Kleine deutsche Museumsgeschichte: Von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert 9783412212490, 9783412205362

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Kleine deutsche Museumsgeschichte: Von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert
 9783412212490, 9783412205362

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Olaf Hartung Kleine deutsche Museumsgeschichte

Olaf Hartung

Kleine deutsche Museumsgeschichte Von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert

2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Das einstige Völkerkundemuseum in Berlin an der Ecke Prinz-Albrecht-Straße und Königgrätzer Straße (um ca. 1900/1910); links im Hintergrund der Martin-Gropius-Bau (Kunstgewerbemuseum), Foto von Herbert Hoffmann, Bundesarchiv Bild 146-1993-021-25.

© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: CPI Moravia Books s.r.o., CZ-Pohořelice Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the Czech Republic ISBN 978-3-412-20536-2

Inhalt

Was dieses Buch bezweckt .................................................. VII I. Die Vielfalt der Museen Eine Begriffsannäherung .............................................................1 Museen und ihre Träger...............................................................9 Museen als geschichtskulturelle Phänomene .............................. 16

II. Museumstypen und Museumsgründer Kunstmuseen............................................................................. 27 Gewerbemuseen ........................................................................ 37 Kulturhistorische Museen .......................................................... 43 Heimatmuseen........................................................................... 54 Volks- und Völkerkundliche Museen ......................................... 67 Naturwissenschaftliche und Technische Museen ........................ 80 Sozial- und Wirtschaftsmuseen .................................................. 93

III. Ausblick .........................................................................108 Anmerkungen ......................................................................112 Auswahlbibliographie..........................................................149 Namenregister .....................................................................163

V

Was dieses Buch bezweckt Wer verstehen möchte, warum unsere heutige Museumslandschaft so geworden ist, wie sie ist, muss vor allem ins 19. Jahrhundert zurückschauen. Hat sich doch seit der Aufklärungszeit und den bürgerlichen Revolutionen bis zum Ende des Deutschen Kaiserreichs ein Museumswesen entwickelt, dessen Grundzüge bis in unsere heutige Zeit Bestand haben. Der amerikanische Museumshistoriker James J. Sheehan bezeichnet deshalb den Zeitraum zwischen 1830 und 1880 zu Recht als das eigentliche „Museumszeitalter“.1 Es war die Hochzeit des Bewusstseins für geschichtliche Bedingtheit und historische Bewegung, die für diese neue, der Vergangenheit zugewandten Institution einen besonders fruchtbaren Nährboden bildete. Aber das damalige Verständnis von Geschichte und das Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit Geschichtlichem haben das moderne Museum nicht nur hervorgebracht, sondern die Museen wirkten zugleich auch auf das Geschichtsbewusstsein ihrer Zeit zurück. Museen sind sowohl Ausdruck als auch Agenturen einer spezifischen geschichtskulturellen Praxis, die stets auch kulturelle, politische, soziale und wirtschaftliche Aspekte umfasste. Die Beschäftigung mit der Geschichte von Museen bietet daher nicht zuletzt die Chance, auch etwas über die geistigen, sozialen und politischen Verhältnisse ihrer Entstehungszeit zu erfahren. Dieses Buch möchte das Phänomen Museum nicht an seiner Oberfläche beschreiben, sondern am Beispiel der Gründungen repräsentativer deutscher Museen die Anfänge des modernen Museumswesens und der dahinter liegenden Ursachen und Motive beleuchten. Was genau hat Museumsgründer veranlasst, ihre Vorstellungen von Welt und Vergangenheit in Form von Museen und mit zum Teil beträchtlichem Aufwand zu materialisieren und zu medialisieren, warum wurden Museen so gestaltet, wie sie gestaltet wurden Was dieses Buch bezweckt VII

und wie haben schließlich die unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteure auf diese Gründungen reagiert? Als Untersuchungszeitraum bietet sich für diese Fragen Eric Hobsbawns Diktum vom so genannten langen 19. Jahrhundert2 besonders an. Hat doch die Institution Museum in einem nicht unerheblichen Teil am deutschen Weg in die Moderne mitgewirkt, der vom Fortschrittsdenken ebenso gekennzeichnet war wie von der Säkularisierung und Rationalisierung, Nationenbildung und Demokratisierung. Am Ende dieses bürgerlichen Jahrhunderts, das zugleich auch das Ende des Deutschen Kaiserreichs bedeutete, standen zwar vielerlei Reformideen zum Museumswesen, zugleich ‚verstrickten‘ sich die schon damals ‚betagten‘ historistischen Museumskonzepte in den Paradoxien der Krisenjahre der Klassischen Moderne, wie Detlev J. Peukert die Zeit der Weimarer Republik charakterisiert.3 Nicht nur die grundlegende Idee vom immerwährenden geschichtlichen Fortschritt geriet zunehmend ins Wanken, sondern auch die Vorstellung von der ‚Geschichte als Lehrmeisterin‘. Heute gilt die Lehrfunktion der Geschichte zumindest in ihrer mittelbaren Weise als rehabilitiert. Zwar nicht unmittelbar, aber doch durch die vergleichende Betrachtung können wir reflektierter über unser gegenwärtiges Handeln und zukünftiges Wollen nachdenken. Dazu möchte der vorliegende Band einen bescheidenen Beitrag leisten.

Gießen, im Januar 2010

VIII Was dieses Buch bezweckt

Olaf Hartung

I.

Die Vielfalt der Museen „Wir erwarten von Museen, daß sie erbaulich sind ohne anmaßend zu sein, bildend ohne pedantisch zu sein, wissenschaftlich ohne elitär zu sein, demokratisch ohne vulgär zu sein. Angesichts dieser konkurrierenden Aufträge verwundert es nicht, daß die Literatur zur Museumskunde voller Zweifel ist über die Legitimität des Museums und voller Widersprüche über seinen Zweck und seine Organisation. Diese Zweifel und Widersprüche sind Zeichen der Unsicherheiten unserer Kultur über sich selbst.“ (James J. Sheehan1)

Eine Begriffsannäherung Museen sind Architektur und Zeichen, Sammlung und Speicher, Ausstellung und manchmal Erzählung, sie sind öffentlicher Raum, Orte der Kommunikation, der Betrachtung und Forschung, sie sind Medium und Institution. Denkt man heute an Museen, fallen einem häufig zuerst die großen Kunstmuseen ein, wie der Louvre in Paris, das Metropolitan Museum of Art in New York oder für Deutschland die Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden und die Alte Pinakothek in München. Tatsächlich machen aber reine Kunstmuseen – so die Statistik des Deutschen Museumsbundes – nur etwa 10 Prozent aller Museen in Deutschland aus.2 In der Bundesrepublik gibt es heute mehr als 4.700 Museen. Über die Hälfte von ihnen sind jedoch eher kleine Einrichtungen mit weniger als 5.000 jährlichen Besuchen. Eine kaum mehr überschaubare Vielzahl von Museumstypen, Größen und Trägerschaften ist zu einem wesentlichen Merkmal unserer vielgestaltigen Museumslandschaft geworden.

Eine Begriffsannäherung 1

Diese besteht nicht nur aus Kunst-, Kultur- und Geschichtsmuseen, sondern auch aus Museen für Archäologie, Ethnologie, Naturkunde und Technik. Ferner gibt es Gedenkmuseen, Landesund Ortsmuseen, Archäologische Parks, Freilichtmuseen, Museen nur für Kinder, Arbeitssicherheitsausstellungen und Einrichtungen, deren Charakter als Museum umstritten ist, wie etwa Science Center, naturwissenschaftliche Experimentier-Museen (‚Phänomenta‘), Mathematikmuseen, Erlebnismuseen oder virtuelle Museen. Aber auch damit sind längst noch nicht alle möglichen Formen des Museums genannt. Als eine weitere Eigenart der neueren Museumslandschaft entstanden zudem dezentrale Museen, vor allem Industriemuseen: An historischen Orten, zum Beispiel in ehemaligen Industrieanlagen, werden jeweils unterschiedliche Spezialthemen zur Industriekultur dokumentiert. Erheblich zugenommen hat auch – so berichtet es ebenfalls der Deutsche Museumsbund – die Zahl der Zweig- oder Filialmuseen, in denen mit Beständen des ‚Mutterhauses‘ neue Kulturzentren für bisher museumsarme Gegenden geschaffen oder ausgelagerte Themen dokumentiert werden. Und schließlich gehören zum Teil fast ausgestorbene Museen zu unserer musealen Geschichtskultur, wie zum Beispiel Gewerbemuseen, die heute kaum mehr bekannten Sozial- und Wirtschaftsmuseen oder Kriegsmuseen. Die Vielfalt in den Ausprägungen des Phänomens Museum ist das Produkt einer langen Entwicklungsgeschichte unserer okzidentalen geschichtskulturellen Praxis und damit nicht zuletzt Ausdruck des übergreifenden kulturellen Umgangs mit der Vergangenheit. Oder in anderen Worten: Die bis heute anhaltende Pluralisierung der Museumslandschaft sagt mindestens ebenso viel über den Zustand unserer Geschichtskultur aus wie die einzelnen Einrichtungen selbst. Aufgrund dieser Vielfalt ist es jedoch nicht einfach, die Übersicht zu behalten. Versuche, die Museen zu klassifizieren, etwa nach den Kriterien Zweck, Inhalt oder Zielgruppen, gibt es zwar

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Eine Begriffsannäherung

zahlreich. Tatsächlich existiert aber bis heute keine trennscharfe und allgemeingültige Museumstypologie. Dies bringt schon die definitorische Unschärfe des Museumsbegriffs selbst mit sich, der weniger einen Inhalt, als eine Beziehung beschreibt. So definiert der Begriff zwar das Verhältnis zwischen den in einer Sammlung vereinigten Gegenständen, nicht aber diese Gegenstände selbst. Zum anderen können auch die Motive für das Sammeln, Aufbewahren und Ausstellen von Objekten völlig unterschiedlich ausfallen; sie unterliegen überdies dem historischen Wandel, weshalb hinreichende Erklärungen zur Museumsgeschichte stets auch den übergreifenden sozial- und kulturgeschichtlichen Kontext der Museen berücksichtigen müssen. Ein rein institutionsgeschichtlicher Zugriff verbietet sich somit von selbst. Der Kulturphilosoph Hermann Lübbe hat in den 1980er Jahren die These entwickelt, dass generell mit dem Tempo zivilisatorischer Modernisierungsprozesse auch die Vergangenheitszugewandtheit von Gesellschaften zunehme.3 In Bezug auf Museen könnte man das ungefähr mit den Worten zusammenfassen, dass mit zunehmender Dynamik des gesellschaftlichen Wandels auch das Musealisierungsbedürfnis wächst. Nun wurde Lübbes berühmte ‚Kompensationsthese‘ bereits von verschiedener Seite relativiert,4 denn weder reichen Museen nur historisches Erbe weiter, noch kompensieren sie Modernisierungsprobleme. Im Gegenteil wirkten und wirken modernisierende Teilprozesse, wie die Professionalisierung, die Institutionalisierung, die Industrialisierung, die ‚Demokratisierung‘ sowie die Nationalstaatsbildung auf die sich etablierende Institution ebenso ein, wie Museen selbst Teil dieser Prozesse waren und sind. Des Weiteren bestand ein wesentliches Gründungsmotiv für viele Museen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts weniger in der Kompensation des Verlustes von Vergangenem, als vielmehr im Stolz auf das Errungene und im Bedürfnis zur Bildung von objektiviertem kulturellem Kapital im Sinne des französischen Soziologen Pierre Bourdieu.5 Konzeptionell orientierten sich beispielsEine Begriffsannäherung 3

weise die Gründer so bedeutender Einrichtungen wie des Deutschen Museums in München an den traditionellen kunst- und kulturhistorischen Museen, um so im charakteristischen Medium des Bildungsbürgertums ihre beruflichen Erfolge auf dem Gebiet der ‚Ingenieurskunst‘ als kulturelle Leistungen zu stilisieren und ihren Anspruch auf einen gehobenen sozialen Status zu untermauern. Gegen die Verallgemeinerung von Lübbes These spricht auch, dass bei der Etablierung so mancher neuer Museen, wie etwa bei den ersten Gewerbemuseen oder den so genannten Sozialmuseen zur Arbeiterwohlfahrt und Gewerbehygiene, ein wie auch immer gearteter Vergangenheitsbezug kaum eine Rolle spielte. Solche Einrichtungen verstanden sich vielmehr als Gegenwartsmuseen, die exemplarisch-vorbildlich entweder die ‚schönsten‘ oder aktuellsten Exponate vorführen wollten. Diese Museen hatten allerdings bald mit dem Problem zu kämpfen, dass ihre Ausstellungen mit der Dynamik des technischen Fortschritts nicht Schritt halten konnten, ihre Sammlungen allmählich veralteten und somit quasi ungewollt doch zu Geschichtsmuseen wurden. Da ein einmal eingerichtetes Museum nicht ohne größeren Aufwand in ein neues Konzept umgeformt werden kann, folgten dem Wandel der gesellschaftlichen Ansprüche nicht nur Versuche zur Anpassung der bereits bestehenden Häuser, sondern nicht selten auch Neugründungswellen. Auch deshalb stehen wir heute vor einer ausgesprochen vielgestaltigen Museumslandschaft. Letztlich hat jeder Versuch, eine einigermaßen angemessene Museumsgeschichte zu verfassen, die ‚Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen‘ im Prozess der zunehmenden Diversifizierungen und Spezialisierungen zu berücksichtigen. Die prinzipielle Offenheit des Museumsbegriffs bedeutete jedoch kaum einen Nachteil für die Entwicklung der damit bezeichneten Institution; im Gegenteil ermöglichten der fehlende „Inhaltswille“ 6 und die funktionale Unbestimmtheit die wiederholte Anpassung des Mediums an die sich verändernden kulturellen Bedürfnisse und zeitgenössischen Wertschätzungen.7 Und gerade diese Anpassungs4

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fähigkeit scheint den besonderen Reiz des Museums auszumachen, den es seit seiner Erfindung auf die gesellschaftlichen Eliten und – vielleicht noch wichtiger – auf die neuen, noch um ihren sozialen Aufstieg bemühten Gruppen ausgeübt hat. Fand doch vor allem das Bildungsbürgertum im Museum einen Ort, an dem es seine Deutungsmuster und kulturellen Werte gesellschaftlich verbreiten konnte. Kein Wunder also, dass diese Institution in Deutschland im Verlauf des 19. Jahrhunderts die enorme Spannbreite von einer Lesegesellschaft des aufgeklärten Bildungsbürgertums um 1800 über eine ‚Werbeanstalt‘ für die nationale Einigung im Vormärz bis zu einem ‚Sozialsedativum‘ zur Beruhigung der unteren Volksschichten im Kaiserreich8 abdecken konnte. Die frühen bürgerlichen Museen verfolgten ähnlich wie die älteren Raritätenkammern der Fürsten zumeist noch einen „ausgesprochen weit gefassten, interdisziplinären und unterschiedliche Objektklassen einbeziehenden Ansatz“.9 Deshalb vereinigten sie in der Regel auch umfassende Sammlungen schriftlicher und nichtschriftlicher Quellen für Studium und Forschung unter ihren Dächern.10 Mit fortschreitender sozialer, ökonomischer und kultureller Diversifizierung der bürgerlichen Gesellschaft pluralisierte sich jedoch auch das Museumswesen. Obwohl das Bürgertum seit der Aufklärung eigentlich universalistischen Idealen anhing, begann es recht bald, die bisherigen Kunst-, Kultur- und Naturgegenstände integrierenden Museumskonzepte in Frage zu stellen. Gleichzeitig übertrug man dem Museum die Aufgabe, einen Beitrag für die Herbeiführung der erhofften Einheit und Geschlossenheit der Gesellschaft – zumindest im kulturellen Bereich – zu leisten. Das moderne Museum sollte von Anbeginn an dazu beitragen, die ersehnte soziale und/oder kulturelle Einheit der Nation zu stiften. Die Vielschichtigkeit der an die Museen herangetragenen Anforderungen trug jedoch letztlich selbst wieder dazu bei, dass diese – wie auch die Wissenschaften – einem zunehmenden Spezialisierungs- und Differenzierungsprozess unterlagen11 und damit dem ersehnten kulturellen Universalismus entgegenwirkten. Je mehr sich Eine Begriffsannäherung 5

beispielsweise die „reinen Kunstmuseen“12 nur noch den hochkulturellen Dingen widmeten und die profanen Gegenstände aussortierten, umso stärker entwickelten andere Gruppen das Bedürfnis nach Musealisierung des „Volkstümlichen“ in eigenen volkskundlichen Sammlungen. Der museale Diversifizierungsprozess beschleunigte sich in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend: Nun entstanden völker- und volkskundliche Museen, aber auch Technik- und Sozialmuseen. Die zunehmende Differenzierung der Museumslandschaft korrespondierte weitgehend mit der Etablierung neuer wissenschaftlicher Fächer an den Universitäten. Neue Disziplinen, wie die Kunstgeschichte, Archäologie, Volkskunde, Ingenieurswissenschaften oder Sozialhygiene, reklamierten für ‚ihr‘ jeweiliges Fachgebiet ein eigenes Museum. Und auch innerhalb der etablierten Fächer wie der Medizin kam es zu weiteren Diversifizierungen, wie etwa bei Rudolf Virchows Pathologischem Museum in Berlin durch Abtrennung der „pathologischen“ von der „normalen“ Anatomie.13 Unter dem Einfluss ihrer Bezugswissenschaften begannen alsbald vor allem die größeren Museen, ihre Sammlungen nach Maßgabe der fachwissenschaftlichen Systematiken zu sortieren und auszustellen. Einher ging dieser Trend mit einer strikteren Begrenzung der Sammlungsgebiete insbesondere – aber nicht nur – in den historischen Museen. Die einst universalistische Sammelpraxis, wie sie etwa anfänglich noch das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg oder das Historische Museum in Frankfurt am Main angestrebt hatten, wurde zugunsten einer Spezialisierung auf begrenzte Sammlungsgebiete aufgegeben. Wenn überhaupt sammelten zum Ende des langen 19. Jahrhunderts höchstens noch die Orts- bzw. Heimatmuseen „dauerhaft nach historischen Prinzipien“.14 Betrachtet man nun die Unterschiede zwischen den Museen und Museumstypen im Einzelnen, so fällt bei aller Vielfalt doch wieder das hohe Maß an inhaltlichen und formalen Überschneidungen auf. Man findet kaum ein Technikmuseum, das nicht auch Objekte der bildenden Kunst ausstellt, kaum ein naturkundliches Museum ohne Handwerkszeug und Industrieprodukte, kaum ein 6

Eine Begriffsannäherung

kulturhistorisches Museum ohne Kunst und Naturfunde oder kaum ein Nationalmuseum ohne lokale und regionale Sammlungsschwerpunkte. Es scheint bisweilen, dass die vielen uns heute geläufigen Museumstypen in Reinform überhaupt nicht existieren. Dies mag zum einen daran liegen, dass die heutigen Museumskategorien nicht einfach auf die Zeit der Museumsgründungen übertragen werden dürfen. Das uns heute geläufige Raster war in den Gründungszeiten vieler Museen noch in Entstehung bzw. in der weiteren Ausdifferenzierung begriffen und kann deshalb nicht mit der historischen Wirklichkeit übereinstimmen. In den 1920er Jahren war es weithin üblich, die Museen – „gleich wie die gesamte Erscheinungswelt“ – nach den Hauptgruppen Natur- und Kulturmuseen zu unterscheiden. Mit der Begründung, dass alle Kulturmuseen „Überreste menschlicher Tätigkeit bergen“, wollte etwa der Danziger Archivar Erich Keyser in seinen geschichtsmethodischen Abhandlungen weder zwischen Geschichtsund Kulturmuseen noch zwischen Kunst- und technischen Museen einen grundsätzlichen Unterschied feststellen.15 Gleichwohl war es gerade der zunehmend wissenschaftlich sezierende Blick der Kulturhistoriker und Museumsfachleute auf ihr Medium und deren Bedürfnis nach Abgrenzung der Zuständigkeiten, der dem zunehmenden Zerfall der gedachten Einheit Vorschub leistete. Der Erhalt der ideellen Einheit gelang jedoch eine Abstraktionsebene höher: Statt Museen nach ihren ausgestellten Inhalten zu klassifizieren, wollte Keyser sie nunmehr nach den in ihnen praktizierten Arten der Betrachtung bzw. „Verwertung“ unterscheiden. Dieser Vorschlag war kein Einzelfall. Auch die Klassifizierungsversuche des bedeutenden Hamburger Museumsdirektors Otto Lauffer gingen in diese Richtung, als dieser vorschlug, dem Kunstmuseum in erster Linie die Behandlung der „Form“, dem Gewerbemuseum die Betrachtung des „Materials“ und dem historischen Museum die Untersuchung des „Gebrauchszwecks“ zuzuordnen.16 Indem die Museumsfachleute nicht nach Inhalten oder Themen, sondern nach Betrachtungsweisen unterschieden, blieb es prinzi-

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piell jedem Museum möglich, sowohl Gegenstände der Kunst, des Kunstgewerbes als auch der Technik in sich zu vereinigen. Im Jahre 1929 unterschied der zwölf Jahre zuvor gegründete Deutsche Museumsbund bereits zwischen vier Museumsgruppen: Kunst- und Kulturmuseen (Gruppe A), naturkundliche Sammlungen (Gruppe B), Völkerkundemuseen (Gruppe C) und schließlich die Heimatmuseen (Gruppe D).17 Historische, technische und soziale Museen kamen hier als eigenständige Kategorien noch nicht vor. Da aber bereits zu jener Zeit die Museumsrealität erheblich vielgestaltiger war als dieses Schema, führten schon die damaligen Fachleute heftige Kontroversen über eine angemessene Systematik. Dabei war man allerdings weiterhin darum bemüht, die gedankliche Entität des Museumsbegriffs zu erhalten, und zwar nicht obwohl, sondern gerade weil die Pluralisierung der Museumslandschaft unaufhörlich voranschritt. Bei der Unterscheidung von Museen nach Gattungen ist also stets zu berücksichtigen, dass es weder Museumstypen in ‚Reinform‘ noch eine abgeschlossene Typologie geben kann, zumal die als Differenzierungs- und Diversifizierungsprozess beschriebene Entwicklung noch heute anhält. Insofern handelt es sich auch bei den im Hauptteil dieser Schrift vorgenommenen Zuordnungen einzelner exemplarisch vorgestellter Häuser unter die sieben Gattungsbezeichnungen Kunstmuseum, Gewerbemuseum, Kulturhistorisches Museum, Heimatmuseum, Volks- und Völkerkundliches Museum, Naturwissenschaftliches und Technisches Museum sowie Sozial- und Wirtschaftsmuseen um eine idealtypische Reduktion einer in Wirklichkeit viel komplexeren Realität. – Wie sagte doch einst die britische Museumskennerin Sharon Macdonald? – „Das Museum gibt es nicht“.

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Eine Begriffsannäherung

Museen und ihre Träger Für ein angemessenes Verständnis der zu unterschiedlichen Zeiten entstandenen Museumstypen sind nicht zuletzt die sozialen Lagen und Interessen ihrer jeweiligen Trägergruppen von Bedeutung. Die Etablierung neuer Museen und die in ihnen präsentierten Deutungen der Vergangenheit sind fast immer auch als Versuche der Gründer anzusehen, ihre jeweilige Weltsicht verbindlich zu vermitteln und das eigene soziale Ansehen wenn nicht zu heben, so doch zumindest zu sichern. Schon Fürsten und Monarchen nutzten Museen als Orte symbolischer Politik, um den eigenen Führungsanspruch zu untermauern. Ihr Engagement für eine öffentliche Kunst- und Kulturpflege diente nicht zuletzt als Nachweis für die Angemessenheit der beanspruchten gesellschaftlichen Führungsposition. Seit Ende des 18. Jahrhunderts boten Museen den neuen bürgerlichen Eliten den öffentlichen Raum, in dem sie sich als entscheidende kulturschaffende und -tragende Klasse stilisieren und ihre neuen gesellschaftspolitischen Vorstellungen verbreiten konnten. Das bürgerliche Museum spielte von Anfang an „eine Rolle bei der Schaffung einer neuen staatsbürgerlichen Gemeinschaft“,18 indem es zu diesem Zweck eine „im besonderen Maße“ ideologiebildende, nämlich öffentlich wirksame Kunst fördern sollte.19 Die neuen bürgerlichen Museen standen im Unterschied zu den höfischen Sammlungen formal jedem offen20 und verfolgten einen schichtenübergreifenden Bildungsanspruch. Tatsächlich sprachen die neuen Kunstmuseen fast ausschließlich nur die „gebildeten“ Schichten an, die dank ihrer privilegierten Stellung über die notwendigen Voraussetzungen zum Verständnis der Kunstwerke verfügten und die sich wiederum wegen dieser Fähigkeiten „in ihrem Privileg gerechtfertigt“ sahen.21 Nicht Gleichheit, sondern Einigkeit war das Ziel des frühen bürgerlichen Museums, das von Anfang an als Mittel zur sozialen und kulturellen Integration der Nation entdeckt und auch genutzt wurde.

Museen und ihre Träger

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In noch stärkerem Maße als für die Kunstmuseen galt das Integrationsmotiv für die kulturhistorischen Museen, die das damals wichtigste Projekt des liberalen Bürgertums begründen helfen sollten: die Schaffung eines verfassten deutschen Nationalstaats, dessen Gesellschaftsordnung nicht mehr nach Geburtsstand, sondern nach „Bildung, Leistung und Interesse“ organisiert sein sollte.22 Die aus den Geschichts- und Altertumsvereinen des Vormärz hervorgegangenen historischen Museen kennzeichnete vor allem der Versuch, die ersehnte nationale Einigung durch Verherrlichung der vermeintlich gemeinsamen Geschichte und Entwicklung der Deutschen im kaiserzeitlichen Mittelalter historisch herzuleiten.23 Museen sollten die angestrebte politische Einheit bereits im kulturellen Bereich vorwegnehmen. Deshalb richteten sie sich ausdrücklich an alle „deutschen Stände und Classen“24 und verfolgten eine universelle Sammlungspraxis, die nicht mehr allein einer politischen Herrschaftsgeschichte, sondern einer Kulturgeschichte des gesamten deutschen Volkes gerecht werden sollte. Damit trafen sie jedoch keineswegs immer auf das Wohlwollen der Souveräne. Die lange währende Ablehnung, die beispielsweise das Projekt eines Germanischen Museums in Nürnberg vom preußischen Staat erfuhr, ist ein deutliches Indiz dafür, dass sich die Herrschaftsträger der politischen Zielsetzung der Museumsgründer durchaus bewusst waren. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass die Gründungen der ersten bürgerlichen Museen weniger dem Bedürfnis nach Auseinandersetzung mit Geschichte aus wissenschaftlichem Interesse, als vielmehr der Verwirklichung aktueller gesellschaftspolitischer Ziele geschuldet waren. Erst nachdem das Projekt eines nationalen Verfassungsstaates 1848/49 gescheitert war, zogen sich viele Museen auf eine mehr oder weniger politisch neutrale, nur noch wissenschaftlichen und/oder wirtschaftlichen Zielen verpflichteten Aufgabenstellung zurück. Die etablierten Kunstmuseen widmeten sich einer zwar systematisierenden, jedoch unpolitischen Kunstgeschichte und die kulturgeschichtlichen Museen einer zunehmend stärkeren formalen 10 Museen und ihre Träger

Betrachtung ihrer Exponate. Dies galt vor allem für die damals in vielen größeren Städten entstandenen Gewerbemuseen. Gewissermaßen als kleinster gemeinsamer Nenner zwischen den restaurativen Kräften und den Anhängern einer liberalen Bürgergesellschaft verständigte man sich auf die Einrichtung so genannter kunstwirtschaftlicher Sammlungen, die vor allem der Verfolgung des einen gemeinsamen Interesses dienten: die Förderung der Leistungsfähigkeit der nationalen Wirtschaft. Letztlich waren die kunstgeschichtlichen ebenso wie die kunstgewerblichen Tendenzen in der Museumsarbeit der Restaurationszeit Ausdruck einer entpolitisierten Verharmlosung der Geschichte. In der Literatur zur deutschen Museumsgeschichte wird die Frage nach der sozialen und politischen Bedeutung der Museen zumeist nur im Hinblick auf die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts virulente „Soziale Frage“ der arbeitenden Klassen thematisiert.25 Tatsächlich haben aber zuvor schon aufgeklärte Gelehrte gegen die kulturelle Hegemonie des Adels und später die aufsteigenden bürgerlichen Mittelschichten gegen die Distinktionsbedürfnisse der alten Bildungseliten das Medium Museum für ihre gesellschaftliche Anerkennung zu nutzen versucht. Sowohl die im 19. Jahrhundert zu erheblichen Wohlstand gelangten Industriellen als auch die neuen akademischen Mittelschichten bedienten sich des Museums, um auf ihre im industriellen System gestiegene gesellschaftliche Bedeutung aufmerksam zu machen. Verfolgten jedoch die wohlhabenden Unternehmer häufig die Strategie, die Kulturdefinition des Adels und der arrivierten Bildungseliten zu übernehmen und investierten bevorzugt in herausragende Erzeugnisse der bildenden Künste,26 so bemühten sich die neuen Berufsgruppen der Professoren, Ärzte und Ingenieure um eine Anerkennung ihrer wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Leistungen als „Kulturfaktor“.27 Das Sammeln, Bewahren und Ausstellen von ‚zweckfreier‘ Kunst kam für die neuen Mittelschichten mangels der dafür notwendigen finanziellen Mittel nur selten in Frage. Stattdessen entwickelten sie ein neues, vom feudalen Statussystem unabhängiges „bürgerliches System der symbolischen AusMuseen und ihre Träger 11

zeichnung“,28 das nicht das aristokratische System nachzuahmen versuchte, sondern auf ein neues kommunales Selbstbewusstsein aufbaute. Die Arenen für ihren ‚Kulturkampf‘ suchten und fanden die mittleren Bürger daher auch zuerst in den städtischen Parlamenten, in den örtlichen Museumsvereinen oder in der Heimatschutzbewegung. Hier fanden die (Hochschul-)Lehrer, Ärzte und Ingenieure die notwendige Resonanz, um endlich aufzuzeigen, dass zur Geschichte der Menschheit „außer der Schlachtenchronik“ der Potentaten auch „die Geschichte der Kulturthaten“ 29 des Bürgertums gehörten. Dieses erweiterte Verständnis von Geschichte als eine Geschichte des Volkes traf in Deutschland allerdings noch zum Ende des 19. Jahrhunderts auf die Skepsis so mancher politischer Herrschaftsträger. Dies belegt etwa die lange währende Ablehnung, auf die das Berliner Museum für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes bei der preußischen Kultusbürokratie traf. Dem Initiator des Projekts, Rudolf Virchow, schwebte ein Museum der Volkskultur und der „Geschichte der Arbeit“ vor, das sich bewusst von den hochkulturellen kunstgeschichtlichen Sammlungen abgrenzte.30 Damit gerieten die Gründer nicht nur unter Verdacht, freisinnige Volksbildungsabsichten zu verfolgen, sondern auch in Gegensatz zu den Grundsätzen der damals historistisch geprägten, nationalliberale Geschichtswissenschaft in Preußen.31 Obwohl Virchow und die ihm Gleichgesinnten mit der Übertragung des Prinzips der wissenschaftlichen „Wahrheit“ in die politische Sphäre gar nicht die Macht der traditionellen Eliten infrage stellen, sondern nur gemäß den allgemeinen Zielen der bürgerlichen Sozialreform den Einfluss der „ungebildeten ‚Massen‘“ begrenzen wollten, 32 konnten sich die staatlichen Stellen in Preußen zu keiner substantiellen Unterstützung für ein Museum der Volkskultur durchringen. Das Gros der damaligen politischen Entscheidungsträger konnte und wollte in den volkskundlichen Objekten keine eigenständigen und damit der Bewahrung werten Kulturleistungen erkennen.33

12 Museen und ihre Träger

Ähnlich erging es auch der um ihr soziales Prestige bemühten Berufsgruppe der Kolonialhändler, die zum Ende des 19. Jahrhunderts das Kolonialmuseum als mögliches Mittel zur Hebung ihres gesellschaftlichen Ansehens entdeckte. Die Vorreiter der ‚Globalisierung‘ hätten sich gern als Pioniere „der Zivilisation und der Kolonialentwicklung“, als „Begründer neuer Kulturmittelpunkte“ und Vertreter für „eine (höhere) Stufe der Kulturentwicklung“ in den Museen präsentiert.34 Tatsächlich konnten sie sich wie die Gründer der Gewerbemuseen jedoch mit den staatlichen Stellen zumeist nur auf die Vermittlung der „nationalen, kommerziellen und politischen Nebenzwecke“ einigen,35 wie es der enttäuschte Museums-Ethnologe Oswald Richter im Fall des Bremer Museums für Natur-, Völker und Handelskunde formulierte. Ein ähnliches Schicksal ereilte am Ende des langen 19. Jahrhunderts auch die anfangs noch vornehmlich zum Zweck der Wohlfahrtspflege gegründeten ‚Sozialmuseen‘. Ursprünglich hegten ihre Träger sozialreformerische Absichten, indem sie versuchten, ihre Forderung nach sozialpolitischen Maßnahmen durch die Verbreitung von sozialwissenschaftlichem Wissen auch unter den ärmeren Bevölkerungsschichten zu untermauern. Aber auch diese sozialpolitische Zielsetzung geriet bald ins Hintertreffen. Insbesondere die Museen zum Arbeiterschutz verschrieben sich zunehmend der Aufgabe, die vermeintlich hohen sozialpolitischen Standards in Deutschland symbolisch darzustellen, um weitergehende materielle und politische Forderungen der organisierten Arbeiterschaft abzuwehren. Dies war der Grund für die Errichtung eines „Wohlfahrtsmuseums“ in Berlin36, das besonders dem Ausland und den Arbeitern die bereits von Staat, Unternehmern und Vereinen erbrachten hohen Leistungen auf dem Gebiet der Arbeiterwohlfahrt demonstrieren sollte. Die Geschichte der ‚Sozialmuseen‘ zeigt paradigmatisch, dass Arbeiter beinahe ohne Ausnahme nur als Adressaten kulturschaffender und damit auch musealer Bemühungen angesehen wurden. Bereits seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber besonders nach der Reichsgründung hatten sich insbesondere die in der VolksbilMuseen und ihre Träger 13

dungsbewegung engagierten bürgerlichen Kreise darum bemüht, das Museum auch den unteren Schichten, namentlich der Arbeiterschaft, zugänglich zu machen. Die Öffnung der Institutionen bürgerlicher Kultur für die Arbeiter galt allgemein als probates Mittel zur Behebung sozialer Missstände, wobei sich in der Regel die bürgerlichen Integrationsvorstellungen in einer zu vermittelnden Anerkennung der herrschenden sozialen Ordnung erschöpften. Mit der Entdeckung des Museums als Mittel der Sozialreform begann aber auch ein allmählicher Funktionswandel vieler Sammlungen, die nun nicht mehr so stark nach ihrem Repräsentationswert, sondern nach ihrem volkspädagogischen Erziehungswert bemessen wurden. In der ersten, der so genannten verbreitenden Phase der liberalen Volksbildungsbewegung sah man die Ursache für die ärgsten Missstände im sozialen und politischen Leben vor allem als Folge einer „verwahrlosten Volkserziehung“,37 der man unter anderem durch Errichtung von naturgeschichtlichen und gewerblichen Landesmuseen entgegenzuwirken trachtete.38 Nach Herstellung der formalstaatlichen Einheit mit der Reichsgründung 1870/71 trat dann als weiteres Motiv die Furcht vor einer auf den marxistischen Sozialismus ausgerichteten Sozialdemokratie hinzu,39 deren zunehmender Einfluss durch die Heranführung der Arbeiter an bürgerliche Wertvorstellungen und „die Differenzierung der ‚Massen‘ durch Bildung“40 abgewehrt werden sollte. In der nunmehr einsetzenden intensiven Phase der Volksbildungsarbeit sollten die Museen als „Volksbildungsstätten“ wirken.41 Jetzt galt das Interesse vieler Museumsleiter nicht mehr in erster Linie nur der Sache bzw. den Sammlungsgegenständen, sondern zunehmend einer auf ein allgemeines Publikum gerichteten Vermittlungsarbeit. Um ihren Besuchern den Umgang mit den bisher nach zumeist fachsystematischen Gesichtspunkten organisierten Ausstellungen zu erleichtern, begannen die Museen über die Möglichkeiten einer verbesserten Beschriftung der Exponate und über einen verstärkten Einsatz von Führungen für die „mündliche Belehrung“ nachzudenken.42 Zudem verabschiedeten sich viele Museen vom einstigen Ideal der (kunst-)geschichtlichen Voll14 Museen und ihre Träger

ständigkeit und gingen zu einer isolierenden Präsentationsweise über, die den Eigenwert der einzelnen Exponate unterstreichen und zugleich den Bedürfnissen eines breiten Publikums besser gerecht werden sollte. Und schließlich verlängerte man auch die Öffnungszeiten nach Vorbild US-amerikanischen Museen, um die Museen im „Kampf“ um die „bildungsfähigen Elemente“ und „gegen einen gierigen Materialismus“ zu stärken.43 Die Bemühungen der Volksbildungsbewegung, die Museen auch den ‚unteren Volksschichten‘ zugänglich zu machen, beförderte letztlich deren formale Demokratisierung. In den 1920er Jahren gehörten in Deutschland nicht nur Exponatbeschriftungen, öffentliche Führungen und Vorträge zum Standardrepertoire eines jeden besseren Museums, auch besaß jeder Staatsbürger prinzipiell das Recht auf Zugang zu den meisten Sammlungen. In der Regel fühlten sich jedoch eher kleinbürgerliche Schichten von den Angeboten der Museen angesprochen und weniger die eigentlich von der Volksbildungsbewegung intendierten Angehörigen des Arbeiterstandes.44 Die Vertreter der organisierten Arbeiterschaft haben nur selten Museen für Arbeiter gefordert, und wenn, dann erst sehr spät und zumeist ohne Anspruch auf die Gestaltung der Museen durch die Arbeiter selbst.45 Einzig die Aktivitäten einzelner Sozialdemokraten zur Durchführung so genannter temporärer „Arbeiterdilettanten-Kunstausstellungen“46 ließen sich hier anführen. Das geringe Interesse, das die SPD dem Museum entgegenbrachte, hatte im Wesentlichen zwei Gründe: Erstens war die organisierte Arbeiterbewegung wegen der Sozialistengesetzgebung seit 1878 bis zu deren Nichtverlängerung 1890 zu sehr mit ihren inneren Problemen beschäftigt, weshalb sie „als gesellschaftliche Bildungskraft“ zunächst weitgehend ausfiel.47 Der zweite und wohl wichtigere Grund war jedoch, dass die Sozialdemokratie das Museum im politischen Kampf als zu wirkungslos erachtete. Denn weder in den Parteiprogrammen der SPD noch der späteren KPD erlangte es eine Bedeutung.48 Museen und ihre Träger 15

Selbst der Radikale Karl Liebknecht bewegte sich mit seinen 1910 unterbreiteten Vorschlägen zur Rückführung der Kunst in das „Milieu“, das es darstellt und deshalb im Kunstmuseum zu reproduzieren gelte,49 letztlich nur auf bürgerlich-reformerischen Bahnen. Aber auch nach den revolutionären Ereignissen von 1918 entfalteten die Arbeiterparteien keinen originär sozialistischen Gestaltungswillen in der Museumspolitik. Die in den Anfängen der Weimarer Republik diskutierten Konzepte für den „Umbau“ zu einem republikanischen Museumswesen und die Schaffung von „Volksmuseen“ als soziale Kommunikationsstätten hatten ihre Ursprünge bereits in den bürgerlichen Reformideen der Vorkriegszeit50 und waren keine genuine Leistung einer ‚neuen‘ Arbeiterkultur. Das propagierte Volksmuseum51 blieb auch in der Weimarer Zeit zumeist nur eine Absichtserklärung oder wurde zu ihrem Ende sogar zu einem ideologischen Begriff für antirepublikanisch, völkisch und rassistisch gesinnte kleinbürgerliche Kreise.

Museen als geschichtskulturelle Phänomene Vereinfacht gesagt meint Geschichtskultur die Art und Weise, wie Menschen mit Geschichte umgehen, wie sie sich erinnern, wie sie über Vergangenes denken, was sie unter Geschichte verstehen. Die Geschichtskultur hat wiederum selbst eine Geschichte, das heißt Menschen sind zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich mit Geschichte umgegangen, haben zu verschiedenen Zeiten ein unterschiedliches Bewusstsein von und über Geschichte ausgebildet. Für das Verständnis der Museumsgeschichte ist das grundlegend. Denn die Herausbildung der modernen Museumslandschaft ist sowohl Ausdruck einer veränderten Geschichtskultur als auch Folge bedeutender Veränderungen im kollektiven Geschichtsbewusstsein. So bedurfte die Idee, öffentlich zugängliche Häuser einzurichten, deren vornehmliche Funktion darin besteht, Dinge aus 16 Museen und ihre Träger

der Vergangenheit zu verherrlichen und für die Zukunft zu bewahren, das moderne Bewusstsein für historischen Wandel. Die Verbreitung des historistischen Denkens, wie es uns heute selbstverständlich erscheint, war selbst Folge eines geschichtlichen Entwicklungsprozesses, der in der Aufklärungszeit einen ersten Höhepunkt erlebte. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die ersten öffentlichen Museen in Deutschland gegründet wurden, galt das Prinzip der historischen Veränderung längst noch nicht für alle Bereiche. Gerade die Kunstmuseen vertraten anfangs eine universell-ästhetische Auffassung, die den Werken der Antiken eine überzeitliche Gültigkeit zuschrieb. Von einer Auseinandersetzung mit der klassischen Kunst erhoffte man sich nicht nur die Wiederkehr der klassischen Ideale, sondern auch eine neue Synthese von Schönheit und Wahrheit. Die historisierende Betrachtungsweise der Kunst setzte sich in den Museen erst allmählich durch. Vor allem aufgeklärte Fürsten und humanistisch gebildete Eliten mochten die Idee von der universellen Bedeutung der Kunst selbst um den Preis ihrer Enthistorisierung nicht aufgeben. Dass diese Haltung jedoch bereits bei Gründung der ersten beiden größeren deutschen Kunstmuseen umstritten war, belegen die dabei geführten Auseinandersetzungen. Sowohl in Berlin (Altes Museum, erbaut 1823 bis 1830) als auch in München (Glyptothek, erbaut 1816 bis 1830) gab es gewichtige Stimmen, die dafür eintraten, die Kunst in ihrer historischen Entwicklung zu präsentieren.52 Doch trotz oder vielleicht auch gerade wegen des beschleunigten gesellschaftlichen Wandels in Zeiten bürgerlicher Revolutionen und beginnender Industrialisierung behielten die Befürworter einer vom historischen Kontext losgelösten Kunstpräsentation die Oberhand. Bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zogen es viele Museen vor, ihre klassischen Kunstwerke als überzeitlich gültige Wahrheiten auszustellen. Gleichwohl war die Ausbreitung des entwicklungsgeschichtlichen Bewusstseins nicht mehr aufzuhalten. In einer Art Kompromiss zwischen der überzeitlichen und der historischen Auffassung begannen die Museen Kunst und Geschichte in einer Reihe von aufeinander folgenden, aber in sich abgeschlossenen Epochen darzuMuseen als geschichtskulturelle Phänomene 17

bieten. Die Einrichtung von strikt voneinander getrennten Epochensälen53 machte es möglich, die Kunst der Antiken als aus dem Geschichtsprozess herausgelöst zu präsentieren, ohne das Prinzip der historischen Entwicklung gänzlich infrage zu stellen. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich dann in den Museen zunehmend eine kunstgeschichtliche Auffassung durch, die anstelle der früheren romantisch-ästhetisierenden Betrachtungsweise immer mehr auf kognitiv-systematisierende Verfahren setzte. Dieser Trend verstärkte die Tendenz der Museen, ihre Ausstellungstücke nach Stilepochen zu systematisieren. Die zunehmende Verwissenschaftlichung der Kunst durch die Kunstgeschichte beförderte einen ‚Akademismus‘, wie ihn später insbesondere Künstler an vielen Museen kritisierten. Vielleicht war auch dies ein Grund, warum die Museen nach der Reichsgründung 1871 wieder eine stärker sinnlich-emotionalisierende Präsentationsweise bevorzugten.54 Um Geschichte zu verstehen – oder besser: zu erleben –, galt es in der wilhelminischen Ära vor allem, den besonderen ‚Geist‘ einer Epoche anhand ihrer dinglichen Überreste zu ‚atmen‘. Diesem Zweck dienten nicht zuletzt die damals aufwändig inszenierten Interieursausstellungen. Die vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründeten Gewerbemuseen verfolgten primär das Ziel, den „Volksgeschmack“ durch die Vorführung mustergültiger Werke „kunstbegabterer Jahrhunderte“ zu heben.55 Damit verdankten sie ihre Entstehung ähnlich wie die frühen Kunstmuseen einem vornehmlich exemplarischen Geschichtsbewusstsein. Die Beschäftigung mit vorbildlicher Historie sollte im Sinne eines ‚magistra vitae‘ zur Qualitätshebung gewerblicher Produkte beitragen. Insofern mag es überraschen, dass selbst die Gewerbemuseen zum Ende des 19. Jahrhunderts die Methode des nachfühlenden ‚Geschichtslernens‘ in Form von kulturgeschichtlichen Epochensälen übernahmen, obwohl ihre Vorbildersammlungen ursprünglich nicht geschichtliches, sondern formales und technologisches Wissen vermitteln sollten. Tatsächlich gingen diese Museen aber eher aus Not denn aus Überzeugung dazu über, ihre Ausstellungen an den Prinzipien der kunst- und kulturgeschichtlichen Museen auszurichten. Denn auf18 Museen als geschichtskulturelle Phänomene

grund der sich wandelnden Moden und Techniken konnten sie ihre Exponate kaum dauerhaft als Beispiele einer überzeitlich gültigen Technologie ausstellen. Viele Museen präsentierten Geschichte nunmehr als eine Palette mit einer Vielzahl unterschiedlicher Stilepochen, die je nach Bedarf zu neuen Stilkonglomeraten arrangiert und zur „würdigen Ausstaffierung der bürgerlichen Lebenswelt in eklektizistischer Manier“56 genutzt wurden. Vermutlich war es nicht zuletzt diese Beliebigkeit im Umgang mit den Epochalstilen und die „sprungweise“ vollzogenen Übergänge „von einem historischen Stil zum anderen“,57 die schließlich zu einer Erosion des Glaubens an die normativen Kräfte einer universellen Geschichte der abendländischen Kunst und Kultur führten. Das zunehmende Unbehagen an der Dominanz der historistischen Doktrin zum fin de siècle mündete schließlich in einer allgemeinen Geschichts- und Museumskritik. Vor allem lebensphilosophisch inspirierte Kulturkritiker hielten den Museen nun vor, sie seien zu „Pflegestätten akademischen Strebens“ verkommen. Wenn Museen nach Ansicht mancher radikaler Kritiker nicht sogar ganz abgeschafft gehörten, so sollten sie zumindest nicht mehr allein ‚tote‘ Vergangenheit um ihrer selbst willen ausstellen, sondern dem gegenwärtigen Leben der Menschen dienen. Die Abkehr vom Historismus brachte jedoch auch Vorteile: Die Gegenwartskunst konnte sich von den Normen der Kunstgeschichte befreien, die Werke der zeitgenössischen Künstler wurden nicht mehr allein nach den Maßstäben ihrer historischen Vorbilder bewertet. Dadurch wurde der Weg auch für die ‚Modernen‘ in die Kunstmuseen frei. Zum Ende des 19. Jahrhunderts tendierten die Museen allgemein zur Aktualisierung ihrer Sammlungen, das heißt sie bezogen immer häufiger auch die Gegenwart in ihre Ausstellungen mit ein.58 Das erste große deutsche kulturhistorische Museumsprojekt, das Germanische Nationalmuseum, hatte seine Sammlungstätigkeiten anfänglich noch auf den Zeitraum bis zum Ende des 30jährigen Krieges beschränkt. Eine Entscheidung, die das Museum um 1900 bedauerte, da ihm dadurch viele „künstlerische Zeugen der späteren Zeiten“ verloren gegangen waren.59 Die damals gerade neu Museen als geschichtskulturelle Phänomene 19

entstehenden ‚Sozialmuseen‘, die sich vor allem Themen der Wohlfahrtspflege widmeten, erhoben die Aktualität ihrer Sammlungen sogar zum Prinzip. Sie versuchten, ihren Besuchern „ständig das Neueste und Beste im Gebiete des Schutzes und der Gesundheit der Arbeiter“ vorzuführen.60 Und auch für die Kriegssammlungen, die mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 vielerorts wie Pilze aus dem Boden schossen, war der Gegenwartsbezug konstitutiv. Mit dem Ziel, die Heimatfront zu stärken, widmeten sie sich von vornherein dem aktuellen (kriegerischen) Tagesgeschehen. Mit dem Anfang vom Ende des langen 19. Jahrhunderts hielt die Gegenwart zugleich Einzug in den allgemeinen Geschichtsbegriff und in die Museen. Die kulturgeschichtlichen Museen verfolgten im Unterschied zu den ersten großen Kunstmuseen als alleinige Veranstaltung des Bürgertums von Anfang an liberal-reformerische Fortschrittsideen. Das Besondere an ihnen war jedoch weniger der in den Ausstellungen repräsentierte entwicklungslogische Sinn, der die „Veränderung“ als „geistiges Vermögen der Menschheit“ zum Prinzip der Geschichte erhob,61 als vielmehr die Berücksichtigung alltäglicher bzw. profaner Ausstellungsgegenstände als Ausdruck einer allgemeinen Kulturgeschichte. Bezogen auf ein begrenztes Territorium (Nation, Region oder Stadt) widmeten sie sich primär einer – bisher von der akademischen Geschichtsschreibung vernachlässigten – universalistisch verstandenen Kulturgeschichte, die auch das kulturelle Wirken des einfachen Volkes berücksichtigen sollte. Als der deutschnational gesinnte Freiherr Hans von Aufseß das Germanische Nationalmuseum gründete, versuchte er damit zwei mehr oder weniger widerstreitende Konzeptualisierungen historistischer Geschichtserzählung zusammenzubringen. Einerseits sollte mit der Darstellung der politischen Ereignisse der vom Historiker Leopold von Ranke geforderten Bedeutsamkeit des Individuellen in der geschichtlichen Entwicklung entsprochen werden. Andererseits zielte die Beschäftigung mit den längerfristigen kulturellen Zuständen auf die Erkenntnis der übergreifenden Entwicklungslinien, die das menschliche Handeln bedingen.62 Dieses Konzept 20 Museen als geschichtskulturelle Phänomene

stellte für sich genommen einen durchaus modernen Ansatz dar. Der Plan allerdings, ein allumfassendes Quellenrepertorium zur deutschen Geschichte auszuarbeiten, scheiterte jedoch an der Unmöglichkeit, das gedachte ‚Ganze‘ der Geschichte – selbst wenn es sich ‚nur‘ auf die Nation bezog – vollständig darzustellen. Auch aus diesem Grund orientierte sich das Nürnberger Museum bald wie die meisten Museen an einem kunst- und kulturgeschichtlichen Ansatz, der die Exponate mehr nach ästhetischen und weniger nach dokumentarischen Kriterien auswählte. Diesem Trend folgten eigentlich alle historischen Museen in Deutschland,63 so dass die Institution nach und nach die Verbindung mit den philologisch orientierten Geschichtswissenschaften verlor. Diese für die deutsche Museumsgeschichte charakteristische Entwicklung hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen lag den Museen schon allein aufgrund ihrer notwendigen Orientierung an den gegenständlichen Überlieferungsstoffen ein kulturgeschichtlicher Zugang näher als eine schriftquellenfixierte Politikgeschichte, die sich vor allem der Taten der staatspolitischen Führer widmete. Zum anderen brachte auch die dem Geist der Romantik geschuldete und in den zahlreichen Altertumsvereinen praktizierte Rückverfolgung der historischen Phänomene eine Fokussierung auf eine eng mit dem Naturbegriff verbundene Volksgeschichte. Das romantische Interesse vieler Geschichts- und Museumsvereine für die materiellen Hervorbringungen des ‚Volkes‘, für seine ‚schöpferische Seele‘ und seine Kultur wirkte sogar bei der Etablierung der Volkskunde als eine eigenständige akademische Disziplin an den Universitäten mit. Diese – und nicht die Geschichtswissenschaft – wurde schließlich zur wichtigsten Bezugsdisziplin für die zahlreichen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gegründeten kulturgeschichtlichen (Heimat-)Museen. In Deutschland gerieten die romantischen Vorstellungen von einer geschichtsmächtigen „Volksindividualität“ bzw. einem „geschichtlich wirkendem ‚Volksgeist‘“64 bald unter den Einfluss der neuen evolutionstheoretischen Lehren der Anthropologen und Museen als geschichtskulturelle Phänomene 21

Ethnologen. Dies führte jedoch nicht zu einer Abschwächung der romantischen Sehnsucht nach Erkenntnis der ‚Urformen‘ vermeintlich germanischen Kulturschaffens (Sagen, Märchen, Volkslieder u. ä.); im Gegenteil deutete man jetzt immer häufiger die Begriffe Volk und Stamm als ‚Urgrund‘ für eine zunehmend völkisch inspirierte Geschichtsprojektion. Viele Heimat- und Volkskundemuseen präsentierten die Kategorien ‚Volk‘ bzw. ‚Volksstamm‘ nicht in Abhängigkeit von Raum, Zeit und sozialer Funktion, sondern verbreiteten die Vorstellung von einem vermeintlich einheitlichen Kollektivsubjekt, dessen spezifische Eigenart (‚Volkscharakter‘) bereits vor aller Geschichte als vollständig ausgeprägt aufgefasst wurde.65 Dass eine solche völkische Interpretation nicht zwangsläufig sein musste, zeigt der Blick über Deutschlands Grenzen hinaus. Das Ergologische Museum von Eduard Hoffmann-Krayer in Basel oder die den Ansätzen der ‚Folklivsforskning‘ folgenden skandinavischen Museen beschäftigten sich nicht mit dem Volkscharakter, sondern mit den menschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen.66 Warum konnte sich aber ein ‚sozialgeschichtlicher‘ Ansatz in den deutschen Museen damals nicht gegen die ‚stammlichen‘ Konzepte eines Wilhelm Bomanns in Celle oder eines Wilhelm Peßler’ in Hannover behaupten? Eine mögliche Ursache dafür könnte die in Deutschland lange währende Vorrangstellung des elitären Kulturbegriffs gewesen sein, mit dem die alten Eliten der einfachen Bevölkerung die Fähigkeit zur kulturellen Produktion absprachen. Wie bereits gesagt, verfolgten die kulturhistorischen Museen nicht zuletzt das Ziel, die geistigen und materiellen Hervorbringungen auch der einfachen ‚Volkskreise‘ als Kulturleistungen zu würdigen. Eine solche Aufwertung der Tätigkeiten der Unterschichtangehörigen als historische Wirkmacht traf jedoch auf den Widerspruch der alten idealistisch gesinnten Eliten. Dieser, das ganze 19. Jahrhundert kennzeichnende Grundkonflikt wurde nun am Ende des Jahrhunderts dahingehend ‚entschieden‘, dass die bürgerlichen Mittelschichten zwar nicht jedem einzelnen Individuum, dafür aber der vermeintlichen „Totalität 22 Museen als geschichtskulturelle Phänomene

des Volkes“67 die Fähigkeit zur aktiven Gestaltung von Kultur zusprachen. Der romantisch geprägte und biologistisch überformte Begriff ‚Volk‘ wurde zu einer emphatischen Phrase, mit deren Hilfe man nicht zuletzt die „Realität der Nation als geistige Gesamtperson“68 herzustellen hoffte, ohne den unteren Bevölkerungsschichten – und das betrifft vor allem die organisierte Arbeiterschaft – die beanspruchten politischen Mitbestimmungsrechte zugestehen zu müssen. Die im wilhelminischen Kaiserreich neu entstehenden naturwissenschaftlich-technischen Museen und die sie tragenden Ingenieure tendierten hingegen nicht zur Konstruktion eines einheitlichen Geschichtssubjekts. Das Deutsche Museum in München hielt vielmehr unter der Führung Oskar von Millers an der Idee eines autonomen Individuums als idealisiertes Subjekt der Geschichte fest. Das Museum präsentierte seine Exponate vorzugsweise als technische Meisterwerke, die dem Geist und der Tat einer mehr oder weniger kongenialen Forscherpersönlichkeit entsprungen waren und sich dann gegebenenfalls evolutionär weiterentwickelt haben. Das bevorzugte Ausstellungsprinzip des Museums war deshalb auch die historische Entwicklungsreihe, die dem Betrachter die „Idee eines beständigen Fortschreitens im geschichtlichen Prozeß zu Höherem hin“69 anschaulich vor Augen führte. Durch die Betonung der wissenschaftlich-technischen „Schöpferkraft“ der Ingenieure drohten jedoch die tatsächlich handelnden Menschen hinter den „neuen Mythen von wissenschaftlicher Rationalität und technischem Fortschritt“ tendenziell zu verschwinden.70 Im Vordergrund stand der Glaube an den geschichtlichen Fortschritt und das allgemeine ‚Gesetz‘ der stetigen Höherentwicklung, das man den Besuchern vermitteln wollte.71 Die Annahme einer geschichtsimmanenten Gesetzmäßigkeit ließ prinzipiell keine offene Zukunftserwartung mehr zu. Nicht zuletzt deshalb stellten die ‚Ingenieursmuseen‘ vorzugsweise etablierte Technologien aus und versuchten dort, wo der Ausgang einer Konkurrenz zwischen zwei oder mehreren technischen Systemen noch nicht Museen als geschichtskulturelle Phänomene 23

entschieden war, die Entwicklung durch Förderung eines bestimmten Standards zu einem Abschluss zu bringen.72 Die mit den Entwicklungsreihen zum Ausdruck gebrachte Naturgesetzlichkeit des (technischen) Fortschritts und die versuchte Abschließung von Entwicklungsprozessen in der Gegenwart entsprach der Vorstellung von Geschichte als ein kohärentes und vom Zufall befreites Gebilde. Als Garanten für den zu „immer größerem Wohlstand aller Volksschichten führenden geschichtlichen Prozess“,73 galten in dieser Erzählung nicht die Bestrebungen zur Vermehrung etwaiger politischer Partizipationsrechte und sozialer Gerechtigkeit, sondern die von Wissenschaftlern und Technikern auf dem Gebiet der menschlichen Werkzeugproduktion erzielten Errungenschaften. Wichtiger als die Einbettung der Exponate in ihren jeweiligen historisch-kulturellen Entstehungskontext erschien den Verantwortlichen die Nachweisung der im Weltmaßstab gesehen vermeintlich höheren Entwicklungsstandes der deutschen Kultur gegenüber anderen Ländern oder Völkern. Tatsächlich waren jedoch die Behauptung eines gesetzmäßigen Fortschritts einerseits und die Auffassung von der Autonomie des Individuums andererseits nicht uneingeschränkt kompatibel. Aus diesem Spannungsverhältnis resultierte auch die Schwierigkeit mancher Museen, den technischen Fortschritt zu historisieren und „die Modernisierungseffekte der Technik selbst“ angemessen darzustellen.74 Nicht zuletzt deshalb wurde auf Letzteres zumeist verzichtet. Anders verhielt es sich jedoch bei dem etwa zeitgleich in Angriff genommenen Projekt zur Errichtung eines Hygienemuseums in Dresden. Die an den Vorbereitungsarbeiten für dieses ‚soziale‘ Museum beteiligten Medizinhistoriker waren sich der problematischen Beziehung zwischen heroischer Subjektkonzeption einerseits und zweckhafter Fortschrittsgläubigkeit andererseits durchaus bewusst. Denn als sie in den Jahren zwischen 1908 und 1911 die Historische Abteilung für die Internationale Hygiene-Ausstellung als Vorläufer des Museums schufen, griffen sie bewusst auf „Parallelen aus der Völkerkunde“ zurück, um eine nach Epochen und 24 Museen als geschichtskulturelle Phänomene

Kulturkreisen differenzierte, nichtlineare Geschichte der hygienischen Zustände auszustellen.75 Die Gründer des Hygienemuseums schufen eine Ausstellungsanordnung, in der die „Weltgeschichte“ nicht so sehr „als erweiterte Geschichte hervorragender Individuen“ präsentiert wurde, sondern als eine geographische, ethnographische und soziologische Faktoren berücksichtigende Gesamtübersicht.76 Aber auch dieses integrierte Konzept konnte am Ende nicht verhindern, dass die präsentierte „Gesamtübersicht der Hygiene aller Zeiten“ letztlich doch zu einem Beweis für die zweck- und zielgerichtete Ordnung des Weltenlaufs wurde, nämlich zu einem augenscheinlichen Beleg für die kontinuierlich fortschreitende Vervollkommnung77 des Menschen durch Rationalisierung seiner Lebensverhältnisse. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Geschichte der Museen und des Musealisierens wie die ‚große‘ Politik- und Sozialgeschichte im langen deutschen 19. Jahrhundert weder frei von inneren und äußeren Widersprüchen noch kontinuierlich verlief. Viele Museumskonzepte sind nur in ihrem Wechselverhältnis mit den sozialen, politischen, ökonomischen und geistigen Spannungen der sie hervorbringenden Zeit zu verstehen. Zum Teil waren sie Folge dieser Widersprüche, zum Teil stellen sie Versuche dar, diese zu bewältigen oder zumindest zu mindern. Ein allein normativ oder hochkulturell verstandener Kulturbegriff, der zuerst in der Ermöglichung kultureller Genüsse das Motiv zur Gründung von Museen erkennt, erscheint aus diesem Blickwinkel kaum hinreichend.

Museen als geschichtskulturelle Phänomene 25

II. Museumstypen und Museumsgründer Kunstmuseen Die Herausbildung des modernen Kunstmuseums und die „erste Museumsgründungsphase in Deutschland“ 1 erfolgten in einer Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche und geistigen Neuorientierungen. Dabei war der Erfindung des Kunstmuseums zum Ende des 18. Jahrhunderts bereits die Erfindung der Kunst als Kunst im modernen Sinne vorausgegangen.2 Denn ohne die Überzeugung, dass bestimmte Gruppen von Artefakten nach dem Kriterium ihrer ästhetischen Erfahrbarkeit entweder um ihrer selbst oder doch zumindest um der Förderung des Schönheitssinns willen von anderen Objekten zu unterscheiden und auszustellen seien, hätte die Einrichtung von ausschließlich für Kunstwerke reservierten Ausstellungshäusern kaum einen Sinn ergeben. Nach Ansicht des Historikers James J. Sheehan bedurfte es für die Entstehung des modernen Kunstmuseums neben einem neuen Kunstbegriff noch eine weitere Voraussetzung. Gemeint ist hier die Verbreitung eines Bewusstseins „für historische Bewegung, das den Wert vergangener Kunst verherrlicht und die Notwendigkeit anerkennt, sie für die Zukunft zu schützen und zu bewahren.“3 Zur neuen Philosophie der „schönen Künste“4 gesellte sich die Einsicht in die Geschichtlichkeit der Welt, um die als Kunst identifizierten und ansonsten zum Teil sehr unterschiedlichen Dinge – denn was haben eine attische Vase und ein mittelalterliches Altarbild gemeinsam? – in gesonderten Räumen zusammenzufassen, damit die Betrachter dort die „Zusammenhänge zwischen Kunst, Wahrheit und Moral“ erfahren konnten.5 Nach Ansicht der Aufklärungsästhetiker besaß die Kunst sowohl das Potenzial zur Erziehung des einzelnen Menschen zum Staatsbürger als auch zur Verwirklichung einer idealen Staatsnation in Form einer ästhetischen Gemeinschaft.6 Eine besondere Bedeutung erlangten hierbei die klassischen Kunstwerke, da man in Kunstmuseen 27

ihnen die zeitlos gültigen Prinzipien der Humanität wieder zu erkennen glaubte. Das Zeitalter der Aufklärung brachte den Menschen nicht nur die neuen Ideale von Vernunft und Humanität, eine neue ästhetische Theorie sowie ein neues historisches Bewusstsein, sondern stellte zugleich auch die einst religiös begründeten Legitimationen weltlicher Machtausübung in Frage. Auf der anderen Seite bot die nunmehr unerlässliche Aufgabe der öffentlichen Kunstpflege den Souveränen die Möglichkeit, ihre weiterhin herausragende Stellung für das Wohl der Staatsnation unter Beweis zu stellen.7 Manch ein aufgeklärter Fürst trennte sich nun von seiner einst so bedeutenden, als „theatrum mundi“8 angelegte Raritätenkammer, in der neben Kunstwerken auch Kuriositäten und Naturalien aufbewahrt wurden. Aus den neuen, den ‚reinen‘ Künsten vorbehaltenen Museen verschwanden die einst so wichtigen Kuriosa ebenso wie die Erinnerungsstücke, die „nur geschichtliche Wichtigkeiten“ darboten.9 Nicht die Vermittlung von Geschichte galt als der „erste und höchste Zweck eines Museums“, sondern die „Bildung der Nation durch die Anschauung des Schönen“.10 Der „historische Sinn und die Verheißung von Dauer“11 waren zwar für die Entstehung des Kunstmuseums konstitutiv, gleichwohl wollte man die Kunst nicht in ihrem historischen Kontext präsentieren. Im Vergleich zum republikanischen Frankreich folgten dem idealistischen Aufbruch der Aufklärung in Deutschland nur selten direkte Initiativen zur Gründung großer öffentlicher Kunstmuseen. Dies änderte sich jedoch mit der Reformära nach den Niederlagen der preußischen gegen die napoleonischen Armeen von 1806, als nunmehr auch in den deutschen Ländern Männer zu größerem Einfluss gelangten, die selbst die neuen Ideen über die Bedeutung der Kunst für Staat und Gesellschaft vertraten. Gleichwohl sollte es noch ein knappes Dezennium dauern, bis die Königshäuser in Bayern und Preußen ihre ersten beiden nicht mehr als Teil eines Hofes konzipierten Museumsprojekte in Angriff nahmen.

28 Kunstmuseen

Beinahe zeitgleich fällten der bayerische Kronprinz Ludwig und der preußische König Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1815 ihre Entscheidungen zur Errichtung eigener Kunstmuseen, der Glyptothek in München und des später als Altes Museum bezeichneten Kunstmuseums auf der Berliner Museumsinsel. Die Fertigstellung beider Häuser im Jahre 1830 nahm noch einmal 15 Jahre in Anspruch, so dass die Konzeptualisierungen beider Ausstellungen bereits wieder in die Phase der politischen Restauration fielen. Dies mag auch ein Grund für die zum Teil heftig geführten Kontroversen um die Ausstellungsprogramme sein.12 Die vor den Toren Münchens erbaute Glyptothek war als Teil eines klassizistischen Ensembles gedacht („Isar-Athen“), das vor allem der idealisierten antiken Kultur eine Heimstätte geben sollte. Auf den Bauentwurf und die Innengestaltung nahm der bayerische Kronprinz und spätere König Ludwig I. direkten Einfluss. Der Monarch höchst selbst entschied sich bewusst gegen Vorschläge für eine thematische Abfolge des Raumprogramms zugunsten eines Systems, das die Kunstwerke in mehreren chronologisch geordneten Epochensälen präsentierte. Gleichsam einem Gang durch die drei wichtigsten Epochen der Kunst begann die Ausstellung mit einem ‚Vorspiel‘ im Assyrischen und Ägyptischen Saal, beschäftigte sich dann im Hauptteil des Museums mit den Werken der Antiken und endete mit deren ‚Nachwirkungen‘ in den Sälen für zeitgenössische klassizistische Skulpturen und Fresken zur griechischen Mythologie. Die wegen ihrer symmetrischen Anordnung im Gebäude miteinander korrespondierenden Säle zur Vor- und Nachklassik übernahmen hier die Aufgabe, die Werke der Antiken als die eigentliche Kunst zu rahmen, ohne jedoch eine direkte Verbindung mit ihnen einzugehen. Anfang und Ende blieben in diesem Konzept räumlich vom Hauptteil getrennt, so dass die historischen Bezüge zwischen den drei Epochen weitgehend unerwähnt blieben. Durch die Anordnung der Exponate in der Reihenfolge Vorgeschichte, Klassik und Klassizismus wurde den Besuchern zwar einerseits ein geschichtlicher Entwicklungsprozess vermittelt. AndeKunstmuseen 29

rerseits blieb der autonome Status der klassischen Kunst und damit das ihr zugeschriebene Ideal der Überzeitlichkeit bzw. Transzendenz durch die Unverbundenheit der Epochen erhalten. Das entwicklungsgeschichtliche Prinzip hielt zwar Einzug in das neue Kunstmuseum, durfte jedoch den zeitlos-exemplarischen Status der Klassik nicht mindern. Eine im Hinblick auf die Zeitverlaufsvorstellung ähnlich uneindeutige Programmatik kennzeichnete auch die Berliner Museumsgründung unter Friedrich Wilhelm III. Die Mitglieder der eigens dafür vom König einberufenen Museumskommission führten erst einmal langwierige Auseinandersetzungen über die richtige Konzeption der Ausstellungen, wobei vereinfacht gesagt zwei Positionen miteinander im Wettstreit standen: Die Vertreter der einen Richtung befürworteten eine Konzeption, die im Wesentlichen der Ausbildung von Künstlern und der Förderung von Wissenschaftlern dienen sollte. Ihrer Ansicht nach sollten dazu die Exponate primär nach historischen und erst an zweiter Stelle nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt werden. Da nach Möglichkeit alle kunstgeschichtlichen Epochen und Spielarten in dem Museum berücksichtigt werden sollten, sah dieses Konzept auch den Einsatz von Reproduktionen vor. Dagegen wandte sich jedoch die Mehrheit der Kommission, die keine ‚kunstgeschichtliche‘ Bildungsanstalt, sondern einen Ort für ästhetischen Genuss wollte. Gustav Friedrich Waagen, Carl Friedrich von Rumohr und schließlich auch Wilhelm von Humboldt votierten für die viel zitierte Ansicht Karl Friedrich Schinkels, dass ein Museum „erst erfreuen“ und „dann belehren“ solle.13 Wie der Architekt des Alten Museums wollten auch sie nicht weniger als „das große historische Ganze in seinem vollsten Glanze“ darbieten.14 Noch mehr als die Verantwortlichen für die Münchner Glyptothek favorisierten die Anhänger dieser Auffassung bei der Auswahl der Kunstwerke die Anwendung des exemplarischen Prinzips und das Kriterium der ästhetischen Exklusivität.

30 Kunstmuseen

Am Ende verständigten sich die Berliner Museumsgründer im Unterschied zum bayerischen Pendant darauf, die Skulpturen im Erdgeschoss gänzlich ohne Rücksicht auf die chronologische Ordnung nach ausschließlich thematischen und ästhetischen Aspekten auszustellen. Herausragende Werke präsentierte man zudem an einem besonders weihevollen Aufstellungsort: Ihnen war die große Rotunde in der Mitte des Gebäudes vorbehalten. Dafür hängte man jedoch die beinahe 2.000 Stücke umfassende Gemäldesammlung im Obergeschoss sowohl nach ästhetischen als auch historischen Gesichtspunkten, so dass die Besucher die Bilder zwar nicht völlig zusammenhangslos, aber doch als eigenständige Einzelstücke betrachten konnten. Dass hierbei die Werke der italienischen Meister eine besondere Bevorzugung erfuhren, deutet auf die auch weiterhin herausgehobene Stellung, die man der Klassik zumaß. Meinte man doch, den italienischen Künstlern die Wiederentdeckung der ‚wahren‘ Kunst zu verdanken. In den nachnapoleonischen Museumskonzepten genoss die ästhetische Betrachtung gegenüber dem wissenschaftlich-systematisierenden Zugriff noch eine deutliche Vorrangstellung. Dennoch äußerte sich das Aufkeimen des Historismus bereits in den geschilderten Auseinandersetzungen um die richtige Anordnung und Präsentationsweise der Kunstwerke. Es scheint beinahe, als wollten die Museen das während der Säkularisation verloren gegangene Göttliche zumindest in der ‚geheiligten‘ Kunst aufrechterhalten. Je mehr allerdings die Kunst des Altertums und ihre historischen Entstehungsbedingungen dem forschenden Interesse unterworfen wurden, umso mehr wurden die historisch bedingten Unterschiede zwischen der Klassik und der Gegenwart offenbar. Diese Differenzerfahrung verringerte wiederum die ursprünglich gehegten Hoffnungen auf Wiedergewinnung der idealisierten antiken Verhältnisse durch die „Nachahmung der Alten“.15 Der einstige Primat der autonomen Kunst verlor in dem Maße an Bedeutung, wie sich die Erkenntnis über die notwendige Einheit von der im Kunstwerk gebundenen Kraft und ihrer hervorbringenden Kultur Bahn brach. Kunstmuseen 31

Am Ende dieses Prozesses stand eine ‚entzauberte‘ Kunst, der man sich vor allem als wissenschaftlich und theoretisch zu erfassenden Gegenstand näherte.16 Dieses neue entwicklungsgeschichtliche Bewusstsein führte im mittleren Drittel des 19. Jahrhunderts nicht nur zur Entstehung einer neuen akademischen Disziplin, der Kunstgeschichte,17 sondern beförderte auch die Durchsetzung der kunstgeschichtlichen Betrachtungsweise in den Museen. Nun konzipierte man Ausstellungen bevorzugt als „eine sichtbare Geschichte der Kunst“, die zumeist als eine Bewegung von Aufstieg, Blüte und Verfall erzählt wurde.18 Die Institution Museum wurde zu einer Rettungsanstalt für die sonst vom Verfall bedrohten Kunstschätze und zu einem Ort positiver Wissensvermittlung, an dem die Kunst nicht mehr nur genossen, sondern studiert werden konnte.19 Die Berücksichtigung der neuen „historischen Principien“20 erforderten aber nicht nur eine Neuaufstellung der bestehenden klassischen und klassizistischen Sammlungen, vielmehr erlangten nun auch nicht-klassizistische Werke den Rang des Museumswürdigen. Hier waren es vor allem die Anhänger der liberalen und nationalen bürgerlichen Bewegungen des Vormärz, die eine stärkere Berücksichtigung der nationalen Kunst und damit auch der mittelalterlichen und gegenwärtigen Kunstwerke forderten. Als das deutschnational gesinnte Bürgertum zur Mitte des 19. Jahrhunderts einsehen musste, dass all seine Versuche zur nationalen Einigung zum Scheitern verurteilt waren, wollte es zumindest die ersehnte Einheit „in der deutschen Kunst“ erfahren.21 In gewissem Maße kamen die Souveräne diesen Wünschen sogar nach, als auch sie die Errichtung neuer nationaler Kunstmuseen unterstützten. In München wurde bereits 1846 der Bau der Neuen Pinakothek beschlossen, die seit 1853 als eines der ersten Museen weltweit Sammlungen zur zeitgenössischen Kunst öffentlich darbot. Die Errichtung einer Deutschen Nationalgalerie in Berlin befahl das preußische Herrscherhaus allerdings erst zur Mitte der 1860er Jahre, als es sich zugleich auch zur Übernahme seiner Führungsrolle bei der Herbeiführung des deutschen Nationalstaates entschied. 32 Kunstmuseen

Hierbei wurde dem preußischen König seine Entscheidung dadurch erleichtert, dass ein privater Stifter zuvor dem Staat seine wertvolle Gemäldesammlung vermacht hatte.22 Die im Jahre des Krieges gegen Österreich 1866 begonnene und 1876 fertig gestellte Nationalgalerie wurde zu einer eindrucksvollen Demonstration dessen, wie sich die Hohenzollern die Pflege der nationalen Kultur im wenige Jahre zuvor gegründeten Reich vorstellten. Der im Stile des monumentalen Historismus erbaute Kunsttempel ließ deutlich erkennen, dass die Klassik bzw. ihre vermeintliche Wiedergeburt in der Renaissance nunmehr nur noch als eine ‚Epoche‘ unter anderen angesehen wurde, wenngleich beide Stile auch weiterhin eine herausgehobene Wertschätzung erfuhren. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gingen viele Museen dazu über, ihre Arbeit stärker zu professionalisieren. Die Leitung vieler Kunstmuseen gelangte immer häufiger in die Hände kunsthistorisch ausgebildeter Museumsbeamter. Zugleich setzte sich damit in den Museen das kunsthistorische Prinzip beinahe vollständig durch. Anstelle des exemplarischen Ästhetizismus der Klassizisten und Romantiker herrschte nun eine entwicklungslogische Kunstgeschichte, die sich vornehmlich mit der Sammlung, Klassifizierung und Systematisierung historischer Kunst nach Stilen und mit deren Nachahmung beschäftigte. Diese Entwicklung empfand jedoch mancher Zeitgenosse bald als unbefriedigend. Museumskritiker argwöhnten, dass in den Museen „philologische Einseitigkeit wohl gedeihen“ würde, sie dafür aber die „künstlerische Seite zugunsten der wissenschaftlichen“ vernachlässigten.23 Andere verglichen Museen mit „Wörterbüchern“, die die Kunst nur noch in „toten Wortregistern“ lehrten, da sie ihre ursprüngliche Verbindung mit dem „Volkscharakter“ verloren hätten.24 Den Museen wurde allgemein vorgeworfen, nur noch „totes erstarrtes Leben in sich zu beherbergen“ und zur „Pflegestätte akademischen Strebens“ verkommen zu sein. Als Ausweg aus dieser Misere wurde verlangt, dass sich die Museen wieder mehr „dem Leben dienstbar“ machen sollten.25 Kunstmuseen 33

Zwar waren auch schon zuvor die „Plattheiten und nüchternen Zierereien der Neogriechen“ und die „falsche kokette Romantik der Neogoten“ belächelt worden.26 Die nun aufkommende Kulturkritik erreichte jedoch eine neue Dimension: Sie bestritt den historischen Fakten prinzipiell ihre Beweiskraft. Vor allem die Anhänger einer so genannten Lebensphilosophie wollten nicht mehr an die Erkenntnis des Geistes einer Epoche glauben, sondern an die Genialität und Willenskraft des einzelnen Künstlers. Deren individuelle Schöpferkraft erhoben die Reformer zu ihrer leitenden kunsttheoretischen Kategorie.27 Die sich seit den 1890er Jahren ausbreitenden kulturkritischen Bewegungen waren symptomatisch für den allgemeinen Verlust des Glaubens an die normativen Kräfte der traditionellen abendländischen Kunstgeschichte. Gerade die Künstler selbst bestritten der Geschichte zunehmend ihre Bedeutung für die gegenwärtige Kunstproduktion und reagierten mit zwei, allerdings nicht eindeutig voneinander abgrenzbaren Strömungen, die Tendenzen einer allgemeinen Museumskritik in sich trugen:28 Die eine Richtung strebte vor allem nach einer erneuerten, jedoch vom traditionellen Begriff der schönen Künste befreiten Ästhetisierung. Dies sah man etwa in neuen ästhetischen Bewegungen verwirklicht, wie dem Jugendstil und dem Impressionismus oder auch in der kunsthandwerklichen Neubelebung der häuslichen Architektur durch den „Werkbund“.30 Die zweite Richtung hoffte hingegen, das Authentische der Kunst in einer mit dem Leben verbundenen „wurzelhaften“ Volkskunst zu finden.29 Auch wenn keine der beiden Richtungen in den etablierten Museen des Kaiserreichs eine maßgebliche Position erlangen konnte, waren sie doch Teil einer sich seit den 1890er Jahren abzeichnenden allgemeinen Entwicklung, die auch in geschichtskultureller Hinsicht von Bedeutung war. Denn nicht zuletzt ging es hierbei auch um eine Neudefinition der Beziehung zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Anstatt die Kunstgeschichte weiterhin als normative Kraft für gegenwärtiges Kunstschaffen anzusehen, forderten Künstler und reformorientierte Fachleute eine stärkere Gewichtung der zeitgenössischen Kunstproduktion, die nicht mehr aus der 34 Kunstmuseen

Perspektive der vergangenen Vorbilder bewertet werden, sondern umgekehrt den Maßstab zur Bewertung früherer Kunstepochen bilden sollte. Mit diesem Perspektivenwechsel konnten die Anhänger der Gegenwartskunst – und das war damals besonders der Impressionismus – den ‚Modernen‘ eine eigene ästhetische Qualität zusichern, ohne sich in Gänze vom kunstgeschichtlichen Ansatz verabschieden zu müssen. Wovon sich die ‚Modernen‘ aber lösten, war die traditionelle Erzählung von der alles einigenden universellen Geschichte der abendländischen Kunst. Der analytische Blick auf die „Geschichte der europäischen Kunst des 19. Jahrhunderts“ ließ offenbar werden, dass diese „im wesentlichen eine Geschichte der Sezessionisten“ gewesen sei, wie es 1906 ein Kunstkritiker formulierte. In der Rückschau erschien das vergangene Jahrhundert nun vor allem als „die Geschichte eines fortwährenden Kampfes der Einsamen gegen die Masse, der Unabhängigen gegen die Akademien“.31 Um die Jahrhundertwende standen die meisten etablierten Museen zumeist noch auf der Seite der Akademien und kritisierten die „Unbestimmtheit und Ungewissheit“, die „Regellosigkeit und Formlosigkeit“ sowie die „Stilwidrigkeit“ des „neuen Stils“.32 Zugleich gelangten aber auch immer mehr Reformer in leitende Museumspositionen, deren Leitlinien nicht mehr ausschließlich von den kunsthistorischen Prinzipien des Historismus inspiriert waren. Nicht nur der 1896 zum Direktor der Berliner Nationalgalerie ernannte Hugo von Tschudi entwickelte bald nach seiner Berufung eine Neigung für die Modernen und ließ sich von wohlhabenden Bankiers Werke von französischen Impressionisten wie Manet, Monet, Renoir und Cézanne schenken. Als Tschudi allerdings begann, die Werke akademischer Maler gegen seine Neuerwerbungen auszutauschen, intervenierte sein allerhöchster Vorgesetzter, Kaiser Wilhelm II., der diese Richtung gänzlich ablehnte. Dem Museumsleiter blieb nichts anderes übrig, als die alte Hängung wieder herzustellen, obgleich er überzeugt war, dass „aus der alten Kunst [...] nur schwer gangbare Wege zu der Kunst unserer Tage“ führen könnten. Der „natürliche“ Weg sei vielmehr der „umgeKunstmuseen 35

kehrte“, erklärte der mit Max Liebermann befreundete Tschudi, also derjenige, der von der Gegenwart in die Vergangenheit führe.33 Der einstige Berufsschullehrer Alfred Lichtwark, der nach seiner Ausbildung am Deutschen Gewerbemuseum zu Berlin34 im Jahre 1886 zum Direktor der Hamburger Kunsthalle berufen wurde, verfolgte ebenfalls eine gegenwartsorientierte Zielsetzung. Sein Interesse galt jedoch nicht nur dem Sammeln der Modernen, sondern auch und besonders der volkspädagogischen Verbreitung des modernen künstlerischen Wissens. Weder der Kunstgeschichte noch der gegenwärtigen Kunst und schon gar nicht dem Museum gestand Lichtwark einen Selbstzweck zu. Kunstwerke und Museen definierte er vielmehr als Institutionen eines „möglichst unmittelbaren Einflusses auf die Erziehung breiterer Schichten“.35 Wie andere Museumsdirektoren auch unterzogen damals von Tschudi und Lichtwark die bisherigen Sammlungs- und Präsentationsweisen ihrer Häuser einer Revision: Sie verabschiedeten sich vom Anspruch auf eine nach kunstgeschichtlichen Kriterien anzustrebende Vollständigkeit und wählten nunmehr – wie einst zu Schinkels und Humboldts Zeiten – ihre Exponate mehr nach ästhetischen und exemplarischen Gesichtspunkten aus. Anstelle der zumeist hoffnungslos überladenen Interieursausstellungen bevorzugten sie von nun an eine an den Ateliers der Künstler orientierte isolierende Hängung der Bilder,36 mit der sie sowohl dem Eigenwert des einzelnen Kunstwerks als auch den Bedürfnissen eines breiten Publikums gerecht zu werden hofften. Die ‚Befreiung‘ der Kunstmuseen von der historistischen Doktrin und der einst so mächtigen Behauptung einer monumentalen historischen Kontinuität ging einher mit der Neuauflage einer aufklärungsästhetisch motivierten Funktionsbestimmung im Sinne des bürgerlichen Bildungsideals. Dies allerdings im Unterschied zur Zeit der Aufklärung unter Einbeziehung der Gegenwartskunst als selbstständiger Teil der Geschichte. Damit war das moderne Kunstmuseum des beginnenden 20. Jahrhunderts wie zur Zeit seiner Entstehung wieder weitgehend frei für neue „Geschichtsdarstellungen, Sinnentwürfe und Wertvorstellungen“.37 36 Kunstmuseen

Gewerbemuseen Kritik an der Praxis der Kunstmuseen, ihre Räume ausschließlich den ‚reinen‘ Künsten vorzubehalten und diese Werke dann ohne Berücksichtigung ihrer ursprünglichen (Entstehungs-)Zusammenhänge zu präsentieren, gab es im 19. Jahrhundert ebenso zahlreich, wie Forderungen, auch die Herstellungsverfahren der Ausstellungsstücke in den Museen angemessen zu berücksichtigen. Die Vernachlässigung der technologischen Aspekte durch die Kunstmuseen wurde mit verantwortlich gemacht für den verhältnismäßig geringen Fortschritt in den Künsten. Nicht zuletzt als Antwort auf solche Defizite entwickelte Gottfried Semper im Jahre 1852 seinen „Idealplan“ für ein fiktives „metallotechnisches“ Museum. Dem detaillierten, jedoch kaum zu verwirklichenden Konzept zufolge sollte das Museum sowohl eine vorbildliche Sammlung zur metallverarbeitenden Industrie als auch ein „musée imaginaire“ der Metallkunst in sich vereinigen. Semper projektierte nicht weniger als ein universelles Museum, dessen „historisch, ethnografisch und technologisch“ geordnete Sammlungen einen „Längsschnitt, Querschnitt und Grundriß“ durch die gesamte Kulturwissenschaft geben sollten.1 Zu Sempers Zeiten galten die Begriffe Kunst, Gewerbe und Industrie noch nicht als so gegensätzlich, wie es ihre heute geläufigen Bedeutungen vermuten lassen. ‚Industrie‘ war damals in etwa noch gleichbedeutend mit ‚Fleiß‘ und bildete keinen direkten Gegensatz zur handwerklichen und künstlerischen Produktion.2 Insbesondere in Deutschland, wo die Zünfte länger als anderswo ihren Einfluss wahren konnten, wurden die Begriffe Kunst und Handwerk lange Zeit nicht klar voneinander geschieden. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts vollzog sich die begriffliche Trennung von Kunst und Gewerbe auch dort, wo man zuvor von mechanischem Gewerbe, mechanischen Künsten, Manufaktur, Kunstmanufaktur3 oder von „Kunst- und Gewerbefleiß“ gesprochen hatte, wie beispielsweise der 1815 gegründete Polytechnische Verein in München, der

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bereits damals erste dem Gewerbe förderliche Ausstellungen veranstaltete.4 Dass nun solche Museen, wie Semper und andere sie vorschlugen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Österreich und Deutschland einen Boom erlebten, lag allerdings nicht allein an den technologischen Defiziten der Kunstmuseen, sondern auch an der sich damals abzeichnenden mangelhaften Konkurrenzfähigkeit der Erzeugnisse beider Länder gegenüber den englischen und französischen Produkten auf dem Weltmarkt. Die „kunstwirtschaftlichen Sammlungen“5 avancierten vor allem deshalb zu einer öffentlichen Angelegenheit, weil sie nicht nur über die neuesten technologischen Entwicklungen informierten, sondern zur Verbesserung der ästhetischen Qualität heimischer Produkte beitragen sollten. Dieser Aufgabe kamen sie in erster Linie durch die Präsentation von als vorbildlich angesehenen Mustersammlungen nach, an denen Künstler, Handwerker und Gewerbetreibende ihre Fertigkeiten ausbilden und heben konnten. Als Semper sein ideales Museum entwarf, hatte er das South Kensington Museum in London vor Augen, das im Anschluss an die erste Weltausstellung im Jahre 1851 eingerichtet worden war, um die vorbildliche „Anwendung der Kunst im Handwerk“ zu zeigen. Die Gründung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie in Wien im Jahre 1864 erfolgte ebenfalls im Anschluss an eine Weltausstellung. Das schlechte Abschneiden der österreichischen Produkte sowohl auf der Pariser Weltausstellung von 1855 als auch auf der zweiten Londoner Ausstellung von 1862 hatte die Forderung nach einem Museum laut werden lassen, das sich „den dynamischen Kräften von Wissen und Industrie anschließen“ sollte, „die in der modernen Gesellschaft am Werk waren.“6 In Deutschland wähnte man zu jener Zeit ebenfalls die „künstlerischen Kräfte […] in rapidem Rückgange begriffen“, wenn nicht bald neue Museen eingerichtet würden.7 In Berlin war es schließlich der preußische Staat, der im Anschluss an die 1867er Ausstellung in Paris eine Mustersammlung erwarb, die den Grundstock für das 1885 verstaatlichte Deutsche Gewerbemuseum bildete. In Leipzig konnte 38 Gewerbemuseen

1868 auf Initiative eines privaten Sammlers eine Vorbildersammlung eröffnet werden. Als viertes Institut dieser Art im deutschsprachigen Raum wurde 1869 das Bayerische Gewerbemuseum in Nürnberg gegründet. Auch dessen Direktor orientierte sich konzeptionell an dem von Semper entwickelten Plan für ein „ideales Museum“.8 Bis einschließlich 1890 folgten noch 20 weitere größere Städte in Deutschland den genannten Beispielen.9 In Hamburg hatte es zwar bereits zu Beginn der 1860er Jahre erste Anregungen zur Gründung eines gewerblichen Museums gegeben, in die Tat umgesetzt wurde der Plan jedoch erst im Jahre 1877, als das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe ein eigenes kombiniertes Schul- und Museumsgebäude beziehen konnte.10 Die vierflüglige Museumsanlage umfasste neben den Werkstätten für den Unterricht zwanzig Schauräume, in denen die schnell wachsenden Sammlungen entweder in Vitrinen (Kleinobjekte) oder aber als freistehende Exponate (Möbel und Öfen) ausgestellt wurden. Bei der Konzeption der Ausstellungen orientierten sich die Verantwortlichen weitgehend an den Vorbildern in London, Wien und Berlin. Das oberste Gliederungsprinzip für die räumlich voneinander getrennten Hauptabteilungen bildeten auch hier die Gewerke- bzw. Produktbereiche, wie Möbel- und Textilherstellung, Buchbinderund Lederarbeiten, Malerei, Architektur, keramische Verfahren, Metallverarbeitung sowie Schmuck- und Uhrenherstellung. Als eine Hamburger ‚Spezialität‘ präsentierte man den Besuchern zudem zahlreiche Fayence-Öfen sowie umfangreiche Keramik- und Porzellansammlungen. Innerhalb dieser Hauptabteilungen waren die Sammlungen in der Regel nach ihren Herkunftsländern bzw. -kulturen untergliedert, so dass die Besucher interkulturelle Vergleiche zwischen den Produkten anstellen konnten. Im Prinzip war es somit möglich, die Erzeugnisse gleicher Gewerke aus Hamburg und den Elbmarschen, aus Skandinavien, Flandern, Frankreich, Rom, Byzanz und Übersee vergleichend zu betrachten. Eine Anordnung der Exponate nach geschichtlichen Gesichtspunkten erfolgte wenn überGewerbemuseen 39

haupt erst an dritter Stelle. Gleichwohl war man bestrebt, die Abteilungen jeweils mit einem historischen ‚Überblick‘ einzuleiten. So begann beispielsweise die über mehrere Räume verteilte Abteilung zur Keramik mit einer „Übersicht ihrer Geschichte“, ging dann weiter über griechische und römische Gefäße zum deutschen und niederländischen Steinzeug, setzte sich fort über nordafrikanische und amerikanische Töpfereien sowie italienische Majoliken, bis sie schließlich über den regionalen ‚Umweg‘ der Vegesacker und Lesumer Fayencen beim Meissner, Wiener, europäischen und endlich asiatischen Porzellan endete. Es scheint bisweilen, dass in dem Museum beinahe jede Serie von Erzeugnissen einer eigenen, nach Herstellungsort und/oder Epoche benannten ‚Schule‘ zugeordnet werden konnte. Wurden die Sammlungen anfänglich vor allem nach den Kriterien des Materials, des Herstellungsverfahrens, der Funktion sowie nach ihrer ästhetischen Güte präsentiert, so ordnete man sie nun immer häufiger nach Maßgabe ihrer kulturgeschichtlichen Bedeutung. Dies war nicht zuletzt Ausdruck eines Trends, der immer seltener einem praktischen und immer öfter einem akademischen Interesse folgte. Der ursprüngliche Auftrag des Museums, den „wirthschaftlichen Wohlstand der gewerbetreibenden Bevölkerung“ durch Vorführung vorbildlichen Kunsthandwerks zu heben,11 trat nicht nur im Hamburger Gewerbemuseum zunehmend in den Hintergrund. Dies war kein Zufall. Ein wesentlicher Grund für die Entwicklung der gewerbetechnischen Sammlungen zu kulturgeschichtlichen Museen war nicht zuletzt ein geschichtskultureller. Dem Museumskonzept lag ursprünglich der Gedanke zugrunde, die Ausstellungsstücke „als überzeitlich gültige […] Beispiele ästhetisch vorbildlicher Gestaltung und Ausführung“ präsentieren zu können.12 Diese Idee ging mehr oder weniger von der unhistorischen Prämisse aus, dass „die ästhetisch wertvollsten kunsthandwerklichen Gegenstände verschiedener Kulturen und Zeitepochen“13 eine dauerhafte Vorbildfunktion übernehmen könnten. Insofern verdankte auch das Gewerbemuseum – wie zuvor schon das Kunst-

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museum der Aufklärungszeit – einem noch überwiegend exemplarischen Umgang mit Geschichte seine Entstehung. Da sich mit dem Fortschreiten der Zeit die Geschmäcker jedoch änderten und die technischen Möglichkeiten weiterentwickelten, konnten die in den Mustersammlungen vereinigten Produkte ihre Vorbildfunktion kaum dauerhaft behaupten. Vielmehr verwandelten sie sich langsam aber unaufhaltsam selbst in unzeitgemäße ‚Altertümer‘, wie auch die Museumsleiter selbst zugeben mussten. So gestand etwa der Direktor des Berliner Kunstgewerbemuseums Julius Lessing im Jahre 1889 ein, dass seine Sammlungen dem Handwerker zwar noch „die Gesetzmäßigkeiten des Kunsthandwerks“ lehren könnten, dafür aber „kein Stück alten Kunstgewerbes unmittelbar brauchbar“ sei.14 Und nur wenige Jahre später bezeichnete es der Berliner Museumsdirektor sogar als eine „Torheit“, die „jetzige Formation gewisser Gruppen des Kunstvorrats als ‚Kunstgewerbemuseen‘, als etwas für alle Zeiten Bleibendes anzusehen“.15 Auch der Direktor des Hamburger Gewerbemuseums, Justus Brinckmann, verkündete 1894 den Übergang seines Museums „von der technologischen zur kulturgeschichtlichen Aufstellung“.16 Brinckmann reagierte damit nicht zuletzt auf Kritik, die den Gewerbemuseen eine unzeitgemäße Praxis vorwarf. Besonders drastisch wurde der Vorwurf von Seiten der Kunstmuseen vorgetragen, die nun mit einer gewissen Befriedigung den einstigen Hoffnungsträger der Kunstreformer und Wirtschaftsförderer als Fehler bezeichneten. Der damalige Direktor der Berliner Gemäldegalerie, (Arnhold) Wilhelm Bode, behauptete sogar, dass „das verflossene Menschenalter den einen negativen Erfolg gezeitigt hätte, darüber zu belehren, daß die von den Kunstgewerbemuseen eingeschlagenen Wege vielfach Irrwege“ gewesen seien.17 Bode hielt es deshalb für selbstverständlich, dass „der kunsthistorische Gesichtspunkt“ nun auch „für die Aufstellung der Kunstgewerbemuseen der oberste werden“ müsse.18 In ihrer Not blieb den Gewerbemuseen um die Jahrhundertwende kaum etwas anderes übrig, als sich „mehr und mehr in eine Gewerbemuseen 41

kunstwissenschaftliche Richtung drängen“ zu lassen.19 Eine Entwicklung, die nicht zuletzt in der mancherorts erfolgten Umbenennung von Gewerbemuseum in Kunstgewerbemuseum ihren Ausdruck fand.20 Doch auch über das „glorreiche Wort ‚Kunstgewerbe‘“ lächelte man bald schon wieder.21 Der kultur- und kunsthistorische Musealisierungsprozess der einstigen Mustersammlungen schritt unaufhaltsam voran. Mit ihrer ursprünglichen Funktion verloren die Gewerbemuseen jedoch am Ende auch ihre Existenzberechtigung. Nicht wenige der einstigen Vorbildersammlungen ereilte ein jähes Schicksal: Entweder wurden sie zu Kunstmuseen ausgebaut, oder aber – und das betraf die Mehrheit dieser Museen – ihre Ausstellungsstücke wurden historisiert und den bestehenden kulturhistorischen Museen einverleibt.22

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Kulturhistorische Museen Die Genese des modernen (kultur-)historischen Museums ging einher mit der Entfaltung eines spezifisch bürgerlichen Geschichtsbewusstseins, das seit dem ‚Versuchsunternehmen‘ der Aufklärung die Idee von gesellschaftlicher Entwicklung, politischem Fortschritt und der Bildsamkeit des Menschen in sich vereinigte. Zur Begründung der vom Bürgertum beanspruchten gesellschaftlichen Führungsrolle im Zeitalter der Revolutionen bedurfte es einer eigenen bürgerlichen, d. h. nicht-dynastischen Geschichtserzählung. Hatte die Aufklärung die Welt noch im Wesentlichen als ein System aus Natur, Vernunft und dem allgemein Gültigen begriffen, so verbreitete der Historismus die Auffassung von der Welt „als Ergebnis vergangener, als Stadium geschehener Geschichte“.1 Hierbei leistete nicht zuletzt der Entwicklungsbegriff der Romantik einen bedeutenden Beitrag: Geschichte galt demnach als eine Abfolge eigenständiger Menschheitsepochen, die zwar jeweils nur aus sich heraus verstanden werden konnten,2 aber doch den „allmählichen Fortschritt der Nation in Kultur und Begriffen, in Sitten und Gebräuchen“3 belegten. Ein solch liberal-reformerischer Entwicklungsbegriff ermöglichte einerseits ein vorsichtiges Zurückdrängen traditionell begründeter Herrschaft, um Raum für ein neues, nun bürgerliches Zeitalter zu schaffen. Andererseits ließ sich beispielhaft auf vergangene Epochen verweisen, um den bürgerlichen Führungsanspruch in der Gegenwart zu legitimieren. Dies geschah etwa durch historische Anknüpfungsversuche an eine angeblich frühmittelalterliche Gemeinfreiheit oder an eine als Vorgeschichte der ersehnten Nation gedeutete Reichsgeschichte.4 Das Versprechen auf eine bessere Zukunft sollte die Verwirklichung eines verfassten Nationalstaates und die durch ihn garantierte formale Rechtsgleichheit seiner Staatbürger einlösen. Solche Auffassungen waren für die ‚gebildeten Stände‘ leitend, als sie im Vormärz vielerorts politische Debattierzirkel und Lesegesellschaften, aber auch Kunst-, Geschichts-, Altertums- und Museumsvereine gründeten. Die neuen Formen symbolischer Räume bürgerliKulturhistorische Museen 43

cher Kultur bildeten sich im deutschsprachigen Raum vor allem in den größeren Städten, wie u. a. in Hamburg, Köln, Mainz und Nürnberg.5 Das zunehmende Interesse an „vaterländischer“ und „vaterstädtischer“ Geschichte, das besonders nach der Niederlage gegen Napoleon 1806 und durch die ‚Freiheitskriege‘ großen Auftrieb erfuhr,6 manifestierte sich aber auch in der Anlage von Sammlungen „vaterländischer Alterthümer“.7 Das Sammlungsinteresse des Bürgertums richtete sich jedoch nicht mehr wie früher an den Höfen allein auf Kunstwerke, Raritäten, Kuriositäten oder Naturalien, sondern auch auf Objekte, denen man eine besondere kultur-, politik- und alltagsgeschichtliche Bedeutung zumaß. Da man nun auch den profanen Dingen eine eigene erzieherische Potenz zuschrieb, sollten auch sie vor dem Vergessen bewahrt und durch die Errichtung von eigenen Ausstellungshäusern öffentlich zugänglich gemacht werden. Erste Vorschläge in diese Richtung unterbreitete bereits der spätere preußische Kultusminister Johann Eichhorn,8 der im Jahre 1815 mit der Rückführung der von Napoleon geraubten preußischen Kunstschätze beauftragt worden war. In die gleiche Richtung äußerten sich auch die seinerzeit neuen Kulturhistoriker, die anstelle der vorherrschenden Politik- und Diplomatiegeschichte einer Geschichtsschreibung auf den „materiellen Grundlagen menschlicher Cultur“ den Vorzug gaben.9 Den Vertretern der so genannten liberalen Oppositionswissenschaft10 wurde jedoch eine geistige Nähe zur bürgerlich-oppositionellen Geschichtskultur des Vormärz unterstellt, weshalb die damaligen Souveräne deren Museumspläne zumeist ablehnten. Eine nationale Bedeutung erlangten im deutschsprachigen Raum insbesondere zwei kulturgeschichtliche Museumsgründungen: erstens das im Jahre 1852 gegründete Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und zweitens das als Schwesterinstitut im gleichen Jahr ins Leben gerufene Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz. Die Gründung des berühmten Nürnberger Museums ist unauflöslich mit dem Namen Freiherr Hans von und zu Aufseß verbunden. Als 44 Kulturhistorische Museen

der Sammler und Heinrich-vom-Stein-Bewunderer im Jahre 1834 erste Pläne über ein „Zentralinstitut im Dienste aller Deutschen Geschichtsvereine“ unterbreitete, wurden diese jedoch noch von allen Seiten als „dilettantisches Beginnen“ abgelehnt.11 Zum einen stießen Aufseß’ zentralistische Absichten „bei den lokal- und regionalhistorisch orientierten deutschen Geschichtsvereinen auf Gegenwehr“, andererseits lag das kulturgeschichtliche Museumskonzept kaum im Interesse der Regierenden, denen eher an einer „Verharmlosung“ der Geschichte gelegen war.12 Erst die Erfahrungen während der Revolution von 1848 bewirkte ein größeres Interesse des Establishments an der Errichtung einer Institution, welche alle sozialen Klassen von einem „gemeinsamen Gefühl“ erfüllen sollte.13 Auf der „Versammlung der deutschen Geschichts- und Altertumsforscher“ im August 1852 in Dresden konnte von Aufseß schließlich auch das „Germanische Museum“ als „eröffnet“ erklären,14 zu dessen Unterhalt er kurz zuvor eine Satzung15 veröffentlicht und eine Aktiengesellschaft ins Leben gerufen hatte. Die preußische Regierung betrachtete das Museum jedoch weiterhin mit wenig Wohlwollen. Gleiches galt auch für den bayerischen König Maximilian II., der anstelle eines gesamtdeutschen ein bayerisches Nationalmuseum favorisierte.16 Ein weiterer Grund für die fehlende Anerkennung der neuen Museen durch die Souveräne bestand zudem in deren neuartiger Sammlungskonzeption: Das primäre Auswahlkriterium für die Aufnahme von Objekten in die Sammlung war für von Aufseß nicht etwa der Dokumentationswert für die politisch-militärischen Großtaten der Herrschaftsträger, sondern die Zugehörigkeit zu einer universalistisch verstandenen nationalen Kulturgeschichte. Von Aufseß erstrebte nicht weniger als die Schaffung eines universellen Generalrepertoriums über alle bis zu Beginn der Neuzeit für die deutsche Geschichte bedeutsamen schriftlichen und gegenständlichen Quellen, das sowohl kultur- und politik-, aber auch alltagsgeschichtliche Objekte umfassen sollte.17

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Damit bewegten sich die Nürnberger Museumsgründer aus Sicht des preußischen Staates jedoch in einer gefährlichen Nähe zur ‚materialistischen‘ Oppositionswissenschaft, wie sie damals von der offiziellen universitären Geschichtsforschung bekämpft wurde. Nicht zuletzt in diesen Zusammenhang ist die Ablehnung des Aufseß’schen Konzepts durch den bedeutenden preußischen Historiker Leopold von Ranke einzuordnen.18 Bis 1868 war der Norddeutsche Reichstag nicht bereit, dem Nürnberger Museum Gelder zu bewilligen. Erst 1868/69 gewährte er einen jährlichen Zuschuss von 6.000 Talern, und das auch nur, weil ihm zuvor die Abänderung des Sammlungsprogramms in Aussicht gestellt wurde.19 Die Ablehnung des Nürnberger Museumsprojekts resultierte aber nicht nur aus geschichtspolitischen Gründen. Zugleich hatte der Plan auch einen geschichtstheoretischen Makel, der auch etwas über die Ausprägung des damaligen Geschichtsbewusstseins aussagt. So unterschied von Aufseß in seiner Sammlungssystematik kategorial zwischen den „historischen Ereignissen“ („Thathandlungen, Begebenheiten der Menschen“) einerseits und den „historischen Zuständen“ andererseits,20 was einen Vergleich mit der uns heute bekannten Aufteilung in „Ereignisgeschichte“ und soziale „Strukturgeschichte“ nahe legen mag.21 Tatsächlich verbargen sich hinter den beiden Begriffen aber zwei kaum miteinander zu vereinbarende Geschichtsauffassungen. Von Aufseß wollte mit der gleichzeitigen Behandlung der „Ereignisse“ und der „Zustände“ sowohl dem Prozess des ‚Werdens‘ als auch dem bereits ‚Gewordenen‘ gerecht werden. Das Konzept kam somit kaum über die für die deutsche Klassik und Romantik charakteristische geschichtskulturelle Unentschiedenheit hinaus, wie es bereits am Beispiel des Kunstmuseums deutlich wurde. Wie einst Winckelmann und Schinkel versuchte auch von Aufseß sowohl einem dynamischen als auch einem statischen Geschichtsverständnis zu entsprechen. Sein universal-enzyklopädisches Sammlungskonzept war jedoch letztlich ebenso wenig zu realisieren wie die Herbeiführung des konstitutionellen Staates ausschließlich durch Bildung. Insofern kann es nicht überraschen, dass 46 Kulturhistorische Museen

sich das Konzept in der Praxis nicht behaupten konnte und das Museum bald eine kunstgeschichtliche Richtung verfolgte. Als 1866 der Grazer Bauhistoriker August Essenwein die Leitung des Germanischen Nationalmuseums übernahm, sorgte er für die „Neuordnung und Ergänzung der Sammlungen vor allem nach der Formentwicklung der Objekte“, „um damit wissenschaftliches Studium zu ermöglichen.“22 Damit folgte Essenwein einem damals allgemeinen Trend, den Gottfried Korff als „Besonderheit der deutschen Museumsgeschichte“ bezeichnet: die „Verdrängung des historischen Prinzips“ zugunsten „eines kunstwissenschaftlichen Prinzips als vorrangiger Leitidee musealer Sammlungs- und Präsentationsbemühungen“.23 Die ursprünglich politische Bedeutung der geschichtskulturellen Bemühungen des liberalen Bürgertums trat damit zugunsten einer entpolitisierenden Ästhetik und kunstwissenschaftlichen Systematisierung in den Hintergrund. Die Phase der Restauration schwächte nicht nur den Liberalismus, sondern auch die Weiterentwicklung des modernen historischen Museums. Das Anlegen und Aufstellen von Sammlungen mit universell-enzyklopädischem Anspruch bereitete aber nicht nur dem nationalen Nürnberger Projekt große Schwierigkeiten. Auch ‚nur‘ stadtgeschichtliche Museen hatten ihre Probleme, die Geschichte ihrer Heimat ‚vollständig‘ auszustellen, wie das Beispiel der Sammlung Hamburgischer Altertümer belegt.24 Der Magistrat der norddeutschen Handelsmetropole übernahm zwar bereits 1849 erste Sammlungsgegenstände in Staatsbesitz. Bis Ende des Jahrhunderts behielten die Ausstellungen jedoch wegen unzureichender finanzieller und räumlicher Ausstattung einen ausgesprochen provisorischen Charakter. Geleitet wurde die Sammlung von einer ehrenamtlich arbeitenden Kommission, deren Geschicke anfangs vor allem von den „künstlerisch interessierten“ Mitgliedern des 1839 gegründeten Vereins für Hamburgische Geschichte bestimmt wurden.25 Das Geschichtsinteresse des Vereins war aber keineswegs nur in den Begriffen Friedrich Nietzsches antiquarisch26 motiviert; seine Mitglieder Kulturhistorische Museen 47

verfügten durchaus schon damals über das Bewusstsein für die notwendigerweise in Auflösung begriffene „gemütliche Tradition“ und strebten „nach vollständiger und kritischer Kenntniß der Geschichte der Stadt, ihrer Verfassung und Anstalten“.27 Erste Ausstellungen von ausgewählten Stücken organisierte der Verein bereits ab 1848 im Erdgeschoss eines Gymnasialschulgebäudes. Seine Bestände vermehrten sich zumeist infolge eines reagierenden Rettungsgedankens, d. h. immer dann, wenn Gebäude abgerissen wurden oder abbrannten, gelangten Überreste davon in die Sammlung. Der im Jahre 1849 abgefasste illustrierte Katalog umfasste 141 Positionen.28 Darunter befanden sich zuvorderst sakrale Denkmäler aus zum Teil abgerissenen Kirchen und Klöstern sowie die Überreste von ehemaligen städtischen Gebäuden.29 Gesammelt wurden u.a. Kreuze und Turmspitzen, Grabsteine und Altarteile, Portale, Fensterbögen, Grundsteine, Balkenköpfe, Inschriften, Statuen und Kaiserstandbilder, Wappen und Teile der Ratswaage sowie Holzfiguren Hamburger Seeleute, die in Nordafrika versklavt worden waren. Weiterhin waren Gebäudeüberreste von Privathäusern reicher Hamburger Bürger im Besitz des Vereins sowie natürlich auch Münzen, Zeichnungen, Stiche, Gemälde und archäologische Stücke. Die kaum systematisch gruppierte Ansammlung von Objekten repräsentierte wesentliche Teile der vergangenen Lebenswelt des Hamburgischen Stadtbürgertums und zeugte nicht zuletzt von dem Bedürfnis, die einstige Größe des Stadtstaates unter der Herrschaft patrizischer Selbstverwaltung zu dokumentieren. Diesen Charakter behielten die Sammlungen noch bis zum Jahre 1875 im Wesentlichen bei. Dann jedoch begannen die Hamburger Museumsgründer sich verstärkt um eine Erweiterung und den Umbau der Sammlungsräume sowie um eine systematische Aufstellung der Exponate zu bemühen. Einem neuen Konzept zur Folge sollten dabei folgende vier Ordnungsprinzipien leitend sein: 1. „die innere Zusammengehörigkeit der Gegenstände“, womit ihr ursprünglicher Zweck gemeint war, 2. „Zeitfolge und Herkunft“, 3. „einen den Schön-

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heitsgesetzen nicht zu sehr widersprechenden Gesamteindruck“ und 4. „das Material der Alterthümer“.30 Wenngleich diese Gliederung dem ursprünglichen Gebrauchszweck und der Chronologie den vordersten Rang einräumte, war die merkwürdige Mischung aus geschichtlichen, technologischen und ästhetikorientierten Aufstellungsprinzipien dem Einfluss des zu dieser Zeit in Blüte stehenden (Kunst-)Gewerbemuseums geschuldet. Um sowohl dem Prinzip der „Zeitfolge“ als auch dem Bedürfnis nach einem ansprechenden „Gesamteindruck“ Rechnung zu tragen, wollte man in Hamburg wie in Nürnberg die Räume nach Themen und zum Teil auch nach Epochen unterteilen. Geplant war die Einrichtung eines mittelalterlichen „Kaisersaals“ für die Kaiserstatuen und die Überreste des alten Rathauses, je eines Saals für die „kirchlichen Alterthümer“ und die „Privatalterthümer“ sowie schließlich eines „Waffensaals“.31 Das nicht realisierte Konzept berücksichtigte nicht nur „Schönheitsgesetze“, sondern auch ständische Prinzipien und lässt sich als eine pietätvolle Glorifizierung der vormodernen Geschichte Hamburgs beschreiben. Als Motiv dürfte hierfür das Bedürfnis nach einem kulturellen bzw. symbolischen Ausgleich für die verlorene Selbstständigkeit des ratsfähigen Bürgertums eine gewisse Rolle gespielt haben. Schließlich hatte der Stadtstaat mit seiner Eingliederung ins Kaiserreich im Jahre 1871 seine politische Selbstständigkeit aufgeben müssen. Alles in allem scheint das Bedürfnis des Hamburger Senats nach einer stärkeren Institutionalisierung der Stadtgeschichte jedoch direkt nach der Reichsgründung nicht allzu groß gewesen zu sein. Die städtischen Gremien waren jedenfalls in den 1880er Jahren noch nicht bereit, die für ein eigenes Museum notwendigen räumlichen, finanziellen und personellen Mittel zur Verfügung zu stellen. In den 1890er Jahren begann Hamburg, sich durch den zielgerichteten Ausbau seiner kommunalen Daseinsführsorge verstärkt im Wilhelminismus ‚häuslich einzurichten‘.32 In diesem Zusammenhang erwachte schließlich auch das Interesse an einer institutionalisierten Pflege der Stadtgeschichte. Das Konzept für die hisKulturhistorische Museen 49

torische Sammlung von 1875 wurde aufgegriffen, weiter ausdifferenziert und ergänzt. Im Jahre 1899 umfasste das Museum Abteilungen zu den Bereichen „Strafjustiz“, „Feuerlöschwesen“, „Polizei- und Nachtwache“, „Thorsperre“, „Handel und Verkehr“, einschließlich „Schiffahrt und Topographie“ sowie „Kriegswesen“. Ergänzt wurden die Sammlungen noch um Gegenstände des Kunstund Gewerbefleißes sowie Trachten aus den hamburgischen Landgebieten.33 Im Hinblick auf die gestiegene Bedeutung der Besucher standen die Kuratoren jedoch bald vor einem Vermittlungsproblem: Besonders die profanen Gegenstände, die keinen „selbstständigen Werth als Kunstwerke“ besaßen, schienen die Betrachter in ihrer Bedeutung nicht immer richtig zu erfassen. Ohne ihren Kontext blieben die historischen Alltagsgegenstände weitgehend ‚sprachlos‘. Um hier Abhilfe zu schaffen, ging das Hamburger Museum dazu über, die Objekte in Ensembles auszustellen, die „an ihre ehemalige Zweckbestimmung erinnerten und so sich selbst erklärten.“34 In Anlehnung an die kunstgeschichtlichen „Epochensäle“ wurden die „kulturhistorischen Ensembles“ nach dem Stubenprinzip „zu Gesamtinszenierungen detailgetreuer Räumlichkeiten“ gestaltet.35 Die Ausstellungsmacher verfolgten mit dem Einsatz solcher ‚Kulturbilder‘ nicht zuletzt die Absicht, den „geistigen Charakter einer Zeitepoche“ und den die Exponate hervorbringenden „Kulturboden“36 angemessen zum Ausdruck zu bringen. ‚Die‘ Geschichte offenbarte sich den Besuchern in den überaus kunstvoll hergerichteten ‚Stuben‘ jedoch weniger „als aufklärerischer, rationaler Diskurs […], sondern als sinnlich ansprechendes Dekor der Lebensverfeinerung“. Dies diente nicht zuletzt der „Selbstbestätigung und ästhetische[n] Überhöhung des wilhelminischen Bürgertums.“37 Je weiter sich die Sammlungs- und Präsentationsweisen der Kunstgewerbe- und Geschichtsmuseen anglichen, desto mehr verschärfte sich der Wettbewerb zwischen ihnen.38 So klagte später nicht nur der Direktor des Museums für Hamburgische Geschichte und ehemalige Volontär am Germanischen Nationalmuseum Otto Lauffer, 50 Kulturhistorische Museen

dass die Sammlungen Hamburgischer Altertümer sich auch deshalb so lange in einem schlechten Zustand befunden hätten, weil vorher die kunstgewerblichen Sammlungen „in der allgemeinen Wertschätzung mehr und mehr in den Vordergrund“ gerückt waren.39 Lauffer hatte seine ablehnende Haltung gegenüber der fortschreitenden Ästhetisierung durch die Dominanz der Kunst- und Kunstgewerbemuseen bereits im Jahre 1907 in der Zeitschrift Museumskunde zum Ausdruck gebracht.40 Und vermutlich war es diese Artikelserie über die Grundlagen des historischen Museums, die den Leiter der Oberschulbehörde und späteren Hamburger Bürgermeister Werner von Melle dazu bewog, Lauffer zum Direktor für die geschichtlichen Sammlungen Hamburgs zu berufen.41 Damit entschieden sich die Hamburger aber nicht nur für ein modernes Museumskonzept, zugleich verabschiedeten sie sich auch von der bis dahin wie selbstverständlich praktizierten einseitigen Bevorzugung der Prestigeobjekte Kunsthalle und Kunstgewerbemuseum. Nicht nur die Hamburger gewichteten in ihrer kulturellen Angebotspalette die lange Zeit vernachlässigte Stadtgeschichte nach der Jahrhundertwende deutlich stärker. Auch andere Städte, wie München, Dresden, Köln und Frankfurt, folgten damals diesem Trend. Wie zuvor schon an den Universitäten hielt zu jener Zeit der wissenschaftlich-objektivistisch gewendete Historismus im Museumswesen Einzug. Dies tat er jedoch weniger in Anlehnung an die weiterhin auf Schriftquellen fixierten historischen Fachwissenschaften als an die zu selbstständigen akademischen Disziplinen arrivierten Fächer Volkskunde und Archäologie. Mit der Berufung des späteren Volkskunde-Professors Lauffer fällte Hamburg nicht nur eine Entscheidung für die Eigenständigkeit des historischen Museums gegenüber dem Kunstsektor, sondern auch für eine methodische Ausrichtung der Museumsarbeit an den neuen Wissenschaftsdisziplinen.42 Das Museum für Hamburgische Geschichte bekam zum Ende des Kaiserreichs aber nicht nur einen neuen Namen und Direktor, sondern auch seinen ersten eigenen Neubau.43 Hierfür entwarf Kulturhistorische Museen 51

Lauffer ein neues Konzept, das nunmehr drei große Hauptabteilungen vorsah: 1. „die Stadt als Produkt öffentlicher Einrichtungen“, 2. „die Stadt als Produkt berufsständischer Organisationen und 3. „die Stadt als Produkt historischer Stilentwicklungen“.44 Die Durchsetzung des genetischen Prinzips, d.h. die Vorstellung vom Gewordensein aufgrund von Entwicklung, fand hier im Begriff ‚Produkt‘ seinen deutlichen Niederschlag. Anstelle einer ästhetisierenden Präsentationsweise und in sich geschlossener Epocheninszenierungen entwickelte Lauffer – ohne sich jedoch gänzlich vom Stubenprinzip zu verabschieden45 – eine an den Methoden der wissenschaftlichen Volkskunde angelehnte Systematik, welche die Entwicklung der Hamburgischen Gegenwart aus der Geschichte ihrer Volkskultur heraus vermitteln sollte.46 Auch darin war Hamburg kein Einzelfall. Viele (kultur-)historische Museen gingen in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts dazu über, die ästhetische Dimension zugunsten der wissenschaftlich-kognitiven in den Hintergrund zu stellen. Dies ging einher mit einer stärkeren Gegenwartsorientierung und höheren Gewichtung der erzieherischen Funktion von Museen. Auch Lauffer bezeichnete es damals als die „höchste Aufgabe“ seines Museums, die „Liebe zur Heimat und die Anhänglichkeit an die eigene Vaterstadt und an das große deutsche Vaterland immer aufs neue zu wecken und zu stärken“.47 Als extreme Variante einer völkisch-nationalistisch inspirierten Museumskonzeption kam in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Idee zur Gründung eines „deutschen Volkstumsmuseums“ auf. Der Urheber dieser Idee, Wilhelm Peßler, wollte damit die „Weltgeltung des Deutschtums“ auf vermeintlich „wissenschaftlichen Grundlagen“ museal nachzeichnen. Dadurch hoffte er, zur „Erkenntnis des deutschen Wesens“ beitragen und den „deutschen Hauptfehler“ – „den Mangel an Nationalbewusstsein“ – in der Bevölkerung korrigieren zu können.48 Derartige Ideen basierten auf einem Gemisch pseudowissenschaftlicher Annahmen. Einerseits wurden sie genährt von einer vulgären Interpretation 52 Kulturhistorische Museen

der darwinschen Lehren.49 Anderseits entsprangen sie einer zwar entwicklungslogischen, jedoch biologistisch überformten Vorstellung historischer Entwicklung. Nicht zufällig entfalteten derartige Konzepte ihre größte gesellschaftliche Wirkkraft, als das deutsche Streben nach einer Vormachtstellung in Europa einen ersten Höhepunkt erreichte. Das Volkstumsmuseum konnte jedoch wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs nicht realisiert werden. Gleichwohl war bereits die Idee zu diesem Projekt kennzeichnend für einen auch den Museumsbegriff betreffenden allgemeinen Wandel im Gefüge des damaligen kollektiven Geschichtsbewusstseins. Viele Museen wollten Geschichte nun nicht mehr nur als etwas in sich Abgeschlossenes und ausschließlich ästhetisch zu Genießendes präsentieren, oder – wie Lauffer es ausdrückte – das Museum sollte „nicht mehr nur eine Dienerin der Vergangenheit“ sein,50 sondern wie in seiner Anfangszeit wieder dazu beitragen, gegenwärtige Normen und aktuelle politische Vorstellungen zu begründen und zu verbreiten.

Kulturhistorische Museen 53

Heimatmuseen Das Heimatmuseum stellt bei aller Vielfalt seiner Erscheinungsformen einen Sonderfall des Geschichtsmuseums dar und ist von den (kultur-)historischen Museen nicht trennscharf zu unterscheiden. Gründungen von volkskundlich-kulturhistorischen Museen, deren Löwenanteil die Orts- oder Heimatmuseen ausmachten, erfolgten in Deutschland in mehreren Phasen oder Wellen, denen zum Teil recht unterschiedliche oder hinsichtlich ihrer Intensität variierende Motive zugrunde lagen. Die erste Phase setzte relativ bald nach Reichsgründung ein und erreichte ihren Höhepunkt in den Jahren 1885 bis 1895.1 Der Begriff Heimatmuseum ist jedoch jünger als das mit ihm bezeichnete Phänomen und etablierte sich erst um die Jahrhundertwende für die vielen kleinen lokalen und regionalen Sammlungen, die zuvor häufig als vaterländische Museen, Altertumsoder auch Geschichtsmuseen bezeichnet wurden.2 Unter diesen Rubriken firmierten aber nicht allein nur primär historisch orientierte Sammlungen, sondern nicht selten auch Häuser mit einem natur- oder volkskundlichen Schwerpunkt. Bisweilen konnten sich solche Einrichtungen auch einem für die Geschichte der Region wichtigen Gewerbezweig widmen. Dem Kulturwissenschaftler Gottfried Korff zufolge waren es vor allem „die lokalen, die kommunalen Museen – die Heimatmuseen“, die dauerhaft als einzige „nach historischen Prinzipien sammelten und diesen Prinzipien lange Zeit auch treu“ blieben, wohingegen sich die „nationalen Anstalten […] vom historischen Prinzip“ mehrheitlich befreit und „die Geschichte den Heimatmuseen“ überlassen hätten.3 Doch selbst die Regional- und Heimatmuseen hätten sich nach Ansicht Korffs um die Jahrhundertwende kaum der sich damals ausbreitenden „elitären Ästhetisierungstendenz“ entziehen können.4 Einen Beleg hierfür sieht der bedeutende Museumskenner in Otto Lauffers 1907 in der Museumskunde veröffentlichten Artikelserie, in welcher dieser versuchte,

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eine deutliche Grenze zwischen den historischen Museen und den Kunstgewerbemuseen zu ziehen. Tatsächlich hatte sich jedoch das historische Museum um die Jahrhundertwende weniger einer Tendenz zur Ästhetisierung zu erwehren, als vielmehr der drohenden Konkurrenz durch die kunstgewerblichen Einrichtungen, die zu jener Zeit dazu übergingen, die kulturhistorische Bedeutung ihrer Exponate in den Vordergrund zu stellen.5 Insofern befand sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts weniger das Ästhetische, als vielmehr das – wie auch immer geartete – ‚Historische‘ in den Museen auf dem Vormarsch.6 Das bestätigt indirekt auch Lauffer, der damals bedauerte, dass trotz „der großen Anzahl ‚historischer Museen‘ […], der Name ‚Historisches Museum‘ bislang keinen so fest umgrenzten Begriff“ repräsentierte und mit dieser Bezeichnung noch nicht „das Wesen der damit benannten Anstalten ganz sicher charakterisiert wäre.“7 Mit Beginn des neuen Jahrhunderts überschritt auch der seit Mitte des 19. Jahrhunderts in den Museen verbreitete kunstgewerbliche Ansatz seinen Höhepunkt. Statt der vermeintlich zeitlosexemplarischen Vorbildersammlungen wollte man nun Museen, die Geschichte als einen nach wissenschaftlich ‚erwiesenen‘ Gesetzmäßigkeiten verlaufenden Prozess darboten. Geschichte galt nun nicht mehr so sehr als etwas, das man emotional-ästhetisch erfahren musste, sondern das auf erkennbaren objektiven Gesetzen beruhte. Mit der Ausbreitung des objektiven Historismus erlebte die (kultur-)historische Museumsidee eine Renaissance. Zugleich endete die bis dahin währende einseitige Bevorzugung der repräsentativen Kunst- und Kunstgewerbemuseen durch die bürgerlichen Oberschichten und öffentlichen Verwaltungen. Auch sie wollten nunmehr wieder – wie es ein Zeitgenosse ausdrückte –, „in der Pietät gegenüber dem Alten objektiv“ sein.8 Die Träger der neuen vom ‚entwicklungsgeschichtlichen Gedanken‘ beförderten Geschichtsmuseen waren jedoch im Unterschied zum Vormärz weniger Angehörige der alten Bildungseliten, als vielmehr heimatkundlich interessierte Persönlichkeiten der (klein-) bürgerlichen Mittelklassen in den Provinzen. Besonders Lehrer, Heimatmuseen 55

Pastoren9 und zu Vermögen gelangte Wirtschaftsbürger begannen nun, ihre Bedürfnisse nach Beschäftigung mit lokaler oder regionaler Geschichte auszuleben. Zu den wesentlichen Beweggründen der örtlichen Geschichtsvereine, eigene Sammlungen anzulegen, aus denen dann etwas verzögert die Heimatmuseen entstanden, gehörte sicherlich der Wunsch nach Rettung der vormodernen Alltagskultur vor dem drohenden Verlust durch die Modernisierung. Dieser Gedanke war anfangs zumeist noch eng mit dem Bedürfnis nach einer wissenschaftlichen Bearbeitung der Objekte bzw. auch nach Wissenschaftspopularisierung verbunden.10 Ein anderes, jedoch ebenfalls nicht zu unterschätzendes Motiv bestand zudem in der besonderen gesellschaftspolitischen Zielrichtung vieler lokaler Geschichtsvereine: Man wollte den sich ausbreitenden kulturellen Angeboten der Arbeiterbewegung ein für diese Zielgruppe geeignetes bürgerliches Kulturangebot entgegensetzen. Den Museen der bürgerlichen Hochkultur war es nämlich bis dahin kaum gelungen, auch Arbeiter anzusprechen. Insofern hofften die bürgerlichen Mittelschichten nunmehr, das Interesse der ‚unteren Klassen‘ durch die Einbeziehung der regionalen Lebenswelt leichter wecken zu können. Die Unterschichten sollten nicht zuletzt an die Werte der bürgerlichen Kultur herangeführt werden, um sie – wie so mancher Verein hoffte – für diese zu gewinnen. So verfolgte etwa der Verein für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark (Museum Witten) das Ziel, „gegenüber den zersetzenden Elementen in unserem Volksleben die Achtung vor dem historisch Gewordenen, die Verehrung für die Sitten und Gebräuche und die Überlieferung der Vorfahren, die Liebe zur Heimat und zum ganzen deutschen Vaterlande“ zu fördern.11 Die Initiatoren des „Vaterländischen Museums“ in Celle hofften durch die Auseinandersetzung mit der heimatlichen Geschichte nicht nur, „das ideale Empfinden auch der Arbeiter“ wecken zu können, sondern wollten diese damit sogar von ihren sonntäglichen Kneipenbesuch abhalten.12 Und in Bielefeld glaubten die Gründer des Heimatmuseums, damit dem 56 Heimatmuseen

„verflachenden Zeitgeist, der nur im Heute lebt“, eine Stätte entgegensetzen zu können, die „durch Pflege der Heimatkunde im weitesten Umfang die Liebe zur engeren Heimat und damit zum großen Vaterland“ fördern würde.13 Manch ein Zeitgenosse mag sich auch deshalb bevorzugt der Geschichte der eigenen ‚Scholle‘ zugewandt haben, weil er sein Bedürfnis nach Identifikationsangeboten durch die etablierten und nunmehr zumeist wissenschaftsorientierten Museen nicht ausreichend befriedigt sah. Über die damalige Tendenz der großen Häuser, die Kultur analytisch zu zergliedern und zu zerstückeln und sich gegenüber den Objekten der Alltagswelt gleichgültig zu verhalten, hat sich jedenfalls nicht nur der lebensphilosophisch inspirierte Kulturkritiker Julius Langbehn geärgert.14 Gegen die allerorts um sich greifende ‚szientistische Zerstückelung‘ versprachen sich die Gründer der neuen Heimatmuseen, dass diese als „die eigentlichen Träger der Ortsgeschichte und des Gemeinsinns“ „die Typen der hauptstädtischen Sammlungen“ wieder zu einer Ganzheit vereinigen würden, indem sie all das in sich aufnahmen, „was für die örtliche Geschichte von Bedeutung“ war.15 Derlei Hoffnungen mochten auch den Fabrikanten und Volkskundler Wilhelm Bomann geleitet haben, als er in den 1890er Jahren die Gründung des Celler Heimatmuseums in Angriff nahm. Aus Anlass der 600-Jahr-Feier der Stadt Celle im Jahre 1892 rief Bomann zusammen mit weiteren patriotisch gesinnten Honoratioren einen Museumsverein ins Leben,16 dessen Konzeption für ein „Vaterländisches Museum“ er später auf der berühmten Museums-Konferenz der Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Mannheim öffentlich vorstellte.17 Dort berichtete der Fabrikant auch von seinen Motiven: Er beklagte das drohende Verschwinden „der Sitten und Gewohnheiten der Väter“ und den Umstand, dass „so manches wertvolle Stück, das von dem öffentlichen und häuslichen Leben der alten Zeit hätte Zeugnis geben können“, unbeachtet liegen geblieben oder verloren gegangen war. Daher habe sich der Verein in Celle zusammengefunden, „um

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vom Alten zu retten und zu sammeln, was der Erinnerung und Aufbewahrung würdig schien.“18 Welche Stücke Bomann und die anderen Vereinsmitglieder der Erinnerung, Aufbewahrung und des Ausstellens für würdig hielten, dokumentiert deren Museumsprogramm, das wie Lauffers Konzept ebenfalls drei Hauptabteilungen vorsah: Die erste Abteilung war dem Thema der „vormals königlich hannoverschen Armee und dem früheren hannoverschen Beamtentum“ gewidmet. Die zweite behandelte „das Leben in den Städten unter besonderer Berücksichtigung der alten Innungen und Gilden“ und die dritte beschäftigte sich schließlich in einem volkskundlichen Zugriff mit der ländlichen Umgebung der Stadt. Den Löwenanteil der Exponate in der ersten Abteilung bildete die Sammlung „althannoverscher Uniformen“, die – untergebracht in einer „Ehren- und Erinnerungshalle“ – an die „kriegerischen Heldentaten“ und den „Ruhm der Väter“ erinnern sollten. Die Sammlung umfasste mehr als 200 unterschiedliche und vollständig erhaltene Uniformen aus der Zeit vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zum Jahre 1866. Ergänzt wurde sie durch Uniform-Einzelteile und Gegenstände, die „irgendwie zu der hannoverschen Armee und ihrer Geschichte in Beziehung“ standen, sowie von umfangreichen Erinnerungsstücken an „hervorragende althannoversche Offiziere“. Die „städtische Abteilung“ bestand aus der „Gildestube“ mit „Gildegeräten“ und „Insignien“, die ein „charakteristisches Bild“ vom früheren städtischen Leben abgeben sollten. Zu dieser Abteilung gehörten zudem Sammlungen der verschiedenen Bereiche des öffentlichen und häuslichen Lebens, von denen sich der Verein erhoffte, sie würden „der Väter Art in ihren Sitten und Trachten, in ihren Arbeiten und Gewohnheiten“ erkennen lassen. Die Sammlungen zum ländlichen Bereich waren besonders reichhaltig. Sie umfassten „bis ins Kleinste“ getreu nachgebildete Modelle Lüneburgischer Bauernhöfe, Haus- und Wirtschaftsgeräte, zahlreiche Nationaltrachten, genaue Darstellungen des Imkereiwesens sowie des Flachsbaues, der ländlichen Hausspinnerei und We58 Heimatmuseen

berei, vor allem aber abgeschlossene Stuben, Kammern und Küchen der Lüneburger Heide sowie benachbarter Landesteile. Gemäß der verbreiteten Vorstellung, Geschichte so abbilden zu können, wie sie gewesen sei, beabsichtigte Bomann nicht weniger, als „ein getreues kulturgeschichtliches Bild des Lebens auf dem flachen Lande der Heimat“ wiederzugeben. Was man in Celle vor allem unter Geschichte verstand, waren die großen Leistungen der ‚Vorväter‘. Das Museum war Ausdruck eines Bedürfnisses nach Harmonisierung der in Auflösung begriffenen Traditionen mit den Verhältnissen der Gegenwart, der man sich mehr und mehr annäherte. Geschichte wurde hier nicht verstanden als eine ferne, in sich abgeschlossene Folge von Ereignissen, die dem Willen abstrakter Mächte wie Gott, Natur oder Vernunft entsprungen waren, sondern als Ergebnis des elementaren und vitalen Kulturschaffens des Volkes, bzw. in diesem Fall des so genannten eigenen „Volksstammes“. Die gewachsenen regionalen Kollektive wurden hierbei zu mehr oder weniger heroischen Trägern einer vaterländischen Geschichte stilisiert. Nicht das planend zweckhafte Handeln autonomer Individuen bewirkte in dieser Vorstellung den Fortschritt in der Geschichte, sondern die vermeintlich unbewusst wirkenden Kräfte eines Volkstamms. Den als historische Realität gedeuteten Sitten und Gebräuchen verlieh das Museum den Status einer zu würdigenden Tradition, der man mit Respekt und pietätvollem Andenken begegnen wollte. Dass die „ehrenhafte“ althannoversche Armee bei den Reichseinigungskriegen 1866 den preußischen Truppen unterlegen war, spielte dabei keine Rolle. Nicht trotz, sondern weil die hannoveranischen Soldaten damals bei Langensalza ihre Kapitulation unterzeichnen mussten, wollte Bomann sie kaum eine halbe Generation später heroisieren und glorifizieren. Nicht etwa, dass man in Celle sezessionistische Ziele verfolgte und die Bismarck’sche Reichsgründung infrage stellte. Die Geschichte des „niedersächsischen Volksstamms“ geriet hier vielmehr zu einer notwendigen Vorgeschichte der nationalen Einigung der „deutschen Volksstämme“,

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deren Eigenarten nur dort gepflegt werden sollten, wo sie „nicht zum Nationalempfinden in Gegensatz“ standen.19 Die Integration der althannoverschen Landesidentität in das neu geschaffene Deutsche Reich erforderte einen Rückgriff auf die nun auf das Ziel der nationalen Einigung gewendete Tradition. Das Heimatmuseum in Celle richtete die Vergangenheit gewissermaßen symbolisch neu an den Bedürfnissen der Gegenwart aus. Dies gilt weitgehend auch für die Idealisierung des mittelalterlichen Zunftwesens und der vormodernen Landwirtschaft, die als Vorstufen deutschen Forschrittstrebens gedeutet wurden. Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass sich im Fall des Celler Museums gerade ein Fabrikant als Bewahrer vormoderner Traditionen hervortat, obwohl doch gerade sein modernes Wirtschaften die „Sitten und Gewohnheiten der Väter“ infrage stellte. Nicht aber gegen, sondern gerade wegen ihrer Fortschrittsgläubigkeit verwarfen Bomann und die ihm Gleichgesinnten die vergangenen Kulturzustände nicht als etwas Antiquiertes und Rückständiges; sie deuteten diese nun vielmehr als glorreiche Vorgeschichte ihrer Gegenwart. In dieser Hinsicht war das Celler Museum prototypisch für viele Museen dieser Art. Als die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Gegensätze im Kaiserreich entgegen den Hoffnungen der bürgerlichen Mittelschichten nicht weniger, sondern mehr wurden, verstärkten sich auch die heimatgeschichtlichen Aktivitäten. Die zweite museale Gründungswelle nach der Jahrhundertwende wurde viel stärker getragen von einem verbreiteten Gefühl, das sich aus Großstadtfeindschaft und Agrarromantik, aus Modernitäts- und Kulturkritik sowie einer latenten Wissenschaftsfeindschaft speiste.20 Mit der Zunahme gegenwartskritischer Äußerungen ging zudem eine Ausweitung erzieherischer bzw. volkspädagogischer Zielsetzungen einher, denen zumeist eine nationalpolitische Tendenz anhaftete. Zum Ende des Kaiserreichs entwickelte sich eine regelrechte Heimatmuseumsbewegung,21 die durch die Beschäftigung mit der Geschichte am Heimatort ein „Heimatsland-Interesse“ hervorru60 Heimatmuseen

fen wollte.22 „Heimatliebe“ – so verkündeten es ihre Apologeten – sei „die Grundlage aller sittlichen und nationalen Haltung und Heimatkunde die Königin aller Wissenschaften“.23 Die Museen sollten Zeugnis geben „von den Quellen“, aus denen „die Volksseele einst ihre beste Kraft“ gezogen hätte.24 Sie wurden zu einem zusehends wichtigeren Medium einer regelrechten „Heimatideologie“, die Andreas Kuntz als eine Projektion „von allseitig befriedigenden Lebensverhältnissen“ beschreibt. Als „glorifizierte Erinnerungen“ gaben die Museen den idealisierten Vorstellungen eine „konkrete Gestalt“, so dass ihnen eine Symbolwertigkeit „von hohem Allgemeinwert“ zugeschrieben wurde. Als die Heimatschützer dann ihre idealisierte Heimat mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs bedroht sahen, verteidigten sie sie bereitwillig, ohne den „konkreten Wert in der gesellschaftlichen Wirklichkeit“ zu reflektieren.25 Martin Griepentrog erklärt die Phänomene Heimatbewegung und Heimatmuseen weniger mit dem Bedürfnis nach idealisierten Projektionen in gesellschaftlichen Krisenzeiten. Für ihn handelt es sich vielmehr um „subjektiv geprägte Reaktionen auf tatsächliche Defizite der Natur- und Kulturpflege im Gefolge der rasanten Modernisierung und Industrialisierung.“26 Gottfried Korff macht zudem noch einen mentalitätsgeschichtlichen Aspekt für die „Karriere“ der Heimatmuseen verantwortlich: Ihre Oppositionshaltung gegenüber den um die Jahrhundertwende „psychologisch und physikalisch neu zugeschnittenen Weltbildern, die nicht mehr auf der Materie, sondern auf Strahlen, Impulsen und Kräften“ beruhten, wie etwa Röntgenstrahlen und Psychoanalyse. Korff zufolge hätte dieser Institution zu jener Zeit ein „hochmoderner Antimodernismus“ innegewohnt.27 Vermutlich war es ein Bündel aus den genannten Faktoren, das die Ausbreitung des Phänomens Heimatmuseum beförderte. Die großen, zumeist wissenschaftlich ausgerichteten Zentral- und Provinzialmuseen bekämpften die Heimatmuseen zu jener Zeit zumeist ebenso vehement, wie diese umgekehrt von den HeimatHeimatmuseen 61

museen bekämpft wurden.28 Man konkurrierte um Sammlungsstücke und öffentliche Aufmerksamkeit und bestritt sich gegenseitig die Legitimation. War von Aufseß noch in den 1830er Jahren bei seinem Versuch, ein zentrales „allgemeines deutschhistorisches Museum“ in Nürnberg zu gründen, auf den Widerstand der lokalund regionalhistorisch orientierten Geschichtsvereine gestoßen,29 so verwahrten sich 70 Jahre später die kleinen Museen dagegen, „nur mit dem kritischen Auge des Museumsfachmannes“ und „Kunsthistorikers“ betrachtet zu werden. Um ihre Existenzberechtigung nachzuweisen, griffen die personell und finanziell oft unterausgestatteten Ortsmuseen zu den unterschiedlichsten Argumenten, wie etwa zu der Behauptung, sie übernähmen eine wichtige Funktion im Kampf gegen die Landflucht.30 Gleichwohl fürchteten die Heimatvereine zum Teil selbst eine zu starke Zersplitterung ihrer Bewegung, deren gesunde Entwicklung man von „zwei Gegnern“ zugleich bedroht sah: vom Großstadtmuseum mit seiner zentralisierenden und vom Dorfmuseum mit seiner zersplitternden Tendenz. Letzteres sei daher – so schrieb etwa die Rheydter Zeitung – „als Übertreibung eines an sich richtigen Gedankens“ zu bekämpfen.31 Die Kampfansage an die Heimatmuseen hatte einen handfesten Grund: Die mittleren und großen Häuser empfanden sie als ernstzunehmende Konkurrenten bei ihrer Suche nach qualitativ hochwertigen Ausstellungsstücken, die zugleich immer auch eine lokale, regionale und nationale Bedeutung haben konnten. Dass dies damals durchaus als ein Problem angesehen wurde, belegt der Vorschlag des zeitgenössischen Museumsfachmanns Theodor Volbehr, die Nationalmuseen mit „heimatlichen Dubletten“ auszustatten. Dadurch würde man – so Volbehrs Argument – die Heimat nicht „berauben“ und könnte trotzdem an zentraler Stelle einen „Überblick über die Vielheit der völkischen Einheit“ geben.32 Neben dem Vorbringen solcher, uns heute dubios anmutender Vorschläge verfolgte die Heimatbewegung zudem die Strategie, ihren Zuständigkeitsanspruch auch definitorisch weiter auszudehnen. Der „Rhein-Mainische Verband für Volksvorlesungen und 62 Heimatmuseen

verwandte Bestrebungen“ erklärte etwa kurzerhand sämtliche Museen zu Heimatmuseen, sofern sie denn das „Heimatgefühl“ und die „Heimatliebe“ stärkten und sich fernhielten „von der Art der rein wissenschaftlichen“ Fachmuseen. Dies richtete sich ausdrücklich auch an die Adresse der „städtischen Museen“. Zugleich polemisierte der Sprecher des Verbandes gegen die seiner Meinung nach völlig unhaltbaren Zustände, die „im lieben deutschen Vaterlande zuerst Interesse für die Kultur der Neger und Indianer erweckte[n] und erst dann für die reichen Schätze der teuren Heimatscholle.“33 Von der geforderten Umwandlung der städtischen Museen in Heimatmuseen versprach er sich demgegenüber die Verbreitung einer „Stimmung für Volkskunde, Volkstum und Heimatschutz“ sowie die Ablenkung des Volkes „von der Überschätzung des Fremden und der Ferne“ durch dessen Hinwendung „zur Achtung der heimischen Scholle“.34 Hier zeichnete sich bereits eine Tendenz zu einer immer häufiger wahrnehmbaren „aggressiven Volkstums-Ideologie“35 ab. Wie bereits oben erwähnt, verbreitete sich damals auch die Idee zur Gründung eigener „Volkstumsmuseen“, die den Anspruch auf die „Weltgeltung des Deutschtums“ veranschaulichen sollten. Als sich die Reichsregierung dann im August 1914 daran machte, diesen Geltungsanspruch mit militärischen Mitteln durchzusetzen, begann man zudem mit der Einrichtung von „Kriegsmuseen“. Diese sollten nach Ansicht ihrer Gründer als „Ehrenhalle für die gefallenen Helden“ und als „Stätte der Erinnerung an [eine] große Zeit für die Miterlebenden und für spätere Geschlechter“ dienen. Zudem erhofften sich ihre Fürsprecher, dass die Kriegssammlungen das „Verständnis für die Ereignisse dieser großen Zeit und Freude an Deutschlands Einigkeit und Kraft“ wecken könnten. Neben der Verbreitung von „Gottesfurcht“, „Selbstlosigkeit“, „Vaterlandsliebe“ und „Königstreue“ verfolgten solche Kriegsmuseen aber auch noch einen ganz praktischen Zweck: Sie vermittelten der Bevölkerung anschaulich die „Notwendigkeit weiterer kriegerischer Rüstungen“.36

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Bis auf wenige Ausnahmen, wie beispielsweise das 1917 gegründete Deutsche Kriegswirtschaftsmuseum in Leipzig, konnten zwar viele solcher Projekte wegen der im Krieg fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen nicht realisiert werden.37 Dafür gingen jedoch nicht wenige historische Museen dazu über, ihre bestehenden Ausstellungen um aktuelle Kriegssammlungen zu ergänzen.38 Gesammelt und ausgestellt wurden vor allem Feldpostbriefe, Fotografien von Kriegsschauplätzen, Schlachtenbilder, Plakate und Flugblätter sowie Uniformen, Waffen und Beutestücke.39 Große Landkarten informierten die Besucher zudem über aktuelle Frontverläufe und Truppenbewegungen. Das museumsgeschichtlich ‚Innovative‘ an diesen Sammlungen bestand letztlich weniger in der Darstellung des Krieges mit musealen Mitteln – denn das hatte es schon früher gegeben –, sondern in der Nutzung des Museums als aktuelles Informationsmedium. Die neuen kriegerischen „Gegenwartssammlungen“40 sollten nicht zuletzt die „Heimatfront“ mobilisieren helfen, indem sie über das aktuelle Kriegsgeschehen berichteten. Pointiert könnte man sagen, Geschichte wurde hier bereits zu einem Zeitpunkt präsentiert, bevor sie überhaupt auf den Schlachtfeldern entschieden war. Insofern wirkten das Bedürfnis der Bevölkerung nach Informationen über den Krieg und die propagandistische Medienfunktion der Kriegssammlungen wie Katalysatoren für die weitere Öffnung der Museen auch für Themen des aktuellen Zeitgeschehens. Diese Entwicklung hatte sich bereits vor dem Krieg angedeutet und sollte sich nach dem Krieg fortsetzen. Das Heimatmuseum gehörte bereits vor und während des Krieges zu den bevorzugten Medien der chauvinistisch-reaktionären Bevölkerungsteile. Dass die Heimatbewegung nach dem verlorenen Krieg erst einmal an Schubkraft verlor, lag vermutlich nicht zuletzt an der politischen und moralischen Schwäche dieser Kreise nach der Kriegsniederlage. Als sich die gesellschaftlichen Mittelschichten zur Mitte der 1920er Jahre jedoch politisch und ökonomisch einigermaßen konsolidierten, setzte ein neuer, mit dem 64 Heimatmuseen

„Chauvinismus-Taumel der Vorkriegsjahre“41 vergleichbarer „Museumsboom“ ein.42 Ab etwa 1924 wurden die Heimatvereine und ihre Museen zu einem bevorzugten Sammelbecken einer antirepublikanisch eingestellten Öffentlichkeit, die weiterhin „ihre Tradition im monarchischem Deutschland verankert sah und ihre Zukunft in einem Staat völkischer Prägung projizierte.“43 Diese Rückwendung bedeutete aber nicht, dass die Museen zugleich auch hinter ihrer im Krieg erreichten Gegenwartsorientierung zurückfielen. Im Gegenteil setzte sich der Trend zu Aktualisierung und Medialisierung und zur aktiven volkspädagogischen Einflussnahme auch in der Weimarer Republik fort. Von der Verbreitung der „Idee der Heimat“ versprach man sich nicht zuletzt die Überwindung der kirchlichen und parteipolitischen Zerrissenheit in den „Tagen der Not“ sowie die Herbeiführung der als notwendig begriffenen Einigkeit, die das Volk „vor dem Hasse des Auslandes“ schützen sollte.44 Die dritte große Gründungswelle für Heimatmuseen war besonders geprägt von „restaurativen Tendenzen der Heimatmuseumsbewegung“45. Von den Heimatmuseen sollte ein Strom „geistiger Erfrischung und Erneuerung auf das deutsche Volkstum“ ausgehen,46 indem sie Ausstellungen zur deutschen „Volkskunst“47 oder zur „Rassenforschung“ orgnisierten.48 Antimodernistisch gesinnte Heimatschützer wollten das Museum als einen Schutzwall gegen eine allerseits festgesellte materialistische „Unkultur“ und „Amerikanisierung“ nutzen.49 Dass die kategorische Ablehnung der Moderne jedoch kaum durchzuhalten war, mussten bald auch die Heimatschützer erkennen. In Zeiten zunehmender Technisierung und Industrialisierung ließ sich eine Zusammenarbeit mit den technischen Verbänden und der Industrie kaum vermeiden. Nicht nur im Ruhrgebiet mehrten sich daher auch in der Heimatbewegung die Stimmen, die vor einer rückwärtsgerichteten Romantik50 und antiindustriellen Gesinnung51 warnten. Die großen, professionell geführten Museen lehnten die Heimatmuseen weiterhin mehrheitlich ab. Das hinderte die Heimatschützer jedoch nicht daran, ihren Museumsbegriff weiter auszuHeimatmuseen 65

dehnen. Wilhelm Peßler rechnete 1927 jedenfalls mit Ausnahme der reinen Kunst- und Kunstgewerbemuseen praktisch alle Museumstypen zu den Heimatmuseen, sofern sie ihren Arbeitsbereich nur irgendwie territorial definierten.52 Der 1929 von Funktionären der Heimatbewegung unternommene Versuch, den „tiefen, seelischen Grundlagen des Heimatgedankens“ durch Gründung eines „Reichsbundes Deutscher Heimatmuseen“ eine gesamtdeutsche Vertretung zu verschaffen,53 scheiterte allerdings an den vielfältigen internen Gegensätzen der Bewegung. Die meisten Einrichtungen schlossen sich bald dem von den etablierten Museen dominierten Deutschen Museumsbund an, der 1930 eine eigene Abteilung „D“ für Heimatmuseen einrichtete.54 Dadurch konnten die vielen kleinen Orts- und Regionalmuseen zwar ihre Interessen gegenüber den Kulturverwaltungen besser wahren, zugleich unterwarfen sie sich damit aber auch einer effizienteren Kontrolle durch das Kulturestablishment.55 Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht im Staat übernahmen, erklärten die Museumsfunktionäre recht bald, ihre Museen unverzüglich und vorbehaltlos „in die nationalsozialistische Bildungsarbeit und Volkstumspflege“ einzufügen.56 Die damit verbundene Hoffnung der Heimatschützer, das Heimatmuseum als den typischen Repräsentanten für NS-Museen zu etablieren, sollte sich jedoch nicht erfüllen.57

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Volks- und Völkerkundliche Museen Die Herausbildung der Volkskunde als eigenständige akademische Disziplin begann im Unterschied zu den meisten anderen Wissenschaften nicht an den Universitäten, sondern als eine zumeist von Laien getragene Bewegung in den Geschichts- und Altertumsvereinen und Museen. Zu den ersten Gelehrten, die sich in systematischer Weise nicht mehr nur mit schriftlichen, sondern auch mit mündlichen und sächlichen Volksüberlieferungen beschäftigten, gehörten vor allem kulturwissenschaftlich orientierte Germanisten und Altertumskundler, wie etwa Clemens Brentano, Achim von Arnim oder die Brüder Wilhelm und Jacob Grimm. In dieser frühen Phase verstanden die Vereine und Gelehrten ihr Fach häufig noch in einem umfassenden Sinn „als die Kulturwissenschaft des deutschen Sprachraumes“.1 Mit innovativen Methoden erforschten sie die Sitten und Gebräuche der Bevölkerung, deren Sagen, Märchen, Sprichwörter und Volkslieder sowie die regional verschiedenartigen Sprachgewohnheiten. Bereits die romantisch und spätromantisch geprägten Museumsvereine des 19. Jahrhunderts berücksichtigten in ihren kulturgeschichtlichen Sammlungen häufig auch so genannte Volksaltertümer. Getragen wurde diese Sammelleidenschaft vor allem von der Suche nach einer frühgermanischen Lebenswelt, die man als ‚Ursprung‘ eines vermeintlich deutschen Nationalcharakters deutete. Das von vielen Volksforschern gezeichnete Bild vom kontinuierlichen Germanentum entsprach nicht zuletzt der damals in Kreisen des Bürgertums verbreiteten mystischen Sehnsucht nach dem wahren Ursprung deutschen ‚Volkstums‘. Später gerieten die Begriffe „Volk“ und „Volkstum“ zunehmend zu einer Art Chiffre für einen vermeintlich ‚ursprünglichen‘ oder ‚natürlichen Volkscharakter‘, den man zu einer mehr oder weniger romantisch verklärten Kollektivmentalität stilisierte. Die Volkslieder und Märchen deutete man dabei als Nachweise für die Existenz eines mehr oder weniger einheitlichen volkstümlichen Stils.

Volks- und Völkerkundliche Museen 67

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts intensivierte sich das Interesse an der zumeist ländlichen Volkskultur und ihren materiellen Hervorbringungen auch außerhalb der Germanistik und Altertumskunde. Dieser Trend führte schließlich zur Etablierung der Volkskunde als eine neue universitäre Disziplin. Als Initialzündung für die Herausbildung der modernen Volkskunde gelten gemeinhin die Überlegungen des studierten Theologen und Professors für Staatswirtschaftslehre und Statistik, Wilhelm Heinrich Riehl, der 1858 in einem Vortrag die „Volkskunde“ zur „Wissenschaft“ erhob.2 Dabei grenzte er die „Wissenschaft vom Volke“ nicht nur im Hinblick auf ihre besonderen Inhalte, sondern auch mit Hinweis auf ihre spezifischen Forschungsmethoden von anderen Disziplinen ab. Als wesentliche Methode des neu einzurichtenden Fachs bestimmte Riehl die vergleichende Betrachtung kultureller Objektivierungen, die auch mit Methoden der teilnehmenden Beobachtung gewonnene Datenmaterialen mit einbeziehen sollte. Zentrale Bezugsgröße jeglicher volkskundlicher Betätigung sollte dabei vor allem die Nation sein. Trotz Riehls unbestrittener Verdienste für die moderne Volkkunde ist jedoch zu berücksichtigen, dass seine Schriften zu jener Zeit von den Museen kaum wahrgenommen wurden.3 Mehr Beachtung im Museumswesen erlangten bald die neuen Theorien und Ansätze der Ethnologen und Anthropologen, die sich auf dem neuen Gebiet der ‚deutschethnographischen‘ Forschungen betätigten. Hierbei spielten sowohl eine damals modische, auf die Herder-Humboldtsche „Volksgeistlehre“4 rekurrierende Völkerpsychologie als auch die Evolutionstheorie Charles Darwins5 eine wichtige Rolle. Nicht nur der Direktor des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, Justus Brinckmann, stellte später rückschauend fest, dass die vergleichende Morphologie und Anatomie, die „durch die Lehre von der Entwicklung der Arten“ hervorgerufen wurde, die menschlichen Wahrnehmungsweisen zunehmend verändert hatten.6 Insbesondere die „völkervergleichende Methode“ brachte es mit sich, dass unzählige anthropologische und ethnologische Realien angehäuft wurden, die dann den Grundstock für die neu entstehenden Völker- und Volkskundemuseen 68 Volks- und Völkerkundliche Museen

bildeten.7 Die ursprünglich der Ausstellung von Objekten der so genannten Naturvölker vorbehaltenen Völkerkundemuseen verwandelten sich mehr oder weniger ungeplant auch zu Ausstellungshallen gerade für Objekte der außereuropäischen Kulturen, die oft „per nefas“ – also widerrechtlich – aus Indien, China und Japan in die Sammlungen gerieten.8 Des Weiteren beförderte der seit den 1880er Jahren auch in Deutschland staatlicherseits forcierte Kolonialgedanke das allgemeine Interesse an ethnologischen Forschungen und damit indirekt auch an deutschethnologischen bzw. volkskundlichen Themen. Und wie bereits im Abschnitt zu den Heimatmuseen dargelegt, entstanden besonders um die Jahrhundertwende vielerorts Vereine, die von den Ideen des Heimatschutzes getragen wurden und sich unabhängig von den Universitäten der Erforschung der Sachgüter und Volkskunst des Mittelalters und der Neuzeit widmeten.9 Ihr Interesse galt jedoch weniger der wissenschaftlichen Betrachtung als vielmehr einem antiquarischen Rettungsgedanken, der vor allem eine ‚ursprüngliche‘ Bauernvolkskunde im Sinn hatte und das städtische Leben und die sozialen Realitäten bewusst außer Acht ließ. Erste Überlegungen zur Errichtung eigenständiger ethnographischer Museen waren in Deutschland bereits Ende der 1860er Jahren aufgekommen. Im Jahre 1869 forderte der Anthropologe und Pathologe Rudolf Virchow die Errichtung von „Volksakademien und Humboldtmuseen“ zum Zwecke der Verbreitung naturwissenschaftlicher Bildung in der Öffentlichkeit.10 Um diesem Ziel näher zu kommen, gründete Virchow zusammen mit dem Arzt und ersten deutschen Privatdozenten für Ethnologie Adolf Bastian noch im selben Jahr die Berliner Anthropologische Gesellschaft (später: Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte). Allerdings vergingen noch vier Jahre bis zur Gründung des Völkerkundemuseum durch die Gesellschaft und noch einmal 13 Jahre, bis das Museum einen eigenen Neubau im Zentrum Berlins beziehen konnte. Volks- und Völkerkundliche Museen 69

Damals kam Virchow auch auf die Idee, dem neuen Institut eine „besondere nationale Abteilung“ für deutsche Trachten und Geräte anzugliedern. Anregungen dazu hatte er zuvor bei Arthur Hazelius Nordischem Museum erhalten, das er zusammen mit Mitgliedern der Gesellschaft bereits 1874 in Stockholm besucht hatte. Eine diesbezügliche Eingabe an die zuständige preußische Kultusbehörde wurde jedoch im Jahre 1878 abgelehnt.11 Die Angehörigen des politischen Establishments in Preußen schienen damals nur wenig angetan von der Idee, die bäuerlichen Trachten, in denen sie ohnehin „nichts anderes als stehen gebliebene höfische Moden“ erkannten,12 in einer Reihe mit den Utensilien der ‚primitiven Naturvölker‘ ausgestellt zu sehen. Diese Haltung wurde auch gestützt von der akademischen Geschichtswissenschaft. Damals herrschte an den Universitäten die Lehrmeinung, dass zwischen den schrift- und damit kulturlosen „Naturvölkern“ einerseits und den durch ihre Schriftlichkeit überhaupt erst in die Geschichte eingetretenen „Kulturvölkern“ andererseits axiomatisch zu unterscheiden sei.13 Als Konsequenz dieser Auffassung galt der Historikerzunft eine Vermischung von Vorgeschichte und Geschichte als unstatthaft. Deshalb und weil das geplante Gebäude für das neue Völkerkundemuseum ohnehin nicht genügend Platz bot, entschied sich die Anthropologische Gesellschaft schließlich zur Gründung eines eigenständigen Museums für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes. Dieses im Jahre 1889 eröffnete Haus war das erste allein für volkskundliche Sammlungen eingerichtete Institut in Deutschland. Die konkreten Ziele, die der Verein mit Errichtung des Museums verfolgte, verbreitete das Gründungskomitee in einem Aufruf. Darin hieß es: „Wie unser Volk denkt und glaubt und fühlt und spricht und singt und tanzt, das wissen wir. Aber wie die Gegenstände ausschauen, welche es geschaffen hat, […] das ist wahrscheinlich zum weitaus größten Teil noch verborgen.“14 Neben den bisher dominierenden ‚geistigen‘ Überlieferungen sollten nunmehr auch die materiellen Hervorbringungen des „Volksgeistes“ Rückschlüsse über selbigen ermöglichen. Diesem Zweck meinten 70 Volks- und Völkerkundliche Museen

Virchow und seine Mitstreiter dadurch am besten gerecht zu werden, indem sie die Volkskultur in sechs Hauptabteilungen gliederten. Diese waren: Wohnung, Haushalt und Hausrat, Kleidung, Nahrung, Kunst und Gewerbe, Handel und Verkehr sowie Gegenstände, die zum Bereich des Volksglaubens und Brauchs gehörten. Tatsächlich bildeten jedoch die Trachten und andere textile Exponate den Schwerpunkt der Sammlungen, wenngleich industriell gefertigte Waren sowie „durch die Mode“ beeinflusste Trachten nicht mit aufgenommen wurden.15 Der Ausschluss von industriellen und modischen Produkten erscheint indes aus zweierlei Gründen nicht schlüssig: Erstens geht diese selbst gesetzte Beschränkung von der unhistorischen Annahme aus, es habe auch eine ‚ursprüngliche‘, von modischen Einflüssen unbehelligte Kultur gegeben. Zweitens gab es keinen logisch zwingenden Grund, die modernen Industrieprodukte nicht ebenfalls als Kulturleistungen des ‚Volksgeistes‘ anzuerkennen. Gleichwohl war Virchows Vorgehen symptomatisch für das Selbstverständnis der frühen volkskundlichen Museen. Der Volkskunde bereitete es noch lange Zeit Schwierigkeiten, die Moderne in ihre Untersuchungen mit einzubeziehen. Dabei waren die volkskundlichen Museen selbst ein Produkt der sich damals vollziehenden tief greifenden sozialen, ökonomischen, kulturellen und mentalen Veränderungen. Schließlich hatten Industrialisierung, Technisierung und Massengesellschaft als allerorts sicht- und erfahrbare Veränderungen überhaupt erst den Wunsch nach Erforschung der vormodernen Lebenswelten entstehen lassen. Vielleicht liegt darin der tiefere Grund verborgen, warum die Volkskunde so lange eine Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Phänomenen ablehnte. Denn selbst diejenigen, die später eine „Volkskunde als Gegenwartswissenschaft“ forderten, blendeten die aktuellen Entwicklungen zumeist aus, um weiterhin ihren Interessen an den vermeintlich „zeitlosen, naturgegebenen“, „seelischen und geistigen Triebkräften“ des Volkslebens nachgehen zu können.16

Volks- und Völkerkundliche Museen 71

Auch Virchow und Bastian dachten damals noch nicht daran, die Gegenwart in ihrem Volkskundemuseum zu thematisieren. Dafür bestand ihre Leistung jedoch in der Integration der Vorgeschichte in den Geschichtsbegriff. Nach ihrem Geschichtsverständnis gehörten Anthropologie, Prähistorie und Geschichte als gleichberechtigte Bestandteile einer umfassenden Entwicklungsgeschichte unbedingt zusammen. Gemeinsam mit dem Direktor der prähistorischen Sammlung des Völkerkundemuseums, Albert Voß, engagierte sich Virchow daher für den Neubau eines Deutschen Nationalmuseums für Altertümer und Volkskunde, das die Besucher „speziell mit den entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen des Landes und der Bevölkerung“ vertraut machen sollte.17 Das neue „volkskundliche Zentralmuseum“ sollte alle drei Sammlungsgebiete unter einem Dach vereinigen: die Sammlungen der Anthropologischen Gesellschaft, die prähistorischen Funde zu den deutschen Stämmen sowie die historischen Trachten und hausgewerblichen Gerätschaften. Dem Konzept lag die Idee zugrunde, dass erst die Integration der drei Bereiche Anthropologie, Prähistorie und Kulturgeschichte den Betrachter in die Lage versetzen würde, das Prinzip der evolutionären Entwicklungsgesetze vom Einfachen, ‚Primitiven‘ hin zum Komplexeren und ‚Höheren‘ zu erfassen. Aber auch Virchows grundsätzlich evolutionäres Geschichtsverständnis beinhaltete noch ein von Zeit und Raum abstrahierendes Element. Der Mediziner vertrat die damals verbreitete Auffassung, mit einer „Anthropologie der lebenden Stämme“ auch „ein Stück der Geschichte der Menschheit […] vor aller Historie“ erschließen zu können.18 Oder anders gesagt: Da nach den Lehren der Evolutionstheorie die heutigen Kulturvölker auch einmal das Stadium der ‚Wilden‘ durchlaufen hätten, sollte die Erforschung der gegenwärtigen ‚Wilden‘ auch Aufschlüsse über die Vorgeschichte des eigenen Volkes geben. Diese Auffassung verleitete Virchow sogar zu dem Schluss, dass der Naturforscher im Grunde der bessere Historiker sei, da er über den entscheidenden Vorteil verfüge, auch die „Naturgesetze der Entwicklung“ zu kennen, „die für Vergangenheit, Gegenwart 72 Volks- und Völkerkundliche Museen

und Zukunft gültig seien.“19 Allein der Naturwissenschaftler sei fähig – so die Ansicht des streitbaren Pathologen –, über die wesentlichen Dispositionen der „Volksseele“ aufzuklären, die aus „den kunstgeschichtlichen Sammlungen allein“ nicht verstanden werden könnten.20 Nicht nur Virchow gebrauchte den damals zum Schlagwort avancierten Herder’schen Ausdruck der „Volkseele“. Der Begriff entwickelte sich vielmehr ganz allgemein zu einem legitimierenden und motivierenden „zentralen theoretischen Erkenntnisziel“ der sich etablierenden Volkskunde.21 Anders als Virchow, der durch die Verknüpfung des alten romantischen Begriffs mit der modernen Evolutionstheorie eine die Vor- und Kulturgeschichte integrierende Perspektive vertrat, wollte jedoch die Mehrzahl der damaligen volkskundlichen Vereine nur diejenigen „Äußerungen der Volksseele“ berücksichtigt wissen, die „von höherer Kultur unberührt“ geblieben seien.22 Eine solche Selbstbeschränkung auf die Vorgeschichte hätte jedoch zugleich den Verzicht auf das Sammeln und Ausstellen von (hoch-)kulturellen Objekten bedeutet, was weder die volkskundlich orientierten Hochschullehrer noch die Direktoren der größeren Museen akzeptierten. Sie vertraten vielmehr die Position, dass die „Realien der Volkskunde“ ebenso wie alle anderen Altertümer als „ethnographische Quellen“ für die „Erforschung des eigenen Volkstums“ dienen müssten,23 da auch diese geschichtlich seien. Diese Aussage richtete sich nicht zuletzt gegen die akademische Geschichtswissenschaft, der man eine zu starke Fixierung auf eine Staaten- und Herrschaftsgeschichte vorwarf. Statt die „Weltgeschichte“ weiterhin „als erweiterte Geschichte hervorragender Individuen“ anzusehen, wollten viele volkskundlichen Museen eine „lebendige Entwicklungsgeschichte“ präsentieren, die „vom Stein zur Pflanze, von der Pflanze zum Tier, von da zum Menschen und seinen Taten“ voranschritt.24 Den damals herrschenden Eliten erschienen solche „Volksforscher“ jedoch suspekt, weil diese den Menschen so betrachteten, „wie man sonst nur die Tierwelt in ihrem Leben und Treiben beobachtet und beschreibt“. Man verglich Volks- und Völkerkundliche Museen 73

die Volkskundler sogar mit den Sozialisten und denunzierte sie als „Sozialdemokraten der Wissenschaft“.25 Der Vergleich mit der SPD hinkte jedoch schon deshalb, weil die volkskundliche Bewegung wie auch die des Heimatschutzes von den neuen bürgerlichen Mittelschichten getragen wurde, die dem Aufstieg der Arbeiterpartei mit großem Misstrauen und mit Ablehnung gegenüber standen. Tatsächlich engagierten sich nach der Jahrhundertwende auch nicht mehr vor allem liberalistisch gesinnte Persönlichkeiten wie Virchow auf dem volkskundlichen Felde, sondern immer häufiger Personen mit „nationalideologischen Motivationen“, die bisweilen in „völkisch-rassistischen Pervertierung[en]“ mündeten. 26 Dass eine völkisch-rassistische Ausrichtung der Volkskunde auch unter den damaligen Verhältnissen keineswegs zwangsläufig sein musste, zeigt das Beispiel des Schweizer Germanisten und Volkskundlers Eduard Hoffmann-Krayer. Dieser hatte seit der Jahrhundertwende in Basel eine volkskundliche Sammlung mit dem Ziel zusammengetragen, den Besuchern einen Begriff „von dem bewußten und unbewußten Ringen des Menschengeistes nach höheren Daseinsformen“ zu geben.27 Dabei unterschied Hoffmann-Krayer nach zwei möglichen Sammlungsmethoden: dem „geographischstammheitlichen“ und dem „sachlich-vergleichenden“ Prinzip. Hätte der erstgenannte Ansatz den Vorzug, tiefer in die Lebensweise eines Volkes eindringen zu können, so ermöglichte der vergleichende Standpunkt die Einnahme einer höheren Perspektive, von der aus das Verständnis für das Wesentliche und für die allgemeine Bedeutung, beispielsweise einer Volkssitte, besser erfasst werden könnte.28 Wenngleich Hoffmann-Krayer beiden Ansätzen eine Daseinsberechtigung zusprach, hielt er doch die „sachlich-vergleichende, diachronisch geordnete Reihe“ als den Zielen der Volkskunde für besonders angemessen.29 Seine Konzeption für ein ergologisches Museum, das heißt für eine Sammlung von Gegenständen, die er als „Äußerungen bewußter Geistestätigkeit“ verstand,30 orientierte sich zuvorderst am Aspekt der menschlichen Arbeit.31 Die Sammlungsbereiche wurden daher auch nicht nach 74 Volks- und Völkerkundliche Museen

geographischer oder ethnischer Herkunft, sondern nach den elementaren Tätigkeitsbereichen zur Versorgung des Menschen gegliedert, also in Land- und Viehwirtschaft, Molkereiwesen, Fischerei und Jagd, Handwerk und volkstümliche Industrie (z. B. Hanf- und Flachsindustrie) sowie Wohnen und Transport. Ausgestellt wurden in Basel zudem noch Utensilien, die „bei Volksbräuchen und -festen“ Verwendung gefunden hatten.32 In Hoffmann-Krayers Museum konnte es also durchaus vorkommen, dass folkloristische Gegenstände von „Bantu-Negern“ neben denen von „hinterpommerschen Bauern“ ihren Platz fanden.33 Weniger Bedeutung – zumindest von der wissenschaftlichen Warte aus gesehen – maß Hoffmann-Krayer hingegen den sonst in volkskundlichen Museen so beliebten Trachten zu. Diese könnten seiner Ansicht nach zwar für die jeweilige Gegend von den lokalen und regionalen Museen gesammelt werden, in einer „Sammlung für die Ergologie des Menschen“ hätten sie jedoch keinen Raum zu beanspruchen.34 Stattdessen räumte HoffmannKrayer als einer der ersten Volkskundler auch industriell gefertigten Produkten einen Platz in seinem Museum ein, sofern diese „nicht mit internationalen Maschinen hergestellt wurden“.35 Das besonders Innovative an der Baseler Konzeption bestand neben der Integration der Prähistorie und – zumindest in Maßen – der Moderne in die Kulturgeschichte36 vor allem in der beinahe gleichberechtigten Berücksichtigung von Exponaten sowohl von so genannten Natur- als auch von Kulturvölkern. Der vergleichend-integrative Ansatz Hoffmann-Krayers war zu Beginn des 20. Jahrhunderts keineswegs selbstverständlich, wie die beiden deutschen Beispiele des Bomann-Museums in Celle und des Peßler’schen „Volkstumsmuseums“ zeigen. Anders als HoffmannKrayer interessierte sich Peßler vor allem für ein ethnisch bedingtes „Stammestum“, das gerade nicht „allein durch Klima, Boden- und Wasserverhältnisse oder Verkehr geschaffen“ wurde. Berücksichtigte Hoffmann-Krayer die lebensräumlichen Bedingungen historischer Phänomene als Ursache für gesellschaftliche Entwicklungen, so ging Peßler von der Existenz einer bereits vor aller Historie Volks- und Völkerkundliche Museen 75

vorhandenen ‚völkischen‘ „Geistesart“ aus, auf die er „die sachliche Kultur eines Volkes zu einem großen Teil“ zurückführte.37 Peßler wollte in seinem Volkstumsmuseum „alle völkischen Erscheinungen des Deutschtums nach ihrer Verbreitung hin“ berücksichtigt wissen. Statt nur die Objekte des heimischen Volkslebens auszustellen, sollte das Museum „Körper, Geist“ und „Sprache“ des Volkes überall dort in den Blick nehmen, wo es „im lebendigen Zusammenhang mit dem großen deutschen Volkskörper“ gestanden hätte. Je mehr „die Eigenschaften eines Volkes einer Blutsund Lebensgemeinschaft“ entsprachen, desto höher schätzte Peßler ihren Wert.38 Als geographischen und damit kulturellen Mittelpunkt des Volkstumsmuseums bestimmte er Mitteleuropa, da er überzeugt war, dass sich hier „die Geschicke des Deutschtums“ entscheiden würden.39 Der Hauptzweck des Museums bestand letztlich darin, die „Weltgeltung des Deutschtums“ 40 mit musealen Mitteln zu behaupten. Das Konzept berücksichtigte zwar – wie die meisten Museen der damaligen Zeit – die entwicklungsgeschichtliche Betrachtungsweise, diese wurde jedoch einem „System der Ethno-Geographie“ untergeordnet. Ausgestellt werden sollten nicht nur originale Überreste der Vergangenheit, sondern eigens für das Museum hergestellte Kartenmaterialien zu den „einstigen deutschen Sprachinseln und Siedlungsgebieten“ sowie Tabellen und Diagramme zu den „Volkstumsmerkmalen“ der „Hauptrassen Europas“, wie etwa zur Augenfarbe und Schädelform. „Abnormitäten und pathologische Erscheinungen“, bzw. das, was Peßler und seine Mitstreiter dafür hielten, sollten nicht in dem Museum gezeigt werden.41 Hier verband sich in gewisser Weise die Ursprungssehnsucht der Romantik mit einer vulgären Interpretation der anthropologisch-ethnologischen Theorien. Im Unterschied zum Klassizismus wurden allerdings nicht mehr die universellen Prinzipien der Humanität, sondern „Körper, Geist und Sprache“ des Volkes zu zeitlos gültigen Wirkmächten stilisiert. Peßlers Volkstumsmuseum blieb im Kaiserreich allerdings ebenso Idee42 wie Virchows Konzept für ein zentrales „ethnologisches Museum des deutschen Vol76 Volks- und Völkerkundliche Museen

kes“.43 Die preußische Regierung zeigte sich nicht willens, die Projekte der ‚Volksforscher‘ aktiv zu unterstützen. Nach Virchows Tod 1902 wollte die Kultusbehörde nicht einmal die provisorischen Ausstellungsräume für die Trachten und Geräte der Berliner Gesellschaft belassen.44 Dies rief jedoch nicht nur in den Berliner Museumskreisen Widerspruch hervor. Der damals noch junge Otto Lauffer forderte den Erhalt der volkskundlichen Sammlungen und darüber hinaus „die Errichtung eines zentralen deutschen Freilichtmuseums in Berlin“, um dort die Trachten und Geräte „in Originalhäusern aus ganz Deutschland“ auszustellen.45 Dabei berief er sich auf die nunmehr auch in Deutschland populär gewordene Idee der skandinavischen „Freiluft-Museen“.46 Der Berliner Volkskundler und Heimatschützer Robert Mielke versuchte die verantwortlichen Stellen ebenfalls mit zentralistischen Argumenten zu überzeugen: Das Berliner Museum sollte „zu einer richtungangebenden Mutteranstalt“ für die vielen örtlichen volkskundlichen Museen ausgebaut werden.47 Am Ende gab die preußische Regierung dem „langen Drängen“ insofern nach, als sie zumindest die von Virchow und seinen Vereinsfreunden zusammengetragenen Sammlungen durch Verstaatlichung vor dem drohenden Auseinanderfallen bewahrte.48 Eine weitergehende Förderung oder eine nennenswerte Weiterentwicklung der Sammlungen durch den Staat ging damit jedoch nicht einher.49 Bis in die 1930er Jahre führten die meisten volkskundlichen Museen ebenso wie die Volkskunde an den Universitäten mehr oder weniger ein „wissenschaftliches Schattendasein“,50 was nicht zuletzt auf die fehlende Akzeptanz der ‚Volksforscher‘ bei den staatlichen Stellen zurückgeführt werden kann. Das traditionell idealistisch gesinnte Establishment verdächtigte die Volkskunde einer geistigen Verwandtschaft zur als ‚materialistisch‘ gescholtenen Kulturgeschichte, die angeblich „alle seelischen Thätigkeiten der einzelnen Menschen“ als „im Rahmen des naturgesetzlichen Geschehens“ liegend beschreiben wollte.51 Auf Ablehnung traf zudem die Tendenz der Volkskunde, die profanen Dinge des Alltags den hochVolks- und Völkerkundliche Museen 77

kulturellen Artefakten als gleichbedeutend gegenüberzustellen. Da half es auch nicht, dass die Volkskundler versprachen, ‚nur‘ das „generell-stagnierende“ und nicht das „individuell-civilisatorische“ Moment in der Geschichte hervorzuheben.52 Die alten Bildungseliten wollten in den volkskundlichen Objekten weiterhin nur den „Nachvollzug hochkultureller Errungenschaften“ erkennen, keinesfalls aber eigenständige Kulturleistungen.53 Die Frage nach der Bestimmung des Verhältnisses zwischen einfacher Volkskultur und Hochkultur beschäftigte die Volkskundeund Altertumsvereine bereits seit der Jahrhundertwende. In Fachzeitschriften wie der des Vereins für Volkskunde oder den Hessischen Blättern für Volkskunde diskutierte man intensiv über die Übergänge „von Volkstum zu Kultur“54 sowie über die Bedeutung des Kollektivs und des Individuums für die Kulturschöpfung. Alles drehte sich um die heute eher ungewöhnlich anmutende Frage, ob die „Volksseele“ nur reproduzieren oder aber auch produzieren könne. Hoffmann-Krayer vertrat die Ansicht, dass die „Volksseele“ nicht produzieren könne, da dies nur historischen Individuen möglich sei.55 Demgegenüber glaubte der deutsche Volkskundler Hans Naumann einem allgemein gültigen Entwicklungsgesetz auf die Spur gekommen zu sein, das beide Positionen miteinander versöhnen könnte. Zu Beginn der 1920er Jahre formulierte der Frankfurter Ordinarius die „Theorie vom gesunkenen Kulturgut“, mit der er das Verhältnis zwischen Volks- und Hochkultur zu bestimmen versuchte. Demnach würden die einstigen Kulturgüter als exklusive Symbole der Eliten durch die Nachahmungsversuche der Unterschichten nach und nach „absinken“ und so allmählich zum Gemeingut werden.56 Mit dieser Theorie konnte Naumann der Volkskultur eine gewisse Bedeutung zugestehen, ohne damit die Vorrangstellung der Angehörigen der Oberklasse bei der Kulturproduktion infrage zu stellen.57 Die gesellschaftlichen Eliten würden zwar in bestimmtem Maße vom primitiven Gemeinschaftsgeist eines Volkes mitbestimmt, zugleich führten sie aber die unteren Volksschichten, da diese die Kulturprodukte der Oberschichten zu kopieren ver78 Volks- und Völkerkundliche Museen

suchten. Nach Naumanns Vorstellungen hätte sich in Deutschland eine solche kulturelle Oberschicht als Mischung von Antike, Germanentum und Christentum erstmalig in der höfischen Kultur der Hohenstauferzeit herausgebildet. Diese Auffassung, die die historische Vorbildfunktion der Eliten als Kulturträger und Führer des Volkes bestätigte, fand nicht zuletzt auch in den philologisch orientierten Geschichtswissenschaften mehr Anklang, als etwa der evolutionäre „Elementargedanke“ eines Adolf Bastians, der die psychische Gleichartigkeit aller Menschen betonte. Die konservativen Eliten empfanden solche ‚gleichmachenden‘ Tendenzen als im Widerspruch zur ‚gottgewollten‘ Ordnung stehend, die sie in der hierarchischen Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs zu erkennen glaubten. Alles in allem waren die damaligen Auseinandersetzungen auch Ausdruck verschiedener gesellschaftspolitischer Orientierungen. Die damaligen geschichtstheoretischen Auseinandersetzungen berührten stets auch Fragen nach der richtigen Organisationsform der Gesellschaft. Hier standen Auffassungen von einem elitär-autoritären Obrigkeitsstaat gegen Positionen, die eine liberale Bürgergesellschaft forderten. Der bekennende Monarchist und Kaiserfreund Naumann stand der autoritären Richtung nahe. 1932 trieb ihn seine Politisierung in die Arme der Nationalsozialisten, die dann allerdings 1936 auch seiner Hochschulkarriere ein Ende bereiteten, weil er sich mit dem ‚Eid-Verweigerer‘ Karl Barth und dem Ehrendoktor Thomas Mann solidariserte.58

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Naturwissenschaftliche und Technische Museen Die Geschichte der modernen Technik- und Industriemuseen ist im Vergleich zu anderen Ländern und zu anderen Museumstypen in Deutschland noch verhältnismäßig jung und beginnt im Grunde erst im Kaiserreich. Eine wesentliche Ursache hierfür erkennt Martin Griepentrog in der noch um die Jahrhundertwende wirksamen Tradition des Gewerbemuseums, welche die Entstehung eigener technik- und industriegeschichtlicher Museen verhindert habe.1 Und tatsächlich bedauerte ein Zeitgenosse um 1900, dass in Deutschland technische Museen im Unterschied zu Frankreich und England noch „keinen Boden“ hätten gewinnen können. Das neue Jahrhundert würde aber endlich – ausgehend von den „technischen und gewerblichen Schulen“ – solchen Museen auch hier mehr Aufmerksamkeit schenken.2 Diesem Befund entgegen steht die Darstellung des Technikhistorikers Friedrich Klemm, der die Entwicklung der Technikmuseen als eine seit der Renaissance mehr oder weniger kontinuierlich verlaufende Aufstiegsgeschichte deutet. In Klemms Darstellung begann die Vorgeschichte der naturwissenschaftlichen und technischen Museen bereits bei den „Schatzkammern der altgriechischen Heiligtümer“, setzte sich fort über die kirchlichen Sammlungen des Mittelalters, um schließlich bei den „universellen Schausammlungen der Spätrenaissance und des Barocks“ als die eigentlichen Vorläufer der wissenschaftsorientierten technischen Spezialmuseen anzukommen.3 Das in einer „relativen Geschlossenheit“4 gezeichnete Bild stellt die Geschichte der technischen Wissenschaften und der dazugehörigen Museen als einen nach einer inneren Entwicklungslogik ablaufenden ‚Evolutionsprozess‘ dar, der mit der Entfaltung des modernen rationalistischen Wissenschaftsverständnisses seinen Abschluss gefunden habe. Die Auswahl und Anordnung der in dieser Darstellung präsentierten historischen Sachverhalte folgt in erster Linie dem Bedürfnis, eine lange Traditionslinie im Sinne eines ziel- und zweckgerichteten Fortschrittmodells zu konstruieren. 80 Naturwissenschaftliche und Technische Museen

Von allen bisher behandelten Museumstypen vertraten die den exakten Naturwissenschaften und der Technikgeschichte gewidmeten Museen die Vorstellung eines mehr oder weniger linear verlaufenden zivilisatorischen Fortschritts am stärksten. Mögliche Irrwege und Zufälle in der Geschichte wurden in den Ausstellungen dieser Museen ebenso selten thematisiert wie die lange währende Geringschätzung, die den so genannten ‚nützlichen‘ Wissenschaften hierzulande lange Zeit entgegengebracht wurde. Denn gerade die Ingenieurswissenschaften vermochten sich in Deutschland erst spät gegen die ‚spekulative‘ Naturphilosophie eines Hegels oder Schellings sowie gegen die holistischen Vorstellungen romantischer Naturforscher zu behaupten.5 Die Anfänge des historistischen Fortschrittsmodells liegen jedoch bereits in der Zeit der Aufklärung und standen im engen Zusammenhang mit der Verbreitung eines empiristischen Rationalismus. Doch auch außerhalb Deutschlands waren im ausgehenden 18. Jahrhundert die Prinzipien strenger systematischer Ordnung und abstrakt-logischen Denkens noch längst nicht allgemein und vorbehaltlos akzeptiert. Für eine abstrakt mathematische Naturbetrachtung Newtonscher Prägung besaßen selbst die Männer der Französischen Revolution nur wenig Verständnis; sie förderten jedoch zumindest die anwendungsorientierten deskriptiven Wissenschaften, wie beispielsweise die „auf das Nützliche gerichtete deskriptive Mechanik“ eines Denis Diderots oder die beschreibende „Naturhistorie“.6 Das erste technische Museum im engeren Sinne war das Conservatoire des Arts et Métiers in Paris. Es verdankte seine Entstehung vor allem den praktischen Bedürfnissen der Revolutionskriege und gehörte zu einer Reihe von Einrichtungen, deren Zweck ganz im Geiste der Enzyklopädisten die Verbreitung technischen Wissens war. Das 1794 per Dekret des französischen Konvents gegründete Conservatoire legte als erstes großes technisches Museum Sammlungen von „Maschinen […], Modellen, Werkzeugen, Zeichnungen und Büchern über die Künste und Handwerke“ an und stellte diese als Anschauungsmaterial für den technischen Unterricht öffentNaturwissenschaftliche und Technische Museen 81

lich aus.7 Diese neuartigen technischen Gerätesammlungen dienten dem Bürgertum im Unterschied zu den fürstlichen Sammlungen nicht mehr so sehr zur Erbauung oder zum Einzelstudium, sondern zu allgemeinen Lehrzwecken. Wie später die Gewerbemuseen in Deutschland sollten sie vor allem das Gewerbe- und Manufakturwesen fördern. In den deutschen Staaten etablierten sich Technik- und Industriemuseen erst etwa hundert Jahre später als in Frankreich oder England. Neben der von Griepentrog genannten Bevorzugung der Gewerbemuseen fand dies seinen Grund auch in der hier länger währenden relativen politischen Schwäche des Wirtschaftsbürgertums und der damit einhergehenden späten Industrialisierung. Ausdruck und Folge dieser relativen ‚Verspätung‘ war nicht zuletzt die „im deutschen Geistesleben besonders schroffe Antinomie von Kultur und Zivilisation“, die „eine Integration der Technik als gesellschaftlich positive und kulturgestaltende Macht“ lange Zeit verhinderte.8 Den Angehörigen der hiesigen Bildungseliten galt es im Unterschied etwa zu denen des napoleonischen Frankreichs als etwas Minderwertiges, Menschen nur „zu bestimmten Geschäften geschickt zu machen“.9 Und der Vorwurf einer angeblich „einseitige[n] Betonung“ des Nützlichkeitsprinzips an die als „Zwangsstätten materialistischer Anschauungen“ denunzierten Technischen Hochschulen10 gehörte in Deutschland noch lange Zeit zum Selbstverständnis der humanistisch gebildeten Oberklassen. Weniger Ablehnung seitens der traditionellen Eliten erfuhren hingegen die naturgeschichtlichen Sammlungen, die dem klassischen Bildungsideal besser zu entsprechen schienen. In Frankfurt am Main kam es bereits im Jahre 1821 zur Eröffnung eines öffentlichen Naturalienkabinetts durch die 1817 gegründete Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft. Dieser museale „Sonderfall“11 ging nicht aus einer fürstlichen oder universitären Sammlung, sondern aus der Initiative naturwissenschaftlich interessierter Bürger hervor. Erste Anregungen zur Errichtung einer solchen wissenschaftlichen Anstalt stammten von keinem Geringeren als Johann Wolf82 Naturwissenschaftliche und Technische Museen

gang von Goethe, der einige Jahre zuvor einige Rheingegenden bereist und seine Ideen über ein „Natur-Museum“ schriftlich niedergelegt hatte.12 Den Kern der Frankfurter Ausstellung bildeten die naturwissenschaftlichen Sammlungen und Laboratorien, die der Arzt Johann Christian Senckenberg (1707-1772) der Stadt Frankfurt gestiftet hatte. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts stiegen die empirischen Naturwissenschaften dann auch an deutschen Universitäten zu immer größeren Höhen auf. Dies wurde nicht zuletzt möglich, weil auch die neuhumanistisch orientierten Bildungseliten entdeckten, dass sich ihre Überzeugungen von der Wissenschaft als Selbstzweck und dem Primat der Forschung ohne größere Abstriche auch auf die Naturwissenschaften übertragen ließen. Die nunmehr auch staatlicherseits geförderten Naturwissenschaften zeitigten zunehmend mehr Forschungserfolge, die allerdings zur Jahrhundertmitte – mit Ausnahme der Agrarchemie – nur selten einer praktischen Verwertung unterworfen wurden. Tatsächlich bemühten sich die neuen naturwissenschaftlichen Disziplinen damals noch wenig um die praktische Anwendung ihrer Forschungsergebnisse. Dafür strebten sie jedoch umso mehr nach ihrer eigenen Historisierung: Die Geologie zuerst wurde „Erdgeschichte“, die Paläontologie und vergleichende biologische Wissenschaften mündeten „in eine neue Naturgeschichte, eine Entwicklungsgeschichte des Lebens“.13 Nicht zuletzt dieser frühen Orientierung der Naturwissenschaften am Paradigma der historischen Geisteswissenschaften war es zu verdanken, dass seinerzeit vermehrt Sammlungen veralteter wissenschaftlicher und technischer Apparate angelegt wurden. Dies mag auch erklären, warum in Deutschland die naturwissenschaftlichen und technischen Museen nicht selten aus universitären Sammlungen hervorgingen.14 Als die Naturwissenschaften immer größere Erfolge auf den Gebieten der Physiologie, Botanik, Zoologie und Medizin sowie später in der Chemie erzielten, rief das zum Teil enthusiastische Vorstellungen über die Möglichkeiten naturwissenschaftlicher Forschungstätigkeit hervor. Zwar wurde diese nicht sogleich von jeNaturwissenschaftliche und Technische Museen 83

dem Forscher – wie von Virchow – „zur Religion“ erklärt,15 doch viele erhofften sich davon zumindest auch Antworten auf die Frage, wie die damaligen gesellschaftlichen Missstände behoben werden könnten. Auch der Paulskirchenabgeordnete, Sozialreformer und Autodidakt in Zoologie und Botanik, Emil Adolf Roßmäßler, versprach sich durch die Popularisierung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse in naturgeschichtlichen und gewerblichen Landesmuseen eine volkserzieherische Wirkung und eine damit verbundene Hebung der allgemeinen gesellschaftlichen Sitten und Moral.16 „Wissenschaftspopularisierung“ – zumindest auf naturwissenschaftlichem Gebiet – wurde bald auch hierzulande zu einem wichtigen „Element einer ‚Kultur des Fortschritts‘“;17 allerdings in der für Deutschland so charakteristischen Anlehnung an einen idealistisch überhöhten Bildungsbegriff. Vergleichsweise geringes Ansehen genossen in Deutschland hingegen weiterhin die angewandten Wissenschaften, und zwar besonders die Ingenieurswissenschaften. Bevor auch sie ihre Arbeitsgebiete musealisieren konnten, bedurfte es erst zahlreicher unübersehbarer Erfolge, welche die Ingenieure für Staat und Gesellschaft leisten konnten. Bezeichnenderweise gehörte zu den frühesten in Deutschland gegründeten Museen mit technischen Sammlungen das Königlich bayerische Eisenbahnmuseum, das im Anschluss an die erste bayerische Landesausstellung im Jahre 1882 in Räumen der Eisenbahn-Zentralwerkstätten in München untergebracht wurde. Diese Sammlungen bildeten die Keimzelle für das spätere Nürnberger Verkehrsmuseum, das sich anfangs aber keineswegs als ein Industriemuseum im engeren Sinn, sondern als ein Museum zur Kulturgeschichte des bayerischen Eisenbahnwesens verstand.18 Griepentrog führt den geringen Stellenwert, der der historischen Dokumentation und Forschung zur Gewerbe- und Industriegeschichte noch zum Ende des 19. Jahrhunderts zugestanden wurde, ganz allgemein darauf zurück, dass aus den temporären Gewerbeausstellungen oft keine Industriemuseen, sondern ‚übliche‘ kulturgeschichtliche Museen hervorgingen.19 Diese Erklärung scheint allerdings nur bedingt hinzureichen. Die leitenden Beam84 Naturwissenschaftliche und Technische Museen

ten der bayerischen Staatseisenbahnen meinten vielmehr der Aufgabe der Dokumentation und Erforschung ihres Verkehrsträgers im besondern Maße gerecht zu werden, wenn sie sich am geschichtlichen Paradigma der Geisteswissenschaften orientierten. Wie bereits gezeigt, nahmen sich auch die Gewerbemuseen in den 1880/ 90er Jahren der Aufgabe an – zumindest was die Seite der Produkte betraf –, Geschichte zu dokumentieren und zu erforschen. Man glaubte nunmehr, ein tieferes Verständnis der Objekte nur mit deren Einbettung in die hervorbringende Kultur zu erreichen. Zudem verhinderten die Gewerbemuseen nicht in jedem Fall die Ausbreitung der technischen Museen, wie Griepentrog meint. Das Nürnberger Gewerbemuseum half vielmehr bei der Gründung des Verkehrsmuseums mit. Schließlich war die Einrichtung der Eisenbahnsammlungen aus der 1882 vom Gewerbemuseum mit organisierten Bayerischen Industrieausstellung hervorgegangen.20 Das Sammlungsprogramm der königlich bayerischen Staatseisenbahnen aus dem Jahre 188221 soll hier als frühes Beispiel für die Konzeption eines der ersten deutschen Museen mit technikgeschichtlicher Thematik näher betrachtet werden. Das Programm umfasste insgesamt sieben Abteilungen: Die erste dokumentierte anhand von Schriftquellen die „Entstehung und Entwicklung der den Eisenbahnbau betreibenden Behörden“. An zweiter Stelle standen die „Behelfsmittel der Bauverwaltung“ und deren „Hilfsmittel und Materialien“ sowie drittens deren „Ergebnisse […] bis auf den heutigen Stand.“ Der vierte Bereich widmete sich den Ergebnissen der Maschinentechnik, die ebenfalls bis zur Gegenwart gesammelt werden sollten. Punkt fünf sah die „Aufstellung und Beschreibung der hierbei verwendeten Betriebs- und Werkstattmaterialien“ vor. An sechster Stelle folgten Objekte der „Betriebsverwaltungen für Eisenbahnen, Kanäle und Dampfschiffahrt“ und schließlich als letzter Punkt die „erzielten Ergebnisse“ der Bayerischen Staatsbahnen bis zum Jahre 1882. An diesem Programm sind nun zweierlei Dinge bemerkenswert: Zum einen unterscheidet es zwar die Geschichte ähnlich wie Naturwissenschaftliche und Technische Museen 85

die frühere Aufseß’sche Systematik bei Gründung des Germanischen Nationalmuseums nach Entwicklungen (Punkt 1 u. 2) und nach Zuständen bzw. Ergebnissen (Punkt 3, 4, u. 7), beide Bereiche sollten nun aber bis zur Gegenwart behandelt werden. Zum anderen fällt auf, dass die Sammlungssystematik vor allem die interne Organisationsform der Eisenbahnverwaltung abzubilden versuchte, die sich in die beiden Hauptzweige Bau- und Betriebsverwaltung untergliederte.22 Das Konzept stellte letztlich das Verwaltungshandeln und die Leistungen der Behörde in den Mittelpunkt, was sich auch darin zeigte, dass neben den Fahrzeugmodellen als wichtigste Objekte vornehmlich Akten, Zeichnungen und Muster „bahntechnischer Einrichtungen“ ausgestellt wurden.23 Das Bayerische Eisenbahnmuseum war in seiner frühesten Form in erster Linie ein Ort der symbolischen Repräsentation für die Leistungen der leitenden Eisenbahnbeamten und weniger ein technikgeschichtliches Museum im heutigen Sinn. Mit Fortschreiten der Zeit verschob sich die Programmatik des Museums jedoch immer mehr zu den technologischen Aspekten. Dafür waren vor allem zwei Gründe ausschlaggebend: Zum einen gelangten mit der allmählichen Erweiterung der Sammlungen24 immer mehr Fahrzeugmodelle und bahntechnische Einzelteile in das 1899 nach Nürnberg verlegte Museum. Zum anderen ging die damals rasant verlaufende Technikentwicklung mit einer Spezialisierung der eisenbahntechnischen Teilgebiete einher, die nun nach Möglichkeit alle in dem weiterhin auf Vollständigkeit zielenden Programm berücksichtigt werden sollten. Dadurch erhielten technische Objekte schon aus quantitativen Gründen ein im Vergleich zur ersten Ausstellung größeres Gewicht. Zugleich rückten mit den fortschreitenden technologischen Entwicklungen auch mehr technisch ausgebildete Beamte in die Leitungspositionen der Bahnen und verdrängten die bis dahin die Verwaltungen dominierenden Juristen. Beinahe jedes Fachgebiet wurde nun von einem spezialisierten Techniker vertreten und musste in der Ausstellung angemessen repräsentiert werden.

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Der kulturhistorische Zusammenhang, den die einstige Aufstellung von historisch zusammengehörenden Objekten in den Münchner Zentralwerkstätten noch zu vermitteln beanspruchte, ging dadurch jedoch weitgehend verloren. Dafür offenbarte sich der historische Sinn der Ausstellungen immer häufiger in der Präsentation technologischer Entwicklungsreihen.25 Diese führten den Besuchern die kontinuierliche Weiterentwicklung bzw. evolutionäre Fortschrittlichkeit von Gerätetypen in eindrücklicher Weise vor Augen. Hier begann, was später zu einem entscheidenden Charakteristikum von Technikmuseen werden sollte: Technikgeschichte wurde in ihnen zur Chiffre für den kontinuierlichen Aufstieg der Gesellschaft zu einer besseren Welt. Das Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München wird im Vergleich zum Nürnberger Verkehrsmuseum in der Literatur zur Geschichte der Technikmuseen viel häufiger behandelt, obgleich es jünger ist als sein eisenbahntechnischer Vorreiter. Nun kann man dem Museumskenner Walter Hochreiter darin zuzustimmen, dass das Kunst-, das Kunstgewerbe- sowie das kulturhistorische Museum für das 19. Jahrhundert die kennzeichnenden Museumstypen waren. Dass jedoch allein das 1903/6 gegründete Deutsche Museum für einen neuen Museumstypus stehe, „der im Gefolge einer sich differenzierenden und spezialisierenden Museumslandschaft den neuartigen Sammlungsbereich der Technik“ erschlossen habe,26 ist mit Verweis auf die technischen Lehrsammlungen vieler Fachschulen und Universitäten einerseits und auf das Beispiel des Bayerischen Eisenbahnmuseums andererseits zumindest zu relativieren. Zudem existierten neben den eisenbahntechnischen Sammlungen in den Münchner Zentralwerkstätten und dem späteren Nürnberger Verkehrsmuseum vor der Jahrhundertwende bereits eine Reihe weiterer technischer Spezialsammlungen, die etwa das Textil-, das Brauerei- sowie das Buchgewerbe musealisierten.27 Was es damals in Deutschland jedoch noch nicht gab, war ein „großes zentrales“, will heißen nationales Institut28 zur Geschichte Naturwissenschaftliche und Technische Museen 87

der exakten Naturwissenschaften und Technik, wie es dem Protagonisten der Gründung des Deutschen Museums Oskar von Miller vorschwebte. Von Miller projektierte nämlich „ein allgemein deutsches Unternehmen“, das sowohl den „große[n] Einfluß der wissenschaftlichen Forschung auf die Technik“ als auch die „historische Entwicklung der verschiedenen Industriezweige“ anhand „typischer Werke“ demonstrieren sollte. Zugleich wollte der studierte Bauingenieur mit dem neuen Museum eine „Ruhmeshalle für die Männer“ schaffen, die mit ihren „Forschungen und Arbeiten“ den „hohen Stand der heutigen Kultur“ erwirkt hätten.29 Der Name Deutsches Museum war nicht zufällig gewählt, sondern Programm: Es ging um nicht weniger als um die Schaffung eines nationalen Ehrenmals für den ‚genialisch-ingeniösen deutschen Geist‘. Auch die 1899 zur Förderung der technischen Wissenschaften in Berlin eingerichtete Jubiläumsstiftung der Deutschen Industrie vertrat damals den Standpunkt, dass die Technik nunmehr „zu einem mächtigen Pfeiler des Kulturlebens geworden“ sei, der nur noch „die Kenntnis, die Wissenschaft ihrer Geschichte“ fehle.30 Dem historistischen Paradigma der Geschichtswissenschaften folgend,31 versprach sich die technische Intelligenz vom Studium der Wissenschaftsgeschichte „die Fortentwicklung der Wissenschaft selbst“.32 Dazu sollte das Deutsche Museum einen wesentlichen Beitrag leisten. Es erhielt die Aufgabe, „die historische Entwicklung der naturwissenschaftlichen Forschung, der Technik und der Industrie in ihrer Wechselwirkung“ darzustellen und „ihre wichtigsten Stufen durch hervorragende und typische Meisterwerke“ zu veranschaulichen.33 Das dahinter liegende allgemeine Ziel bestand darin, die Technikgeschichte als Teil einer evolutionären Geistesgeschichte zu etablieren. Deshalb bevorzugte man als Ausstellungsstücke auch vor allem die als historisch besonders bedeutsam befundenen Originalapparate, die ersten Entwürfe, Skizzen und Berechnungen für Maschinen sowie die ersten Versuchsreihen berühmter Forscher, anhand derer neue und wichtige Kenntnisse gewonnen worden waren. In der Regel begannen die im Museum erzählten Ge88 Naturwissenschaftliche und Technische Museen

schichten mit der ‚Geburt‘ einer Innovation aus dem Geist eines als genial angesehenen Naturwissenschaftlers, dessen Entdeckung dann als Ursprung für den weiteren – nunmehr evolutionär gedeuteten – technischen Fortschritt angesehen wurde. Die Exponate selbst galten in dieser Konzeption vor allem als „materialisierte wissenschaftliche Ideen“,34 mit denen sich die geniale Eingebung eines Wissenschaftlers illustrieren ließ. Auch diese Art der Geschichtspräsentation war nicht frei von Widersprüchen: In Wirklichkeit waren viele bedeutende Erfindungen gar nicht aus einem eindimensional verlaufenden Transfer von naturwissenschaftlich generierten Wissen zur angewandten Technik hervorgegangen. Im Gegenteil hatten nicht selten die Problemlösungsversuche in der angewandten Technik zu neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geführt.35 Gleichwohl bildeten im Deutschen Museum vor allem die Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Industrie sowie deren individuelle Leistungen den Kern der Präsentation und weniger die Wissenschaften als solche. Von Miller selbst brachte das einmal wie folgt auf den Punkt: Nicht die „allmähliche Entwicklung der Erdschichten“ sollte dargestellt werden, sondern „die allmähliche Erkenntnis dieser Entwicklung durch die Forschungen hervorragender Männer“.36 Die Errichtung des Deutschen Museums fußte auf dem Leitgedanken, Geschichte sei ein von kongenialen Forscherpersönlichkeiten hervorgerufener zielgerichteter Entwicklungsprozess. Demgemäß konnten die Besucher die wissenschaftlichen Phänomene und technischen Errungenschaften in den Ausstellungen immer nur in Verbindung mit der Geschichte ihrer Entdecker bzw. Schöpfer erfahren. Nicht zufällig verglich von Miller das Deutsche Museum mit einem Nationalmuseum für die herausragendsten Werke deutscher Künstler, um es von den bisherigen „industriellen Ausstellungen“ abzugrenzen.37 Wie einst im Klassizismus den Werken des Altertums eine erzieherische Potenz zugesprochen wurde, so sollten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die „historischen Meisterwerke“ der „hervorragendsten Männer der Wissenschaft und Technik“ als Vorbilder für die „kommenden Geschlechter“ dienen und zum „Ruhm Naturwissenschaftliche und Technische Museen 89

des deutschen Vaterlandes“ beitragen.38 Die Vorbildfunktion bezog sich hier jedoch nicht mehr wie noch bei den Mustersammlungen der Gewerbemuseen auf die naturwissenschaftlich-technischen Geräte als solche, sondern auf die Forschungsleistungen der Wissenschaftler und Ingenieure, denen diese Errungenschaften zu verdanken waren. Die Besucher des Deutschen Museums trafen auf eine mehr oder weniger personalisierende, autoritäre und zielgerichtete Fortschrittserzählung, die ihnen nicht nur Ehrfurcht und Respekt vor den Werken und ihren Schöpfern einflößen sollte, sondern zugleich auch vor „der sozialen Ordnung, der Werk und Schöpfer zugehörten“.39 Das Neue und Innovative am Deutschen Museum bestand letztlich eher in der Übertragung des klassisch-humanistischen Kulturbegriffs auf die Gebiete der Naturwissenschaften und Technik als in der frühen Einbeziehung von pädagogischen Überlegungen und Anwendung „besonderer didaktischer Mittel“, wie es die zum Museum einschlägige Literatur gemeinhin anführt.40 Denn besondere Maßnahmen zur Vermittlung von Museumsinhalten gab es damals auch schon andernorts. Zudem war die Funktion zu bilden, zu belehren und zu erziehen dem bürgerlichen Begriff von Museum ohnehin seit seiner Entstehung immanent. Jede öffentliche Ausstellung verfolgte in irgendeiner Weise auch pädagogische Absichten und berücksichtigte didaktische Gesichtspunkte. Diese konnten allerdings, je nach den zeitspezifischen Vorstellungen über Bildung und Wahrnehmungsweisen, variieren. Insofern kann auch die ästhetizistische Vorstellung der Aufklärungszeit, ein Kunstwerk aus sich selbst heraus als bildend zu begreifen und deshalb auf das Anbringen von Schrifttafeln zu verzichten, als prinzipiell didaktisch angesehen werden. Die damalige Frage bei Gründung des Deutschen Museums war demnach weniger die nach dem ‚Ob‘ einer Pädagogik und Didaktik, sondern nach dem ‚Wie‘. Und selbst die vielen Dioramen41 und betriebsfähigen Modelle42 waren keine originären Erfindungen des Münchner Museums. Innovativ war von Miller vielmehr in Bezug auf die Ausstellungssystematik, als deren Hauptgliederungsmerk90 Naturwissenschaftliche und Technische Museen

mal er nicht die Chronologie, sondern den Stand der Disziplinierung in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern bestimmte. So ließen sich die Objekte wie in einem Kunstmuseum entweder als einzelne Meisterwerke, oder aber als technologische Entwicklungsreihen ausstellen. Letztere begannen idealerweise mit dem ersten Prototyp eines Gerätes und sollten bis zur aktuellsten Version möglichst alle Entwicklungsstufen umfassen.43 Obgleich das Museum eigentlich die „geschichtliche Entwicklung der Industrien [nicht der Wissenschaften, O. H.] bis zu den neuesten Errungenschaften“ ausstellen sollte,44 legte man den Sammlungsschwerpunkt auf diejenigen wissenschaftlich-technischen Objekte, die entweder den geschichtlichen Ursprung einer bedeutenden Forschungsleistung dokumentieren konnten, oder aber als Erstlinge für eine bestimmte Gerätegattung angesehen wurden.45 Die Museumsreferenten interessierten sich bei der Zusammenstellung ihrer Exponatlisten (sog. „Wunschlisten“) vor allem für die schon damals als historisch anzusehenden Apparate und Technologien,46 obwohl oder gerade weil die Zeit um die Jahrhundertwende mit vielen bedeutenden technischen Innovationen aufwarten konnte.47 Die bewusste Bevorzugung der ‚Ursprungsgeschichten‘ gegenüber der Gegenwart fand ihren Ausdruck nicht zuletzt in der Absicht, „die Schließung technologischer Entwicklungen im Hinblick auf bestimmte Standards zu fördern“.48 Statt die „Vielfalt technischer Lösungen in einer Phase hoher technologischer Offenheit“ zu demonstrieren, bemühten sich die Kuratoren eher um die Abschließung technologischer Entwicklungsprozesse. Dies erforderte jedoch eine Dynamisierung der Museumsausstellungen.49 Von Miller selbst verdeutlichte diesen Umstand am Beispiel der Kolbendampfmaschine: Zu Anfang interessierte an der Maschine noch „jede einzelne Verbesserung der Steuerung“, wohingegen es in einer späteren Zeit genügte, nur mehr die Type „Kolbendampfmaschine“ neben der Type „Dampfturbine“ auszustellen.50 Die besondere Leistung von Millers bestand vor allem in der Integration der angewandten Wissenschaften und Technik in das klassische Werte- und Repräsentationssystem der traditionellen EliNaturwissenschaftliche und Technische Museen 91

ten des Kaiserreichs. Dies wird noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass es zu von Millers ‚Meistererzählung‘ auch noch abweichende Vorschläge gegeben hat. So bevorzugte etwa der Vordenker der Ingenieursbewegung Alois Riedler bei der Errichtung des Deutschen Museums eine im engeren Sinn kulturgeschichtliche Präsentation von Technik.51 Und auch der Rektor der Technischen Hochschule in München, Walther von Dyck, wünschte eine stärkere Berücksichtigung der Beziehungen der Exponate „zu Zeit und Umständen ihrer Entstehung“.52 Eine ausschließlich die „Äußerlichkeiten der Technik“ berücksichtigende Präsentationsweise, so die Befürchtung Riedlers, könnte die Besucher veranlassen, die „veralteten technischen Mittel“ nur noch als „Irrtümer“ auf dem Wege ihrer „Vervollkommnung“ zu begreifen. Denn das, was „jetzt als das Neueste und Beste erscheint“, werde in wenigen Jahrzehnten unvermeidlich „wieder veraltet und unvollkommen sein“.53 Weder Riedler noch von Dyck konnten sich jedoch mit ihren Vorstellungen gegen das Meisterwerke-Konzept Oskar von Millers durchsetzen. Neben den ausstellungstechnischen Schwierigkeiten, die die Umsetzung einer Kulturgeschichte der Technik und Naturwissenschaften mit sich gebracht hätte, stand eine solche Konzeption zu sehr im Widerspruch zum klassisch-idealistischen Bildungsbegriff.54 Die alten Bildungseliten wollten in den Taten der Ingenieure auch weiterhin nur „Mittel einer möglichen Kultur“, nicht aber die „Kultur selbst“ entdecken.55 Gleichwohl unterstützte der Staat die Gründung des technischen Nationalmuseums nach der Konzeption von Millers. Damit erkannte er die gestiegene Bedeutung der ‚mechanischen Künste‘ nicht nur an, sondern erhob sie gewissermaßen in den ‚Adelsstand‘ wahrer Geistesbildung. Das primäre Motiv war jedoch kein geschichtskulturelles. Vielmehr beabsichtigten die Führer des Deutschen Kaiserreichs, sich ihren „Platz an der Sonne“ dauerhaft zu sichern.56 Das Museum war insofern eine willkommene Demonstration dessen, „was ein starkes, wirtschaftlich und politisch geeintes Volk“ zu leisten vermochte.57

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Sozial- und Wirtschaftsmuseen Alle bisher behandelten Museen waren mehr oder weniger aus dem Geist des historistischen Denkens geboren und ganz besonders der geschichtlichen Dimension ihrer Sammlungen verpflichtet. Um die Jahrhundertwende bezogen zwar fast alle Museen auch die Gegenwart mit in ihre Sammelpraxis ein; dies änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass ein wie auch immer gearteter Vergangenheitsbezug für sie konstituierend war und blieb. Dies galt in einer solchen Eindeutigkeit nicht mehr für die so genannten Sozialmuseen, deren Ausstellungen sich zumeist Themen der Arbeiterwohlfahrt, des Arbeitsschutzes, der Gewerbehygiene oder Gesundheitsaufklärung widmeten. Ohne Zweifel beschäftigten sich auch diese Museen und Ausstellungen in der Regel mit Geschichtlichem; das Historische stand aber bei ihnen nicht mehr im Mittelpunkt der musealen Vermittlungsarbeit. Das entscheidende Charakteristikum der Sozialmuseen bestand vielmehr in der Absicht, über aktuelle Probleme aufzuklären und einen Beitrag zur Lösung gegenwärtiger Alltagsfragen zu leisten.1 Nicht mehr Speicher für Überreste der Vergangenheit wollten sie sein, sondern moderne Massenmedien zur Volksaufklärung, die durch Verbreitung wissenschaftlich-rational begründeter Verhaltensnormen direkt zur Verbesserung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebens- und Arbeitsbedingungen beitrugen. Damit gehörten Sozialmuseen zum Angebotsspektrum der um Antworten auf die im Kaiserreich virulente ‚soziale Frage‘ bemühten bürgerlichen Sozialreform. Damals begann die so genannte ‚intensive Phase‘ der Volksbildungsarbeit, deren Ziele im weitgehenden Einklang mit denen der Reichsleitung standen. Bereits 1881 verkündete Kaiser Wilhelm I. in einer Novemberbotschaft, „die Heilung der sozialen Schäden nicht ausschließlich im Wege der Repression sozialdemokratischer Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förderung des Wohles der Arbeiter“ suchen zu wollen.2 Diese Politik setzte sich auch unter Wilhelm II. fort, der 1890 persönlich eine internationale ArbeiterschutzkonfeSozial- und Wirtschaftsmuseen

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renz einberief, um den deutschen Arbeitern zur Verbesserung ihrer Lage die Hand zu bieten, zugleich aber die deutsche Industrie auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten.3 In jener Zeit gewannen die Pläne des Sozialreformers und Armutsforschers Emil Münsterberg Kontur, Mustersammlungen zu Themen der Wohlfahrtspflege einrichten zu lassen. Der Berliner Stadtabgeordnete begründete seinen Vorschlag vor allem damit, dass ein solches Wohlfahrtsmuseum „den lebenden und leidenden Menschen [eben-]so wichtig und nützlich“ sein würde, wie die bisherige „Sammlung und Darstellung vergangener Kulturen“ in den Museen für Völkerkunde, in den Waffen- und Zeughäusern und in den Bildergalerien.4 Wie einst das frühe Gewerbemuseum sollte nun das Wohlfahrtsmuseum seinen Besuchern positives Wissen vermitteln, allerdings nicht mehr durch Betrachtung klassischvorbildlicher Erzeugnisse, sondern durch Präsentation des jeweils Neuesten und Besten auf dem Gebiet des „Schutzes und der Gesundheit der Arbeiter“.5 Damit stellte sich dem Sozialmuseum allerdings das gleiche strukturelle Problem wie einst dem Gewerbemuseum: Trotz redlichen Bemühens um eine ständige Anpassung der Sammlungen an den jeweils aktuellsten Stand der Schutzvorkehrungen, konnte es kaum mit der technischen Entwicklung Schritt halten, sodass auch seine Sammlungen unweigerlich veralteten. Am Ende ereilte diesem Museumstyp das gleiche Schicksal wie einst dem Gewerbemuseum: Die Sammlungen verwandelten sich „infolge der Fortschritte der Technik […] von selbst in ein historisches Museum“, wie der Leiter des renommierten Wiener Gewerbehygienischen Museums Wilhelm Exner 1929 feststellte.6 Die ersten Sozialmuseen waren nicht zuletzt als Reaktion auf die durch die Industrialisierung hervorgerufenen ‚Pathologien‘ entstanden. Insofern mag es kaum überraschen, dass eine der frühesten Einrichtungen dieser Art im damals industriell fortgeschrittensten Land errichtet wurde. Bereits in den 1850er Jahren arbeitete der Ingenieur Thomas Twining (1806-1895) an der Gründung eines 94

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„ökonomischen Museums für die arbeitenden Klassen“ im Englischen Twickenham, mit dem er die Lage der unteren Schichten zu verbessern hoffte. Mit dem Ziel, die „Belehrung und Erziehung“ des Volkes dauerhaft zu fördern, präsentierte Twining in seinem 1860 eröffneten „Economic Museum“ den Besuchern „eine mit Sorgfalt ausgewählte“ und „klassifizierte“ Sammlung von Haushaltsgegenständen.7 Das mit einer „Feuermaschine“ ausgestattete Museum brannte zwar im Jahre 1871 nieder und wurde nicht wieder aufgebaut. Gleichwohl entstanden bald weitere Museen ähnlicher Art auch in den anderen Industrieländern. Hierbei kristallisierten sich zwei unterschiedliche Richtungen heraus. Der ersten Richtung ging es vornehmlich um eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse durch Verwissenschaftlichung. Die dazu eingerichteten Institute verstanden sich zuvorderst als wissenschaftliche Zentren der Sozialforschung zur Rationalisierung der Arbeitsbeziehungen, wie zum Beispiel das Pariser Musée social 8 oder das Frankfurter Soziale Museum.9 Diese Einrichtungen, die nicht unbedingt über eine eigene Schausammlung verfügen mussten,10 arbeiteten wie moderne sozialwissenschaftliche Forschungsinstitute unter Anwendung sozialempirischer Methoden der Informationsverarbeitung. Ihr Zweck bestand zum einen in der Informationsbeschaffung für die mit der allgemeinen Wohlfahrt und Gewerbeaufsicht befassten Behörden, zum anderen dienten sie aber auch als Lehranstalten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch Rationalisierung und Verwissenschaftlichung der Produktionsverhältnisse. Bisweilen bezogen diese Anstalten auch die sozio-kulturelle Situation der Arbeiter mit ein, wie beispielsweise die „katastrophalen Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Fabrikarbeiter“.11 Ungeachtet ihres beachtenswerten Engagements in der reformorientierten Bildungs- und Wohlfahrtsarbeit, verstanden sich die meisten Sozialmuseen selbst allerdings als unpolitisch und betonten ihre Neutralität in den Auseinandersetzungen der Tarifparteien.12 Eine Besonderheit innerhalb der ersten Richtung bildeten die Gesundheits- bzw. Hygieneausstellungen, die durch die Verbreitung medizinischer Erkenntnisse zur Verbesserung der gesundheitSozial- und Wirtschaftsmuseen

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lichen Zustände der Bevölkerung beitragen wollten. Ein bekanntes Beispiel für diesen Typ ist die im Jahre 1911 veranstaltete Internationale Hygiene-Ausstellung (IHA) in Dresden und das daraus hervorgegangene Deutsche Hygiene-Museum. Weniger bekannt sind hingegen die sozialintervenierenden Ausstellungen zur Heimarbeit, die sich als Ausstellungen „der Not und der Anklage“ einer ganz anderen Methodik bedienten. Sie führten den Besuchern in drastischer Weise die unzulänglichen Zustände in der Heimarbeit vor, so dass „die Fabrikarbeit und Fabrikorganisation als ein erstrebenswertes Ideal“ erscheinen musste.13 Die zweite Richtung favorisierte vor allem Ausstellungen, die mehr den praktischen „Arbeiterschutz“,14 die Verbesserung der Gewerbehygiene und die Unfallverhütung zum Ziel hatten. Beispiele hierfür waren das im Jahre 1900 vom Fabriken- und Gewerbeinspektor der oberbayerischen Regierung Karl Poellath gegründete und später vom Kgl. Staatsministerium in München unterhaltene Museum für Arbeiterwohlfahrts-Einrichtungen und die 1903 in Berlin-Charlottenburg eröffnete Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt. Der Begriff Arbeiterwohlfahrt zielte hierbei zumeist in einem ganz unmittelbaren Sinn auf die Vermeidung von körperlichen Schädigungen durch Betriebsunfälle. Dass diese Aufgabe damals gerade in Deutschland eine besondere Aufmerksamkeit erfuhr, hatte auch einen handfesten politischen bzw. ökonomischen Hintergrund: Im Deutschen Reich war im Jahre 1884 eine arbeitgeberfinanzierte gesetzliche Unfallversicherung zuerst für Industriearbeiter eingeführt worden, weshalb die Unternehmen ein unmittelbares finanzielles Interesse an der Vermeidung von Betriebsunfällen besaßen. Die zu diesem Zweck eingerichteten Museen folgten deshalb auch viel weniger einem sozialreformerischen Impetus als die der ersten Richtung und konzentrierten sich vor allem auf die Vermittlung der aktuellen gesetzlichen Schutzvorschriften sowie der neuesten technischen Schutzvorkehrungen und deren sachgerechte Handhabung. Auch das Münchner Museum für Arbeiterwohlfahrts-Einrichtungen sammelte „vorwiegend Gegenstände, die sich auf Unfallverhütung 96

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und Gewerbehygiene“ bezogen, und weniger Objekte zur Arbeiterwohlfahrt im weiteren Sinne.15 Um möglichst immer die neuesten technischen Schutzvorrichtungen präsentieren zu können, arbeitete es zumeist eng mit den Herstellerfirmen zusammen, deren Angebote auf dem Gebiet des Unfallschutzes man bevorzugt an betriebsfähigen Maschinen vorführte. Es mag daher kaum überraschen, dass diese Ausstellungen mancherorts den Charakter einer messeähnlichen Leistungsschau annahmen.16 Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Museumsarbeit waren zudem die „Sozialtechnischen Wandervorführungen“, zu deren Begleitprogramm auch Vorträge über Arbeiterschutz, Arbeiterrecht und Sozialhygiene gehörten. Unternehmen richteten bisweilen ebenfalls eigene sozialtechnische Ausstellungen „zur Gesunderhaltung der Arbeiterschaft“ ein, wie etwa das 1912 gegründete Hygiene-Museum der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) in Berlin.17 Die Betriebe erhofften sich davon die Erziehung der Arbeiter zu einem verantwortungsbewussten und sachgerechten Umgang mit den Produktionsmitteln, um so das betriebliche Unfallrisiko zu minimieren. Gewerbehygienische Inhalte interessierten die Unternehmen zumeist weniger als der unmittelbare Unfallschutz. Da die Berufsgenossenschaften damals für berufsbedingte Erkrankungen noch nicht aufkommen mussten, konnten Investitionen auf dem Gebiet der Gewerbehygiene die betriebswirtschaftliche Gesamtkalkulation kaum entlasten. Prinzipiell erfolgte die Errichtung vieler sozialtechnischer Museen sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch aus nationalökonomischer Berechnung. Die Popularisierung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf den Gebieten der Unfallverhütung, der Hygiene und der materiellen Absicherung sollte nicht zuletzt die zur Abwehr der aufsteigenden Arbeiterbewegung geforderten sozialpolitischen Reformmaßnahmen flankieren. Außerdem benötige der Mensch – wie Martin Roth bemerkt – nun mal „als Grundlage einer gut funktionierenden gesellschaftlichen Produktion […] ein gewisses, kontrollierbares Maß an Wissen über sich selbst, um sich regenerieren

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und somit funktionieren zu können.“18 Hierbei leisteten die Sozialmuseen einen Beitrag. Dies galt auch für die Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg, deren Vorgeschichte bereits einige interessante Aufschlüsse über die Ziele und Aufgaben des Museums gibt: Obgleich es bereits in den 1880er Jahren einige bedeutende Vorläuferveranstaltungen gegeben hatte,19 lehnte die Reichsregierung das Projekt ursprünglich ab. Der Vertreter des Reichsinnenministeriums argumentierte, dass die Einrichtung eines solchen Museums zu „große Summen“ erfordern würde, da es nicht „nur den Wert eines Speichers mit alten Eisen“ haben dürfte, sondern vielmehr „allen Fortschritten der Technik“ folgen müsste.20 Dann aber im Jahre 1899 änderte die Reichsregierung plötzlich ihre Haltung und brachte selbst eine Vorlage zur Errichtung einer „Ständigen Ausstellung“ im Reichstag ein,21 die nun sogar von konservativer Seite Unterstützung erfuhr. Denn jetzt sprachen sich nicht mehr nur der sozialdemokratische Abgeordnete Emanuel Wurm und der liberale Abgeordnete und Generaldirektor der Schultheiss-Brauerei Richard Roesicke für das Projekt aus, sondern auch der nationalliberale und spätere preußische Handelsminister Theodor Möller, der katholische Sozialpolitiker der Zentrumspartei Franz Hitze22 sowie der konservative Abgeordnete der Reichspartei Carl Ferdinand von Stumm-Halberg.23 Eine derart breite Unterstützung eines Projekts durch beinahe alle im Reichstag vertretenen Fraktionen war damals keineswegs üblich, sodass sich die Frage stellt, wie es dazu kam. Entscheidend war hier nicht zuletzt das Versprechen der Unternehmerschaft, das „Wohlfahrtsmuseum“ ebenfalls unterstützen zu wollen. Die vollständige Übernahme der Kosten für die Einrichtung des Museums durch den Staat lehnten mit Ausnahme der Sozialdemokraten sowohl die Mehrzahl der bürgerlichen Sozialreformer als auch die auf private Selbsthilfe schwörenden Arbeitgeber kategorisch ab. Selbst der linksliberale Roesicke vertrat den Standpunkt, dass „Staatshilfe und Selbsthilfe“ immer nur „vereint“ eine Besserung 98

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der sozialen Missstände bewirken könnte, damit der Staat „vor der sozialen Revolution“ bewahrt bliebe.24 Warum engagierten sich nun aber sowohl der führende Arbeitgeberverbandspolitiker Möller, der ansonsten jegliche Ansätze zu einer reformorientierten Arbeiterpolitik der Reichsregierung zu verhindern trachtete,25 als auch der paternalistische Großindustrielle von Stumm-Halberg für das Projekt? Eine Antwort auf diese Frage findet sich womöglich im tieferen Zweck der Ständigen Ausstellung, der darin bestand, dem In- und Ausland die bereits von Staat, Unternehmen und gemeinnützigen Vereinen erbrachten Leistungen „zur Hebung des geistigen, körperlichen und sittlichen Wohles“ und zur Unfallversicherung der Arbeiter zu demonstrieren.26 Nicht die Weiterentwicklung des Arbeitsschutzes stand hier im Vordergrund, sondern die symbolische Repräsentation der bereits von Staat, Verbänden und Arbeitgebern in Deutschland erbrachten ‚großen‘ Leistungen auf dem Gebiet der Arbeiterwohlfahrt. Das Museum diente in erster Linie als ein öffentliches ‚Beweismittel‘ für das freiwillige sozialpolitische Engagement der deutschen Arbeitgeber, um weitergehende Forderungen zur Sozialgesetzgebung abzuwehren. Dass die damaligen Museumsgründer tatsächlich derartige Intentionen verfolgten, verstanden im Übrigen auch die Besucher der Ständigen Ausstellung. Als einmal eine Gruppe badischer Arbeiter im Rahmen der wenigen organisierten „Arbeiterreisen“ die Ausstellung besuchte, hatten nicht wenige von ihnen den Eindruck, dass „man auf der Ausstellung von dem guten Willen der Arbeitgeber überzeugt werden sollte, um den Arbeiter zufrieden zu machen.“27 Die meisten Unternehmen entwickelten allerdings nur wenig Interesse, ihre Arbeiter in die Wohlfahrtsausstellungen zu schicken. Sie befürchteten eine Ermunterung ihrer Belegschaft, weiterreichende Schutzmaßnahmen zu fordern, als in den Betrieben bisher vorhanden waren.28 Demgegenüber war die ausdrückliche Adressierung der Ausstellung an ausländische Besucher nicht zufällig. Hiervon versprachen sich Regierung und Arbeitgeber eine Stärkung der sozialpolitisch motivierten Bewegungen in den anderen Sozial- und Wirtschaftsmuseen

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Ländern, mit denen die deutschen Unternehmen auf dem Weltmarkt konkurrierten. Die deutsche Industrie wähnte sich besonders seit dem „Neuen Kurs“ der Reichsregierung in der Sozialgesetzgebung,29 wie die Ära nach Bismarcks Regierungszeit genannt wurde, im Nachteil gegenüber ihren ausländischen Mitbewerbern. Insofern knüpfte sie Maßnahmen zur Sozialpolitik stets an die Bedingung, dass das Ausland seiner Industrie dieselben „sozialen Lasten“ aufgeben müsse, wie sie in Deutschland bereits bestünden.30 Wie sah nun eine derart motivierte Leistungsschau zur Arbeiterwohlfahrt in der Praxis aus? Der Plan zur Ständigen Ausstellung sah ursprünglich eine mehr oder weniger gleichgewichtige Dreigliederung des Museums in die Abteilungen Unfallverhütung, Gewerbehygiene und Arbeiterwohlfahrt vor.31 Bei der praktischen Umsetzung dominierte dann aber eindeutig das Thema Unfallverhütung vor der Gewerbehygiene und auch die Gruppe zur Arbeiterwohlfahrt wurde nur noch als eine Unterabteilung der letztgenannten verwirklicht. Das Übergewicht der Exponate zum Unfallschutz lässt sich an den zehn dazugehörigen Untergruppen ablesen. Die Ausstellung untergliederte sich in Einheiten zu Dampfmaschinen, Transmissionen, Motoren, Arbeits- und Werkzeugmaschinen, Aufzüge und Hebezeuge, Handwerkzeuge, persönliche Schutzausrüstungen, elektrische Anlagen sowie Ausrüstungen zum Feuerschutz und zur Ersten Hilfe. Ergänzt wurden die Geräte zudem um eine nach Branchen gegliederte Abteilung für die neuesten auf dem Markt erhältlichen Schutzvorrichtungen. Dort konnten die auf dem Gebiet des Werkzeugmaschinen- und Anlagenbaus spezialisierten Unternehmen ihre neuesten sicherheitstechnischen Erzeugnisse präsentieren. Aber auch die Beschaffung der Exponate für die anderen Bereiche erfolgte zumeist durch Leihgaben von Firmen, denen so die Möglichkeit gegeben wurde, ihre neuesten Produkte „zur öffentlichen Kenntnis“ zu bringen.32 Die Herstellerfirmen waren zudem dafür verantwortlich, die in ihrem Besitz verbleibenden Ausstellungstücke im Laufe der Zeit durch neuere Modelle auszutau100 Sozial- und Wirtschaftsmuseen

schen. Den besonderen Reiz der Abteilung sahen viele Besucher in der Betriebsfähigkeit der Maschinen für Vorführungen. Eine besondere Attraktion war ein Demonstrationsmodell zum Schottensystem eines Schiffes. Glocken- und Lichtsignale warnten bzw. lockten das Museumspublikum bei jeder Vorführung der hydraulisch betriebenen Schotten. Zum Teil stellte man aber auch defekte Maschinenteile aus, um die Notwendigkeit bestimmter Schutzvorkehrungen möglichst eindrucksvoll vor Augen zu führen. Die Abteilung zur Gewerbehygiene ließ sich hingegen nicht allein mit Hersteller-Leihgaben bestreiten, sodass sich ihre Ausstattung viel weniger an den Werbeinteressen der leihgebenden Unternehmen orientierte als beim Unfallschutz. Als Hauptthemen waren hier ursprünglich die Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe, die Einrichtung der Arbeitsstätte sowie die Ausrüstung der Arbeiter vorgesehen. Tatsächlich dominierten aber bald auch hier die technischen Schutzkonstruktionen aus dem Anlagenbau, wie beispielsweise ein Automat zur staubfreien Verarbeitung von Farben oder Chemikalien der Rheinischen Maschinenfabrik Neuss oder eine vollständig eingerichtete Schleiferei einer Solinger Fabrik für Stahlwaren. Die sich anschließende Abteilung zur Arbeiterwohlfahrt im engeren Sinn behandelte dann Fragen nach der richtigen Ernährung, dem Wohnungswesen, der Volksbildung und der Kinder- und Jugendfürsorge. Hier lag das Schwergewicht der Exponate auf bildlichen Darstellungen von ernährungsphysiologischen Zusammenhängen und auf den Modellen vorbildlicher Arbeiterwohnungen und Erholungsheimen sowie mustergültiger Wasch- und Badeeinrichtungen für Arbeiter. Alles in allem vermittelte die Ständige Ausstellung die Themen des Arbeiterschutzes fast ausschließlich als technisch zu lösende Probleme. Die intendierte Botschaft lautete ähnlich wie beim Deutschen Museum, dass die Antworten auf Fragen zu den gesellschaftlichen Herausforderungen zuerst im Bereich der Technik und in den fortschreitenden Rationalisierungsbemühungen zu finden seien. Wie in den technisch-naturwissenschaftlichen Museen deutete man Geschichte vornehmlich als evolutionäres Fortschreiten auf Sozial- und Wirtschaftsmuseen 101

dem Gebiet der menschlichen Werkzeugproduktion. Die hierbei erzielten Errungenschaften würden bei richtiger Anwendung letztlich auch zu einer Lösung der ‚sozialen Frage‘ führen. Gesellschaftliche Entwicklungen nahmen die ‚sozialen Museen‘ hingegen kaum in den Blick. Allerdings verstanden die Sozialmuseen ihre Ausstellungen bereits als etwas Wandelbares. Im Unterschied zu den Gewerbemuseen antizipierten sie bereits die dynamische Entwicklung im Bereich der Maschinentechnik, wie der geplante regelmäßige Austausch veralteter Anlagen durch die Herstellerfirmen belegt. Eine Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verhältnisse vermochten sie jedoch ebenso wenig zu leisten, wie eine wirkliche Historisierung des eigenen Museumskonzeptes. Vielleicht findet sich auch hier ein Grund dafür, warum „der Gründungselan“ vieler Sozialmuseen „selten weiter als ein paar Jahrzehnte“ trug. Die Sammlungen zerronnen schon bald wieder, „wie sie zusammengekommen waren – rasch und lautlos“.33 Spätestens mit der ‚Erfindung‘ des Typs Sozialmuseum als Medium zur Popularisierung wissenschaftlich-technisch begründbarer Verhaltensnormen zeigte sich, dass das Geschichtliche dem Museumsbegriff nicht zwangsläufig immanent sein musste und das Bedürfnis nach einer Auseinandersetzung mit Geschichte und das Bewahren von Überresten keineswegs die wichtigsten Leitmotive für Museumsgründungen sein mussten. Ähnlich verhielt es sich auch bei dem nachfolgenden Beispiel, dem Dresdner Hygienemuseum: Bereits auf der 1911 veranstalteten Internationalen Hygiene-Ausstellung als Vorläuferveranstaltung des Museums wurde Historisches nur noch in einer von insgesamt fünf Hauptabteilungen behandelt. Das Hauptanliegen der Dresdner „Weltausstellung“ zur Hygiene war nicht die Vermittlung von Geschichte, sondern des gegenwärtigen Standes der Entwicklung auf dem Gebiet der Gesundheitspflege. Die Ausstellung gliederte sich in eine populäre, eine wissenschaftliche, eine industriell-technische, eine sportliche sowie schließlich in eine historische Abteilung.34 Im Unterschied 102 Sozial- und Wirtschaftsmuseen

zu den Arbeiterschutzmuseen legten die Veranstalter besonderen Wert auf eine systematische Trennung zwischen Bildung und Kommerz. Verkaufs- und Werbeabsichten durften nur in der IndustrieAbteilung zur Schau gestellt werden. Die nichtindustriellen Gruppen folgten hingegen ausschließlich fachlichen und didaktischen Gesichtspunkten.35 Sollten die Ausstellungsbesucher in der populären Abteilung eine Art „Schnellanschauungsunterricht“ für eine gesunde Lebensführung erhalten,36 so bot die wissenschaftliche Abteilung einen auf dem neuesten Stand der Wissenschaft basierenden „lückenlosen systematischen Überblick über die Errungenschaften der modernen Hygiene“.37 „Zum vollen Verständnis“ der hygienischen Phänomene bedurfte es nach Ansicht der Veranstalter jedoch einer „Gesamtübersicht der Hygiene aller Zeiten“,38 die zu weiteren Forschungen auf dem Gebiet der Hygiene anregen sollte.39 Die für die historische Abteilung verantwortlichen Medizinhistoriker Karl Sudhoff und Otto Neustätter vertraten die Überzeugung, dass ohne Kenntnis des „Entstehens“, „Werdens“ und der „Weiterentwicklung“ der „hygienischen Einzelerscheinung“ kein angemessenes Verständnis der hygienischen Zusammenhänge möglich sei. Dass davon längst nicht mehr alle Beteiligte in gleicher Weise überzeugt waren, darauf deutet jedoch der Umstand, dass man die Einrichtung der historischen Abteilung begründen musste: Eine Ausstellung, „die es wirklich ernst nimmt mit der Lösung der hohen ihr gestellten Aufgaben“, dürfe keinesfalls auf Geschichte verzichten, da die „Geschichte der Hygiene“ eine „Lehrmeisterin“ oder sogar eine „anregende Führerin“ auf dem Wege zu neuen Zielen sein könne. Gegenwärtige und zukünftige Forscher müssten sich nur „aus dem Gestern und Vorgestern und dem Langeher ihre Anregungen zu neuen Leitgedanken suchen“, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.40 Diese Auffassung von der Geschichte als eine Lehrmeisterin war jedoch keineswegs einem exemplarischen Geschichtsverständnis geschuldet. Sudhoffs und Neustätters Vorstellungen über geschichtliche Zusammenhänge basierten vielmehr auf einem evoluSozial- und Wirtschaftsmuseen 103

tionären Deutungsmuster, das im Unterschied zu vielen technischen Museen auch nichtlineare Geschichtsverläufe integrierte. Beide Medizinhistoriker widersprachen ausdrücklich allen Auffassungen, die in der „Entwicklung des menschlichen Denkens und Handelns“ eine „ständig aufsteigende“ oder auch nur „kontinuierliche“ Bewegung erkennen wollten; vielmehr würden auch Zufälle geschichtliche Abläufe und Ereignisse beeinflussen. Als Beispiele nannten sie den Verlust von Wissensbeständen durch „eine Verkettung von widrigen Zufällen“ oder das Vergessen von schon Errungenem.41 Gleichwohl glaubten auch Sudhoff und Neustätter an das Prinzip des Kulturfortschritts in der Geschichte; dieses vollziehe sich jedoch nicht nach irgendwelchen Gesetzmäßigkeiten quasi von selbst, sondern musste von den Menschen in harter Arbeit stets aufs Neue errungen werden. Ihre „plastische Darstellung“ der „Geschichte der Hygiene“42 unterteilten die Mediziner chronologisch nach den vier Epochen „Vorantike“, „Antike“, „Mittelalter“ und „Neuzeit“. Diese untergliederten sie zudem entweder nach Kulturkreisen wie die „Vorantike“, oder aber nach hygienerelevanten zivilisatorischen Teilgebieten. Die vier Gruppen „Germanisch-keltische Frühhistorik“, „Babylonien und Assyrien“, „Juden“ sowie „Ägypten“ bildeten die vorklassische Abteilung. Demgegenüber umfasste die Abteilung zum klassischen Altertum insgesamt achtzehn Untergruppen. Hierzu gehörten Themen wie Ernährung, Behausung und Fäkalienbeseitigung, Badewesen, Gymnastik, Körperpflege und hygienische Wissenschaft sowie Krankenpflege und Bestattungswesen. Die klassische Epoche galt den Ärzten als besonders vorbildlich für ein entwickeltes Gesundheitswesen. Für die Darstellung des Mittelalters genügten den Kuratoren hingegen nur zwölf Gruppen. Hier waren die wichtigsten Gebiete das Wohnungs- und Ernährungswesen, Kleidung und Körperpflege, Volksseuchen und ihre Abwehr sowie ärztliche und staatliche Maßnahmen zur Erstellung von Gesundheitsregeln. Die Abteilung zur „Neueren Zeit“ war mit 24 Teilgruppen die umfangreichste. Hier wurden nunmehr alle modernen zivilisatorischen 104 Sozial- und Wirtschaftsmuseen

Errungenschaften im Bereich der Hygiene aufgeboten. Dazu zählten neben einer geregelten Abfallbeseitigung und Wasserversorgung auch alle professionalisierten Bereiche einer öffentlichen Gesundheitspflege, wie Apotheken, Krankenhäuser und Erziehungsanstalten, Sportstätten, Gefängnisse und Rettungswesen sowie natürlich das akademische Fach der „Hygiene“ selbst. Aber auch die Themen Aberglauben und „Kurpfuschertum“ wurden nicht ausgespart; vielmehr wollte man „diese gesundheitliche und ökonomische Gefahr“ mithilfe wissenschaftlicher Aufklärung bekämpfen.43 Nicht nur die Frage, was in der historischen Abteilung behandelt wurde, sondern auch wie es dort behandelt wurde, gibt Aufschluss über das damalige Geschichtsverständnis. Der Bereich zur germanisch-keltischen Frühgeschichte war beispielsweise eher sachlich zurückhaltend konzipiert. Dort zeigte man anhand altsteinzeitlicher Gebrauchswerkzeuge die „gesundheitsschädliche[n] Momente“ der damaligen Lebensweise. Die Bemerkung allerdings, dass den römischen Staatsmännern die Fertilität der „Germanenfrau“ bereits imponiert und dieser die Sorge um ihre Kinder stets am nächsten gestanden habe,44 mag man heute belächeln. Zu jener Zeit glaubten jedoch viele Human- und Gesellschaftswissenschaftler an die vermeintliche Natürlichkeit von Geschlechtscharakteren. Ebenfalls nicht frei von normativen Ansinnungen war auch die klassische Abteilung, die noch stärker als die Vor- und Frühgeschichte positive Gefühle beim Besucher hervorrufen sollte. Allein die Masse der in ihr präsentierten Objekte war bereits überwältigend. Um die „Grundlinien einer naturgemäßen Hygiene in ewiggültiger Form“ als auch die „hehrste Verkörperung wissenschaftlichen, vor allem auch naturwissenschaftlichen Denkens“ in der hellenistischen Epoche vorzuführen, wurden insgesamt 2.750 Exponate zusammengetragen.45 Trotz ihrer Vorliebe für die Antike, stellten die Kuratoren das Mittelalter jedoch keineswegs als Abstiegsgeschichte dar. Mit rund 4.800 Objekten war die MittelalterAbteilung sogar größer als die zum Altertum. Die „Höhe des MitSozial- und Wirtschaftsmuseen 105

telalters“ auf dem Gebiet der Wohnungshygiene sollten u. a. die deutschen Ordensbauten im Osten repräsentieren. Zwar fanden sich in dieser Abteilung auch kritische Anmerkungen, wie etwa zu den geringen Fortschritten in der Beleuchtungstechnik 46 oder zum mittelalterlichen Hang zur Völlerei.47 Die Erfolge des mit „zielbewusste[r] Härte“ geführten Kampfes gegen Epidemien galt den Ausstellungsmachern jedoch als „ein bleibender Ruhmestitel auf dem Gebiet hygienischer Krankheitsprophylaxe des vielgeschmähten Mittelalters“.48 Ebenfalls „Bewunderung erwecken“ sollten auch die 213 Exponate zur jüdischen Hygiene, mit denen den Besuchern die „Bewahrung der alten Vorschriften“ dieses stets unter „großen Druck“ stehenden Volkes als positives Beispiel vor Augen geführt wurde.49 Auch hier ließen sich die Medizinhistoriker von dem Interesse leiten, ihre gesundheitspolitischen Vorstellungen mit positiven Beispielen aus der Geschichte zu untermauern. Der chronologische Durchgang durch die Geschichte der Hygiene sollte zur Erkenntnis beitragen, dass „nicht nur wichtige moderne hygienische Bestrebungen weiter zurückreichen als gewöhnlich angenommen“, sondern auch schon früher Erfolge erzielt worden seien, die „Bewunderung“ verdienten.50 Ebenfalls Anerkennung hervorrufen sollte die Bildergalerie mit Porträts bedeutender Forscher auf dem Gebiet der Hygiene. Die Mediziner huldigten hier ihrer selbst, indem sie sich – wie die Ingenieure im Deutschen Museum – als Angehörige einer kulturschaffenden und tragenden Berufsgruppe stilisierten. Alles in allem kennzeichnete die Ausstellungsmacher jedoch eine dezediert wissenschaftlich-rationale Grundhaltung. Ihre (volks-)aufklärerischen Absichten äußerten sich nicht nur in der Bekämpfung medizinischen Aberglaubens, sondern auch in der Infragestellung einseitig überlieferter Geschichtsbilder. Den Medizinern gelang es im Unterschied zu vielen anderen Sozialmuseen und trotz Ausbruchs des Ersten Weltkriegs, ihr Konzept für die historische Abteilung der Internationalen HygieneAusstellung von 1911 durch Überführung wesentlicher Ausstellungsbereiche in das anschließend neu errichtete Deutsche Hygiene-Museum 106 Sozial- und Wirtschaftsmuseen

zu verstetigen. Vielleicht findet sich ein Grund für diesen Erfolg nicht nur in der anspruchsvollen Ausstellungskonzeption, sondern auch in der reflektierten Art und Weise, wie die damaligen Museumsgründer mit Geschichte umgingen.

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III. Ausblick Nach Sheehans Ansicht überschritt das eigentliche Museumszeitalter bereits um 1880 seinen Höhepunkt. Damit endete selbstverständlich nicht die Geschichte dieser vielgestaltigen Institution; sie näherte sich jedoch zunehmend dem schwierigen Fahrwasser der in fast allen gesellschaftlichen Bereichen ‚krisengeschüttelten‘ klassischen Moderne (ca. ab 1890). Mit der geistigen Krise des Historismus schwand zunehmend auch der Glaube an die Beweiskraft der Geschichte. Nicht nur Romantiker und Gesellschaftsreformer kritisierten immer häufiger die von ihnen nun abschätzig als überladene „Gelehrtenspeicher“ bezeichneten Sammlungsmagazine.1 Statt Geschichte in enzyklopädischer Absicht vorzuführen, verlangte man nun von den Museen, dass sie ihren Besuchern eine unvoreingenommene, nichtakademische Rezeption von Ausstellungsstücken ermöglichten. Die Reformer versprachen sich davon nicht zuletzt eine größere Wirkung für die Bildung sowohl des Einzelnen als auch einer nationalen kulturellen Identität. Das Museum sollte einen Beitrag zur Lösung der immer deutlicher hervortretenden Probleme der Industriegesellschaft leisten, denen der Historismus als die einstige ideelle Vorwegnahme der Reichseinigung kaum mehr gerecht werden konnte. In Anlehnung an die Ideen der Sozial- und Lebensreformbewegung laborierten zuerst die Kunstmuseen an neuen Konzepten, mit denen sie den Anforderungen einer modernen Massengesellschaft zu entsprechen hofften. Mit Hilfe der Pädagogik begannen reformgesinnte Museumsleiter damit, ihre Einrichtungen zu Massenmedien für die Volksbildung auszubauen. Den besonderen Bildungswert ihrer Sammlungen begründeten sie wie einst die Aufklärungsästhetiker mit der einzigartigen ästhetischen Qualität ihrer originalen Exponate, die sie bewusst von der nicht künstlerischen Massenproduktion abgrenzten. Die Erneuerer waren überzeugt, durch die „massenhafte Verallgemeinerung des Einzigartigen“ ei-

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nen Beitrag zur erwünschten „ästhetischen und ethischen Erziehung des Volkes“ leisten zu können.2 Doch auch dieser Ansatz war nicht gänzlich frei von Widersprüchen: Eigentlich hätte die dem Original zugeschriebene erzieherische Kraft die besonderen pädagogischen und gestalterischen Vermittlungsbemühungen überflüssig machen müssen. Tatsächlich beförderte der zielgerichtete Ausbau der Kunstmuseen zu Massenmedien jedoch eine Praxis, die immer seltener Ansprüche an die künstlerische Originalität der Exponate stellte. Alles in allem begünstigte die fortschreitende Ästhetisierung jedoch die Herausbildung des Kunstmuseums als ästhetisches Spezialmuseum. Damals begann der Abschied der Kunstmuseen von den einst übermächtigen Normen der Kunstgeschichte. Auch die Realienmuseen befreiten sich mit Durchbruch der klassischen Moderne tendenziell von der Vorherrschaft einer historischen Betrachtung zugunsten aktueller Themenstellungen. Dies galt, wie gezeigt wurde, vor allem für die Kriegssammlungen sowie für die Sozial- und Arbeitsschutzmuseen, in abgeschwächtem Maße aber auch für die technischen und kulturhistorischen Ausstellungen. Die Industrialisierung und die Erfolge auf technisch-naturwissenschaftlichem Gebiet erhöhten den Bedarf an Vermittlung von zeitgenössischem Wissen, der nun auch durch Museen befriedigt werden sollte. Damals erreichten sowohl die temporären Welt- und Landesausstellungen als auch die musealen Dauereinrichtungen zu Gewerbe, Technik und Naturwissenschaften einen bis dahin unbekannten Publikumszuspruch. Die Etablierung neuer Museumstypen war nicht zuletzt das Resultat einer zunehmenden allgemeinen Technik- und Fortschrittseuphorie, die die Museen zugleich auch förderten. Die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und der anschließenden Revolution machten die Hoffnungen vieler Museumsreformer auf eine die innere Einheit der Nation stiftende gemeinsame Kultur weitgehend zunichte. Dies hatte zur Folge, dass sich der seit etwa 1900 vorgetragene volksbildnerische Anspruch radikalisierte. Statt Ausblick 109

der elitären Museen propagierte man nun neue „Volksstätten“, die Sportplatz, Musikhalle, Bibliothek, Naturalien- und Kunstsammlungen in sich vereinigen sollten.3 Die Spannbreite der Vorschläge zur Erneuerung der Museen erreichte in der Zeit der Weimarer Republik eine neue Dimension. Bereits vor dem Krieg hatten die Anhänger der kulturkritischen und zum Teil wissenschaftsfeindlichen Lebensphilosophie eine ‚ganzheitliche‘ Aufstellung der Sammlungen gefordert, von der sie sich die Aufhebung des überlebten ‚Musealen‘ versprachen.4 Nun erstreckte sich die Bandbreite der Reformvorschläge von Entwürfen für ein nationales Zentralmuseum der bedeutendsten Werke des Landes als gesellschaftliches Gesamtkunstwerk5 bis hin zu Forderungen nach Verschmelzung der „künstlerischen Formen mit den Formen des Alltags“ und dem völligen „Eintauchen der Kunst ins Leben“.6 So disparat einem die Entwicklung der Reformdiskussionen in Weimar auch anmuten mag, ein Motiv scheint sie dennoch alle zu einen: die Auflösung bzw. Minderung des vermeintlichen Widerspruchs zwischen dem alltäglichen Leben der Menschen und der (Hoch-)Kultur. Die Fürsprecher eines als Gesamtkunstwerk einzurichtenden Zentralmuseums blieben den idealistischen Vorstellungen der bürgerlichen Sozialreform weitgehend verhaftet. Sie versprachen sich eine gesellschaftliche Erneuerung durch die kulturelle Bildung des Einzelnen. Das eigentliche Objekt ihrer bildungsbürgerlichen Erziehungsbemühungen fanden sie vor allem in der einfachen Bevölkerung. Die Experimente der ‚Modernen‘ zielten hingegen auf die Verschmelzung des Museums mit der Gesellschaft, indem entweder jeder Gegenstand als museal oder aber das ‚Ganze‘ zum Museum erklärt werden konnte. So klagte etwa der Berliner Museumsleiter und preußische Kultusbeamte Wilhelm Waetzoldt 1930, dass es „kaum ein[en] Bereich schaubarer Dinge“ mehr gebe, der „nicht in ein Museum einbezogen werde“. Waetzoldt sah damals bereits die Zeit herannahen, in der „man ein Glasdach über die Erde spannt und so endgültig das Universalmuseum schafft.“7 Beides hätte in letzter Konsequenz die Auflösung der traditionellen Museumsidee bedeutet. 110 Ausblick

Unter Berücksichtigung dieses Kontexts mag es kaum überraschen, dass die Forderung nach einer weitgehenden Demokratisierung der Kulturpolitik im griffigen Postulat einer „Entmusealisierung des Museums“ mündete.8 Am Ende der Weimarer Republik befand sich die bürgerliche Institution Museum in symptomatischer Weise für viele Bereiche der Gesellschaft in einer schweren Krise. Nicht nur die Spezialisierung der Museen und das Bedürfnis nach kultureller Einheit standen in zunehmendem Widerspruch zueinander. Die Krise äußerte sich auch im relativen Bedeutungsverlust der Museen gegenüber den ‚neuen Medien‘, wie Messen und temporären Propagandaausstellungen. All dies machte viele Museumsleiter empfänglich für eine besonders von Seiten lebensphilosophisch inspirierter Kreise vorgebrachte Kritik, die generell mehr ‚Volkstümlichkeit‘ und ‚Lebendigkeit‘ bzw. eine stärkere Beschäftigung der Museen mit den gegenwärtigen und zukünftigen Problemen der Menschen forderten. Vielleicht waren die ‚Unsicherheiten‘ der damaligen Museen nicht nur ein Zeichen des Zweifels unserer Kultur über sich selbst, sondern auch ein Grund für deren gesteigerte Anfälligkeit gegenüber den Ideologien der Nationalsozialisten,9 wie das besonders, aber längst nicht nur bei vielen Heimat- und Volkskundemuseen der Fall war. Den in der NS-Zeit verloren gegangenen Anschluss an die dynamische internationale Entwicklung sollten viele deutsche Museen jedenfalls erst wieder in den 1970er Jahren erreichen.

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Anmerkungen

Was dieses Buch bezweckt 1 2

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James J. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen. Von der fürstlichen Kunstkammer zur modernen Sammlung, München 2002. Eric John Ernest Hobsbawm widmete der Epoche von 1789 bis 1914 als dem „langen 19. Jahrhundert“ eine Trilogie bestehend aus The Age of Revolution: 1789-1848 (1962), The Age of Capital: 1848-1875 (1975) und The Age of Empire 1875-1914 (1987). Detlev J. Peukert, Die Weimarer Republik. Krisenjahre der Klassischen Moderne, Frankfurt a.M. 1987.

Die Vielfalt der Museen 1

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James J. Sheehan, Von der fürstlichen Sammlung zum öffentlichen Museum, in: Andreas Grote (Hg.), Macrocosmos in Microcosmo, Die Welt in der Stube. Zur Geschichte des Sammelns 1450 bis 1800, Opladen 1994, S. 855874, hier S. 871. Statistisches Bundesamt, GESIS, WZB, Datenreport 2008 (Erhebungszeitraum 2006), S. 364. Hermann Lübbe, Zeit-Verhältnisse. Zur Kulturphilosophie des Fortschritts, Graz/Köln/Wien 1983; Ders.: Der Fortschritt und das Museum. Über den Grund unseres Vergnügens an historischen Gegenständen, London 1982. Vgl. ausführlich Gisela Weiß, Sinnstiftung in der Provinz – Westfälische Museen im Kaiserreich, Münster 2005, insbes. S. 4 f., 24 f. u. 333 ff.; Dies., „Wir wollen nicht mehr den Standpunkt des Historikers“ – Zum spannungsvollen Verhältnis zwischen Museumsdisziplin und Geschichtswissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert, in: Hartung (Hg.), Museum und Geschichtskultur, S. 235-254. Pierre Bourdieu, Ökonomisches Kapital – Kulturelles Kapital – Soziales Kapital (1983), in: Ders., Die verborgenen Mechanismen der Macht, Hamburg 1992, S. 49-80; Ders.: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. (französ. 1979), Frankfurt a. M. 1982. Wolfgang Jacobmeyer, Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik, Musentempel, Lernort. Die Institution Museum als didaktische Herausforderung, in: Bernd Mütter u. a. (Hg.), Geschichtskultur, S. 142-155, hier S. 155, bezeichnet Mu-

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seen zwar als „ein eigenständiges Medium“, sie besitzen damit aber noch „keinen eigenen Inhaltswillen“. Die hohe Anpassungsfähigkeit der Museen und ihrer Leiter an den sich wandelnden Zeitgeist erkannte bereits der Museumsdirektor Georg Brandt, als er 1909 ironisch bemerkte: „Wie das Museum in der objektiv gerichteten Periode auf reale, praktische oder exakt wissenschaftliche Zwecke gehenden Aufgaben gerecht wurde, so wird das Museum auch den Forderungen der neuen subjektiv-künstlerisch gerichteten Zeit gerecht werden“, in: Museumskunde, Jg. 5 (1909), S. 32. Dass viele bürgerliche Museen seit Reichsgründung auch zur „Harmonisierung von Klassengegensätzen“ dienten, ist ein wesentliches Ergebnis der Arbeit von Andreas Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte: Museumskonzeptionen in der deutschen Volksbildungsbewegung von 1871-1918, (Marburg 1980) Münster 1996, S. 69 f. Martin Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen (1900-1950). Geschichtsbilder, Kulturströmungen, Bildungskonzepte (= Forschungen zur Regionalgeschichte, Bd. 24), Paderborn 1998, S. 59. Vgl. Hartmut Boockmann, Geschichte im Museum? Zu den Problemen und Aufgaben eines Deutschen Historischen Museums, München 1987, S. 9, der auf das ursprüngliche Konzept des Germanischen Nationalmuseums verweist. Vgl. auch Melanie Blank/Julia Debelts, Was ist ein Museum? (= Museum zum Quadrat, Bd. 9), Wien 2002, S. 123, die diese Tendenz anhand einer Analyse von zum Museumsbegriff verfassten Lexikonartikel des 19. Jahrhunderts nachweisen. Wilhelm Peßler, Das Heimat-Museum im deutschen Sprachgebiet als Spiegel deutscher Kultur, München 1927, S. 26, nahm bei seiner Unterscheidung der Museen nach den „Hauptgruppen Natur und Mensch“ bzw. nach Einrichtungen der Naturgeschichte und Kulturgeschichte die Kunstmuseen ausdrücklich aus. Als Begründung genügte ihm hierfür der Hinweis auf ihre Funktion als ausschließliche Vermittler von „Kunstgenuß und Geschmacksbildung“. So sah sich beispielsweise Rudolf Virchow 1899 dazu genötigt, die vormals geläufige „Vermischung von normaler und pathologischer Anatomie“ durch Abzweigen des „pathologischen Theil[s]“ als „besondere Sammlung“ aufzuheben, siehe Rudolf Virchow, Die Eröffnung des Pathologischen Museums der Kgl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 27. Juni 1899, Berlin 1899, S. 27. Gottfried Korff, Museumsdinge: Deponieren – Exponieren, hrsg. v. Martina Eberspächer, Köln u. a. 2002, S. 117 f. Erich Keyser, Die Geschichtswissenschaft. Aufbau und Aufgaben, München/Berlin 1931, S. 224 f. Otto Lauffer, Das Historische Museum, in: Museumskunde Jg. 3 (1907); Ders.: Historische Museen, in: Deutscher Museumsbund (Hg.), Die Kunstmuseen und das Deutsche Volk, München 1919, S. 169-184, insbesondere Anmerkungen 113

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S. 176; Ders.: Aufgabe und Arbeitsweise der historischen Museen, in: Volkstum und Bildung: Bericht über die Hamburger Tagung für Deutsche Bildung 1925, Zeitschrift für deutsche Bildung, Beiheft 1, 1925, S. 139-141, hier S. 140. Zit. n. Roth, Museum zwischen Wissenschaft und Politik – Vom Vormärz bis zur Gegenwart, in: Museumsmagazin 5 (1992), S. 16-33, hier S. 31. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 277. Peter H. Feist, Publikum und Ausstellungen in Deutschland um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Der Zugang zum Kunstwerk, Schatzkammer, Salon, Ausstellung, „Museum“, Akten des XXV. Internationalen Kongresses für Kunstgeschichte, Sektion 4, Wien 1983, Wien/Köln 1986, S. 81. Dies entspricht auch der Habermas’schen Kategorisierung von Institutionen der entstehenden bürgerlichen Öffentlichkeit. Die bürgerlichen Museen standen formal jedem offen und ihre Sammlungen verloren als Diskussionsgegenstand der bürgerlichen Öffentlichkeit ihre bisherige Funktion als Bestandteil repräsentativer höfischer oder kirchlicher Öffentlichkeit, vgl. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied/Berlin 1962, S. 53. Pierre Bourdieu, Outline of a Sociological Theory of Art Perception, in: International Social Science Journal 20 (1968), S. 589-612, hier S. 611. Walter Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort. Zur Sozialgeschichte deutscher Museen 1800-1914, Darmstadt 1994, S. 58 f. Der Freiherr Hans von Aufseß soll einst die Worte gerufen haben: „Wir haben eine gemeinsame Geschichte und Entwickelung, sie sei unser Hort und das Pfand unserer Hoffnungen!“, zit. n. Hampe, Das Germanische Nationalmuseum, S. 103. Jahresbericht des Germanischen Nationalmuseums 3 (1856), S. 6, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 70. Besonders drastisch formuliert das Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 32 f., der in der Programmatik des Deutschen Museums die Absicht erkennt, das „‚Volk‘ kulturell zu unterdrücken“ und dessen „Ohnmachtsgefühl“ und „Untertanengeist“ zu stabilisieren. Der Berliner Privatier James Simon, Erbe eines Textilvermögens, erwarb beispielsweise mit Unterstützung von Wilhelm Bode seit 1882 eine prachtvolle Privatsammlung, von der später ein großer Teil in der Berliner Gemäldegalerie landete, vgl. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 237; Der Düsseldorfer Gewerbe-Ausstellung von 1902, die vor allem die Bedeutung der westdeutschen Industrie herausstellen sollte, wurde bewusst mit einer nationalen Kunstausstellung verbunden, die der ästhetischen Überhöhung der Industrie dienen sollte, vgl. Wolfgang Köllmann u. a. (Hg.), Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter, Bd. 4, Wuppertal 1985; Obwohl die Bergbauingenieure bereits seit den 1880er Jahren die Einrichtung eines Bergbaumuseums im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet wünschten, investierten die Ruhrindustriellen 1920/21 ihr durch die Inflation bedrohtes Kapital nicht in ein solches, sondern spendeten den damals spektakulären

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Betrag von 15 Millionen Mark für die Übernahme der Kunstsammlung des Hagener Folkwang-Museums durch die Stadt Essen. Das RheinischWestfälische Kohlensyndikat stand dabei mit allein sechs Millionen Mark an der Spitze, vgl. Thomas Parent, Zur Geschichte kommunaler Kultur im Revier, in: Wolfgang Köllmann u. a. (Hg.), Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung, Bd. 2, S. 361-671, hier S. 402. Vgl. Burkhard Dietz, Michael Fessner, Helmut Maier (Hg.), Technische Intelligenz und „Kulturfaktor Technik“. Kulturvorstellungen von Technikern und Ingenieuren zwischen Kaiserreich und früher Bundesrepublik Deutschland (Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt Bd. 2), Münster/New York 1996, darin besonders: Dies., Der „Kulturwert der Technik“ als Argument der Technischen Intelligenz für sozialen Aufstieg und Anerkennung, S. 1-32. Vgl. Constantin Goschler, Rudolf Virchow: Mediziner, Anthropologe, Politiker, Köln u. a. 2002, S. 379. Alois Riedler, Unsere Hochschulen und die Anforderungen des 20. Jahrhunderts, Berlin 1898, S. 44, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 164. Rudolf Virchow, Das Museum für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes in Berlin, in: Die Gartenlaube 1889, Nr. 26, S. 435-436 (Auch als Sonderdruck, 1 Bl.). Goschler, Virchow, S. 391. Ebd., S. 386. Robert Mielke, Museen und Sammlungen, Berlin 1903, S. 7, beklagte noch nach dem Tode des als Gegner Bismarck’scher Politik bekannten Virchow 1902, dass der „preußische Staat, der das Museum [für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes in Berlin] geschenkt erhalten sollte“, „keine Neigung gezeigt“ habe, „das Unternehmen zu übernehmen und fortzuführen [...].“; Die Erwerbungen neuer Exponate für das Museum wurde noch bis zum Jahre 1930 aus ausschließlich privaten Mitteln finanziert, vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 177. Oswald Richter, Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen, in: Museumskunde 2 (1906), S. 206, Anm. 2. Oswald Richter, Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen (Fortsetzung), in: Museumskunde 3 (1907), S. 14. Siehe Abschnitt II., Das Sozial- Und Wirtschaftsmuseum. Emil Adolf Roßmäßler, Mein Leben und Streben im Verkehr mit der Natur und dem Volke, posthum, hrsg. v. Karl Ruß, Hannover 1874, S. 114. Ebd., S. 408 f.: „Öffentliche, belehrend angeordnete und stets zugängliche naturgeschichtliche und gewerbliche Landesmuseen müssen die Lernbegierde befriedigen oder wecken. [… und] würden ein mächtiges Bildungsmittel für das Volk abgeben.“ Vgl. Andreas Grote, Museen als Bildungsstätten, in: Wolfgang Klausewitz (Hg.), Museumspädagogik. Museen als Bildungsstätten, Frankfurt a. M., 1975, S. 31-62, hier S. 33; vgl. auch Kuntz, Museum als Volksbildungsstätte, Anmerkungen 115

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S. 15, das 1878 erlassene und bis 1890 jährlich erneuerte „Sozialistengesetz“ wurde jedoch von der „Gesellschaft für die Verbreitung von Volksbildung“ abgelehnt. Vgl. z. B. die Erklärung zur Gründung der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ von 1871, Hans Tietgens, Geschichte der Erwachsenenbildung, in: Rudolf Tippelt (Hg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung, Opladen 1994, S. 23-39, hier S. 31. Die Museen als Volksbildungsstätten. Ergebnisse der 12. Konferenz der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen (= Schriften der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 25), Berlin 1904. Ebd., die größten Blöcke der Tagung bildeten Diskussionen über die „Ausstellung und die Bezeichnung“ sowie „schriftliche und mündliche Belehrung“ in den Museen, vgl. auch Grote, Museen als Bildungsstätten, S. 42. Die Museen als Volksbildungsstätten, S. 211 f., hier S. 212, Diskussionsbeitrag von Prof. Dr. Jaekel, Kustos am Museum für Naturkunde in Berlin. Siehe beispielsweise das Verzeichnis mit den Gruppenführungen des Bochumer Bergbaumuseums im Frühjahr 1933 (19. Februar bis 30. April). Darin finden sich unter den 24 angemeldeten Vereinen drei als genuin proletarisch identifizierbare Zusammenschlüsse: 1. Schwimmklub Sparta, 2. S.A.J. Langendreer und 3. die Adler und Falken Langendreer; die restlichen 21 Anmeldungen waren bürgerliche bzw. christliche Vereine, wie z. B. der Bund der Wandervögel, der Evangelische Jungmännerverein, der Verband der weiblichen Handels- u. Büroangestellten oder der Vaterländische Frauenverein Werne, siehe den „Plan für die Besichtigung des geschichtlichen Bergbaumuseums“, siehe Hartung, Museen des Industrialismus, S. 408 f.; vgl. auch Kuntz, Museum als Volksbildungsstätte, S. 15: „[...] anstelle von Arbeitern [wurden] in der Hauptsache kleinbürgerliche Kreise angesprochen [...], denen der Bildungserwerb […] berufliche Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet[e].“ Beispielsweise trat der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Emanuel Wurm 1892 zusammen mit einigen Abgeordneten anderer Fraktionen „eifrig“ für die Errichtung einer Unfallverhütungssammlung durch den Staat ein, vgl. Leopold Katscher, Die sogenannten „Sozial-Museen“ (= Sozialer Fortschritt. Hefte und Flugschriften für Volkswirtschaft und Sozialpolitik Nr. 14), Leipzig 1904, S. 3; Die Hamburgische SPD hat die kaiserzeitlichen Museumsprojekte der Bürgerschaft zumindest gegen Gegner aus deren eigenen konservativen Reihen verteidigt und unterstützt. Dies zeigt auch ein am 16.1.1909 im sozialdemokratischen Hamburger Echo abgedruckter Artikel, der die „Einrichtung eines Museums für Gewerbehygiene und Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen in Hamburg empfahl“, Birgit-Katharine Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur. Kulturelle Entwicklung und Kulturpolitik in Hamburg von 1839-1933 am Beispiel des Museumswesens (= Historische Studien, Bd. 452), Husum 1998, S. 169 f. u. 195; im RheinischWestfälischen Industriegebiet forderten als erste die christlichen Bergarbeiter-Verbände auf einer Tagung in Essen öffentlich die Errichtung eines

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Bergbau-Museums, Märkischer Sprecher, 22.1.1921: „Brauchen wir im Industriegebiet ein neues Bergbau-Museum?“; Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 15 u. 89, Anm. 456, kommt generell zu dem Schluss, dass die Sozialdemokratie „auf dem Feld der Kulturarbeit gänzlich untätig blieb“, und kann für den von ihm behandelten Zeitraum keine „sozialdemokratischen Museumskonzeptionen“ ausfindig machen; auch Roth, Museum zwischen Wissenschaft und Politik, S. 19, hält es für bezeichnend, dass sich die „Arbeiterbewegung selbst des Mediums ‚Museum‘ bzw. ‚Ausstellung‘ kaum bedient“ hat. Adolf Levenstein zeigte z. B. Bilder von Industriearbeitern, die diese in ihren Freistunden hergestellt hatten, u. a. 1911 im alten Senkenbergischen Museum in Frankfurt, vgl. Gemeinnützige Blätter für Hessen und Nassau. Zeitschrift für soziale Heimatkunde, hrsg. v. H. Kobelt, 13. Jg. (1911), S. 19 ff., zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 51; in Leipzig veranstaltete die SPD 1909 in den Räumen ihres Bildungsausschusses Ausstellungen, wie beispielsweise „Wandschmuck für das Proletarierheim“, vgl. Erika Karasek, Die volkskundlich-kulturhistorischen Museen in Deutschland vom Ausgang der Periode des entwickelten Kapitalismus bis 1945. Eine wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung zur Rolle der Volkskunde in der bürgerlich-imperialistischen Gesellschaft, Diss. Humboldt-Universität Berlin (DDR) 1978, S. 60; auch bei Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 195. Grote, Museen als Bildungsstätten, S. 33. Vgl. Karasek, Die volkskundlich-kulturhistorischen Museen, S. 153 ff. Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Bd. III, Berlin (DDR) 1960, S. 156 f.: „Es muß möglich sein [...] eine Art Gesamtkunstwerk darzustellen [...] das Milieu, in dem die Kunstwerke Bilder usw. ursprünglich waren und für das sie geschaffen sind, zu reproduzieren und da hinein wenigstens als belehrendes und belebendes Beispiel einzelne Bilder zu hängen [...] da man nur auf diese Weise eine wirklich lebendige Vorstellung von der Kunst vergangener Zeiten gewinnt.“ Wilhelm R. Valentiner, Die Umgestaltung der Museen im Sinne der neuen Zeit, Berlin 1919 (= Denkschrift vom „Arbeitsrat für Kunst“ am 30.12.1918 beim Preuß. Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung eingereicht), zit. n. Martin Roth, Heimatmuseum. Zur Geschichte einer deutschen Institution (= Berliner Schriften zur Museumskunde, Bd. 7), Berlin 1990, S. 18 f., Valentiner schlug dem Berliner Arbeitsrat der Kunst die Einrichtung von drei Arten von Museen vor: ein Museum für internationale Kunst, eins für nationale Kunst und eine Sammlung von Werken lebender Künstler. Seine Anregung, „Volksstätten“ einzurichten, war eine Weiterführung englischer Reformideen vom Ende des 19. Jahrhunderts und wurde vor dem Krieg in Deutschland bereits von Alfred Lichtwark propagiert; zu den Vorschlägen Valentiners vgl. auch Seemann, Stadt, Bürgertum, Kultur, S. 231-236. Der Begriff ‚Volksmuseum‘ wurde sowohl von Vertretern einer demokratischen Museumsreform gebraucht, wie z. B. von dem Nachfolger Lichtwarks Anmerkungen 117

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in der Hamburger Kunsthalle, Gustav Pauli, Das Kunstmuseum der Zukunft, in: Die Kunstmuseen und das deutsche Volk, hrsg. v. Deutschen Museumsbund, München 1919, S. 5-21, hier S. 8, aber auch zur Verbreitung völkischen Gedankenguts, wie von Wilhelm Peßler, „Was ist deutsch?“ in: Museumskunde, Jg. 10 (1914), S. 181 f. Siehe Abschnitt II., Das Kunstmuseum. Vgl. Olaf Hartung, Museumskonzeptionen und Geschichtskultur im 19. Jahrhundert, in: Ders. (Hg.): Museum und Geschichtskultur. Ästhetik – Politik – Wissenschaft, Bielefeld 2006, S. 258-270. Der seit 1866 das Germanische Nationalmuseum leitende Direktor August Essenwein bevorzugte anstelle des Aufseß’schen Generalrepertoriums eine „systematisch angelegte“ Sammlung, die eine wissenschaftliche Einheit bilden […]“ sollte. In seiner Ära wurden ein im Stile der Romanik gestalteter Saal für Gipsabgüsse von plastischen Werken dieser Zeit (um 1878), ein „in den Formen der Gotik“ gehaltener „Friedrich-Wilhelmsbau“ (um 1880), zwei „Renaissancesäle“ und mehrere sog. „altdeutsche[] Zimmer“ eingerichtet (um 1888), vgl. Theodor Hampe, Das Germanische Nationalmuseum von 1852 bis 1902: Festschrift zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens, Leipzig 1902, S. 88 u. 103 f. Justus Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Ein Führer durch die Sammlungen, zugleich ein Handbuch der Geschichte des Kunstgewerbes, 2 Bde., Hamburg/Leipzig 1894, Bd. 1, S. V-VIII, hier S. IV. Wolfgang J. Mommsen, Bürgerliche Kultur und künstlerische Avantgarde: Kultur und Politik im deutschen Kaiserreich 1870 bis 1918, Berlin 1994, S. 35. Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe, S. VI. Roth, Heimatmuseum, S. 35, spricht im Zusammenhang mit der „Aktualisierungsdebatte der 1920er Jahre“ von einer „Variante des Museumsbegriffs“, die „heute nur schwer nachvollziehbar ist“. Allerdings wurde das Museum bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr „zwingend gleichgesetzt mit Altertümlichkeit und Raritätenkabinett“, wie es nicht nur das Beispiel der Kriegsmuseen, sondern auch das der Sozialmuseen und technisch-naturwissenschaftlichen Museen zeigten; Auch Seemann, Stadt, Bürgertum, Kultur, S. 299, sieht in der „nach 1918/19“ anhaltenden „‚Aktualisierung‘ der Museen“ einen „der wichtigsten Trends der Museumsentwicklung in der Weimarer Republik“. Theodor Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen (= Kunst und Kultur, Bd. 5), Stuttgart 1909, S. 55 f. Katscher, Die sogenannten „Sozial-Museen“, S. 4. Jörn Rüsen, Geschichte im Kulturprozeß, Köln/Weimar/Wien 2002, S. 55. Ebd., S. 59. Korff, Museumsdinge, S. 113, formuliert pointiert, dass die Geschichte des Museums in Deutschland die Geschichte einer Verdrängung des historischen Prinzips“ zugunsten der „Etablierung eines ästhetischen Prinzips, ge-

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nauer der Institutionalisierung eines kunstwissenschaftlichen Prinzips […]“ gewesen sei. Ingeborg Weber-Kellermann/Andreas C. Bimmer/Siegfried Becker, Einführung in die Volkskunde/Europäische Ethnologie. Eine Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart/Weimar 3., vollständig überarb. und aktualisierte Aufl. 2003, S. 20. Wilhelm Peßler, Die wissenschaftlichen Grundlagen für ein deutsches Volkstumsmuseum, in: Museumskunde, Jg. 10 (1914), S. 181-206, S. 181, wollte nicht etwa den Wandel des Deutschtums in Raum und Zeit untersuchen, sondern die Frage: „Was ist deutsch im Wechsel des Raumes und der Zeit?“ Weber-Kellermann u. a., Einführung in die Volkskunde, S. 46. Reinhart Koselleck/Bernd Schönemann/K.-F. Werner, Volk, Nation, Nationalismus, Masse, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck, Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Stuttgart 1992, Bd. 7, S. 141-431, hier S. 392. Max Scheler, Der Genius des Krieges und der deutsche Krieg, Leipzig 1915, S. 119 f. Steffen Dietzsch, ‚Geschichte‘, in Hans Jörg Sandkühler (Hg.), Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Band 2 (Hamburg 1990), S. 290-294, hier S. 293; Vgl. die Besucherreaktionen bei Franz Mannheimer, Ein Gang durch das Deutsche Museum, in: Reclams Universum. Moderne Illustrierte Wochenschrift, Bd. 28, Leipzig 1911, S. 328-334, hier S. 327. Ulf Hashagen/Oskar Blumtritt/Helmuth Trischler, Artefakte circa 1903: Methodische Konzepte – Überlegungen – Ergebnisse, in: Dies. (Hg.), Circa 1903. Artefakte in der Gründungszeit des Deutschen Museums, München 2003, S. 9-30, hier S. 15 f., sehen in der häufige Verwendung des Begriffs „Schöpferkraft“ in den Gründungsdokumenten des Deutschen Museums ein Indiz für eine solche Tendenz. Peßler, Heimatmuseen, S. 28, sah in den „Entwicklungsreihen“ eine adäquate Möglichkeit, um der „zeitlichen Tiefe“ von Kulturerscheinungen gerecht zu werden. Dass man wie im Falle der Luftfahrtabteilung des Deutschen Museums auch einmal auf das ‚falsche Pferd‘ setzen konnte, nämlich auf das Prinzip ‚leichter als Luft‘ (Zeppeline), statt auf das Prinzip „schwerer als Luft“ (Flugzeuge), hatte vermutlich auch Auswirkungen auf das historistische Geschichtsbewusstsein der Techniker und Ingenieure. Mommsen, Bürgerliche Kultur, S. 16. Eve Duffy, Im Spannungsfeld von Selbststeuerung und Fremdbestimmung 1925-1944, in: Füßl u. a., Geschichte des Deutschen Museums, S. 103-147, hier S. 104. Vorwort von Karl Sudhoff/Otto Neustätter in: Internationale Hygiene Ausstellung, Historische Abteilung mit Ethnographischer Unterabteilung (Ausstellungskatalog), S. IV.

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76 Ernst Schur, Die Museen als dekoratives Gesamtkunstwerk, in: Museumskunde 4 (1908), S. 187-194, hier S. 191. 77 Die teleologische Prozessmetapher ‚Vervollkommnung‘ wurde damals häufig gebraucht. Auch von Miller sprach z. B. von den „ersten Vervollkommnungen der Lokomotiven“, Rundschreiben Oskar von Millers zur Gründung eines Museums für Meisterwerke der Naturwissenschaften und Technik, 1.5.1903, in: Albert Stange, Das Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München. Historische Skizze, München u. a. Oldenbourg 1906, S. 1-3, hier S. 2; auch im Verwaltungsbericht des Deutschen Museums, Bd. 4, 1907, S. 17 f., zit. n. Ulrich Menzel, Die Musealisierung des Technischen. Die Gründung des Deutschen Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München, Phil. Diss. Braunschweig 2002, S. 167, heißt es, dass die Erfindungen Ausgangspunkte für neue „Verbesserungen und Vervollkommnungen“ seien.

Kunstmuseen 1 2

Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 182. Der Begriff „Kunst“ im modernen Sinne ist ein Phänomen der Neuzeit, vgl. Hans Belting, Bild und Kunst. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst, 2. Aufl. München 1991. 3 Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 15. 4 Johann Georg Sulzer, Allgemeine Theorie der schönen Künste, Bd. 1-4, Leipzig 1792-94 (2. Aufl., Nachdruck: Hildesheim 1970). 5 Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 15. 6 Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, in: Ders.: Werke, 1980-81, Bd. 5, Absatz 27.10, S. 667, vertrat als herausragender Vertreter einer ästhetisch begründeten Gemeinschaft die Ansicht, dass zwar der „dynamische Staat“ die Gesellschaft ermögliche, und der „ethische Staat“ diesen „moralisch notwendig“ mache, aber nur der „ästhetische Staat allein“ könne sie Wirklichkeit werden lassen, „weil er den Willen des Ganzen durch die Natur des Individuums vollzieht.“ 7 Vgl. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 82. 8 Hans Joachim Klein, Kulturinstitutionen, in: Sabina Misoch (Red.): Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, Opladen 1998, S. 393-405, hier S. 402 f. 9 Wilhelm v. Humboldt, Gesammelte Schriften, Bd. XII, S. 573 f., zit. n. Korff, Museumsdinge, S. 115, Anm. 6. 10 Gustav Friedrich Waagen, Kleine Schriften, Stuttgart 1875, S. 8, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 182. 11 Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 15. 120 Anmerkungen

12 Die folgenden Analysen basieren auf die zusammenfassende Schilderung der Ausstellungen bei Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, zur Glyptothek: S. 101-113, zum Alten Museum: S. 113-128. Das vollständige Ausstellungsprogramm der Glyptothek ist abgedruckt in: Th. Trautwein, Führer durch München und seine Umbebung, München 1885, S. 57-66. 13 Die Denkschrift von Schinkel und Waagen von 1828 ist abgedruckt bei Henning Bock: Die europäischen Kunstsammlungen, in: Andreas Grote (Planung, Redaktion, Koordination), Die Staatlichen Museen Preussischer Kulturbesitz Berlin, Tübingen/Florenz 1987, S. 26-41, hier S.28 f.; vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 183; vgl. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 126. 14 Karl Friedrich Schinkel, Aus Schinkels Nachlass: Reisetagebücher, Briefe und Aphorismen, hg. v. Alfred von Wolzogen, Bd. 1-4, Berlin 1862-1864, hier Bd. 3, S. 257. 15 Johann Joachim Winckelmann, Werke in einem Band, Berlin 1969, S. 2, bringt diese Widersprüchlichkeit in seiner Einleitung mit folgendem programmatischer Satz deutlich zum Ausdruck: „Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten.“ 16 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Werke in zwanzig Bänden, Frankfurt 19691971, hier 1970, Bd. 13, S. 341 u. 25 f., hielt Kunst nicht für einen unmittelbaren Ausdruck der Wahrheit einer Kultur, weshalb für ihn die „Wissenschaft der Kunst“ „noch viel mehr Bedürfnis“ war „als zu den Zeiten, in welchen die Kunst für sich als Kunst schon volle Befriedigung gewährte. Die Kunst lädt uns zur denkenden Betrachtung ein, und zwar nicht nur zu dem Zwecke, Kunst wieder hervorzurufen, sondern was Kunst sei, wissenschaftlich zu erkennen.“ 17 Im Jahre 1860 wurde Anton Springer als erster ordentlicher Professor für Kunstgeschichte an die Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn berufen. 18 So wurde z. B. häufig das frühe Mittelalter als Aufstiegsphase der christlichen Kunst aus den Trümmern der Antike gedeutet, deren Blütezeit die Werke Michelangelos und Raffaels repräsentierten. 19 Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen. 20 Reinhard Kekulé, Die Behandlung der Abgüsse im Berliner Museum, in: Im Neuen Reich 2 (1872), Nr. 2, S. 697-700, hier S. 698, 700. 21 So der Tenor der Großen Kunstausstellung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft in München im Jahre 1858, zit. in Dieter Hein, Bürgerliches Künstlertum: Zum Verhältnis von Künstlern und Bürgern auf dem Weg in die Moderne, in: Dieter Hein/Andreas Schulz (Hg.), Bürgerkultur im 19. Jahrhundert: Bildung, Kunst und Lebenswelt, München 1996, S. 102-120, hier S. 114, zit. n. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 172; auch abgedruckt bei Mommsen, Bürgerliche Kultur, S. 21. 22 Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 175; auch Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 172: Im Jahre 1861 vermachte Johann Heinrich Wilhelm Wagener dem preußischen König 262 Gemälde, Anmerkungen 121

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wobei die Annahme der Erbschaft nicht mit der Pflicht zur Errichtung einer „nationalen Galerie“ verbunden war. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 10 f. Julius Langbehn, Rembrandt als Erzieher, Leipzig 1922 (zuerst anonym 1890), S. 85 f. u. 68, traf mit seiner durch Nietzsche inspirierten Schrift den „Nerv“ der Zeit und interessanter Weise auch auf die Zustimmung des Establishments in den Kunstmuseen (z. B. bei Wilhelm Bode, vgl. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 212 f.), obwohl dieses die kritisierten Entwicklungen mitzuverantworten hatte. Ernst Schur, Die Museen als dekoratives Gesamtkunstwerk, in: Museumskunde Jg. 4 (1908), S. 187-194, hier S. 191. Gottfried Semper, Über Baustile, in: Ders., Kleine Schriften, hrsg. v. Hans u. Manfred Semper, Berlin 1884, hier S. 399, 426, Semper hielt den Vortrag bereits im Jahre 1869. Vgl. Achim Preiß, Elfenbeinturm oder Massenmedium. Zur Geschichte des Verhältnisses zwischen Museum und Publikum im 20. Jahrhundert, in: Ders. u. a., Das Museum. Die Entwicklung in den 80er Jahren. (Festschrift für Hugo Borger zum 65. Geburtstag), München 1990, S. 261-278, hier S. 263. Vgl. Dirk Luckow, Museum und Moderne. Politische und geistesgeschichtliche Voraussetzungen von Museumskonzeptionen in der Weimarer Republik, in: Museum der Gegenwart – Kunst in öffentlichen Sammlungen bis 1937 (zur Ausstellung „1937. Europa vor dem 2. Weltkrieg), hrsg. v. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, S. 33-45, hier S. 33, die sich um 1900 herausbildende Avantgarde „beinhaltete die Kritik an der Institution des Kunstmuseums und die Opposition zur ‚Museumskunst‘, gegen deren „Passatismus“ und „Kult der Vergangenheit“ besonders die sog. Futuristen scharf polemisierten. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 11. Vgl. Hermann Muthesius, Stilarchitektur und Baukunst: Wandlung der Architektur im XIX. Jahrhundert und ihr heutiger Standpunkt, Mühlheim a. d. R. 1902, der Mitbegründer des „Werkbundes“ Muthesius wollte ausgehend von einer Reform der Architektur „im deutschen Hause“ eine allgemeine Kunstreform einleiten, vgl. auch Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 219. Walther Gensel, Ein Jahrhundert deutscher Malerei, in: Deutsche Rundschau (DR) 127 (April-Juni 1906), S. 108-125, 267-285, hier S. 110, zit. n. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 225. Wilhelm Bode, Kunst und Kunstgewerbe am Ende des 19. Jahrhunderts, Berlin 1901, S. 167 f., Bode lehnt die Moderne nicht grundsätzlich ab, wie u. a. seine Freundschaft zu Max Liebermann zeigt. Hugo von Tschudi, Vorwort, in: Katalog der aus der Sammlung des kgl. Rates Maczell von Nemes-Budapest ausgestellten Gemälde, München 1912, zit. n. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 242.

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34 Andreas Grote, Museen als Bildungsstätten, in: Wolfgang Klausewitz (Hg.), Museumspädagogik. Museen als Bildungsstätten, Frankfurt a. M., 1975, S. 31-62, hier S. 39. 35 Alfred Lichtwark, Museen als Bildungsstätte, in: Die Museen als Volksbildungsstätten. Ergebnisse der 12. Konferenz der Centralstelle für ArbeiterWohlfahrtseinrichtungen (= Schriften der Centralstelle für ArbeiterWohlfahrtseinrichtungen Nr. 25), Berlin 1904, S. 6-12, hier S. 8.; schon bei seiner Antrittsrede in der Hamburger Kunsthalle hatte Lichtwark davon gesprochen, mit dem Museum „[...] thätig in die künstlerische Erziehung unserer Bevölkerung“ einzugreifen, Ders., Aufgaben der Kunsthalle, in: Ders., Zur Organisation der Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1887, S. 12. 36 Zur Entwicklung von der Interieurausstellung zur modernen Ausstellungspräsentation bis zum sog. „white cube“, vgl. Brian O’ Doherty, Inside the white cube: the ideology of gallery space, Santa Monica 1986, (dt. Übersetzung: Ders., In der weißen Zelle, hrsg. v. Wolfgang Kemp, Berlin 1996); Alexis Joachimides, Die Museumsreformbewegung in Deutschland und die Entstehung des modernen Museums 1880-1940, Dresden 2001; Walter Grasskamp, Die weiße Ausstellungswand. Zur Vorgeschichte des ‚white cube‘, in: „Weiß“ hrsg. v. Wolfgang Ullrich und Juliane Vogel, Frankfurt a . M. 2003. 37 Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 275.

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Gottfried Semper, Plan eines idealen Museums [Braunschweig 1852], in: Ders.: Wissenschaft, Industrie und Kunst und andere Schriften, hg. v. Hans Wingler, Mainz 1966, S. 72-79, zit. n. Barbara Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen im 19. Jahrhundert (= Studien zur Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 22), München 1974, S. 101. Lucian Hölscher, Stichwort: Industrie, Gewerbe, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Kosellek, Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Dt., Bd. 3, S. 237-304; hier S. 282. Vgl. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 14. Vgl. Annemarie Hillenkamp, Der Polytechnische Verein in Bayern 18151945. Ein Katalog seines Archivs, München 1968, S. II, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 128. Robert Mielke, Museen und Sammlungen. Ein Beitrag zu ihrer weiteren Entwicklung, Berlin 1903, S. 11. Jacob Falke, Die moderne Museumsfrage in Bezug auf Geschichte, Kunst und Kunstindustrie, in: Österreichische Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und öffentliches Leben 3 (1864), S. 161-168, 200-207, 257-263, 298Anmerkungen 123

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307, hier S. 205, 164, zit. n. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 217. Volbehr, Die Zukunft der Museen, S. 51 f.; Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 12: Die Weltausstellungsen von 1867 in Paris und 1873 in Wien gaben „den Anstoss für die Gründung der deutschen Kunstgewerbemuseen.“; vgl. auch Gert Reising, Das Museum als Öffentlichkeitsform und Bildungsträger bürgerlicher Kultur, Darmstadt o. J. Vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 173. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 48: 1873/80 Bremen, Technische Anstalt/Gewerbemuseum, 1873 Lübeck, Gewerbliche Mustersammlung, 1874/80 Kaiserslautern, Gewerbliche Mustersammlung, 1875 Königsberg, Gewerbliche Mustersammlung, 1876 Dresden, Königliches Kunstgewerbemuseum, 1876 Flensburg, Gewerbemuseum, 1876 Schwäbisch Gmünd, Spezial. Gewerbemuseum, 1877 Frankfurt a. M., Kunstgewerbemuseum, 1877 Chemnitz, Gewerbemuseum, 1878 Kiel, ThaulowMuseum, 1881 Danzig, Gewerbemuseum, 1882 Düsseldorf, Gewerbemuseum, 1882 Magdeburg, Kunstgewerbemuseum, 1882 Ulm, Gewerbemuseum, 1885 Halle, Museum für Kunst und Gewerbe, 1886/89 Hannover, Kunstgewerbemuseum, 1887 Oldenburg, Gewerbemuseum, 1887 Straßburg, Kunstgewerbemuseum, 1888 Köln, Kunstgewerbemuseum, 1890 Karlsruhe, Kunstgewerbemuseum. Justus Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Ein Führer durch die Sammlungen, zugleich ein Handbuch der Geschichte des Kunstgewerbes, 2 Bde., Hamburg/Leipzig 1894, Bd. 1, S. V-VIII, hier S. IV, Ebd., S. 46. Ebd., S. III. Vgl. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 178. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 85. Julius Lessing, Unserer Väter Werke. Vortrag, Berlin 1889, S. 26, 28, 35, zit. n. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 18, Mundt spricht zwar davon, dass Lessing von „Anfang an“ diese Positionen vertrat, trotzdem befand sich hier der ursprünglich „normativ-exemplarische“ Ansatz des Gewerbemuseums bereits in einer Verteidigungsposition. Julius Lessing, Aufgaben der Kunstgewerbe-Museen, in: Kunstgewerbeblatt 1896, S. 81 ff., hier S. 86, zit. n. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 19. Justus Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Ein Führer durch die Sammlungen, zugleich ein Handbuch der Geschichte des Kunstgewerbes, 2 Bde., Hamburg/Leipzig 1894, Bd. 1, S. V-VIII, hier S. VIII; Als Brinckmann 1907 vor der Hamburger Bürgerschaft die Notwendigkeit des Um- und Ausbaus seines Museums begründete, tat er dies mit Verweis auf die „neue“ kulturgeschichtliche Aufstellung und die Befreiung der Sammlungen aus dieser „rein technologischen Fesselung“, Stenographische Berichte der Sitzungen der Bürgerschaft zu Hamburg, 1899-

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1934, 32. Sitzung, 1907, S. 839, zit. n. Seemann, Stadt Bürgertum und Kultur, S. 174 f. Wilhelm Bode, o. O, o. J., zit. n. Volbehr, Die Zukunft der Museen, S. 54. Wilhelm Bode, Die Aufgaben unserer Kunstgewerbemuseen, in: Pan, II, 1896, S. 121 ff., zit. n. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 128; Wilhelm Bode (seit 1914 von Bode) war seit 1890 Direktor der Gemäldegalerie und der Sammlungen der Renaissance-Skulpturen, ab 1905 Generaldirektor der Kgl. (Staatl.) Museen zu Berlin, vgl. Andreas Grote, Museen und Ausstellungen, in: Jeserich u.a., Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 4, Das Reich als Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 1985, S. 384-397, S. 388, Anm. 34. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 12. Im Jahre 1879 wurde z. B. das Berliner ‚Gewerbemuseum‘ in ‚Kunstgewerbemuseum‘ umbenannt, vgl. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 15; Korff, Museumsdinge, S. 117, sieht dies als Beleg für die steigende Bedeutung der Kunst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Alfred Lichtwark, in: Das Kunstgewerbe, Illustrierte Halbmonatsschrift, Dresden-München, 1895, H. 1/2, S. 25 f., zit. n. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 15. Vgl. Mundt, Die deutschen Kunstgewerbemuseen, S. 20; Stefan Poser, Museen der Gefahren. Die gesellschaftliche Bedeutung der Sicherheitstechnik (= Cottbuser Studien zur Geschichte von Technik, Arbeit und Umwelt, Bd. 3), Münster u. a. 1998, S. 218, meint im Gegensatz zu den Ergebnissen von Mundt, dass „den Gewerbemuseen ihr Sammlungsgebiet einen langsamen Übergang zu historischen Kunstgewerbemuseen“ ermöglicht hätte.

Kulturhistorische Museen 1 2 3

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Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1998, S. 498. Friedrich Jaeger/Jörn Rüsen, Geschichte des Historismus. Eine Einführung, München 1992, S. 1 f. So der Gründer des Kopenhagener Nationalmuseums Rasmus Nyerup in seinem 1806 vorgelegten Plan, zit. n. Otto Lauffer, Das Museum für Hamburgische Geschichte 1839-1939. Sein Verhältnis zu den übrigen historischen Museen Deutschlands und seine altertums- und volkskundliche Arbeit, in: Ders. (Hg.), Ehrengabe des Museums für Hamburgische Geschichte zur Feier seines hundertjährigen Bestehens, Hamburg 1939, S. 7-15, hier S. 9. Dies ist auch ein Grund dafür, warum sich das Germanische Nationalmuseum in seiner ursprünglichen Konzeption das Jahr 1650 bzw. den Beginn der Anmerkungen 125

‚Neuzeit‘ als Sammlungsgrenze setzte, vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 68, vgl. auch Kurt Böhner, Kulturgeschichtliche Museen, in: Hermann Auer u. a., Denkschrift Museen. Zur Lage der Museen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West), Boppard 1974, S. 83-100, hier S. 84; Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 55, nennt das Jahr 1648 als „Grenzsteinsetzung“ des Museums und merkt an, dass „durch diese Bestimmung“ vermutlich „viele der künstlerischen Zeugen der späteren Zeiten [...] den Deutschen verloren gegangen sind“. 5 Vgl. Andreas Grote, Museen und Ausstellungen, in: Jeserich u.a., Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 4, Das Reich als Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus, Stuttgart 1985, S. 384-397, S. 384. 6 Hermann Heimpel, Geschichtsvereine einst und jetzt, in: Hartmut Boockmann/Arnold Esch/Thomas Nipperdey/Heinrich Schmidt (Hg.), Geschichtswissenschaft und Vereinswesen im 19. Jahrhundert, Göttingen 1986, S. 45-74, hier S. 57. 7 Beispielsweise im „Museum vaterländischer Alterthümer“ in Bonn 1820. 8 „Außer der Sammlung von historischen Quellen, die geschrieben sind“, wollte Eichhorn alles sammeln, „was der Nationalgeschichte angehört [...] a) alle Werke der alten Kunst [...] b) [...] alle noch vorhandenen alten Sitten und Gebräuche, alte Volksdichtungen, Musik, Tanz und dergleichen; ländliche Gebäude, Ackergerät, Handwerksgerät deutscher Art, in Zeichnungen oder Modellen; Notizen über die einheimischen Landwirtschaftsarten und so fort“, zit. n. Otto Laufer, Das Museum für Hamburgische Geschichte, S. 10 f. 9 Gustav Klemm, Die materiellen Grundlagen menschlicher Cultur, 2 Bde., Leipzig 1854/1855; auch Karl Biedermann, Die Stellung der Kulturgeschichte in der Gegenwart mit besonderer Hinsicht der Idee eines kulturgeschichtlichen Vereins, in: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 2 (1857), S. 69, untersuchte die so genannten „materiellen Interessen“ – Ackerbau, Gewerbe, Handel und Verkehr –, die zu „einer socialen Macht“ erwachsen waren. 10 Wie z. B. von Gustav Klemm, Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit, 10 Bde., Leipzig 1843-1852, Die „Fantasie“ in Bd. 1, S. 352 ff., der im Jahre 1843 „über ein Museum für die Cultur-Geschichte der Menschheit“ schrieb. 11 Zit. n. Grote, Museen und Ausstellungen, S. 392; im Jahre 1853 begegnete von Aufseß solcher Kritik mit Hinweisen auf das dem Provinzialinteresse übergeordnete Nationalinteresse, vgl. Hans von und zu Aufseß, Verhältnis der historischen Vereine zum Germanischen Museum. Rede, gehalten auf der Generalversammlung der beiden oberfränkischen Vereine in Culmbach am 6. Juli 1853, Bayreuth 1853, S. 4, zit. n. Deneke, Zur Sammlungsgeschichte volkskundlicher Museumsbestände, S. 263. 12 Wolfgang Hardtwig, Strukturmerkmale und Entwicklungstendenzen des Vereinswesens in Deutschland 1789-1848, in: Otto Dann (Hg.), Vereinswe-

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sen und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland, München 1984 (= Hist. Zeitschrift, Beiheft 9), S. 23. Rudolf Vierhaus, Einrichtungen wissenschaftlicher und populärer Geschichtsforschung im 19. Jahrhundert, in: Bernward Deneke/Rainer Kahsnitz (Hg.), Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert, München/Berlin 1978, S. 109; siehe auch Roth, Heimatmuseum, S. 32, Ders., Museum zwischen Wissenschaft und Politik, S. 16. Notiz über die Ansprache von Aufseß vom 17. oder 18.8.1852, zit. n. Hampe, Das Germanische Nationalmuseum, S. 24. Die Satzung ist abgedruckt in: Bernward Deneke/Rainer Kahsnitz (Hg.), Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert, München/Berlin 1978, S. 951 f. Vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 62 f. Das bayerische Innenministerium bewilligte der Stiftung für das Germanische Nationalmuseum zumindest die „Anerkennung als juristische Person und genehmigte die Bildung einer Aktiengesellschaft zur Beschaffung der finanziellen Mittel.“ Im Jahre 1854 überließ es dem Museum das Gebäude der Nürnberger Kartause. Vgl. Theodor Hampe, Das Germanische Nationalmuseum, S. 13: bereits in den 1830er Jahren entwickelte von Aufseß den Gedanken „an ein umfassendes Generalrepertorium über alle die deutsche Vergangenheit betreffenden Quellen und Denkmäler [...], der später ganz in den Vordergrund seiner Bestrebungen treten und so manche Kämpfe entfesseln sollte.“ Leopold Ranke wandte sich in einem Gutachten für die preußische Regierung gegen eine Unterstützung des Museums durch den König von Preußen, vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 63. Aufseß’ Konzept hatte in Rankes Augen zudem das Manko, sich nicht den Methoden der von ihm bevorzugten schriftquellenfixierten politisch-historischen Fachwissenschaft unterzuordnen. Vgl. Grote, Museen und Ausstellungen, S. 392; vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 78; siehe auch Hampe, Das Germanische Nationalmuseum, S. 95 f. Hans von und zu Aufseß, System der deutschen Geschichts- und Alterthumskunde entworfen zum Zwecke der Anordnung der Sammlungen des germanischen Museums, Leipzig/Nürnberg 1853, S. 4; siehe auch das Flussdiagramm des Repertoriums für deutsche Geschichts- und Altertumskunde von 1860 bei Heinrich Dilly/James Ryding, Kulturgeschichtsschreibung vor und nach der bürgerlichen Revolution von 1848, in: Ästhetik & Kommunikation 21 (1975), S. 24 f. Bernward Deneke, Die Museen und die Entwicklung der Kulturgeschichte, S. 118; vgl. auch Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 77. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 64. Korff, Museumsdinge, S. 113. Dies geschieht hier auf der Basis der Darstellung und Erläuterung von Birgit-Katharine Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 29-38 u. S. 94-104. Anmerkungen 127

25 Ebd., S. 95. 26 Friedrich Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen. Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben, mit einem Nachw. von Ralph-Rainer Wuthenow, Frankfurt a. M. 2000 (zuerst erschienen 1874): „Das Kleine, das Beschränkte, das Morsche und Veraltete erhält seine eigene Würde und Unantastbarkeit dadurch, dass die bewahrende und verehrende Seele des antiquarischen Menschen in diese Dinge übersiedelt und sich darin ein heimisches Nest bereitet.“ 27 Über die Errichtung eines Vereins für Hamburgische Geschichte, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 1, S. 12, zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 32. 28 Johann Anderson, Inhaltsverzeichniß des Museums vaterstädtischer Altertümer begründet 1848 um Ostern im Gymnasial Gebäude aus dem nach dem großen Brande 1842 Mai 5/7 geretteten Denkmälern unserer abgebrannten Kirchen, Rathaus etc., Hamburg 1849 (Handschrift), zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 38. 29 Die Sammlung umfasste Objekte vom alten Rathaus und vom Eimbeck’schen Haus, aus dem Admiralitätszeughaus, dem Spinnhaus und dem Zuchthaus, von der Roggenkiste, vom Deichtor, vom Englischen Haus, vom ehemaligen Convent sowie aus dem Schützenhaus. 30 Die Sammlung hamburgischer und vorhistorischer Altertümer, Bericht von Adolph Theobald, in: Verzeichnis der öffentlichen und Privat-Vorlesungen, welche am Hamburgischen Akademischen Gymnasium gehalten werden [...], 1876, S. XVII, zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 95 f. 31 Ebd., S. XVIII f. 32 Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, Die Gründung und der innere Ausbau des deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890, Berlin 1993, S. 722; Ders.: Bürgerliche Kultur, S. 26. 33 Theodor Schrader, Sammlung Hamburgischer Altertümer, Hamburg o. D. [um 1899], S. 3, zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 99 f. 34 Ebd., S. 4 35 Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 189, z. B. beim Einbau von romanischen, gotischen und barocken Epochensälen im Neubau des Bayerischen Nationalmuseums oder des Hessischen Landesmuseums Darmstadt. 36 Justus Brinckmann, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe, Bd. 1, S. V, Der Leiter des Hamburger Gewerbemuseums vertrat zu dieser Zeit ebenfalls die Ansicht, dass auch ein der „höchsten Bewunderung“ würdiges Exponat nur „im Zusammenhang mit dem Kulturboden [...], aus dem es erwachsen“ sei, richtig begriffen werden könne. 37 Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 188 f. 38 Vgl. Otto Lauffer, Das Museum für Hamburgische Geschichte, S. 14, in Hamburg gab es 1907 Vorschläge, die „Sammlung hamburgischer Alterthümer“ mit derjenigen des Museums für Kunst und Gewerbe gemeinsam zu verwalten. 39 Ebd. 128 Anmerkungen

40 Otto Lauffer, Das Historische Museum. Sein Wesen und sein Wirken und sein Unterschied zu den Kunst- und Kunstgewerbe-Museen, in: Museumskunde, 3. Jg. (1907), Heft 1: Kap. 1: Namen und Begriffe, S. 1-14, Kap. 2: Die Realien als archäologische Quellen, S. 78-99, Heft 2: Kap 3: Die Sammlungen von Altertümern und die lokale Begrenzung ihres Arbeitsgebietes, S. 179-185, Kap. 4: Historische Museen und Kunstsammlungen, S. 222-245, Kap 5: Von der Sammelpraxis der historischen Museen, Heft 4: Kap 6: Die Anordnung historisch-archäologischer Sammlungen, Kap 7: Die wissenschaftlichen Aufgaben der historischen Museen, Sonderdruck, Berlin ohne Datum; Korff, Museumsdinge, S. 118, meint, dass Lauffers Artikel eine „heftige Attacke“ gegen den Ästhetisierungstrend gewesen sei; zuvor in ähnliche Richtung argumentierend: Ders., Didaktik des Alltags: Hinweise zur Geschichte d. Bildungskonzeption kulturhistorischer Museen, in: Annette Kuhn/Gerhard Schneider (Hg.): Geschichte lernen im Museum, Düsseldorf 1978, S. 32-48, S. 40. 41 Otto Lauffer, „Abschiedbriefe“ (Erinnerungen an Leben, Lernen und Lehren, an Liebe, Lust und Leid, Hamburg 1945/46, unveröffentlichtes Manuskript im Museum für Hamburgische Geschichte), und Werner von Melle, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891-1921. Rückblicke und persönliche Erinnerungen von Werner von Melle, 2 Bde., Hamburg 1923 u. 1924, Bd. 1 (1923), S. 554, beide zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 147, berichten darüber, ohne allerdings den Artikel zu nennen. 42 Lauffer trat dezidiert für einen Ausbau der „historisch-archäologischen Sammlungen“ zu „Pflegestätten wissenschaftlicher Arbeit“ ein, Lauffer, Das historische Museum, S. 62 f., zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 194. 43 Der im Jahre 1913 begonnene Neubau konnte wegen des Krieges erst 1922 eröffnet werden, vgl. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 167. 44 Achim Preiß, Das Museum und seine Architektur. Wilhelm Kreis und der Museumsbau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Alfter 1993, S. 89; vgl. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 268 f. 45 Diese durften nach Lauffers Ansicht aber nur Gegenstände aus der behandelten Region enthalten, vgl. Lauffer, Das historische Museum, S. 53 f. 46 Deshalb wandte sich Lauffer auch gegen eine strikte Trennung der neuzeitlichen von den mittelalterlichen Objekten, vgl. ebd., S. 49 f. 47 Otto Lauffer, Ausstellung zur Erinnerung an Hamburgs Franzosenzeit, Sonderabdruck aus Nr. 114 des Hamburger Fremdenblattes vom 18. Mai 1913, S. 6 f., zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 181 f., nach Lauffers Angaben besuchten die Ausstellung 12.688 Personen, was er als Publikumserfolg betrachtete. 48 Wilhelm Peßler, Die wissenschaftlichen Grundlagen für ein deutsches Volkstumsmuseum, S. 181, in: Museumskunde, Jg. 10 (1914), S. 181-206, hier S. 181f., 187 u. 196, Peßler war in den Jahren 1908/1909 Volontär erst im Hamburger Museum für Völkerkunde und anschließend im Museum für Hamburgische Geschichte, wo er durch die Fürsprache Lauffers eine Stelle Anmerkungen 129

als besoldeter Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bekam. 1909 wechselte er auf eine voll bezahlte Assistenten-Stelle zum Vaterstädtischen Museum in Hannover; ebenfalls zu Peßlers Konzept und zur Einrichtung eines „Museums für Auslandsdeutschtum“, das 1917 unter dem Namen „Deutsches Auslandsmuseum und -institut“ gegründet wurde, vgl. auch Roth, Museum zwischen Wissenschaft und Politik, S. 19 (Ausführlicher zu Peßlers Museumskonzeption siehe den Abschnitt II.5.). 49 Beispielsweise orientierte sich auch der Leiter des Vorgeschichtsmuseums in Halle, Hans Hahne, an einer pseudowissenschaftlichen „Rassenanthropologie“, vgl. Hans Hahne, Das neue Provinzialmuseum für Vorgeschichte zu Halle, in: Museumskunde, Jg. 14 (1918), S. 125-146, hier S. 139, zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 242; Der Direktor des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, Justus Brinkmann, bemerkte bereits 1873 die veränderten Wahrnehmungsweisen der Menschen, die „die vergleichende Morphologie und Anatomie, durch die Lehre von der Entwicklung der Arten“ hervorgerufen habe, zit. n. Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 53. 50 Lauffer, Das Historische Museum, S. 183.

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Roth, Heimatmuseum, S. 33; vgl. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 158 f., wobei in der Regel nach Reichsgründung zuerst die Vereine entstanden oder zu neuem Leben erwachten und die eigentlichen Museen dann erst mit einiger Verzögerung seit Mitte der 1880er Jahre gegründet werden konnten. Roth, Heimatmuseum, S. 30. Korff, Museumsdinge, S. 117 f. Korff, Didaktik des Alltags, S. 40. Korffs „Ästhetisierungsthese“ relativiert auch Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 159. Paul Weber, Einige grundsätzliche Gedanken zum Museumswesen, angeknüpft an das Vaterländische Museum in Celle, in: Museumskunde, Jg. 10 (1914), S. 24-29, hier S. 24, lobte am 1907 neu eingerichteten Celler Museum besonders, dass nicht, wie früher üblich, „die künstlerische Ausschmückung des Lebens“ die Auswahl der Sammlungsobjekte bestimmte, sondern der „Zweckgedanke[] des Gegenstandes“. Lauffer, Das Historische Museum, S. 4. Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 55 f. Kurt Dröge, Museumsvolkskunde im Werden. Das Beispiel Stettin (18631932), in: Ruth E. Mohrmann/Volker Rodekamp/Dietmar Sauermann (Hg.):

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Volkskunde im Spannungsfeld zwischen Universität und Museum – Festschrift zum 65. Geburtstag von Hinrich Siuts, Münster 1977, S. 67-82, hier S. 72, sieht die Berufsgruppe der Lehrer als „wesentlichste Multiplikatoren“ für Heimatkunde; vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 42. Vgl. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 39. Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark, Jg. 1 (1886/87), S. 18, zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 185; Der Mitbegründer des „Vaterländischen Museums“ in Celle, Wilhelm Bomann, verwies 1903 auf der Mannheimer Museumstagung darauf, dass das Heimatmuseum „veredelnd auf die Sitten“ wirke und dortige Führungen „in hohem Maße günstig auf die Volksmassen einzuwirken geeignet“ seien, in: Die Museen als Volksbildungsstätten, S. 53 f. Wilhelm Bomann, Das vaterländische Museum in Celle, Berlin ca. 1920, S. 51 f.; zur Konzeption des Vaterländischen Museums in Celle vgl. auch Roth, Heimatmuseum, S. 38-42., S. 53 f. Jahresberichte des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg 15/1901, S. 216/17, zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 168. Vgl. Julius Langbehn, Rembrandt als Erzieher, Weimar 1922 (zuerst anonym 1890) sowie Ernst Rudorff, Heimatschutz, 3. veränderte Aufl. München/Leipzig 1904, zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 188. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 24. Vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 38. Wilhelm Bomann, Das vaterländische Museum in Celle, Berlin ca. 1920, S. 51 f.; zur Konzeption des Vaterländischen Museums in Celle vgl. auch Roth, Heimatmuseum, S. 38-42. Ebd. Ebd. So zeugte Rudorffs Aufsatz zum Heimatschutz, der ein wichtiger Anstoß zur organisatorischen Verfestigung der Heimatbewegung im Deutschen Bund Heimatschutz war, vor allem von einer „Kulturkritik, die im wesentlichen durch Anti-Haltungen geprägt ist: gegen Industrialisierung und moderne Verkehrswirtschaft (Eisenbahnen!), gegen Tourismus, gegen moderne Kunst, gegen Verstädterung usw.“, Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 148; Mielke, Museen und Sammlungen, S. 21, konstatierte 1903 die „offensichtliche Schwäche unserer wissenschaftlichen Kultur“ und die „steigende[] Entfremdung zwischen den mittleren und den Millionenstädten“. Heinrich Sohnrey, Wegweiser für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege, Berlin 1900, S. 321, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 48. Sohnrey forderte sogar, dass jedes Dorf über ein Heimatmuseum verfügen sollte; Mielke, Museen und Sammlungen, S. 20, erkannte in den Museumsgründungen „eine elementare Bewegung, die seit reichlich einem Jahrzehnt durch Deutschland und andere Länder mit einem kräftigen Volkstum Anmerkungen 131

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geht, die alten – fast abgelebten – Geschichtsvereinen neues Leben gibt [...]“. Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 34 f., vertrat die Ansicht, dass durch kunstgeschichtliche und naturwissenschaftliche Sammlungen an den Heimatorten „erst das Heimatsort-Interesse rege werden müsse, ehe ein Heimatsland-Interesse erwachen könne.“ So der Text einer Tafel im ehemaligen Heimatmuseum der Stadt Rüsselsheim, zit. n. Dieter Kramer, Die politische und ökonomische Funktionalisierung von „Heimat“ im deutschen Imperialismus und Faschismus, in: Diskurs 6/7 (1973/74), S. 3-22, hier S. 17, in: Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 39. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 18 f. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 47. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 165. Korff, Museumsdinge, S. 57. Mielke, Museen und Sammlungen 1903, S. 24, spricht von einem „Widerstreit der Interessen zwischen wissenschaftlichen Zentralmuseen und den Ortssammlungen, der hauptsächlich auf dem Gebiete der Vorgeschichte“ ausgetragen wurde“; vgl. auch Doering, Bayerisches Volkskunstmuseen, 1911 und 1914 in Museumskunde, zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 188. Vgl. Hampe, Das Germanische Nationalmuseum, S. 15-17. Die Volkskunst, 9. Jg., 1911, Nr. 6, S. 51-55, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 42: Das Heimatmuseum habe durchaus eine Berechtigung „in einer Zeit, wo sich die für das Wohl des Landes verantwortlichen Männer vor die ernste Frage gestellt sehen, wie der allgemeine Zug nach den großen Städten einzudämmen und die Bodenständigkeit der Bevölkerung neu zu befestigen sei.“ Rheydter Zeitung, 7.11.1912, „Das Heimatmuseum“, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 44. Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 46. Heinrich Eidmann, in: Gemeinnützige Blätter für Hessen und Nassau. Zeitschrift für soziale Heimatkunde, hrsg. v. H. Kobelt, 12. Jg. (1910), S. 47 ff., zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 43. Heinrich Eidmann, Heimatmuseum, Schule und Volksbildung. (= Die Volkskultur Nr. 11), Leipzig 1909, S. 28, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 46. Roth, Heimatmuseum, S. 34. Wilhelm Peßler, Das Historische Museum und der Weltkrieg, in: Museumskunde 11. Jg. (1915), S. 68-75 u. S. 143-155, hier S. 70. Vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 35. Peßler, Das Historische Museum und der Weltkrieg, in: Museumskunde 12. Jg. (1916), S. 91 f., konnte zu Beginn des Jahres 1916 von über 20 Museen berichten, die mit Arbeiten zum Thema Weltkrieg begonnen hatten. Kurze Zeit später sollen laut Peßler im Deutschen Reich bereits 45 Kriegsmuseen

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existiert haben (unter „Ausschluß der vorübergehenden Kriegsausstellungen“), vgl. Wilhelm Peßler, Das Historische Museum und der Weltkrieg, in: Museumskunde Jg. 13/14 (1917/1919), S. 52 ff., zit. n. Hochreiter, S. 192, zit. n. Kuntz, S. 49. Diese Gegenstände verzeichnete eine Übersicht über die Kriegssammlung des Museums für Hamburgische Geschichte vom 15.6.1918, in: Museum für Hamburgische Geschichte (unsystematisierter Bestand), zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 200. Peßler, Das Historische Museum und der Weltkrieg (1915), S. 74. Roth, Heimatmuseum, S. 35. Roth, Museum zwischen Wissenschaft und Politik, S. 20. Roth, Heimatmuseum, S. 36. So formulierte es der Leiter des Recklinghauser Heimatmuseums in seiner Festrede zur Eröffnung des Museums am 3.12.1922 auch unter dem Eindruck der sich zuspitzenden Ruhrgebietskrise, in: StdA Recklinghausen, IIINr. 905, zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 203. Roth, Heimatmuseum, S. 48-53, widmet diesen Entwicklungen einen eigenen Abschnitt. Peßler, Das Heimat-Museum, S. 11 u. 17. Konrad Hahm, Deutsche Volkskunst, Berlin 1928, S. 13, zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 49 f.: Für den Leiter des Berliner-Volkskundemuseums, Geschäftsführer der Deutschen Volkskunstkommission und ehemaligen Referenten des Reichskunstwarts bedeutete Volkskunst eine Ausdrucksweise des Volkstums und der Volksgemeinschaft. Sie war deshalb ein wichtiger Bestandteil der Heimatmuseumsbewegung. Otto Lehmann, Ein Museum für deutsche Stammes- und Rassenkunde, in: Deutschlands Erneuerung 2 (1918), H. 7, S. 501 ff., hier S. 505, hatte schon 1918 Museen gefordert, die „die Tatsachen der Vererbung und die tiefe Bedeutung der Rassenhygiene für die Gesundung des Volkes selbst“ zeigen sollten; ebenso Peßler, Das Heimat-Museum, S. 29; Die im Jahre 1929 erstmals wieder erschienene „Museumskunde“ berichtete von insgesamt 17 neueingerichteten rassekundlichen Abteilungen an deutschen Museen, Mitteilungen aus deutschen Museen, in: Museumskunde, Neue Folge, Jg. 1, S. 149, zit. n. Seemann, Stadt, Bürgertum und Kultur, S. 278. Dies äußerte der Volkskundler und Bielefelder Museumsleiter Eduard Schoneweg, in: Jahresberichte des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg 40/1926 und Ravensberger Blätter, 29/1929, beide zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 234. Karl Zuhorn, 50 Jahre Deutscher Heimatschutz und Deutsche Heimatpflege, in: Deutscher Heimatbund/Deutscher Bund Heimatschutz (Hg.), 50 Jahre Deutscher Heimatbund – Deutscher Bund Heimatschutz, Neuss 1954, S. 13-58, hier S. 37 f., zit. n. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 149 f.

Anmerkungen 133

51 Als Beispiel für eine antiindustriell bestimmte Heimatideologie siehe auch den Verein für Orts- und Heimatkunde Gladbeck 1919, vgl. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 186. 52 Peßler, Das Heimat-Museum, S. 26-33, siehe darin auch die „Liste der Heimatmuseen“, S. 125-158. 53 Das Heimatmuseum, hrsg. v. Reichsbund Deutscher Heimatmuseen, Heft 1, Jg. 1929, S. 1, zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 56. 54 Vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 57 f. 55 Schreiben von Friedrich Schulze, Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig, an den Reichskunstwart Edwin Redslob 1927, Bundesarchiv Koblenz, R 32/134, zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 72, Anm. 64. 56 Tag der Denkmalpflege, Kassel 1933, S. 36 (Redebeitrag Konrad Hahm), zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 59, Hahm war Geschäftsführer der 1928 gegründeten Deutschen Volkskunstkommission und Leiter des Berliner Volkskunde-Museums. 57 Vgl. Roth, Museum zwischen Wissenschaft und Politik, S. 23.

Volks- und Völkerkundliche Museen 1

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5

6

Wolfgang Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde als Wissenschaft um die Jahre 1902/1904. Die Dingwelt der Realien im Reiche der Ideen, in: Bernward Deneke und Rainer Kahsnitz (Hg.), Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum, S. 133-148, hier S. 134. Wilhelm Heinrich Riehl, Die Volkskunde als Wissenschaft, in: Wissenschaftliche Vorträge gehalten zu München im Winter 1958. Braunschweig 1858, S. 411-432. Vgl. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 133. Die so genannte „Volksgeistlehre“ wurde u. a. von Moritz Lazarus (18241903) und Heymann Steinthal (1823-1899) zu einer Völkerpsychologie und allgemeinen vergleichenden Sprachwissenschaft ausgebaut, vgl. die von beiden herausgegebene „Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft“ 1860-1890. Charles Darwin (1809-1882) veröffentlichte zwar sein Hauptwerk „On the origin of spezies by means of natural selection, or preservation of favoured races in the struggle of life“ erstmals im Jahre 1859, eine Verbreitung seiner Lehren erfolgte in Deutschland jedoch mit einiger Verzögerung. Zit. n. Volbehr, Die Zukunft der deutschen Museen, S. 53; Wilhelm Kobelt, Das Senckenbergische Museum, in: Gemeinnützige Blätter für Hessen und Nassau. Zeitschrift für soziale Heimatkunde, hrsg. v. H. Kobelt, (1907), Nr. 11, S. 307-339, führte sogar die Notwendigkeit einer Sammlungsteilung auf

134 Anmerkungen

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die „Wiedererweckung der Lehre von der allmählichen Entwicklung der Arten durch Darwin“ zurück. Ingeborg Weber-Kellermann/Andreas C. Bimmer/Siegfried Becker, Einführung in die Volkskunde/Europäische Ethnologie. Eine Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart/Weimar 3., vollständig überarb. und aktualisierte Aufl. 2003, S. 72. Oswald Richter, Über die idealen und praktischen Aufgaben der ethnographischen Museen, in: Museumskunde 3. Jg. (1907), Heft 2, S. 99-120 und Jg. 4 (1908), S. 224-235 [Fortsetzung], hier S. 100. So z. B. nach der Jahrhundertwende ausgehend von München in Bayern. Hier vertraten vor allem Architekten die Idee des Heimatschutzes, vgl. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 134. Rudolf Virchow, Rede des Professor Dr. Virchow, gehalten bei der Eröffnungsfeier der Volks-Akademie des Humboldt-Vereins für Volksbildung in Breslau, in: Der Hausfreund für Stadt und Land 47, 20. November 1869, S. 2-3, zit. n. Angela Matyssek, Rudolph Virchow. Das Pathologische Museum. Geschichte einer wissenschaftlichen Sammlung um 1900, Darmstadt 2002, S. 35. Zit. n. Christian Andree, Geschichte der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1869-1969, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Berliner Gesellschaft […] (= Mitteilungen der Berliner Gesellschaft […], Bd. 3, hrsg. v. Hermann Pohle und Gustav Mahr) Berlin 1969-1971, S. 9-142, hier, S. 66 f. Zit. n. Ulrich Steinmann, Die Entwicklung des Museums für Volkskunde, in: Staatliche Museen zu Berlin (Hg.), 75 Jahre Museum für Volkskunde zu Berlin 1889-1964, Festschrift, Berlin 1964, S. 7-48, hier S. 27. Goschler, Virchow, S. 320. Vorrede des Sammlungsaufrufs des Berliner „Komitees zur Gründung eines Museums für Deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes“ von 1889, abgedruckt in: Wolfgang Jacobeit/Rudolf Quietzsch, Bäuerliches Arbeitsgerät im Museum für Volkskunde zu Berlin, in: Staatliche Museen zu Berlin (Hg.), 75 Jahre Museum für Volkskunde zu Berlin 1889-1964, Festschrift, Berlin 1964, S. 65-112, hier S. 65; siehe auch: Hermann Bausinger, Volkskunde. Von der Altertumsforschung zur Kulturanalyse, Berlin/Darmstadt 1971, S. 51. Museum für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes (Katalog), Berlin 1905, zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 76, Anm. 133. Adolf Spamer: Die Volkskunde als Gegenwartswissenschaft. In: Wilhelm Heinrich Riehl und Adolf Spamer: Die Volkskunde als Wissenschaft. Berlin/Leipzig 1935, S. 78 f. Stenographische Berichte, 17. Legislaturperiode, 47. Sitzung. 12.3.1901, S. 3226, zit. n. Matyssek, Virchow, S. 39. Virchow, Ziele und Mittel der modernen Anthropologie. Tageblatt der 49. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte, Hamburg 1876, S. 51-55, Anmerkungen 135

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in: Karl Sudhoff, Rudolf Virchow und die Deutschen Naturforscher-Versammlungen, Leipzig 1922, S. 170-181, hier S. 174, zit. n. Goschler, Virchow, S. 321. Rudolf Virchow, Wie der Mensch wächst. Eine Erinnerung, in: Berthold Auerbach’s deutscher Volkskalender auf das Jahr 1861, Leipzig 1860, S. 95105, hier S. 105, zit. n. Goschler, Virchow, S. 323. Rudolf Virchow in: Mitteilungen aus dem Museum für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes 1, Schlussheft, 1901, S. 275 f., zit. n. Steinmann, Die Entwicklung des Museums für Volkskunde, S. 27. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 135. Thesen des Vereins für sächsische Volkskunde, vorgetragen von Oscar Brenner auf der Generalversammlung des Gesamtvereins der Geschichts- und Altertumsvereine in Düsseldorf vom 23.-25. September 1902, Sitzung der V. Abteilung (für Volkskunde), in: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 51, 1903, S. 42-47, zit. n. Deneke, Zur Sammlungsgeschichte, S. 271. Lauffer, Das Historische Museum, S. 11. Ernst Schur, Die Museen als dekoratives Gesamtkunstwerk, in: Museumskunde Jg. 4 (1908), S. 187-194, hier S. 193. Gustav Jungbauer, Geschichte der deutschen Volkskunde (Sudetendeutsche Zeitschrift für Volkskunde, Beiheft 2), Prag 1931, S. 138, zit. n. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 140. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 141; Roth, Heimatmuseum, S. 47. Eduard Hoffmann-Krayer, Ideen über ein Museum für primitive Ergologie, in: Museumskunde Jg. 6 (1910), H. 2, S. 113-125, hier S. 125; Zur Konzeption Hoffmann-Krayers vgl. auch Roth, Heimatmuseum, S. 45 f. Eduard Hoffmann-Krayer, Über Museen für vergleichende Volkskunde, in: Vom Wesen der Volkskunst (= Jahrbuch für historische Volkskunde, hrsg. v. Wilhelm Fraenger, Bd. II), Berlin 1926, S. 76-87, hier S. 82; Ders., Die Volkskunde als Wissenschaft, Zürich 1902, S. 16 f.: hier unterteilt Hoffmann-Krayer die Volkskunde in die beiden Richtungen „stammheitliche“ und „allgemeine Volkskunde“. Theo Gantner, Die Entwicklung der Europa-Studien im Schweizerischen Museum für (europäische) Volkskunde, in: Heide Nixdorff/Thomas Hausschild, Europäische Ethnologie, Berlin 1982, S. 118, zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 46. Hoffmann-Krayer, Idee über ein Museum für primitive Ergologie, S. 115; Ders.: Über Museen für vergleichende Volkskunde, S. 77. Hoffmann-Krayer, Ideen über ein Museum für primitive Ergologie, S. 118. Hoffmann-Krayer, Über Museen für vergleichende Volkskunde, S. 79. Hoffmann-Krayer, Die Volkskunde als Wissenschaft, S. 17. Hoffmann-Krayer, Über Museen für vergleichende Volkskunde, S. 81. Zit. n. Roth, Heimatmuseum, S. 46.

136 Anmerkungen

36 Dies war keineswegs selbstverständlich, wie der Umstand zeigt, dass noch die berühmte Denkschrift von Herrmann Auer u. a., Zur Lage der Museen in der Bundesrepublik und Berlin (West), Boppard 1974, S. 18, extra auf den eigentlich selbstverständlichen Umstand hinweisen musste, dass „Urgeschichte, Vorgeschichte, Archäologie und Geschichte“ ein „zeitliches Kontinuum“ darstellen. 37 Peßler, Die wissenschaftlichen Grundlagen für ein deutsches Volkstumsmuseum, S. 185. 38 Ebd., S. 183 f. 39 Ebd., S. 187 f. 40 Ebd. 41 Ebd. 42 Das von Wilhelm Peßler von 1909 bis 1945 geleitete Vaterländische Museum in Hannover wurde 1938 in Niedersächsisches Volkstumsmuseum umbenannt., Waldemar R. Röhrbein, Historisches Museum am Hohen Ufer 1903-1978, Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Bd. 32 (1978), S. 1-60, hier S. 15. 43 Virchow in: Mitteilungen aus dem Museum, S. 275 f. 44 Vgl. Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 135: Nur wenige Monate nach Virchows Ableben im Jahre 1902 kündigte die preußische Regierung die von ihr bisher unentgeltlich für das Museum zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten. 45 Zit. n. Steinmann, Die Entwicklung des Museums für Volkskunde, S. 27. 46 Vgl. Heinrich Pudor, Nordische Freiluft-Museen, in: Deutsche Stimmen, Nr. 17, 1901; Mit der Errichtung von Skansen in Stockholm im Jahre 1891 begann eine Gründungsphase europäischer Freilichtmuseen: Lund 1891, Oslo 1894, Lyngby in Dänemark 1901, Lillehammer in Norwegen 1904, Turku und Kemiö in Finnland 1906, Seurasaari in Finnland 1909, Arnhem in den Niederlanden 1912 und Aarhus in Dänemark 1914, vgl. Deneke, Zur Sammlungsgeschichte, S. 273. 47 Mielke, Museen und Sammlungen, S. 32. 48 Andree, Geschichte der Berliner Gesellschaft, S. 101. 49 Vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 44. 50 Griepentrog, Kulturhistorische Museen, S. 173. 51 Albert Hermann Post, Ethnologische Gedanken, in: Globus. Illustrierte Zeitschrift für Länder- u. Völkerkunde, Jg. 59 (1891), S. 289 ff. 52 Hoffmann-Krayer, Volkskunde als Wissenschaft, S. 10. 53 Vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 177. 54 Hoffmann-Krayer, Die Volkskunde als Wissenschaft, S. 14. 55 Eduard Hoffmann-Krayer, Naturgesetz im Volksleben?, in: Hessische Blätter für Volkskunde 2 (1903), S. 57-64, hier S. 60, vgl. auch Brückner, Das Museumswesen und die Entwicklung der Volkskunde, S. 137. 56 Hans Naumann, Primitive Gemeinschaftskultur: Beiträge zur Volkskunde und Mythologie, Jena 1921; Ders.: Grundzüge der deutschen Volkskunde, Leipzig 1922; Zur Theorie und Biographie Naumanns vgl. Thomas SchirrAnmerkungen 137

macher, „Der göttliche Volkstumsbegriff“ und der „Glaube an Deutschlands Größe und heilige Sendung“: Hans Naumann als Volkskundler und Germanist im Nationalsozialismus. Eine Materialsammlung mit Daten zur Geschichte der Volkskunde an den Universitäten Bonn und Köln, Bonn 2000; Ders.: Hans Naumann, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Band XVIII (2001), Spalten 1011-1050. 57 Hoffmann-Krayer, Die Volkskunde als Wissenschaft, S. 11, spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls von einer „Führung prädominierender Individuen“. 58 Naumann war Mitunterzeichner des Tübinger Aufrufs von 51 deutschen und österreichischen Hochschullehrern zugunsten Hitlers und der NSDAP, der am 29.7.1932 vor der Reichstagswahl unter dem Titel „Erklärung deutscher Universitäts- und Hochschullehrer“ in der NSDAP-Zeitung „Völkischer Beobachter“ erschien. Weil Naumann das Vorgehen gegen den EidVerweigerer Karl Barth und den Entzug der Ehrendoktorwürde von Thomas Mann nicht mit trug, verlor er am 6.9.1936 sein Amt als Rektor der Bonner Universität. Daraufhin wurden seine wichtigsten Bücher („Deutsche Volkskunde in Grundzügen“ und „Die Deutsche Dichtung der Gegenwart 1885-1933“) verboten. Zugleich erhielt er Vorlesungsverbot für Volkskunde, durfte aber weiter Germanistikprofessor bleiben.

Naturwissenschaftliche und Technische Museen 1 2 3

4 5 6 7

Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 176. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 13. Friedrich Klemm, Geschichte der naturwissenschaftlichen und technischen Museen, in: Deutsches Museum. Abhandlungen und Berichte, 41. Jg. (1973), Heft 2, die Zitate befinden sich auf S. 3 u. 50 f., Ders., Die historische Entwicklung zum heutigen Technischen Museum, in: Museologie, 1973, S. 3235; Heinrich Pudor, Zur Geschichte der technischen Museen, in: Museumskunde Jg. 12 (1916), S. 175-198, hier S. 176, nennt als erste technische Museen das Conservatoire des Arts et Metiers in Paris (1794), das Turiner Industriemuseum und das Teyler-Museums in Haarlem (1778). Andreas Kuntz, Technikgeschichte und Museologie. Beitrag zu einer Wissenschaftsgeschichte museumspädagogischer Probleme, (Univ.-Diss.) Frankfurt a. M. 1980, S. 79 f. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1998, S. 485 f. Klemm, Geschichte der naturwissenschaftlichen und technischen Museen, S. 41. Ebd., S. 42 f.

138 Anmerkungen

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Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 137. Rudolf Vierhaus, Stichwort: Bildung, in: Otto Brunner/Werner Conze/ Reinhart Kosellek, Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Dt., Bd. 1, S. 508-551; hier S. 529. Vgl. Karl-Heinz Manegold, Universität, technische Hochschule und Industrie, Berlin 1970, S. 74, zit. n. Hochreiter, S. 134. Grote, Museen und Ausstellungen, S. 394 f.; vgl. Carsten Kretschmann, Räume öffnen sich. Naturhistorische Museen im Deutschland des 19. Jahrhunderts, Berlin 2005. Johann Wolfgang Goethe, Über Kunst und Alterthum in den Rhein- und Maingegenden, in: Ders., dtv-Gesamtausgabe Bd. 29, S. 71 f. Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 492. Mielke, Museen und Sammlungen, S. 17, beschreibt im Jahre 1903 das Aufkommen von Museen, „die zumeist in unmittelbarer Verbindung mit den wissenschaftlichen und technischen Hochschulen entstanden“ und zunehmend „die Ausschließlichkeit der alten Sammlungspolitik“ erschütterten; Auch der Großteil der Promotoren bei Gründung des Deutschen Museums in München waren Mitglieder der Technischen Hochschule München, allen voran ihr Rektor Walther von Dyck. Zit. n. Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 496. Emil Adolf Roßmäßler, Mein Leben und Streben im Verkehr mit der Natur und dem Volke, posthum, hrsg. v. Karl Ruß, Hannover 1874, S. 408 f., zit. n. Kuntz, Museum als Volksbildungsstätte, S. 16 f.: „Öffentliche, belehrend angeordnete und stets zugängliche naturgeschichtliche und gewerbliche Landesmuseen müssen die Lernbegierde befriedigen oder wecken. [… und] würden ein mächtiges Bildungsmittel für das Volk abgeben.“ Goschler, Virchow, S. 387. Vgl. Hartung, Museen des Industrialismus, S. 89-102; Pudor, Zur Geschichte der technischen Museen, S. 193-195, bezeichnete die Eisenbahnmuseen 1916 als „besondere Gruppe der technischen Museen“. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 177. Vgl. Hartung, Museen des Industrialismus 89 f.; vgl. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 130; die Sammlungen des Königlich Ungarischen Verkehrsmuseums hatten 1885 ihren Anfang ebenfalls in einer temporären Ausstellung (Millenniums-Ausstellung) gefunden, vgl. Pudor, Zur Geschichte der technischen Museen, S. 193. Programm für die Einrichtung des Eisenbahn-Museums, in: DB-Archiv Nürnberg, „Aktenprodukte, die Sammlungen des kgl. bay. EisenbahnMuseums [...] betr.“ Seit 1861 war die Zentralverwaltung der bayerischen Staatseisenbahnen in vier Abteilungen unterteilt: eine Bauabteilung, eine Betriebsabteilung, eine Post- und eine Telegrafenabteilung. 1886 wurden Bahn- und Postverwaltung voneinander getrennt, vgl. Sigrid Amedick, Männer am Schienenstrang. Sozialgeschichte der unteren bayerischen Eisenbahnbeamten 1844-1914, Stuttgart 1997, S. 31. Anmerkungen 139

23 Amtlicher Führer durch die Sammlungen des kgl. bayerischen Verkehrsmuseums in Nürnberg, Nürnberg 1907, S. 3. 24 U. a. hatte die kgl. bayerische Eisenbahnverwaltung für die 1896 in Nürnberg ausgerichtete zweite Bayerische Landesausstellung weitere Pläne und Modelle anfertigen lassen, die nach Beendigung der Ausstellung der bestehenden Sammlung zugewiesen wurden, vgl. ebd. 25 Die bayerische Eisenbahnverwaltung verfolgte zum Beispiel seit 1892 das Ziel, alle jemals auf ihren Gleisen verkehrenden Lokomotiv- und Wagentypen als Modell auszustellen. In diesem Jahr hatte die Direktion der bayerischen Staatsbahnen beschlossen, nicht nur – wie seit 1882 praktiziert – die aktuellen Lokomotiven und Wagen, sondern auch die älteren, zum Teil bereits ausgemusterten Fahrzeuge im Modell nachzubauen, vgl. Mertens, Das Verkehrsmuseum Nürnberg, S. 458. 26 Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 5. 27 Mielke, Museen und Sammlungen, S. 18, nennt eine Textilsammlung in Krefeld, ein Brauereimuseum in Berlin, ein Buchgewerbemuseum in Leipzig und ein Museum für gewerbliches Schulwesen in Frankfurt a. M.; Der Mitbegründer des Deutschen Museums Oskar von Miller berichtet, dass er für die Gestaltung des Museums „Vorstudien in einer Reihe ähnlicher Museen“, darunter die „hochinteressanten Museen zu Nürnberg“, unternommen habe, siehe die Ansprache Oskar von Millers auf der ersten Ausschusssitzung des Museums vom 28.6.1904, abgedruckt in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 28-38, hier S. 28. 28 Grote, Museen und Ausstellungen, S. 395. 29 Bericht Oskar von Miller über die Vorarbeiten des provisorischen Komitees auf der Gründungsversammlung am 28.6.1903, in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 5 f., hier S. 5. 30 Hermann Rietschel für die Jubiläumsstiftung der Deutschen Industrie auf der Gründungsversammlung vom 28.6.1903, in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 8. 31 Ulf Hashagen/Oskar Blumtritt/Helmuth Trischler, Artefakte circa 1903: Methodische Konzepte – Überlegungen – Ergebnisse, in: Dies. (Hg.), Circa 1903. Artefakte in der Gründungszeit des Deutschen Museums, München 2003, S. 9-30, hier S. 14, konstatieren am Beispiel der Bibliotheksbestände des Deutschen Museums, dass die Professoren und Ingenieure auch auf dem Gebiet ihres Schrifttums eine bewusste Nähe zum „geisteswissenschaftlich-humanistischen Kulturverständnis des wilhelminischen Bürgertums“ gesucht haben. 32 Walter von Dyck, Festrede zur Übernahme des ersten Wahlrektorats bei der Jahresfeier der Technischen Hochschule zu München, abgedruckt in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 17-22, hier, S. 22. 33 Deutsches Museum. Unter dem Protektorat Seiner Kgl. Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern. Satzung. Allerhöchst genehmigt unter Verleihung der Rechtsfähigkeit einer Anstalt des öffentlichen Rechts am 28. Dezember

140 Anmerkungen

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43

1903, § 1, abgedruckt in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 21; siehe auch Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 143. Ebd., S. 22. Marc-Denis Weitze, Eine Luftverflüssigungsanlage von Carl Linde, in: ebd., S. 349-369, zeigt am Beispiel von Carl Lindes Luftverflüssigungsanlage, dass eine technische Innovationen sogar auf einer fehlerhaften naturwissenschaftlichen Annahme beruhen bzw. die angewandte Technik wieder auf die Wissenshaften zurückwirken konnte. Bericht Oskar von Miller über das provisorische Museum auf der zweiten Ausschusssitzung vom 3.10.1905, in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 4963, hier S. 50. Von Miller, Einladungsschreiben zur Gründungsvorbesprechung vom 1. Mai 1903, abgedruckt in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 1-3, hier S. 2. Ebd. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 162. Klemm, Geschichte der naturwissenschaftlichen und technischen Museen, S. 49: das Deutsche Museum bediente sich „besonderer didaktischer Mittel“, um „in etwas anderer Weise“ in die Welt der Technik einzuführen; Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 126: weil das Deutsche Museum „von Beginn an pädagogisch-didaktische Gesichtspunkte in seine Ausstellungskonzeption“ einbezogen habe, setzte es den älteren technischen Museen in England und Frankreich „etwas qualitativ Neuartiges“ entgegen; auch in der neuesten Publikation des Deutschen Museums legt man Wert auf die Feststellung , dass die „neuen Inhalten und eine neue Didaktik“ den Erfolg des Museums begründeten, Wolf Peter Fehlhammer, „Auf dem Weg zu sich selbst“ – 100 Jahre Deutsches Museum, in: Wilhelm Füßl/Helmut Trischler (Hg.), Geschichte des Deutschen Museums. Akteure, Artefakte, Ausstellungen, München 2003, S. 15. Vgl. Ulrike Hick, Geschichte der optischen Medien, München 1999. Vorbild für den Einsatz der vom Publikum per Knopfdruck in Betrieb zusetzenden Maschinen und Modelle war das Londoner Kensington-Museum; auch das Nürnberger Eisenbahnmuseum hatte im Jahre 1889 ein Vorführmodell einer „Weichen- und Signal-Centralanlage“ anfertigen lassen, vgl. Hartung, Museen des Industrialismus, S. 172. Zum Beispiel in der „Gruppe für Bergwesen“ von „der alten Wünschelrute bis zu den neuesten Tiefbohrbetrieben“ oder im Saal für „Wassermotoren“ von „den ältesten Rädern bis zu den vollkommensten Turbinen“ u. a. m., Bericht Oskar von Miller über das provisorische Museum auf der zweiten Ausschusssitzung vom 3.10.1905, in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 4963, hier S. 51 f.; Von Miller meinte, dass auf diese Weise „bei jedem Objekt“ erkannt werden könne, „wie es sich auf den Errungenschaften der vorhergehenden Stufe aufbaut und wie es seinerseits wieder die Grundlage für die folgenden Verbesserungen bildet.“, Von Miller, Technische Museen als Stätten der Volksbelehrung, S. 2.

Anmerkungen 141

44 Rundschreiben der provisorischen Comités für die Errichtung eines Deutschen Museums von Meisterwerken der Wissenschaft und Technik, 17.6.1903, Deutsches Museum Archiv, VA 3969, Nr. 8, zit. n. Wilhelm Füßl, Konstruktion technischer Kultur, Sammlungspolitik des Deutschen Museums in den Aufbaujahren 1903-1909, in: Hashagen u. a., Circa 1903, S. 3353, hier S. 46. 45 Siehe z. B. das Rundschreiben Oskar von Millers zur Gründung eines Museums für „Meisterwerke der Naturwissenschaften und Technik“ vom 1.5.1903, in: Stange, Das Deutsche Museum, S. 1-3, hier, S. 2, in dem Miller auf den großen Vorteil hinweist, dass gegenwärtig noch die jeweils ersten Apparate in der Entwicklung der modernen Technik für die Ausstellungen zu bekommen seien. 46 Im Museumsführer von 1907 wurde die Gruppe „Dampfmaschinen“ als „besonders wichtige Abteilung beschrieben“, da sie wertvolle historische Objekte enthalte, Deutsches Museum: Führer durch die Sammlungen, München 1907, S. 30, zit. n. Füßl, Gründung und Aufbau 1903-1925, in: Ders. u. a. (Hg.), Geschichte des Deutschen Museums, S. 59-101, hier S. 94; vgl. auch Ders., Konstruktion technischer Kultur, S. 44 f. 47 Obwohl beispielsweise zur Zeit der Konzeption der Ausstellung „Brückenbau“ im Deutschen Museum Stampf- und Stahlbeton als moderne Baustoffe hinlänglich bekannt und auch im Einsatz waren, lag der Schwerpunkt auf Stein-, Holz- und Eisenbrücken, während Betonbrücken erst in den Ausstellungen ab 1925 eine Rolle spielten, vgl. Dirk Bühler, Die Illerbrücken in Kempten: Beton in der Bautechnik um 1903, in: Hashagen u. a., Circa 1903, S. 475-498, 48 Stefan Siemer, Schreiben mit beweglichem Zeiger: Die Schreibmaschine ‚Mignon‘ Modell 2 von 1905, in: ebd., S. 401-425, weist dies am Beispiel der Ausstellung zweier konkurrierender Schreibmaschinensysteme (Zeiger- und Tastenfeldmaschinen) im Deutschen Museum nach. 49 Siehe dazu auch Gottfried Korff, Omnibusprinzip und Schaufensterqualität. Module und Motive der Dynamisierung des Musealen im 20. Jahrhundert, in: Michael Grüttner/Rüdiger Hachtmann/Heinz-Gerhard Haupt (Hg.), Geschichte und Emanzipation. Festschrift für Reinhard Rürup, Frankfurt a.M./New York 1999, S. 728-754. 50 Von Miller, Technische Museen als Stätten der Volksbelehrung, S. 18. 51 Der Delegierte des Reichskanzlers im Vorstandsrat des Museums und Charlottenburger TH-Professor Alois Riedler verlangte von einem technischen Museum, dass es „einer wirklichen Entwicklungsgeschichte des Menschen und der Menschengemeinschaft“ sowie der „Kulturzustände, die durch die Technik herbeigeführt wurden“, Rechnung trage, Schreiben Riedler an den Vorstand des Deutschen Museums, 29.11.1905, Deutsches Museum Archiv, Registratur, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 163; zuerst zu Riedlers kulturgeschichtlichen Vorstellungen: Maria Osietzki, Die Gründungsgeschichte des Deutschen Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München 1903-1906, in Technikgeschichte 142 Anmerkungen

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52 (1985), S. 49-75; ebenfalls ausführlich zur ‚Riedler-Kontroverse‘: Menzel, Die Musealisierung des Technischen, S. 118-135. Walther von Dyck, Über die Errichtung eines Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München. Festrede zur Übernahme des ersten Wahlrektorats bei der Jahresfeier der Technischen Hochschule zu München. Geh. am 12.12.1903. Leipzig und Berlin 1905, S. 24 f. Schreiben Riedler an den Vorstand des Deutschen Museums, 29.11.1905, Deutsches Museum Archiv, Registratur, zit. n. Menzel, Musealisierung des Technischen, S. 122 f. Mit welcher Härte eine ‚materialistische‘ Kulturgeschichte zum Teil bekämpft wurde, zeigt der im Jahre 1893 beginnende sog. „Lamprecht-Streit“. Dem Historiker Karl Lamprecht wurde wegen dessen Werk zur „Deutschen Geschichte“ von den sog. Neu-Rankeanern, zuerst von Georg von Below, die vermeintliche Anhängerschaft einer „jetzt blühenden materialistischen Geschichtsbetrachtung“ unterstellt. Es folgten Verleumdungsklagen und gerichtliche Schweigegebote bis Below 1898 in einer Besprechung in der Historischen Zeitschrift Lamprecht und sein Werk akademisch vernichtete, siehe: Georg von Below, Die neue historische Methode, in: Historische Zeitschrift, Jg. 81 (1898), S. 193-273, vgl. Daniel, Kompendium Kulturgeschichte, S. 207-215. Kerschensteiner, Die Bildungsaufgabe des Deutschen Museums, S. 43. Rede des Münchner Ersten Bürgermeisters Ritter von Borscht zur Grundsteinlegung zum Bau des Deutschen Museums, in: Verwaltungsbericht des Deutschen Museums 3 (1906), S. 28, zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 157. Staatssekretär Delbrück erklärte 1912, dass das Museum sich nicht in seiner Bedeutung als Bildungselement erschöpfe, sondern zeige, „was ein starkes, wirtschaftlich und politisch geeintes Volk vermag“ und „die verschiedenen Männer des Deutschen Vaterlandes einander näher“ bringe, in: Verwaltungsbericht des Deutschen Museums 9 (1912), S. 42 f., zit. n. Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 162 f.

Sozial- und Wirtschaftsmuseen 1

2 3

Vgl. Roth, Heimatmuseum, S. 64; vgl. Poser, Museum der Gefahren. S. 17; Ders., Sozialmuseen, Technik und Gesellschaft: Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik am Beispiel von Gegenwartsmuseen um 1900, in: Technikgeschichte, Jg. 67 (2000) H. 3, S. 205-224. Zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 42. Auf Einladung von Kaiser Wilhelm II. fand am 15.3.1890 in Berlin unter Teilnahme von 15 Staaten die erste internationale Arbeiterschutzkonferenz Anmerkungen 143

statt, auf der man sich hauptsächlich mit Arbeitszeit, Frauen- und Kinderarbeit, Nacht- und Feiertagsschichten befasste. 4 Emil Münsterberg, Centralstellen für Wohlfahrtspflege, in: Beilage zur Münchner Allgemeinen Zeitung Nr. 109, 19.5.1899, zit. n. Peter Schmidt, Soziale Museen, in: Der Arbeiterfreund, Jg. 37 (1899), S. 268-290, hier S. 290. Der promovierte Rechts- und Staatswissenschaftler sowie Nationalökonom Münsterberg (1855-1911) war 1890 Bürgermeister der Stadt Iserlohn, reformierte später das Hamburger Armenwesen und wurde 1899 Stadtrat in Berlin und Leiter der Berliner Armendirektion. Im Jahre 1892 wurde er Vorstandsmitglied des „Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit“, zu dessen ersten Vorsitzenden man ihn 1911, kurz vor seinem Tode, wählte. 5 Katscher, „Sozial-Museen“, S. 4. 6 Wilhelm Exner, Erlebnisse, Wien 1929, S. 122, zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 87. 7 Schmidt, Soziale Museen, S. 270. 8 In Paris waren bereits auf den Weltausstellungen von 1867 und 1889 „umfangreiche und wohlgeordnete ‚sozialwirtschaftliche Gruppen‘ zu sehen“, deren erweiterte Sammlungen den Grundstock für das von der französischen Staatsregierung geförderte und durch die Stiftung eines Privatmäzens im Jahre 1895 realisierte „musée social“ bildeten, vgl. Katscher, „SozialMuseen“, S. 5 f. und Schmidt, Soziale Museen, S. 275 f. 9 Der „Hessen-Nassauische Verein für Förderung des Arbeiter-Wohnungswesens“ und das „Institut für Gemeinwohl“ fassten 1903 ihre Geschäftsstellen nach dem Pariser Vorbild unter dem Namen „Soziales Museum“ zusammen. Ihm wurde die Funktion eines „Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts“ übertragen, das „sozialpolitische Daten“ sammeln und publizieren sollte, vgl. Gemeinnützige Blätter für Hessen und Nassau. Zeitschrift für soziale Heimatkunde, hrsg. v. H. Kobelt, 5. Jg. (1903), Nr. 15, S. 234-240, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte, S. 57. 10 Das Frankfurter „Soziale Museum“ besaß keine eigene Sammlung von Ausstellungsstücken und verstand „sich ganz als Auskunftsstelle“, vgl. ebd.; Katscher, „Sozial-Museen“, S. 6, klassifizierte 1904 das Pariser Museum als vorbildliches Sozialmuseum, obwohl es über keine eigene Schausammlung zur Unfallverhütung verfügte. 11 Hochreiter, Vom Musentempel zum Lernort, S. 192. 12 Vgl. Katscher, „Sozial-Museen“, S. 12 u. 14. 13 Wie zum Beispiel auf der 1906 in Berlin ausgerichteten „Deutschen Heimarbeitsausstellung“, vgl. Leopold von Wiese, Was wird mit der Deutschen Heimarbeitsausstellung in Berlin beabsichtigt? In: Bilder aus der deutschen Heimarbeit, hrsg. v. d. literarischen Kommission der deutschen Heimarbeiterausstellung, Sozialer Fortschritt – Hefte und Flugschriften für Volkswirtschaft und Sozialpolitik, Nr. 63/64, Berlin 1906, S. 1 ff., hier S. 2, zit. n. Kuntz, Das Museum als Volksbildungsstätte S. 54.

144 Anmerkungen

14 Der Begriff „Arbeiterschutz“ konnte um die Jahrhundertwende in einem weit gefassten Sinn noch alle „Lebensbeziehungen“ des Arbeiters umfassen, damit dieser „auch bei freiem Arbeitsvertrage in der Ausbildung und Verwertung seiner Arbeitskraft nicht beeinträchtigt und bei Erwerbsunfähigkeit in seiner Existenz nicht gefährdet“ werde; „ihm Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, welche der persönlichen Menschenwürde entsprechen“, Karl Poellath, Der Arbeiterschutz. Der Schutz der gewerblichen Arbeiter Deutschlands soweit er Aufgabe der Gewerbeinspektion ist (= Volksbücher der Rechts- und Staatskunde 1), Stuttgart 1901, S. 11; in den 1920er Jahren wurde der Begriff „Arbeiterschutz“ weitgehend durch „Arbeitsschutz“ abgelöst, vgl. Poser, Museum der Gefahren, S. 30 f. 15 Bergmann, Das Münchner Museum für Arbeiterwohlfahrts-Einrichtungen auf der Nürnberger Landes-Ausstellung, in: Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, hrsg. v. Ausschusse des Polytechnischen Vereins in München, Nr. 41 u. Nr. 52 (1906), S. 401-403 u. S. 503-506, hier S. 401 f. 16 Vgl. ebd., auf der Nürnberger Landesausstellung von 1906 zeigte das Museum die neuesten und für am sichersten befundenen Erzeugnisse auf dem Gebiet der Dampfkraftnutzung, der Elektrotechnik, der Werkzeugmaschinen, der Aufzugstechnik sowie der Landwirtschafttechnik jeweils mit den Angaben zu den Herstellerfirmen. 17 Rammelsberg, Das Hygiene-Museum der A.E.G., in: Zentralblatt für Gewerbehygiene, 3 (1915), S. 224 f. hier S. 224; Brigitte Jensen/Christian Schölzel, Das Hygienemuseum der A.E.G. in Berlin. Eine Einrichtung in ihrer Zeit, in: Bär von Berlin 45 (1996), S. 67-80. 18 Roth, Heimatmuseum, S. 64. 19 Zu diesen Vorläufern gehörten die „Allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesens“ in Berlin 1883, das am Institut für Hygiene der Berliner Universität angegliederte und 1886 eröffnete Berliner Hygiene-Museum und die „Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung“ in Berlin 1889. 20 So der Staatssekretär im Reichsinnenministerium Arthur Graf PosadowskyWehner auf der Sitzung des Reichstages vom 28.1.1899, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, X. Legislaturperiode, I. Session 1898/1899, Bd. 1, S. 483 ff., zit. n. Schmidt, Soziale Museen, S. 287 f. 21 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, X. Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, 20. Sitzung, S. 504 ff., dasselbe, Bd. 4, 124. Sitzung, S. 3434 f. u. , zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 106. 22 Hitze forderte, dass „dieses sociale Museum“ nicht auf die „Unfallverhütung“ beschränkt bleiben sollte, sondern sich „auf das ganze Gebiet der gewerblichen Hygiene im weitesten Umfang“ auszudehnen habe, womit er „die Verhütung von gewerblichen Berufskrankheiten meinte, zit. n. ebd. 23 Zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 107. 24 Friedrich Hayduck, Richard Roesicke. Ein großer Sozialpolitiker, Berlin 1952, S. 15. Anmerkungen 145

25 Hans Jörg von Berlepsch, „Neuer Kurs“ im Kaiserreich? Die Arbeiterpolitik des Freiherrn von Berlepsch 1890-1896 (= Politik und Gesellschaftsgeschichte, 16), Bonn 1987, S. 375. 26 Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt, in: Frankfurter Zeitung, Nr. 219, 9.8.1903, zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 108. 27 Carl Bittmann (Hg.), Eine Arbeiterreise: Berichte von 77 badischen Arbeitern über den Besuch der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt zu Charlottenburg, Karlsruhe 1904, S. 79. 28 Vgl. Wolfgang Weber, Technik und Sicherheit in der deutschen Industriegesellschaft 1850 bis 1930. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des VdTÜV am 14. Juni 1984 (= Sicherheitswissenschaftliche Monographien, 10, hrsg. v. Peter C. Compes), Wuppertal 1986, S. 62. 29 Zum sog. „Neuen Kurs“ vgl. von Berlepsch, „Neuer Kurs“ im Kaiserreich? 30 Carl Lachmann, Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg, in: Zentralblatt für Gewerbehygiene, 1 (1913), S. 224 f., zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 109 f. 31 Die Beschreibung folgt hier der Darstellung der „Ständigen Ausstellung“ bei Poser, Museum der Gefahren, S. 113-120. 32 Abschrift eines Erlasses des Staatssekretärs des Innern vom 14.6.1902, in: Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, MH 9421, zit. n. Poser, Museum der Gefahren, S. 113 f. 33 Korff, Museumsdinge, S. 117, sieht den Grund für die kurze Lebensdauer dieses Museumstyps allerdings in dessen Befolgung des Ästhetisierungstrends. 34 Die vier erstgenannten Abteilungen waren im Jahre 1908 in einem Programmentwurf von K. A. Lingner festgelegt worden, Stadtarchiv Dresden 2.1, A XXIV. 125, Bd. IV, Bl. 130; die Sportabteilung kam erst später hinzu. 35 Der ehemalige Badische Staatspräsident und Reichstagsabgeordnete Willy Hellpach verwies noch im Jahre 1929 auf die Vorbildlichkeit der Ausstellung von 1911, die sich „durch die Abwesenheit aller geschäftlichen Reklame“ und deren fehlende „Verquickung mit dem sachlichen Ausstellungszweck“ auszeichnete, Schreiben Hellpach vom 19.7.1929, Deutsche Hygienemuseum Dresden, Archiv, VE 61. 36 Karl August Lingner, Einige Leitgedanken zu der Sonderausstellung: Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung, in: Robert Wuttke (Hg.), Die Deutschen Städte, Leipzig 1904, S. 531-547, hier S. 539, Lingner hatte für die Erste deutsche Städteausstellung in Dresden 1903 die Sonderausstellung „Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung“ realisiert und im Anschluss daran in seinen „Leitgedanken“ sein ausstellungsdidaktisches ‚Grundsatzprogramm‘ formuliert, das auch für die Internationale Hygiene-Ausstellung 1911 zum tragen kam. 37 Offizieller Katalog der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden Mai bis Oktober 1911, Berlin 1911, S. 81.

146 Anmerkungen

38 Internationale Hygiene-Ausstellung, Historische Abteilung mit Ethnographischer Unterabteilung (Ausstellungskatalog), 2. verbesserte und illustrierte Aufl., Dresden 1911, hier S. 2. 39 Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden (Ausstellungskatalog), Historische Abteilung, S. 1 f.: „Einleitung“. 40 Ebd. 41 Ebd. 42 Ebd., S. III: „Vorwort“ von Karl Sudhoff und Otto Neustätter. 43 Ebd., S. 420: „Das Kurpfuschertum.“ 44 Ebd., S. 183: „Kinderpflege.“ 45 Ebd., S. 57: ,,Im Lichthof des Raumes der Antike.“ 46 Ebd., S. 155 f.: „Wohnungswesen.“ 47 Ebd., S. 167: „Ernährung und Getränke.“ 48 Ebd., S. 230: „Volksseuchen und Abwehrversuche.“ 49 Ebd., S. 222: „Juden.“ 50 Ebd., S. 267 f.: „Einleitung“ der Abteilung „Neuere Zeit“ von Otto Neustätter.

Ausblick 1 2 3 4 5 6

7

Kerschensteiner, Die Bildungsaufgabe des Deutschen Museums, S. 41. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, S. 154. Vgl. Griepentrog, Kulturhistorische Museen in Westfalen, S. 266. Solche „Volksmuseen als soziale Kommunikationsstätten“ hatte vor dem Krieg bereits Alfred Lichtwark propagiert, vgl. Martin Roth: Heimatmuseum. Zur Geschichte einer deutschen Institution, Berlin 1990, S. 19. Wilhelm R. Valentiner: Die Umgestaltung der Museen im Sinne der neuen Zeit (Denkschrift für den Berliner Arbeitsrat der Kunst), Berlin 1919, S. 10 ff. Theo van Doesburg/Cornelius van Eesteren: „Auf dem Weg zu einer kollektiven Konstruktion“, Paris 1923, in: Hans L. C. Jaffé: Mondrian und de Stijl, Köln 1967, S. 195, zit. n. Dirk Luckow: Museum und Moderne. Politische und geistesgeschichtliche Voraussetzungen von Museumskonzeptionen in der Weimarer Republik, in: Museum der Gegenwart – Kunst in öffentlichen Sammlungen bis 1937, hrsg. v. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1987, S. 43. Wilhelm Waetzoldt: Wandlungen der Museumsidee, in: Preußische Jahrbücher, Bd. 219 (Januar bis März 1930), Berlin 1930, S. 235-249, hier S. 235. Der Ordinarius des Institutes für Kunstgeschichte der Universität Halle wurde 1919 von der republikanischen Regierung als Kunstreferent in das

Anmerkungen 147

8 9

Preußische Kultusministerium und 1927 zum Generaldirektor der Preußischen Staatlichen Museen berufen. Alfred Kuhn: Aufgaben der Museen in der Gegenwart. II. Die Popularisierung, in: Museumskunde, H. 1, 1921, S. 28 ff., zit. n. Roth: Heimatmuseum, S. 24. Im Autoritätsverlust des historistischen Deutungsmusters während der „Krise der klassischen Moderne“ sieht auch Wolfgang Hardtwig eine Bedingung für den Aufstieg des Nationalsozialismus und die Anfälligkeit für nationalsozialistische Ideologie, Hardtwig, Die Krise des Geschichtsbewusstseins, S. 77-102.

148 Anmerkungen

Auswahlbibliographie Literatur bis 1945 Hans von und zu AUFSEß, System der deutschen Geschichts- und Alterthumskunde, entworfen zum Zwecke der Anordnung der Sammlungen des germanischen Museums, Leipzig/Nürnberg 1853. BERGMANN, Das Münchner Museum für Arbeiterwohlfahrts-Einrichtungen auf der Nürnberger Landes-Ausstellung, in: Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, hrsg. v. Ausschusse des Polytechnischen Vereins in München, Nr. 41 u. Nr. 52 (1906), S. 401-403 u. S. 503-506. Karl BIEDERMANN, Die Stellung der Kulturgeschichte in der Gegenwart mit besonderer Hinsicht der Idee eines kulturgeschichtlichen Vereins, in: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 2 (1857), S. 69. Carl BITTMANN (Hg.), Eine Arbeiterreise: Berichte von 77 badischen Arbeitern über den Besuch der Ständigen Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt zu Charlottenburg, Karlsruhe 1904. Oskar BÖTTINGER, Deutsche Eisenbahnmuseen, Sonderdruck aus: Das Deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart, Bd. 2, Berlin 1911, Kap. XXXVII, S. 84-94. Oskar BÖTTINGER, Zur Geschichte des Bayerischen Verkehrsmuseums in Nürnberg, in: Das Bayerland, Jg. 36 (April 1925) Nr. 8, S. 233-235. Justus BRINCKMANN, Das Hamburgische Museum für Kunst und Gewerbe. Ein Führer durch die Sammlungen, zugleich ein Handbuch der Geschichte des Kunstgewerbes, 2 Bde., Hamburg/Leipzig 1894, Bd. 1. A. CHELIUS, Das Bayerische Postmuseum in Nürnberg, in: Der Philatelist, Nr. 23 (1902), S. 287-289. Paul CLEMEN, Das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin, Berlin 1904. Das Deutsche Hygiene-Museum im Jahre 1933, Dresden o. J. (1933). Walther von DYCK, Über die Errichtung eines Museums von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München. Festrede zur Übernahme des ersten Wahlrektorats bei der Jahresfeier der Technischen Hochschule zu München. Geh. am 12.12.1903. Leipzig/Berlin 1905. M. FRÖHLING, Das bayerische Verkehrsmuseum, in: Bayerische Verkehrsblätter, Jg. 37 (1921), H. 12, S. 125. Johann Wolfgang GOETHE, Über Kunst und Alterthum in den Rhein- und Maingegenden, in: Ders., dtv-Gesamtausgabe Bd. 29. Theodor HAMPE, Das Germanische Nationalmuseum von 1852-1902, Jubiläumsfestschrift zur Feier seines fünfzigjährigen Bestehens, Leipzig o. J. (1902). Ewald HILGER, Bergwesen, in: Das Deutsche Museum, Geschichte, Aufgaben, Ziele, bearb. v. Conrad Matschoß, Berlin 1925, S. 91-98.

Auswahlbibliographie 149

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Auswahlbibliographie 161

Namenregister

A Allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesens, Berlin 145 Alte Pinakothek, München 1 Altes Museum, Berlin 17, 29, 30 Arnim, Achim von (eigentlich Carl Joachim Friedrich Ludwig) 67 Aufseß, Hans Philipp Werner Freiherr von und zu 20, 44, 45, 46, 62, 85, 114, 118, 126, 127

B Bastian, Adolf Philipp Wilhelm 69, 72, 79 Bayerisches Gewerbemuseum, Nürnberg 38, 85 Below, Georg von 143 Berliner Arbeitsrat der Kunst 117, 147 Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 69, 70, 72, 135 Biedermann, Karl 126 Bismarck-Schönhausen, Otto Eduard Leopold von 49, 59, 115, 128, 159 Bittmann, Carl 146, 149 Bode, (Arnold) Wilhelm 41, 114, 122, 124 Bomann, Wilhelm 22, 57, 58, 59, 60, 75, 131 Bourdieu, Pierre 3 Brandt, Georg 113 Brenner, Oscar 136 Brentano de La Roche, Clemens Wenzeslaus 67

Brinckmann, Justus 41, 68, 118, 124, 128

C Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen, Mannheim 57, 116, 122, 123 Cézanne, Paul 35 Conservatoire des Arts et Métiers, Paris 81, 138

D Darwin, Charles Robert 68, 134 Delbrück, Clemens Gottlieb Ernst 143 Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung , Berlin 145 Deutsche Heimarbeitsausstellung, Berlin 144 Deutsche Nationalgalerie, Berlin 32, 33, 35 Deutscher Heimatbund (Deutscher Bund Heimatschutz) 133 Deutscher Museumsbund 1, 2, 8, 66, 118 Deutscher Verein für Armenpflege und Wohltätigkeit 144 Deutscher Werkbund 34 Deutsches Gewerbemuseum, Berlin (später Kunstgewerbemuseum, Berlin) 36, 38, 41 Deutsches Hygiene-Museum, Dresden 24, 25, 96, 103, 107 Deutsches Kriegswirtschaftsmuseum, Leipzig 64 Deutsches Museum München [Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik] 4, 23, 87, 88, 89, 90, 92, 102, 107

Namenregister 163

Deutsches Nationalmuseum für Altertümer und Volkskunde, Berlin 72 Deutsches Volkstumsmuseum 53, 63, 76, 119, 129, 137 Diderot, Diderot 81 Dyck, Walter Franz Anton von 92, 139, 140, 143

E Economic Museum, Twickenham 95 Eichhorn, Johann Albrecht Friedrich 44, 126 Eidmann, Heinrich 132 Ergologisches Museum, Basel 22, 75 Essenwein, August 47, 118 Exner, Wilhelm Franz 94, 144

F Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 29, 30

G Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden 1 Gemäldegalerie, Berlin 1, 31, 41, 114, 125 Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 6, 10, 19, 20, 44, 45, 47, 51, 86, 113, 114 Gesamtverein der Geschichts- und Altertumsvereine 136 Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung 116 Gewerbehygienisches Museum, Wien 94 Glyptothek, München 17, 29, 30, 120, 121 Goethe, Johann Wolfgang von 83, 139, 149 Griepentrog, Martin 61, 80, 82, 84, 85 Grimm, Jacob 67 Grimm, Wilhelm 67

164 Namenregister

H Habermas, Jürgen 114 Hahm, Konrad 133, 134 Hazelius, Artur Immanuel 70 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 81, 121 Hellpach, Willy 146 Herder, Johann Gottfried von 68, 73 Hessen-Nassauische Verein für Förderung des ArbeiterWohnungswesens 144 Hessisches Landesmuseum, Darmstadt 128 Historisches Museum, Frankfurt 6 Hitze, Franz 98, 145 Hobsbawn, Eric 4 Hochreiter, Walter 87 Hoffmann-Krayer, Eduard 22, 74, 75, 78, 136, 137, 138 Humboldt, Wilhelm von 30, 36, 68, 120 Humboldtmuseum 69 Hygiene-Museum der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin 97, 145 Hygiene-Museum, Berlin 145

I Internationale Hygiene-Ausstellung, Dresden 24, 96, 103, 104, 105, 106, 107, 119, 146, 147

J Jubiläumsstiftung der Deutschen Industrie 88, 140

K Katscher, Leopold 116, 118, 144 Kensington-Museum, London 141 Kerschensteiner, Georg 143, 147 Keyser, Erich 7, 113

Klemm, Friedrich 80 Klemm, Gustav 126 Kobelt, Wilhelm 117, 132, 134, 144 Komitee zur Gründung eines Museums für Deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes 135 Kommunistische Partei Deutschland (KPD) 16 Königlich bayerisches Eisenbahnmuseum, München, später Verkehrsmuseum Nürnberg 84, 86, 87, 139, 140 Königlich Ungarisches Verkehrsmuseum, Budapest 139 Korff, Gottfried 47, 54, 61 Kuhn, Alfred 148 Kunstgewerbemuseum, Berlin (zuvor: Deutsches Gewerbemuseum) 36, 38, 41 Kunsthalle, Hamburg 36, 51, 118, 123 Kuntz, Andreas 61

L Lamprecht, Karl 143 Langbehn, (August) Julius 57, 122, 131 Lauffer, Otto 7, 51, 52, 53, 54, 55, 58, 77, 113, 125, 128, 129, 130, 136 Lazarus, Moritz 134 Lehmann, Otto 133 Lessing, Julius 41, 124 Levenstein, Adolf 117 Lichtwark, Alfred 36, 117, 122, 123, 125, 147 Liebermann, Max 36, 122 Liebknecht, Karl 16, 117 Linde, Carl 141 Lingner, Karl August 146 Louvre, Paris 1 Lübbe, Hermann 3, 4 Ludwig I., König von Bayern 29

M Macdonald, Sharon 8 Manet, Édouard 35 Maximilian II., Joseph König von Bayern 45 Melle, Werner von 51, 129 Metallotechnisches Museum (Plan von Gottfried Semper) 37 Metropolitan Museum of Art, New York 1 Mielke, Robert W. 77, 115, 121, 122, 123, 125, 131, 132, 137, 138, 139, 140 Miller, Oskar von 23, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 120, 140, 141, 142 Möller, Theodor 98, 99 Monet, Claude 35 Münsterberg, Emil 94, 144 Musée imaginaire der Metallkunst (Plan von Gottfried Semper) 37 Musée social, Paris 95 Museum Folkwang, Essen 115 Museum für ArbeiterwohlfahrtsEinrichtungen, München 96, 97, 145 Museum für deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes, Berlin 12, 70, 135 Museum für Hamburgische Geschichte 51, 52, 125, 126, 128, 129, 133 Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg 39, 40, 41, 51, 118, 124, 128 Museum für Natur-, Völker und Handelskunde, Bremen 13 Museum für Völkerkunde, Berlin 69, 70 Museum vaterländischer Alterthümer, Bonn 126 Museum Witten 56 Museumskunde, Zeitschrift des Deutschen Museumsbundes 1, 51, 54

Namenregister 165

N Napoleon Bonaparte, Kaiser von Frankreich (Napoleon I.) 44 Naumann, Hans 78, 79, 137, 138 Neue Pinakothek, München 32 Neustätter, Otto 103, 104, 106, 119, 147 Newton, Isaac Sir 81 Nietzsche, Friedrich Wilhelm 48 Nordisches Museum (Nordiska museet), Stockholm 70 NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) 138

O Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Wien 38

P Pathologisches Museum, Berlin 6 Peßler, Wilhelm 22, 66, 75, 76, 113, 118, 119, 129, 132, 133, 137 Peukert, Detlev J. 4 Phänomenta 2 Poellath, Karl 96, 145 Polytechnische Verein, München 37, 123, 145 Posadowsky-Wehner, Arthur Graf 145 Post, Albert Hermann 137 Pudor, Heinrich 137, 138, 139

R Ranke, Leopold von 20, 46, 127 Redslob, Edwin 134 Reichsbund Deutscher Heimatmuseen 66, 134 Renoir, Pierre Auguste 35 Rhein-Mainischer Verband für Volksvorlesungen und verwandte Bestrebungen 63 166 Namenregister

Richter, Oswald 13, 115, 135 Riedler, Alois 92, 115, 142, 143 Riehl, Wilhelm Heinrich (ab 1883 von Riehl) 68, 134, 135 Rietschel, Hermann 140 Roesicke, Richard 98, 145 Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 44 Roßmäßler, Emil Adolf 84, 115, 139 Roth, Martin 97 Rudorff, Ernst 131 Rumohr, Carl Friedrich von 30

S Sammlung Hamburgischer Altertümer (später: Museum für Hamburgische Geschichte) 47, 48, 50, 128, 129 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph Ritter von 81 Schiller, Johann Christoph Friedrich von 120 Schinkel, Karl Friedrich 30, 36, 46, 121 Schmidt, Peter 126, 144, 145 Schoneweg, Eduard 133 Schulze, Friedrich 134 Semper, Gottfried 37, 38, 122, 123 Senckenberg, Johann Christian 83 Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, Frankfurt am Main 82 Sheehan, James J. 3, 1, 27, 108 Skansen (Freilichtmuseum), Stockholm 137 Sohnrey, Heinrich 131 South Kensington Museum, London 38 Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD) 15, 16, 73, 116, 117 Soziales Museum, Frankfurt am Main 95, 144 Spamer, Adolf 135 Springer, Anton 121

Stadtgeschichtliches Museum, Leipzig 134 Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt, BerlinCharlottenburg 96, 98, 99, 100, 101, 146 Stein, Heinrich Friedrich Karl vom und zum 45 Steinthal, Heymann 134 Stumm-Halberg, Carl Ferdinand von 98, 99 Sudhoff, Karl 103, 104, 106, 119, 135, 147 Sulzer, Johann Georg 120

T Teyler-Museum, Haarlem 138 Tschudi, Hugo von 35, 36, 122 Twining, Thomas 94, 95

V Valentiner, Wilhelm R. 117, 147 Vaterländisches Museum (auch: Bomann-Museum), Celle 57, 58, 59, 60 Verein für Hamburgische Geschichte 47, 128 Verein für Orts- und Heimatkunde Gladbeck 133

Verkehrsmuseum, Königlich Bayerisches, Nürnberg 84, 87, 139, 140 Virchow, Rudolf Ludwig Karl 6, 12, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 76, 77, 84, 113, 115, 135, 136, 137, 139 Volbehr, Theodor 62, 118, 123, 124, 125, 130, 131, 132, 134 Voß, Albert Franz Ludwig 72

W Waagen, Gustav Friedrich 30, 120, 121 Waetzoldt, Wilhelm 110, 147 Weimarer Republik 4, 16, 65, 110, 111, 112, 118 Wilhelm I., Friedrich Ludwig, Deutscher Kaiser und König von Preußen 93 Wilhelm II., Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen, Deutscher Kaiser und König von Preußen 35, 93, 143 Winckelmann, Johann Joachim 46, 121 Wurm, Emanuel 98, 116

Z Zuhorn, Karl 133

Namenregister 167