiv angehoben werden und bei attributiver Verwendung wiederum zusätzlich der Vergleichsstandard nach rechts bewegt werden.

477 Diese Struktur entspricht der von Sternefeld (2008: 379) im Rahmen der DP-Analyse vorgeschlagenen Struktur von Relativsätzen mit der-/die-/dasjenige, in der sowohl die NP als auch der Relativsatz Argumente des D-Kopfes sind: [DP [D‘ [D derjenige] [NP Mann]] [CP der …]]. Dem D-Kopf entspricht in der Vergleichsstruktur der Grad-Kopf (Deg), der NP die AP und dem Relativsatz der Vergleichsstandard. Auch diese Analyse würde damit die Parallelität von Vergleichskonstruktionen und Relativsätzen abbilden. 478 Eine ähnliche Analyse schlägt auch Bacskai-Atkari (2014a) vor, allerdings setzt sie wie Lechner in einer früheren Analyse (Lechner 1999) oberhalb der DegP noch eine weitere syntaktische Schale, eine QP, an, innerhalb derer im Englischen u. a. aus Q0 much und dem angehobenen Gradkopf -er more abgeleitet wird. 479 Dies werten Grosu/Horvath (2006) und Matos/Brito (2008) als Argument gegen einen Ansatz wie den von Abney (1987) und Kennedy (1999). Lechner (2004: 41) nimmt an, dass in attributiven Komparativvergleichen die entsprechende NP in die AP eingebettet ist (!) und diese wiederum in die DegP. Um das Merkmal [+ compar] des Matrix-Deg0 per Checking zu überprüfen, erfolgt Raising der die NP enthaltenden AP aus der SpecDegP-Position des Vergleichsstandards in die SpecDegP-Position des Matrixsatzes.

496

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

(782)

DegP Deg’ Deg0 -er so

(783)

ConjP AP schnell

als ... wie ...

DegP AP schneller schnell

Deg’ Deg0 [+ compar] so

ConjP als ... wie ...

Allen drei Strukturen ist gemein, dass der Vergleichsstandard ein subordinierter Satz ist, der als Argument des den Gradkopf (Deg0) besetzenden Komparativmorphems bzw. Äquativkorrelats steht, der seinerseits eine Gradphrase projiziert, die eine gemeinsame Konstituente mit der Tertium-ComparationisAdjektivphrase bildet. Die Gesamtphrase (AP bzw. DegP) wäre dann je nach syntaktischer Funktion (z.B. ist so schnell wie … vs. läuft so schnell wie … vs. eine so schnelle Läuferin wie … etc., vgl. auch Kap. 1.2) als Prädikativ innerhalb eines Small Clause/einer AgrP o. ä., als Adverbial adjungiert an VP o. ä. oder als Attribut, d. h. NP-Adjunkt, in den Restsatz eingebunden.480 Auf Komparati480 Im Sinn des Minimalismus (Chomsky 1995 etc.) spielen ggf. zusätzlich interpretierbare und uninterpretierbare Merkmale eine Rolle für die Derivation. So nimmt Lechner (2004) an, dass der Gradkopf (Deg0) im Matrixsatz, dessen Spezifizierer die Tertium-Comparationis-AP ist, das Merkmal [+ compar] enthält (bei Lechner besteht hier eine Checking-Relation zur TertiumComparationis-AP des Vergleichsstandards), vgl. (783) sowie Fußn. 479. Darauf aufbauend ließe sich annehmen, dass semantisch leere Komparativpartikeln eine formale, uninterpretierbare Variante dieses Merkmals aufweisen, das in einer Checking/Agreement-Relation zum interpretierbaren Deg0 [+ compar] steht. Analog könnte, wie in Kap. 7.3.5 diskutiert, für Äquative etwa ein Merkmal [+ sim] (für ‚similar‘, in Anlehnung an die generalisierte Maßfunktion ‚sim‘ in Umbach/Gust 2014) angenommen werden, das in interpretierbarer Form am Deg0 so und in uninterpretierbarer Form an der Äquativpartikel vorhanden ist. Dies wäre eine Möglichkeit, die z. B. bei Kennedy (1999) und Bacskai-Atkari (2014a) angenommenen lexikalischen Selektionsbeschränkungen des Gradkopfes (engl. er/more fordert than, so fordert as) im minimalistischen Rahmen zu formalisieren. Zudem ist typologische und diachrone Variation hinsichtlich des Status dieser Merkmale möglich, d. h. eine Vergleichspartikel könnte etwa zu einem Zeit-

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

497

ve mit negativem Indefinitum oder ander/anders als Tertium Comparationis lassen sich die vorgeschlagenen Strukturen dagegen nicht ohne Weiteres anwenden. Hier ist keine Gradphrase und (außer für attributives andere) auch keine Adjektivphrase anzusetzen, da keine Gradsemantik vorliegt, vgl. Kap. 1.2 und 7.3.5. Der Vergleichsstandard kann mit diesen Elementen jedoch ebenfalls eine Konstituente bilden, wie die Möglichkeit der Topikalisierung zeigt (z. B. [Nichts als Rauch] habe ich gesehen. / [Ein anderer als du] könnte das gar nicht machen). Diese Phrase ist als Ganzes bei einem Tertium Comparationis in Form von anders oder negativen Indefinitadverben (z. B. nirgends) als Adverbial, bei nominalisiertem andere oder negativen Indefinitpronomen (z. B. nichts), vgl. (784), als Subjekt oder Objekt des Restsatzes anzusehen. (784)

DP D0

ConjP

nichts

als …

Auch auf Nicht-Grad-Äquative lassen sich die Analysen in (781) bis (783) nicht unmittelbar anwenden. Aufgrund der fehlenden Gradsemantik und des i. d. R. fehlenden Tertium Comparationis (vgl. Kap. 1.2) ist auch hier keine Gradphrase und keine AP anzusetzen. In Nicht-Grad-Äquativen mit Korrelat so wäre dieses am ehesten als Adverb zu analysieren, an das der Vergleichsstandard analog zu den Annahmen für Grad-Äquative als Komplement angebunden sein könnte, wie in (785). (785)

AdvP Adv0 so

ConjP wie …

Diese Adverbphrase wäre dann ihrerseits bei adverbialer Verwendung (z. B. läuft so wie …) wie andere Adverbiale an den Restsatz angebunden. In Nicht-

punkt eine interpretierbare und durch Desemantisierung bzw. Merkmalsabschwächung infolge von Merkmalsökonomie zu einem späteren Zeitpunkt eine uninterpretierbare Variante des relevanten Merkmals aufweisen, s. Kap. 7.3.5.

498

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Grad-Äquativen ohne Korrelat wäre der Vergleichsstandard selbst 481 – ähnlich wie ein freier Relativsatz – bei adverbialer Verwendung als Adverbial angebunden oder bei weiterführender bzw. parenthetischer Verwendung (z. B. wie Paulus sagt) entsprechend höher in der syntaktischen Struktur angebunden wie weiterführende Relativsätze etc. (vgl. Holler 2005).482 Bei prädikativer Funktion eines Nicht-Grad-Äquativs (z. B. Das ist (so) wie …) wäre entsprechend bei vorhandenem Korrelat die gesamte AdvP und bei fehlendem Korrelat lediglich der Vergleichsstandard (ConjP) als Prädikativ wie sonstige Prädikatsnomen angebunden. Bei attributiver Funktion (z. B. (so) ein Mensch wie …) wäre bei vorhandenem Korrelat wiederum die gesamte AdvP, bei fehlendem Korrelat nur der Vergleichsstandard als Attribut (Modifikator) innerhalb der NP angebunden.483 Satzförmige Nicht-Grad-Äquative in attributiver Verwendung ähneln damit strukturell und funktional ganz besonders Relativsätzen, da sie ohne Korrelat, Tertium Comparationis o. ä. direkt als Attributsatz zu einem Nomen fungieren. Daher kommt es auf dieser Grundlage häufig diachron zur Grammatikalisierung von Relativpartikeln (Relativsatzkomplementierern) aus Äquativpartikeln, in der Geschichte des Deutschen bespielsweise bei so, als, und und (dialektal bis heute) wie (s. u.). Die Nähe der Nicht-Grad-Äquative zu Relativsätzen mit und ohne Bezugselement zeigt sich diachron noch in einer weiteren Hinsicht: Modale freie Relativsätze mit (s)wie bilden, wie oben in Kap. 2.2 und 8.1.2 dargestellt, den Ausgangspunkt der Grammatikalisierung des Interrogativums/Relativums wie zur Vergleichspartikel. Es bestehen jedoch bereits bei der Verwendung von wie in Nicht-Grad-Äquativen deutliche syntaktische Unterschiede zu Relativsätzen, insofern Letztere kein Gapping oder gar Ellipse bis auf eine Konstituente erlauben bzw. (im Sinn der ‚direkten Analyse‘) nicht nur aus Einleitungselement und einer einzigen Phrase wie NP oder PP bestehen können, vgl. oben Kap. 8.1.2, Beispiele (727) bis (729). Wie in Kap. 8.1.2 diskutiert, lassen sich diese Eigenschaften so deuten, dass wie diachron bei der Entwicklung zur Vergleichspartikel von einem Interrogativum/Relativum in SpecCP zu einem C0Element und schließlich zu einem höheren linksperipheren Kopf Conj0 reana-

481 Alternativ wäre für die Nicht-Grad-Äquative ohne so auch eine Analyse mit phonetisch leerem Korrelat (pro) möglich, vgl. Axel-Tober (2012) zu historischen Vorstufen der dass-Sätze. 482 Ebenso können hypothetische Vergleiche als (integrierte) Modaladverbiale oder als (desintegrierte) Satzadverbiale stehen, vgl. auch Bücking (2015). 483 Genauer zu untersuchen wären hier zudem die Stellungsvarianten des Korrelats und des indefiniten Artikels (so(lch) ein vs. ein so(lch)) und ggf. damit einhergehende Unterschiede. Wie Komparative und reguläre Äquative können übrigens auch hypothetische Vergleiche in attributiver Funktion verwendet werden, z. B. ein Gefühl als ob man schweben würde.

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

499

lysiert worden ist. Damit liegen selbst bei Nicht-Grad-Äquativen keine regulären freien Relativsätze vor. Der syntaktische Unterschied zu Grad-Äquativen ist noch größer, da der Vergleichsstandard hier gemäß der obigen Analyse als Komplement eines Gradkopfs eingebettet ist, wie es auch bei Komparativvergleichen mit adjektivischem Tertium Comparationis der Fall ist. Insofern lässt sich die diachrone Abstufung im Komparativzyklus von Nicht-Grad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativvergleichen anhand dieser Analyse auch syntaktisch-strukturell nachvollziehen. Die syntaktischen Unterschiede der Vergleiche zu Relativsätzen hinsichtlich der Möglichkeit der Ellipsenbildung lassen sich als Argumente gegen eine relativsatzartige und für eine eher koordinationsartige Analyse deuten:484 Die Tatsache, dass in der overten Syntax etwa eine bloße NP oder PP auf die Vergleichspartikel folgen kann, unterscheidet Vergleichskonstruktionen deutlich von Relativsatzkonstruktionen und anderen subordinierten Sätzen, auch Konjunktionalnebensätzen, vgl. u. a. oben Kap. 8.1.2, Beispiele (736) und (737). Dagegen können in Koordinationsstrukturen sowohl einzelne Phrasen als auch ganze Sätze, ebenso Infinitivkonstruktionen oder Elemente unterhalb der Wortebene wie trennbare Verbpartikeln miteinander verbunden werden, die auch in Vergleichen auftreten, vgl. (786) und (787). Damit scheint in Vergleichen wie bei Koordination eine Art Gleichartigkeitsbedingung (‚External Homogeneity Condition‘, d. h. Gleichartigkeit der Konjunkte) zu gelten. (786)

a.

Vergleich (Komparativ): Anna liebt es mehr, [zu trinken] als [zu essen]

b.

Koordination: Anna liebt es, [zu trinken] und [zu essen]

c.

Subordination (freier Relativsatz): *Es liebt [zu trinken], wer [zu essen]

d.

Subordination (Konjunktionalsatz): *Anna liebt es, [zu trinken], weil [zu essen]

484 Die hypothetischen Vergleiche weisen die entsprechenden koordinationsartigen Eigenschaften nicht auf, was für eine Analyse als reguläre subordinierte Sätze spricht, vgl. Fußn. 459. Sie können als Adverbialsätze (vgl. auch Bücking 2015), Prädikative oder Attributsätze in den Restsatz eingebunden sein.

500 (787)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

a.

Vergleich (Komparativ): Maria steigt eher [auf] als [ab].

b.

Koordination: Maria steigt [auf] und [ab].

c.

Subordination (freier Relativsatz): *Es steigt [auf], wer [ab].

d.

Subordination (Konjunktionalsatz): *Maria steigt [auf], nachdem [ab].

Auch Gapping ist, wie bereits angesprochen, in Relativsätzen und anderen subordinierten Sätzen ungrammatisch, in Vergleichen und bei Koordination dagegen möglich, wie (788) nochmals illustriert, vgl. auch Kap. 8.1.2, Bsp. (752). (788)

a.

Vergleich (Komparativ): Anna liest ihren Studenten mehr Bücher vor, als [Maria] [ihren Kindern].

b.

Koordination: Anna liest ihren Studenten Bücher vor und [Maria] [ihren Kindern].

c.

Subordination (freier Relativsatz): *Anna liest ihren Studenten vor, was [Maria] [ihren Kindern].

d.

Subordination (Konjunktionalsatz): *Anna liest ihren Studenten Bücher vor, weil [Maria] [ihren Kindern].

Hinsichtlich der Möglichkeit der Tilgung und der Bewegung von syntaktischem Material können bei Vergleichen wie bei Koordination zudem sogenannte ‚Coordinate-Structure-Effects‘ beobachtet werden. So kann bzw. muss das Tertium Comparationis im Vergleichsstandard wegfallen (Comparative Deletion), aber nicht im Restsatz.485 Ebenso wird identisches Material bei Koordination nur im Zweitkonjunkt getilgt, aber nicht im Erstkonjunkt. Schließlich erlauben Koordinationsstrukturen im Gegensatz zu Subordinationsstrukturen sogenanntes ‚Across-the-Board-Movement‘ (ATB), d. h. Verknüpfung eines einzigen links-

485 Alternativ kann das Tertium Comparationis im Vergleichsstandard durch die Proform es realisiert werden (Anna ist schneller, als Maria es ist), ähnlich wie bei Koordination es als Proform im Zweitkonjunkt auftreten kann (z. B. Maria liebt Tennis und Anna hasst es).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

501

peripheren w-Elements mit mehreren gleichartigen Spuren. Auch diese koordinationstypische Eigenschaft weisen Vergleichskonstruktionen auf, wie in (789) illustriert. (789)

a.

Vergleich (Komparativ): Wasi ist Anna mehr ti als Maria ti ist?

b.

Koordination: Wasi mag Anna ti und hasst Maria ti?

c.

Subordination (freier Relativsatz): *Wasi gibt Anna ti, wem auch Maria ti gibt?

d.

Subordination (Konjunktionalsatz): *Wasi mag Anna ti, obwohl Maria ti hasst?

Auf eine weitere Parallelität zwischen Vergleich und Koordination wurde bereits oben in Kap. 8.1.1 hingewiesen: in Phrasenvergleichen werden in verschiedenen Sprachen und Varietäten starke Formen von Personalpronomen verwendet, die insbesondere auch bei Koordination vorkommen, z. B. engl. me statt I in taller than me (Vergleich) und you and me (Koordination), s. o. Kap. 8.1.1, Beispiele (690) bis (692). Das in vielerlei Hinsicht ähnliche syntaktische Verhalten von Vergleichskonstruktionen und Koordination spricht dafür, Vergleiche als koordinationsartige Strukturen zu analysieren und die Vergleichspartikeln als koordinierende Konjunktionen anzusehen. Dies haben fürs Deutsche u. a. Lang (1977) und Eisenberg (2013) vorgeschlagen. Napoli (1983) argumentiert dafür, dass than in englischen Satzvergleichen auch als Koordinator fungieren kann (neben der Möglichkeit des Auftretens als Präposition, die sie ebenfalls annimmt, s. dazu kritisch Kap. 8.1). Im Rahmen der generativen Grammatik wird in der syntaktischen Struktur bei Koordination üblicherweise ein funktionaler Koordinationskopf angesetzt, dessen Argumente (Spezifikator bzw. Komplement) die beiden Konjunkte sind wie in (790) nach Johannessen (1998), vgl. auch Hartmann (2015).486

486 Gemäß der älteren Analyse der Koordination von Munn (1993) ist dagegen nur das Zweitkonjunkt Komplement der koordinierenden Konjunktion, deren maximale Projektion an das Erstkonjunkt adjungiert ist: [XP [XP] [CoP [Co und] [YP]]].

502 (790)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Koordination (nach Johanessen 1998): CoP XP

CoP‘ Co

YP

und

Fürs Portugiesische haben unlängst Matos/Brito (2008) für eine koordinationsartige syntaktische Analyse argumentiert. Sie setzen für Komparativvergleiche eine sogenannte korrelative Koordinationsstruktur an (ähnlich wie für Ausdrücke wie entweder … oder und sowohl … als auch), die übertragen aufs Deutsche so aussieht wie in (791) und für Äquative wie in (792) adaptiert werden könnte.487 (791)

Komparativ (nach Matos/Brito 2008): ConjP CP QP

Conj’ CP

Spec-Head-Agr

-er

Conj0

CP

als Anna läuft schneller

Maria

(...)

LF-Bewegung (QR)

(792)

Äquativvergleich (Grad-Äquativ): ConjP CP QP

Conj’ CP

Spec-Head-Agr

so

Conj0

CP

wie Anna läuft so schnell

Maria

(...)

LF-Bewegung (QR)

487 Auch hier könnten im Sinn des Minimalismus zusätzlich Merkmale wie [+ compar] oder [+ sim] in jeweils interpretierbarer Ausprägung an -er bzw. so und uninterpretierbar an der Vergleichspartikel angenommen werden, um die Selektionsbeziehung via Spezifizierer-KopfKongruenz zu erfassen, wobei die Möglichkeit besteht, dass die Verteilung der interpretierbaren bzw. uninterpretierbaren Variante des jeweiligen Merkmals diachron durch Desemantisierung aufgrund von Merkmalsökonomie variiert, vgl. Fußn. 480, s. auch Kap. 7.3.5.

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

503

Die Entsprechungen zur Koordinationsstruktur in (790) sind offensichtlich. Als bzw. wie besetzen die bei Koordination von und eingenommene, beide Konjunkte verbindende funktionale Kopfposition. Der Vergleichsstandard entspricht der YP in (790), der Restsatz der XP. Zu einer koordinationsartigen Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz passt die oben in Kap. 8.1 vorgeschlagene Analyse der Vergleichspartikeln als Conj0 sehr organisch, wobei diese Analyse jedoch nicht notwendigerweise auf eine Koordinationsstruktur hinausläuft, sondern prinzipiell auch mit einer relativsatzartigen Anbindung an den Restsatz kompatibel ist. Ein Argument gegen die Analyse in (791) bzw. (792) stellt die oben in (778) und (779) illustrierte Beobachtung dar, dass im Deutschen je nach Vergleichsart das Tertium Comparationis und/oder das Korrelat zusammen mit dem Vergleichsstandard topikalisiert, also ins Vorfeld bewegt werden können und somit syntaktisch mit dem Vergleichsstandard eine Konstituente bilden. Der Vergleichsstandard ist dafür hier in der syntaktischen Struktur zu hoch angebunden. Eine derartige Konstituente wäre daher allenfalls durch komplexe und schwer zu motivierende syntaktische Operationen wie Leerung der GesamtConjP bis auf Tertium Comparationis und Vergleichsstandard und anschließendes Remnant-Movement abzuleiten, so dass auch diese Analyse nicht unproblematisch ist. Insofern Vergleichskonstruktionen sowohl Merkmale von Subordination (Relativsätzen) als auch von Koordination aufweisen, könnte es eine vielversprechende Perspektive für die weitere syntaxtheoretische Erforschung der Vergleiche sein, sie im Kontext sonstiger Fälle im Überschneidungsbereich von Subordination und Koordination zu betrachten. Zu den Konstruktionen, die ähnlich wie Vergleiche sowohl koordinationsartige als auch relativsatzartige, allgemeiner subordinationsartige, bzw. hauptsatz- und nebensatzartige Eigenschaften aufweisen und damit die binäre Unterscheidung von Subordination und Koordination in Frage stellen und eher als Kontinuum erscheinen lassen, gehören u. a. die asymmetrische Koordination, Verbzweit-Relativsätze und Verbzweit-Adverbialsätze, vgl. zu nicht-kanonischen Nebensätzen im Deutschen, u. a. Fabricius-Hansen (1992), Reis (1997), Axel-Tober (2012). Im Fall der asymmetrischen Koordination wird ein Satz mit einem anderen durch und verbunden, ohne dass koordinationstypische Eigenschaften wie Gleichartigkeit der Konjunkte (‚External Homogeneity Condition‘) oder die Möglichkeit des Across-the-Board-Movements etc. vorliegen, vgl. Höhle (1990, 1991), Reich (2009, 2013). Büring/Hartmann (1998) schlagen daher eine Analyse vor, in der die Konjunkte nicht, wie sonst bei Koordination, Argumente von und sind, sondern und vielmehr an das Zweitkonjunkt adjungiert ist und dieses wiederum nicht an das gesamte Erstkonjunkt, sondern innerhalb desselben (an

504

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

I‘) adjungiert und damit in das Erstkonjunkt integriert ist wie in (793).488 Da bei asymmetrischer Koordination jedoch gerade die für Koordination und auch für Vergleiche typischen Eigenschaften nicht vorliegen, lässt sich diese Analyse nicht ohne Weiteres auf die Vergleichskonstruktionen übertragen. (793)

Asymmetrische Koordination (nach Büring/Hartmann 1998): CP1 C wenn

IP du

I‘ CP2

I‘ nach Hause kommst und

CP2

der Gerichtsvollzieher steht vor der Tür

Zu den Konstruktionen im Überschneidungsbereich von Subordination und Koordination gehören aber interessanterweise auch bestimmte Arten von Relativsätzen. Damit stellen Relativsatzartigkeit und Koordinationsartigkeit keine grundsätzlichen Gegensätze dar.489 Während kanonische Relativsätze i. d. R. als an die Bezugs-NP (oder DP) adjungiert analysiert werden, vgl. Stockwell et al. (1973), Haegeman (1991) etc.,490 ist für nicht-kanonische Relativsätze im Deutschen, die sich durch ihre Verbzweitstellung und eine Reihe weiterer syn-

488 Weisser (2015) schlägt demgegenüber eine Analyse mit abgeleiteter Koordination (‚derived coordination‘) vor: Die grundsätzliche Struktur entspricht der in (790), wobei die Position des Erstkonjunkts (Spezifizierer des Koordinationskopfes) erst durch Bewegung eines Elements aus dem Zweitkonjunkt gefüllt wird und dadurch gleichermaßen subordinations- und koordinationsartige Eigenschaften vorliegen. 489 Brandner/Bräuning (2013: 147 f.) argumentieren aus semantischer Sicht dafür, dass Koordination wesentlicher Bestandteil von Relativsätzen wie von Äquativvergleichen ist, indem logische Konjunktion Bestandteil der Interpretation ist und zudem jeweils eine Gleichsetzung vorliegt (Relativsatz: (das) Buch, das Hans mag: x ist ein Buch und Hans mag y, wobei x = y; Äquativ: Hans läuft so schnell wie der Wind: Hans’ Laufen hat eine Geschwindigkeit x und der Wind hat eine Geschwindigkeit y und x = y), s. auch Fußn. 474. 490 Gemäß dieser klassischen Analyse ist die Bezugs-NP extern zum Relativsatz (‚Head external analysis‘), vgl. (i). Demgegenüber stammt die Bezugs-NP nach der sogenannten RaisingAnalyse (Vergnaud 1974, Kayne 1994, Bianchi 1999) aus dem Relativsatz, vgl. (ii). Eine weitere alternative Analyse ist die sogenannte Matching-Analyse (Sauerland 1998), der zufolge im

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

505

taktischer und semantischer Eigenschaften von kanonischen Relativsätzen unterscheiden, laut Gärtner (2001) eine parataktische, quasi-koordinative Anbindung an den Restsatz anzunehmen wie in (794) (vgl. auch Endriss/Gärtner 2005, zum historischen Deutschen Axel-Tober 2012). Diese Struktur mit dem dem Koordinationskopf entsprechenden Kopf Π, der die beiden Teilsätze verbindet, indem er beide als Argumente (Komplement bzw. Spezifizierer) nimmt, entspricht der üblichen für Koordination angenommen syntaktischen Struktur (790). Der einzige Unterschied zur Koordination ist die Tatsache, dass der verbindende Kopf laut Gärtner (2001) (wie der C-Kopf eines kanonischen Relativsatzes) das Merkmal [+ REL] aufweist. (794)

V2-Relativsatz (nichtkanonischer Relativsatz) (nach Gärtner 2001): ΠP CP1

Das Blatt hat eine Seite

Π‘

Π [+ REL]

CP2 die ist ganz schwarz

Auf die Vergleichskonstruktionen übertragen entspricht diese Struktur unter der Annahme, dass die Vergleichspartikel die verbindende, hier Π genannte Position besetzt, im Wesentlichen der von Matos/Brito (2008) vorgeschlagenen koordinativen Vergleichsstruktur. Vergleichssätze und nicht-kanonische Relativsätze hätten damit eine ähnliche syntaktische Struktur, die ähnliche Eigenschaften wie Relativsatzartigkeit und gleichzeitig Koordinationsartigkeit abbilden würde. Es bestehen jedoch auch semantische und syntaktische Unterschiede zwischen Vergleichen und Verbzweit-Relativsätzen – abgesehen von den oben diskutierten Unterschieden hinsichtlich Möglichkeiten der Extraktion und Tilgung/Ellipsenbildung, die generell zu Relativsätzen (auch zu Verbzweit-Relativsätzen

Relativsatz eine obligatorisch unter PF-Identität gelöschte Entsprechung der matrixinternen Bezugs-NP vorhanden ist, vgl. (iii). (i) [DP [D das] [NP [NP Buch] [CP [dasi] [C‘ [C + REL] [IP Hans ti mag]]]]] (ii) [DP [D das] [NP [NP Buchj] [CP [das tj]i [C‘ [C + REL] [IP Hans ti mag]]]]] (iii) [DP [D das] [NP [NP Buch] [CP [das Buch]i [C‘ [C + REL] [IP Hans ti mag]]]]] Eine Analyse, gemäß der die Bezugs-NP wie in der Head-external-Analyse nicht aus dem Relativsatz stammt, der Relativsatz selbst aber nicht an NP adjungiert, sondern Argument (Spezifizierer) des D-Kopfes ist, vertritt Sternefeld (2008: 379), s. auch Fußn. 477.

506

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

trotz deren Koordinationsartigkeit) bestehen. So werden Verbzweit-Relativsätze beispielsweise immer restriktiv interpretiert, Vergleiche können jedoch auch parenthetisch bzw. weiterführend verwendet werden. Verbzweit-Relativsätze kommen stets in extraponierter Stellung vor, d. h. erscheinen obligatorisch im Nachfeld. Vergleiche stehen zwar häufig extraponiert, können jedoch auch im Mittelfeld oder je nach Vergleichsart zusammen mit dem Korrelat und/oder Tertium Comparationis im Vorfeld stehen. Soweit diese und weitere unterscheidende semantische und syntaktische Eigenschaften von Verbzweit-Relativsätzen aus der angenommenen Struktur folgen, sollte sich die syntaktische Struktur der Vergleiche in dieser Hinsicht unterscheiden. Es scheinen jedoch nicht alle Eigenschaften der Verbzweit-Relativa unmittelbar mit der syntaktischen Struktur zusammenzuhängen. So ist noch für eine andere, semantisch deutlich andere Art von Relativsätzen ebenfalls eine quasi-koordinative Struktur vorgeschlagen worden: für nicht-restriktive (appositive) Relativsätze. Die Eigenschaft der restriktiven oder nicht-restriktiven Lesart kann daher nicht unmittelbar an die koordinationsartige Struktur gebunden sein. De Vries (2006) setzt für nicht-restriktive Relativsätze eine Struktur mit zwei koordinierten DPs an, deren zweite das phonetisch leere Bezugselement des Relativsatzes enthält, vgl. (795). (795)

Nicht-restriktiver (appositiver) Relativsatz (nach de Vries 2006): CoP DP1 Anna

Co‘ Co &

DP2 N+D

CP die

C‘ ich t kenne

Zu den nicht-kanonischen Nebensätzen, die – ähnlich wie die Vergleichskonstruktionen – die klassische Unterscheidung zwischen Koordination und Subordination problematisch erscheinen lassen, gehören im Deutschen des Weiteren die Verbzweit-Adverbialsätze (z. B. weil-Verbzweit-Sätze, obwohl-VerbzweitSätze, denn-Sätze). Antomo/Steinbach (2010) schlagen für weil-VerbzweitSätze ebenfalls eine koordinationsartige, der von Gärtner (2001) für VerbzweitRelativsätze angenommenen entsprechende Struktur vor, vgl. (796) (dazu kritisch Reis 2013).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

(796)

507

weil-Verbzweit-Satz (nach Antomo/Steinbach 2010): ΠP CP1

Anna ist schon gegangen

Π‘

Π weil

CP2 sie muss morgen früh raus

Hier wird weil ähnlich wie in der koordinationsartigen Analyse der Vergleiche in (791) bzw. (792) die Vergleichspartikel als Koordinationskopf analysiert. Freywald (2016) analysiert weil-Verbzweit-Sätze und andere nichtkanonische Adverbialsätze im Rahmen eines auf Reis (1997) aufbauenden graduellen Konzeptes von Koordination und Subordination und vor dem Hintergrund der Annahme einer Split-CP, vgl. Rizzi (1997). Demzufolge ergeben sich die jeweiligen Eigenschaften von Nebensätzen bezüglich Integration und Subordination (Abhängigkeit) grundsätzlich aus drei Faktoren: (i) der Strukturgröße des Nebensatzes (FinP/ForceP), (ii) der (A)Symmetrie der Verknüpfung und (iii) der Anknüpfungsebene im Matrixsatz. So sind unintegrierte Adverbialsätze mit den Merkmalen [− integriert, − abhängig],491 beispielsweise weiterführende Nebensätze, an die ForceP des Matrixsatzes adjungiert, periphere Adverbialsätze mit den Merkmalen [+ integriert, ± abhängig] dagegen an die FinP, zentrale Adverbialsätze mit den Merkmalen [+ integriert, + abhängig] an die VP. Die mit den Merkmalen [− integriert, − abhängig] charakterisierbare Verbzweit-Adverbialsätze einleitenden Konjunktionen sind nicht als Einleitungselemente im eigentlichen Sinn anzusehen, sondern stellen ‚parataktische Konjunktionen‘ dar, die eher zwischen den Sätzen stehen (laut Freywald (2016) sind sie an den zweiten Teilsatz/ForceP2 adjungiert, dies erinnert an die von Munn (1993) vorgeschlagene Koordinationsstruktur, vgl. Fußn. 486):492 Die Verknüpfung der Sätze erfolgt durch die Diskursbeziehung. Somit ist nicht nur der Status des Einleitungselements und die Art der Anbindung, sondern auch die Höhe der Anbindung an den Restsatz maßgebend für die größere Koordinations- oder Subordinationsartigkeit der Verknüpfung. Eine ähnlich hohe Anbindung an den Restsatz wie im Fall der Verbzweit-Adverbialsätze, die möglicherweise nur

491 Hierzu ist nach Axel-Tober (2012: 24) auch das korrelative Diptychon (s. u.) zu rechnen. 492 Die Eigenschaften, eine ‚parataktische Konjunktion‘ zu sein und ‚zwischen den Sätzen‘ zu stehen, kommen weil auch in der koordinationsartigen Analyse von Antomo/Steinbach (2010) zu.

508

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

durch den Diskurs mit dem Restsatz verbunden sind, kommt jedoch für die Vergleichssätze nicht in Frage. Hinweise auf die Anbindung von Vergleichen an den Restsatz ergeben sich ggf. auch aus der Nähe der Vergleichskonstruktionen zu Korrelativkonstruktionen, die in der koordinationsartigen Analyse der Vergleiche von Matos/Brito (2008) ebenfalls eine zentrale Rolle spielt.493 Insbesondere für die Äquativvergleiche, die nach Haspelmath/Buchholz (1998) in den typischen europäischen Sprachen auf Korrelativkonstruktionen zurückgehen, aber auch für die Komparativvergleiche, die aufgrund des Komparativzyklus oft formal von Äquativvergleichen abgeleitet sind, ist dies in Betracht zu ziehen. Wie oben in Kap. 2.2 besprochen, nimmt etwa Desportes (2008) für das althochdeutsche äquativische so … so explizit an, dass dieses Muster auf entsprechenden indogermanischen Korrelativkonstruktionen beruhe. Diese auch als korrelatives Diptychon bezeichnete, in einigen indogermanischen Sprachen bis heute belegte Struktur, besteht aus einem i. d. R. vorausgehenden Relativsatz, auf den ein Demonstrativpronomen (Korrelat) im nachfolgenden Teilsatz anaphorisch verweist, d. h. der Relativsatz und das Demonstrativum sind koindiziert (vgl. auch Kiparsky 1995). Der Relativsatz (CP2) wird dabei nach Keenan (1985), Dayal (1996), de Vries (2002) als an den gesamten Restsatz (CP1) adjungiert analysiert wie in (797), ist also nicht in diesen eingebettet. Das mit dem Relativsatz koindizierte Korrelat im Restsatz kann unter Umständen auch phonetisch leer sein (pro). (797)

Korrelativkonstruktion (korrelatives Diptychon) (nach Keenan 1985, Dayal 1996, de Vries 2002): CP1 CP2j welcher/der …

CP1 … [der/pro]j …

In Vergleichen, etwa in Äquativen im heutigen Deutschen, würde der mit wie eingeleitete Vergleichsstandard der relativischen CP2 entsprechen und der Restsatz der CP1, die das anaphorische Korrelat (so) enthält. Die Abfolge ‚wie … so‘ (Vergleichspartikel … Korrelat) entspricht dabei laut Desportes (2008) auch der ursprünglichen Abfolge in Vergleichskonstruktionen. Im historischen Korpus der vorliegenden Untersuchung überwiegt sie bei Nicht-Grad-Äquati-

493 Eine Korrelativ-Analyse für Vergleiche schlägt auch den Dikken (2009) vor, allerdings nur für proportionale Vergleiche (je … desto).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

509

ven, die auch sonst in verschiedener Hinsicht als Ausgangspunkt der Entwicklung bei Vergleichen anzusehen sind (vgl. Kap. 7.3.5), während die Abfolge ‚so … wie‘ (Korrelat … Vergleichspartikel), die laut Desportes sekundär ist, im hier untersuchten Korpus insbesondere bei Grad-Äquativen vorkommt. Auch für andere syntaktische Strukturen des Deutschen bildete nach neueren Forschungserkenntnissen das korrelative Diptychon die Ausgangsstruktur, so laut Axel-Tober (2012) für die dass-Sätze und die mit d-Pronomen eingeleiteten Relativsätze. Die dass-Sätze sind durch Reanalyse von mit dem Relativum thaz eingeleiteten, mit einem phonetisch leeren Korrelat im Restsatz koindizierten und an den Restsatz adjungierten Relativsätzen zu in die VP des Restsatzes integrierten Komplementsätzen entstanden. Die Ausgangsstruktur für die Reanalyse bildet damit ein korrelatives Diptychon (mit gedrehter Abfolge von CP1 und CP2) wie in (798). (798)

Ausgangsstruktur bei Entstehung der dass-Sätze (nach Axel-Tober 2012): CP1 CP1 … proj …

CP2j OPk

C‘ C0

IP

thaz

… tk …

Auch die mit d-Pronomen eingeleiteten, in den Matrixsatz integrierten Relativsätze sind laut Axel-Tober (2012) durch Reanalyse aus Korrelativstrukturen entstanden. Ausgangspunkt bildet das korrelative Diptychon in seiner typischen, in (797) angegebenen Form mit vorausgehendem Relativsatz (CP2), der das entsprechende d-Relativum enthält, aber an den Restsatz (CP1), der seinerseits ein anaphorisch auf den Relativsatz Bezug nehmendes Pronomen (Korrelat) enthält, nur adjungiert ist, vgl. (799 a). Syntaktisch ambige Korrelativstrukturen, in denen dem anaphorischen Pronomen im Restsatz (CP1) nichts vorausging, vgl. (799 b), wurden nun als Linksversetzungskonstruktionen eines eingebetteten (freien) Relativsatzes aufgefasst. Die erfolgte Reanalyse wird ersichtlich anhand von Strukturen ohne anaphorisches Pronomen, in denen das finite Verb des Matrixsatzes (CP1) unmittelbar auf den Relativsatz folgt, dieser also im Vorfeld des Matrixsatzes steht und damit nunmehr eindeutig eine Konstituente des Matrixsatzes bildet, vgl. (799 c).

510 (799)

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Entstehung der eingebetteten d-Relativsätze (nach Axel-Tober 2012): a. [Rel. d- …] [XP Vfin d- …] (= klar korrelatives Diptychon) b. > [Rel. d- …] [d- Vfin …] (= ambig) c. > [Rel. d- …] [Vfin …] (= klar eingebetteter (freier) Relativsatz)

Aufgrund dieser Reanalyse dürften auch Strukturen möglich geworden sein, in denen das Korrelat des Relativsatzes mit diesem zusammen im Vorfeld des Matrixsatzes steht, d. h. statt Linksversetzung des Relativsatzes und Wiederaufnahme durch das anaphorische Korrelat (z. B. [Der den Schaden hat], der braucht für den Spott nicht zu sorgen) vorausgehendes Korrelat und Relativsatz als eine gemeinsame Konstituente (z. B. [Der, [der den Schaden hat,]] braucht für den Spott nicht zu sorgen.) In gleicher Weise wäre die Möglichkeit der Konstituentenbildung aus Korrelat und Vergleichsstandard in Vergleichskonstruktionen als durch Reanalyse auf der Grundlage einer ursprünglichen Korrelativstruktur ermöglicht, zu erklären (z. B. [Wie Anna läuft] [so läuft Maria] – nach Reanalyse als Linksversetzung auch möglich: [So [wie Anna läuft,]] läuft Maria). Dies würde die ansonsten bei der korrelativen wie bei der koordinativen Analyse schwer ableitbare Konstituentenbildung des Vergleichsstandards mit dem Korrelat und/oder Tertium Comparationis ermöglichen. Zu klären wäre bei dieser Analyse, ob die koordinationsartigen Eigenschaften von Vergleichskonstruktionen im Zusammenhang mit der ursprünglichen korrelativen Struktur erklärbar sind und inwieweit die Analyse auf Komparativvergleiche übertragbar ist, wie Matos/Brito (2008) mit der Analyse der korrelativen Koordination annehmen. Osborne (2009) argumentiert dafür, dass bei Vergleichskonstruktionen parallel verschiedene Strukturen vorkommen und der Vergleichsstandard in manchen Fällen koordinationsartig, in anderen subordinationsartig an den Restsatz angebunden ist. Nach der hier angedeuteten diachronen Analyse würden damit parallel der Ursprungsstruktur entsprechende koordinationsartige und durch Reanalyse ermöglichte subordinierte Anbindung möglich sein. Entsprechendes ließe sich etwa in einem repräsentationellen Ansatz fassen, wie ihn Koster (2000) für die Anbindung von Relativsätzen an ihre Bezugs-NP und für Subjekt- bzw. Objektsätze an ihr (ggf. leeres) Korrelat vorgeschlagen hat. Er setzt einen wiederum koordinationsartigen, beide Elemente verbindenden und bei Koordination durch den Operator und overt realisierten Kopf an, den er durch : symbolisiert. Dieser kann unterschiedlich komplexe Projektionen als Erstglied (Spezifizierer) nehmen, so dass Adjazenz zum Bezugselement oder Nachfeldstellung (Extraposition) als Strukturvarianten direkt abgeleitet werden können, etwa im Fall von Relativsätzen durch eine bloße NP/DP oder eine IP/AgrP als Erstkonjunkt, vgl. (800 a vs. b).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

(800) a.

511

:P NP den Mann

:‘ :

CP der alles weiß

b.

:P :‘

AgrOP den Mann gesehen

:

CP der alles weiß

Die parallel projizierte CP spezifiziert dabei das Bezugselement.494 Diese Analyse bietet auch eine natürliche Erklärung für das beschriebene Vorkommen von und in Relativsätzen im historischen Deutschen und anderen Sprachen: hier wäre der Bezugselement und Relativstz verbindende Kopf ebenfalls overt.495 Auf die Vergleichskonstruktionen ließe sich die Analyse von Koster (2000) übertragen, indem die Vergleichspartikeln als weitere mögliche overte Realisierungen des koordinationsartigen Kopfes (: bzw. Conj0) analysiert werden (neben und, das ja historisch auch in Vergleichen auftritt!) und ähnlich wie bei den Relativ-, Subjekt- und Objektsätzen Anbindung an unterschiedlich komplexe Erstkonjunkte (z. B. an Deg0/AP, an IP etc.) erfolgt, wodurch unterschiedliche Wortstellungsoptionen und mehr oder weniger sub- bzw. koordinationsartige Eigenschaften zustande kommen. Hier besteht mithin noch Raum für weitere syntaxtheoretische Forschung. Es soll aber hier abschließend noch untersucht werden, wie sich die Frage der externen Syntax des Vergleichsstandards, also der Anbindung an den Restsatz, im Licht der ausgewerteten diachronen und dialektalen Daten darstellt.

494 Dieser Analyse ähnelt die von Sudhoff (2003) für Proform-es und dass-Satz (z. B. Ich glaube, dass Anna es gesagt hat, dass Maria wegfährt), gemäß der der dass-Satz als quasi-explikatives Rechtsadjunkt zur Matrix-CP basisgeneriert wird, im Gegensatz zu Platzhalter-/Korrelat-es mit dass-Satz (z. B. Anna ärgert es, dass Maria wegfährt), wo der dass-Satz als Komplement des (ggf. leeren) D0 es im Mittelfeld basisgeneriert und ggf. anschließend ins Nachfeld bewegt wird. 495 Brandner/Bräuning (2013) argumentieren aus semantischer Sicht ebenfalls dafür, dass Relativsätze (wie Äquativvergleiche) eine Koordination enthalten, s. o. Fußn. 489.

512

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

In der Tat sprechen auch diese Daten nicht ausschließlich für eine relativsatzartige/subordinationsartige oder für eine koordinationsartige Anbindung, sondern verdeutlichen nochmals nachdrücklich den bemerkenswerten Janus-köpfigen Charakter von Vergleichskonstruktionen. Wie bereits erwähnt gibt es in etlichen Fällen diachron einen Zusammenhang zwischen Vergleichspartikeln und relativsatz-einleitenden Elementen – auch in der Geschichte des Deutschen. Zum einen besteht ein im Deutschen mehrfach beschrittener Grammatikalisierungspfad von Äquativpartikeln zu Relativpartikeln (Relativsatzkomplementierern), vgl. Erdmann (1874–1876, I: 56 f.), DWB (16: 1341–1385), Paul (2007: 426 f.), Ferraresi/Weiß (2011).496 Die althochdeutsche Äquativpartikel so wird im historischen Deutschen bis ins frühe Neuhochdeutsche als Relativpartikel verwendet wie in (801), vgl. Behaghel (1923–32, III: 285–288, 729 f.), DWB (16: 1341–1385), Schrodt (2004: 168 f.), Paul (1920: 238), s. auch oben Kap. 2.2, Fußn. 67. Auch die im Mittelhochdeutschen in Äquativen insgesamt überwiegend gebrauchte Vergleichspartikel als(o) taucht sekundär als Teil von Relativsatzeinleitungen auf und wird so bis ins Frühneuhochdeutsche verwendet, s. o. Kap. 7.3.3, vgl. Paul (2007: 426), MWB (1: 168–173), Ebert et al. (1993: 447) – teils zusammen mit einem Relativpronomen (vor diesem), vgl. Beispiel (656), hier wiederholt als (802 a) (s. auch Ebert et al. 1993: 446), teils allein, vgl. (802 b). Auf Grundlage der ebenfalls im Mittelhochdeutschen belegten Verwendung von und(e) als Äquativpartikel hat sich auch dieses zur Relativpartikel entwickelt, wie (803) illustriert, vgl. Paul (2007: 427), Ferraresi/Weiß (2011), s. auch oben Kap. 3.2, Fußn. 144. Neben dem Grammatikalisierungspfad von Äquativpartikeln zu Relativpartikeln besteht auch ein gleichsam in die umgekehrte Richtung verlaufender, für die europäischen Sprachen typischer Grammatikalisierungspfad von Relativadverben zu Äquativpartikeln. Die spätere Äquativpartikel wie, die im Lauf des Frühneuhochdeutschen als ersetzte, ist, wie oben in Kap. 8.1.2 dargestellt, abgeleitet aus mhd. (s)wie < ahd. (so) wio (so). Das komplexe w-Adverb so wio so entspricht morphologisch den besonderen w-Pronomen so waz so und so wer so, die typischerweise freie Relativsätze einleiten. Den Ausgangspunkt der Grammatikalisierung der Vergleichspartikel wie bilden damit, wie oben erläutert, modale freie Relativsätze. Im Frühneuhochdeutschen ist dann, wiederum dem erstgenannten Grammatikalisierungspfad folgend, ausgehend von der Verwendung von wie als Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen (‚modal-vergleichende Verwendung‘) die Entwicklung auch von wie zur Relativpartikel zu beobachten,

496 Die Entstehung von Relativpartikeln aus Äquativpartikeln lässt sich auch in anderen Sprachen nachweisen, etwa in den skandinavischen Sprachen im Fall von som (vgl. Brandner/ Bräuning 2013).

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

513

s. Beispiel (804 a), vgl. Ebert et al. (1993: 448, 479). Als Relativpartikel lässt sich wie bis heute dialektal nachweisen, etwa in bestimmten bairischen Varietäten, s. o. Beispiel (733), hier wiederholt als (804 b). (801)

so als Relativpartikel: Der hielts dafür, das jm der zan, so jhm zuvor hat weh gethan, solt heylen. (Alberus, Fabeln 20, 26, nach DWB 16: 1384)

(802)

als als Relativpartikel: a. Die speiß die jch euch geben werde (wolche wort hie Emphatica sein) als durch wólche der Herr nit ein gemein / aber ein sondere speiß […] zuverstehē geben wil / welche dan ist (wie da folgt) sein eigen Fleisch. ‚Die Speise, die ich euch geben werde (was hier Emphatica ist), durch welche der Herr nicht eine übliche, sondern eine besondere Speise zu verstehen geben will, welche (wie folgt) sein eigenes Fleisch ist.‘ (JGrop 8v, 8–11) b.

die zwene gulden, als sie yme, wie vorstet, geben han (Frankfurter Urkunden 138, nach Ebert et al. 1993: 447)

(803) unde als Relativpartikel: in elliu diu und er tete, so hête er gůte site. ‚in allem dem, was er tat, hatte er vortreffliches Verhalten‘ (Wiener Genesis 3687 f., nach Paul 2007: 406) (804) wie als Relativpartikel: a. der ein war aber insunderheit ein nidrige hadermetz wie man ir wol mer findt ‚deren eine insbesondere war aber eine gemeine, zänkische Frau, von denen man wohl noch mehr findet‘ (Wickram 57, nach Ebert et al. 1993: 479) b.

so das ma do ned iba de norm khema san, de wia se aufgschdaid ham ‚so dass wir da nicht über die Norm gekommen sind, die sie aufgestellt haben‘ (Bairisch, nach Eroms 2005)

Die Ähnlichkeit der Vergleiche zu Relativsatzstrukturen zeigt sich in der Sprachgeschichte auch hinsichtlich weiterer, für beide Konstruktionstypen ty-

514

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

pischer Grammatikalisierungspfade. So besteht ein vielbegangener Grammatikalisierungspfad darin, dass ein ursprüngliches Matrixbezugselement zu einem Relativsatz selbst zum Teil der Nebensatzeinleitung reanalysiert wird. Dies ist beispielsweise, wie oben in Kap. 8.1.1 erwähnt, im Fall der Grammatikalisierung der Konjunktion weil auf Grundlage des Nomens wîle ‚Zeit/Weile‘ und zugehörigem Relativsatz zu beobachten, wie in (805) angegeben.497 Das Bezugsnomen wird zur Nebensatzeinleitung reanalysiert und letztlich zur heutigen Konjunktion weil, vgl. u. a. Paul (2007: 406, 417, 430), Szczepaniak (2011: 175–178), Weiß (2012: 147). (Zusätzlich ist in diesem Fall ein semantischer Wandel von einer temporalen zu einer kausalen Relation auf Grundlage einer entsprechenden Implikatur eingetreten, der sprachvergleichend ebenfalls häufig auftritt, vgl. engl. since.) (805)

… die wîle [daz/so/unde …] ‚in der Zeit, in der …‘

>

… [(die)weil …] ‚während/weil‘

In gleicher Weise wird, wie oben in Kap. 7.2, unter (599) dargestellt, in Vergleichskonstruktionen im Deutschen und anderen Sprachen vielfach ein Matrixbezugselement, etwa ein Korrelat o. ä., zum Teil des Vergleichsanschlusses reanalysiert und letztlich eine neue Vergleichspartikel grammatikalisiert, wie in (806) schematisch dargestellt (vgl. auch (711)). (806) … so [so …] … als [wie …] … in massen [als/wie …] ‚… {so / in dem Maß} wie …‘

> > > >

… [soso…] … [als wie …] … [inmassen …] ‚… wie …‘

Auch die Tatsache, dass im historischen Deutschen uneingeleitete Vergleichssätze vorkommen, vgl. u. a. Kap. 3.2, Bsp. (179), hier wiederholt als (807), spricht für eine Ähnlichkeit zu Relativsätzen, da in der deutschen Sprachgeschichte auch Relativsätze ohne Einleitungselement, sogenannte asyndetische Relativsätze, belegt sind, vgl. Behaghel (1923–32, III: 742–745), Schrodt (2004: 174 f.), Paul (2007: 407 f.), Axel-Tober (2012: 230–234).498

497 In diesen Relativsätzen ist daz ähnlich wie that in englischen Relativsätzen als Relativpartikel (Relativsatzkomplementierer in C0), nicht als Relativpronomen (in SpecCP) zu analysieren, vgl. Axel-Tober (2012). 498 Insofern Asyndese natürlich auch bei Koordination möglich ist, kann man hierin jedoch auch eine Ähnlichkeit zu Koordinationsstrukturen sehen.

8.3 Die syntaktische Anbindung des Vergleichsstandards

(807)

515

Äquativ (Grad-Äquativ) ohne Vergleichspartikel: ſo ſchiere ich danne mineſ vatir pfellince ane geſehin mac ſo laz mich ſterbin ‚So bald (wie) ich dann meines Vaters Palast sehen kann, so lass mich sterben‘ (PrMK 4r, 31 f.)

Doch auch die Nähe von Vergleich und Koordination wird durch die diachronen Daten gestützt. So stellt bereits Small (1924: 35) fest, „the comparison of equality is fundamentally coordinate“. Er führt in diesem Zusammenhang die Verwendung ansonsten auch als koordinierender Konjunktionen vorkommender Lexeme als Äquativ- und Komparativpartikeln an (Small 1924: 35, 55),499 etwa äquativisches atque und et sowie komparativisches et im Lateinischen (z. B. Lux longe alia est solis et lychorum − Cicero, Pro. Caelio, 28, 67) oder das oben in Kap. 3. bereits diskutierte vergleichende und(e) im Mittelhochdeutschen (vgl. auch Paul 2007: 427; Ferraresi/Weiß 2011), wie in Beispiel (176), hier wiederholt als (808). (808) Äquativ (Grad-Äquativ) mit und(e): Ez ſol auch ieclich flaiſchhacker ſeín flaiſch svnd’n, daz puͤckein von dem ſchefeín, vn̄ ſol ieclich flaiſch da fuͤr geben, vnd eſ iſt. als dicke, vnd er daz bricht, als dick gibt er ſehtzic pfenninge ‚Es soll auch jeder Fleischer sein Fleisch trennen, das Bocksfleisch vom Schafsfleisch, und soll jedes Fleisch dafür ausgeben, was es ist. So oft, wie er das bricht (dagegen verstößt), so oft zahlt er 60 Pfennige‘ (Nürnberger Stadtbuch 4rb, 11–16) Die Partikel unde kam aber im historischen Deutschen wie erwähnt auch als Relativpartikel vor, vgl. (803), was wiederum die Zwischenstellung von Vergleichen zwischen Relativsätzen und Koordinationsstrukturen hervorhebt, wobei laut Paul (2007: 426) wie oben besprochen die Verwendung als Relativpartikel aus dem ‚modal-vergleichenden‘ Gebrauch, also aus der Verwendung als Äquativpartikel in Nicht-Grad-Äquativen, hervorgegangen ist, vgl. auch Ferraresi/ Weiß (2011). Auch die Vergleichspartikeln als und wie wurden seit dem Frühneuhochdeutschen koordinierend verwendet, s. oben Kap. 4.2 und 5.2, Beispiele (333)

499 Vgl. zum Gebrauch von koordinierenden Konjunktionen als Vergleichspartikeln auch Ziemer (1884: 199 f., 217 f.: lat. et, atque, agriech. chaí, lit. kaĩ, anord. og, enn, ae. and), Stassen (1985: 60, 189: Javanesisch karo ‚und‘/‚als‘).

516

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

und (334), hier wiederholt als (809) und (810). Zudem hat sich seit dem Frühneuhochdeutschen durch Grammatikalisierung von Grad-Äquativen mit wohl ‚gut‘ als Tertium Comparationis die koordinierende Doppel-Konjunktion sowohl … als (auch) … entwickelt wie in (811), s. Kap. 5.2, Beispiel (450) (vgl. auch ebenso entstandenes engl. as well as). Auf der Grundlage von koordinierendem so … als wie in (812) (s. auch oben Kap. 5.2, Beispiel (449)) und dem Komparativzyklus entsprechend späterem so … wie, vgl. (813), ist schließlich durch Univerbierung des Korrelats so und der Äquativpartikel wie seit dem 18. Jahrhundert die koordinierende Konjunktion sowie entstanden. Diese Grammatikalisierungsphänomene basieren nicht nur auf der syntaktisch-strukturellen Nähe von Vergleich und Koordination, sondern auch auf der Semantik von Äquativen: wenn einem Gegenstand so (gut) wie einem anderen eine bestimmte Eigenschaft zukommt, dann kommt sie dem einen und dem anderen Gegenstand zu. (809) Koordinierendes als: Die Buͤrger Reich vnd Arm / Trachteten nicht nach eigenem sondern nach gemeinem nutze / dem Armen als dem Reichen. ‚Die Bürger – ob reich oder arm – trachteten nicht nach eigenem, sondern nach allgemeinem Nutzen für den Armen wie den Reichen.‘ (JBang 5v, 25 f.) (810)

Koordinierendes wie: Wer durch seine vernunfft Recht fand vnnd Recht thet dem Armen wie dem Reichen ‚Wer durch seine Vernunft Recht fand und Recht tat dem Armen wie dem Reichen‘ (JBang 9r, 22 f.)

(811)

Koordinierendes sowohl als (auch): Und wie ein Medicus damit er so wol seiner eignen Wissenschafft / alß auch andrer Wolstand aufhelffe / den Außrath des Leibs besichtiget ja offt schmecket / und kostet ‚Und wie ein Mediziner, damit er sowohl seiner eigenen Wissenschaft als auch dem Wohlergehen anderer hilft, den Auswurf des Körpers betrachtet, ja oft daran riecht und davon kostet‘ (GHeid 79, 21–25)

(812)

Koordinierendes so als: Vnd ist nit nur mit der Schrifft / sondern auch mit den so geschribenen als muͤndlich vbergegebenen Glaubens bekantnuͤssen geschehen / was S. Augustinus sagt /

8.4 Zusammenfassung

517

‚Und es ist nicht nur mit der Schrift, sondern auch sowohl mit den geschriebenen als auch den mündlich übermittelten Glaubensbekenntnissen geschehen, was St. Augustinus sagt‘ (JRos 16, 31 f.) (813)

Koordinierendes so wie: lasz die thoren, die zu wagen, so wie die zu rosz und fusz, böses oder gutes sagen. ‚Lass die Toren, die mit dem Wagen unterwegs sind, sowie die zu Pferd und zu Fuß sind, Böses oder Gutes sagen.‘ (Goeckingk 1, 80 (1772), nach DWB 16: 1361)

Die diachronen und dialektalen Daten aus der vorliegenden Untersuchung können damit insgesamt als weitere wichtige linguistische Argumente für die Nähe der Vergleichskonstruktionen zu Relativsätzen einerseits und zu Koordinationsstrukturen andererseits angesehen werden. Sie veranschaulichen die Zwischenposition der Vergleiche zwischen Subordination und Koordination – ähnlich wie eine Reihe weiterer Konstruktionen in diesem Zwischenbereich, der Raum für weitere syntaxtheoretische Forschung bietet. Die diachronen und dialektalen Daten verdeutlichen dabei nochmals nachdrücklich, dass eine empirisch adäquate Strukturanalyse der Vergleichskonstruktionen sowohl ihre (kor)relativsatzartigen als auch ihre koordinationsartigen Eigenschaften erklären können muss.

8.4 Zusammenfassung Die Untersuchung hat gezeigt, dass die diachronen und dialektalen Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zur syntaxtheoretischen Erforschung der Vergleichskonstruktionen liefern können, indem sie neues Licht auf zentrale syntaktische Fragestellungen werfen und als zusätzliche Argumente für oder gegen spezifische syntaktische Analyseoptionen herangezogen werden können. Zudem verdeutlicht die Analyse des syntaktischen Wandels in Vergleichskonstruktionen den Komparativzyklus begleitende strukturelle Veränderungen, die durch syntaktische Ökonomieprinzipien bedingt sind. Sie stellt die Entwicklung damit in den Kontext anderer in der diachronen Syntaxforschung beschriebener Phänomene. Hinsichtlich der internen Syntax der Vergleiche, genauer der Frage der syntaktischen Position der Vergleichspartikeln, wird in der Literatur zum einen verbreitet angenommen, dass es sich bei den Vergleichspartikeln um Präpositionen handelt. In manchen Sprachen auftretende, scheinbar von der

518

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Vergleichspartikel regierte oblique Kasusformen von Pronomen stellen aber de facto starke Formen der Pronomen dar. Zudem sprechen die verschiedenen bei NP-förmigem Vergleichsstandard auftretenden Kasusformen im Deutschen und anderen Sprachen (Kasustransparenz) gegen die Analyse der Vergleichspartikeln als Präpositionen. Andererseits werden Vergleichspartikeln vielfach als subordinierende Konjunktionen analysiert, wofür auch die obligatorische Verbendstellung in Satzvergleichen im Deutschen zu sprechen scheint. Die Möglichkeit der Kombination von als mit die C0-Position besetzendem ob, wenn oder finitem Verb in hypothetischen Vergleichen verweist dagegen auf eine Position von als oberhalb der Vergleichsstandard-CP (Conj0). Diese Analyseoption wird durch die dialektalen und diachronen Daten gestützt: Aus dialektaler Sicht sprechen hierfür die u. a. im Oberdeutschen zu findenden Kombinationen der Vergleichspartikeln mit weiteren subordinierenden Konjunktionen wie dass (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled Comp). Aus diachroner Sicht wird die heutige Stellung der Vergleichspartikel als oberhalb der C-Projektion verdeutlicht durch den Kontrast zu historischen Daten, in denen als tatsächlich in C0 steht. Diese Vergleichspartikel hat zwei wichtige syntaktische Reanalyse-Schritte durchlaufen: zum einen ist aus matrixinternem adverbialen al ‚ganz‘ und der dazu adjazenten Äquativpartikel so im Lauf des Althochdeutschen die neue, die C0-Position des Vergleichssatzes besetzende Äquativpartikel also geworden. Dass also im Alt- und Mittelhochdeutschen tatsächlich die C0-Position besetzt, belegen Verschmelzungen des also mit einem nachfolgenden Pronomen o. ä. unter Vokalelision (Synaloephe), die nur bei C0-Elementen auftritt. Im Lauf des Frühneuhochdeutschen wurde als(o) dann von der Position C0 in die höhere Position Conj0 reanalysiert. Als Diagnostikum dienen die mit bloßem als eingeleiteten hypothetischen Vergleichssätze, in denen das finite Verb bis ins 16. Jahrhundert in Endposition stand, da als selbst die C0-Position besetzte. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts treten dann hypothetische Vergleiche mit als und Verberststellung wie im heutigen Deutschen auf, da als nun in einer höheren Kopfposition (Conj0) steht (vgl. auch die Kombinationen von als mit dass, weil, wenn und ob) und die C0Position entsprechend für das finite Verb frei ist. Der syntaktische Wandel von als lässt sich auf das unabhängig für andere Phänomene beschriebene syntaktische Ökonomie-Prinzip ‚Late Merge‘ zurückführen, das zu diachroner Aufwärtsbewegung führt. Für die Vergleichspartikel wie ist im heutigen Deutschen anzunehmen, dass sie in der gleichen Kopfposition (Conj0) oberhalb der VergleichsstandardCP steht wie als. Sie unterscheidet sich damit syntaktisch vom phrasalen, aus dem Mittelfeld bewegten und in SpecCP positionierten Interrogativum wie. Dies

8.4 Zusammenfassung

519

gilt nicht nur in Grad-Äquativen, sondern auch in Nicht-Grad-Äquativen, die freien Relativsätzen ähneln, sich jedoch syntaktisch hinsichtlich der Möglichkeit von Ellipsen bzw. des Anschlusses bloßer Phrasen wie NPs etc. von diesen unterscheiden – ebenso wie von mit der subordinierenden Konjunktion wie in C0 eingeleiteten Komplementsätzen zu Wahrnehmungsverben oder Temporalsätzen, weshalb auch die Position C0 für vergleichendes wie ausscheidet. Für die höhere Kopfposition (Conj0) spricht ähnlich wie im Fall von als die Kombinierbarkeit mit wenn in hypothetischen Vergleichen. Die Unmöglichkeit der Kombination von wie mit ob ist der Tatsache geschuldet, dass konditionales ob zur Zeit, als sich wie als Äquativpartikel im Deutschen durchsetzte, bereits durch konditionales wenn abgelöst worden war. Dafür, dass wie nicht mit Verberstsätzen kombinierbar ist, mag die bei der Sprachverarbeitung störende Interferenz mit w-Fragen eine Rolle spielen. Dialektal kommen durchaus hypothetische Vergleiche mit wie und Verberstsatz vor, was ein zusätzliches Argument für die Position von wie oberhalb von C0 darstellt. Auch in einer weiteren Hinsicht stützen die dialektalen Daten diese Analyse: die Vergleichspartikel wie ist dialektal ebenfalls mit subordinierenden Konjunktionen kombinierbar. Auch der Vergleich mit den diachronen Daten verdeutlicht die Stellung des heutigen wie oberhalb der Vergleichsstandard-CP. Hier zeigt sich syntaktischer Wandel ausgehend vom phrasalen althochdeutschen (so) wio (so) in modalen freien Relativsätzen zum mittelhochdeutschen (s)wie in C0-Position – jeweils im Gegensatz zum heutigen Deutschen obligatorisch in vollständigen Sätzen, da nur dort eine C-Schicht vorhanden ist – und schließlich zur Äquativpartikel in Conj0 ab dem 16. Jahrhundert, die dann auch in Phrasenvergleichen, Gapping-Konstruktionen etc. möglich ist wie heute. Parallel dazu entwickelt sich die koordinierende Verwendungsweise von wie, und Kombinationen mit dass sind belegt. Dieser Wandel umfasst damit einerseits einen Wandel von einem phrasalen Element in SpecCP zu einem Kopfelement in C0, der durch das syntaktische Ökonomieprinzip ‚Head Preference Principle‘ zu erklären ist, sowie anschließend aus einer Kopfposition (C0) in eine höhere Kopfposition (Conj0) wiederum auf Grundlage des Prinzips ‚Late Merge‘. Der Wandel der Vergleichskonstruktionen in der Geschichte des Deutschen liefert damit weitere Evidenz für diese unabhängig für andere Sprachen und Phänomene formulierten, syntaktischem Wandel zugrundeliegenden Prinzipien und verdeutlicht das Wirken sprachlicher Ökonomie im Zusammenhang mit dem Komparativzyklus auf der Ebene der Syntax. Eine andere Frage bezüglich der internen Syntax des Vergleichsstandards ist die nach dem syntaktischen Status von Phrasenvergleichen. Gemäß der Ellipsen-Analyse (‚Reduction Analysis‘) liegt auch Vergleichen, in denen die Vergleichspartikel eine bloße NP, PP, AdvP etc. anschließt, immer ein satzwertiger

520

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

Vergleichsstandard zugrunde, der entsprechend elliptisch verkürzt ist. Dagegen besteht nach der ‚direkten Analyse‘ der Vergleichsstandard hier durchaus beispielsweise nur aus Vergleichspartikel und NP. Die Ellipsen-Analyse bietet den Vorteil einer einheitlichen Basisstruktur, zudem muss angesichts von Gapping-Konstruktionen ohnehin Ellipsenbildung in Vergleichen angenommen werden. Ebenso können die verschiedenen möglichen Kasus bei NP-förmigem Vergleichsstandard als durch die getilgte syntaktische Struktur bedingt erklärt werden. Auch die häufige Extraposition des Vergleichsstandards spricht für die Annahme einer stets satzwertigen Struktur. Während die semantische Standardtheorie der Vergleiche ebenfalls i. d. R. von einer satzwertigen zugrundeliegenden Struktur für die Interpretation ausgeht, sind auch Erweiterungen dieser Theorie mit spezieller Interpretation für Phrasenvergleiche vorgeschlagen worden. Auch die verschiedenen Kasus NP-förmiger Vergleichsstandards lassen sich im Rahmen der direkten Analyse erklären, und zwar als Kongruenzkasus in Übereinstimmung mit entsprechenden NPs im Restsatz. Für die direkte Analyse spricht zudem, dass wie erwähnt in einigen Sprachen im Phrasenvergleich starke Pronomen, im Satzvergleich dagegen schwache Pronomen auftreten, was sich nicht durch Ellipse erklären lässt. Die diachronen und dialektalen Daten liefern weitere empirische Argumente für die direkte Analyse. Die Abstufung in der historischen Entwicklung von wie, das zunächst auf Satzvergleiche beschränkt war und erst im späteren Frühneuhochdeutschen auch in Phrasenvergleichen auftritt, spricht für einen Strukturunterschied zwischen Satz- und Phrasenvergleich. Die dialektal auftretenden Kombinationen von Vergleichspartikeln mit subordinierenden Konjunktionen wie dass (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled Comp) sowie die Komplementiererflexion an der Vergleichspartikel oder der auf diese folgenden subordinierenden Konjunktion sind ebenfalls auf Satzvergleiche beschränkt und in Phrasenvergleichen nicht möglich, was bei bloßer Tilgung eines Teils des Vergleichsstandards in Phrasenvergleichen nicht zu erwarten ist. Auch im Hinblick auf die externe Syntax des Vergleichsstandards, d. h. seine syntaktische Anbindung an den Restsatz, bestehen unterschiedliche Analyseansätze in der Forschung. Einerseits ähneln Vergleichskonstruktionen Subordinationsstrukturen, v. a. Relativsätzen u. a. hinsichtlich der Möglichkeiten und Beschränkungen von Extraktion (w-Insel-Effekte). Semantische und syntaktische Evidenz (Topikalisierungsdaten) spricht dafür, dass der Vergleichsstandard in Vergleichen mit Gradsemantik Komplement eines Gradkopfes ist, der das Korrelat so bzw. das Komparativmorphem -er enthält und dass beides wiederum zusammen mit der Tertium-Comparationis-Adjektivphrase eine Konstituente bildet, die je nach syntaktischer Funktion als Prädikativ, Attribut oder Adverbial in den Restsatz eingebunden ist. Für Vergleiche ohne Grad-

8.4 Zusammenfassung

521

semantik (Nicht-Grad-Äquative) könnte entsprechend Selektion durch das optionale Korrelat so bzw. Einbindung als freier Relativsatz in adverbialer, weiterführender, prädikativer oder attributiver Funktion angesetzt werden. Vergleichssätze zeigen jedoch auch deutliche Unterschiede gegenüber subordinierten Sätzen einschließlich Relativsätzen, bezüglich derer sie hingegen mit Koordinationsstrukturen übereinstimmen. So erlauben Vergleiche wie Koordination Gapping, Across-the-Board-Movement, Ellipsenbildung bzw. (laut direkter Analyse) Anschluss von bloßen NPs, PPs etc. und auch von Infinitiven oder Elementen unterhalb der Wortebene bei Gleichartigkeit des Verglichenen in der Art der für Koordination geltenden Gleichartigkeitsbedingung. Bei Tilgung und Bewegung von syntaktischem Material zeigen sich in Vergleichen auch für Koordination geltende Beschränkungen (‚Coordinate Structure Effects‘). Zudem treten in einigen Sprachen im Phrasenvergleich wie in Koordinationstrukturen starke Pronomen auf. Entsprechend sind in der Forschung auch Analysen der Vergleichspartikeln als koordinierende Konjunktionen und eine koordinationsartige Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz vorgeschlagen worden, in denen jedoch die mögliche Konstituentenbildung von Korrelat und/oder Tertium Comparationis und Vergleichsstandard nur schwer ableitbar ist. Durch die Nähe zu subordinierten Sätzen (Relativsätzen) einerseits und Koordination andererseits sind Vergleichskonstruktionen im Zusammenhang mit anderen Konstruktionen im Überschneidungsbereich zwischen Subordination und Koordination zu sehen. Für diese sogenannten nicht-kanonischen Nebensätze des Deutschen wie Verbzweit-Relativsätze und weil-Verbzweit-Sätze ist ebenfalls koordinationsartige Anbindung an den Restsatz vorgeschlagen worden. Relativsatzartigkeit und Koordinationsartigkeit bilden somit keinen grundsätzlichen Gegensatz. In einer graduellen Konzeption von Koordination und Subordination ist zudem nicht nur der syntaktische Status des verknüpften Teilsatzes, sondern auch die Höhe der Anbindung an den Restsatz entscheidend für die stärkere Sub- oder Koordinationsartigkeit. Eine weitere Perspektive für die Frage der Anbindung an den Restsatz ergibt sich auch aus der Nähe der Vergleiche zu Korrelativkonstruktionen. Die Äquativvergleiche im Deutschen wie den meisten europäischen Sprachen gehen auf das für die indogermanischen Sprachen typische Muster des korrelativen Diptychons zurück. Während die ursprüngliche Adjunktionsstruktur des korrelativen Diptychons u. U. die koordinationsartigen Eigenschaften von Vergleichen erklären kann, könnte syntaktische Reanalyse (ähnlich wie für d-Relativsätze angenommen) und damit stärkere Integration des Vergleichsstandards in den Restsatz die Konstituentenbildung mit dem Korrelat und/oder Tertium Comparationis ermöglicht haben. Dieses Szenario würde neuere Analysen unterstützen, nach denen der Vergleichsstandard in manchen Fällen koordinati-

522

8 Zur Syntax von Vergleichskonstruktionen

onsartig, in anderen subordinationsartig angebunden ist. Dies ließe sich in einem repräsentationellen Ansatz mit paralleler Konstruktion von Korrelat und mit diesem koindiziertem, in unterschiedlicher Höhe an den Restsatz angebundenem Vergleichsstandard fassen, wie es in der Forschung bereits für Relativsätze und Argumentsätze mit und ohne Korrelat vorgeschlagen worden ist. Die diachronen und dialektalen Daten zeigen ebenfalls die Bezüge der Vergleichskonstruktionen zu Relativsätzen einerseits und Koordination andererseits auf. So besteht ein Grammatikalisierungspfad von Äquativpartikeln zu Relativpartikeln (vgl. so, als, und und dialektal wie). Umgekehrt dienten modale freie Relativsätze als Grundlage für die Grammatikalisierung des Interrogativums/Relativums wie zur Äquativpartikel. Ähnlich wie in Konstruktionen mit Relativsätzen diachron häufig das Bezugselement im Matrixsatz zur Nebensatzeinleitung oder Teil derselben reanalysiert wird, sind in den Vergleichen Reanalysen des Korrelats o. ä. zum Teil der Vergleichseinleitung zu beobachten. Im historischen Deutschen sind zudem uneingeleitete Vergleichssätze belegt, die den in diesen Sprachstufen ebenfalls noch möglichen asyndetischen Relativsätzen entsprechen. Die Nähe zur Koordination zeigt sich diachron in der Verwendung von ansonsten als koordinierende Konjunktionen genutzten Elementen als Vergleichspartikeln (vgl. unde). Umgekehrt haben die Vergleichspartikeln als und wie im Lauf der Sprachgeschichte koordinierende Funktion angenommen, ebenso wie Bildungen auf der Grundlage von ursprünglichen Grad-Äquativen (sowohl als auch) und Nicht-Grad-Äquativen (sowie). Die dialektalen und diachronen Daten liefern damit weitere Evidenz für die Zwischenstellung der Vergleiche zwischen Sub- und Koordination und unterstreichen damit die Anforderung an eine empirisch adäquate syntaktische Analyse der Vergleichskonstruktionen, deren (kor)relativsatzartige und koordinationsartige Eigenschaften erklären zu können.

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche In der vorliegenden Untersuchung wurde auf der Grundlage umfangreicher historischer Korpusauswertungen zu allen historischen Sprachstufen des Deutschen und neu erhobener Dialektdaten der diachrone Wandel und die synchrone Variation der Vergleichskonstruktionen im Deutschen betrachtet und in Bezug zu sprachvergleichend-typologischen Erkenntnissen und theoretisch-linguistischen Analysen gesetzt. Dabei zeigte sich eine systematische und wiederholte syntaktisch-semantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von den Nicht-Grad-Äquativen zu den Grad-Äquativen und schließlich zu den Komparativvergleichen. Dieser Komparativzyklus lässt sich auch sprachübergreifend nachweisen. Er korreliert mit der Markiertheit der Vergleichsarten. Mit diesem Wandel geht eine Reihe syntaktischer Veränderungen einher, die das Wirken unabhängig für andere Sprachen und Phänomene beschriebener grundlegender syntaktischer Ökonomieprinzipien auch für den Bereich der Vergleichskonstruktionen des Deutschen nachweisen. Zudem stellen die diachronen und dialektalen Daten wichtige empirische Argumente für oder gegen spezifische syntaktische Analyseoptionen der Vergleichskonstruktionen dar. Im Althochdeutschen, der ältesten in Texten überlieferten Sprachstufe des Deutschen, wurde, wie die Daten aus Isidor, Tatian und Otfrid ergaben, in Komparativvergleichen überwiegend die Vergleichspartikel thanne/danne verwendet, die etymologisch als lokativische Kasusform des Demonstrativums (‚von da aus‘) zu deuten ist. Damit kann das Deutsche seit Beginn der Überliefung im Wesentlichen typologisch als Partikelvergleichssprache charakterisiert werden. Nur wenig seltener, nämlich in knapp der Hälfte der Fälle und damit durchaus nicht nur marginal belegt, findet sich aber parallel im althochdeutschen Korpus auch ein anderes typologisches Muster in Komparativen, nämlich das der Markierung des Vergleichsstandards mit Vergleichskasus Dativ. Hierbei handelt es sich nicht um ein lehnsyntaktisch vom Lateinischen übernommenes, sondern vielmehr um ein in den altgermanischen Sprachen verbreitetes Muster, wobei die Verwendung des Vergleichskasus in der lateinischen Vorlage einen gewissen stützenden Einfluss hat. Der Vergleichskasus ist unabhängig von der relativen Abfolge oder Adjazenz des Vergleichsstandards zum Tertium Comparationis, jedoch ist er beschränkt auf NP-förmige Phrasenvergleiche, bei denen der Vergleichsdativ einen strukturellen Kasus ‚überschreibt‘. Das Vorliegen eines polaren statt skalaren Vergleichs ist dagegen keine Voraussetzung für die Verwendung von Vergleichskasus. Im Spätalthochdeutschen wird vereinzelt auch (ne)wan als Komparativpartikel verwendet. https://doi.org/10.1515/9783110561234-009

524

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

Die typische Äquativpartikel des Althochdeutschen in Grad-Äquativen und Nicht-Grad-Äquativen, die deutlich das Hauptmuster darstellt, ist die etymologisch auf einen modalen Instrumental des Demonstrativums zurückzuführende Partikel so (‚auf diese Weise‘/‚derart‘). Diese wird häufig korrelativisch zusammen mit dem anaphorischen oder kataphorischen Korrelat so im Matrixsatz verwendet. Auch hier lassen sich Parallelen zu den anderen altgermanischen Sprachen sowie zu vielen anderen europäischen Sprachen feststellen, deren Äquativkonstruktionen auf einer Korrelativkonstruktion beruhen. Zudem kommen etwas seltener und überwiegend in Nicht-Grad-Äquativen mit dem Korrelat (soso, solih so), mit einem Element mit Identitätssemantik (so sama so, so selb so) oder mit einem Intensivierer (also) verstärkte Formen von so als Äquativpartikeln vor (also auch als Korrelat). Diese verschiedenen Typen der Bildung neuer Äquativpartikeln durch Reanalyse ursprünglich matrixinterner Elemente als Teil der Vergleichseinleitung lassen sich ebenfalls sprachübergreifend nachweisen. Im untersuchten Korpus nicht belegt, aber aus der Literatur bekannt sind zudem vereinzelte Fälle von althochdeutschen Äquativen mit der eigentlichen Komparativpartikel danne. Es handelt sich hierbei um Äquative mit Ausdrücken von Vielfachen u. ä. (z. B. ‚doppelt so groß wie‘), die insgesamt also keine Gleichheit bezeichnen und im Sprachwandel eine Brückenfunktion für die Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von einer zur anderen Vergleichsart auf der Grundlage einer Constructio ad sensum spielen können. Der Vorgänger unserer heutigen Äquativpartikel wie, das althochdeutsche wio, ist dagegen nur als Modal- und Grad-Interrogativum sowie im Lauf des Althochdeutschen auch als Relativum in modalen freien Relativsätzen in Kombination mit ursprünglich korrelativem so … so als so wio so belegt (vgl. ebenfalls in freien Relativsätzen so wer so, so waz so etc.). Diese modal-relativische Verwendung bildet den Ausgangspunkt der späteren Verwendung als Äquativpartikel – ein Grammatikalisierungspfad der in vielen europäischen Sprachen zu beobachten ist. Die hypothetischen Vergleiche des Althochdeutschen unterscheiden sich im Gegensatz zum heutigen Sprachstand hinsichtlich der Einleitungsmöglichkeiten nicht von den sonstigen Äquativen. Lediglich der Modus Konjunktiv markiert sie als irreale bzw. hypothetische Vergleiche. Auch im Mittelhochdeutschen bildet in den Komparativvergleichen die Partikel dann(e)/denn insgesamt deutlich das Hauptmuster. Der im Althochdeutschen sehr häufige Typ der Vergleichskasuskonstruktion mit Dativ ist nur noch marginal im frühen Mittelhochdeutschen belegt. Stattdessen stellt die Partikel wan, die angesichts der Korpusdaten als typisch mittelhochdeutsch gelten kann, insgesamt das zweithäufigste Muster in Komparativvergleichen dar, in mehreren Texten sogar das Hauptmuster. Wan ist etymologisch das w-Pendant zu dann (wie was zu das), da es auf eine lokativische Kasusform des Interrogativums/

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

525

Indefinitums zurückzuführen ist (‚von wo aus‘). Interessant ist seine polaritätsspezifische Distribution: wan ist in fast allen der 26 untersuchten mittelhochdeutschen Korpustexte auf negativ-polare Kontexte wie negierte Sätze oder Fragen etc. beschränkt und kann damit als NPI-Pendant zu dann angesehen werden, was an die ähnliche polaritätsabhängige Wahl eines d- oder w-Einleitungselements für Nebensätze in bestimmten heutigen Varietäten des Deutschen und nahe verwandten Sprachen erinnert. Aus der polaritätsabhängigen Distribution erklärt sich auch das häufige Auftreten von wan mit proklitischem Negationsmorphem als niwan etc. Im Lauf der mittelhochdeutschen Sprachstufe deutet sich eine Ausdehnung auch auf ‚positive‘ Kontexte an, bevor die Partikel dann aber weitgehend ausstirbt. Nur in wenigen oberdeutschen Varietäten ist sie bis heute erhalten. Marginal ist in mittelhochdeutschen Komparativen die auf das althochdeutsche eckorôdo/echert ‚nur‘ zurückgehende Vergleichspartikel et belegt. Der semantische Wandel von ‚nur‘ zu vergleichendem ‚als‘ oder umgekehrt, wie es z. T. für (ni)wan zu beobachten ist, liegt insofern nahe, als ‚nichts als x‘ dem propositionalen Gehalt von ‚nur x‘ entspricht. So wird in vielen Sprachen ‚nur‘ durch einen negierten Komparativvergleich ausgedrückt. In vereinzelten Belegen wird die eigentliche Äquativpartikel als bereits im Mittelhochdeutschen als Komparativpartikel gebraucht. Hier beginnt also schon die für den Komparativzyklus typische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von Äquativen zu Komparativen. Als Brückenkontexte dienen offensichtlich v. a. negierte Komparativvergleiche, in denen insgesamt eine Gleichheit bezeichnet wird (z. B. ‚nicht weniger und nicht mehr als‘). In den Äquativvergleichen des Mittelhochdeutschen findet sich weiterhin die im Althochdeutschen übliche Vergleichspartikel so. Sie ist jedoch als Hauptmuster ganz deutlich von der mit ursprünglich adverbialem al ‚ganz‘ (s. o.) verstärkten, im Althochdeutschen bereits vereinzelt belegten Form als(o) abgelöst worden, die die typische Äquativpartikel ab dem Mittelhochdeutschen bildet. Die nach Äquativart differenzierte Betrachtung ergibt, dass dieser Wandel zunächst in den insgesamt frequenteren und unmarkierten Nicht-GradÄquativen stattgefunden hat, während das ältere so in den Grad-Äquativen noch das Hauptmuster bildet, so dass man im Mittelhochdeutschen ähnlich wie in anderen Sprachen, aber im Gegensatz zum heutigen Deutschen, zwischen den beiden Äquativarten mit unterschiedlicher Partikel unterschied (z. B. (al)so groz so ich vs. machet es (al)so als ich). Der Distributionsunterschied unterstützt die These, dass die Vergleichspartikel also in Nicht-GradÄquativen durch Reanalyse aus matrixinternem al und dazu adjazenter Vergleichspartikel so entstanden ist. Neben also finden sich in mittelhochdeutschen Äquativen nur selten Fortsetzungen anderer verstärkter Formen wie sam(e)/alsam. Im untersuchten Korpus nicht belegt, aber aus der Literatur be-

526

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

kannt sind zudem Fälle mit unde als Äquativpartikel, was den Bezug von Vergleichen zur Koordination verdeutlicht, der auch in anderen Sprachen in ähnlicher Weise zu beobachten ist. Ebenfalls nur marginal wird das althochdeutsch so wio so bzw. wio fortsetzende swie oder wie bereits in vergleichsartigen Konstruktionen (modalen freien Relativsätzen bzw. Nicht-Grad-Äquativen) gebraucht. Es handelt sich dabei im Gegensatz zum heutigen Deutschen immer um vollständige Satzkontexte. Im untersuchten Korpus belegt sind zudem, ähnlich wie bereits im Althochdeutschen, marginale Fälle von (negierten) Äquativvergleichen mit der eigentlichen Komparativpartikel dann. Im Korpus sind darüber hinaus einige Äquative ohne Vergleichspartikel enthalten, die die Nähe der Vergleichskonstruktionen zu den Relativsätzen verdeutlichen, da auch hier im historischen Deutschen uneingeleitete Formtypen, sogenannte asyndetische Relativsätze, auftraten. Auf der Grundlage derartiger uneingeleiteter Äquative sind später z. T. nebensatzeinleitende Konjunktionen grammatikalisiert worden vgl. solange, soweit, sofern etc. Hinsichtlich der Syntax-Semantik-Schnittstelle interessant sind Konstruktionen im mittelhochdeutschen Korpus, die teilweise schon fürs Althochdeutsche zu belegen sind, in denen in einem Grad-Äquativ das Tertium Comparationis im Vergleichsstandard auftritt, nicht im Matrixsatz, und die Form des Superlativs annimmt (z. B. so ich beste kan ‚so gut, wie ich nur kann‘). Die hypothetischen Vergleiche unterscheiden sich i. d. R. wie schon im Althochdeutschen nicht hinsichtlich der Einleitungselemente, sondern nur aufgrund des Modus von den sonstigen Äquativen. Auch sie werden mit als(o), same etc. jeweils mit Verbendstellung gebildet. Marginal belegt sind darüber hinaus hypothetische Vergleiche mit wie und mit als ob, das zu dieser Zeit wohl noch als elliptische Satzverschachtelung eines Äquativs und eines Konditionals aufzufassen ist. Insgesamt ähnelt das Mittelhochdeutsche, wenn man die Hauptmuster des Vergleichsanschlusses betrachtet, dem Sprachstand, der sich bis heute im Englischen erhalten hat, mit der dann entsprechenden Komparativpartikel than und der also entsprechenden Äquativpartikel as. Die im Frühneuhochdeutschen in den Komparativvergleichen insgesamt am meisten verwendete Komparativpartikel ist wie im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen dann/denn. Der Anteil dieser Partikel nimmt sogar gegenüber den vorherigen Sprachstufen noch deutlich zu. In mehreren der 12 ausgewerteten frühneuhochdeutschen Korpustexte sind sämtliche Komparativvergleiche mit der Vergleichspartikel dann/denn gebildet. Wan geht dagegen deutlich zurück und ist im untersuchten historischen Korpus nur bis ins 15. Jahrhundert belegt. Im 16. Jahrhundert tritt vereinzelt die Komparativpartikel weder (urspr. ‚welcher/einer von beiden‘, ‚und nicht‘) auf, die bis heute in einigen oberdeutschen Varietäten erhalten ist und deren Verwendung Bezüge zum aus der sprachtypologischen Forschung bekannten, sogenannten kon-

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

527

junktiven Vergleichstyp erkennen lässt (‚A ist größer als B‘ ausgedrückt durch ‚A ist groß, und nicht B‘). Auch in anderen Sprachen werden die Entsprechungen von ‚weder/noch‘ als Komparativpartikeln verwendet. Zudem ist im 16. Jahrhundert noch selten, aber recht regelmäßig die eigentliche Äquativpartikel als in Komparativen zu finden. In den Äquativen vollzieht sich im Lauf des Frühneuhochdeutschen ein drastischer Sprachwandel. Das im Mittelhochdeutschen kaum in Vergleichen belegte wie löst im 16. Jahrhundert als, das noch im Frühneuhochdeutschen des 15. Jahrhunderts nahezu alle Äquative (Grad-Äquative und Nicht-GradÄquative) einleitete, als Hauptmuster des Äquativanschlusses ab und wird seinerseits nun in der weit überwiegenden Zahl der Äquative verwendet, während als nur noch deutlich seltener zu finden ist. Dabei lassen sich keine klaren regionalen Unterschiede feststellen, sondern der Wandel vollzieht sich etwa gleichermaßen rasch im Ost- und Westmitteldeutschen sowie Ost- und Westoberdeutschen. Wie bei der Ablösung des älteren so durch als(o) im Mittelhochdeutschen spielt auch hier die Äquativart eine entscheidende Rolle: Wiederum setzt sich der Wandel zuerst in den Nicht-Grad-Äquativen durch, in denen im 16. Jahrhundert schon fast ausschließlich wie gebraucht wird, während das ältere Muster mit als zur gleichen Zeit in den Grad-Äquativen immer noch überwiegend verwendet wird. Nachdem im Frühneuhochdeutschen also zunächst nicht zwischen den Äquativarten differenziert wurde und jeweils überwiegend als den Vergleichsanschluss bildete, wird im Frühneuhochdeutschen des 16. Jahrhunderts ähnlich wie im Mittelhochdeutschen i. d. R. mithilfe der Vergleichspartikel zwischen Nicht-Grad-Äquativen und Grad-Äquativen unterschieden (z. B. also groß als ich vs. macht es also wie ich). Als Korrelat wird dabei bis ins 16. Jh. überwiegend als(o) verwendet, dann allmählich wieder bloßes so. Der noch im heutigen Standarddeutschen übliche Vergleichsanschluss mit wie hat sich also in den Nicht-Grad-Äquativen als Hauptmuster im 16. Jahrhundert herausgebildet. Auch der syntaktische Status des Vergleichsstandards spielt eine Rolle bei der Ablösung der Äquativpartikel als durch wie: nachdem wie noch im Mittelhochdeutschen ausschließlich in vollständigen Sätzen vorkam, ist es seit dem Frühneuhochdeutschen nun auch in Phrasenvergleichen (zunächst mit NPs, dann auch mit PPs, AdvPs etc.) belegt und kann damit als voll zur Vergleichspartikel grammatikalisiert angesehen werden, wenn auch nach wie vor die Verwendung in Satzvergleichen überwiegt (im Gegensatz zur Äquativpartikel als). Neben der älteren Äquativpartikel als und der neueren Äquativpartikel wie sind im Frühneuhochdeutschen gelegentlich in ähnlicher Weise wie im Althochdeutschen in Nicht-Grad-Äquativen durch Reanalyse aus Matrixbezugselement mit Identitätssemantik und adjazenter Äquativpartikel (gleich als,

528

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

recht als, gleichwie, eben wie) sowie teilweise mit einem ursprünglich nominalen, ggf. PP-internen Bezugselement (inmassen (wie), dermaß wie, gleichermaßen wie) entstandene neue Äquativpartikeln belegt. Gelegentlich finden sich Äquative mit superlativischem Tertium Comparationis im Vergleichsstandard in der fürs Mittelhochdeutsche beschriebenen Art (z. B. als ich best mocht ‚so gut wie ich nur konnte‘) sowie Äquativvergleiche ohne Vergleichspartikel. Nur in einem Fall im frühneuhochdeutschen Korpus belegt ist äquativische Verwendung der eigentlichen Komparativpartikel wann. Im Frühneuhochdeutschen kommen zudem auf Grundlage von Äquativvergleichen die aufzählende und die koordinierende Verwendungsweise von als und wie auf. Neben dem deutlichen Wandel der Äquativvergleiche im Frühneuhochdeutschen sind auch entscheidende Veränderungen bei den hypothetischen Vergleichen zu beobachten. Vereinzelt im 15. Jahrhundert und bereits als Hauptmuster im 16. Jahrhundert sind hypothetische Vergleiche mit als und Verberstsatz statt mit Verbendsatz belegt. Daneben ist auch als ob und neu ab dem 16. Jahrhundert als wenn im untersuchten Korpus zu finden. Hypothetische Vergleiche mit wie oder Kombinationen mit wie sind dagegen noch nicht belegt. Insofern als die hypothetischen Vergleiche also die in den sonstigen Äquativen im Rahmen des Komparativzyklus stattfindende Ersetzung von als durch wie noch nicht mitmachen, und sich stattdessen eine Reihe von Formtypen entwickelt, die in den regulären Äquativvergleichen nicht vorkommt (als + Verberstsatz, komplexe Einleitungselemente wie als wenn etc.), schlagen die hypothetischen Vergleiche ab dem Frühneuhochdeutschen einen von der Entwicklung in den übrigen Äquativen teilweise losgelösten Sonderweg ein, und es bildet sich der auch fürs heutige Deutsche typische formale Unterschied zwischen hypothetischen Vergleichen und sonstigen Äquativen heraus. Nach dem durchgreifenden Wandel in den Äquativen im Frühneuhochdeutschen findet zum Neuhochdeutschen hin ein ebenso radikaler Wandel in den Komparativvergleichen statt. Im Gegensatz zum 16. Jahrhundert, als fast ausschließlich dann/denn als Komparativpartikel gebraucht wurde, bildet in den acht untersuchten Korpustexten des 17. Jahrhunderts nahezu durchgängig die ursprüngliche Äquativpartikel als den Komparativanschluss. Denn wird kaum noch verwendet, hat sich jedoch bis heute in vereinzelten idiomatisirten Wendungen (z. B. besser denn je) sowie z. T. dialektal erhalten. Auch der Wandel in den Komparativvergleichen findet ohne deutliche regionale Differenzierung im Ost- und Westmitteldeutschen sowie Ost- und Westoberdeutschen statt. Damit ist der Vergleichsanschluss in Komparativvergleichen ein geeignetes Diagnostikum, um neuhochdeutsche von frühneuhochdeutschen Texten zu unterscheiden. Der im heutigen Standarddeutschen übliche Komparativanschluss mit als besteht als Hauptmuster also seit dem 17. Jahrhundert. Im Kor-

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

529

pus nicht nachweisbar, aber in der Literatur beschrieben, sind bereits ab dem 17. Jahrhundert erste spärliche Belege für wie als Komparativpartikel. Wie ergänzende Korpusuntersuchungen und Forschungsergebnisse zum 18. und 19. Jahrhundert zeigen, bildet als auch im weiteren Verlauf des Neuhochdeutschen das Hauptmuster des Komparativanschlusses, wobei komparativisches wie besonders ab 1800 allmählich auf Kosten von als zunimmt und ebenfalls im Lauf des 19. Jahrhunderts schließlich noch Komparativanschluss mit als wie als neues, noch seltenes Muster aufkommt – beides unter Kritik der präskriptiven Grammatikschreibung. In den Äquativen bildet im frühen Neuhochdeutschen wie schon im späten Frühneuhochdeutschen wie das Hauptmuster, doch auch als wird noch regelmäßig als Äquativpartikel verwendet. Die im 16. Jahrhundert bestehende Differenzierung zwischen wie in Nicht-Grad-Äquativen und als in Grad-Äquativen ist auch im frühen Neuhochdeutschen erhalten. Erst um 1800 wird wie allmählich genauso häufig oder öfter als als auch in Grad-Äquativen verwendet. Zu dieser Zeit – und damit ca. 200 Jahre nach dem ersten Auftreten von wie in Grad-Äquativen – kritisieren präskriptive Grammatiken diese Entwicklung und versuchen, den Unterschied zwischen so groß als ich vs. macht es so wie ich zu erhalten. Dessen ungeachtet ist der Sprachwandel weiter gegangen, und im Lauf des 19. Jahrhunderts hat sich die noch im heutigen Standarddeutschen übliche Verwendung von wie auch in Grad-Äquativen zum Hauptmuster entwickelt. Neben wie und als sind gelegentlich auch im frühen Neuhochdeutschen ähnlich wie im Frühneuhochdeutschen mit verschiedenen reanalysierten Matrixelementen gebildete Äquativanschlüsse belegt: die mit einem Bezugsnomen gebildeten Partikeln inmassen und gestalt, die mit einem Element mit Identitätssemantik gebildeten Partikeln gleich als und gleichwie sowie schließlich erstmals im untersuchten historischen Korpus im 17. Jahrhundert belegt als wie. Auch dieses ist, wie die Untersuchung zeigt, durch Reanalyse eines Matrixbezugselements als Teil der Vergleichseinleitung in Nicht-Grad-Äquativen, in denen es zuerst belegt ist, entstanden, und zwar aus dem noch im Frühneuhochdeutschen überwiegend in der Form als(o) auftretenden Äquativkorrelat und der Äquativpartikel – ein Muster, das auch zuvor im Deutschen (ahd. soso) sowie in anderen Sprachen (lat. sicut, nl. zoals etc.) nachzuweisen ist. Die Untersuchung widerlegt damit Forschungsthesen, nach denen als wie als Kombination der älteren Äquativpartikel als und der neueren Äquativpartikel wie beim Übergang vom einen zum anderen Muster als Mischform entstanden sei. Tatsächlich tritt als wie erstmals etwa hundert Jahre, nachdem sich wie schon als Hauptmuster in den Äquativvergleichen durchgesetzt hatte, auf und kommt dabei zunächst bezeichnenderweise in Nicht-Grad-Äquativen vor, in denen durch das fehlende Tertium Comparationis das Korrelat als regelmä-

530

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

ßig adjazent zur Äquativpartikel wie stand. Später ist es auch in Grad-Äquativen belegt sowie, wie erwähnt, seit dem 19. Jahrhundert schließlich selten auch in Komparativvergleichen und zeigt damit die gleiche Distributionsverschiebung von Nicht-Grad-Äquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen wie die Vergleichspartikeln als und wie. Die im Frühneuhochdeutschen aufgekommene aufzählende und koordinierende Verwendung von als und wie ist auch im frühen Neuhochdeutschen nachzuweisen. In beiden Funktionen überwiegt als, obwohl in den Äquativen längst wie üblich ist. Diese Konstruktionen sind also relativ losgelöst von der sonstigen Entwicklung des Komparativzyklus, machen aber zeitverzögert den Wandel von als zu wie auch mit, wobei sich in idiomatisierten bzw. lexikalisierten Formen wie als da sind oder sowohl als auch, das ebenfalls im frühen Neuhochdeutschen grammatikalisiert wird, ein Reflex der alten Äquativpartikel als bis heute gehalten hat. Ähnlich ist es in den hypothetischen Vergleichen, in denen der Wandel von äquativischem als zu wie ebenfalls nur verzögert aufscheint: Im 17. Jahrhundert bilden als mit Verberstsatz, als ob und als wenn nach wie vor die Hauptmuster, wobei die mit gleich verstärkten Formen der Äquativpartikel auch hier in Form von gleich als mit Verberstsatz, gleich als ob und gleich als wenn gelegentlich zu finden sind. Erst ganz vereinzelt taucht ab dem 17. Jahrhundert auch die angesichts der Entwicklung in den übrigen Äquativen längst zu erwartende Einleitung mit wie wenn auf. Die hypothetischen Vergleiche gehen also formal weiterhin und bis heute einen Sonderweg. In den übrigen Vergleichen ergibt sich dagegen im 17. und 18. Jahrhundert durch die rasch erfolgte Ersetzung von denn durch als in den Komparativvergleichen, dagegen noch nicht völlige Durchsetzung von wie gegenüber als in den Äquativen und insbesondere die weitgehende Bewahrung von als in den Grad-Äquativen ein interessanter Sprachstand mit Einheitsvergleichspartikel als in den Gradvergleichen, d. h. den Komparativen und Grad-Äquativen (größer als ich und so groß als ich vs. macht es so wie ich), die in manchen Texten auch in Nicht-Grad-Äquativen noch auftritt (macht es so als ich). Erst mit dem Durchsetzen von wie auch in den Grad-Äquativen ab dem 19. Jahrhundert wird dann wieder durch die Partikel der Unterschied zwischen Komparativvergleichen und Äquativvergleichen versprachlicht. Diese Entwicklung ebenso wie die Distributionsverschiebung von als wie gemäß dem Komparativzyklus könnte in zukünftiger Forschung auf der Grundlage weiterer Daten zum frühen Neuhochdeutschen des 18. und 19. Jahrhunderts, das hier nur ausblicksartig behandelt werden konnte, noch detaillierter untersucht werden. Während in der normierten Standardsprache komparativisches als und äquativisches wie die Regel darstellen und damit parallel Hauptmuster des 16. (Nicht-Grad-Äquative), 17. (Komparative) und 19. Jahrhunderts (Grad-Äquative)

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

531

bis heute fortbestehen, hat sich der im frühen Neuhochdeutschen bereits einsetzende weitere Wandel von als zu wie und später auch als wie in den Komparativvergleichen in der Umgangssprache und insbesondere in den Dialekten ungeachtet der permanenten präskriptiven Kritik verbreitet fortgesetzt. Die Dialekte stellen daher wichtige Bezugsgrößen der sprachhistorischen Untersuchung dar. Sie bewahren teilweise ältere, in der Standardsprache ausgestorbene Muster, zeigen aber eben vielfach aufgrund der fehlenden Normierung eigenständige natürliche Weiterentwicklungen gegenüber der Standardsprache. Dadurch kommt ein linguistisch hochinteressanter synchroner Variantenreichtum zustande. So sind dialektal in den Komparativvergleichen neben als (und seinen lautlichen Entsprechungen as, osse, or etc.), wie (und seinen lautlichen Entsprechungen we, bie etc.) und als wie teilweise nach wie vor die historischen Komparativpartikeln denn, wan und weder gebräuchlich. Darüber hinaus werden in einzelnen Dialekten aber auch oder (of), was oder dass als Komparativpartikeln verwendet. Zudem sind in Satzvergleichen in der Standardsprache nicht gebräuchliche Kombinationen von Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion wie als was, weder as, wan dass, als wie dass (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled ComP) sowie Komplementiererflexion an der Vergleichspartikel oder der mit dieser kombinierten subordinierenden Konjunktion wie als wiest oder als wie dassd zu finden. Die Hauptmuster des Komparativanschlusses in den Dialekten bilden jedoch die drei Varianten wie, als und als wie. Dabei ist wie dialektal insgesamt am verbreitetsten. Hier hat sich also die Entwicklung von komparativischem als zu wie im Komparativzyklus, die sich um 1800 bereits andeutete, in der gleichen Richtung fortgesetzt. Komparativisches wie überwiegt in den Dialekten im hochdeutschen Sprachraum, während als v. a. in den niederdeutschen Dialekten sowie im äußersten Südwesten des deutschen Sprachraums zu finden ist. Vereinzelt ist insbesondere in den hochdeutschen Dialekten auch als wie gebräuchlich. Diese Partikel ist auch hier bisher als Überlappungsphänomen aufgefasst worden: Wie die sprachhistorische Forschung als wie als zeitliche Überlappungform angesehen hatte, ist es in der dialektologischen Forschung als areale Mischform im Übergangsbereich von als- und wie-Arealen gedeutet worden. Die areale Verteilung zeigt jedoch, dass als wie primär innerhalb des wie-Gebiets vorkommt und als eigenständiges Muster aufzufassen ist, wie es auch diachron keine Kombination der Vergleichspartikeln als und wie darstellt. Die Weiterentwicklung im Komparativzyklus belegen auch die neu erhobenen umfangreichen Dialektdaten aus dem Bundesland Hessen, in dem neben mitteldeutschen Varietäten auch niederdeutsche und oberdeutsche Dialekte gesprochen werden. Die Variante wie (mit ihren lautlichen Entsprechungen

532

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

wej, bee etc.) wird von den Informanten fast in allen Ortspunkten des Untersuchungsgebiets als Hauptmuster angegeben, selbst in den niederdeutschen Dialektgebieten in Hessen. Insgesamt ist das wie-Areal nach Norden und Westen größer als bisher angenommen. Insbesondere in den westfälischen Bereichen des Untersuchungsgebiets, aber auch an vereinzelten Ortspunkten im restlichen Hessen wird dagegen überwiegend die Variante als (osse, or etc.) angegeben. Auch als wie wird großräumig als Komparativpartikel akzeptiert mit zwei Schwerpunktgebieten in Nord-/Osthessen sowie in Zentral-/Südhessen. Äquativvergleiche sind in der dialektologischen Forschung bisher kaum untersucht worden, doch auch hier ist synchrone Variation zu beobachten. Neben der Partikel wie ist insbesondere in den niederdeutschen Dialekten auch die alte Äquativpartikel als (as etc.) noch verbreitet. Wie schon im frühen Neuhochdeutschen ist in einigen Dialekten zudem entgegen anderslautenden Generalisierungen in der Forschungsliteratur auch in Äquativen als wie gebräuchlich. Daneben sind dialektal vereinzelt weitere Varianten des Äquativanschlusses wie so als, gleich als, wan oder was zu finden. In Satzvergleichen kommen dialektal auch bei Äquativen Kombinationen aus Vergleichspartikel und subordinierender Konjunktion wie wie dass oder Komplementiererflexion an Vergleichspartikel bzw. subordinierender Konjunktion wie als wiest, wie dassd vor. Auch das Äquativkorrelat zeigt areale Variation, insbesondere Formen, die das seit dem Mittelhochdeutschen und bis ins Frühneuhochdeutsche üblichere also fortsetzen (z. B. esoo, aso, asu, äs, as). Wie teilweise die älteren Sprachstufen des Deutschen differenzieren einige Dialekte durch unterschiedliche Partikel zwischen GradÄquativen und Nicht-Grad-Äquativen. Demgegenüber ist in vielen Dialekten aber auch die Verwendung einer Einheitsvergleichspartikel für Äquative und Komparative festzustellen, so in den hochdeutschen Varietäten verbreitet wie oder als wie und in den niederdeutschen Dialekten ähnlich wie schon im frühen Neuhochdeutschen als. Auch die regional sehr begrenzt auftretenden Vergleichspartikeln wan und was werden teils sowohl komparativisch als auch äquativisch verwendet. Die Äquativvergleiche wurden bei der Dialekterhebung in Hessen systematisch mit einbezogen. Das Hauptmuster des Vergleichsanschlusses bildet hier die Variante wie, die sogar im niederdeutschen Sprachgebiet verbreitet ist. Als wie ist jedoch ebenfalls in Äquativen gebräuchlich und tritt mit ähnlichen arealen Schwerpunkten auf wie in den Komparativvergleichen. Ganz vereinzelt und fast nur in den westfälischen Dialektgebieten wird in Hessen auch die ältere Variante als als Äquativpartikel angegeben, die teilweise wie noch im frühen Neuhochdeutschen in Grad-Äquativen mehr als in Nicht-Grad-Äquativen akzeptiert wurde. Während das als Vergleichspartikel verwendete wie zumeist formal mit dem Grad-/Modalinterrogativum wie übereinstimmt, zeigen einige Varietäten in Hes-

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

533

sen hier Differenzierungen. Verbreitet wird in den Vergleichen in Hessen eine Einheitsvergleichspartikel gebraucht: zumeist die Variante wie, an etlichen Ortspunkten auch als wie, nur vereinzelt im Niederdeutschen auch als. Auch in hypothetischen Vergleichen kommen in den Dialekten des Deutschen neben regionalen Entsprechungen der im Standarddeutschen üblichen Varianten als mit Verberstsatz, als ob, als wenn und wie wenn weitere Varianten wie als wie wenn, wie als wenn, mittelhochdeutsche Anschlusstypen bewahrendes sam als bzw. als sam, daneben auch als wie, wenn oder wie mit Verbendsatz oder Verberstsatz vor. In Hessen werden nahezu an allen Ortspunkten die Varianten als mit Verberstsatz und als ob akzeptiert. Hinzu kommen insbesondere im Norden als wenn und im Süden wie wenn. Trotz der durch das Voranschreiten der Entwicklung im Komparativzklus überwiegenden und sich weiter ausbreitenden Verwendung von wie als Einheitsvergleichspartikel haben sich also auch in den Dialekten in Hessen als bzw. Kombinationen mit als in den hypothetischen Vergleichen erhalten, die damit wie bereits seit dem späteren Frühneuhochdeutschen als weitgehend losgelöst von der sonstigen Entwicklung in den Vergleichskonstruktionen angesehen werden können. Betrachtet man die Entwicklung der Vergleichskonstruktionen im Verlauf der deutschen Sprachgeschichte und bis zu den heutigen Dialekten im Überblick, zeigt sich deutlich eine wiederholt stattgefundene, dreistufige syntaktischsemantische Distributionsverschiebung der Vergleichspartikeln von Nicht-GradÄquativen zu Grad-Äquativen zu Komparativen: der Komparativzyklus. Die oft präskriptiv kritisierte ‚als-wie-Verwechslung‘ erweist sich damit als reguläre Fortsetzung des seit Jahrhunderten stattfindenden Sprachwandels im Deutschen. Zu verschiedenen Stufen der Entwicklung im Komparativzyklus wird das Merkmal [± Ungleichheit], das Merkmal [± Gradsemantik] oder beide durch die Verwendung unterschiedlicher Vergleichspartikeln versprachlicht, teilweise auch keines, d. h. eine Einheitsvergleichspartikel genutzt. Die entprechenden Systeme finden sich auch im Sprachvergleich wieder, was als wichtiger Beitrag der Studie zur Typologie der Vergleiche anzusehen ist. Zudem ergibt die sprachvergleichende Betrachtung, dass einerseits ähnliche Grammatikalisierungspfade für die Bildung neuer Äquativpartikeln durch Verstärkung mit dem Korrelat, einem Element mit Identitätssemantik, einem Intensivierer (Gradpartikel) oder einem nominalen Bezugselement und andererseits auch Distributionsverschiebungen gemäß dem Komparativzyklus in vielen anderen, teilweise sehr entfernten Sprachen, z. B. im Vedischen/Sanskrit, Litauischen, Armenischen, Griechischen, Lateinischen, Polnischen, Ukrainischen, Ungarischen und Chinesischen nachweisbar sind, die den systematischen und sprachübergreifenden Charakter des Komparativzyklus verdeutlichen. Als Ansatzpunkt für zukünftige Forschung ergibt sich hier die diachron-sprachvergleichende Untersuchung weiterer Sprachen mit Blick auf den Komparativzyklus.

534

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

Der zyklische Charakter des beobachteten Wandels setzt ihn in Bezug zu anderen in der diachronen Linguistik aktuell intensiv erforschten Sprachwandelzyklen und unterstützt Ansätze, nach denen in diesen nicht primär phonologische Abschwächung und Verstärkung, sondern pleonastische emphatische Verwendung und Desemantisierung ursächlich wirken. Damit leistet die Studie einen über die Untersuchung der Vergleichskonstruktionen hinausgehenden Beitrag zur Erforschung zyklischen Sprachwandels. Eine Erklärung des Komparativzyklus als Verdrängung durch neu aufkommende Lexeme (‚Push-Chain‘) ist dagegen nicht tragfähig, da die entsprechenden Distributionsverschiebungen auch teilweise vor oder ganz unabhängig von dem Aufkommen neuer Vergleichspartikellexeme erfolgen. Ebensowenig ist die in der Forschung verbreitete Erklärungshypothese der Vermeidung von Polysemie haltbar, also etwa Verlust der vergleichenden Verwendungsweise durch Aufkommen weiterer z. B. temporaler oder kausaler Funktionen: Abgesehen davon, dass dieser an einzelsprachliche Lexeme und ihre spezifische Entwicklung gebundene Erklärungsansatz grundsätzlich dem sprachübergreifenden und systematischen Charakter des Komparativzyklus nicht gerecht werden kann, zeigt sich bei genauer Betrachtung der fürs Deutsche diskutierten Fälle, dass viele Lexeme gerade zu einer Zeit, in der sie vermehrt neue Funktionsweisen annehmen, auch neue vergleichende Funktionen bekommen, sodass der Komparativzyklus damit häufig sogar zu einer Zunahme der Polysemie führt, während ausschließlich als Vergleichspartikeln verwendete Lexeme ganz aussterben, statt sich durchzusetzen. Eine von einzelsprachlichen Lexemen unabhängige Erklärung dafür, wie es überhaupt zu Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln in andere Vergleichsarten kommen kann, bietet die Annahme, dass hierfür Fälle von ‚Mismatch‘ zwischen Äquativvergleich und Gleichheit einerseits und Komparativvergleich und Ungleichheit andererseits eine zentrale Rolle als Brückenkontexte spielen, d. h. insbesondere Äquative mit Negation oder Ausdrücken von Vielfachen oder negierte Komparativvergleiche. Hier lassen sich sowohl diachron frühe Fälle ‚falscher‘ Verwendung der Vergleichspartikeln finden als auch sprachvergleichend und im Spracherwerb. Die typische Gerichtetheit im Komparativzyklus lässt sich auf dieser Grundlage allein jedoch noch nicht erklären. Sie folgt vielmehr aus den semantischen und syntaktischen Eigenschaften und Markiertheitsverhältnissen der einzelnen Vergleichsarten und dem Wirken sprachlicher Ökonomie auf unterschiedlichen Ebenen des Sprachsystems. Ökonomie im Bereich des Lexikons führt immer wieder zur Herausbildung von Einheitsvergleichspartikeln für mehrere Vergleichsarten, was vor dem Hintergrund der Standardsemantik für Vergleiche, gemäß der die Vergleichspartikeln semantisch leer sind, erklärlich ist. Dagegen führt das Wirken von Ökonomie

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

535

in Syntax und Semantik wiederholt zur Grammatikalisierung neuer Vergleichspartikeln. Die Entwicklung geht hier i. d. R. von den Nicht-Grad-Äquativen aus, die durch ihre strukturelle Ähnlichkeit zu freien Relativsätzen und aufgrund des fehlenden Tertium Comparationis und somit wiederholter Adjazenz von Elementen wie dem Korrelat und der Vergleichspartikel ideale Voraussetzungen für die durch syntaktische Ökonomieprinzipien bewirkte Herausbildung neuer Vergleichspartikeln bieten und daher als Einfallstor für Neuerungen und typischer Ausgangspunkt der Entwicklung fungieren. Der in ihrer Semantik inhärente Toleranzbereich trägt zusätzlich zur häufigen Verwendung von exakte Gleichheit ausdrückenden Matrixelementen wie ‚ganz‘ oder ‚völlig‘ bei, deren zunächst emphatische Wirkung schließlich durch das Wirken von Ökonomie an der Pragmatik-Semantik-Schnittstelle verblasst und sie zum regulären Bestandteil des Vergleichsanschlusses werden lässt. Die Tatsache, dass die bevorzugt in Nicht-Grad-Äquativen aufkommenden neuen Vergleichspartikeln schrittweise in die Grad-Äquative und schließlich in die Komparative hinein übernommen werden, lässt sich vor dem Hintergrund der Markiertheitsverhältnisse dieser Vergleichsarten verstehen. Gemäß der sich aus den Merkmalen [± Ungleichheit] und [± Gradsemantik] ergebenden Markiertheitshierarchie stellen die Nicht-Grad-Äquative die am wenigsten markierte, daher auch frequenteste und am frühesten erworbene Vergleichsart dar, die das Muster für die übrigen Vergleiche bildet. Die Distributionsverschiebung folgt dabei in ihrer Entwicklung dieser Markiertheitshierarchie, die sich auch formalsemantisch motivieren lässt: Der Standard-Semantik für Vergleiche und darauf aufbauenden neuen Analysen zu Nicht-Grad-Äquativen zufolge stehen die Vergleichsarten in einer logischen Untermengenbeziehung zueinander, die der Markiertheitshierarchie entspricht. Alternativ lässt sich die dieser Hierarchie gemäße Entwichlungsrichtung im Komparativzyklus auf Grundlage der These erklären, dass die Vergleichspartikel in Äquativen wesentlich zur Interpretation beiträgt. Demnach ließe sich die Gerichtetheit im Komparativzyklus als wiederholte Desemantisierung und durch Grammatikalisierung wieder Aufbau der Gleichheitssemantik der Äquativpartikel und mit dem in der minimalistischen Theorie als Merkmalsökonomie erklärbaren Verlust der entsprechenden semantischen Merkmale einhergehender Verlust distributioneller Beschränkungen verstehen. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf in der semantischen Theorie hinsichtlich des interpretativen Gehalts der Vergleichspartikeln und der Semantik der NichtGrad-Äquative. Beide Ansätze, die logische Untermengenbeziehung der Vergleiche gemäß der Standard-Semantik oder die semantische Asymmetrie der Vergleichspartikeln, sind jedoch grundsätzlich mit der hier formulierten Markiertheitshierarchie kompatibel, die im Einklang mit den Annahmen der Markiertheitstheorie die Stufung und Gerichtetheit des Komparativzyklus im Sinn

536

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

eines vom Unmarkierten ausgehenden und schrittweise das Markiertere ersetzenden natürlichen Sprachwandels erklärt. Die mit dem Komparativzyklus zusammenhängenden syntaktischen Reanalyseprozesse und das Wirken von Ökonomieprinzipien auf dieser sprachlichen Ebene macht die eingehende Untersuchung des syntaktischen Wandels im Bereich der Vergleichskonstruktionen im Detail sichtbar. Zudem werfen die diachronen und dialektalen Daten neues Licht auf umstrittene Fragen der Syntax von Vergleichskonstruktionen und können als wertvolle empirische Argumente für oder gegen spezifische Analyseoptionen herangezogen werden. Die Forschungsthese zur internen Syntax des Vergleichsstandards, gemäß der die Vergleichspartikeln Präpositionen seien, überzeugt angesichts der fehlenden Kasusrektion nicht. Besondere morphologische Pronominalformen, die z. T. im Phrasenvergleich zu beobachten sind, stellen keine durch die Vergleichspartikel regierten obliquen Kasus, sondern starke Formen der Pronomen dar. Für die Analyseoption als subordinierende Konjunktion (C0) spricht die Verbendstellung im Satzvergleich, dagegen jedoch im Fall von als die Kombinierbarkeit mit ob, wenn und dem finiten Verb in hypothetischen Vergleichen, sodass eine Analyse als höherer linksperipherer Kopf (Conj0) tragfähiger ist. Dafür sprechen auch die dialektalen und diachronen Daten: Die erwähnten Kombinationen der Vergleichspartikeln mit subordinierenden Konjunktionen wie dass in bestimmten oberdeutschen Varietäten (gestützter Vergleichsanschluss/Doubly Filled Comp) belegen für Komparativvergleiche, Nicht-Grad-Äquative und Grad-Äquative die syntaktische Position der Vergleichspartikeln oberhalb der Vergleichsstandard-CP. In der Sprachgeschichte hat die Vergleichspartikel als(o) mehrere syntaktische Wandelschritte durchlaufen. Nachdem matrixinternes, adverbiales, zur Vergleichspartikel so adjazentes al im Spätalthochdeutschen als Teil der Vergleichseinleitung reanalysiert worden war, besetzte als(o) zunächst tatsächlich die C0-Position. Dies zeigen u. a. die hypothetischen Vergleiche mit als und Verbendstellung im Kontrast zu den seit dem 16. Jahrhundert bis heute üblichen mit als und Verberstsatz. Dieser Verbstellungswandel im 16. Jahrhundert in mit bloßem als eingeleiteten hypothetischen Vergleichen spricht für einen syntaktischen Wandel vom Kopf C0 in die höhere Kopfposition Conj0 auf Grundlage des Ökonomieprinzips ‚Late Merge‘. Der Kontrast zu den historischen Daten mit als und Verbendstellung sowie der Wandel unterstützen die Analyse des heutigen als oberhalb der Vergleichsstandard-CP. Auch für wie ist im heutigen Deutschen die Position Conj0 anzusetzen, wie die Kombination mit wenn zeigt. Eine Analyse als C0-Element bzw. als SpecCP-Element wie im Fall des Komplementierers bzw. des Interrogativums/Relativums wie scheidet angesichts der syntaktischen Kontraste zu Konjunktional- und Relativsätzen

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

537

hinsichtlich der Möglichkeiten der Ellipsenbildung und Extraktion aus. Auch hier bestätigen dialektale Daten mit gestütztem Vergleichsanschluss (Doubly Filled Comp) in Komparativen und Äquativen sowie mit wie und Verberstsatz im hypothetischen Vergleich die Analyse. Der diachrone Wandel umfasst die Reanalyse des auf vollständige Sätze beschränkten phrasalen Interrogativums/ Relativums (so) wio (so) zum ebenfalls nur in ganzen Sätzen vorkommenden C0-Kopf (s)wie im Mittelhochdeutschen aufgrund des ‚Head Preference Principle‘ sowie im 16. Jahrhundert den wiederum durch ‚Late Merge‘ bewirkten Wandel zum höheren Kopf Conj0, durch den u. a. auch Phrasenvergleiche und Gapping-Konstruktionen seit dieser Zeit möglich geworden sind. Auch hier spricht somit der Kontrast zu den historischen Daten, in denen wie tatsächlich noch SpecCP- bzw. C0-Element war, gegen eine derartige Analyse fürs heutige Deutsche und für die angenommene Position oberhalb der Vergleichsstandard-CP. Mit Blick auf den syntaktischen Status von Phrasenvergleichen, also Vergleichen, die zumindest deskriptiv nur aus Vergleichspartikel und NP, PP oder AdvP etc. bestehen, existieren zwei gegensätzliche Forschungspositionen: die Ellipsen-Analyse (‚Reduction Analysis‘), gemäß der in diesen Fällen ein elliptisch verkürzter Satzvergleich vorliegt, und die direkte Analyse (‚Direct Analysis‘), gemäß der ein echter struktureller Unterschied besteht und Phrasenvergleiche nicht generell auf zugrundeliegende Satzvergleiche zurückgeführt werden können. Das Vorkommen von Comparative Deletion und Gapping in Vergleichsstrukturen zeigt, dass Ellipsenbildung in Vergleichen grundsätzlich möglich ist. Die korrekte semantische Interpretation sowie die verschiedenen Kasus bei NP-förmigem Vergleichsstandard lassen sich mit beiden Analysen ableiten. Das Vorkommen starker Pronomen nur im Phrasenvergleich spricht dagegen für die direkte Analyse. Diese wird auch durch die dialektalen und diachronen Daten der Untersuchung weiter gestützt: die Beschränkung von gestütztem Vergleichsanschluss (Doubly Filled Comp) und Komplementiererflexion auf Satzvergleiche lässt sich nach der Ellipsen-These nicht erklären. Auch die Abstufung bei der historischen Entwicklung von wie zur Vergleichspartikel von Satzvergleichen zu Phrasenvergleichen spricht für einen strukturellen Unterschied zwischen beidem. Die externe Syntax des Vergleichsstandards, d. h. seine Anbindung an den Restsatz, stellt insofern eine Herausforderung für die Analyse dar, als Vergleichskonstruktionen sowohl Eigenschaften von Subordination, insbesondere Relativsätzen, als auch von Koordination aufweisen. Die Relativsatzartigkeit zeigt sich u. a. an den für Vergleichskonstruktionen beobachtbaren w-Inseleffekten. Semantische und syntaktische Daten (Topikalisierungsdaten) sprechen dafür, dass der Vergleichsstandard in Gradvergleichen (Komparativen und Grad-Äquativen) Komplement eines Gradkopfes ist, der wiederum zusam-

538

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

men mit der Tertium-Comparationis-AP eine Konstituente bildet. In NichtGrad-Äquativen wäre entsprechend eine Einbindung als Komplement zum Korrelat so bzw. als freier Relativsatz in adverbialer, prädikativer oder attributiver Funktion anzunehmen. Andererseits weisen Vergleichsstrukturen eine Reihe von Eigenschaften auf (Gapping, Across-the-Board-Movement, CoordinateStructure-Effects etc.), die sie von Relativsätzen und anderen subordinierten Sätzen unterscheiden, aber typisch für Koordinationsstrukturen sind. Daher sind auch koordinationsartige Analysen der Anbindung des Vergleichsstandards an den Restsatz vorgeschlagen worden, in denen allerdings die Konstituentenbildung des Vergleichsstandards mit dem Korrelat und/oder Tertium Comparationis schwer ableitbar ist. Die Nähe einerseits zu subordinierten und andererseits zu koordinierten Strukturen teilen Vergleichskonstruktionen mit einer Reihe weiterer Konstruktionen im Überschneidungsbereich von Subordination und Koordination wie Verbzweit-Relativ- und -Adverbialsätzen, für die ebenfalls eine koordinationsartige Anbindung an den Restsatz vorgeschlagen worden ist. Damit stellt Relativsatzartigkeit und Koordinationsartigkeit keinen grundsätzlichen Gegensatz dar, und es ist von einer eher graduellen Konzeption von Subordination und Koordination auszugehen. Aufschlussreich ist zudem die Nähe insbesondere der Äquative zu Korrelativkonstruktionen, auf denen sie in den meisten europäischen Sprachen auch diachron beruhen. Die ursprüngliche Adjunktion des Relativ- bzw. Vergleichssatzes an den das Korrelat aufweisenden Restsatz im korrelativen Diptychon könnte für die koordinationsartigen Eigenschaften der Konstruktion verantwortlich sein. Eine durch Reanalyse erfolgte Integration in den Restsatz, die auch für die Entwicklung der dass- und d-Relativsätze anzunehmen ist, könnte demgegenüber die Konstiuentenbildung ermöglicht haben. Dies lässt sich mit einem repräsentationellen Ansatz, wie er u. a. für Objektsätze mit und ohne Korrelat vorgeschlagen worden ist, analysieren. Auch die diachronen und dialektalen Daten liefern weitere Argumente für die Nähe der Vergleichskonstruktionen zu Relativsätzen einerseits und Koordination andererseits und somit für eine syntaktische Analyse, die beides erfasst. So bilden nicht nur modale freie Relativsätze die Grundlage für die Grammatikalisierung von wie zur Vergleichspartikel. Es besteht auch im Deutschen und anderen Sprachen ein typischer Grammatikalisierungspfad von Vergleichspartikeln zu Relativpartikeln (vgl. so, als, unde, wie), und wie in Relativsatzkonstruktionen wird in Vergleichskonstruktionen das Matrixbezugselement häufig als Teil des Nebensatzes reanalysiert. Die uneingeleiteten Vergleichssätze im historischen Deutschen weisen eine Nähe zu den früher ebenfalls belegten asyndetischen Relativsätzen auf. Die Verwendung auch als koordinierender Konjunktion vorkommender Elemente als Vergleichspartikeln im historischen

9 Fazit: Diachroner Wandel und synchrone Variation der Vergleiche

539

Deutschen (unde) und anderen Sprachen sowie die Herausbildung von koordinativen Verwendungsweisen der Vergleichspartikeln als und wie und die Entstehung anderer koordinierender Ausdrücke auf der Grundlage von Vergleichen (sowohl als auch, sowie) spricht dagegen aus diachroner Sicht für die Nähe zur Koordination. Insgesamt hat die Untersuchung damit ein umfassendes Bild der diachronen Entwicklung und synchronen Variation der Vergleichskonstruktionen im Deutschen ergeben. Der Bezug auf sprachtypologische und sprachvergleichende Daten hat dabei nicht nur Zusammenhänge zwischen der Mikrovariation und der typologischen Makrovariation aufgezeigt, sondern durch den Nachweis des für die Entwicklung im Deutschen herausgearbeiteten Komparativzyklus auch in anderen, z. T. sehr entfernten Sprachen dessen sprachübergreifenden und systematischen Charakter nachgewiesen. Zudem konnte eine merkmalsbasierte Typologie der Vergleichspartikelsysteme aufgestellt werden, die sich sowohl in verschiedenen historischen Sprachstufen als auch in anderen Sprachen zeigt. Neben einer Deskription der diachronen und arealen Variation und ihrer Bezüge zu anderen Sprachen konnten Zusammenhänge zwischen den Mustern von Wandel und Variation der Vergleiche einerseits und syntaktischen und semantischen Eigenschaften und Markiertheitsverhältnissen der verschiedenen Vergleichsarten andererseits festgestellt werden. So stellt die Untersuchung auch einen Beitrag zur Sprachwandeltheorie insbesondere mit Blick auf zyklischen Sprachwandel, Grammatikalisierung und das Wirken sprachlicher Ökonomie auf verschiedenen Ebenen des Sprachsystems sowie einen Beitrag zur Grammatiktheorie dar, da die diachronen und dialektalen Daten neues Licht auf zentrale theoretisch-linguistische Fragen werfen. Nicht zuletzt ist die Untersuchung auch relevant im Kontext der populären Sprachreflexion und Sprachkritik, insofern die sprachhistorische Betrachtung und Einordnung der aktuellen Variation bei Vergleichskonstruktionen vorschnelle Kritik relativiert und zu einer angemessenen Beurteilung von Norm und Variation beiträgt. Insgesamt haben sich die Vergleichskonstruktionen damit als faszinierender, linguistisch facettenreicher Mikrokosmos erwiesen, in den diese Untersuchung einige neue Einblicke gewähren konnte.

Bibliographie Quellentexte Althochdeutsch I = Der althochdeutsche Isidor. Nach der Pariser Handschrift und den Monseer Fragmenten. Hrsg. von Hans Eggers. Tübingen: Niemeyer, 1964. N Arist. = Notker der Deutsche: Boethius’ Bearbeitung der „Categoriae“ des Aristoteles. Hrsg. von James C. King. Tübingen: Niemeyer, 1972. N Boeth. = Die Werke Notkers des Deutschen. Neue Ausgabe. Begonnen von Edward H. Sehrt und Tayler Starck. Fortgesetzt von James C. King und Petrus W. Tax. Band 1: Boethius, De Consolatione Philosophiæ. Buch I/II. Hrsg. von Petrus W. Tax. Tübingen: Niemeyer, 1986. Band 2: Boethius, De Consolatione Philosophiae. Buch III. Hrsg. von Petrus W. Tax. Tübingen: Niemeyer, 1988. N Mus. = Notker Labeo: De musica. Edition, Übersetzung und Kommentar von Martin van Schaik. Utrecht: Galapagos, 1995. N Ps. = Die Werke Notkers des Deutschen. Neue Ausgabe. Begonnen von Edward H. Sehrt und Tayler Starck. Fortgesetzt von James C. King und Petrus W. Tax. Band 8: Der Psalter. Psalm 1–50. Hrsg. von Petrus W. Tax. Tübingen: Niemeyer, 1979. Band 9: Der Psalter. Psalm 51–100. Hrsg. von Petrus W. Tax. Tübingen: Niemeyer, 1981. O = Otfrid von Weissenburg: Evangelienbuch. Hrsg. von Wolfgang Kleiber. Tübingen: Niemeyer, 2004. T = Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56. Hrsg. von Achim Masser. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1994.

Mittelhochdeutsch Aegi = Der Trierer Aegidius. Hrsg. von Karl Bartsch. In: Germania 26 (1881), 1–57. Bar = Bartholomäus. Hrsg. von Franz Pfeiffer. In: Zwei deutsche Arzneibücher aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Wien: Hof- u. Staatsdruckerei, 1863, 110–200, hier 127–159. (Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften 42). Bau = Geistlicher Herzen Baungart. Ein mittelhochdeutsches Buch religiöser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jahrhunderts. Untersuchungen und Text (Zugl.: Diss., Univ. München, 1966). Hrsg. von Helga Unger. München: Beck 1969. (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 24). Berth = Berthold von Regensburg. Vollständige Ausgabe seiner deutschen Predigten. Bd. II. Hrsg. von Franz Pfeiffer/Joseph Strobl. Wien: Braumüller, 1880. (Online: https://archive.org/details/bertholdvonrege01pfeigoog) DvA = Bruder David von Augsburg. In: Hermann von Fritslar, Nicolaus von Strassburg. David von Augsburg. Hrsg. von Franz Pfeiffer. Leipzig: Göschen, 1845, 307–405 (Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts 1). Gna = Der Nonne von Engelthal Büchlein von der Gnaden Uberlast. Hrsg. von Karl Schröder. Tübingen: Laupp, 1871. (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 108). Hof = Predigten. Hrsg. von Heinrich Hoffmann. In: Fundgruben für Geschichte deutscher Sprache und Literatur 1. Breslau: Grass, Barth, 1830, 70–126. https://doi.org/10.1515/9783110561234-010

542

Bibliographie

JMa = Das Jenaer Martyrologium und die Unterweisung zur Vollkommenheit. Hrsg. von Friedrich Wilhelm. In: Münchener Museum für Philologie des Mittelalters und der Renaissance 5 (1928–1932), 1–105. Lil = Die Lilie. Hrsg. von Paul Wüst. Berlin: Weidmann 1909. (DTM 15). (Online: https://archive.org/details/DieLilie-eineMittelfraenkischeDichtungInReimprosa). Märterbuch = Das Märterbuch. Die Klosterneuburger Handschrift 713. Hrsg. von Erich Gierach. Berlin: Weidmann, 1928. (DTM 32). MBe = Des Matthias von Beheim Evangelienbuch in mitteldeutscher Sprache. 1343. Hrsg. von Reinhold Bechstein. Leipzig: Weigel, 1867. Meister Eckhart, ed. Largier = Meister Eckhart. Werke II. Texte und Übersetzungen von Ernst Benz, Karl Christ, Bruno Decker, Heribert Fischer, Bernhard Geyer, Josef Koch, Josef Quint, Konrad Weiß und Albert Zimmermann. Hrsg. u. kommentiert von Niklaus Largier. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2008. Meister Eckhart, ed. Pfeiffer = Meister Eckhart. Hrsg. von Franz Pfeiffer. 1. (Einzige) Abteilung: Predigten, Traktate. Neudruck der Ausgabe Leipzig 1857. Aalen: Scientia, 1962 (Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts. Hrsg. von Franz Pfeiffer in 2 Bänden. Band 2: Meister Eckhart). Nib = Das Nibelungenlied. Paralleldruck der Handschriften A, B und C nebst Lesarten der übrigen Handschriften. Hrsg. von M. S. Batts. Tübingen: Niemeyer, 1971. Nik = Nikolaus von Strassburg: Predigten. Hrsg. von Franz Pfeiffer. In: Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts, Bd. I: Hermann von Fritslar, Nicolaus von Straßburg, David von Augsburg, Leipzig: Göschen, 1845, 259–305. Nürnberger Stadtbuch = Nürnberg, Staatsarchiv, Reichsstadt Nürnberg, Amts- und Standbücher Nr. 227. ObE = Oberaltaicher Evangelistar. München, BSB, Cgm 66, 5–61. OxB = Oxforder Benediktinerregel. Hrsg. von Eduard Sievers. Tübingen: Fues’sche Buchdruckerei, 1887. (Beifügung zum Tübinger Decanatsprogramm 1887). Phys = Der altdeutsche Physiologus. Die Millstätter Reimfassung und die Wiener Prosa (nebst dem lateinischen Text und dem althochdeutschen Physiologus). Hrsg. von Friedrich Maurer. Tübingen: Niemeyer, 1967. (ATB 67). PrMK = Mitteldeutsche Predigten. Hrsg. von A. Jeitteles. In: Germania 17 (1872), 335–354. PrP = The “St. Pauler Predigten” (St. Paul MS. 27.5.26). Hrsg. von Norman E. Whisnant. Diss.: Chapel Hill, 1978. PrS = Schwarzwälder Predigten. Hrsg. von Franz Grieshaber. In: Deutsche Predigten des XIII. Jahrhunderts. 2. Abtheilung. Stuttgart: Grieshaber, 1844–1846. PrZ = Züricher Predigten. Hrsg. von Wilhelm Wackernagel. In: Altdeutsche Predigten und Gebete aus Handschriften. Mit Abhandlungen und einem Anhang. Basel: Richter, 1876, 3–32. RhM = Marienlieder. Hrsg. von Wilhelm Grimm. In: ZfdA 10 (1856), 1–142. Sal = Salomonis hûs. Hrsg. von Johann Valentin Adrian. In: Mittheilungen aus Handschriften und seltenen Druckwerken. Frankfurt a. M.: Sauerländer 1846, 417–455. Spec = Speculum ecclesiae: eine frühmittelhochdeutsche Predigtsammlung (Cgm. 39). Mit sprachlicher Einleitung. Hrsg. von Gert Mellbourn. Lund: Gleerup [u. a.], 1944. (Lunder germanistische Forschungen 12). Tau = Sermons de J. Tauler et autres écrits mystiques. I. Le Codex Vindobonensis 2744. Hrsg. von Adolphe Léon Corin. Liége/Paris: Vaillant-Carmanne, 1924. (Bibliothèque de la Faculté de Philosophie et Lettres de l’Université de Liége 33).

Quellentexte

543

Teichner = Die Gedichte Heinrichs des Teichners. 3 Bände. Hrsg. von Heinrich Niewöhner. Berlin: Akademie-Verlag, 1953–1956. (DTM 44, 46, 48). TrH = Das St. Trudperter Hohe Lied. Kritische Ausgabe. Hrsg. von Hermann Menhardt. Halle: Niemeyer, 1934. TrP = Trierer Psalmen. Hrsg. von Eberhard Gottlieb Graff. In: Deutsche Interlinearversionen der Psalmen. Quedlinburg/Leipzig: Basse, 1839, 166–654. (Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur 10). Walther = Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche. 15., veränderte und um Fassungseditionen erweiterte Auflage der Ausgabe Karl Lachmanns. Aufgrund der 14., von Christoph Cormeau bearbeiteten Auflage neu herausgegeben, mit Erschließungshilfen und textkritischen Kommentaren versehen von Thomas Bein. Edition der Melodien von Horst Brunner. Berlin/Boston: de Gruyter, 2013. Will = The ‘Expositio in Cantica canticorum’ of Williram, Abbot of Ebersberg. A critical Edition. Hrsg. von Erminnie Hollis Bartelmez. Philadelphia: American Philos. Society, 1967. (Memoirs of the American Philos. Society 69). WNo = Notkers Psalmen. Nach der Wiener Handschrift. Hrsg. von Richard Heinzel und Wilhelm Scherer. Strassburg: Trübner, 1876.

Frühneuhochdeutsch HKot = Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin. Wien 1445–1452. Hrsg. von Karl Mollay. Wien: Österreichischer Bundesverlag, 1971. (Wiener Neudrucke, Bd. 2). (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 113). JBang = Thüringische Chronick oder Geschichtbuch (…) anfenglich auss einem alten geschriebenen (…) Exemplar colligirt (…) vnd ferner durch weiland Ern Friderichen Schmidt Pfarherrn zu Grossen Beruingen reuidiert vnd vermehret / dann (…) von andern (…) continuirt. Jetzo aber (…) in Druck geben / durch Johan Bangen. Mühlhausen 1599. Druck: Andreas Hantzsch. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 255). JGrop = Vonn warer / wesenlicher / vnd pleibeder Gegenwertigkeit des Leybs und Bluots Christi (…). durch Johannem Gropperum d. Archidiaco der h. Kirchen zu Coellen. Köln 1556. Druck: Jaspar Gennep. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 155). JMath = Passionale Mathesij, das ist / christliche vnd andechtige Erklerung vnd Außlegung des zwey und zwantzigsten Psalms / vnd drey vnd funffzigsten Capitels des Propheten Esaia geprediget durch M. Johannem Mathesium / weyland Pfarrer in S. Joachimsthal. Leipzig 1587. Druck: Johann Beyer. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 145). Koel = Johann Koelhoff: Die Cronica van der hilliger Stat vā Coellē. Köln 1499. Druck: Johann Koelhoff d. J. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 153). LLav = Von Genspaensten Vnghüren / Faelen / vn anderen wunderbare Dingen (…) kurtzer vnd einfaltiger Bericht / gestelt durch Ludwigen Lauater Diener der Kirchen zuo Zürych. Zürich 1578. Druck: Christoph Froschauer d. J. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 215). LRauw = Leonharti Rauwolfen / der Artzney Doctorn / vnd bestelten Medici zuuo Augspurg. Aigentliche Beschreibung der Raiß / so er (…) inn die Morgenlaender (…) selbs volbracht. Lauingen 1582. Druck: Leonhart Reinmichel. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 125). Neid = Hans Neidhart: Der Eunuchus des Terenz. Ulm 1486. Hrsg. von Hermann Fischer. Tübingen: Laupp, 1915 (BLV 265). (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 123).

544

Bibliographie

Rothe = Düringische Chronik des Johann Rothe. Hrsg. von Rochus von Liliencron. Jena: Frommann, 1859. (Thüringische Geschichtsquellen 3). (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 253). SHerb = Moscouia der Hauptstat der Reissen / durch Herrn Sigmunden Freyherrn zu Herberstein (…) zusamen getragen (…). Wien 1557. Druck: Michael Zimmermann. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 115). Taul = Sermon des grosz gelarten, in Gnade erlauchte Doctoris Johannis Thauleri Prediger Ordens (…). Leipzig 1498. Druck: Konrad Kachelofen. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 143). VDiet = Summaria vber die gantze Bibel (…). Durch M. Vitum Dieterich / weyland Prediger zu Nuernberg (…). Nürnberg 1578. Druck: Katharina Gerlach und Johann von Bergs Erben. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 135). WRal= Walter Ralegh: Amerika. Frankfurt am Main 1599. Druck: Matthäus Becker. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 245).

Frühes Neuhochdeutsch CSchor = Memminger Chronick (…) durch Christoph Schorern / der freyen Kuensten vnd der Artzney D. Fuerstl. Wuertenbergis. Muempelgartischen Rath / vnd bestellten Physicum zu Memmingen. Ulm 1660. Druck: Balthasar Kühn. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 127). CWei = Christian Weisens neue Jugend-Lust / das ist / dreySchauspiele: (…) II. Von der sicil argenis ( … ). wie selbige Anno MDCLXXXIII. von den gesamten Studirenden im Zittauischen Gymnasio aufgefuehret worden. Leipzig 1684. Druck: Johann Köhler. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 147). DeoGr = Oesterreichisches DEO GRATIAS. Das ist: Eine ausfuehrliche Beschreibung eines Hochfeyerlichen Danck=Fests […] Samt einer kurtzen Predigt / […] vorgetragen. Durch P. F. Abrahama S. Clara Reformirten Augustiner Baarfuesser und Kaueyserlichen Prediger. Hrsg. von Peter Paul Vivian. Wien 1680. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 117). Engl. Kom. = Die Schauspiele der englischen Komödianten. Hrsg. von Wilhelm Creizenach. (Unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1888.) Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1967. Gerhard, Paul: Sämtliche Lieder. Zwickau: Herrmann, 1906. (Online: http://gutenberg.spiegel.de/buch/-7513/1). GGöz = M. Georg Goezens / der wohlloebl. Philos. Facult. zu Jehn Adjuncti, LeichAbdanckungen / nebenst einem Anhange ezzlicher deutscher Reed-Ubungen / izzo wiederuem uebersehen (…). Jena 1664. Druck: Johan Jakob Bauhöfer. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 257). GHeid = Mythoscopia romantica: oder Discours von den so benanten Romans, das ist erdichteten Liebes- Helde- und Hirten-Geshichten (…) verfasset von Gotthard Heidegger / V.D.M. Zürich 1698. Drucker: David Gessner. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 217). Goethe (Weimarer Ausg.) = Goethes Werke. Herausgegeben im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1901. Goethe = Johann Wolfgang Goethe: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. 40 Bde. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag, 1999.

Quellentexte

545

HLud = Hiob Ludolf: Allgemeine Schau-Bühne der Welt, Oder: Beschreibung der vornehmsten Welt-Geschichte […]. Frankfurt am Main 1699. Druck: Johann David Zunner, 1701. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 247). JRos = Außfuehrliche Widerhol- und Vermehrung der kuertzen Bedencken vom bestaendigen Baw auff den Felsen vnd nicht auff den Sand (…). Durch R. P. Ioannem Rosenthal der Societaet Iesu Priestern (…). Köln 1653. Druck: Hermann Mylius. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 157). K. Goethe Briefe = Die Briefe der Frau Rath Goethe [Katharina Elisabeth Goethe]. 2 Bde. Hrsg. von Albert Köster. 2. Auflage. Leipzig: Poeschel, 1904. (Online: Bd. 1: http://warburg01.cch.kcl.ac.uk/pdf/eeh1480b2783715A.pdf/, Bd. 2: http://warburg01.cch.kcl.ac.uk/pdf/eeh1480b2783715B.pdf/, Bd. 1 und 2: http://gutenberg.spiegel.de/autor/858/). L. Gottsched: Witzling = Gottsched, Louise Adelgunde Victorie: Der Witzling. Ein deutsches Nachspiel in einem Aufzuge. Hrsg. von Wolfgang Hecht. Berlin: de Gruyter, 1962. Opitz, Martin: Gedichte. Eine Auswahl. Hrsg. von Jan-Dirk Müller. Stuttgart: Reclam, 1970. (Online: http://gutenberg.spiegel.de/buch/martin-opitz-gedichte-5430/40/). SBirk = Spiegel der Ehren des (…) Erzhauses Oesterreich (…) 1212 anfahend (…) 1519 sich endend. Erstlich vor mer als C Jahren verfasset durch (…) Johann Jacob Fugger (…) nunmehr aber (…) aus dem Original neu-ueblicher uemgesetzet (…) erweitert (…) durch Sigmund von Birken. Nürnberg 1668. Druck: Michael und Johann Friedrich Endter. (Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 137).

Sonstiges Heliand = Heliand. Hrsg. von Moritz Heyne. Paderborn: Schöningh, 1866. Exeter Book = The Exeter Book. An Anthology of Anglo-Saxon Poetry. Edited from the Manuscript, with a Translation, Notes, Introduction, etc. Vol. 1: Poems I–VIII (Early English Text Society, Orig. Ser. 104). Hrsg. von Israel Gollancz. London: Paul, Trench Trübner & Co, 1895. (Online: https://archive.org/details/exeterbookanthol00goll/). Fornald = Fornaldarsögur Nordrlanda. Eptir gömlum handritum. 3 Bde. Hrsg. von Carl Christian Rafn. Copenhagen: Popp, 1829–1830. (Bd. 1. online: http:// reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10036764_00007.html/). Wulfila-Bibel = Die gotische Bibel. 1. Teil: Der gotische Text und seine griechische Vorlage. Mit Einleitung, Lesarten und Quellennachweisen sowie den kleinern Denkmälern als Anhang. Zweite, verbesserte Auflage. Hrsg. von Wilhelm Streitberg. Heidelberg: Winter, 1919. (Online: http://www.wulfila.be/).

Online-Korpora Bonner Frühneuhochdeutschkorpus: https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Fnhd/ Deutsches Referenzkorpus (DeReKo): Institut für Deutsche Sprache (2017): Deutsches Referenzkorpus/Archiv der Korpora geschriebener Gegenwartssprache 2017-I (Release vom 08. 03. 2017). http://www.ids-mannheim.de/DeReKo GerManC-Korpus: https://www.alc.manchester.ac.uk/modern-languages/research/germanstudies/germanc/ Referenzkorpus Altdeutsch: https://korpling.german.hu-berlin.de/annis3/ddd/ Referenzkorpus Mittelhochdeutsch: https://www.linguistics.rub.de/rem/ TITUS-Korpus: http://titus.uni-frankfurt.de/indexd.htm?/texte/texte.htm/

546

Bibliographie

Sekundärliteratur Abney, Steven Paul (1987): The English noun phrase in its sentential aspect. Ph.D. diss. MIT, Cambridge Massachusetts. Abraham, Werner (2010): Methodische Überlegungen zu Grammatikalisierung, zyklischem Wandel und dem Wechsel von Analytik zu Synthetik – und zyklisch weiter zu Analytik (?). In: Bittner, Dagmar/Gaeta, Livio (Hrsg.): Kodierungstechniken im Wandel. Das Zusammenspiel von Analytik und Synthese im Gegenwartsdeutschen. Berlin: de Gruyter, 249–274. AdA = Elspaß, Stephan/Möller, Robert (Hrsg.) (2003 ff.): Atlas der deutschen Alltagssprache. (Online: www.atlas-alltagssprache.de/). Adelung, Johann Christoph (1774–1786): Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart. Bd. 1 bis 5. Leipzig: Breitkopf. Adelung, Johann Christoph (1793–1801): Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. 4 Bd.e. Leipzig: Breitkopf. Adelung, Johann Christoph (1782): Umständliche Lehrgebäude der deutschen Sprache: zur Erläuterung der deutschen Sprachlehre für Schulen. Bd. 1–2. Hildesheim u. a.: Olms. Alber, Brigit (1994): Indizi per l’esistenza di uno split-CP nelle lingue germaniche. In: Borgato, Gianluigi (Hrsg.): Teoria del linguaggio e analisi linguistica. XX incontro di grammatica generativa. Padova: Unipress, 3–23. Altmann, Hans (1997): Verbstellungsprobleme bei subordinierten Sätzen in der deutschen Sprache. In: Dürscheid, Christa/Ramers, Karl Heinz/Schwarz, Monika (Hrsg): Sprache im Fokus. Festschrift für Heinz Vater zum 65. Geburtstag. Tübingen: Niemeyer, 69–84. Alrenga, Peter (2007): Dimensions in the semantics of comparatives. Ph.D. diss. University of California, Santa Cruz. Andersen, Paul Kent (1983): Word order typology and comparative construction. (= Current issues in linguistic theory, 25). Amsterdam: Benjamins. Andresen, Karl Gustav/Söhns, Franz (1923): Sprachgebrauch und Sprachrichtigkeit im Deutschen. 11. Auflage. Leipzig: Reisland. ANS = Haeseryn, Walter/Romijn, Kirsten/Geerts, Guido/Rooij, de Jaap/Toorn, Marten Cornelis van den (Hrsg.) (1997): Algemene Nederlandse Spraakkunst. 2. Aufl. Groningen: Nijhoff. (Online: http://ans.ruhosting.nl/e-ans/index.html). Antomo, Mailin/Steinbach, Markus (2010): Desintegration und Interpretation: Weil-V2-Sätze an der Schnittstelle zwischen Syntax, Semantik und Pragmatik. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 29, 1–37. Appel, Heinz-Wilfried (2007): Untersuchungen zur Syntax niederdeutscher Dialekte. Forschungsüberblick, Methode und Ergebnisse einer Korpusanalyse. Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang. Auwera, Johan van der (2010): On the diachrony of negation. In: Horn, Larry (Hrsg.): The expression of negation. Berlin: de Gruyter, 73–101. AWB = Grosse, Rudolf (Hrsg.) (1970–1997): Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen im Auftrag der sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig. Begründet von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Bearbeitet von Siegfried Blum u. a. Berlin: Akademie-Verlag. Axel, Katrin (2007): Studies on Old High German syntax: Left sentence periphery, verb placement, and verb-second. Amsterdam: John Benjamins.

Sekundärliteratur

547

Axel, Katrin/Wöllstein, Angelika (2009): German verb-first conditionals as unintegrated clauses. A case study in converging synchronic and diachronic evidence. In: Winkler, Susanne/Featherston, Sam (Hrsg.): The fruits of empirical linguistics. Bd. 2. (= Studies in generative grammar, 101). Berlin/New York: Mouton de Gruyter, 1–36. Axel-Tober, Katrin (2012): (Nicht-)kanonische Nebensätze im Deutschen. Synchrone und diachrone Aspekte. Berlin: de Gruyter. Bacskai-Atkari, Julia (2014a): The Syntax of Comparative Constructions. Operators, Ellipsis Phenomena and Functional Left Peripheries. Potsdam: Universitätsverlag Potsdam. Bacskai-Atkari, Julia (2014b): Cyclical change in Hungarian comparatives. In: Diachronica 31, 465–505. Bayer, Josef (1984): COMP in Bavarian syntax. In: The Linguistic Review 3, 209–274. Bayer, Josef/Brandner, Ellen (2008): On Wh-Head-Movement and the Doubly-Filled-Comp Filter. In: Chang, Charles B. et al. (Hrsg.): Proceedings of the 26th West Coast Conference on Formal Linguistics. Somerville: Cascadilla, 87–95 Beck, Sigrid (2011): Comparison constructions. In: Heusinger, Klaus von/Maienborn, Claudia/ Portner, Paul (Hrsg.): Semantics. An international handbook of natural language meaning. Bd. 2. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, 33/2). Berlin: de Gruyter, 1341–1390. Beck, Sigrid/Oda, Toshiko/Sugisaki, Koji (2004): Parametric variation in the semantics of comparison: Japanese vs. English. In: Journal of East Asian Linguistics 13, 289–344. Beck, Sigrid/Fleischer, Daniel/Gergel, Remus/Hofstetter, Stefan/Krasikova, Sveta/ Savelsberg, Christiane/Vanderelst, John/Villalta, Elisabeth (2009): Cross-linguistic variation in comparison constructions. In: Linguistic Variation Yearbook 8, 1–66. Behaghel, Otto (1923–1932): Deutsche Syntax. Eine geschichtliche Darstellung. Bd. 1 bis 4. Heidelberg: Winter. Behaghel, Otto (1927): Von deutscher Sprache. Aufsätze, Vorträge und Plaudereien. Lahr: Moritz Schauenburg. Bellmann, Günter (1995): Zu den eckorôdo-Abkömmlingen. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 62, 255–269. Bergerová, Hana (1997): Vergleichssätze in der deutschen Gegenwartssprache. Syntaktische und semantische Beschreibung einer Nebensatzart. Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien: Peter Lang. Berwick, Robert C. (1985): The acquisition of syntactic knowledge. Cambridge, Massachusetts: MIT Press. Besten, Hans den (1989): Studies in West Germanic syntax. Amsterdam/Atlanta: Rodopi. Bhatt, Rajesh/Pacheva, Roumyana (2004): Late merger of degree clauses. In: Linguistic Inquiry 35, 1–45. Bhatt, Rajesh/Takahasi, Shoichi (2011): Reduced and unreduced phrasal comparatives. In: Natural Language and Linguistic Theory 29, 581–620. Bianchi, Valentina (1999): Consequences of antisymmetry: Headed relative clauses. Berlin: de Gruyter. Bierwisch, Manfred (1987): Semantik der Graduierung. In: Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (Hrsg.): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. (= Studia Grammatica, 26/27). Berlin: Akademie-Verlag, 91–286. Bittner, Andreas (1991): Präferenztheorie, Sprachwandel und Spracherwerb oder Wenn Sprach-erwerb Sprachwandel wär. In: Bassarak/Bittner/Bittner (Hrsg.): Innersprachliche Faktoren des Wandels. Essen: Univ. Essen (= Prinzipien des Sprachwandels 5), 3–16. Blamires, Harry (2003): Compose yourself: and write good English. London: Penguin Books.

548

Bibliographie

Blevins, James (2000). Markedness and blocking in German declensional paradigms. In: Stiebels, Barbara/Wunderlich, Dieter (Hrsg.): Lexicon in focus. Berlin: Akademie-Verlag, 83–103. BMZ = Benecke, Friedrich/Müller, Wilhelm/Zarncke, Friedrich (1963): Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Unter Benutzung des Nachlasses von Georg Friedrich Benecke ausgearbeitet von Wilhelm Müller und Friedrich Zarncke. Bd. 1–3. Leipzig: Olms (Reprografischer Nachdruck der Ausgaben Leipzig 1854–1866). Boor, Helmut de (1928): Untersuchungen zur Sprachbehandlung Otfrids. Hiatus und Synaloephe. (= Germanistische Abhandlungen; 60). Breslau: Marcus. Brandner, Ellen/Bräuning, Iris (2013): Relative wo in Alemannic: Only a complementizer? In: Linguistische Berichte 234, 131–169. Bresnan, Joan (1973): Syntax of the comparative clause construction in English. In: Linguistic Inquiry 4 (3), 275–343. Bücking, Sebastian (2015): Zur Syntax hypothetischer Vergleichssätze im Deutschen. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 43, 261–305. Burchhardt, Clemens (2007): Heliand: die Verdener altsächsische Evangelium-Dichtung von 830 übertragen ins 21. Jahrhundert. Verden: Helbig. Buridant, Claude (2000): Grammaire nouvelle de l’ancien français. Paris: Sedes. Büring, Daniel/Hartmann, Katharina (1998): Asymmetrische Koordination. In: Linguistische Berichte 204, 441–476. Camara Mattoso J., Jr. (1972): The Portuguese language. Chicago: Univ. of Chicago Press. Campe, Joachim Heinrich (1807–1811): Wörterbuch der deutschen Sprache. Bd. 1 bis 5. Braunschweig: Schulbuchhandlung. Cardinaletti, Anna/Starke, Michal (1999): The typology of structural deficiency: A case study of the three classes of pronouns. In: van Riemsdijk, Henk (Hrsg.): EUROTYP. Bd. 5: Clitics in the languages of Europe. (= Empirical Approaches to Language Typology, 20– 5). Berlin/New York: Mouton de Gruyter, 145–234. Centre National de Ressources Textuelles et Lexicales (2012 ff.): Outils et ressources pour un traitement optimisé de la langue (Ortolang). Portail lexicale: Etymologie. (Online: www.cnrtl.fr/etymologie/). Chatzopoulou, Katerina (2015): The Greek Jespersen’s cycle: renewal, stability and structural microelevation. In: Gianollo, Chiara/Jäger, Agnes/Penka, Doris (Hrsg.): Language change at the syntax-semantics interface. Berlin: de Gruyter, 323–354. CHEL I = Hogg, Richard M. (Hrsg.) (2009): The Cambridge history of the English language. Bd. 1: The beginnings to 1066. 8. Aufl. Cambridge: Cambridge University Press. CHEL II = Blake, Norman (Hrsg.) (1992): The Cambridge history of the English language. Bd. 2: 1066–1476. Cambridge: Cambridge University Press. CHEL III= Lass, Roger (Hrsg.) (2006): The Cambridge history of the English language. Bd. 3: 1476–1776. 3. Aufl. Cambridge: Cambridge University Press. Chomsky, Noam (1973): Conditions on transformations. In: Anderson, Stephen R./Kiparsky, Paul (Hrsg.): Festschrift for Morris Halle. New York: Holt, Rinehart and Winston, 232– 286. Chomsky, Noam (1977): On wh-movement. In: Culicover, Peter/Wasow, Thomas/Akmajian, Adrian (Hrsg.): Formal syntax. New York: Academic Press, 71–132. Chomsky, Noam (1995): The minimalist program. Cambridge, Massachusetts: MIT Press. Creizenach, Wilhelm (1967): Einleitung. In: Creizenach, Wilhelm (Hrsg.): Die Schauspiele der englischen Komödianten. (Unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1888). Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 3–15.

Sekundärliteratur

549

Dayal, Veneeta (1996): Locality in WH quantification: Questions and relative clauses in Hindi. (= Studies in linguistics and philosophy 62.). Dordrecht: Kluwer. Demske, Ulrike (2014): Verbstellungsvariation in hypothetischen Vergleichssätzen. In: Linguistische Berichte 238, 101–140. den Dikken, Marcel (2009): Comparative correlatives and successive cyclicity. In: Lipták, Anikó (Hrsg.): Correlatives cross-linguistically. (= Language faculty and beyond, 1). Amsterdam: Benjamins, 263–306. Desportes, Yvon (2008): So im althochdeutschen „Isidor“. In: Desportes, Yvon/Simmler, Franz/Wich-Reif, Claudia (Hrsg.): Die Formen der Wiederaufnahme im älteren Deutsch. Akten zum Internationalen Kongress an der Université Paris Sorbonne (Paris IV). 08.−10. Juni 2006. Berlin: Weidler, 9–66. Dixon, Robert M. W. (2008): Comparative constructions: A cross-linguistic typology. In: Studies in Language 32 (4), 787–817. Dückert, Joachim (1961): Das geschichtliche Verhältnis des vergleichenden als und wie. In: PBB 83, 205–230. Duden-Grammatik = Duden. Bd. 4: Grammatik. Hrsg. von Angelika Wöllstein und der Dudenredaktion. 9. Auflage. Berlin: Dudenverlag, 2016. DWB = Grimm, Jabob/Grimm, Wilhelm (1854–1961): Deutsches Wörterbuch. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig: Hirzel. Nachdruck: 33 Bde. München: Deutscher Taschenbuchverlag, 1984. DynaSAND = Barbiers, Sjef et al. (2006): Dynamische Syntactische Atlas van de Nederlandse Dialecten (DynaSAND). Amsterdam: Meertens Instituut. (Online: http:// www.meertens.knaw.nl/sand/). Ebert, Robert Peter (1978): Historische Syntax des Deutschen. Stuttgart: Metzler. Ebert, Robert Peter/Reichmann, Oskar/Solms, Hans-Joachim/Wegera, Klaus-Peter (1993): Frühneuhochdeutsche Grammatik. Tübingen: Niemeyer. Eggers, Hans (1960): Vollständiges lateinisch-althochdeutsches Wörterbuch zur althochdeutschen Isidor-Übersetzung. Berlin: Akademie-Verlag. Eggers, Hans (1972): Die Partikel wie als vielseitige Satzeinleitung. In: Moser, Hugo (Hrsg.): Linguistische Studien. Bd. 1. Düsseldorf: Schwann, 159–182. Eggs, Frederike (2006): Die Grammatik von als und wie. Tübingen: Narr. Eisenberg, Peter (2013): Grundriss der deutschen Grammatik. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Stuttgart/Weimar: Metzler. Eisenmann, Fritz (1973): Die Satzkonjunktion in gesprochener Sprache. Vorkommen und Funktion untersucht an Tonbandaufnahmen aus Baden-Württemberg, BayrischSchwaben und Vorarlberg. Tübingen: Niemeyer. Elspaß, Stephan (2002): Standard German in the 19th century? (Counter-) evidence from the private correspondence of ‘ordinary people’. In: Linn, Andrew/McLelland, Nicola (Hrsg.): Standardization. Studies from the Germanic languages. (= Current issues in linguistic theory, 235). Amsterdam: Benjamins, 43–65. Elspaß, Stephan (2005): Sprachgeschichte von unten: Untersuchungen zum geschriebenen Alltagsdeutsch im 19. Jahrhundert. Tübingen: Niemeyer. Erben, Johannes (1954): Grundzüge einer Syntax der Sprache Luthers: Vorstudie zu einer Luther-Syntax, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Hochsprache und zur Klärung der syntaktischen Grundfragen. Berlin: Akademie-Verlag. Erdmann, Oskar (1874–1876): Untersuchungen über die Syntax der Sprache Otfrids. Bd. 1 bis 2. Halle: Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses.

550

Bibliographie

Eroms, Hans-Werner (2005): Relativsatzmarkierungen im Bairischen. In: Krämer-Neubert, Sabine/Wolf, Norbert Richard (Hrsg.): Bayerische Dialektologie: Akten der internationalen dialektologischen Konferenz 26.−28. Februar 2002. (= Schriften zum Bayerischen Sprachatlas, 8). Heidelberg: Winter, 75–88. EWA = Lloyd, Albert Lancaster/Springer, Otto/Lühr, Rosemarie (1988–2014): Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen. Bd. 1–5. Göttingen/Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht. Fabricius-Hansen, Cathrine (1992): Subordination. In: Hoffmann, Ludger (Hrsg.): Deutsche Syntax. Ansichten und Aussichten. Berlin: de Gruyter, 458–483. Feldmann, Wilhelm (1901): Das vergleichende als in der deutschen Schriftsprache. In: Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 16, 38–41. Ferraresi, Gisella/Weiß, Helmut (2011): „Al die wîle und ich lebe“. Und nicht nur koordinierend. In: Breindl, Eva/Ferraresi, Gisella/Volodina, Anna (Hrsg.): Satzverknüpfungen. Zur Interaktion von Form, Bedeutung und Diskursfunktion. (= Linguistische Arbeiten, 534). Tübingen: Niemeyer, 79–106. Fischer, Engelbert Lorenz (1896): Grammatik und Wortschatz der Plattdeutschen Mundart im Preußischen Samlande. Halle: Buchhandlung des Waisenhauses. Flaate, Inghild (2007): Die „als“-Prädikative im Deutschen. Eine syntaktisch-semantische Analyse. Tübingen: Stauffenburg. Fleischer, Jürg (2006): Zur Methodologie althochdeutscher Syntaxforschung. Aus Anlass des Erscheinens von: Richard Schrodt, Althochdeutsche Grammatik II. Syntax. In: PBB 128, 25–69. Fleischer, Jürg (2015): Pro-Drop und Pronominalenklise in den Dialekten des Deutschen: eine Auswertung von Wenkersatz 12. In: Michael Elmentaler/Markus Hundt/Jürgen Erich Schmidt (Hrsg.): Deutsche Dialekte: Konzepte, Probleme, Handlungsfelder. Akten des 4. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD) (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik Beihefte 158): 191–209, 504–505 [Karten]. Stuttgart: Steiner. Fleischer, Jürg/Kasper, Simon/Lenz, Alexandra (2012): Die Erhebung syntaktischer Phänomene durch die indirekte Methode: Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Forschungsprojekt „Syntax hessischer Dialekte“ (SyHD). In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 79, 1–42. Fleischer, Jürg/Lenz, Alexandra/Weiß, Helmut (2017): SyHD-atlas: Einführung. In: Fleischer, Jürg/Alexandra N. Lenz/Helmut Weiß (2017): SyHD-Atlas. Konzipiert von Ludwig M. Breuer unter Mitarbeit von Katrin Kuhmichel, Stephanie Leser-Cronau, Johanna Schwalm und Thomas Strobel. Marburg/Frankfurt am Main/Wien: dx.doi.org/10.17192/ es2017.0003. (Online: http://www.syhd.info/apps/atlas/#syhd-und-syhd-atlas/). Fleischer, Jürg/Schallert, Oliver (2011): Historische Syntax des Deutschen. Tübingen: Narr. Frankfurter Wörterbuch = Oppel, Johann Joseph/Rauh, Hans Ludwig/Brückner, Wolfgang (Hrsg.) (1971–1985): Frankfurter Wörterbuch. Frankfurt: Dr. Waldemar Kramer. Freywald, Ulrike (2016): Parataktische Konjunktionen. Zur Syntax und Pragmatik der Satzverknüpfungen im Deutschen – am Beispiel von obwohl, wobei, während, wogegen und dass. (= Studien zur deutschen Grammatik, 90). Tübingen: Stauffenburg. Friedli, Matthias (2005): Si isch grösser weder ig! Zum Komparativanschluss im Schweizerdeutschen. In: Christen, Helen (Hrsg.): Dialektologie an der Jahrtausendwende. Linguistik online 24 (3). (Online: http://www.linguistik-online.de/24_ 05/friedli.html/). Friedli, Matthias (2012): Der Komparativanschluss im Schweizerdeutschen: Arealität, Variation und Wandel. Dissertation, Universität Zürich. (Online: http://opac.nebis.ch/ ediss/20121543.pdf/).

Sekundärliteratur

551

Fuß, Eric (2014): Complementizer agreement (in Bavarian): Feature inheritance or feature insertion? In: Grewendorf, Günther/Weiß, Helmut (Hrsg.): Bavarian Syntax. Contributions to the Theory of Syntax. Amsterdam: Benjamins, 51–82. Fuß, Eric/Wratil, Melani (2013): Der Nullsubjektzyklus: Etablierung und Verlust von Nullargumenten. In: Fleischer, Jürg/Simon, Horst (Hrsg.): Sprachwandelvergleich – comparing diachronies. Berlin: de Gruyter, 163–196. FWB = Goebel, Ulrich/Lobenstein-Reichmann, Anja/Reichmann, Oskar (Hrsg.) (1989 ff.): Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begründet von Robert Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann. Berlin: de Gruyter. Gamillscheg, Ernst (1957): Historische französische Syntax. Tübingen: Niemeyer. Gärtner, Hans-Martin (2001): Are there V2 relative clauses in German? In: Journal of Comparative Germanic Linguistics 3, 97–141. Gelderen, Elly van (2004): Grammaticalization as economy. Amsterdam: Benjamins. Gelderen, Elly van (2007): The definiteness cycle in Germanic. In: Journal of Germanic Linguistics 19, 275–305. Gelderen, Elly van (2008): Where did Late Merge go? Grammaticalization as feature economy. In: Studia Linguistica 62, 287–300. Gelderen, Elly van (Hrsg.) (2009): Cyclical change. Amsterdam: Benjamins. Gelderen, Elly van (2011): The linguistic cycle: Language change and the language faculty. Oxford: Oxford University Press. Gelderen, Elly van (Hrsg.) (2016): Cyclical change continued. Amsterdam: Benjamins. Gergel, Remus (2008): Comparatives and inversion in English: A (necessarily) diachronic account. In: University of Pennsylvania working papers in linguistics 14, 177–190. Giannakidou, Anastasia (1998): Polarity sensitivity as (non)verdical dependency. (= Linguistik aktuell, 23). Amsterdam: Benjamins. Gianollo, Chiara/Jäger, Agnes/Penka, Doris (2015): Language change at the syntax-semantic interface. Perspectives and challenges. In: Gianollo, Chiara/Jäger, Agnes/Penka, Doris (Hrsg.): Language change at the syntax-semantics interface. Berlin: de Gruyter, 1–32. Greenberg, Joseph Harold (1963): Some universals of grammar with particular reference to the order of meaningful elements. In: Greenberg, Joseph Harold (Hrsg.): Universals of language. Cambridge, Mass.: MIT Press, 73–113. Grimm, Jacob (1884): All also als. In: Jacob Grimm: Kleinere Schriften. Bd. 7, 293–296. (Nachdruck Hildesheim: Olms, 1966). Grimm, Jacob (1897): Deutsche Grammatik. Bd. 4. 2. Aufl. Gütersloh: Bertelsmann. Grosu, Alexander/Horvath, Julia (2006): Reply to Bhatt and Pancheva’s “Late merger in degree clauses”: The irrelevance of (non)conservativity. In: Linguistic Inquiry 37, 457– 483. Haader, Lea (2003): Az ómagyar kor. Mondattörténet: Az összetett mondat. In: Kiss, Jenö/ Pusztai, Ferenc (Hrsg.): Magyar nyelvtörténet. Budapest: Osiris Kiadó, 500–560. Haegeman, Liliane (1991): Introduction to government and binding theory. Oxford: Basil Blackwell. Hahnemann, Suzan (1999): Vergleiche im Vergleich. Zur Syntax und Semantik ausgewählter Vergleichsstrukturen mit „als“ und „wie“ im Deutschen. (= Linguistische Arbeiten, 397). Tübingen: Niemeyer. Haider, Hubert (2010): The Syntax of German. Cambridge: Cambridge University Press. Handschuh, Doris (1964): Konjunktionen in Notkers Boethius-Übersetzung. Zürich: Juris. Hankamer, Jorge (1973): Unacceptable ambiguity. In: Linguistic Inquiry 4: 17–68.

552

Bibliographie

Harm, Volker (2001): Zur Genese der verallgemeinernden Relativsätze des Althochdeutschen. In: Indogermanische Forschungen 106, 241–261. Hartmann, Katharina (2015): Coordination. In: Kiss, Tibor/Alexiadou, Artemis (Hrsg.): Syntax − theory and analysis: An international handbook. (= Handbücher zur Sprachund Kommunikationswissenschaft, 42/1). Berlin: de Gruyter, 478–514. Haspelmath, Martin/Buchholz, Oda (1998): Equative and similative constructions in the languages of Europe. In: Van der Auwera, Johan/O Baoill, Dónall (Hrsg.): EUROTYP. Bd. 3: Adverbial constructions in the languages of Europe. (= Empirical Approaches to Language Typology, 20–3). Berlin: de Gruyter, 277–334. Haspelmath, Martin (2017): Equative constructions in world-wide perspective. In: Treis, Yvonne/Vanhove, Martine (Hrsg.): Similative and equative constructions: A crosslinguistic perspective. Amsterdam: Benjamins, 9–32. Hasselberg, Joachim (1979): Differenzgrammatik Mittelhessisch: Hochsprache: Eine Untersuchung dialektspezifischer Kommunikationsbehinderungen von hessischen Schülern. (= Beiträge zur deutschen Philologie, 45). Gießen: Wilhelm Schmitz. Heim, Irene (1985): Notes on comparatives and related matters. Ms. University of Texas, Austin. (Online: http://semanticsarchive.net/Archive/zc0ZjY0M/ Comparatives%2085.pdf/). Heim, Irene (2000): Degree operators and scope. In: Jackson, Brendan/Matthews, Tanya (Hrsg.): Proceedings of Semantics and Linguistic Theory (SALT) 10. Cornell University, Ithaca, 40–64. (Online: http://journals.linguisticsociety.org/proceedings/index.php/ SALT/article/view/3102/). Heine, Bernd/Kuteva, Tania (2002): World lexicon of grammaticalization. Cambridge: Cambridge University Press. Heine, Bernd (2003): Grammaticalization. In: Joseph, Brian/Janda, Richard (Hrsg.): The handbook of historical linguistics. Oxford: Blackwell, 575–601. Helbig, Gerhard/Buscha, Joachim (2013): Deutsche Grammatik. Ein Handbuch für den Ausländerunterricht. Berlin: Klett-Langenscheidt. Hendriks, Petra (1995): Comparatives and categorial grammar. Ph.D. Diss., Univ. Groningen. Henkelmann, Peter (2006): Constructions of equative comparison. In: Sprachtypologie und Universalienforschung 59, 370–398. Heynatz, Johann Friedrich (1795): Versuch eines möglichst vollständigen synonymischen Wörterbuchs der deutschen Sprache. Bd. 1. Berlin: Felisch. Heynatz, Johann Friedrich (1796–1797): Versuch eines deutschen Antibarbarus oder Verzeichniß solcher Wörter, deren man sich in der reinen Deutschen Schreibart entweder überhaupt oder doch in gewissen Bedeutungen enthalten muß, nebst Bemerkung einiger, welche mit Unrecht getadelt werden. Bd. 1 bis 2. Berlin: Verlag der königl. preuß. akadem. Kunst- und Buchhandlung. Heyse, Johann Christian August (1878): Deutsche Grammatik oder Lehrbuch der deutschen Sprache. 23. Auflage. Hannover: Hahnsche Buchhandlung. Hildebrand, Rudolf (1871): Rezension zu Ph. Dietz: Wörterbuch zu Dr. Martin Luthers deutschen Schriften. Leipzig: Vogel, 1870. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 3, 358– 365. Hobich, Melanie (2013): Komparativsyntax. Eine historische Korpusstudie. BA-Arbeit. Frankfurt a. M.: Univ. Frankfurt. Hock, Wolfgang/Keydana, Götz/Widmer, Paul (Hrsg.) (in Vorb.): Gradation. (= Mouton Handbooks of Indoeuropean Typology, 1). Berlin: de Gruyter. Hodler, Werner (1969): Berndeutsche Syntax. Bern: Francke.

Sekundärliteratur

553

Hoeksema, Jan (1983): Negative polarity and the comparative. In: Natural Language and Linguistic Theory 1, 403–434. Hoeksema, Jan (1984): To be continued: The story of the comparative. In: Journal of Semantics 3, 93–107. Hohaus, Vera (2015): A semantics for degree and property equatives. Vortrag beim Workshop “Comparison constructions”, 21. 12. 2015. Köln: Universität zu Köln. Hohaus, Vera/Tiemann, Sonja/Beck, Sigrid (2014): Acquisition of comparison constructions. In: Language Acquisition 21, 215–249. Hohaus, Vera/Zimmermann, Malte (2017): A Unified Analysis for Degree and Similative so … wie in German. Ms. Univ. Tübingen/Potsdam. (Eingereicht bei Journal of semantics). Höhle, Tilman N. (1990): Assumptions about asymmetric coordination in German. In: Mascaró, Joan/Nespor, Marina (Hrsg.): Grammar in progress: Glow essays for Henk van Riemskijk. Dordrecht: Foris, 221–235. Höhle, Tilman N. (1991): On reconstruction and coordination. In: Haider, Hubert/Netter, Klaus (Hrsg.): Representation and derivation in the theory of grammar. (= Studies in natural language and linguistic theory, 22). Dordrecht u. a.: Kluwer, 139–197. Holler, Anke (2005): Weiterführende Relativsätze. Empirische und theoretische Aspekte. Berlin: Akademie-Verlag. Hopper, Paul J./Traugott, Elizabeth Closs (2003): Grammaticalization. 2. Aufl. Cambridge: Cambridge University Press. Horst, Joop van der (2008): Geschiedenis van de Nederlandse syntaxis. Bd. 1. Leuven: Universitaire Pers Leuven. Hubers, Ferdy/Hoop, Helen de (2013): The effect of prescriptivism on comparative markers in spoken Dutch. In: Aalberse, Suzanne/Auer, Anita (Hrsg.): Linguistics in the Netherlands 2013. (= Linguistics in the Netherlands, 30). Amsterdam: Benjamins, 89–101. Hübschmann, Heinrich (1897): Armenische Grammatik. Leipzig: Breitkopf Härtel. Huydecoper, Balthazar (1730): Proeve van taal- en dichtkunde. In vrymoedige aanmerkingen op Vondels vertaalde Herscheppingen van Ovidius. Amsterdam: E. Visscher en J. Tirion. Jäger, Agnes (2008): History of German negation. (= Linguistik aktuell, 118). Amsterdam: Benjamins. Jäger, Agnes (2010a): Der Komparativzyklus und die Position der Vergleichspartikeln. In: Linguistische Berichte 224, 467–493. Jäger, Agnes (2010b): Anything is nothing is something. On the diachrony of polarity types of indefinites. In: Natural Language and Linguistic Theory 28, 787–822. Jäger, Agnes (2013): Mehr als (wie) die Summe seiner Teile. Vergleichspartikeln in den Dialekten Hessens mit besonderer Berücksichtigung von „als wie“. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 80, 261–296. Jäger, Agnes (2016): Vergleichskasus im Althochdeutschen. In: Neri, Sergio/Schuhmann, Roland/Zeilfelder, Susanne (Hrsg.): „dat ih dir it nu bi huldi gibu“: Linguistische, germanistische und indogermanistische Studien. Rosemarie Lühr gewidmet. Wiesbaden: Reichert, 193–208. Jäger, Agnes (2017a): Mit eynre ander manier dan nu. Historische Variation bei Vergleichskonstruktionen. In: Konopka, Marek/Wöllstein, Angelika (Hrsg.): Grammatische Variation. Empirische Zugänge und theoretische Modellierung. Jahrbuch des Instituts für Deutsche Sprache 2016. Berlin: de Gruyter, 65–84. Jäger, Agnes (2017b): Vergleiche (Komparativ/Äquativ). In: Fleischer, Jürg/Alexandra N. Lenz/ Helmut Weiß (2017): SyHD-Atlas. Konzipiert von Ludwig M. Breuer unter Mitarbeit von Katrin Kuhmichel, Stephanie Leser-Cronau, Johanna Schwalm und Thomas Strobel.

554

Bibliographie

Marburg/Frankfurt am Main/Wien: dx.doi.org/10.17192/es2017.0003. (Online: http:// www.syhd.info/apps/atlas/#vergleiche). Jensen, Hans (1934): Der steigernde Vergleich und sein sprachlicher Ausdruck. In: Indogermanische Forschungen 52, 108–130. Jespersen, Otto (1917): Negation in English and other languages. (= Historisk-filologiske Meddelelser, 1/5). Copenhagen: A. F. Host. Johannessen, Janne Bondi (1998): Coordination. (= Oxford Studies of Comparative Syntax). Oxford: Oxford University Press. Johnsen, Olaf (1914): On some OE. adverbs and conjunctions of time. In: Anglia 38, 83–100. Kayne, Richard (1994): The antisymmetry of syntax. Cambridge, Mass.: MIT Press. Kayne, Richard (2000): Parameters and Universals. Oxford: Oxford University Press. Kayne, Richard (2005): Some notes on comparative syntax, with special reference to English and French. In: Cinque, Guglielmo/Kayne, Richard (Hrsg.): The Oxford handbook of comparative syntax. Oxford: Oxford University Press, 3–69. Keenan, Edward (1985): Relative clauses. In: Shopen, Timothy (Hrsg.): Language typology and syntactic description. Bd. 2: Complex constructions. Cambridge: Cambridge University Press, 141–170. Kelle, Johann (1881): Glossar der Sprache Otfrids. Regensburg: Manz. Kemenade, Ans van (1999): Sentential negation and clause structure in OE. In: Tieken-Boon van Ostade, Ingrid et al. (Hrsg.): Negation in the history of English, 147–165. Berlin: Mouton de Gruyter. Kemenade, Ans van (2000): Jespersen’s cycle revisited. In: Pintzuk, Susan/Tsoulas, George/ Warner, Anthony (Hrsg.): Diachronic syntax. Oxford: Oxford University Press, 51–74. Kennedy, Christopher (1999): Projecting the adjective. Syntax and semantics of gradability and comparison. New York: Garland. Kiparsky, Paul (1995): Indoeuropean origins of Germanic syntax. In: Battye, Adrian/Roberts, Ian (Hrsg.): Clause structure and language change. Oxford: Oxford University Press, 140–169. Klein, Ewan (1991): Comparatives. In: Stechow, Arnim von/Wunderlich, Dieter (Hrsg.): Semantik. Ein internationales Handbuch der zeitgenössischen Forschung. (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, 6). Berlin: de Gruyter, 673–691. Klein, Thomas/Solms, Hans-Joachim/Wegera, Klaus-Peter (2009): Mittelhochdeutsche Grammatik. Bd. 3: Wortbildung. Tübingen: Niemeyer. Klooster, Willem (2001): Grammatica van het hedendaags Nederlands: Een volledig overzicht. Den Haag: SDU. Knapp, Fritz Peter (1979): Zur logischen und grammatischen Struktur des bildhaften Vergleichs in der Sprache der mittelhochdeutschen und neuhochdeutschen Klassik. In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 14, 59–86. Koelwel, Eduard (1942): Wegweiser zum richtigen Deutsch. Berlin: Langenscheidt. Köne, Johann (1855): Heliand oder das Lied vom Leben Jesu. Münster: Theissing’sche Buchhandlung. König, Ekkehard (2015): Manner deixis as source of grammatical markers in Indo-European languages. In: Viti, Carlotta (Hrsg.): Perspectives on Historical Syntax. (= Studies in language companion series, 169). Amsterdam: Benjamins, 35–60. Koster, Jan (2000): Extraposition as parallel construal. Ms. Univ. Groningen. (Online: http:// www.let.rug.nl/koster/papers/parallel.pdf/).

Sekundärliteratur

555

Krasikova, Svetlana/Penka, Doris (2012): ‘So’ in equatives. Vortrag beim Workshop ‘so’, Universität Konstanz, 3.−4. 5. 2012. Kraus, Carl von (1935): Walther von der Vogelweide. Untersuchungen. Berlin: de Gruyter. Krisch, Thomas (1988): Presuppositions in Old Norse comparative constructions. In: Transactions of the Philological Society 86, 44–62. Kühnert, Henrike/Wagner, Esther-Miriam (2004): Konnektive in der diachronen Entwicklung des Jiddischen. In: Kozianka, Maria/Lühr, Rosemarie/Zeilfelder, Susanne (Hrsg.): Indogermanistik – Germanistik – Linguistik. Akten der Arbeitstagung der Indogermanischen Gesellschaft, Jena 18.−20. 09. 2002. Hamburg: Verlag Dr. Kovač, 261–299. Kürschner, Wilfried (1983): Studien zur Negation im Deutschen. Tübingen: Narr. Ladusaw, William A. (1980): Polarity sensitivity as inherent scope relations. New York: Garland. Laker, Stephen (2002): Zur Herkunft der Vergleichspartikel „was“ im Bairischen. In: Sprachwissenschaft 27 (4) 397–416. Lang, Ewald (1977): Semantik der koordinativen Verknüpfung. Berlin: Akademie-Verlag. Lechner, Winfried (1999): Comparatives and DP-structure. Ph.D. diss. University of Massachusetts, Amherst. Lechner, Winfried (2004): Ellipsis in comparatives. Berlin: de Gruyter. Lechner, Winfried (2015): Clausal vs. phrasal comparatives. Ms. Univ. Athen. Erscheint in: Matthewson, Lisa/Meier, Cécile/Rullmann, Hotze/Zimmermann, Thomas Ede (Hrsg.): The Blackwell companion to semantics. Malden: Blackwell. Lehmann, Christian (1982): Thoughts on Grammaticalization. A programmatic sketch. Bd. 1. Arbeiten des Kölner Universalien-Projekts, Nr. 48. Universität Köln. Lerch, Eugen (1925): Historische Französische Syntax. Bd. 1: Definition der Syntax – syntaktische Methoden − Allgemeines über Satzverknüpfung und Konjunktionen − Beigeordnete Sätze − Que-Sätze, Sätze mit si, quand und comme. Leipzig: Reisland. Lerch, Eugen (1942): Ist schöner wie ein Sprachfehler? Zum Streit um die Berechtigung der Sprachregelung. In: PBB 65, 329–372. Lexer = Lexer, Matthias (1974): Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zugleich als Supplement und alphabetischer Index zum Mittelhochdeutschen Wörterbuche von Benecke-Müller-Zarncke. Bd. 1 bis 2. Stuttgart: Hirzel (Nachdruck der Ausgaben Leipzig 1872–1878). Lindow, Wolfgang et al. (1998): Niederdeutsche Grammatik. (= Schriften des Instituts für niederdeutsche Sprache, 20). Leer: Schuster. Lipold, Günther (1983): Möglichkeiten der Komparation in den deutschen Dialekten. In: Besch, Werner et al. (Hrsg.): Dialektologie: Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, 1/2). Berlin: de Gruyter, 1232–1241. Lippert, Jörg (1974): Beiträge zur Technik und Syntax althochdeutscher Übersetzungen unter besonderer Berücksichtigung der Isidorgruppe und des althochdeutschen Tatian. München: Fink. Lohndal, Terje (2009): The copula cycle. In: Gelderen, Elly van (Hrsg.): Cyclical change. Amsterdam: Benjamins, 209–242. Longobardi, Giuseppe (2001): Formal Syntax, diachronic minimalism, and etymology: The history of French chez. In: Linguistic Inquiry 32, 275–302. Lühr, Rosemarie (1982): Studien zur Sprache des Hildebrandliedes. Frankfurt am Main: Lang.

556

Bibliographie

Lühr, Rosemarie (1998): Verallgemeinernde Relativsätze im Althochdeutschen. In: Donhauser, Karin/Eichinger, Ludwig (Hrsg.): Deutsche Grammatik – Thema in Variationen. Festschrift für Hans-Werner Eroms zum 60. Geburtstag. Heidelberg: Winter, 263–281. Lühr, Rosemarie (2003): Genitivische Konnektoren im Althochdeutschen. In: Desportes, Yvon (Hrsg.): Konnektoren im älteren Deutsch. Akten des Pariser Kolloquiums. März 2002. Heidelberg: Winter, 193–211. Lühr, Rosemarie (2011): Adverbialsatz und Koordination im Althochdeutschen. In: Simmler, Franz/Wich-Reif, Claudia (Hrsg): Syntaktische Variabilität in Synchronie und Diachronie vom 9. bis 18. Jahrhundert. Akten zum Internationalen Kongress an der Universität Bonn. 9. bis 12. Juni 2010. (= Berliner sprachwissenschaftliche Studien, 24). Berlin: Weidler, 11–23. MacWhinney, Brian/Malchukov, Andrej/Moravcsik, Edith (Hrsg.) (2014): Competing motivations in grammar and usage. Oxford: Oxford University Press. Marti, Werner (1985): Berndeutsch-Grammatik für die heutige Mundart zwischen Thun und Jura. Bern: Cosmo. Martin, Bernhard (1925): Studien zur Dialektgeographie des Fürstentums Waldeck und des nördlichen Teils des Kreises Frankenberg. Marburg: Elwert. Martin, Bernhard (1984): Gesammelte Schriften zur waldeckisch-hessischen und deutschen Mundartforschung. Hrsg. v. Ludwig Erich Schmitt. Gießen: Schmitz. Martinet, André (1952): Function, structure, and sound change. In: Word 8, 1–32. Masser, Achim (1994): Die Handschrift Cod. Sang. 56. In: Masser, Achim (Hrsg.): Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue Stiftsbibliothek St. Gallen Cod. 56. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 27–35. Matos, Gabriela/Brito, Ana (2008): Comparative clauses and cross-linguistic variation: a syntactic approach. In: Bonamy, Oliver/Cabredo Hofherr, Patricia (Hrsg.): Empirical Issues in Syntax and Semantics 7, 307–329. Matthias, Theodor (1930): Sprachleben und Sprachschäden: Ein Führer durch die Schwankungen und Schwierigkeiten des deutschen Sprachgebrauchs. 6., verbesserte und vermehrte Aufl. Leipzig: Brandstetter. Matzel, Klaus (1992): Zum verallgemeinernden Relativum des Althochdeutschen. In: Desportes, Yvon (Hrsg.): Althochdeutsch. Syntax und Semantik. Akten des Lyonner Kolloquiums zur Syntax und Semantik des Althochdeutschen. 1.−3. März 1990. Lyon: Université Lyon, Centre d’études linguistiques Jacques Goudet. Série Germanique ancien 1, 211–226. Mayerthaler, Willi (1980): Morphologische Natürlichkeit. Frankfurt am Main: Athenäum. McCoy, Richard (2017): English comparatives as degree-phrase relative clauses. In: Proceedings of the Linguistic Society of America 2, 26, 1–7. McMahon, April (1994): Understanding language change. Cambridge: Cambridge University Press. Merkle, Ludwig (1975): Bairische Grammatik. München: Heimeran. Meyer-Lübke, Wilhelm (1899): Grammatik der romanischen Sprachen. Bd. 3: Syntax. Leipzig: Reisland. Middleton, George (1892): An essay on analogy in syntax. London: Longmans. Mittwoch, Anita (1974): Is there an underlying negative element in comparative clauses? In: Linguistics 122, 39–45. Munn, Alan Boag (1993): Topics in the syntax and semantics of coordinate structure. Ph.D. diss. Univ. of Maryland.

Sekundärliteratur

557

MWB = Gärtner, Kurt/Grubmüller, Klaus/Stackmann, Karl (Hrsg.) (2013 ff.): Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Stuttgart: Hirzel. Napoli, Donna Jo (1983): Comparative ellipsis: a phrase structure analysis. In: Linguistic Inquiry 14, 675–694. Niebaum, Hermann (1977): Westfälisch. Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann. OED = Oxford English Dictionary Online (2001 ff.). Oxford: Oxford University Press. (Online: http://www.oed.com/). Oppenrieder, Wilhelm (1991): Irreale Vergleichssätze. In: Klein, Eberhard/Pouradier Duteil, Françoise/Wagner, Karl Heinz (Hrsg.): Betriebslinguistik und Linguistikbetrieb. Akten des 24. Linguistischen Kolloquiums. Universität Bremen. 4.−6. September 1989. Bd. 1. Tübingen: Niemeyer, 357–366. Osborne, Timothy (2009): Comparative coordination vs. comparative subordination. In: Natural Language and Linguistic Theory 27, 427–454. Panagl, Oswald (1975): Präsupposition und die Syntax der lateinischen Komparation. In: Drachmann, Gaberell (Hrsg.): Akten der Salzburger Frühlingstagung für Linguistik. Bd. 1. (= Salzburger Beiträge zur Linguistik, 1). Tübingen: Narr, 361–375. Pancheva, Roumyana (2006): Phrasal and clausal comparatives in Slavic. In: Lavine, James/ Franks, Steven/Tasseva-Kurktchieva, Mila/Filip, Hana (Hrsg.) Formal Approaches to Slavic Linguistics 14: The Princeton meeting 2005. Ann Arbor: University of Michigan Slavic Publications, 236–257. Pancheva, Roumyana (2010): More Students Attended FASL than CONSOLE. In: Browne, Wayles/Cooper, Adam/Kesici, Esra/Predolac, Nikola (Hrsg.): Formal approaches to Slavic linguistics 18: The second Cornell meeting 2009. Ann Arbor: University of Michigan Slavic Publications, 383–400. Partee, Barbara (1977): Comments on the paper by Bresnan: Variables in the theory of transformations. Part 1: Bounded vs. unbounded transformations. In: Culicover, Peter/ Wasow, Thomas/Akmajian, Adrian (Hrsg): Formal syntax. New York: Academic Press, 197–205. Parti, Marcus (2008): Titus-Andronicus. Englisch-deutsche Studienausgabe. Tübingen: Stauffenburg. Pasch, Renate/Brauße, Ursula/Breindl, Eva/Waßner, Ulrich Hermann (2003): Handbuch der deutschen Konnektoren. Berlin/New York: de Gruyter. Paul, Hermann (1920): Deutsche Grammatik. Bd. 4: Syntax. Halle: Niemeyer. Paul, Hermann (2007): Mittelhochdeutsche Grammatik. 25. Auflage. Neu bearb. von Thomas Klein, Hans-Joachim Solms, Klaus-Peter Wegera, Heinz-Peter Prell. Tübingen: Niemeyer. Penner, Zvi (1993): W-Morphology in the COMP system of Bernese Swiss German and the licensing of empty operators in the prefield position. In: Abraham, Werner/Bayer, Josef (Hrsg.): Dialektsyntax. (= Linguistische Berichte, Sonderheft 5), 201–212. Pfeifer, Wolfgang (1993). Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 2. Auflage. Berlin: Akademie-Verlag. (Online: http://www.dwds.de/d/wb-etymwb/). Pinault, Georges (1985): Négation et comparaison en Védique. In: Bulletin de la société de linguistique de Paris. Paris/Louvain: Peeters, 103–144. Pittner, Karin (1996): Attraktion, Tilgung und Verbposition: zur diachronen und dialektalen Variation beim Relativpronomen im Deutschen. In: Brandner, Ellen/Ferraresi, Gisella (Hrsg.): Language change and generative grammar. (= Linguistische Berichte, Sonderheft 7), 120–153. Pokorny, Julius (1959): Indogermanisches etymologisches Wörterbuch. Bern: Francke.

558

Bibliographie

Polenz, Peter von (1991/1994/1999) Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Bd. 1 bis 3. Berlin: de Gruyter. Postma, Gertjan (2006): Van „groter dan“ naar „groter als“. Structurele oorzaken voor het verval van het comparatieve voegwoord „dan”. In: Nederlandse Taalkunde 11(1), 2–22. Price, Susan (1990): Comparative constructions in Spanish and French syntax. London/New York: Routledge. Quine, Willard van Orman (1969): Ontological relativity and other essays. New York: Columbia University Press. Quirk, Randolph et al. (2008): A comprehensive grammar of the English language. 22. Aufl. Harlow: Longman. Reich, Ingo (2009): „Asymmetrische Koordination“ im Deutschen. Tübingen: Stauffenburg (Studien zur deutschen Grammatik 75). Reich, Ingo (2013): Asymmetrische Koordination. In: Meibauer, Jörg/Steinbach, Markus/ Altmann, Hans (Hrsg.): Satztypen des Deutschen. Berlin: de Gruyter, 356–371. Reinarz, Lukas/Vos, Hugo de/Hoop, Helen de (2016): Conflicting constraints in the comparative cycle. In: Journal of Germanic Linguistics 28, 403–425. Reis, Hans (1901): Über althochdeutsche Wortfolge. Teil 1 und 2. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 33, 212–238, 330–349. Reis, Marga (1997): Zum syntaktischen Status unselbständiger Verbzweit-Sätze. In: Dürscheid, Christa/Vater, Heinz/Ramers, Karl Heinz/Schwarz, Monika (Hrsg.): Sprache im Fokus. Festschrift für Heinz Vater zum 65. Geburtstag. Tübingen: Niemeyer, 121–144. Reis, Marga (2011): Kaum-Gefüge im Deutschen – Grammatik und Pragmatik. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 39, 317–355. Reis, Marga (2013): „Weil-V2“-Sätze und (k)ein Ende? Anmerkungen zur Analyse von Antomo und Steinbach (2010). In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 32, 221–262. Rheinisches Wörterbuch = Müller, Josef/Meisen, Karl (1928–1971): Rheinisches Wörterbuch. Bd. 1–9. Bonn/Berlin: Klopp. Rizzi, Luigi (1997): The fine-structure of the left periphery. In: Haegeman, Liliane (Hrsg.): Elements of grammar. Handbook of generative syntax. Dordrecht: Kluwer, 281–337. Roberts, Ian (1993): Verbs and diachronic syntax. A comparative history of English and French. Dordrecht: Kluwer. Roberts, Ian/Roussou, Anna (2003): Syntactic change. A minimalist approach to grammaticalisation. Cambridge: Cambridge University Press. Robinson, Orrin (1997): Clause subordination and verb placement in the Old High German Isidor translation. Heidelberg: Winter. Rosemann, Johann Gilges gen. Klöntup (1982–1984): Niederdeutsch-Westphälisches Wörterbuch. Bearb. von Wolfgang Kramer, Hermann Niebaum, Ulrich Scheuermann. Bd. 1 bis 2. (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen). Hildesheim: Lax. Rossé, Fernand (1991): Handbook of Middle English. 10. Aufl. London: John Hopkins University Press. Rowlett, Paul (1998): Sentential Negation in French. Oxford: Oxford University Press. SAND = Babiers, Sjef/Auwera, Johan van der/Bennis, Hans/Boef, Eefje/Vogelaer, Gunther de/Ham, Margreet van der (2005 ff.): Syntactische Atlas van de Nederlandse Dialecten. Amsterdam: Amsterdam University Press. Sanders (1856): Lexikographische Studien. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 20, 60–82.

Sekundärliteratur

559

Sass, Johannes (2002): Der neue Sass. Plattdeutsches Wörterbuch. PlattdeutschHochdeutsch, Hochdeutsch-Plattdeutsch, plattdeutsche Rechtschreibung. Hrsg. v. d. Fehrs-Gilde, Verein zur Förderung des Niederdeutschen e.V. Neu bearb. von Heinrich Kahl und Heinrich Thies. 2., überarb. Aufl. Neumünster: Wachholtz. Sauerland, Uli (1998): The meaning of chains. Ph.D. diss. MIT, Cambridge, Massachusetts. Sawada, Osamu (2013): The comparative morpheme in modern Japanese: looking at the core from ‘outside’. In: Journal of East Asian linguistics 22, 217–260. Scherer, Wilhelm (1890): Zur Geschichte der deutschen Sprache. 2.Aufl. Berlin: Weidmann. Schikorsky, Isa (1990): Private Schriftlichkeit im 19. Jahrhundert. Untersuchungen zur Geschichte des alltäglichen Sprachverhaltens „kleiner Leute“. (= Reihe Germanistische Linguistik, 107). Tübingen: Niemeyer. Schlachter, Eva (2012): Syntax und Informationsstruktur im Althochdeutschen. Untersuchungen am Beispiel der Isidor-Gruppe. Heidelberg: Winter. Schmeller, Johann Andreas/Frommann, Georg Carl (1877): Bayerisches Wörterbuch. Sammlung von Wörtern und Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl, als in der älteren und ältesten Provincial-Litteratur des Königreichs Bayern, besonders seiner ältern Lande, vorkommen, und in der heutigen allgemein-deutschen Schriftsprache entweder gar nicht, oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind, mit urkundlichen Belegen, nach den Stammsylben etymologisch-alphabetisch geordnet. 2., mit des Verf. Nachträgen verm. Ausg., bearb. von Georg Carl Frommann, Bd. 2: Enthaltend Teil III. und IV. der ersten Ausgabe. München: Rudolf Oldenbourg. Schmidt, Gernot (1962): Studien zum germanischen Adverb. Berlin: Ernst-ReuterGesellschaft. Schneider, Karin (1987): Gotische Schriften in deutscher Sprache. Bd. 1: Vom späten 12. Jahrhundert bis um 1300. Wiesbaden: Reichert. Schrodt, Richard (2004): Althochdeutsche Grammatik. Bd. 2: Syntax. Tübingen: Niemeyer. Schulze, Ursula (1997): Das Nibelungenlied. Stuttgart: Reclam. Schützeichel, Rudolf (2012): Althochdeutsches Wörterbuch. 7. Auflage. Berlin: de Gruyter. Schwarzschild, Roger (2008): The semantics of comparatives and other degree constructions. In: Language and Linguistics Compass 2, 308–331. Schwyzer, Eduard (1950): Griechische Grammatik. Bd. 2: Syntax und syntaktische Stilistik. München: C. H. Beck. Seuren, Pieter A. M. (1973): The comparative. In: Kiefer, Ferenc/Ruwet, Nicolas (Hrsg.): Generative Grammar in Europe. Dordrecht: Riedel, 528–564. Seuren, Pieter A. M. (1984): The comparative revisted. In: Journal of Semantics 3, 109–141. Small, George William (1924): The comparison of inequality. The semantics and syntax of the comparative particle in English. Greifswald: Abel. Small, George William (1929): The Germanic case of comparison. With a special study of English. (= Language Monographs, 5). Philadelphia: Linguistic society of America. Sperschneider, Heinz (1959): Studien zur Syntax der Mundarten im östlichen Thüringer Wald. Marburg: Elwert. Stassen, Leon (1985): Comparison and universal grammar. Oxford: Blackwell. Stassen, Leon (2005): Comparative constructions. In: Haspelmath, Martin et al. (Hrsg.): The world atlas of language structures. Oxford: Oxford University Press, 490–493. Stechow, Arnim von (1984): Comparing Semantic Theories of Comparison. In: Journal of Semantics 3, 1–77. Stechow, Arnim von/Sternefeld, Wolfgang (1981): A modular approach to German syntax. Ms. Univ. Konstanz.

560

Bibliographie

Steitz, Lothar (1981): Grammatik der Saarbrücker Mundart. Saarbrücken: Saarbrücker Druckerei und Verlag. Sternefeld, Wolfgang (2008): Syntax. Eine morphologisch motivierte generative Beschreibung des Deutschen. 3., überarbeitete Auflage. Tübingen: Stauffenburg. Stockwell, Robert/Schachter, Paul/Partee, Barbara (1973): The major syntactic structures of English. New York: Holt, Rinehart and Winston. Stolz, Thomas (2013): Competing comparative constructions in Europe. Berlin: AkademieVerlag. Stuckrad, Gesine von (1957): Denn – dann in historischer Sicht vom Althochdeutschen bis zum Neuhochdeutschen. Studie zum Sprachgebrauch, unter besonderer Berücksichtigung der Verwendung im 17. und 18. Jahrhundert. In: PBB 79, 489–535. Sudhoff, Stefan (2003): Argumentsätze und es-Korrelate. Zur syntaktischen Struktur von Nebensatzeinbettungen im Deutschen. Berlin: Wissenschaftlicher Verlag Berlin. Sun, Chaofen (1996): Word-order change and grammaticalization in the history of Chinese. Stanford, California: Stanford University Press. Syrett, Kristen (2016): Acquisition of comparatives and degree constructions. In: Lidz, Jeffrey/Snyder, William/Pater, Joe (Hrsg.): The Oxford handbook of developmental linguistics. Oxford: Oxford University Press, 463–497. Szczepaniak, Renata (2011): Grammatikalisierung im Deutschen. 2. Auflage. Tübingen: Narr. Tarriño, Eusebia (2009): Comparative clauses. In: Cuzzolin, Pierluigi/Baldi, Philip (Hrsg.): New perspectives on historical Latin syntax. Bd. 4: Complex sentences, grammaticalization, typology. Berlin: de Gruyter, 373–426. Thurmair, Maria (2001): Vergleiche und Vergleichen. Eine Studie zu Form und Funktion der Vergleichsstrukturen im Deutschen. (= Linguistische Arbeiten, 433). Tübingen: Niemeyer. Tobler, Ludwig (1858): Über den relativen Gebrauch des deutschen ‚und‘ mit Vergleichung verwandter Spracherscheinungen. In: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 7, 353–379. Treis, Yvonne/Vanhove, Martine (Hrsg.) (2017): Similative and equative constructions. A cross-linguistic perspective. (= Typological Studies in Langugae, 117). Amsterdam: Benjamins. Tversky, Amos (1977) Features of similarity. In: Psychological Review 84 (4), 327‐352. Ultan, Russell (1972): Some features of basic comparative constructions. In: Working papers on language universals 9, 117–162. Umbach, Carla (2015). The meaning of German wie in equative comparison. Ms. Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS), Berlin. Umbach, Carla/Gust, Helmar (2014): Similarity demonstratives. In: Lingua 149, 73–93. Unger, Helga (1969): Geistlicher Herzen Bavngart: ein mittelhochdeutsches Buch religiöser Unterweisung aus dem Augsburger Franziskanerkreis des 13. Jahrhunderts. Untersuchungen und Text. München: Beck. Vergnaud, Jean (1974): French relative clauses. Ph.D diss. MIT, Cambridge, Massachusetts. Vine, Brent (1978): On the metrics and origin of Rig-Vedic ná ‘like, as’. In: Indo-Iranian Journal 20, 171–193. Vries, Mark de (2002): The syntax of relativization. Utrecht: LOT. Vries, Mark de (2006): The syntax of appositive relativization: on specifying coordination, false free relatives and promotion. In: Linguistic Inquiry 37, 229–270. VL = Ruh, Kurt/Keil, Gundolf/Schröder, Werner/Wachinger, Burghart/Worstbrock, Franz (Hrsg.) (1978–2008): Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2., völlig neu bearb. Aufl. Bd. 1–14. Berlin: de Gruyter.

Sekundärliteratur

561

Weber, Albert (1923): Die Mundart des Zürcher Oberlands. Frauenfeld: Huber. Wegener, Heide (1991): Der Dativ − ein struktureller Kasus? In: Fanselow, Gisbert/Felix, Sascha (Hrsg.): Strukturen und Merkmale syntaktischer Kategorien. Tübingen: Narr, 70– 103. Wegera, Klaus-Peter (1977): Kontrastive Grammatik Osthessisch-Standardsprache. Eine Untersuchung zu mundartlich bedingten Sprachschwierigkeiten von Schülern am Beispiel des ‚Fuldaer Landes‘. Marburg: Elwert. Weise, Oskar (1918): Die vergleichenden Konjunktionen in den deutschen Mundarten. In: Zeitschrift für deutsche Mundarten 13, 169–181. Weiß, Helmut (1998): Syntax des Bairischen. Studien zur Grammatik einer natürlichen Sprache. (= Linguistische Arbeiten, 391). Tübingen: Niemeyer. Weiß, Helmut (2001): On two types of natural languages. Some consequences for linguistics. In: Theoretical Linguistics 27, 87–103. Weiß, Helmut (2012): Sprachgeschichte. In: Drügh et al. (Hrsg): Germanistik. Sprachwissenschaft – Literaturwissenschaft − Schlüsselkompetenzen. Stuttgart: Metzler, 121–153. Weiß, Helmut (2013): Satztyp und Dialekt. In: Meibauer, Jörg/Steinbach, Markus/Altmann, Hans (Hrsg.): Satztypen des Deutschen. Berlin: de Gruyter, 763–784. Weiß, Helmut (2015): When the subject follows the object. On a curiosity in the syntax of personal pronouns in some German dialects. In: Journal of Comparative Germanic Linguistics 18, 65–92. Weiß, Helmut (2016): So welih wîb so wari. Zur Genese freier w-Relativsätze im Deutschen. In: Neri, Sergio/Schuhmann, Roland/Zeilfelder, Susanne (Hrsg.): „dat ih dir it nu bi huldi gibu“: Linguistische, germanistische und indogermanistische Studien. Rosemarie Lühr gewidmet. Wiesbaden: Reichert, 505–515. Weiss, Michael (2009): Outline of the historical and comparative grammar of Latin. Ann Arbor: Beech Stave Press. Weisser, Philipp (2015): Derived coordination. A minimalist perspective on clause chains, converbs and asymmetric coordination. (= Linguistische Arbeiten, 561). Berlin: de Gruyter. Willis, David/Lucas, Christopher/Breitbarth, Anne (2013): Comparing diachronies of negation. In: Willis, David/Lucas, Christopher/Breitbarth, Anne (Hrsg.): The development of negation in the languages of Europe, Bd. 1: Case studies. Oxford: Oxford University Press, 1–50. Woeste, Friedrich (1966): Wörterbuch der Westfälischen Mundart. Im Auftrage des Westfälischen Heimatbundes neu bearbeitet und herausgegeben von Erich Nörrenberg. Wiesbaden: Martin Sändig (Nachdruck der Ausgabe von 1930). Wülfing, Johann Ernst (1902): Nochmals das vergleichende „als“. In: Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins 17, 282–284. Wunder, Dieter (1965): Der Nebensatz bei Otfrid. Untersuchungen zur Syntax des deutschen Nebensatzes. Heidelberg: Winter. Wunderlich, Dieter/Fabri, Ray (1995): Minimalist morphology: An approach to inflection. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 14, 236–294. Wunderlich, Dieter (2001): Two comparatives. In: Kenesei, István/Harnish, Robert (Hrsg.): Perspectives on semantics, pragmatics, and discourse: A Festschrift for Ferenc Kiefer. Amsterdam: Benjamins, 75–89. Wurzel, Wolfgang Ullrich (1984): Flexionsmorphologie und Natürlichkeit. Ein Beitrag zur morphologischen Theoriebildung. Berlin: Akademie-Verlag.

562

Bibliographie

Wurzel, Wolfgang Ullrich (1987): Zur Morphologie der Dimensionsadjektive. In: Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (Hrsg.): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. (= Studia Grammatica, 26/27). Berlin: Akademie-Verlag, 459– 516. Wurzel, Wolfgang Ullrich (1994): Grammatisch initiierter Wandel. Unter Mitarbeit von Andreas und Dagmar Bittner. Bochum: Brockmeyer. Wustmann, Gustav (1891): Allerhand Sprachdummheiten. Kleine deutsche Grammatik des Zweifelhaften, des Falschen und des Häßlichen. Ein Hilfsbuch für alle, die sich öffentlich der deutschen Sprache bedienen. Leipzig: Fr. Wilh. Grunow. Zeilfelder, Susanne (1996): Zur Syntax des Komparativs im Altarmenischen. In: Historische Sprachforschung 109, 175–198. Zeilfelder, Susanne (2001): Steigern und Vergleichen in indogermanischen Sprachen. Habilitationsschrift Univ. Jena. Ziemer, Hermann (1884): Vergleichende Syntax der indogermanischen Comparation. Berlin: Dümmler. Zifonun, Gisela/Hoffmann, Ludger/Strecker, Bruno (1997): Grammatik der deutschen Sprache. Bd. 1–3. (= Schriften des Instituts für Deutsche Sprache, 7). Berlin: de Gruyter. Zimmermann, Ilse (1987): Zur Syntax von Komparationskonstruktionen. In: Bierwisch, Manfred/Lang, Ewald (Hrsg.): Grammatische und konzeptuelle Aspekte von Dimensionsadjektiven. (= Studia Grammatica, 26/27). Berlin: Akademie-Verlag, 29–91. Zobel, Sarah (2016): Adjectival as-phrases as intensional secondary predicates. In: Moroney, Mary/Little, Carol-Rose/Collard, Jacob,/Burgdorf, Dan (Hrsg.): Proceedings of Semantics and Linguistic Theory (SALT) 26, 284–303. (Online: http://journals. linguisticsociety.org/ proceedings/index.php/SALT/article/view/26.284/3645/).

Index der Sprachen und Varietäten Ahaggar Tuareg 19 Albanisch 91 Alemannisch (Alem.) 101 f., 118 f., 128, 136, 144 f., 155–159, 164, 184, 188, 208, 216, 222, 241, 243 f., 265, 267, 281, 294, 297 f., siehe auch Schweizerdeutsch Altenglisch (Ae.) 38 f., 45, 51, 54, 56, 63, 68, 73, 75, 84, 98, 154, 365, 370 f., 373, 400, 515 Altfranzösisch 387–389, 391 f., 420 f. Altfriesisch (Afries.) 54, 73, 84, 98, 371 Altgriechisch (Agriech.) 18, 50, 55, 289, 365, 382–384, 421, 433, 488, 515 Altniederdeutsch siehe Altsächsisch Altniederländisch (Anl.) 73, 371 Altnordisch (Anord.) 54, 58, 73, 84, 400, 515 Altsächsisch (As.) 38, 42, 54, 60, 63, 68, 73, 84, 92, 98, 114, 308, 371 Armenisch 20, 381 f., 443 Bairisch 70, 89, 101 f., 109, 118 f., 128, 136, 144 f., 150, 155, 157, 159, 170, 176, 184, 188, 208, 211, 215 f., 222, 233, 241, 244, 265, 267, 281, 289, 291–293, 297, 326–328, 348, 399, 469 f., 473, 489– 491 Baskisch 18, 20, 325 Belgisches (Standard-)Niederländisch (BSN) 374, 378–380 Bulgarisch 20, 91, 449 Chinesisch 395 f. Dänisch (Dän.) 54, 71, 172, 371, 400 Elsässisch 292, 348 Englisch (Engl.) 41, 61, 64, 71–73, 84 f., 91, 117, 140, 154 f., 197 f., 290, 367, 371, 373–376, 400, 448–450, 452, 478, 494 f., 516, siehe auch Altenglisch, Mittelenglisch Estnisch 20, 381 Ewenisch 20 Finnisch (Finn.) 20 Flämisch 289, 378–380, 418, 450 https://doi.org/10.1515/9783110561234-011

Französisch (Frz.) 15, 121, 197, 269, 370 f., 374, 386–392, 420, 434, 444, 450, 478, siehe auch Altfranzösisch Friaulisch 390–392 Friesisch 84, 292, 296, 298, siehe auch Altfriesisch Gälisch 18, 155 Gotisch (Got.) 38, 53 f., 63, 68, 73, 84, 87, 98, 193, 370, 402 Griechisch (Griech.) 20, 91, 443, siehe auch Altgriechisch Hausa 18 Hessisch (Hess.) 31, 89, 101 f., 118 f., 155, 157, 184, 188, 208, 211, 216, 222, 241, 244, 267, 281, 295 f., 299, 304, 307– 324, 331–346, 350–356 Irisch 19, 262, 371 Isländisch (Isl.) 19 f., 52, 54, 58, 371 Italienisch (Ital.) 20, 53, 371, 374, 386 f., 390–392, 449 Javanesisch 18, 126, 515 Jiddisch 120, 370 Katalanisch 374, 386 f., 391 f. Kenya Pidgin Swahili 371 Kreolfranzösisch 269, 478 Latein (Lat.) 20, 55, 58, 68, 289, 370 f., 374, 384–386, 391 f., 421, 443, 449, 515 Lettisch 155 Litauisch 20, 381, 515 Menomini 10 Mittelenglisch (Mittelengl.) 289, 370, 373 f., 410 Mittelniederländisch 39, 136, 377 Mundari 19 Niederdeutsch 31, 39, 99, 233, 291, 294– 296–298, 303 f., 308, 316 f., 325, 327– 331, 337 f., 341, 346, 350 f., 356, 409, siehe auch Ostfälisch, Westfälisch

564

Index der Sprachen und Varietäten

Niederländisch (Nl.) 71, 74, 84, 140, 172, 250, 258, 291, 370 f., 374, 377–380, 404 f., 418, 420, 424, 437, 449 f., siehe auch Altniederländisch, Mittelniederländisch, Flämisch, Belgisches Standard-Niederländisch Norwegisch (Norw.) 54, 71, 172, 371, 400 Oberdeutsch (Obd.) 31, 70, 101, 109, 118, 123, 128, 130, 136, 144, 159, 225, 290, 294, 297, 303, 328, 330, 350, 455, siehe auch Alemannisch, Bairisch, Ostfränkisch, Schwäbisch Obersächsisch (Osächs.) 150, 152, 155, 157, 159, 170, 174, 176, 184, 188, 208, 215 f., 222, 241, 244, 250, 252, 267, 281, 292, 297, 328 Okzitanisch 389 Ostfälisch 31, 316 f., 319, 337, 357 Ostfränkisch (OFränk.) 31, 40, 76, 82, 102, 119, 157, 159, 184, 188, 190, 208, 216, 222, 241, 243 f., 265, 267, 281, 316 Ostmitteldeutsch (Omd.) 101 f., 118 f., 122, 128, 136, 144, 159, 224, 243, 246, 250, 325, siehe auch Obersächsisch, Thüringisch Polnisch (Poln.) 20, 372, 392 f., 424, 449, 485 Portugiesisch (Port.) 371, 374, 386 f., 391 f., 502 Provenzalisch 75, 371 Rheinfränkisch (Rhfr.) 31, 101 f., 118 f., 304, 316–318, 338, 352–355 Ripuarisch (Ripuar.) 122, 128, 136, 144, 150, 152, 157, 159, 170, 176, 184 f., 188, 208, 215 f., 222, 241, 243 f., 246, 254, 265, 267, 281, 297, 328, 330 f. Romani 370 Rumänisch (Rumän.) 371, 386 f., 390–392, 450 Russisch 39, 394, 443

Sardinisch 390–392 Schlesisch 99, 348 Schottisch (Schott.) 154 f., 375 Schwäbisch (Schwäb.) 101 f., 118 f., 144 f., 150, 152, 155, 157, 159, 164, 170, 176, 184, 188, 208, 211, 215 f., 222, 225, 241, 244, 246, 265, 267, 291 f., 297 f. Schwedisch (Schwed.) 20, 54, 71, 172, 290, 370 f., 400, 449 Schweizerdeutsch (Schweizerdt.) 42, 120, 205, 289–293, 299–301, 319, 325–327, 330, 350, 370 f., 456, 482, 488 f., siehe auch Alemannisch Serbo-Kroatisch 91 Siuslaw 19 Spanisch (Span.) 20, 371, 374, 386 f., 391 f. Südrheinfränkisch (Südrhfränk.) 40, 76, 82 Tagalog 192 Thüringisch (Thür.) 101 f., 118 f., 157, 159, 184, 188, 208, 211, 216, 222, 241, 244, 250, 265, 267, 281, 290 f., 318, 325– 327, 330, 347, 350–352, 354 Türkisch 20, 55 f., 325 Ukrainisch 394, 443, 533 Ungarisch 18,56 f., 325, 368 f., 374, 394 f., 443 Urgermanisch (Urgerm.) 38 f., 51 f., 53 f., 56 f., 61, 63, 83 f., 87, 98, 273 Urindogermanisch (Uridg.) 47, 53 f., 62, 83, 98, 381, 433 f., 508 Vedisch 380 f., 433, 443, 533 Walisisch 20 Wallonisch 389 Westfälisch 31, 291, 304, 308, 316 f., 329, 337 f., 341, 344 f., 350–354, 368 Westgermanisch 73, 85, 92 Westmitteldeutsch (Wmd.) 26 f., 101 f., 118 f., 122, 159, 224, 243 f., siehe auch Hessisch, Rheinfränkisch, Ripuarisch

Sachindex Ablativ 20, 38 f., 46–55, 110, 384, 397 Across-the-Board-Movement (ATB) 209, 500 f., 503, 521, 538 Adjazenz 36, 53, 66, 71 f., 74, 138 f., 172 f., 193 f., 257 f., 277, 370 f., 430 f., 460 f., 510 Adverbial (adv.) 10, 12, 14, 43, 64, 81, 111, 133, 160–162, 200, 227–230, 249, 298, 305, 393, (458), 469, 495–498 Akkusativ 56 f., 62, 90, 381 f., 384 als wie 4, 165, 233–239, 241, 255–259, 271 f., 274–276, 289, 291–294, 296– 300, 303 f., 309–324, 327–340, 346– 348, 360 f., 366, 370, 471, 473, 514 als-Prädikative 16, 405 f., 410–412, 487 Artvergleich 16, 206 f., 212, 264, 406 Attribut/attributiv (attr.) 10, 12, 14 f., 43, 111–113, 160–163, 199 f., 202 f., 227, 229, 248 f., 305, (319), 370, 495–498 Aufzählendes als/wie 15 f., 205–208, 263– 265, 268, 374, 378, 406, 411, 415 Brückenkontext 12, 36, 75, 105, 108, 132, 375, 379, 389, 394, 419–428 Comparative (Sub-)Deletion 484, 500 Comparative Inversion 41 Coordinate-Structure Effects 500 f., 538 CP-Verschachtelung 42, 143, 161, 470 dass/daz-Satz 42, 114,165 f., 182, 226, 228– 230, 262, 279, 492, 498, 509, 511 Dativ (Vgl.dat.) 6, 40, 46–61, 99 f., 100–102, 108–110, 149 f., 153, 360, 362 Definitheitszyklus 399, 443 Demonstrativum 11, 13, 20, 38 f., 62, 77, 88 f., 120, 192, 399 f., 410–413, 492 f., 508 Desemantisierung 181, 209, 225, 262, 401, 437 f., 441, 443, 446, 497, 502 Direktionalität siehe Gerichtetheit Doubly Filled Comp 290, 293, 325 f., 328, 356, 456, 473, 489, siehe auch Gestützter Vergleichsanschluss https://doi.org/10.1515/9783110561234-012

Drag-Chain (Pull-Chain, Zug-Kette) siehe Kettenentwicklung Dynamischer Vergleich siehe proportionaler Vergleich Einheitsvergleichspartikel 268–271, 296 f., 304, 328–330, 337, 339, 341, 346, 367– 369, 374, 377, 381, 389, 391 f., 394 f., 428–430, 442 f. Ellipse 9, 42, 57, 79, 111, 114, 143, 165, 201 f., 228 f., 234, 248, 257, 278, 319, 448, 468, 470–472, 483–490, 499, siehe auch Gapping Emphase 399, 401, 431, 443, 445 êr (danne) 23, 40, 43–49, 102 et/eht 98 f., 104, 117, 121 Etymologie der Vergleichspartikeln 38 f., 60–63, 98, 154, 381 f., 384, 386, 395, 418 Extraposition 10, 12, 14, 41 f., 66, 77 f., 277, 430, 494, 506, 510, 520 Exzeptiv/exzipierend 121, 149, 291, 323, 407, 426 Faktizitätsvergleich 15 f., 108, 190, 197 f., 209, 388, siehe auch Nicht-GradÄquativ Gapping 10, 79, 114, 134, 159–162, 199, 201–203, 227 f., 248–250, 479 f., 484, 500, 519 Genitiv (Gen.) 49–52, 57 f., 110–112, 248, 382, 392, 451 Gerichtetheit 34–36, 364, 400, 428, 431 f., 435, 437 f., 442–446 gestalt 239, 241, 243, 246 f., 254, 262 f., 370 f. Gestützter Vergleichsanschluss 290, 293, 300, 306, 310, 340, 353, siehe auch Doubly filled Comp Grad-Äquativ 8, 11 f., 15, 17, 20, 34 f., 63–65, 80–83, 87, 127 f., 134–140, 174–178, 188–192, 197 f., 243–247, 251–256, 268–277, 326–335, 338 f., 361–369,

566

Sachindex

374, 391, 429, 433, 436, 472, 493–496, 502 Gradpartikel 71 f., 95, 533 Grammatikalisierung 13, 16, 39, 43, 52, 56 f., 65–74, 85, 90 f., 98, 128, 138 f., 164, 174, 180–183, 193, 196, 205, 208– 210, 240, 257 f., 260–263, 270, 399, 430–442, siehe auch Grammatikalisierungspfade Grammatikalisierungspfade 14, 36, 45, 71, 74, 126, 370 f. Head Preference Principle 478, 519 Implikatur 70, 424, 429, 514 Indefinitum 62 f., 83, 85–91, 98, 120, 122, 154, 475, siehe auch Negatives Indefinitum inmassen 239, 241, 243, 246 f., 254, 259– 263, 370 f., 514 Intensivierer 65, 71 f., 74, 371, 373, 431 Interpunktion 67, 77, 90, 116, 168, 174, 179– 182, 193, 201 f., 254, 257, 277 f. Interrogativum 20, 39, 62 f., 83–91, 98, 111 f., 120, 154, 227, 230, 233, 290, 296, 304, 316, 341–346, 384, 392, 394, 413– 415, 432, 454, 467–481, 492, siehe auch w-Element Jespersens Zyklus 70, 398, 400 f., 431, 443 Kausalkonjunktion 39, 61, 404–416, 514 Kettenentwicklung 187, 401–404 Komparandum 8, 15, 300, 487 Komplementiererflexion 291, 293, 325, 328, 330, 473, 490 Komplexe Vergleichspartikeln/ Vergleichsanschlüsse 65, 114, 167, 187, 213, 233, 238, 241, 254 f., 260, 262, 289, 297, 318, 324, 347 Komplexer Vergleichssatz 41 f., 111, 114–116, 143, 159, 161–167, 222, 226, 228–230, 248 f., 300, 305, 319, 426 Konditionalkonjunktion 17, 61, 86–88, 106, 114–116, 165, 217, 228–230, 278, 305, 394, 407–412, 414, 454, 473 Koordination 10, 18, 126, 154, 209, 449 f., 487, 493, 499–512, 515–517, siehe auch Koordinierendes als/wie

Koordinierendes als/wie 16, 208–212, 266– 268, 277, 414 f., 469, 480, 515–517 Kopulazyklus 399 Korrelat 11–15, 20, 63–69, 73 f., 82 f., 87– 89, 139–142, 145 f., 173, 181–183, 192– 199, 251–254, 256–259, 277, 326, 329, 370, 388, 429, 436, 440, 492–497, 508–510 Korrelativ 20, 62 f., 82 f., 87–91, 372, 429, 432, 474, 502, 508–510 Late Merge 466, 518 f., 536 f. Lateinischer Einfluss 45 f., 49–54, 59 f., 76– 78, 94 f., 109 f., 149 Least Effort Principle 202, 488 Linksversetzung 66, 87 f., 277, 430, 476, 509 f. Logische Form (LF) 72, 430, 486, 502 Luther 45, 144, 153, 155 f., 163, 185, 187, 201 f., 205 f., 209, 213, 262, 423 Markiertheitshierarchie der Vergleiche 35, 339, 364 f., 391, 432 f., 435–437, 442 Markiertheitstheorie (Natürlichkeitstheorie) 33, 441 f. Maßphrase 17, 429 Merkmal 35 f., 71, 176, 205, 226, 246, 268, 285, 339, 364–369, 378 f., 385, 387, 389, 392, 397, 436–441, 478, 495 f., 502, 505, 507 Modalpartikel 38 f., 99, 168, 183, 405, 407– 409 Modalverb 64, 175 Modalvergleich/Modalitätsvergleich 15, 190, 433 f., siehe auch Nicht-Grad-Äquativ Nebensilbenabschwächung 67, 73, 125, 400 Negation (NEG) 39, 60, 70, 75, 98 f., 106, 117–124, 131 f., 164, 187, 375, 379, 381, 398 f., 418–427, 478 Negationskongruenz/Negative Concord (NC) 120, 393 Negatives Indefinitum (n-Indefinitum) 8, 111–113, 119, 121, 226 f., 230, 305, 323, 497 Negatives Polaritätselement/Negative Polarity Item (NPI) 117–122, 124, 147, 152, 164, 429

Sachindex

Nicht-Grad-Äquativ 11–15, 17, 20, 35 f., 63 f., 66, 71 f., 80–83, 91, 135–139, 176–181, 188–192, 197 f., 204, 209, 243–248, 251 f., 257–263, 270–273, 276 f., 329– 333, 336–346, 361–370, 374, 391, 397, 430–442, 460 f., 468 f., 472, 493, 497– 499, siehe auch Faktizitätsvergleich, Modalvergleich, Similativ Nicht-kanonische Nebensätze 503–506 Nominalphrase (NP) 9, 12, 14, 40 f., 47, 53, 55–57, 79 f., 111 f., 132 f., 140, 159–163, 181, 199–203, 226 f., 248 f., 260 f., 263, 300 f., 305–307, 319, 331, 448, 451 f., 479, 482–488, 494–499, 504 f., 510 f. oder 289, 292, 298 f. Ökonomie 36, 202, 270, 428–432, 437 f., 440, 442, 466, 478, 488 Parenthese 14 f., 86, 168, 406, 492, 498, 506 Partikelvergleichssprache 18, 21, 39, 46, 51–54, 449 Phrasenvergleich (Phrasenvgl.) 9, 14, 32, 40 f., 55, 79 f., 111–113, 132 f., 135, 159– 164, 172, 199–205, 225–228, 247–251, 255, 261, 298, 300 f., 305–307, 319, 331, 383 f., 434, 448–452, 479, 482– 491 Positives Polaritätselement/Positive Polarity Item (PPI) 124, 164 Prädikativ (präd.) 10, 12, 14, 17, 42, 80 f., 111 f., 133, 160–163, 172, 199 f., 202, 226–229, 248, 298, 305 f., 319, 331, 486 f., 495–498, 520 f., siehe auch alsPrädikative Präpositionalphrase (PP) 9, 12, 80, 111 f., 132 f., 159–162, 173, 181, 199–203, 226 f., 248–250, 260, 301, 371, 451, 465, 482 f., 487 f., 494 Präskriptive/normative Grammatik / Sprachkritik 4 f., 197, 224, 235–237, 270, 272, 274–277, 308, 310, 339, 366 f., 376 f., 388 Präsupposition 58 f., 109 Pronomen (Pron.) 50–52, 77, 85, 89, 399 f., 449 f., 485, 487, 501, 509, siehe auch

567

Demonstrativum, (Negatives) Indefinitum, Interrogativum, Relativum Proportionaler Vergleich 6, 17, 508 Push-Chain (Schub-Kette) siehe Kettenentwicklung Quantifier Raising (QR) 492, 502 Raising-Analyse 494 f., 504 Reanalyse 44 f., 50 f., 66, 68–701, 74, 87– 90, 172–174, 179–182, 202, 238 f., 246 f., 257 f., 290, 325, 371 f., 381, 389, 400 f., 419 f., 424, 426, 432, 456–461, 475–479, 488 f., 509 f., 514 Relativpartikel (Relativsatzkomplementierer) 14, 61–63, 89, 126, 400, 410–412, 414, 452, 457 f., 469, 475, 477, 512 f., 515 Relativsatz 77, 85–91, 114 f., 126–128, 165 f., 228, 230, 429, 431, 465, 468 f., 474 f., 491–495, 498–501, 504–506, 508–512, 514 Relativum (Relativpronomen, Relativadverb) 20, 62, 77, 85, 89, 91, 290, 384, 389, 400, 407, 454, 465, 468 f., 475 f., 478, 498 Relativzyklus 400, 478 Role phrases siehe als-Prädikative Satzgrenze/Satzgrenzenverschiebung 45, 66 f., 138, 167, 257, 457 f. Satzvergleich (Satzvgl.) 9, 14, 40 f., 78–80, (111), 113 f., 132–135, 159–164, 199, 201–205, 227 f., 248–251, 255, 259, 261, 290, 300, 319, 325, 340, 448 f., 452, 482–490, siehe auch Komplexer Vergleichssatz Similativ 12 f., 367, 397, 435, siehe auch Nicht-Grad-Äquativ Soziolinguistische Faktoren/soziolektale Variation 235 f., 274, 285, 300, 377 Spezifizierer-Kopf-Kongruenz (Spec-HeadAgreement) 478, 495, 502 Split-CP 33, 455, 507 Spracherwerb 283 f., 397, 421–423, 427, 433, 435, 490, 534 Subäquativ 134, 169 Subjekt-Kongruenz-Zyklus 399, 401, 443 Subkomparativ 9, 32, 160, 169, 494

568

Sachindex

Subordinierende Konjunktion 84 f., 120, 128, 144, 174, 212, 240, 289 f., 293, 300, 319, 325 f., 340, 407–415, 448, 452– 456, 461, 464 f., 472 f., 477 f., 480, 483, 489–491, 499–501, siehe auch Kausalkonjunktion, Konditionalkonjunktion, Temporalkonjunktion Subset Principle 202, 488 Superlativ 17, 64 f., 134 f., 175 f., 526, 528 Temporalkonjunktion 17, 43–46, 86–88, 325, 404–416 Tertium Comparationis (Tert. Comp.) 8–14, 42–44, 64 f., 80 f., 87, 111–113, 128, 133–135, 159–163, 174–176, 199–203, 210, 226–230, 247–250, 248–250, 298, 300, 305 f., 308, 319, 323, 331, 393, 419 f., 460, 484, 493–500, 503, 506, 510, 516 Topikalisierung 10, 12, 66, 109, 277, 430, 493, 497, 503 Transparency Principle 202 Typologie 2–5, 18–21, 36 f., 39, 46, 53–55, 98, 154 f., 270, 289, 366–369, 370–397, 429, 432, 434, 440, 443, 449

278–284, 347–356, 452–454, 462 f., 473, 477 Verberststellung (V1) 17, 143, 212–218, 278– 284, 347–350, 352–355, 452–455, 462 f., 470, 473 f. Verbzweitstellung (V2) 41 f., 226, 350, 452, 491, 503–508 Vergleichskasus (Vgl.kasus) 18–21, 38–40, 46–61, 98–102, 108–110, 149 f., 153– 155, 362, 381 f., 448 f. Vergleichskasussprache 18–21, 39, 448 f. Vergleichsstandard 8–15, 18–20, 38–41, 64–66, 79 f., 98–100, 111–114, 132–135, 152–156, 159–163, 172, 175 f., 199–204, 226–231, 248–250, 262 f., 300 f., 307 f., 319–323, 332, 437, 447 f., 467, 481, 491–511

unde 125 f., 366, 515 Univerbierung 65, 173, 180 f., 219, 254, 461, 516

wan 97 f., 101–104, 112 f., 115–124, 149–152, 161 f., 164, 170, 289, 292–295, 300, 303, 327, 360, 362, 421, 423 w-Bewegung 456, 467, 492 f. weder 154–159, 162–164, 289, 292–295, 298–301, 421, 423 w-Element 63, 85, 86–92, 204, 225, 368, 400, 432, 467 f., 471–478, 480, 492 f., 501, 512, siehe auch Interrogativum w-Insel-Effekte 456, 492, 520, 537 Wortstellung 41, 51–53, 465, 495, 511, siehe auch Verbend-/Verberst-/ Verbzweitstellung

Verbendstellung (Ve) 17, 40–42, 77 f., 92 f., 113, 143–148, 159, 161, 163, 212–217,

Zyklischer Sprachwandel 33 f., 74, 364 f., 398–401, 431, 461